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German Pages 444 [446] Year 2006
O. W. HOLMES JR.
Das gemeine Recht Englands und Nordamerikas
Das gemeine Recht Englands und Nordamerikas (The Common Law)
in elf Abhandlungen dargestellt von
Dr. O. W. Holmes Jr. Mitglied des obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten in Washington
Mit Zustimmung des Verfassers in das Deutsche übertragen von Dr. Rudolf Leonhard, o. ö. Professor der Universität in Breslau, Doctor in legibus der Columbia University in New York
Duncker & Humblot • Berlin
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind i m Internet über abrufbar.
1. Auflage 1912 Alle Rechte vorbehalten © 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISBN 3-428-12151-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend I S O 9 7 0 6 ©
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorrede des Übersetzers. Das im Nachfolgenden übersetzte Buch war mir ein wertvolles Hilfsmittel bei meinen Vorträgen an der Columbia University in New York. I c h beabsichtige seinen Inhalt den deutschen Juristen näher zu bringen, um damit dem Streben nach einem Verständnisse des englisch-amerikanischen Rechtes zu dienen. Der Verfasser ist als Mitglied des obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten und als Forscher hochgeschätzt. Bei der Jubelfeier der Berliner Universität fand dies in der Verleihung der Würde eines juristischen Ehrendoktors gebührende Anerkennung. Zur Einführung in das Verständnis des amerikanischen Rechtes scheint mir sein Hauptwerk geeigneter zu sein als eine bloße Übersicht über die Grundzüge dieses Rechtes, zumal es wohl kaum ein zweites Buch gibt, das so vielfach Methoden und Lehrsätze der deutschen Rechtswissenschaft für Amerika und England zu verwerten weiß und durch seine geschichtliche Betrachtungsweise ebenso hervorragt , wie durch seine scharfen Begriffszergliederungen und seine gesunden rechtspolitischen Gedanken 1 . Vor allem aber ist es ein mustergiltiges Beispiel der Methode, mit der die englisch-amerikanische Jurisprudenz sich an ältere Urteile (cases) eng anlehnt, ein Umstand, der insbesondere auch die Form des amerikanischen Rechtsunterrichts beeinflußt. Ge r 1 an d (die englische Gerichtsverfassung, Leipzig, Göschen 1910. S. 767 Anm. 5) stellt deshalb neben das Statute Law und das Common Law als drittes ein sog. Case Law, im Widerspruch gegen H e y m a n n (in v. Holtzendorff-Kohlers Rechtsencyklopädie, 6. Aufl. I . S. 801), der die Praxis der englischen Gerichte nur als die wichtigste Erkenntnisquelle des Gewohnheitsrechtes kennzeichnet. Wenn auch für diese dritte Gruppe nirgends eine Absonderimg üblich ist, so spielt doch, 1 Vgl. auch die anerkennenden Worte bei B r u n n er, v . Holtzendorffs Encyklopädie der Rechtswissenschaft. 5. Aufl. S. 847.
VI
Vorrede des Übersetzers.
wie dieses Buch erweist, die Rücksicht auf ältere Urteile im englisch-amerikanischen Rechte eine ganz andere Rolle, als in den Gewohnheitsrechten des europäischen Kontinents (vgl. S c h m i t t - F a l k e n b e r g , eine Studie über das Verlöbnis in England, Breslauer Dissertation 1911, S. 10 ff.). Es ist dies aber jenseits des Kanals kein tadelnswerter Präjudizienkultus, sondern ein Ergebnis der Rechtsgeschichte, das der englischen Entwicklung von dem Bedürfnisse nach Rechtssicherheit aufgezwungen wurde, während der europäische Kontinent dasselbe Bedürfnis durch Anlehnung an die römischen Texte befriedigte. Diese Anlehnung blieb auch in England keineswegs aus, aber man handhabte sie etwa ebenso frei, wie wir die Rücksicht auf ältere Entscheidungen handhaben. Beide Entwicklungsreihen (die englisch-amerikanische und die kontinentale) stehen daher in diesem Punkte i n einem Kontrast, bei dem jede für die andere vorbildlich zu werden vermag. Von großem Werte war mir die italienische Übersetzung des Werkes: I I Diritto Comune Anglo-Americano per O. W . Holmes Jr. Traduzione di Francesco Lambertenghi, R. Console d'Italia in San Francisco di California 1890 Milano (A. Rivolta), Sondrio (G. Brughera). I m Buchhandel längst vergriffen, ist sie mir durch die Güte eines italienischen Kollegen zugänglich geworden. Eine Pflicht der Dankbarkeit erfülle ich, indem ich die wertvolle Unterstützung erwähne, die mir bei der letzten Durchsicht der Übersetzung von Miss Katie N u n n i n Breslau zuteil geworden ist. Die technische Natur der Jurisprudenz verlangt in England und Amerika eine Abweichung der Rechtssprache von der allgemeinen Redeweise des Volkes ebenso, wie bei uns. Juristische Übersetzungen müssen hiermit rechnen. Ohne eine weitgehende Freiheit in der W a h l der Ausdrücke sind sie unausführbar. Diese Freiheit in möglichst enge Grenzen einzuschließen, war mein emsiges Bemühen. B r e s l a u , Oktober 1911.
Rudolf Leonhard.
VII
Vorrede des Verfassers, Dieses Buch verfolgt einen von mir lange gehegten Plan. Ich tat hierzu den ersten Schritt, als ich einige Abhandlungen in der Amerika Law Review veröffentlichte, aber ich wurde kaum versucht haben, eine zusammenhängende Darstellung desselben Gegenstandes zu verfassen, wenn dies nicht für einen Lehrkurs am Lowell-Institut in Boston geschehen wäre, zu dem ich aufgefordert worden war. Diese Aufforderung ermutigte mich dazu, meinen Wunsch zu erfüllen. Die notwendige Vorbereitung zu den Vorträgen erleichterte mir den ferneren Schritt, das Buch druckfertig zu machen. Und so geschah es. Die Aufsätze der Law Review wurden dabei soweit benutzt, als dies passend erschien, aber vielfach neu geordnet, anders gefaßt und erweitert, so daß das meiste i n dem Buch neu ist. Der Wortlaut der zwölf Vorlesungen, wie ich sie gehalten habe, wurde zum größeren Teil in eine einfachere Form gekleidet. Die letzte Vorlesung, die die andern elf zusammenfaßte, ist deshalb im Buche als überflüssig weggelassen worden. Die Grenzen eines solchen Unternehmens müssen bis zu einem gewissen Grade dem freien Belieben überlassen bleiben. Soweit ich sie hier gezogen habe, habe ich sie zum Teil dem Lehrkursus angepaßt, für den die Vorträge niedergeschrieben worden sind. Deshalb blieb das Recht der Equity unberührt 1 . 1 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Über die Unterscheidung der Equity vom Common L a w vgl. Heymann i n v. Holtzendorff - Kohlers Encyklopädie der Rechtswissenschaft, Bd. I . S. 801 ff., auch die Breslauer Dissertation S c h m i t t F a l k e n b e r g , Eine Studie über das Verlöbnis in England, 1911, S. 5 ff. Den an bekannte römischrechtliche Unterschiede erinnernden Gegensatz von Common L a w and Equity verwertet H u v e l i n , le procès de Shylock dans le Marchand de Venise, L y o n 1902, zur Erklärung von Shakespeares Kaufmann von Venedig. S. 17 ff. Anders denkt über die Berücksichtigung der Jurisdiktion in Equity durch Shakespeare C h a r l e s A l l e n , Notes on the Bacon — Shakespeare Question. Boston und New York 1900. p. 98 ff. Vgl. vornehmlich zu dieser Frage: K o h l e r , Shakespeare in dem Forum der Jurisprudenz, Würzburg 1884, und dazu wieder P. F. G i r a r d , Nouvelle Revue Historique de droit, X , 1886, p. 224 ff., Mélanges de Droit Romain, Paris 1912, p. 438 ff.
VIII
Vorrede des Verfassers.
Ausgeschlossen habe ich ferner alle solche Gegenstände, die wie die Wechsel und Schuldscheine (Bills und Notes) und das Gesellschaftsverhältnis (partnership) eine abgesonderte Behandlung verlangen, und von denen man nicht erwarten kann, daß sie auf die allgemeinen Rechtslehren ein Licht zu werfen vermögen. Sollte jemand geneigt sein, dem Buche aus der Enge seiner Grenzen einen Vorwurf zu machen, weil er wünscht, daß es im größeren Umfange auf Einzelheiten hätte eingehen sollen, so vermag ich dem gegenüber nur ein W o r t von Lehuërou anzuführen : „Ich strebe nach allgemeinen Gesichtspunkten und nicht nach der Ansammlung von Kleinigkeiten" \ B o s t o n , 8. Februar 1881.
O. W . Holmes. 1
Jr. 2
Frei übersetzt. Wörtlich lautet es: Nous faisons une théorie et non un spicilège. 2 A n m. des Ü b e r s e t z e r s . Junior i m Gegensatz zu dem bekannten Dichter, dem Vater des Verfassers.
IX
Inhaltsangabe. Seite
Erste Abhandlung. Ältere Formen der Haftbarkeit
1—37
Gegenstand des Buches, S. 1. — Ursprung des Gerichtsverfahrens bei dem Sühngelde, S. 2. — Gegenstand dieser Abhandlung, mittelbare Haftung für Diener, Tiere und dergl., S. 5. — A . Mosaisches Recht, S. 7. — B. Griechisches Recht, S. 7, 8. — C. Römisches Recht: a) Noxae deditio S. 8—15, — b) persönliche Haftbarkeit, S. 15—17. — D. Altes germanisches Recht, S. 17,18. — E. Angelsächsisches Recht, S. 18, 19. — F. Das gemeine Recht: a) Herr und Diener, S. 19. — b) Tiere, S. 20—33. — c) leblose Sachen, gottverfallene Sachen (Deodand), S. 23—25. — Das Schiff in der Praxis des Admiralitätsrechtes, S. 25 ff. — G. Schluß, S. 34—37.
Zweite Abhandlung. Das Strafrecht
38—74
A . Sühne: a) als Quelle des Strafrechts, S. 39, 40. — b) als ein besonderer Strafzweck, S. 40, 41. — B. Straftheorien: a) Besserung, S. 41, b) Ersatz, S. 41—45, c) Vorbeugung, S. 42—47. — C. Die Vorbeugungstheorie zeigt, daß die Haftung für Strafe nicht bloß durch tadelnswertes Verhalten bestimmt wird, sondern durch Abweichung des Verhaltens von einem äußeren Maßstabe, nämlich dem, was bei einem Durchschnittsmenschen Unrecht sein würde, S. 47—50. — D. Mord S. 50—56; Vorbedachte A r g l i s t = K e n n t n i s von Tatsachen, die die Gefährlichkeit des eigenen Verhaltens zum Bewußtsein bringen, S. 52—57; Ausnahmefälle, i n denen jemand die Gefahr einer Unkenntnis trägt, S. 57, 58; Mord und strafbare Tötung, (manslaughter), S. 58, 59. — E. Strafbare Tötung, S. 58—60; Herausforderung (provocation), S. 60. — F. Arglistiges Unrecht (malicious misehief). W a r u m ist tatsächliche Arglist erforderlich ? S. 61—63. — G. Brandstiftung, S. 62, 63. — H. Versuch, S. 63—70. — Der beabsichtigte, aber ausgebliebene schädliche Erfolg, S. 70—72. — Eine Einschränkung des Gesagten, S. 72—74. — I . Diebstahl (larceny) ist der Versuch, jemandem sein Eigentum dauernd zu entziehen, S. 69—72. — K . Einbruch (burglary), S. 72. — Schluß, S. 73, 74.
Dritte Abhandlung. Unerlaubte Handinngen (torts). — Rechtsverletzungen (trespass) und Nachlässigkeit 75—129 A . Einleitung, S. 75—77; Die vorliegende Frage, S. 77; Zwei Theorien: a) Die Haftbarkeit ist beschränkt auf moralische Verfehlungen, S. 80, b) jemand handelt stets auf seine Gefahr, S. 81. — Beides unhaltbar. B. Betrachtung der letzteren Theorie: a) Gründe
X
Inhaltsangabe. Seit
dafür, S. 82—88; aa) Analogie, S. 81, 82; bb) Die Theorie, S. 82; cc) Erörterungen vor Gericht, S. 82, 83; dd) Ältere Entscheidungen S. 84—88; b) Gegengründe, S. 88—107; aa) Analogie, S. 8 9 - 9 3 ; bb) prinzipielle und politische Gesichtspunkte, S. 93—96; cc) Rechtsverletzungen an Grundstücken usw., S. 96—99; dd) Erörterungen vor Gericht, S. 99—101; ee) ältere Praxis, S. 101—107. — C. Die Nachlässigkeit w i r d nicht nach einem persönlichen oder moralischen Standpunkt bemessen, S. 107. — D. Die Haftbarkeit für unbeabsichtigten Schaden ist durch das bestimmt, was beim Durchschnittsmenschen tadelnswert sein würde, S. 108—110; d. h. durch einen Standpunkt, der außerhalb der Persönlichkeit des Täters liegt und die Neigung hat, immer mehr spezialisiert zu werden und die Formen bestimmter Verhaltungsregeln anzunehmen S. 110—113; a) Beispiele für die allmähliche Spezialisierung, S. 113; aa) Gesetzesvorschriften, S. 113, 114; bb) Entscheidungen, S. 115—117; cc) Rechtspolitische Erwägungen, die mit der Rücksicht auf Nachlässigkeit nichts zu tun haben, R y l a n d s g e g e n F l e t c h e r , S. 116—120; dd) Tierschäden, S. 117—119; b) anvertrautes Gut (bailment), S. 119, 120; c) „Beweis der Nachlässigkeit", S. 120—125; d) Die Aufgabe des Schwurgerichts hierbei, S. 122—129.
Vierte Abhandlung. Betrug (fraud), Arglist (malice) und Vorsatz (intent). — Die Theorie der unerlaubten Handlungen (torts) 130—162 Vorbemerkung, S. 130—132. — A. Moralische Elemente bei den vorsätzlichen Rechtsverletzungen: a) Betrug, S. 132—138; b) Verleumdung (slander), S. 138—140; c) arglistige gerichtliche Verfolgung (malicious prosecution), S. 140—143; d) Komplott (conspiracy), S. 143; e) Unbefugte Aneignung einer Sache (trover), S. 144. — B. Moralische Maßstäbe gelten nur insofern, als sie Gelegenheit dazu geben, Schadenszufügungen zu vermeiden, S. 144; a) Gewisse Schäden dürfen anderen zugefügt werden, S. 145; die Gefahr anderer Schäden muß man auf jeden Fall tragen, S. 145, 146; b) aber die meisten Fälle liegen zwischen diesen äußersten Grenzen, S. 146; der gemeinsame Grund der Haltung bei unerlaubten Handlungen besteht i n einer Kenntnis der Umstände, die ein bestimmtes Verhalten gefährlich machen, S. 146—149; c) diese Umstände werden durch Erfahrung festgestellt, S. 149, 150; d) die Aufgabe des Schwurgerichtes bei solchen Fragen, S. 150—152. — C. Beispiele, bei denen die Umstände, die jemand kennen muß, von der Jurisprudenz genauer bestimmt worden sind: Rechtsverletzungen gegenüber fremdem Eigentum, S. 153; wilde Tiere, S. 154, 155; zahme Tiere (eattle) usw., S. 155—158; — Verleumdung usw., S. 158, 159. — D. Der Zusammenhang zwischen dem Willensentschluß und dem eingeklagten Schaden, S. 159—161. — E. Rückblickende Zusammenfassung des Rechts der unerlaubten Handlungen, S. 161, 162.
Fünfte Abhandlung. Der Empfänger anyertrauter Sache (bailee) im gemeinen englisch-amerikanischen Rechte 163—207 Das Recht des anvertrauten Gutes (bailment) dient der Theorie des Besitzes als Grundlage, S. 163, 164. — A . Altes germa-
Inhaltsangabe.
XI Seite
nisches Recht, S. 164—166. — B . Das englische Recht nach der normannischen Eroberung ist diesem sehr ähnlich, S. 167: a) Das Rechtsmittel wegen weggenommener beweglicher Sachen ist possessorisch, S. 168; b) die Übertragung der anvertrauten Sachen durch den Empfanger bindet den Eigentümer, S. 169, 170; c) eine verkehrte Erläuterung des Klagerechts des Empfängers anvertrauten Gutes, S. 170, 171; d) Die richtige Erläuterung liegt darin, daß unser Recht ihn als Besitzer ansieht, S. 172—175; e) Der Empfänger ist dem Geber des anvertrauten Gutes verantwortlich, wenn dieses gestohlen w i r d , S. 175—181. — C. Die im öffentlichen Verkehrsleben stehenden Fuhrleute (common carriers). Das Fortleben alten Rechtes, S. 181—207: a) Unter Elisabeth stehen die Fuhrleute den anderen Empfängern anvertrauten Gutes gleich, S. 181, 182; b) Die Umwandlung der Klage wegen Gewahrsams (Detinue) i n die dem einzelnen Falle angepaßte Klage (Case) bewirkte die Möglichkeit einer Klagebegründung durch die Übernahme der Sache (Assumpsit) oder durch einen öffentlich ausgeübten Beruf, selbst dann, wenn der Grund der Haftung in der Übergabe anvertrauten Gutes (bailment) lag, S. 184—189; c) die Gewohnheiten des englischen Königreiches, S. 191; d) die älteren Entscheidungen werden geprüft von dem Rechtsfalle S o u t h c o t e (vom Jahre 1601) bis zu dem Falle C o g g s g e g e n B e r n a r d (1703), S. 181—200. — Die juritische Bedeutung der Formel Assumpsit und der Berufstätigkeit im Verkehrsleben, S. 197,198; e) die Haftbarkeit des Empfängers anvertrauten Gutes ist i n eingr Richtung gemindert, S. 198, 199, in einer anderen gesteigert, S. 200 bis 203; f) Eingreifen der Staatsfeinde oder der Gottheit (act of God), S. 201, 202; g) die Ansicht des Lord H o l t über die öffentliche Berufstätigkeit, S. 194, 203; h) spätere Änderungen; i) Schluß, S. 204 bis 207.
Sechste Abhandlung. Besitz und Eigentum
208—249
A . W a r u m werden sie beide geschützt, S. 208—215. — B. Tatsache oder Recht? S. 215—218. — C. Begriffszergliederung, S. 218—238: a) Gewalt über die Sache, S. 218—220; b) Besitzwille, S. 220—237: aa) Die Merkmale des römischen Rechts werden verworfen, S. 220, 221; bb) die Ausschließungsabsicht, S. 222—237; cc) Diener. Seitenblick auf Agenten, S. 230—238. — c) Die Gewalt des Besitzers Dritten gegenüber, S. 237. — D. Die Fortdauer der Besitzrechte, S. 238—240. — E. Der Besitz an Rechten, S. 240—244. — F. Die Folgen des Besitzes (d. h. die Natur der Besitzrechte), S. 244 bis 247. — G. Eigentum, S. 247—249.
Siebente Abhandlung. Der Vertrag. — I . Geschichte A , Ältere Vertragsformen, S. 250—256: a) Der promissorische Eid, S. 250; b) Bürgschaft (suretyship und bail), S. 251—254); c) Schuld im alten Sinne (debt); d) Ursprung des Anspruchs wegen Schuld, S. 254 bis 255. — B. Der Rechtfertigungsgrund (Consideration), S. 256—274: a) Ursprung des Begriffs i n dem alten Recht der Schuld (debt), S. 257, 258; bj Ausgang vom Prozeßverfahren und von den Prozeßsachen, für welche das Prozeßgefolge (secta) oder der Zeugenbeweis eingeführt
250—292
XII
Inhaltsangabe. Seite
war, S. 258—263; c) die Magna Charta verlangte ein Prozeßgefolge für formlos eingegangene Schulden (parol debts) 1 und verbot Einklagung solcher Schulden außerhalb des üblichen Gebietes des Prozeßgefolges, S. 266—267; d) der Entgelt (quid pro quo). Diese Lehre von der consideration wurde erfunden, um sich den Schranken formloser Schuldversprechen aller A r t (debts) anzupassen, und später auf andere formlose Verträge sowie bei der Handhabung des Rechts der Equity entsprechend angewandt, S. 267—274. — C. Förmliche Verträge (covenants), S. 275—277. — D . Das „Assumpsit", S. 279—292: a) E i n Übergang des Klagerechts aus dem Gebiete der Deliktsklagen in den Bereich der Vertragsklagen , falls der Verklagte in eine Sachlage tatsächlich eingegriffen (nämlich Sachen übernommen) hat, S. 279—289. — b) Eine neue Lehre vom Rechtfertigungsgrunde (Consideration), S. 289—291; c) der spätere Einfluß der Formel „Assumpsit" auf das materielle Recht, S. 291, 292.
Achte Abhandlung. Vertrag. — I I . Die Elemente des Vertrags 2 293-311 A . Der Rechtfertigungsgrund (Consideration), S. 293—302: a) Welcher Rechtfertigungsgrund genügt? S. 293—296; b ) D e r R e c h t fertigungsgrund und das Versprechen müssen nach dem Vertrag sich gegenseitig bedingen, S. 296—299; c) der i n der Vergangenheit liegende Rechtfertigungsgrund, die Aufforderung zu dem Geschäfte, S. 300—302. — B. Das Versprechen, S. 302: a) Die Versicherung, daß gewisse Zustände hergestellt werden sollen, S. 302—304; b) folge weise ist der Vertrag die Übernahme der Gefahr eines zukünftigen ungewissen Zustandes der Dinge und die Behandlung des Schadenersatzes hängt von der übernommenen Gefahr ab, S. 304—308; c) die Annahme des Versprechens, S. 307, 308. — C. Der zweiseitige Vertrag, S. 308—311: a) Versprechungen als Rechtfertigungsgründe ; Wetten über vergangene Ereignisse, S. 309; b) der briefliche Vertragsabschluß (contract by letter), S. 309—311.
Nennte Abhandlung. Vertrag. — I I I . Nichtigkeit und Anfechtbarkeit
312—343
Nichtige (void) Verträge, S. 312—319.— A . Wenn der Vertrag nichtig ist, dann fehlen wesentliche Bestandteile: a) die Partei fehlt, S. 312, 313; b) die Parteien sagen verschiedene Dinge, S. 313, 314; d) das Gesagte widerspricht sich i n wesentlichen Punkten, S. 314 bis 317. — B. I m allgemeinen ist der Vertrag nicht nichtig aus Gründen, die außerhalb des Vertragschlusses liegen; sind die tatsächlichen Voraussetzungen eines Vertrages vorhanden, dann ist er abgeschlossen, S. 317—319. Anfechtbare (avoidable) Verträge, S. 319—343. — A . Der Grund der Anfechtung ist eine ausgefallene Bedingung: a) Ist die 1 Vgl. W e r t h e i m , Wörterbuch des engl. Rechts, Berlin 1899: „Parol (mündlich oder schriftlich) aber nicht unter Siegel." 2 Unter den „Elementen des Vertrags" sind die Bestandteile des Vertragschlusses zu verstehen.
Inhaltsangabe.
XIII Seite
Bedingung an die Entstehung des Vertrages angeheftet, so liegt (bei ihrem Ausfalle) kein Vertrag v o r , S. 319, 320; b) Vorhergehende und nachfolgende Bedingungen, S. 320—322; c) Der Unterschied von Bedingung und Einschränkung eines Versprechens, S. 322—326; B. Behauptungen, deren Inhalt außerhalb der Vertragsabrede steht, a) Bei ihnen liegt nicht die stillschweigende Bedingung vor, daß sie wahr sind, sondern bloß, daß sie nicht betrügerisch sind, S. 326 bis 330; b) Was ist Betrug?, S. 327; Er bezieht sich auf die Beweggründe des Vertragsabschlusses; Wesentlichkeit des Betruges, S. 328. — C. Bedingungen, die die Zuverlässigkeit der Behauptungen und Versprechungen bei einem Vertrage bekräftigen, S. 332—337: a) M i t Bücksicht auf gegenwärtige Tatsachen; Gewährleistungen; Nichtigkeit und Anfechtbarkeit, S. 332—337; b) Versprechungen, S. 337—343.
Zehnte Abhandlung. Rechtsnachfolge. — I . von Todes wegen. — I I . unter Lebenden 344—373 Wie können Rechte oder Verpflichtungen übertragen werden, wenn die Tatsachen, aus denen sie entspringen, auf den Nachfolger keinen Bezug haben (d. h. wenn die tatsächliche Lage des Nachfolgers nicht einen Zustand des Vorgängers fortsetzt, der besessen werden kann)? Dies geschieht durch eine fingierte Identifikation des Nachfolgers mit dem Übertragenden. 1. Nachfolge im Todesfalle. — A . Der Testamentsvollstrecker, S. 346: a) der römische Erbe, S. 346, 347; b) der englische Testamentsvollstrecker ist ein Gesamtnachfolger, er „repräsentiert die Person des Verstorbenen", S. 348—350. — B. Der Erbe, S. 350—357: a) zuerst ist er Gesamtnachfolger, später Einzelnachfolger, er „repräsentiert die Person eines Vorfahren", S. 350—355; b) diese „Persona" ist das Rechtsverhältnis gegenüber dem Nachlaß (the estate), S. 355, 356. — I I . Nachfolge unter Lebenden. A . F ü r die Übertragung ist keine notwendige Rechtsfolge, daß der Käufer „ i n den Schuhen des Verkäufers steht", S. 358. — B. Altes germanisches und angelsächsisches Recht; Die Veräußerungsmöglichkeit ist nach Analogie der Erbfolge ausgedehnt worden, S. 359—364. — C. Römisches Recht; die Folgen der Identifikation des Erben m i t dem Verstorbenen wurden auf Käufer und Verkäufer ausgedehnt, um den Erwerb durch Verjährung zu ermöglichen, S. 364—370. — D. Englisches Recht. Verjährung, S. 370—372. — E. Vermächtnis (devise), S. 372—373.
Elfte Abhandlung. Rechtsnachfolge. — I I . Unter Lebenden. (Fortsetzung und Schlufs) 374—41$ A. Gewährleistung, S. 374—384: a) Das Recht auf Gewährleistung wurde auf den unter Lebenden bestellten Nachfolger eines Erwerbers in der Weise ausgedehnt, daß man diesen als quasi heres ansah, S. 384—386; b) die Analogie hiervon wurde auf moderne Verträge angewandt, die einen Rechtserwerb begründen, S. 386 bis 388. — B. Dienstbarkeiten, S. 386—391: a) Römisches Recht, S. 387
XIV
Inhaltsangabe. — Berichtigungen. Seite
bis 389; b) englisches Recht, S. 389ff.; c) die Eigenart der Rechte, die von dem früheren Besitzer auf den späteren ohne Rücksicht auf Rechtsnachfolge nach einem ganz anderen Grundsatze übergehen, S. 390. — C. Renten, S. 392ff.; a) wann gelten sie als ein Bestandt e i l des Rittergutes wie eine Servitut?, S. 392, 393; b) bloße Vertragsklagen wegen Renten, die lediglich auf Nachfolger im Recht (nicht auf spätere Besitzer) übergehen, S. 394—396. — D. Die durch Verjährung erworbenen Rechte sind Vertrags Verhältnissen ähnlich, die dem Rechte der Dienstbarkeiten unterstellt wurden, S. 398, 399. — E. Der m i t einem Grundstück verbundene Gewährleistungsvertrag, S. 399,400. — F . Ein notwendiges Zusammentreffen und ein Widerspruch der unter B. bis E. genannten Sätze gegenüber dem unter A . genannten Grundsatze werden durch richterliche Entscheidungen veranschaulicht, S. 400—404. — G. Modernes Recht; a) Die Begriffsverwirrung hinsichtlich der Verträge, die mit dem Grundstück aus einer Hand i n die andere gehen, entspringt daraus, daß man den erwähnten Widerspruch aus dem Gesicht verlor und versuchte, die beiden verschiedenen Grundsätze zugleich anzuwenden, S. 405, 406; b) Ergebnisse, S. 410—412. — H. Andere Fälle von Rechtsnachfolge. Die mit Treuhandsverhältnissen verbundenen Nutzungsrechte (uses), S. 413—416.
Berichtigungen.
s. s. s. s. s.
ö.
s. s. S.
s.
S. S. S. S. S. S.
s.
10 A . 1 lies sciente statt dicente. 21 A . 1 u. 2 lies Fitzh. statt Fitch. 23 Z. 1 d. Anm. lies 3b statt 36. 32 A . 3 lies Ballam statt Bailan. 86 A . 5 Z. 5 v. u. lies Hewson statt Hemson. 115 A . 3 lies Jermin statt Jernin. 117 A . 2 » Fandrye statt Frandrye. 119 A. 1 Z. 2 lies Edwards statt Edward. 128 A. 3 lies Danvers statt Denvers! 137 A . 1 n Leather statt Lacher. 142 A . 1 n Barron statt Baron. 157 A. 2 n W h i t e statt W h i l e . 178 A. 2 » statt der ersten I V : I V , 34. 187 A. 1 7) Mosley v. Fosset statt Monley v. 225 A . 1 n Kincaid statt Kincacd. 245 A. 2 7i 17 statt 71. 248 A. 1 r> 1912 statt 1902.
Nachtrag des Übersetzers.
XV
Nachtrag des Übersetzers zu S. 2 4 8 A n m . 1. (Vgl. auch S. 25 ff., 199, 388.) Der Herr Verfasser Justice Holmes teilte mir mit Bezug auf meine Schrift: „Schiffe als Prozeßparteien, Leipzig, Deichert, 1912", weitere L i t e r a t u r über diesen Gegenstand m i t : 1. Select Pleas i n Admirality (vol. 6, Gelden Society Publications) L X X I r LXXII. 2. Select Essays i n Anglo American L e g a l History, p. 361 (Berlin, L i t t l e B r o w n & Co. 1908). 3. E i n Bericht des Herrn Verfassers in The Blockheath 195 U. 5. (Reports) 361, 366. Ebenso wurde ich erst nachträglich darauf aufmerksam gemacht, daß bereits J o s e f K o h l er das von mir besprochene Verfahren des englischen Seerechts mit beachtenswerten Vorschlägen für die deutsche Gesetzgebung erörtert hat. (Gesammelte Beiträge zum Civilprozesse. Berlin, Heymann, 1894, S 569.)
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Register der angeführten Vorentscheidungen. Seite
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A d a m s v. Jones Andrew v. Pearce A n d r e w Baker's Case . . . Anglo - Egyptian Co. r. Rennie Anonymous (1 Bulstr. 45) . (Cro. Eliz. 10) . (Dyer, 24a) . . . ( „ 369) . . . (Moore 248) . ' (1 Sid. 2 m ) . . . Ards v. W a t k i n Armory v. Delamirie . . . . A r n o l d v. Jefferson . . . . Asher v. W h i t l o c k . . 217, 247, B a c k v. Stacey Bain v. Cooper . . . . 349, Bainbridge v. Firmstone . . B a l l y v. Wells . . . . Barker v. Bates v. Halifax Barnett v. Brandao . . . . Barron v. Mason Barwick v. English Joint Stock Bank Basely v. Clarkson . . . . Basset v. Maynaid . . . . Bayntine v. Sharp Beadel v. Perry Behn v. Burness . 332, 333, Berndtson v. Strang . . . . Besozzi v. Harris Bessey v. 01 Hot B i r d v. Astcock . . . . . . Bizzel v* Booker Blades v. Higgs Blundell v. Catterall . . . B l y t h v. Birmingham Waterworks Co Bolingbroke v.Swindon Local Board Bolles v. Nyseham Bonomi v. Backhousc . . . Boorman v. Brown . . . . Bosden v. Thinne Boson v. Sandford . . . 188,
235 384 118 338 253 87 396 416 229 31 373 244 246 371
128 354, 356 295 408 225 302 151 142 233 98 237 118 129 336, 340 235 118 87, 104 204 107 225 391 107 233 395 97 197 289, 304 197, 232
Boyer v. Rivet 349 Braunstein v. Accidental Death Ins. Co 320 Brett v. Cumberland . . . 403, 409 Bridges v. Hawkesworth . . 224 British Columbia S a w - M i l l Co. r. Nettleship . . . . 305 Bronson v. Coffin 398 Brooker's Case 353, 356 Brown v. Collins 107 v. Foster 320 v. Kendall 105, 106 Browne v. Dawson . . . . 238 Brucker v. Fromont . . . . 232 Burgess v. Wheate . . . . 415 Burr v. Wilcox 297 Burton v. Fulton 144 v. Hughes 174 Bush v. Steinman 233 Buskin v. Edmunds . . . . 395 Buster v. Newkirk 219 Buxendin v. Sharp . . . . 118 Byne and Plavne s Case . . 295 Byrne v. Boadle 125 Callahan v. Bean Calye's Case Canham v. Barry Card v. Case 116, Carter v. Towne Cartwright v. Green . . . . Castle v. Duryee Chamberlain v. Cooke . . . Chambers v. T a y l o r . . . . Chanter v. Hopkins . . . . Cheale v. Kenward . . . . China, The Chudleigh's Case . . . 397, City of London Brewery Co. v. Tennant Clapp v. Kemp Clark v. Chambers . . . . v. Maloney Clay v. Snelgrave Cocker v. Crompton . . . . Cockson v. Cock
118, 227, 190,
404,
128 151 303 155 128 228 86 197 115 340 308 27 415
129 232 91, 92 239 30 314 409
Register der angeführten Vorentscheidungen. Seite
Coggs v. Bernard 119, 176, 180, 185, 188, 198, 201, 206, 288, 294 Cole v. Turner 106 Collet v. Foster 238 Commonwealth v. H a l l e t . 57 v. Sawin . . 42 v. Walden . 61 Conan v. Kemise 408 Cornfoot v. Fowke . . . . 233 Cort v. Ambergate, Nottingham & Boston & Eastern Junction Railway Co. . . 324 Coward v. Baddeley . . . . 107 Cox v. Burbidge 22, 119 Crabbe v Moxey 297 Crafton v. Metropolitan Railway Co 120 Craig v. Gilbreth 235 Crouch v. London & N. W . R. Co 151 Cundy v. Lindsay 317 D a i n t r y v. Brocklehurst . . 394 Dalston v. Janson 193 Dean of Windsor's Case . 406 Detroit & Milwankee R. R. Co. v. Van Steinburg . . 123 Dickenson v. Watson . . . 86, 87 Dillon v. Fraine 404, 415 Dimech v. Corlett 332 Doe v. Barnard 371 v. Dyball 247 Drake v. Roy man 180 Drode v. Theyar 229 Durfee v. Jones 227
H a c k e t v. Baiss. . . Haigh v. Brooks . . H a l l v. Fearnley . . Halliday v. Holgate . Hammack v. W h i t e . Harbidge v. W a r w i c k Harper v. Bird . . . Hart v. Miles . . . . Harvey v. Dunlop . . Haseler v. Lemoyne . Hawkins v. Cardy . . Heyworth v. Hutchinson H i l l v. E l lard . . . v. Morey . . . Hobart v. Haggett Hogarth v. Jackson Holiday v. Hicks . Holmes v. Mather . Holmes v. Seller . Horne v. Midland Railway Co Home's Case . . . H u n t v. Bate . . . v. L i verm ore Hyde v. Dean of Windsor Hydraulic Engineering Co. McHaffie . . .
129 295 84, 107
236 214 329 299
Isaak v. Clark
168, 184
197 119, 158 206 144 233 241 314 317 233
Kearney U.London, Brighto S. Coast R a i l w a y Co. . 125 Keighley's Case 204 Kennedy v. Panama, &c 334 Mail Co 193, 196 K e n r i g v. Eggleston . 225 Kincaid v. Eaton . . 197 K i n g v. Viscount Hertford 84 Knapp a. Salsbury 115 K n i g h t v. Jermin . 313 K y l e v. Kavanagh,
306 190
liampleigh v. Brathwait Lane v. Cotton . . . .
E l l e n v. Topp 338, 341 Ellis v. Clark . 298 Ellis v. Loftus Iron Co. . . 119 Evans v. Yeoman 187 Ewre v. Strickland . . . . 409 F a r i n a v. Home Fennings v. L o r d Grenville Fisher v. Mellen • Fitch v. Snedaker Fleming v. Manchester, Sheffield, & Lincolnshire Railway Co Fletcher v. Rylands . . 87, 116, 156, Forward v. P i t t a r d . . . . 201, Fouldes v. W i l l o u g h b y . . Freeman v. Rosher . . . . Gardiner v. Thibodeau . . Gardiner v. Lane Gateward's Case Gauntlett v. K i n g Gee v. Lancashire & Yorkshire Railway Co George v. W i b u r n
Seite
Gibbons v. Pepper 90, 92 Gibson v. Stevens . 151 Gilbert v. Stone . 148, 149 Gillet v. B a l l . . . 235 Goddard v. Monitor Ins,. C o 315 Goodman v. Pocock 324 Gordon v. Harper . 173 Gorham v. Gross . 121, 156 Graham v. Peat . . 247 Graves v. L e g g . . 343 Gray's Case . . . . 58 G r i l l v. General Iron Screw Collier Co 120
. ,
Jefferies v. Great Western Railway Co Jones v. H o w Justin v. Ballam . . . .
226
125, 157 412 383, 395 295 94, 106 233 151 340 371 232 96 214 229, 231 107 398 306 306 289, 301 320 406, 408 306
244 303 32
122, 302 198, 205
XVIII
Register der angeführten Vorentscheidungen. Seite
Lawrence v. Jenkins Leame v. Bray . . . Leather v. Simpson . Lee v. Riley . . . . Lewis v. Campbell . v. The State . Lipson v. Harrison L i t t l e v. Fosset . . . Littledale v. Scaith L o r d v. Price . . . . L o r d North v. Butts . Losee v. Buchanan . Lotan v. Cross . . . Louisa Jane, The . . L o v e t t v. Hobbs . . v. Salem & South Dan vers R. R. Co. Lucas v. Mason . . . . Lyle v. Barker . . . . L y o n v. Bertram . . .
396 87, 104 137 119 382
Seite
Mulgrave v. Ogden Murray v. Currie
. . . .
Neal v, Gillet Nicholls v. Moore 66 j Nickolson v. Knowles . . . Nicolls v. Bastard 31 Nitroglycerine Case . . . . 173 Noke v. Awder : . . . . . 214 Nowel v. Smith . . 173, 175 Nugent v. Smith . 349 106 Oatos v. F r i t h . . 173, 174 Overton v. Sydall . 31 197 Pakenham's Case . 396, 398, Patten v. Rea . . . . 128 Pawashick, The . . . Pearcy v. W a i t e r . . 233 People v. Shearer . . 171 Pickas v. Guile . . . 334 Pickering v. Barkley Pierson v. Post . . . Mackay v. Commercial Bank Pillane v. Van Mierop 233 o f New Brunswick Pincombe v. Rudge . 29 Malek Adhel, The . Porter v. Swetnam Manders v. Williams 173, 174 Powtuary v. W a l t o n . 19 Marsh v. Kavenford 290 Price v. Jenkins v. Rainsford 290 Printing and Numerical Re Marshall v. W e i wood 156 gistering Co. v. Sampson Marvin v. Wallis 235 Prior of Woburn's Case Mason v. Keeling Proctor v. Adams . . Matthews v. Hopkins 193 May v. Burdett . . 9, 22, 118 Raffles v. Wichelhaus M c A v o y v. Medina 224 Railroad Co. v. Lockwooc McGahey v. Moore 237 Ratcliff v. Davis M' Manus v. Crickett 89, 232 Read v. Baxter M 1 Ph er son's Case . 67 v. Edwards . . . 22, Mears v. London & South Reader v. Moody western Railway Co. 173 Regina v. Da vies 227, 228 Merry v. Green . . . . v. D i l w o r t h Metropolitan Railway Co v. Hibbert 89, 124 Jackson v. H i c k l i n 378, 383 Middlemoore v. Goodale v» Jacobs 197 Middleton v. Fowler . . v. Jones . 103 Millen v. Fawdry . . . v. Middleton 84 Milman v. D o l w e l l . . v. Prince 121, 123 Minor v. Sharon . . . . v. Roberts 407 Minshill v. Oakes . . . v. Rowe . 142 Mitchell v. Jenkins . . v, Swindall 21, 93, 157 M i t c h i l v, Alestree . . v. Taylor 117 Mitten v. Fan dry e . . . Rex v. Cabbage . 174 Moran v. Portland S. P. Co v. Dixon . . 246 Mores v. Conham v. Furnival 173 Morgan v. Ide . . v. Hay ward 106, 115 Morris v. Piatt . v. Hertford . Morse v. Slue . . v. Holland . 177, 188, 190,194, v. Mastin . . 200, 231 v. Mucklow . Mosley v. Fosset . . 187 v. Oneby . . Mouse's Case . . . 203 v. Shaw . . Muggridge v. Eveleth 173
22, 118
184 232 109 193 235 173, 174 106 382 181 353 349, 353 399, 402 232 151 84
218
291, 294 151, 177 219
262
381 395 288, 294 297 207 396, 398 225
313 120 177, 246 290 117, 119 237 317 64 57 147 317 64 226, 317 57 65
226
58 65 72 147 73 68 197 415 58 317
60, 122 60
Register der
Rich, v. Kneeland . . Richards and Bartlet's Riches and Briggs . Roberts v. Brett Roe v. Hayley Rogers v. Head v. Spence Rooth v. Wilson Rowbotham v. Wilson Rylands v. Fletcher .
m Vorentscheidungen.
XIX
Seite
Seite
. 185, 190, 197 Case 290 . 290, 291, 294 341 373 185, 187 214 174 . . . 409, 412 . 87, 116,119, 156, 158
Swift v. Gifford 215, 220 v. Jewsbury . . . . 233 v. Winterbotham . . 233 Symonds v. Darknoll . . . 187—189, 192, 201
Safe Deposit & Trust Co. of Pittsburgh v. Pollock . 205 Sale v. Kitchmgham . . . . 409 Sands v. T r e v i l i a n . . . . 288 Sawyer v. Kendall . . . . 371 Scott v. Shepherd . 87, 91, 103, 104, 149, 242 Shad w e l l v. Shadwell . . . 296 Sharington v. Strotton . . . 262, 289 Sharp v. Powell 92 Sharpe v. Waterhouse . . . 399 Sidenham v. Worlington . . 290, 302 Sir Henry Nevil's Case . . 397, 408 Skinner v. Chapman. . . 214 v. London, Brighton, & S. Coast Ry. Co. 125 Slipper v. Mason 396 Smith v. Hughes . . . . . 314 v. Kendall 151 v. London & Southwestern Railway Co 98, 107 v. Pelah 118 Smith and Smith's Case . . 225, 290 Southcot v. Bennett . . 177, 179, 180 Southcothe's Case . . 183—186, 188, 192—201, 205, 231 Southcote v. Stanley . . . 229 Southern v. How 231, 232 Spencer's Case . . . . 398, 402, 403, 407, 413 Spofford v. Harlow . . . . 113 Star v. Rookesby 396 Stockport Waterworks v. Potter 243 Stockwell v. Hunter . . . . 392 Strong v. Adams 173 Sutton v. Buck 174
Theed v. Debenham . . Thomas v. Cadwallader v. Thomas . . Ticonderoga, The Tuberville v. Stampe . Turner v. Ambler
. . . . . . . .
U d e l l v. Atherton Underwood v. Hewson . . . United States v. Holmes . . Upshare v. Aidee Vincent v. Stinehour Y y y y a n v. Arthur
. . .
129 340 297 26 232 142 233 86 46 197 91, 106 399
W a k e m a n v. Robinson . . 105 W a r d v. Macaulay . . . . 235 W a y v. Hearne 317 Weaver v. W a r d . . . 86, 104, 115 Webb v. Fox 214 Wegerstoffe v. Keene . . . 151 W e i r v. B e l l 137, 233 Western Bank of Scotland v. Addie 233 Wheatley v. L o w 295 White v. Webb 171 Wilbraham v. Snow . . 169, 174, 244 Wilkinson v. Oliveira . . . 295 Williams's Case 396 Williams v. Carwardine . , 299 v. Hide . . . 187, 193, 204 v. Jones . . . . . 107 v. Pott . . . . . 235 Williamson v. Allison . . . 136 Winsmore v. Greenbank . . 122 Withers v. Iseham . . . . 371 Woodlife's Case . 177, 182, 183, 192, 197, 231 Worcester (Earl) v. Fineh (4 t h Inst. 85) 416 Y i e l d i n g v. Fay Young v. Hichens
H o l m e e - L e o n h a r d , Recht Englands u n d Nordamerikas.
396 219
II
Stellen aus den Jahrbüchern und älteren Urteilen.
XX
Stellen aus den Jahrbüchern und älteren Urteilen. Seite
101
6 Ric. I. (Abbr. Plac.) 8 Joh. ,. „ (Bract.) 19 Ed. I . (Ahr. Plac.) .
20 „ I. 200
20 20 20 20 20 21 22 32 30 30 30 32 33 33 33 34 35 35 35 35 7 8 8 12 13 18 19 34 4 7 7 17
I . 226 . . . . . I. 232 I . 304 I . 360 . . . . . I . 426 I . 456 I . 466—468 . . . I . 494, 496 . . . I . 106 L 158 I . 524, 525 . . . I . 516 I . 70 I . 354, 356 . . . I . 430 I . 205 I . 452 I . 454 I . 455 I 546 I I . 242 I I . 275 ^ I i ! (Fitz.'Corone,pl.389) „ I I . 375 . . . . „ I I . 403 . . . . „ I I . 582 . . . . „ II. 6 2 4 . . . . „ I I . 150, 152 . Ed. I I I . 57, pl. 71 „ I I I . 65, pl. 67 „ I I I . (Fitz.i?arre,pl.290) „ I I I . 48, pl. 14
18 21 22 22 24 27 27 29 29 30 33
„ H I . 13, pl. 7 „ I I I . 2, pl. 5 Ass. 94, pl. 41 . „ 101, pl. 70 Ed. in. (Molloy) Ass. 135, pl. 25 - 141, pl. 56 Ed. I I I , 25, 26 . Ass. 163, pl. 28 Ed. I I I . 25, 26 I I I . (Fitz. Mainprise P1- J 2 ! I I I . 5, 6, pl. 11 I I I . 24, p£ 27 I I I . 3, pl. 8 I I I . 7, pl. 15 I I I . 3, pl. 14 398, „ I I I . 11, pl. 13
40 40 41 41 42 42
„ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ Ed.
275 377 275 354 354 353, 406
266
399 371
260
168, 244 405
101
275 25 266, 399 392 275 399 371 275 277 275
266
275 260,263, 176, 227
21 273 270
261, 266 189
266
405 405 21
260, 266, 268, 270 267 398 279 258, 269 19 39, 363 114, 119 267, 270 177, 246 189
22,
253 204 273
202
270, 275 381,396, 399, 402
202
Seite
s
i?i:
202
273 267 278 114, 284 267, 275 392, 401 269, 276 270 278, 294 273 349 270 267, 283, 284, 286 I I I . 20, pl. 8 . 171 174, 245 48 273 I I I . 5, pl. 11 . 50 50 „ I I I . 12, 13, pl. 2 . . 381, 401 398 Ed. I I I . (Keilway, 145, 146) 11 Ric. I L (Fitz. Acc. I Case, 284 pl. 37) . . . 269, 19 „ I I . (Fitz.DetÜ, pl. 166) 270, 301 281, 284, 286 2 Hen. I V . 3, pl. 9 . 402 2 „ I V . 6, pl. 25 381 2 „ I V . 14, pl. 5 2 „ I V . 18, pl. 6 189 229, 232 86 2 „ I V . 18, pl. 8 185 202, 231 7 „ I V . 14, pl. 18 174, 245 11 „ I V . 17, pl. 39 170, 174, 11 „ I V . 23, 24 . 179, 245 11 „ I V . 33, pl. 60 281 284, 286 185 11 „ I V . 45 . . . 371 12 „ IV. 7 . . . . 270 12 „ I V . 17, pl. 13 379 14 „ I V . 5, 6 . . . 267, 270 9 Hen. V. 14, pl. 23 3 Hen. V I . 36, pl. 33 . 257 271,272, 281, 284 286, 287 168 VI. 22, pl. 3 . 7 V I . 16, pl. 7 . 394 9 V I . 21, pl. 69 . 179 10 V I . 18, pl. 58 . 284 286, 288 14 V I . 26, pl. 77 . 14 395 V I . 49 . . . . 19 184, 185 V I . 49, pl. 5 . 19 28 286, 294 V I . 25, pl. 11 . 20 286 V I . 34, pl. 4 . 19 284, 287 V I . 8, 9, pl. 19 21 242 V I . 55 . . . . 21 205 V I . 21, pl. 38 22 189, 191 22 V I . 46, pl. 36 396, 398 33 V I . 1, pl. 3 . 177 179, 183, 195, 203 33 V I . 26, 27 . . 168 37 V I . 8, pl. 18 269, 271, 272
43 Ed 43 43 43 44 45 45 46 46 46 4848 48
III. III. III. III. III. III. III. III. III. III. III. III.
2, pl. 5 . 11, pl. 1 . SO, pl. 15 33, pl. 38 21, pl. 23 11, 12 . . 24, pl. 30 6, pl. 16 . 19, pl. 19 25, pl. 10 2, pl. 14 . 3, pl. ß . 6, pl. 11 .
XXI
Stellen aus den Jahrbüchern und älteren Urteilen. Seite
257, 272 37 Hen. V I . 13, pl. 3 257 37 „ V I . 13, pl. 33 149 37 „ V I . 37, pl. 26 275 39 „ V I . 34, pl. 46 169 2 Ed. I V . 4, 5, pl. 9 228 2 I V . 15, pl. 7 414 I V . 7, pl. 16 5 4,84,103 I V . 7, pl. 18 6 349, 354, 414 I V . 5, 6, pl. 1 8 I V . 6, pl. 5 170 8 I V . 11, pl. 9 231 8 I V . 34, pl. 9 170, 178 8 I V . 40, pl. 22 178 9 IV, 1 . . . 245 10 I V . 13, pl. 9 171, 173, 185 12 I V . 9, 10, pl. 5 177, 227, 228 13 I V . 6, pl. 3 . . 269, 272 14 I V . 32, pl. 14 . 269, 272 15 I V . 4, pl. 4, 5 272 17 I V . 10, pl. 18 269 19 I V . 3, pl. 17 269 20 I V . 10, 11, pl. 10 118,119,178 20 172 I V . 5, pl. 6 . 22 414 I V . 6, pl. 18 . 22 . 99, 118 I V . 8, pl. 24 . 22 303 22 „ I V . 26, pl. 6 . 178 2 Ed. V . ' ) 15, pl. 7 2 Hen. V I I . 11, pl. 9 284, 287 . 170, 179 V I I . 4, pl. 16 3 228 V I I . 12, pl. 9 3 . 353, 373 5 ; V I I . 18, pl. 12 213 6 „ V I I . 9, p f . 4 .
. 186, 202,
Seite
6 Hen. V I I . 12, pl. 9 . . 6 „ V I I . 14, pl. 2 . . 6 „ V I I . 18, pl. 12 . 10 12 12 13 13 17 17 18 18 20 20 21 21 21 21 21 21 21
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VII. VII. VII. VH. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII. VII.
171, 179 394 353,373, 394, 395 178 393 23, 119 245 119 414 349 116, 414 205 170, 246 172
25, 26, pl. 3 (Keilway, 2) ( „ 3) 10 15, pl. 10. . (Keilway 42) ( „ 44) ( „ 46) ( „ 50) 1, pl. 11 . . 5, pl. 15 . . 14, pl. 21 . 228 14, pl. 23 170, 174, 245 27, pl. 5 . . 4, 86 288 30, pl. 5 . . 169, 172 29, pl. 49 . 288 41, pl. 66 . 183,186, (Keilway, 77)
2 Hen. V H I . (Keilway, 160) 186, 198, 12 „ V I I I . 2, pl. 2) . . . 14 „ V I I I . 6, pl. 5 . . . 14 „ V I I I . 10, pl. 5
201, 208 183,
201, 202
116
415 354 267, 27 „ Vin. 24, 25, pl. 3 . 288, 290 Incerti temporis (Keilway, 392 113, 130)
i I m Text steht I V .
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Erste Abhandlung. Ältere Formen der Haftbarkeit. Dies Buch w i l l eine Übersicht über das gemeine Recht der Vereinigten Staaten von Nordamerika geben. Hierzu bedarf man anderer Hilfsmittel, als die reine Logik sie darbietet. Allerdings muß ein Rechtssystem, um seines inneren Zusammenhanges willen, eine Folgerichtigkeit i n sich schließen. Aber diese erschöpft niemals seine völlige Darstellung. Vielmehr entnimmt das Recht seine eigentliche Lebenskraft nicht der Logik, sondern ist ein Niederschlag von Erfahrungen. Bedürfnisse, die man in einem bestimmten Zeiträume fühlte, die zu dieser Zeit herrschenden Lehren über die Moral, den Staat und die Aufgaben der Politik, mochten sie nun offen ausgesprochen oder nur unklar empfunden sein, sogar die Vorurteile, die den Richtern mit ihren Parteien gemeinsam waren, haben einen weit bedeutenderen Einfluß ausgeübt, als die bloßen Schlußfolgerungen, durch die man die Grundsätze der Rechtspflege in die Formen fester Regeln prägte. Das Recht verkörpert die Entwickelungsgeschichte eines Volkes von mehreren Jahrhunderten, und man kann es nicht so behandeln, als ob es lediglich solche Grundsätze und Folgerungen enthielte, wie sie etwa in einem mathematischen Buche zu finden sind. Um zu begreifen, was das Recht ist, müssen w i r wissen, was es früher war und was es i n Zukunft zu werden bestrebt ist. W i r müssen abwechselnd die Vergangenheit und die gegenwärtigen allgemeinen Gesetzgebungslehren zu Rate ziehen. Allein die schwierigste Aufgabe wird darin liegen, die Verbindung dieser beiden Dinge zu verstehen, die sich auf jeder Entwickelungsstufe neu abspielt. Der Inhalt des Rechtes zu einer bestimmten Zeit entspricht so ziemlich — soweit das möglich ist — dem, was man damals für angemessen hielt; aber seine Form, sein Mechanismus und der Holmes-Leonhard,
R e c h t E n g l a n d s u n d Nordamerikas.
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te Abhandlung.
Grad seiner beabsichtigten Wirkungen hängt in hohem Maße von der älteren Zeit ab. Während i n Massachusetts gegenwärtig auf der einen Seite eine große Zahl von Regeln besteht, welche sich i n völlig genügender Weise aus ihrer Übereinstimmung mit dem gesunden Menschenverstand rechtfertigen lassen, finden wir auf der anderen Seite manche Sätze, die lediglich dann verstanden werden können, wenn man sie auf die frühesten Zeiten des Gerichtsverfahrens der germanischen Stämme zurückführt, oder auf gesellschaftliche Verhältnisse des alten Rom unter den Decemvirn. I c h werde die Geschichte unseres Rechtes so weit benuteen, als es nötig ist, um einen der Gegenwart angehörigen Begriff zu entwickeln oder eine geltende Regel zu erläutern, aber nicht darüber hinaus. Wenn man so verfährt, werden zwei Mißgriffe vermieden, sowohl bei dem Verfasser wie bei dem Leser. Der eine liegt i n der Vermutung, daß ein uns ansprechend und natürlich scheinender Gedanke dies zu allen Zeiten gewesen sei. Manche Dinge, welche wir für wohl begründet ansehen, sind mit Mühe i n vergangener Zeit durchgefochten und ausgedacht worden. Der andere Mißgriff hegt darin, daß man zu viel von der Geschichtsforschung erwartet. W i r beginnen unsere Forschungen bei Menschen, die bereits voll entwickelt sind. Man wird daher vermuten können, daß schon die barbarischen Völker der ältesten Zeit, deren Verhalten betrachtet werden soll, in vielen Punkten dieselben Gefühle und Leidenschaften besessen haben, wie wir selbst. Der erste Gegenstand meiner Erörterungen ist eine allgemeine Theorie der Haftbarkeit nach Zivil- und Strafrecht. Das englisch-amerikanische gemeine Recht hat sich seit der Zeit, aus der wir die ältesten Berichte haben, in hohem Maße verändert, und die Forschung, die sich mit einer jetzt herrschenden Theorie beschäftigt, ist zum großen Teile nichts anderes als eine Untersuchung von Gesetzgebungszielen (a study of tendencies). Ich glaube, daß es der Belehrung dienen wird, auf die früheren Haftungsformen zurückzublicken und von ihnen auszugehen. Es ist allgemein bekannt, daß die früheren Formen des gesetzlichen Verfahrens i n der Rache ihre Wurzel hatten. Neuere Schriftsteller nehmen an, daß das römische Recht von der Blutrache (blood feud) ausging, und alle Autoritäten sind darin einig, daß das deutsche Recht auf diese Weise begann. Die
ltere Formen der Haftbarkeit.
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Fehde (feud) führte zum Wergeide (composition), das zunächst freiwillig vereinbart wurde, später aber angenommen werden mußte als ein Kaufpreis dafür, daß der Empfänger die Fehde unterließ. Wie diese Abfindung Schritt für Schritt um sich griff, können wir aus den angelsächsischen Gesetzen erkennen 1 und zur Zeit Wilhelms des Eroberers war die Fehde bereits so ziemlich beseitigt, wenn auch noch nicht völlig ausgerottet. Die Mordtaten und Brandstiftungen der älteren Zeit verwandelten sich in Ansprüche wegen Verstümmelung und Brand. Die Klagen „de pace etplagis" und wegen mayhem (Verstümmelung) wurden, oder richtiger waren ihrem Wesen nach nichts anderes, als dieselben Ansprüche aus Rechtsverletzung (trespass), die noch jetzt unsern Anwälten geläufig sind 2 . Als aber die Entschädigung, die jemand auf seine Klage erhielt, wahlweise neben der Rache begehrt werden konnte, wurde, wie zu erwarten ist, der Umfang dieses Geldanspruches begrenzt durch den statt seiner zulässigen Umfang der Rache. Die Rache schließt ein Gefühl des Tadels in sich und eine allerdings durch Leidenschaft getrübte Meinung des Verletzten, daß ihm ein Unrecht geschehen sei. Sofern keine böse Absicht des Verletzers vorliegt, darf die Rache schwerlich sehr weit gehen. Sogar ein Hund macht einen Unterschied, ob man aus Versehen über ihn stolpert, oder ihn absichtlich stößt, (umsomehr tut dies der Mensch). Mag nun dieser Grund oder auch ein anderer den Ausschlag gegeben haben, jedenfalls scheinen die ältesten englischen Klagen wegen persönlicher Gewalttat auf absichtliche Übeltaten beschränkt worden zu sein. G l a n v i l l 8 erwähnt das Handgemenge, Schläge und Wunden, lauter Formen absichtlicher Gewalttätigkeiten. I n der eingehenderen Schilderung solcher Klagen, die Bracton 4 gibt, ist es durchaus klar, daß sie auf vorsätzliche Angriffe Bezug nahmen. Die Klage „de pace et plagis" setzte 1
z. B. Ine c. 74; Alfred c. 42; Ethelred, I V . 4 § 1. Bract., fol. 144. 145; Fleta, I, c. 40. 41; Co. L i t . 126 b ; Hawkins, P. C. Bk. 2, ch. 23 § 15. Zusatz des Übersetzers: Der hier zum ersten Male und dann sehr oft angeführte B r a c t o n ( = Bract.) ist der Verfasser des grundlegenden Werkes de l e g i b u s e t c o n s u e t u d i n i b u s A n g l i a e l i b r i q u i n q u e ; vgl. über seine Verwertung des römischen Rechts im dreizehnten Jahrhundert B r u n n e r , Holzendorffs Encykl. der Rechtswissenschaft. 5. Aufl. I , S. 839; auch W e r t h e i m , Wörterbuch des engl. Rechts. Berlin 1899. S. 333 unter Law. 3 I . c. 2 a. E. Über G l a n v i l l a vgl. B r u n n e r a. a. 0 . S. 339. 4 fol. 144 a, „assultu praemeditato". 2
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einen vorsätzlichen Angriff voraus, beschrieb die Beschaffenheit der gebrauchten Waffen und die Länge sowie die Tiefe der Wunde. Der Kläger hatte außerdem darzutun, daß er unmittelbar nach der Verletzung Lärm geschlagen hatte (raised the hue and cry). W e n n Bracton von den geringeren Beleidigungen spricht, die nicht durch Klage verfolgt wurden, so führt er nur vorsätzliche Rechtswidrigkeiten an, wie Faustschläge, Peitschenhiebe, Verwundungen, Beleidigungen usw. 1 Der Klagegrund in Deliktsfällen, die in den älteren Jahrbüchern und der Abbrevatio Piacitorum berichtet sind, ist immer ein vorsätzliches Unrecht. Erst i n späteren Zeiten und auf Grund von Schlußfolgerungen wurde der Begriff des rechtserheblichen Unrechts (trespass) soweit ausgedehnt, daß er auch solche Verletzungen umfaßte, welche der verklagte Täter zwar vorausgesehen, aber nicht als Folge seiner Handlung gewünscht hatte 2 . Von da ab dehnt sich der Begriff schließlich auch auf nicht vorausgesehene Verletzungen aus 8 . W i e wir sehen werden, verträgt diese Entwicklung sich nicht mit der Behauptung, daß es dem alten Recht eigentümlich gewesen sei, über die äußeren sichtbaren Eindrücke (das damnum corpore corpori datum) nicht hinauszugreifen. Man hat geglaubt, daß jede Untersuchung, die in den Seelenzustand des Verklagten eindringt, um seine Schuld oder Unschuld festzustellen, eine Verfeinerung des richterlichen Begriffsvermögens voraussetzt, die dem alten Rom vor der lex Aquilia ebenso fremd gewesen sein soll, wie dem alten England zu der Zeit, als man den Begriff des Unrechts (trespass) formte. Ich finde aber keinen genügenden Beweis dafür, daß jemand in R o m 4 oder in England (in alter Zeit) für die rein zufälligen Folgen seiner Handlung haftbar war. Allein, wie auch das alte Recht gewesen sein mag, jedenfalls ergibt sich aus dem vorstehenden Bericht der Ausgangspunkt des Systems, mit dem wir hier zu tun haben. Unser System der privatrechtlichen Haftung für die Folgen rechtswidriger Handlungen begann mit der Berücksichtigung tatsächlich vorhandener Absichten und tatsächlicher persönlicher Schuld. Die ersten Ausgangspunkte einer Haftung für Verletzungen, 1
fol. 155; cf. 103 b. 2 Y . ß . 6, Ed. I V . 7, pl. 18. 3 Ebenda und 21 H . V I I . 27, pl. 5. * D. 47. 9. 9.
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die jemand durch einen anderen Menschen oder durch eine fremde Sache erlitt, sind bisher weniger sorgfältig untersucht worden, als diejenigen, welche den Begriff des Unrechts (trespass) bestimmen. Deshalb werde ich den Rest dieses Aufsatzes ihrer Erörterung widmen. Ich werde versuchen darzutun, daß diese Haftung ebenfalls ihre Wurzel in dem Gefühl der Rache hatte, und die Umgestaltungen darzulegen, durch die sie zu ihrer gegenwärtigen Form gelangt ist. Aber ich w i l l mich nicht streng auf die Dinge beschränken, die zur Lösung dieser Aufgabe nötig sind, weil es nicht nur sehr interessant ist, die erwähnte Umwandlung i n ihrem vollen Umfange aufzuspüren, sondern weil ihre Geschichte uns zugleich für die Art, in der das Recht ohne Unterbrechung von der Barbarei bis zur Zivilisation emporgewachsen ist, ein belehrendes Beispiel liefert. Überdies wird dies viel Licht auf einige wichtige und eigenartige Lehren werfen, Auf welche ich weiter unten nicht mehr zurückkommen kann. Eine bekannte und jedem Geschichtsforscher geläufige Erscheinung ist die folgende: Gewohnheiten, Überzeugungen oder Bedürfnisse eines unentwickelten Zeitalters stellen eine Regel oder Formel fest. I m Laufe der Jahrhunderte vergehen sodann die Gewohnheiten, Überzeugungen und Bedürfnisse, aber die Regel besteht trotzdem weiter fort. Der Grund, der sie entstehen ließ, gerät dann in Vergessenheit und geistvolle Denker bemühen sich nachzuforschen, wie man sie erklären soll. Irgend eine politische Erwägung wird sodann ersonnen, die das Alte zu erläutern und mit der gegenwärtigen Lage in Einklang zu bringen scheint; schließlich paßt sich die alte Regel den neuen Gründen an, die man für sie später aufgestellt hat, und gewinnt dadurch eine neue Richtung. Die alte Form erhält somit einen neuen Inhalt und schließlich verwandelt sie sich selbst, um dem Sinn zu entsprechen, der ihr erst später beigelegt wurde. Der Gegenstand, von dem hier die Rede ist, veranschaulicht diesen Lauf der Dinge sehr klar. Ich w i l l dabei mit der Aufzählung einer Menge von Beispielen beginnen, die verschiedene Regeln verkörpern, ein jedes mit einem einleuchtenden politischen Grunde, der zu seiner Erklärung zu genügen scheint. Ein Tier, dessen Wildheit bekannt ist, entflieht seinem Herrn und schädigt dessen Nachbar. Der Herr kann nachweisen, daß das Tier ihm ohne jede Nachlässigkeit von seiner Seite weggelaufen ist. Aber trotzdem wird er als haftbar angesehen. Weshalb? Es ist der Fall, — so sagt der Begriffe zergliedernde
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Jurist — weil er, obgleich schuldlos in dem Augenblicke, in dem das Tier ihm fortlief, dennoch sich einer früheren Achtlosigkeit oder Nachlässigkeit oder Verfehlung schuldig gemacht hatte, indem er ein derartiges Geschöpf überhaupt zu eigen besaß. Jeder, dessen Verfehlung Schaden angerichtet hat, muß aber dafür bezahlen. Ein Bäckergeselle, der seines Meisters Wagen herumfährt, um des Morgens warme Semmeln zu liefern, überfährt einen Mann. Der Meister muß dafür zahlen. Und wenn er die Frage aufgeworfen hat, weshalb er für die rechtswidrige Tat eines anderen unabhängigen und verantwortlichen Wesens zahlen soll, so hat man ihm von der Zeit Ulpians bis zu der Zeit Austins geantwortet, dies müsse so sein, weil er in tadelnswerter Weise eine ungeeignete Person in seinem Dienste verwendet habe. Antwortete er, daß er die größtmöglichste Sorgfalt aufwandte, als er den Wagenlenker aussuchte, dann sagte man ihm, daß das keine Entschuldigung s e i 1 ; und hierauf läßt man vielleicht die vorher angegebene Begründung seiner Haftbarkeit fallen und behauptet statt dessen, daß man notwendigerweise ein Rechtsmittel gegen Leute haben müsse, die imstande sind, Schadenersatz zu zahlen, d. h. also gegen die Meister und nicht gegen deren zahlungsunfähige Gehilfen, oder auch, daß solche unrechtmäßige Handlungen, wie sie nach der Regel des menschlichen Lebens bei Dienstleistungen abhängiger Gehilfen wahrscheinlich sind, dem Dienstbetriebe.zur Last geschrieben werden müssen. In einem anderen Falle wurde der Haftbarkeit des Herrn eine Schranke gesetzt, nachdem sie vorher unbeschränkt gewesen war. I m Jahre 1851 verabschiedete der Kongreß ein noch jetzt (1881) gültiges Gesetz, nach dem der Schiffseigentümer i n allen gewöhnlicheren Fällen von Verlusten auf dem Meere das Schiff mit den Frachtgeldern, die zurzeit ausstehen, den Verlierern herausgeben darf; und es ist vorgeschrieben, daß dann keine weiteren Ansprüche gegen die Schiffseigentümer sollen erhoben werden können. Bei dem Gesetzantrage wurde ausgeführt, daß, falls ein Kaufmann einen Teil seines Eigentums auf ein Unternehmen verwendet, das der Macht des Zufalls preisgegeben ist, es vernünftig sei, seinen Einsatz bei diesem Wagnisse auf die Summe zu beschränken, die er dabei aufs Spiel setze. Diese beschränkte Haftung entspricht dem Gesichtspunkte, aus dem i n den letzten 1
Anm. des Übersetzers.
Anders § 831 B.G.B.
Ältere Formen der Haftbarkeit.
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fünfzig Jahren in Amerika i n weitem Umfange Körperschaften ins Leben gerufen worden sind. Es bestand eine Regel des englischen Strafverfahrens bis in das gegenwärtige Jahrhundert hinein, der zufolge i n einem Anklagebeschlusse (indictment) wegen Tötung der Wert des Werkzeuges, mit dem jemand getötet worden war, angegeben werden mußte, weil der König oder sein Vertreter beanspruchen konnte, daß ihm dies Werkzeug als Gottespfand (deodand), oder, wie Blackstone sagt, als fluchbelastetes Ding verfalle. Ich könnte wohl mit der Anführung vieler Beispiele fortfahren, aber die bereits angegebenen genügen, um darzutun, wie weit die Dinge auseinander liegen, um deren Zusammenfassung es sich hier handelt. Als erster Schritt zu einer Verallgemeinerung ist es nötig, zu untersuchen, was man in altertümlichen und von einander unabhängigen Rechtsordnungen finden kann. Eine wohlbekannte Stelle im E x o d u s a u f welche wir unten zurückkommen werden, sagt: „Wenn ein Ochse einen Mann oder Weib stößet, daß er stirbt, so soll man den Ochsen steinigen und sein Fleisch nicht essen; so ist der Herr des Ochsen unschuldig." Wenden wir uns von den Juden zu den Griechen, so finden wir den Grundgedanken der soeben angeführten Stelle zu einem System entwickelt. Plutarch, in der Abhandlung über Solon, erzählt uns, daß ein Hund, der einen Mann gebissen hatte, herausgegeben werden mußte, um auf einen Holzpfahl, der vier Ellen lang war, gebunden zu werden. Plato gab in seinen Gesetzen eingehende Sicherheitsmaßregeln für viele derartige Fälle. Wenn ein Sklave einen Mann tötete, so mußte er den Verwandten des Gestorbenen herausgegeben werden 2 . Wenn er aber einen Mann verwundete, so mußte er der verletzten Partei herausgegeben werden, die mit ihm machen konnte, was sie wollte 8 . Ebenso, wenn er einen Schaden zufügte, der nicht zugleich von dem Verletzten selbst verursacht worden war. I n beiden Fällen war der Eigentümer des Sklaven, wenn er den Sklaven nicht auslieferte, verpflichtet, den zugefügten Verlust zu vergüten 4 . Wenn ein Tier einen Mann tötete, mußte es umgebracht und über die Grenze hinausgeworfen werden. Wenn ein lebloser Gegenstand einen Todesfall verursachte, mußte er 1
X X I , 28. (2. Mos. 21. 28.) ix, Jowetts. Tr. B k . I X p. 437; Bohn's Tr., pp. 378. 379. 8 & X V , Jowett 449; Bohn 397. * id f X I V , Jowett 509; Bohn 495. 2
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in gleicher Weise über die Grenze hinausgeworfen werden, und es mußte ein Sühnopfer stattfinden 1 . Alles dies ist nicht etwa der Inhalt eines bloß eingebildeten Rechts; denn es heißt in einer Rede von Aeschines, daß „wir aus unseren Grenzen unter Umständen Stöcke, Steine und Waffen verbannen, also Gegenstände ohne Sprache und ohne Verstand, falls sie zufälligerweise einen Menschen töten; und wenn ein Mann Selbstmord begangen hat, so begraben wir die Hand, die den tödlichen Stich führte, entfernt von dem übrigen Körper." Dies wird dort, offenbar ohne daß man darin etwas besonderes sah, als Tatsache des täglichen Lebens erwähnt, lediglich, um es in Gegensatz zu den Ehrenbezeugungen zu stellen, mit denen man Demosthenes überhäuft hatte 2 . Sogar noch im zweiten Jahrhundert nach Christus beobachtete Pausanias auf seiner Reise mit einiger Überraschung, daß man i m Prytaneum über leblose Dinge zu Gericht saß 8 . Plutarch schreibt diese Einrichtungen dem Dracon zu*. I m römischen Rechte finden wir ähnliche Grundsätze i n der noxae deditio, bei der man allmählich zu neuen Ergebnissen kam. Die zwölf Tafeln (451 vor Christus) schrieben vor , daß, falls ein Tier Schaden angerichtet hatte, entweder das Tier ausgeliefert oder der Schaden bezahlt werden mußte 6 ; W i r ersehen aus Gajus, daß dieselbe Regel auf das von Kindern oder Sklaven begangene Unrecht angewandt wurde 6 , und Spuren hiervon finden sich sogar bei leblosen Dingen. Die römischen Juristen, die nicht über die eigne Rechtsordnung ihres Zeitalters hinausblickten, spannten ihren Scharfsinn an, um eine Erklärung zu finden, nach der das Recht, wie sie es vorfanden, vernünftig erschien. Gajus sagte, es sei ungerecht, daß die Verfehlung von Kindern oder Sklaven den Eltern oder Eigentümern solche Verluste zufügen sollte, die über den W e r t der eigenen Körper der Übeltäter hinausreichten; und Ulpian führt aus, daß um so mehr (a fortiori) dies bei 1 2
3 4
X I I , Jowett 443. 444; Bohn 388. Kaxa KTTjoup. 244. 245.
1. 28 (11).
Solon. 5 „Si quadrupes pauperiem fecisse dicetur, actio ex lege duodecim tabularum descendit; quae lex voluit, aut dari (id) quod nocuit, id est, i d animal, quod noxiam commisit, aut aestimationem noxiae offere." D. 9. 1. 1 piv, Just. Inst. 4. 9. X I I , Tab. V I I I , 6. 6 Gaji Inst. I V , §§ 75. 76. D. 9. 4, 2, § 1. „Si servus furtum faxit noxiamve noxit." X I I . Tab., X I I , 2. Cf. Just. Inst. 4. 8, § 7.
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Dingen gelten müsse, die leblos und deshalb zur Begehung einer Schuld unfähig seien 1 . Bei diesem W e g , der Frage näher zu treten, scheint man das Recht zur Übergabe des schuldigen -Gegenstandes so aufgefaßt zu haben, als sei es eine bloße Beschränkung der Haftbarkeit der Hausherren, die natürlicherweise in erster Linie unbeschränkt sein müsse. Allein, wenn man dies meint, so heißt dies die Dinge auf den Kopf stellen, gleich als ob man den Wagen vor den Gaul spannt. Das Recht zur Übergabe wurde nicht als eine Beschränkung der Haftbarkeit eingeführt, sondern i n Rom, ebenso wie i n Griechenland, wurde umgekehrt die Bezahlung des Schadens durch den Herrn zugelassen, damit er sie an Stelle der Übergabe wählen konnte. Die Klage des Verletzten wurde damals nicht so, wie heutzutage, auf eine Verfehlung des Eigentümers gegründet. Wäre dies der Fall gewesen, so würde sie immer gegen diejenige Person gerichtet worden sein, die in der Zeit der hervorgehobenen Schädigung über den Sklaven oder das Tier die Aufsicht führte, und die daher mehr, als irgend eine andere, zu tadeln war, weil sie nicht das Unrecht verhindert hatte. W e i t entfernt von dieser Sachlage war aber die Person, die verklagt werden mußte, immer der Eigentümer zur Zeit der Klage. Die Klage folgte dem schuldigen Wesen, gleichviel i n wessen Gewalt es k a m 2 . Und in seltsamem Gegensatze zu der Rechtsanschauung, die mit moderneren Gesichtspunkten der Gesetzgebungspolitik Fühlung sucht, wurde der Eigentümer von der Haftung frei, wenn das Tier ein wildes war, also gerade dann, wenn es zu den gefährlichsten gehörte und dem Herrn entlief, weil er i n diesem Augenblicke aufhörte Eigentümer zu sein 8 . Es scheint keine andere und keine weiter greifende Haftbarkeit des Herrn nach altem Recht bestanden zu haben, selbst wenn ein Sklave mit seines Meisters Wissen schuldig war, sofern •er nicht etwa ein bloßes Werkzeug in dessen Hand gewesen war 4 . Gajas und Ulpian zeigten die Neigung, die noxae datio zu einem Privileg des Eigentümers zuzustutzen, das ihm nur dann zustand, wenn Übeltaten ohne sein Wissen begangen waren; aber Ulpian sieht sich genötigt zuzugestehen, daß nach 1
D . 39. 2. 7, §§ 1. 2; Gaji Inst. I V , § 75. „Noxa caput sequitur" D. 9. 1. 1, § 12; Inst. 4. 8, § 5. 3 „Qui desinit dominus esse, ubi fera evasit". Dig. 9, 1. 1, § 10; Inst. 4. 9. pr. vgl. M a y v. B u r d e t t 9 Qu. B. ß. 101. 113. 4 D i g , 19. 5. 14, § 3; Plin. Nat. Hist. X V I H , 3. 2
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altem Recht, wie Ceisus annahm, die Klage selbst dann noxal war, wenn ein Sklave im Einverständnis mit seinem Herrn ein Unrecht begangen hatte Alles dies zeigt sehr klar, daß die Haftung des Eigentümers nur ein W e g war, um den Sklaven oder das Tier, welche die unmittelbare Ursache der Verletzung waren, anzupacken. Mit anderen Worten, die Rache am unmittelbaren Verletzer war der Gegenstand des griechischen und des älteren römischen Verfahrens, nicht aber die vom Herrn oder Eigentümer zu verlangende Entschädigung. Die Haftung des Herrn war lediglich eine Haftung des schädlichen Wesens, das die Verletzung begangen hatte. I n den altertümlichen Gewohnheiten Griechenlands wurde sie durch ein gerichtliches Verfahren erzwungen, das ausdrücklich gegen das lebendige oder leblose Wesen gerichtet war, von dem die Verletzung ausging. Die römischen Zwölf Tafeln machten den Eigentümer anstelle dieses Wesens zum Träger der Beklagtenrolle, aber änderten in keiner Weise den Grund der Haftbarkeit und beeinflußten auch nicht ihre gesetzliche Höhe. Die Änderung des bisherigen Rechtes wurde* lediglich von dem Gedanken getragen, dem Eigentümer es zu ermöglichen, sein Interesse zu schützen 2 . Man kann freilich die Frage auf werfen, wie leblose Gegenstände vor Gericht auf diese Weise in Anspruch genommen werden konnten, wenn der Zweck des Verfahrens doch auf eine Befriedigung eines Rachebedürfnisses abzielte. Gelehrte Männer waren geneigt, eine Begründung hierfür darin zu finden, daß man die leblose Natur personifiziert habe, wie dies den Wilden und den Kindern eigen sei, und manches bestätigt diese Ansicht. Ohne solche Personifikation würde der Ärger über leblose Dinge allerdings meistens nur vorübergehend gewesen sein. Es ist bemerkenswert, daß das häufigste Beispiel in den Gewohnheiten und Gesetzen der Urzeit ein Baum ist, der auf einen Mann 1
„ I n lege antiqua si servus dicente domino furtum fecit, vel aliam noxiam commisit, servi nomine actio est noxalis, nec dominus suo nomine tenetur." D. 9. 4. 2. 2 Gajus Inst. I V , § 77 sagt, daß eine Noxalklage sich i n eine unmittelbare Klage und umgekehrt eine unmittelbare Klage in eine Noxalklage verwandeln kann. W e n n ein unabhängiger Hausherr ein Unrecht begeht und hierauf als K i n d eines anderen angenommen w i r d oder in Sklaverei fallt, dann geht eine Noxalklage gegen seinen neuen Grebieter anstatt der früheren Klage, die sich gegen ihn selbst als Übeltäter richtete. Just. Inst. 4. 8, § 5-
Ältere Formen der Haftbarkeit.
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fällt, oder von dem er herabstürzt und getötet wird. W i r können es verhältnismäßig leicht begreifen, wie man einen Baum auf dieselbe Stufe mit Tieren stellen kann. Sicherlich wurde er so behandelt wie diese, und er wurde sogar den Verwandten des Getöteten ausgeliefert oder in Stücke geschlagen, um ein wirklich vorhandenes oder vorgespiegeltes Rachegefühl zu befriedigen I n dem athenischen Verfahren ist ohne Zweifel noch ein davon verschiedener Gedanke ausgedrückt. Entsühnung (expiation) ist einer der Zwecke, die am meisten von Plato betont wurden. Sie scheint das Ziel des von Aeschines erwähnten Verfahrens zu sein. Einige weiter unten erwähnte Stellen in den Werken der römischen Geschichtsschreiber deuten auf diese Richtung h i n 2 . Als eine weitere Eigentümlichkeit ist zu erwähnen, daß die Haftung, wie es scheint, an den Körper, der den Schaden anrichtete, i n einem beinahe physikalischen Sinne angeknüpft war. Ein ungeübter Verstand kann nur in unvollkommener Weise eine Sachlage so zergliedern, wie Juristen, die die Verantwortlichkeit für einen Vorfall auf den Anfang einer Kette von Ursachen und Wirkungen zurückführen. Das Gefühl des Hasses gegen etwas, was uns Schmerz verursacht, das an der handgreiflichen Ursache des Schmerzes seine Rache ausübt, und das vielleicht sogar einen gebildeten Menschen dazu treibt, nach einer Tür zu schlagen, wenn sie seinen Finger einquetscht, ist i n der noxae deditio verkörpert und ebenfalls in anderen verwandten Lehren des älteren römischen Rechtes. Es findet sich eine lückenhafte Stelle im Gajus, welche zu sagen scheint, daß die Haftung manchmal sogar dann vermieden werden kann, wenn der bloße Leichnam des Verletzers dem Verletzten herausgegeben wird 8 . So berichtet Livius, daß Brutulus 1 L . L . Alfred, c. 18; 1 T y l o r , Primitive Culture, Am. ed., p. 285 et seq.; Bain, Mental and Moral Science B k . I I I eh. 8, p. 261. 2 Florus Epitome I I , 18; Livius I X , 1. 8, V I I I , 39; Zonaras V I I , 26, herausgegeb. von Niebuhr, Bd. 43, S. 98. 99. 3 Gajus Inst. I V , § 81. Ich gebe Huschkes Lesart wieder: Licere enim etiam, si fato is fuerit mortuus, mortuum dare; nam quamquam diximus, non etiam permissum reis esse, et mortuos homines dedere, tarnen et si quis eum dederit, qui fato suo v i t a excesserit, aeque liberatur. Ulpians Behauptung i n Dig. 9, 1. 1, § 13, daß die Klage hinfällig wird, wenn das T i e r vor dem Streitbeginne stirbt, ergibt sich nur aus der Hegel, daß die Haftbarkeit auf den Besitz an der Sache gegründet ist.
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Papius einen Bruch des mit den Römern geschlossenen Waffenstillstandes verursachte, worauf die Samniten beschlossen ihn auszuliefern, und daß sie, als er dem Unheil und der Schande durch Selbstmord ausgewichen war, seinen Leichnam dem Feinde zusandten. Bemerkenswert ist, daß die Auslieferung als natürliche Sühne für den Vertragsbruch angesehen worden zu sein scheint 1 , und daß es zugleich als selbstverständlich galt, den Leichnam zu schicken, wenn der Übeltäter umgekommen war 2 . Die merkwürdigsten Erscheinungen dieser A r t treffen wir bei einem Rechtsverhältnisse, das wir heutzutage als „Kontrakt" bezeichnen würden. Bei Livius kann man hierfür ein weiteres Beispiel finden, falls nicht schon das zuletzt erwähnte als ein solches gelten sollte. Der römische Konsul Postumius schloß den unheilvollen Vertrag über das Caudinische Joch (per sponsionem, wie Livius sagt, indem er die gewöhnliche Überlieferung, nach der dieser Vertrag per foedus abgeschlossen sein sollte, leugnet), und wurde nach Rom geschickt, um die Bestätigung des Vertrages vom Volke zu erlangen. Dort angelangt, machte er trotzdem den Vorschlag, daß die Personen, die den Vertrag hergestellt hatten, er selbst mit eingeschlossen, zur Genugtuung hierfür den Feinden ausgeliefert werden sollten. Denn da das römische Volk, so sagte er, die Vereinbarung nicht bestätigt habe, „werde wohl niemand so unkundig des Fetialrechtes sein, um nicht zu wissen, daß die Römer von jeder Verpflichtung dann frei sein würden, wenn sie uns auslieferten". Die Auslieferungsformel scheint den Fall als eine Art der noxae deditio darzustellen 8 . 1
Bello contra foedus suscepto. Livius V I I I , 89: „ V i r . . . haud dubie proximarum induciarum ruptor. De eo coacti referre praetores decretum fecerunt, „ u t Brutulus Papius Romanis dederetur" . . . Fetiales Romam, ut censuerunt, missi et corpus B r u t u l i exanime: ipse morte voluntaria ignominiae se ac supplicio subtraxit. Placuit cum corpore bona quoque eius dedi." Cf. Zonaras V I I , 26, ed. Niel buhr, vol. 43, p. 97: Trjv alrfav TOV TroXfyov PovTov\(p avSgl dwaxtp nuQ avroTg ZntyQ(i(povre^' ov T& oora inet. (p&aOag txeivog dtsxBiQCöuJO iavr6vj di¿(ioiyctv. Siehe ferner L i v i u s V , 36. postulatumque ut pro iure gentium violato Fabii dederentur, und ib. I , 32. 8 Livius I X , 5. 8. 9. 10. Nam quod deditione nostra negant exsolvi Teligione populum, i d istos magis ne dedantur, quam quia ita se res habeat, dicere, quis adeo iuris fetialium expers est, qui ignoret? — Die Formel der Auslieferung lautete wie folgt: „Quandoque hisce homines iniussu populi Romani Quiritium foedus ictum i r i spoponderunt, atque ob eam rem noxam nocuerunt, ob eam rem, quo populus Romanus scelere impio sit solutus, hosce homines vobis dedo"; vgl. Zonaras V I I , 26, ed. Niebuhr, vol. 43, pp. 98. 99. 2
Ältere Formen der Haftbarkeit.
Cicero berichtet über eine ähnliche Auslieferung des Mancinus an die Numantiner durch den pater patratus, die übrigens, ebenso wie die Samniten in dem vorher erwähnten Falle, die Annahme verweigerten 1 . Man kann hierzu die Frage aufwerfen, welche Analogie zwischen einem Kontraktbruch und solchen Übeltaten, die das Rachegefühl erregen, gefunden werden könne. Allein man darf nicht vergessen, daß die Unterscheidung zwischen den Delikten (torts) und den Vertragsbrüchen, und insbesondere den für beide Fälle gegebenen Rechtsmitteln sich erst allmählich entwickelt hat. Es ist begreiflich, daß ein Verfahren, das zunächst zur Genugtuung für eine Gewalttat eingerichtet war, auf andere Fälle ausgedehnt wurde, als diese vorkamen. Sklaven wurden wegen Diebstahls ebensowohl ausgeliefert, als wegen Angriffshandlungen gegen Menschen (assault) 2 , und es wird berichtet, daß ein Schuldner, der seine Verbindlichkeiten nicht berichtigte, oder ein Verkäufer, der einen Gegenstand, für den er bezahlt war, zu liefern unterließ, auf dieselbe Weise, wie ein Dieb behandelt wurde 8 . Diese Gedankenreihe in Verbindung mit einer bereits erwähnten beinahe sinnlichen Auffassung der gesetzlichen Verpflichtungen, die sie so ansieht, als ob sie an dem Körper des Übeltäters fest angeknüpft wären, würden vielleicht die wohlbekannte Vorschrift der Zwölf Tafeln über die zahlungsunfähigen Schuldner erklären. Nach diesem Gesetze konnten mehrere Gläubiger des zahlungsunfähigen Schuldners nach Erfüllung gewisser Förmlichkeiten seinen Körper zerschneiden und 1 De Orator. I , 40, und sonst. Es muß erwähnt werden, daß Floras in seinem Berichte sagt: „Deditioue Mancini expiavit." Epitome I I , 18. Es ist bereits bemerkt, daß anscheinend i n den von Livius erwähnten Fällen der Zweck der Übergabe eine Entsühnung war, ebenso wie i n ihnen zugleich angedeutet w i r d , daß dadurch ein Vertrag erfüllt wurde. Zonaras sagt: „Postumius und Calvinus eis iavjov TTJV airiav AVAÄI%OFI£V(ov ( V I I , 26, ed. Niebuhr, Vol. 48, pp. 98. 99), vgl. ebenda S. 97 und Serv. ad Virg. Eclog. I V , 43. „ I n legibus Numae cautum est, ut si quis imprudens occidisset hominem pro capite occisi et natis (agnatis? Huschke) eius i n concione offerret arietem." Id. Georg. I I I , 387 und Festus, Subici, Subigere. Vgl. aber auch Wordsworth's Fragments and Specimens of Early L a t i n , Anmerk. zu X I I , Tab. X I I , 2, p. 538. 2 8
D. 9. 4. 2.
2 Tissot, D r o i t 4 id. § 63.
Penal, 615; 1 Jhering,
Geist d. Rom. R. § 14;
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unter sich teilen. W a r ein einziger Gläubiger da, so konnte er den Schuldner töten oder ihn als Sklaven verkaufen 1 . Wäre dem Gläubiger kein anderes Recht gegeben, als den Schuldner zum Sklaven zumachen, so würde man vielleicht meinen, daß das Gesetz nur auf Entschädigung ausging und demgemäß auf die natürlich erscheinende Arbeit des Schuldners zum Zweck der Selbstbefreiung hinzielte 2 . Der Grundsatz des englischen Rechts, daß die Annahme des Körpers eines Menschen zum Zwecke der Zwangsvollstreckung die Schuld t i l g t , auch wenn er nicht eine Stunde lang i n der Gefangenschaft festgehalten wurde, scheint auf diese Weise erklärt werden zu müssen ö . Das römische Tötungsrecht gleicht dagegen einem Racheaktj und die Zerteilung des Körpers zeigt, daß die Schuld buchstäblich so aufgefaßt wurde, als klebe sie an des Verpflichteten Körper oder umschlinge diesen mit einem vinculum juris. Was immer die richtige Erklärung des Auslieferungsaktes bei Kontrakten gewesen sein mag, für unseren gegenwärtigen Zweck brauchen wir nicht über den gewöhnlichen Fall der noxae deditio bei Übeltaten hinauszugreifen. Die scheinbare Anheftung der Schuldhaftung an den Körper, der den Schaden zufügte, war aber auch nicht in erster Linie ausschlaggebend. Das römische Recht beschäftigt sich nämlich hauptsächlich nur mit lebenden Geschöpfen, Tieren und Sklaven. Wenn ein Mensch überfahren worden war, ließ dieses Recht nicht den Wagen herausgeben, der ihn zermalmte, sondern den Ochsen, der den Wagen zog 4 . Hierbei ist der Sinn leicht zu verstehen. Das Rachegefühl mag ebenso stark gegenüber einem Sklaven als gegenüber einem Freien empfunden werden, und es ist auch heutzutage nicht beispiellos, daß jemand ein solches Gefühl gegenüber einem Tiere empfinden kann. Wer den Sklaven oder das Tier übergeben hatte, setzte die verletzte Partei in den Stand, seinen Groll an dem Überlieferten auszulassen. Die Zahlung (des Schadens) durch den Eigentümer 1
Aul. Gell. Noctes Atticae 20, 1; Quintil. Inst. Orat. 3. 6. 84; Tertnll. Apol., c. 4. 2 Ygl. Varro, Da Lingua Latina V I : „ L i b e r qui suas operas in Servitute pro pecunia, quam debeat, dum solveret Nexus vocatur." 8
A n m . des U b e r s e t z e r s . W e i l auch dem englischen Rechte der Rechtsgedanke fremd ist. So erklärt dies auf Befragen der Herr Verfasser. 4 D. 9, 1. 1, § 9; vgl. aber auch 1 Haie, P. C. 420.
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war nur ein Privileg für den Fall, daß er die Rache dem Verletzten abkaufen wollte. Es ist leicht einzusehen, daß ein solches System, wie es bisher geschildert worden ist, nicht fortdauern konnte, sobald die Zivilisation sich zu einer beträchtlichen Höhe emporgeschwungen hatte. Was nur ein Privileg gewesen war, nämlich die Rache durch Vertrag dem Verletzten abzukaufen, d. h. den Schaden zu zahlen, statt den Körper des Übeltäters auszuliefern, das wurde ohne Zweifel zu einer allgemeinen Sitte. Das aquilische Gesetz, das einige Jahrhunderte nach den Zwölf Tafeln erging, erweiterte den Entschädigungskreis für handgreifliche Verletzungen. Die Auslegung erweiterte wiederum das aquilische Gesetz. Die Herren wurden für gewisse Übeltaten, die mit ihrer Kenntnis von ihren Sklaven begangen waren, persönlich haftbar, während sie früher lediglich zur Auslieferung der Sklaven verpflichtet gewesen waren 1 . Wenn ein bepackter Maulesel sein Gepäck auf einen Vorübergehenden abwarf, weil er in ungehöriger Weise überlastet war, oder ein Hund, der hätte festgehalten werden sollen, seinem Herrn entlief und jemand biß, dann machte die alte Noxalklage, wie sie hieß, einem Ansprüche Platz, der nach neuem Rechte eine unbeschränkte persönliche Haftung erzwang 2 . Noch später wurden Schiffseigentümer und Gastwirte für die rechtswidrigen Taten der Leute, die an Bord ihres Schiffes oder i n ihrem Wirtshause in Dienst standen, ebenso haftbar, als wenn sie selbst ein Unrecht getan hätten, obwohl diese Taten i m gewöhnlichen Laufe der Dinge ohne ihr Wissen geschehen waren. Der wahre Grund dieser außerordentlichen Haftbarkeit war das besondere Vertrauen, das man notwendigerweise Frachtführern und Gastwirten entgegenbringen mußte 8 . Aber einige Juristen, die in der Auslieferung von Kindern und Sklaven nur ein Privileg sahen, das die Haftung der Ausliefernden beschränken sollte, erklärten diese neue Haftungsart aus dem Grunde, daß der Gastwirt oder Schiffseigentümer sich bis zu einem gewissen Grade der Nachlässigkeit schuldig gemacht hatte, weil von ihm die Dienste schlechter Gehilfen verwendet worden waren 4 . Dies war der erste Fall 1
D. 9. 4. 2, § 1. 2 D. 9, 1. 1, §§ 4, 5. 8 Dig. 4. 9. 1, § 1; ib. 7, § 4. * Grajus D. 44. 7. 5, § 6; Just. Inst. 4. 5, § 3.
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der bedingungslosen Haftbarkeit des Herrn für das vom Diener begangene Unrecht. Der Grund, den man dafür angab, war allgemein anwendbar, und man erweiterte seine Behandlung in der Richtung, auf die dieser Grund hinwies. Das Sonderrecht der Schiffseigentümer und der Gastwirte schuf eine andere noch auffallendere Neuerung. Es machte sie verantwortlich, wenn die in ihrem Dienste stehenden Leute frei waren, ebenso als ob sie Sklaven wären \ Hier zum ersten Male wurde ein Mann auch dann für das Unrecht eines anderen verantwortlich, wenn dieser selbst ebenfalls haftete und vor Gericht als Partei auftreten durfte. Dies war eine große Abänderung der bloßen Erlaubnis, seinen Sklaven kraft Privilegs als Lösegeld hinzugeben. Allein hier zeigt sich uns die Vorgeschichte der ganzen modernen Lehre vom Meister im Verhältnis zu seinem Diener und vom Geschäftsherrn im Verhältnis zu seinem Geschäftsführer. Alle Diener sind heute ebenso frei und ebenso vor Gericht haftbar wie ihre Herren. Aber der Satz, der aus besonderem Grunde in einem besonderen Falle eingeführt worden war, als die Diener noch Sklaven waren, ist jetzt die allgemeine Rechtsregel in Amerika und England 2 , und unter ihrer Herrschaft müssen täglich Leute große Summen für solche Handlungen anderer Leute zahlen, an denen sie keinen Anteil haben, und derentwegen sie schlechterdings kein Tadel trifft.. Und bis heute verwendet man den Grund, den die römischen Juristen für eine Ausnahmevorschrift aussprachen, zur Rechtfertigung dieser allgemeinen und uneingeschränkten Verantwortlichkeit 8 . Soviel über die eine der Vorstufen des englisch-amerikanischen Rechts, die römische. Jetzt wenden wir uns einer anderen, der teutonischen Rechtsgeschichte zu. Die lex Salica zeichnete Gewohnheiten auf, die aller Wahrscheinlichkeit nach zu alten Datums sind, um vom Rechte Roms oder vom alten Testament beeinflußt zu sein. Das sechsunddreißigste Kapitel des Urtextes bestimmt, daß, wenn ein Mann von einem Haustier getötet worden ist, der Eigentümer des Tieres für die Hälfte des Wergeids haften soll, mit dem er sich von der Blutfehde würde haben loskaufen müssen, wenn er selbst den Mann, getötet hätte, und daß er statt der anderen Hälfte das Tier dem 1 2 3
D . 4. 9. 7; pr, A n m . d. Ü b e r s . Vgl. B.G.B. §§ 278. 881. Siehe Austin, Jurisp. (3. ed.) 513; Doctor and Student, Dial. 2, ch. 42..
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Ältere Formen der Haftbarkeit. 1
Kläger ausliefern soll . So mußte nach Kapitel 35, wenn ein Sklave einen Freien tötete, dieser Sklave statt der einen Hälfte des Wergeides den Verwandten des Erschlagenen ausgeliefert werden, und der Herr mußte die andere Hälfte zahlen. Aber nach der Glosse brauchte der Herr nichts als den Sklaven herauszugeben, wenn der Sklave oder sein Herr von dem Erschlagenen oder dessen Verwandten mißhandelt worden war 2 . Es ist von Interesse zu beachten, daß die nordischen Quellen, welche Wilda benutzt, um eine ganz ursprüngliche Entwickelung darzustellen, die Haftbarkeit für Tiere auf die bloße Auslieferungspflicht beschränken 8 . Hier zeigt sich also eine Spur davon, daß der Herr in späteren Zeiten imstande war, sich in gewissen Fällen frei zu machen, indem er dartat, daß der Sklave nicht mehr in seinem Besitze war 4 . Es finden sich spätere Bestimmungen, die einen Herrn für das Unrecht haftbar machen, das der Sklave auf seinen Befehl verübt hat 6 . I n den Gesetzen, die die Thüringer älteren Quellen entnommen haben, ist ausdrücklich vorgeschrieben, daß der Herr für allen Schaden, den seine Sklaven angerichtet haben, zahlen muß 6 . I n Kürze scheint mir der Entwicklungsgang der Gewohnheiten der germanischen Stämme, soweit ich fähig bin, ihn zu erforschen, durchaus dem ähnlich gewesen zu sein, was wir soeben bei der Entstehung des römischen Rechts verfolgt haben. Die der 1
Vgl. L . Burgund. X V I I I ; L . Rip. X L V I (al. 46). Siebe das Wort „Lege", Merkel, Lex Salica p. 103; vgl. Wilda, Strafrecht der Germanen, S. 660, n. 1. Siehe ferner L e x Salica X L ; Pactus pro tenore pacis Child. et Chloth., c. 5; Decretio Chlotharii c. 1; Edictus Hilperichi, cc. 5, 7, und die Bemerkungen S o h m s in seiner Schrift über das Verfahren nach der Lex Salica, §§ 20. 22. 27; French. T r . (Thevenin) pp. 83 n ; 93, 94, 101—103, 130. 8 Wilda, Strafrecht 590. 4 Vgl. Wilda, Strafrecht, S. 660, n. 1; Merkel, Lex Salica, Gloss. Lege p. 103. Lex Saxon. X I , § 3. „ S i servus perpetrato facinore fugerit, ita ut a domino ulterius inveniri non possit, nihil solvat." cf. id. I I , § 5. Capp. Rip., c. 5: „Nemini liceat servum suum propter damnum ab illo cuilibet inlatum dimittere; sed j u x t a qualitatem damni dominus pro illo respondeat vel eum i n compositione aut ad poenam petitori offeret. Si autem servus perpetrato scelere fugerit, ita ut a domino penitus inveniri non possit, sacramento se dominus ejus excusare studeat, quod nec suae voluntatis nec conscientia fuisset, quod servus ejus tale facinus commisit." 6 L . Saxon. X I , § 1. 6 Lex Angl, et W e r . X V I . „Omne damnum quod servus fecerit dominus emendet." 2
H o l m e s - L e o n h a r d , R e c h t Englands unb Nordamerikas.
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älteren Zeit eigentümliche Haftung für Sklaven und Tiere war hauptsächlich auf die Auslieferungspflicht beschränkt; die spätere wurde zur persönlichen Verantwortlichkeit, wie i n Rom. Der Leser wird einen Beweis dafür verlangen, daß alles das auf unser heutiges Recht einen Einfluß hat. Was den Einfluß des römischen Rechts auf unser eigenes betrifft, insbesondere der römischen Grundsätze über Herrn und Diener, so ist der Beweis hierfür in jedem Buch zu finden, das in den letzten fünfhundert Jahren über diesen Gegenstand geschrieben worden ist. Es ist bereits festgestellt worden, daß wir noch immer die oben angeführte Gedankenfolge der römischen Juristen, so haltlos sie ist, bis auf den heutigen Tag wiederholen. W i r werden unmittelbar sehen, ob man auch den Inhalt der germanischen Volksrechte bis in das Recht Englands hinein verfolgen kann. I n den Kentischen Gesetzen von Hlothaere und Eadric (vom Jahre 680) ist gesagt: „Wenn ein Sklave einen Freien erschlägt, wer es auch immer sei, dann soll der Eigentümer des Sklaven hundert Schillinge zahlen, den Totschläger ausliefern u s w . l u Es gibt noch einige andere ähnliche Vorschriften. I n den Gesetzen des I n e , die etwa aus derselben Zeit stammen, ist einfach entweder die Auslieferung oder die Zahlung verlangt. „Wenn ein Sklave aus Wessex einen Engländer erschlägt, dann soll sein Eigentümer ihn an den Herrn (lord) und die Verwandten des Erschlagenen ausliefern, oder 60 Schillinge für sein Leben zahlen 2 ". Alfreds Gesetze (871 bis 901) haben eine gleiche Vorschrift, die das Vieh betrifft. „Wenn ein Rind einen Menschen verwundet, so soll das Rind ausgeliefert oder dafür eine Abfindunggezahlt werden 3 ." Und Alfred, obwohl zwei Jahrhunderte nach den ersten englischen Gesetzgebern, die oben angeführt wurden, scheint auf altertümlichere Anschauungen zurückgegriffen zu haben, als wir sie zu seiner Zeit finden. Denn derselbe Grundsatz ist auf den Fall eines Baumes erstreckt worden, durch den ein Mensch getötet worden ist. „Wenn bei gemeinsamer Arbeit ein Mensch einen anderen unabsichtlich erschlägt, so soll der Baum, an dem gearbeitet wurde, den Verwandten des Erschlagenen herausgegeben werden, und sie sollen ihn von 1 2 3
c. 3; 1 Thorpe, Anc. Laws, pp. 27, 29. c. 74; 1 Thorpe p. 149; vgl. p. 118 u. a. und L L . Hen. I, L X X , § 5. c. 24; 1 Thorpe p. 79; vgl. Ine c 42; 1 Thorpe p. 129.
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dem Grundstücke, wo er lag, binnen dreißig Nächten abholen. Sonst darf derjenige von dem Baume Besitz ergreifen, dem der W a l d gehört 1 ." Es ist nicht unangebracht, hiermit zu vergleichen, was Tylor von dem wilden Stamme der Kukis in Südasien erzählt. „Wenn ein Tiger einen Kuki getötet hat, so kam seine Familie in schlechten Ruf, bis sie eine Sühne erlangte, indem sie diesen Tiger töteten und aufaßen; oder auch statt dessen einen anderen; und weiterhin, sofern ein Mensch von einem Baume herunterfiel und dadurch getötet wurde, so konnten seine Verwandten ihre Rache nehmen, indem sie den Baum fällten und zerstückelten 2 . U m zu den Engländern zurückzukehren, so haben die späteren Vorschriften seit etwa hundert Jahren nach Alfred bis zu der Sammlung, die unter dem Namen der Gesetze Heinrichs des Ersten bekannt und lange nach der Eroberung Englands durch die Normannen zusammengestellt worden ist, die Haftbarkeit des Gutsherrn für seine Hausgenossen gesteigert und ihm die Verantwortlichkeit für das gute Betragen seiner Leute auferlegt. Wenn sie dem König eine Geldstrafe schuldig waren und fortliefen, so hatte der Gutsherr die Strafe zu zahlen, sofern er sich nicht von dem Verdachte der Mitschuld reinwaschen konnte. Aber ich kann nicht behaupten, daß ich die unbeschränkte Haftbarkeit jedes Herrn für seine Diener, wie sie sich auf dem Kontinent entwickelt hat, in den älteren Rechtsperioden bei den germanischen Stämmen oder in Rom finden kann. Ob dieser Grundsatz, als er angenommen wurde, eine urwüchsige Schöpfung war, oder ob der letzte Schritt hierzu unter dem Einfluß des römischen Rechts geschah, das von Bracton viel benutzt wurde, dies vermag ich nicht zu sagen. Es genügt, daß der Boden für ihn empfänglich war, und daß er i n sehr früher Zeit darin Wurzel schlug 8 . Dies ist alles, was hier über die Haftbarkeit des Herrn für die Übeltaten seiner Diener gesagt werden muß. 1
e. 13; 1 Thorpe p. 71. 1 Tylor, Primitive Culture, Am. ed., p. 286. 8 Vgl. die Urkunde bei Molloy, Buch 2 Kap. 3 § 16, 24 Ed. I H . „Visum fuit curiae, quod unusquisque magister navis tenetur respondere de quacunque transgressione per servientes suos i n navi sua facta". Die Gesetze von Oleron waren i n diesem Falle zur Begründung angeführt. Vgl. Stat. of the Staple, 27, Ed. I I I , Stat. 2, c. 19. Später ist der Einfluß des römischen Rechts klar. * 8
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Demnächst muß gezeigt werden, was aus dem erwähnten Grundsatze i n seiner Anwendung auf Tiere geworden ist. I n unserer Zeit sind wir genötigt, mit eigener Verantwortung darauf zu achten, daß unser Vieh von Überschreitungen zurückgehalten werde, und wir sind haftbar für den Schaden, der von unserem Hunde oder einem uns gehörigen wilden Tiere angerichtet wird, wenn wir Kenntnis von den Neigungen haben, die ein solches Wesen dazu brachten, einen Schaden zuzufügen, über den Klage erhoben wird. Die Frage ist, ob eine Verbindung zwischen diesen sehr feinfühligen und verständlichen Regeln des gegenwärtigen Rechts und der von König Alfred anbefohlenen Herausgabe des schuldigen Tieres besteht. W i r wollen uns einem der alten schottischen Rechtsbücher zuwenden, i n denen der alte Rechtssatz noch i n voller Kraft erscheint und mit seinen Gründen festgesetzt ist, wie man sie damals auffaßte 1 . „Wenn ein wildes oder halsstarriges Pferd einen Menschen ohne seinen W i l l e n über einen Stein oder eine Hecke oder ins Wasser wirft und der Mann ertrinkt, dann soll das Pferd dem Könige gehören als verfallenes Gut (escheit)." „Aber es verhält sich anders mit einem zahmen oder dressierten Pferde; wenn ein Mann in unvernünftiger Weise reitet und mit scharfen Sporen sein Pferd in das Wasser hineintreibt, und der Mann ertrinkt, dann soll das Pferd nicht verfallen sein; denn dies geschieht durch des Mannes Versehen oder Unrecht und nicht des Pferdes, und der Mann hat seine Strafe empfangen, insoweit er umgekommen und gestorben ist; und das Pferd, das kein Unrecht begangen hat, soll nicht verfallen sein." „Das Gleiche gilt von allem anderen Vieh, das einen Menschen erschlägt. (In einer späteren Fassung ist zugefügt: „an dessen Ermordung sie Schuld tragen"). Denn alle derartigen Tiere sollen verfallen sein 2 ." Das Buch: „The Forme and Maner of Baron Courts" fährt folgendermaßen fort: „Man muß wissen, daß die folgende Frage im Gesetze gestellt ist: Wenn ein Gutsherr eine Mühle hat und ein Mensch dadurch zu Schaden kommt, daß er vom Wasser fortgerissenwird und, da er an das Mühlenrad herankommt, von diesem 1
Quon. Attach., c. 48, pl. 10 et seq. Cf. The Forme and Maner of Baron Courts, c. 62 et seq. 2 Forme and Maner of Baron Courts, c. 63.
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Rade getötet wird, soll dann die Mühle verfallen sein oder nicht? Das Gesetz sagt hierzu „nein" und dafür mag dieses der Grund sein: Es ist eine leblose Sache und eine solche kann kein Unrecht tun, noch um ihrer Schuld wegen verfallen. Deshalb ist die Mühle in diesem Falle ohne Schuld, und es ist einem Landeigentümer rechtlich erlaubt, eine Mühle für sein Wasser zu haben, wo es ihm beliebt 1 ." Der Leser wird aus dieser Stelle ersehen, daß, wie bereits für das römische Recht bemerkt wurde, bei Dingen, die einer Schuld fähig sind, und solchen, die es nicht sind, ein Unterschied gemacht wird — zwischen lebendigen und toten Dingen; er wird aber auch ferner ersehen, daß man keine Schwierigkeit darin erblickte, Tieren eine Schuld zuzuschreiben. Man beachte ferner eine aus alter Zeit stammende Stelle des englischen Rechts, einen Bericht über das, was von einem der englischen Richter festgestellt worden ist. I m Jahre 1333 wurde für Recht erkannt, daß, „wenn mein Hund eure Schafe tötet, und ich unmittelbar nach der Tat euch den Hund anbiete, ihr keinen Entschädigungsanspruch gegen mich haben werdet 2 ." Mehr als dreihundert Jahre später (1676) war vom Richter Twisden gesagt: „wenn einer einen zahmen Fuchs hält, und dieser ausbricht und wild wird, so soll der, der ihn vorher gehalten hat, nicht für den Schaden verantwortlich sein, den der Fuchs anrichtet, nachdem er ihn verloren und der Fuchs seine wilde Natur wieder angenommen hat 3 ." Es ist zum mindesten zweifelhaft, ob dieser Rechtssatz jemals niedergeschrieben sein würde ohne eine Nachwirkung des Gedankens, daß der Grund für die Haftung des Eigentümers in seinem Eigentum an dem schadenstiftenden Wesen und in dem Umstände, daß er es nicht auslieferte, zu finden sei. Sobald der Fuchs fortlief, war nach einem anderen Grundsatze das Eigentum an ihm erloschen. I n der Tat wurde diese Erwägung in England in einer späteren Zeit (1846) nachdrücklich hervorgehoben in Anwendung auf einen Affen, der ausgerissen war und hierauf jemand gebissen hatte, 1 C, 64. Dies schließt sich i m wesentlichen an an das Quoniam Atta^ ühiamenta, c. 48, pl. 13, aber es ist etwas klarer. Anders Fitch. A b r . C o r o n e , pl. 389. 8, Ed. I I . 2 8
650.
Fitch. Abr. B a r r e , pL 290.
M i t c h i l v. A l e s t r e e , 1 Vent. 295; s. c. 2 Lev. 172; s. c. 3 Keb. cf. M a y v. B u r d e t t , 9, Qu. B. 101. 113.
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der deshalb Klage e r h o b S o kann man wohl vernünftigerweise vermuten, daß diese Gedankenfolge den Lord H o l t , etwa im Beginne des achtzehnten Jahrhunderts, dazu brachte, den Grund der Verpflichtung, auf eigene Gefahr die Ausschreitungen seines Heerdenviehes zu verhindern, darin zu sehen, daß man an solchen Tieren ein nutzbringendes Eigentum besitzt, wie man es an Hunden nicht haben würde, daher denn für die letzteren die Verantwortlichkeit geringer sei 2 . I n unserer Zeit stellen i n der Tat sorgfältige Richter das Recht der Haftung für das Rindvieh dahin fest, daß, „wenn ich der Herr eines Tieres bin, an dem nach Rechtssatz ein Eigentum möglich ist, ich verpflichtet bin, dafür zu sorgen, daß es sich nicht auf das Nachbarland verirrt" 8 . Ich meine nicht, daß unser gegenwärtiges Recht hierbei bloß ein Überbleibsel des älteren sei, und daß die einzige Abänderung altertümlicher Anschauungen darin bestehe, den Eigentümer an die Stelle des schadenbringenden Tieres zu setzen. Denn, obwohl es wahrscheinlich ist, daß das alte Recht eine der Ursachen war, die zu der modernen Doctrin hinüberleiteten, so lag doch in jeder Entwicklungsstufe unseres Rechts zu viel gesunder Menschenverstand, als daß man so kühne Folgerungen hätte ziehen mögen, wie sie sich daraus ergeben haben würden, daß man eine Haftbarkeit vom Tier auf den Menschen übertragen hätte. Ein Eigentümer ist nicht verpflichtet, auf eigene Gefahr sein Vieh von einer Verletzung der Person des Nachbars zurückzuhalten 4 . Und in einigen der Beispiele aus frühester Zeit für eine persönliche Haftung, selbst für eine Ausschreitung auf dem Gebiete des Nachbarn, scheint der Grund i n des Eigentümers Nachlässigkeit gelegen zu haben 5 . 1
M a y y. B u r d e t t , 9 Q. B. 101. M a s o n v. K e e l i n g , 12 Mod. 832, 335, s. c. 1 Ld. Raym. 606, 608. 3 Williams, J. in C o x v. B u r b i d g e 13, C. B. N. S. 430, 438; vgl. W i l l e s , J. in R e a d v. E d w a r d s 17, C. B. N. S. 245, 261. * M a s o n v. K e e l i n g , 1. L d . Raym. 606, 608. 5 I n den Gesetzen des Ine, c. 42. (1 Thorpe, Anc. L a w s , 129) scheint eine persönliche Haftung auferlegt worden zu sein, wo es an einer gehörigen Umzäunung fehlte. Aber wenn ein Tier Hecken durchbricht, w i r d als einzige Rechtshilfe das Recht, es zu töten, erwähnt; dann sollte der Eigentümer Haut und Fleisch bekommen und alles übrige preisgeben müssen. Der Verklagte wurde haftbar, „ w e i l gefunden wurde, daß er es an der richtigen Bewachungfehlen ließ", i n 27. Ass., pl. 56, fol. 141 (im. Jahre 1353 oder 1354). Erst sehr v,iel später wurde dieser Grund i n unbedingter Form ausgesprochen: „ w e i l ich von Rechts wegen verpflichtet b i n , meine Tiere so zu halten, daß sie 2
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Es ist die Natur derartiger Tiere, welche das englischamerikanische Recht als nutzbringenden Eigentumsgegenstand in Betracht zieht, sich herumzutreiben und dabei Schaden anzurichten, indem sie Feldfrüchte niedertreten oder auffressen. Überdies ist es üblich und leicht sie i m Zaume zu halten. Auf der anderen Seite tut ein Hund, der kein Eigentumsgegenstand ist keinen Schaden, sofern er einfach über das Land eines anderen, dem er nicht gehört, hinüberläuft. Daher hätte sich bis zu dieser Grenze das neue Recht an das alte anschließen können. Das Eigentumsrecht an dem schadenbringenden Tiere, welches der ältere Grund der Verantwortlichkeit war, konnte ohne Gefahr eines Mißgriffs als Kennzeichen der Haftbarkeit auch dann benutzt werden, wenn man sie auf eine Verfehlung des Eigentümers gründete. Aber die Verantwortlichkeit für einen Schaden, dessen Zufügung durch ein solches Tier nicht erwartet werden konnte, wird aus Zweckmäßigkeitserwägungen bestimmt, die verhältnismäßig wenig durch die Rechtsüberlieferung beeinträchtigt sind. Die Entwicklung der persönlichen Haftung für wilde Tiere nach römischem Recht ist erläutert worden. Diesem Rechte scheint das unsrige sich angeschlossen zu haben. W i r wollen nun der Entwicklung desjenigen Zweiges der altertümlichen Rechtsanschauung folgen, dessen Fortdauer am Mindesten wahrscheinlich war, — der Haftbarkeit lebloser Dinge. Man wird sich dessen erinnern, daß König Alfred die Herausgabe eines Baumstammes, der Schaden gestiftet hatte, anbefahl, daß dagegen das spätere schottische Recht diesen Grundsatz ablehnte, weil ein lebloses Ding keine Schuld auf sich laden kann. Man wird sich ferner daran erinnern, daß die Tiere, welche das schottische Recht verfehmte, dem Könige verfielen. Dasselbe Ding blieb in England sogar für leblose Dinge bis i n das achtzehnte Jahrhundert in Gültigkeit. Schon zu Bractons 2 Zeit war, falls ein Mensch erschlagen wurde, der kronamtliche Leichenbeschauer (coroner) verpflichtet, den Gegenstand, der den Tod verursacht hatte, abzuschätzen, und dieser wurde als Gottespfand (deodand) „pro rege" als verfallen erklärt. Es sollte Gott keinem anderen ein L e i d tun." Mich. 12, Henry V I I , K e i l w a y 36, pl. 7. Siehe weiterhin die Unterscheidungen bezüglich eines Pferdes, das einen Menschen tötet, i n Eegiam Majestatem I V , c. 24. 1 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . So der Text. Gemeint ist wohl: „ K e i n Eigentumsgegenstand derselben A r t " oder „kein nutzbringender Eigentumsgegenstand". 2 Fol. 128.
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überliefert werden, d. h. der Kirche, für den König, um zum Heile seiner Seele verwandt zu werden. Der Tod eines Menschen hörte auf, eine Privatangelegenheit seiner Freunde zu sein, wie er es noch zur Zeit der barbarischen Volksrechte gewesen war. Der König, der den Gerichtshof bestellte, klagte jetzt auf die Strafe. Er trat an die Stelle der Familie in dem Anspruch auf das der Schuld teilhaftige Ding, und die Kirche trat wiederum an seine Stelle. Zu Eduards I . Zeit erinnern uns einige Fälle an die barbarischen Gesetze auf ihrer rohesten Entwicklungsstufe. W e n n ein Mensch von einem Baum herunterfiel, so war der Baum Gott verfallen \ Ertrank er in einem Brunnen, so mußte der Brunnen zugeschüttet werden 2 . Es machte nichts aus, daß die für verfallen erklärte Ursache des Unglücksfalles einer unschuldigen Person gehörte. „ W o ein Mensch einen anderen mit dem Schwert des John at Stile 8 tötet, so soll das Schwert als Gottespfand verfallen sein, auch wenn sein Eigentümer schuldlos ist 4 ." Dies stammt aus einem Buche, das unter der Regierung Heinrichs V I H . um 1530 geschrieben worden ist. Und es wurde seit derZeit der Königin Elisabeth® bis vor etwa hundert Jahren wiederholt e r k l ä r t 6 , daß, wenn mein Pferd einen Menschen schlägt und ich hinterher mein Pferd verkaufe und demnächst der Mensch stirbt, das Pferd verfallen sein soll. Daher stammt, daß bei allen Anklagen wegen Tötung eines Menschen es bis i n sehr späte Zeit hinein nötig gewesen ist, das Werkzeug, das den Tod verursacht hat, und dessen Wert festzustellen, z. B. wenn der Streich mit einem Federmesser geschehen ist, auf etwa 6 Pence, um die für Recht erkannte Einziehung des Gegenstandes oder seines Wertes zu sichern. Man sagt, daß eine 1 cf. 1 Britton (Nich.), 6a, b, 16 (Hauptzählung der Seiten 15, 39); Bract. foL 136b, L . L . Alfred c. 13, (1 Thorpe, Anc. Laws p. 71); Lex. Saxon. T i t . X I I I ; Leg. Alamann. T i t . C H I , 24. 2 Fleta I, 26, § 10; Fitch. Abt. C o r o n e pl. 416. Siehe im allgemeinen : Staundforde, P. C., 1, c. 2, Bl. 20ff.; 1 Hale P. C. 419ff. 8 A n m . des U b e r s e t z e r s . Dieser Name bedeutet wohl nur so viel wie unser N. N.. Wenigstens findet sich der ähnliche Name „ W i l l i a m Stiles" als typische Formularbezeichnung bei B l a c k s.t o n e , Commentaries on the Laws of England. London 1794 Bd. H I Appendix p. I X und X I . 4 Doctor and Student, Dial. 2, c. 51. Z u s a t z d e s Ü b e r s e t z e r s : Vgl. über dieses W e r k Brunner, Holzendorffs Encykl. 5. Aufl. S. 344. 6 Plowd. 260. 6 Jacob, L a w . Diet. D e o d a n d .
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Dampfmaschine auf diese Weise ihrem Eigentümer entzogen worden ist. Nunmehr komme ich zu der meines Erachtens bemerkenswertesten Umgestaltung dieses Grundsatzes, die zugleich in unserem heutigen Rechte besonders einflußreich ist. Zu diesem Zwecke muß ich mich von unserem gemeinen Recht einstweilen abwenden und die Grundsätze der Admiralitätsjustiz ins Auge fassen. I n den alten soeben in Bezug genommenen Schriften und noch sehr viel später hat man auf die Tatsache einer „Bewegung" der den Schaden stiftenden Sache viel Gewicht gelegt. Einer der Grundsätze eines Richters aus der Zeit Eduards I., namens Henry Spigurnel, ging dahin, daß „wo ein Mensch von einem Fuhrwerk getötet worden ist, oder durch den Einsturz eines Hauses, oder auf eine andere ähnliche Weise, und das Ding, welches in Bewegung war, die Ursache seines Todes ist," es dann verfallen (deodand) sein soll 1 . So wurde unter den nachfolgenden Königen ausgesprochen, daß „omne illud quod movet cum eo quod occidit homines deodandum domino Regi erit, vel feodo clerici" 2 . Der Leser sieht, wie die Bewegung des verfallenen Gegenstandes ihn in den Augen des Beobachters zu einem lebendigen stempelt. Das packendste Beispiel dieser A r t ist ein Schiff. Und i n Übereinstimmung hiermit sagen die alten Bücher, daß, wenn ein Mensch über Bord fällt und ertrinkt, die Bewegung des Schiffes als Todesursache angesehen werden muß, und das Schiff als verfallen gilt, — wobei allerdings vorausgesetzt wird, daß der Unfall auf Flußwasser geschehen i s t 8 . Denn wenn dieser Todesfall auf hoher See eintrat, so fiel dies nicht unter die ordentlichen Gerichte. Als Sinn dieser Ausnahme hat man vermutet, daß Schiffe auf der See unter diesen Umständen überhaupt nicht verfallen konnten 4 , aber wir finden eine Reihe von Bittgesuchen an den König als Vorsitzenden des Parlaments um Abschaffung dieser Fälle eines Eigentumverlustes. Was dort gesagt wird, stimmt mit der genannten Vermutung nicht überein 6 . Die Wahrheit schien darin zu liegen, daß die Schiffe allerdings 1
Y . B. 30 u. 31, Ed. I, pp. 524, 525; cf. Bract, fol. 136 b. Fitch. Abr. C o r ö n e , pl. 403. 8 Bracton 122,1 Britton (Nich.), obere Seitenzahl 16; Fleta, I, c. 25, § 9, fol. 37. 4 1 Hale, P. C. 423. 5 1 Rot. Pari. 372, 2 Rot. Pari. 345, 372 a , b ; 3 Rot. Pari. 94 a, 120 a, 121; 4 Rot. Pari. 12 a, b, 492 b, 493. Aber vgl. auch 1 Hale, P. C. 423. 2
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verfielen, aber durch den Spruch eines anderen Gerichtshofes. Eine Handschrift aus der Regierungszeit Heinrichs VI., die erst kürzlich gedruckt worden ist, teilt uns mit, daß, falls jemand auf der See infolge der Bewegung eines Schiffes getötet wurde oder ertrank, das Schiff i n Form eines Verfahrens vor dem Admiralitätsgerichte vom Admirale eingezogen wurde und durch einen Gnadenakt des Admirals oder des Königs freigegeben werden konnte x . Ein Schiff ähnelt unter den seelenlosen Dingen am meisten den lebendigen Wesen. Dienstboten sprechen i m Englischen zuweilen von Wanduhren wie von Frauenzimmern, aber jedermann gibt i n dieser Sprache den Schiffen männliche oder weibliche Artikel. Und es darf uns daher nicht überraschen, eine Behandlung anzutreffen, die den Schiffen eine solche außerordentliche Lebensfähigkeit für das Gebiet des Strafrechtes zuspricht. Sie t r i t t mit noch größerer Entschiedenheit vor den Admiralitätsgerichten zutage. Nur in der Voraussetzung, daß man die Schiffe als Wesen auffaßte, die mit Persönlichkeit begabt sind, können die willkürlich scheinenden Eigentümlichkeiten des Seerechtes verständlich werden, und unter dieser Voraussetzung gewinnen sie Bestand und Folgerichtigkeit. Indem man zusieht, worin diese Eigentümlichkeiten bestehen, muß man zuerst den Fall eines Schiffszusammenstoßes betrachten. Nehmen wir z. B. an, daß ein solcher zwischen zwei Schiffen, etwa der Ticonderoga und dem Melampus, stattfindet, und zwar lediglich durch das Versehen der Mannschaft der Ticonderoga, setzen wir ferner voraus, daß das Schiff zurzeit verpachtet ist, der Pächter seinen eigenen Schiffsleiter hat und der Schiffseigentümer keine Möglichkeit besitzt, ihn zu kontrollieren. Der Eigentümer würde i n einem solchen Falle nicht tadelnswert sein, und er könnte auch nicht aus dem Grunde belastet werden, daß der Schaden durch seine Diener angerichtet war. Er ist also nach grundlegenden Rechtsregeln von jeder Haftung frei. Es gilt jedoch als eine vollkommen abgemachte Sache, daß ein Zurückbehaltungsrecht (lien) an seinem Schiff i n Höhe des Schadens bestehen würde 2 , und dies bedeutet, daß das Schiff vor dem Admiralitätsgericht, das imstande ist, es zu belangen, mit Arrest belegt und verkauft werden kann, um den Verlust zu decken. Wenn ein Fuhrwerksbesitzer ein Pferd mit Wagen seinem 1 2
1 Black Book of the Admirality 242. V g l . Ticonderoga, Swabey 215, 217.
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Kunden vermietet und dieser einen Mann durch seine Nachläßigkeit überfährt, so würde niemand daran denken, einen Anspruch auf Beschlagnahme von Roß und Wagen zu erheben. Man würde daraus ersehen, daß i n diesem Falle ein Gegenstand, der nicht dem Täter gehört, wegen einer Übeltat nicht verkauft werden kann. Andererseits jedoch wollen wir den Fall setzen, daß das Schiff, statt verpachtet zu sein, von einem Piloten gelenkt wird, dessen Benutzung durch die Gesetze des Hafens, in den das Schiff einfährt, vorgeschrieben war. Der höchste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hält das Schiff selbst i n dieser Lage für haftbar 1 . Englische Gerichtshöfe würden wahrscheinlich anders entschieden haben, und dieser Gegenstand ist i n England durch die Gesetzgebung geregelt worden. Aber dort war das Berufungsgericht (court of appeal), das Privy Council, zum großen Teile aus Juristen des englischen gemeinen Rechtes zusammengesetzt und zeigte daher die sichtbare Tendenz, sich der Doctrin dieses Rechtes anzupassen. I m englischen gemeinen Recht würde aber jemand, der dem Eigentümer nicht eine persönliche Haftung auflegen kann, auch nicht dessen Vermögensstück in der Weise zu belasten vermögen, daß es für ein Unrecht haftet, bei dessen Begehung es als bloßes Werkzeug dient. Aber der amerikanische höchste Gerichtshof hat längst anerkannt, daß jemand ein Schiff haftbar machen kann, auch wenn er die Person des Eigentümers deshalb nicht zu verpflichten imstande ist, weil er nicht sein Geschäftsführer (agent) ist. Es kann zugegeben werden, daß diese Lehre sich nicht erhalten haben würde, wenn ihr nicht allem Anscheine nach ein vernünftiger Sinn innewohnte. Die Haftung des Schiffes ist die einzige Sicherheit, die bei Verhandlungen mit Fremden verwertbar ist, und statt Inländer ins Ausland zu senden, um vor fremden Gerichten ein Rechtsmittel geltend zu machen, ist es leicht, das Schiff selbst i n Beschlag zu nehmen und den Anspruch im Inlande daraus zu befriedigen, indem man es den fremden Schiffseigentümern überläßt, sich schadlos zu halten, wie es ihnen möglich ist. I c h wage die Behauptung, daß irgend ein derartiger Gedanke dazu geholfen hat, die erwähnte Praxis aufrecht zu erhalten, aber ich glaube, daß die wahre geschichtliche Ursache anderswo liegt. Das Schiff würde nach altem Rechte wie ein i China, 7 W a l l . 58.
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Schwert verfallen sein weil es jemand umgebracht hat, in wessen Hand es auch immer gewesen sein möge. So, wenn der Herr und die Mannschaft eines Schiffes, die mit Kaperbriefen ausgestattet waren, Seeräuberei gegen einen Freund des Königs begingen, verlor der Eigentümer sein Schiff nach Admiralitätsrecht, auch wenn das Verbrechen begangen war, ohne daß er es wußte oder dem zustimmte 2 . Es ist sehr wahrscheinlich, daß der Grundsatz, nach dem das Schiff dem Könige verfallen war, weil es einen Todesfall verursacht oder Seeräubereien begangen hatte, derselbe war, wie in dem Falle, daß es Privatleuten, die von ihm aus i n anderer Weise geschädigt worden waren, haftbar wurde, in wessen Händen es auch zur Zeit der Schadenzufügung gewesen sein mochte. Wenn wir zu einem ungebildeten Menschen heutzutage sagten: „dies Schiff hat die Tat verübt und muß deshalb zahlen", so mag es zweifelhaft sein, ob er das Unrichtige dieser Behauptungen erkennen und imstande sein würde, auseinander zu setzen, daß das Schiff nur ein Eigentumsgegenstand sei und daß die Wendung, das Schiff müsse den Schaden entgelten 8 , nur eine dramatische Ausdrucksweise sei, welche besagt, daß ein Eigentumsgegenstand verkauft und der Erlös dafür verwandt werden soll, um ein Unrecht zu bezahlen, das irgend ein anderer als der Eigentümer angerichtet hatte. Es erweckt den Anschein, daß eine ähnliche Begründung großen Juristen zulänglich erschienen ist. Das folgende ist ein Auszug aus einem Urteil des Oberrichters Marshall, welches mit Zustimmung von dem Richter Story angeführt wurde, als er über die Meinung des höchsten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten berichtete: „Dies ist nicht ein Verfahren gegen einen Schiffseigentümer. Es ist vielmehr ein Verfahren gegen das Schiff selbst wegen einer Verletzung, die durch das Schiff zugefügt worden i s t ; und zwar ist die Schädigung, die es der Einziehung unterwirft, obwohl sie nicht im Namen, sondern sogar gegen den W i l l e n des Eigentümers geschah, nichtsdestoweniger eine Verletzung. Es ist wahr, daß ein unbeseelter Stoff kein Unrecht tun kann. Aber der Schiffskörper ist ein lebendiges (animated) Wesen, das von der Mannschaft, die wiederum von ihrem Kapitän geleitet wird, i n Bewegung gesetzt 1 2 8
Doctor and Student, Dial. 2, c. 51. 1 Roll. Abr. 530 (c) 1. 3 Black of Adm. 103.
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ist. Das Schiff handelt und spricht durch seinen Kapitän. Es gibt von seinem Wesen Kunde durch den Kapitän. Es ist daher nicht unvernünftig, daß das Schiff durch eine solche Kundgebung betroffen wird". Und weiterhin führt der Richter Story aus einem anderen Falle an: „Die Sache scheint hier in erster Linie als Urheberin einer Verletzung, oder vielmehr die Verletzung haftet in erster Linie an der Sache 1 ". Mit anderen Worten : Diese großen Richter, obwohl sie natürlich wohl wußten, daß ein Schiff nicht lebendiger ist, als ein Mühlrad, nahmen an, daß nicht bloß die Rechtsordnung es tatsächlich so behandelt, als wäre es lebendig, sondern auch, daß es vernünftig ist, wenn die Rechtsordnung so verfährt. Dem Leser wird es nicht entgangen sein, daß sie nicht schlechtweg es nur deshalb für vernünftig erklärten, um aus Gründen der Gesetzgebungspolitik dem Schiffseigentümer ein Opfer zuzumuten, damit der Verletzte darin eine Sicherheit für die Haftung eines anderen Schuldigen finde, sondern daß es nach ihrer Meinung vernünftig ist, das Schiff als ein Schaden zufügendes Wesen zu behandeln. Was immer ihr rechtspolitischer Hintergedanke gewesen sein möge, sie verbergen ihn, indem ihre Redeweise aus dem Schiffe eine Person macht. W i r wollen nunmehr die Eigentümlichkeiten des Seerechtes noch in anderer Richtung verfolgen ; denn die mitgeteilten Urteile sind nur Glieder eines allgemeinen Gedankens. Nach dem Seerecht des Mittelalters war das Schiff nicht nur eine Quelle, sondern auch eine Schranke der Haftbarkeit 2 . Schon damals herrschte die Regel, welche später durch englische Gesetze und den amerikanischen Kongreßakt von 1851 angenommen worden ist, daß der Eigentümer von Verantwortlichkeit für rechtswidrige Akte eines von ihm angestellten Kapitäns befreit w i r d , sobald er seine Rechte an dem Schiff und den Frachtgeldern, welche es eingebracht hat, preisgibt. Nach den Grundsätzen der Stellvertretung würde er persönlich für den ganzen Schaden haften. Wenn der Ursprung des Systems der beschränkten Haftung, von dem man annimmt, daß es für den modernen Handel sehr wesentlich ist, Erwägungen der Rechts1 M a l e k A d h e l , 2 How. 210, 234. 3 Kent 218; Customs of the Sea cap. 27, 141, 182, i n 3 Black Book of the Admirality 105, 243, 354. ( Z u s a t z des Ü b e r s e t z e r s . V g l . V . E h r e n b e r g , Beschränkte Haftung des Schuldners nach See- und Handelsrecht; Jena 1880, bes. S. 176 ff., 246 ff., 283.) 2
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politik zugeschrieben werden muß, aus denen seine Aufrechterhaltung in der Gegenwart gerechtfertigt werden kann, so hat das System mit dem erwähnten Recht der Schiffszusammenstöße nichts zu tun. Wenn dagegen die Beschränkung der Haftbarkeit auf demselben Grunde steht, wie die noxae deditio, so bestätigt dies die soeben gegebene Erklärung der Haftbarkeit des Schiffes für Rechtsverletzungen, die von ihm angerichtet werden, auch während es nicht in der Hand des Eigentümers ist, und umgekehrt bestätigt das Dasein dieser Haftbarkeit die hier gegebene Begründung. W i r wollen noch eine andere Regel in das Auge fassen, für die gewöhnlich eine politische Begründung gegeben wird. Das Frachtgut ist, wie man sagt, die Mutter des Lohnes 1 -, denn wir lesen: „Wenn das Schiff untergeht, so würden die Seeleute, falls sie ihren Lohn trotzdem erhielten, nicht ihre vollen Bemühungen darauf verwenden, das Schiff zu retten, noch ihr Leben deshalb wagen 2 ". Der beste Kommentar zu dieser Schlußfolgerung ist, daß das Recht in neuerer Zeit durch besondere Gesetzesvorschrift abgeändert worden ist. Aber selbst nach altem Rechte gab es eine Ausnahme, die mit dem angegebenen Grunde nicht vereinbar war. Bei einem Schiffbruch, dem gewöhnlichen Fall eines Verlustes der Frachtgelder, blieb das Zurückbehaltungsrecht (lien) der Schiffsleute ungemindert, so lange noch ein Teil des Schiffes gerettet war. Ich nehme an, daß man dies damit begründet haben würde, daß es eine gesunde Politik sei, sie zu ermutigen, alles, was sie können, zu retten. Beachten wir jedoch, daß die Matrosen als die am Schiffe Angestellten angesehen wurden, so werden wir leicht die Regel und ihre Ausnahme verstehen. „Das Schiff ist der Schuldner," wie man in der Begründung eines zur Zeit Wilhelms H I . entschiedenen Falles sagte 8 . Wenn der Schuldner unterging, dann war die Angelegenheit erledigt. Kam aber ein Teil von ihm an den Strand, so mochte gegen ihn ein Verfahren angestellt werden. Selbst in der modernen Form, daß das Frachtgeld die Mutter der Schiffslöhne ist, wird diese Regel gewöhnlich dadurch 1
A n m e r k u n g des Ü b e r s e t z e r s : d. h. der Schiffsherr, der keine Frachtgelder bekommt, zahlt seinen Leuten keinen Lohn. 2 3 Kent's Gomm. 188. s C1 a y v. S n e l g r a v e , 1. Ed. Raym. 576/77, s. c. 1 Saik 33. Vgl. Molloy, p. 355, Book IT, ch. 3, § 8.
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erläutert, daß sie damit zusammenhänge, ob das Schiff verloren sei oder unverletzt ankomme. I n der ältesten der noch vorhandenen Quellen des Seerechtes, die, soweit ich zu ermitteln vermochte, über diesen Gegenstand etwas enthalten, wird festgestellt, daß die Seeleute ihren Lohn verlieren, wenn das Schiff verloren ist Auf gleiche A r t finden wir in dem Buche, welches von seinem englischen Herausgeber Sir Travers Twiss als der älteste Teil des „Consolato del Mare" bezeichnet ist 2 , daß, „wo auch immer der Verfrachter sein möge, der vielleicht weggelaufen oder gestorben ist, das Schiff verpflichtet ist, die Schiffsleute zu bezahlen" 8 . Ich meine, wir dürfen annehmen, daß das Schiff durch den Vertrag mit den Matrosen in mancher Hinsicht ebenso gebunden war, wie durch die rechtswidrigen Handlungen, die es verantworten mußte, genau so, wie der Körper des Schuldners für dessen Verpflichtungen und für dessen Verbrechen nach altem römischen Rechte haftete. Dasselbe ist richtig für anderweitige Handlungen, die zu einem Schiffe in Beziehung stehen, sei es nun infolge eines Vertrages, oder auf andere Weise. Wenn ein Rettungsdienst einem Schiffe geleistet ist, so wird der Admiralitätshof das Schiff mit Beschlag belegen, obwohl Zweifel daran erhoben worden sind, ob hier eine Kontraktsklage erfolgreich sein würde, falls Eigentümer als solche mit ihr belangt würden 4 . So ist das Schiff durch des Kapitäns Vertrag gebunden, die aufgenommenen Frachtgüter zu befördern, ebenso wie es im Falle eines Zusammenstoßes haftet, auch wenn es zu dieser Zeit verpachtet war. I n solchen Fällen kann, nach unserem höchsten Gerichtshofe, der Kapitän das Schiff verpflichten, auch wenn er die eigentlichen Eigentümer des Schiffes als solche nicht darüber 1
„Ans perdront lurs loers quant la nef est perdue." 2 Black Book, 213. Dies stammt aus den „seerechtlichen Urteilen" (Judgements of the Sea), die nach Angabe ihres Herausgebers ( I I , pp. X L I V , X L V I I ) die älteste Quelle des modernen Seerechtes sind mit Ausnahme der Entscheidungen von Trani. So Molloy, Book I I , ch. 3, § 7, p. 354: „ W e n n das Schiff auf der See untergeht, so verlieren sie ihren Lohn." So 1 Siderfin 236, pl. 2. * 3 Black Book pp. L I X , L X X I V . 3 3 Black Book, 263. Es muß immerhin hinzugefügt werden, daß, wie i n demselben Buche aufgezeichnet ist, der Kapitän nicht verpflichtet ist, den Schiffsleuten ihren L o h n zu zahlen, wenn das Schiff im Hafen von der Ortsbehörde festgehalten w i r d , „denn er hat dann keine Frachtgelder verdient." 4 L i p s o n v. H a r r i s o n , 2 L o w e l l 295.
2 Weekly Rep. 10. cf. L o u i s a
Jane,
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hinaus haftbar machen kann 1 . „Nach Gewohnheitsrecht ist das Schiff der eingeladenen Ware verhaftet, und die Ware dem Schiff 2 . Nach Seerecht schließt jeder Vertrag des Kapitäns eine Verpfändung i n sich" 8 . Es könnte ohne Zweifel mit überzeugender Kraft betont werden, daß, insoweit die gewöhnlichen seerechtlichen Verträge in Betracht kommen, die Abrede durch die Haftung des Schiffs oder der Ware in vielen Fällen sicher gestellt werden muß, und daß dies daher der Zweck ist, i n allen Fällen eine derartige Sicherstellung zu gewähren; ebenso, daß die Gefahr, der sie die Schiffseigentümer unterwirft, in ihrer Höhe berechenbar ist, und daß die Eigentümer des Schiffes diese Gefahr im voraus in Rechnung stellen müssen, wenn sie ihre Schiffe vermieten. Anderseits beansprucht in vielen Fällen eine Partei die seerechtliche Beschlagnahme (lien) des Schiffesaus einem Vertrage deshalb, weil sie die Lage der Sache, deren Beschlagnahme sie beansprucht, verbessert hat, und dieser Umstand ist in manchen Rechtssystemen als ein Grund für ein solches Beschlagnahmerecht angesehen worden 4 . Aber das. ist in voller Allgemeinheit nicht richtig, auch nicht einmal in den wichtigsten Fällen. Es muß dem Leser zur Entscheidung überlassen werden, ob nicht ein genügender Grund dafür angegeben worden ist, zu glauben, daß dieselbe Verwechselung zweier Dinge im Widerspruch mit den Lehren der Erkenntnistheorie, welche sich bei den rechtswidrigen Akten des Schiffsbetriebes entwickelte (d. h. die Verwechselung des Schiffes mit einem lebenden Wesen), auch die Beurteilung der das Schiff betreffenden Verträge beeinflußt hat (d. h. als Verträge des. Schiffes hat erscheinen lassen.) Die ganze A r t mit Schiffen zu verfahren, nahm unverkennbar die Form an, welche in den zuerst erwähnten Fällen überwog. Pardessus, eine hochangesehene Autorität, sagt, daß das Zurückbehaltungsrecht (lien) wegen Frachtgeldern selbst gegen den Eigentümer gestohlener Güter durchgreift, „weil der Kapitän weniger mit der Person, als mit der Sache einen Vertrag abschließt" 5 . So wurde in einem berühmten englischen Rechtsfalle i n der Begründung des Urteiles ausgeführt, daß „das Schiff an Stelle des Eigentümers 1
3 Kent's Oomm. (12 th. ed.) 218, ib. 138, n. 1. 3 Kent, 218. 3 Justin y. Balian, 1 Salk 34; s. c. 2 Ld. ßaym. 805. * D. 20, 4. 5 und 6 ; vgl. Livius X X X , 38. 6 Pardessus, Droit. Comm. n. 961. 2
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steht und daher verantwortlich i s t " 1 . I n manchen Fällen von Verträgen, wie von rechtswidrigen Handlungen, war das Schiff nicht allein Sicherungsgegenstand für die Schuld, sondern beschränkte auch des Eigentümers Haftbarkeit auf den Verlust des Schiffes. Die Grundsätze der Admiralitätsgerichte sind in deren Prozeßform verkörpert. Eine Klage kann bei ihnen gegen das Schiff gerichtet werden, das hierbei als Verklagter genannt wird, wobei jede Person, die ein Interesse daran hat, daß das Schiff haftfrei bleibt, in das Verfahren eingreifen kann; aber der Prozeß endet, wenn die Klage Erfolg hat, mit einem Verkaufe des Schiffes und einer Bezahlung des eingeklagten Anspruches aus dem Erlöse. Schon zur Zeit Jakobs I . war gesagt, daß „die Klage nur gegen das Schiff und die Güter gerichtet sein soll und nicht gegen die Partei" 2 . Dabei wurde eine Beweisstelle zur Rechtfertigung dieses Verfahrens aus der Regierungszeit Heinrichs V I . erwähnt, derselben Zeit, in der, wie wir gesehen haben, der Admiral eine Beschlagnahme eines Schiffes verlangte, weil es einen Todesfall verursacht hatte. Ich sehe mich immerhin genötigt einzugestehen, daß ich eine solche Beweisstelle aus dieser Zeit nicht auffinden kann. W i r sind bisher der Entwickelung der Hauptformen der Haftbarkeit im modernen Rechte gefolgt, soweit sie sich auf etwas anderes, als die unmittelbaren und offensichtlichen Folgen der eigenen Handlungen eines Menschen bezieht. W i r sahen parallele Entwickelungsreihen bei zwei Vorläufern des gegenwärtigen Rechtes, dem römischen Rechte und den deutschen Gewohnheiten, und den Ergebnissen dieser Quellen auf englischem Boden im Hinblicke auf Diener, Tiere und leblose Dinge. W i r sahen einen einzelnen Keim, der sich vervielfältigteund Zweige trieb, die von einander so verschieden waren, wie die Blume von der Wurzel. Es bleibt kaum übrig zu fragen, was dieser Keim war. W i r sahen, daß es der Wunsch war, an dem Gegenstande, der eine Verletzimg hervorrief, durch eine gleichartige Verletzung Rache zu üben. Ohne Zweifel könnte gefolgert werden, daß einige der aufgestellten Regeln von einer solchen Beschlagnahme der schadenstiftenden Sache, die für Entschädigung Sicherheit bieten sollte, hergeleitet worden sind,. 1 2
3 Keb. 112, 114, woselbst 1 Roll. Abr. 530 angeführt ist. Godbolt, 260.
flolmes-Leonhard,
Recht E n g l a n d s u n d Nordamerikas.
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und zunächst vielleicht geschah, ohne daß ein Rechtssatz sie gestattete 1 . Diese Erklärung ebensowohl, wie die soeben hier dargebotene, würde zeigen, daß man zunächst zu den modernen Anschauungen über Verantwortlichkeit noch nicht gekommen war, da der Eigentümer der Sache vielleicht in Wirklichkeit nicht die schuldige Person war. Aber dies war nicht der Gesichtspunkt derer, die am meisten dazu berufen waren, solche Fragen zu beurteilen. Eine Beachtung der frühesten Entwickelungsstufen beweist, daß, wie man dies wohl erwarten konnte, Rache und nicht Entschädigung, und zwar Rache an der Schaden stiftenden Sache, das ursprüngliche Ziel des Anspruches war. Der Ochse wurde nach Bericht des Exodus gesteinigt. Die A x t wurde nach athenischem Recht über die Grenze gebracht. Der Baum wurde nach Tylors Bericht in Stücke geschlagen. Der Sklave mußte unter allen Rechtsordnungen den Verwandten des Erschlagenen herausgegeben werden, damit sie mit ihm machten, was sie wollten 2 . Das Gottespfand (deodand) war ein fluchbeladenes Ding. Die ursprüngliche Einschränkung der Haftungspflicht auf die Herausgabepflicht für den vor Gericht geladenen Eigentümer konnte als solche nicht erklärt werden, wenn seine eigene Haftungspflicht, nicht die (ursprünglich allein i n Betracht gezogene) Haftung seines Eigentums i n Frage gekommen wäre. Selbst wo, wie dies i n einigen Fällen anzunehmen ist, eine Entsühnimg noch mehr, als eine Rache beabsichtigt zu sein scheint, ist das Ziel des Anspruchs ebenfalls von einer außergerichtlichen Beschlagnahme weit entfernt. Der bisher dargestellte rechtsgeschichtliche Verlauf beleuchtet sehr klar das Paradoxe der Form und des Inhalts der Rechtsentwicklung, abgesehen von den Zwecken, denen zu Liebe er eintrat. Seiner Form nach war sie in Übereinstimmung mit dem Gebote der Folgerichtigkeit. Die offizielle Lehre besteht darin, daß jede neue Entscheidung durch Schlußfolgerung aus vorhandenen früheren Urteilen gewonnen wird. Aber gerade wie das Schlüsselbein der Katze davon Kunde gibt, daß einem früher vorhandenen Tiere ein derartiger Knochen einmal nützlich war, ebenso leben frühere Anschauungen im Recht lange fort, nachdem der Nutzen, dem sie einst dienten, beendet war und ihr früherer Grund in Vergessenheit geraten ist. Das Ergebnis davon, daß man ihnen folgt, scheint oft ein 1 2
3 Colquhoun, Roman C i v i l Law, § 2196. Lex Salica (Mockel) L X X V I I , Ed. Hilperich § 5.
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Mißgriff und eine Verwirrung zu sein, wenn man es aus rein logischen Gesichtspunkten betrachtet. Anderseits ist die Entstehung des Rechtes in ihrem innersten Wesen eine Gesetzgebungstat. Und oft ist ein Satz, in einem tieferen Sinne aufgefaßt, etwas Neues, obwohl die Gerichtshöfe von ihm behaupten, daß er immer gegolten habe. Er beruht dann auf Gesetzgebungsgedanken. Die wahren Erwägungen des Gesetzgebers, die von den Richtern nur selten erwähnt wurden und auch dann immer nur, indem sie sich deshalb entschuldigten, sind die geheime Wurzel, aus der das Recht all seine Lebenssäfte herauszieht. Ich meine natürlich die Erwägungen der Frage, was für ein bestimmtes Gemeinwesen heilsam ist. Jeder wichtige Grundsatz, der innerhalb der Prozeßführung entwickelt wird, ist i n der Tat in seinem Grunde das Ergebnis von mehr oder weniger klar bewußten Gesichtspunkten der Staatspolitik; meistens sogar das unbewußte Ergebnis von dunkel gefühlten Bevorzugungen (einer von mehreren Möglichkeiten) in unserer Praxis und unseren Überlieferungen und von Überzeugungen, denen eine feste Formulierung fehlt. Sie sind aber nichtsdestoweniger fähig in ihrer äußersten logischen Zersetzung auf Gesichtspunkte der Staatspolitik zurückgeführt zu werden. Und da das Recht von tüchtigen und erfahrenen Männern gehandhabt wird, die viel zu vieler Dinge kundig sind, um den gesunden Menschenverstand einer rein logischen Folgerung zu opfern, so wird man finden, daß, sobald alte Regeln sich auf die Art erhalten, die in diesem Buche teils dargestellt ist, teils dargestellt werden soll, später neue zeitgemäßere Gründe für sie ausfindig gemacht worden sind, und daß sie dabei Schritt für Schritt einen neuen Inhalt erhalten und schließlich sogar eine neue Form, beides geschöpft aus dem neuen Gebiete, in das sie verpflanzt worden sind. Bis zu unserer Zeit ist jedoch dieser Prozeß im weiten Umfange imbewußt gebheben. Es ist aus diesem Grunde wichtig zur Kenntnis zu bringen, wie der wirkliche Sachverlauf gewesen ist. Hätte dies auch nur den einzigen Zweck, auf eine gewissenhaftere Anerkennung der legislativen (rechtsschöpferischen) Kraft der Gerichtshöfe zu dringen, wie sie soeben dargestellt wurde, so würde schon dies von Nutzen sein, wie wir klarer weiter unten sehen werden 1 . 1
V g l . Abhandlung I I I am Ende. *
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Das bisher Gesagte wird die Unrichtigkeit aller solcher Theorien klarlegen, welche das Recht lediglich von seiner formellen Seite ansehen, mögen sie nun unternehmen, das sogenannte corpus (den Rechtsinhalt) aus aprioristischen Voraussetzungen abzuleiten, oder auf den noch niedrigeren irrigen Gesichtspunkt verfallen, daß die Wissenschaft i n der elegantia juris oder im logischen Zusammenhange der verschiedenen Teile des Rechtssystemes ihr Hauptgebiet zu sehen habe. Die Wahrheit ist, daß das Recht sich stets der Beständigkeit seines Inhaltes nähert, sie aber niemals erreicht. Ununterbrochen entnimmt es einerseits neue Grundsätze aus der lebendigen Gegenwart, und immer behält es andererseits alte Grundlagen aus der Vergangenheit, welche noch nicht vom Laufe der Dinge aufgesaugt oder verschlungen worden sind. Vollkommen fest und beständig ist es erst dann, wenn es aufhört sich zu entwickeln. Die Untersuchung, die wir bisher unternommen haben, ist nach zwei Seiten hin nötig: für das Verständnis und für die Verbesserung des Rechts. Mögen wir auch noch so eifrig das Recht in einer Reihe von Sätzen aufzeichnen, die dem Anscheine nach aus sich selbst gerechtfertigt werden, dennoch werden diese Sätze nur ein Übergangsstadium in einem fortwährenden Entwicklungsprozesse sein. U m ihr Ziel ganz zu verstehen, um zu wissen, wie sie von Richtern behandelt werden sollen, die in vergangenen Zeiten, deren Gedanken das Recht verwirklicht, ausgebildet worden sind, müssen wir selber etwas vpn dieser Vergangenheit verstehen. Die Geschichte dessen, was das Recht früher gewesen ist, ist nötig, um zu begreifen, was das Recht ist. U m es zu wiederholen: Der Prozeß, den ich geschildert habe, vereinte in sich das Streben, sich ebensowohl älteren Entscheidungen anzuschließen, als einen guten Grund für sie zu finden. W e n n wir entdecken, daß in weiten und wichtigen Rechtsgebieten die politischen Gründe, aus denen die verschiedenen Regeln gerechtfertigt worden sind, spätere Erfindungen sind, um das aufzuklären, was in Wahrheit nur ein Überbleibsel unentwickelter Kulturstufen war, so sind wir dazu berechtigt, die landläufigen Gründe neu ins Auge zu fassen und, aus höheren Gesichtspunkten darüber, ob diese Gründe befriedigen oder nicht, eine neue Entscheidung zu treffen. Sie können es tun trotz der A r t , in der sie auftreten. Wenn die Wahrheit nicht oft vom Irrtum angeregt würde, wenn alte Geräte nicht
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neuen Verwendungen angepaßt werden könnten, so würde der menschliche Fortschritt langsam sein. Man ist aber dazu berechtigt, die Dinge zu prüfen und im geeigneten Falle zu verbessern. Doch ist keine der voranstehenden Betrachtungen, auch nicht die Absicht, der Anthropologie den Stoff zu liefern, der in der Rechtsgeschichte enthalten ist, hier unser unmittelbares Endziel. Mein Zweck und Vorsatz waren, zu zeigen, daß verschiedene Formen der Haftbarkeit, die dem modernen Rechte angehören, aus dem gemeinsamen Grunde der Rache entspringen. I n der Kontraktsphäre wird diese Tatsache kaum bemerkbar sein, abgesehen von den Fällen, die i n dieser Vorlesung besprochen wurden. Aber im Strafrecht uud im Recht der unerlaubten Handlungen ist sie von höchster Bedeutung. Sie beweist, daß diese Rechtszweige von einer moralischen Grundlage ausgegangen sind, von dem Gedanken, daß irgend ein Mensch tadelnswert erschien. Es bleibt übrig zu beweisen, daß man zwar die alte Ausdrucksweise der Moral beibehalten hat, und daß das Recht, obwohl es in gewissem Sinne die Haftbarkeit nach moralischen Gesichtspunkten abmißt, nichtsdestoweniger infolge seiner wahren Eigenart fortwährend diese Gesichtspunkte i n solche verwandelt, die an der Außenwelt und an bestimmten Gegenständen der Betrachtung haften, und bei denen die tatächliche Schuld derer, um die es sich handelt, gänzlich ausgeschaltet wird.
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Zweite Abhandlung. Das Strafreeht 1. I m Beginn der ersten Abhandlung wurde dargetan, daß im älteren Recht die Klagen nur gegen absichtliche Rechtsverletzungen gerichtet waren. Die Klage (appeal) ist eine weit ältere Form gerichtlichen Vorgehens als die Anklage (indictment) und man kann von ihr sagen, daß sie ebensowohl einen strafrechtlichen wie privatrechtlichen Charakter an sich trug. I h r Zweck war ein doppelter, ebensowohl eine Befriedigung der Privatpartei wegen des erlittenen Verlustes, als auch des Königs wegen des gebrochenen Friedens. Ihre zivilrechtliche Seite wurzelte in der Rache. Es war ein Verfahren auf Zahlung von Wergeldern, die zunächst von der freien W a h l des Klägers abhängig, später aber notwendig war, und durch die der Übeltäter sich vom Speer des Gegners freikaufte. Ob dies Verfahren auch insoweit, als es dem König zugute kam, ebenfalls eine Befriedigung des Rachegefühls zum Gegenstand hatte oder vielmehr insbesondere beabsichtigte, eine Einnahmequelle zu eröffnen, machte nichts aus, seitdem der Anspruch des Königs nicht höher war, als die Klage des Verletzten. Es scheint eine wohl berechtigte Schlußfolgerung zu sein, daß der Umfang der Verletzungen, die einer Anklage zugrunde liegen konnten , ursprünglich auf dieselbe Weise begrenzt war, wie der Kreis der Verletzungen^ die eine Klage entstehen ließen. Denn beide Rechtsmittel waren eng verbunden, mochte die Rechtsform der Anklage von der Klage abgesplittert worden, oder auf andere Weise entstanden sein. 1 A n m , d e s Ü b e r s e t z e r s . Diese Abhandlung enthält eine Stellungnahme zu den wesentlichsten Strafrechtstheorien und eine Abgrenzung wichtiger strafrechtlicher Begriffe, die sich mit verwandten deutschen Rechtserscheinungen berühren, aber nicht decken.
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Eine Freisprechung des Verklagten in der Hauptsache schloß eine nachfolgende Anklage aus; auf der anderen Seite konnte, wenn eine Klage ordnungsmäßig i n Gang gekommen war, die Sache mit Rücksicht auf den König selbst dann weiter verfolgt werden, wenn der Kläger die Verfolgung eingestellt hatte oder durch einen Einwand geschlagen worden war K Die Beschuldigung i n der Form des sog. presentment 2 , ein zweiter Vorläufer unseres Strafverfahrens, hatte i n ihrem Ursprünge mit der Klage (appeal) nichts zu tun. War sie, wie man angenommen hat, nur der Nachfolger eines Verfahrens auf frischer Tat und der Lynchjustiz 8 , dann ist sie ebenfalls aus der Rache herausgewachsen und zwar in noch deutlicherer Weise, als die Klage. Der Durst der Rache bringt die Ansicht mit sich, daß der Gegenstand, wider den er sich richtete, tatsächlich und persönlich zu tadeln sei. Dieses Gefühl ist ein innerliches Empfinden, und sein Ziel gründet sich nicht auf Dinge oder Vorfälle der Außenwelt; demgemäß bricht es über sein Opfer den Stab. Die Frage ist, ob ein solcher Standpunkt noch immer gelte, entweder in seiner ursprünglichen Form oder i n einer erheblich verfeinerten Entwicklung, wie gemeinhin vorausgesetzt wird und nicht unmöglich zu sein scheint, sobald man die verhältnismäßig langsame Verbesserung des Strafrechtes in Betracht zieht. Es kann gewiß mit einiger Beweiskraft behauptet werden, daß man niemals davon abgesehen hat, in der Befriedigung des Rachegefühls einen Zweck der Strafe zu sehen. Diese Behauptung wird klar durch die Beispiele, in denen, aus einem oder dem anderen Grunde, eine Entschädigung wegen erlittenen Unrechts außer Frage steht. Der Fall kann dabei vielleicht so liegen, daß eine Entschädigung unmöglich wird, weil der Hauptverletzte umgekommen ist, wie i n dem Falle des Mordes oder der sonst strafbaren Tötung (manslanghter). 1
Vgl. 2 Hawk. P. C. 303 ff. 27 Ass. 25. Vgl. Gr e r 1 a n d . Die engl. Gerichtsverfassung. Leipzig, Göschen, 1910. S. 855: „Zunächst kann im ordentlichen Schwurgerichtsverfahren die Grand Jury auf Grund eigenen Wissens eine Anklage erheben . . . i n der Form des sog. Presentment . . . heut eigentlich so gut wie obsolet." 8 2 Palgrave, Commonwealth., C X I I I / C X X X I . 2
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Außerdem richten sich diese und ähnliche Verbrechen, wie die Fälschung (forgery) zwar gegen eine bestimmte Person, aber haben doch die Kraft i n sich, die Gemütsruhe anderer Menschen zu beeinträchtigen, und diese allgemeine Beeinträchtigung vermag nicht durch einen Entgelt ausgeglichen zu werden. Überdies gibt es Fälle, i n denen keine Mittel vorliegen, durch die man eine Schadloshaltung erzwingen kann. I n Macaulays Entwurf eines indischen Strafgesetzbuches wurden Kontraktbrüche bei dem Personentransport für strafbar erklärt. Die indischen Sänftenträger waren zu arm, um Strafen zu zahlen, und doch mußte man ihnen die Beförderung schutzloser Weiber und Kinder auf wilden und einsamen Wegen anvertrauen, auf denen sie deshalb dafür verantwortlich waren, die Beförderten nicht im Stiche zu lassen und dadurch in große Gefahr zu bringen. I n allen solchen Fällen dient, die Bestrafung als Ersatz für die Geldhaftung. Dem Übeltäter kann eine Strafe zugefügt werden, die nach ihrer A r t den Verletzten nicht in seine frühere Lage zurückversetzt, ihm auch nicht zu einem Vorteile verhilft, der seinem Verluste gleicht, sondern die ausschließlich Schmerzen zu verursachen bezweckt. Und insoweit diese Bestrafung an die Stelle einer Entschädigung tritt, gleichviel, ob dies geschieht, weil der Verletzte bereits tot ist, oder weil die Zahl der Verletzten ungewiß ist, oder wegen der Unmöglichkeit, den W e r t des zugefügten Schmerzes in Geld abzuschätzen oder endlich wegen der Armut des Verbrechers, so kann man sagen, daß hier das Rachebedürfnis befriedigt werden soll. Der Verhaftete bezahlt seine Schuld mit seinem Körper. Dieser Gedanke kann noch schärfer gefaßt werden, indem man sagt, die Befriedigung der Rache sei nicht bloß deshalb ein Ziel der Strafe, weil das Gesetz diese Strafe anordnet, sondern weil es sie anzuordnen verpflichtet ist. Dies ist jedenfalls die Meinung von zwei Autoritäten, die in anderer Hinsicht einander als Widersacher gegenüberstehen, nämlich des Bischofs B u t l e r und des Jeremias B e n t h a m 1 . Sir James S t e p h e n sagt: „Das Strafrecht steht zu dem Rachegefühle im wesentlichen i n derselben Beziehung wie die Ehe zu dem Geschlechtstriebe" 2 . 1
B u t l e r , Sermons, V I I I . B e n t h a m , Theory of Legislation (Principle6 of Penal Code, Part 2, c. 16) Hildreth's tr., S. 309. a General View of the Criminal L a w of England, S. 99.
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Die oberste Anforderung an ein gesundes Rechtssystem ist, daß es mit den tatsächlichen Gefühlen und Anforderungen der Gemeinschaft in Einklang stehe, mögen diese recht oder unrecht sein. Wenn ein Volk seine Rachsucht auf ungesetzlichem Wege befriedigen würde,'weil das Recht ihm nicht hilft, dann hat das Gesetz keine andere Wahl, als selbst die Volksbegierde zu befriedigen. um auf diese Weise das größere Übel der Privatrache zu vermeiden. Zu gleicher Zeit ermutigen wir keineswegs die Rachsucht, weder als Privatleute noch als Gesetzgeber. Überdies paßt diese Sucht nicht zu dem ganzen Gebiete der Bestrafungen. Es gibt Verbrechen, welche eine solche Sucht nicht erregen, und wir müßten natürlicher Weise erwarten, daß die wichtigsten Bestrafungsziele sich i m gleichen Umfange ausdehnen, wie das Rachebedürfnis. Es muß aber zunächst noch untersucht werden, ob eine derartige allgemeine Bestrafungstendenz vorliegt, und, falls dies bejaht wird, welches ihr Wesen ist. Verschiedene Theorien über diesen Gegenstand sind abweichender Meinung. Es ist die Ansicht vertreten worden, daß der Strafzweck in der Verbesserung des Verbrechers besteht; das heißt darin, den Verbrecher und andere von der Begehung ähnlicher Taten abzuschrecken. Dies sei die ihm gebührende Vergeltung. Nur wenige würden noch jetzt die Meinung aufrecht erhalten, daß der Besserungszweck der einzige ist. Wäre er es, so müßte jeder Verhaftete entlassen werden, sobald es klar wird, daß er seine Tat nicht wiederholen werde, und wenn er unverbesserlich ist, so müßte er überhaupt nicht bestraft werden. Natürlich würde es auch schwer sein, die Todesstrafe mit dieser Lehre in Einklang zu bringen. Der Hauptstreit schwebt zwischen zwei anderen Theorien. Auf der einen Seite steht die Anschauung, daß ein geheimnisvolles Band zwischen Unrecht und Strafe bestehe, auf der anderen, daß die Zufügung der Strafe nur ein Mittel zu einem Zweck sei. H e g e l , einer der größten Verfechter der erstgenannten Ansicht, kleidet sie i n die halbmathematische Formel ein, daß das Unrecht eine Negation des Rechts sei, die Strafe eine Negation dieser Negation, also Vergeltung. Darum müsse die Strafe dem Verbrechen entsprechen, in dem Sinne, daß sie zu ihm i m Verhältnis steht, weil ihre einzige Funktion ist, es zu zerstören. Andere begnügen sich damit, ohne diesen logischen Apparat das Gefühl, daß notwendigerweise dem Un-
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recht ein Leiden folgen müsse, als Grundlage der Strafe anzuerkennen. Man hat hervorgehoben, daß die Lehre von der Prävention unmoralisch sei, weil sie übersehe, daß das Unrecht als solches eine Strafe verdiene und auch keinen Maßstab für die Höhe der Strafe darbiete, außer der persönlichen Meinung des Gesetzgebers darüber, welches Maß des vorbeugenden Strafübels genüge 1 . U m in der Sprache K a n t s zu reden: Diese Lehre behandelt den Menschen wie eine Sache, nicht wie eine Person, als ein M i t t e l und nicht einen Selbstzweck. Man hat gesagt, daß man dabei m i t dem Gerechtigkeitsgefühle i n Widerspruch trete und den obersten Grundsatz aller freien Gemeinwesen verletze, nämlich die Regel, daß die Glieder einer solchen Gemeinschaft das gleiche Recht auf Leben, Freiheit und persönliche Sicherheit haben 2 . Trotz alledem würde wahrscheinlich die Mehrheit der englisch redenden Juristen die Vorbeugungslehre ohne jedes Bedenken annehmen. Was die Verletzung der Rechtsgleichheit betrifft, die man ihr vorgeworfen hat, so kann dem entgegengehalten werden, daß der Grundsatz der Gleichheit nur eine Gleichstellung der einzelnen untereinander verlangt, nicht aber zwischen ihnen und der Gesamtheit. Keine Gemeinschaft hat jemals den Satz anerkannt, daß sie das W o h l des Einzelnen nicht für ihr eigenes Dasein opfern dürfe. W e n n für das Heer eine Aushebung nötig wird, so legt sie ihre Hand an die Glieder des Volkes und treibt sie, die Flinte auf der Schulter, i n den Tod hinein. Landstraßen und Eisenbahnen laufen durch alte Familiengüter hindurch, ungeachtet des Widerspruchs der Eigentümer. Der Staat zahlt allerdings hierbei den gemeinen W e r t (market value) 8 , sicherlich deshalb, weil keine zivilisierte Staatslenkung den Einzelnen i n höherem Maße hinopfert, als es nötig ist, aber trotzdem opfert sie doch seinen W i l l e n und sein W o h l dem Besten der übrigen Staatsgenossen 4 . W e n n es nötig wäre, das Gebiet der Moral noch tiefer zu durchpflügen, so könnte hervorgehoben werden, daß der Grundsatz der Gleichheit sogar für die einzelnen untereinander nur auf 1
Wharton, Crim. L a w , 8. ed. § 8, n. 1. Ebenda § 7. 3 A n m . d e s Ü b e r s e t z e r s . Unser Recht geht bekanntlich weiter. 4 Selbst das Recht erkennt dies als ein Opfer an. C o m m o n w e a l t h y . S a w i n , 2 Pick. (Mass.) 547, 549. 3
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die gewöhnlichen Verkehrsgeschäfte angewendet werden kann. Man kann mit seinem Nachbar nicht anders disputieren, als wenn man dabei den Grundsatz gelten läßt, daß er ebenso klug sei, wie man selber ist, auch wenn man dies keineswegs innerlich glaubt. I n gleicher Weise kann man mit ihm in Dingen, die der freien Entschließung beider Teile unterliegen, nicht anders in Verbindung treten, als auf dem Fuße gleicher gegenseitiger Behandlung und nach denselben Regeln für beide. Der immer mehr wachsende W e r t , den man dem Frieden und den gesellschaftlichen Beziehungen beimißt, treibt dazu, in den Gesetzen, die den . gesellschaftlichen Verkehr beherrschen, zugleich Regeln für das gesamte menschliche Dasein zu finden. Aber ich halte es für klar, daß die ultima ratio nicht blos regum, sondern auch der Privatpersonen in Machtentfaltungen besteht, und daß auf dem Grunde aller privaten Beziehungen ein berechtigter Eigennutz (justifiable self-preference) steht, mag er auch immerhin durch Mitgefühl und all die anderen sozialen Empfindungen gemildert sein. W e n n jemand auf hoher See auf einer Planke sitzt, die nur einen Menschen trägt, und ein Fremder diese Planke erfaßt, dann wird er ihn herunterwerfen, wenn er dazu die Kraft hat. Wenn der Staat sich selbst in einer ähnlichen Lage befindet, so tut er dasselbe. Dieselben Erwägungen, welche gegen die Anführung des Grundsatzes der Rechtsgleichheit gelten, lassen sich auch gegen den Vorwurf anführen, daß ein Mensch nicht als Sache zu behandeln sei und dergleichen. Sobald ein Mensch i n einer Gemeinschaft lebt, ist er der Gefahr ausgesetzt, sich so behandeln zu lassen. Der Kulturgrad, den ein Volk erreicht hat, ist ohne Zweifel gekennzeichnet durch das Bestreben, andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt zu werden wünscht. Vielleicht ist es die Bestimmung der Menschheit, die sozialen Instinkte so zu entwickeln, daß sie die menschlichen Handlungen selbst da beherrschen, wo der Mensch sich in einer unsozialen Lage befindet. Bisher haben aber die Menschen sich noch nicht in diesem Sinne benommen und da die Rechtsregeln nur auf allgemein anerkannte moralische Anschauungen gegründet sind, oder doch es sein sollten, so kann keine Regel zum Ausgangspunkt gemacht werden, die sich auf unbedingte Selbstlosigkeit stützt, damit nicht das Recht und die im Leben tatsächlich wirksamen Ansichten auseinander fallen. Sollte es wahr sein, wie ich hier zu zeigen versuchen will.
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daß die allgemeinen Grundsätze der strafrechtlichen und bürgerlichrechtlichen Verantwortlichkeit dieselben sind, so wird schon daraus allein folgen, daß Theorie und Praxis einmütig i n vielen Fällen auch solche Leute bestrafen müssen, die sich eines moralischen Unrechtes nicht schuldig gemacht haben und überhaupt nur aus Gesichtspunkten verurteilt werden können, bei denen von den persönlichen Eigentümlichkeiten der einzelnen Personen abgesehen wird. Würde die Bestrafung auf den moralischen Gründen beruhen, die man für sie aufgestellt hat, so müßte man doch vor allem die Unfähigkeit, zwischen Recht und Unrecht zu wählen, beachten, einen Mangel, der auf ungewöhnlichen Trieben beruhen kann oder auf einer mangelhaften Erziehung, einer Unzulänglichkeit der Geisteskräfte und anderen Schwächen, wie sie i n der Verbrecherwelt meist hervortreten. I c h behaupte nicht, daß man solche Mängel nicht beachten soll, oder es ist mindestens für meine Beweisführung nicht nötig, daß ich das behaupte. I c h behaupte auch nicht, daß das Strafrecht mehr Gutes stiftet, als Übel zufügt. I c h behaupte nur, daß es nicht i m Hinblicke auf eine derartige Theorie geschaffen oder angewandt wird, wie sie soeben angezweifelt wurde. H i e r ist noch ein Grund zu erwähnen, den man für die Vergeltungstheorie i n das Feld führt, die Tatsache, daß die Anpassung der Strafe an die Übeltat ein unumstößlicher Grundsatz sei, der ohne weiteres von unverdorbenen Seelen anerkannt würde. Man kann jedoch nach meiner Meinung durch Selbstbeobachtung erkennen, daß dieser Anpassungsgedanke uneingeschränkt und unbedingt nur dann auftaucht, wenn es sich um unsere Mitmenschen handelt. I c h glaube dagegen nicht, daß irgend einer, der davon überzeugt ist, ein Unrecht begangen zu haben und es nicht wieder tun will, auch nur i m geringsten das Bedürfnis oder die Notwendigkeit fühlt, eine irdische Strafe für seine Tat zu erleiden, obwohl, sobald dritte Personen beteiligt sind, er vielleicht als Philosoph die Notwendigkeit anerkennen wird, daß man ihm wehe tue, um andere abzuschrecken. W e n n dagegen nicht w i r , sondern unsere Mitmenschen Unrecht tun, so fühlen w i r es zuweilen als angemessen, sie deshalb leiden zu lassen, mögen sie nun Reue empfunden haben oder nicht. Dies Gefühl, daß die Strafe zur Tat gehöre, scheint mir nur ein verkapptes Rachegefühl zu sein, und ich habe bereits zugegeben, daß die Rache ein Element, wenn auch nicht das Hauptelement der Strafe ist.
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Anderseits scheint mir die vorausgesetzte Zugehörigkeit der Strafe zur Tat darum bedenklich, weil das Strafbedürfnis sich nicht dem Umfange seines Gegenstandes anpaßt. Die kleineren Strafen sind ebenso passend für die kleineren Verbrechen, wie die größeren für die größeren. Der Wunsch, daß die Strafe dem Verbrechen folgen solle, müßte daher bei beiden Arten uneingeschränkt das gleiche sein. Überdies ist ein m a l u m p r o h i b i t u m ebenso ein Verbrechen, wie ein m a l u m i n se. Gibt es einen allgemeinen Grund der Strafe, so muß er zu dem einen Falle ebenso passen, wie zu dem anderen. Aber man wird kaum sagen können, daß, falls das Unrecht z. B. in einem Steuervergehen bestanden hat und die Regierung für ihren Verlust entschädigt worden ist, wir eine innere Notwendigkeit fühlen sollten, daß ein Mann, der ein solches Unrecht gründlich bereut hat, dafür bestraft werden müsse, außer deshalb, weil seine Tat anderen bekannt geworden ist. Ist dies der Fall, so würde das Recht seine Drohungen wahr machen müssen, damit andere an sie glauben und vor ihnen zittern. Sollte aber die Tat ein Geheimnis zwischen der Obrigkeit und dem Täter geblieben sein, so würde die erstere, falls sie völlig frei von Leidenschaft ist, ohne Zweifel einsehen, daß eine Bestrafung in einem solchen Falle gänzlich ungerechtfertigt sein würde. Andererseits kann kein Fall vorliegen, bei dem der Gesetzgeber ein gewisses Verhalten strafbar macht, ohne daß er dabei den Wunsch und den Vorsatz zeigt, dies Verhalten zu verhindern. Dementsprechend würde die Verhinderung von Übeltaten der wichtigste und einzige allgemeine Strafzweck sein. Das Gesetz droht gewisse Strafen an, wenn man gewisse Dinge tut, indem es dabei beabsichtigt, ein neues Motiv zur Unterlassung der Tat zu schaffen. Besteht jemand trotzdem darauf, sie zu begehen, so muß das Recht die angekündigte Strafe zufügen, damit seine Drohungen auch in Zukunft Glauben finden. Ist diese Schilderung des tatsächlich geltenden Rechts zutreffend, so behandelt es ohne Zweifel den Einzelnen als Mittel zu einem Zwecke und benützt ihn als ein Werkzeug, mit dem es auf dessen Kosten die allgemeine Wohlfahrt steigert. Es wurde oben angedeutet, daß dieser Lauf der Dinge völlig ordnungsgemäß ist, aber selbst, wenn er ungerechtfertigt sein sollte, so folgt ihm doch jedenfalls unser Strafrecht, und die Theorie unseres Strafrechtes muß dementsprechend geformt werden.
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E i n weiterer Beweis dafür, daß unser Recht über die Grenzen der Vergeltung hinausgreift und die Rücksicht auf den einzelnen der Rücksicht auf das allgemeine W o h l unterordnet, findet sich i n einigen Lehren, die sich nicht i n befriedigender Weise aus einem anderen Grunde erklären lassen. Die erste unter ihnen ist, daß selbst die absichtliche Entziehung des Lebens nicht bestraft werden soll, wenn dies der einzige W e g ist, um das eigene Leben zu retten. Dieser Grundsatz ist nicht so klar ausgesprochen wie der andere, der sogleich erwähnt werden soll, aber er wird von sehr bedeutenden Autoritäten unterstützt 1 . W e n n dies Rechtens ist, so muß es sich auf einen von zwei Gründen stützen, entweder darauf, daß der Eigennutz i n diesem Falle erlaubt i s t , oder daß, selbst wenn er auf unlauteren Empfindungen beruhen sollte, das Recht i h n trotzdem nicht durch Bestrafung verhindern kann, weil die Androhung des späteren Todes niemals stark genug sein kann, um einen Menschen schon jetzt den Tod erwählen zu lassen, damit er der Drohung ausweiche. W e n n der erstgenannte Grund zugegeben w i r d , so wird damit anerkannt, daß jemand einen anderen für sich selbst hinopfern kann, und a fortiori, daß ein Volk etwas derartiges kann. Nimmt man aber den letzteren Gesichtspunkt an, so w i r d , wenn das Recht auf die Strafe i n einem Falle verzichtet, i n dem sie voraussichtlich eine Übeltat nicht hindern kann, damit von Rechts wegen die Vergeltungstheorie preisgegeben und die Theorie der Vorbeugung anerkannt. Das Nächstfolgende führt zu noch klareren Schlüssen. Unkenntnis des Rechts entschuldigt nicht den Rechtsbruch. Dieser Grundsatz des materiellen Rechts wird zuweilen i n die Form einer Beweisregel gekleidet, nach der ein jeder der Vermutung unterliegt das Recht zu kennen. Er ist dementsprechend durch A u s t i n und andere aus dem Grunde der Beweisschwierigkeit (in Fällen angeblicher Rechtsunkenntnis) verteidigt worden. Sollte jedoch die Gerechtigkeit verlangen, daß ein Umstand festgestellt wird, so ist die Schwierigkeit, dem zu entsprechen, kein Grund dafür, es überhaupt gar nicht einmal zu versuchen. Aber ein jeder muß es fühlen, daß Rechtsunkenntnis niemals als Entschuldigungsgrund zugelassen werden kann, selbst wenn ihr Vorhandensein i n besonderen Fällen durch Augen- und 1
V g l . 1 East, P. C. 294, U n i t e d S t a t e s v. H o l m e s , 1 W a l l . Jr. 1; 1 Bishop, Crim. L a w . §§ 347—349, 845 (6 th. ed.) ; 4. B l . Comm. 31.
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Ohrenzeugen bewiesen wird. Ja noch mehr, es kann heutzutage, da Parteien zur Zeugnisablegung zugelassen werden, bezweifelt werden, ob die Rechtskenntnis einer Partei schwerer zu beweisen ist, als viele andere Fragen, die vor Gericht kommen. Der wirklich vorhandenen Schwierigkeit würde man dadurch genügen, daß man die Beweislast für Rechtsunkenntnis dem, der das Recht verletzt hat, auferlegt. Der erwähnte Grundsatz kann nicht dadurch erklärt werden, daß man sagt, es sei uns nicht blos befohlen, gewisse Handlungen zu vermeiden, sondern auch zweitens, zu erkennen, daß wir einem solchen Befehle unterliegen; denn wenn ein solcher sekundärer Befehl bestände, so ist es sehr klar, daß die Schuld aus seiner Übertretung in keinem Verhältnisse zu dem Ungehorsame gegen den Hauptbefehl stehen würde. Trotzdem aber würde das Unrecht unserer Unwissenheit ebenso streng bestraft werden, wie ein Ungehorsam gegen den Hauptbefehl. Die wahre Erklärung der Regel ist dieselbe, wie diejenige, die erläutert, weshalb das Recht gegen die besondere Empfindungsstärke und die besonderen Fähigkeiten des Täters u. dergl. gleichgültig ist. Die Staatspolitik opfert das Individuum dem allgemeinen Wohle. Es ist wünschenswert, daß die Last aller die gleiche sein soll, aber es ist noch wünschenswerter, der Räuberei und dem Mord ein Ende zu machen. Ohne Zweifel ist es wahr, daß es viele Fälle gibt, i n denen der Verbrecher nicht wissen konnte, daß er das Gesetz brach, allein, wenn man die Entschuldigung überhaupt |zuließe, so würde dies zur Unwissenheit i n allen Fällen ermutigen, in denen der Gesetzgeber befohlen hatte, seinen Befehl zu wissen und zu befolgen. Das Streben, gegen den Einzelnen gerecht zu sein, wird hier bei weitem von den stärkeren Interessen, die auf der anderen Wagschale liegen, überwogen. Sind die vorerwähnten Gründe vernünftig, so wird es sogleich klar, daß die Strafbarkeit nicht endgültig und unbedingt dadurch bestimmt werden kann, daß man nur die Unwürdigkeit des Verbrechers in Betracht zieht. Diese Unwürdigkeit gibt nur insoweit den Ausschlag, als die allgemeine Wohlfahrt es erlaubt oder verlangt. Und wenn wir das Gesamtergebnis in Rechnung stellen, welches das Strafrecht hervorrufen soll, so werden wir sehen, daß der tatsächliche Geisteszustand des Verbrechers bei seiner Handlung eine andere Rolle spielt, als man allgemein annimmt.
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I n der Regel ist der Zweck des Strafrechts lediglich, eine äußere Übereinstimmung mit einem Rechtssatze herzustellen. Jede Rechtsvorschrift zielt auf bestimmte sinnlich wahrnehmbare Tatsachen hin. Immer ist ihr Ziel ein der Außenwelt angehöriger Erfolg, mag sie nun diesen Erfolg unmittelbar durch eine Gewalttat entstehen lassen, z. B. wenn sie ein Haus vor dem Pöbel durch Soldaten beschützt, oder Privateigentum dem öffentlichen Gebrauche unterwirft, oder auch einen Menschen infolge seiner Verurteilung aufhängt, oder mag sie solche Erfolge bloß mittelbar erreichen, indem sie in der Seele der Menschen Furcht erzeugt. Indem sich das Recht z. B. gegen Raub oder Mord richtet, ist es sein Vorsatz, die tatsächliche körperliche Wegnahme oder Vorenthaltung fremder Vermögensstücke zu verhindern, oder auch die tatsächliche Vergiftung, Erschießung, Erdolchung oder anderweitige Tötung anderer Leute. Unterbleiben solche Dinge, so ist das Gesetz, das sie verbietet, unter allen Umständen ebenso bebefriedigt , (wie i m Bestrafungsfalle), gleichviel aus welchem Beweggrunde sie unterblieben sind. Betrachten w i r diesen rein äußerlichen Zweck des Rechts zugleich m i t seiner Bereitwilligkeit den Einzelnen zu opfern, falls dies nötig ist, um das Ziel zu erreichen, so können w i r noch besser als vorher sehen, daß die Größe der persönlichen Verschuldung, die i n einer besonderen Gesetzübertretung liegt, nicht das einzige Element der eingetretenen Strafhaftung ist, wenn sie überhaupt ein solches Element ist. W e i t entfernt davon wahr zu sein ist die häufige Annahme, daß die Beschaffenheit der Seele oder des Gewissens eines Menschen bei Feststellung der Strafhaftung i n höherem Maße als bei der Zivilhaftung i n Betracht zu ziehen ist, vielmehr muß man beinahe sagen, daß das Gegenteil wahr i s t ; denn die Zivilhaftung ist i n ihrer unmittelbaren W i r k i m g einfach eine richtige Verteilung eines Schadens, der i n den Beziehungen zweier Einzelner eingetreten ist, und es soll in der nächsten Abhandlung dargetan werden, daß eine vernünftige Politik entstehende Verluste dort liegen läßt, wo sie hinfallen, sofern nicht für den Staat ein besonderer Grund sich einzumischen vorliegt. Der häufigste derartiger Gründe ist. daß die belastete Partei einen Tadel verdient. Es ist nicht meine Absicht zu bestreiten, daß die Strafhaftung ebensowohl wie die Zivilhaftung auf tadelnswertes Ver-
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halten gegründet ist. Ein solches Bestreiten würde das moralische Empfinden jeder zivilisierten Gemeinschaft verletzen, oder, um diesem Gedanken eine andere Wendung zu geben, ein Gesetz, das ein Benehmen straft, das für das Durchschnittsmitglied des Gemeinwesens nicht tadelnswert sein würde, würde für dieses Gemeinwesen nicht erträglich sein. Meine Absicht ist bloß, darauf hinzuweisen, daß, wenn wir uns nur mit dem Teile des Rechts beschäftigen, der mehr als andere Teile darauf hinzielt, für das Verhalten des Volkes gewisse bindende Regeln festzustellen, wir dort mehr als sonst erwarten dürfen, daß die Merkmale einer gesetzlichen Verpflichtung der Außenwelt angehören und unabhängig von dem Grade der Bosheit sind, die in den Beweggründen oder Absichten des Einzelnen liegt. Dieser Schluß ergibt sich unmittelbar aus der Natur der vom Recht erwünschten Verhaltungsregeln, die für alle gleichartig sein müssen. Sie betreffen nicht lediglich die Außenwelt, wie oben gezeigt wurde, aber sie müssen eine gewisse Gleichmäßigkeit haben. Sie verlangen nicht schlankweg, daß jeder Mensch sich soviel wie möglich zu einem solchen Betragen aufschwinge, welches für ihn das bestmöglichste sein würde. Sie fordern ihn aber auf, auf seine eigene Gefahr zu einer gewissen Höhe (der Vortrefflichkeit) emporzusteigen. Sie nehmen keine Rücksicht auf Unfähigkeiten, abgesehen von wohlbekannten Ausnahmefällen, i n denen man der menschliche Schwäche Rechnung trägt, wie bei dem Kindesalter oder der Geisteskrankheit. Sie gehen davon aus, daß ein Mensch ebenso, wie jeder andere, fähig ist, sich so zu verhalten, wie das Gesetz es befiehlt. Wenn solche Anforderungen die eine Klasse härter bedrücken als die andere, so ist dies die Klasse der Schwächsten; denn gerade ihnen gegenüber, bei denen es am meisten wahrscheinlich ist, daß sie sich durch ihre Leidenschaft, Unwissenheit oder Torheit zu Verfehlungen hinreißen lassen, sind die Drohungen des Gesetzes am gefährlichsten. Der Lehre, daß die Haftbarkeit sich auf ein tadelnswertes Verhalten gründet, soll mit der Tatsache der Haftbarkeit in Fällen, in denen die Partei nicht getadelt werden kann, in dem nächsten Aufsatz näher in Einklang gebracht werden. Sie liegt in der richtigen Auffassung des Durchschnittsmenschen, des Menschen mit gewöhnlicher Fassungskraft und Voraussicht. Man sagt, daß eine Haftbarkeit sich auf ein solches Verhalten gründet, wie es von Seiten eines solchen Menschen tadelnswert. H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands u n d N o r d a m e r i k a s .
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sein würde. Allein er ist ein bloß gedachtes Wesen, das erst i n der Seele des Richters Fleisch und Bein gewinnt, wenn dieser dazu berufen ist, sein Urteil nach der Beschaffenheit dieses Wesens einzurichten, und das mutmaßliche Verhalten dieses Wesens gibt einen äußeren und objektiven Maßstab, den man dann an einen einzelnen wirklichen Menschen anlegt. Dieser letztere ist vielleicht ohne jeden moralischen Makel, weil er eine ungewöhnlich geringe Fassungskraft oder Voraussicht besitzt. Allein man verlangt von ihm auf seine Gefahr, daß er die normalen Eigenschaften haben soll. Wenn er sie hätte, so würde er nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge sich nicht i n eine Haftung verstricken, ohne tadelnswert zu sein. Die folgenden Ausführungen werden einzelne Verbrechen in das Auge fassen und daraus entnehmen, was ihre Zergliederung uns lehrt. I c h w i l l m i t dem Morde (murder) beginnen. James Stephen definiert in seinem W e r k e : Digest of Criminal L a w 1 den Mord als die rechtswidrige Tötung eines Menschen m i t vorbedachter Arglist (malice). I n seinem früheren W e r k e 2 führte er aus, daß Arglist (malice) soviel bedeutet wie Bosheit (wickedness) -und daß das Recht bestimmt hat, welche Seelenzustände als boshaft i n dem von ihm vorausgesetzten Grade anzusehen seien. Ohne dies nochmals vorauszuschicken, fährt er in seinen Digesten i n folgender Weise f o r t : „Vorbedachte Arglist umfaßt einen oder mehrere der i m Folgenden genannten Seelenzustände: a) Eine Absicht, den Tod oder eine schwere Körperverletzung (grievous bodily harm) eines Menschen hervorzurufen, gleichviel ob diese Person getötet worden ist, oder nicht; b) Eine Kenntnis davon, daß die Handlung, die den Tod oder eine schwere Körperverletzung später hervorgerufen hat, diese Folgen wahrscheinlicherweise haben mußte, gleichviel ob die Person, deren Verletzung vorausgesehen wurde, m i t der tatsächlich getöteten identisch ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob eine derartige Kenntnis von einem Gefühle der Gleichgültigkeit begleitet wird, nämlich der Gleichgültigkeit dagegen, ob 1 2
Art. 223. General View of the Criminal L a w of England, p. 116.
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der Tod oder die schwere Körperverletzung eintreten werde, oder nicht. Unerheblich ist sogar, ob die Kenntnis von dem Wunsche begleitet wird, daß (infolge eines besonderen Glücksfalls) der erwähnte Erfolg, der Erwartung zuwider, nicht hervorgerufen werden möge; c) Eine Absicht, eine beliebige schwere Verfehlung (felony) zu begehen; d) Eine Absicht, gewaltsam einem Gerichtsbeamten Widerstand zu leisten, der sich irgendwohin begibt, irgendwo befindet oder von irgendwo zurückkehrt, wo er pflichtgemäß und rechtmäßigerweise eine Verhaftung, eine Festhaltung oder Einsperrung vorgenommen, oder die öffentliche Ruhe aufrechterhalten, oder eine gesetzwidrige Versammlung aufgelöst hat, immer vorausgesetzt, daß der Übeltäter weiß, daß der hierbei von ihm Getötete ein Beamter in einer der erwähnten Diensttätigkeiten ist." Arglist (malice) schließt im gewöhnlichen Sprachgebrauche eine Absicht und sogar etwas mehr in sich. Sagt man von einer Handlung, daß sie mit einer Schädigungsabsicht begangen sei, so meint man damit, daß der Wunsch, zu verletzen, ihr Beweggrund war. Eine solche Absicht ist aber immerhin durchaus vereinbar mit dem Gefühle des Bedauerns über die zugefügte Verletzung und mit der Tatsache, daß der gewünschte Erfolg lediglich als ein Mittel zu einem anderen Erfolge begehrt ist. Allein, wenn man von einer Handlung sagt, daß sie boshaft (done malicionsly) sei, so meint man damit nicht bloß, daß ein Wunsch des verletzenden Erfolges der Beweggrund, sondern auch, daß die Schädigung um ihrer selbstwillen erwünscht war, oder, wie A u s t i n mit größerer Genauigkeit sagen würde, um des angenehmen Gefühls willen, das die Kenntnis des verursachten Schmerzes erregen würde. Aus der angeführten Aufzählung der Merkmale des Mordes, die von Sir James Stephens herrührt, ist klar, daß von diesen zwei Voraussetzungen der Arglist die mörderische Absicht für sich allein eine Voraussetzung des Mordbegriffes ist. Es ist gerade ebensogut ein Mord, wenn man einen Wachtposten niederschießt, um einen Freund zu befreien, als wenn man dies t u t , weil man den Getöteten haßt. Arglist hat innerhalb der Begriffsbestimmung des Mordes nicht denselben Sinn, wie i n der gemeinen Redeweise, und im Hinblicke auf 4*
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die soeben gemachten Ausführungen sollte dieser Ausdruck soviel bedeuten wie „strafbare Absicht" (criminal intention) 1 . Der Absichtsbegriff wird sich jedoch bei näherer Betrachtung i n zwei Dinge auflösen, i n die Voraussicht gewisser Folgen einerHandlung und den Wunsch, daß sie eintrete, der als Beweggrund die Tat hervorruft. Die Frage ist dann, ob man nicht überhaupt die Absicht auf einen anderen, minder inhaltreichen Begriff einschränken kann. Die Ausführungen des Sir James Stephen zeigen uns, daß dies möglich ist, und daß bei dem Mord, ähnlich wie bei sonstigem Unrechte (tort), die Kenntnis des voraussichtlichen Erfolges der Tat, den Tod zu verursachen, d. h. also die Voraussicht der Folgen der vorgenommenen Handlung als Begriffsmerkmal der rechtserheblichen Absicht genügt. W e n n z. B. ein neugeborenes K i n d nackend vor die Tür gelegt wird, wo es selbstverständlich ist, daß es dem Tode verfällt, so ist dies auch dann Mord, wenn der Schuldige sehr froh gewesen sein würde, falls ein Fremder das K i n d etwa gefunden und gerettet hätte 2 . Doch was ist Voraussicht der Folgen? Es ist das B i l d einer zukünftigen Sachlage, das durch die gegenwärtige Sachlage hervorgerufen ist, wobei jemand die Zukunft i m Verhältnis zur Gegenwart als die W i r k u n g einer früheren Ursache erschaut. W i r müssen aber auch hier den Gegenstand unserer Betrachtung auf einen einfachen Begriff hinunterschrauben. Liegt die Sache zur Zeit der Tat so, daß eine gewisse Handlung sicher den Tod hervorrufen w i r d , und diese Notwendigkeit dem gemeinen Menschenverstand einleuchtet, dann ist der, der die gegenwärtige Sachlage kennt und die Tat verübt, des Mordes schuldig und das Gesetz fragt dann nicht weiter, ob der Täter auch wirklich die Folgen vorhersah. Gegenstand des Beweises einer Voraussicht ist nicht, was dieser einzelne Mensch tatsächlich vorhergesehen h a t , sondern was ein m i t vernünftiger Voraussicht begabter Mensch vorhergesehen haben würde. Anderseits muß die tatsächliche gegenwärtige Sachlage, die eine Tat gefährlich macht, von dem Täter vorhergesehen worden sein. Die Tat für sich allein genügt nicht zur Strafbarkeit. Eine Tat schließt zwar immer eine Absicht in einem 1 2
Harris, Criminal L a w , p. 13. Steph. Dig. Crim. Law, A r t . 223, Illustration (6), und n. 1.
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bestimmten Sinne des Wortes in sich. Sie ist eine Zusammenziehung von Muskeln, aber noch mehr als dies. Eine krampfartige Zuckung ist keine Tat. Die Zusammenziehung der Muskeln muß gewollt sein. Und da ein erwachsener Mensch, der Herr seiner selbst ist, mit wunderbarer Genauigkeit die äußeren Folgen vorhersieht, die sich an die innere Anspannung anschließen, so können diese Folgen beabsichtigt genannt werden. Doch findet die Absicht, die den Akt begleitet, hier ihr Ende. Was dem Akte folgt, liegt i n der Außenwelt. Trennt man aber die Handlung von ihren Nebenumständen, so scheint sie für das Recht gleichgültig zu sein. So ist die Krümmung des zweiten Fingers mit einer gewissen Kraft dieselbe Körperbewegung, wenn der Drücker einer Pistole dadi^ch berührt wird, als wenn dies nicht der Fall ist. Nur die Nebenumstände stempeln die Tat zum Frevel, nämlich daß die Pistole geladen und mit einem Hahne versehen ist und daß ein Mensch, der ihr gegenübersteht, wahrscheinlich getroffen werden wird. Darum wird eine Haftbarkeit nicht mit Folgerichtigkeit dadurch allein begründet, daß die nächste Ursache eines Schadens eine Handlung war. Wenn man für die Haftung eine Handlung verlangt, so geschieht dies in dem Sinne, daß jede Handlung eine bewußte Wahl voraussetzt und daß man es für unpolitisch und ungerecht hält, einen Menschen für einen Schaden verantwortlich zu machen, dem es nicht möglich war, eine andere W a h l zu treffen. Allein es muß bei dieser W a h l die Möglichkeit vorliegen, die später dem Täter vorgeworfene Folge vorauszusehen, sonst trägt er nicht die Verantwortung für sie. Wäre dies nicht wahr, so könnte jemand für alles verantwortlich gemacht werden, was er irgend einmal durch seine W a h l hervorgerufen hat, z. B. auch dafür, daß er auf einen Menschen in einem epileptischen Anfalle gestürzt ist und ihn verletzt hat, was nicht geschehen wäre, wenn er nicht vorher durch freien Willensakt in die Stadt gegangen wäre, in der ihn die Krankheit befiel. Alle Voraussicht der Zukunft, jede W a h l von mehreren möglichen Folgen einer Handlung, hängt von dem ab, was dem Täter im Augenblicke der Wahl bewußt ist. Eine Handlung kann, selbst wenn sie unter Umständen geschehen ist, unter denen sie verletzend wirkt, kein Unrecht sein, sofern nicht diese Umstände vom Täter gekannt waren oder gekannt sein mußten. Die Furcht vor der Strafe für eine Verletzung kann nicht als
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Beweggrund wirken, wenn nicht die Möglichkeit des Schadens vorhergesehen werden kann. Insofern demnach die Strafbarkeit auf das Vorhandensein eines Unrechts i n irgendeinem Sinne gegründet ist und insofern die Drohungen und Strafen die Absicht haben, Leute davon abzuschrecken, Schaden zu tun, müssen sie auf Fälle beschränkt werden, i n denen die Umstände, die ein Verhalten gefährlich machen, dem Täter bekannt waren. I n einer noch genauer bestimmten Weise gelten dieselben Grundsätze, die für die Voraussicht gewisser Umstände i n Betracht kommen, auch für die Kenntnis dieser Umstände. Es ist genug, daß der Täter tatsächlich nur einen Teil der Umstände kannte, nämlich solche, die einen Menschen von gewöhnlichem Verstände dazu geleitet haben würden, aus ihnen auch noch alle anderen Umstände dazu zu folgern, die m i t jenen zusammen den bei der Tat vorliegenden Sachverhalt bilden. Wenn z. B . ein Handwerker, der oben auf einem Hause steht, weiß, daß unter ihm die Straße einer großen Stadt sich hinzieht, so weiß er etwas, woraus ein Mensch mit gesundem Menschenverstände schließen würde, daß dort unten wahrscheinlich Menschen vorübergehen. Folglich ist er verpflichtet, diesen Schluß zu ziehen, oder, m i t anderen Worten, er kann wegen der Tatsachen, die er durch Folgerung sich zum Bewußtsein bringen sollte, zur Verantwortung gezogen werden, mag er den Schluß tatsächlich gezogen haben oder nicht. W e n n daher ein solcher Handwerker einen schweren Balken auf die Straße w i r f t , so begeht er eine Handlung, von der ein Mensch m i t gewöhnlicher Bedachtsam» keit voraussehen würde, daß sie wahrscheinlich Todesfälle oder schwere Körperverletzungen hervorrufen werde, und er w i r d so behandelt, als wenn er es vorausgesehen hätte, mag dies nun der Fall gewesen sein oder nicht. W i r d durch seine Handlung ein Tod verursacht, so ist er des Mordes schuldig K Allein wenn der Handwerker einen vernünftigen Grund für die Annahme hat, daß der Raum unter i h m ein gegen jedermann abgesperrter Privathof ist und als Schutthaufen benutzt wird, so ist sein Verhalten tadellos und die etwa eingetretene Tötung eines Menschen ist dann ein reiner Zufall. U m eine tödliche Handlung zum Morde zu stempeln, muß der Täter überdies grundsätzlich wissen oder davon Kenntnis haben, was die Handlung gefährlich macht. Es gibt einige Ausnahmen dieses Grundsatzes, die sogleich erwähnt werden sollen,. 1
4 Bl. Comm. 192.
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doch finden sie weniger auf den Mord Anwendung, als auf einige leichtere vom Gesetze genannte Verbrechen. Für den Mord gilt die allgemeine Regel i n den meisten Fällen. Überdies folgt jedoch aus demselben Grundsatze, daß die Gefahr, die unter den dem Täter bekannten Umständen in Wirklichkeit vorliegt,für einenMann von vernünftiger Voraussicht vorhersehbar war. Die Unkenntnis einer Tatsache und die Unfähigkeit gewisse Folgen vorauszusehen haben denselben Einfluß auf die Frage, ob jemand Tadel verdient. Wenn eine Folge nicht vorhergesehen werden kann, so kann sie auch nicht vermieden werden. Doch liegt hier insofern ein praktischer Unterschied vor, als einerseits i n den meisten Fällen die Kenntnis einer Tatsache von dem Bewußtsein eines bestimmten Menschen abhängt, während die Voraussehbarkeit der Folge einer Handlung von dem Standpunkte des (normalen) vorsichtigen Menschen bestimmt wird, d. h. von der allgemeinen Lebenserfahrung. Denn es muß hier daran erinnert werden, daß der Zweck des Rechts ist, das menschliche Leben gegen Vernichtung oder Gefährdung zu sichern, und daß es die Frage, ob eine Handlung Tadel verdient, bei der Bestrafung nur soweit i n Betracht zieht, als es niemanden für Folgen verantwortlich macht, die kein Mensch oder doch höchstens ein mit besonderen Kenntnissen ausgestatteter vorhersehen konnte, weil der Grund einer solchen Beschränkung in dem Streben nach einer Regel, die für den Durchschnitt der Gemeinschaft nicht zu hart ist, liegt. Da der Zweck des Rechts ist, Menschen von einem gefährlichen Betragen abzuhalten und nicht bloß von üblen Neigungen, so verlangt das Recht von ihnen, daß sie auf ihre Gefahr sich die Lehren der gemeinen Lebenserfahrimg aneignen, genau so, als es von ihnen verlangt, daß sie das Recht kennen. Als Ergebnis dieser Ausführungen kann gesagt werden, daß das Merkmal des Mordes ein Grad von Lebensgefahr ist, der mit einer Handlung unter den Umständen, die der Täter kennt, verbunden i s t 1 . Es bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung, um zu zeigen, daß, wenn der Angeklagte aus einem Grunde tatsächlich voraussieht, was ein gewöhnlicher Mensch mit vernünftiger Voraussicht nicht vorhergesehen haben würde, der Grund für seine Befreiung nicht mehr Platz greift. Eine verletzende Handlung ist nur aus dem Grunde entschuldigt, daß die Partei den Schaden 1
cf. 4 B l . Comm. 197.
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weder vorhergesehen hat, noch mit der richtigen Sorgfalt vorhersehen konnte. Es würde vielleicht auf den ersten Augenblick scheinen, daß die obige Zergliederung des Tatbestandes den Begriff des Mordes bereits erschöpft. Aber dies ist nicht der Fall, sofern nicht noch eine weitere Ausführung folgt. W e n n jemand m i t Gewalt einem Beamten Widerstand leistet, während dieser eine rechtmäßige Verhaftung vornimmt, und ihn tötet, indem er dessen Eigenschaft als Beamter kennt, so kann das ein Mord sein, obwohl die Handlung vielleicht dann nicht als verbrecherisch gelten müßte, wenn der Ermordete kein Beamter wäre. So wenn ein Mann eine Handlung vornimmt, um ein Verbrechen (felony) zu begehen, u n d dabei zufälligerweise einen Menschen tötet, gegen den sich das Verbrechen nicht richtet; z. B. wenn er auf Hühner schießt, um sie zu stehlen, und zufälligerweise den Eigentümer tötet, den er nicht sieht. E i n Fall, wie dieser letztere, scheint kaum mit den allgemeinen Grundsätzen, die aufgestellt worden sind, vereinbar zu sein. Man hat hierzu etwa i n folgender Weise argumentiert: Die einzig tadelnswerte Handlung ist hier der Schuß auf die Hühner i m Bewußtsein, daß sie einem anderen gehören. Es ist dies ganz genau ebenso, wenn ein Unfall hinterher eint r i t t , und der Umstand, daß man jemand trifft, den man nicht für anwesend hielt, ist ebenfalls ein Unfall. Daraus, daß der Schuß auf die Hühner verbrecherisch ist, folgt nicht die Wahrscheinlichkeit, daß durch ihn jemand getötet werden könnte. W e n n das Ziel der Rechtsregel wäre, auch solchen Unfällen vorzubeugen, so müßte sie jede zufällige Tötung mit Feuerwaffen als Mord erklären, nicht aber bloß eine solche Tötung dieser Art, die zum Zwecke eines Diebstahls geschieht, wogegen, falls der Zweck wäre, auf solche Weise den Diebstahl zu verhindern, es besser sein würde, von tausend Dieben einen durch das Los dazu bestimmten aufzuhängen. Immerhin ist das Recht, wie es vor uns liegt, wohl verständlich. Das allgemeine Merkmal des Mordes ist der Grad der Gefährlichkeit einer Handlung bei Kenntnis der Sachlage zur Zeit ihrer Vornahme. W e n n bestimmte Handlungen unter gewissen Umständen als besonders gefährlich gelten, so kann der Gesetzgeber sie schon dann strafbar machen, falls sie unter diesen Umständen geschehen, auch wenn die Gefahr nicht allgemein bekannt war. Das Recht t r i t t oft auf diesen Standpunkt, obwohl es i n neuerer Zeit i n solchen Fällen nicht häufig die Todes-
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strafe verhängt. Es geht zuweilen sogar noch weiter und verlangt von den Menschen, daß sie auf ihre Gefahr gegenwärtige Umstände aufspüren, ebenso wie sie zukünftige Schädigungen voraussehen sollen, auch wenn es sich um Folgen handelt, die sich nicht notwendigerweise aus den dem Täter bekannten Umständen ergeben. So ist es eine gesetzlich geregelte strafbare Tat in England, ein Mädchen unter sechszehn Jahren aus dem Besitz dessen zu entführen, der von Rechts wegen für sie verantwortlich ist. Nimmt nun jemand Handlungen vor, welche ein Mädchen unter sechzehn Jahren dazu verleiten, ihre Eltern zu verlassen, so kann er dafür nicht haftbar gemacht werden, sofern er keinen Grund dafür hatte, anzunehmen, daß sie unter der rechtmäßigen Aufsicht ihrer Eltern steht 1 , und es kann dies angenommen werden, wenn er einen vernünftigen Grund dafür hatte, zu glauben, daß das Kind ein Knabe war. Aber wenn er wissentlich ein Mädchen seinen Eltern entführt, so muß er dessen Alter auf seine Gefahr ermitteln. Er kann sich nicht damit verteidigen, daß er vollen Grund hatte, zu meinen, es sei über sechszehn Jahre a l t 2 . So wurde unter Herrschaft eines Gesetzes gegen den Branntweinhandel angenommen, daß jemand der „Plantation Bitters" verkauft, sich nicht mit seiner Unkenntnis der berauschenden Kraft dieses Trankes entschuldigen könne 8 . Und es gibt noch andere Beispiele derselben Art. Wenn nunmehr die Erfahrung wirklich oder auch nur nach der Meinung des Gesetzgebers dartut, daß auf die eine oder andere A r t Todesfälle, die erwiesenermaßen auf Zufall beruhen, unverhältnismäßig oft in Verbindung mit anderen Straftaten vorkommen, z. B. mit Widerstand gegen Beamte, oder wenn aus irgend einem anderen politischen Grunde es für wünschenswert erachtet wird, solchen Todesfällen durch besondere Maßregeln vorzubeugen, dann kann der Gesetzgeber folgerichtigerweise Handlungen, die nach den dem Täter bekannten Umständen verbrecherisch sind oder einen Widerstand gegen die Staatsgewalt in sich schließen, als gefährlich genug ansehen, um sie unter ein besonderes Verbot zu stellen. Das Gesetz kann deshalb auf den Täter die Gefahr nicht bloß der von ihm vorhergesehenen Folgen legen, sondern auch solcher Folgen, die, 1 R e g . v. H i b b e r t , L . R. 1 0 . C. 184. 2 R e g . v. P r i n c e L . R. 2 C. C. 154. 8 C o m m o n w e a l t h v. H a l l e t t , 103 Mass. 452.
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obwohl sie nach der gemeinen Erfahrung nicht voraussehbar sind, doch vom Gesetzgeber in das Auge gefaßt werden. Immerhin beabsichtige ich nicht auszuführen, daß derartige Regeln aus dem oben Entwickelten folgen, auch nicht, daß sie richtig sind oder i n Amerika allgemein Anwendung finden würden. Indem ich zu der Hauptreihe meiner Gedankenfolge zurückkehre, w i r d es lehrreich sein, die Beziehung zu betrachten, in der die Tötung eines Menschen (manslaughter) zum Morde steht. E i n großer Unterschied zwischen den beiden findet sich i n dem Grade der Gefahr, die sich an die Handlung bei der vorliegenden Sachlage anschließt. Schlägt jemand einen anderen mit einem kleinen Stock, der ihn wahrscheinlicherweise nicht töten konnte und von dem er keinen Grund hatte, anzunehmen, daß er mehr als eine kleine Körperverletzung anrichten werde, der aber dennoch den Geschlagenen tötet, so begeht er eine strafbare Tötung (manslaughter), nicht einen M o r d 1 A l l e i n , wenn der Schlag so stark, wie möglich, mit einem Eisenstabe geführt wird, der einen Z o l l dick ist, so ist dies M o r d 2 . So wenn jemand, während er einen anderen mit einer Gerte schlägt, einen Nebenumstand weiß, auf Grund dessen er voraussieht, daß der Tod infolge eines leichten Schlages eintreten werde, z. B. daß der andere ein Herzleiden hat, dann ist die verletzende Tat ebenfalls M o r d 8 . E i n Faß Schießpulver i n einer von Menschen angefüllten Straße explodieren zu lassen und dadurch Leute umzubringen, ist Mord, selbst dann, wenn der Täter hofft, daß kein Todesfall eintreten werde 4 . W e n n man dagegen durch unvorsichtiges Reiten i n derselben Straße einen Menschen tötet, so ist dies in der Regel eine strafbare Tötung (manslaughter) 5 . Vielleicht könnte immerhin ein F a l l vorkommen, i n dem das Reiten so offenbar gefährlich war, daß es einen Mord i n sich schloß. U m auf ein anderes Beispiel zurückzukommen, das soeben zu einem anderen Zwecke gebraucht wurde: „ W e n n ein Handwerker einen Stein oder ein Stück Bauholz auf die Straße hinunterwirft und jemand tötet, so kann dies ein Mißgeschick, eine strafbare Tötung oder ein Mord sein, je nach den Um1
Stephen, D i g . Cr. L a w . A r t . 223, Illustr. (5); Foster; 294, 295. cf. Gray's case a. a. 0 . 2 Strange, 774. 8 Steph. Dig. A r t . 223, Illustr. (1). * Steph. Dig. A r t . 223, Illustr. (8). 5 R e x v. M a s t i n , 6. C. & P. 396. cf. R e g . v. S w i n d a l l , 2 C. & K . 230. 2
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ständen, unter denen diese Handlung geschehen ist und einen Todesfall verursacht hat. Geschah dies in einem Dorfe, wo wenig Leute verkehren, und hat der Täter alle W e l t laut aufgefordert, Acht zu geben, so liegt nur ein Mißgeschick vor. Geschah es aber in London oder in einer anderen volkreichen Stadt, wo ein ständiger Menschenverkehr ist, so ist dies strafbare Tötung, selbst wenn das Publikum laut gewarnt wurde, und Mord ist es, wenn der Täter wußte, daß Leute unten vorbeigehen, und gar kein Warnungszeichen abgab 1 ." Das Recht der strafbaren Tötung schließt eine andere Lehre i n sich, welche angeführt werden muß, um die allgemeinen Strafrechtsgrundsätze ganz verständlich zu machen. Es ist dies die Lehre, daß die Tat, die sonst Mord sein würde, zu einer bloßen strafbaren Tötung heruntergeschraubt wird, wenn der Täter vorher gereizt worden war. Gemäß der herrschenden moralischen Anschauungen verdient ein Mensch nicht so schweren Tadel für eine Tat, wenn er sie unter dem verwirrenden Einfluß einer großen Erregung begangen hat, die aus einem ihm zugefügten Unrecht entspringt, als wenn er sie mit kaltem Blute verübt hätte. Das Recht ist dazu bestimmt, die Menschen durch ihre Beweggründe zu lenken, und deshalb muß es ihren Geisteszustand in Berechnung ziehen. Anderseits könnte betont werden, daß, wenn es der Zweck der Strafe ist, dem Unrecht vorzubeugen, die schwerste Strafe da angedroht werden sollte, wo die stärksten Beweggründe zurückgedrängt werden sollen; und die Gesetzgebung der älteren Zeit scheint sich zuweilen in dieser Richtung bewegt zu haben. Wenn jedoch eine Drohung einen Menschen im Zustande der Leidenschaft bändigen soll; dann wird schon eine Drohung mit einem geringeren Übel, als der Tod ist, genügen, um seine Leidenschaft zu zügeln 2 . Und deswegen nahm man an, daß die strengste Strafe hier übertrieben sein würde. Zugleich zeigen sich hier die äußerlichen festen Maßstäbe des Gesetzes. Die Milderung kommt hier nicht daher, daß der 1
4 El. Comm. 192. A n m . des Ü b e r s e t z e r s . So erklärt der Herr Verfasser auf Befragen die zweifelhafte Stelle. 8 A n m . des U b e r s e t z e r s . Der Herr Verfasser unterscheidet hier tendency u n d intent und w i l l , wie er mir bestätigt, mit dem ersten Worte nicht auf die innerliche Absicht, sondern auf die voraussichtlichen Folgen der T t (ihre Wirkungskraft) hinweisen. 2
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Angeschuldigte außer sich vor W u t war. Es ist nicht genug, daß er Gründe hatte, die denselben Einfluß auf jedermann i n seinem Stande und Bildungsgrade gehabt haben würden. Die beleidigendsten W o r t e gelten nicht als entschuldigende Herausforderung zu einer Mordtat, obwohl heutzutage (und noch mehr damals, als man das Strafrecht schuf,) viele Menschen eher sterben würden, als sie ertragen, ohne auf sie zu reagieren. Die Herausforderung muß genügend groß sein, um den eingetretenen Grad der Leidenschaft zu rechtfertigen, und das Gesetz entscheidet nach allgemeinen Erwägungen, welche Herausforderungen (als Entschuldigungsgrund) genügen. Es ist behauptet worden, daß selbst das, was das Gesetz als Herausforderung (provocation) anerkennt, „die Schuld einer Ermordung nicht abschwächt, sofern nicht die gereizte Person bei Begehung der Tat durch die empfangene Herausforderung ihre Selbstbeherrschung eingebüßt h a t 1 . " Es bestehen einleuchtende Gründe dafür, den Seelenzustand des Angeschuldigten insoweit i n Betracht zu ziehen. Der einzige Grund dafür, daß man die allgemeine Regel hier nicht anwendet, liegt i n einem Zustande des Angeschuldigten, bei dem man nicht erwarten konnte, daß er zur Besinnung kam oder von der Furcht vor der Strafe beeinflußt wurde; konnte man dies erwarten, so verschwindet der Grund der Ausnahme. Immerhin ist das Gesetz sogar hier, sei es nun mit Recht oder Unrecht, i n der Anwendung äußerer Maßstäbe sehr weit gegangen. Die Gerichtshöfe scheinen zwischen Mord und strafbarer Tötung nach der Beschaffenheit der angewandten Waffen unterschieden zu haben 2 , oder nach Länge des Zeitraumes, der zwischen der Herausforderung und der Tat l a g 8 . Aber *in anderen Fällen ist die Frage, ob der Verhaftete durch seine Leidenschaft der Selbstbeherrschung verlustig gegangen war, dem Geschworenengericht zur Entscheidimg überlassen worden 4 . Da diese Abhandlung nicht das ganze Strafrecht aufzeichnen, sondern nur seine allgemeine Theorie entwickeln will, so werde ich nur solche Rechtsverletzungen i n Betracht ziehen, die ein besonderes Licht auf diesen Gegenstand werfen, und von ihnen i n der Reihenfolge reden, die für diesen Zweck am besten geeignet zu 1 2 8 4
Steph. Rex v. Rex y. Rex v.
Dig. Cr. Law., A r t . 225. Shaw, 6 C. & P. 872. Oneby, 2 Strange 766. 773. Hayward, 6 C. & P. 157.
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sein scheint. Es wird nunmehr nützlich sein, arglistige Übeltaten (malicious mischiefs) i n das Auge zu fassen, und die Arglist, die zu diesem Vergehen vorausgesetzt wird, mit der oben besprochenen Arglist des Mörders zu vergleichen. Der Vorwurf der Arglist, deren vorher bei einer Anklage wegen Mordes gedacht worden ist, bedeutete, wie dargetan wurde, nicht einen Seelenzustand des Angeklagten, wie man dies oft geglaubt hat, oder höchstens nur in dem Sinne, daß der Angeklagte Umstände kannte, welche tatsächlich sein Verhalten zu einem gefährlichen machten. Der Vorwurf der Arglist steht in Wahrheit dem der Nachlässigkeit gleich, bei dem man behauptet, daß die angeschuldigte Person sich in ihrem Verhalten bei einer bestimmten Sachlage nicht zu einem gesetzlich verlangten Standpunkte erhoben hat, und ebenfalls, daß kein Ausnahmeumstand und keine Entschuldigung vorlag, die den Fall der allgemeinen Regel entzog. Es ist dies die Bekräftigung einer Rechtslehre, die die positiven und negativen Umstände, auf die sie sich gründet, kurz zusammenfaßt. Wenn ein Gesetz die „gewollte und arglistige" (wilfully and maliciously) Verletzimg (injuring) fremden Eigentums bestraft, so kann daraus gefolgert werden (falls es nicht ohne weiteres klar erscheint), daß hier noch etwas mehr gemeint ist. Die Vermutung, daß das zweite W o r t (maliciously) nicht zwecklos beigefügt ist, wird dadurch unterstützt, daß es vernünftig sein würde, jedes mit Bewußtsein zugefügte Unrecht strafbar zu m a c h e n Ü b e r w i e g t diese Erwägung, so ist das W o r t „arglistig" (maliciously) hier i n seiner volkstümlichen Bedeutung verwendet und besagt, daß der Beweggrund der Tat des Angeschuldigten i n einem Wunsche bestand, das Eigentum eines anderen oder ein ihm gehöriges lebendes Wesen zu verletzen, und der eigentliche Endzweck in dieser Verletzung lag. Arglist i n diesem" Sinne hat nichts mit der Arglist des Mörders gemein. Eine besondere Gesetzesvorschrift braucht keine innere Folgerichtigkeit zu zeigen, auch keine Abhängigkeit von der Theorie, die von älteren gerichtlichen Entscheidungen angenommen ist. Daher ist es schlechterdings nicht nötig, eine solche Vorschrift mit den vorher erläuterten Grundsätzen in Einklang zu bringen. Allein hier liegt kein Mangel an Folgerichtigkeit vor. Obwohl 1
C o m m o n w e a l t h v. W a i d e n . 3 Cush. (Mass.) 558. Vgl. Steph. Gen. View of the Crim. Law., 84.
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Bestrafungen sich darauf beschränken müssen, in einem äußeren Einklang m i t den Verhaltungsmaßregeln, zu denen sie antreiben, zu stehen, sodaß man die Strafe immer vermeiden kann, falls man so, wie verlangt ist, gewisse Dinge unterläßt oder t u t (gleichviel i n welcher Absicht oder aus welchem Beweggrunde), so kann doch das Verhalten, das vom Gesetze verhindert werden soll, möglicherweise nur dann als verletzend gelten, wenn es von einem besonderen Gefühlszustande begleitet ist. Gewöhnliche Streitigkeiten über Eigentum werden i n befriedigender Weise durch Entschädigung erledigt. Allein jedermann weiß, daß bisweilen heimliche Schädigungen von einem Nachbar gegen den anderen aus reiner Arglist und Bosheit verübt werden. Mag eine Entschädigung gezahlt werden, so schreit hier doch die Bosheit der Tat nach Rache, und die Schwierigk e i t , die Urheber solcher Übeltaten, die immer heimlich verübt werden, zu entdecken, gibt einen Grund zur Bestrafung selbst dann, wenn die Vergeltung als unzulänglich erscheint. W i e weit das Recht i n dieser Richtung gehen will, ist schwer zu sagen. Das Verbrechen der Brandstiftung (arson) w i r d als das arglistige und bewußt gewollte Verbrennen des Hauses eines anderen bestimmt und wird im Allgemeinen i n enger Ver. bindung m i t dem Begriff der arglistigen Übeltat (malicious mischief) erörtert. Man hat die Meinung gehabt, daß die Brandstiftung nicht arglistig war, falls ein Gefangener sein Gefängnis i n Brand steckt, nicht weil er das Haus zu zerstören wünschte, sondern lediglich, um aus i h m zu entfliehen. Allein die bessere Meinung scheint dahin zu gehen, daß auch dies eine Brandstiftung i s t I n diesem Falle ist das Anzünden nach dem Sinn der allgemeinen Rechtsregel arglistig. Erinnern wir uns, daß die Brandstiftung ein Gegenstand der Anklagen (appeals) war, die uns tief i n das alte Recht zurückführen 2 , so können w i r sehr leicht verstehen, daß lediglich absichtliche Brandstiftungen i n dieser Weise gesühnt wurden 8 . Die Klage wegen Brandstiftung war m i t der Klage „de pace et plagis" verschwistert. Während die letztere sich auf einen kriegsmäßigen Angriff gründete, setzte die erstere voraus, daß 1
2 Bishop Crim. Law., § 14, 6. Auflage. Glanville. L i b . X I Y , c. 4. (Vgl. oben S. 38 auch über appeal K o h l e r , Shakespeare vor dem Forum der Jurisprudenz. Würz bürg 1884. S. 61. Zusatz des Übersetzers.) • Bract. Fol. 146 b. 2
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ein Haus angesteckt wurde, um es zu berauben oder Rache zu üben wie die Brandstiftung, durch die Njal nach der isländischen Saga unterging. Aber dies Verbrechen scheint dieselbe Geschichte gehabt zu haben, wie andere. Sobald die Absicht als genügender Bestrafungsgrund anerkannt wird, so ist das Gesetz auf dem besten Wege, auch äußere Umstände als ausschlaggebend anzuerkennen. Wenn jemand absichtlich sein eigenes Haus anzündet , welches so nahe bei anderen Häusern liegt, daß das Feuer sie offenbar gefährden wird, so ist er schuldig, falls eines der anderen Häuser infolge seiner Tat verbrannt i s t 2 . I n diesem Falle wird eine Tat, die keine Brandstiftung gewesen sein würde, wenn man bloß ihre unmittelbaren Folgen in Berechnung zöge, deshalb zur Brandstiftung, weil man auch entferntere Folgen, die wahrscheinlicherweise eintreten mußten, berücksichtigt, mögen diese Folgen tatsächlich beabsichtigt gewesen sein oder nicht. Wenn eine strafbare Brandstiftung die Folge einer Anzündung von Dingen sein kann, die man verbrennen darf (insoweit sie für sich allein betrachtet werden), warum sollte sie nicht grundsätzlich auch die Folge irgend einer anderen Handlung sein können, bei der es ebenso wahrscheinlich war, daß sie unter den vorliegenden Umständen denselben Schaden hervorrufen würde ? Man kann sich leicht Fälle vorstellen, in denen das Abschießen eines Gewehrs, oder die Herstellung einer chemischen Mischung, oder das Anhäufen von Lumpen, die mit Öl getränkt sind, oder zwanzig andere Dinge, im höchsten Maße gefährlich sein können und tatsächlich zu einer Feuersbrunst hinführen. Wenn in solchen Fällen das Verbrechen für begangen gilt, so ist damit ein äußerer Maßstab anerkannt und die oben für den Fall des Mordes ausgeführte Begriffszergliederung findet auch hier Anwendung. Es gibt noch eine andere Klasse von Fällen, in denen die Absicht eine wichtige Rolle spielt, aus Gründen, die von den oben für das Recht der arglistigen Übeltat (malicious mischief) angeführten völlig abweichen. Die augenfälligsten Beispiele dieser Klasse die strafbaren Versuche (attempts). Versuch und Arglist sind natürlicherweise zwei verschiedene Dinge. Die bloße Absicht, ein Verbrechen zu begehen, ist für sich allein nicht strafbar. Es gibt kein Gesetz gegen die Absicht, übermorgen einen Mord zu begehen. Das Recht hat es nur mit dem tatsächlichen Benehmen der Menschen zu tun. Ein Versuch ist 1
a. a. 0 . a 2 East, P. C., c. 21, §§ 7. 8, pp. 1027, 1081.
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daher eine bereits erkennbar gewordene Tat. Er unterscheidet sich darin von dem Verbrechen selbst, daß der Versuch das Ergebnis, das i h m den Chax-akter des Hauptverbrechens verliehen haben würde, nicht zustande zu bringen vermocht hat. Wenn ein Mordversuch den Tod erst nach Jahr und Tag bewirkt, so ist das Mord. W e n n ein Versuch zu stehlen den Erfolg hat, daß der Täter dem Eigentümer seine Sachen wegträgt, so ist dies Diebstahl (larceny). W e n n eine Tat vollbracht ist, deren natürlicher und wahrscheinlicher Erfolg unter den vorhegenden Umständen die Vornahme eines vollendeten Verbrechens ist, so kann das Strafrecht, falls die Handlung den gewünschten Erfolg nicht gehabt hat, zwar billigerweise die Strenge der Strafe herabsetzen, aber es kann schwerlich von der Bestrafung des Geschehenen gänzlich absehen, gleichviel, welcher Theorie man folgt. Man hat behauptet, daß die tatsächliche Absicht für sich allein der Handlung in solchen Fällen den Charakter der Strafbarkeit verleihe K W e n n jedoch die Gesichtspunkte, die ich vorausschickte, als von Mord und strafbarer Tötung die Rede war, vernünftig sind, so sollten sie folgerichtigerweise für die Strafbarkeit von Handlungen ganz allgemein gelten. Man sollte Handlungen nach ihrer Wirkungskraft, die ihnen nach den bekannten Umständen innewohnt, beurteilen, nicht nach der tatsächlichen Absicht, die sie begleitet. Es kann wahr sein, daß i m Gebiete der Versuche, so, wie anderweitig, das Recht m i t Fällen begonnen hat, i n denen eine tatsächliche (verbrecherische) Absicht vorlag, weil solche Fälle am meisten i n die Augen fallen. Allein es konnte nicht bei ihnen stehen bleiben; sonst würde es mehr Gewicht auf den etymologischen Sinn des Wortes „attempt" gelegt haben, als auf die allgemeinen Bestrafungsgrundsätze. Folglich ist mindestens ein gewisser äußerer Anschein von Autorität für den Satz vorhanden, daß man eine Tat als Versuch bestrafen müsse, wenn er sich zu einem vollkommenen Verbrechen entwickelt haben würde, falls er seine natürlichen und vorher zu vermutenden Folgen nach sich gezogen hätte 2 . 1
1 Bishop, Crim. L a w , § 735, 6. Auflage. R e g . v. D i l w o r t h , 2 Moo. & Rob. 531; R e g . v. J o n e s , 9 C. & P. 285. Die Behauptung, man müsse vermuten, daß jeder die natürlichen Folgen seiner Handlung beabsichtige, ist eine reine FictioD, die die richtige Theorie verschleiert. Vgl. unten Abhandl. I V . 2
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Solche Handlungen sind jedoch nicht die einzigen strafbaren Versuche. Es gibt eine andere Klasse, bei der eine tatsächliche Absicht offenbar notwendig ist, und das Dasein dieser Klasse ebensowohl wie der Name (attempt) zielen ohne Zweifel darauf hin, die ganze Lehre zu beeinflussen. Einige Handlungen mögen Versuche oder Fehltritte (misdemeanors) sein, welche das Verbrechen nicht würden haben zustande bringen können, wenn ihnen nicht andere Handlungen von seiten des Übeltäters gefolgt wären. Wenn z. B. jemand ein Streichholz anzündet, mit der Absicht, einen Heuhaufen in Brand zu stecken,7 so hat man darin * einen Anlauf zu einer strafbaren Brandstiftung gesehen, obwohl der Angeklagte das Streichholz ausgeblasen hat, weil er sah, daß er beobachtet war 1 . So ist der Ankauf von Prägestöcken zur Münzfälschung ein Fehltritt (misdemeanor), obwohl nach Lage der Sache die falschen Münzen nicht hergestellt werden konnten, wenn man nicht die Prägestöcke dazu gebraucht hätte 2 . I n solchen Fällen geht das Recht von einem neuen Grundsatze aus, der sich von dem für die meisten Verbrechen geltenden unterscheidet. Der Grund für die Bestrafung einer Handlung muß im allgemeinen darin liegen, eine unter den begleitenden Umständen vorhersehbare Schädigung zu hindern. Bei den meisten vollendeten Verbrechen gründet sich diese Vorhersehbarkeit auf den gewöhnlichen, erfahrungsgemäßen Verlauf der Dinge. Wenn aber eine Handlung bestraft wird, die unter den vorliegenden Umständen keine schädliche Folge gehabt hat, so wird der angegebene Grund für sich allein nicht genügen. Die Wahrscheinlichkeit (eines Schadens) liegt dann nicht vor, sofern nicht andere Gründe für die Annahme vorhanden waren, daß der geschehenen Handlung andere Ereignisse folgen werden, die zusammen mit ihr einen Schaden hervorrufen würden, der ohne sie nicht zu erwarten war. Da aber tatsächlich bei dem bloßen Versuche solche spätere Ereignisse nicht eingetreten sind, so kann nicht lediglich, weil die frühere Tat geschehen ist, ohne weiteres angenommen werden, daß sie eingetreten sein würden, sobald der Täter nicht bei seiner Handlung gestört sein würde. Sie würden nicht eingetreten sein, sofern nicht der Täter seinen Willensentschluß auf sie gerichtet hätte, und der einzige brauch1 2
R e g . v. T a y l o r , 1 F. & F . 511. R e g . v. R o b e r t s , 25 L . J. M. G. 17; s. c. Dearsly, C. C. 539.
H o l m e s - L e o n h a r c L , Recht E n g l a n d s u n d Nordamerikas.
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bare W e g darzutun, daß dies der Fall war, liegt in dem Nachweise, daß er bei seiner Tat seine Absicht auch auf die späteren ergänzenden Handlungen richtete. Diese Absicht, die die Versuchstat begleitet, macht eine i m übrigen unschädliche Handlung zu einer schädlichen, weil sie die Wahrscheinlichkeit erzeugt, daß ihr andere Handlungen und Ereignisse folgen werden, die dann alle zusammen auf eine Schädigung hinauslaufen würden. Die Bedeutung der erwähnten Absicht liegt nicht darin, daß die geschehene Tat bösartig war, sondern i n der Voraussicht, daß sie wahrscheinlicherweise schädliche Folgen hervorrufen würde. W i r werden sogleich sejien, daß diese A r t der Haftbarkeit ihre Grenzen hat. Das Gesetz bestraft nicht jede Tat, die mit der Absicht geschieht, ein Verbrechen hervorzurufen. Wenn jemand von Boston nach Cambridge reist mit der Absicht, einen Mord zu begehen, sobald er dort eintrifft, wenn er aber vor vollendeter Tat aufgehalten wird und heimkehrt, so ist er nicht strafbarer, als wenn er auf seinem Stuhle gesessen und sich dabei vorgenommen hätte, jemanden zu erschießen, aber doch durch weiteres Nachdenken von seinem Vorsatze abgekommen wäre. Anderseits wurde ein Schwarzer, der hinter einer Weißen herlief, aber ihre Verfolgung aufgab, ohne sie zu fangen, wegen Notz ach tsversuch verurteilt 1 . W i r haben gesehen, was als Versuch der Brandstiftung an einem Heuschober g i l t ; aber es wurde i n demselben Falle ausgesprochen, daß der Angeklagte nicht würde für schuldig erklärt worden sein, wenn er nichts weiter getan hätte, als daß er sich eine Schachtel m i t Zündhölzern kaufte. Hervorragende Richter sind darüber i n Verlegenheit geraten, wo man hier zwischen den beiden Gruppen von Fällen eine Grenze ziehen oder wenigstens, wie man einen Ausgangspunkt für diese Abgrenzung finden solle. Allein der Ausgangspunkt muß hier in ähnlicher Weise gefunden werden, wie bei allen vom Rechte gezogenen Grenzlinien. Staatspolitik, d. h. gesetzgeberische Erwägungen liegen dieser Sache zugrunde; solche Erwägungen sind i n unserem Falle; die Nähe der Gefahr, die Größe des Schadens und der Grad der Besorgnis, die von der Tat erweckt wird. W e n n jemand Streichhölzer kauft, um einen Heuschober anzuzünden, oder abreist, um nach seiner An1
L e w i s y. T h e S t a t e , 35 Ala. 380.
Das Strafrecht.
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kunft einen Mord zu begehen, so besteht noch in hohem Grade die Möglichkeit, daß er vor dem Endziele seinen Sinn ändert. Hat er aber das Streichholz angezündet oder die Pistole gespannt und auf ihr Ziel gerichtet, dann ist eine sehr geringe Aussicht vorhanden, daß er nicht bis zum Schlüsse auf seinem Vorsätze verharren werde, und die Gefahr wird so groß, daß das Gesetz einschreitet. Bei einer Sache, die man nicht gebrauchen kann, ohne Schaden zu stiften, muß der Augenblick, in dem das Gesetz eingreift, noch früher eintreten als sonst; so i n dem Falle, daß jemand (unerlaubter Weise) Prägestücke kauft, um Münzen herzustellen. Der Grad der von der Tat erzeugten Besorgnis kann den Ausschlag geben ebensowohl wie der Grad der Wahrscheinlichkeit, daß das Verbrechen zur Vollendung kommen werde. Ohne Zweifel haben die besonderen Befürchtungen in einem Gemeinwesen, das Sklaven hält, ihren Anteil an der soeben erwähnten Rechtsanschauung. Ein zweifelhafter Punkt darf nicht übergangen werden. Man hat angenommen, daß ein Schuß auf einen Holzstamm seitens eines Schützen, der den Stamm für einen Menschen hielt, kein Mordversuch i s t 1 , und daß jemand, der seine Hand in eine leere Tasche steckt, um deren Inhalt zu stehlen, noch keinen Diebstahlsversuch begeht, obwohl über die letztere Frage eine Meinungsverschiedenheit besteht 2 . Der Grund, den man hierfür angeführt hat, ist folgender: Eine Tat, die das Verbrechen auch dann nicht vollendet haben würde, wenn der Täter i n der Lage gewesen wäre, alle weiteren Folgen, zu denen sie führen konnte, durchzusetzen, kann kein Versuch des beabsichtigten Verbrechens sein, falls er in seiner Tätigkeit unterbrochen worden ist. A n irgend einem Punkte des Sachverlaufes muß das Recht diese Schlußfolgerung ziehen, sofern es sich nicht etwa auf die Vergeltungstheorie und nicht auf die Vorbeugungstheorie stützen will. Allein, selbst wenn man sich der letzteren anschließt, so darf man dabei nicht zu pedantisch sein. Ich nehme nicht an, daß das Abschießen einer Pistole auf einen Menschen m i t Tötungsabsicht deshalb kein Mordversuch sei, weil die Kugel ihr Ziel verfehlt. Jedenfalls hat hier die Tat die ganze nach dem Verlauf der Dinge mögliche Wirkung. Freilich ist es ebenso 1 8
Vgl. M ' P h e r s o n s ' s case Dearsly & Bell, 197, 201, Bramwell. B . , 1 Bishop, Crim. L a w . § 741—745, 6. Auflage. 5*
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Zweite Abhandlung.
unmöglich, daß die erwähnte Kugel unter den vorliegenden Umständen den Mann treffen kann, als es unmöglich ist, i n einer leeren Tasche einen Taschendiebstahl zu begehen. Aber es ist nicht schwer, zu der Behauptung zu kommen, daß eine derartige Tat unter solchen Umständen so gefährlich ist (insoweit man menschliche Voraussehbarkeit i n Betracht zieht), daß sie bestraft werden muß. Niemand kann mit unbedingter Sicherheit genau wissen, wo die Kugel einschlagen w i r d , obwohl viele i n solchen Fällen sich ihrer Sache ziemlich sicher fühlen; ist aber hier ein Schaden eingetreten, so ist es ein sehr großer Schaden. Schießt jemand auf einen Holzstamm, so ist der Eintritt eines Schadens unmöglich, und i n einer leeren Tasche kann kein Diebstahl begangen werden, ganz abgesehen davon, daß der Schaden aus einem erfolgreichen Diebstahl geringer ist als der Schaden eines Mordes. Es könnte freilich behauptet werden, daß selbst solche Dinge bestraft werden müßten, um i n genügend weiten Kreisen eine leicht verständliche Abschreckung hervorzurufen. Es bleiben noch gewisse vollendete Verbrechen zur Betrachtung übrig, welche von Mord u. dgl. erheblich abweichen, und für deren Erklärung die oben gegebene Zergliederung der bei strafbaren Versuchshandlungen und ähnlichen Übeltaten vorhandenen Absicht sich dienstlich erweisen wird. I h r Grundtyp ist der Diebstahl (larceny). Unter seinem Namen werden Handlungen bestraft, welche für sich allein nicht imstande sein würden, das Übel hervorzurufen, das das Recht zu verhindern sucht, und die in gleicher Weise als verbrecherisch gelten, mag das Übel bewirkt worden sein oder nicht. Mord, strafbare Tötung und Brandstiftung werden auf der anderen Seite nicht begangen, sofern das i n Frage stehende Übel nicht zugefügt ist, und sie alle bestehen aus Handlungen, deren Ziel unter den vorliegenden Umständen ist, Menschen oder fremdes Eigentum durch das bloße W i r k e n von Naturgesetzen zu verletzen oder zu zerstören. Bei dem Diebstahl erschöpfen sich dagegen i m allgemeinen die Folgen, die von der Tat ausgehen, mit einem geringen Schaden für den Eigentümer oder m i t gar keinem. Sachen sind unrechtmäßigerweise aus seinem Besitze entfernt, und das genügt zur Vollendung des Verbrechens. Aber die Sachen müssen ihm dauernd entzogen sein, damit der Schaden eintritt, den das Gesetz zu verhüten sucht. M i t so strengen Strafen hat man nicht bloß gegen einen vorübergehenden Besitzverlust zu schützen
Das Strafrecht.
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gesucht. Was das Recht zu verhüten wünscht, ist ein völliger und endgültiger Besitzverlust, wie dies sich in dem Umstände zeigt, daß es kein Diebstahl ist, etwas für einen vorübergehenden Gebrauch wegzunehmen, ohne den Eigentümer seines Rechtes berauben zu wollen. Wenn in solchem Falle das Recht die bloße Wegnahme bestraft, so bestraft es eine Tat, welche, für sich allein betrachtet, nicht den schlimmen Erfolg hervorbringt, den sucht man zu verhindern und bestraft sie, bevor dieser Erfolg in irgend einer Weise eingetreten ist. Der Grund hierfür ist klar genug. W i l l man sich von Rechtswegen vergewissern, ob ein Schaden, den das Recht verhindern will, eingetreten ist, so kann man nicht warten, bis der Gegenstand der Schädigung in der Hand eines Unberechtigten aufgebraucht oder zerstört oder bis der Eigentümer gestorben ist, bloß um es sicher festzustellen, daß der Schaden eingetreten ist, den das Gesetz verhindern wollte. Und aus demselben Grunde kann die Rechtsverfolgung sich nicht auf solche Handlungen beschränken, von denen es wahrscheinlich ist, daß sie einen derartigen Schaden zufügen werden; denn der Schaden des dauernden Eigentumsverlustes folgt nicht aus der bloßen Tat der Ergreifung einer fremden Sache, sondern nur aus einer Reihe von Ereignissen, der Entfernung und dem Behalten des fremden Gegenstandes, nachdem er weggenommen worden war. Wenn dies vorausgeschickt wird, so kann der Inhalt der Absicht bei dieser Straftat leicht erkannt werden. Nach B i s h o p ist Diebstahl (larceny) „die rechtswidrige Ergreifung und Entfernung beweglicher Sachen, von denen der Übeltäter weiß, daß sie einem andern unbestimmten oder bestimmten Herrn gehören, mit der Absicht, einen solchen Eigentümer seines Eigentums zu berauben; und vielleicht müßte man noch hinzufügen, daß dies zum Vorteile des Täters geschehen sei, — ein Punkt, über den die Entscheidungen nicht übereinstimmen" l . Es wurde gesagt, daß die Absicht vorliegen muß, einen solchen Eigentümer seines Rechtes zu berauben. Allein warum dies? Ist das der F a l l , weil das Recht sich im höheren Maße davor scheut, einen Menschen wegen Diebstahls einzusperren, sofern er nicht wirklich bösartig ist, als es Bedenken trägt, ihn wegen Tötung eines Menschen aufzuhängen ? Dies kann kaum richtig sein. Die zutreffende Antwort ist, daß die 1
2 Bishop, Crim. L a w . § 756 (6. Auflage).
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Absicht ein Kennzeichen für denjenigen äußeren Erfolg ist, der wahrscheinlich eingetreten sein würde, und daß, falls das Gesetz, wenn es überhaupt bestrafen w i l l , i n diesem Falle sich an Wahrscheinlichkeiten halten muß, nicht an vollendete Tatsachen. Die Analogie, deren man sich bei der Behandlung des Versuches bedient, ist klar. Den Diebstahl kann man als einen Versuch bezeichnen, einem anderen dauernd sein Eigentum zu entziehen r und er wird m i t derselben Strenge bestraft, mag er erfolgreich sein oder n i c h t 1 . W e n n man den Diebstahl m i t Recht so auffaßt, so muß die Absicht bei ihm dieselbe Rolle spielen wie bei anderen Versuchsfällen. Eine Tat, die nicht völlig das verbotene Ergebnis zustande bringt, mag verbrecherisch werden durch den Nachweis, daß ihr, abgesehen von einem eingetretenen Zwischenfall, andere Handlungen gefolgt sein würden, die sich an ihn anschließen und mit ihm zusammen das Ergebnis hervorgerufen haben würden. Dies kann nur bewiesen werden, wenn man des Täters Absicht klarlegt. Bei dem Diebstahl beweist die Absicht, den Eigentümer seines Gutes zu berauben, daß der Dieb die gestohlenen Sachen behalten oder keine Schritte zu ihrer Herausgabe tun wollte. Ohne Belang ist, ob der Dieb hinterher seine Ansicht geändert und die Sachen zurückgegeben hat. W e n n man die für den Versuch maßgebenden Gesichtspunkte beachtet, so ist die strafbare Handlung des Diebes bereits vollendet, sobald das fremde Gut fortgetragen (carried off) worden i s t 2 . Nun kann dieser Ansicht entgegengehalten werden, daß,, falls die Absicht nur ein Surrogat i s t , das aus Gründen praktischer Notwendigkeit an die Stelle einer wirklichen Beraubimg t r i t t , man nicht darnach fragen sollte, ob die tatsächliche Beraubung des Eigentümers völlig vollendet ist, vorausgesetzt, daß die strafbare Tat die volle W i r k u n g äußert. Man setze z. B. den Fall, daß ein Mann durch eine und dieselbe Bewegung das Pferd eines anderen packt und dabei i n einen Abgrund hinabschleudert. Das Übel, das hier von Rechtswegen verhindert werden sollte, war die natürliche und offenbar gewisse Folge der Handlung, die sie unter den (dem Täter) bekannten Um1
A n m . d e s U b e r s . Diese eigenartige Auffassung ist auch für uns nicht ohne Interesse angesichts der außerordentlichen Schwierigkeiten, die die „Zueignung" des § 242 R.Str.Gr.B. hervorruft. Natürlich verbietet uns das Gesetzbuch, den Diebstahl als einen bloßen Versuch anzusehen. 8 A n m . d e s Ü b e r s . Bei uns bekanntlich streitig.
Das Strafrecht.
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ständen hatte. Wenn in einem solchen Falle das Recht des Diebstahls mit den hier vertretenen Theorien übereinstimmte, so müßte die Tat gemäß ihrer Tendenz, (d. h. Wirkungskraft) beurteilt, und die vielleicht nicht so weitgehende wirkliche Absicht des Übeltäters i n keiner Weise weiter in Betracht gezogen werden. Immerhin ist es zum mindesten möglich, zu sagen, daß selbst in solchem Falle erst die Absicht den vollen Ausschlag für die Beurteilung der Tat gibt. Ich nehme an, daß die Tat unentschuldbar und unrecht war, und daß sie dann bis zu einem wirklichen Diebstahl ausgeartet wäre, falls sie in der Absicht geschah, den Eigentümer seines Pferdes zu berauben. Nichtsdestoweniger kann aber der Übeltäter in dem andern Falle, also wenn die Tat nur geschehen war, um irgend einen Versuch anzustellen und ohne tatsächliche Voraussetzung ihrer zerstörenden Wirkung oder ohne üble Absicht gegen den Eigentümer, nicht für einen Dieb angesehen werden. Liegt hierin ein Mangel an Folgerichtigkeit, so scheint er durch den W e g , auf dem das Recht entstanden ist, erklärt werden zu müssen. Die Unterscheidungen des gemeinen Rechts bezüglich des Diebstahles gehen nicht von weitsichtigen gesetzgeberischen Gesichtspunkten aus; sie sind vielmehr äußerst technisch und ihre Erklärung hängt in hohem Maße von der Rechtsgeschichte ab 1 . Der Begriff des Diebstahls besteht im Wegnehmen einer Sache zum eigenen Gebrauch 2 . Man pflegte anzunehmen und tut es noch, daß die Wegnahme lucri causa geschehen muß, also zu irgend einem Vorteile des Diebes. I n solchen Fällen wird der Eigentümer dadurch seines Gutes beraubt, daß der Dieb es festhält, nicht dadurch, daß er es zerstört, und die Dauer seines Verlustes kann lediglich im Voraus nach der Absicht des Diebes, die Sache zu behalten, beurteilt werden. Die Absicht ist somit immer notwendig und sie wird natürlicherweise als eine eigennützige Bestrebung festgestellt. Es war ein Fortschritt über die frühere Praxis hinaus, als man sich dahin entschied, daß die Absicht, den Eigentümer seines Gutes zu berauben, zum Diebstahl genüge. Sogar noch im Jahre 1815 traten 6 gegen 5 englische Richter für die Ansicht ein, daß es ein Diebstahl sei, ein Pferd wegzunehmen mit der Absicht, es lediglich deshalb 1
Vgl. Stephen, General V i e w of Crim. L a w of England, 49 ff. * Stephen, General V i e w , 4 9 - 5 2 ; 2 East, P. C. 553.
Zweite Abhandlung.
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umzubringen, weil es sonst als Beweismittel gegen einen Freund dienen konnte 1 . Selbst dieses Urteil ließ das Erfordernis der Absicht als allgemeine Voraussetzung des Diebstahls nicht fallen, weil i m vorliegenden Beispiele die Vernichtung erst hinter der Wegnahme eintrat und es eine alte Regel ist, daß die Strafbarkeit der Tat nach der Lage der Dinge bestimmt werden soll, wie sie bei der Wegnahme vorlag, und nicht nach einem späteren Zeitpunkte. Ob das Recht des Diebstahls sich dabei an einen allgemeinen Grundsatz des Strafrechtes anschließt oder durch die Macht der Überlieferung hiervon ausgeschlossen w i r d , dies kann lediglich durch einen F a l l entschieden werden, wie es der weiter oben vorausgesetzte ist, i n dem ein und derselbe A k t beide Wirkungen hat: eine Wegnahme und eine Vernichtung der Sache. W i e soeben angedeutet wurde, kann die Macht des Überlieferten i n diesem Punkte möglicherweise den Ausschlag geben. Ein anderes Verbrechen, bei dem die eigentümlichen Erscheinungen, die für den Diebstahl vermerkt wurden, noch klarer i n die Augen springen und zugleich sich noch leichter erklären lassen, ist der Einbruch (burglary). Vorausgesetzt wird dabei ein Einbruch i n ein Wohnhaus zur Nachtzeit m i t der Absicht, dort ein Verbrechen (felony) zu begehen 2 . Der Zweck der Bestrafung eines solchen Einbruches liegt nicht darin, allen beliebigen Gesetzübertretungen (trespasses) vorzubeugen, die durch Einbruch geschehen, selbst nicht allen nächtlich begangenen Taten, sondern lediglich solchen Rechtswidrigkeiten (trespasses) dieser Art, die den ersten Schritt zu noch größeren Verbrechen bilden, wie Raub und M o r d 8 . I n diesem Falle scheint die Bedeutung der erwiesenen Absicht noch klarer, als bei dem Diebstahl, aber sie ist durchaus ähnlich. Sie ist ein Kennzeichen für die Wahrscheinlichkeit gewisser zukünftiger Taten, denen das Recht vorbeugen will. Und hier beweist das Recht selbst, daß die soeben gegebene Erklärung die richtige i s t ; denn, wenn eine der oben genannten Taten dem Einbrüche folgt, so ist es nicht mehr nötig darzutun, daß schon das Aufbrechen des Raumes und das Eintreten i n den Raum mit der Absicht geschahen, jene Taten vorzunehmen. Eine Anklage wegen Einbruchs (burglary), welche behauptet, daß der Angeschuldigte i n 1 2 8
R e x v. C a b b a g e , Russ. & Ry, 292. Vgl. 4 Bl. Comm, 224; Steph. Dig. Crim. Law., Arts. 316, 319. cf. 4 B l . Comm. 227, 228.
Das Strafrecht.
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ein Wohnhaus eingebrochen ist und demnächst gewisse Sachen gestohlen hat, ist gerade so gut, wie eine Anklage, die behauptet, daß er mit diebischer Absicht eingebrochen sei 1 . Meiner Meinung nach habe ich genug gesagt, um die allgemeine Theorie der Strafhaftung zu erläutern, wie sie im gemeinen Rechte von England und Nordamerika gilt. Das Ergebnis mag in Folgendem zusammengefaßt werden: Alle Handlungen sind per se (d. h. für sich allein betrachtet) unerheblich. I n dem charakteristischen Typus des vollendeten Verbrechens sind Handlungen deshalb für verbrecherisch erklärt, weil sie unter Umständen geschehen sind, unter denen sie wahrschein-, licherweise einen Schaden nach sich ziehen werden, den das Recht zu verhüten sucht. Das Kennzeichen des Verbrechens ist in solchen Fällen der erfahrungsmäßige Grad der Gefährlichkeit, den eine Handlung unter ihren Nebenumständen hat. I n solchen Fällen ist der schuldhafte Geisteszustand (mens rea) oder die tatsächliche boshafte Gesinnung einer Partei völlig überflüssig und jede Rücksicht auf den Zustand ihres Bewußtseins ist irreleitend, wenn sie auf etwas anderes hindeutet., als bloß darauf, daß die Umstände, nach denen das Ziel der Tat beurteilt wird, dem Täter bekannt sind. Sogar das Erfordernis der Kenntnis ist gewissen Beschränkungen unterworfen. Man muß auf eigene Gefahr ermitteln, welche Dinge ein vernünftiger und vorsichtiger Mann aus den ihm tatsächlich bekannten Umständen geschlossen haben würde. I n einigen Fällen, insbesondere solchen, in denen Gesetzesvorschriften gegen Verbrechen gerichtet sind, muß der Täter sogar noch weiter gehen und, sobald er gewisse Tatsachen kennt, auf eigene Gefahr ausfindig machen, ob auch die übrigen Tatsachen vorliegen, welche die Tat zu einem Verbrechen machen würden. Jemand, der in England ein Mädchen seinen Eltern entführt, muß auf seine Gefahr ausfindig machen, ob sie unter sechzehn Jahren ist. I n einigen Fällen kann es möglich sein, daß die Folgen der Handlung von dem Handelnden vorhergesehen wurden, 1
1 Starkie, Cr. PI. 177. Diese ßechtslehre geht über meine Beweisführung hinaus; denn wenn man den Einbruch lediglich aus dem Gesichtspunkte eines Versuches betrachten w o l l t e , so würde das ganze Verbrechen i n dem Augenblick als vollendet anzusehen sein, i n welchem der Täter i n das Haus einbricht, cf. R e x v. F u r n i v a l l , ßuss & Ry, 445.
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Zweite Abhandlung. Das Strafrecht.
obgleich sie von der Art sind, daß selbst ein vorsichtiger Mann sie nicht im Normalfalle vorhergesehen haben würde. Die Bezugnahme auf den vorsichtigen Mann, als einen Maßstab des Rechts, ist die einzige Form, in der ein tadelnswürdiges Verhalten bei der Straftat vorausgesetzt wird und zwar das, was bei einem solchen Durchschnittsmenschen tadelnswürdig sein würde; — zunächst als ein Überbleibsel echter moralischer Maßstäbe, zweitens, weil eine Bestrafung von Handlungen, die bei einem Durchschnittsmitgliede des Gemeinwesens tadellos sein würden, den Menschen einen Maßstab ihres Verhaltens aufzwingen müßte, der vom theoretischen Standpunkte aus nicht zu rechtfertigen, vom Standpunkte der Praxis aber für die Glieder des Gemeinwesens zu hoch sein würde. I n einigen Fällen ist eine tatsächliche Arglist oder Absicht, im gewöhnlichen Sinne dieser Ausdrücke, ein Begriffsmerkmal des Verbrechens. Aber man wird, wenn dies so ist, den Grund i n einem der arglistigen Handlung folgenden Schaden finden, der der Handlung für sich allein (d. h. ohne die Arglist des Täters) nicht nachgefolgt sein würde. Man kann ihn aber auch darin sehen, daß wegen der (bösen) Absicht mit starker Wahrscheinlichkeit sich an die für sich allein unschädliche Tat andere Handlungen und Ereignisse anschließen und in Verbindung mit ihr den Erfolg herbeiführen werden, den zu verhindern das Recht bestrebt ist.
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Dritte Abhandlung 1 .
Unerlaubte Handlungen (torts) — Rechtsverletzungen (trespass) 2 und Nachlässigkeit. D i e nächsten beiden Abhandlungen bezwecken festzustellen, ob für alle Arten der Haftbarkeit wegen Unrechts (tort) ein gemeinsamer Grund besteht und, wenn dies der Fall sein sollte, welches dieser Grund ist. Vorausgesetzt, daß dieser Versuch gelingt, so wird er uns den Hauptgrundsatz der zivilen Haftbarkeit nach englisch-amerikanischem gemeinem Recht enthüllen. Die Verpflichtungen, die durch Vertrag übernommen sind, werden mehr oder weniger ausdrücklich durch die Vereinbarung der beteiligten Parteien festgelegt, aber solche Pflichten, die von einem Unrecht (tort) ausgehen, sind unabhängig von jeder vorhergehenden Zustimmung des Übeltäters zur Übernahme des von ihm verursachten Schadens. Versänmt A eine bestimmte Summe an einem bestimmten Tage zu zahlen oder an einem bestimmten Abend einen Vertrag zu erfüllen, nachdem er sich dazu durch Versprechen verpflichtet hatte, so steht die Erfüllung seiner Schadenersatzpflicht im Einklänge mit seinem 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Diese Abhandlung sucht zusammen mit der folgenden zu einer allgemeinen Lehre der unerlaubten Handlungen von den einzelnen Arten ausgehend auf geschichtlicher Grundlage vorzudringen. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Trespass bedeutet, wie der Inhalt dieses Aufsatzes ergibt, eigentlich „ d i e . R e c h t s v e r l e t z u n g ä l t e r e n S t i l s " , , neben der die weitere Rechtsentwicklung einen immer weiter greifenden Schutz allmählich angebahnt hat, insbesondere durch die analogen actions of trespass on the case. Daher erweiterte sich der Begriff des trespass. Seit dem Wegfalle des alten Klagensystems w i r d der Ausdruck vielfach (aber nicht i n dieser Schrift) auf ungerechtfertigte Besitzstörungen beschränkt; vgl.. Wertheim, Wörterbuch des e n g l Rechts. Berlin 1899. S. 541.
ite Abhandlung.
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Einverständnisse, die von ihm verschuldeten Schäden zum Teil oder ganz zu tragen. Aber wenn A seinen Nachbar angreift oder beleidigt oder des Nachbarn Eigentum entwendet, so fügt er ihm einen Schaden zu, den zu tragen dieser niemals zugestanden hat, und wenn das Gesetz deshalb zahlen läßt, so liegt der Grund hierfür i n irgend einem allgemeinen Gesichtspunkte für das Verhalten, das jeder mit gutem Grunde von jedem anderen erwarten und verlangen kann, mag der andere sich damit einverstanden erklärt haben oder nicht. Solch ein allgemeiner Gesichtspunkt ist aber sehr schwer zu finden. Das Recht entspringt nicht aus einer reinen Theorie. Es hat auch niemals eine solche durchgeführt. Sein Ausgangspunkt und sein von mir darzulegender Endpunkt liegen auf verschiedenen Gebieten. Bei dem Fortschreiten von dem einen Punkte zu dem anderen muß man erwarten, daß die Richtung, in der es sich bewegt, nicht immer in gerader Linie vorwärts geht und nicht immer erkennbar ist. Möglich ist nur, seine Tendenz darzustellen und zu rechtfertigen. Die Tendenz aber, die hier unser Hauptbetrachtungsgegenstand ist, hat einen Inhalt, der aus einzelnen Fällen gesammelt werden muß. Aber die Schwierigkeit, sie darzulegen, ist sehr, erheblich dadurch erhöht, daß von alters her bis vor kurzem der Rechtsinhalt lediglich durch Klageformulare in Erscheinung getreten ist. Die Besprechung über Gesetzgebungsgrundsätze wurde verdunkelt durch Erörterungen über die Grenzen zwischen Rechtswidrigkeit (trespass) und Zufall. Statt einer Theorie des allgemeinen Zivilunrechts (tort) finden wir eine Theorie der besonderen gerichtlich verfolgbaren Rechtswidrigkeit (trespass). Und selbst in dieser engeren Grenze sind ältere Urteile aus der Zeit, i n der die Assisen (assize) 1 und das Verfahren der sogenannten jurata 2 üblich waren, zur Anwendung gekommen, ohne daß man 1
A n m . d e s Ü b e r s . Vgl. G e r 1 a n d , Die englische Gerichtsverfassung. Leipzig, Göschen, 1910. über Assisengerichte S. 404 ff., insbesondere S. 494. „ I n diesen nicht ständigen, sondern periodisch zusammentretenden Gerichten treffen w i r die bedeutungsvollste Durchbrechung und Abschwächung des Prinzips der Zentralisation der Rechtspflege . . . S. 495: Sie treten mehrmals im Jahre in den wichtigsten Orten der verschiedenen Grafschaften zusammen und werden abgehalten von Richtern des H i g h Court oder i n deren Vertretung von älteren ßarristers." 2 A n m . d e s Ü b e r s . Über Jurata vgl. B r u n n e r , Die Entstehung der Schwurgerichte. Berlin 1872. S. 312, Anm. 1. „ D i e Magna Assisa des englischen Rechtes entspricht der normanischen Stabilia. Die übrigen Assisen
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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dabei daran dachte, daß sie mit einer längst vergessenen Prozeßform zusammenhingen. Seitdem die alten Formen der Klage verschwunden sind, sollte eine weitsichtigere Behandlung möglich sein. Die Unwissenheit ist der stärkste Hebel zur Verbesserung des Rechts. Die Menschen lieben es, eine Frage aus allgemeinen Grundsätzen dann zu erörtern, wenn sie die besonderen rechtsgeschichtlichen Kenntnisse verloren haben, die zu einer technischen Behandlung dieser Frage nötig sind. Aber die Verallgemeinerungssucht unserer Zeit beruht nicht bloß auf solchen rein negativen Gründen. Der philosophische Anstrich der Gegenwart, die Häufigkeit von Gesetzgebungsakten und die Leichtigkeit, mit der das Recht abgeändert werden kann, um mit den Meinungen und Wünschen des Publikums Fühlung zu gewinnen, alles dies läßt es natürlich und unvermeidlich erscheinen, daß die Richter, ebenso wie andere Leute, offen über Gesetzgebungsgrundsätze reden, auf denen schließlich ihre Entscheidungen beruhen müssen, und ihre Urteile auf weitsichtige politische Betrachtungen gründen wollen, auf die Bezug zu nehmen die Überlieferungen der Gerichtshöfe vor fünfzig Jahren kaum erlaubt haben würden. Das Recht der unerlaubten Handlungen hat die Aufgabe? eine Grenze zu ziehen zwischen solchen Fällen, in denen jemand für einen von ihm verursachten Schaden haftbar ist, und Fällen, i n denen er es nicht ist. Allein dies kann uns nicht die Fähigkeit verleihen, mit Sicherheit vorherzusagen, ob eine bestimmte Handlung unter gegebenen Umständen uns haftbar machen wird, weil dies nur selten der Fall ist, sofern nicht der Tat ein Schaden nachfolgt, und meistens, wenn nicht immer, die Folgen einer Handlung bei ihrer Vornahme nicht vorher bekannt sind, sondern nur als mehr oder weniger wahrscheinlich vermutet werden können. Nur solche Verhaltungsregeln, die das Gesetz im Voraus feststellen kann, können für schädliche Handlungen eine Haftbarkeit festsetzen und bestimmen, in welchen Fällen jemand auf seine Gefahr handelt. Die einzige Richtlinie, die man aus einer früheren Entscheidung gegen jemand, der einer unerlaubten Handlung bezichtigt wird, gewinnen kann, besteht darin, daß in Zukunft ähnliche Handlungen, falls sie sich von werden dagegen in England sämtlich als possessorisch behandelt. Außerdem kennt das englische Recht im Gegensatz zur Assisa eine Jurata, die auch durch ein Breve angeordnet werden kann und u. a. bei Klagen des ehelichen Güterrechts zur Anwendung kam."
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ite Abhandlng.
den bereits abgeurteilten Übeltaten nur durch ihren Erfolg unterscheiden, auf die Gefahr des Täters geschehen, so daß, falls der Täter trotzdem der Haftbarkeit etwa entgeht, dies einfach nur deshalb geschieht, weil durch einen glücklichen Zufall kein Schaden aus seinem Verhalten entstanden ist. Wenn somit ein gemeinsamer Grund für alle Haftungen aus unerlaubten Handlungen besteht, so werden wir ihn am besten finden, wenn wir über den Erfolg, wie er tatsächlich ausfällt, hinwegsehen und lediglich die Grundsätze betrachten, die dem Täter die Gefahr seines Verhaltens auferlegen. W i r müssen fragen: Welches sind die Dinge, die auf Seite des Angeschuldigten vorliegen müssen, damit er haftbar wird, wenn ein Schaden seiner Tat folgt? Die Darstellung des Rechts der unerlaubten Handlungen ist übervoll von moralischen Redensarten. Sie erzählt uns viel von Unrecht, Hinterlist, böser Absicht und Nachlässigkeit. Daher kann man natürlicherweise vermuten, daß die Gefahr des Verhaltens eines Menschen deshalb auf ihn fällt, weil es das Ergebnis einer moralischen Unzulänglichkeit ist. Obwohl dieser Gedanke verteidigt worden ist, wird man finden, daß der gerade entgegengesetzte einer weit volkstümlicheren Meinung entspricht. — Ich meine den Gedanken, daß jedermann für alle Folgen seiner Handlungen verantwortlich ist, oder mit anderen Worten, daß er immer auf seine Gefahr handelt und völlig ohne jede Rücksicht darauf, ob er sich dessen bewußt ist. Zur Begründung der vorher erwähnten Meinung würde es natürlich sein, die einzelnen Ausdrücke hintereinander vorzunehmen, die, wie z. B. Nachlässigkeit und Absicht, in der Redeweise der Moral wohlbekannte Seelenzustände bezeichnen, und ihre rechtliche Bedeutung darzutun. U m diese letztere zu bestimmen, würde es aber vielleicht passender erscheinen, sie vom Gesichtspunkte der verschiedenen Klageformen zu betrachten. Manche der für uns maßgebenden Vorentscheidungen bestehen in Urteilen über eine oder die andere dieser Formeln, so daß es zum mindesten bei dem Anfange unserer Untersuchungen unvorsichtig sein würde, diese Formeln zu vernachlässigen, und es kann ein Mittelweg zwischen den beiden Arten, der Sache näher zu treten, eingeschlagen werden, indem ich vorerst mich nur mit der Klage wegen Unrechts im alten Stile (trespass) und dem Begriffe der Nachlässigkeit beschäftige und die als vor-
Unerlaubte Handlungen. — .Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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sätzlich (intentional) bezeichneten Übeltaten (wrongs) der nächsten Abhandlung überlasse. T r e s p a s s (Eingriff in ein fremdes Recht) bezeichnet zugleich unbeabsichtigte als auch beabsichtigte Unrechtsfälle. Jede rechtswidrige und unmittelbare Anwendung von Gewalt kann mit der Klage wegen trespass geahndet werden. Sie eröffnet ims daher nach unserem gemeinen Recht ein bedeutendes Feld für eine Erörterung der Haftbarkeit wegen unbeabsichtigter Rechtswidrigkeiten; denn man kann schwerlich voraussetzen, daß die Haftbarkeit eines Menschen für die Folgen seiner Handlung eine verschiedene ist, je nachdem das Rechtsmittel zu ihrer Verfolgung zufälligerweise auf die eine oder andere Seite einer halbdunkeln Grenzlinie fällt, die die Klage wegen t r e s p a s s von der Klage o n t h e c a s e 1 trennt. Und der größere Teil des Rechts der unerlaubten Handlungen wird sich unter einem oder dem anderen dieser beiden Hauptklageformen finden lassen. Man kann leicht zu der Annahme gelangen, daß die (analoge) Klage on the case sich auf eine Nachlässigkeit des Verklagten stützt. Allein wenn dies richtig ist, so muß das Gleiche für die ältere Klage wegen trespass gelten. Es könnte angenommen werden, daß der Fall des trespass davon abhängt, daß der Verklagte irgend einen Schaden angerichtet hat, abgesehen von jeder Frage nach seiner Nachlässigkeit. Wäre das aber wahr, so würde das Recht dieselbe Beurteilungsart auch bei anderen Unrechtsfällen anwenden müssen, die sich vom trespass nur in irgend einem technischen Punkte unterscheiden, wie z. B. wenn ein Eigentum dadurch geschädigt wird, daß sich dessen Gegenstand im Besitze des Beschuldigten befindet. Keiner der beiden oben genannten Vermutungen darf man jedoch in voreiliger Weise beitreten. Es kann sehr wohl begründet werden, daß die Klage on the case sich der strengen Regel fügt, die soeben für die Klage wegen trespass angedeutet wurde, jedoch mit Ausnahme des Falles, daß sie sich auf einen 1
A n m . des Ü b e r s . Eine analoge Klage neben der alten action of trespass, gewissermaßen ein Seitenstück der actio i n factum, die man i n einzelnen Fällen neben der actio legis Aquiliae gab, um den Rechtsschutz zu erweitern; vgl. hierzu R ü t t i m a n n , Der englische Civilprocess. Leipzig 1851. S. 37, § 39, über den w r i t of trespass on the case, auch W e r t h e i m , Wörterbuch des engl. Rechts. Berlin 1899 unter w r i t über die analoge Ausdehnung der ursprünglichen Prozeßformulare.
ite Abhandlung.
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Vertrag stützt. Es könnte freilich die Behauptung auftreten, daß die Nachlässigkeit nichts mit der gemeinrechtlichen Haftung für eine Beschädigung (nuisance) zu tun hätte, verbunden mit der ferneren Behauptung, daß, wo der Grund der Haftbarkeit in einer Nachlässigkeit hegt, immer noch eine ganz besondere Verpflichtung- auf Seiten des gerichtlich Belangten anzunehmen wäre, die sich auf das Klageformular des „super se assumpsit" oder auf einen öffentlichen Beruf des Verklagten gründete 1 . Anderseits werden wir sehen, was sich für die Behauptung sagen läßt, daß selbst bei dem Fall des trespass mindestens eine Nachlässigkeit vorliegen müsse. Allein jeder Beweisgrund, der für die eine Klageform gilt, muß auch für die andere gelten. Die weitere Erörterung kann daher abgekürzt werden, indem sie auf den Fall des trespass, so weit als es tunlich ist, eingeschränkt wird, ohne daß wir jedoch darauf verzichten, von Seiten anderer Rechtszweige ein aufklärendes Licht auf sie fallen zu lassen. W i e schon angedeutet wurde, gibt es zwei Theorien der gemeinrechtlichen Haftbarkeit für unbeabsichtigte Schädigungen. Sie erhalten beide, wie es scheint, eine stillschweigende Anerkennung von seiten beliebter Lehrbücher, und keiner von beiden fehlt die Eigenschaft, ansprechend zu sein, auch nicht der Anschein der wissenschaftlichen Autorität. Die erste dieser Theorien rührt von A u s t i n her und erweist sich im wesentlichen als die Ansicht eines Kriminalisten. Ihr zufolge ist der charakteristische Grundzug (feature) des Rechts i m eigentlichen Sinne dieses Wortes, eine Androhung oder ein in Aussicht gestellter Schaden, den ein Vertreter der Staatsgewalt für den Fall des Ungehorsams wider seine Befehle angekündigt hat. Da die meisten Gesetze für ihren Bruch nur zivilrechtlich verantwortlich machen, so sieht sich A u s t i n dazu gedrängt, auch die Haftbarkeit gegenüber einer Klage als eine Androhung oder mit anderen Worten als eine Bestrafung für Ungehorsam anzusehen. Daraus folgt gemäß den herrschenden strafrechtlichen Anschauungen, daß solche Verpflichtungen lediglich auf persönliche Verfehlungen gegründet werden müssen, mid A u s t i n zieht diese Schlußfolgerung mit dem, was daraus weiter folgt, wozu auch gehört, daß unter Nachlässigkeit ein Seelenzustand der in Betracht kommenden Partei zu verstehen i s t 2 . Auf diese Lehren 1
Vgl. Abhandlung V I I . 2 Austin, Jurisprudence (3. Auflage), 440 ff., 474,484. Lect. X X , X X I V , X X V .
Unerlaubte H a n d l u n g e n R e c h t s v e r l e t z u n g e n und Nachlässigkeit.
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soll weiter unten, so weit dies nötig ist, Bezug genommen werden. Die andere Theorie ist der erwähnten gerade entgegengesetzt. Sie scheint durch eine der größten Autoritäten des englischen gemeinen Rechts angenommen zu sein und verlangt eine ernstliche Erörterung, ehe man sie zugunsten einer dritten haltbaren Theorie beiseite schieben kann. I h r zufolge handelt, allgemein ausgedrückt, jedermann unter der Herrschaft des gemeinen Rechts auf eigene Gefahr. Man kann als eine A r t von Gegenstück hierzu ansehen, daß er niemals für Unterlassungen haftet, wenn nicht infolge einer freiwillig übernommenen Pflicht. Aber der volle und genügende Grund für derartige Haftungen, wie sie außerhalb der bloßen Unterlassungsfälle eintreten, ist, wie man vermutet, daß der Täter freiwillig gehandelt hat und daß ein Schaden daraus entstanden ist. War die Handlung freiwillig, so gilt es als uuwesentlich, daß der daraus entstandene Schaden weder beabsichtigt noch der Nachlässigkeit des Täters zuzuschieben ist. Um dieser Betrachtungsweise gerecht zu werden, müssen wir uns dessen erinnern, daß die Beseitigung der alten Prozeßformen des gemeinen Rechts dessen materiellen Inhalt nicht verändert hat. Folglich genügt, obwohl die Kläger noch heutzutage im allgemeinen die (böse) Absicht oder Nachlässigkeit (des Gegners als Klagegrund) anführen, noch jetzt das, was in. früherer Zeit zur Belastung des Verklagten bei der Klage wegen trespass genügte, obwohl die alte Form der Klage und der ihr entsprechenden Parteierklärung verschwunden ist. I n erster Linie soll man, wie behauptet worden ist, im allgemeinen den Schutz beachten, den das Gesetz dem Eigentum gewährt, teils innerhalb, teils außerhalb der Grenzen der zuletzt genannten Klage. Wenn ein Mann des Nachbars Grenzen durch ein noch so unschuldiges Mißverständnis überschreitet^ oder wenn sein Vieh auf des Nachbars Feld entläuft, so bezeichnete man ihn bei dem Prozesse als eines „trespass" schuldig: „quare clausuni fregit". Wenn ein Versteigerungsbeamter im besten Glauben und im regelmäßigen Verlaufe seiner Berufstätigkeit Waren, die in seine Geschäftsräume zum Verkauf geschickt worden sind, verkauft, so würde er ihren vollen W e r t bezahlen müssen, falls ein Dritter sich als Eigentümer herausstellt , auch wenn er den Erlös (dem Auftraggeber) ausgezahlt und keine Aussicht hat (von diesem) Ersatz zu erlangen. H o l m e s - L e o n h a r d , Beoht Englande u n d Nordamerikas.
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ite Abhandlung.
Man setze nunmehr den F a l l , daß es sich nicht um das Eigentum des Klägers handelt, sondern um einen körperlichen Gewaltakt des Verklagten gegen den Körper des Klägers, so wird hervorgehoben, daß die einzig möglichen Verteidigungsgründe den oben bei der Verletzung von Grundeigentum erwähnten ähnlich sind, da das Recht für die Körper seiner Untertanen nicht minder sorgen müsse, als für ihr'Eigentum. Man kann beweisen, daß kein Fall des trespass vorliegt, indem man beweist, daß der Verklagte überhaupt keine Handlung vorgenommen hat, so, wenn er von seinem Pferde auf den Kläger hinabgeschleudert war, oder wenn ein Dritter seine Hand ergriffen und mit ihr den Kläger geschlagen hatte. I n solchen Fällen ist der Körper des Verklagten das untätige Werkzeug einer äußeren Gewalt und die Körperbewegung, über die sich der Kläger beschwert, ist überhaupt keine Handlung des Beklagten. I n diesem Sinne kann man auch aus dem Verhalten des Klägers eine Rechtfertigung oder Entschuldigung eines Verklagten herleiten. W i r d aber keine solche Entschuldigung erwiesen, und hat der Beklagte freiwillig gehandelt, so soll er für die Folgen haften, mögen sie noch so wenig beabsichtigt und vielleicht unvorhergesehene sein. Wenn ein Beklagter z. B. , als er von einem Dritten angegriffen wurde, seinen Stock erhoben und zufälhgerweise den Kläger verletzt hat, weil dieser hinter ihm stand, so ist er nach der soeben ausgeführten Ansicht haftbar, ohne jede Rücksicht auf irgendeine gegenüber der verletzten Partei begangene Nachlässigkeit. Die Gründe für diese Lehre sind größtenteils aus früheren Entscheidungen hergeleitet, aber man hat öfters angenommen, daß sie (auch) vom theoretischen Standpunkte als zutreffend verteidigt werden können. Jedermann hat, wie man gesagt hat, ein unbedingtes Recht an seiner Person u. dgl., das von der Schädigung durch die Hände seines Nachbars frei sein muß. I n den aufgestellten Fällen hat der Kläger nichts getan, der Angeklagte aber hat durch freie W a h l sich zu einer Handlung entschlossen. Unter den beiden soll diejenige Partei, deren freiwilliges Betragen den Schaden verursacht hat, eher leiden, als der Verletzte, der an der Her vorruf ung dieses Schadens keinen Anteil hatte. Schwieriger gestaltet sich die Behandlung der Sache, wenn w i r uns den Gerichtsverhandlungen und älteren Entscheidungen
Unerlaubte Handlungen.*— Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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wegen trespass zuwenden. Die förmliche Erklärung (des Klägers) erwähnt die Nachlässigkeit (des Gegners) nicht und es ist offensichtlich, daß der Schaden nicht notwendigerweise beabsichtigt sein mußte. Die Worte „ v i et armis" und „contra pacem", welche dem äußeren Anscheine nach die Behauptung einer Absicht in sich schlossen, wurden, wie man vermutet, lediglich deshalb eingerückt, um die Zuständigkeit des königlichen Gerichtshofes zu begründen. G l a n v i l l sagt, daß ein solcher Prozeß Sache des Sheriffs ist, falls die bevorrechtigten Grundherren (lords of franchise) sich nicht darmn kümmern, über Fälle eines Handgemenges, Schläge und sogar Wunden zu erkennen, sofern nicht etwa der Ankläger die Bemerkung beifügte, daß der Königsfrieden gebrochen worden sei (nisi accusator adjiciat de pace Domini regis infracta) 1 . R e e v e s bemerkt: „Aus dieser Unterscheidung zwischen der Gerichtsbarkeit des Sheriffs und derjenigen des Königs ersehen wir, weshalb in modernen Anklagen und Klageschriften die Worte „ v i et armis" stehen oder „des Königs Krone und Würde", „des Königs Frieden", auch „der Friede" schlechtweg. Diese letzte Wendimg genügt, seitdem der „Friede des Sheriffs" nicht mehr einen besonderen Gegenstand der Rechtspflege bildet 2 ." 1
L i b . I , c. 2, ad. fin. Hist. Engl. Law, I , 113 (bis) n. a ; Id. Finlason I , 178, n. 1. Fitzherbert (N. B. 85, F.) sagt, daß in der Prozeßeinleitungsschrift (writ) wegen trespass vor dem Grafschaftsgericht (vicontiel), die nicht Vor des Königs Gerichtshof gezogen werden konnte, die Worte „quare v i et armis" nicht gebraucht werden sollten; vgl. ebenda 86, H. — A n m . des Ü b e r s e t z e r s : W r i t war ursprünglich keine Klageschrift, sondern ein Vorladungsdekret, das in der Regel einen Befehl, eine Sache zu entscheiden, in sich schloß, also insoweit der römischen formula verwandt. Der Einfluß dieser Prozeßeinleitungsurkunden auf die englische Rechtsentwicklung ist besonders U D t e n (Abhandlung V I I ) aus der Geschichte der Verträge ersichtlich. Vgl. auch H e y m a n n i n Holtzendorff'-Kohlers Rechtsencyklopädie I S. 806. „Durch das W r i t w i r d die Klage individualisiert"; vgl. auch G e r l a n d , Die englische Gerichtsverfassung. Leipzig, Göschen, 1910. S. 758 ff. über die f ü n f sog. Prerogative Writs. Vgl. auch über die normannischen brevia, die Vorläufer der writs, B r u n n e r , Die Entstehung der Schwurgerichte. Berlin 1872. S. 809 ff. Holtzendorffs Encyklopädie. 5. A. I , 336. 337. V g l . ferner M. M. B i g e l o w , History ofProcedure i n England. London 1880. cap. I V . The W r i t Process p. 147—200. Die von den Kanzlern gewährten w r i t s wurden seit Drucklegung der Klageformeln nicht mehr von dem Kanzleramt erbeten und stereotyp (sog. writs of right). Der auf sie bezügliche Formularprozeß verlor sich aber erst im Laufe von Jahrhunderten; vgl. W e r t h e i m , Wörterbuch des englischen Rechts. Berlin 1899. S. 572 ff. 2
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Ferner könnte jemand behaupten, daß da, wo des Verklagten (böse) Absicht oder Nachlässigkeit für' seine Haftung wesentlich gewesen wären, die Abwesenheit dieser beiden Dinge seiner Handlung die Natur eines trespass entzogen haben würde und sie deshalb bei der gerichtlichen Entscheidung hätten zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden müssen. Allein es steht im gemeinen Rechte durchaus fest, daß die Formel „Not guilty" (Nichtschuldig) lediglich die Handlung (des Beklagten) leugnet (nicht die Absicht oder Nachlässigkeit) 1 . W i r kommen jetzt zu dem Beweis, den man aus dem Ansehen früherer Entscheidungen herleitet. Ich w i l l mit einem wichtigen Falle aus alter Zeit beginnen 2 . Es handelte sich um ein trespass quare clausum. Der Verklagte führte aus, daß ihm das Nachbargut gehörte, auf dem eine Dornenhecke stand, daß er die Dornensträucher beschnitten habe, und daß das Abgeschnittene wider seinen W i l l e n (ipso invito) auf des Klägers Land gefallen sei; hierauf sei er auf dieses Land gegangen, habe das Hinübergefallene an sich genommen; dies war die angebliche Rechtsverletzung (trespass), wegen deren geklagt wurde. Und auf Grund des erhobenen Rechtseinwandes (demurrer) 8 wider das vom Kläger aus diesen Tatsachen gefolgerte Recht wurde für den Kläger entschieden. Des Klägers Rechtsbeistand führte frühere Entscheidungen an, die dann oft wiederholt worden sind. Einer von ihnen, F a i r f a x , sagte: „Es besteht ein Unterschied zwischen den Rechtswidrigkeiten, die man felony, und denen, die man 1
M i l m a n v. D o l w e l l , 2 Comp. 378; K n a p p v. S a 1 s b u r y , 2 Comp. 500; P e a r c y v. W a l t e r , 6 C. P. 232; H a l l v. F e a r n l e y , 3 Q. ß. 919. 2 Y . B . 6. Ed. I V , 7, pl. 18. A . D. 1466; v g l . Arnes Cases i n tort, 69, dessen Ubersetzung ich meistens gefolgt bin. 3 A n m . des U b e r s e t z e r s . Demurrer bezeichnet Ausführungen des Verklagten, die man von dem eigentlichen Inhalte der Klagebeantwortung, d. h. von Verneinungen von Tatsachen, Gegenbehauptungen und Gegenanträgen als einen „Rechtseinwand" absondert, der einer besonderen Vorentscheidung unterbreitet werden kann. Es ist eine Rechtsdeduktion gegen die Erheblichkeit der Klagetatsachen; vgl. W a l k e r , Introduction to American L a w 11 ed. Boston 1905, p. 571: „The defendants pleading is demurrer or answer"; vgl. R ü t t i m a n n , Der englische Civilprocess. Leipzig 1851. S. 149. § 289. I n England w i r d neuerdings ein solcher Rechtseinwand von den übrigen Ausführungen des Verklagten nicht mehr grundsätzlich unterschieden, doch kann das besondere Verfahren über ihn noch immer stattfinden. ^ V e r t h e i m , Wörterbuch des englichen Rechts zu demurrer. Berlin 1899.
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trespass nennt . . . Wenn einer Bäume beschneidet und die Zweige auf einen Menschen fallen, den sie verwunden, so soll dieser eine Klage wegen trespass haben und ebenso, wenn einer mit einem Bogen auf eine Scheibe schießt, der Bogen in seiner Hand zittert und er wider seinen Willen einen Menschen tötet, so ist dies, wie man gesagt hat, keine Felonie usw., wohl aber wird, wenn er einen andern durch einen Schuß verwundet, dieser eine begründete Klage wegen trespass gegen ihn haben, und doch war der Schuß vielleicht rechtmäßig usw. So auch hier usw." B r i a n , ein anderer Rechtsbeistand, gibt eine volle Entwicklung des von ihm angenommenen Rechtsgrundsatzes und beleuchtet ihn durch anschauliche Beispiele: „Wenn einer etwas tut, so ist er verpflichtet, es so zu tun, daß durch seine Handlung einem anderen kein Nachteil oder Schaden erwächst usw. So, wenn ich ein Haus baue und ein Gebälk darauf lege, und ein Balken auf eines Nachbarn Haus fällt und es beschädigt, so soll dieser eine wirksame Klage haben usw., obwohl der Hausbau rechtmäßig war und der Balken wider meinen Willen (me invito) heruntergefallen ist usw. Und ebenso, wenn jemand mich anfallt, ohne daß ich ihm ausweichen kann, und ich in Selbstverteidigung meinen Stock erhoben habe, um ihn zu schlagen, und ich dabei einen hinter mir stehenden Menschen verletze, so soll dieser eine Klage gegen mich haben, obwohl das Erheben des Stockes rechtmäßig in Notwehr geschah, und ich ihn „me invito" verletzte usw. So auch hier usw." „Der Richter L i t t l e t o n 1 sagt in demselben Sinne: und wenn man beschädigt ist, so soll man entschädigt werden . . . Wenn dein Vieh auf mein Grundstück kommt und mein Gras frißt, so mußt du, obgleich du sofort dazu kommst und das Vieh heraustreibst, mir ersetzen, was es an Schaden angerichtet hat mag es viel oder wenig sein . . . Und, mein H e r r 2 , wenn es Recht sein soll, daß der Nachbar hinübergehen und die hinübergefallenen Dornensträucher aufheben darf, so könnte er aus demselben Grunde mit Wagen und Pferden hinüberziehen, um einen großen Baum abzuholen, den er abgehackt hat (und hat hinüberfallen lassen), was aber keinen Sinn hat, da vielleicht auf dem Grundstücke Getreide oder eine andere Frucht wächst 1 A n m . des Ü b e r s . Über diesen Klassiker der englischen Besitzlehre vgl. B r u n n e r in Holtzendorffs Encykl. S.A. S. 344, auch W e r t h e i m , Worterbuch des engl. Rechts. Berlin 1899; unter L a w K. Thomas Littleton. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Gemeint ist der Richter.
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usw. Ebenso unerlaubt ist auch dieses Hinübertreten hier, denn das Recht ist dasselbe für große wie für kleine Dinge C h o k e , (Oberrichter), spricht in derselben Sache (im selben Sinne): „Denn wenn die Hauptsache nicht rechtmäßig war, so war auch das nicht rechtmäßig, was von ihr abhängt; folglich war, wenn das Abschneiden und Hinüberfallen des Dornenstrauches nicht rechtmäßig war, es auch nicht rechtmäßig, daß der Täter herüberkam, um ihn aufzulesen. Was über das Hinüberfallen wider des Verklagten Willen angeführt worden ist, ist kein zutreffender Einwand, vielmehr mußte der Verklagte nachweisen, daß er nicht anders handeln konnte, als er tat, und daß er alles tat, was in seinen Kräften stand, um das Gesträuch festzuhalten." Vierzig Jahre später 1 wiederholte nach einem Berichte der Jahrbücher der Richter R e d e die zu dem letzterwähnten Falle mitgeteilte Begründung des Rechtsbeistandes F a i r f a x . Bei dem trespass, sagte er, kann „eine Absicht nicht vorausgesetzt werden, aber bei der Felonie soll das geschehen. So z. B., wenn jemand nach einer Scheibe schießt und einen Menschen tötet, so ist dies keine Felonie und „ i l ser come n'avoit Fentent de luy tuer", d. h. es würde so gehalten werden, als wenn der Täter keine Tötungsabsicht hätte. Ebenso ist es nicht Felonie, wenn ein Maurer an einem Hause, ohne es zu wollen, durch einen (fallen gelassenen) Stein einen Menschen tötet 2 . Aber wenn jemand nach der Scheibe schießt und einen Menschen verwundet, obwohl wider seinen Willen, so soll man ihn einen Frevler (trespasser) wider W i l l e n nennen." Es gibt eine Reihe später verhandelter Rechtsfälle, W e a v e r v. W a r d 8 , D i c k e n s o n v. W a t s o n 4 und U n d e r w o o d v. H e m s o n 5 , dem sich der Court of Appeals in New York i m Falle C a s t l e v. D u r y e e 6 anschloß, bei denen durchweg der Einwand für unzulässig galt, daß der Schaden zufällig und infolge eines unglücklichen Zufalles und wider den W i l l e n des Verklagten eingetreten wäre. 1
Y . B. 21. Hen. V I I . 27, pl. 5. vom Jahre 1506. Vgl. B r a c t o n fol. 136b. Vgl. aber auch Stat. of Gloucester 6 Ed. I , c. 9; Y . B. 2 Hen. I V . 18, pl. 8, von Thirning; Essays i n Ang. Sax. L a w . 276.8 Hobart 134, vom Jahre 1616. 4 Sir T . Jones, 205, vom Jahre 1682. 5 1 Strange, 596, vom Jahre 1723. 6 2 Keyes 169, vom Jahre 1865. 2
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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Unter der Herrschaft der Königin Elisabeth wurde entschieden, daß, als jemand mit einer Flinte an der Tür seines Hauses ein Huhn geschossen und dadurch sein Haus und das des Nachbarn in Brand gesteckt hatte, er gegenüber der analogen Klage „on the case" haftbar wäre, (obwohl die (vom Kläger erwählte) Wortfassung (der Klage) der Gewohnheit des Königreiches nicht entsprach, da sie „wegen nachlässigen Umgehens mit Feuer" angestellt war; denn „das zugefügte Unrecht ist dasselbe, obgleich das Mißgeschick des Verletzten nicht auf einer gewöhnlichen Nachlässigkeit beruhte, sondern auf einem nachteiligen Zufalle" \ Die oben erwähnten Beispiele von dem Stock und dem Scheibenschießen wurden als typische Erläuterungen (des Rechts) verwendet. Sie werden wiederholt durch Sir Thomas Raymond, i n B e s s e y v. O l l i o t 2 , durch W i l h e l m B l a c k s t o n e in dem berühmten Rechtsfall, der einen Feuerwerkskörper (squib) betraf 8 ? und durch andere Richter und sind durch Lehrbücher bekannt geworden. Sir T. R a y m o n d wiederholt in dem angegebenen Falle ebenfalls denselben Gedankengang und beinahe sogar die Worte des Richters L i t t l e t o n , die oben angeführt worden sind, und fährt fort: „Bei allen zivilen Handlungen sieht das Recht nicht so sehr auf die Absicht des Täters, als auf den Verlust und auf den Schaden der verletzten Partei." Wilhelm Blackstone nimmt sogar eine Wendung aus der soeben angeführten Sache: D i c k e n s o n g e g e n W a t s o n auf: „Nichts als unvermeidliche Notwendigkeit" kann als Entschuldigungsgrund dienen. So auch Lord E l l e n b o r o u g h im Falle L e a m e v. B r a y 4 . „Sobald eine Verletzung von der Tat eines anderen herrührte, so galt dies für genügend, um sie als Unrecht (trespass) erscheinen zu lassen, oder im Einklänge mit dem häufiger angeführten Ausspruche des Richters G r ose in demselben Falle: „Wenn ich auf alle Urteile seit dem Jahrbuche des 21ten Regierungsjahres Heinrichs V I I . bis zu der letzten Entscheidung aus diesem Rechtsgebiete blicke, so finde ich den Grundsatz: Wenn eine Verletzung durch eine Handlung des Verklagten verursacht oder deren 1
Anonymus, Cro. Eliz. 10, vom Jahre 1582. Sir T . Raym. 467, vom Jahre 1682. 8 Scott v. S h e p h e r d 2 Wm. Bl. 892, vom Jahre 1773. 4 3 East, 593, vgl. ferner Coleridges Anmerk. zu 3 Bl. 123; Saunders, Negligence, ch. 1, § 1; die Beweisführung i n der Sache F l e t c h e r v. R y l a n d s , 3 H. & C. 774, 783; L o r d Cranworth, in s. c., L . R. 3 H. L . 330, 341. 2
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unmittelbare Folge ist, so ist der Täter für trespass verantwortlich, auch wenn der Erfolg auf einem Zufall oder Unglücksfall beruht". Weitere Zitate halte ich für überflüssig. Immerhin ist die Regel, daß jeder auf seine Gefahr hafte, ungeachtet aller Gründe, die man für sie angeführt hat, von sehr hervorragenden Gerichtshöfen abgelehnt worden, sogar unter den Prozeßformen der älteren Zeit. Bedenkt man dies und erwägt, daß seit der Beseitigung dieser Formeln die klägerische Behauptung der Nachlässigkeit des Klägers sich von der Klage on the case auf alle Klagebehauptungen in Unrechtsfällen, die keine böse Absicht des Gegners erwähnen, ausgedehnt hat, so werden vielleicht manche Juristen dadurch überrascht sein, daß jemand es der Mühe für wert hält, sich überhaupt erst auf die vorliegende Erörterung einzulassen. Dies ist der natürliche Eindruck, den man aus der täglichen Praxis gewinnt. Allein selbst wenn die vorgetragene Lehre keine Anhänger mehr hätte, was nicht der Fall ist, so würde es doch für uns vorteilhaft sein, unsere Ansichten über eine so grundlegende Frage nicht bloß auf die Praxis des täglichen Gerichtsverfahrens zu gründen; denn schließlich scheint es mir, daß der richtige Grundsatz noch weit davon entfernt ist, in bestimmter Form von allen denen erfaßt zu sein, die daran interessiert sind, und daß man zu ihm nicht anders kommen kann, als indem man das, was bisher darüber gedacht worden ist, in sorgfältiger Weise zergliedert. Es ist möglich, daß man es für genügend hält, die Entscheidungen anzuführen, die dem Grundsatze der unbedingten Verantwortlichkeit widerstreiten, um zu beweisen, daß ein solcher Satz mit Lehrmeinungen, die als gültig angesehen werden, und einer gesunden Politik nicht vereinbar ist. Allein wir können mit Aussicht auf Gewinn noch weiter gehen und die Frage stellen, ob es nicht haltbare Gründe dafür gibt, daß das gemeine Recht eine solche Regel niemals gekannt hat, abgesehen von der Zeit einer gedankenlosen Wiederholung früherer Entscheidungen, die so oft sich als ein bloßer Übergang von einer schöpferischen Zeit zu einer begriffszergliedernden, philosophischen Reaktion erwiesen hat. Ich beachte sehr wohl, daß manche im Gegensatze zu den modernen Praktikern noch an der strengen alten Lehre haften und noch dazu darán erinnern, daß gewichtige Entscheidungen gegen diese Lehre' angeführt werden müßten, und daß, wenn Urteile eine Neuerung i n sich schließen, die Anerkennung der neuen Ansicht 1 (cL h. die Verwerfung des
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unbedingten Handelns auf eigene Gefahr) durch Behörden von der A r t des Oberrichters S h a w für sich allein durchaus noch nicht dartun würde, daß diese Rechtsänderung wirklich auf haltbaren politischen Erwägungen beruht. Doch glaube ich behaupten zu können, daß sie, wie ein kurzes Nachdenken erweisen wird, nicht nur durch Gesetzgebungspolitik, sondern auch durch Folgerichtigkeit begründet wird. Mit dem Letzteren will ich beginnen. Dieselbe Erwägung, die jemanden wegen seines Unrechts (trespass) für allen Schaden haftbar machen w i l l , den er einem durch eigene Tat (auch abgesehen von Absicht und Nachlässigkeit) zufügt, wird ihn unter Umständen ebenso für die Handlung seines Dieners, die bei Erfüllung einer Dienstpflicht begangen ist, haftbar machen. Die Erörterungen über die Nachlässigkeit einer Eisenbahn-Kompanie, die wir in manchen Prozessen finden 1, würden hiernach gänzlich unangebracht sein; denn auch wenn ein Vertrag vorliegt, der die Kompanie für Nachlässigkeit haftbar macht, so hätte doch dieser Vertrag nicht herangezogen werden dürfen, um die Haftbarkeit zu mindern, welche (nach dem angefochtenen Grundsatz) ohnedies wegen Rechtsverletzung (trespass) der Angestellten Platz greifen würde. Noch darüber hinaus würde die gleiche Erwägung einen Verklagten für jeden sogar nur mittelbaren Schaden haften lassen, von dem seine Handlung die Ursache genannt werden kann. So weit wenigstens rein körperliche und einer Verantwortlichkeit nicht unterliegende Bewegungen, mögen sie immerhin unvorhergesehen sein, mit der Handlung, der das verletzende Ergebnis zugeschrieben wird, zusammenwirkten, würde man aus demselben Grunde, aus dem man wegen einer zufälligen Verletzung des Klägers mit einem bei einer Notwehr erhobenen Stock den Beklagten verurteilt, diesen i n jedem Falle ebenso verurteilen, sobald seine Handlung zu dem vom Kläger hervorgehobenen Ergebnisse mitgewirkt hätte. Die Unterscheidung zwischen einer unmittelbaren Anwendung von Gewalt und einer mittelbaren Schädigung durch weiter entfernte, mittelbare Folgen einer Tat mag daher von Einfluß darauf gewesen sein,. ob die Klageformel sich auf trespass oder case (trespass on the case) richten mußte, aber sie berührte nicht die Lehre, daß jedör auf seine Gefahr handele. W i e am Beginn dieser 1
z. B. M e t r o p o l i t a n R a i l w a y Co. v. J a c k s o n , 8 App. Cas 193; vgl. M ' M a n a s v. C r i c k e t t , 1 East, 106. 108.
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Untersuchung gesagt ist, müßte eine solche strenge Haftbarkeit, sobald sie überhaupt erst einmal aufrecht erhalten würde, ganz und gar aufrecht erhalten werden. Es kann kein Grundsatz aufgestellt werden, der diese strenge Haftung bei trespass festhielte, während er sie für das Gebiet der action in case preisgäbe. Es kann nicht gesagt werden, daß „trespass" sich nur auf Handlungen bezieht, „case" aber auch auf deren Folgen. Auch die Klagen wegen trespass richten sich sämtlich auf die Folgen von Handlungen und nicht auf die bloßen Handlungen als solche. Und manche Klagen wegen trespass betreffen entferntere Folgen der Handlung des Verklagten, als sie in anderen Prozessen berücksichtigt werden, in denen das Rechtsmittel des Klägers als action on the case benannt ist. Eine Handlung ist immer eine freiwillige Zusammenziehung eines Muskels und nichts anderes. Die Kette physischer Wirkungen, die sie zum Schaden des Klägers in Bewegung setzt oder lenkt, ist kein Teil von ihr und im Allgemeinen t r i t t eine lange Reihe solcher Folgen ein. Ein oder zwei Beispiele werden dies völlig klar machen. Wenn ein Mann mit einer Pistole einen tatlichen Angriff begeht (assault und battery), so tut er nichts, als daß er die Muskeln seines Armes und seines Zeigefingers in einer bestimmten Weise bewegt, aber es macht oberflächlichen Schriftstellern ein besonderes Vergnügen auseinanderzusetzen, welche ungeheure Reihe von Veränderungen in der Außenwelt sich abspielen muß, bis der Schaden eingetreten ist. Setzen wir voraus, daß er nicht eine Pistole abgefeuert, sondern aus einem Schlauche, der sich auf einem Trottoir befand, einen Wasserstrahl auf den Kläger gerichtet hat, so setzte er nicht einmal alle physikalischen Ursachen in Bewegung, ohne deren Zusammenwirken seine Handlung kein tätlicher Angriff sein würde. Nicht bloß physische Ursachen, sondern auch lebende Wesen können sich zwischen Handlung und Erfolg (mitwirkend) einschieben. I m Falle G i b b o n s v. P e p p e r 1 , i n dem entschieden wurde, daß kein tätlicher Angriff (battery) vorläge, als das Pferd des Verklagten, durch einen Zufall oder eine dritte Person scheu gemacht, mit ihm davon gerannt war und den Kläger überritten hatte, wurde die Unterscheidung gemacht, daß, wenn der Reiter, dadurch, daß er dem Tiere die Sporen gab, den Unfall verursacht hätte, er schuldig sein würde. 1
1 L d . Raym. 88, s. c. Salk 637; 4 Mod. 404, vom Jahre 1695.
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I m Falle S c o t t y. S h e p h e r d 1 , der bereits erwähnt ist, wurde ein Fall des trespass gegenüber einem Angeklagten festgestellt, der eine Rakete in eine Menschenmenge hineingeworfen hatte, die dann von dem einen dem andern zugeschleudert wurde, um sie los zu werden, bis sie sich schließlich entlud und den Kläger verletzte. Hier waren sogar menschliche Handlungen Glieder der Kausalkette, die zwischen der Handlung des Beklagten und dem Endergebnisse lagen, obwohl diese Handlungen mehr oder weniger als beinahe automatische behandelt wurden, damit man zu der getroffenen Entscheidung gelangen konnte. Nunmehr wiederhole ich, daß, wenn ein Grundsatz von uns verlangt, einen Mann wegen trespass für schuldig zu erklären, falls seine Tat mit Gewalt einen anderen durch eine verhältnismäßig kurze Reihe von dazwischen liegenden Ursachen getroffen hat, ohne Rücksicht darauf, daß er alle mögliche Vorsicht angewendet hatte, so folgt daraus dieselbe Haftung auch dann, wenn zahlreiche und unerwartete Ereignisse zwischen der Tat und dem Erfolge liegen. Wenn das Überreiten eines Menschen ein Frevel (trespass) ist, sobald der Unfall auf die Tatsache des Anspornens zurückgeführt werden kann, warum ist er dann nicht auch, wie in Sachen V i n c e n t v. S t i n e h o u r 2 ausgeführt wurde, ein Unrecht in jedem Falle, indem man erkannte, daß ein solcher Unfall immer, sobald man auf die vorhergehende Zeit zurückblickt, auf eine Tat des Reiters zurückgeführt werden muß, weil er ja das Pferd bestiegen hat und mit ihm ausgeritten ist? Warum ist jemand nicht für die Folgen einer unschuldigen Tat in ihren unmittelbaren und in die Augen springenden Wirkungen verantwortlich, wenn diese Folgen ohne das Dazukommen einer Reihe außerordentlicher, obwohl natürlicher Ereignisse nicht eingetreten sein würden? Der Grund ist, daß, wenn diese Ereignisse derart sind, daß man nicht von einer menschlichen Voraussicht erwarten konnte, sie vorher zu erkennen, der Angeklagte nicht deshalb getadelt werden kann, daß er diese Voraussicht unterließ. Sogar als es sich um die Frage handelte, ob eine Nachlässigkeit darin läge, daß jemand leicht entzündbare Stoffe (trimmings) an einem heißen Tage an einer Eisenbahn hegen und hierauf eine Lokomotive diese Strecke entlang fahren ließ, und ob er somit wegen eines etwa aus1 2
2 W m . Bl. 892; vgl. C l a r k v. C h a m b e r s , 3 Q. B. D. 327, 330, 338. 7 V t . 62.
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gebrochenen Schadenfeuers haften mußte, so scheinen englische Richter bei dieser Gelegenheit angenommen zu haben, daß diejenigen Folgen wesentlich sind, die vernünftigerweise vorhergesehen werden konnten 1 . Derartige Handlungen kann man jedoch unter den vorliegenden Umstanden kaum Handlungen nennen, die nach ihren natürlichen und augenscheinlichen Folgen unschädlich waren. Dieselbe Lehre ist bei solchen Gesetzesverletzungen angewendet worden, von welchen man vernünftigerweise nicht erwarten konnte, daß sie zu dem Ergebnisse fuhren würden, über das sich der Verletzte beschwert 2 . Allein es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Falle, i n dem eine unvorhersehbare natürliche Ursache oder ein anderes physisches Ereignis der Tat folgt und die scheinbar unschuldige Handlung zu einer schädlichen macht, und dem anderen Falle, wo bereits zur Zeit der Tat eine solche dem Täter unbekannte Ursache oder Voraussetzung vorliegt, wie denn auch die Sache i n den oben angeführten englischen Prozessen so lag. Wenn jemand i n dem einen Falle entschuldigt wird, weil er keinen Tadel verdient, so muß er es auch in dem anderen Falle werden. Die Unterscheidung, die in der oben angeführten Sache G i b b o n s v. P e p p e r gemacht worden ist, betrifft nicht die Ergebnisse, welche die Folgen der Tat des Beklagten waren, im Gegensatz zu denen, die es nicht waren: sie bezieht sich vielmehr auf solche Folgen, die er als verständiger Mann vorher zu beachten gebunden war i m Gegensatz zu solchen, bei denen dies nicht galt. Wenn jemand ein Tier scharf anspornt, so ist es bei weitem wahrscheinlicher, daß dies zu Beschädigungen hinführt, als wenn er bloß ein Pferd auf der Straße reitet, so daß das Gericht annahm, der Beklagte würde gebunden sein, die Folgen der erstgenannten Handlungsweise vorher zu erwägen, während es ihn 1
S m i t h y. L o n d o n & S o u t h W e s t e r n R a i l w a y C. P. 14, 21; vgl. s. c., 5 id. 98, 103, 106.
Co., L. R / 6 ,
2 S h a r p v. P o w e l l , L . R. 7, C. P . 253; v g l C l a r k v. C h a m b e r s , 3 Q. B. D. 327. 336. 338. Viele amerikanische Fälle könnten angeführt werden, welche diese D o k t r i n noch weiter ausspinnen. Aber ich wünsche keinen Satz aufzustellen, der sich bestreiten läßt, und für meinen gegenwärtigen Zweck genügt der Satz: Si home fait un loyal act, que apres devirit i l l o y a l , ceo est damnum. sine injuria. Latch, 13. I c h vermeide absichtlich jede Erörterung darüber, welche Regel für Schäden gilt, bei denen feststeht, daß ein Unrecht begangen ist. Der T e x t betrifft nur solche Beispiele, bei denen entschieden wird, ob (im vorliegenden Falle) ein Unrecht begangen ist.
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nicht für haftbar halten würde bei solchen Folgen, die sich lediglich aus dem bloßen Reiten ergaben, weil die Möglichkeit, jemanden zu überreiten, bei einem ruhigen Gange des Pferdes, obwohl so etwas nicht gerade selten vorkommt, doch verhältnismäßig gering ist. Wenn aber das Pferd unruhig war und auf einen stark bevölkerten Platz geleitet wurde, um dort zugeritten zu werden, so mußte der Herr des Pferdes sich haftbar machen, weil es seine Schuld war, ein wildes Pferd auf einen Platz zu bringen, wo wahrscheinlicherweise ein Unheil angerichtet werden kannl. Um zu dem Beispiele zurückzukehren, in dem jemand zufälligerweise mit einem zur Notwehr erhobenen Stock geschlagen wurde, so besteht kein Unterschied zwischen dem Falle, in dem der Eigentümer des Stockes den hinter ihm Stehenden trifft, und dem Falle, daß der Verletzte durch ein Pferd gestoßen wurde, das sich im Bereiche des geschwungenen Stockes befand und zur Seite sprang. Dabei ist vorausgesetzt, daß es unter den vorliegenden Umständen nicht möglich war, die Nähe des Verletzten gegenüber der Ursache der Verletzung im ersten Falle zu wissen, im zweiten Falle vorauszusehen. I n beiden Fällen fehlt der einzige Umstand, der freiwillige Handlungen als einen Grund der Haftbarkeit von krampfartigen Zusammenziehungen der Muskeln unterscheidet. Das heißt: in keinem von beiden Fällen lag für den Täter eine Gelegenheit vor, hinsichtlich der zum Gegenstande der Klage gemachten Folgen eine Willensentscheidung zu treffen, — eine Möglichkeit, (den Verletzten) vor dem Ergebnisse, das eingetreten ist, zu bewahren. Eine (scheinbare) Willensentscheidung, die eine unbekannte Folge hat, ist hinsichtlich dieser Folge überhaupt keine Willensentscheidung. Ein allgemeiner Grundsatz unseres Rechts ist, daß ein zufalliger Verlust an der Stelle verbleibt, auf die er gefallen ist, und dieser Grundsatz wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein menschliches Wesen das Werkzeug eines Unfalles ist. Allein mit Bezug auf ein bestimmtes menschliches Wesen ist ein Ereignis als Zufall anzusehen, wenn man von diesem Wesen billigerweise nicht erwarten konnte, daß es dies Ereignis als möglich in Betracht ziehen und deshalb ihm ausweichen werde. I n der Sprache des verstorbenen Oberrichters N e l s o n in New-York 1
M i t c h i l v. A l e s t r e e , 1 Yentriö, 295, s. c. 3 Keb. 650, 2 Lev. 172. Vgl. H a m m a c k v. W h i t e , 11 C. B. N. S. 588; unten S. 157.
ite Abhandlung.
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heißt dies: Kein Fall oder Grundsatz kann gefunden oder kein Grundsatz, der gefunden worden ist, kann aufrecht erhalten werden, der eine Person der Haftbarkeit unterwirft, ohne daß von einer Seite eine Verfehlung begangen ist.. . . Alle gerichtlichen Vorentscheidungen gestehen zu, daß eine Verletzung, die aus einem unvermeidlichen Zufall entspringt, oder, was in den Augen des Rechts und der Vernunft dasselbe ist, aus einer Handlung, gegen die die gewöhnliche menschliche Vorsorglichkeit und Voraussicht keinen Schutz zu gewähren vermag, lediglich ein Mißgeschick dessen, der sie erduldet, ist und keinen Grund für eine rechtliche Verantwortlichkeit darbietet 1 . Wenn [dies nicht so wäre, so würde jede Handlung, selbst eine viel früher geschehene, (zur Begründung der Haftbarkeit) genügen, welche eine Reihe physischer Ereignisse in Bewegung setzt, die mit einer Beschädigung e n d e t o d e r ihr die Bahn öffnet, z. B. das Reiten auf einem Pferde, falls dies durchgeht, oder sogar das Betreten eines Platzes, auf dem man von einem Anfalle betroffen wird, bei dem man in bewußtlosem Zustande einen Menschen angreift, der später deshalb Klage erhebt. Ja, warum muß denn der Beklagte überhaupt gehandelt haben und warum genügt es nicht, daß sein Dasein den Kläger in Unkosten gestürzt hat? Verlangt man eine Handlung, so verlangt man damit, daß der Angeklagte eine Willensentscheidung getroffen haben müsse. Aber der einzig mögliche Zweck, weshalb man dieses moralische Element hier betont, geht dahin, die Möglichkeit, das in der Klage genannte Übel zu vermeiden, zur Vorbedingung der Haftbarkeit, zu machen. Es gibt keine derartige Möglichkeit da, wo das Übel nicht vorhergesehen werden kann 2 . Hier gelangen wir zu einem Grunde, der auf Gesetzgebungspolitik beruht, und ich werde daher für eine kurze Weile die von mir beabsichtigten Erörterungen über Landfrevel (trespasses upon land) und unerlaubte Vermögensverwendung (conversion) hinausschieben und die Haftbarkeit für Vieh noch weiter unten behandeln. Es ist wahr, daß der Mensch nicht notwendigerweise diese oder jene Handlung begehen muß — das W o r t Handlung setzt eine Entscheidung voraus —, aber er muß doch in irgend welcher Weise tätig werden. Ja, die Allgemeinheit zieht sogar aus der Tätigkeit der Einzelnen Nutzen. Da also eine Tätigkeit des 1 2
H a r v e y y . D u n l o p , H i l l & Denio, (Lalor,) 193. V g l . Abhandlung I I oben S. 53 ff.
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Menschen nicht vermieden werden kann und für das allgemeine W o h l wirkt, so ist es augenscheinlich keine (vernünftige) Politik, die Gefahr eines bloß zufälligen Schadens dieser Tätigkeit, die doch zugleich wünschenswert und unvermeidlich ist, auf den Täter zu werfen. Der Staat könnte begreiflicherweise sich selbst zu einer Unfallversicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit machen und die Last der Mißgeschicke seiner Bürger unter alle seine Mitglieder verteilen. Er könnte eine Pension für Paralytiker einführen und Staatshilfe für alle, die in ihrer Person oder ihrem Vermögen von Stürmen oder wilden Tieren geschädigt worden sind. Zwischen den Einzelnen könnte der Staat den für die gegenseitige Versicherung geltenden Grundsatz pro tanto annehmen und den Schaden dann teilen, wenn beide Beteiligte in Schuld sind, wie dies in den Admiralitätsgerichten bei dem sogenannten „rusticum Judicium" 1 geschieht, oder er könnte auch den vollen Schaden dem Täter aufwälzen ohne Rücksicht auf Schuld. Der Staat tut aber nichts von diesen Dingen und der vorwiegende Gedanke ist, daß seine gewichtige und teuere Maschinerie nicht in Bewegung gesetzt werden soll, sofern nicht ein klarer Vorteil daraus hervorgeht, daß er den status quo abändert. Das Eingreifen des Staates ist überall da ein Übel, wo nicht nachgewiesen werden kann, daß es eine Wohltat ist. Eine allgemeine Versicherung kann, wenn sie erwünscht ist, besser und billiger durch Privatunternehmungen erreicht werden. Das Unternehmen, Verluste lediglich deshalb ersetzen zu lassen, weil sie von eines Beklagten Handlung herrühren, wäre ein Verfahren, das nicht bloß den soeben genannten Einwendungen ausgesetzt sein würde, sondern, wie hoffentlich die vorstehenden Erörterungen erwiesen haben, dem noch schwereren Vorwurf, den Sinn für Gerechtigkeit zu beleidigen. Sofern nicht meine Handlung ihrer Natur nach andere bedroht, sofern nicht unter den vorhegenden Umständen ein vorsichtiger Mann die Möglichkeit des Schadens vorhergesehen haben würde, ist es ebenso wenig zu rechtfertigen, wenn ich meinen Nachbarn für die Folgen seines Unfalls entschädigen muß, als wenn man mich dasselbe tun ließe, falls ich 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Rusticum Judicium ( = einfältiges Verfahren) nennt man die Teilung des Schadens unter beide schuldige Parteien vor dem Admiralitätsgericht. Der Herr Verfasser teilt mir m i t , daß er den üblichen Ausdruck hier gebrauche, ohne damit einen Tadel aussprechen zu wollen.
i t e Abhandlung.
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etwa in einem Krankheitsanfalle mich auf ihn gestürzt hätte, oder wenn man mich zwänge, ihn gegen Blitzschlag zu versichern. Ich muß jetzt auf die Folgerungen eingehen, die man aus den unverschuldeten Landfreveln (trespass on land) sowie den widerrechtlichen Aneignungen fremden Vermögens (conversions) und aus der vorausgesetzten Ähnlichkeit dieser Fälle mit den Freveln (trespasses) gegen die Person gezogen hat, damit man nicht vermute, daß das die letzteren betreffende Recht zwischen zwei Antinomien, d. h. widersprechenden Sätzen, liege, die mit gleich zwingender Kraft zu widersprechenden Schlüssen hindrängen. Betrachten wir zunächst den Fall eines Frevels an einem Grundstücke (trespass upon land), dem ein tatsächlicher Schaden nachgefolgt ist. Geht jemand auf seines Nachbarn Land im Glauben, es sei sein eigenes, so beabsichtigt er diese (vom Kläger getadelte) Handlung oder deren Folgen. Er glaubt eine bestimmte Sache in bestimmter Weise zu berühren und gerade wegen dieser Berührung wird er verklagt 1 . Falls er dagegen zufälligerweise einen Fremden geschlagen hat, als er seinen Stock zur Notwehr aufhob, so ist die Tat, die den Kernpunkt (gist) der Klage bildet, — nämlich der Schlag seines Stockes auf den Kopf seines Nachbarn — , nicht beabsichtigt und ihre Folge konnte nicht vorhergesehen werden. Sicherlich könnte hiergegen eingewendet werden, daß niemand deshalb verklagt wird, weil er irgend ein fremdes Eigentum berührt hat, sondern nur, weil er gerade des Klägers Eigentum berührte, und daß in den vorausgesetzten Fällen, gerade so wie bei dem zufälligen Schlage, der Beklagte eine Tatsache nicht kennt, die zur Vollendung der Tat mitgehört und ohne die seine Handlung kein Unrecht ist. Er kennt nämlich nicht den Umstand, daß der wirkliche Eigentümer ein Interesse an dem in Frage stehenden Eigentum hat oder beansprucht, und deshalb beabsichtigt er nicht eine unrechtmäßige Handlung, weil er nicht glaubt, daß er es mit seines Nachbarn Eigentum zu tun habe. Allein darauf muß man entgegnen, daß er die zum Gegenstande der Klage gemachte schädliche Handlung doch jedenfalls tatsächlich beabsichtigt hat. Wer den Wert einer fremden Sache durch absichtliche Schädigung vermindert, weiß, daß sie jemandem gehört. Glaubt er, daß die beschädigte Sache ihm selbst gehöre, so erwartet er, daß jeder Schaden, den er ihr antun kann, auf seine eigene 1
Vgl. H o b a r t v. H a g g e t , 8 Fairf, (Me.) 67.
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Tasche fällt. Es würde verkehrt sein, wenn er sich von dieser Last frei machen könnte, falls er hinterher entdeckt, daß die Sache seinem Nachbarn gehörte. Es sind zwei verschiedene Dinge, einerseits dem absichtlich Schädigenden den Verlust aufzuerlegen und anderseits den, dessen Handlung zufälligerweise Schaden angerichtet hat, eine Folge tragen zu lassen, die nicht vorhergesehen werden konnte. Demnächst setzen wir den Fall, daß die angebliche Tat des Beklagten die Anmaßung eines Herrschaftsaktes über des Klägers Eigentum war, wie z. B. ein Frevel (trespass) im technischen Sinne oder eine rechtswidrige, eigennützige Verwendung fremden Gutes (conversion). Glaubte der Beklagte, daß die von ihm berührte Sache ihm gehörte, so scheint es nicht eine doktrinäre Ungerechtigkeit zu sein, wenn man von ihm verlangt, daß er die Grenzen seines Rechts kennt, oder, wenn man ihn für verpflichtet hält, falls er die Sache für ein fremdes Gut ansah, sich für das Recht ihres Eigentümers zunächst einen Beweis zu verschaffen, bevor er (im Vertrauen auf dieses Recht) handelte. Man muß auch beachten, worauf die Haftbarkeit des Beklagten geht, falls die Tat, mag es sich um das Eindringen in ein fremdes Grundstück (entry upon land) oder eine rechtswidrige Verwendung von Vermögensstücken handeln, ohne Schädigung für den Eigentümer verlaufen und die (rechtswidrig weggenommene) Sache in die Hände des wahren Eigentümers zurückgekommen ist. Die (kleine) Summe, die dann erstattet wird, ist eine rein nominelle und ihre Bezahlung ist nur eine förmliche Anerkennung des Rechts des Eigentümers. Dies ist auch nicht mehr als billig, wenn man bedenkt, welchen Einfluß die Verjährung und die gesetzliche Befristung auf die Rückforderungsansprüche der Eigentumsrechte haben 1 . Aller Schein von Ungerechtigkeit verschwindet aber, wenn dem Beklagten erlaubt wird, die Prozeßkosten durch Angebot der Herausgabe der Sache (tender) oder auf andere Weise zu vermeiden. W i e aber, wenn man voraussetzt, daß das Eigentum nicht in die Hände des wirklichen Herrn zurückgekommen ist? Verbleibt die Sache in der Hand des Beklagten, so ist es klares Recht, daß er sie herausgeben muß. Und wenn er statt der Sache selbst den Erlös eines Verkaufs der Sache hinter sich hat, so ist es vernünftig, ihn diesen Erlös zahlen zu lassen, selbst wenn 1
Vgl. B o n o m i v. B a c k h o u s e , El. Bl. & El. 622, Coleridge, J. auf S. 640.
H o l m e s - L e o n h a r d , H e c h t Englands u n d Nordamerikas.
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ite Abhandlung.
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er den W e r t der Sache übersteigt, und zwar mit einer Klage wegen „ t r o v e r " 1 oder „assumpsit", gerade so, wie es vernünftig erschien, ihn zur Herausgabe der Sache selbst anzutreiben. Aber die Frage, ob der Beklagte nachträglich den Erlös aus dem Verkaufe der Sache einem Dritten bezahlt *hat, kann die Rechte des wirklichen Eigentümers des Vermögensstückes nicht beeinträchtigen. I n dem vorausgesetzten Falle des Versteigerers 2 z. B. würde es diesem einen durchschlagenden Einwand gegen die Klage seines Auftraggebers gewähren, wenn er den wahren Eigentümer durch Zahlung befriedigt hätte. Hat er aber statt dessen dem Auftraggeber gezahlt, so hat er jemand befriedigt, dem er zur Zahlung nicht verpflichtet war, und kein allgemeiner Grundsatz verlangt, daß dadurch des Eigentümers Recht beeinträchtigt werde. Eine andere Erwägung gegen die Annahme, daß das Recht für Frevel am Eigentum (trespasses upon property) einen allgemeinen Grundsatz aufstellt, ist, daß wahrscheinlicherweise die Kenntnis oder Unkenntnis von dem Rechte des Klägers völlig i m Dunkel der Seele des Verklagten liege und sich deshalb kaum i n genügender Weise werde feststellen lassen. I n der Tat konnten in vielen Fällen diese Umstände nicht mit Beweiskraft klargelegt werden, insbesondere solange das (in Frage kommende) Beweisrecht noch nicht voll entwickelt war und die Parteien noch nicht das Recht hatten, als Zeugen aufzutreten. Demgemäß gewann der Kläger ein günstiges Urteil infolge eines Rechtseinwandes 3 i n Sachen B a s e l y v. C l a r k s o n 4 , als gegen eine Klage wegen trespass quare clausum die Verteidigung dahin ging, daß der Verklagte, indem er sein eigenes Land abmähte, ohne seinen W i l l e n und nur infolge eines Versehens einiges Gras des Klägers mit abgeschnitten hatte: „Denn die Tat war, wie es scheint, eine freiwillige und des Täters Absicht sowie sein Wissen dürfen nicht zur Grundlage seiner Verteidigung 1
A n m . des U b e r s e t z e r s . Nach T h i m o t h y W a l k e r , Introduction to American L a w 11 ed. revised bv C. Bates. Boston, L i t t l e Brown & C o , 1905, S. 570 bezieht sich die Klage wegen t r o v e r auf jede unbefugte Aneignung beweglicher Sachen (wrongful taking oder wrongful detention). Nach H e y m a n n , Kohler-Holtzendorffs Encykl. 6. A . I S. 823 betrifft sie vornehmlich den Funddiebstahl. 2 A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . Der fremde Sachen zur Versteigerung empfangen hatte. 3 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Demurrer s. oben S. 84 Anm. 3. 4 3 Levinz, 37, im Jahre 1681.
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gemacht werden, weil man überhaupt davon keine Kenntnis erlangen könne". Diese Ausdrucksweise legt uns nahe, daß es genügen würde, das Recht des Eigentumsfrevels (trespass upon property) als nackte, geschichtliche Tatsache aufzufassen, ohne den Versuch seiner Rechtfertigung zuzulassen, denn es scheint darin angenommen zu werden, daß ein Mißgriff des Verklagten hierbei ohne ¡weiteres wesentlich ist sobald er bewiesen werden kann. Es muß noch weiterhin erwähnt werden, daß irgend ein Schluß vom Frevel gegen Grundstücke (trespass upon land) auf den wichtigsten Fall des Frevels, nämlich den Frevel gegen die Person, nachweislich irreführt, soweit es sich um Vieh handelt. Der Eigentümer ist verpflichtet, das Vieh auf eigene Gefahr von dem Grundstücke des Nachbarn zurückzuhalten, aber er ist nicht in allen Fällen auf seine Gefahr verpflichtet, es vom Körper der Mitmenschen fernzuhalten. Was man einem Urteil entgegenhalten kann, wie es i n dem Falle des Versteigerers vorausgesetzt wurde, beruht nicht auf der allgemeinen Haftbarkeitstheorie, sondern entspringt ganz und gar aus den besonderen Erfordernissen des Verkehrs. Es ist nicht ungerecht, jemand wegen unbefugter Berührung fremden Eigentums haften zu lassen, sofern nicht für ihn ein Notstand vorlag. W o aber ein solcher vorliegt, ist es nicht überraschend, einen andern Grundsatz angewandt zu finden, und wir finden dies in der Tat. Der unbeschränkte Schutz des Eigentums, der immerhin einem noch unentwickelten Gemeinwesen natürlich ist, das sich mehr mit Rohproduktion als mit Güteraustausch beschäftigte, ist kaum mit den Erfordernissen des modernen Geschäftslebens verträglich. Selbst da, wo die oben erwähnten Regeln galten, wurde der Handel der öffentlichen Märkte durch liberalere Grundsätze beherrscht (als das Landwirtschaftsrecht). Auf dem europäischen Kontinent wurde seit alters her bestimmt, daß die Politik des Eigentumsschutzes der Politik des Verkehrsschutzes nachgeben müsse. C a s a r e g i s behauptet, daß der allgemeine Grundsatz : „nemo plus juris i n alium transferre potest quam ipse habet" im kaufmännischen Geschäftsbetriebe der Regel: „Possession vaut titre" weichen müsse 2 . I n späteren Zeiten, als die offenen 1
Vgl. den auf das Vieh bezüglichen Grundsatz in Y. B. 22 Ed. I V . 8, Er ist unten S. 118 mitgeteilt. 2 Disc. 123, p r ; 124, § 2. 3. Über den geschichtlichen Ursprung der letzten Regel vgl. unten Abhandlung V. pl. 24.
7 *
Dritte Abhandlung.
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Märkte ihre Bedeutung verloren hatten, strebten die Factors'Acts und ihre Ergänzungsvorschriften mehr und mehr in die Richtung hinein, die Lehre des Kontinents anzunehmen 1 . Der Beweisführung aus Vorentscheidungen muß ich hier eine Verweisung auf das oben i n der ersten Abhandlung über ursprüngliche Haftformen und insbesondere auf das über Klageformen Gesagte voranschicken. Es wurde oben erwiesen, daß die Klagen de pace et plagis und wegen Verstümmelung (mayem) sich zu der Klage wegen trespass entwickelten und daß diese Klagen und die älteren Klagen wegen trespass, so weit ersichtlich ist, nur für vorsätzliche Übeltaten bestimmt waren 2 . Die Worte contra pacem in dem „writ of trespass" 8 waren ohne Zweifel eingerückt, um für des Königs Prozeßeinleitungsbefehl (Kings writ) eine Unterlage zu schaffen, aber es scheint kein Grund vorzuliegen, einen ähnlichen Zweck den Worten „vi et armis" oder „cum vi sua u beizulegen, wie dies oft behauptet worden ist. G l a n v i l l sagt, daß die Urteile wegen Verwundungen, unter des Sheriffs Gerichtsbarkeit gehören, sofern nicht der Kläger den Vorwurf eines Bruchs des Königsfriedens hinzufügt 4 . Verwundungen werden ja, sowohl in dem einen Falle als i n dem anderen „vi et armis" zugefügt. B r a c t o n sagt, daß auch die geringeren Übeltaten, die er beschreibt, zu des Königs Gerichtsbarkeiten gehören, „weil sie zuweilen gegen den Frieden unseres königlichen Herrn gerichtet sind" 5 , während bei ihnen, wie bemerkt wurde, stets vorausgesetzt wird, daß sie vorsätzlich zugefügt sind. Es könnte sogar vielleicht behauptet werden, daß die Zufügung der Worte contra pacem ursprünglich immer wesentlich war, und man muß sich dessen erinnern, daß die Frevel (trespasses) in früherer Zeit die Verpflichtung, eine Strafe dem Könige zu zahlen, mit sich brachten 6 . Wenn hiernach der Begriff des trespass ursprünglich auf vorsätzliches Unrecht beschränkt war, so ist es kaum nötig, die Schlußfolgerung zu beachten, die man gegen dies Ergebnis daraus gezogen hat, daß gegenüber der Klage eine ganz allgemeine 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. hierzu E. J. S c h u s t e r , The principles of German Civil L a w Oxford 1907 p. 399 zu § 932 des deutschen B.G.B. 2 Erste Abhandlung S. 3. 3 Über w r i t vgl. oben S. 83 Anm. 2. 4 L i b . 1 c. 2 a. E. * B l . 155. 6 Bro. Trespass, pl. 119; Finch 198; 3 Bl. Comm. 118, 119.
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Verteidigung (general issue) zulässig w a r 1 . Diese allgemeine Verteidigung war freilich in ihrer Gestalt eine Milderung der alten formellen Verneinungsart, die W o r t für W o r t geschah (de verbo in verbum) und in dem ursprünglichen Verfahren nötig war, in dem durch den Prozeßeinleitungsbefehl des Königs (Kings writ) noch nicht eine besondere Untersuchung (inquest) angeordnet wurde 2 . Die alte Form der Verneinung erhielt sich, wie es scheint, i n England noch einige Zeit, nachdem die Verhandlung über die Klagebeantwortung durch Anerkenntnis (trial of the issue by recognition) 8 , eingeführt worden war 4 . Sobald eine derartige Streitfeststellung, die durch die Parteien selbst geschehen sollte, angeordnet war, so beschränkte sich die Aufgabe der noch daneben angeordneten Untersuchung (inquest) auf eine Beurteilung der tatsächlichen Behauptungen, bezog sich aber nicht auf die von den Parteien entschiedene Frage, was Streitinhalt sein solle, wie das oben erwähnt worden i s t 6 . Als die allgemein gefaßte verneinende Klagebeantwortung (not guilty) eingeführt wurde, war die Klage wegen trespass noch immer auf vorsätzliche Übeltaten beschränkt. W i r können uns nunmehr wieder den maßgebenden älteren Entscheidungen zuwenden. Man wird sich wohl dessen erinnern, 1 A n m . d e s U b e r s e t z e r s . Vgl. W e r t h e i m , Wörterbuch des englischen Rechts. Berlin 1899. Das W o r t issue (frzös. issue, lat. exitus) bedeutet sowohl den Prozeßinhalt (nach Wertheim „den Angelpunkt i n einem Prozesse") als auch die V e r t e i d i g u n g , vermutlich, w e i l erst diese (ähnlich wie die litis contestatio, mit deren Namen man j a auch in Deutschland die Klagebeantwortung bezeichnet) den Streitinhalt (d. h. das streitige Anspruchsrecht) zur vollen Feststellung b r i n g t , daher sie denn den Ausgang der Verhandlungen darüber, welches Recht Prozeßgegenstand sein soll, bildet. Der general issue, der i m Zivilverfahren nur beschränkt zulässig war, erschöpfte sich i n den Worten „not guilty" oder dergl. E r ließ die Frage nach dem streitigen Rechte offen. V g l . hierzu auch W e r t h e i m a. a. 0 . unter trial. 2 V g l . B r u n n e r , Schwurgerichte. S. 171. 8 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Es ist dies wohl darauf zu beziehen, daß in der gerichtlichen Verhandlung der Streitinhalt nach geschehener Verhandlung festgestellt und (wie bei der römischen litis contestatio) von den Parteien als solcher anerkannt wurde. 4 E i n Beispiel aus dem Jahre 1159 findet sich in Mr. Bigelow's sehr interessanten und wertvollen Placita Anglo - Normannica S. 285, der die Rot. Cur. Regis, 38 anführt; s. c.? Abbr. Plac. fol. 2, Ebor. rot. 5. Die Klage geschah durch appeal, der Klagegrund war „verbrecherischer Frevel (felonious trespass)"; vgl. Bracton B l . 144a. 5 E i n Beispiel ist aus den Jahrbüchern ersichtlich, 30 u. 31, Edward I . (Horwood), S. 106.
Dritte Abhandlung.
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daß die älteren maßgebenden Urteile aus der Zeit stammen, in der die Gerichtshöfe der Assisen und der Jurata 1 noch nicht dem neueren Geschworenengerichte der Jury Platz gemacht hatten. Diese älteren Kollegien erkannten lediglich aus eigener Kenntnis über einen Streitinhalt, der durch das Prozeßeinleitungsdekret (writ) in eine bestimmte Form eingekleidet worden war, oder über bestimmte alltägliche (familiar) tatsächliche Fragen, die innerhalb eines Strafverfahrens auftauchten, aber sie hörten nicht die ganzen Prozeßverhandlungen an. Ihre Tätigkeit war vielmehr beschränkter als die, welche dem späteren Geschworenenkollegium (der Jury) zufiel 2 . Wenn sie die Tat des Beschuldigten festgestellt hatten, so legten ohne ihre Mitwirkung die Richter den Maßstab fest, nach dem diese Tat beurteilt werden mußte. Darum wurde (zur Feststellung der streitigen Tatsachen) auch den neueren Schwurgerichten (der Jury) von den Richtern nicht eine unbestimmte und allgemeine Frage des Inhalts, ob der Beschuldigte sich eine Nachlässigkeit habe zuschulden kommen lassen, vorgelegt, sondern eine wohl formulierte Verneinung des Klagerechts durch den Angeschuldigten (issue of l a w ) 8 worin eine Entscheidung des Gerichts darüber lag, daß gewisse aktenmäßig festgestellte Handlungen des Verklagten ihn, falls sie wahr wären, haftbar machen würden. Es ist möglich, daß die Richter bei derartigen Feststellungen ziemlich streng mit den Angeklagten verfahren sind und man kommt leicht von der Tatsache, daß von ihnen zuweilen auch solche Verklagte als trespassers (Frevler) angesehen worden sind, bei denen von einer Nachlässigkeit ihres Verhaltens keine Rede war, zu dem (voreiligen) 1
A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben S. 76 Anm. 1 u. 2. A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . Dem deutschen Leser w i r d es auffallen, wie sehr die i m Nachfolgenden mehrfach berührte Schwierigkeit der Verteilung der Geschäfte unter Richter und Geschworene (teils älteren, teils neueren Stils) von unserem Strafverfahren mit Geschworenen abweicht. Dieses letztere lehnt sich eben mit seinen Fragestellungen an ein festes Gesetzbuch an, während i n England eine schwankende Praxis feststellte, was den Richtern und was den Geschworenen zukam. 8 A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . „Issue of L a w " ist nach R ü t t i m a n n , Der engl. Civilprocess. Leipzig 1851. § 289, S. 149 der technische Ausdruck für demurrer (s. oben S. 84 Anm. 3). Indem die Richter ungeachtet eines solchen Rechtseinwandes, der das eingeklagte Recht erwähnte und verneinte, die Sache den Geschworenen vorlegten, individualisierten sie den streitigen Anspruch und beantworteten die Rechtsfrage, weil sie ohne ihre Bejahung zugunsten des Klägers (d. h. ohne Verneinung des Einwands) den Prozeß nicht hätten den Geschworenen vorlegen können. 2
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Schlüsse, daß damals jede schadenbringende Tat ohne weiteres haftbar machte. Wie jedoch eine gründliche Durchforschung der älteren Schriften dartun wird, wurde damals, wie später, die Haftbarkeit im allgemeinen davon abhängig gemacht, daß nach der Meinung des Gerichtshofs das Verhalten des Verklagten tadelnswert ( = schuldhaft) war. Indem wir zunächst zu dem in den Jahrbüchern erwähnten Falle der abgeschnittenen Dornen 1 zurückkehren, wird sieh zeigen, daß dort das Hinüberfallen von Dornen auf des Klägers abgeschlossenes Grundstück, obwohl es vom Verklagten nicht gewünscht war, doch in keiner Weise gegen seinen W i l l e n geschah. Als er die Dornen abschnitt, nahm er vielmehr eine Handlung vor, die augenscheinlich und notwendigerweise den eingetretenen Erfolg haben mußte, und man mußte annehmen, daß er den Erfolg vorhergesehen und nicht verhindert hatte. Der Oberrichter C h o k e sagt: „Die Behauptung, daß die Dornen wider Willen des Beklagten hinübergefallen sind, ist keine wirksame Einrede, vielmehr mußte er nachweisen, daß er nicht anders handeln konnte und daß er alles, was in seiner Macht stand, tat, die Dornen zurückzuhalten", und beide Richter betrachteten die Rechtswidrigkeit des Übertritts auf des Klägers Gebiet als eine Folge davon, daß es gesetzwidrig war, die Dornen hinüberfallen zu lassen. C h o k e gibt zu, daß der Verklagte hätte hinübergehen dürfen, um die Dornen oder einen Baum abzuholen, wenn diese Gegenstände auf des Klägers Land vom Winde hinübergeworfen worden wären. Der Oberrichter C r e w sagt über diesen Fall in Sachen M i l l e n v. F a w d r y 2 , daß nach des Richters Ansicht „ein Frevel (trespass) vorlag, weil der Verklagte nicht behauptete, daß er seine besten Bemühungen gemacht habe, ihr Hinunterfallen zu verhindern, immerhin war dies eine strenge Entscheidung". Die Ausführungen des Rechtsbeistandes in dieser Sache können unerwähnt bleiben, obwohl Sir W i l l i a m B l a c k s t o n e irriger Weise bei dem Prozesse S c o t t v. S h e p h e r d diesen Rechtsbeistand Brian als einen der Richter angeführt hat. Die Hauptvorbilder für diese Rechtsfrage sind die Entscheidungen über abgegebene Schüsse, und da bei dem Schießen das Spiel des Zufalls ganz besonders mitwirkt, so würde die Annahme nicht überraschen, daß man dies auf öffentlichen Plätzen 1 2
6 Ed: I V . 7, pl. 18. Popham, 151, Latch, 13, 119, im Jahre 1605.
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nur auf eigene Gefahr tun könne. Die Haftbarkeit ist immerhin auf den allgemeinen Grund der Verfehlung zurückgeführt worden, wobei man freilich die Grenze der nötigen Vorsicht in sehr verschiedener Weise ziehen kann. I n Sachen W e a v e r v. W a r d 1 setzte der Beklagte auseinander, daß der Kläger und er in einer militärischen Körperschaft zusammen exerzierten, in ein Scharmützel rückten und daß er bei dem Abschießen seiner Flinte den Kläger durch Zufall und Mißgeschick gegen seinen W i l l e n verwundete. Bei Prüfung des Einwandes (demurrer) 2 sagt der Gerichtshof, daß „niemand wegen einer Verletzung entschuldigt werden soll . . . sofern man nicht annimmt, daß er völlig ohne Schuld gewesen ist. So wenn jemand mit Gewalt meine Hand ergreift und dich damit schlägt, oder wenn i n diesem Falle der Kläger dem Verklagten in den Schuß hineingelaufen wäre, als dieser abgefeuert wurde, oder wenn der Fall mit den Nebenumständen so dargestellt wäre, daß das Gericht die Verletzung und ihren Eintritt für unabhängig von irgend einer Nachlässigkeit erachtete." Die späteren Entscheidungen folgen schlechtweg dem Falle W e a v e r v. W a r d . Die obigen Zitate für die strenge Theorie, die Sir T. Raymond i n Sachen B e s s e y v. O l l i o t und Sir William Blackstone i n Sachen S c o t t v. S h e p h e r d angeführt haben, sind beiderseits aus abweichenden Ansichten hergeleitet. I n dem letzteren Falle war es nach der ziemlich offensichtlichen Meinung der Mehrheit des Gerichtshofes kein Unrecht, daß jemand, um eine persönliche Gefahi' zu vermeiden, eine Rakete wegwarf, die ihm von anderer Seite auf seinen Sitz geworfen worden war, obwohl die Rakete dabei einen neuen Stoß bekommen hatte und des Klägers Auge infolgedessen ausgelaufen war. Das letzte der oben angeführten Urteile, welches die Gründe unbedingter Verantwortlichkeit aufstellte, erging in Sachen L e a m e v. B r a y 8 . Die damals zur Erörterung stehende Frage war, ob das Überreiten des Klägers nicht vielmehr ein bloßer Zufall (case) und kein Frevel (trespass) war, während der Verklagte seinen Widerspruch gegen die Annahme eines Frevels darauf gründete, daß die eingetretene Verletzung zwar durch seine Nachlässigkeit eintrat, aber nicht absichtlich hervorgerufen war. Deshalb handelte es sich vor dem Gerichtshofe nicht um eine unbedingte Verantwortlichkeit des 1 2 8
Hobart 134, im Jahre 1616. S. oben S. 84 Anm. 3. 3 East, 593.
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Verklagten für eigene Handlungen, da j a Nachlässigkeit zugestanden war, und das dort Gesagte sich einfach gegen die Behauptung richtete, daß der Schaden nicht notwendigerweise vorsätzlich zugefügt zu sein schien. I n Sachen W a k e m a n v. R o b i n s o n 1 , einem anderen Falle, in dem jemand überfahren war, wurde bewiesen, daß der Beklagte den falschen Zügel angezogen hatte und daß er hätte das Pferd geradeaus lenken sollen. Die Geschworenen waren dahin belehrt worden, daß es unwesentlich wäre, ob die Tat gewollt oder zufällig war, falls die Verletzung durch eine Bewegung des Beklagten unmittelbar verursacht war. Gegenüber einem Antrag auf Zulassung eines neuen Verfahrens erklärt der Oberrichter D a l l a s : „Wenn der Zufall gänzlich ohne Schuld des Beklagten eintrat oder ohne daß ihm ein Vorwurf gemacht werden kann, so ist die Klage unbegründet. . . Der Zufall war offenbar durch ein Versehen des Beklagten veranlaßt. Das Beweisergebnis bewegte sich völlig i n dieser Richtung. Ich werde nun aufgefordert ein neues Verfahren zu gewähren, das von der früheren gerichtlichen Behandlung des Falles abweichen soll, aus dem Grunde, daß die Geschworenen nicht aufgefordert waren zu erwägen, ob der Unfall unvermeidlich oder vom Beklagten verschuldet war. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der gelehrte Vorsitzende des Gerichts die Meinung des Schwurgerichtes über diesen Grund befragt haben würde, wenn er darum ersucht worden wäre." Diese Worte waren vielleicht nicht im Einklänge mit dem allgemein gefaßten Einwände des Beklagten (d. h. seinem general issue) 2 , allein die (nachfolgenden) Parteivorträge hatten auf den hervorgehobenen Punkt nicht Bezug genommen, und die (Vom Richter ausgesprochene) Doktrin wurde im allgemeinen als vernünftig anerkannt. I n Amerika sind einige Entscheidungen zu dieser Frage ergangen. I n Sachen B r o w n v. K e n d a l l 8 regelte der Oberrichter S h a w diese Frage für Massachusets. Es handelte sich um Frevel durch tätlichen Angriff (assault and battery) und es stellte sich heraus, daß der Beklagte, als er zwei miteinander kämpfende Hunde auseinander zu reißen suchte, seinen Stock über seine Schulter hinaus erhob und, während er zuschlug, zufälligerweise den Kläger in sein Auge traf und ihn dabei ernstlich ver1
1 Bing. 213 im Jahre 1823. 2 V g l . oben S. 101 Anm. 1. 8 6 Cush. 292.
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letzte. Die Entscheidung war für den Kläger strenger, als wenn der Beklagte i n Notwehr gehandelt hätte; aber der Gerichtshof nahm an, daß der Beklagte zwar durch keine Pflicht genötigt war, die Hunde zu trennen, da er aber doch eine rechtmäßige Handlung vornahm, nicht haftbar wurde, sofern es ihm nicht an der Sorgfalt fehlte, die ein Mann von gewöhnlicher Vorsicht unter den vorliegenden Umständen angewandt haben würde, und daß es dem Kläger oblag, den Mangel an Sorgfalt nachzuweisen. I n dieser Frage ist das beste Vorbild der Oberrichter S h a w ; denn die Kraft dieses großen Richters lag in einer genauen Würdigung der Bedürfnisse des Gemeinwesens, dessen Beamter er war. Einige, sogar viele englische Richter, könnten genannt werden, die ihn an genauen technischen Kenntnissen übertrafen, aber wenige waren seinesgleichen im Verständnisse für die Gründe der Gesetzgebungspolitik, auf die alle Gesetze in letzter Instanz zurückgeführt werden müssen. Dies machte ihn, i n der Sprache des verstorbenen Richters C u r t i s , zu dem größten Magistrate, den die Vereinigten Staaten Nordamerikas hervorgebracht haben. Der Entscheidung in Sachen B r o w n v. K e n d a l i hat man sich in Connecticut angeschlossen1 in einem Falle, in dem jemand eine Pistole, wie er sagte, in rechtmäßiger Notwehr abgeschossen und einen Danebenstehenden getroffen hatte. Der Gerichtshof war mit Entschiedenheit der Meinung, daß der Beklagte nicht nach den allgemeinen Grundsätzen über Frevel (trespass) haftbar war, sofern er es nicht an einer solchen Sorgfalt fehlen ließ, als sie unter den vorliegenden Umständen möglich war. Die Begründung der Haftbarkeit wegen Frevels (trespass) als auch die wegen der besondern Lage des Falles (case) zulässige analoge Klage stützte sich auf Nachlässigkeit. Der höchste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat dieser Lehre seine Billigung erteilt 2 . Das in dem Urteil in Sachen H a r v e y v. D u n l o p 3 Gesagte wurde bereits angeführt, und es liegt ein Rechtsfall i n Vermont vor, der sich in derselben Richtung bewegt 4 . Indem wir voraussetzen, daß, wie man heutzutage zugibt, 1
M o r r i s v. P l a t t 32 Conn. 75, 84ff. i m Jahre 1864. N i t r o - g l y c e r i n e C a s e ( P a r r o t v. W e l l s ) 15 W a l l . 524. 538. 8 H i l l & Denio (Labor) 193; L o s e e v. B u c h a n a n , 51; N. Y . 476, 489. 4 V i n c e n t v . S t i n e h o u r , 7 V t . 62. Vergleiche ferner Clayton, 22, pl. 38; H o l t , C. J. in C o l e v. T u r n e r 6 Mod. 149; L o r d Hardwicke, i n 2
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der allgemeine Gedanke, auf dem die Haftbarkeit gegenüber einer Klage beruht, eine Verfehlung oder ein tadelnswürdiges Verhalten im gewissen Sinne ist, erhebt sich die Frage, ob diese im Sinne einer persönlichen moralischen Verfehlung zu verstehen ist, wie dies das praktische Ergebnis der Lehre A u s t i n s sein würde. , Die Worte des Richters R e d e , die vorher aus den Jahrbüchern zitiert worden sind, geben hierauf eine zulängliche Antwort: „Bei Klagen wegen Frevel (trespass) kann die Absicht" (wir können in einer weitergreifenden Wendung sagen: des Beklagten Seelenzustand) „nicht aufgeklärt werden." Nehmen wir an, daß ein Beklagter das Recht hätte, darüber Beweis zu erbringen, daß er mit Sorgfalt erwogen hat, was das Benehmen eines vorsichtigen Mannes unter den vorliegenden Umständen sein würde, und daß er, nachdem er sich das möglichst beste Urteil darüber gebildet hatte, dem entsprechend handelte. Wenn das, was er sagte, Glauben fände, so würde dann demzufolge das Gericht die Nachlässigkeit des Verklagten nach einem moralischen Maßstabe, der dessen persönliche Eigenart in Berechnung ziehen würde, verneinen. Allein vorausgesetzt, daß ihm ein solcher Beweis vor den Geschworenen gelungen ist, so würde offenbar der Gerichtshof (zu diesen) sagen: „Meine Herren! Die Frage ist nicht, ob der Beklagte glaubte, daß sein Benehmen dasjenige eines vorsichtigen Mannes war, sondern ob Sie glauben, daß es ein solches war 1 ." Ein Mittelweg muß hier zwischen den beiden Seiten dieser schwierigen Alternative gefunden werden. Die Gedanken des Rechts zeichnen sich durch allgemeine Anwendbarkeit aus. Das Recht berücksichtigt nicht die ungeheure Mannigfaltigkeit des Temperamentes, Verstandes und Erziehungsgrades, welche das innere Wesen einer und derselben Tat bei verschiedenen Leuten so verschieden macht. Es versucht nicht, die Menschen so anzusehen, wie Gott sie sieht, und unterläßt dies aus mehr als einem zureichenden Grunde. I n erster Linie ist die Unmöglichkeit, eines Menschen Kräfte und W i l l i a m s v. J o n e s , Cas. temp. Hardw. 298; H a l l v. Fearnley 3. Q . B . 919; Martin, B, in Co w a r d v. B a d d e l e y , 4 H. & N. 478; H o l m e s v. M a t h e r , L . R. 10 Ex. 261; B i z z e l l v. B o o k e r , 16 A r k . 308; B r o w n v. C o l l i n s , 53 N. H. 442. 1 B l y t h v. B i r m i n g h a m , W a t e r w o r k s Co., 11 Exch781, 784; S m i t h v. L o n d o n & S o u t h W e s t e r n R y . Co., L , R. 5 C. P. 102; vgl. Campbell, Negligence, § 1 (2. Ausg.) für Austins Gesichtspunkt.
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ihre Schranken genau abzumessen, weit einleuchtender als die Unmöglichkeit seine Rechtskenntnis sicher festzustellen, woraus man die Vermutung, daß jeder das Recht kennt, glaubte herleiten zu müssen. Allein eine befriedigendere Erklärung ist, daß, wenn Menschen i n einer Gemeinschaft leben, ein gewisses durchschnittsmäßiges Verhalten, ein Opfer persönlicher Eigentümlichkeiten, die eine bestimmte Grenze überschreiten, für die allgemeine Wohlfahrt nötig ist. Wenn z. B. jemand, der von Natur heftig und ungeschickt ist, immerfort Unfälle hat und sich sowie seine Mitmenschen verletzt, so werden seine erblichen Mängel ihm zweifellos vor dem Forum der Gottheit zugute gehalten werden, aber seine Mitmenschen werden durch seine Entgleisungen nicht weniger beunruhigt, als wenn sie aus schuldhafter Nachlässigkeit entsprungen wären. Diese Mitmenschen verlangen daher von ihm, daß er auf seine eigene Gefahr auf ihren Standpunkt emporsteige, und die Gerichtshöfe, die von ihnen eingesetzt sind, lehnen es ab die auf einer persönlichen Schwäche beruhenden Gegengründe gegen seine Verurteilung in Rechnung zu stellen. Daß das Recht im allgemeinen die Haftbarkeit eines Menschen nach dem Tadel, den sein Verhalten verdient, bestimmt, unterliegt deshalb einer Beschränkung, weil keinem die kleineren Unterschiede seines Charakters von dem der Mitmenschen zugute gehalten werden. Das Recht beachtet mit anderen Worten nur das, was bei dem Durchschnittsmenschen tadelnswert sein würde, dem Manne mit gewöhnlichem Verstände und gewöhnlicher Vorsicht, und bestimmt danach die Haftbarkeit aller. Stehen wir unter dem Durchschnittsniveau mit unsern persönlichen Begabungen, so ist das unser Mißgeschick. Soviel, wie dieses Niveau verlangt, müssen wir aus den soeben angegebenen Gründen (an guten Eigenschaften) haben. Nach den Rechtsregeln handelt nur der, der verständig und vorsichtig ist, ohne Gefahr. Vielmehr unterliegt er einer solchen nur dann, wenn er es versäumt, die Voraussicht, deren er fähig ist, auszuüben, oder sie in schlimmer Absicht ausübt; dann ist er allerdings für die Folgen seines Verhaltens verantwortlich. Es gibt Ausnahmen des Grundsatzes, daß von jedermann vermutet wird, er besitze die gewöhnliche Fähigkeit, Beschädigungen seiner Mitmenschen zu vermeiden. Diese Annahmen erläutern im allgemeinen die Regel und daher auch die moralische Grundlage der Haftbarkeit. Wenn ein Mann einen bestimmten Fehler von solcher A r t hat, daß für ihn, wie jeder merkt,
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gewisse Vorsichtsmaßregeln unmöglich sind, so wird er nicht dafür verantwortlich gemacht werden, daß er diese Maßregeln nicht trifft. Einem blinden Manne kann man nicht zumuten, daß er auf seine Gefahr sehen soll, obwohl er ohne Zweifel verpflichtet ist, den Mangel seines Augenlichts bei der Regelung seiner Handlungen in Betracht zu ziehen. Wenn er jedoch sich ohne seine Schuld in einer bestimmten Lage befindet, so würde eine Vernachlässigung von Vorsichtsmaßregeln, die ein Augenlicht voraussetzen, ihm nicht das Recht rauben, sich einen Schaden ersetzen zu lassen, der ihm deshalb von einem anderen zugefügt worden ist, und ihn auch nicht dafür haftbar machen, daß er (wegen seiner Blindheit) einen anderen verletzt. So nimmt man an, daß ein Kind von sehr zartem Alter bei Verletzungen, wegen deren Klage erhoben ist, zu seinem Schutze nur solche Vorsichtsmaßregeln beobachten mußte, zu denen es in seinem Alter fähig war. Derselbe Grundsatz kann, allerdings nur mit Vorsicht, dann geltend gemacht werden, wenn ein Kind verklagt wird, weil es einen anderen verletzte 1 . Die Berücksichtigung des Wahnsinns ist schwieriger zu behandeln, und für sie kann keine allgemeine Regel aufgestellt werden. Unzweifelhaft kann jemand wahnsinnig und doch vollkommen fähig sein, Vorsichtsmaßregeln zu beachten und sich von solchen Beweggründen beeinflussen zu lassen, die von der Sachlage erfordert werden. Wenn aber die Geisteskrankheit sich in einem so weit vorgeschrittenen Stadium befindet, daß sie offenbar den Geisteskranken unfähig macht, sich einem von ihm nicht beachteten Gebote zu fügen, so würde der gesunde Menschenverstand verlangen, daß man dies als Entschuldigung zulasse. Bringt man das soeben Gesagte mit der oben vorangeschickten allgemeinen Behauptung in Verbindung, so gelangt man zu einer Ansicht, derzufolge das Gesetz von dem Einzelnen vermutet oder verlangt, daß er die gewöhnliche Fähigkeit besitze, deren er bedarf, um Verletzungen seiner Mitmenschen zu vermeiden, sofern nicht eine klar erweisliche und offenbare Unfähigkeit hierzu vorliegt, derzufolge aber anderseits das Recht im allgemeinen nicht für unbeabsichtigte Verletzungen haftbar macht, sofern der Täter sie nicht auf Grund der ihm innewohnenden Fähigkeiten vorhersehen konnte, oder mit anderen Worten, so1
Vgl. Bro. C o r o n e , pl. 6, N e a l v. G i l l e t , 23 Conn. 437, 442, D. 9, 2. 5, § 2; D. 48. 8. 12.
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fern nicht ein Mann von gewöhnlicher Einsicht und Voraussicht wegen des beobachteten Verhaltens zu tadeln gewesen sein würde. Die wichtigste Frage ist, ob diese unbestimmte Regel alles ist, was von Rechts wegen über diesen Gegenstand gesagt werden muß, und dieselbe Frage geht in anderer Form dahin, nach welchen Personen man sich bei ihrer Handhabung zu richten hat. Ungeachtet des Umstandes, daß die Gründe für rechtliche Haftbarkeit insoweit, als dies eben auseinandergesetzt ist, einen moralischen Charakter tragen, muß man doch die Tatsache festhalten, daß das Recht nur im Gebiete des sinnlich Wahrnehmbaren wirkt. Wenn die äußerlich wahrnehmbare Sachlage (d. h. die zu Tage tretenden Handlungen und Unterlassungen) so beschaffen ist, wie es voraussetzt, so bleibt es gegenüber den inneren Tatsachen des Gewissens völlig gleichgiltig. Jeder kann (von Rechts wegen) ein so schlechtes Herz haben, als er will, wenn nur sein Benehmen sich i n den Grenzen der Rechtsregeln hält. Mit anderen Worten: Die Maßstäbe des Rechts sind äußerliche Maßstäbe und, wie sehr es auch moralische Erwägungen in Betracht ziehen mag, so tut es dies doch nur, um eine Grenzlinie zwischen erlaubten und verbotenen Handlungen zu ziehen. Was das Gesetz tatsächlich und allein verbietet, ist das, was auf der einen Seite dieser Linie liegt, nämlich auf der Seite des rechtlich Verbotenen, mag dies vom moralischen Standpunkte Tadel verdienen oder nicht. Anderseits muß jeder gesetzliche Standpunkt aus theoretischen Gründen ein solcher sein, der auf alle Leute, die nicht besonders ausgenommen sind, unter denselben Umständen anwendbar ist. Es ist nicht beabsichtigt, daß die Staatsgewalt einen einzelnen nur zufälligerweise oder nur nach der launenhaften W i l l k ü r irgend jemandes anfassen soll. Der geltende allgemeine Maßstab muß also festgestellt werden. I n der Praxis kommt es zweifellos vor, daß der eine zahlen muß und ein anderer (im gleichen Falle) dem entrinnt, je nach den verschiedenen Empfindungen verschiedener Gerichtshöfe. Allein dies zeigt nur, daß das Recht seinen Zweck nicht vollkommen erreichen kann. Die Theorie oder der Zweck des Rechts besteht nicht darin, daß das besondere Gefühl der Billigung oder eines Tadels, das in einem bestimmten Geschworenengericht vorhanden ist, als Richtschnur dienen soll. Man vermutet vielmehr, daß die Gerichte ihre krankhaften Vorurteile fahren lassen und dem Empfinden der Gesamtheit Ausdruck geben werden. Der ideale
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kluge Durchschnittsmensch, für dessen Abbild das Schwurgericht i n vielen Fällen angesehen worden ist und dessen Anschauungen über Verschuldung und Schuldlosigkeit der vorausgesetzte Maßstab sind, gilt als eine feststehende Größe und sein Benehmen unter bestimmten Umständen ist vom theoretischen Standpunkte immer dasselbe. Schließlich muß der Theorie nach jeder gesetzliche Standpunkt fähig sein, zur allgemeinen Kenntnis zu kommen. Sobald jemand Schadenersatz zahlen muß, so nimmt man an, daß er das Gesetz gebrochen und außerdem, daß er das Gesetz gekannt habe. Wenn nun heutzutage die gewöhnliche Haftbarkeit wegen unerlaubter Handlungen (torts) daraus entspringt, daß jemand unterlassen hat, sich den festen und gleichartigen Maßstäben für sein äußeres Verhalten, deren Kenntnis man bei jedem vermutet und verlangt, anzupassen, so leuchtet ein, daß es möglich sein muß, früher oder später diese Maßstäbe mindestens einigermaßen zu formulieren, und daß dies schließlich eine Amtspflicht des Gerichtes sein muß. Ebenso zweifellos muß die verschwommene Allgemeinheit der Regel, die dem Verklagten eine Sorgfalt auferlegt, die ein verständiger Mensch unter den vorhegenden Umständen bewähren würde, allmählich besonderen Regeln Platz machen, nach denen er unter diesen oder jenen Umständen gebunden war, diese oder jene Vorsichtsmaßregel zu gebrauchen. Der Maßstab, dem der Verklagte sich anzupassen verbunden wird, ist ein Maßstab genau bestimmter Handlungen oder Unterlassungen mit Rücksicht auf die besonderen Umstände, in denen er sich befindet. Wollten in dem ganzen Gebiete der nicht vorsätzlichen Rechtswidrigkeiten die Gerichtshöfe immer bloß die Nachlässigkeitsfrage ohne jeden erläuternden Zusatz stellen und jeden einzelnen Fall, ohne Steuerruder und ohne Kompaß, den Geschworenen überlassen, so würden sie einfach zugestehen, daß sie in einem sehr großen Teil des Rechtsgebiets unfähig sind ihn festzustellen, dessen Kenntnis aber trotzdem von dem Verklagten fordern. Sie würden damit stillschweigend erklären, daß man aus Erfahrungen nichts lernen könne. Allein weder die Richter noch die Gesetzgeber sind jemals auf einem so niedrigen Standpunkte stehen geblieben. Seit der Zeit Alfreds bis zur Gegenwart haben sich Gesetze und Entscheidungen damit beschäftigt, Vorsichtsmaßregeln zu bestimmen, die man in gewissen häufigen Fällen beobachten
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muß, d. h. sie haben an Stelle der unbestimmten Regel von der Vorsicht, die der verständige Mann überall zu gebrauchen hat, bestimmte Regeln für besondere Handlungen oder Unterlassungen festgesetzt. Der Grundgedanke ist immer noch derselbe, daß der vorgeschriebene Weg der ist, auf dem verständige Leute regelmäßig vorgehen, aber es ist noch daneben ein anderer Weg genauer angegeben für Fälle, in denen verständige Leute im Zweifel sein könnten, was sie tun sollen. Dies hier zu besprechende Vorhandensein äußerlicher Merkmale für Haftbarkeit, demzufolge das Recht der unerlaubten Handlungen (tort) immer mehr und mehr durch richterliche Entscheidungen und besondere Gesetze sinnfällig zu werden strebt, t r i t t doch nicht, wie wir sehen werden, mit der allgemeinen Lehre in Widerspruch, die oben für die Gründe der Haftbarkeit verteidigt worden ist. Der Inhalt dieser Abhandlung widerspricht zwar der Lehre, daß jedermann überall auf seine Gefahr handelt und seinen Einfluß ausübt; er ist aber keineswegs im Widerspruch mit der Lehre, daß der Mensch gewisse besondere Handlungen nur auf seine Gefahr ausüben darf. Nur der Schroffheit des rücksichtslos durchgeführten Maßstabs wurde widersprochen, nicht seinem Inhalt, insoweit er natürlich ist. Falls in einem Schwurgericht, dem die Frage nach der Nachlässigkeit des Verklagten überlassen ist, Nachlässigkeit nicht den tatsächlichen Seelenzustand des Beklagten bedeutet, sondern ein Unterlassen dessen, was ein verständiger Mann von Durchschnittseinsicht an seiner Stelle getan haben würde, so wird dem Angeklagten das Ansinnen gestellt, daß er sich einem äußerlichen (objektiven) Maßstabe bei seinem Verhalten auf seine Gefahr hätte unterwerfen sollen, sogar in dem vorausgesetzten Falle. Sollte eine genauere besondere Regel (über den vorliegenden Tatbestand) zur Anwendung kommen, so mußte er ihr in demselben Umfange auf seine Gefahr hin gehorchen. Und wenn das Recht durchaus einen äußern Maßstab des (haftungsbegründenden) Verhaltens betont, dann mußte der Täter unter allen Umständen auf seine Gefahr hin diesen Maßstab berücksichtigen. Es dürfte von Nutzen sein, einige Beispiele beizufügen, i n denen Verhaltungsregeln bis in das Einzelne hinein ausgeführt worden sind. I n den Gesetzen des Königs Alfred behandelt Nr. 36 1 den Fall, daß jemand sich an einem Speer aufspießt, i 1 Tborpe, S. 85; vgl. L . L . Hen. I , c. 88 § 3.
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den ein anderer trägt. W i r lesen: „Dies (die Haftung) soll gelten, wenn die Spitze drei Finger höher war als der hintere Teil des Schaftes. Wurden sie aber beide in derselben Höhe getragen, dann soll dies keine Gefahr mit sich bringen." Das Gesetz über Straßenverkehr (Rule of the Road) und die Vorschriften für die Schiffahrt, die durch den Kongreß dem englischen Rechte nachgebildet worden sind, sind moderne Beispiele derartiger Anordnungen. Durch die erst erwähnte Vorschrift wurde die Frage statt der allgemeinen Fassung: „ W a r die Partei nachlässig?" zu der besonderen Frage verengt: „ W a r er (d. h. d. Verletzte) auf der rechten oder linken Seite der Straße?" Um einem Mißverständnisse auszuweichen, das möglich ist, muß bemerkt werden, daß diese Frage nicht notwendigerweise und nicht unter allen Umständen für die Haftbarkeit maßgebend i s t ; ein vom Verklagten verletzter Kläger kann auf der falschen Seite des Weges gewesen sein, ja er kann sogar sich einer Nachlässigkeit schuldig gemacht haben, und doch konnte vielleicht das Verhalten des Verklagten dadurch nicht entschuldigt werden und zu einer Haftbarkeit führen So könnte ohne Zweifel ein Verklagter unter besonderen Umständen, auch falls er auf der falschen Seite war, dies rechtfertigen oder entschuldigen. Was die Behauptung, daß ein Verklagter auf der falschen Seite des Weges war, von der Behauptung, daß er nachlässig war, unterscheidet, ist, daß ihr Inhalt durch Gegenbehauptung weiterer Tatsachen entschuldigt werden muß, falls nicht eine Haftbarkeit durchaus folgen soll, während die Behauptung der Nachlässigkeit bereits eine rechtliche Schlußfolgerung in sich schließt und von vornherein bestreitet, daß der andere Teil Entschuldigungsgründe habe. Ob die erstgenannte Behauptung genügend sein soll, und ob die Feststellung des behaupteten Umstandes die Beweislast verschiebt, das sind Fragen, die zu der Behauptungs- und Beweislasttheorie gehören und sich durch Analogie auf beide denkbare Arten würden beantworten lassen. Es würde mir keine Schwierigkeiten machen darzutun, daß die Behauptung von Tatsachen, die in der Regel einen Haftungsgrund in sich schließen, und bei denen dies so sein würde, falls keine Entschuldigung von der anderen Seite erfolgt, dazu genügt, um die Klage auf Haftbarkeit zu begründen. Allein die Formen des (Prozeß)rechtes, insbesondere 1
S p o f f o r d v. H a r l o w , 3 Allen, 176.
H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands u n d Nordamerikas.
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der Verhandlungen vor Gericht, bleiben zuweilen auch dann unverändert, wenn deren Inhalt nicht derselbe ist, und ein vorsichtiger Anwalt wird immer bei seinem Plaidoyer die eingehendere und vorsichtigere Redewendung vorziehen. Dasselbe Streben nach Spezialisierung (der Haftungsfälle), für das ein Beispiel dem Gesetzbuche entnommen worden ist, mußte ebenfalls i n der Entwicklung der richterlichen Praxis Platz greifen. Dies stimmt auch wirklich mit der Rechtsgeschichte überein. Es wurde bereits angedeutet, daß in den Tagen der Assisen (assize) und der juasta der Gerichtshof i n allen regelmäßigen Fällen entschied, ob die vorgebrachten Tatsachen einen Haftungsgrund enthielten oder nicht. Die Frage, ob Nachlässigkeit vorläge, konnte dagegen zweifellos an das Geschworenengericht kommen. Der gesunde Menschenverstand und die Kenntnis des täglichen Lebens genügen ebenso oft, um zu entscheiden, ob z. B. eine erforderliche Fürsorge für ein Tier getroffen worden ist, als sie zu entscheiden vermögen, ob A oder B dessen Eigentümer ist. Die Entscheidungen, die zuerst vorkamen, waren nicht der A r t , um Begriffsgliederungen anzuregen, und der Ausdruck „Nachlässigkeit" (negligence) wurde als annähernd einfacher Begriffsname lange Zeit hindurch verwendet, bevor man fühlte, daß er weiterhin zergliedert werden mußte oder konnte. Noch jetzt, wenn eine Streitfrage (issue) dieser A r t vorgefunden wird, handelt es sich weniger darum, was die Handlungen oder Unterlassungen des Verklagten seien, als welches der entscheidende Maßstab für sein Verhalten sein m ü s s e D e r Unterschied zwischen der Tätigkeit des Gerichtshofes und der nachfolgenden der Geschworenen 2 kommt nur dann in Frage, wenn die Parteien hinsichtlich des Maßstabes ihres Verhaltens verschiedener Meinung sind. Der Begriff der Nachlässigkeit ist so verwickelt, wie der Begriff des Eigentums. Gerade wie der letztere das Vorhandensein gewisser Tatsachen voraussetzt und daneben die Geltung ihrer Folge (Schutz des Eigentümers gegen jedermann), die das Gesetz an die erwähnten Tatsachen anknüpft, so setzt auch der 1 Vgl. 27. Ass.. pl. 56. fol. 141, Y . B. 43. Ed. I I I . 33, pl. 38. Der Einwand im letzteren Falle w a r , daß der verklagte Tierarzt seine K u r so gut, als er konnte, durchgeführt hätte, ohne daß das Pferd infolge eines Mangels seiner Sorgfalt umkam. Diese Einrede scheint sicherlich von Nachlässigkeit i n einem Sinne zu reden, der auf einen tatsächlichen Seelenzustand der Partei hinzielt. 2 A n m . d. Ü b e r s . : Vgl. oben S. 101 Anm. 1, 102 Anm. 3.
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vorher genannte Begriff der Nachlässigkeit gewisse Tatsachen (d. h. ein bestimmtes Verhalten) voraus und daneben eine Folge (Haftbarkeit), die das Gesetz an die genannten Tatsachen anheftet. I n den meisten Fällen richtet sich die Frage nur auf die Tatsachen, und es ist nur ein Zufall, daß auch die Folge dieser Tatsachen, die Haftbarkeit, in Frage steht. Man wird oben bemerkt haben, daß in dem Rechtsfalle, i n dem es sich um Dornen handelte die Richter das Verhalten des Verklagten (hinsichtlich seines Verschuldens und der Gründe des gemeinen Wohls) beurteilten und daß in Sachen W e a v e r v. W a r d 2 mitgeteilt worden ist, daß die Tatsachen, die eine Entschuldigung in sich schlossen und des Verklagten Schuldlosigkeit erwiesen, absichtlich in das Protokoll (record) aufgenommen worden sind, damit der Gerichtshof darüber urteile. Ein ähnliches Ansinnen wurde bei einer Klage wegen wissentlich falscher Anschuldigung ausgesprochen, als der Beklagte behauptete, daß der Gegenstand der Anschuldigung sich beweisen lasse (probable cause 8 ). Und bis zum heutigen Tage wird über jede derartige Behauptung von dem Gerichtshofe entschieden. Ein eingehender Beweis hierfür wird sich weiter unten ergeben. Ein wichtiger Punkt ist immerhin bisher noch nicht erörtert worden. Es ist ohne Zweifel möglich, daß die Gesetzgeber es für vernünftig halten, die Grenzscheide zwischen Schuld und Unschuld in gewissen Fällen etwas strenger zu ziehen, als die gewöhnliche Praxis es tut. Z. B. erkennt der Gerichtshof in Sachen M o r r i s v. P l a t t 4 zwar in den schärfsten Ausdrücken die Nachlässigkeit als den allgemeinen Grund der Haftbarkeit bei vorkommenden Verletzungen an, weist aber trotzdem daraufhin, daß, falls eine Entscheidung über diesen Punkt nötig sein sollte, der Verklagte noch strenger haften müsse, falls der Schaden durch eine Pistole verursacht sei, im Hinblicke auf die Gefahr, die dem Publikum aus der zunehmenden Gewohnheit tödliche Waffen zu tragen erwächst. Anderseits dürfte es scheinen, als ob der Eintritt in das Haus eines Mannes, um ihm ein Geschenk zu bringen oder sich nach seiner Gesundheit zu erkundigen, wenn er krank war, eine harmlose und nahezu lobenswerte Handlung 1
Vgl. oben S. 108 Anm. 1. Hobart 134. 8 Vgl. K n i g h t v. J e r n i n , Cro. Eliz. 900. * 32 Conn. 75, 89, 90. 2
Cro. Eliz. 134, C h a m b e r s v.
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in sich schließt, obwohl dabei die Grenze fremden Eigentums absichtlich überschritten wird. Man nimmt nicht an, daß heutzutage eine Klage aus diesem Grunde durchdringen würde, sofern nicht der Verklagte das Betreten seines Hauses besonders verboten hat. Dagegen wurde noch i n der Zeit Heinrichs V H I . ausgesprochen, daß auch dieser Fall eine Klage begründe, falls jemand ohne Erlaubnis des Klägers bei diesem eintrete; „denn sonst kann unter einem solchen Vorwande mein Feind in mein Haus kommen und mich ermorden l u . Dies ist ein deutlicher Fall, in dem Rücksichten des öffentlichen Wohls bei zweifellosen Handlungen ohne Bezugnahme auf irgend eine Schuld einen strengen Maßstab anlegen. I n gleicher Weise haben solche Rücksichten anderseits zu Ausnahmen von dem allgemeinen Verbote fremde Grundstücke zu betreten geführt, wie i n dem vom Oberrichter C h o k e in den Jahrbüchern erwähnten Beispiele, daß ein Baum vom Sturmwind auf des Nachbars Boden hinübergeweht wird, oder daß die Landstraße unwegsam wird, (so daß man den benachbarten Privatgrund betreten muß), oder bei der Absicht, den gefährdeten öffentlichen Frieden aufrecht zu erhalten 2 . Ein anderes Beispiel kann vielleicht in der Gestalt gefunden werden, die man i n der neueren Zeit der Haftbarkeit für Tiere gegeben hat, und in dem grundlegenden Satze in Sachen R y l a n d s v. F l e t s c h e r 3 , daß, wenn jemand Tiere auf seinem Lande ansammelt und unterhält, von denen es wahrscheinlich ist, daß sie Schaden tun, wenn sie ausreißen, er auf seine Gefahr verpflichtet ist, sie festzuhalten, und daß, wenn er dies nicht t u t , er i n erster Linie (prima facie) für allen Schaden, der die natürliche Folge ihres Fortlaufens ist, verantwortlich wird. Fälle dieser A r t stehen nicht unter dem Gedanken, daß es ein Unrecht sei Tiere zu halten oder einen Wasserbehälter anzulegen, woran man eher dann denken könnte, wenn wilde und unbrauchbare Tiere i n Frage kommen 4 . Es kann sogar möglicherweise dem öffentlichen Wohle sehr dienlich sein, daß gefährliche Anhäufungen von Tieren geschehen (eine Erwägung, die in besonderen Fällen die Entscheidung beeinflussen kann und zwar i n verschiedenen Gerichtshöfen auf verschiedene Weise); da 1 2 8
Y . B. 12. Hen. V I I I . 2 b, pl. 2. K e i l w a y , 46 b. L . R. 3. H. L . 330, 339, L . R. 1, Ed. 265, 279—282, 4 H. & C. 263. 3
id. 774. * Vgl. C a r d v. C a s e , 5 C. B. 622, 633, 634.
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
jedoch hier der Gründlichkeit der gerichtlichen Untersuchung Grenzen gesetzt sind, so hat vielleicht die Erwägung Platz gegriffen, daß der beste W e g , (dem Publikum) Sicherheit zu verschaffen, darin besteht, die Gefahr derjenigen Person aufzulegen, die darüber entscheidet, welche Vorsichtsmaßregeln ergriffen werden sollen. Die Haftung für Verletzungen durch Tiere liegt, wie es scheint, auf der Grenzlinie zwischen Regeln, die sich auf politische Erwägungen ohne Rücksicht auf eine Verschuldung stützen, und gesetzlichen Anforderungen an das Verhalten eines verständigen Mannes, (deren Nichtbeachtung dann als Schuld gilt). Es wurde in der ersten Abhandlung auseinandergesetzt, wie diese Haftung für Tiere in dem älteren Recht entstand und inwieweit der Einfluß älterer Anschauungen in dem heutigen Rechte aufgefunden werden kann. Mit Rücksicht auf das d o r t 1 Gesagte ist klar, daß in älterer Zeit Erörterungen sich auf die allgemeine Frage richteten, ob der Tiereigentümer Tadel verdiene oder nicht. Aber sie bleiben dabei nicht stehen. Sie schreiten zu praktischen Unterscheidungen vor, die auf allgemeine Erfahrungen gegründet sind. So, als ein Verklagter mittels seines Hundes Schafe aus seinem Grundstücke herausgejagt hatte und, als die Schafe hinausgetrieben waren, seinen Hund zurückrief, der Hund jedoch die Schafe bis in das angrenzende Gebiet hinein verfolgte, wurde die Jagd auf die Schafe über des Verklagten Grenze hinaus nicht als Unrecht (trespass) angesehen, „weil die Natur eines Hundes derartig ist, daß man ihm, wenn er in Bewegung ist, nicht einen sofortigen Gehorsam aufzwingen kann 2 ". Es war erlaubt, seine Pferde am Nachbarlande beim Pflügen umzuwenden, und falls bei einer solchen Wende die Tiere ein Maul voll Gras abrupften oder ein Stück des Nachbarlandes mit dem Pfluge umstürzten, ohne daß der Lenker der Pferde es wollte, so galt dieser als entschuldigt, weil von Rechts wegen 1 2
Siehe oben Abhandlung I Seite 22 Anm. 5.
M i t t e n v. F r a n d r y e , Popham, 161, s. c., Sir W . Jones 136; s. c., nom. M i l l e n v. H a w e r y , Latch, 13, id. 119. I n dem letztgenannten Berichte w i r d auf S. 120, nachdem die Meinung des Gerichtshofes nach ihrem Wortlaute angeführt ist, bemerkt, daß das U r t e i l m i t den Worten „non obstant" zugunsten des Klägers erteilt worden ist-, i m Widerspruche mit einer früheren Behauptung desselben Buches und mit Popham und Jones; aber der allgemeine Grundsatz wurde auf alle Fälle anerkannt. Wegen seiner Beschränkung vgl. R e a d v. E d w a r d s , 17 C. B . N. S. 245.
118
Dritte Abhandlung.
anzuerkennen ist, daß ein Mensch nicht in jedem Augenblicke sein Vieh so beherrschen kann, wie er w i l l 1 . So ist behauptet worden, daß, wenn ein Mann Vieh durch eine Stadt treibt, und dabei eines seiner Tiere in ein fremdes Haus hineinläuft und er diesem folgt, darin eine unerlaubte Handlung nicht zu sehen i s t 2 . Ebenso wurde vom [Richter D o d e r i d g e in demselben Falle bemerkt, daß, wenn Rehe auf mein Land aus einem Walde heraustreten und ich sie mit Hunden verscheuche, ich genügend entschuldigt bin, falls ich mein Horn blase, um die Hunde znrück zu rufen, weil der . Waldhüter dadurch Kunde davon erlangt, daß Rehe verscheucht worden sind 8 . Der Fall M a s o n v. K e e l i n g 4 , über den in der ersten Abhandlung 5 berichtet worden ist, weil in ihm uralte Gedanken nachklingen, beweist, daß die herrschenden Rechtsregeln seit langer Zeit auf Gedanken des gesunden Menschenverstandes zurückgeführt wurden. I m Gegensatz zu solchen (nicht nutzbringenden) Tieren, die man damals nicht als Eigentum (im engeren Sinne des Wortes) ansah, zu denen vornehmlich die wilderen Tiere gehörten, wurde der Rechtsgrundsatz festgestellt, daß, „wenn die Tiere zahmer Natur sind, ihr Herr ihre üblen Eigenschaften kennen muß, und daß das Recht es anerkennt, daß ein Hund nicht ein wildes Tier ist, sondern eher das Gegenteil 6 ". Wenn die Tiere „solche sind, die von Natur ihrer Art nach gefährlich sind, so soll er für die durch sie angerichteten Verletzungen verantwortlich sein, auch ohne daß er die gefährliche Eigenschaft kennt 7 ". Der letzterwähnte Grundsatz ist auf einen Bären angewandt worden 8 . Darnach gilt in weitem Umfange die Haftbarkeit des Eigentümers solcher Tiere, wie Pferde und Ochsen, für die an einem Lande verübten Frevel, 1 Y . B. 22 Edw. I V . 8, pl. 24. 2 Popham, at p. 162; s. c. Latch, at p. 120; cf. M a so n v. K e e 1 i n g , I L d . Raym. 608. 606. V g l . aber auch Y. B. 20 Edw. I V , 10. 11, pl. 10. 8 Latch p. 120. Dies ist ein ferneres Beispiel für die sehr praktischen Gedanken, auf denen sich das Recht der unerlaubten Handlungen aufgebaut hat. 4 12 Mod. 332, 335, s. c. 1 L d . Raym. 606, 608. 5 Vgl. oben S. 22 Anm. 2. 6 12 Mod. 335; Dyer 25 b , pl. 62, nebst den am Rande bemerkten Fällen; 4 Co. Rep. 1 8 b , B u x e n d i n v. S h a r p , 2 Salk. 662; s. c. Salk. 169; s.c.,nom. B a y e n t i n e v. S h a r p , 1 L u t w . 90; S m i t h v. P e l a h . 2Strange, 264; M a y v. B u r d e t t , 9 Q. B. 101; C a r d v. C a s e , 5 C. B. 622. 7 12 Mod. 335. Vgl. A n d r e w B a k e r ' s c a s e , 1 Hale, P. C. 430. 8 B e s o z z i v. H a r r i s , 1 F. & F. 92.
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
obwohl man, wie gesehen wurde, eine Zeit lang angenommen hat , daß diese Haftung auf dem Eigentumsrechte beruhe. Es wurde bemerkt, daß es der allgemeinen Natur des Viehes entspräche, herumzustreifen und, falls dabei bebautes Land berührt wird, dabei Früchte niederzutreten und zu fressen, während ein Hund (in der Regel) keinen Schaden tut. Es ist ebenfalls ausgesprochen worden, daß es üblich und leicht ist, sie zurückzuhalten 1 . Sofern, wie angedeutet wurde, der geschichtliche Ursprung der Regel ein anderer war, kommt es darauf nicht an. Verfolgt man diese Gedankenreihe weiter, so ist der Tiereigentümer nicht imbedingt für allen Schaden, den das Vieh jemandem zufügen kann, verantwortlich. Nach der oben angeführten Äußerung des Lord H o l t „soll der Eigentümer Tiere, welche nicht so an Menschen gewöhnt sind, wie die Hunde, einsperren und alle vernünftigerweise möglichen Vorsichtsmaßregeln dagegen treffen, daß sie einen Schaden anrichten Aber wenn der Eigentümer ein Pferd oder einen Ochsen auf sein Feld zur Weide schickt, welche der Landstraße nahe ist, und das Pferd oder der Ochse die Hecke durchbricht, auf die Landstraße läuft und dort einen Vorübergehenden schlägt oder stößt, so wird keine Klage gegen den Eigentümer Platz greifen; anders, wenn er Kenntnis davon hatte, daß diese Tiere so etwas schon früher einmal getan hatten". Vielleicht fand der Satz, daß des Richters Pflichten sich nicht in der Frage nach der Nachlässigkeit einer Partei erschöpfen, seine eindrucksvollste Bekräftigung in Ansprüchen, die das Recht der anvertrauten Sachen (bailment) betreffen. Man brachte den Urteilsspruch in Sachen C o g g s v. B e r n h a r d 2 , die Abhandlungen des Sir W i l l i a m J o n e s und S t o r y und das Kapitel, das sich bei K e n t über diesen Gegenstand findet. Es gibt so manche Versuche, die Pflichten des Empfängers anvertrauter Sachen (bailee) im Einzelnen gemäß der Natur des vorliegenden Vertrages und seines Gegenstandes festzustellen. Derartige Versuche waren aber sicherlich nicht erfolgreich, teils, weil sie dahin gingen, dem einheimischen Rechtsgewächse einen Zweig des 1 Vgl. F l e t c h e r v. R y l a n d s , L . R. 1 Ex. 265, 281, 282; C o x v. B u r b r i d g e , 13 C. B. N. S. 430, 441; R e a d v. E d w a r d , 17 C. B. N. S. 245. 260; L e e v. R i l e y , 18 C. B. N. S. 722; E l l i s v. L o f t u s I r o n C o . , L . R . 10 C. P. 10; 27 Ass., pi. 56, fol. 141, Y . B. 20 Ed. I V . 11, pi. 10; 13 Hen. V I I . 15, pi. 10; Keilway 3 b, pi. 7; vgl. 4 Kent (12. Auflage), 110, n. 1, ad. tin. 2 2 Ld. Raym. 909, 13. Am. L . R. 609.
Dritte Abhandlung.
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römischen Rechtes aufzupfropfen, der zu umfangreich war, um nicht dabei seine Lebenskraft einzubüßen, aber ganz besonders deshalb, weil die Unterscheidungen, die man zu machen versuchte, sich lediglich auf juristische Eigenschaften bezogen und deshalb keinen Eindruck machten, falls man mit Geschworenengerichten verhandelte \ Ein derartiges Gericht dahin zu unterweisen, daß eine g r o b e Nachlässigkeit des Verklagten festgestellt werden müsse, um ihn haftbar zu machen, dies Verfahren ist deshalb einem Vorwurf ausgessetzt, weil für eine solche Körperschaft das W o r t „grob" nichts bedeutet, als ein tadelndes Beiwort. Dies würde sich aber anders verhalten bei einem Richter, der in einem Admiralitätsgericht ohne Geschworene sitzt. Das römische Recht und der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten sind darin einig, daß dem Ausdruck „grobe" Fahrlässigkeit ein gewisser Sinn innewohnt 2 . Für die vorliegende Ausführung genügt, daß der erwähnte Versuch gemacht worden ist, gleichviel ob mit oder ohne Erfolg. Die Grundsätze des materiellen Rechts, die hierbei von Gerichtshöfen aufgestellt worden sind, haben, wie man glaubt, zuweilen dadurch eine gewisse Verdunkelung erlitten, daß man sie sehr oft in die Form von Regeln über die Zulänglichkeit von Beweisen gekleidet hat. Wenn ein Richter entscheidet, daß in einem Falle der Beweis einer behaupteten Nachlässigkeit nicht erbracht worden ist, so tut er etwas mehr, als wenn er bloß feststellt, daß irgend eine Tatsache nicht erwiesen worden sei. Er entscheidet, daß die erwiesenen oder in Frage stehenden Handlungen oder Unterlassungen einen Haftungsgrund nicht enthalten, und auf solche Weise gewinnt das Recht allmählich aus dem täglichen Leben immer neue Grundsätze, wie das seine Aufgabe ist. So war z. B. in Sachen C r a f t o n v. M e t r o p o l i t a n R a i l w a y Co. 8 der Kläger auf der Treppe der verklagten Gesellschaft ausgeglitten und ernstlich verletzt worden. Die Ursache seines Ausgleitens war, daß der Messingbeschlag der Treppen durch vieles Betreten seine Festigkeit verloren hatte, und daß nach dem Gutachten eines Baumeisters infolge dieses Umstandes und der Abwesenheit eines Handgeländers die Treppe gefährlich war. Dagegen hatte sich nichts anderes einwenden lassen, als daß sehr viele Personen über die Treppe 1
G r i l l v. G e n e r a l J r o n S c r e w C o l l i e r Co., L . R. 1 C. P. 600, 612, 614. 2 R a i l r o a d Co. v. L o c k w o o d , 17 W a l l . 357, 383. 3 L . R. 1 C. P. 300.
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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gegangen waren, ohne daß ein Unfall eingetreten war, und der Kläger erzielte einen Geschworenenspruch zu seinen Gunsten. Der Gerichtshof setzte aber diesen Spruch beiseite und entschied, daß das Verfahren einzustellen sei. Seine Entscheidung geschah in der Form, daß hier keine Nachlässigkeitsfrage» vor die Geschworenen gebracht werden könne; allein dies bedeutet offensichtlich nur so viel und wollte nur so viel sagen? wie die Behauptung, daß die Eisenbahngesellschaft alles getan habe, wozu sie verpflichtet war, um eine Treppe von der durch den Kläger erwiesenen A r t zu erhalten. Hundert andere ebenso anschauliche Beispiele werden sich i n den Lehrbüchern finden lassen. Anderseits würde, wenn der Gerichtshof erklären sollte, daß gewisse schädigende Handlungen oder Unterlassungen einen schlüssigen Beweis der Nachlässigkeit liefern, sofern sie nicht entschuldigt werden, darin tatsächlich und in Wahrheit die Entscheidung liegen, daß solche Handlungen oder Unterlassungen entweder die Haftbarkeit begründen 1 , oder eine Ersatzpflicht des Nachlässigen ausschliessen, je nachdem der Fall liegt. So ist gesagt worden, daß es eine durch Klage verfolgbare Nachlässigkeit sei, wissentlich ein mit Blattern infiziertes Haus, das der Gesundheit der Bewohner Gefahr bringt, zu vermieten und dabei die Kenntnis der gefährlichen Eigenschaft zu verbergen 2 . I n solchen Fällen würde zur Entschuldigung der vorliegenden Sachlage nötig sein darzutun, daß der Verklagte ein ganz anderes Verhalten beobachtet habe, als das richterliche Urteil voraussetzte, oder zu beweisen, daß die tadelnswerten Handlungen vom juristischen Standpunkte nicht die Ursache des beklagten Schadens waren. Jede Entscheidung nimmt ihrem Zweck gemäß an, daß neben den erwiesenen Tatsachen andere (erhebliche) Tatsachen nicht vorliegen. Fälle, welche Schwierigkeiten, die der Erläuterung bedürfen, hervorgerufen haben, sind solche, in denen der Gerichtshof entschied, daß ein Prima-facieBeweis der Nachlässigkeit vorhanden sei oder auch ein Beweis, dessen Zulänglichkeit von den Geschworenen zu prüfen sei. Viele haben auf die Begriffsverwirrung hingewiesen, die darin Hegt, daß man von solchen Fällen redet, als ob sie gemischte Fragen rechtlicher und tatsächlicher Art i n sich schließen. Ohne Zweifel ist, wie oben gesagt wurde, dia Behauptung, daß 1 2
G o r h a m v. G r o s s , 125 Mass. 232, 239 unten. M i n o r v. S h a r o n 112 Mass. 477, 487.
Dritte Abhandlung.
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der Verklagte eine Nachlässigkeit verschuldet hat, aus mehreren Elementen zusammengesetzt: zuerst, daß er gewisse Dinge getan oder unterlassen hat, zweitens, daß sein Verhalten den gesetzlichen Anforderungen nicht genügte. Solange sich der Streit nur auf dem ersten dieser beiden Gebiete bewegt, liegt die gesamte Frage völlig klar vor den Geschworenen, auch ohne daß sie nähere Belehrungen erhalten, gerade wie eine Eigentumsfrage, bei der lediglich über eine Tatsache gestritten wird, aus der das Eigentum folgt 1 . Allein, wenn ein Streit über den zweiten Teil der Frage entbrennt, so bleibt dieEnscheidung darüber, ob der Gerichtshof oder die Geschworenen über das Verhalten des Verklagten urteilen sollen, völlig unberührt durch den zufälligen Umstand, ob darüber, wie das wirkliche Verhalten war, gestritten wird oder nicht. Liegt ein solcher Streit vor, so ist der Gerichtshof durchaus in der Lage, eine Reihe bedingter Belehrungen (für die Geschworenen) auszusprechen, die sich jeder der Möglichkeiten anpassen, von denen die eine als wirklich zu finden den Geschworenen freigestellt wird. Liegt über das tatsächliche Verhalten kein Streit vor, so kann der Gerichtshof trotzdem die Meinung der Geschworenen über den an die Handlung anzulegenden Maßstab einholen. Die wissenschaftliche Aufgabe besteht darin, festzustellen, welche Tätigkeit dem Gerichtshofe und welche den Geschworenen mit Bezug auf diesen Maßstab obliegt. Wenn ein Fall vorkommt, in dem lediglich und allein ein Maßstab für ein Parteiverhalten den Geschworenen vorgelegt wird, so ist die Auseinandersetzung der Sachlage sehr einfach. Sie besteht darin, daß der Gerichtshof, der sich über die i m vorliegenden Falle anwendbaren Gesichtspunkte des gemeinen Wohles nicht klar ist, den entscheidenden Grundsatz von der täglichen Erfahrung herleiten will, aus der, wie wir festgestellt haben, die Hauptmasse des Rechts der unerlaubten Handlungen hergenommen worden ist. Allein der Gerichtshof fühlt außerdem in solchen Fällen, daß er selbst nicht genügende praktische Erfahrungen besitzt, um den Entscheidungsgrundsatz in verständiger Weise festzustellen. Er meint, daß zwölf Männer aus den 1
W i n s m o r e v. G r r e e n b a n k , W i l l e s , 577, 583; R e x v. O n e b y , 2 Strange, 766, 773, L a m p l e i g h v. B r a t h w a i t , Hobart, 105, 107; Wigram, Disc. pi. 249; Evans on Pleading, 49, 138, 139. 143 ff.; Id. Miller's ed., p p . 147, 149.
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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praktischen Kreisen des Volkes seinUrteil unterstützen können Deswegen erleichtert er sein Gewissen, indem er die Meinung der Geschworenen einholt. Kann man sich jedoch wohl vorstellen, daß der Gerichtshof die Maßstäbe (der Schuld) auch bei solchen Ereignissen, die sich oft in der Praxis wiederholen, für immer den Geschworenen zu überlassen sucht? Ist es nicht im Gegenteile klar, daß, falls die Geschworenen im großen und ganzen so tüchtig sind, wie man annimmt, die Belehrung, die man aus ihrer Wirksamkeit schöpfen kann, auch vom Gerichtshofe gewonnen werden muß? Der Gerichtshof wird finden, daß die vortreffliche Erfahrungslehre, (die ihm die Geschworenen erteilen), dahin geht, daß das in der Klage erwähnte Verhalten in der Regel entweder tadelnswert oder tadellos ist, und daß es deshalb, falls es nicht entschuldigt werden kann, eine Haftung entweder begründet oder nicht begründet. Oder er wird finden, daß die Geschworenen bei derartigen Fragen hin- und herschwanken, und wird die Notwendigkeit einsehen, für sich selbst zu einer Überzeugung zu kommen. Es liegt kein Grund vor, weshalb nicht auch andere derartige Fragen ein für allemal beantwortet werden sollen, wie die erwähnte Frage, ob jemand für seine Treppe mit abgenutzten Messingstreifen am Stufenrande haftet. Ausnahmen hiervon würden hauptsächlich da vorhegen, wo die Maßstäbe schnell wechseln, wie z. B. in manchen Fragen der ärztlichen Behandlung 2 . Wenn dies in einfachen Sachen richtig ist, so ergeben sich daraus weitere Folgerungen. Die tatsächlichen Ereignisse pflegen sich nicht oft ganz genau in derselben Weise zu wiederholen; aber mit verhältnismäßig kleinen Abweichmigen voneinander tun sie es allerdings. Ein Richter, der lange Zeit i n seinem Berufe tätig w a r 8 , muß allmählich einen Schatz von Erfahrungen 1 Vgl. D e t r o i t & M i l w a u k e e R. R. Co. v. V a n S t e i n b u r g , 17 Mich. 99, 120. 2 Als in dem Rechtsfalle über Blattern ( M i n o r v. S h a r o n , 112 Mass. 477) der Gerichtshof über das Verhalten des Beklagten so, wie oben S. 121 erwähnt i s t , entschied, stellte er fest, daß die Frage, ob der Kläger sich durch Nachlässigkeit haftbar gemacht hätte, w e i l er nicht für die Impfung seiner Kinder sorgte, „eine tatsächliche Frage wäre und vernünftigerweise den Geschworenen überlassen würde." S. 488. 8 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . I m Texte heißt es: who has long sat at n i s i p r i u s . Die freie Übersetzung des Textes rechtfertigt sich daraus, daß die Wendung nisi prius von ihrer geschichtlichen Wurzel aus sich zu einer
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Dritte Abhandlung.
gesammelt haben, der ihn i n den Stand setzt, in gewöhnlichen Fällen den gesunden Menschenverstand der Gesamtheit weit besser zu vertreten, als irgend ein Durchschnittsschwurgericht. Er sollte fähig sein, die Geschworenen im einzelnen zu leiten und zu belehren, selbst dann, wenn er für wünschenswert hält, für die Entscheidung des gesamten Falles ihre Meinung einzuholen. Ja noch mehr, das Gebiet, in dem er fähig ist, eine Entscheidung zu treffen, ohne daß er überhaupt ihre Meinung einholt, müßte sich beständig vergrößern. Es ist oft bemerkt worden, daß die Nachlässigkeit eine reine Tatsache ist, oder daß, nachdem der Gerichtshof erklärt hat, der Beweis sei so ausgefallen, daß eine Nachlässigkeit daraus gefolgert werden könne, das Schwurgericht immer zu entscheiden habe, ob dieser Schluß gezogen werden müsse 1 . Aber man nimmt an, daß die Gerichtshöfe, wenn sie eine so weit gefaßte Behauptung aufstellen, an Fälle denken, in denen das tatsächliche Parteiverhalten nicht unmittelbar bewiesen ist, und die wichtigste oder einzige Frage ist dann, welches dieses Verhalten gewesen sei, nicht, welchen Maßstab man darauf anzuwenden habe, nachdem es festgestellt worden ist. Die meisten Fälle, die den Geschworenen vorgelegt werden, nachdem der Gerichtshof bereits entschieden hat, daß ein Beweis geführt sei, aus dem die Geschworenen eine Nachlässigkeit herleiten können, kommen an die Geschworenen vornehmlich nicht deshalb, weil über den anzuwendenden Maßstab Zweifel bestehen, sondern, weil man an dem angeblich bewiesenen Verhalten des Angeschuldigten zweifelt. Man setze den Fall, daß allgemeinen Bezeichnung der richterlichen Tätigkeit fortentwickelt hat. Ursprünglich war das Nisi prius (sofern nicht) ein Vermerk i n Prozeßeinleitungsdekreten (writs), die einen Gerichtshof in Westminster mit einer Sache betrauten, sofern nicht vorher (nisi prius) der Assisengerichtshof sich mit der Sache würde befassen können. B l a c k s t o n e , Comment. 1768. I I I , 59 (1794 I I I , 58), Encyklopaedia Britannica, Edinburgh 1884, zu nisi prius und assize. M u r e t S a n d e r s , Encyklopäd. Wörterbuch, große Ausgabe: n i s i p r i u s . Schließlich ist das Nisi prius - Gericht nichts anderes als das Zivilgericht. So M u r e t S a n d e r s a. a. 0 . , C h a m b e r s , Encyclopädia 1895, z u n i s i prius. Nach M e n d e l s s o h n - B a r t h o l d y , Das Imperium des Richters, Straßburg 1908, S. 49 Anm. 86 ist die Nisi prius-Klage die gemeinrechtliche provocatio ad agendum, was auf den vorliegenden Text sicherlich nicht anwendbar ist. — V g l . auch noch über Nisi prius R ü t t i m a n n , Der engl. Civilproceß. Leipzig 1851. §§ 108. 109. 226. 328. 330. 339; S. 65, 69, 118, 167, 170, 175. 1 M e t r o p o l i t a n R a i l w a y Co. v. J a c k s o n , 3 App. Cas. 193, 197.
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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die zu beweisende Tatsache ein Ereignis ist, wie das Hinabfallen eines Ziegelsteines von einer Eisenbahnbrücke auf den Kläger, der sich auf einer Landstraße befand, so muß man außer dieser Tatsache weiterhin feststellen, daß der Fall nicht einem plötzlichen Witterungsereignisse zur Last zu schreiben war, sondern einer allmählich eingetretenen Baufälligkeit, der tatsächlich von der verklagten Eisenbahngesellschaft vorgebeugt werden konnte. Erst nach dieser Feststellung kann von einem Maßstabe für die Beurteilung des Parteiverhaltens die Rede sein 1 . So mußte in dem Falle, daß ein Faß aus dem Fenster-eines Warenhauses herausstürzte, festgestellt werden, daß der Verklagte oder seine Diener mit dieser Angelegenheit zu tun hatten, bevor die Frage nach einem an ihr Verhalten anzulegenden Maßstab entstehen konnte 2 . Es wird sich zeigen, daß in jedem dieser wohlbekannten Rechtsfälle der Gerichtshof einen Grundsatz annahm, der den Verklagten dann haftbar machte, wenn sein Verhalten so war, wie es die Beweiserhebung darzutun suchte. Steht nur das durch den Beweis ermittelte Verhalten in Frage, wie z. B. in dem Falle, in dem zwei Züge derselben Eisenbahngesellschaft zusammengestoßen waren, dann hat der Gerichtshof, wenigstens in gewissen Fällen, die Geschworenen zu unterweisen, daß der Verklagte haften müsse, falls sie dem gegen ihn gerichteten Beweise Glauben schenken sollten 8 . Der Hauptgrund, den man betont hat, um die Ansicht zu beweisen, daß den Geschworenen eine weitergreifende Aufgabe zu Recht obliege, ist die Notwendigkeit, die geltenden Maßstäbe beständig der Erfahrung anzupassen. Ohne Zweifel sollte der allgemeine Grundsatz, der für die rechtliche Haftbarkeit in einem tadelnswerten Verhalten gilt und dem zufolge die Haftung nach den Durchschnittsmaßstäben der Gesamtheit bestimmt wird, immer klar in das Auge gefaßt werden, um die festen Regeln festzuhalten, welche von Zeit zu Zeit in Übereinstimmung mit dem täglichen Leben aufgestellt werden können. Ohne Zweifel ist diese Übereinstimmung die praktische Rechtfertigung dafür, daß man von jedermann eine Kenntnis des bürgerlichen Rechts verlangt, ebenso wie der Umstand, daß die Verbrechen 1
Vgl. K e a r n e y v. L o n d o n , B r i g h t o n , & S. Coas t R y . C o., L . R. 5 Q. B. 411, 414, 417, s. c., 6 id. 759. 2 B y r n e v. B o a d l e , 2 H. 2 C. 722. 8 Vgl. S k i n n e r v. L o n d o n , B r i g h t o n & S. C o a s t R y Co., 5 Exch. 787, aber auch H a m m a c k v. W h i t e , 11 c. B. N. 5. 588, 594.
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Dritte Abhandlung.
im allgemeinen zugleich auch Sünden sind, einer der praktischen Rechtfertigungsgründe dafür ist, daß man von jedermannn eine Kenntnis des Strafrechts verlangt. Allein diese Betrachtungen führen nur zu dem Ergebnisse, daß ältere Urteile durch neue überwunden (overruled) werden sollen, wenn sie nicht mehr mit der gegenwärtigen Sachlage in Einklang sind. Dies ist auch tatsächlich geschehen außer bei der Auslegung von Verträgen und Testamenten 1 . Anderseits ist es sehr wünschenswert, so genau wie möglich den Maßstab zu kennen, nach dem unser gegenwärtiges Verhalten später vor Gericht beurteilt werden soll, und überdies wechseln die Maßstäbe für ein großes Gebiet des menschlichen Verhaltens nicht von einem Jahrhundert zum andern. Die in dieser Abhandlung betonten Erwägungen sind von besonderer Bedeutung in Amerika oder mindestens in Staaten, wo das Recht so ist, wie in Massachusets. I n England drücken die Richter in Zivilsachen 2 ihre Meinungen über den Wert und das Gewicht der aufgenommenen Beweise frei aus, und es ziehen die auf der Gerichtsbank Sitzenden (judges in banc), im Einverständnisse mit den Parteien, beständig Schlußfolgerungen tatsächlicher Art. Daher sind scharfe Unterscheidungen für das Tätigkeitsgebiet des Gerichtshofes einerseits und der Geschworenen anderseits nicht unbedingt nötig. Zuweilen ist jedoch den Richtern gesetzlich verboten, den Geschworenen bestimmte tatsächliche Fragen zu überlassen, und zuweilen w i l l der die Sache behandelnde Gerichtshof (court in banc) niemals Ausführungen hören, die eine Schlußfolgerung tatsächlicher Art verlangen. Deshalb wird es zu einer Lebensfrage der Rechtspflege, zu begreifen, daß eine Praxis, von der die Maßstäbe des Parteiverhaltens grundsätzlich den Geschworenen vom Gerichtshofe zur Feststellung überwiesen werden, eine nur vorübergehende Auslieferung richterlicher Befugnisse in sich schließt, die i n jedem Augenblicke und in jedem Falle zurückgenommen werden kann, wenn der Gerichtshof sich dazu für befugt erachtet. Sonst würden alle unsere Rechte und Pflichten in einem großen Teil des Rechtsgebietes den Empfindungen des Geschworenengerichts preisgegeben werden, die notwendigerweise mehr oder weniger 1 A n m . d e s Ü b e r s e t z e r s : W o h l weil diese ihren ursprünglichen Sinn dauernd behalten sollen. 2 Vgl. oben S. 123 Anm. 5.
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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vom Zufall abhängen, weil nach dem Ausgangspunkte dieser Abhandlung die Haftbarkeit für nicht vorsätzliche Verletzungen im allgemeinen nach dem Benehmen eines vorsichtigen Mannes unter den gleichen Umständen beurteilt wird. Es ist durchaus im Einklang mit den Ansichten, die in dieser Abhandlung verteidigt worden sind, daß die Gerichtshöfe sich sehr langsam dazu entschlossen haben, die Nachlässigkeitsfrage den Geschworenen zu entziehen, ohne dabei mit Sorgfalt zu unterscheiden, ob der vorliegende Zweifel eine Tatsache betraf oder den an sie anzulegenden Maßstab. Gesetzhche ebenso wie natürliche Unterscheidungen, mögen sie in ihren allgemeinen Umrissen noch so klar sein, werden bei genauerer Zergliederung schließlich in ein Halbdunkel oder in ein streitiges Gebiet hineingeraten. So steht es mit dem Tätigkeitsgebiete der Geschworenen, und wahrscheinlich werden nur solche Fälle, die an seiner streitigen Grenze liegen, vor dem Gerichtshofe eingehend behandelt. Trotzdem muß das Recht immer dahin streben das Feld der Ungewißheit zu beschränken. Dies zu erwarten, veranlaßt uns nicht bloß das Gesetz der Analogie, sondern auch der Inhalt der Entscheidungen, die in der vorliegenden Frage gefällt worden sind. Auf diese Weise wird wahrscheinlich eine Fortentwicklung stattfinden. Zwei völlig verschiedene Fälle legen uns zuweilen nahe eine allgemeine Unterscheidung aufzustellen, die, wenn sie weit genug gefaßt ist, der Klarheit nicht entbehrt. Aber sobald sich an den beiden entgegengesetzten Polen (des Gebietes dieser Unterscheidung) neue Fälle anhängen und sich einander zu nähern beginnen, wird es schwer, eine Unterscheidung aufzufinden. Die erforderlichen Umgrenzungen werden dann auf verschiedene Arten gemacht, mehr in einfacher Weise unter dem Drucke eines bloßen Gefühles, als aus scharf gegliederten Vernunftgründen ; schließlich kommt man zu einer mathematischen Linie, indem man entgegengesetzte Entscheidungen miteinander in Einklang bringt. Diese Linie ist dann aber insofern willkürlich, als sie ebenso gut hätte ein wenig mehr nach der einen oder nach der anderen Seite hin gezogen werden können. Immerhin mußte sie in jeder Weise ziemlich in der Nähe der Stelle, an der sie liegt, gezogen werden 1 . Auf diese Art sind genaue Unterscheidungen über Fragen aus1
7 American L a w Rewiew, 654 ff. Julv, 1878.
Dritte Abhandlung.
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geprägt worden, bei denen rechtserhebliche Punkte nur in geringer Zahl vorlagen. Z. B.: Was ist eine zur Vorlegung von Wechseln und ähnlichen Papieren geeignete Zeit? Worin besteht der Unterschied in der Natur gewisser Sachen im Gegensatze zu einem Unterschiede in ihren bloßen Eigenschaften? Oder auch welches ist die Rechtsregei, die sich gegen eine unbeschränkte Fortdauer (perpetuity) gewisser Rechtszustände kehrt? Ein Beispiel dafür, wie sich Entscheidungen von entgegengesetzten Ausgangspunkten einander annähern, und zugleich für eine auf Mittelwege abzielende Tätigkeit von Geschworenen findet man in den Urteilssprüchen von Massachusets, denen zufolge nicht auf Schadenersatz wegen fahrlässiger Verletzung eines Kindes geklagt- werden kann, das erst zwei Jahr und vier Monate alt und unnötigerweise ohne Aufsicht über eine Straße hinweg und diese Straße entlang geschickt worden war 1 , oder es nicht unbedingt eine Nachlässigkeit in sich schließt, einem achtjährigen Knaben zu erlauben, daß er allein ausgehen darf 2 , oder die Beurteilung der Folgen einer einem zehnjährigen Knaben erteilten Erlaubnis, in der Nacht auszugehen, dem Schwurgericht zukommt 8 ; ebenso wie die Behauptung, die man auch ohne Präzedenzfälle wagen kann, daß man einem jungen Mann von zwanzig Jahren, der die gewöhnlichen Geistesgaben besitzt, ohne alle rechtlichen (nachteiligen) Folgen die gleiche Erlaubnis erteilen darf. Man denke ferner an das alte Fensterrecht in England. Die Verbauung eines Fensters muß, um eine Klage hervorzurufen, eine gewisse tatsächliche Beschaffenheit haben. Unter gewöhnlichen Umständen würde noch nicht geklagt werden können, wenn ein Bau in einer Entfernung von hundert Ellen und i n Höhe von einem Fuß errichtet würde. Anders wenn er einen Fuß vor dem Fenster stände und es bedeckte, ohne daß es dann noch eines besonderen Geschworenenurteiles bedürfte. I n zweifelhaften Fällen, die zwischen diesen äußersten Gegensätzen liegen, ist dem Schwurgericht die Entscheidung überlassen worden, ob eine geschehene Verbauung des Lichts unerlaubt war oder nicht 4 . Da jedoch die Voraussetzungen solcher Urteile nur gering an Zahl sind und immer wiederkehren, so trat eine Neigung zu 1 2 3 4
C a l l a h a n v. B e a n , 9 Allen, 401. C a r t e r v. T o w n e , 88 Mss. 567. L o v e t t v. S a l e m & S o u t h D e n v e r s K B a c k v. S t a c e y 2 C. & P. 465.
R. Co., 9 A l l e n 557.
Unerlaubte Handlungen. — Rechtsverletzungen und Nachlässigkeit.
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Tage eine endgiltige allgemeine Norm festzulegen, nach der in der Regel ein Neubau nicht höher sein darf, als der Abstand seiner Grundlage von den Fenstern, die sich einer Aussicht erfreuen. Und obwohl dieser Versuch, eine scharfe Grenzlinie zu ziehen, mit großer Vorsicht aufzunehmen ist, so ist doch der in ihm liegende Gedanke von durchaus philosophischem Geiste durchhaucht Derselbe Grundsatz läßt sich auf die Beurteilung der Nachlässigkeit anwenden. Wenn i n einem Rechtsfalle der ganze Beweis dahin ging, daß eine Partei bei vollen Sinnen und vollem Verstände auf einem Schienenwege stand und nach einer herannahenden Maschine ausschaute, bis diese sie schließlich zu Boden warf, so würde es kein Richter den Geschworenen überlassen zu entscheiden, ob dies Verhalten vorsichtig war. Bestand ferner das Beweisergebnis nur darin, daß jemand einen ebenen Bahnsteig zu überschreiten unternahm, den man eine halbe Meile weit nach beiden Seiten überschaute und auf dem keine Maschine sichtbar war, so würde kein Gerichtshof den Geschworenen gestatten, darin eine Nachlässigkeit zu sehen. Zwischen diesen Extremen gibt es aber Fälle, die man vernünftigerweise einem Geschworenengerichte zur Entscheidung überlassen kann. Aber es ist offenbar, daß die Grenze der gebotenen Vorsicht in solchen Fällen, falls keine weiteren erheblichen Umstände vorhegen, mit mathematischer Sicherheit beinahe auf Fußesbreite berechnet werden kann. Die Schwierigkeit in vielen Nachlässigkeitsfällen besteht darin, daß sie ihrer A r t nach sich nicht häufig wiederholen und daher nicht einem Richter den Vorteil gewähren, durch lange Erfahrung im Zusammenarbeiten mit Schwurgerichten Regeln festzustellen. Auch sind die einzelnen Bestandteile solcher Fälle oft so verwickelt, daß die Gerichtshöfe froh sind, die ganze Sache i n Bausch und Bogen der Entscheidung der Geschworenen zu übertragen. Die Beziehung zwischen fahrlässigen (negligent) und anderen unerlaubten Handlungen behalte ich der nächsten Abhandlung vor. 1
Vgl. B e a d e l v. P e r r y , L . R. 3 Eq. 465; C i t y o f L o n d o n B r e w e r y Co. v. T e n n a n t , L . R. 9 Ch. 212, 200; H a c k e t v. B a i s s , L . R. 20 Eq. 494, T h e e d v. D e b e n h a m , 2 Ch. D. 165.
H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands u n d Nordamerikas.
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Betrug (fraud), Arglist (malice) und Vorsatz (intent). Die Theorie der unerlaubten Handlungen (torts) 1 . Die nächsten Gegenstände unserer Betrachtungen sind Betrug, Arglist und Vorsatz. I n der Erörterung der unabsichtlichen Rechtsverletzung war die größte Schwierigkeit, die überwunden werden mußte, die Lehre, daß jedermann in jedem Augenblicke auf seine Gefahr handle. I n dem Folgenden soll eine andere Schwierigkeit klargelegt werden, die darin liegt, daß bei den Unrechtsfällen, die in der Überschrift dieser Abhandlung erwähnt sind, tatsächliche Bosheit nicht vorausgesetzt wird. Es wurde auseinandergesetzt, als vom Strafrecht die Rede war, daß, wenn wir eine Handlung in der gewöhnlichen Redeweise arglistig nennen, wir dabei meinen, daß jemand den Schaden einer anderen Person beabsichtigte, und daß ein solcher Schaden seiner selbst wegen als Selbstzweck gewünscht wurde. Für die Z w e c k e des Strafrechts kommt es aber, wie wir fanden, immerhin lediglich auf eine bestimmte Erfolgsabsicht an, und diese hat für sich allein dieselben Folgen, wie die gleiche Absicht, zu der noch ein Übelwollen hinzutritt. Als die Begriffszergliederung weiter fortgeführt wurde, stellte sich heraus, daß der strafbare Vorsatz sich aus zwei Dingen zusammensetzt, nämlich aus einer Voraussicht der Folge der Handlung und zweitens aus dem Wunsche, diese Handlung zustande zu bringen, einem Wunsche, den man als den Beweggrund der fraglichen Handlung auffaßt. Von diesen Dingen wiederum scheint die 1
A n m . des U b e r s e t z e r s . Diese Abhandlung setzt die vorhergehende fort und erörtert die wichtigsten vorsätzlichen Delikte des englischen Rechts.
Betrug, Arglist und Vorsatz. Die Theorie der unerlaubten Handlungen. 1 3 1
Voraussicht das einzig wesentliche zu sein. Schließlich wurde die Bedeutung der Voraussicht auch weiterhin auf das äußerst Mögliche eingeschränkt und der Schluß gewonnen, daß (mit einigen Ausnahmen) die allgemeine Grundlage der strafrechtlichen Haftbarkeit eine Kenntnis war, nämlich die im Augenblicke der Handlung vorhandene Kenntnis von Umständen, von denen die gemeine Erfahrung dartut, daß gewisse schädliche Ereignisse ihr wahrscheinlich folgen müssen. Es erübrigt sich, zu untersuchen, ob eine ähnliche Einschränkung des erheblichen Tatbestandes für das bürgerliche Recht möglich ist, und ob auf solche Weise betrügliche, arglistige, vorsätzliche und nachlässige Rechtsverletzungen in eine philosophisch durchdachte, fortlaufende Reihe gebracht werden können. Ein W o r t vorläufiger Erklärung wird von Nutzen sein. Es wurde in der eben angeführten Abhandlung ausgeführt, daß eine Handlung, auch wenn sie einen Vorsatz immer i n sich schließt, doch für sich allein betrachtet, rechtsunerheblich ist. Sie ist eine gewollte und deshalb beabsichtigte, gleichzeitige Zusammenziehung mehrerer Muskeln. Aber der Vorsatz, der notwendigerweise in ihr steckt, braucht nicht in jedem Falle weiter zu greifen. Und alle Bewegungen oder Zusammenziehungen von Muskeln sind unschädlich, insofern nicht begleitende Umstände hinzutreten, deren Vorhandensein nicht notwendigerweise durch die Handlung selbst bedingt wird. Ein Faustschlag ist dieselbe Körperbewegung, mag er in der Wüste vorgenommen werden, oder inmitten einer Menschenmenge. Dieselben Betrachtungen, die betont wurden, um zu beweisen, daß eine Handlung für sich allein keine zivile oder strafrechtliche Haftbarkeit auferlegt und auch nicht auferlegen soll, passen mindestens häufig zu einer Reihe von mehreren Handlungen oder zu einem aus mehreren Elementen zusammengesetzten Verhalten des Menschen, auch wenn diese Reihe noch weitere Muskelzusammenziehungen und weitere Absichten in sich schließt. Z. B. ist es dieselbe Reihe von Handlungen, wenn jemand eine falsche Behauptung dahin äußert, daß ein bestimmtes Faß Makrelen der Sorte No. 1 enthält, mag diese Behauptung in einem verschlossenen Räume geschehen oder gegenüber einem anderen Menschen bei einem Geschäftsabschlüsse. I n beiden Fällen liegt sicherlich noch eine zweite Absicht vor, die der bloßen Muskelzusammenziehung zum Zwecke des Redens folgt, 9*
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nämlich die Absicht, zu behaupten, daß ein bestimmtes Faß einen bestimmten Inhalt hat, eine Absicht, die sich schon in der Anordnung der gewählten Worte notwendigerweise zeigt. Aber beides, die Reihe der Handlungen und die Absicht, sind, für sich allein betrachtet, unerheblich. Sie sind unschädlich, wenn sie in der Einsamkeit ausgesprochen werden, und sind nur dann ein Grund der Haftbarkeit, wenn gewisse begleitende Umstände dazu kommen. Die Absicht, die man meint, wenn man von ihr als einer Voraussetzung gesetzlicher Haftbarkeit spricht, ist eine Absicht, die sich auf den Schaden richtet, wegen dessen Klage erhoben wird, oder mindestens überhaupt auf einen Schaden. Es ist nicht nötig, in jedem Falle die Zergliederung des Falles auf die einzelnen Muskelbewegungen zurückzuführen, aus dem sich ein menschliches Verhalten als Ganzes zusammensetzt. Aus demselben Grunde, der etwas mehr als eine schädliche Handlung verlangt, um jemanden haftbar zu machen, finden wir uns in der Lage, nach freiem Ermessen beliebig eine Reihe von Handlungen als ein nahezu einfaches Element zu betrachten, das für sich allein unerheblich ist, indem wir in Erwägung ziehen, welche weiteren Umstände oder Tatsachen vorliegen müssen, damit das fragliche Verhalten auf Gefahr seines Urhebers geschieht. W i r werden Verwirrungen und Wiederholungen vermeiden, wenn wir uns dies bei der folgenden Erörterung vor Augen halten. Die Hauptformen der Haftbarkeit, bei denen Täuschung, Arglist und Vorsatz als notwendige Voraussetzung genannt werden, sind Betrug (deceit), Verleumdung (slander) und schriftliche Beleidigung (libel), arglistige gerichtliche Verfolgung (malicious prosecution) und Komplott (conspiracy), dem noch die Entwendung (trover) hinzugefügt werden kann 1 . B e t r u g (deceit) ist ein Begriff, der aus der moralischen Welt entlehnt ist und in seiner gewöhnlichen Bedeutung eine Bosheit in sich schließt. Die Lehre vom Betrug im englischamerikanischen gemeinen Recht wird im allgemeinen in Ausdrücke gefaßt, welche sich nur mit einer tatsächlichen Schuld und zwar einem tatsächlichen schuldigen Vorsatz vereinigen lassen. Es wird behauptet, daß jemand wegen Betrug haftbar wird, falls er eine unrichtige Äußerung einem anderen gegenüber tut, deren Unrichtigkeit er kennt, mit der Absicht, daß der andere sie 1
Unter t r o v e r vgl. oben S. 98 Anm. 1.
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glauben und danach handeln und folgeweise dazu verleitet werden soll, zu seinem eigenen Schaden tätig zu werden. Dies ist ohne Zweifel der normale Fall, und er enthält ein beabsichtigtes moralisches Unrecht. Nim wollen wir das Verhalten der Partei hierbei betrachten. Es besteht darin, daß sie gewisse Worte äußert, deren Anordnung einen Gedanken in sich schließt, des Inhalts, den sie auf den Hörer übertragen sollen. Allein dieses Verhältnis zusammen mit dem erwähnten Gedanken ist weder moralisch noch unmoralisch. Man gehe einen Schritt weiter und füge noch als ferneres Merkmal hinzu: „die Kenntnis des Betrügers von der Gegenwart einer anderen Person in Gehörweite", und doch hat auch dann die Handlung noch immer nicht einen rechtserheblichen Charakter. Die Elemente, welche sie zu einer unmoralischen (und rechtswidrigen) stempeln, sind die Kenntnis des Handelnden davon, daß seine Behauptung falsch ist, und seine Absicht, daß der Hörer sein Verhalten nach ihr einrichten soll. Demnächst ist die Hauptfrage, ob diese Absicht so durch Begriffsmerkmale bestimmt werden kann, wie dies bei anderen Fällen geschehen ist. Die Antwort ist nicht schwierig. Es ist vollkommen klar, daß die Absicht, durch die falsche Vorspiegelung das Verhalten eines anderen zu beeinflussen, durch Schlußfolgerung festgestellt werden kann, nämlich daraus, daß der Angeschuldigte wußte, die andere Partei sei gesonnen, auf die Behauptung hin zu handeln. Sah der Angeschuldigte die Folge seiner Handlungen voraus, so ist er verantwortlich, gleichviel ob es sein Beweggrund war, die andere Partei zu dem Verhalten zu verleiten, oder ob er lediglich aus anderen besonderen Gründen abgeneigt war, die Wahrheit zu sagen. Wenn der Angeschuldigte einen tatsächlichen Umstand (die Denkweise der anderen Partei) kannte, der nach gemeiner Erfahrung es wahrscheinlich machte, daß seine unrichtige Behauptung die schädliche Folge haben würde, so ist er verantwortlich, mochte er diese tatsächliche Folge vorausgesehen haben oder nicht. I n dieser Frage läßt sich der allgemeine Schluß aus einem einzelnen Beispiel folgern. Vorläufig wollen wir einmal voraussetzen, daß in einem bestimmten Falle die Kenntnis einer gewissen Tatsache sowie die Bereitwilligkeit des anderen Teiles, deshalb zu handeln, weil ihm gegenüber diese Tatsache entstellt worden ist, den Beweis erübrigt, daß der Redende den anderen Teil zu einer Handlung verleiten wollte. Damit ist dann zugestanden,
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daß zur Ausführung des weiter unifassenden Tatbestandes eines Betruges ein kleineres Stück; das innerhalb dieses Tatbestandes steckt, für sich allein zur Feststellung des Betruges ausreicht; denn die betrügerische Absicht schließt die Kenntnis, die zur Voraussicht der Folge nötig ist, in sich, wie erwiesen wurde. Daraus folgt, daß, wenn jemand diese Absicht nachweist, er damit auch die Kenntnis erwiesen hat, und in vielen Fällen mag es leichter sein, die Absicht zu beweisen als die Kenntnis. Aber wenn man bloß die Kenntnis bewiesen hat, so ist die Absicht dadurch noch nicht bewiesen. Immerhin kann man sagen, daß in einem Falle der, vorausgesetzten Art die Absicht in der Kenntnis mit eingeschlossen ist oder vermutet wird. Allein diese Behauptimg dient nur dazu eine falsche Theorie durch eine Fiktion zu unterstützen. Es ist völlig dasselbe, als wenn man sagt, daß für ein förmlich besiegeltes Dokument eine Consideration vermutet w i r d 1 . Dies ist lediglich ein W e g dazu die Rechtsregel, nach der alle Verträge eine „Consideration" haben müssen, mit der offenbaren Tatsache auszusöhnen, daß die förmlich besiegelten Dokumente keine solche verlangen. Wenn man sagt, daß eine gewisse Tatsache für die Haftbarkeit wesentlich ist, aber daß sie durch Schlußfolgerung aus einer anderen Tatsache ohne weiteres vermutet w i r d , dann haben wir immer genügenden Grund für den Verdacht, daß das eigentlich wesentliche Element in dieser anderen Tatsache und nicht in der erstgenannten liegt, von der man sägt, daß sie infolge der zweiten vermutet werde. Hinsichlich des Vorsatzes, der zum Betrüge nötig ist, wollen wir bei dem einzelnen Beispiele, wie es gegeben wurde, nicht stehen bleiben. Das Recht verlangt lediglich den Beweis entweder eines Vorsatzes eines Betruges, oder daß der Betrogene im Recht war, indem er dem Beschuldigten einen solchen Vorsatz vorwarf. Dieses ganze Erfordernis bedeutet daher nur, daß die natürlicherweise und offenbar anzunehmende Vorspiegelung unter den vorliegenden Umständen im Hinblick auf eine erwartete Handlung des Betrogenen geschehen sein muß und zwar so, daß sie durch den Glauben des Betrogenen diesen zu einer Handlung hinführen sollte. Der Maßstab für den sogenannten Vorsatz ist demnach in der Tat ein äußerer Maßstab für das Verhalten des Betrogenen unter den vorhegenden Umständen, und die strafrechtliche Zergliederung trifft auch hier vollkommen das Richtige. 1
Über consideration vgl. unten Näheres in Abhandlung V I I und V I I I .
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Das ist aber noch nicht alles. W o das Recht seine Neigung zur Spezialisierung durchführt, wie das in der vorigen Abhandlung geschildert wurde, da bestimmt es selbst, was die Absicht einer Behauptung i n gewissen Fällen ist, — so z. B. daß ein Pferd im Augenblicke des Kaufes gesund sei —, oder im allgemeinen die Absicht der Behauptung einer Tatsache, von der der Behauptende weiß, daß die andere Partei sich auf sie verlassen werde. Außerhalb derartiger besonderer Regeln liegt das durch Vorschriften nicht beengte Gebiet schwurgerichtlicher Entscheidungen. Das zweite moralische Element des Betruges ist die Kenntnis, daß die Behauptung falsch ist. Mit diesem Elemente habe ich, streng genommen, hier nichts zu tun, da meine Aufgabe vollkommen erfüllt ist, wenn die Voraussetzungen der gefährlichen Handlungsweise des Betrügers auf seine Handlung und seine Kenntnis zurückgeführt sind. Aber es würde für den Nachweis, daß das Recht überall dahin strebt, über bloße Moralbegriffe hinauszugehen und sich an äußerliche Maßstäbe anzuklammern, nützlich sein, diese Kenntnis oder die Falschheit der Behauptung in eine Formel zu verwandeln, in der nicht notwendigerweise von Schuld die Rede ist, obwohl natürlich eine solche in der Regel mit dem erwähnten Tatbestande verbunden sein wird. I n dem Augenblicke, in welchem wir mit kritischem Sinne auf diesen Punkt hinblicken, sehen wir die Erheblichkeit der reinen moralischen Beurteilungsweise vor unseren Augen verschwinden. Die Frage ist, welche dem Angeschuldigten bekannten Umstände dazu genügen, seine Behauptung zu einer gewagten zu machen, falls er einen anderen zu einer Handlung verleitet, die sich hinterher als unwahr herausstellt. Hierbei ist klar, daß jemand die Gefahr seiner Behauptung ausdrücklich übernehmen kann oder auch durch eine stillschweigende Zusicherung, welche sich kraft Rechtssatzes in seinen Geschäftsabschluß einschließt. Er kann die Wahrheit seiner Behauptung garantieren, und wenn sie dann nicht wahr ist, so behandelt das Gesetz dies wie einen Betrug, gerade ebenso, wenn er im guten Glauben gehandelt hat, als wenn er die Unrichtigkeit seiner Behauptungen kannte und zu betrügen glaubte. Wenn beim Verkaufe eines dreizehnjährigen Pferdes der Verkäufer ein fünfjähriges Alter garantierte, so kann er nach englisch-amerikanischem Recht wegen Betruges
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verklagt werden, obwohl er glaubte, daß das Pferd bloß fünf Jahr alt sei 1 . Die gemeinrechtliche Haftbarkeit für die Wahrheit von Behauptungen greift daher noch weiter als das Gebiet des tatsächlichen Betrugs im moralischen Sinne des Wortes. Aber anderseits genügt es, wenn eine Behauptung in unverantwortlicher Weise (recklessly) geschehen ist, ohne Kenntnis davon, ob sie wahr oder falsch ist. Das W o r t „recklessly" bedeutet hier nicht geradezu eine persönliche Gleichgültigkeit dagegen, ob die Behauptung wahr ist. Es bedeutet allein, daß die tatsächlichen Grundlagen der Behauptungen insoweit ungenügend waren, daß ein vorsichtiger Mann sie nicht hätte machen können, ohne den Hörer zu der Schlußfolgerung zu bringen, daß der Behauptende gegen die Wahrheit gleichgültig sei, d. h. (um eine vorher durchgesprochene Ausführung zu wiederholen): Das Recht, indem es einen allgemeinen äußerlichen Maßstab annimmt, bestimmt, daß jemand haftbar sein soll, wenn er seine Behauptung auf gewisse unzulängliche Grundlagen hin aufstellt, wie auch immerhin sonst seine Geistesbeschaffenheit gewesen sein mag, und obwohl er persönlich völlig von Bosheit frei gewesen sein mag, als er die Behauptung machte. Deshalb kann eine ähnliche Ausführung, wie sie soeben für den Vorsatz gemacht worden ist, auch auf die Kenntnis der Unrichtigkeit der geschehenen Behauptung angewandt werden. Es mag oft leichter sein zu beweisen, daß der Angeschuldigte eine solche Kenntnis hat, als daß die ihm bekannte Sachlage nicht dazu ausreichte, für seine Behauptung zu sprechen, und wenn die Kenntnis erwiesen ist, so schließt dies das letzterwähnte minder weitgehende Beweisthema in sich ein. Aber sobald das letztere als genügend dargetan wird, so ergibt sich daraus, daß das Recht geneigt ist, auch in diesem Punkte einen äußerlichen und objektiven Maßstab anzuwenden. Die Gerichtshöfe, die nach Equity zu urteilen berufen waren 2 , haben die vorliegende Doktrin i n Sätzen festgestellt, .die so völlig von der tatsächlichen Denkart des Angeschuldigten absehen, daß sie sogar zu entgegengesetzten Extremen neigen. Es wird bemerkt, daß, wenn eine Behauptung bei einem Geschäftsabschlüsse einem anderen gegenüber geschieht, die den anderen dazu verleiten soll, sein Verfahren nach der Behauptung einzü1
W i l l i a m s o n v. A l l i s o n , 2 East, 446. A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben die Vorrede und das über Equity dazu Bemerkte. 2
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richten, es vollständig unwesentlich ist, ob diese Behauptung mit Kenntnis ihrer Unrichtigkeit gemacht wird, oder ob sie im Glauben an ihre Wahrheit geschieht, sofern sie tatsächlich unrichtig war 1 . Vielleicht können die vorliegenden Entscheidungen mit einander zu einem minder weitgreifenden Grundsatze zusammengefaßt werden. Aber die soeben aufgestellte Regel bewegt sich in der Richtung, zu sagen, daß in Geschäftsangelegenheiten die Parteien jede Behauptung, die derart ist, daß der andere wahrscheinlich danach handeln wird, auf ihre Gefahr machen. Dies scheint kaum durch legislativ politische Gründe gerechtfertigt werden zu können. Man sollte niemals vergessen, daß im allgemeinen die Haftbarkeit von moralischen Anschauungen ausgeht, und das Gesetz würde dies mißachten, wenn es jemanden für eine Behauptung-haften ließe, die auf Tatsachen beruht, wie sie selbst einen weisen und vorsichtigen Mann von der Wahrheit seiner Behauptungen überzeugt haben würden. Das gemeine W o h l und die Notwendigkeit, seinem Mitmenschen unter Umständen Auskunft zu geben, eine Notwendigkeit, die sogar unter Umständen falsche Angaben über eine dritte Person rechtlich entschuldigt, sollten a fortiori, wie ich glaube, alle Behauptungen von Rechts wegen entschuldigen, wenn sie als Antwort auf die Frage einer Partei geschehen sind, die sich hinterher über die Behauptung beschwert. Auf jeden Fall wahrt das englisch-amerikanische Recht gewisse Beziehungen zur Moralität, indem es die Täuschung als Grundlage für die Behandlung des Betruges festhält. Es vertritt nicht den Satz, daß jemand bei jeder Gelegenheit auf seine Gefahr redet, vielmehr geht es zwar von einer moralischen Grundlage aus, gewinnt aber einen äußerlichen Maßstab für das, was bei dem vorsichtigen Durchschnittsmitgliede der Volksgemeinschaft als betrügerisch gelten würde, und verlangt von jedem Menschen auf dessen eigne Gefahr, daß er solche Handlungen vermeide. Ebenso wie in anderen Fällen hat es schrittweise Gerichtsentscheidungen zusammengehäuft, welche anerkennen, daß gewisse Behauptungen unter gewissen Umständen auf die Gefahr der Partei geschehen, die sie macht. Die Elemente des Betruges, welche des Angeschuldigten Verhalten zu einem gefährlichen stempeln, sind folgende: 1
L a c h e r v. S i m p s o n . L . R. 11. Eq. 398,406. Anderseits w i r d der streng moralische Standpunkt festgehalten in Sachen W e i r v . B e l l 3 Ex. D. 238. 243.
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Zuerst, daß er eine Behauptung aufstellt, die ernst genommen werden soll. Zweitens muß er wissen, daß ein anderer sich in Gehörweite befindet. Drittens, daß er Umstände kennt, die dazu ausreichen, seine Erwartung zu garantieren oder ihm die Wahrscheinlichkeit nahezulegen, daß der andere Teil sein Verhalten nach der Behauptung einrichten werde; (welche Umstände genügen, ist durch die Gerichtshöfe zuweilen speziell bestimmt worden, in anderen Fällen wird zweifellos nach den vorher erläuterten Grundsätzen die Frage den Geschworenen überlassen). Ein viertes Element des Betruges ist die Unrichtigkeit der Behauptung. Diese muß der Angeschuldigte kennen oder es muß die bekannte Sachlage, die den Inhalt der Behauptung betrifft, so beschaffen sein, daß sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Erfahrung nicht glaubwürdig erscheint fauch i n diesem Punkte kann man wohl Entscheidungen finden, in denen der Gerichtshof spezielle Regeln dieser A r t festgestellt h a t \ Ich wende mich nunmehr zu dem Recht der V e r l e u m d u n g (slander). Man hat oft behauptet, daß Arglist hier eine der Vorbedingungen der Haftbarkeit ist, und die Rechtslehre ist gewöhnlich in dem Sinne gefaßt worden, daß Arglist vorliegen müsse, aber daß man sie von Rechts wegen vermute, sobald die verleumdenden Worte gesprochen sind. Dagegen könne man diese Vermutung der Arglist widerlegen, wenn man nachweist, daß die Worte unter Umständen gesprochen wurden, unter denen die Äußerung ausnahmsweise gestattet war, so z. B. wenn sie von einem Rechtsanwalt notwendigerweise bei seiner Rechtsausführung geschehen mußte oder von Seiten einer Person, die auf Anfrage über den Charakter bei seiner Rechtsausführung eines früheren Dienstboten im guten Glauben antwortet. Dieser Verteidigung kann dann wiederum der Kläger die Replik entgegensetzen, daß die Worte tatsächlich mit böser Absicht gesprochen worden sind. Alles dies klingt so, als wenn dieser A r t unerlaubter Handlungen ein tatsächlicher Vorsatz der Verletzung, wenn nicht ein böser W i l l e , zu Grunde hegen müsse. Und doch ist es nicht so. Denn obwohl der Gebrauch des Wortes Arglist (malice) in der Regel auf einen ursprünglich moralischen Gesichtspunkt hinzielt, so besagt doch der Satz, daß man einer Vermutung der Arglist unterliegt, wenn man gewisse Worte spricht, nichts 1
Was die tatsächliche Kenntnis bei dem Vorsatz betrifft, so vgl. Abhandlung I I S. 56.
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anderes], als daß die Tatsache des Sprechens solcher Worte für sich allein eine Klage nach sich zieht, mag ihre schädliche Folge gegenüber dem Kläger beabsichtigt gewesen sein oder nicht. Und dies stimmt mit der gemeinen Theorie überein, weil das offenbare Ziel der kränkenden Worte ist, die Person zu schädigen, über die sie geäußert worden sind. Anderseits besteht der tatsächliche Inhalt der Verteidigung hier nicht darin, daß der Schaden nicht beabsichtigt war, — das würde überhaupt keine Verteidigung sein —, sondern er besteht darin, daß, mag er beabsichtigt sein oder nicht, d. h. also selbst dann, wenn der Angeschuldigte ihn vorhersah und mit Vergnügen vorhersah, — die offenbaren Tatsachen und Umstände, unter denen die Äußerung geschehen ist, derartige waren, daß das Recht ihretwegen eine Schädigung des Klägers für weniger wichtig hielt als das Recht der freien Rede. Es ist schwieriger, dieselbe Schlußfolgerung auch auf das folgende letzte Prozeßstadium (d.h.eine etwaige Replik) anzuwenden, aber vielleicht ist dies doch möglich. Man sagt, daß der Kläger in dem Falle, daß der verletzende Ausspruch ausnahmsweise erlaubt war, falls dies von Seiten des Beklagten bewiesen wird, dem entgegentreten könne, indem er nachweise, daß sein Gegner tatsächlich aus Bosheit handelte, d. h. absichtlich den Schaden hervorrufen wollte, über den sich der Verletzte beklagt. Aber wie wird eine solche, tatsächliche Bosheit bewiesen ? Es geschieht dies, wenn man dartut, daß der Angeschuldigte die Unrichtigkeit seiner Behauptung kannte, oder daß seine unrichtigen Behauptungen weit über das hinausgingen, was durch die Sachlage gerechtfertigt war. Ist es nunmehr nicht völlig klar, daß das Recht auf eine ganz andere Sache Gewicht legt, als auf die Absicht des Verklagten ? Die Tatsache, daß der Angeschuldigte den Schaden des Klägers voraussah und zwar mit Vergnügen, ist ebensowenig von Bedeutung in diesem Falle, als sie es sein würde, wenn die Äußerung ausnahmsweise erlaubt gewesen wäre. Die Frage ist wiederum lediglich eine Frage nach der Kenntnis gewisser Dinge oder einem anderen Maßstabe, der außerhalb der Absicht liegt. Und was macht denn die Kenntnis wichtig? Es ist dies die Erwägung, daß der Grund, aus dem jemandem, ausnahmsweise erlaubt ist, falsche Beschuldigungen gegen seinen Nachbarn auszusprechen, hier fehlt. Es liegt im allgemeinen Interesse, daß man die Erlaubnis haben muß, die beste Auskunft, die man unter bestimmten Umständen geben
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kann, ohne Furcht zu erteilen, aber es liegt nicht im allgemeinen Interesse, daß jemals Lügen behauptet werden; und wenn jemand weiß, daß eine Behauptung falsch ist oder den durch die Sachlage gerechtfertigten Tadel übertreibt, so ist es nicht nötig, eine solche beschuldigende Behauptung zu erlauben, damit die Freiheit der Rede gewahrt werde. Deshalb fällt die Behauptung unter die gewöhnliche Regel, nach der Beschuldigungen auf die Gefahr ihrer Urheber geschehen, falls sie sich hinterher als falsch herausstellen, mögen nun dabei schlimme Folgen beabsichtigt sein oder nicht. Der Verklagte haftet auch hier nicht, weil er eine böse Absicht hatte, sondern weil er falsche Beschuldigungen erhob, ohne sie verteidigen zu können. W i r werden sehen, daß bei diesem Delikt die Gefährlichkeit des menschlichen Verhaltens in einem früheren Zeitpunkte beginnt, als dies bei dem Betrüge der Fall ist, da die Absicht der Verleumdung in noch höherem Maße schädlich ist, als die Betrugsabsicht. Es müssen hier gewisse, die Tat begleitende Umstände vorliegen. Es muß auf alle Fälle ein menschliches Wesen vorhanden sein, auf das die Verleumdung hinzielt. Es muß auch noch ein anderes lebendes Wesen in Hörweite vorhanden sein, welches die Behauptung vernimmt, und die Behauptung muß falsch sein. Aber es läßt sich begründen, daß der letzgenannte Umstand nicht dem Redenden bewußt zu sein braucht, wie dies ja sicherlich für Beschuldigungen gilt, die der Wahrheit nicht entsprechen, und daß man sogar die Gefahr einer unbedachten Behauptung tragen muß, sofern sie gehört wird, falls man sie nicht in einem Ausnahmefalle machte, in dem sie erlaubt war. Es würde keine große Verkürzung der freien Rede sein, wenn man dem Menschen das Recht, seinen Nachbarn eines Verbrechens zu beschuldigen, unbedingt abspräche, sogar dann, wenn der Redende sich einbildet, er sei allein (halte einen Monolog). Aber es ist nicht wahrscheinlich, daß das Recht so weit gehen wird, auch in diesem Falle eine Haftung festzustellen. Der nächste Fall der Haftbarkeit ist von verhältnismäßig geringer praktischer Bedeutung. Ich meine die Klage wegen a r g l i s t i g e r g e r i c h t l i c h e r V e r f o l g u n g (maiicious prosecution). Jemand kann von einem anderen Schadenersatz verlangen, weil dieser arghstig und ohne nachweisbaren Grund eine strafrechtliche oder in einigen Fällen eine zivilrechtliche Verfolgung gegen ihn veranlaßt hat, gestützt auf eine falsche Beschuldigung. Der
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Mangel eines nachweisbaren Grundes der Verfolgung bezieht sich natürlich lediglich auf das, was der Angeschuldigte weiß, nicht auf das, was er beabsichtigt. Es bedeutet dies die Abwesenheit beweisender Tatsachen, die dem Angeschuldigten bekannt waren, als er den Prozeß veranlaßte. Aber der Maßstab, nach dem hierbei die Kenntnis des Angeschuldigten behandelt wird, ist ebenfalls ein äußerer (d. h. außerhalb seiner Seele liegender). Die Frage ist nicht, ob er glaubte, daß die vorliegenden Tatsachen einen nachweisbaren Beschuldigungsgrund enthielten, sondern ob der Gerichtshof glaubt, daß dies der Fall gewesen sei. Nun wollen wir die Arglist bei diesem Delikt betrachten. Das Verhalten des Angeschuldigten besteht darin, daß er, auf Grund einer Beschuldigung, die tatsächlich falsch und nicht bei einer Verhandlung vor Gericht anerkannt worden ist, ein Verfahren veranlaßt. Darin wurzelt die ganze Angelegenheit. War die Beschuldigung wahr oder wurde der Kläger ihrer für überführt erachtet, so ist der jetzt Angeschuldigte gegen Haftung gesichert, auch wenn der Kläger nachweisen kann, daß man ihn mit Unrecht für überführt hielt, mag dabei die Arglist des Beschuldigten noch so groß gewesen sein und mag er noch so wenig Gründe dafür gehabt haben, seine Beschuldigung zu erheben. W i r wollen immerhin einmal voraussetzen, daß die Beschuldigung falsch ist und vor Gericht nicht durchdringt, dann kann man sehr leicht zu der Ansicht kommen, daß die Arglist ursprünglich nichts anderes bedeute, als einen bösartigen Beweggrund, eine Absicht, dem Kläger durch eine falsche Beschuldigung den Schaden zu bringen. Die Hilfe des Gesetzes ging also auch hier wieder von der Grundlage der Moral aus, indem ohne Zweifel die Veranlassung hierfür derjenigen ähnlich ist, von der altbewährte Regeln für Behandlung des Komplotts hervorgerufen worden sind, nämlich die Erwägung, daß Feinde eines Mannes möglicherweise versuchen können, ihn zu vernichten, indem sie das Strafrecht gegen ihn in Bewegung setzen. Da es strafbar war, sich zu einem solchen Zwecke zu verbinden, so wurde daraus, nicht ohne Zaudern, geschlossen, daß, wenn ein einzelner Mensch das gleiche versuchte, er aus ähnlichen Gründen haftbar sei 1 . Ich muß durchaus zugestehen, daß Gründe dafür sprechen, daß Arglist (malice) im gewöhnlichen Sinne heutzutage für einen besonderen 1
Vgl. K n i g h t v. G e r m a n , Cro. Eliz. 70; s. c., ebenda 134.
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Umstand gilt, der für sich bewiesen und von dem Schwurgericht ermittelt werden muß. Aber diese Ansicht kann nicht ohne Zögern angenommen werden. Man meint, daß einerseits das Vorhandensein eines nachweisbaren Beschuldigungsgrundes, an den der Angeschuldigte glaubte, ihn entlaste 1 , ungeachtet seiner etwaigen Bosheit, daß aber anderseits „es nicht genüge nachzuweisen, daß die Sachlage zur Rechtfertigung dieser besonderen Partei ausreiche, sondern sie muß auch dazu ausreichen, einen unbefangenen, einsichtigen und taktvollen Menschen dazu zu veranlassen, daß er sich danach richte; sonst kann sie aus allgemeinen Erwägungen als Rechtfertigungsgrund für das Vorgehen des Angeschuldigten nicht genügen" 2 . Einerseits wird Arglist für sich allein jemanden nicht für eine grundlose gerichtliche Verfolgung haftbar machen; anderseits wird seine Rechtfertigung nicht davon abhängen, was er von der Sachlage denkt, sondern von dem, was der Gerichtshof über sie denkt. Wenn hiernach seine tatsächliche moralische Beschaffenheit in so weitem Umfange außer Betracht bleibt, so ist es wenig glaublich, daß das Vorhandensein eines unlauteren Beweggrundes wesentlich sein sollte. Dies ist es, was Arglist in der Tat in unserem Falle bedeutet, sofern das W o r t überhaupt hier passend erscheint 3 . Denn die schlimmen Wirkungen einer erfolgreichen Anklage sind natürlich von dem beabsichtigt, der die Anklage verursachte. Ich kann mich der Annahme nicht erwehren, daß ein Schwurgericht i n dem Sinne belehrt werden muß, daß aus dem Wissen von der Unrichtigkeit der Anschuldigung oder dem Glauben an sie im Augenblick, in dem sie geschah, eine Schlußfolgerung auf Arglist gezogen werden müsse. Und ist dies so aus Gründen, die ich nicht zu wiederholen brauche, so ist nicht die Arglist das, worauf es ankommt, sondern es sind die Umstände, die der Angeschuldigte kannte. Nichtsdestoweniger ist es natürlich durchaus möghch zu behaupten, daß die Klage auf solche Fälle beschränkt werden soll, in denen eine Beschuldigung aus unlauteren Motiven hervorgebracht worden war, mindestens dann, wenn der Angeschuldigte an einen nachweisbaren Beschuldigungsgrund glaubte. Denn es ist offenbar nicht unbedenklich, dem, der den regelmäßigen 1 M i t c h e l l v. J e n k i n s , 5 B. & Ad. 588. 594; T u r n e r v. A m b l e r , 10 Qu. B. 272, 257, 261. 2 Kedfield, C. J. i n B a r o n v. M a s o n , 31, 189, 197. 2 M i t c h e l l v. J e n k i n s , 5 B. L . Ad. 588. 595.
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Prozeßgang in Bewegung bringt, deshalb eine Klage auf den Hals zu laden. Die erwähnte Beschränkung würde innerhalb des Rechts der zivilen Haftbarkeit nahezu alleinstehen. Aber die Natur dieses Delikts ist eigenartig und überdies ist es mit der hier entwickelten Theorie der Haftbarkeit sehr wohl vereinbar, daß sie in einem besonderen Falle auf ein Verhalten beschränkt werden soll, in dem jemand im Sinne der Moral ein Unrecht begangen hat. Der einzig noch übrige Fall einer Klage, in dem man den moralischen Seelenzustand des Angeschuldigten für erheblich halten kann, ist das K o m p l o t t (conspiracy). Die alte Klage, die diesen Namen erwähnt, war im wesentlichen der Klage wegen arglistiger Verfolgung gleich, und ohne Zweifel beschränkte sie sich ursprünglich auf Fälle, in denen mehrere Personen sich verbunden hatten, um einen anderen aus boshaften Beweggründen anzuschuldigen. Aber bei der modernen Action on the Case1 bedeutet, falls ein Komplott Gegenstand der Beschuldigung ist, der Klagegrund in der Regel nur, daß zwei oder mehr Personen in ihren Handlungen insoweit zusammengewirkt haben, daß die Handlung eines jeden zugleich die Gesamthandlung aller war. Um allgemein zu reden: die Haftbarkeit hängt nicht von dei g e m e i n s a m e n Handlung oder Verabredung ab, sondern von der Beschaffenheit dessen, was geschehen ist, indem man voraussetzt, daß mehrere Handlungen alle von ein und demselben vorgenommen worden sind, oder indem man gar nicht danach fragt, ob sie durch einen oder mehrere vorgenommen wurden. Es mag sicherlich Fälle geben, in denen der strafbare Erfolg nicht erreicht werden oder eine Beschuldigung nicht ordentlich bewiesen werden konnte, ohne daß mehrere sich zusammentaten. So z. B. die Absetzung eines Lehrers durch ein Schulkollegium. Daß hier einige zusammenwirken, hat keinen Einfluß, abgesehen davon, daß der Fall deshalb schwieriger zu beurteilen ist, aber man wird die Frage erheben, ob hier nicht, ungeachtet des Rechts des Kollegiums, den Lehrer abzusetzen, wegen der Absetzung eine Klage dann erhoben werden kann, wenn bewiesen wird, daß sie sich durch Übelwollen haben bestimmen lassen. Rechtspolitische Gründe verbieten zwar, wie man sagen kann, den Beweggründen der von den Mitgliedern eines Kollegiums getroffenen Entscheidung nachzuspüren. Doch entziehen die 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s .
Vgl. oben S. 75 A. 2, S. 70 A. 1.
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tatsächlich vorhandenen schlechten Beweggründe den Mitgliedern des Kollegiums diesen Schutz, falls keine anderen Gründe für ihre Entschuldigung vorhanden sind, weil die Gesetzgebungspolitik nicht verlangt, daß sie auf ihre Gefahr unfehlbar handeln, dennoch aber beansprucht, daß sie nach der Lage der Sache in ehrlicher Weise entscheiden sollen 1 . Es lassen sich vielleicht noch andere Beispiele, in denen, wie im letzterwähnten, ein tatsächliches Übelwollen die Haftbarkeit eines Menschen für sein Verhalten beeinflussen würde, auf verschiedenen Rechtsgebieten finden. Anderseits sagte man bei Beurteilung der Aneignung einer fremden Sache (trover), bei der die Herrschaft, die der Dieb ausübt, nur einen schwachen und zweifelhaften Charakter hat, daß der Dieb „die Absicht haben müsse, das Eigentumsrecht an der Sache in einer Weise auszuüben, die sich mit dem Besitzrecht des wirklichen Eigentümers nicht verträgt" 2 . Aber dies scheint lediglich nur ein schwacher Abglanz der oben entwickelten Lehre vom Diebstahl (larceny) zu sein und verlangt hier keine weitere oder besondere Erörterung. Die Entwendung (trover) 3 richtet sich, wie man allgemein annimmt, ebenso wie der Diebstahl (larceny) darauf, daß ein anderer seines Eigentums beraubt wird; obwohl in der Praxis ein jeder Besitzer deshalb eine Klage hat und, um allgemein zu reden, auch die kürzeste rechtswidrige Besitzvorenthaltung als Aneignung (conversion) der entwendeten Sache gilt. Mögen die Ausnahmen hiervon mehr oder weniger zahlreich sein, der allgemeine Zweck des Rechts der unerlaubten Handlungen geht dahin, den Menschen gegen ihre Nachbarn, falls diese ihre Person, ihren guten Ruf oder ihren Vermögensstand (estate) schädigen, Ersatzansprüche zu geben, nicht weil diese Handlungen unrecht sind, sondern weil sie Schaden tun. Die richtige Erläuterung des Zusammenhangs der Haftbarkeit mit moralischen Gesichtspunkten in dem ausgeführten Sinne liegt nicht darin, daß das Recht die Absicht hat, die Herzen der Menschen zu verbessern, sondern daß es jedermann die volle Möglichkeit geben w i l l , Beschädigungen anderer zu vermeiden, bevor er für sie haftbar wird. Es liegt dabei das rechtspolitische Streben vor, Unfälle da liegen zu lassen, wohin sie fallen, und eine vernünftige freie Bewegung für alle Menschen mit dem 1 2 3
Vgl. B u r t o n v. F u l t o n , 49 Tenu. S. 151. Rolfe, B. i n Sachen F o u l d e s v . W i l l o u g h b y , 8 Meeson & Welsby, 540. A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben S. 98 Anm. 1.
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Schutze gegen Unrecht, den der einzelne genießen soll, in Einklang zu bringen. Aber das Recht versucht nicht einmal, uns gegen alle Schäden zu schützen. Wollte es dies tun, so würde es unsern Nachbarn ihren Lebensgenuß beeinträchtigen, der ebenso wichtig ist, wie unser Wohl. Es gibt gewisse Dinge, welche das Recht dem Menschen erlaubt, sogar wenn er ihre Gefährlichkeit für einen anderen voraussieht. Man kann einen anderen wegen Verbrechens beschuldigen, falls die Beschuldigung wahr ist, man kann einen Geschäftsbetrieb beginnen, auch wenn man voraussieht, daß ein solcher Mitbewerb das Einkommen eines anderen Geschäftsmannes vermindert, vielleicht sogar diesen ruinieren wird. Man kann einen Bau errichten, der einen anderen Menschen von einer schönen Aussicht ausschließt, oder man kann unterirdische Wasser ableiten und dabei den Brunnen eines anderen entwässern. — Und noch manche andere Fälle derart könnten angeführt werden. Da jedes dieser Dinge mit Voraussicht der üblen Folgen geschehen kann, so dürfte es scheinen, daß sie mit Absicht geschehen sein müssen und sogar mit böswilliger Absicht, um haftbar zu machen. Der ganze Inhalt dieser Abhandlung und der vorhergehenden scheint auf diesen Schluß hinzuführen. Wenn der Zweck der Haftbarkeit lediglich darin besteht, gegen Schaden Sicherheit oder Ersatz zu gewähren, soweit man dabei die extreme Ansicht vermeiden kann, daß jedermann für bloße Unfälle selbst dann haften soll, wenn das Gesetz eine wissentliche Zufügung des Schadens gestattet, so würde es seltsam sein, falls immer das Vorhandensein einer Arglist bei Entscheidung der Frage von Einfluß sein sollte. Das kann sicherlich in einzelnen Fällen zutreffen, ohne daß die allgemeinen Gesichtspunkte, die hier vertreten sind, beeinträchtigt werden, aber man kann so etwas nicht überall erwarten, und die Praxis ist dagegen. Da das Recht einerseits gewisse Schädigungen gestattet, ohne auf die moralische Gesinnung dessen zu sehen, der sie zufügt, so kann es auch im entgegengesetzten Sinne aus rechtspolitischen Gründen die uneingeschränkte Gefahr gewisser Geschäfte auf die Person werfen, die sich auf solche Geschäfte einläßt, und nicht darauf achten, ob sie in irgend einem Sinne zu tadeln ist oder nicht. Beispiele dieser A r t sind in der dritten Abhandlung erwähnt worden und sollen auch unten erwähnt werden 1
Vgl. oben S. 115 ff.
H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands u n d Nordamerikas.
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Vierte Abhandlung.
Die meisten Fälle der Haftbarkeit wegen Unrechts liegen zwischen den erwähnten beiden Extremen und beziehen sich auf die Zufügung von Schäden, welche der Angeschuldigte vernünftigerweise damals vermeiden konnte, als er jemandem einen Schaden zufügte. Aber so schnell auch besondere Regeln der Haftbarkeit an die Stelle eines unbestimmten Hinweises auf den Durchschnittsmenschen ausgebildet werden, so finden sie bereits andere besondere Regeln vor, die auf rechtspolitische Gründe gestützt sind, und die Ursachen, denen sie ihren Ursprung verdankten, beginnen zu verblassen. So hat man, wie wir unmittelbar sehen werden, Haftungsregeln, welche dem Anscheine nach m i t dem Schuldbegriffe gar nichts zu tun haben, zuweilen auf eine fernliegende Schuld zurückgeführt, während andere Regeln, die von einem allgemeinen Nachlässigkeitsbegriffe ausgehen, ebenso leicht auf eine äußerliche rechtspolitische Erwägung gestützt werden können. Wenn man von den soeben erwähnten extremen Gesichtspunkten absieht, so ist leicht zu sehen, daß im allgemeinen die Grenzlinie feststeht, von der ab das Verhalten eines Menschen beginnt, für ihn selbst gefährlich zu werden. Versteht man den Gedanken, von dem aus diese Linie innerhalb des Rechts der unerlaubten Handlungen bestimmt wird, so besitzen wir einen allgemeinen Grundsatz der Klassifikation und einen Schlüssel zu dem gesamten Rechtszweig, insoweit nicht die Macht der Überlieferung einer festen Theorie im Wege steht. Durch das Vorhergehende ist ziemlich klar geworden, daß sich dieser gemeinsame Gedanke in einer B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r K e n n t n i s von Umständen findet, die eine Handlung oder ein Verhalten begleiten, das ohne diese Umstände rechtlich gleichgiltig sein würde. Aber ehe dieses Begriffsmerkmal erörtert wird, lohnt es sich zu bemerken, daß, sobald man von dem Gebiete der Bosheit zu dem der Absicht und Voraussicht hinabsteigt, möglicherweise ein gemeinsamer Charakter der darunterliegenden Stufe gefunden wird. „Voraussicht" ist ein brauchbares gemeinsames Begriffsmerkmal für die Rechtsverletzungen, die in dem Gebiete der arglistigen und der nachlässigen Handlungen vorkommen , und zwar auf beiden Teilen des Gebietes. Der Zweck des Rechts ist die Menschen zu sichern oder sie zu entschädigen wegen dessen, was ihnen die Mitmenschen zufügen, soweit sich dies mit
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anderen oben erwähnten Erwägungen vereinigen läßt, und natürlicherweise mit Ausschluß des Falles, daß eine solche Schädigung absichtlich von Rechts wegen ausnahmsweise erlaubt ist. Wenn jemand voraussieht, daß aus seinem Verhalten ein Schaden entspringen wird, dann gilt nicht, mehr der Rechtsgrundsatz, der ihn von den Folgen eines Unfalles befreit, und er ist haftbar. Aber er ist auch, wie erwiesen worden ist, verpflichtet, alles vorherzusehen, was ein vorsichtiger und einsichtsvoller Mann vorhergesehen haben würde. Und deswegen haftet er für jedes Verhalten, bei dem ein solcher Mann gemerkt haben würde, daß ein Schaden wahrscheinlicherweise folgen werde. Demgemäß würde es möglich sein, alle Nachlässigkeitsfälle i n zwei Gruppen zu teilen, nämlich d i e n a c h g e w i e s e n e o d e r d i e b l o ß v e r m u t e t e V o r a u s s i c h t . Es würde möglich sein, das Gebiet der Vermutung sogar noch weiter auszudehnen, wenn man die sehr ungenaue Regel anwenden wollte, daß man von jedem Manne vermutet, er beabsichtige die natürlichen Folgen seiner Handlungen; und man wird finden, daß diese Ausdrucksart tatsächlich gelegentlich gebraucht worden i s t 1 , ganz besonders im Strafrecht, wo der Begriff der Absicht weit festeren Fuß gefaßt hat als im Zivilrecht 2 . Die letzterwähnte Fiktion liegt ferner und ist weniger philosophisch gedacht als die vorhergenannte ; aber alles in allem ist die eine ebenso gut eine bloße Fiktion wie die, andere. Nachlässigkeit ist keine Voraussicht, sondern vielmehr der Mangel einer solchen —. Und wenn die Voraussicht vermutet würde, so würde die tatsächliche Grundlage dieser Vermutung und folgeweise das Wesentliche an ihr nur die Kenntnis der Tatsachen sein, welche die Voraussicht möglich machten. Indem wir nimmehr die Rücksicht auf die Kenntnis (des voraussichtlichen Schadens) als den richtigen Ausgangspunkt gewonnen haben, so ist die nächste Frage, wie die Umstände festzustellen sind, die in einem bestimmten Falle bewußt sein müssen, wenn jemand für die Folgen seiner Handlungen verantwortlich sein soll. Sie müssen derartig sein, wie sie einen verständigen Mann dazu gebracht haben würden, Gefahr zu wittern, obwohl nicht gerade notwendigerweise die besondere Beschaffen1
Vgl. z. B. Cooley, Torts, 164. R e x v. D i x o m , 8 Maule v. Selwyn, 11, 15; Reg. Y. Hicklin, L . R. 3 Q. B. 360; 5 C. & P. 266n. 10* 2
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heit des Schadens vorherzusehen war. Aber dies ist ein unbestimmtes Ding. W i e soll man entscheiden, worin solche Umstände bestehen? Die Antwort muß lauten: „durch Erfahrung". Allein es gibt noch einen Punkt, der in der vorigen Abhandlung und hier unentschieden gelassen worden ist und den wir berühren müssen. Es wurde angenommen, daß ein Verhalten, wie es für einen Mann von gewöhnlicher Einsicht unter den vorliegenden Umständen gefährlich erscheinen würde, als tadelnswert gelten muß, falls er es vornimmt. Immerhin ist auch das Gegenteil möglich. Man setze den Fall, daß unter der Drohung einer Lebensgefahr von seiten zwölf bewaffneter Männer jemand auf den Hof eines andern rennt und ein Pferd wegnimmt, um zu entfliehen. I n solchem Falle sieht er den Schaden eines anderen als Folge seiner Handlung voraus und entschließt sich trotzdem zu dieser Handlung. Und doch ist sie weder tadelnswert noch strafbar. Aber sie kann eine Klage nach sich ziehen, und der Oberrichter R o l l e entschied in diesem Sinne in Sachen G i l b e r t g e g e n S t o n e 1 . Wenn diese Entscheidung dem Recht entspricht, so erkennt sie doch mit voller Bestimmtheit an, daß, falls der Angeschuldigte den eingeklagten Schaden zu vermeiden in der Lage war, er sich damit hätte begnügen müssen. Und man kann wohl ausführen, daß man zwar vernünftig handelt, wenn man sein Leben so g u t , wie irgend möglich, schützt, daß aber doch kein Grund vorliegt, jedem zu gestatten, seine Unglücksfälle absichtlich und dauernd auf die Schultern anderer abzuwälzen. Aus dem bloßen Umstand, daß ein gewisses Verhalten eine Klage nach sich zieht, kann nicht geschlossen werden, daß das Recht dies Verhalten als ein Delikt ansieht oder es zu verhindern sucht. Nach unseren Gesetzen für Mühlen muß jemand Schadenersatz zahlen, wenn er des Nachbars Land unter Wasser setzt, in derselben Weise, wie er für Entwendung zahlen muß, falls er sich seines Nachbars Sachen aneignet. Und doch billigt das Gesetz hier die Überflutung fremden Landes und ermutigt dazu, damit Mühlen gebaut werden. Man darf nicht dem sittlichen Empfinden einen übergroßen Einfluß einräumen, wenn man bestimmte gesetzliche Unterscheidungen feststellt. Wollen wir den maßgebenden Gesichts1
A l e y n , 85; Style 72: im Jahre 1648. (vgl. B.G.B. § 904. Zusatz des Ubersetzers).
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punkt für die Haftbarkeit finden, wie können wir dann zwischen den Rechtsvorschriften für den Fall der Entwendung und den anderen für Mühlen geltenden unterscheiden? Oder zwischen einem Verhalten, das verboten ist, und einem solchen, auf dem nur eine Zahlungspflicht lastet? Der einzige Unterschied, den ich hier entdecke, liegt in der Verschiedenheit der Nebenumstände, die sich an die beiden Klassen menschlichen Verhaltens anknüpfen. I n dem einen Falle folgt aus dem Grundsatz: „in pari delicto potior est conditio defendentis" und aus der Ungültigkeit von Verträgen, die sich hierauf beziehen, daß ein bestimmtes Verhalten vom Recht nicht geschützt wird. I n dem anderen Falle liegt die Sache anders 1 . Diese Meinung wird durch die Tatsache bestätigt, daß nahezu alle Fälle, bei denen der Unterschied zwischen einem Verbot und einer Belastung mit Zahlungspflichten in Betracht kommt, die Anwendung dieser Grundsätze betreffen. Aber wenn dies wahr ist, so schließt die Haftbarkeit gegenüber einer Klage nicht notwendigerweise den Fall eines Unrechts i n sich ein. Und man kann dies zugeben, ohne im geringsten die Kraft der obigen Ausführung zu schmälern', derzufolge niemand für Zufälle, die er nicht vermeiden konnte, zu Schadenersatz verpflichtet sein soll. Es ist immerhin zweifelhaft, ob man der vom Oberrichter R o l l e aufgestellten Regel auch noch jetzt Anwendung geben würde. Der Rechtsfall mit der Rakete ( S c o t t gegen S h ep h e rd) und die Ausdrucksweise einiger Lehrbücher stehen dem mehr oder weniger entgegen 2 . Wenn diese letztere Ansicht dem Recht entspräche, dann müßte jede Handlung, die haftbar machen soll, nicht nur gefährlich sein, sondern sie müßte derartig sein, daß sie Tadel verdienen würde, falls ein Durchschnittsmensch sie vornähme. Wenn man jedoch von außerordentlichen Fällen absieht, wie es der Fall G i l b e r t g e g e n S t o n e ist, so stimmen die beiden erwähnten rechtlichen Maßstäbe überein und der Unterschied zwischen ihnen braucht im folgenden nicht weiter beachtet zu werden. Darum wiederhole ich, daß die Erfahrung den Maßstab liefert, um zu unterscheiden, ob die Größe der Gefährlichkeit 1
1 Kent (12t Aufl.), 467, n. 1; 6. Am. Law Rev. 723—725; 7. id. 652. 2 W m . Bl. 892, vom Jahre 1773; oben S. 91; Addison über Torts (4. Aufl.) 264, der die Jahrbücher 37. Hen. 37, pl. 26 anführt, eine Stelle, die kaum die weitgehende Behauptung beweist, für die sie angeführt ist. 2
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eines gewissen Verhaltens dazu genügt, die Gefahr auf den zu werfen, der es beobachtet. Die Erfahrung zeigt z. B., daß sehr viele Flinten, die man für nicht geladen hält, losgehen und Leute verletzen. Der gewöhnliche einsichtige und vorsichtige Mitbürger würde voraussehen, daß ein Schaden möglich ist, wenn er eine Flinte, die er vorher nicht geprüft hat, auf eine Menschenmenge richtet und den Hahn abdrückt, auch wenn ihm jemand gesagt hat, daß die Flinte nicht geladen sei. Darum kann man sehr wohl annehmen, daß jemand, der so etwas tut, es auf seine Gefahr tue, und daß, wenn ein Schaden daraus folgt, er für den Schaden verantwortlich ist. Alle die Körperbewegungen, die nötig sind eine Flinte irgend wohin zu richten und abzudrücken, sowie die Absicht und die Kenntnis von Nebenumständen, die zu Tage treten, wenn jemand solche Handlungen miteinander verbindet, sind durchaus vereinbar m i t einer völlig tadellosen Gesinnung des Täters. Sie drohen keinem einen Schaden an, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten. Aber der eine dazutretende Umstand, daß jemand i n der Schußlinie und der Schußweite der Waffe steht, macht das Verhalten offenbar gefährlich für den, der diesen Umstand kannte. Hier braucht man auch nicht weiter auf den vorsichtigen Durchschnittsmann hinzublicken oder auf allgemeine Erfahrungen. Hier haben die nackten Tatsachen bestimmte Lehrsätze hervorgerufen und einen greifbaren und in der Außenwelt liegenden Haftungsgrund geschaffen. W e r ein Zündhütchen auf einer Flinte, die auf einen Mitmenschen gerichtet ist, dessen Gegenwart er kannte, in Brand setzt, haftet für die Folgen. Die Frage, was ein vorsichtiger Mann unter besonderen bestimmten Umständen getan haben würde, ist dann gleichbedeutend mit der Frage, was die Erfahrung über die Gefährlichkeit dieses oder jenes Verhaltens unter diesen oder jenen Umständen lehrt; und da die belehrenden Erfahrungen die Natur von Tatsachen haben, so ist leicht zu begreifen, warum man die Schwurgerichte ihretwegen um Rat fragen soll. Sie sind immerhin Tatsachen einer besonderen und eigentümlichen Art. I h r einziger Einfluß zeigt sich bei der Frage, was im einzelnen Falle hätte getan oder unterlassen werden sollen, nicht aber bei der Frage, was wirklich getan worden ist. Und ihr Zweck ist eine Verhaltungsregel aufzustellen. Zuweilen werden Gerichtshöfe durch Tatsachen besonderer Natur dazu bestimmt, noch weitere Regeln zu schaffen, z. B- daß
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der Gesetzgeber eine bestimmte Vorschrift erlassen habe und der zu entscheidende Fall dem klaren Sinne der Worte dieser Vorschrift entspreche; oder daß die Lebensgewohnheiten einer in Frage stehenden Menschenklasse oder auch des gesamten Publikums (ohne Mitwirkimg des Gesetzes) eine Verhaltungsregel geschaffen haben, von der es wünschenswert ist, daß die Gerichtshöfe sie anerkennen und erzwingen. Auch solche Regeln sind von tatsächlicher Natur und in gerichtlichen Debatten zuweilen als solche behandelt worden. Aber da ihre einzige Bedeutung darin besteht, daß sie, wenn man ihnen glaubt, die Richter dazu bringen, eine Verhaltungsregel anzuerkennen, oder mit anderen Worten eine von ihnen angeregte Rechtsregel, so entsteht sehr schnell in vielen Fällen die Neigung, das von ihnen Vorausgesetzte nicht mehr als bloße Tatsache zu behandeln, falls sie als feststehende Rechtssätze Geltung erlangt haben 1 . Wenn die Tatsachen ungewiß sind, die bloße Beweggründe für Entscheidungen bilden, — gewissermaßen Gründe für eine spätere Gesetzgebung —, dann können die Richter sie in jeder Art, die ihrem Gewissen Genüge tut, feststellen. So erkennen die Gerichtshöfe in der Praxis das ohne weiteres an, was gewisse ihnen zusagende ältere Entscheidungen aufgestellt haben, obwohl sie die Grundsätze anderer Vorentscheidungen, deren Weisheit ihnen zweifelhaft erscheint, gern den Schwurgerichten zur Beurteilung überlassen 2 . Sie können auch kraft ihres Richteramts Kenntnis von einer kaufmännischen Gewohnheit einholen 8 . I n früheren Zeiten wenigstens konnten sie darüber Nachforschungen anstellen „in pais" 4 , nachdem ein Rechtseinwand (demurrer) 5 erhoben war 6 . Sie können sich auch auf die Feststellung eines besonderen Geschworenengerichts stützen, wie dies zur Zeit des Lord Mansfield und seiner Nachfolger geschah, oder auf das Urteil eines ge1
Vgl. C r o u c h v. L o n d o n & N. W . R. Co. 14 C. B. 255, 283; Calye's Case, 8 Co. ßep. 32; Co. L i t . 89a, n. 7; 1 Ch. PI. (1. Aufl.), 219 ( 6 t . Aufl.), 216. 217; 7. Am. L a w Rev. 656 ff. 2 Vgl. jedoch T h e P a w a s h i c k , 2 Lowell, 142. 3 G i b s o n v. S t e v e n s , 8 How. 384, 398, 399; B a r n e t t v. B r a n d ä o , 6 Man. & Gr. 630, 665; H a w k i n s v. C a r d y , 1 Ld. Raym. 360. 4 A n m . d. U b e r s e t z e r s . D. h. in unförmlicher Weise, von dem französischen en p a y s (Auskunft des Herrn Verfassers). Diese Wendung ist somit ein Seitenstück des römischen „de piano". 6 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Über Demurrer vgl. oben S. 84 Anm. 3. 6 P i c k e r i n g v. B a r k l e y , Style 132; W e g e r s t o f f e v. K e e n e , 1 Strange 214, 216, 223; S m i t h v. R e n d a 11, 6 T . R. 123, 124.
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wohnlichen Schwurgerichtes, falls es sich auf Zeugenaussagen gründet, wie das die Praxis hier zu Lande in der Gegenwart ist. Man wird aber viele Beispiele i n den Lehrbüchern finden, welche dartun, daß der tatsächliche Inhalt früherer Entscheidungen, wenn er als maßgebend anerkannt worden ist, bald aufhört erwähnt zu werden und einer (aus ihm gebildeten) Rechtsregel seinen Platz einräumt. Dieselbe Umwandlung der Dinge ist auch hinsichtlich der Lehren der Erfahrung wahrnehmbar. Es gibt ohne Zweifel viele Fälle, in denen der Gerichtshof zur Unterstützung seiner Urteile von einem Schwurgericht Gedanken entlehnen würde; aber es gibt auch ebenso viele, in denen die Lehren (der Erfahrung) zu besonderen Regehi formuliert worden sind. Diese Regeln sind, wie man finden wird, sehr verschieden, mit Rücksicht auf die große Zahl mannigfacher Nebenumstände, deren es bedarf, um die Gefahr eines ohne sie harmlosen Verhaltens auf den zu werfen, der es beobachtet. Da solche Umstände immer zahlreicher und verwickelter werden, so ist die Neigung den gordischen Knoten mit Hilfe des Schwurgerichtes zu durchhauen im Anwachsen begriffen. Es wird nützlich sein, um das Recht zu veranschaulichen, eine Reihe von Entscheidungen zu verfolgen, die mit einfachen Fällen beginnen und zu verwickeiteren fortschreiten. W i r werden besonders hervorheben, wie schwer es ist, Regeln, die auf anderen rechtspolitischen Gründen ruhen, als die Regeln, die wir für das Gebiet der Nachlässigkeit entwickelt haben, von den letzteren zu unterscheiden. I n all diesen Fällen wird man finden, daß eine freiwillige Handlung seitens der beschuldigten Person vorlag. Der Grund für dieses Erfordernis wurde in der vorhergehenden Abhandlung dargetan. Obwohl es nicht nötig ist, daß der Angeschuldigte das Übel, das er verursacht hat, beabsichtigte oder vorhersah, so ist es doch nötig, daß er durch freien Entschluß sein Verhalten bestimmte. Allein es ist ebenfalls erwiesen worden, daß ein solches freiwilliges Verhalten für sich allein nicht genügt, und daß oftmals sogar eine ganze Reihe von Handlungen oder Unterlassungen für sich allein ebenfalls noch nicht genügt, um eine Haftbarkeit zu begründen. Aber die Vornahme einer Reihe zusammenhängender Handlungen zeigt eine weitergehende Absicht, als wie sie bei der einzelnen Handlung notwendigerweise zutage t r i t t , und beweist zuweilen mit Sicherheit, daß der Handelnde einen oder mehrere der begleitenden Umstände kannte.
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Und es gibt Fälle, in denen ein Verhalten, in dem lediglich die Absicht und die Kenntnis, die mit ihr notwendigerweise verknüpft ist, genügen, um die Gefahr dieses Verhaltens auf den Täter zu werfen. Wenn z. B. jemand die Reihe von Körperbewegungen vornimmt, die man als „Gehen" bezeichnet, so wird für alle Fragen der Verantwortlichkeit angenommen, daß er mit seinem Wissen die Erde mit seinen Füßen berührt. Dies Verhalten für sich allein ist sicherlich ohne rechtliche Bedeutung. Jemand kann die Bewegungen des Gehens vornehmen, ohne daß ihm eine rechtliche Gefahr droht, z. B. wenn er dies auf einer ihm gehörigen Tretmühle t u t ; geht er aber mit denselben Bewegungen auf der Erdoberfläche, so weiß er zweifellos, worauf er geht. Infolge dieser Kenntnis hancfelt er in gewisser Hinsicht auf eigene Gefahr. Übertritt er des Nachbars Grenze, so begeht er ein Unrecht. Die Gründe dieser strengen Regel sind zum Teil schon in der vorigen Abhandlung erörtert worden. Vielleicht stecken in ihr mehr geschichtliche Überlieferungen oder vergangene oder auch gegenwärtige Gedanken rechtspolitischer Art, als dort angedeutet wurde. Und auf jeden Fall ist es nicht meine Absicht, die Regel zu rechtfertigen. Aber verständlich ist sie immerhin. Jemand, der geht, weiß, daß er über die Erdoberfläche schreitet, er weiß, daß er von Privatgrundstücken umgeben ist, die er nicht betreten darf, und er weiß auch, daß diese Bewegung, wenn er sie nicht in Schranken hält, ihn.in diese Grundstücke hineinbringen wird. Dadurch wird er gewarnt, und die Last seines Verhaltens fällt damit auf ihn. Allein die Tatsache des Gehens wirft nicht die Gefahr aller möglichen Folgen auf ihn; er kann jemanden auf der Straße überrennen, aber er haftet dafür nur, falls er dies nachlässigerweise getan hat. Da das Recht vom Zwielicht der Überlieferung verdunkelt ist und wir nur schwer zu einer völlig befriedigenden Theorie kommen können, muß man diese leicht verständliche Unterscheidung machen, die sich an die Beschaffenheit und den Grad verschiedener Gefahren anlehnt, wie sie in einer bestimmten Sachlage zusammentreffen. Von dem einfachen Falle des Gehens können wir zu dem verwickeiteren Falle vorschreiten, daß jemand greifbare fremde Gegenstände berührt. Man kann im allgemeinen sagen, daß jedermann fremde Sachen auf seine Gefahr anrührt. Es macht nichts aus, wie ehrlich seine Überzeugung ist, daß sie ihm ge-
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hören oder jedermann preisgegeben sind, oder daß er eine besondere Erlaubnis des Eigentümers besitze, oder daß das Recht in dem vorliegenden Ausnahmefalle das Eigentumsrecht beschränkt. Er n i m m t den Ausfall seiner Handlung auf sich, und ist dieser anders, als er erwartet, dann muß er für sein Verhalten haften. W i e soeben angedeutet wurde, weiß er, daß er mehr oder weniger Gefahr läuft, fremde Eigentumsbefugnisse auszuüben oder ein fremdes Eigentum zu verletzen. Er muß sich rechtfertigen, wenn man es von ihm verlangt. Mag nun diese strenge Regel auf den allgemeinen Haftungsgründen beruhen oder auf einer besonderen Erwägung vergangener oder gegenwärtiger Rechtspolitik, jedenfalls hat eine solche Politik ihre Grenzen abgesteckt, wie dies in der vorhergehenden Abhandlung erwähnt wurde. Ein anderer Fall, in dem eine Partei auf ihre Gefahr handelt, ohne mehr Umstände zu kennen, als notwendigerweise in ihrer Handlung liegt, ist darin zu sehen, daß jemand einen Tiger oder Bären hält oder ein anderes Tier, welches im allgemeinen als wild bekannt ist. Reißt solch ein Tier aus und richtet Schaden an, so ist der Eigentümer haftbar, lediglich deshalb, weil er es hielt. Bei diesem Beispiele wird man besonders bemerken, daß der Augenblick der bewußten Handlung des Beschuldigten innerhalb der Kausalreihe, die sich an ihn anschließt, verhältnismäßig weit von dem Erfolge, wegen dessen geklagt w i r d , entfernt ist. I n der Regel entsteht die Haftbarkeit aus einer Handlung, die dem eingeklagten Schaden unmittelbar als Ursache vorherging. Aber hier kommt es gewöhnlich gar nicht darauf an, ob das Tier nachlässigerweise bewacht worden ist. Meistens, wenn nicht immer, genügt es, daß der Eigentümer es halten wollte. Die Erfahrung lehrt, daß Tiger und Bären leicht Mittel und Wege finden, zu entwischen, und daß, wenn sie es tun, es ziemlich sicher ist, daß sie einen emstlichen Schaden anrichten werden. Die Möglichkeit eines großen Schadens hat dieselben Folgen, wie die Wahrscheinlichkeit eines geringeren, und das Recht wirft die Gefahr dessen, was vorkommen kann, auf den, der die menschliche Gesellschaft gefährdet. Diese große Entfernung zwischen dem Willensakt und dem daraus eingetretenen Schaden führt nun weiter zu dem Nachweis, daß die Gefahr auf den Tiereigentümer aus anderem Grunde fällt, als aus dem gewöhnlichen Grunde einer unvorsichtigen Handlungsweise. Es wurde angedeutet, daß die Haftbarkeit hier auf
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einer Unachtsamkeit beruht, die eine Zeitlang zurückliegt 1 . Aber das Recht verbietet keineswegs, eine Menagerie zu haben, und tadelt ein solches Verhalten nicht. Es hält nahezu denselben strengen Grundsatz bei Handlungen fest, bei denen noch offensichtlicher ein Nutzen für die menschliche Gemeinschaft zutage tritt, als bei der Schaustellung wilder Tiere. Es scheint dies einer der Fälle zu sein, in denen der Grund der Haftbarkeit sowohl i n rechtspolitischen Erwägungen als auch in der Überlieferung gesucht werden muß, weit eher als in irgendeinem ¡tadelnswerten Verhalten oder in einer Möglichkeit den Schaden zu vermeiden, wie sie in der Regel dem Menschen gewährt ist. Aber die Tatsache, daß eine frühere Unachtsamkeit die Haftung rechtfertigt, gibt ein Beispiel für die obige Bemerkimg, wie schwer es ist, zu entscheiden, ob sich eine bestimmte Regel auf besondere Gründe stützt, oder ob sie sich in dem Gebiete der Rechtsvorschriften über Nachlässigkeit entwickelt hat, sobald eine solche Regel überhaupt festgestellt worden ist. Es ist ferner zu beachten, daß man nicht danach fragt, ob der Angeschuldigte die Natur der Tiger kannte, obgleich, wenn dies nicht der Fall ist, man nicht sagen kann, daß er mit Einsicht handelte, als er seinen Mitmenschen einer Gefahr aussetzte. Gerade hier, wo es sich um die Kenntnis gewisser Dinge handelt, arbeitet das Recht, wie gewöhnlich, mit Durchschnittsmaßstäben. Die Gefährlichkeit der Tiger und Bären ist so allgemein bekannt, daß jemand, der sie hält, der Vermutung unterliegt, ihre Eigenart zu kennen, mit anderen Worten, er kennt tatsächlich die Zähne, Klauen und dergleichen Waffen seines Tieres und muß auf eigene Gefahr sich alles übrige klar machen, was ein Durchschnittsmensch wissen würde. Was bei der Schädigung durch wilde Tiere g i l t , das gilt auch für eine gewisse A r t von Beschädigungen durch Haustiere, nämlich für das Betreten fremder Grundstücke. Davon war in früheren Abhandlungen die Rede (vgl. S. 23. 81. 96). Eine bloße Rückverweisung wird hier wohl genügen nebst einem Hinweise auf den Unterschied, der nach Erfahrung und Rechtspolitik zwischen den voraussichtlichen und den nicht voraussichtlichen Schäden besteht. Das Vieh schweift im allgemeinen gern herum und beschädigt bebautes Land, wenn es darauf tritt. Dagegen verletzt es nur ausnahmsweise Menschen. 1
C a r d v. Case 5 C. B. 622, 634; vgl. Austin (3. Aufl.) 513.
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Ich brauche nicht darauf zurückzugreifen, daß die letzterwähnten Formen der Haftbarkeit mit der römischen noxae deditio zusammenhängen, weil, mag dies erwiesen sein oder nicht, der rechtspolitische Grund der Regel jedenfalls als vernünftig anerkannt worden ist und man sogar in England in den allerletzten Jahren diese Regel dahin weiter ausgedehnt hat, daß jemand ein Tier auf seine Gefahr halten muß, wenn er es auf sein Grundstück bringt und dort hält, falls es wahrscheinlich ist, daß es Schaden bringen werde, wenn es wegläuft 1 . Die Strenge dieses Grundsatzes wird i n der Rechtspflege verschiedener Zeiten und Völker abwechseln, je nachdem die Rücksicht auf das Gemeinwohl dem Hinblicke auf die Gefahren der Einzelnen vorgezogen wird oder nicht. Die Gefahr des Schadens für einen anderen ist nicht das einzige, was man beachten muß, wie soeben ausgeführt worden ist. Das Recht erlaubt uns, gewisse Schäden den anderen absichtlich zuzufügen und folgeweise auch gewisse Gefahren absichtlich heraufzubeschwören. I n einzelnen Staaten des Westens wird daher nicht verlangt, daß die Leute ihr Vieh mit einem Zaun umgeben; einige Gerichtshöfe haben es abgelehnt, der Entscheidung in Sachen R y l a n d s g e g e n F l e t c h e r zu folgen 2 . Anderseits hat man einen ähnlichen Grundsatz auf künstliche Wasserbehälter, Senkgruben, Schneehaufen und Eisstücke, die sich auf einem Dache nach dessen Beschaffenheit ansammeln, und für Grenzmauern angewandt 8 . I n diesen Fällen, wie bei den wilden Tieren, kann der Angeschuldigte nicht für sich geltend machen, daß er die schwache Stelle des Käfigs, von der aus das gefährliche Wesen ausbrach, nicht kannte und auch nicht ermitteln konnte. Der Augenblick seines freien Entschlusses (das Tier zu halten) lag weiter zurück, und wenn auch dieser Entschluß kein tadelnswerter war, so war doch der Tierhalter auf seine Gefahr dazu verpflichtet, zu wissen, daß das Tier seinen Nachbarn beständig Schädigungen androhte und dies genügt dazu, ihm die Gefahr seiner Berufstätigkeit aufzuerlegen. Ich gehe jetzt zu Fällen über, die etwas verwickelter sind, als die bisher betrachteten. Bei ihnen muß noch ein anderer begleitender Umstand vorliegen, der der Partei bekannt ist, 1
R y l a n d s v. F l e t c h e r , L . R. 3 H. L . 330, oben S. 166. Vgl. M a r s h a l l v. W e l w o o d , 38 N. J. (9 Vroom), 339; 2. Thompson, Negligence, 1234, n. 3. 8 G o r h a m v. G r o s s , 125 Mass. 234 oben S. 121 Anm. 1. 2
Betrug, Arglist und Vorsatz. Die Theorie der unerlaubten Handlungen.
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neben den Umständen, deren Kenntnis aus ihrem Verhalten notwendigerweise oder aus praktischen Gründen folgte. Derartige Fälle, die sich natürlicherweise aufdrängen, betreffen wiederum Tiere. Die Lebenserfahrung, wie sie vom englischen Rechte gedeutet wurde, hat erwiesen, daß Hunde, Schafböcke und Ochsen im allgemeinen eine zahme und milde Natur haben, und daß es eine Ausnahmeerscheinung ist, falls eines dieser Tiere die Neigung zeigt zu beißen, zu stoßen oder mit dem Horn zu stechen. Folgeweise ist es nicht Rechtens, daß jemand Hunde, Schafböcke, Ochsen und ähnliche zahme Tiere nur auf seine Gefahr hin halten darf, bloß weil sie anderen Schaden tun können, er müßte denn wissen und erfahren haben, daß das von ihm gehaltene Tier ungewöhnliche gefährliche Neigungen hat, die es zuweilen an den Tag legt. Das Recht ist jedoch durch Sondergesetze in vielen Gebieten der Rechtspflege noch etwas näher an die Erfahrung des täglichen Lebens herangerückt. W i r wollen nunmehr noch einige Stufen weitergehen und annehmen, daß jemand ein ungebändigtes und störrisches Pferd hält, von dem er weiß, daß es so ist. Das genügt noch nicht, um die Gefahr, die von solchem Verhalten des Pferdes ausgeht, ihm aufzuerlegen. Der Trieb, der in der dem Tierhalter bekannten Wildheit des Tieres steckt, ist nicht unter allen Umständen gefährlich', sondern nur unter bestimmten Uniständen. Man setze ferner den Fall, daß er den Versuch macht, das Pferd zu bändigen; darin liegt auch noch keine Gefahr für das Publikum. Wenn dagegen der Eigentümer es an einer von Menschen belebten Straße zu bändigen sucht, so kennt er einen Nebenumstand seiner Handlung, der sie nach gemeiner Erfahrung gefährlich macht, und muß daher die Gefahr des etwa eintretenden Schadens tragen 1 . Wenn anderseits jemand, der ein guter Reiter ist, ein anscheinend fehlerloses Pferd kauft und aufsteigt, um nach Hause zu reiten, so würde in diesem Falle keine derartige offensichtliche Gefahr vorliegen, daß man ihn dafür verantwortlich machen könnte, falls etwa das Pferd störrisch werden und dabei einen Schaden anrichten sollte 2 . Die Erfahrung hat abgemessen, was wahrscheinlich ist, und danach die Grenzlinie zwischen beiden soeben angeführten Fällen gezogen. Was auch immer die richtige Erklärung der Regel sein mag, 1 M i t c h i l v. A l e s t r e e , 1 Vent. 295; s. c., 3 Keb. 650; 2 Lev. 172; oben S. 93. 2 H a m m a c k v. W h i l e , 11 C. B. N. S. 588.
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Vierte Abhandlung.
die auf das Halten eines Tigers angewandt wurde, oder des maßgebenden Grundsatzes in Sachen R y l a n d s g e g e n F l e t c h e r , jedenfalls sind wir bei den letztgenannten Fällen in den Bereich der Nachlässigkeit eingedrungen, und wenn wir einen Fall voraussetzen, der gewissermaßen zwischen den beiden vorher besprochenen liegt, und dem verwickelten Tatbestande noch etwas hinzufügen, so werden wir finden, daß dann wahrscheinlicherweise der Gerichtshof beide Fragen, ohne viel nachzudenken, dem Schwurgericht zur Entscheidung überlassen würde; nämlich die Fragen nach dem vorliegenden Verhalten und nach dem Maßstabe für dieses Verhalten. Es würde dies dann mit der weitgefaßten Fragestellung geschehen, ob der Angeschuldigte so gehandelt habe, wie dies ein vorsichtiger Mann unter den vorliegenden Umständen getan haben würde. Was die Rechtswidrigkeit betrifft, die man arglistig oder vorsätzlich nennt, so bedarf es nicht einer nochmaligen Erwähnung ihrer verschiedenen Klassen, auch nicht ihrer Einstellung in die angegebenen Gruppen. W i e wir gesehen haben, ist die Zahl der Umstände, deren Kenntnis bei ihnen vorausgesetzt wird, verschieden. Die Verleumdung ist ein Verhalten, das im allgemeinen auf Gefahr des Redenden geschieht, weil Behauptungen, die man verleumderisch nennen kann, ganz offenbar schädlich sind und deshalb die Fragen, die bei ihr tatsächlich vorkommen, zum größten Teile dahin gehen, ob die Wahrheit gesprochen worden oder die Äußerung durch eine Ausnahmevorschrift erlaubt gewesen sei. Der Betrug setzt noch mehr Nebenumstände voraus, aber immerhin einfache. Falsche Behauptungen ziehen den in Frage stehenden Schaden nicht nach sich, sofern sie nicht unter solchen Umständen gemacht sind, die natürlicherweise den anderen Teil dazu bestimmen mußten, sich nach ihnen zu richten, und die außerdem auch aus unzulänglichen Gründen geschehen sind. Es ist immerhin nicht ohne Bedeutimg, daß gewisse Rechtswidrigkeiten mit Worten beschrieben werden, die das Vorhandensein einer Absicht in sich schließen. Der Schaden wird in solchen Fällen gewöhnlich absichtlich zugefügt. Und wenn bewiesen wird, daß er beabsichtigt war, dann bedarf es nicht des Beweises, daß der Angeschuldigte Umstände kannte, die den Eintritt des Schadens wahrscheinlich machten. Ja es ist oft sogar viel leichter eine Absicht unmittelbar zu beweisen, als die Kenntnis darzutun, die jenen Nachweis überflüssig machen würde.
Betrug, Arglist und Vorsatz. Die Theorie der unerlaubten Handlungen.
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Die Fälle, in denen jemand als verantwortlicher Urheber eines vorliegenden Schadens behandelt wird, dehnen sich einerseits über das Gebiet solcher Fälle aus, in denen die Stellungnahme des Beschuldigten zu den schädlichen Folgen seines Verhaltens beobachtet worden war und bei denen man daher sagen kann, daß er den Schaden beabsichtigt hat. Und anderseits dehnen sie sich auch nicht auf alle Fälle aus, in denen der Schaden nicht eingetreten sein würde, falls nicht der Beschuldigte früher einmal eine bewußte Handlung vorgenommen hätte. Um allgemein zu reden: der Willensakt des Täters wird hier darin gesehen werden, daß er mehr als eine einfache Handlung vorgenommen hat und mehrere Handlungen zu einem Gesamtverhalten von ihm vereinigt worden sind. Gewöhnlich wird sich diese Verbindung von Handlungen noch weiter ausgedehnt haben, bis schließlich sein Verhalten in die Außenwelt hinein wirkte. Aber im allgemeinen wird man finden, daß die Wirksamkeit des Verhaltens in der zum Gegenstand der Klage gemachten Folge ihren Abschluß gefunden hat. Die Frage ist i n jedem Falle, ob der Willensentschluß des Beschuldigten oder, mit anderen Worten, das tatsächlich ins Auge gefaßte Ergebnis der entfernteren Folge, wegen deren später Klage erhoben wird, nahe genug war, um die Gefahr auf den Täter fallen zu lassen. Viele der bisher angeführten Fälle sind derartig, daß die nächste Ursache des eingetretenen Schadens von dem Angeschuldigten beabsichtigt war. W i r werden sehen, daß dasselbe Ergebnis durch eine willkürliche Handlung verursacht sein kann, die an verschiedenen Stellen der tatsächlich vorliegenden Kausalreihe eingreift. Z. B. es wird jemand verklagt, weil er die Vernichtung des Nachbarhauses durch Brand verursacht hat. Der einfachste Fall ist, daß er tatsächlich beabsichtigte, es niederzubrennen. Ist dies der Fall, dann kommt es auf die physikalische Kausalreihe, die zwischen dem Vorsatz und der Vollendung steht, nicht weiter an. Sie hat keinen Einfluß auf den Fall. Aber die willkürliche Handlung des Täters kann möglicherweise etwas früher in der Vergangenheit liegen. Es ist möglich, daß der Angeschuldigte auf seinem eigenen Grundstücke ein Feuer anzünden wollte und dabei garnicht beabsichtigte das Nachbarhaus niederzubrennen. Dann ist die Beschaffenheit der physikalischen Tatsachen, die dazwischen treten oder vorangehen, von höchster Bedeutung. Man wird dann nach dem Grade der
Vierte Abhandlung.
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Gefahr fragen, der sich mit dem ins Auge gefaßten und deshalb gewollten Erfolg verband, den das Verhalten des Verklagten unter den ihm bekannten Umständen hatte. War die Gefahr offensichtlich und sehr groß, wie z. B. falls er Stoppeln neben einem Heuschober dicht am Hause anzündete, bestanden die Nebenumstände darin, daß das Haus aus Holz erbaut war, die Stoppeln aber sehr trocken waren und der W i n d sich in einer gefährlichen Richtung bewegte, so würde er wahrscheinlich vom Gerichtshof für haftbar erklärt werden. Zündete aber der Angeschuldigte ein gewöhnliches Feuer in einem Kamin des Nachbarhauses an, ohne daß er wußte, daß dieser Kamin schlecht gebaut und dadurch gefährlich war, so würde der Gerichtshof wahrscheinhch erkennen, dsß er nicht haften müsse. Zwischen beiden Möglichkeiten liegen verwickelte und zweifelhafte Fälle, die das Gericht den Geschworenen zur Beurteilimg überlassen würde. Aber vielleicht beabsichtigte der Angeschuldigte überhaupt nicht das Feuer anzulegen, sondern sein Verhalten und Vorsatz ging vielleicht nur dahin eine Flinte abzufeuern, oder (um einen Fall zu nennen, bei dem Ursache und Erfolg noch weiter auseinander liegen) er beabsichtigte nur durch ein Zimmer zu gehen und warf dort dabei unfreiwillig eine Flasche mit ätzender (leicht entzündbarer) Flüssigkeit um. Die Beurteilung solcher Fälle kann das Gericht den Geschworenen überlassen, weil hier der bewußte W i l l e des Täters in der gesamten Reihe der Ereignisse ziemlich weit zurückliegt, und weil die Nebenumstände der Tat verwickelt sind. Der Unterschied unter solchen Fällen ist vielleicht von größerem Interesse für den dramatischen Dichter als für den praktischen Juristen. Die im philosophischen Geist gehaltene Zergliederung jeder rechtswidrigen Tat beginnt jedoch mit der Feststellung dessen, was der Angeschuldigte tatsächlich gewollt hat, d. h. was seine freiwillige Handlung oder sein Verhalten gewesen ist, und welche Folgen er tatsächlich als Ergebnis dieses Verhaltens erwartete. Dann geht man dazu über, festzustellen, welche Gefahren mit dem Verhalten des Angeschuldigten unter den ihm bekannten Umständen verbunden waren, d. h. zu ihren Folgen, die unter diesen Umständen zu erwarten waren. Man denke an das Abprallen des Pfeiles von einem Baume, wie es im Falle des Sir W a l t e r T y r r e l 1 geschah. Wenn ein erfahrener 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s .
W i l l i a m Rufus, der Sohn Wilhelms des
Betrug, Arglist und V r a t .
Die Theorie der unerlaubten Handlungen.
Jßl
Bogenschütze erwartete, daß sein Pfeil eine bestimmte Person treffen werde, cadit quaestio, d. h. die Sache ist außer Frage. Wenn er erwartete, daß der Pfeil in der Richtung auf eine bestimmte Person gehen würde, aber nicht mehr als dies erwartete, so müßten wir bei Beurteilung seiner Haftbarkeit nach dem Ziel fragen, auf das seine Voraussicht hinwies, und wenn wir annehmen, daß der vorhergesehene Erfolg eingetreten ist, in Betracht ziehen, worin damals die offensichtliche Gefahr bestand. Aber wenn kein solcher Erfolg vorhergesehen wurde, dann muß der Bogenschütze nach den Umständen beurteilt werden, die ihm bekannt waren, als er den Schuß abgab. Die Theorie der unerlaubten Handlungen (torts) kann hiernach ziemlich kurz zusammengefaßt werden. An den beiden äußersten Punkten dieses Rechtszweiges stehen Regeln, die durch Rechtspolitik bestimmt sind, ohne daß dabei irgendwie auf moralische Gesichtspunkte Bezug genommen wird. Gewisse Schäden darf der Mensch sogar in boshafter Weise zufügen; für gewisse andere muß er haften, auch wenn sein Verhalten vorsichtig und dem Gemeinwohle dienstlich war. Aber in der Hauptsache ging das Recht von den absichtlichen Verletzungen aus, die die einfachsten und am schärfsten ausgeprägten Fälle sind, und die zugleich dem Rachegefühl, das zur Selbsthilfe leitet, am nächsten stehen. Darum nahm das Recht natürlicherweise die Ausdrucksweise und bis zu einem gewissen Grade auch die Maßstäbe der Moral an. Aber als es sich weiter entwickelte, wurden seine Maßstäbe notwendigerweise an Dinge der Außenwelt angeknüpft, selbst wenn man fortfuhr, sie den moralischen Maßstäben anzupassen, weil man bei ihnen nicht mehr darnach fragte, was die tatsächliche Lage des besonderen Angeschuldigten war, sondern ob dessen Verhalten ein Unrecht gewesen sein würde, wenn es von einem tadellosen Durchschnittsmenschen vorgenommen wäre, einem Menschen, nach dessen Vorbilde er sich auf seine Gefahr zu richten hatte, wie man von ihm erwartete. I m allgemeinen wird man diese Frage erledigen, indem man auf den Grad der Gefahr blickt, der das Verhalten des Angeschuldigten unter den bekannten Umständen begleitet. Liegt die Gefahr vor, daß ein anderer beschädigt werden kann, so stellt Eroberers, wurde auf diese Weise durch den von T y r r e l abgeschossenen Pfeil getötet. History of the British Empire by W i l l i a m Francis Collier. London 1903, p. 55. H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands u n d Nordamerikas.
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Vierte Abhandlung.
Betrug, Arglist usw.
die Handlung im allgemeinen nach dem Sinne des Gesetzes ein Unrecht dar. Aber in einigen Fällen ist es möglich, daß das Verhalten des Angeschuldigten kein moralisches Unrecht ist und er doch mit der Absicht gehandelt hat, einen anderen zu schädigen, so z. B., wenn er aus Furcht für sein Leben handelte. I n solchen Fällen haftet er für Schaden oder auch nicht, je nach dem das Recht nur für eine moralische Schuld in solchen Fällen haften läßt oder es für genügend hält, daß der Angeschuldigte vernünftigerweise Umstände beachten konnte, die ihn vor der drohenden Gefahr warnten. Immerhin ist in den meisten Fällen eine derartige Unterscheidung ohne praktische Bedeutimg, und man kann i n der bewußten Schädigungsabsicht unter den dem Täter bekannten Umständen den allgemeinen Maßstab für das menschliche Verhalten sehen. Ob aber jemand beabsichtigt hat, unter den vorhegenden Un> ständen einen Schaden hervorzurufen, muß auf dem Boden der Erfahrung festgestellt werden. Und die Erfahrung entwickelt unausgesetzt, entweder unmittelbar oder mittelbar, durch den Spruch des Schwurgerichts handgreifliche Regeln, welche mehr und mehr auf äußere Dinge Bezug nehmen und sich von einer Bezugnahme auf die moralische Beschaffenheit des Angeschuldigten entfernen, noch mehr, als dies selbst der Maßstab des verständigen Mannes t u t , ein Maßstab, der die erste Stufe einer Scheidung von Recht und Moral bildete. Die Erfahrung tut dies auf dem Gebiete der vorsätzlichen Verfehlungen grundsätzlich ebenso, wie bei den Verletzungen, die man unabsichtliche oder fahrlässige nennt. Allein während das Recht in solcher Weise fortwährend seinen Bestand an besonderen Regeln vermehrt, nimmt es doch nicht den schroffen und unpolitischen Grundsatz an, daß jedermann immer auf eigene Gefahr handele. I m Gegenteil erweisen seine besonderen Regeln ebenso gut, wie die allgemeinen Fragen, die an Geschworene gestellt werden, daß der Angeschuldigte mindestens eine volle Möglichkeit besessen haben muß, der Zufügung des Schadens auszuweichen, ehe er für eine Folge seines Verhaltens verantwortlich wird. Und man kann sicherlich behaupten, daß selbst die volle Möglichkeit, die Zufügimg eines Schadens zu vermeiden, nicht dazu genügt, einer Person die Gefahr ihres Verhaltens aufzuerlegen, sofern sie nicht auch nach Durchschnittsmaßregeln wegen ihrer Tat zu tadeln ist.
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Fünfte Abhandlung. Der Empfänger anvertrauter Sachen (bailee) im gemeinen englisch-amerikanischen Rechte 1 , Bisher beschränkten sich unsere Erörterungen auf die allgemeinen Grundsätze der Haftbarkeit und auf die Art, wie man eine Grenzlinie gewinnt, bei deren Überschreitung der Mensch auf eigene Gefahr zu handeln beginnt. Allein, ob er auf eigene Gefahr handelt oder nicht, macht für ihn dann nichts aus, wenn kein Schaden daraus entsteht, und es muß immer jemand sich innerhalb des Bereiches der Tragweite seiner Tat befinden, damit eine Schädigung möglich ist. Außerdem gibt es, was uns unserem Zielpunkte näher führt, bestimmte Schädigungsformen, deren nachteilige Wirkungen nicht zu erwarten sind und nicht zum Gegenstande einer Klage gemacht werden können, sofern nicht der Verletzte in einer besonderen Beziehung zu dem Kläger oder zu einer anderen Person oder Sache steht. Daher liegt weder ein Schaden noch ein Unrecht vor, wenn jemand Fische 1 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Das b a i l m e n t ist eine Begriffsbildung, die zwischen dem römischen Kealkontrakt und einzelnen Formen dieser Kontraktsart i n der Mitte steht. Die folgende Abhandlung stellt k l a r , daß sie aus der Eigenart der englischen Prozeßformulare herausgewachsen ist, gerade wie sich die Begriffe des römischen Rechts aus (andern) Prozeß form ularen entwickelt haben. Ist der Name eines solchen Begriffs erst in die Sprache übergegangen, so erhält er sich, selbst wenn die Prozeßformen, die ihn geschaffen haben, wegfallen und seine praktische Notwendigkeit zweifelhaft wird. Dem deutschen Juristen w i r d dieser Name und der ihm entsprechende Begriff leicht fremdartig erscheinen, und es dürfte sich daher empfehlen, daß er die Abhandlung V I I (Geschichte der englischen Kontrakte) vor der Abhandlung V liest. Die Ausführungen des Verfassers legen übrigens den Gedanken nahe, ob nicht der englische Begriff des bailment auch für uns durch § 868 B.G.B, lebensfähig geworden ist. 11*
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te Abhandlung.
aus einem Teiche entnimmt, sofern nicht der Teich im Besitz oder im Eigentum eines anderen steht, und auch dann richten sich Schädigungen und Unrecht nur gegen den Besitzer oder den Eigentümer. Weder ein Schaden noch ein Unrecht hegt vor, wenn jemand es unterläßt, einen Ballen Wolle zu bestimmter Zeit irgendwo zu liefern, sofern nicht ein bestimmtes Versprechen gemacht worden ist, ihn so zu liefern, und hier hegt ein Unrecht nur gegenüber dem Empfänger des Versprechens vor. Unsere nächste Aufgabe geht dahin, die Beziehungen zu entwickeln, aus denen besondere Rechte und Verpflichtungen entspringen. Die wichtigsten unter ihnen — und zwar verstehe ich unter dem Wort Beziehungen lediglich solche tatsächlicher A r t — sind Besitz und Vertrag, und ich w i l l im Folgenden diese beiden Gegenstände hintereinander besprechen. Der Hauptanwendungsfall der Besitztheorie ist in jedem Rechtssystem die A r t , in der das Recht mit Leuten verfährt, die ein Ding in ihrer Gewalt haben, ohne dessen Eigentümer zu sein oder auch nur die Stellung eines Eigentümers für sich in Anspruch zu nehmen 1 , mit einem W o r t e : bailees, d. h. Empfänger anvertrauter Sachen. Es ist deshalb nötig, als Vorbedingung des Verständnisses der Besitztheorie des gemeinen englisch-amerikanischen Rechts das besondere Recht der Empfänger anvertrauten Gutes zu studieren. Die Zustände, welche auf dem Grenzgebiete zwischen England und Schottland noch neuerdings bestanden und die von der Ballade von Fray o' Suport 2 in lebendiger Weise veranschaulicht sind, gleichen denen, die in einer früheren Zeit den Volksrechten Deutschlands und Englands ihren Inhalt gaben. Vieh war der wichtigste Eigentumsgegenstand und der Viehdiebstahl die Hauptform einer widerrechtlichen Wegnahme von Eigentum. Von Recht war damals wenig die Rede und insoweit dies der Fall war, hing seine Verwirklichimg durch Zwang beinahe völlig von der Partei selbst ab. Die Lex Salica des fünften Jahrhunderts 1 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Lambertenghi faßt in seiner Übersetzung die Stelle anders auf; v g l . S. 622: „Che hanno alcuna cosa i n loro podesta, ma non i n loro proprietä, o che assumono, riguardo alla stessa, la posizione di un^proprietario." Deshalb fehlt bei ihm eine Übersetzung der W o r t e : bailees i n a word. Die bailees sind i n der T a t nur eine Unterart der von L . geschilderten Inhaber. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Die Ballade ist mir nicht bekannt; welche Zustände sie schildert, ergibt sich aus dem Texte.
Der Empfnger anvertrauter Sachen im gemeinen egl.-amerikan.
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und die angelsächsischen Gesetze Alfreds sind ganz angefüllt von Vorschriften über die Spurfolge (following the trail). Wurde das Vieh (von dem Bestohlenen) aufgefunden, ehe drei Tage verstrichen waren, so hatte der Verfolger das Recht, es zu ergreifen und zu behalten, indem er lediglich verpflichtet war, zu beschwören, daß er es wider seinen Willen verloren habe. Verstrichen mehr als drei Tage, ehe das Vieh aufgefunden wurde, so konnte der Verklagte, falls er dazu imstande war, Tatsachen beschwören, die gegen den behaupteten Verlust des Klägers einen Gegenbeweis enthielten. Dies Verfahren entsprach dem Gesetze, aber es hing in seinem Beginne und seiner Durchführung von der Partei ab, die Klage erhob. Infolge seiner exekutiven Natur konnte es schwerlich von einem anderen in Gang gebracht werden, als dem, der sich an dem Orte (des Diebstahls; befand, in dessen Gewahrsam das Vieh also war. Der Eid bezweckte darzutun, daß die Partei ihren Besitz wider W i l l e n verloren hatte. Aber wenn dies alles war, was jemand zu beschwören hatte, so folgt natürlicherweise daraus, daß das Recht zu schwören und vor Gericht vorzugehen, vom Besitze abhing und nicht vom Eigentume. Besitz war nicht allein genügend, sondern er war der wesentliche Klagegrund 1 . Nur der, der im Besitze war, konnte behaupten, daß er wider seinen W i l l e n sein Eigentum verloren habe, ebenso wie nur der, der sich am Platze (des Diebstahls) befand, der Spur des Viehs nachfolgen konnte 2 . 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. K a r l R a u c h , Spurfolge und Anfang in ihren Wechselbeziehungen, Weimar 1908, S. 40, eine Schrift über die Verfolgung der gestohlenen Sache, i n der auch das angelsächsische Recht mehrfach erwähnt ist; vgl. S. 19 Anm. 2, S. 33 Anm. 2, S. 57, S. 124, Ergänzungen zu S. 32 u. 41. 2 L a b a n d , Vermögensrechtliche Klagen, § 16 S. 108ff.; H ä u s l e r , Gewere, 487, 492. Diese Autoren berichtigen die ältere Ansicht von B r u n s , Recht des Besitzes, § 37 S. 313 ff., die von So h m in seinem Prozeß der lex Salica § 9 angenommen worden w a r ; vgl. die Erörterung über das W o r t „sua", das sich i n den Prozeßeinleitungsdekreten (writs) wegen trespass nach englischem Rechte vorfand, siehe unten Abhandlung V I am Ende. Wer etwa über den besprochenen Gegenstand kurze Berichte in englischer Sprache wünscht, möge nachschlagen: die North Americ. Rev. CX. 210 und ebenda C X V I I I . 416, ferner die Essays in Anglo-Saxon L a w S. 212 ff. Unsere Kenntnis von der ursprünglichen Form der Klage ist ein wenig mager und nur durch Schlußfolgerungen festgestellt. Einige der ältesten Texte sind das Ed. L i u t p r . 131; Lex Baiw., X V , 4; L . Frision. Add. X ; L . Visig, V , 5. L . Burg. X L 1 X . 1, 2. Das E d i k t des Luitprand, das vom Einbruchsdiebstahle
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te Abhandlung.
Dies war, soweit wir wissen, das einzige Mittel, das im alten Rechte unseres Stammes gegeben wurde, um jemandem sein Eigentum wieder zu verschaffen, das ihm wider seinen Willen verloren gegangen war. Somit beschränkte sich diese Rechtsverfolgung natürlicherweise auf den besonderen Fall, der zu ihm Anlaß gab, und war das einzige Mittel, das zu Gebote stand. Man gab es nur dem Besitzer, und es stand dem Eigentümer nicht offen, falls er nicht zugleich Besitzer war. Auf diesen ursprünglichen Gesellschaftszustand hat man eine Regel zugeschnitten, die sich auch in späteren Zeiten und bei einer höher zivilisierten Prozeßform erhielt, daß, sobald Sachen durch ihren Eigentümer, einer anderen Person anvertraut waren, der Empfänger und nicht der Anvertrauende die eigentliche Partei war, der es bei rechtswidriger Aneignung dieser Sachen von Seiten eines Dritten zukam, Klage zu erheben. Daraus folgte, daß, wenn der Empfänger des anvertrauten Gutes oder eine andere Person, auf die man sich in solcher Weise verlassen hatte, die Sachen verkaufte oder auf seine eigene Verantwortung einem anderen hingab, der Eigentümer sich nur an den Empfänger des Gutes halten und einen Dritten nicht verklagen konnte; nicht aus einem zugunsten des Verkehrs geschaffenen Grundsatze, der gutgläubige Käufer, die vom Besitzer erwarben, schützen wollte, sondern lediglich weil es keine Klageform gab, die dem Eigentümer als solchem offenstand. Aber da die Rechtsmittel lediglich i n der Hand des Empfängers des anvertrauten Gutes lagen, so folgte daraus auch, daß er verpflichtet war, den schadlos zu halten, der es ihm anvertraut hatte. Waren die Güter verloren, so durfte er sich nicht damit entschuldigen, daß sie ohne seine Schuld gestohlen waren. Er allein konnte das verlorene Eigentum wieder herbeischaffen und deshalb war er auch dazu verpflichtet. handelt, dessen Gegenstand einem Haushaltungsvorstand überlassen war, stellt fest, daß sich der Eigentümer an den Empfänger des anvertrauten Gutes halten und dieser den Dieb wegen beider Dinge anfassen soll, wegen des Einbruchs und wegen der gestohlenen Sachen. Denn, so sagt er, w i r können nicht zwei Ansprüche aus einer causa herleiten. Unser Recht war gewissermaßen unfähig, beides i n zwei Übeltaten von einander zu scheiden und eine Sache von dem Grundstücke, auf dem sie lag, zu trennen, ebenso wenig die diebische Aneignung fconversion) der gestohlenen Sache (vom Einbrüche i n das Grundstück, auf dem sie geschah). Vgl. ferner Jones, Bailm. 112; Exodus X X I I , 10—12, L L . Alfred, 28; 1 Thorpe, Anc. L., p. 51. Gaii. Inst., I I I . § 202—207.
Der Empfänger an vertrauter Sachen im gemeinen egl.-amerikan.
echte. 167
I m Laufe der Zeiten hörte dieser Grund auf zu bestehen. Ein Eigentümer, der seinen Besitz verloren hatte, konnte den Dieb seiner Sache verfolgen, ebensogut wie ein solcher, der bei dem Diebstahle i m Besitze gewesen war. Aber die strenge Haftbarkeit des Empfängers anvertrauter Sachen blieb bestehen, da solche Rechtsregeln sich erhalten, lange nachdem die Ursachen ihrer Entstehung verschwunden sind, und am Ende finden wir Ursache und Wirkung in ihrer Reihenfolge umgekehrt. W i r lesen im Beaumanoir (vom Jahre 1283), daß, falls eingemieteter Gegenstand gestohlen wird, das Klagerecht dem Mieter (bailee) zusteht, weil er dem Vermieter verantwortlich ist Ursprünglich war der Mieter dem Eigentümer verantwortlich, weil er die einzige Person war, die (gegen den Dieb) klagen konnte. Nunmehr wird im Gegenteil behauptet, daß er klagen könne, weil er dem Eigentümer verantwortlich sei. Alle oben genannten Eigentümlichkeiten wiederholen sich im englischen-normannischen Recht; und seitdem bis jetzt sind alle Arten von Empfängern anvertrauten Gutes im Sinne des Rechts als Besitzer behandelt worden, wie ich sogleich erweisen werde. Es ist wünschenswert, den bodenständigen Ursprung des angelsächsischen Rechtes der anvertrauten Sachen darzutun, damit nicht moderne deutsche Meinungen bei Betrachtung der Theorie überschätzt werden. Die einzigen Lehrsätze, die wir über diesen Gegenstand haben, kommen aus Deutschland. Die deutschen Philosophen, die über das Recht geschrieben haben, haben kein anderes System gekannt als das römische, und die deutschen Praktiker (lawyers) haben sich, wenn sie philosophierten, wie Professoren des römischen Rechtes ausgedrückt. Einige Sätze, die wir für zweifellos halten, richten sich gegen das, was die deutschen Zivilisten für oberste Grundsätze ansehen würden. Um den Wert derartiger Grundsätze darzutun oder wenigstens die übereilte Annahme, daß sie für die ganze Welt gelten, zu hindern, eine Annahme, zu der eine, wenn auch nur schwache, Neigung unter englischen Schriftstellern besteht, ist es angemessen festzustellen, daß wir es bei ihnen mit einem neuen System zu tun haben, das von der Philosophie noch nicht durchgeprüft worden i s t 2 . 1 2
X X X I . 16. A n m . des
Ubersetzers.
Vgl. über diese Polemik
gegen
die
te Abhandlung.
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I n ältester Zeit finden wir eine Klage auf Rückgabe gestohlenen Eigentums, welche ebenso, wie das Verfahren der lex Salica, auf Besitz und nicht auf einen Titel gegründet war. B r a c t o n sagt, daß man wegen seiner gestohlenen Sachen auf Grund zuverlässiger Zeugenaussagen klagen kann und daß es nicht darauf ankommt, ob die so weggenommene Sache das eigene Eigentum des Klägers ist oder einem anderen gehört, falls sie sich nur in des Klägers Gewahrsam befand K Der Punkt, auf den es besonders ankam, war, wie sich der Leser dessen wohl erinnert, der Eid. Der Eid der probi homines scheint nach dem buchstäblichen Inhalte der Bemerkung Bractons dahin gegangen sein, daß das Ding verloren war (adirata), und so war i n einem Berichte vom Jahre 1294 ausdrücklich gesagt: „Beachte, daß, falls eines Mannes Eigentum verloren geht (ou la chosse de un homme est endire), er behaupten kann, daß er (der Finder) es mit Unrecht festhält usw. und zwar mit Unrecht deshalb, weil er (der Verlierer) das genannte Ding an dem und dem Tage verloren hat usw., er (der Verlierer) kam an diesem Tage usw. (la vynt y l e en jour) und fand es in dem Hause von diesem Manne und sagte i h m , usw., und bat ihn das Ding herauszugeben, aber daß dieser es nicht herausgeben wollte, usw. zu seinem Schaden usw., und wenn er usw. 2 I n diesem Falle muß der Kläger, mit eigener zwölfter Hand beweisen, d a ß er das D i n g v e r l o r e n h a t 8 . " deutsche Besitzlehre des Übersetzers Abhandlung in der Festschrift für Otto Gierke zum siebzigsten Geburtstage. Weimar, Böhlau, 1911. S. 19 ff. 1 „Poterit enim rem suam petere (civiliter) ut adiratam per testimonium proborum hominum, et sie consequi rem suam quamvis furatam . . . E t non refert utrum res quae ita subtracta fuit extiterit illius appellantis propria vel alterius, dum tarnen de custodia sua." Bract, fol. 150 b, 151; Britton (Nich. ed.), I , 59, 60 (23 b), De L a r c j n s ; vgl. ebenda 67 (26 b); Fleta, fol. 54. L . I . c.
38.8-1.
2 A n m . des U b e r s e t z e r s . sprechen dem Text. 8
Alle
diese Satz Verstümmelungen
ent-
Y . B. 21 & 22. Ed. I. 466—468 mitgeteilt in der North Amer. Rev. C X V 1 I I . 421, n. (So. Britton 26 b) „Si i l puse averreer la perte." Dies ist keine Entwendung (trover).. Die (klägerische) Erklärung mit der Formel „ i n detinue per inventionem" w i r d i n den Jahrbüchern (Y. B.) 33 Hen. V I . 26, 27; „un newfund Haliday" genannt; vgl. 7 Hen. V I , 22 pl. 3, I s a a k v. C l a r k e , 1 Rolle, R. 126, 128. Z u s a t z des Ü b e r s e t z e r s : Vgl. auch über den angelsächsischen Eid mit Helfern K a r l R a u c h , Spurfolge und Anefang. Weimar 1908. S. 33 Anm. 3.
Der Empfänger an vertrauter Sachen im gemeinen egl.-amerikan.
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Indem wir darin die erste Entwicklungsstufe sehen, finden wir ein Verfahren, das demjenigen der älteren germanischen Volksrechte verwandt ist. Wichtiger ist jedoch, ob wir Grundsätze vorfinden, die den soeben auseinandergesetzten gleichartig sind. Einer von diesen betraf, wie man sich erinnern wird, eine rechtswidrige Übertragung der Sache durch den, dem sie anvertraut war. W i r finden in den Jahrbüchern den Satz aufgestellt, daß, wenn ich Güter einem anderen übergebe, damit er sie für mich aufbewahre, und er sie verkauft oder einem Fremden gibt, das Eigentum durch die Hingabe dem Empfänger zugewendet wird und ich nicht eine Klage wegen Rechtsverletzung (tresspas) gegen ihn begründen kann, daß ich aber ein wirksames Rechtsmittel gegen den Empfänger des anvertrauten Gutes habe, das ich mit dem Formular (writ) wegen Gewahrsam (of detinue) geltend machen kann, weil er die Güter nicht zurückgibt 1 . Diese Urteilssprüche sind, und zwar, wie mir scheint, im Ganzen in richtiger Weise, nicht bloß dahin gedeutet worden, daß man dem Anvertrauenden die Klage w e g e n R e c h t s V e r l e t z u n g abgesprochen hat, sondern daß er überhaupt keine Klage haben soll. Neue Schriftsteller haben dem immerhin die zu den modernen Anschauungen passende Beschränkimg beigefügt, daß der Käufer in gutem Glauben und ohne Kenntnis (der Rechte dritter Personen an der Sache) sein müsse 2 . Man kann dem entgegenhalten, daß die Regel sich ebenso auf Schenkungen, wie auf Verkaufsgeschäfte von Seiten des Inhabers anvertrauten Gutes bezieht, daß die erwähnte Bedingung in den Büchern der alten Zeit nicht vorkommt, und daß es dem strengen Geiste des englisch-amerikanischen Rechtes widerspricht, es in sie hineinzulesen. Keinem Juristen braucht man zu sagen, daß die erwähnte Regel selbst mit der angegebenen Beschränkung nicht mehr geltenden Rechtes ist 8 . Die Theorie der Jahrbücher muß als Überbleibsel ursprünglicher Zeiten angesehen werden, in denen wir dieselbe Regel i n Kraft gefunden haben, sofern wir nicht etwa dazu entschlossen sind zu glauben, daß die Leute 1 Y. B. 2 Ed. I V . 4, 5 pl. 9; 21 Hen. V I I . 39, pl. 49; Bro. T r e s p a s s , pl. 216, 295. 2 8
2 Wms. Saund. 47, n. 1 vgl. oben S. 166, auch unten S. 176 Anm. 5.
Vgl. die Anmerkungen zu Saunders, W i l b r a h a m v. S n o w , Note h. Z u s a t z des Ü b e r s e t z e r s . Bei uns hat sie bekanntlich i n § 932 B.Gr.B. «ine Auferstehung gefeiert.
Fünfte Abhandhing.
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im fünfzehnten Jahrhundert ein feineres Empfinden für die Rechte der redlichen Käufer hatten, als wir sie zur Zeit besitzen. Der nächste Punkt in logischer Reihenfolge würde der Grad der Verantwortlichkeit sein, an den der Empfänger des anvertrauten Gutes gegenüber dem anvertrauenden Geber gebunden war. Aber aus Bequemhchkeitsrücksichten w i l l ich zunächst die Erklärung betrachten, die man dafür gegeben hat, daß der Empfänger solcher Sachen gegen Dritte, die rechtswidrigerweise hinterher diese Sachen seinem Besitze entzogen haben, klagen kann. Oben erwähnt ist die verkehrte Erläuterung des B e a u m a n o i r , nach der der Empfänger klagen kann, weil er verantwortlich ist, statt der ursprünglichen Regel, daß er so streng verantwortlich war, weil nur er gegen Dritte klagen konnte. W i r finden dieselben Ausführungen oftmals i n den Jahrbüchern wiederholt, und i n der Tat ist dies von jener Zeit bis zur Gegenwart immer einer der Gemeinplätze des Rechts gewesen. So sagt H a n k f o r d , Richter der Common Bench (um 1 4 1 0 ) „ W e n n ein Fremder Vieh, das in meiner Verwahrung ist, wegnimmt, so werde ich mir das Prozeßformular ( w r i t ) 2 wegen Rechtsverletzung (trespass) verschaffen können und damit den Wert der Tiere erlangen, weil ich für die Tiere dem Eigentümer, der sie mir anvertraut hat, hafte". Es gibt Fälle, in denen man diesen Gedanken bis dahin verschärfte, daß der Empfänger des Guts, falls er sich durch Bestimmungen des Vertrages mit dem Geber für den Diebstahlsfall Freiheit von Haftung ausbedungen hatte, keine Klage gegen den Dieb haben sollte 8 . Dieselbe Erklärung wird noch heutzutage wiederholt. So lesen wir in einem wohlbekannten Lehrbuche: „Denn da der Empfänger anvertrauter Sachen dem Geber verantwortlich ist, falls diese verloren gehen oder durch Nachlässigkeit geschädigt werden, oder falls er sie auf eine ordnungsmäßige Aufforderung hin nicht herausgibt, so ist es deshalb vernünftig, daß er ein Klagerecht (gegen Dritte) haben s o l l 4 " . I m allgemeinen ist heutzutage der Ent1
Y . B. 11. Hen. I V . 23, 24. Vgl. ferner Y. B. 8. Ed. I V . 6. pl. 5; 9 Ed. I V . 34, pl. 9; 3 Hen. V I I . 4, pl. 16; 20 Heo. V I I , 1, pl. 1; 21. Hen. V I I . 14b, pl. 23; 13 Co. Rep. 69; 1. Roll. Abr. 4 (I), pl. 1; F. N. B. 86, n. d. a.; oben S. 167. 2 V g l . oben S. 83 Anm. 2. 3 Fitz. A b t r . B a r r e , pl. 130; Y . B. 9. Ed. I V . 34. pl. 9, 12; Am. L a w . Rev. 694. 4 2 Steph. Comm. (6th. ed.) 83, angeführt bei Dicey, Parties, 353, 2 Bl. Comm. 453 ; 2 Kent, 585. Wenn der Empfänger der Sachen den ganzen W e r t er-
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leiher oder Mieter fremden Gutes nicht verantwortlich, wenn es ihm gegen seinen W i l l e n weggenommen worden ist, und wenn der angegebene Grund richtig wäre, so würde daraus folgen, daß er, weil er nicht verantwortlich ist, nicht den Übeltäter würde gerichtlich belangen können. Wenn nun gar der Übeltäter ein so schweres Unrecht beginge, daß man deshalb den Empfänger des anvertrauten Gutes gegenüber dem Anvertrauenden nicht würde verantwortlich machen können, so würde er dem Empfänger ein Klagerecht entziehen. I n Wahrheit kann ein jeder Besitzer, mag ihm die Sache anvertraut und er dafür verantwortlich sein oder nicht, also ein Finder fremden Eigentums ebensogut, wie der Empfänger einer anvertrauten Sache, einen jeden (mit Ausnahme des wahren Eigentümers) verklagen, falls sein Besitz verletzt worden ist, wie dies eingehender am Schlüsse der nächsten Abhandlung dargetan werden wird. Der Anvertrauende erlangte ebenfalls ein Klagerecht gegen den dritten Verletzer seines Rechts zu einer ziemlich frühen Zeit. Es wird von einem Rechtsbeistande (counsel) in der Sache Nr. 48 unter Eduard I I I . 1 bei einer Klage wegen Rechtsverletzung (trespass), die von einem Viehzüchter angestellt war, ausgeführt, daß „in diesem Falle der Eigentümer eine Prozeßeinleitungsschrift wegen Rechtsverletzung (writ of trespass) verlangen kann und der, welcher die Verwahrung hat, ein anderes Rechtsmittel derselben Art. So Persay: „Mein Herr, dies ist sicher. Aber der, welcher zuerst klagt, soll den anderen von der Klage ausschließen, und so soll es in vielen Fällen sein, z. B. wenn ein Pächter durch das Besitzeinweisungsdekret „elegit" 2 aus dem Besitz vertrieben worden ist, so soll jeder langte, so ist der alte Grund, daß er dafür verantwortlich sei, in einigen Fällen zu einer neuen Regel geworden, (die, wie es scheint, auf einem Mißverständnisse beruht), nämlich der Regel, daß der Empfänger anvertrauten Gutes ein Treuhänder (trustee) des Gebers ist, insoweit seine Einnahme seinen Schaden überragt; vgl. L y l e v. B a r k e r , 5 Binn. 457, 460; 7 Cowen, 681, n; W h i t e v. W e b b , 15 Conn. 302,305, in der angeführten Reihenfolge. (Demnächst ist die neue Regel auf Versicherungssummen ausgedehnt worden, die durch den Empfanger anvertrauten Gutes empfangen waren). 1 H a l l N. Y . 84, 91; 3 Kent's Comm. (12 th. Aufl.), 371, 376, n. 1 [«].) I n dieser Form hört sie auf, ein Grund für die Zulassung der Klage zu sein. 1 Y . B. 48 Ed. I I I , 20, pl. 8; Bro. Trespass, pl. 67; vgl. 1 Britton (Nich. ed.), 67 (26b); Y. B. 6 Hen. V I I , pl. 9; 12 Ed. I V . 13, pl. 9; 12 Am. L a w Rev. 694. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s : Dies überwies dem Kläger interimistisch zu seiner Sicherung eine Sache. Lambertenghis italienische Übersetzung
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von beiden (Pächter und Verpächter) ein Recht auf die Assisen (assize)1 haben, und wenn einer zuerst den Besitz wieder erlangt, so ist die für den anderen eingeleitete Verhandlung dadurch außer Kraft gesetzt. So hegt es auch hier." Nach anderen Büchern gewinnt es den Anschein, als ob dies von den Empfängern anvertrauten Gutes im allgemeinen gesagt wäre und sich nicht auf solche Innehabungen beschränkte, die nach dem Belieben des Besitzherren, für den sie stattfinden, beendet werden können. I n 22. Eduard I V . sagt der R e c h t s r beistand: „Wenn ich dir mein Gut anvertraue und ein anderer es aus deinem Besitz wegnimmt, so habe ich eine erfolgreiche Klage wegen Rechtsverletzung mit bewaffneter Gewalt (tresp a s s q u a r e v i e t a r m i s ) 2 . Und dies scheint R o l l e s Meinung gewesen zu sein an einer Stelle, die gewöhnlich von modernen Gerichtshöfen angeführt w i r d 8 . Man mußte erwarten, daß auch der Geber anvertrauten Gutes eine Klage erlangte, sobald erst einmal das Recht ein Werkzeug hergestellt hatte, das ohne die Hilfe einer sofortigen Spurfolge oder eines bewaffneten Einschreitens des Besitzers und seiner Freunde möglich war. Dem Geber der Sachen eine Klage zu gestatten und ihm die Klage wegen Rechtsverletzung (trespass) zu gewähren, war so ziemlich dasselbe Ding, bevor man von der Klage sprach, die man „action on the case" nannte 4 . Manche Prozeßeinleitungsschriften (writs) aus alter Zeit finden sich, welche dartun, daß die Klage wegen trespass nicht zu allen Zeiten die scharfe Abgrenzung besaß, die für sie später entwickelt worden ist. Der Punkt, auf dem man, wie es scheint, den Jahrbüchern zufolge bestand, ist, wie B r o o k e am Rande seines Compendiums bemerkt, daß bei einem und demselben Tatbestande zwei Personen eine und dieselbe Klage haben sollen, — nicht aber, daß beide eher eine Klage wegen Rechtsverletzung (action on trespass) haben sollen, als die analoge Klage, die man „action on the case" nannte. Es muß hinzuS. 229. V g l . über dieses Exekutionsmandat auch W e r t h e i m , Wörterbuch des engl. R. Berlin 1899. S. 218. 1 A n ra., d e s Ü b er s e t z e r e : D. h. ein Recht; vgl. Lambertenghis italienische Übersetzung S. 229 n. 2. Über Assisen vgl. oben S. 76 Anm. 1 u. 2. 2 Y . B. 22 Ed. I V . 5, pl. 16. 8 2 Rolle, Abr. 569, Trespass, 5; vgl. Y . B. 20 Hen. V I I . 5, pl. 15; 21 Hen. V I I . 39, pl. 49; Clayton, 135, pl. 243; 2 Wms. Saund. 47 e (3. Aufl.). 4 A n m . des Ü b e r s e t z e r s : Vgl. oben S. 75 Anm. 2, S. 79 Anm. 1.
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gefügt werden, daß die angeführten Stellen der Jahrbücher nicht über den Fall hinausgreifen, in dem etwas rechtswidrigerweise aus dem Gewahrsam eines Empfängers anvertrauten Gutes weggenommen worden ist, dem alten Falle der Volksrechte 1 . Selbst in dieser Beschränkung wird heutzutage dem Geber des anvertrauten Gutes die Klage wegen Rechtsverletzung (trespass) abgesprochen, falls der Empfänger ein ausschließliches Recht an der Sache hat, wie bei der Miete (lease) oder dem Zurückbehaltungsrecht (lien) 2 , obwohl die angeführte Regel auch mit Bezug auf Fälle, bei denen die Anvertrauung der Sache nach Belieben des Gebers beendigt werden kann, ausgesprochen worden i s t 8 . Aber die in dieser Weise eingeschränkte Regel betrifft ebensowenig die gegenwärtige Erörterung, wie die ältere Form es tat, weil sie die bloßen B e s i t z klagen für alle Empfänger anvertrauten Gutes nieht berührt. Dies ergibt sich, wenn man die eingeschränkte Regel mit dem alten Rechte vergleicht, aus der Tatsache, daß Baron Parke in dem soeben angeführten Falle: M a n d e r s v. W i l l i a m s , darauf hinweist, daß er geneigt sein würde, die alte Regel in der vollen Ausdehnung anzuwenden, abgesehen von dem Falle G o r d o n v. H a r p e r . Es folgt dies aber noch klarer aus dem Umstand, daß das Recht des Inhabers anvertrauter Sachen auf die Klage wegen Rechtsverletzung (trespass) und wegen Entwendung (trover) 4 in einem Atem mit dem Rechte des Gebers des Gutes genannt wird, so wie das durch unten anzuführende Entscheidungen klar erwiesen wird. Es ist wahr, daß in der Sache L o t a n v. C r o ß 5 Lord Ellenborough in einem Nisiprius-Verfahren 6 entschied, daß ein 1 I n einem Beispiele, i n dem gegen die Meinung Brians dem Geber des anvertrauten Gutes erlaubt w a r , zu klagen, wenn es durch einen Fremden beschädigt war, scheint die Klage die „action on the case" gewesen zu sein. Y. B. 12 Ed. I V . 13, pl. 9, vgl. den Bericht am Rande. 2 G o r d o n v. H a r p e r , 7 T . R. 9; L o r d v. P r i c e , L . R. 9 Ex. 54; M u g g r i d g e v. E v e l e t h , 9 Met. 233. cf. Clayton, 135, pl. 243. 8 N i c o l l s v. B a s t a r d , 2 C. M. & R. 659, 660; M a n d e r s v. W i l l i a m s , 4 Exch. 339, 343, 344; M o r g a n v. I d e , 8 Cush. 420; S t r o n g v. A d a m s , 30 V t . 221, 223; L i t t l e v. F o s s e t t , 34 Me. 545. * Vgl. oben S. 123 Anm. 5. 5 2 Camp. 464, vgl. M e a r s v. L o n d o n & S o u t h w e s t e r n R a i l w a y Co. 11 C. B. N. 5. 849, 854. 6 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. Lambertenghis italienische Übersetzung p. 231 und oben S. 98 Anm. 1.
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Verleiher die Klage wegen Rechtsverletzung (trespass), die einer bei dem Entleiher befindlichen Sache zugefügt war, anstellen könnte und daß dies oftmals ohne jede tadelnde Bemerkung als maßgebend angeführt worden ist. I n der Tat ist manchmal allgemein i n achtungswerten Lehrbüchern festgestellt worden, daß eine unentgeltliche Übernahme anvertrauten Gutes den Besitz nicht auf den Empfänger überträgt, sondern ihn bei dem Geber beläßt 1 , und daß ein unentgeltlicher Inhaber anvertrauten Gutes einem Diener des Gebers gleicht, und der Besitz des einen in dem des anderen enthalten ist; und daß dies als Grund dafür dient, dem Geber, auch wenn der Empfänger auf Grund seines Besitzes klagen kann, daneben dieselben Klagen zuzugestehen 2 . Ein Teil dieser Begriffsverwirrung ist bereits aufgeklärt worden und der Rest soll es werden, wenn ich auf die Diener zu reden kommen werde, zwischen denen und allen Empfangern anvertrauten Gutes ein weiter und wohlbekannter Unterschied i s t 8 . Aber auf welchen Grundsätzen die Entscheidung i n Sachen L o t a n v. C r o ß auch stehen mag, wenn sie überhaupt auf solchen beruht, so kann doch auf keinen Fall zugegeben werden, daß Entleiher im allgemeinen wegen Rechtsverletzung (trespass) und Entwendung (trover) nicht klagen können. Eine unentgeltliche Verwahrung, die lediglich zum Vorteile des Hinterlegenden geschieht, ist in der Frage, ob diese Rechtsmittel dem Verwahrer abzusprechen sind, viel strenger zu beurteilen. Immerhin haben wir eine Entscheidung des ganzen Gerichtshofs, an dem Lord Ellenborough teilnahm, daß auch ein Verwahrer die sogenannte Klage on the case hat, wobei die Gründe voraussetzen, daß a fortiori ein Entleiher sogar die Klage wegen Rechtsverletzung haben würde (die action on trespass). Und dies ist immer geltendes Recht gewesen 4 . W i r haben gesehen, daß eine ähnliche Lehre not1
A d d i s o n , Torts (41. Auflage) 364. Wms., Pers. Prop., 26. 5te Auflage, 27 (7th ed.). 3 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. § 855 B.G.B, mit § 868. S. die nächste Abhandlung. 4 R o o t h v. W i l s o n , 1 B. & Aid. 59; Y. B. 48 Ed. I I I . 20, pl. 8; 11 Hen. I V . 17, pl. 39; 11 Hen. I V . 23. 24, pl. 46 (Tre. „ou d'apprompter") 21 Hen. V I I . 14b, pl. 23; Godbolt, 173, pl. 239, S u t t o n v . B r u c k , 2 Taunt. 302. 309. B u r t o n v. H u g h e s , 2 Bing. 173; N i c o l l s v. B a s t a r d , 2 C. M. & R. 659. 660; M a n d e r s v. W i l l i a m s , 4 Exch. 339. 343. 344; 2 Wms. Saund., Anm. zu W i l b r a h a m & S n o w ; 2 K e n t , 585, 568, 574; M o r a n v. P o r t l a n d S. P. Co., 35 Me 55, vgl. ferner Abhandlung V I am Ende. 2
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wendigerweise aus der Natur des ältesten germanischen Prozesses entsprang, und die in der Anmerkung angeführten Fälle beweisen in dieser, wie in anderer Beziehung, daß die Engländer ihren eigenen Überlieferungen folgten. Die Bedeutung der Regel, daß alle Empfänger anvertrauten Gutes die Besitzklagen haben, ist, daß in der Theorie des gemeinen Rechts jeder solcher Empfänger einen wahren Besitz hat, und daß er die Sachen aus der Kraft seines Besitzes zurückverlangt, gerade wie das ein Finder tut, da ja sogar ein rechtswidriger Besitzer volle Schadenersatzansprüche haben kann oder einen Rückgabeanspruch auf die besondere Sache gegen jeden hat, der nicht einen besseren Erwerbsgrund nachweist. Wenn anderseits die Besitzklage auch noch heutzutage denen, die anvertrautes Gut hingegeben haben, eingeräumt w i r d x , so beruht dies nicht auf dem Grunde, daß sie ebenfalls Besitz haben, sondern ist wahrscheinlich ein Überbleibsel älteren Rechts, wie oben auseinandergesetzt wurde, und in der modernen Gestalt der Rechtsregel eine Ausnahmeerscheinung 2. Der Grund, der gewöhnlich dafür angegeben wird, ist, daß ein Recht des unmittelbaren Besitzes zur Verfolgung der Sache zur Not genüge, ein Grund, der die Anschauung ausschließt, daß der Hingeber des anvertrauten Gutes unmittelbar (actually) besitzt. Der Punkt, der für das Verständnis der gemeinrechtlich englisch-amerikanischen Theorie des Besitzes ausschlaggebend ist, ist nunmehr festgestellt; er besteht darin, daß alle Empfänger anvertrauten Gutes seit unvordenklichen Zeiten vom englischen Rechte als Besitzer und deshalb als befugt zu den Besitzklagen angesehen worden sind. Es ist nicht nötig den Beweis,* daß unser Recht des anvertrauten Gutes von rein germanischer Abkunft ist, noch weiter zu vervollständigen. Aber die abweichende Doktrin, deren Erörterung noch übrig bleibt, hat einen so bedeutenden Einfluß auf das Recht der Gegenwart gehabt, daß ich sie mit einiger Sorgfalt darstellen werde, abgesehen davon, daß schon ihre Absonderlichkeit Interesse erweckt. Diese Doktrin bestand in der uneingeschränkten Verantwortlichkeit des Empfängers anvertrauten Gutes gegenüber dem Geber, wenn dies Gut ihm rechtswidrigerweise weggenommen worden war 8 . 1 2 8
A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . Vgl. § 868 B.G.B, am Ende. Vgl. L o r d v. P r i c e , L . R. 9 Ex., 54. 56. oben p. 171. Vgl. oben S. 167.
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Die älteren juristischen Texte sind nicht so belehrend, wie man hätte wünschen mögen, da sie den Einfluß des römischen Rechts auf sich einwirken ließen. G l a n v i l l 1 insbesondere spricht es aus, daß, wenn ein geborgter Gegenstand auf irgend eine Weise zerstört oder verloren ist, während er sich in eines Entleihers Gewahrsam befand, dieser unbedingt verpflichtet sei, einen angemessenen Preis zu erstatten 2 . So B r a c t o n , der zum Teil, aber freilich mit Abänderungen, die Redeweise Justinians über commodatum, depositum und pignus wiederholt 3 ; und ebenso über die Pflicht des Mieters, die Sorgfalt eines diligentissimus pater familias anzuwenden 4 . Die Redeweise und die Entscheidungen der Gerichtshöfe sind völlig klar, und hier sind die germanischen Überlieferungen einige Jahrhunderte lang am Leben erhalten worden. Ich beginne mit der Zeit Eduards I I . gegen 1315. Bei der Klage wegen detinue 5 (Vorenthaltung) war die (durchschlagende) Einrede, daß der Kläger dem Verklagten eine mit seinem Schlüssel verschlossene Kiste überliefert habe, daß die begehrten Vermögensstücke in der Kiste enthalten gewesen und daß sie dem Verteidiger zugleich mit dessen eigenem Gute durch Raub fortgenommen worden seien. Die Replik hiergegen bestand darin, daß die Sachen dem Verklagten unverschlossen übergeben worden seien, und F i t z h e r b e r t bemerkt, daß die Partei zu diesem Rechtsein wände genötigt w a r 6 ; denn darin lag, daß der Verklagte haftbar war, falls die Güter sich nicht in der Kiste, sondern in des Verklagten Gewahrsam befanden. Lord H o l t leugnet in Sachen C o g g s v. B e r n a r d 7 , daß es dabei irgendwie auf die Kiste ankommen würde, allein die alten Rechtsbücher 1 A n r n . d. Ü b e r s e t z e r s . Glanvilla war von 1180—1189 Capitalis Justitiarius Angliae. Vgl. B r u n n e r , Holtzendorflfe Encykl. 5. Aufl. S. 339. 2 L i b . X c. 13; vgl. ebenda c. 8. 3 qui rem commodatam accepit, ad ipsam restituendam tenetur, vel nIs ejus precium, si forte incendio, ruina, naufragio, aut latronum, vel hostium incursu consumpta fuerit vel deperdita, subtracta, vel ablata." Bl. 99 a, b. Man hat dies für einen verdorbenen Text gehalten (Güterbock, Bracton bei Coxe, p. 175; 2 Twiss, Bract. I n t . X X V I I I ) , es stimmt aber überein mit Glanville (s. oben) und mit Fleta, L . I I , c. 56 § 5. 4 Bract. fol. 6 2 b , c. 28 § 2; Fleta L . I I . c. 59 § 4, fol. 128; vgl. Just. Inst. 3. 24 § 5; ib. 15 § 2. 5 A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . Das englische Surrogat der rei vindicatio vgl. W e r t h e i m , Wörterbuch des engl. Rechts, Berlin 1899, unter detinue. 6 Y. B. 8 Ed. I I . 275; Fitz, D e t i n u e , pl. 59. 7 2 Ld. Raym. 909.
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stimmen darin überein, daß keine Überlieferung der Sachen vorliegt, sofern diese sich unter Verschluß befinden; und daher stamme die Formel von „des Fuhrmanns Einbruch in die Ladung" (carriers breaking bulk) nach neuerem Strafrecht 1 . Unter der Regierung Eduards I I I . 2 kam der Fall des Faustpfandes auf, den man, wie es scheint, immer als eine solche A r t des anvertrauten Gutes (bailment) aufgefaßt zu haben scheint, bei der die Sache so, wie eine eigene, vom Gläubiger aufzubewahren war. Die Verteidigung ging hier darauf, daß die Pfandstücke mit den eigenen Sachen des Pfandgläubigers gestohlen worden seien. Der Kläger war demgegenüber genötigt zu replizieren, daß er, noch ehe die Sache gestohlen war, die Zahlung der Pfandschuld dem Gläubiger angeboten habe, was der Pfandgläubigerschaft ein Ende bereitet und dem früheren Gläubiger nur den allgemeinen Charakter eines Besitzers anvertrauten Gutes übrig gelassen haben würde 8 . Hierauf wurde die Entscheidung, welche die anderen früheren Urteile bestätigte, getroffen, daß der Verklagte haftbar wäre. Als nächsten Rechtsfall erwähne ich ein Urteil aus derZeit Heinrichs V I . vom Jahre 1 4 5 5 E s handelt sich dabei um eine Schuldklage gegen den Marschall of the Marshalsea, d. i. den Gefängniswärter der Kings Bench wegen des Entweichens eines Gefangenen. Gefängniswärter, denen Gefangene anvertraut sind, fielen unter dieselben Rechtsgrundsätze wie die Empfänger anvertrauten Viehes. Der Körper des Gefangenen wurde dem Wärter übergeben, um mit derselben Verantwortlichkeit aufbewahrt zu werden, wie sie bei Kühen oder leblosen Sachen gegolten haben würde 5 . Der Wärter machte zu seiner Verteidigung den Einwand, daß Feinde des Königs in das Gefängnis eingebrochen wären und ihm gegen seinen W i l l e n den Gefangenen weggenommen hätten. Die Frage war, ob diese Verteidigung 1
Y . B. 13 Ed. I V . 9, pl. 5. vgl. unten Abhandlung V I . 29 Ass. 163, pl. 28. 8 Vgl. R a t c l i f f e v. D a v i s , Yelv. 178; Cro. Jac. 244; Noy. 137; 1 Bulstr. 29. 4 Y . B. 33 Hen. V I . 1 pl. 3. Dieser Fall ist angeführt und des breiteren benutzt i n W o o d l i f e s R e c h t s f a l l ( siehe unten), in den Fällen S o u t h c o t v . B e n n e t t (siehe unten), P i c k e r i n g v. B a r k l e y , Style, 132 (24 Car. I Vertragsschluß über eine Verfrachtung, charter party); und M o r s e v. S l u e (unten), im kurzen i n allen maßgebenden älteren Urteilssprüchen über anvertrautes Gut (bailment). 5 Vgl. die Abbreviatio Piacitorum, p. 343 col. 2. rot. 37, 17 Ed. I I . 2
Holmes-Leonhard,
Recht E n g l a n d s u n d Nordamerikas.
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te Abhandlung.
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durchgriffe. Der Gerichshof tat den Ausspruch, daß die Entschuldigung gelten würde, wenn fremde Feinde des Königs, z. B. die Franzosen, den Gefangenen befreit hätten, oder vielleicht auch, wenn ein Gefängnisbrand ihm eine Gelegenheit zu entwischen gab, „weil dann der Verklagte keine Klage gegen irgend jemand hat u . Wenn dagegen Untertanen des Königs dies getan hätten, so würde der Verklagte haften; denn sie sind nicht Feinde, sondern Verräter und darin liegt, daß der Verklagte ein Klagerecht gegen sie haben würde und deshalb selbst verantwortlich sein müßte. I n diesem Falle streifte der Gerichtshof sehr nahe den ursprünglichen Grund der Haftbarkeit und fällte ihm entsprechend seine Entscheidung. Die Person, der etwas anvertraut war, haftete hiernach in solchen Fällen, in denen sie ein Rechtsmittel gegen den Übeltäter hatte (und in denen sie ursprünglich die einzige Person war, die ein solches Mittel besaß); und anderseits fiel ihre Haftbarkeit, die sich auf diesen Umstand gründete, fort, wo das Mittel versagte. Der Gefängniswärter konnte nicht die Soldaten des eindringenden französischen Heeres verklagen, aber nach Rechtsgrundsatz konnte er jeden britischen Untertan belangen, der den Gefangenen wegschleppte, wenn es auch nur wenig wahrscheinlich war, daß er auf diesem Wege viel Befriedigung würde erreichen können. Einige Jahre später ist derselbe Rechtsgedanke von dem berühmten L i t t l e t o n 1 ausgesprochen worden. Er sagt, daß der Empfänger von Sachen eine Klage wegen Unrechts (action of trespass) haben soll, wenn sie ihm weggenommen worden sind; denn er ist dafür verantwortlich 2 , d. h. er ist verpflichtet, den Verlust der Partei, die ihm die Sachen anvertraute, zu ersetzen. I m neunten Jahre der Regierung Eduards I V . 3 sagt D a n b y , daß der Empfänger anvertrauten Gutes, wenn er es übernahm, um es gleich seinen eigenen Sachen aufzubewahren, dadurch, daß sie ihm geraubt worden sind, entschuldigt werde, ohne diese Übernahmeklausel aber nicht. Anderseits ist bei einem späteren Rechtsfalle 4 Räuberei nicht als Entschuldigungsgrund anerkannt 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben S. 8-5 Anm. 1; B r u n n e r , Holtzendorffs Encykl. 5. Aufl. S. 844. 2 Jahrb. 9 Ed. I V . pl. 9; 2 Ed. I V , 15, pl. 7. Es muß hinzugefügt werden, daß bei dem letzteren Rechtsfalle L i t t l e t o n , wie es scheint, nicht zwischen Dienern und Empfängern anvertrauten Gutes unterscheidet. 3 Jahrb. 9 Ed. I V , 40, pl. 22. So Brian i n 20 Ed. I V , 11, pl. 10 a. E. 4 Jahrb. 10 Hen. V I I , 25, 26. pl. 3.
Der Emptänger anyertrauter Sachen im gemeinen engl.-amerikan. Rechte. 179 worden. Man mag wegen des Raubes Zweifel gehabt haben, falls der Räuber unbekannt war und daher der Empfänger des Gutes nicht mit Erfolg klagen konnte 1 oder sogar überhaupt wegen der Natur der Räuberei, weil in ihr ein schwerer Frevel (felony) lag und der Verwahrer des Gutes daher weder den Körper noch das Vermögen des Räubers für sich beanspruchen konnte; denn ersterer wurde gehängt und letzteres für den König eingezogen2. Aber es besteht nicht der Schatten eines Zweifels daran, daß der Verwahrer durch eine gewöhnliche rechtswidrige Wegnahme der Sachen von Seiten eines Dritten nicht entschuldigt wurde. „Werden die Sachen von einem Übeltäter weggenommen, den der Verwahrer kennt, dann soll dieser dem Hinterleger haften (und zum Ersatz hierfür) seinen Anspruch gegen den haben, der ihn verletzt h a t " 8 . Derselbe Punkt ist an anderen Stellen der Jahrbücher berührt 4 ,.und die Rechtsregel steckt offenbar i n dem Grunde, der oben dafür angeführt wurde, daß der Verwahrer in den dort angegebenen Fällen klageberechtigt war. Der Grundsatz wurde direkt in Übereinstimmung mit dem alten Rechte ausgesprochen i n dem berühmten Rechtsfalle S o u t h c o t g e g e n B e n n e t 5 . Dort handelte es sich um die Vorenthaltung (detinue) 6 von Gütern, die dem Verklagten zur sicheren Aufbewahrung übergeben worden waren. Der Verklagte gestand die Übergabe zu und wandte ein, daß ihm die Güter durch einen gewissen J. S. geraubt worden seien. Und auf Grund der Ausführung der Anwälte entschieden die Richter G a w d y und C l e n c h , ceteris absentibus, daß der Kläger entschädigt werden müßte, w e i l n i c h t d e r b e s o n d e r e F a l l des E m p f a n g e s a n v e r t r a u t e r G ü t e r ( b a i l m e n t ) v o r l ä g e , s o n d e r n d e r V e r k l a g t e d i e S a c h e n n u r so e m p f i n g , daß er s i e w i e s e i n e e i g e n e n G ü t e r bew a h r e n sollte. S o m i t l a g eine einfache Ü b e r g a b e ( d e l i v e r y ) v o r , welche ihn dazu verpflichtete, die Sachen auf 1 2
V g l . L . Baiw., X V . 5, Jahrb. 33 Hen. V I , 1, pl. 3. Jahrb. 6 Hen. V I I , 12, pl. 9; Bro. Detinue pl. 37; 10 Hen. V I , 21,
pl. 69. 8
Jahrb. 3 Hen. V I I . 4, pl. 16; vgl. 10 Hen. V I , 21, pl. 69. Jahrb. 11 Hen. I V . 23, 24; 6 Hen. V I I . 21, pl. 9. 6 Cro. Eliz. 815; 4 Co. Rep. 83b. 3 Co. Rep. 83b; Co. L i t . 89; 2 Bl. Comm. 452. 6 S. oben S. 176 Anm. 5. 4
12*
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eigene Gefahr aufzubewahren. Und im Falle einer detinue (rechtswidrige Vorenthaltung) ist es keine zulässige Einrede, zu behaupten, daß die Sachen geraubt worden seien; denn der Empfänger hat hier, um die Sachen zurückzuerlangen, eine Klage entweder wegen Unrecht (trespass) oder das Rechtsmittel, welches man „appeal" 1 nennt. Der Beginn des Berichtes, den Croke erstattet, schließt stillschweigend i n sich ein, was Lord Coke 2 ausdrücklich sagt, daß „es dasselbe ist, ob Sachen aufbewahrt werden, oder ob sie sicher aufbewahrt werden", und beide Berichte stimmen darin überein, daß die Verpflichtung des Empfängers sich lediglich auf die Übergabe stützt. C r o k e s Bericht bestätigt den Vorbehalt, den Lord C o k e seinem eigenen Berichte zufügt: „der Leser möge beachten, daß jeder, der fremde Güter zur Verwahrung übernimmt, sehr zweckmäßig handelt, wenn er sie mit einer besonderen Redewendung übernimmt, nämlich mit dem Versprechen, sie so aufzubewahren, wie er seine eigenen Sachen zu bewahren pflegt, oder mit dem Zusatz, daß er nicht für sie haftbar sein solle, falls sie gestohlen oder entwendet werden würden; denn der Empfänger muß sie so oder in ähnlicher Weise übernehmen, widrigenfalls er durch eine uneingeschränkte Übernahme sich eine Verpflichtung aufladet". Bis zu unserer Zeit war es klares Recht, daß, falls jemand Sachen zur Verwahrung übernahm (sogar wenn dies umsonst geschah) und er sie nachher verlor, weil jemand sie ihm rechtswidrigerweise wegnahm und zwar ohne seine Schuld, er dennoch verpflichtet war, den Schaden zu ersetzen, sofern er nicht bei dem Empfang der Sachen ausdrücklich sich eine beschränkte Haftung für diesen Fall ausbedungen hatte. Die Versuche des Lord H o l t in Sachen C o g g s g e g e n B e r n a r d und des Sir William Jones in seinem Buch über anvertraute Güter (bailments), darzutun, daß das Urteil in Sachen S o u t h c o t g e g e n B e n n e t keine maßgebende Bedeutung habe, waren ohne Erfolg, wie jeder aus den Jahrbüchern ersehen kann. Derselbe Grundsatz wurde schon sieben Jahre früher ausgesprochen durch Oberrichter Peryam i n Sachen D r a k e g e g e n R o y m a n 8 , und Southcotes Fall 1 A n m . d. Ü b e r s e t z e r s . Über a p p e a l vgl. W e r t h e i m , Wörterbuch des engl. Rechts. Berlin 1899, S. 38. Hier deutet übrigens das W o r t nicht auf Anrufung einer höheren Instanz hin, sondern auf eine altertümliche Klageform. 2 A n m . d e s Ü b e r s e t z e r s . Über C o k e (geboren 1552)vgl. B r u n n e r , Holtzendorffs Encykl. 5. Aufl. S. 345. 3 Savile, 133, 134; vgl. Bro., Accion sur le Case pl. 103. Dyer, 161a, b.
Der Empfnger anvertrauter Sachen im gemeinen egl.-amerikan.
echte.
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wurde in der Folge als maßgebende Vorentscheidung unangefochten hundert Jahre lang beachtet. So schließt sich der Kreis der Ähnlichkeiten zwischen dem englischen und dem älteren deutschen Recht vollständig ab. I n beiden finden wir dasselbe Verfahren bei Eigentumsverlust, das sich auf die einzige Frage richtet, ob der Kläger wider seinen Willen Besitz verloren habe, und denselben Grundsatz, daß der Eigentümer seine Sachen nicht zurück bekommt, falls der Mensch, dem er sie anvertraute, sie einem dritten zugewandt hat, daß er aber dann von dem Empfänger des anvertrauten Gutes Schadenersatz erlangt. W i r finden ferner in beiden Rechten dieselbe verkehrte Erläuterung, daß der Empfänger des Gutes gegen den Dieb klagen könne, weil er dem Geber verantwortlich sei, aber auch daneben den Kern der richtigen Lehre, daß er nicht haftet, wenn er nicht gegen den dritten klagen kann, und zum Schluß finden wir dieselbe uneingeschränkte Verantwortlichkeit für den Verlust der Sache, selbst wenn er ohne Schuld des Empfängers des anvertrauten Gutes eintritt. Der letzte und wichtigste dieser Grundsätze ist sogar bis zur Regierungszeit der Königin Elisabeth in Kraft geblieben. W i r müssen nunmehr seine weiteren Schicksale verfolgen. Ein Fuhrmann, der sein Gewerbe öffentlich ausübt (common carrier), haftet für Sachen, die ihm gestohlen werden oder sonst aus seiner Verwahrung verloren gehen, sofern nicht höhere Gewalt vorliegt, d. h. ein sogenanntes Eingreifen Gottes (act of God) oder eines Staatsfeindes. Zwei Anschauungen über die Quelle dieser Regel sind vertreten worden: die eine, daß sie dem römischen Rechte entlehnt sei \ die andere, daß sie als Ausnahme des allgemeinen Rechts für anvertraute Güter unter der Regierung der Königin Elisabeth und Jakobs 1. 2 durch Gewohnheit eingeführt sei. Ich werde versuchen nachzuweisen, daß beide Anschauungen nicht richtig sind, sondern daß diese strenge Haftung nur ein unvollkommenes Überbleibsel der allgemeinen Rechtsgrundsätze des anvertrauten Gutes sind, die ich soeben auseinandergesetzt habe, und daß die Änderung, die das alte Recht erfühl-, zum Teile einer Begriffsverwirrung zu verdanken ist, welche dadurch aufkam, daß die alte Klage wegen detinue durch die Klage on 1 2
N u g e n t v. S m i t h , 1. C. P. D. 19, Brett. J. p. 28. N u g e n t v. S m i t h , 1. C. P. D. 423, Oberrichter C o c k b u r n 5. S. 428.
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te Abhandlung.
the case verdrängt wurde, zum anderen Teile aber auf Anschauung der Rechtspolitik beruht, welche Lord H o l t in die früheren Entscheidungen hineingelesen hat. Zum Teil beruhen sie sogar auf solchen rechtspolitischen Anschauungen, welche spätere Richter i n die Ausführung des Lord H o l t hineingelegt, haben. Der Fall Southcote 1 wurde im 43. Jahre der Königin Elisabeth entschieden (1601). Ich meine, daß die erste Erwähnung eines Fuhrmannes im Zusammenhange mit der besprochenen Frage uns in dem Rechtsfalle des Woodlife 2 entgegentritt, der vier oder fünf Jahre früher entschieden wurde (38 oder 39 Eliz., im Jahre 1596 oder 1597). Es wurde darauf geklagt, daß für Waren, die dem Beklagten übergeben waren, Rechenschaft geleistet . werden sollte. W i e es schien, hatte der Verklagte sie als bloßer Verkaufsagent (Faktor, „pur merchandizer") empfangen, — offenbar nicht als Fuhrmann. Die Einrede ging darauf, daß er die Sachen zugleich mit seinen eigenen durch Seeraub verloren hätte. G a w d y , einer der Richter in der Sache Southcote, hielt die Einrede für imbegründet. Aber der Oberrichter P o p h a m sagte, daß die Einrede bei einem Fuhrmann unbegründet sein würde, weil er für seine Leistung bezahlt wird, daß aber i n dieser Hinsicht zwischen Fuhrleuten und bloßen Dienern und Verkaufsagenten (servants und factors) ein Unterschied sei. Dies wird im Falle Southcote wiederholt und scheint eine doppelte Unterscheidung zu machen, zunächst zwischen Gütern, die gegen Zahlung und ohne Bezahlung anvertraut werden, sodann zwischen den Empfängern solcher Güter und Dienern (servants). W a r der Angeklagte ein Diener, der keine Aufsicht über die Güter besaß, so konnte er nicht imter das Recht des anvertrauten Gutes fallen. Verkaufsagenten (factors) wurden aber nach dem alten Recht wie Diener (servants) behandelt. Die andere Unterscheidung (zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Aufbewahrung) zeigt das Eindringen der Lehre vom Verpflichtungsgrunde (consideration) in das Recht des anvertrauten Gutes. Das W o r t „Consideration" bedeutet ursprünglich ein Entgelt (quid pro quo), wie weiter unten 8 auseinandergesetzt 1 A n m . des U b e r s e t z e r s . Der oft angeführte F a l l Southcote ist nach einer Mitteilung des Herrn Verfassers derselbe wie der oben genannte F a l l Southcot v. Bennet. Er hat den ersten Namen bei Coke und den zweiten bei Croke i n deren Berichten (reports). 2 Moore, 462; Owen 57. 3 Vgl. unten Abhandlung V I I .
Der Empfänger an vertraut er Sachen im gemeinen eügl.-amerikan. Hechte. 183
werden soll. I n dieser Weise ist es in der Schrift Doctor und Student 1 behandelt, als der Grundsatz des Erfordernisses einer Consideration noch neu war. Der Oberrichter P o p h a m entlehnte diesen Unterschied zwischen bezahlten und unbezahlten Verwahrern aus diesem Werke, indem die allgemein zugänglichen Fuhrleute (common carriers) als ein Beispiel der erstgenannten Klasse erwähnt werden. I n etwas früherer Zeit machte die Bezahlung (der Arbeit) noch keinen Unterschied 2 . Jedoch in dem Falle des Woodlife führte im Widerspruch gegen das vom Oberrichter gesagte G a w d y das Urteil i n Sachen des Gefängniswärters der Kings Bench an 8 , das oben mitgeteilt worden ist. Wonach dann P o p h a m darauf zurückkam, daß dort der Kerkermeister eine Klage gegen die Rebellen hatte, während in dem nunmehr zur Entscheidung stehenden Falle kein solches Rechtsmittel vorlag. Die anderen Rechtsfälle, auf die man sich bezog, betrafen den Empfang anvertrauten Gutes im allgemeinen und sind oben zusammengestellt. Es sind dies in kurzem dieselben Entscheidungen, auf die sich der Urteilsspruch im Falle Southcote gründete; der schließlich angenommene Grundsatz (in Sachen Woodlife) war derselbe wie im Falle Southcote, nur abhängig von der Frage, ob der Verklagte unter die Regel dieses Grundsatzes fiel oder nicht. I n keiner Weise wird hier ein Gewohnheitsrecht des Königreichs erwähnt, wie dies auch in keinem früheren Falle geschehen ist, und ich glaube, daß dies das erste Beispiel ist, in dem man Fuhrleute von anderen Empfängern anvertrauten Gutes unterschieden hat. I n den alten Rechtsbüchern finden wir keine Hinweisung darauf, daß ihnen besondere Pflichten obliegen, und es ist auch sicherlich nicht wahr, daß diese Ent> Scheidung eine besondere Verpflichtung eingeführt hat. Man möge mit Bezug auf das folgende darauf achten, daß P o p h a m nicht von allgemein zugänglichen Fuhrleuten (common carriers) spricht, sondern von Fuhrleuten schlechtweg. Demnächst wurde das Urteil in Sachen Southcote 4 gefällt, (43 Eliz. im Jahre 1601), das das alte Recht in voller Einfachheit und Reinheit wiedergab, ohne auf die Bezahlung des Inhabers der Sachen oder auf irgendeine moderne Neuerung Ge1
Dial. I I ch. 38, vom Jahre 1530. Keilway, 160, pl. 2 (2 Hen. V I I I ) ; vgl. ebenda 77 b (21 Hen. V I I ) . 8 Jahrb. 33 Hen. V I . 1, pl. 3. * 4 Co. Rep. 83 b-, Cro. Eliz. 815. 2
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wicht zu legen. I n diesem Beispiel eines Verlustes durch Diebstahl, ebenso wie in den früheren, stützte sich die Klage auf Innehabung (detinue) 1 und gründete sich, wie wir vermuten können, lediglich auf eine Übergabe der Sachen und eine rechtswidrige Inhabung. Aber um diese Zeit griffen wichtige Abänderungen innerhalb des gewöhnlichen Gerichtsverfahrens Platz, die einer Erläuterung bedürfen. Konnte die Sache in specie wiedergegeben werden, so verschaffte die Klage wegen detinue dem Kläger keinen Ersatz des Schadens, den er etwa durch die Nachlässigkeit des Empfängers der Sache erlitten hatte 2 . Das natürliche Rechtsmittel für solchen Schaden war die action of trespass on the case. Aber ehe diese Regel zur vollen Zufriedenheit durchgeführt werden konnte, mußten gewisse Schwierigkeiten überwunden werden. Vielleicht bestand die Nachlässigkeit, die den Schaden verursachte, in einer bloßen Unterlassung, und wie konnte man in einem bloßen Nichttun ein Unrecht (trespass) erblicken, um die Analogie der action on the case mit der action for trespass aufrecht • zu erhalten ? Überdies mußte man, um jemanden dafür haftbar zu machen, daß er eine Handlung unterließ, dartun, daß er zu der Handlung verpflichtet war. W i e nun die Parteiausführungen vor Gericht früher lauteten, so würde es nicht genügt haben zu behaupten, daß die Sachen des Klägers durch die Nachlässigkeit des Verklagten beschädigt waren 3 . Über diese Schwierigkeiten kam man hinweg durch eine wohlbekannte Formel: „super se assumpsit", die später erklärt werden wird. Diese Formel begründete für eine nicht sehr lange Zeit eine besondere von der Kontraktsklage verschiedene Klage, und ihr Inhalt war zunächst nur die Grundlage einer Deliktsklage (action of tort). Der Grund der Haftung bestand bei ihr darin, daß der Verklagte sich auf eine Angelegenheit in solcher Weise einließ, daß seine schadenstiftende Nächlässigkeit mit seiner früheren Handlung als ein Teil des Verhaltens, das er der Sache gegenüber beobachtet h a t t e 4 , in Verbindung gebracht werden konnte. W i r werden sehen, daß Lord H o l t diesen ursprünglichen Zweck der mit 1
A n in d. Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben S. 176 Anm. 5. Keilway 160, pl. 2. 3 Jahrb. 19, Hen. V I . 49 a. E. vgl. M u l g r a v e v. O g d e n , Cro. Eliz. 219-, s. c. Owen, 141, 1. Leon. 224, mit I s a a k v. C l a r k , 2 Bulstr. 306, p. 312, Richter Coke. * Vgl. Abhandlung V I I . 2
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dem Worte assumpsit begründeten Klage anerkannt hat, wenn wir zu dem Falle C o g g s g e g e n B e r n a r d kommen werden. Natürlich war die Klage nicht beschränkt auf anvertrautes Gut (bailment). Aber es gab nebenher noch ein anderes Mittel, durch das der Beschuldigte mit einer Pflicht beladen werden und mit der action on the case haftbar gemacht werden konnte, und welches, obwohl es den Rechtsanwälten weniger geläufig ist, doch einen besonderen Einfluß auf das Recht der Fuhrleute i n späteren Zeiten hatte. Wenn ein Schaden durch eine Handlung oder Unterlassung bei Ausübung eines allgemein zugänglichen Berufes (common calling) veranlaßt wurde, z. B. des Berufes eines Roßarztes oder Schmiedes, so konnte, wie es scheint, die Klage -angestrengt werden, ohne daß man das W o r t assumpsit gebrauchte, auf Grund der Behauptung, daß der Beklagte ein allgemein zugänglicher Roßarzt oder Schmied sei 1 . Der spätere Grundsatz war nun völlig unabhängig von dem Vorhandensein eines Vertrages über anvertrautes Gut (bailment). Er drückte nur den Gedanken aus, daß die Leute, die ein öffentliches oder allgemein zugängliches Gewerbe betreiben, allgemein verpflichtet seien, ihren Beruf auf Verlangen irgend eines Menschen auszuüben und dabei die erforderliche Tüchtigkeit zu betätigen 2 . Denn, wie F i t z h e r b e r t sagt: „es ist die Pflicht jedes Handwerkers, seine Kunst recht und treu auszuüben, wie er soll" 8 . Wenn auf diese Weise bewiesen ist, daß eine Klage on the case wegen Schadens gerade ebensogut Platz griff, falls dieser durch eine Unterlassung hervorgerufen wurde, als wenn dies durch eine Handlung geschehen wäre, so lag kein Grund vor, eine solche Klage zu verweigern, wenn die Nachlässigkeit zu der Zerstörung einer Sache geführt hatte 4 . Hiervon war es nur noch ein weiterer Schritt, die Klagen auf alle Fälle auszudehnen, in denen jemand durch den Empfänger der anvertrauten Sachen 1
Paston, Richter, i n den Jahrb. 19, Hen. V I . 49. Vgl. auch R o g e r s v . H e a d , Cro. Jac. 262. R i e h . v . K n e e l a n d , Cro. Jac. 830, worüber unten nochmals gesprochen werden soll. E i n Gastwirt muß hierbei sein Gewerbe öffentlich betreiben. Jahrb. 11, Hen. I V , 45; vgl. ferner 3 Bl. Comm. 165, wo der Übergang „von einem tatsächlichen Zustande zu einem Vertragsverhältnisse" geschehen ist, wie man finden wird. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. B.G.B. § 663. 3 F . N. B. 94 D., unten S. 205. 4 Jahrb. 7, Hen. I V , 14. 12 Ed. I V . 13, pl. 9, 10. Dyer, 22b.
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einen Verlust erlitten hatte, um dadurch zu vermeiden, daß der Beschuldigte die Richtigkeit seines Standpunktes durch Reinigungseid bekräftigen durfte 1 . Die Klage wegen Vorententhaltung (detinue), das ursprüngliche Rechtsmittel, behielt ihre altertümliche Art. Ihre letzte Ausdehnung erfolgte etwa i n der Zeit des Falles S o u t h c o t e 2 . Wenn aber dieselbe Klageform 8 damals in gleicher Weise verwendet wurde, um Schadenersatz zu erlangen oder Ersatz für Zerstörung der anvertrauten Sache durch Nachlässigkeit des Empfängers und für den Verlust, der von einem dritten Übeltäter herrührte, gegen den der Empfänger des Gutes klagen konnte, dann wurde bei der Beurteilung des Grundes und der Natur der Verpflichtung des Beklagten einer Begriffsverwirrung Tür und Tor geöffnet. I n Wahrheit gab es zwei Gruppen von Verpflichtungen, die eine war den Empfängern anvertrauten Gutes nicht eigentümlich, sondern entstand aus der Möglichkeit der Formel „assumpsit" oder aus dem öffentlichen Berufe des Beklagten, wie soeben auseinandergesetzt wurde; die andere war die alte Verpflichtung des Empfängers anvertrauter Sachen, die für ihn besonders galt, und für die der Fall S o u t h c o t e ein Beispiel war. Aber eine einzelne Verpflichtung eines derartigen Empfängers kann auch als ein bloßes Stück eines Vertragsverhältnisses aufgefaßt werden, und seitdem man die Klage mit der Formel assumpsit zu den Vertragsfällen rechnete und außerdem die Lehre von dem Verpflichtungsgrund (Consideration) entwickelt worden war (was beides zu Lord C o k e s Zeit geschehen ist), schien es überflüssig, noch weiterhin scharf zwischen den beiden Gruppen von Verpflichtungen, die soeben erwähnt wurden, zu unterscheiden, vorausgesetzt, daß ein Verpflichtungsgrund und ein besonderes Versprechen vom Kläger angeführt werden konnte. I n späterer Zeit, da schon früher der öffentliche Beruf des Verklagten dieselbe Folge hatte wie der Fall eines assumpsit, das ihn wegen begangenen Un1
A n m. d e s O b e r s e t z e r s : So erklärt Lambertenghi in der italienischen Übersetzung dieses Buches diese Stelle auf S. 244 und zitiert hierzu A . P e r t i l e , Storia del diritto Italiano, vol. V I , p. 375. Über den Reinigungseid (wager of law) vgl. R ü t t i m a n n , Der engl. Civilprocess. Leipzig 1851. § 321. 2 Die Entwicklung w i r d dadurch erkennbar, daß man die Vorentscheidungen i n folgender Reihenfolge liest: Jahrb. 2 Hen. V I I , 11; K e i l w a y 77 b. a. E. (21 Hen. V I I ) ; ebenda 160, pl. 2. (2 Hen. V I I I ) ; 1 Roll. Abr. 4, F, pl. 5. R i e h . v. K n e e l a n d , Cro. Jac. 330. (11 Jac. I). 3 A n m . d e s Ü b e r s e t z e r s : Nach Lambertenghi a.a.O. l'azione sul caso.
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rechts haftbar machte, scheint man angenommen zu haben, daß dieser öffentliche Beruf auch einen vollen Ersatz für ein besonderes Versprechen darbiete und den Inhaber dieses Berufes nach den Grundsätzen des assumpsit haftbar mache. I n Sachen R o g e r s g e g e n H e a d 1 geht die Ausführung dahin, daß man bei einer Klage wegen assumpsit entweder den öffentlichen Beruf des Verklagten zur Zeit, als er die Sachen übernahm, oder ein Versprechen mit zureichendem Grunde (Consideration) nachweisen müsse. Diese Ausführung hehauptet, daß jemand, der in Ausübung eines öffentlichen Berufes eine Sache annimmt, z. B. ein öffentlicher Fuhrmann, mit der genannten Klageform wegen jeder der beiden erwähnten Gruppen von Verpflichtungen haftbar gemacht werden kann, wenn der Kläger entweder den öffentlichen Beruf des Verklagten oder den ihm gegebenen Lohn nebst dessen besonderem Versprechen anführt. Man scheint angenommen zu haben, wie das oft vor und nach diesem Rechtsfalle entschieden worden ist, daß jemand, der kein öffentlicher Fuhrmann war, wenn er die empfangenen Waren nicht ablieferte, mit einer besonderen Klage belangt werden konnte, das ist einer action on the case, die von der Klageform des „assumpsit" unterschieden wird. Man setze den Fall, daß der Kläger wegen eines Deliktes mit einer Klage on the case vorgegangen ist. Hier wie in den vorigen Fällen kann die Pflichtverletzung, über die sich der Kläger beschwert, eine solche Sachbeschädigung sein, wie sie immer zum Gegenstande dieser Klageform gemacht worden ist, oder sie kann auch einen Verlust durch Diebstahl betreffen, wegen dessen früher die Klage wegen detinue (Vorenthaltung) angestellt wurde, und welche den Empfänger des anvertrauten Gutes nur auf Grund seines Empfanges haftbar machte. Waren die Sachen gestohlen, so stützte sich die Haftung des Empfängers weder auf seinen öffentlichen Beruf noch auf das assumpsit und seine Nachlässigkeit, sondern sie entstand 1
Cro. Jac. 262 (8 Jac. I). Vgl. Maynards Ausführung in Sachen W i l l i a m s v. H i d e , Palmer, 548; S y m o n s v. D a r k n o l l , ebenda S. 523, und andere Vorentscheidungen weiter unten; 1 Roll. Abr. 4, F, pl. 3, M o n l e y v. F o s s e l , Moore, 543 (40 Eliz.), einen unklar berichteten Rechtsfall. Hier scheint eine Klage m i t der besprochenen Formel assumpsit gegen einen Viehzüchter vorgelegen zu haben; denn das Urteil betrifft ein Pferd, das gestohlen wurde, als es dem Beklagten anvertraut w a r , und behauptet beiläufig, daß „ohne die ausdrückliche Hervorhebung des „assumpsit" die Klage nicht begründet sein würde." Dies muß sich auf die Form der Klage bezogen haben, da die Richter des Falles Southcote an dieser Entscheidung teilnahmen; vgl. außerdem E v a n s v. Y e o m a n , Claytoiz 33.
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lediglich aus den Ereignissen, daß er Sachen erhalten hatte und daß sie demnächst verschwunden waren, und in solchen Fällen mußte es genügen, diese Tatsachen in der Klagebegründung anzuführen 1 . Aber es war sehr natürlich, daß die durch den Gebrauch geheiligten Grundlagen der action on the case in ihrer beschränkteren Anwendung noch vor Gericht angeführt wurden, auch nachdem der Umfang dieser Klage erweitert worden war. W i r werden unten untersuchen müssen, ob nicht die Grundsätze des Falles S o u t h c o t e ebenfalls nach der entgegengesetzten Richtung analog ausgedehnt worden sind. Die Gründe für die Regel, welche dieser Fall feststellte, hatten ihren Sinn bereits seit Jahrhunderten verloren, ehe G a w d y und C l e n c h geboren waren, nämlich als die Eigentümer ein Klagerecht erworben hatten, wenn das von ihren Vertrauensmännern besessene Gut gestohlen war, und das Urteil selbst war ein bloßer Präzedenzfall, dem es nahe lag in seinem buchstäblichen Sinne zu folgen, als der wahre Sinn in Wegfall gekommen war. Die Regel begann in ihrer Kraft zu wanken, als der Berichterstatter über eine Prozeßsache den Empfängern anvertrauten Gutes als Vorsichtsmaßregel anriet, die Sachen mit solchen Redewendungen anzunehmen, wie sie geeignet waren, diese Empfänger von dem Einflüsse der Regel frei zu machen 2 . Obwohl diese Entscheidung hundert Jahre bis zu dem Prozesse C o g g s g e g e n B e r n a r d die Hauptautorität war, auf die man sich stützte, sobald einem Empfänger anvertrauten Gutes eine besondere Verantwortlichkeit auferlegt wurde, so finden wir später doch, daß bisweilen ein „assumpsit" in die Klageform hineinkam 8 , wie bei älteren Fällen oder noch häufiger, daß der Empfänger des Gutes vom Kläger als öffentlicher Bootsführer oder als öffentlicher Fuhrmann oder dgl. bezeichnet wurde, ohne daß man auf die besondere Natur des vorliegenden Unrechts (tort) eingehend Bezug nahm, und daß der wahre Sinn dieser Bezeichnung zuweilen ganz außer Gesicht kam. Zunächst finden wir immerhin nur einige unbedeutende Sprachverwirrungen in vereinzelten Rechtsfällen, und so oft man annahm, daß die Pflicht des Verklagten in den Bereich des Grund1
Vgl. S y m o n s v. D a r k n o l l und den zweiten Bericht in Sachen M o r s e v. S l u e unten. Der letztere F a l l beweist, daß die Behauptung der Nachlässigkeit eine reine Form war; vgl. 1 Salk. 18, oben. 2 Vgl. oben S. 180. 3 B o s o n v. S a n d f o r d , Shower 101; C o g g s v. B e r n a r d , unten.
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satzes fiel, der im Falle Southcote anerkannt worden war, so wurden in den gerichtlichen Vorträgen nicht immer der allgemein zugängliche oder öffentliche Beruf des Verklagten erwähnt, weil man dies für überflüssig hielt 1 . Allein man entnahm andere Theorien aus früheren Entscheidungen von Prozessen on the case, oder man suchte eine Verpflichtung, die man nicht recht verstand, dadurch zu bestärken. Der Oberrichter P o p h a m hatte eine Unterscheidung zwischen bezahlten und unbezahlten Empfängern anvertrauten Gutes sanktioniert, daher galt es für angemessen, in der Klage einen Lohn, den der Beklagte empfangen habe, anzuführen. Natürlich wurde auch Nachlässigkeit als Klagegrund genannt. Und schließlich geschah es häufig, daß man die Verpflichtung des Gegners auf das Gesetz und die Gewohnheit des Königreichs stützte. Dieser letztere Punkt verdient noch eine weitere Beachtung. Es gibt keine prozeßeinleitende Schrift (writ) in der Formelsammlimg (Register), die eine besondere Verpflichtung der öffentlichen Fuhrleute durch englisches Gewohnheitsrecht anführt. Aber die Prozeßeinleitung gegen Gastwirte stützt deren Haftung „auf das Recht und die Gewohnheit Englands", und diese Redewendung lag nahe. Ihre Anführung schloß weniger einen allgemeinen (theoretischen) Grundsatz in sich, als vielmehr die Behauptung eines Rechtssatzes in der damals üblichen Form. Es gibt andere derartige Prozeßeinleitungen wegen trespass, die eine gemeinrechtliche Verpflichtung auf dieselbe Weise behaupten, und andere wiederum, die von einer Verpflichtung durch ein besonderes Gesetz reden 2 . Es wurden ja „die Richter vereidigt, nach dem Recht und der Gewohnheit Englands ihr Amt auszuüben 3 ". Die Pflichten eines öffentlichen Fuhrmannes waren, soweit man von den alten Zeiten Kunde hat, lediglich die allgemeinen Pflichten eines Empfängers anvertrauten Gutes, verbunden mit den Verpflichtungen, die man in der Regel an die Ausübung eines öffentlichen Berufes anknüpfte. Das W o r t öffentlich (common) richtete sich hier lediglich auf den letzeren Punkt, wie oben gezeigt wurde. Dies ergibt sich weiterhin daraus, daß 1
S y m o n s v. D a r k n o l l , unten. Reg. Brev. 92 b, 95 a, 98a, 100b, 104a; vgl. Jahrb. 19 Ed. I I , 624; 30 Ed. 111,25,26; 2 H e n . l Y , 18, pl. 6; 22 Hen.VI. 21, pl.38; 32 & 3 3 E d . I , I n t . X X X H I ; B r u n n e r , Schwurgerichte, 177; derselbe, Französische Inhaberpapiere 9, n. 1. 3 12 Co. Rep. 64. 2
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die Verpflichtung, wenn sie in dieser Weise geltend gemacht wurde, nicht als besondere Verpflichtung der öffentlichen Fuhrleute als solcher, sondern als Rechtsgewohnheit der föffentlichen Führer oder Auslader auf Leichterschiffen und dgl., je nach dem Berufe der betreffenden Partei, Erwähnung fand. Es ist zu beachten, daß der Oberlichter H o l t (Coggs g e g e n B e r n a ' r d ) alle bezahlten Empfänger des Gutes, die einen öffentlichen Beruf ausführen, für haftbar erklärt und dabei die Bootsführer und Schiffskapitäne neben den öffentlichen Fuhrleuten erwähnt und nicht als eine Unterart dieser Fuhrleute. Man wird außerdem in den älteren Rechtsstreitigkeiten bemerken, daß sie keine feste Formel für die fragliche Verpflichtung enthalten, sondern daß man in jedem einzelnen Falle behauptete, der Verklagte hafte für das, was er in dem besonderen Beispiele gesagt, getan oder unterlassen habe 1 . W i r kehren nunmehr zu der bereits berührten Reihe von Rechtsfällen zurück. Der nächstfolgende ist R i e h g e g e n K n e e l a n d (11 Jac. I vom Jahre 1613) 2 . Es handelte sich um eine Deliktsklage on the case gegen einen gewöhnlichen Schiffer. I m Bericht von C r o k e ist eine Gewohnheit nicht erwähnt. — Aber die Klagebegründung behauptet, daß der Verklagte ein gewöhnlicher Schiffer war, der Kläger ihm eine einfache Handtasche und andere Sachen zur Beförderung übergeben und ihn bezahlt hatte, und daß dann der Verklagte die Sachen so schlecht bewachte (tarn negligenter custodivit), daß sie ihm von unbekannten Leuten weggenommen wurden, — gleich wie in dem zweiten Falle in Sachen M o r s e g e g e n S l u e , der weiter unten berichtet werden wird. Der Verklagte erhob einen Rechtseinwand 8 , und auf diesen hin wurde eine Entscheidimg für den Kläger getroffen. Nachdem hierauf eine Anfechtung dieser Entscheidung wegen Irrtums geschehen war, wurde dahin erkannt, daß „diese Klage gegen einen gewöhnlichen Schiffer nicht ohne ein besonderes Versprechen möglich ist". Aber alle Richter und Barone entschieden, daß sie ebensogut möglich wäre, wie gegen einen öffentlichen Fuhrmann auf dem festen Lande. Wenn wir diesem 1
Vgl. neben den nachfolgenden Urteilen die i n Sachen C h a m b e r l a i n v. C o o k e berichtete Erklärung, 2 Ventris 75 (1 W . & M.) und beachte besonders die Abweichungen des Inhalts i n dem unten im Texte angeführten Falle M o r s e v. S l u e . 2 Hobart 17; Cro. Jac. 330; vgl. auch G e o r g e v. W i b u r n , 1 Roll. Abr. 6, pl. 4 (vom Jahre 1638). 8 The plea was demurred, to; vgl. oben S. 84 A n m . 3.
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Bericht folgen, so scheint es auf den ersten Blick, daß der öffentliche Beruf als erheblich angesehen wurde. Aber da der eingeklagte Verlust offensichtlich unter das Gebiet des Falles S o u t h c o t e fiel, bei dem weder ein besonderes Versprechen noch ein öffentlicher Beruf für die Anwendimg der aufgestellten Regeln verlangt wurde, und der noch dreiviertel Jahrhundert später unangefochtenes Recht blieb, so muß der Gerichtshof hier auf die Form der tatsächlich angestellten Klage (action on the case) und nicht auf die Haftbarkeit des Verklagten in irgend einer möglichen Form (z. B. detinue) Gewicht gelegt haben. Man hielt (der Klage) entgegen, daß „ohne besonderes Versprechen diese Klage nicht möglich wäre", nicht aber, daß der Verklagte überhaupt nicht haftete. Selbst mit dieser Beschränkung unterstützt das Urteil den Gedanken, daß die Anführungen, die in der älteren und gewöhnlichen Verwendung dieser Klage nötig waren, um jemand für den durch seine Nachlässigkeit eingetretenen Schaden haftbar zu machen, ebenso bei der neuen Ausdehnung dieser Klage auf andere Unrechtsfälle unentbehrlich erschienen. Als es nun ziemlich klar war, daß die action on the case wegen einer Unterlassung möglich war, so wurde dieser Gedanke mißverstanden, und wir werden sehen, daß er in den nachfolgenden Entscheidungen bestritten worden i s t 1 . Nach H o b a r t s Bericht war vom Kläger angeführt worden, daß der Verklagte ein öffentlicher Bootsmann war, der gegen Lohn Güter zu Wasser beförderte usw., daß nach englischer Gewohnheit solche Fuhrleute die Güter verwahren sollen usw., so daß sie nicht durch die Schuld ihrer Gehilfen (servants) verloren gehen. „Und es wurde entschieden, daß zwar eine Gewohnheit des Königreiches behauptet worden war, aber auch diese zu dem gemeinen Recht gehört". Diese letztere Entscheidimg kann nur bedeuten, daß die Gewohnheit des Königreichs und das gemeine Recht Englands ein und dasselbe Ding sind, wie das auch lange vorher mit Bezug auf Gastwirte gesagt worden i s t 2 . Aber das Recht der Gastwirte, welches in der Klageschrift eine Gewohnheit des Königreichs genannt wurde, hatte zuweilen den Anschein eines besonderen Grundsatzes, der 1
Die Verwertung dieses Urteils in späteren Zeiten beweist, welche außerordentlichen Schwierigkeiten es den älteren Schriftstellern bereitete, die Grundsätze des materiellen Rechts von den bloß prozessualen Regeln zu unterscheiden. 2 Jahrb. 22 Hen. V I . 21, pl. 38; oben S. 189 Anm. 2.
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über das Recht des anvertrauten Gutes hinausgriff, insoweit als hier die Haftbarkeit sich auf solche Sachen innerhalb des Gasthauses ausdehnte, über die die W i r t e gar keine Aufsicht hatten, und es war vielleicht die Meinung des Gerichtshofes, einen Gegensatz zwischen einem solchen besonderen Rechtssatze und dem gemeinen Recht oder dem allgemeinen Recht des anvertrauten Gutes hervorzuheben. Was auch für Zweifel einige der Aussprüche C r o k e s erwecken können, sobald man sie für sich allein betrachtet, die Tatsache bleibt unbestreitbar, daß beinahe jahrelang seit dem Falle W o o d l i f e s die Haftbarkeit der Fuhrleute für verlorene Sachen auf Vorentscheidungen gestützt wurde, und daß man beabsichtigte, sie nach dem Grundsatze des Falles S o u t h c o t e zu beurteilen, mag nun dabei die Gewohnheit des Königreiches oder der öffentliche Beruf des Verklagten angeführt worden sein oder nicht. Der Rechtsfall S y m o n s g e g e n D a r k n o l l 1 (4 Car. I . vom Jahre 1628) trifft gerade den hier vorliegenden Punkt. Die Klagebehauptung geht dahin, daß nach gemeinem Recht jeder Bootsmann sein Leichterschiff so lenken sollte, daß die darin beförderten Sachen nicht zugrunde gehen. „Und obwohl kein Versprechen vorlag, so nahm der Gerichtshof doch an, daß der Kläger Schadenersatz erlangen solle; und es schadete nichts, daß der Kläger die Eigenschaften des Verklagten als öffentlichen Führer des Leichterschiffes nicht hervorhob. H y d e , der Oberrichter, sagt: „Die Übergabe begründet den Vertrag." Dies bedeutete nicht, daß die Übergabe als Rechtfertigungsgrund des Versprechens (Consideration) anzusehen war, sondern, wie dies auch im Falle S o u t h c o t e festgestellt war, daß die Übergabe den Empfänger verpflichtete, die Sache sicher' aufzubewahren, auch wenn er nicht bewies, bei ihr besonders gesagt zu haben, er wolle sie so aufbewahren, wie seine eigenen Sachen. Deswegen war es überflüssig, daß der Kläger entweder ein „assumpsit" oder des Verklagten öffentlichen Beruf erwähnte. Der Richter W h i t l o k lenkte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, daß die Klage eine Deliktsklage war, keine Vertragsklage. „Et en cest case Southcotes Case fuit cite." Dieselbe Regel wird für anvertrautes Gut im allgemeinen im selben Jahre von dem Sergeant (Barrister) M a y n a r d auf1
Palmer, 523.
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gestellt bei seinen Ausführungen in Sachen W i l l a m s g e g e n H i d e 1 , wobei er wiederum den Fall S o u t h c o t e anführt. I n Sachen K e n r i g g e g e n E g g l e s t o n 2 (24 Carl I . , im Jahre 1648), „in einem Falle der Klage gegen einen Fuhrmann zu Lande wegen Nichtablieferung einer Kiste" und anderer Sachen, deren er beraubt worden war, war eine Rechtsgewohnheit nicht erwähnt worden, auch nicht, daß der Verklagte ein öffentlicher Fuhrmann war, sofern man das nicht aus den oben angeführten Worten herauslesen will. Sondern es war behauptet worden, wie in dem Falle S o u t h c o t e , daß „es zu des Fuhrmannes Aufgabe gehören müßte, eine spezielle Annahmeerklärung (hinsichtlich der übernommenen Haftung) bei der Übernahme der Sachen abzugeben," falls er seine Haftbarkeit als Empfänger des Gutes vermindern will. I n Sachen N i e ho I i s g e g e n M o o r e 8 behauptete eine Klage gegen einen „Frachtführer zu Wasser" zwischen H u l l und London, daß die Ware ihm in York (nicht i n Hull) übergeben worden wäre. Es war eine Aufschiebung des Urteils beantragt worden, weil der Verklagte es nicht übernommen hatte, die Güter von York bis H u l l zu befördern. „Aber obwohl dies per totam curiam anerkannt wurde, so sollte doch der Verklagte wegen der uneingeschränkten Übernahme der Sachen in York so, wie in dem Falle S o u t h c o t e entschieden wurde, haften. Es erscheint angemessen hervorzuheben, daß sich i n dem Falle M a t t h e w s g e g e n H o p k i n s 4 (17 Car. I I ) die Klagebegründung gegenüber einem öffentlichen Fuhrmanne auf die englische Gewohnheit stützt, und hier wurde die Aufschiebung des Urteiles beantragt, weil die Gewohnheit des Königsreiches falsch dargestellt, auch nicht behauptet worden wäre, daß der Verklagte zur Zeit der Übergabe Fuhrmann war, und auch weil zwei verschiedene Klagegründe verbunden wären, nämlich die Klagen wegen Entwendung (trover) und die Klage on the case, die sich auf die Gewohnheit stützte. Das Urteil wurde hinausgeschoben und zwar, wie es scheint, aus dem letzteren Grund, aber der Gerichtshof fuhr fort: „Und obwohl die Begründung der Klage genügt, ohne daß die englische Gewohnheit angeführt wird, so 1
Palmer, 548. Aleyn 93. » 1. Sid. 36. 4 1 Sid. 244; vgl. D a l s t o n v. J a n s o n , 1 L d . Raym. 58.
2
Holmes-Leonhard,
Recht Englands u n d Nordamerikas.
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ist es doch, wie H o b a r t sagt, besser, sie in solchem Falle anzuführen." W i r kommen jetzt zu dem bedeutsamen Rechtsfalle M o r s e g e g e n S l u e (23 und 24 Car. I I . , vom Jahre 1671/72)\ Es war dies eine Klage gegen einen Schiffskapitän, dessen Fahrzeug in der Themse lag, wegen Verlustes von Waren, die ihm anvertraut waren. Die fraglichen Waren waren von Räubern weggenommen worden, und es stand fest, daß das Schiff dabei in gewöhnlicher Weise bewacht worden war. Es scheinen hier zwei Klagebegründungen vorgelegen zu haben. Die eine stützte sich auf das Recht und die Gewohnheit Englands (1 Vent. 190), wonach Schiffskapitäne „sorgfältig steuern, das Schiff schützen und die verladenen Güter verteidigen müssen, solange das erwähnte Schiff i m Themsefluß bleibt" (2 Keb. 1866). „Waren, die von London aus über See verschickt werden, müssen sie sicher aufbewahren, daß sie nicht verloren gehen oder eine Verminderung erleiden, damit wegen ihrer Beschädigung (ita quod pro defectu of them) die Versender zu keinem Schaden kommen können" (1 Vent. 190). „Die zur Beförderung überlieferten Waren sind sicher aufzubewahren, abgesehen von Seegefahren" (2 Levinz, 69); der zuletzt erwähnte Vorbehalt war vielleicht von dem Berichterstatter aus dem gewöhnlichen Inhalt der Verfrachtungsbriefe entnommen, auf die sich seine Ausführung bezog. Die zweite Klagebegründung, die gewöhnlich übersehen wird, war eine besondere Grundlage der action on the case „wegen Übergabe und wegen eines durch Nachlässigkeit des Empfängers verschuldeten Diebstahls der Waren" 2 . Der Rechtsfall umfaßte hiernach einen doppelten Anspruch, und alle Berichte stimmen darin überein, insoweit sie die Punkte feststellen, auf die hier Gewicht gelegt wird. H o l t 8 behauptete für den Kläger 4 : 1. daß ein Schiffskapitän im allgemeinen Waren zur Bewachung annimmt, wofür der Fall S o u t h c o t e angeführt wird, mit Ausnahme des Verwalters eines Bauernlehens (guardian in socage) 5 , der kraft Gesetzes die 1 2 Keb. 866; 3 id. 72, 112, 135; 2 Lev. 69; 1 Vent. 190, 238; 1 Mod. 85; Sir T. Raym. 220. 2 2 Keb. 866; vgl. Keb. 74; 1 Mod. 85; Sir T . Raym. 220. 3 A n m . des U b e r s e t z e r s . Nach Lambertenghis italienischer Übersetzung des Buches S. 254 war er damals Anwalt. 4 3 Keb. 72. 6 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Lambertenghi a. a. O. nennt ihn Curator feudale i n soca.
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Sachen beaufsichtigt, und eines Verkaufsagenten (factor), der bloß als Gehilfe (servant) von des Herrn Bestimmungen abhängt und deshalb nicht für die Sache sorgen kann. 2. Daß der Schiffskapitän für die Aufbewahrung bezahlt wird und sich deshalb verklagen lassen muß. 3. Daß der Schiffskapitän eine Klage (gegen die Räuber) hat, wobei der Fall des Gefängnisaufsehers bei dem Königsgericht angeführt wird 1 . Daß es ein großer Übelstand sein würde, wenn der Schiffskapitän nicht, haftete, da die Kaufleute sich auf ihn verlassen und keine besondere Verschuldung nachgewiesen zu werden brauchte, wie das aus dem Verfrachtungsbriefe hervorgeht, und daß endlich im vorliegenden Falle eine Nachlässigkeit vorhanden war. Auf der anderen Seite war betont worden, daß eine Nachlässigkeit nicht ermittelt und der Schiffskapitän ein bloßer Gehilfe wäre, so daß niemand anders als höchstens die Eigentümer selbst verantwortlich gewesen wären 2 . Es wurde also angedeutet, daß ebenso, wie keine Haftbarkeit vorgelegen haben würde, falls die Güter auf der See verloren worden wären, — ein Fall, in dem das Admiralitätsrecht (admiralty law) Platz gegriffen haben würde —, es gleichfalls unvernünftig wäre, den Beginn der Reise von anderen Rechtsregeln abhängig zu machen, als sie für die übrige Reise maßgebend sein würden 8 . Gegenüber diesem zweiten Grunde wrirde wiederum von Seiten des Klägers behauptet: der Verklagte haftet „nach dem gemeinen Rechte des allgemeinen Vertrages der anvertrauten Güter (bailment)", wobei der Fall S o u t h c o t e angeführt wurde. Außerdem wurde bemerkt, daß der Verklagte nach römischem Rechte und nach Seerecht als öffentlicher Frachtführer und Schiffskapitän haftbar wäre. Die Entscheidung des Gerichtshofes ging von der Ansicht des Oberrichters H a i e aus. Es wurde entschieden, daß das Admiralitätsrecht nicht gelte, weil das Schiff i n den Grenzen der Grafschaft liege, oder im Einklänge mit 1 Mod. 85, Note a, „daß der Kapitän sich nicht auf die Regeln des römischen Rechtes berufen könne, nach denen Kapitäne für Zufall (pro damno fatah) nicht haften", daß der Kapitän der Klage hafte, weil er bezahlt sei; daß „Beklagter hätte einen Vorbehalt zu seinen Gunsten machen 1
Jahrb. 33 Hen. V I , 1; oben S. 177. 3 Keble, 73. Dies ist der hauptsächlichste Punkt, der von Sir T . Raymond und Levinz erwähnt wird. 8 Vgl. 1 Mod. 85. 2
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sollen und, weil er dies unterließ und die Güter ohne weiteres übernahm, er für eintretende Zufälle haften müßte" 1 . Der Rechtsfall K e n r i g g e g e n E g g l e s t o n 2 scheint ebenfalls in Bezug genommen worden zu sein. Es wurde ferner ausgesprochen, daß der Kapitän eher ein Schiffsbeamter (officer), als ein bloßer Gehilfe ist und in Wahrheit von dem Kaufmanne, der das Frachtgeld zahlte, seinen Lohn mittelbar erhielt. Schließlich wurde .bei der Frage der Nachlässigkeit bemerkt, daß es nicht genügte, die gewöhnliche Zahl von Schiffswächtern zu haben, sondern daß eine Nachlässigkeit vorliegt, wenn tatsächlich nicht genug Wächter da sind, um die Waren zu schützen, abgesehen von dem Fall, daß Staatsfeinde einbrechen , wobei der Fall des Gefängnisaufsehers angeführt wurde, der, wie sich der Leser erinnern wird, lediglich den Grundsatz des Falles S o u t h c o t e und das gemeine Recht des anvertrauten Gutes in einer anderen Form enthielt 3 . Man wird bemerken, daß diese Entscheidung sich nicht auf eine besondere Gewohnheit stützt, auch nicht auf eine solche, die öffentliche Fuhrleute oder Schiffsführer betrifft. Vielmehr betonten alle Ausführungen und Meinungen des Gerichtshofes, daß das allgemeine Recht des anvertrauten Gutes Anwendung finden und der Angeklagte ebenso wie im Falle Southcote durch seine uneingeschränkte Übernahme der Sachen haftbar geworden sein würde, falls der Rechtsfall unter das gemeine Recht fiele und nicht unter die milderen Vorschriften des (römischen) Zivilrechts, auf das sich der Verklagte berief, und daß, wenn der Verklagte hätte als Empfänger anvertrauten Gutes (baillee) angesehen werden können, und nicht bloß als Gehilfe (servant) des Eigentümers, dann das allgemeine Recht des anvertrauten Guts gelten und der Beklagte ebenso, wie im Falle S o u t h c o t e , „durch eine uneingeschränkte Annahme der Güter haftbar geworden sein würde." Man kann kaum annehmen, daß ein so erleuchteter Richter, wie es Sir Matthew H a i e war, sich auch dann nicht von dem Inhalte der Jahrbücher entfernt haben würde, wenn die fraglichen Sachen für den Kläger unentgeltlich übernommen worden wären, ohne Rechtfertigungsgrund der Verpflichtung oder ohne 1
1 Ventris 238, woselbst der F a l l S o u t h c o t e am Rande angeführt ist vgl. 3 Keble 135. 2 Aleyn, 93-, oben S. 193. 3 Vgl. auch 1 Haie, P. C. 512, 513.
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Lohn, und dann dem Verklagten geraubt worden wären. Solch ein Rechtsstreit wurde vor dem Oberrichter P e m b e r t o n verhandelt, und dieser entschied i n sehr einsichtiger Weise, daß die Klage nicht gelten könne, indem er es ablehnte, nach dem Recht der Zeit des Lord C o k e zu solchem ungewöhnlichen Ergebnisse zu gelangen 1 . (33 Car. I I im Jahre 1681). Um dieselbe Zeit begann der öffentliche Beruf des Beschuldigten eine neue Bedeutung zu gewinnen. Die wichtigere Seite des erwähnten alternativen Klagegrundes, nämlich die Berufung auf assumpsit, hatte schließlich die im wesentlichen einwandfreie Lehre ins Leben gerufen, daß alle Verpflichtungen aus einer Übernahme anvertrauten Gutes auf Vertrag begründet sind 2 . Aber da diese Klagebegründung späterhin eine besondere Klageform nach sich zog, die durch sie erzeugt worden war, so wurde sie nicht mehr viel angewandt, wo aus einem Delikt geklagt wurde, weil hier die andere Seite der erwähnten Alternative immer mehr und mehr hervortrat. Offenbar gewann die Anschauung mehr und mehr an Boden, daß die Haftbarkeit der öffentlichen Fuhrleute bei Verlust der Ware, was auch immerhin dessen Ursache war, aus einem besonderen Grundsatze entspringe, der sich auf Fuhrleute beschränke und nicht im allgemeinen auf alle Empfänger anvertrauten Gutes anwendbar sei. Die Verwirrimg zweier voneinander unabhängiger Schuldverhältnisse, die oben erläutert worden ist, und deren erste Spur i n Sachen R i e h g e g e n K n e e l a n d gefunden wurde, begann bald ihren höchsten Grad zu erreichen 8 . H o l t wurde Oberrichter, drei i n der letzten Anmerkung angeführte Fälle enthalten seine 1
K i n g v. Viscount Hertford, 2 Shower, 172, pl. 164; vgl. Woodclifes F a l l oben. 2 B o s o n v. S a n d f o r d , 1 Shower 102 (2 W . & M.); vgl. oben S. 184, nnten S. 199. Neuere Beispiele dieser Rechtsregei finden sich i n Sachen F l e m i n g v. M a n c h e s t e r , S h e f f i e l d , & L i n c o l n s h i r e R a i l w a y Co., 4 Q. B. D. 81, und i n anderen angeführten Fällen. I n Sachen B o o r m a n n v. B r o w n , 3 Q. B. 511, 526, w i r d der Leser das altertümliche „assumpsit", das zunächst einer Deliktsklage zugrunde lag, i n einen Vertrag im gegenwärtigen Sinne des Wortes umgedeutet finden. W i r werden unmittelbar erkennen, daß L o r d H o l t eine ganz andere Ansicht hatte. Vgl. die Art, wie er den Rechtsstreit des Gefängnisaufsehers bespricht, 33 Hen. V I , 1 bei Aleyn, 27. » Vgl. L o v e t t v. H o b b s , 2 Shower, 127 (32 Car. I I ) ; C h a m b e r l a i n v. C o o k e , 2 Ventris, 75 (1 W . & M.); B o s o n v. S a n d f o r d , 1 Shower, 101, woselbst der F a l l S o u t h c o t e angeführt ist (2 W . & M.); U p s b a r e v. A i d e e , 1 Comyns, 25 (8 W . I I I ) ; M i d d l e t o n v. F o w l e r , 1 Salk. 288 (10 W . III).
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Entscheidungen. I m Falle L a n e g e g e n C o t t o n 1 (13 W i l l I I I , vom Jahre 1701) erklärt er, daß er das Urteil im Falle S o u t h c o t e mißbillige und daß nach seinem Eindruck das gemeine englische Recht von anvertrauten Gütern aus Rom entlehnt sei. Man kann sagen, daß die Beseitigung des Einflusses des Falles S o u t h c o t e und des alten gemeinen Rechtes von der Entscheidung des Falles C o g g s g e g e n B e r n a r d 2 datiert (2 Anne, vom Jahre 1703). Lord Holts berühmter Ausspruch im letztgenannten Falle enthält reichliche Zitate aus dem römischen Recht, wie es zu ihm durch Bracton hindurchgesickert war; allein welchen Einfluß dies auch auf seine Ansichten gehabt haben mag, der von ihm entschiedene Punkt und die Hervorhebung der öffentlichen Fuhrleute als solcher stammen aus der englischen Rechtsentwicklung. Die Klage lautete nicht wie eine Vertragsklage. Der Grund stützte sich auf die Schädigung der Waren, und der Kläger machte ein Delikt des Verklagten geltend, indem er die Formel „assumpsit" anwandte und durch Schlußfolgerung zu einer solchen Haftbarkeit des Beklagten wegen Nachlässigkeit gelangte, wie sie i n den Tagen Heinrichs V I . galt. Die Klagebeantwortung behauptete, daß dem Verklagten keine Schuld zur Last falle. Aber nachdem die Geschworenen zugunsten des Klägers erkannt hatten, wurde eine Aufschiebung des Urteils beantragt; „denn es war in der Klage nicht behauptet, daß der Verklagte ein öffentlicher Gepäckträger wäre, auch nicht gesagt, daß er für seine Bemühungen etwas bekommen hätte." Ein Rechtfertigungsgrund des Versprechens (Consideration) war weder angeführt, noch an einen solchen gedacht worden, sofern es sich um die ursprüngliche Klage mit der Formel assumpsit handelte. Aber für die neue Vertragsklage, die sich derselben Formel bediente, wurde ein solcher Rechtfertigungsgrund allerdings verlangt. Daraus folgerte man überall, wo der Ausdruck assumpsit gebraucht war, sogar bei einer Deliktsklage wegen Eigentumsbeschädigung, daß darin die Behauptung eines Vertrages liege, und daß daher auch ein Rechtfertigungsgrund des Versprechens dargetan werden müsse, obwohl das Gegenteil unter der Regierung der Königin Elisabeth entschieden worden war 8 . Aber der Antrag drang nicht durch, und es wurde zugunsten des 1
12 Mod. 472. 2 L d . Raym. 909. * P o w t u a r y v. W a l t o n , 1 Roll. Abr. 10, pl. 5 (39 Eliz.) v g l . K e i l w a y 160.
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Klägers entschieden. Lord H o l t war sich dessen wohl bewußt, daß der Gebrauch der Klageformel mit assumpsit nicht auf den Fall eines Vertrages beschränkt war. Richtig ist, daß er folgendes sagte: „Der Umstand, daß der Eigentümer dem Verklagten die Sachen anvertraute, ist ein genügender Rechtfertigungsgrund (Consideration), um für eine sorgfältige Behandlung der Sache haftbar zu machen", oder auch zu ihrer Rückgabe; aber dieser Rechtfertigungsgrund bedeutet etwas ganz anderes, als ein Verpflichtungsgrund, der genügt, um ihn zur Beförderung der Ware zu verpflichten, die nach Lord H o l t s Annahme nicht vom Verklagten übernommen worden war. Er sagt weiterhin ausdrücklich: „Dies ist ein ganz anderer Fall; denn das W o r t assumpsit deutet nicht allein auf eine zukünftige Verpflichtung, sondern in Fällen, wie dieser einer ist, bedeutet es, daß jemand sich mit der Sache befaßt und die ihm anvertraute Fürsorge auf sich nimmt", wobei H o l t sich an die früheren Entscheidungen der Jahrbücher anlehnt 1 . Dies genügte, um die Entscheidung zu begründen, und der Grundsatz des Falles S o u t h c o t e hatte nichts mit dieser Sache zu tun. Allein, da man nunmehr voraussetzte, daß die Pflicht der öffentlichen Fuhrleute infolge ihres Berufes sich auf alle Arten von Verlusten ausdehnte und die Lehre des Falles S o u t h c o t e wahrscheinlich so aufgefaßt wurde, daß sie sich auf viele Beschädigungsarten beziehen lasse, so wurde es nötig, bei einer allgemeinen Erörterung (wie es die angeführte ist) die beiden Grundsätze miteinander in Einklang zu bringen oder unter ihnen eine W a h l zu treffen. Der Oberrichter ging hierauf dazu über, einen Unterschied zwischen besoldeten Empfängern anvertrauten Gutes, die einen öffentlichen Beruf ausüben, wie z. B. öffentlichen Fuhrleuten, öffentlichen Bootsführern, Schiffskapitänen und anderen Empfängern zu machen. Für die letzteren bestritt er die Regel, die für den Fall S o u t h c o t e aufgestellt war. Er sagte, daß der Grundsatz der strengen Haftung sich auf die erstgenannte Klasse beschränke, auf sie aus rechtspolitischen Gründen angewandt werde, und daß Verkaufsagenten (factors) haftfrei seien, nicht weil sie bloße Gehilfen (servants) seien, wie das immer angenommen worden war (unter anderem von ihm selbst, als er in 1
Ld. Raym. 919 vgl. Abhandlung V I I . W i e wenig L o r d Holt gesonnen ist, die moderne Anschauung anzunehmen, derzufolge eine Ubergabe, w e i l sie den Geber benachteiligt, das Rückgabeversprechen rechtfertigt, ersieht man aus einem Blick auf die von ihm angeführten und gebilligten Jahrbücher.
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Sache M o r s e g e g e n S l u e plädierte), sondern weil diese Verkaufsagenten nicht unter den Inhalt der Regel fallen. Der Leser, der bisher dieser Abhandlung gefolgt ist, wird schwerlich eines besonderen Beweises dafür bedürfen, daß die zuletzt dargestellte Rechtsregel keineswegs etwa das römische prätorische Edikt über Gastwirte anerkennen wollte, doch ist hierfür noch ein weiterer Beweis vorhanden, falls er verlangt werden sollte. Zunächst haben wir gesehen, daß ein Jahrhundert lang Vorentscheidungen getroffen wurden, die mit dem von H o l t besprochenen Falle M o r s e g e g e n S l u e ihren Abschluß fanden, Entscheidungen, in denen die Haftbarkeit der Schiffskapitäne, Bootsleute, Fuhrleute usw. ausgesprochen worden ist. Das Urteil i n Sachen M o r s e g e g e n S l u e wird hier als Grundlage angenommen, und dabei findet sich keine Spur einer ablehnenden Kritik der abweichenden Entscheidungen. I m Gegenteil dienten diese Entscheidungen als Beispiele von Empfängern anvertrauten Gutes, die gegen Lohn einen öffentlichen Beruf ausübten. Der Unterschied zwischen solchen Empfängern, die Lohn empfingen, und anderen stammt vom Oberrichter P o p h a m ; das Unterscheidungsmerkmal der öffentlichen Berufsübung stammte also aus England, wie zum Teil bereits klargestellt ist und noch weiter unten auseinandergesetzt werden soll (und nicht aus Rom). Dazu kommt, daß die strenge Haftung nicht auf n a u t a e , c a u p o n e s und s t a b u l a r i i beschränkt wurde, nicht einmal auf öffentliche Fuhrleute, sondern auf alle besoldeten Empfänger anvertrauten Gutes, die bei dem Empfange einen öffentlichen Beruf ausüben, Anwendung fand. Überdies ist der Grad der Haftung genau derselbe, wie bei Empfängern anvertrauten Gutes im allgemeinen, bei denen sie durch die früheren Entscheidungen entwickelt worden war. Er ist aber durchaus anders und sehr viel strenger, als wie die vom römischen Recht auferlegte Haftung, was bereits von anderer Seite bemerkt worden ist Und schließlich ist auch die Ausnahme von der Haftung wegen höherer Gewalt, d. h. wegen Eingreifens der Gottheit oder der Staatsfeinde, eine dem englischen Rechte eigentümliche, wie weiterhin bewiesen werden soll. Allein es wurde i n dieser Abhandlung teilweise klargestellt, daß das heutige Recht die Haftung des Fuhrmannes gegenüber 1 2 Kent, 598, 1 C. P. D. 429.
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der Zeit der Jahrbücher erschwert hat. Der Fall S o u t h c o t e und die älteren Vorentscheidungen, die angeführt worden sind, beziehen sich alle auf Verluste durch Raub, Diebstahl oder eine andere Rechtsverletzung (trespass) und machen den Empfänger anvertrauten Gutes haftbar, falls er ein, wenigstens theoretisch, wirksames Rechtsmittel hat. Mit Bezug auf solche Fälle entstand, wie wir gesehen haben, die besprochene Rechtsregel, obwohl es nicht im wahrscheinlich ist, daß sie auch auf Fälle eines Verlustes angewandt wurde, der nicht aufgeklärt werden konnte; die Klageschrift gegen Gastwirte enthält die Worte „ a b s q u e s u b t r a c t i o n e seu a m m i s s i o n e c u s t o d i r e . " I n späteren Zeiten mag man den Grundsatz von dem Verlust durch Diebstahl auf den Verlust durch Sachbeschädigung ausgedehnt haben. I n Sachen S y m o n s g e g e n D a r k n o l l 1 (4 Car. 1.), ein Fall, von dem bereits erwähnt wurde, daß er nach dem Vorbilde des Falles S o u t h c o t e entschieden worden ist, waren die Waren nicht geraubt, sondern verdorben und wahrscheinlich nicht einmal in specie zugrunde gegangen. Vor dieser Zeit war die Regel zu dem Inhalte einer willkürlichen Vorentscheidung geworden, der man nach ihrem Wortlaute folgte, ohne viel an ihren wahren Sinn zu denken. Bei dem Rechtsfalle C o g g s g e g e n B e r n a r d finden wir die W o r t e : „das Recht macht die mit Beförderung vertrauten Personen haftbar für alle Fälle, in denen nicht Gott oder Feinde des Königs eingreifen." Dies wurde durch eine förmliche Entscheidung zur Zeit des Lord Mansfield angenommen, und es steht fest, daß der öffentliche Fuhrmann für alle Verluste haftet, welche nicht in den Bereich der ausgenommenen Fälle gehören 2 ; d. h. der Empfänger ist insoweit in die Lage eines Versicherers gekommen, nicht bloß gegen Abhandenkommen oder Vernichtung der Ware, sondern gegenüber allen Formen der Beschädigung mit Ausnahme der oben angeführten Fälle. Die Entwicklung, in der dies geschah, wurde bereits oben geschildert, aber einige wenige Worte mögen dem hier hinzugefügt werden. Die Jahrbücher sagen immer, auch wenn sie von der Zerstörung der Waren im Gegensatz zu der Aneignung 1
Palmer 523 vgl. auch K e i l w a y , 776, und 160, pl. 2, wo die Verschmelzung der Klage „on the case" mit der Klage „on detinue" und die ihr entsprechende Verwirrung von Rechtsgrundsätzen deutlich erkennbar i s t ; vgl. aber oben S. 175. 2 2 K e n t 597; F o r w a r d v. P i t t a r d , 1 T . R. 27.
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sprechen, d. h. der Waren, die sich in Händen dessen befinden,, dem sie anvertraut wurden, daß der Empfänger auf Grund seines Versehens haftet, obwohl zugegeben werden muß, daß der Wortlaut der dort erwähnten Urteile alio intuitu gebraucht w i r d 1 . Ein Auswerfen der Waren bei einem Sturm scheint ein erfolgreicher Einwand für einen Verkaufsagenten (factor) zur Zeit Eduards I I I . gewesen zu sein 2 . Aber dies kann nicht zu einer entsprechenden Rechtsausdehnung benutzt werden. Ein stärkerer Beweisgrund kann aus dem Falle des Gefängnisaufsehers entnommen werden 8 . Dort nahm, wie es scheint, der Gerichtshof an, daß der Brand eines Gefängnisses das Entwischen der Gefangenen ebensogut entschuldigte, wie ihre Befreiung durch Feinde. Man muß dies auf einen zufälligen Brand beziehen, und, wie es scheint, hegt darin, daß der Wärter, falls er nicht in Schuld war, bei einem solchen Brande nicht haften soll. Die Prozeßeinleitungsschriften (writs) gegen Empfänger von Sachen zur Aufbewahrung und Beförderung, d. h. Schriften, die sich i n der Formelsammlung befinden, haben alle einen allgemeinen Hinweis auf Nachlässigkeit des Verklagten und ebenso ältere Klagebegründimgen, soweit ich das bemerkt habe, mögen sie nun die englische Gewohnheit hervorheben oder nicht 4 . Aber der Empfänger haftete für anvertraute Güter, die durch Rechtswidrigkeit ihm weggenommen waren, ebenso, wie der Gastwirt für die aus seinem Gasthause gestohlenen Sachen ohne Rücksicht auf Nachlässigkeit 5 . Es ist wahr, daß der Fall des Gefängniswärters, dessen Gefangene von Rebellen befreit wurden, von einer Nachlässigkeit des Wärters spricht (obwohl man annehmen muß, daß dies Ereignis weit weniger auf seiner Nachlässigkeit zu beruhen scheint, als ein Brand im Gefängnisse), und daß nach Lord Cokes Zeit man von Nachlässigkeit sprach, auch wenn die Sachen durch rechtswidrige Handlungen eines dritten dem Verwahrer abgenommen wurden. So enthält die Prozeßeinleitungsschrift (writ) 1 V g l . Jahrb. 7, Hen. I V , 14; 2 Hen. V I I , 11; Keilway 77 b, 160, pl. 2 und andere bereits angeführte Urteile. 2 Jahrb. 41, Ed. I I I . 8, pl. 8. 3 Jahrb. 33, Hen. V I . 1, pl. 3. 4 Reg. JBrev. 107 a. 108 a. 110 a. b, nach d e n Anfangs W o r t e n angeführt in 1 T . R. 29. 5 Vgl. oben S. 166, 175 u. f., 12 Am. L a w Rev. 692, 693; Jahrb. 42, Ed. I I I . 11, pl. 13; 42 Ass., pl. 17.
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gegen Gastwirte die Worte „ p r o d e f e c t u hujusmodi h o s p i t a t o r u m ". I n diesen Beispielen bedeutet Nachlässigkeit lediglich das Ausbleiben einer sicheren Aufbewahrung de facto. Wie i n einer viel späteren Zeit gesagt wurde, ist „bei einem Fuhrmann oder Bootsmann alles eine Nachlässigkeit, was das Recht nicht besonders entschuldigt" \ Die Behauptimg der Nachlässigkeit in solchen Fällen ist lediglich die übliche Klagebehauptung bei den actions on the case und scheint sich ein weiteres Anwendungsgebiet neben ihrer ursprünglichen Erwähnung bei Schadenersatzklagen in der Zeit erobert zu haben, in der die action on the case die Klagen wegen detinue verdrängte und allgemein zugelassen wurde. Die Behauptung war schwerlich i n dem Falle, für den sie zuerst eingeführt worden ist, unerheblich. Es spricht jedoch gegen die Annahme, daß im alten Recht eine besondere Garantiepflicht bestand, die aus dem Fuhrmann einen Versicherer gegen Schaden machte, die einfache Tatsache, daß, wie es scheint, keine älteren Fälle vorliegen, in denen die Empfänger anvertrauten Gutes eine so weitgehende Verantwortung trugen, und daß eine solche auch nicht aus ihrer Haftung in Diebstahlsfällen folgt. Nachdem wir den Sachverhalt geschildert haben, durch den der öffentliche Fuhrherr zum Versicherer geworden ist, bleibt uns nur noch übrig, ein Wort über den Ursprung der Ausnahmen von der Übernahme der Gefahr zu sagen. W i r haben bereits gesehen, wie der Oberrichter H o l t den Verlust durch Staatsfeinde erwähnt. Es ist dies die alte Unterscheidung, die in dem Falle des Gefängnisaufsehers gemacht w u r d e 2 , nämlich, daß es darauf ankommen soll, ob der Empfänger anvertrauten Gutes deswegen eine Klage gegen den dritten habe oder nicht. Was das Eingreifen der Gottheit (act of God) anbelangt, so war es ein allgemeiner Grundsatz, der sich nicht auf Fuhrleute oder Empfänger anvertrauten Gutes beschränkte, daß eine Verpflichtung außer Betracht blieb, wenn ein solches Eingreifen Gottes die Vertragserfüllung unmöglich machte. Lord Coke erwähnte den Fall der ausgeworfenen Waren bei einer Fahrt nach Gravesend 3 und den anderen Fall, in dem jemand gebunden war, Deiche zu haben und im Stand zu halten, als Fälle, die 1
1 Wilson 282; vgl. 2 Kent (12 te Aufl.) 596, n. 1, 6. Jahrb. 33, Hen. V I . 1, pl. 3. * Mouse's Fall. 12 Co. Rep. 68.
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derselben Beschränkung unterhegen und eine ähnliche Behauptung ist im allgemeinen für Verträge in den Jahrbüchern zu finden 2 . Eine andere Ausgestaltung dieses Gedankens, die in unserer Zeit eingehend begründet worden ist, liegt in der Lehre, daß Parteien entschuldigt sind, wenn sie einen Vertrag nicht ausführen, dessen Erfüllung durch Untergang der Sachen unmöglich wurde, noch ehe die Schuldner in der Lage waren, den Vertrag brechen zu können. Oder auch, daß sie entschuldigt werden, wenn die Umstände sich ändern, deren unausgesetzte Fortdauer eine Voraussetzung des Vertrages war, falls kein Garantieversprechen und auch kein Versehen auf Seiten der Vertragspartei vorlag. Ob das Eingreifen der Gottheit neuerdings im Hinblick auf öffentliche Fuhrleute einen besonderen Sinn bekommen hat, dies mag anderen zur Untersuchung überlassen bleiben. Es scheint nach der vorhergehenden Beweisführung, daß wir die Frage, welche Klassen von Empfängern anvertrauten Gutes derselben strengen Haftung unterliegen, die für öffentliche Fuhrleute gilt, nicht dadurch beantworten können, daß wir das Edikt des Prätors in Bezug nehmen und demgemäß die Rechtslexikaunter der Rubrik n a u t ae, c a u p o n e s , s t a b u l a r i i nachschlagen. Die Frage, nach der man sich hier zu richten hat, ist lediglich, wie weit das englische allgemeine Recht für anvertrautes Gut noch lebendig ist. Diese Frage kann man nur beantworten, indem man die Entscheidungen aufzählt, in denen das alte Recht angewandt ist; und wir werden finden, daß es schwer ist, sie in einen allgemeinen Rechtsgrundsatz zusammenzufassen. Die Regel des Falles Southcote ist für Empfänger anvertrauten Gutes i m allgemeinen außer Geltung gekommen, das ist klar, aber es es ist ebenso klar, daß sie sich nicht einmal mit der Beschränkung durch Rücksicht auf das Gemeinwohl, die der Oberrichter H o l t erfunden hatte, hat erhalten können. Es ist heutzutage nicht richtig, daß alle Empfänger anvertrauten Gutes, die einen Lohn empfangen und dabei einen öffentlichen Beruf ausüben, als Versicherer gegen Schaden zu gelten haben. Einen solchen Grund1
B i r d v . A s t c o c k , 2 Bulstr. 280; vgl. Dyer 33a, pi. 10; K e i g h l e y ' s F a l l 10 Co. Rep. 139b. 140. 2 Jahrb. 40, Ed. I l l , 5. 6, pi. 11; vgl. audi W i l l i a m s v. H i d e , Palmer 548; Shep. Touchst 173.
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satz hat man bei Kornmagazinen oder bei Verwahrung von Sachen in verschlossenen Lagerräumen nicht angewendet 1 . W i e Lord H o l t dazu kam zwischen bezahlten Empfängern anvertrauten Gutes und anderen einen Unterschied zu machen, ist oben bereits dargetan worden. Es scheint hier angemessener zu sein, wenn wir erwähnen, daß ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, ob jemand einen öffentlichen Beruf ausübe, eine A r t von Bevormundung des Publikums war, die seitdem verschwunden ist. Ein Gegner dieser Ansicht kann behaupten, daß sie i n gewisser Hinsicht eins von vielen Symptomen einer Rechtsprechung darstelle, die vorzugsweise den Interessen der reicheren Volksklassen dient. Es ist oben dargetan worden, daß ein seinen Beruf ausübender öffentlicher Schmied wegen Nachlässigkeit haftbar gemacht Werden konnte, ohne daß man zu der Formel assumpsit griff. Derselbe Richter, der eine solche Andeutung machte, entschied in einem anderen Falle, daß der Schmied verklagt werden könne, wenn er es verweigert, ein Pferd zu beschlagen, nachdem er unter geeigneten Umständen dazu ersucht worden war 2 . Öffentliche Fuhrleute und Gastwirte waren im gleichen Falle haftbar, und Lord H o l t stellte den Grundsatz auf: „wenn ein Mann ein öffentliches Amt auf sich nimmt, dann ist er verpflichtet, das Publikum insoweit zu bedienen, als die Beruf spflicht reicht, und verweigert er dies, so ist er einer Klage unterworfen 8 ." Ein Versuch, diese Lehre ganz allgemein heutzutage anzuwenden, würde man für ungeheuerlich halten Aber es gehört mit zu einer folgerichtigen Theorie, Leute, die nützliche Berufszweige verfolgen, auf der Höhe ihrer Berufstüchtigkeit zu erhalten. Ein anderes Symptom dieser Theorie war die Haftbarkeit von Personen, die einen öffentlichen Beruf ausübten, für Verlust oder Schaden, die bei anvertrautem Gut durch Nachklänge der Regel des Falles S o u t h c o t e noch verschärft wurde. Diese Anschauungen sind durch freiere verdrängt worden, aber ihre d i s j e c t a m e m b r a geben noch Lebenszeichen von sich. Lord Mansfield kleidete seine Ansichten über die Erfordernisse des Gemeinwohls in Sätze ein, die den vom Oberrichter 3
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Vgl. S a f e D e p o s i t C o m p a n y o f P i t t s b u r g h v. P o l l o c k 85 Penn. 391. 2 Paston, Richter, in den Jahrb. 21 Hen. V I , 55; Keilway 50a, pl. 4; Hardres 163. 3 Vgl. L a n e v. C o t t o n , 1 Ld. Raym. 646, 654, 1 Salk. 18, 12 Mod. 484. 4 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. hierzu auch B.G.B. § 663.
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H o l t in Sachen C o g g s g e g e n B e r n a r d ausgesprochenen nicht unähnlich sind, aber er beschränkte ihre Anwendung ganz deutlich auf öffentliche Fuhrleute. „Aber ein weiterer Grad der Verantwortlichkeit wird durch englische Gewohnheit, d. h. durch gemeines Recht gegeben. Ein Fuhrmann gleicht einem Versicherer. . . . Um einem Streit oder einer Kollusion und der Notwendigkeit, sich auf Umstände einzulassen, deren Aufklärung unmöglich ist, auszuweichen, stellt das Recht gegen den Fuhrmann eine Vermutung auf, sofern nicht usw. 1 ." Heutzutage nimmt man an, daß der allgemeine Grundsatz sich in den erwähnten Schranken hält, und die Erörterung wird auf die Frage gerichtet, welche Personen als öffentliche Fuhrleute anzusehen sind. Demgemäß macht man durch Schlußfolgerung ersichtlich, daß die oben erwähnte Regel des Lord H o l t preisgegeben worden ist. Aber eine Schwierigkeit liegt darin, daß mit ihr nicht bloß die allgemeine Theorie des Lord H o l t entschwand, sondern auch die besonderen Gründe, die von Lord M a n s f i e l d wiederholt wurden, verschwunden sind. Diese Gründe finden auf öffentliche Fuhrleute Anwendung, wie auch auf andere Empfänger anvertrauten Gutes. Überdies waren Bootsleute und Schiffskapitäne nicht deswegen haftbar, weil sie öffentliche Fuhrleute waren, auch waren alle drei Arten von Empfängern fremden Gutes als gleichberechtigte Gruppen behandelt worden, sogar in dem Falle C o g g s g e g e n B e r n a r d , in dem sie nur als mehrere Beispiele von Leuten erwähnt werden, die i n öffentlicher Berufsausführung anvertraute Güter entgegen nehmen. W i r erlangen nicht ein neues und besonderes Prinzip, indem wir all den Fällen, mit denen wir zu tun haben, einfach einen gemeinsamen Namen geben. Besteht ein vernünftiger rechtspolitischer Grund dafür, den öffentlichen Fuhrleuten, sowie ihr Name heutzutage verstanden wird, eine besondere Haftung aufzuerlegen, anderen Empfängern an vertrauter Güter aber nicht, so ist dieser Grund bisher noch nicht aufgestellt worden. Gibt es aber anderseits Erwägungen, die auf eine besondere Gruppe der Beförderer anvertrauter Güter passen, — z. B. auf Eisenbahnen, denen ein Reisender sich unter Umständen auf Gnade oder Ungnade anvertrauen muß, und die eine vom Standpunkt des Gemeinwohles zu gewaltige Macht ausüben — , so können wir, indem wir einfach den drei Arten von Frachtführern 1
F o r w a r d v. P i t t a r d , 1 T . R. 27, 38.
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den gemeinsamen Namen öffentlicher Fuhrleute geben, damit doch nicht beweisen, daß der Grund für die erhöhte Haftung der Bahnen sich auch auf einen gewöhnlichen Schiffer oder eine Droschke ausdehnen läßt. Gibt es hierbei keine allgemeine Regel der Rechtspolitik und bleiben die Grundsätze für öffentliche Fuhrleute eine lediglich durch Erfahrung abgegrenzte Ausnahiiiegruppe gegenüber der allgemeinen Lehre, so können die Gerichtshöfe sehr wohl Bedenken tragen. den Umfang dieser Gruppe auszudehnen. Überdies sind Anschauungen der Rechtspolitik, welche den Parteien Privatverträge über ihre Angelegenheiten untersagen, i n vielen Rechtszweigen in einigen Mißkredit gekommen Daraus kann man vielleicht schließen, daß, wenn ein neuer Fall der besprochenen Art vorkommen sollte, der Grad der Haftung und die Gültigkeit sowie die Auslegung des vorliegenden Vertrages über die anvertrauten Güter unbedingt nach allgemeinen Grundsätzen beurteilt werden können, ohne daß man dabei durch frühere Entscheidungen in Schranken gebannt sein würde. Ich bin in der Besprechung des Rechts der Fuhrleute unverhältnismäßig breit gewesen, weil es, wie ich glaube, ein interessantes Beispiel für die A r t , in der sich das englisch-amerikanische Recht entwickelt hat, darbietet, und insbesondere, weil es ein vorzügliches Beispiel für die Grundsätze ist, die am Ende der ersten Abhandlung aufgestellt worden sind. Ich gehe jetzt zu der Erörterung des Gegenstandes über, mit Rücksicht auf den das Recht des anvertrauten Gutes der Betrachtimg unterzogen wurde und zu dessen Verständnis es eine notwendige Vorbedingung ist, der Lehre vom Besitz. 1 P r i n t i n g a n d N u m e r i c a l R e g i s t r i n g Co. v. S a m p s o n , L . R. 19 Eq. 462. 465.
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Sechste Abhandlung. Besitz1. Der Begriff des B e s i t z e s ist von geringerer Bedeutung als der Begriff des Vertrages, aber das Interesse, das sich an die Lehre des Besitzes anknüpft, beschränkt sich nicht auf seinen praktischen Wert innerhalb der englischen Rechtsordnung. Die Besitzlehre ist in die Hände der Philosophen gefallen, durch deren Anstrengung sie zu einem Ecksteine für manchen sorgfältig ausgeführten Gedankenaufbau geworden ist. Man wird dem gesunden Menschenverstand einen Dienst erweisen, wenn man darlegt, daß ein weit höher entwickeltes System, als es das römische war, auf einer Grundlage beruht, die sich mit aprioristischen Lehren von Kant und Hegel nicht verträgt. Diese Lehren sind in sorgfältiger Übereinstimmung mit deutschen Anschauungen vom römischen Recht ausgearbeitet worden, und die meisten spekulativen Juristen Deutschlands von Savigny bis zu Ihering waren zu gleicher Zeit Professoren des römischen Rechtes und dabei tief beeinflußt, wenn nicht gelenkt, durch manche Sätze der kantischen oder nachkantischen Philosophie 2 . So haben sich alle Dinge dazu vereinigt, der deutschen Gedankentätigkeit eine eigenartige Richtung zu geben, die ihren Anspruch, für die ganze W e l t zu gelten, ausschließt. Warum wird der Besitz vom Rechte geschützt, auch wenn der Besitzer nicht zugleich der Eigentümer ist? Das ist das 1 A u f diese Abhandlung bezieht sich der Aufsatz des Übersetzers i n der Festschrift: Otto Gierke zum siebzigsten Geburtstag dargebracht von Schülern, Freunden und Verehrern, Weimar 1911, S. 19 ff: Ein amerikanisches U r t e i l über die deutsche Besitzlehre. 2 V g l . hierzu P a u l S o k o l o w s k i , Die Philosophie im Privatrecht. I I : Der Besitz im klassischen Recht und dem deutschen bürgerlichen Gesetz. Halle a. S. 1905, S. 218, und die i n der vorigen Anmerkung genannte Schrift S. 21. (Anm. des Übersetzers.)
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allgemeine Problem, das den deutschen Geist viel beschäftigt hat. K a n t , das wissen wir genau, war in hohem Maße in seinen Meinungen über Moral und Recht durch die Gedankengänge Rousseaus beeinflußt; K a n t , Rousseau und die Massachusetts B i l l of Rights stimmen darin überein, daß alle Menschen frei und gleich geboren sind. Und eine oder die andere Seite dieses Gedankens lieferte seitdem bis heutzutage die Antwort auf die Frage nach dem Grund des Besitzschutzes. K a n t und H e g e l gehen von dem Begriff der Freiheit aus. I n der Willensfreiheit beruht nach Kant das Wesen des Menschen. Sie ist Selbstzweck. Sie bedarf keiner weiteren Erläuterung. Sie muß unbedingt geachtet werden, und sie zu verwirklichen und zu bekräftigen ist das eigentliche Ziel und der eigentliche Zweck jeder Staatslenkung. Besitz muß geschützt werden, weil jemand, der eine Sache i n Besitz nimmt, sie in das Gebiet seines Willens hineingezogen hat. Er hat seine Persönlichkeit in oder auf die Sache gelegt. W i e H e g e l gesagt haben würde, ist Besitz die objektive Verwirklichung des freien Willens. Und nach dem von K a n t gestellten Postulat ist der W i l l e jedes einzelnen, wenn er sich so bekundet, dazu berechtigt, von jedem anderen beachtet zu werden, und kann nur überwunden oder beiseite gesetzt werden, wenn die Allgemeinheit das will, d. h. der Staat, der durch seine Organe die Gerichtshöfe in Bewegung setzt. I n diesem Punkte folgte S a v i g n y Kant nicht; er sagte, daß jeder Gewaltakt rechtswidrig sei, und schien den Schutz des Besitzes für einen Zweig des Schutzes der Person anzusehen1. Allein man hat dem entgegengehalten, daß der Besitz ebenso gegen eine Störung durch Täuschung, wie gegen Gewalt geschützt worden ist, und dadurch verlor seine Ansicht ihr Ansehen. Diejenigen, welche sich mit bescheideneren Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit begnügten, scheinen nur wenige gewesen zu sein und haben ihre Meinung widerrufen oder sind ohne Einfluß. Die Mehrheit folgte der von Kant angegebenen Richtung. B r u n s , ein bewunderungswürdiger Schriftsteller, gibt einer charakteristischen Neigung der deutschen Denkweise Ausdruck, indem er eine juristische Notwendigkeit unmittelbar aus der Natur folgert und bloße Rücksichten auf die Erfahrung verwirft 2 . Er findet die Notwendigkeit, die er sucht, in der Freiheit des 1 2
Besitz § 6. R. d. Besitzes, 487.
H o l I n e s - L e o n h a r d , Recht Englands und Nordamerikas.
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menschlichen Willens, welche in dem ganzen Rechtssystem lediglich anerkannt und verwirklicht wird. Beschränkung dieser Freiheit ist ein Unrecht, das im Hinblick auf das Recht gesühnt werden muß usw. in K a n t s Fahrwasser 1 . Ebenso sagt G a n s , ein Lieblingsschüler Hegels, daß „der Wille für sich allein ein wesentliches Ding ist, das geschützt werden muß, und daß der W i l l e des einzelnen lediglich dem höheren Gemeinwillen zu weichen hat 2 ." Auch P u c h t a , ein großer Meister sagt: „die Person bezieht sich im Besitz . . . auf sich selbst und lediglich darauf beruht das rechtliche Dasein des Besitzes 8 ." Die Hauptabweichung von diesem Gesichtspunkte finden wir bei W i n d s c h e i d , einem Schriftsteller, der gegenwärtig (im Jahre 1881) sehr beliebt ist. Er bevorzugt eine andere Seite der Deklaration der Menschenrechte (Bill of Rights). Er geht davon aus, daß der Schutz des Besitzes auf derselben Grundlage steht, wie der Schutz gegen Injuria, daß die Staatsglieder einander gleich sind und daher der eine sich über den anderen nicht überheben soll 4 . I h e r i n g , sicherlich ein genialer Mann, fand einen neuen Ausgangspunkt, indem er sagte, daß der Besitz das Eigentum in seiner Verteidigung darstellt und daß zugunsten des wahren Eigentümers auch der Besitzer, der die Eigentumsrechte nur tatsächlich ausübt, von dem Beweise eines Titels gegenüber anderen, die sich in einer rechtswidrigen Lage befinden, befreit wird. Aber darauf hat B r u n s in seinem letzterwähnten Werke sehr richtig geantwortet, daß darnach der Schutz rechtswidriger Besitzerwerber im allgemeinen schlechter sein müßte als der Schutz derer, denen sie den Besitz genommen haben, ein Satz, der nicht als erwiesen angesehen werden kann und, wie es scheint, tatsächlich unwahr i s t 6 . Es folgt aus der Lehre K a n t s , daß ein Mann, der sich im Besitze befindet, darin geschützt und erhalten werden muß, bis er aus dem Besitz durch eine Klage herausgebracht wird, die zu diesem Zwecke angestellt ist. Vielleicht hat ein anderer Umstand neben den bereits erwähnten diese Schlußfolgerung unter1
R. d. Besitzes 490, 491. B r u n s , R. d. Besitzes, 415; W i n d s c h e i d , Pand. § 148, n. 6. Weitere Ausfuhrungen i n Hegels Stil finden sich i n Dr. J. H u t c h i n s o n S t e r l i n g ' s Lectures on the Philosophy of L a w . 3 Institutionen §§ 224 a. E., 226; W i n d s c h e i d , Pand. § 148, n. 6. 4 W i n d s c h e i d , Pand. § 148, n. 6. 5 Besitzklagen, 276, 279. 2
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stützt, und darauf beruht die genaue Unterscheidung zwischen possessorischen und petitorischen Klagen oder Verteidigungen im Prozeßrechte des europäischen Kontinents 1 . Wenn hiernach ein Verklagter bei einer possessorischen Klage seine Berechtigung nicht nachweisen darf, so kommt ein Theoretiker leicht zu der Anschauung, daß dem Besitze für sich allein eine geheimnisvolle Kraft innewohne. Aber wann ist jemand zu einem so uneingeschränkten Schutze berechtigt? Nach der Grundlehre K a n t s ist es genug, daß er die Sache in seinem Gewahrsam hat. Ein Schutz, der auf der Heiligkeit der menschlichen Person beruht, verlangt, daß der Gegenstand in den Bereich der Macht einer Persönlichkeit gebracht worden ist, daß der freie W i l l e unbeschränkt sich in den Gegenstand hineingelegt hat. Es muß also eine Absicht vorliegen, sich die Sache anzueignen, d. h. sie zu einem Teil des Besitzers zu machen, oder zu einer, die zu ihm gehört. Hiermit verbindet sich die überwiegende Auffassimg des römischen Rechts, um den angegebenen Grundsatz im Anschlüsse an ältere Entscheidungen zu verstärken. Man sagte, daß das römische Recht unter den vielen Leuten, die tatsächlich eine Sorge oder Bewachung gegenüber einer Sache in der Hand haben, als Besitzer lediglich den Eigentümer anerkennt oder jemanden, der die Sache wie ein Eigentümer hat, und auf diese Weise vielleicht unter besonderen Umständen ein Eigentümer durch Zeitablauf werden kann. I n späteren Zeiten machte das römische Recht einige wenige Ausnahmen aus praktischen Gründen. Allein abgesehen von dem Pfandgläubiger und Sequester 2 sind diese Ausnahmen unbedeutend und umstritten 8 . Einige römische Juristen sprechen es ausdrücklich aus, daß der Empfänger einer hinterlegten Sache und der Entleiher keinen Besitz an den Sachen haben, die ihnen anvertraut sind 4 . Mag nun die deutsche Auslegung der Rechtsquellen in der Annahme dieses Grundsatzes zu weit gehen oder nicht, jeden1
B r u n s , R. des Besitzes, 499.
* A n m . a. Ü b e r s e t z e r s . Nacli Holmes a. a. 0. 209: a receiver appointed by the court im Einklänge mit dem englischen Sequestrationsbegriffe (vgl. W e r t h e i m , Wörterbuch des röm. Rechts, Berlin 1899, S e q u e s t r a t i o n ) , aber nicht mit dem römischen. 8
B r u n s , R. d. Besitzes, §2, §§5 ff.; P u c h t a , Besitz, in Weiske's Rechtslexikon; W i n d s c h e i d , Pand. § 154 SS. 461 ff. (4te Aufl.). 4 D. 41, 2. 3. § 20; 13. 6. 8 & 9, vgl. 41. D. 1. 9, § 5. 14*
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falls müssen wir sie berücksichtigen, sobald wir die deutschen Besitztheorien prüfen. Indem man aus philosophischen Erwägungen dem Empfänger an vertrauter Sachen den Besitz absprach, paßte man sich i n scharfsinniger Weise dem römischen Rechte an und verschaffte sich dadurch den Vorteil, die Autorität dieses Rechtes für eine Theorie anzurufen, aus der die Art, wie man Empfänger anvertrauten Gutes behandelte, lediglich eine Schlußfolgerung war. Darum behaupte ich, daß es von Bedeutung ist nachzuweisen, daß ein i m höheren Maße entwickeltes, vernünftigeres und einflußreicheres Rechtssystem, als das römische, keine der Voraussetzungen oder Schlüsse anerkennt, wie sie von K a n t und seinen Nachfolgern angenommen werden. I n erster Linie hat das englische Recht immer so viel gesunden Menschenverstand gehabt 1 , bei Besitzklagen dem Verklagten zu gestatten, daß er sein Recht geltend mache. I n der Klage, welche assize of novel disseisin hieß, und die eine wahre Besitzklage war, konnte sich der Verklagte zu allen Zeiten auf sein Recht stützen 2 . Selbst wenn der Besitz in einer strafbaren Weise erlangt oder festgehalten wird, wie bei einem Grundstücke in dem Falle gewaltsamen Eindringens und Festhaltens, so gibt doch der Nachweis des Rechtstitels dem Verklagten die Befugnis, den Besitz zu behalten, und in vielen Fällen ist sogar bei einer Deliktsklage (action of trespass) eine derartige Verteidigung anerkannt worden. So kann bei einer solchen Klage wegen weggenommener Sachen der Verklagte einen Rechtstitel für sich geltend machen. Es mag dies vielleicht eine Spur der in der allgemeinen Regel steckenden Unterscheidung sein, daß bei der Klage wegen trespass quare clausuni der Rechtstitel nicht zum Gegenstande des Rechtsstreits gemacht werden kann. Aber dies ist eine Annahme, die man gewöhnlich auf den Grundsatz stützt, daß das Urteil zwar ein Eigentumsrecht nicht abändern könne, daß dagegen eine Klage wegen trespass for 1
jedoch auch J h e r i n g , Geist d. Rom. R. § 62. H e u s l e r sieht darin bloß den Einfluß des englischen Formalismus und einer englischen einschränkenden Auslegung des Wortes suo i n der einleitenden Prozeßschrift (writ), welche lautete: disseisivit de tenemento suo Gewere 429-443. Allein eine derartige Einschränkung fand nicht statt, als man bei der Klage wegen trespass die Worte „catalla sua" deutete; vgl. unten S. 245. 2
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chatteis (Sachen) oder wegen trover (Entwendung) 1 diesen Erfolg zu haben vermöge 2 . Die Regel, daß man bei possessorischen Klagen auf den Titel nicht zurückgreifen durfte, setzte ein Recht voraus, in dem die Beweisführung sehr erschwert war, die probatio diabolica des Kanonischen Prozeßrechtes galt und ein sehr langsames Gerichtsverfahren einem auch nur vorübergehenden Besitze einen hohen W e r t verlieh, alles Eigentümlichkeiten eines längst verschwundenen Rechtszustandes. I n neunundneunzig Fällen von hundert ist es ungefähr ebenso leicht und ebenso wenig kostspielig einen Titel mindestens prima facie zu beweisen, wie Besitz darzutun. A n zweiter Stelle (und in diesem Punkte zeigt sich die Bedeutung der vorigen Abhandlung für die Besitzlehre) hat das englische Recht zu allen Zeiten die Besitzklage allen Empfängern anvertrauten Gutes ohne Ausnahme gegeben. Das Recht auf diese Mittel haben nicht nur die Faustpfandgläubiger, Mieter und diejenigen, denen ein Zurückhaltungsrecht (lien) zusteht, Personen, die den Geber der Sache, die sie innehaben, von ihr ausschließen, sondern auch die einfachen Empfänger anvertrauten Gutes, die man simple bailees nannte und die kein Interesse an den Sachen haben, auch kein Recht, sie gegenüber dem Eigentümer innezuhaben, und für die Innehabung weder etwas geben noch empfangen 8 . Neuere deutsche Gesetze haben sich i n derselben Richtung bewegt, insofern als sie die possessorischen Klagen den Pächtern und einigen Inhabern zugestehen4. B r u n s sagt, da der Geist der K a n t sehen Theorie ihm eine solche Bemerkung aufnötigt, daß dies das Opfer eines Prinzips gegenüber der Zweckmäßigkeit sei 5 . Aber ich vermag nicht zu sehen, was von einem Prinzip übrig bleibt, welches selbst zugesteht, sich mit der Zweckmäßigkeit und der tatsächlichen Entwicklung der Gesetzgebung nicht im Einklänge zu befinden. Der oberste Anspruch an eine Rechtstheorie ist, daß sie zu den Tatsachen passen muß. Sie muß den Gang, den die Gesetzgebung innegehalten hat, erläutern. Und da es ziemlich sicher ist, daß die Menschen solche Gesetze machen wollen, die ihnen passend zu sein scheinen, ohne sich 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben S. 98 Anm. 1. Vgl. ferner Bracton, fol. 413; Jahrb. 6 Hen. V I I . 9, pl. 4. 8 Vgl. unten S. 245, 246. * A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. § 868 B.G.B. 6 R. des Besitzes, 494. 2
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sehr darum zu kümmern, welche allgemeinen Lehren durch ihre Gesetzesvorschriften verletzt werden, so kann ein allgemeiner Grundsatz, der den Erfordernissen der Zweckmäßigkeit trotzt, wahrscheinlich lange warten, bis er eine dauernde Verwirklichung finden wird. Es bleibt hiernach nichts übrig als außerhalb des Gedankenkreises der B i l l of Rights oder der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten einen Grund des Besitzschutzes zu suchen, der sich mit dem weiteren Umfange des Besitzbegriffes im modernen Recht vereinigen läßt. Die Gerichtshöfe haben nur wenig über diesen Gegenstand gesagt. Es wurde in einem Falle festgestellt, daß der Besitzschutz eine Ausdehnung der Sicherheit ist, mit der das Gesetz die Person umgibt, und aus diesem Grunde entschieden, daß dem in Konkurs Gefallenen eine Klage wegen trespass q u a r e c l a u s u m nicht zusteht So ist gesagt worden, daß, wenn man einem Bankrotteur die Klage aus Entwendung (trover) gegen Fremde, wegen Sachen, welche nach seinem Bankrott ihm zugekommen sind, verweigern wollte, dies eine Aufforderung an jedermann enthalten würde, sich an dem Besitz solcher Sachen zu vergreifen, und dabei bezog man sich auf „rechtspolitische Gründe und Gründe der Zweckmäßigkeit 2 ." Ich kann auch auf Entscheidungen über Tierfang Bezug nehmen, von denen ich einige wiederholt anführen will. I n Grönlands Walfischfang galt die englische Gewohnheit, daß, wenn der erste, der den Fisch verwundet hatte, nachher seine Herrschaft über ihn verlor und demnächst der Fisch von einem zweiten getötet wurde, der erste nicht klagen konnte. Aber er konnte auf den ganzen Fisch klagen, falls er ihn schleunigst ergriff, bevor ein anderer den Fisch traf, auch wenn hinterher der Fisch sich von der ersten Harpune freigemacht hatte. Nach dem Gewohnheitsrecht der Gallipagos gehörte anderseits dem, der den Fisch zuerst traf, der halbe Fisch, auch wenn ihm die Leine der Harpune aus der Hand gefallen w a r 8 . Jede dieser Gewohnheiten ist vor den englischen Gerichten verteidigt worden, und der Richter Lowell traf seine Entscheidung im Einklang mit einer dritten Gewohn1
R o g e r s v . S p e n c e , 13 M. & W . 579, 581. W e b b v. F o x , 7 T . R. 391, 397. 3 F e n n i n g s v. L o r d G r r e n v i l l e , l Taunt. 241; L i t t l e d a l e v . S c a i t h , ebenda 243, n. (a), vgl. H o g a r t h v. J a c k s o n , M. & M. 58; S k i n n e r v. C h a p m a n , ebenda 59, n. 2
Besitz.
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heit, nach der der Walfisch dem Schiff gegeben wurde, dessen Harpune zuerst in ihm steckte, vorausgesetzt, daß der Berechtigte seine Klage erhob, ehe ein anderer den Fisch angeschnitten hatte 1 . DerfürsolcheRechtssätzevonLordMansfieldaufgestellte Grund ist lediglich, daß eine Art von ewigem Kriege unter den Walfischjägern bestehen würde, wenn es nicht solche Gewohnheiten gäbe 2 . Nehmen die Gerichtshöfe, i n Anlehnung an Gesichtspunkte, die vor ihnen von den Parteien vorgebracht werden, bei ähnlichen Fällen verschiedene Regeln an, so wird dadurch, soweit dies geschieht, jede (feste) aprioristische Theorie dieser Rechtsfrage ins Wanken gebracht. Solche Personen, die in der Rechtsgeschichte den förmlichen Ausdruck der menschlichen Gesellschaftsentwicklung sehen, werden geneigt sein zu glauben, daß der nächste Grund eines Rechtssatzes auf Erfahrung beruhen müsse, selbst wenn dieser Grund in der Anpassung an ein bestimmtes Ideal oder eine bestimmte Theorie liegt. Das Recht, da es ein praktisches Ding ist, muß sich auf tatsächliche Kräfte stützen; deshalb erachtet es zur Zulassung des Besitzschutzes für genügend, daß der Mensch durch einen Instinkt, den er mit dem Haushunde teilt und für den die Robbe ein außerordentlich anschauliches Beispiel gibt, sich nicht aus seinem Besitz herauswerfen läßt, sei es nun durch Gewalt oder Trug, ohne daß er versucht, die ihm entrissene Sache wieder zu bekommen 8 . Man mag hundert philosophische Gründe dafür finden, diesen Instinkt zu rechtfertigen, aber sie würden völlig versagen, wenn sie den natürlichen Trieb mißachten und uns bitten wollten, ohne Murren auf diesen Trieb zu verzichten. Solange als dieser Instinkt besteht, wird es bequemer für das Recht sein, ihn in vernünftiger Weise zu befriedigen, statt die Menschen der Selbsthilfe zu überlassen. Schlägt die Theorie andere Bahnen ein, so sinkt sie zu einem bloßen Gegenstand für Schulmeister herab, dem die Wirklichkeit i n keiner Weise entspricht. Ich glaube, daß wir jetzt in der Lage sind, den Besitzbegriff zergliedern zu können. Es wird sich empfehlen in erster Linie von einer Vorfrage zu reden, die man i n Deutschland mit viel Eifer erörtert hat. Ist der Besitz eine Tatsache oder ein Recht ? Bei dieser Frage muß man mit den Worten Besitz und Recht 1 S w i f t v. G i f f o r d , 2 Lowell, 110. 2 1 Taunt 248. * Vgl. W a k e , Evolution of Morality, Part. I. ch. 4, SS. 296 ff.
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die rein juristische Redeweise festhalten und nicht irgend eine andere, die sich Philosophen oder Moralisten ausdenken; denn als Juristen haben wir mit solchen Gedanken nichts zu tun, sofern sie sich nicht mit dem Sinne der Rechtssätze decken. Hätte man dies fest im Auge behalten, so würde man es kaum gewagt haben, die genannte Frage aufzuwerfen. Ein von der Rechtsordnung anerkanntes Recht ist nichts als eine Erlaubnis, gewisse natürliche Kräfte anzuwenden und unter bestimmten Umständen einen Schutz, die Herausgabe einer Sache oder eine Entschädigung von der Staatsgewalt zu erlangen. Gerade soweit als diese Hilfe des Staatszwanges jemandem gegeben wird, hat er ein anerkanntes Recht, und dies Recht ist das gleiche, mag nun sein Anspruch auf einer guten Gesinnung oder auf Unbillgkeit beruhen. Der Besitz ist, insoweit er geschützt wird, ebensowohl eine Quelle rechtlich anerkannter Befugnisse, wie das Eigentum eine solche ist, falls es denselben Schutz nach sich zieht. Jedes Recht ist eine durch Rechtssatz mit einem oder mehreren durch den Rechtssatz bestimmten Tatsachen verbundene Folge, und wo immer das Recht jemandem besondere Befugnisse g i b t , an denen die große Masse keinen Anteil hat, so tut es dies auf Grundlage besonderer bestimmter Tatsachen, die bei der übrigen Menschheit nicht zutreffen, wohl aber für ihn zutreffend sind. Wenn eine Gruppe von Tatsachen, die in solcher Weise durch das Recht legalisiert ist, zugunsten einer bestimmten Person besteht, dann sagt man von ihr, daß diese Person zu den entsprechenden Rechten befugt sei, indem man dabei meint, daß das Recht ihr behilflich ist, ihre Nachbarn oder einen von ihnen in einer Weise zu beschränken, in der dies nicht möglich sein würde, wenn all die fraghchen Tatsachen nicht zu ihren Gunsten zuträfen. Benennt daher ein W o r t einen solchen Tatbestand, so erwähnt es damit stillschweigend die Rechte, die sich als gesetzliche Folgen an den Tatbestand anknüpfen, und jedes W o r t , das ausdrücklich die Rechte benennt, die sich an einen bestimmten Tatbestand anknüpfen, weist damit stillschweigend ebenso auf den Tatbestand selbst in mittelbarer Weise hin. Das W o r t Besitz benennt einen solchen Tatbestand. Wenn wir von jemand sagen, er sei Besitzer, so behaupten wir damit ausdrücklich, daß alle Umstände eines bestimmten Tatbestandes bei ihm zutreffen, und wir drücken mittelbar oder in konkludenter
Besitz.
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Weise zugleich aus, daß das Recht ihm den Vorteil gibt, der mit einer solchen Lage verbunden ist. Vertrag oder 'Eigentum oder ein anderer wichtiger Rechtsbegriff kann in derselben Weise zergliedert werden und sollte auch nach derselben Methode behandelt werden. Der einzige Unterschied liegt darin, daß man einerseits mit dem Wort Besitz einen Tatbestand bezeichnet und nur mittelbar auf die Rechtsfolge hindeutet, während man -anderseits immer mit dem Worte Eigentum und in einer mehr ungewissen und schwankenden Weise auch mit dem W o r t Vertrag eine Rechtsfolge benennt und nur mittelbar auf den bei ihr vorausgesetzten Tatbestand hinweist. Wenn wir sagen, daß jemand Eigentümer einer Sache ist, so behaupten wir damit geradezu, daß er den Genuß von Rechtsfolgen hat, die sich an gewisse Tatbestände anknüpfen, und folgeweise auch, daß einer dieser Tatbestände bei ihm zutrifft. Wichtig ist festzuhalten, daß jeder dieser zusammengesetzten Rechtsbegriffe, nämlich Besitz, Eigentum und Vertrag, in einen Tatbestand und ein Recht -zergliedert werden muß, nämlich ein Vorangehen des Tatbestandes und ein Nachfolgen des Rechts. Es ist völlig unwesentlich, daß nur das eine dieser beiden Elemente durch das gebrauchte W o r t zunächst betont wird, nämlich bei „Besitz" der Tatbestand und bei den anderen beiden Ausdrücken die „Rechtsfolge". Wir haben es hier jedoch nicht mit der Etymologie, sondern mit dem Recht zu tun. Nach diesem müssen wir aber immer zwei Fragen stellen; zuerst: was sind die Tatsachen, die den fraglichen Tatbestand bilden, und zweitens: was sind die Folgen, die das Recht an diesen Tatbestand anknüpft. Nur die erste Frage bietet im allgemeinen Schwierigkeiten dar. Hiernach ist es nahezu eine bloße Tautologie zu behaupten, daß die Rechtsfolge, die durch Rechtssatz aus dem Besitzzustande gefolgert wird, im juristischen Sinne ebenso gewiß ein Recht ist, wie es die Rechtsfolgen sind, die sich daran knüpfen, daß jemand während der Verjährungszeit im Widerspruch mit dem Eigentum etwas besitzt, oder die sich etwa an ein entgeltliches Versprechen oder an ein Versprechen in besiegelter Urkunde anschließen. W i l l man dieser Behauptung gewissermaßen mit dramatischer Lebhaftigkeit eine stark ausgeprägte Form geben, so kann man sagen, daß das Recht des Besitzes durch gesetzliche Erbfolge oder Vermächtnis auf einen anderen übergeht, ebensogut wie es auch übertragen werden k a n n u n d daß Be1
Ä s h e r v. W h i t l o c k , L . R. 1 Q. B. 1.
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sitzverhältnisse in einigen Staaten der Union als Vermögensstücke besteuert werden 1 . W i r sind nunmehr in der Lage, den Besitz so zu zergliedern, wie ihn das enghsche allgemeine Recht aufweist. Um die Tatsachen festzustellen, aus denen er sich zusammensetzt, wird man sie am besten in dem Augenblicke betrachten, in dem ein Besitz zum ersten Male gewonnen wird. Denn in diesem Augenblicke müssen sie alle zugleich vorhanden sein, ebenso wie zugleich ein Rechtfertigungsgrund (Consideration) und ein Versprechen in dem Augenblicke vorhanden sein müssen, in dem jemand einen Kontrakt abschließt. Aber wenn wir uns der Fortdauer der Besitzrechte zuwenden oder, wie man gewöhnlich sagt, der Fortdauer des Besitzes, so werden alle Lehrmeinungen zugeben, daß hier ein minder umfassender Tatbestand, als er für die Entstehung eines derartigen Rechtsverhältnisses verlangt wird, genügt, um es durch seine Fortdauer am Leben zu erhalten. Um Besitz zu erwerben, muß jemand in einer gewissen körperlichen Beziehung zu dem Gegenstande des Besitzes und zu allen seinen Mitmenschen stehen, und überdies eine gewisse Absicht haben. Diese Beziehungen und diese Absicht sind die Tatsachen, auf deren Erforschung wir nunmehr ausgehen. Die körperliche Beziehung des Besitzers zu seinen Mitmenschen besteht einfach darin, daß er eine gewisse Gewalt an den Tag legt, die mit seiner Absicht gleichen Schritt hält. Über sie brauchen wir nur wenig zu sagen, sobald wir erst einmal die Natur der Absicht festgestellt haben. Indem ich zu der letzteren übergehe, werde ich den Begriff nicht in demselben Sinne zergliedern, wie ich es oben da getan habe, wo die Absicht als Voraussetzung einer Haftung in Betracht kam. Es haben nämlich die Grundsätze, die dort angewandt worden sind, mit der Absicht als Element des Besitzes nichts zu tun, und jede Zergliederung in der früheren Art würde entweder fehlgreifen oder höchstens nur eine Erörterung der Frage sein, wie man die Absicht beweist. Auch diese Absicht muß wohl klar bewiesen werden, aber alle Theorien des Grundes eines Besitzschutzes stimmen, wie es scheint, darin überein, daß sie immerhin eine wirklich vorhandene Absicht verlangen, soweit es möglich ist eine solche in ordnungsgemäßer Weise darzutun. Allein neben unserem Einflüsse und unserer Absicht gegenüber dem Mitmenschen muß auch ein gewisser Grad des Ein1
P e o p l e v. S h e a r e r , 30 Cal. 645.
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flusses auf den Besitzgegenstand vorliegen. Wenn nur zwei Menschen in der W e l t wären und der eine unter Schloß und Riegel im Gefängnis säße, so würde der andere, der den Schlüssel zum Gefängnis hat, doch nicht die Schwalben besitzen, die über das Gefängnis fortfliegen (obwohl er den Gefangenen von diesen ausschließt). Den erforderlichen Einfluß auf die besessene Sache erkennen wir in den Fällen des Tierfanges, obwohl unzweifelhaft die Stelle, an der hier die Grenzlinie (zwischen Einfluß und Nichteinfluß) zu ziehen ist, durch den Grad der Beherrschimg der Sache, die gegenüber den Mitmenschen erworben ist, beeinflußt wird, ebensowohl wie durch den Grad der Beherrschung, die der Besitzerwerber gegenüber der Sache selbst erworben hat. Das römische und das englisch-amerikanische gemeine Recht stimmen darin überein, daß im allgemeinen die Verfolgung wilder Tiere auf frischer Spur dem Verfolger die Rechte des Besitzes noch nicht gibt. Bevor es nicht durch irgend welche Mittel für das Tier unmöglich geworden ist zu entwischen, kann ein anderer Mensch eingreifen und das W i l d töten oder fangen und wegschleppen. I n diesem Sinne hat man angenommen, daß man nicht gegen jemand mit Erfolg klagen kann, der einen Fuchs getötet und mitgenommen hat, während er vom Kläger verfolgt wurde und sich i n dessen Gesichtskreis befand, obwohl der Verfolger ihn zunächst aufgespürt, aufgescheucht und gejagt hatte K Das Königsgericht (Court of Queen's Bench) ging sogar soweit, im Widerspruch mit einem entgegengesetzten Urteile folgende Entscheidung zu treffen. Fische, die von einem Netz nicht völlig umschlossen waren, weil zwischen den Enden des Netzes eine Lücke von sieben Klaftern vorhanden war, an der Boote standenr aus denen Leute die wegschwimmenden Fische in das Netz zurücktrieben, waren nach diesem Urteil noch nicht in den Besitz der Bootsleute gekommen, so daß es einem fremden Fischer möglich blieb, in die Lücke hineinzurudern und dort die Fische für sich zu fangen 2 . Der Unterschied zwischen der zum Besitzerwerbe zulänglichen und unzulänglichen Gewalt ist jedoch offenbar nur ein gradueller und es ist möglich, daß man die Grenzlinie in verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten aus Gründen der angegebenen Art sehr verschieden ziehen kann. So wird z. B. berichtet, daß nach einem Gesetz von New York 1 2 Kent's Comm. 849, woselbst angeführt wird: P i e r s o n v. P o s t r 3 Caines, (N. Y.) 175; B u s t e r v. N e w k i r k , 20 Johnson, (N. Y.) 75. 2 Y o u n g v. H i c h e n s , 6 Q. B. 606.
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i m Jahre 1844 jeder, der in gewissen Bezirken des Staates New York Rehe aufscheucht und verfolgt, als Besitzer des Wildes g i l t , solange er ihnen noch auf frischer Spur folgt 1 . Diese Vorschrift widersprach älteren Entscheidungen in demselben Staate, die soeben angeführt wurden. Während ferner Justinian entschied, daß ein wildes Tier, auch wenn es schwer verwundet ist und deshalb leicht gefangen werden kann, doch noch wirklich gefangen werden muß, um dem Jäger zu gehören 2 , hat der Richter Lowell ebenfalls aus diesem Grunde die entgegengesetzte Gewohnheit der amerikanischen Walfischfänger im Ozean, von der oben die Rede war, anerkannt, wonach ein Walfisch dem Schiffe zufällt, dessen Harpune zuerst in ihm stecken blieb, vorausgesetzt, daß der Anspruch auf den Fisch erhoben w i r d , bevor ein anderer ihn angeschnitten h a t 3 . W i r können uns mit diesen wenigen Beispielen begnügen und uns nunmehr von der Erörterung der körperlichen Besitzmacht über den Gegenstand des Besitzes abwenden; denn diese Frage kommt nicht oft i n Betracht, sofern es sich nicht um lebendige und wilde Tiere handelt. Nunmehr kommen wir zu der Absicht des Besitzers, dem eigentlichen schwierigen Punkte. W i r finden hier, daß die deutschen Juristen aus Gründen, die bereits ausgeführt worden sind, Unbefriedigendes bieten. Die bekanntesten Theorien sind bei der Auslegung der römischen Quellen in Deutschland unter dem Einfluß philosophischer Gedanken K a n t s oder seiner Nachfolger aufgestellt worden. Die Beschaffenheit des römischen Besitzes war nach der deutschen Lehre die Lage eines Eigentümers oder jemandes, der im Begriff ist, durch Besitz zum Eigentum zu kommen. Hieraus folgert Savigny, der einzige Schriftsteller über diesen Gegenstand, der jedem englischen Leser bekannt ist, daß der animus domini oder die x^bsicht, mit der Sache wie ein Eigentümer zu verfahren, nicht allgemein nötig ist, um eine bloß körperliche Innehabung in einen juristischen Besitz zu verwandeln 4 . W i r brauchen nns nicht damit aufzuhalten, zu untersuchen, ob diese moderne Benennung der xpv%rj deGTZotovrog (animus dominantis, animus 1 2 Kent's Comm. 349, n. (d.) 2 Inst, 2. 1. § 13. 8 S w i f t v. G i f f o r d , 2 Lowell, 110. 4 Savigny, R. des Besitzes § 21.
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dominandi) genauer ist, als der griechische Ausdruck des Theophilus 1 und anderer Rechtsquellen; denn jeder dieser beiden Ausdrücke schließt nach der Meinung der Zivilisten und Kanonisten und nach den Folgerungen der deutschen Theorie die meisten Empfänger anvertrauten Gutes und Inhaber von Sachen auf Zeit aus der Liste der Besitzer aus 2 . Die Folge dieser Ausschließung, wie sie durch die Kantische Rechtsphilosophie erläutert wird, war, daß die deutschen Juristen die zum Besitz nötige Absicht als eine.solche betrachteten, die in erster Linie auf eigenen Besitz gerichtet ist. Ihre Philosophie sagt ihnen, daß die natürliche Gewalt eines Menschen über einen Gegenstand deshalb geschützt werde, weil er den W i l l e n hat, die Sache zu seiner eigenen zu machen, und sie auf diese Weise ein Stück seiner eigenen Person geworden ist, eine äußere Offenbarung seiner Freiheit 8 . Indem auf diese Art der Besitzwille als selbstsüchtig aufgefaßt wurde, wird die Absicht völlig klar, mit der ein rechtserheblicher Besitz festgehalten werden muß: der Besitzer muß sie zu seinem eigenen Wohle haben. Weiterhin muß die eigennützige Absicht sich zu der vollen Höhe eines Aneignungswillens erheben; denn sonst würde selbstverständlicherweise die Sache nicht in die Persönlichkeit des Besitzers hineingebracht werden. Die Gründe, aus denen die Besitzerfordernisse des römischen Rechtes zu verwerfen sind, habe ich oben dargetan; wir wollen damit von neuem beginnen. Nach den Vorschriften der Logik gehen gesetzliche Pflichten den entsprechenden gesetzlichen Rechten voran. W i r wollen hier die Fragen nicht in Betracht ziehen, welches die Beziehung der juristischen Rechte zu den moralischen (wenn es solche gibt) sind und ob nach logischer Notwendigkeit nicht auch moralische Rechte aus moralischen Pflichten entstehen. Das sind Fragen für Philosophen, die das Recht nur von außen her als eine Form der menschlichen Tätigkeit betrachten. Der Beruf des Juristen ist es dagegen, 1
I I . 9, § 4; I I I . 29, § 2. Der Ausdruck animus domini soll hier verwendet werden als eine solche kurze Bezeichnung der Natur der Absicht, die selbst von Juristen, die die Angemessenheit des Ausdrucks verneinen, gebraucht wird. Es geschieht diese Verwendung insbesondere deshalb, w e i l gerade Savignys Ansicht von englischen Schriftstellern angenommen worden ist. 2 y g i . B r u n s , R. d. Besitzes, 413, und ebenda 469, 474, 493, 494, 505; W i n d s c h e i d , Pand. § 149, n. 5 (S. 447, 4te Aufl.); P u c h t a , Inst. § 226. 3
Vgl. oben S. 209; 2 P u c h t a , Inst. § 226 (5te Aufl.), SS. 545, 546.
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den Inhalt des Rechtes als solchen aufzuklären, d. h. ihn von innen her zu bearbeiten, oder ihn logischerweise zu ordnen und einzuteilen vom summ um genus hinab bis zur infima species (soweit als dies möglich ist). Dabei kommen die Pflichten des Rechtes vor den entsprechenden Rechten (als deren logische Vorstufe) zu stehen. Um dies noch breiter zu fassen und das W o r t „Pflicht" dabei zu vermeiden, welches nicht einwandfrei ist, so können wir als unmittelbare Wirkung des Rechts feststellen, daß es die freie Bewegung oder W i l l k ü r einer größeren oder geringeren Personenzahl i n bestimmt festgesetzte Formen einschränkt ; während eine Macht, diese Beschränkungen aufzuheben oder zu erzwingen, die gewissen anderen Privatpersonen gewährt wird, also mit anderen Worten ein der Last entsprechendes Recht, nicht immer notwendigerweise oder allgemein als Gegenstück der Last gegeben ist. Anderseits sind die Vorteile, deren sich ein Berechtigter erfreut, zum großen Teile nicht durch das Recht selbst geschaffen worden. Das Recht gibt mir nicht die Fähigkeit ein vor mir hegendes Buch zu benützen oder zu mißbrauchen. Dies ist eine bloß von der Natur verhehene Gewalt, die ich ohne Hilfe des Rechtes habe. Was das Recht t u t , ist lediglich, andere Leute in höherem oder geringerem Grade daran zu hindern, daß sie in meine Benutzung oder in meinen Mißbrauch einer Sache -eingreifen. Und diese Schlußfolgerung und dieses Beispiel passen zu dem Falle des Besitzes ebensogut wie zu dem Eigentum. Indem nun die unmittelbare Wirkung des Rechts im Falle des Besitzes so beschaffen ist, könnte man glauben, daß der animus oder die Absicht, die der genannten Wirkung nahezu entspricht, eben diejenige Absicht ist, die wir suchen. Besteht die Wirkung des Rechts darin, andere von der Berührung der Sache auszuschließen, so dürfte es scheinen, daß die Absicht, die das Recht (zum Besitzschutz) verlangt, in einem Ausschließungswillen besteht. Ich bin nunmehr der Meinung, daß dies alles ist, was das englische gemeine Recht für nötig hält, und daß auch nach allgemeinen Grundsätzen nicht mehr verlangt werden sollte. Man kann die Frage auf werfen, ob dies nicht lediglich eine Betrachtung des animus domini von der anderen Seite aus (d. h. von Seiten der Nichtbesitzenden) ist. Sollte dies auch zutreffen, so würde es immerhin besser sein, den Besitzwillen von der Vorderseite des Bildes zu betrachten, als von der Rück-
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seite. Aber diese Bedeutung des animus domini entspricht nicht dem Sinne, den ihm die Deutschen geben, die den Empfängern anvertrauten Gutes den Besitz absprechen. Die Absicht, eine Sache sich anzueignen oder mit einer Sache zu verfahren, wie ein Eigentümer, kann allerdings kaum vorliegen ohne einen Ausschließungswillen gegenüber anderen und verlangt sogar noch mehr als ihn. Aber ein bloßer Ausschließungswille kann sehr wohl auch da vorliegen, wo nicht die Absicht vorhanden ist, die Sache wie ein Eigentümer zu haben. Ein Pächter für mehrere Jahre beabsichtigt, alle Personen von der Sache auszuschließen, den Eigentümer mit inbegriffen, bis die Pacht abgelaufen ist; und doch hat er nicht den animus domini in dem erläuterten Sinne der deutschen Besitzlehre. Noch weniger hat ihn ein Empfänger anvertrauter Sachen, an denen er ein Zurückbehaltungsrecht (lien) besitzt, da er ja nicht einmal beabsichtigt, die Sache zu gebrauchen, sondern nur sie zur Sicherung einer erwarteten Zahlung festzuhalten. Überdies beschützt das englische gemeine Recht einen Empfänger anvertrauter Sachen gegen Fremde auch dann, wenn es ihn gegenüber dem Eigentümer nicht schützt, z. B. im Falle einer Verwahrung oder einer anderen Übernahme an vertrauter Sachen, die nach Belieben des Gebers ihr Ende findet; und wir können daher sagen, daß der Ausschließungswille sogar nicht so stark sein muß, wie das bei einem a n i m u s d o m i n i vorausgesetzt wird. Wenn der Empfänger anvertrauten Gutes beabsichtigt, Leute auszuschließen, die an der Sache kein Recht haben, so genügt dies nach unserem Recht zum Besitz, obwohl dieser Empfänger durchaus bereit ist, die Sachen ihrem Eigentümer in jedem Augenblicke herauszugeben; während nach deutscher Anschauung der Besitzwille kein auf bestimmte Personen beschränkter , sondern ein unbeschränkter selbstsüchtiger Vorsatz, die Sache auszunützen, sein muß. Ferner würde, falls die Beweggründe oder Wünsche oder sogar Absichten, wie sie in der Regel dem Besitzer vorschweben, alle selbstsüchtige wären, daraus doch noch nicht folgen, daß von Rechts wegen für den Besitzschutz dieser Umstand und nicht die gegen andere gekehrte Absicht den Ausschlag geben muß. Aber ein Verwahrer ist nach der Theorie des englischen gemeinen Rechts, wie wir gesehen haben, ein wahrer Besitzer, obwohl seine Absicht keine eigennützige ist, und er die Sachen lediglich zum Besten des Eigentümers aufbewahrt. Es gibt eine Klasse von Rechtsfällen, neben denen des an-
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vertrauten Gutes und der Pacht, die nach Wahrscheinlichkeit, wenn auch nicht gerade notwendigerweise, ganz verschiedene Beurteilung finden werden, je nachdem wir den Ausschließungswillen zum Maßstabe nehmen oder den animus domini. Zum Ausgangspunkte diene die Sache B r i d g e s g e g e n H a w k e s w o r t l i 1 . Ein Kunde hatte auf den Boden eines Ladens eine Brieftasche fallen lassen. Sie wurde von einem anderen Kunden anfgehoben, ehe der Ladenbesitzer davon Kenntnis hatte. Richter des englischen gemeinen und des römischen Rechtes würden darin übereinstimmen, daß der Finder vor dem Ladeninhaber Besitzer wurde imd ihm gegenüber die Sache behalten durfte ; denn der Ladenbesitzer wußte nichts von der Sache und konnte somit nicht die Absicht haben, sie sich anzueignen, und da er das Publikum zum Betreten seines Ladens aufgefordert hatte, so konnte er auch nicht die Absicht haben, die Leute davon auszuschließen. W i r wollen aber einmal annehmen, daß die Brieftasche in einem Privatzimmer auf den Boden gefallen sei, wie müßte man dann entscheiden? Von einem animus domini des Zimmerherrn kann nicht die Rede sein, bevor er von der Sache etwas weiß, aber eine Absicht, andere Leute von der Sache fern zu halten, kann hier in dem weitergreifenden Wunsche gesehen werden, fremde Personen von der Stelle auszuschließen, wo die Sache liegt, auch ohne daß er etwas von deren Vorhandensein weiß. I n dem Falle M c A v o y g e g e n M e d i n a 2 war eine Brieftasche auf dem Tische eines Barbiers liegen geblieben, und es wurde angenommen, daß der Barbier an ihr ein besseres Recht habe als ein dritter, der sie dort fand. Die Entscheidung ist ziemlich dunkel; das Urteil unterscheidet zwischen Sachen, die jemand freiwillig auf einen Tisch gelegt hat, und Sachen, die ihm aus der Tasche auf den Boden gefallen sind, und stützt sich dabei möglicherweise auf die Erwägimg, daß der Eigentümer, wenn er eine Sache in einen Laden hinlegt, damit den Ladeninhaber stillschweigend bittet, sie aufzubewahren, ein Umstand, der dem letzteren ein besseres Recht gibt, als einem anderen, der die Sache tatsächlich eher findet, als der Ladeninhaber. Dies ist immerhin ziemlich gezwungen, und der Gerichtshof nahm vielleicht an, daß, sobald der Kunde den Laden verließ, der Barbier die Sache besaß. Etwas später in einem Prozeß wegen eines 1 2
15 Jur. 1079; 21 L. J. Q. B. 75; 7 Eng. L. Eq. 424. 11 Allen, 548.
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Finderlohnes, der für eine Brieftasche angeblich angeboten worden war, und auf den jemand klagte, der die Tasche da entdeckt hatte, wo sie vom Eigentümer zurückgelassen worden war, nämlich auf einem P u l t , das den Kunden einer Bank zur Benutzung diente und außerhalb des Ladentisches des Kassierers stand, erkannte derselbe Gerichtshof, daß hier die verlorene Sache nicht gefunden worden sei und daß „die Herren des Bankgeschäftes, und nicht der Kläger die eigentlichen Verwahrer eines in solcher Weise zurückgelassenen Gegenstandes seien 1 ". Diese Redewendung scheint den Gedanken einzuschließen, daß der Kläger nicht der erste war, der nach dem Verklagten Besitz erlangte, und daß, mag man immerhin einen Laden mit einer öffentlichen Straße vergleichen, doch das Publikum von den Pulten, Ladentischen und sonstigen Tischen im Laden als ausgeschlossen gelten soll, insoweit ihm nicht eine gewisse Benutzungsform zugestanden ist. Vielleicht wollte freilich das Urteil nur sagen, daß das Taschenbuch nicht unter Umständen verloren war, aus denen man das stillschweigende Anerbieten eines Finderlohnes entnehmen konnte. Ich müßte es für unvorsichtig halten, aus englischen Entscheidungen über Schiffbrüche Folgen zu ziehen, da diese Entscheidungen mit Fragen der Verjährung und anderen Rechtsfragen vermischt sind. Aber der Punkt, von dem gerade hier die Rede ist, scheint durch sie erledigt worden zu sein. Denn es wurde entschieden, daß ein Grundbesitzer, auf dessen Land ein Balken vom Meer gespült worden war, an diesem gegenüber einem Menschen, der das Grundstück betrat, um den Balken als Finder wegzunehmen, ein Besitzrecht erlangt hatte 2 . Man hat von einem Besitzrecht (right of possession) gesagt, daß es auch dazu genüge, eine Klage wegen Rechtsverletzung (trespass) zu begründen; aber, wie es scheint, hat der Gerichtshof nach der von ihm gegebenen Begründung mit dem Worte „Besitzrecht" einen bloßen Besitz gemeint, zumal der Oberrichter Shaw es ausspricht, es handele sich darum, „welche der Parteien ein besseres Recht aus bloßem Besitz auch ohne jeden anderen Titel 1
K i n c a c d v. E a t o n , 98 Mass. 139. B a r k e r v. B a t e s , 13 Pick. 255, 257, 261; P r o c t o r v. A d a m s , 113 Mass. 376, 377; 1 Bl. Komm. 297, Sharsw. ed., n. 14. vgl. B l a d e s v . H i g g s , 13 C. B. N. S. 844, 847, 848, 850, 851; 11 H. L . C. 621; S m i t h v. S m i t h , Strange 955. 2
H o l m e s - L e o n h a r d , Kecht Englands u n d Nordamerikas.
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habe", und zumal man in dem vorliegenden Falle, wie es scheint,, kein „Besitzrecht" als vorhanden ansehen wollte, insofern nicht ein tatsächlicher gegenwärtiger Besitz vorlag. I n einem Straffalle wurde angenommen, daß das Eigentum an einem Eisenstück, das ein Fremder aus dem Boden eines Kanals herausgenommen hatte, der Kanalkompanie zustände, obwohl nicht sicher war, daß die Vertreter der Kompanie davon wußten oder ein Zurückbehaltungsrecht daran hatten 1 . Die einzige Absicht des Besitzers gegenüber der Sache, die man in solchen Beispielen entdecken kann, ist lediglich der ganz allgemeine Gedanke eines Grundbesitzers, das Publikum von seinem Grundstücke auszuschließen und demzufolge es auch von allen Sachen fernzuhalten, die auf dem Grundstücke hegen. Die römischen Juristen würden wahrscheinlich alle diese Fälle anders entschieden haben, wenn man auch nicht annehmen kann, daß sie selbst die raffinierten Theorien entwickelt haben würden, die Spätere auf den Trümmern ihrer Werke erbaut haben 2 . Ich kann hier auf den Rechtsfall zurückgreifen, in dem Waren in eine Kiste verschlossen oder in einem Ballen oder dgl. übergeben worden waren. Es ist ein Strafrechtsgrundsatz, daß, wenn ein Empfänger einer derartigen ihm anvertrauten Kiste oder eines solchen Ballens die Kaste oder den Ballen als Ganzes verkauft, er (gegenüber dem unbekannten Inhalt) keine Unterschlagung (larceny) begeht; aber wenn er die Verpackung aufbricht, dann begeht er eine solche, weil er in dem ersten Falle kein Unrecht (trespass) tut, anders in dem zweiten 8 . Der hierfür mehrfach angegebene Grund besteht darin, daß der Empfänger durch Aufbrechen der Verpackung das Aufbewahrungsverhältnis auflöst, und daß damit unmittelbar die Waren in den Besitz des Gebers zurückfallen. Diese Fiktion ist vielleicht, ebenso überflüssig, wie schief 4 . Die erwähnte Rechtsregel stammt aus den Jahrbüchern, und die Theorie der Jahrbücher ging dahin, daß nur die Kiste übergeben worden sei, nicht aber 1
R e g . v. R o w e , Bell, C. C. 93. Vgl. über den auf fremdem Boden verborgenen Schatz D. 41. 2. 44, pr. D. 10. 4. 15, auch die abweichenden Meinungen in D. 41. 2. 3, § 3. 3 3 Inst. 107; 1 Hale P. C. 504, 505; 2 Bishop Crim. L a w , §§ 834, 860 (6te Aufl.). * R e g . v. M i d d l e t o n , L . R. 2 C. C. 38, 55. vgl. H a l l i d a y v. H o l g a t e , L . R. 3 Ex. 299, 302. 2
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Besitz.
die darin steckende Ware, und diesen Grundsatz wandte man sowohl auf bürgerliche, als auch auf strafrechtliche Fälle an. Der Geber des anvertrauten Gutes hat auch noch nach der Übergabe die Macht und die Absicht, den Empfänger von den Waren auszuschließen, und deswegen kann man von ihm sagen, daß er gegenüber dem Empfänger sich noch im Besitze befindet 1. Auf der anderen Seite spricht ein Urteil aus Rhode Island 2 gegen die hier angenommene Entscheidung. Es kaufte jemand einen Geldschrank, und als er ihn weiter verkaufen wollte, so schickte er ihn zu dem Verklagten und gab diesem dabei die Erlaubnis, darin Bücher aufzubewahren, bis der Schrank verkauft sein werde. Der Verklagte fand in einer Spalte des Schrankes einige Banknoten. Als dies zu den Ohren des Klägers kam, verlangte er den Schrank und das Geld; der Verklagte schickte den Schrank zurück, aber verweigerte die Herausgabe des Geldes, worin ihm der Gerichtshof Recht gab. Ich halte diese Entscheidungen für unrichtig. Meine Meinung würde auch dadurch nicht geändert werden, daß ich annehme, was der Bericht über diesen Fall nicht völlig klarstellt, daß der Verklagte den Schrank als anvertrautes Gut empfing und nicht wie ein Diener oder Agent, und daß die Erlaubnis, den Schrank zu benutzen, ohne Einschränkung erteilt war. Die Ausführung des Gerichtshofs stützt sich darauf, daß der Kläger kein Finder sei, die Frage ist aber, ob er nicht kraft Rechtens als der richtige Finder anzusehen ist. Man wird kaum glauben, daß dem Eigentümer des Schrankes das Eigentum am Gelde nicht zugesprochen sein würde, wenn der Verklagte die Banknoten aus dem Schrank gestohlen hätte, als der Schrank noch i n den Händen des Eigentümers war 8 , oder daß der Schrankeigentümer nicht mit einer Klage wegen Entwendung (trover) durchgedrungen wäre, falls der Beklagte sich unter solchen Umständen die Banknoten angeeignet hätte. Sir James Stephen scheint eine ähnliche Schlußfolgerung aus den Urteilen in Sachen C a r t w r i g h t g e g e n 1 Vgl. Jahrb. 8. Ed. I I . 275; Fitzh. Abr. D e t i n u e , pl. 59; Jahrb. 13 Ed. I V . 9. pl. 5; Keilway, 160, pl. 2; M e r r y v. G r e e n , 7 M. & W . 623, 630. Vielleicht ist es nicht nötig, so weit zu gehen, und man hat daher diese Entscheidungen nicht als feststehende Grundlage einer Rechtslehre angesehen. Über verkehrte Erörterungen dieses Gegenstandes vgl. 2 East, P. C. 696. 2 D u r f e e v. J o n e s , 11 R. J. 588. 8
Reg. v. R o w e , Bell, C. C. 93, oben mitgeteilt. 15*
228
Sechste Abhandlung.
G r e e n und M e r r y g e g e n G r e e n gezogen zu haben 1 . Aber ich glaube, daß in den früheren Rechtsfällen für diese Entscheidung keine Gewähr zu finden ist und noch weniger für den angegebenen Grund der Entscheidung. Man wird immerhin begreifen, daß das Urteil in Sachen D u r f e e g e g e n J o n e s durchaus mit der Anschauung übereinstimmt, die hier über die Natur des erforderlichen Besitzwillens vertreten w i r d , und daß es nur die untergeordnete Frage berührt, ob der Ausschließungswille sich auf die besondere Sache richten müsse, oder auch in unbewußter Weise in einem weitergreifenden W i l l e n enthalten sein könne, wie ich anznnehmen geneigt bin. Bisher ist noch nicht von dem Gewahrsam der Diener (servants) gesprochen worden. Eine wohlhekannte Lehre des Strafrechtes sagt, daß ein Diener, der sich strafbarerweise Sachen seines Herrn aneignet, die ihm anvertraut sind und von ihm als Diener in seinem Gewahrsam gehalten werden, des Diebstahls schuldig ist, weil man annimmt, daß er die Sachen aus dem Besitz seines Herrn herausgenommen habe. Dies ist gleichbedeutend mit der Behauptung, daß ein Diener, der als solcher seines Herrn Sachen aufbewahrt, sie selbst nicht besitzt 2 , und so ist auch in den Jahrbüchern entschieden 3 . Der Ausnahmesatz, nach dem der Diener dann selbst besitzt und somit keinen Diebstahl begehen kann, falls er die Sache für seinen Herrn von einem Dritten empfangen h a t 4 , wird durch ältere Entscheidungen näher begründet. Denn der in ihnen vertretene Gedanke ist, daß der Herr Besitz behält, solange der Diener in seinem Hause oder in seiner Begleitung ist. Wenn er dagegen sein Pferd dem Diener übergibt, damit dieser zum Markte reitet, oder wenn er ihm eine Reisetasche gibt, die er nach London bringen soll, dann ist die Sache aus dem Besitz des 1 8 Ves. 405; 7 M. & W . 623; Stephen, Crim. Law, Art. 281, I I I (4), 5. 197. Er bemerkt: „weil (der Eigentümer des Schranks) nicht so angesehen werden kann, als handle er bei der Entdeckung des Verborgenen in seiner Eigenschaft als Eigentümer", ein Grund, der von Savigny entlehnt worden ist, aber, wie oben dargetan wurde, nicht zu dem englischen Rechte paßt. 2 So auch das E.G.B. § 855. 3 Jahrb. 13 Ed. I V . 9, 10, pl. 5; 21 Hen. V I I . 14, pl. 21. Vgl. 3 Hen. V I I , 12 pl. 9; Steph. Crim. Law, Art. 297, und App., note X V I I . 4 Steph. Crim. Law, Art. 297, und App. note X V I I p. 382. Man kann Zweifel daran hegen, ob das alte Recht die Regel in dieser Form anerkannt haben würde. F. N. B. 91 E.; Jahrb. 2 Ed. I V . 15, pl. 7.
Besitz.
229
Herrn in den Besitz des Dieners übergegangen 1 . I n dieser verständlicheren Form würde dieser Grundsatz heutzutage keine Anerkennung finden, aber ein Teil von ihm ist zweifellos noch jetzt Rechtens, nämlich, daß der Gast in einem Wirtshause den Teller nicht besitzt, mit dem er bedient wird; denn Gäste sind im allgemeinen i n ihrer rechtlichen Stellung zu der ihnen überlassenen Sache den Dienern gleichgestellt 2 . Außerhalb des Strafrechtes gibt es nur wenige englische Entscheidungen über die Frage, ob ein Diener Besitz habe. Aber die Jahrbücher zeigen keinen Unterschied zwischen bürgerlichen und strafrechtlichen Fällen, und es besteht eine nahezu ununterbrochene Überlieferung der Gerichtshöfe, wie der anerkannten Schriftsteller, der zufolge der Diener in keinem Falle Besitz hat. Ein Herr hat eine Klage wegen Rechtsverletzung (trespass) gegen einen Diener gewonnen, weil dieser sich Tuch angeeignet hatte, das ihm zum Verkauf übergeben war 8 . Und die amerikanischen Entscheidungen gehen soweit, dies zu behaupten. Oft ist hervorgehoben worden, daß ein Diener von dem Empfänger eines zur Verwahrung anvertrauten Gutes zu unterscheiden ist. Aber man kann fragen, wie die Verneinung des Besitzes der Diener mit der oben aufgestellten Regel in Einklang zu bringen sei, und man wird durchaus richtig sagen, daß ein Diener ebenso wie ein Entleiher die Absicht hat, die übrige W e l t von der Sache auszuschließen. Das Recht der Diener in diesem Punkte unterliegt ohne Frage Schwankungen. Und man kann nicht daran zweifeln, daß die Juristen, welche ihre Theorien auf das römische Recht gründeten, durch diesen Umstand und nebenbei auch durch die römische Lehre über die Empfänger anvertrauten Gutes im allgemeinen dazu gebracht wurden, die von ihnen vertretene vermittelnde Formel aufzustellen. Allein in Wahrheit 1
Jahrb. 21 Hen. V I I . 14, pl. 21; 13 Co. Rep. 69. Man hat gesagt, daß sie „pro hac vice" als ein Teil der Familie anzusehen seien. S o u t h c o t e v. S t a n l e y , 1 H. & N. 247, 250; vgl. Jahrb. 2 Hen. I V . 18, pl. 6. Z u s a t z des Ü b e r s e t z e r s vgl. hierzu die oben S. 208 Anm. 1 angeführte Abhandlung S. 38 unten. 3 Moore, 248, pl. 392; s. c., Owen, 52; F. N. B. 91 E ; 2 Bl. Comm. 396; 1 H. Bl. 81, 84; 1 Chitty, PI. 170 (1 Aufl.); Dicey, Parties, 358; 9 Mass. 104; 7 Cowen, 294; 3 S & R. 20; 13 Iredell, 18; 6 Barb. 362 und bereits angeführte Urteilssprüche. Einige der amerikanischen Vorentscheidungen sind aus dem Grunde verworfen worden, daß der Verwahrer kein Diener wäre. Vgl. H o 1 i d a y v. H i c k s , Cro. Eliz. 638, 661, 746; D r o p e v. T h e y a r , Popham, 178, 179. 2
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Sechster Abschnitt.
beruht das Ausnahmerecht der Diener auf bloß geschichtlichen Gründen. Einem Diener wird Besitz abgesprochen, nicht weil sein W i l l e hinsichtlich der von ihm verwahrten Dinge gegenüber seinem Herrn oder gegenüber der Mitwelt eigenartig ist, so daß er sich durch ihn von einem Verwahrer unterscheidet, sondern lediglich, weil dies auf dem zufälligen Umstand seiner abhängigen Stellung (status) beruht. Es ist bekannt, daß die Stellung eines Dieners viele Spuren der Zeit, in der der Diener ein Sklave war, behalten hat. Ein Beispiel hierfür ist, daß der Herr für das von dem Diener begangene Unrecht haftet. Die hier vorhegende Frage nach dem Besitze des Dieners ist ein anderes Beispiel. Der Besitz des Sklaven an einer Sache war der Besitz seines Eigentümers aus dem praktischen Grunde, daß dieser Gewalt über ihn hatte und eine Folge davon, daß der Sklave keine Rechtsfähigkeit besaß. Die Anschauimg, daß seine Person von der Person seines Hausherrn verschlungen wurde, überlebte die Sklavenemanzipation. I n der ersten Abhandlung 2 habe ich nachgewiesen, daß die Tätigkeit der Hilfspersonen (agency) sich aus der früheren Rechtsbeziehung von Herrn und Sklaven im römischen Recht entwickelt hat, indem man Anschauungen, die aus jener alten Beziehung stammten, pro hac vice auf freie Menschen anwandte. Dasselbe ist, wie ich glaube, in unserem eigenen Rechte der Fall, dessen spätere Entwicklung unter starkem römischem Einflüsse gestanden zu haben scheint. Noch zu B l a c k s t o n e s Zeit erscheinen Hilfspersonen unter dem allgemeinen Begriffe der Diener, und die ältesten Urteile, die für ein Sonderrecht dieser Personen angeführt sind, waren Fälle von Herrn und Dienern. Es lohnt sich die Worte von B l a c k s t o n e anzuführen: „Es gibt noch eine vierte A r t von Dienern, wenn man sie so nennen will, die in einer etwas höheren, ministerialen Stellung sich befinden, wie Haushofmeister (stewards), Verkaufsagenten (factors) und Inspektoren (bailiffs), die das Recht immerhin zeitweise (pro tempore) als Diener ansieht, nämlich hinsichtlich solcher Handlungen, die des Herrn oder Arbeitgebers Eigentum berühren 8 ." 1 ß r a c t o n , fol. 6a, § 3 , 1 2 a , 17a, Cap. V a. Ende, 25 a, b usw.; P u c h t a . Inst. § 228. 2 Vgl. auch 7 Am. Law. Rev. 62 ff; 10 Am. Law. Rev. 431 , 2 Kent, Comm. (12. Aufl.). 260, n. 1. 3 1 Comm. 427 vgl. die Vorrede zu Paley über Agency. Geschäftsgehilfen (factors) werden in den alten Schriften immer Diener (servants) ge-
Besitz.
231
Es ist sehr wahr, daß in neueren Zeiten die Beziehungen zwischen Herr und Diener einerseits oder Prinzipal und Hilfspersonen anderseits vielfach so angesehen werden, als hätte nicht der Gehilfe, sondern der Herr selbst gehandelt. Beauftragt jemand einen anderen, in seinem Namen einen Vertrag abzuschließen oder ein Unrecht zu begehen, so bedarf es keiner näheren Ausführung, um zu erklären, warum er haftbar ist, obwohl auch in solchen Fällen, in denen jemand sich der Hilfe eines freien Mannes bediente, eine derartige Schlußfolgerung nicht eher möglich wurde, als bis sich das Recht zu einer gewissen Reife entwickelt hatte. Allein wenn in der Rechtslehre die Hilfstätigkeit, anderer (agency) einen besonderen Abschnitt verdient, so ist dies überhaupt nur deshalb nötig, weil an eine Tatsache dieser A r t besondere Rechtsfolgen angeknüpft sind. Wenn die bloße Fähigkeit, einen Vollmachtgeber an einen Vertrag zu binden, alles wäre, worauf es bei dem Begriffe der Geschäftsbeihilfe ankommt, so müßte man unter den Geschäftsgehilfen (agency) auch Tinte und Papier erwähnen. Aber darauf allein kommt es hier nicht an. Selbst auf dem Gebiete der Verträge finden wir die überraschende Lehre, daß ein Geschäftsherr, der bei der Handlung seines Bevollmächtigten verborgen bleibt, dieselben Rechte und Pflichten hat, wie ein der dritten Partei bekannter Vertragsherr 1 ; d. h. daß er verklagt werden kann, und, was noch bemerkenswerter ist, aus dem Vertrage seiner Hilfsperson klagen darf. Die älteste Entscheidung, die dafür angeführt w i r d , daß ein Versprechen an einen Bevollmächtigten als Versprechen an den Geschäftsherrn geltend gemacht werden kann, ist ein Fall, in dem es sich um einen Herrn und einen Diener handelt 2 . naniit; vgl. z. B. das Urteil in Sachen W o o d l i f e ' s , Owen, 57: v. H i c k s , Cro. Eliz. 688; das Urteil in Sachen S o u t h c o t e , 4 Co. 84a; S o u t h e r n v. H o w , Cro. Jac. 468; St. 21 Jac. I . , c 16 § v. S l u e , 3 Keble, 72. Was die Inspektoren (bailiffs) betrifft, so 26b, „Restituât domino, vel servienti", etc.; Jahrb. 7 Hen. I V .
Holiday Rep. 83b; 3, M o r s e vgl. Bract. 14, pl. 18.
1 A n m. des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. hierzu H e d e m a n n , Bereicherung durch Strohmänner, in der Festschrift für Thon, Jena, Fischer 1911, und die dort Angeführten. 2
Paley, Agency, c. 4 § 1, woselbst Godbolt, 360 angeführt wird. Vgl. ferner F. N. B. 120, G ; Fitzh. Abr. D e t t e , pl. 3; Jahrb. 8 Ed. I V 11, pl. 9. Diese Regeln scheinen hinsichtlich der Diener ziemlich modern zu sein. Die Haftung eines Herrn für Schulden, die sein Diener gemacht hat, ist in den älteren Jahrbüchern recht eng begrenzt.
232
Sechste Abhandlung.
Da ich nur den Sinn der Lehre von der Personeneinheit des Herrn und der Hilfsperson in ihrem Einfluß auf die Besitztheorie darzutun beabsichtige, so würde es nicht hierher gehören, des breiteren zu untersuchen, wie weit man sich auf diese Lehre stützen muß, um die Haftung der Herren für die Rechtswidrigkeiten (torts) ihrer Hilfspersonen zu erläutern, oder ob ein vernünftigerer Grund, als der angeführte (historische) bei anderen Fällen in Betracht kommt, in denen eine Partei in angemessener Weise als Diener bezeichnet worden ist. Ich gestatte mir jedoch hierüber einige Worte, weil ich später auf diesen Gegenstand nicht mehr werde zurückkommen können. Wenn die Haftbarkeit eines Herrn für die Rechtswidrigkeiten seines Dieners bisher von den Gerichtshöfen als ein in Verfall befindlicher Überrest einer veralteten Einrichtung anerkannt worden wäre, so würde es nicht überraschen, wenn man sie auf die Fälle eingeschränkt hätte, die durch alte Vorentscheidungen festgelegt sind. Aber so ist der Sachverlauf nicht gewesen. Die Regel wurde vielmehr durch entsprechende Anwendung auf neue Beziehungen ausgedehnt 1 . Sie gilt auch da, wo der Geschäftsherr zu dem Übeltäter sich nicht in der Stellung eines pater familias befindet 2 . Jemand kann für einen anderen haftbar gemacht werden, auch wenn seine Beziehung zu ihm von so vorübergehender Natur war, daß sie den Gedanken an eine dauernde Rechtsabhängigkeit (status) ausschließt, so z. B. für die Nachlässigkeit eines fremden Dieners, der nur augenblicklich für den Verklagten tätig war, oder eines Nachbarn, der ihm freiwillig h a l f 8 , und, soweit bekannt ist, ist niemals ein Geschäftsherr der 1 Ich bin geneigt anzunehmen, daß diese Ausdehnung in weitem Umfange dem Einflüsse des römischen Rechts zuzuschreiben ist; vgl. Abhandlung I S. 19 Anm. 3. Man beachte auch die Rolle, welche die Entscheidungen über Feuersbrünste, z. ß. Jahrb. 2 Hen. I V . 18, pl. 6 bei der Ausbildung der gegenwärtigen Rechtslehre über das Verhältnis von Herrn und Diener gespielt haben. T u b e r v i l l e v. S t a m p e , 1 Ld. Raym. 264 (wo die von Lord Holt angeführten Beispiele dem römischen Rechte entstammen); B r u c k e r v. F r o m o n t , 6 T. R. 659; M ' M a n u s v. C r i c k e t t , 1 East, 106; P a t t e n v. R e a , 2 C. B. N. S. 606. Im Falle S o u t h e r n v. H o w , Popham, 143, ist „ D o k t o r u n d S t u d e n t " für die allgemeinen Grundsätze über Haftbarkeit angeführt. Diese Schrift enthält römisches Recht. Vgl. ferner Boson v. S a n d f o r d , 1 Shower, 101, 102. 2 Bac. Ahr. M a s t e r a n d S e r v a n t , K ; Smith, Master and Servant (3. Aufl.), 260, n. (t). 3 C l a p p v. K e m p , 122 Mass. 481; M u r r a y v. C u r r i e , L. R. 6 C. P. 24, 28; H i l l v. M o r e y , 26.Vt. 178.
Besitz.
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Haftung deswegen entgangen, weil die Stellung seines Gehilfen eine besonders hohe war \ Die Gerichtshöfe sprechen gewöhnlich so, als ob dieselben Regeln für Makler und andere Hilfspersonen ebenso gelten, wie für die im eigenen Sinne als Dienstboten bezeichneten Personen 2 . Es ist in der Tat ausdrücklich ausgesprochen werden, daß die Haftbarkeit von Arbeitgebern nicht auf den Fall der Diener beschränkt i s t 3 , obwohl die gewöhnlichen Fälle natürlich häusliche Dienstboten betreffen und dergleichen Personen, die, wenn sie zum Schadenersatz verurteilt werden, selbst nicht viel zu zahlen vermögen. Wenn anderseits die Sondervorschriften für Hilfspersonen einen Ausnahmecharakter haben und, wie ich glaube, nur ein verhallender Nachklang der Sklaverei sind, so kann es wohl vorkommen, daß der gesunde Menschenverstand sich dagegen sträubt, ihren Inhalt bis zu den äußersten Konsequenzen durchzuführen. Solche Widersprüche zwischen dem überlieferten Recht und unserm Gerechtigkeitsgefühle können wir bei der Frage sehen, ob ein Geschäftsherr, der die Wahrheit einer Sachlage kennt, mit einer Hilfsperson zu identifizieren sei, die zu seinem Besten betrügerische Vorstellungen macht, um einen Dritten zu täuschen, wie in Sachen C o r n f o o t g e g e n F o w k e 4 , oder überhaupt in der Frage, ob der Geschäftsherr für die Betrügereien seines Gehilfen haftet, die in vielen englischen Prozessen erörtert worden i s t 5 . Solange jedoch die Fiktion am Leben ist, in der 1 Vgl. z. B. P a t t e n v. R e a , 2 C. B. N. S. 606; B o l i n g b r o k e v. S w i n d on L o c a l B o a r d , L. R. 9 C. P. 575. 2 F r e e m a n v. R o s h e r , 13 Q. B. 780, 785; G a u n t l e t t v. K i n g , 3 C. B. N. S. 59; H a s e l e r v. L e m o y n e , 28 L. J. C. P. 103; C o l l e t v. F o s t e r , 2 H. & N. 356; B a r w i c k v. E n g l i s h J o i n t S t o c k B a n k , L . R. 2 Ex. 259, 265, 266; L u c a s v. M a s o n , L . R. 10 Ex. 251, 253, im letzten Paragraphen; M a c k a y v. C o m m e r c i a l B a n k o f N e w B r u n s w i c k , L. R. 5 P. C. 394, 411, 412. So hinsichtlich der Gesellschafter (partners) 3 Kent's Comm. (12te Aufl.), 46, Anmerkungen (d) & 1. 3 B u s h v. S t e i n m a n n , 1 B. & P. 404, 409. 4 6 M. & W . 358; vgl. U d e l l A t h e r t o n , 7 H. & N. 172, 184, für eine Ausführung, die der im Texte gegebenen entspricht. Andere Gründe der getroffenen Entscheidung kommen hier nicht in Betracht. 5 M a c k a y v. C o m m e r c i a l B a n k of N e w B r u n s w i c k , L . R. 5 P. C. 394; B a r w i c k v. E n g l i s h J o i n t S t o c k B a n k , L. R. 2 Ex. 259; W e s t e r n B a n k of S c o t t l a n d v. A d d i e , L. R. 1 H. L. Sc. 145; 2 Kent (12 Aufl.), 616, n. 1; S w i f t v. J e ws b u r y , L. R. 9 Q. B. 301, über die frühere Praxis hinweggehend s. c. sub nom. S w i f t v. W i n t e r b o t h a m , L. R. &Q. B. 244, W e i r v. B e l l , 3 Ex. D. 238, 244. Die vom Baron Bramwell (L. R. 9.
Sechste Abhandlung.
die Haftung des Geschäftsherrn wurzelt, ist die Vereinigung der vorliegenden Widersprüche mit Hilfe der Logik ein ebenso hoffnungsloses Unternehmen, wie die Quadratur des Zirkels. I n einem Aufsatze der amerikanischen Law Review 1 teilte ich einen Ausspruch von Gothofredus über Hilfspersonen m i t : „ E a d e m p e r s o n a d o m i n i et p r o c u r a t o r i s 2 . " Von diesem Gedanken einer fingierten Personeneinheit ist in einem neueren brauchbaren W e r k e 8 behauptet worden, daß sie unsere Einsicht verdunkele. Allein sie wird von Sir Henry M a i n e wiederholt 4 , und ich glaube, daß man in ihr den Ausdruck einer wichtigen Rechtsanschauung sehen kann, da, wie ich zu zeigen versucht habe, eine passende und vollständige Erklärung des neueren Rechtes nicht möglich ist, wenn man davon absieht, daß in der Praxis Regehi am Leben geblieben sind, die ihren alten, wahren Sinn verloren haben, als die von ihnen betroffenen Menschen aufhörten Sklaven zu sein. Es macht keine Schwierigkeit den Ausspruch zu begreifen, daß ein Sklave keine eigene Rechtsstellung hat, sondern von der Familie verschlungen wird, deren rechtlicher Vertreter der Hausherr ist. Es hat aber einen ebenso guten Sinn zu sagen, daß ein treuer Diener in den Beziehungen, die er als solcher hat, vielfach rechtlich einem Sklaven gleichgestellt wird (wodurch natürlich seiner Freiheit kein Abbruch geschehen soll). Der nächste Schritt ist einfach, daß andere Personen, die im gewöhnlichen Sinne des Wortes nicht einmal Diener genannt werden können, dennoch infolge einer besonderen Beziehung so behandelt werden, als ob sie Sklaven wären. I n dieser Weise entwickeln sich im Laufe der Geschichte die Rechtsgedanken, wie wir gezeigt haben; und dies ist der Sinn der obigen Behauptung, daß die charakteristische Beschaffenheit der Hilfstätigkeit (agency), die sie zu einem besondern Abschnitt der Rechtslehre macht, darin besteht, daß pro hac vice die rechtliche Q. B. 315) erwähnten Einwendungen gegen die Haftbarkeit eines Menschen für die Betrügereien eines andern kehren sich gegen die besondern Rechtsfolgerungen, die man auf das allgemeine Verhältnis zwischen Meister und Diener zieht, und sind in dieser allgemeineren Form von denselben gelehrten Richtern betont worden. 12 Am. Law Rev. 197, 200; 2 H. & N. 356, 361 • Vgl. 7 Am. Law Rev. 61, 62. 1 7. Am. Law Rev. 63 (Oct. 1872.) 2 D. 44, 2. 4, note 17, Elzevir ed. 3 H u n t e r , Roman Law, 431. * Ancient Hist, of Inst. 235.
Besitz.
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Persönlichkeit der Hilfsperson von der Persönlichkeit ihres Geschäftsherrn verschlungen wird. Würde man dies nach den Regeln der Logik weiter durchführen, so würde daraus folgen, daß eine Hilfsperson, die dazu angestellt ist, im Namen eines anderen einen Besitz festzuhalten nicht so angesehen werde, als besitze sie, oder als sei sie befugt, wegen Rechtsverletzung (trespass) zu klagen. Aber nach dem Gesagten kann die Meinung, daß das Recht soweit gehe, nicht aufgestellt werden, insofern sie nicht durch ältere Urteile erwiesen i s t 1 . Man wird auf die Beschaffenheit des besprochenen Falles zu sehen haben; es handelt sich dort um eine Hilfsperson (agency), die für den Zweck und das Ziel des Besitzes gestellt ist. Ein Empfänger anvertrauten Gutes (bailee) kann zu anderen Zwecken eine bloße Hilfsperson des Anvertrauenden sein. Man kann aber auch einen freien Diener in die Lage eines solchen Empfängers bringen. Allein ein solcher Empfänger besitzt im eigenen Namen, wie wir der römischen Redeweise folgend sagen, während der Diener oder die als Diener tätige Hilfsperson dies nicht tun. Es würde kaum der Mühe wert sein, falls der Raum es gestattete, die Bücher über diesen Gegenstand durchzusprechen, weil sich i n ihnen eine große Sprachverwirrung findet. Man hat z. B. in dem angegebenen Sinne behauptet, daß ein Fuhrmann ein Diener s e i 2 ; während doch nichts klarer sein kann, als daß die Güter in seinem Besitze sind, weil er sie bewacht 3 . So hat man in dem Falle, daß Sachen in dem Gewahrsam eines Verkäufers zurückblieben, den vertragsmäßigen Eigentumserwerb und den Empfang der Sache mit der Übergabe verwechselt 4 . Unser Recht hat die römische Lehre angenommen 5 , nach der eine 1 Vgl. G i l l e t t v. B a l l , 9 Penn. St. 13; C r a i g v. G i l b r e t h , 47 Me. 416; N i c k o l s o n v. K n o w l e s , 5 Maddock, 47; W i l l i a m s v. P o t t , L. E. 12 Eq. 149; A d a m s v. J o n e s 12 M. & El. 455, Bracton, fol. 28b, 42b, 43. Vgl. ferner die oben von Blackstone angeführte Stelle: „Possidet, cujus nomine possidetur, procurator alienae possessioni praestat m i n i s t e r i u m D . 41 y 2. 18, pr. 2 W a r d v. M a c a u l a y , 4 T . R. 489, 490. Über die Agenten (factors) s. oben S. 230. 3 B e r n d t s o n v. S t r a n g , L . R. 3 ch. 588, 590. * Blackburn, Sale, 33; M a r v i n v. W a l l i s , 6 El. & Bl. 726. 5 D. 41. 2. 18 pr. „Quod meo nomine possideo, possum alieno nomine possidere: nec enim muto mihi causam possessionis, sed desino possidere et alium possessorem ministerio meo fació. Nec idem est possidere et alieno nomine possidere: nam possidet, cujus nomine possidetur, procurator alienae
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Sechste Abhandlung.
Übergabe, d. h. ein Besitzwechsel, möglich ist, wenn der Verkäufer die Rechtsstellung, kraft deren er die Sache bisher festhielt, ändert. W i r haben aber nicht immer die Vorbehalte angenommen, die die Juristen des römischen Rechtes hinsichtlich der Voraussetzungen einer solchen Rechtswirkung machen 1 . Man spricht ferner beständig von den Empfängern des zur Verwahrung anvertrauten Gutes (bailees), als wenn sie bloße Besitzgehilfen wären, eine Verwirrung, die durch den Umstand erleichtert wird, daß solche Personen im allgemeinen als Gehilfen zu anderen Zwecken erscheinen. Urteile, welche einem Erwerber Besitz an Sachen zusprachen, die sich in der Hand einer Mittelsperson befanden 2 , ohne daß man dabei unterschied, ob die Mittelsperson die Sachen im eigenen Namen festhielt oder im Namen des Käufers, waren im allgemeinen in ihrem Ergebnisse richtig, haben jedoch die Gedankenverwirrung auf diesem Gebiete gesteigert 8 . Deutsche Schriftsteller haben eine gewisse Neigung dazu, eine Besitztheorie darnach abzuschätzen, ob sie eine tiefe Kluft zwischen juristischem Besitz und tatsächlichen Inhabern anerkennen oder nicht; allein von dem Gesichtspunkt, der hier innegehalten ist, wird man sehen, daß die Gründe, aus denen den Dienern und Hilfspersonen als solchen Besitz und Besitzschutz abgesprochen wird — insofern dies überhaupt geschieht — bloß geschichtliche Gründe sind, und daß die allgemeine Besitztheorie diese Verneinung ihres Besitzschutzes lediglich als eine Ausnahmeerscheinung in Betracht ziehen kann. Man wird auch bemerken, daß der Grund, aus dem man Sklaven ,und Verwahrer oft miteinander verglichen hat, nämlich daß sie beide die Sachen zum Besten eines anderen festhalten und nicht für sich selbst, auf unser englisches Recht nicht den geringsten Einfluß hat, da es immer die Verwahrer als Besitzer behandelt hat. Dieser Gedanke entspricht auch nicht dem wahren römischen Recht, welches keinen der beiden Fälle aus diesem Grunde beurteilt possessioni praestat ministeriuin." Dies beweist, daß der Verkäufer die Besitzlage ändert, wenn er die Sache im Namen des Käufers als dessen Vertreter im Besitz weiterbehält; vgl. Bracton, fol. 286. 1 W i n d s c h e i d , Pand. § 155, n. 8a; 2 Kent (12. Aufl.), 492, n. 1 (a). Man muß sich immer dessen erinnern, daß das römische Recht den Empfängern anvertrauten Gutes (bailees) den Besitz abspricht. 2 Vgl. z. B. F a r i n a v. H o m e , 16 M. & W . 119, 123. 3 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Die Ausführungen des Textes sind auch für das deutsche Recht für die Grenzlinie zwischen § 855 und § 868 von Wert.
Besitz.
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hat, sondern jeden von ihnen aus ganz anderen Gesichtspunkten behandelte, als den anderen. Nun wird es leicht werden, mit der Frage der Besitzgewalt gegen dritte fertig zu werden. Diese Gewalt hat natürlich den gleichen Inhalt wie der Besitzwille. Aber wir müssen dabei im Auge behalten, daß das Recht lediglich oder hauptsächlich auf äußerlich erkennbare Tatsachen Gewicht legt; und wenn wir hiernach von einer Gewalt reden, die Andere ausschließt, so meinen wir damit immer nur eine solche Gewalt, die in ihrer Kundbarmachung so erscheint. Es kann z. B. ein kraftvoller Verbrecher nahe bei einem Kinde stehen, das eine Brieftasche aufhebt; wenn er aber untätig bleibt, dann ist die erforderliche Besitzgewalt des Kindes ebenso erkennbar, als ob es durch hundert Polizisten geschützt gewesen wäre. Mit dieser Einschränkung kann behauptet werden, daß die Erkennbarmachung der Besitzgewalt lediglich als eine Erkennbarmachung der Absicht von Bedeutuug ist. Aber diese beiden Dinge sind verschieden, und dies wird erheblich, wenn zwei gleichzeitige widersprechende Absichten vorliegen, (die auf Besitz einer Sache gerichtet sind). So z. B. als zwei Parteien, von denen keine ein Recht an einem Grundstücke hatte, sondern jede nur Besitz beanspruchte, sich gegenseitig das geerntete Getreide streitig machten, weil sie den Acker abwechselnd bebaut hatten. Als hier der Kläger das Getreide sammelte und in kleinen Haufen auf demselben Felde aufstapelte, wo es dann eine Woche lang lag, und hierauf beide Parteien zu gleicher Zeit das Getreide wegzufahren begannen, wurde entschieden, daß der Kläger keinen Besitz erworben hätte \ Allein, wenn der Verklagte das Grundstück bei dem Wegfahren zum ersten Male berührt hätte, als der andere das Getreide bereite zu den Haufen gesammelt hatte, dann würde wahrscheinlich der Kläger den Prozeß gewonnen haben 2 . I n einem anderen Falle besaßen Treuhänder (trustees) ein Schulhaus. Sie setzten einen Schulmeister hinein, und dieser wurde hinterher entlassen. Jedoch am nächsten Tage, dem 30. Juni, drang er durch einen Gewaltakt wieder in das Haus ein. A m 4. Juli wurde er durch die Mitteilung aufgefordert sich zu entfernen, und erst am 11. wurde er exmittiert. Es wurde angenommen, daß der Schulmeister (nach seiner ersten 1
M c G a h e y v. M o o r e , 3 Ired. (N. C.) 35. R e a d e r v. M o o d y , 3 Jones, (N. C.)372; vgl. B a s s e t v. M a y n a r d , Cro. Eliz. 819, 820. 2
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Sechste Abhandlung.
Entfernung) den Treuhändern gegenüber nicht mehr den verlorenen Besitz wiedererworben habe 1 . W i r sind in diesem Zusammenhange zu der Frage gekommen, i n welcher Weise die durch Besitzerwerb erlangten Rechte fortdauern. W i e auseinandergesetzt wurde, müssen beim Besitzerwerbe gewisse körperliche Beziehungen zur Sache und auch ein gewisser Besitzwille vorhanden sein. Jetzt muß noch untersucht werden, inwiefern diese Tatsachen bei einer Person noch weiterhin vorhanden sein müssen, damit sie die Rechte behalte, die vorher aus ihrem Vorhandensein entsprungen sind. Die überwiegende Meinung ist die Ansicht Savignys. Er sagt, daß hier immer derselbe animus vorhanden sein müsse wie bei dem Erwerbe und auch eine andauernde Möglichkeit für den Besitzer, nach Belieben die früheren körperlichen Beziehungen zur Sache wiederherzustellen. Alle sind freilich darin einverstanden, daß es nicht nötig ist, der Sache gegenüber immer eine gegenwärtige Berührungsmöglichkeit zu haben, sonst würde jeder nur das besitzen können, was er in seiner Hand hält. Allein es ist fraglich, ob wir nicht bei den Erfordernissen der Fortdauer des Besitzes noch auf weiteres verzichten können. Die Tatsachen, welche einen Besitz herstellen, sind ihrer Natur nach fähig, sich die ganze Lebenszeit des Besitzers hindurch fortzusetzen. Daraus ist dann eine Zweideutigkeit der Redeweise entstanden, die viel Gedankenverwirrimg nach sich gezogen hat. Wh' verwenden das W o r t „Besitz" ununterschiedlich erstens, um all die Tatsachen zu bezeichnen, die zum Besitzerwerbe nötig sind, und auch zweitens zur Benennung der Lage dessen, der, auch wenn einige dieser Tatsachen nicht mehr vorliegen, dennoch beschützt wird, als wenn sie vorlägen. Folglich lag es nur allzu nahe, den Wegfall der Erwerbstatsachen als Verlustgründe des Besitzrechtes zu behandeln, wie das einige deutsche Schriftsteller nahezu t u n 2 . Allein daraus, daß gewisse Tatsachen zusammentreffen müssen, um die Rechte des Besitzers zu erzeugen, dürfen wir nicht folgern, daß diese Tatsachen auch andauern müssen, um die Besitzrechte am Leben zu erhalten, ebensowenig, wie wir daraus, daß zu einem Recht aus einem Vertrage ein Rechtfertigungsgrund (Consideration) und ein Versprechen vorausgesetzt worden, 1 B r o w n e v. D a w s o n , 12 A. & E. 624, vgl. D. 43, 16, 17; ebenda 3 § 9; D. 41, 2, 18 § 3; Ciayton, 147, pl. 268. Z u s a t z des Ü b e r s e t z e r s ; vgl. § 859 Abs. 3. 2 Vgl. B r u n s ß . des Besitzes, 503.
Besitz.
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folgern dürfen, daß dieser Verpflichtungsgrund und dies Versprechen fortwährend unter den Parteien sich wiederholen müsse, bis der Vertrag erfüllt ist. Wenn gewisse rechtsbegründende Tatsachen erst einmal offenkundig wirksam geworden sind, dann liegt kein allgemeiner Grund vor, aus dem das Gesetz das aus dem Vertrage entsprungene Recht als beendigt ansehen müsse, sofern nicht etwa ein neuer Umstand zutage t r i t t , der mit der Fortsetzung dieses Rechtes unvereinbar ist. Allerdings haben die Gründe für die Gewährung eines bestimmten Rechtes ein großes Gewicht bei der Beantwortung der Frage, welche Tatsachen mit der Fortdauer dieses Rechtes unverträglich sind. Der Wegfall der ursprünglichen räumlichen Beziehung zu der besessenen Sache könnte als eine solche besitzzerstörende Tatsache angesehen werden; aber das ist niemals geschehen, abgesehen von Zeiten, in denen die rohe Gewalt noch mehr galt, als heutzutage. Aus demselben Grunde ist es nur eine Frage der Rechtsüberlieferung oder der Rechtspolitik, ob ein Wegfall der Möglichkeit, die ursprünglichen und räumlichen Beziehungen zur Sache wieder herzustellen, die Fortsetzung der Besitzrechte beeinträchtigen soll. Der Fall ist nicht ebenso geartet, wie ein neuer Besitz, den ein anderer dem früheren Besitzer wegnimmt. W i r haben zwar das römische Recht der wilden Tiere im wesentlichen bei uns aufgenommen, aber die allgemeine Neigung unseres Rechtes geht dahin, den Erwerb von Sachen zu begünstigen; unser Recht hat einen Abscheu vor der Abwesenheit aller Eigentums- oder Besitzrechte an einer Sache als einem rechtsleeren Zustande. Dementsprechend ist ausdrücklich folgender Fall entschieden worden. Es hatte jemand Holzstücke aus dem Wasser gefischt und am Ufer angebunden, sie lösten sich aber wieder los, schwammen davon und wurden von einer anderen Person ergriffen. Hier wurde dahin erkannt, daß der erste Finder die Rechte behalten hätte, die aus seiner Besitzergreifung entsprungen waren, und daß er wegen Entwendung (trover) gegen den zweiten Finder, der ihm die Herausgabe verweigerte, klagen könnte 1
Vgl. C l a r k v. M a l o n e y , 3 Harrington (Del.) 68. B r u n s (R. d. Besitzes 503, 507) kommt zu demselben Ergebnis aus praktischen Zweckmäßigkeitsgründen, obwohl er es als theoretisch unrichtig verwirft. Ich muß hierzu auf das zurückverweisen, was ich oben über diese Widersprüche zwischen Theorie und Zweckmäßigkeit gesagt habe (vgl. S. 213).
240
Sechste Abhandlung.
Nehmen wir an, daß der Finder einer Geldbörse, die er in seinem einsamen und mangelhaft verschlossenen Landhause zurückgelassen hat, hundert Meilen davon entfernt im Gefängnis sitzt, im Umfange von 20 Meilen aber bei dem Landhause der einzige Mensch ein zum Einbruch gut ausgestatteter Dieb ist, der die Börse durch ein Fenster gesehen hat und der die Absicht hat, einzubrechen und sie wegzunehmen. Die Möghchkeit des ersten Finders, seine körperlichen Beziehungen zu der Börse wiederherzustellen, ist ziemlich beschränkt; aber ich glaube, niemand würde behaupten, daß sein Besitz eher beendet sein würde, als bis der Einbrecher seine Absicht, andere von der Börse auszuschließen, offen betätigt hätte. Der Grund hierfür ist derselbe, der oben im Hinblick auf die Ausschließungsgewalt beim Besitzerwerbe angeführt worden ist. Das Gesetz kümmert sich i n der Regel nur um offenbare Handlungen und Tatsachen, die mit den Sinnen wahrgenommen werden können. Solange der Einbrecher die Börse noch nicht genommen hat, hat er seine Absicht noch nicht geäußert, und bevor er nicht das Hemmnis durchbrochen hat, in dem des gegenwärtigen Besitzers Ausschließungsgewalt zutage t r i t t , hat er seine Gewalt noch nicht betätigt. Es kann noch weiterhin erwähnt werden, daß nach den oben angenommenen Maßstäben der Hauseigentümer im strengsten Sinne des Wortes einen gegenwärtigen Besitz hat; denn er hat die gegenwärtige Absicht und Gewalt, andere von der Sache auszuschließen, obwohl er nicht die Gewalt hat, von der Savigny sagt, daß sie zürn Besitze nötig sei. Es ist verständlich, daß das englische gemeine Recht so weit geht, den Besitz in diesem Punkte dem wirklichen Rechte gleichzustellen, und daran festhält, daß, wenn der Besitz einmal erworben ist, damit Befugnisse erlangt sind, welche dauernd gegen alle mit Ausnahme eines einzigen (des Eigentümers) gelten, so lange bis etwas geschehen ist, das diese Rechte aufzuheben vermag. Der Besitz von Rechten, den man Rechtsbesitz nennt, war seit Jahrhunderten ein Kampfplatz juristischer Meinungen auf dem europäischen Kontinent. Nicht selten gehen deutsche Schriftsteller so weit zu behaupten, daß es einen wirklichen Besitz an Forderungen gibt, da dies mit einer allgemeinen Ansicht übereinzustimmen scheint, daß Besitz und Recht der Theorie nach das gleiche Anwendungsgebiet haben und daß man die Willensherrschaft über einen äußeren Gegenstand,»möge
Besitz.
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nun dieser eine Sache oder ein fremder W i l l e sein, dann „Recht" heißt, wenn sie sich im Einklänge mit dem allgemeinen Willen befindet und daher gesetzmäßig ist, daß dagegen diese Herrschaft Besitz ist, wenn sie lediglich de facto besteht 1 . Wenn wir uns daran erinnern, was oben bei der Frage, ob der Besitz eine Tatsache oder ein Recht sei, bemerkt wurde, so werden wir sehen, daß ein solcher Gegensatz zwischen Besitz und Recht überhaupt nicht als eine den Rechtssätzen entsprechende Unterscheidung angesehen werden kann. Die Tatsachen, die einen Besitz herstellen, erzeugen ebenso gewisse Rechte, wie das die Tatsachen tun, die ein Eigentumsrecht begründen, mögen auch die Befugnisse eines bloßen Besitzers immerhin nicht so weit greifen, wie die Rechte des Eigentümers. Umgekehrt entspringen Rechte aus gewissen Tatsachen, die in der Person des Berechtigten vorliegen. Sind diese Tatsachen von solcher Natur, daß sie hintereinander bei verschiedenen Personen zutreffen, wie im Falle des Grundstücksbesitzes, so können die Rechte, die ihnen entsprechen, hintereinander von verschiedenen Personen genossen werden. Wenn es sich dagegen um Tatsachen handelt, die einmal erledigt und vorübergegangen sind, wie z. B. das frühere Vorhandensein des Rechtfertigungsgrundes eines Versprechens (Consideration) und Entgegennahme des Versprechens, so kann ein Anspruch auf die daraus hervorgehenden Rechte von keinem erhoben werden, mit Ausnahme der Partei, bei der die genannten tatsächlichen Umstände zutrafen: dies ist in dem erwähnten Falle die ursprüngliche Vertragspartei, weil niemand außer dieser Partei einen Anspruch aus der Sachlage begründen kann. Englische Leser werden wahrscheinlich als sicher zugeben, daß eine der wesentlichen tatsächlichen Vorbedingungen des Besitzes in einer gewissen Beziehung zu einem greifbaren Gegenstande besteht. Aber dieser Gegenstand kann ebensogut ein Sklave sein wie ein Pferd 2 , und Anschauungen, die auf diese Weise entstanden, können dadurch, daß sie ihre Zeit überleben, 1
B r u n s R. d. Besitzes', § 57, S. 486. Ein Gelehrter aus älterer Zeit stellt die Frage, weshalb ein Arzt nicht eine Besitzklage habe, wenn jemand ihn in Zukunft nicht mehr wie bisher konsultiert. Er antwortet: „Sentio actionem non tenere, sed sentio tan tum, nec si vel morte mineris, possum dicere quare. T u lector, si sapis, rationes decidendi suggere." Hommel, Rhaps. qu. 489 angeführt von Bruns, 407. 2 G a r d i n e r v. T h i b o d e a u , 14 La. An. 732. Holmes-Leonhard,
Recht Englands u n d Nordamerikas.
16
242
Sechste Abhandlug.
auch auf freie Dienstleute ausgedehnt werden. Es ist bemerkenswert, daß sogar B r u n s bei Anwendung der Besitztheorie über die Fälle dauernder Abhängkeitsverhältnisse (status) und solche Verhältnisse, bei denen nach gemeiner Redeweise ein Grundstück für gewisse Dienste, z. B. Rentenzahlung, haftet, nicht hinauszugehen scheint 1 . W e i l freie Dienste selbst nach unserem Rechte insoweit wie Sklavendienste behandelt werden, daß der Dienstherr auch bei ihnen ein Vermögensrecht (property) allen anderen Menschen gegenüber hat, so bedarf es nur einer Abstufung ähnlicher Verhältnisse nach Graden, um eine Grenzlinie zwischen dem, was besessen werden kann und dem, was nicht besessen werden kann, zu ziehen. Es würde möglich sein, anzunehmen, daß ebenso, wie jemand ohne Titel einen Sklaven besitzen kann, er ebenso alle Rechte eines Dienstherrn gegenüber freien Dienern ausüben (also Besitzer eines Dienstrechtes sein) kann, ohne daß ein Dienstvertrag vorliegt. Vielleicht kann man auch einen derartigen Fall annehmen, wenn ein Vater wegen der Verführung einer großjährigen Tochter klagt, obwohl sie tatsächlich ihm gegenüber nicht in einem Dienstvertrage steht 2 . So werden auch durch den ganzen Entwicklungsgang des kanonischen Rechtes hindurch und im älteren Rechte Englands Renten insoweit als eine Art von körperlichen Sachen betrachtet, als sie fähig sind besessen zu werden und durch Besitzentziehung verloren zu gehen, und konnten durch Klage ebenso, wie ein Grundstück, durch den Prozeß der assize3 eingefordert werden 4 . Aber der wichtigste Fall des sogenanten Rechtsbesitzes in unserem Recht sowie dem römischen tritt uns bei Dienstbarkeiten (easenients) entgegen. Eine Dienstbarkeit ist im gewissen Sinne fähig besessen zu werden; es kann jemand ein Grundstück in einer bestimmten Weise beherrschen mit der Absicht, alle anderen von einer Benutzung insoweit auszuschließen, als sie mit seiner eigenen in Widerspruch t r i t t , weiter aber nicht. Ist dies ein wahrer Besitz, so ist es immerhin ein beschränkter Besitz an 1
Bruns, 483. 2 Kent (12te Aufl.), 205 n. 1; vgl. Jahrb. 21 Hen. V I . 8, 9, pl. 19; und die Anmerkung zu S c o t t v. S h e p h e r d , in 1 Sm. L . C. (Am. ed.). 8 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Über assize vgl. oben S. 76 Anm. 1 u. 2. 4 Britton (Nich. ed.), I 277 (vgl. Bracton, fol. 164 b ; Fleta, fol. 214; Glanv., lib. X I I I . c. 37); Littleton §§ 237—240, 588, 589; 3 Bl. Comm. 170; 3 Cruise, Dig., tit. X X V I I I , R e n t s , ch. 2 § 34. 2
243
Besitz.
dem Grundstücke selbst, nicht an einem Rechte, wie andere nachgewiesen haben. Aber wo eine Dienstbarkeit tatsächlich geschaffen worden ist, mag dies nun durch Vertrag oder durch Ersitzung geschehen sein, so ist es zwar zweifellos richtig, daß jeder Besitzer des herrschenden Grundstückes als solcher i n seinem Genüsse der Dienstbarkeit geschützt wird, allein man hat ihn i n vergangener Zeit nicht in dieser Weise geschützt, aus dem Grunde, daß die Dienstbarkeit für sich selbst ein Besitzgegenstand sei 1 . Man schützte ihn jedoch unter dem Einfluß von Urteilen, die unten in der Abhandlung 11 besprochen werden sollen. Folgeweise wollen wir, um das Dasein eines bloßen rechtlich geschützten Besitzes dieser A r t zu erweisen, den Fall setzen, daß ein Weg tatsächlich vier Jahre lang benutzt wurde, ohne daß daraus bereits ein Erwerb der Dienstbarkeit hervorging, und wollen die Frage stellen, ob der Besitzer des quasiherrschenden Grundstückes in diesem Gebrauche gegen dritte Personen geschützt sein würde. Es ist verständlich, daß er geschützt werden sollte, aber ich glaube, daß dies doch nicht geschehen würde 2 . Der Haupteinwand wider die Lehre von dem geschützten Rechtsbesitz scheint darin zu bestehen, daß beinahe ein Widerspruch zwischen den beiden Behauptungen liegt, von denen die eins jemandem an einem Grundstück eine unbeschränkte Gewalt und Ausschließungsabsicht gegenüber jedermann zuspricht, und die andere einem zweiten die Macht zuerteilt, das Grundstück in einer besonderen Weise zu benutzen und insoweit den Eigentümer selbst von dessen Berührung auszuschließen. Die Vereinigung dieser beiden Behauptungen verlangt zuweilen künstliche Gedankengänge. Immerhin sollte man nicht vergessen, daß bei dem Besitz die Frage i n jedem Falle nicht dahin geht, worin die tatsächliche Gewalt einer Partei bestehe, sondern worin sich die äußere Offenbarung ihrer Gewalt zeige. Sollten die Machtausübungen der beiden in der angegebenen Weise gegeneinander abgemessen sein, so kann das Recht hier eine Art 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. B.G.B. § 1029. Vgl. S t o c k p o r t W a t e r W o r k s v. P o t t e r , 3 H. & C. 300, 318. Was in der siebenten (englischen) Auflage von 1 Sm. L. C., 300 gesagt ist, geht etwas zu weit. Sollte die Rechtsordnung einen Grundbesitzer im Genüsse des ihm zufließenden Wassers schützen, so würde dies deshalb geschehen, weil ihr der Wassergenuß ein Teil der Grundstücksnutzung zu sein scheint, und damit keineswegs stillschweigend festsetzen, daß sie dasselbe in einem Falle tun würde, der einen Weg über ein fremdes Grundstück beträfe. 2
16*
Sechste Abhandlung.
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zerspaltenen Besitzes anerkennen. Aber falls es eine solche Spaltung nicht anders anerkennt, als wenn ein wirkliches Recht (an der fremden Sache) erworben ist, dann muß der Schutz, den man einem Gewalttäter gewährt, der den Gebrauch einer Dienstbarkeit einem anderen entrissen hat, besonders erläutert werden, und zwar soll dies i n der Abhandlung No. 11 geschehen. Die Folgen, die das Recht an den Besitz knöpft, sind im wesentlichen dieselben, die mit dem Eigentum verbunden sind, und unterliegen der Frage nach der Fortdauer von Besitzrechten, die oben berührt wurde. Selbst der rechtswidrige Besitzer einer Sache kann vollen Schadenersatz für ihre Aneignung durch einen unberechtigten Fremden erlangen 1 oder auch eine Herausgabe der weggenommenen Sachen 2 . Man hat zwar sicherlich vorausgesetzt, daß ein eigenartiges Vermögensrecht (special property) hier angenommen werden müsse, um die Klage auf Herausgabe der Sache (replevin) 8 oder wegen Entwendung (trover) 4 darauf zu stützen 5 . Allein neuere Entscheidungen stellen fest, daß hier der bloße Besitz (zur Klage) genügt, und wenn wir die Quellen unseres Rechtes prüfen, so werden wir finden, daß das erwähnte eigenartige Vermögensrecht nicht mehr sagen w i l l , als das W o r t Besitz. Es wurde auseinandergesetzt, daß der Besitzer als solcher auf Herausgabe der wider W i l l e n verlorenen Sachen klagen kann, wie dies Bracton ebenso wie sein wissen schaftlicher Vorläufer auf dem Kontinent beschreibt. Allerdings gebraucht Bracton gerade an der Stelle, an der er diese Behauptung ausdrücklich aufstellt, eine Redewendimg, die, falls man sie nicht näher erläutert, ein Eigentum des Klageberechtigten in sich einzuschließen scheint: „poterit rem s u a m petere" 6 . Die Prozeßschriften der späteren 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s nach § 823 B.G.B, streitig.
2
J e f f e r i e s v. G r e a t W e s t e r n R a i l w a y Co., 5 El. & Bl. 802; vgl. A r m o r y v. D e l a m i r i e , 1 Strange, 505, 1 Sm. L . C. 8
Co. Lit. 145 b.
4
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Action of replevin heißt die Klage auf Wiederherausgabe einer dem Kläger widerrechtlich vorenthaltenen Sache und Schadensersatz (im engern Sinne auf Aufhebung einer Beschlagnahme). T h . W a l k e r , Introduction to American L a w 11 ed. revised by C. Bates. Boston 1905. p. 581. Über trover s. oben. S. 98. Anm. 1. 5
2 Wms. Saund 47b, note 1, zu W i l b r a h a m v. Snow.
6
Bract, fol. 150b, 151; oben S. 168. Anm. 1; Jahrb. 22. Ed. I. 466—468.
Besitz.
245
Zeit gebrauchen dieselben Ausdrücke; und wenn man, wie dies häufig geschah, der Klage eines Empfängers anvertrauter Güter (bailees) wegen einer erlittenen Wegnahme von bona et catalla sua entgegengehalten hat, daß der Kläger statt dessen von „bona in custodia sua" hätte reden sollen, so wurde immer vom Kläger repliziert, daß es ein prozeßeinleitendes Schriftstück (writ) mit den letzterwähnten Worten vor dem Gerichtshofe der Chancery 1 nicht gäbe 2 . Der wesentliche Punkt in dieser Frage lag darin, daß nach der maßgebenden Prozeßschrift alle Sachen, die jemand besaß, die seinigen (sua) hießen. Allein es war sehr natürlich, daß man diese Ausdrucks weise mit der tatsächlichen Sachlage auch der Form nach i n Einklang zu bringen suchte, indem man sagte, daß zwar der Kläger kein wahres Eigentum an den Sachen habe, aber immerhin doch Fremden gegenüber ein eigenartiges Eigentum (special property), d. h. ein relatives 3 . Dies schlug durch und, was merkwürdig genug ist, zwei der ältesten Fälle, i n denen ich den Ausdruck special property gefunden habe, sind Fälle eines Verwahrers 4 und eines Entleihers 6 . B r o o k e sagt, daß ein rechtswidriger Erbeuter einer Sache gegen alle mit Ausnahme des wirklichen Eigentümers einen Rechtstitel habe 6 . Auf diese Weise wurde „special property" besser bezeichnet als „possessory property" (besitzmäßiges Eigentum), wie es in einer Entscheidung hieß, derzufolge bei der Anklage wegen Diebstahls (larceny) dem bestohlenen Verwahrer anvertrauten Gutes ein Eigentum zugesprochen wurde 7 . Ich habe die verkehrte Schlußfolgerung oben erwähnt, in der man ein Recht des Verwahrers anvertrauter Güter gegen 1 Über diesen vgl. H e y m a n n , Holtzendorff-Kohlers Encyklop. der Rechtsw. 6. Aufl. I S. 801, 803. Über writ s. oben S. 83. Anm. 2. 2 Jahrb. 48 Ed. I I I . 20; 11 Hen. I V , 71; 11 Hen. I V , 23, 24; 21 Hen. V I I , 14. Die Bedeutung des Wortes „sua" wird erörtert Jahrb. 10 Ed. I V . 1, B, von Catesby. Vgl. L a b a n d , Vermögensrechtl. Klagen, 111; Heusler, Gewere, 492 ff, woselbst B r u n s , R. des Besitzes 300 ff. berichtigt wird; Sohm,Proc. d. L. Sal. § 6. 3
Jahrb. 11 Hen. IV. 17, pl. 39. Jahrb. 21 Hen. V I I . 14b, pl. 23. » Godbolt, 173, pl. 239; vgl. 11 Hen. I V . 17, pl. 39. 6 Bro. Abr. T r e s p a s s , pl. 433, mit Anfuhrung der Jahrb. 13. Hen. VII, 10. 7 Kelyng, 39; vgl. außerdem Buller N. P. 33. 4
Sechste Abhandlung.
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Dritte aus seiner Verantwortlichkeit herleitete, obwohl in Wahrheit jenes Recht die Grundlage seiner Verantwortlichkeit war und lediglich aus seinem Besitze entsprang. Es war nur ein kleiner Schritt von der Behauptung, daß die genannten Verwahrer wegen ihrer Verantwortlichkeit klagen können 1 , zu der weiteren Behauptung, daß sie allen Nichteigentümern gegenüber das Eigentumsrecht oder wenigstens ein eigenartiges Eigentum hätten, weil sie für die Sachen verantwortlich wären 2 , und weiterhin, daß sie klagen könnten, weil sie ein eigenartiges Eigentum hätten und dafür verantwortlich wären 8 . So kam in unsere Rechtspflege die Anschauimg hinein, daß dies eigenartige Eigentum noch etwas mehr sei als ein Besitz, und daß es erforderlich sei, um eine Klage aufrecht zu erhalten. Begünstigt wurde der Irrtum durch eine verschiedene Verwendung der Redensart in einem ganz anderen Sinne. Ein Inhaber anvertrauten Gutes war im allgemeinen für Sachen, die aus seinem Gewahrsam weggestohlen wurden, verantwortlich, mochte er nun ein Zurückhaltungsrecht (lien) haben oder nicht. Aber andere Rechtsgrundsätze galten bei dem Faustpfandgläubiger, wenn er das Faustpfand zusammen mit seinen eigenen Sachen aufbewahrt hatte und beide Arten von Sachen zusammen gestohlen worden waren 4 . Diese Unterscheidung wurde zur Zeit des Lord C o k e durch die Behauptung erläutert, daß das Faustpfand in gewissem Sinne ein Eigentum des Pfandgläubigers sei und daß er somit ein eigenartiges Eigentum (special property) an ihm habe, so daß demnach die gewöhnliche Verpflichtung des Empfängers anvertrauter Güter im technischen Sinne hier nicht vorliege, oder daß sein Versprechen nur darauf gehe, die Güter ebenso zu verwahren, wie seine eigenen 5 . Dieselbe Ausdrucksweise wurde auch angewandt, als man das Recht des Pfandgläubigers, die Pfandsache weiter zu übertragen, erörterte I n diesem Sinne verwendete man den Ausdruck special property lediglich auf Faustpfänder, aber seineJ3edeutung in diesem ganz besonderen Sinne wurde sehr leicht durch eine weitere Aus1 2
Abhdl. 5 (oben). Jahrb. 20 Hen. V I I . 1, pl. 11. Jahrb. 21 Hen. V I I . 14 b, pl. 23.
8
1 Roll. Abr. 4, 5 (I), pl. 1; vgl. A r n o l d v. J e f f e r s o n , 1 Ld. Raym. 275.
4
29. Ass. fol. 163, pl. 28. S o u t h c o t e ' s Case, 4 Co. Rep. 83b.
B 6
M o r e s v. C o n l i a m , Owen 123, vgl. R a t c l i f f v. D a v i s , 1 Bulstr. 29.
Besitz.
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dehnung auf andere Verhältnisse übertragen, bei denen man ihn anwandte, mit dem Ergebnisse, daß man unter der special property, insoweit sie als Grundlage der Besitzklagen in Betracht kam, ein eigenartiges Interesse an der Sache verstand. I m Hinblick auf die rechtlichen Folgen des Besitzes bleibt noch zu erwähnen, daß die Regeln, die für bewegliche Sachen festgestellt sind, auch für Grundstücke gelten, denn obwohl der Kläger bei dem Ansprüche wegen Entsetzung (ejectment) \ streng genommen auf Grundlage seines eigenen Titels, den er vor dem Beklagten voraus hat, den Prozeß gewinnen muß, so darf heutzutage als feststehend gelten, daß, falls der Verklagte sich lediglich auf seinen Besitz beruft, einfach der bloße-frühere Besitz des Klägers als Titel g i l t 2 . Der Besitz genügt natürlich zur Begründung einer Deliktsklage (trespass) 8. Und obwohl die alten Rechtsmittel des Prozesses mit assize auf solche Leute beschränkt waren, die im technischen Sinne eine Gewere (seisin) hatten, so beruhte dies doch auf Gründen, die mit der allgemeinen Besitzlehre nichts zu tun haben. Bevor ich schließe, muß ich ein Wort über Eigentum und verwandte Begriffe sagen. Wenn wir hier in derselben Reihe vorgehen, wie bei der Erörterung des Besitzes, so muß die erste Frage sein: „Welches sind die Tatsachen, mit denen Eigentumsrechte als gesetzliche Folgen verknüpft sind?" Die häufigste Form des Eigentumerwerbes ist die Übertragung von Seiten eines früheren Eigentümers. Allein bei ihr wird ein bereits bestehendes Eigentum vorausgesetzt, und die Frage geht zunächst dahin, was ein solches Recht ins Leben rufen kann. Ein Tatsache, die eine solche Folge hat, ist der erste Besitz an der Sache. Der Fänger wilder Tiere oder der Meerfische hat nicht bloß Besitz, sondern einen Rechtstitel, der der ganzen W e l t gegenüber gilt. Die häufigste A r t , einen ursprünglichen und unabhängigen Titel zu erlangen, besteht jedoch in gewissen Tatsachen, die sich vor Gericht oder außerhalb desselben mit Rechtskraft gegen jedermann vollziehen. Auf der einen äußersten 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s : eine Besitzentziehungsklage, Lambertenghi, italienische Ubersetzung des Buches 322. 2 D o e v. D y b a l l , Mood & M. 346 und Anmerkung; 2 Wras. Saund. 111, und spätere Anmerkungen; 1 Ad. & El. 119; A s h e r v. W h i t l o c k , L. R. 1, Q. B. 1. 8 G r a h a m v. P e a t , 1 East 244.
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Seite steht das Verfahren des Admiralitätsgerichtes, das (sich gegen eine Sache (ein Schiff) richtet 1 und folgeweise auch über das Eigentum an der ihm unterworfenen Sache verfügt und, wenn dabei die Sache verkauft oder durch Verurteilung belastet wird, sich nicht um den Titel dieses oder jenes Menschen kümmert, sondern einen neuen Rechtstitel schafft, der kräftiger ist, als alle anderen früheren Interessen, welcher Art diese auch sein mögen. Der zweite und häufigere Fall ist die Ersitzung, wenn ein offenbarer Zustand des Besitzes, der dem Recht entgegen ist, eine bestimmte Zeit hindurch dauert und dadurch eine rechtsbegründende Wirkung ausübt. Ein Ersitzungstitel besteht nicht bloß in der Vermutung, daß dieser oder jener Eigentümer die Sache dem Besitzer übertragen habe, sondern er vertilgt alle älteren mit dem Eigentume des Besitzers unverträglichen Ansprüche. Die Eigentümlichkeiten der beiden erwähnten Erwerbsformen vereinigen sich in der alten Eigentumsendigung (fine) auf Grund von Aufgeboten (proclamations), bei denen der vereinigte Erfolg des Ausschlußurteils und des Ablaufes von Jahr und Tag dahin ging, allen Ansprüchen einen Riegel vorzuschieben 2 . Auf solche Weise können Rechte, die den Eigentumsrechten ähnlich sind, durch Gesetzesvorschrift Leuten gegeben werden, bei denen irgend eine andere Gruppe von Tatsachen zutrifft, z. B. dem Empfänger eines Patentes oder jemandem, dem die Regierung ein Privileg urkundlich erteilt hat und der tatsächlich eine (dem entsprechende) patentfähige Erfindung gemacht hat. Worin bestehen nun aber die Rechte des Eigentums? Sie sind im wesentlichen dieselben, wie die Rechte, die mit dem Besitz zusammentreffen. I n den durch Rechtspolitik gezogenen Grenzen darf der Eigentümer seine natürliche Gewalt über den ihm unterworfenen Gegenstand ungestört geltend machen und ist mehr oder weniger geschützt, sobald er andere Leute von einer solchen Berührung ausschließen will. Der Eigentümer darf alle ausschließen und braucht keinem Rechenschaft zu geben; der Besitzer darf alle mit Ausnahme eines einzigen ausschließen und ist keinem außer diesem verantwortlich. Die große Masse von Fragen, die die Eigentumslehre so weitschweifig und bedeutsam gemacht haben, sind vornehmlich Fragen der Eigentums1
Vgl. oben Seite 33 und hierzu des Übersetzers Schrift: S c h i f f e a l s P r o z e ß p a r t e i e n . Leipzig, Deichert 1902. (Festschrift für S. Brie S. 31 ff.) 2 Uber diesen Zeitraum vgl. H e u s 1er, Grewere. Vgl. auch Laveleye, Propriété, 166.
Besitz.
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Übertragung, die nicht notwendigerweise und nicht allgemein davon abhängen, daß man Eigentum und Besitz unterscheidet. I n Wahrheit richten sie sich nicht darauf, ob jemand einen unabhängigen und ursprünglichen Rechtstitel habe, sondern darauf, ob er unter den Schutz eines schon früher vorhandenen Titels (als Rechtsnachfolger) tritt, oder auf die Formen, in denen ein ursprünglicher Titel unter mehrere Nachfolger in Stücke zerteilt werden kann. Diese Fragen sollen weiter unten dort, wohin sie gehören, behandelt und erläutert werden, nämlich in den Abhandlungen über Rechtsnachfolger (10 u. 11).
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Siebente Abhandlung.
Vertrag. — I. Geschichte1. X ) i e Lehre vom Vertrag ist mit Rücksicht auf Bedürnisse neuerer Zeiten so gründlich mngestaltet worden, daß es hier weniger als sonst geschichtlicher Untersuchungen bedarf. Sie ist in so vortrefflicher Weise behandelt worden, daß hier weniger als anderswo für neue Erörterungen ein Raum übrig bleibt, aber ein flüchtiger Blick auf die Entwicklung der neueren Lehren, mag er nötig sein oder nicht, wird mindestens deshalb von Interesse sein, weil die Zergliederung dieses Prozesses nicht übergangen werden kann und mehrfach neue Gesichtspunkte darbietet. Man nimmt im allgemeinen an, daß die ältesten Formen der Verträge in unserem Recht unter dem Namen „Covenant" und „Debt" vorkommen, und diese sind ohne Zweifel von hohem Alter. Aber es gibt auch andere Verträge, die noch jetzt i m Gebrauch sind und, obwohl sie bis zu einem gewissen Grade moderne Formen angenommen haben, doch mindestens die Frage nahe legen, ob sie nicht ebenso alt sind. Einer von ihnen, der promissorische Eid, ist heutzutage nicht mehr die Grundlage von Privatrechten. Man braucht ihn hauptsächlich nur noch als eine Förmlichkeit, die mit dem Eintritt in ein öffentliches Amt verbunden ist. Der Richter schwört, daß er nach Recht urteilen will, der Geschworene, daß er seinen Spruch in Übereinstimmung mit dem Gesetz und den Beweisen finden wolle, der neuaufgenommene Staatsbürger, daß er der von ihm erwählten Regierung Treue und Anhänglichkeit erweisen werde. 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . lung V G-esagte.
Vgl. oben S. 163 Anm. 1 das zur Abhand-
Vertrag. — I. Geschichte.
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Aber es gibt einen anderen Vertrag, der eine wichtigere Rolle spielt. Vielleicht klingt es paradox, wenn als solcher Vertrag die Bürgschaft (suretyship) erwähnt wird. Die Bürgschaft ist heutzutage nur eine accessorische Schuld, die eine Hauptschuld voraussetzt und die hinsichtlich der Vertragsnatur jeder anderen Vertragsschuld gleicht. Die Bürgschaft des älteren Rechts war jedoch, wie Laferriere auseinandergesetzt h a t 1 und es wahrscheinlich vor ihm schon andere getan haben, eine Stellung von Geiseln 2 , und diese beschränkte sich keineswegs auf völkerrechtliche Verhandlungen. I n der alten Dichtung des Hüon von Bordeaux wird Hüon, nachdem er den Sohn Karls des Großen getötet hat, von dem Kaiser beauftragt, verschiedene anscheinend unmögliche Dinge auszuführen, um sich damit die Vergebung einer Schuld zu erkaufen. Hüon macht sich ans Werk, indem er zwölf seiner Ritter als Geiseln zurückläßt 8 . Erfolgreich . kekrt er zurück. Aber zunächst wird dem Kaiser der Glaube eingeflößt, daß seine Befehle von Hüon nicht befolgt worden seien; darauf ruft Karl der Große aus: „Führt mir die Geiseln Hüons her, ich w i l l sie aufhängen, und sie sollen nicht frei gekauft werden können 4 !" I n gleicher Weise beginnt jede Partei, falls Hüon einen Streit ausficht, um die Wahrheit oder Falschheit einer gegen ihn erhobenen Beschuldigung nachzuweisen, damit, daß sie ihre Freunde als Geiseln stellt. Wenn Geiseln für einen Zweikampf gestellt werden, der die Wahrheit oder Falschheit einer Anklage feststellen soll, so ist dies der Stellung einer Sicherheit bei einem Gerichtsprozeß ähnlich. Man wird sich daran erinnern, daß die früheste Form des Rechtsstreites einen Ersatz für die Privatfehden von Familien oder Geschlechtern bieten sollte. Während ein Verklagter, der sich nicht friedlich dem Gerichtshofe unterwarf, aus dem Schutze des Rechtes ausgestoßen werden konnte, so daß ihn jeder, der ihn traf, töten konnte, gab es jedoch daneben ursprünglich keinen anderen Weg, um sich Schadenersatz zu schaffen, als 1
2 Hist. du Droit Franc, pp. 146 ff., 152.
2
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. hierzu H e r b e r t M e y e r in der Festschrift fur Gierke, Böhlau, Weimar 1911, zum Ursprung der Vermögenshaftung im deutschen Recht, S. 976 ff. 8 4
Anciens Poètes de la France (Guessard) p. 71. Page 283; vgl. 284, CXV11I ff.. 44. LX1X.
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Siebente Abhandlung.
die Gewährung einer solchen Sicherheitsform durch die Verklagten Die englischen Gewohnheiten, die bei uns erhalten sind, zeigen schon eine etwas höhere Entwicklungsstufe; aber eine "beachtenswerte Form ihres Verfahrens war jederzeit die Gewährung von Bürgen 2 . Alle Juristen werden sich einer Spur dieses Rechtszustandes erinnern, die innerhalb der fingierten Formel von John Doe und Richard Roe 8 vorkommt, den Bürgen des Klägers für die Durchführung seines Anspruches. Aber ein noch drastischeres Beispiel findet sich in dem Rechtsgrundsatz, der i n vielen älteren Gesetzen wiederholt ist, daß der eines Unrechts beschuldigte Verklagte entweder Bürgen' beibringen oder selbst in das Gefängnis wandern muß 4 . Diese Bürgschaft war die Stellung von Geiseln, wie sie in früheren Zeiten vorkam, und später, als die Klagen auf Strafen von den Klagen auf Ersatz getrennt wurden, entstand aus ihnen der strafrechtliche Bürge (bail). Die Haftimg wurde noch immer i n derselben Weise aufgefaßt, d. h. so, als ob der Bürge tatsächlich seinen eigenen Körper in die Gewalt der gesicherten Partei gebe. Einer der Zusätze Karls des Großen zu der Lex Salica spricht von einem freien Manne, der sich in die Gewalt eines anderen durch Bürgschaft übergeben hat 5 . Der Inhalt seiner Worte ist i n den englischen Gesetzen Heinrichs I . wiedergegeben 6 . W i r sahen i n der Geschichte von Hüon von Bordeaux, was dies bedeutete. Der Mirror of Justices 7 sagt, daß König Knut die Verwahrer der Geiseln (mainprisors) ebenso wie die • Hauptparteien verurteilte, wenn die letzteren nicht vor Gericht erschienen, und daß König Heinrich I . die Regel Knuts auf solche Geiselverwahrer beschränkte, die sich einer derartigen Behandlung durch ihre Zustimmung im Voraus unterworfen hatten. Doch unter der Herrschaft Eduards I H . macht S h a r d , ein englischer Richter, nachdem er als geltendes Recht feststellt, 1
Sohm, Proc. d. Lex Sal., §§ 15, 23—25, tr. Thevenin, pp. 80, 105, 106, 122. A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. zu dem Folgenden:. Griechisches Bürgschaftsrecht von Josef P a r t s c h , Teubner. Leipzig 1909. 3 A n m . des Ü b e r s e t z e r s : Typische Formelnamen R ü t t i m a n n , Enefl. Civilprocess § 57, 68, 73. Keller-Wach, der röm. Civilprocess. 5. Ausg. 1876, Anm. 338 (345), 462. 4 Essays in A. S. Law p. 292. 6 Cap. V I I I , Merkel, p. 48. 6 Cap. L X X X I X , § 3, Essays in A. S. Law, p. 291. 7 Chap. I V . § 16. 2
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daß die Strafrechtsbürgen den Gefängniswärtern gleichen und für ausreißende Gefangene haften müssen, die Bemerkung, daß nach der Meinung mancher der Strafrechtsbürge an Stelle des Ausreißers gehängt werden soll 1 . Dies war das Recht in dem entsprechenden Falle eines wirklichen Gefängniswärters 2. Der alte Gedanke muß in der Form aufgezeichnet werden, die auch noch neuere Schriftsteller ihm geben, wenn sie von der Strafrechtsbürgschaft bei Felonie reden. Diese sind haftbar Leib für Leib (body for body) 8 , und neuere Rechtsbücher halten es für nötig, festzustellen, daß sie, falls der Hauptschuldige nicht erscheint, nicht für dessen Strafe haften, sondern bloß für eine Geldstrafe (fine) 4 . Der Vertrag unterschied sich von unseren modernen Anschauungen auch in der A r t seines Abschlusses. Dieser bestand lediglich i n einer feierlichen Übernahme der Haftbarkeit in der Gegenwart des Beamten, der dazu befugt war, das Versprechen entgegenzunehmen. Die Unterzeichnung einer Urkunde durch den Bürgen war nicht nötig 5 , und es wurde nicht verlangt, daß die durch den Bürgen gesicherte Partei sich selbst als Vertragspartei verpflichtete 6 . Allein diese Eigentümlichkeiten sind durch Sondervorschriften abgeändert oder beseitigt worden, und ich habe diesen Bürgschaftsfall so eingehend behandelt, nicht sowohl, weil er eine besondere Vertragsform ist, die sich von allen anderen unterscheidet, als deshalb, weil seine Geschichte eine der ältesten Formen von Verträgen i n unserem Rechte zeigt. Diese Geschichte muß erforscht werden hinsichtlich des Anwachsens des Vertrauens auf das Ehrgefühl der gestellten Geiseln und der hieraus folgenden vorläufigen Befreiung dieser Personen von einer Gefangenschaft. Ein Beweis hierfür mag in der ähnlichen Art, wie man den Gefangenen selbst behandelte, gefunden werden. Sein Strafrechtsbürge, von dem man annahm, daß ihm der Angeklagte körperlich überliefert sei, hatte ein Recht, ihn jederzeit und an jedem Ort zu verhaften, aber bis dahin wurde dem Beschuldigten 1
Fitzh. Abr. M a i n p r i s e , pl. 12 (H. 33 Ed. I l l ) ; Staunforde, P. C. 65. Abbr. Plac., p. 343, col. 2., rot. 37., 17 Ed. I I . 3 Jacob, L . D . , „Bail"; vgl. 1 Bulstr. 45. Hawkins, P. C., I I ch. 15 § 83; Abbr. Plac., p. 343, col. 2., rot. 37, 17 Ed. I I . 4 H i g h m ore, Bail, p. 199; Jacob, L. D., „Bail"; vgl. 2 Laferrière Hist, du Droit Franç. p. 148. 6 Highmore, p. 195. 6 Ebenda S. 200. 2
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gestattet, frei herum zu gehen, bis er in das Gefängnis abgeliefert wurde. Man wird bemerken, daß diese Vertragsform der A r t gleicht, i n der die römischen zwölf Tafeln den Schuldigen behandelten, und aus demselben Grunde, wenn auch in einem anders gearteten Gerichtsverfahren, in dem Körper der Vertragspartei ein Mittel zur Genugtuung für den schlimmsten Fall sahen. Der Begriff „Debt" erhebt ebenfalls eine noch weiter verbreitete Anwartschaft auf die Ehre, die älteste Vertragsform zu bilden. Seit der Zeit S a v i g n y s hat man nach römischem und deutschem Recht das erste Auftreten eines Vertrages in dem Falle eines Verkaufes, der zufälligerweise noch unerfüllt blieb, gesehen. Die Frage scheint nicht von großer philosophischer Tragweite zu sein; denn wenn wir auseinandersetzen wollen, wie die Menschen zuerst es lernten, ein Versprechen abzugeben, müssen wir auf metaphysische Gebiete hinüberschweifen und ermitteln, wie sie wohl dazu kamen, eine zukünftige Haftung festzusetzen. Die Entdeckung eines besonderen Versprechens, das zuerst in einem bestimmten Rechtssystem erzwungen wurde, kann kaum von allgemeinem Werte sein. Allein die Geschichte der action of debt ist immerhin lehrreich, wenn auch nur i n einem bescheideneren Sinne. Man muß etwas von ihr wissen, damit man die lichtvollen Grundgedanken unseres gegenwärtigen Vertragsrechtes, die daraus erwachsen sind, klar verstehen kann. I n G r a n v i l l s Abhandlung ist die Klage wegen „Debt u bereits ein wohlbekanntes Rechtsmittel. Das Recht jener Tage war jedoch noch in etwas ursprünglichem Zustande, und man kann sich leicht vorstellen, daß die Form einer Klage, die soweit zurückgreift, nicht auf sehr subtilen Unterscheidungen aufgebaut war. Sie war, wie ich sogleich zu zeigen versuchen werde, lediglich die allgemeine Form, in der man alle (damals klagbare) Geldansprüche zusammenfaßte, mit Ausnahme der in ihrem Betrage noch unbestimmten Ansprüche wegen Schädigung durch Gewalt, für die damals das ebenso allgemeine Rechtsmittel wegen trespass gegeben wurde Man hat geglaubt, daß diese Klage (of debt) aus dem sehr viel höher entwickelten römischen Prozesse entlehnt wurde. Diese Meinung ist sehr natürlich, da wir sehen, daß alle älteren 3 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Debt war also nur die Normal-Vertragsschuld des älteren Rechts, wie in Rom creditor ursprünglich nur den Normalvertragsgläubiger bezeichnete, vgl. oben das über t r e s p a s s Gesagte S. 75 Anm. 2.
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Schriftsteller über das englische Recht ihre Ausdrucksweise und Gruppenbildung von Rom entnahmen. Und doch scheint es wahrscheinlicher, daß die Klage von rein germanischer Abkunft ist. Sie hat die Form des ursprünglichen Prozesses, wie er sich auch auf dem europäischen Kontinent vorfand und von Laband (vermögensrechtliche Klagen) geschildert worden ist. Der wesentliche Inhalt des klägerischen Anspruches, wie er i n der Prozeßeinleitungsschrift (writ) wegen Schuld (debt) ausgeführt wurde, besteht darin, daß der Verklagte dem Kläger so und so viel schulde und rechtswidrigerweise vorenthalte. Auf die Entstehung der Pflicht des Verklagten kommt es bei der so geformten Klage nicht weiter an \ Sie beschränkt sich nicht auf Verträge, es genügt, falls irgend eine Schuld aus irgend einem Grunde vorliegt. Die Klage stellt eine bloße Rechtsfolgerung (conclusion of law) auf, nicht aber Tatsachen, aus denen diese Rechtsbehauptung gefolgert wird und die Haftbarkeit entspringt. Die altgermanische Klage entsprach dem Gedanken: „N. N. schuldet mir so und so viel." Es war dem germanischen Vertrage eigentümlich, daß der Verklagte dieser Klage mit einer ebenso allgemein geformten Antwort entgegentreten konnte, nämlich daß er dem Kläger nichts schuldig sei. Der Kläger mußte mehr tun, als eine bloße Schuld behaupten, wenn er den Verklagten verhindern wollte, ihm durch jene einfache Antwort zu entwischen. I n England schloß die bloße Verneinung des Verklagten den Kläger, falls er nicht für die behauptete Schuld einen Beweis führen konnte, von der Hilfe des Gerichtes aus. Und selbst wenn er es konnte, mußte er sich gefallen lassen, von einem Eide geschlagen zu werden, den der Verklagte mit einigen seiner Freunde, die ihm den Rücken deckten, dahin ableistete, daß er nichts schuldig sei. Der Hauptgrund, weshalb seit Jahrhunderten die Klage um Schuld (debt) durch ein späteres Rechtsmittel, die Klage wegen assumpsit, verdrängt worden ist, lag darin, daß jenes altertümliche Überbleibsel sich bei ihr erhielt. Schließlich war in England, wie in Deutschland, die Klage um Schuld wegen Vorenthaltung von Geld der Zwillingsbruder der Klage wegen rechtswidriger Vorenthaltung irgendeiner anderen A r t von Sachen. Der Hauptinhalt der Klage war in beiden Fällen derselbe. 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . s t o n e , comment. I I I app. X V I .
Vgl. hierzu die Formulare bei B l a c k -
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Es scheint seltsam, daß dieses rohe Erzeugnis aus der Kindheitszeit des Rechtes irgendeinen Einfluß auf die Gegenwart haben sollte, und doch werden wir überall, falls wir irgendwo eine herrschende Lehre des geltenden Rechts weit genug in die Vergangenheit verfolgen, wahrscheinlicherweise irgend einen vergessenen Umstand , des früheren Gerichtsverfahrens als die Quelle des späteren Rechts entdecken. Beispiele für diese Tatsache sind bereits beigebracht worden. Die Klage um Schuld (debt) und die anderen Vertragsklagen werden noch weitere Beispiele beibringen. Die Lehre von der Schuld (debt) wirft das meiste Licht auf die Lehre von dem erforderlichen Rechtfertigungsgrunde der Versprechen (Consideration). Unser Recht erzwingt nicht jedes Versprechen, das jemand abgegeben hat. Versprechen, die zu neunundneunzig von hundert mündlich oder durch bloße Schrift geschehen, binden nicht, sofern sie nicht einen besonderen Rechtfertigungsgrund haben. Dies bedeutet, wie man es gewöhnlich erklärt, daß sie nicht gelten, sofern nicht der Empfänger des Versprechens dem Versprechenden eine Wohltat erwiesen oder durch ihn einen Schaden erlitten hat, wodurch beide Male das Versprechen motiviert wird. Man hat geglaubt, daß diese Regel vom Gerichtshof der Chancery dem römischen Rechte entlehnt worden sei 1 und, nachdem sie dort einige Abänderungen erlitten habe, in das englische gemeine Recht (aus dem Gebiet der bloßen Equity) hinübergegangen sei. Aber diese Auffassung der Sache ist mindestens fraglich. Was die Ausdrucksweise betrifft, so finde ich nicht, daß vor der Regierung der Elisabeth die Consideration geradezu c a u s a genannt worden ist. I n den älteren Urkunden heißt sie überall q u i d p r o q u o . I h r erstes Auftreten zeigt sich, soweit ich weiß, in F l e t a s 2 Bericht über die action of debt 8 , und obwohl ich geneigt bin, zu glauben, daß man der Behauptung Fletas keinen Glauben schenken darf, so wird doch, wie ich glaube, eine sorgfältige Beachtimg der chronologischen Reihenfolge der Ent1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben die Anmerkung zum Vorwort über das von der Chancery entwickelte Recht der Equity. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Über F l e t a vgl. B r u n n e r in Holtzendorffs Encykl. 5. Aufl. S. 341. Sein commentarius juris Anglicani wurde um 1290 verfaßt. 8 I I . c. 60, § 25. G l a n v i l l ' s „justa debendi causa" (lib. X c . 4) scheint von der „ c o n s i d e r a t i o n " durchaus verschieden zu sein.
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Scheidungen in den Jahrbüchern dartun, daß die Lehre (der Consideration) bereits bei der Klage um Schuld (debt) völlig entwickelt war, bevor irgendeine Erwähnung von ihr in den anders gearteten Rechtsfällen gefunden werden kann, die nach Equity entschieden worden sind. Eine der frühesten Erwähnungen der Frage, welche Umstände für den Urheber eines Versprechens zur Übernahme einer Verpflichtung nötig seien, fand sich in der Klage wegen assumpsit 1 . Allein die Lehre entsprang sicherlich nicht an dieser Stelle. Die erste Erwähnung der Consideration auf dem Gebiete der Equity, die ich gesehen habe, findet sich in der Wendung q u i d p r o q u o 2 und tritt dort erst auf, nachdem das Erfordernis der Consideration für die Klage um Schuld bereits als durchaus feststehend angenommen worden war 8 . Der Umstand allein, daß ein Rechtfertigungsgrund des Versprechens für Verträge unter Siegel niemals verlangt wurde, sofern man nicht etwa gegenüber den gewichtigen Beweisen aus nahezu derselben Zeit der abweichenden Behauptung Fletas Glauben schenken w i l l , bringt uns einen starken Beweis dafür, daß das Erfordernis der Consideration als Regel des materiellen Rechtes nicht aus rechtspolitischen Gründen entsprungen sein kann. Und umgekehrt deutet das Zusammentreffen dieser Lehre mit einer eigenartigen Prozeßform sehr scharf darauf hin, daß dieses besondere Erfordernis und die besondere Prozeßart miteinander in Verbindung gestanden haben müssen. Es wird auf diese Frage Licht fallen, wenn wir einige unstreitige Tatsachen zusammenstellen und die natürlichen Folgerungen daraus ziehen. Darum wird es wünschenswert sein, die Klage um Schuld (debt) noch etwas weiter zu untersuchen. Ich halte es jedoch für meine Pflicht zuzugeben, und zwar am Anfange, daß ich die folgende Auseinandersetzung nur sehr zögernd darbiete und, wie ich glaube, mit einer vollen Schätzung der Einwendungen, die gegen sie erhoben werden können. Es wurde vor kurzem bemerkt, daß der Kläger beweisen mußte, sofern er gegenüber der Ableugnung der Schuld durch den Verklagten durchdringen wollte; sonst wurde er auf die inhaltlich begrenzte Gerichtsbarkeit der geistlichen Gerichts1 2 3
Jahrb. 3 Hen. VI. 36. Jahrb. 37 Hen. V I . 13, pl. 3. Jahrb. 37 Hen. V I . 8, pl. 33.
H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands und Nordamerikas.
17
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höfe verwiesen 3 . Bei dem erwähnten Erfordernis ist aber nicht an einen Beweis im modernen Sinne des Wortes zu denken, sondern nur, daß er seine Sache in einer der Beweisformen unterstützen mußte, die damals von Rechts wegen anerkannt waren. Es waren dies drei: „der Zweikampf, schriftliche Urkunden und Zeugen". Der Zweikampf braucht nicht besprochen zu werden, weil er sehr bald bei der Klage um Schuld nicht mehr gebraucht wurde und auf das, was ich zu sagen habe, keinen Bezug hat. Das Gerichtsverfahren, bei dem eine Urkunde oder Zeugen als Beweismittel dienten, muß dagegen sorgfältig studiert werden. Es wird angemessen sein, den Fall der Zeugen zunächst zu betrachten, um zu ermitteln, was man unter ihnen verstand. Eins wissen wir als sicheren Ausgangspunkt: es waren keine Zeugen (witnesses), wie wir den Ausdruck verstehen. Sie wurden nicht einem Gerichtshofe zum Verhör und Kreuzverhör vorgeführt, noch hing ihr Zeugnis, um wirksam zu sein, davon ab, daß der sie hörende Gerichtshof ihnen Glauben schenkte. Heutzutage wird ein Rechtsfall nicht durch das Ergebnis der Beweise unmittelbar entschieden, sondern durch einen Spruch oder durch eine solche Ermittelung von Tatsachen, denen ein Urteil nachgefolgt ist. Der Eid eines Zeugen hat heutzutage keine Wirkung, wenn der Urteilsfinder ihm nicht glaubt. Aber i n der Zeit Heinrichs I I . bestand das Beweisverfahren unserer Schwurgerichte noch nicht. W a r es erst einmal erlaubt, daß ein Eid geschworen wurde, so hatte dies dieselbe Wirkung, mochte man seinen Inhalt glauben oder nicht. Es gab keine Möglichkeit, den Eid durch ein ferneres Beweismittel nachzuprüfen. I n allen Fällen, in denen also eine Beweiserhebung durch Zeugen möglich war, war die Sache dadurch beendigt, daß die Partei, die zur Beweisführung aufgefordert worden war, eine bestimmte Zahl von Leuten finden konnte, die bereit waren, in einer Form zu schwören. Heutzutage scheint dieser Weg, eine Schuld festzustellen, altertümlicher zu sein, als die Vorlegung eines geschriebenen Anerkenntnisses des Verklagten, und es ist wichtig seinen Ursprung aufzudecken. Die Fälle, in denen auf solche Weise das Verfahren verlief, sind nach den alten Büchern und Berichten (reports) 2 nahezu 1
Glanv., Lib. X . c. 12; Bract., fol. 400b, § 10; 22 Ass., pl. 70, fol. 101. A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. über die reports B r u n n e r in Holtzendorffs Encykl. 5. Aufl. S. 398. 2
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völlig auf Ansprüche aus Kauf oder Darlehen (loan) beschränkt. Und zugleich taucht die Frage auf, ob wir hier nicht auf den Spuren einer Einrichtung sind, die bereits veraltet war, als G l a n v i l l schrieb 1 . Seit Jahrhunderten vor der Eroberung Englands durch die Normannen hatte das englische Recht 2 die Auswahl einer bestimmten Zahl offizieller Zeugen verlangt, von denen zwei oder drei zu jedem Kaufgeschäfte hinzugezogen wurden. Der Zweck, zu dem man diese Zeugen bestellte, war nach allgemeiner Annahme nicht der Nachweis von Schuldverhältnissen. Ihre Anwendung greift zurück auf eine Zeit, in der Diebstahl und ähnliche Verletzungen der Hauptgrund der Rechtsstreitigkeiten waren, und der Zweck, zu dem man die Zeugen verwendete, war die Entscheidung darüber, ob jemand, dem man Diebstahl vorwarf, zu der angeblich gestohlenen Sache mit oder ohne Recht gekommen war. Ein Verklagter konnte sich von dem Vorwurfe des Verbrechens (felony) durch den Eid der Zeugen befreien, welche schworen, daß er die Sache gekauft oder offen in einer vom Recht anerkannten Weise erworben hatte. Waren die Zeugen schon bei dem Geschäftsabschlüsse zugegen gewesen, so waren sie imstande zu beschwören, was sie gesehen und gehört hatten, sobald ein Streit unter den Parteien entstand. Demgemäß war ihre Verwertung nicht auf Verhandlungen über Verbrechen (felony) beschränkt. Aber der erwähnte besondere Zweck gibt den Geschäftszeugen der sächsischen Periode einen und denselben Charakter. W i r wissen heutzutage, daß die Verwendung dieser Zeugen nicht sogleich unter normannischem Einflüsse verschwand. W i r finden sie vielmehr i n ihrer alten Funktion in Gesetzen Wilhelms des Eroberers 8 . Die Redeweise G l a n v i l l s scheint zu beweisen, daß sie noch unter Heinrich I I . bekannt war. Er sagt:'Wenn ein Käufer nicht den Verkäufer vor Gericht laden kann, damit dieser ihm die Sache garantiere und ihn vor Gericht verteidige (denn wenn er das tut, so geht die Gefahr auf den Verkäufer über), dann wird man ihn von dem Vorwurfe eines Verbrechens befreien, falls er einen genügenden Beweis dafür hat, daß er die Sache in rechtmäßiger Weise „de legitimo marcatu suo" gekauft hat. Wenn er jedoch 1
A n m . des U b e r s e t z e r s . Uber G l a n v i l l siehe B r u n n e r Holtzendorffs Encykl. 5. Aufl. S. 339. Glanvilla war 1180—1189 Capitalis Justitiarius Angliae. 2 Essays in A. S. Law 187. 3 1. 45; I I I . 10. 17 *
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kein genügendes Prozeßgefolge (suit oder secta) 1 hat, so wird er die Gefahr davon tragen 2 . Dies ist eine Wiederholung des Gesetzes Wilhelms. Es folgt daraus, daß die Käufer noch damals Geschäftszeugen (in dieser Weise) verwendeten. Aber G l a n v i l l scheint die Verwendung des Zeugenbeweises auch zur Feststellung von Schulden (debt) zuzulassen3. Da die Geschäftszeugen schon früher für diesen Zweck verwendbar waren r so sehe ich keinen Grund, zu bezweifeln, daß sie es noch damals waren und daß er auch hier von ihnen spricht 4 . Ja sogar lange nach Heinrich H . antwortete immer der Kläger, falls eine Klage um Schuld ohne Schriftbeweis angestellt und er nach seinem Beweismittel gefragt worden war: „Ich habe ein gutes Prozeßgefolge (good suit)" und bot dann seine Zeugen an, die bisweilen vom Gerichtshof verhört wurden 5 . Ich glaube, daß man den Tatsachen keine Gewalt antut, wenn man annimmt, daß das gute Prozeßgefolge der späteren Berichte von den altsächsischen Geschäftszeugen herstammt, wie ja bereits dargelegt wurde, daß die secta bei G l a n v i l l eine solche Abstammung darstellt 0 . Auf dieser Stufe der Beweisführung wird es gut sein, nochmals für einen Augenblick die ursprüngliche Natur des Zeugen1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . setzung 348.
Vgl. Lambertenghi
italienische Über-
2
Lib. X c . 17. Suit, secta (Prozessgefolge) war der Name für die Leute, deren Eid von der Partei (zur Unterstützung ihrer Behauptung) angeboten wurde. 3
Lib. X c. 12 (Beames, p. 262); c. 8 & c. 5 (Beames, pp. 256, 251)); vgl. Lib. I V c. 6, wo Zeugen de v i s u e t a u d i t u angeboten sind. Vgl. Bract., fol. 315b, § 6; Fleta, I I . c. 63, § 10, p. 137. Es war ohne Zweifel wahr, wie G l a n v i l l sagt, Lib. X c. 17, daß die gewöhnliche Art der Beweisführung durch ein Schriftstück oder einen Zweikampf geschah, und daß das Königsgericht (King's Court) Privatabreden im allgemeinen nicht schützte, wenn sie außerhalb dieses Gerichts abgeschlossen worden waren (Lib. X c. 8.) Allein es ist schwerlich möglich, daß in dieser Zeit keine Schulden durch Zeugen festgestellt wurden, weil solche Feststellungen von Bracton ab bis in die spätere Zeit hinein fortwährend erwiesen sind. 4
Vgl. jedoch Brunner, Schwurgerichte 399. Ich gehe nicht so weit zu sagen, daß sie noch eine lebendige Einrichtung waren. Wie immer sich dies verhalten mag, die Überlieferung muß sich dem angepaßt haben, was die Aufgabe der älteren Gerichtsbehörde war. 6 Bract., fol. 315 b, § 6; Britt. (Nich.) I p. 162; Magna Charta c. 88: Jahrb. 21 Ed. I. 456; 7 Ed. II. 242; 18 Ed. I I . 582; 3 Bl. Comm. 295, 344; vgl. 17 Ed. I I I . 48b. 6
Vgl. Glanv., Lib. I V . c. 6.
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eides hervorzuheben. Er beschränkte sich auf Tatsachen, die zur Kenntnis der Zeugen durch Sehen oder Hören gekommen waren. Da jedoch die Zwecke, für die man Zeugen vornehmlich bestimmte, bei" der Übergabe von Sachen deren Gegenwart verlangten, so war der wichtigste Fall, i n dem sie den Parteien eines Geschäftes dienstlich sein konnten, der Fall, in dem jemand auf Grund der Überlieferung einer Sache klagte. Diese Verwendung der Zeugen erstreckte sich nicht auf solche Verträge, die auf beiden Seiten vollstreckbare Pflichten auflegten, weil hier eine Frage, ob ein Diebstahl vorliege, gar nicht entstehen konnte. Und G l a n v i l l hebt hervor, daß in dieser Zeit das Königsgericht (Kings Court) solche Verträge nicht erzwang 1 . Nunmehr, falls der Eid des Prozeßgefolges (secta) nur noch dann zur Feststellung einer Schuld (debt) verwendet werden konnte, wenn Geschäftszeugen geschworen hatten, so ist klar erkennbar, wie der zufällige Gang der Prozeßentwicklung zu einer wichtigen Regel des materiellen Rechtes hingeführt hat. Daraus, daß Zeugen lediglich über Tatsachen ihrer Wahrnehmungen schwören konnten, sowie daraus, daß diese Zeugen bei Verhandlungen zum Zwecke einer Schuldverpflichtung nur in einem einzelnen Falle, nämlich bei Übergabe einer Sache, verwendet wurden, und endlich daraus, daß eine solche Übergabe ein quid pro quo enthielt, entstand die Regel, der zufolge man eine Schuld nur dann durch Zeugen beweisen konnte, wenn dem in Frage kommenden Versprechen ein quid pro quo zugrunde lag. Aber diese durch Zeugen bewiesenen Schulden, bei denen der Beweis nicht durch Schrifturkunde (deed) geführt wurde, sind identisch mit den Verpflichtungen, die wir einfache Kontraktschulden nennen (simple contract debts), und so kam unsere besondere und sehr wichtige Lehre, daß jeder einfache Schuldvertrag einen Rechtfertigungsgrund haben müsse, zunächst bei 1
Lib. X c. 18. Es ist möglich, daß dies nicht mehr bedeutet als die oft wiederholte Behauptung Glanvills, der zufolge das Königsgericht im allgemeinen von Privatverträgen keine Kenntnis nahm. Das geltende Recht war damals vielleicht noch durch Uberlieferungen beeinträchtigt, die aus der Kindheit des Vertragsrechtes stammten. Vgl. pp. 248, 251, 259, 260. Der erwähnte Grundsatz in seiner weitesten Fassung kann darauf gegründet worden sein, daß man Abreden nicht auf andere Weise geltend machen konnte, als wenn sie ihrer Art nach genau in allen Einzelheiten festgestellt waren. Vgl. über das Erfordernis des a l i a m d i r a c i o n a t i o n e m und a l i i s p r o b a t i o n i b u s , Lib. X c. 12. Vgl. aber auch diese Stelle mit Abhandlungen im A. S. Law, pp. 189, 190.
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der Klage um Schuld (debt) auf und wurde erst in der Folge auf andere Verträge ausgedehnt. Sie galt aber keineswegs bei solchen Schulden oder Verträgen, die man in der üblichen Weise durch das Siegel des Verklagten bekräftigte, und daraus, daß sie lediglich auf Schuldverhältnisse Anwendung fand, die (erst später formlos wurden, und) in früherer Zeit durch ein nicht allzu leicht anwendbares Verfahren hergestellt worden waren (nämlich durch Schrift und Siegel), folgt mit großer Klarheit, daß bei dieser Entwicklung der Zusammenhang des materiellen Rechts mit dem Gerichtsverfahren kein bloßer Zufall war. Die Art der üblichen Beweisführung änderte sich bald; aber noch unter der Königin Elisabeth finden wir eine Spur ihres ursprünglichen Zusammenhanges mit dem materiellen Recht. Es heißt: „das englische gemeine Recht verlangt jedoch, daß ein besonderer Grund des Versprechens (d. h. eine Consideration) vorhanden sein muß, von dem die Bewohner des Landes (the country) Kenntnis erlangen können, falls man dessen für einen Prozeß bedarf, wie dies für das Gemeinwohl nötig i s t 1 " . Lord M a n s f i e l d 2 zeigt sein Verständnis für die geschichtlichen Ursachen unseres Rechts, indem er sagte: „Ich nehme an, daß ursprünglich die Consideration nur des Beweises wegen verlangt wurde denn, wenn sie in das (der Klage zugrunde hegende) Schriftstück aufgenommen worden war, wie bei den Verträgen, die man covenants 3 , specialities, bonds usw. nennt, dann wurde der Einwand, daß ein Grund des Versprechens fehle, nicht erhoben 4 ." Sollte hiergegen bemerkt werden, daß die vorstehende Beweisführung sich nur auf das Gebiet der Klage um Schuld im technischen Sinne (debt) beschränkte, während doch das Erfordernis des Rechtfertigungsgrundes eines Versprechens in gleicher Weise auf alle einfachen Verträge Anwendung findet, so läßt sich darauf antworten, daß aller Wahrscheinlichkeit nach die Regel bei einer Klage um Schuld entstanden ist und sich dann von diesem Gebiete auf andere Verträge ausgedehnt hat. 1
S h a r i n g t o n v. S t r o t t o n , Plowden, 298, p. 302, M. 7 & 8 Eliz. A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Der berühmte Rechtsgel ehrte und Richter William Murray Earl of Mansfield lebte 1705—1793 Encykl. Britt. X V . S. 498. 8
3
Siegel. 4
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Covenant ist der Formalcontract unter W e r t h e i m , Wörterb. d. engl. Rechts Berlin 1899. S. 190. P i l l a n s v. V a n M i e r o p , 3 Burrow, 1663, 1669.
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Anderseits kann man jedoch fragen, ob denn nicht noch weitere von Zeugen bewiesene Verträge neben denen, die bereits erwähnt worden sind, möglich waren. Gab es denn keine andern Abreden, die in solcher Weise bewiesen wurden und für die das Erfordernis eines Versprechensgrundes (Consideration) ebenfalls vermißt wurde? Darauf läßt sich leicht eine Antwort geben. Die Verträge, deren Erfüllung von den Zivilgerichtshöfen erzwungen wurde, waren noch zur Zeit Heinrichs H . wenige und einfache. Für alle Verträge, die in früheren Zeiten vorkamen, bot daher das eigentümliche Zeugnisverfahren genug Raum. Außer dem Kauf, dem Darlehn u. dergl., die schon erwähnt sind, finde ich nur zwei Vertragsobligationen. Es sind dies die Gewährleistungspflicht, die einen Verkauf begleitete, und die Bürgschaft, auf die schon im Anfange dieser Abhandlung Bezug genommen worden ist. Was die erstere betrifft, so betrachtete man die Gewährleistung des Rechtstitels weit mehr als eine gesetzliche Verpflichtung, die aus dem Kaufgeschäfte entstand, als daß man in ihr einen besonderen Vertrag sah. Gewisse Gewährleistungsversprechen kamen zur Kenntnis der Geschäftszeugen und wurden in der Sachsenzeit von ihnen beschworen 1 . Jedoch in der normannischen Periode hört man sehr wenig von Gewährleistungen außer bei Grundstücken und dort entschied man über sie durch Zweikampf. Auf diese Weise verschwand diese Erscheinung völlig, sofern nicht die Gewährleistungspflicht i n einer Urkunde verkörpert war, und dem zufolge kann sie keinen Einfluß auf das Erfordernis eines Rechtfertigungsgrundes für das abgegebene Versprechen (Consideration) gehabt haben. Daher werde ich im folgenden ohne weiteres voraussetzen, daß dies Erfordernis keinen Einfluß auf den vorliegenden Gegenstand (Gewährleistungen) hatte. Nun wenden wir uns zu den Geiseln oder Bürgen. Diese hafteten nur noch in sehr seltenen Fällen mit ihrem Körper. Vielmehr wurde ihre Haftung in eine Geldhaftung verändert und in einer Klage um Schuld (debt) eingetrieben. Dieser altersgraue Vertrag konnte, ebenso wie die anderen Schuldfälle in der Zeit G l a n v i l l s , durch Zeugen ohne Schriftstück festgestellt werden 2 , und bei ihm lag keine solche Consideration vor, d. h. kein 1
1 Thorpe, Anc. Laws, 181, Oaths 7, 8. Glaiiv., Lib. X . c. 5 (Beames, p. 251); Jahrb. 7 Ed. I I . 242; Novae Narr. D e t t e - V e r s p l e g e , Rastell's Law Tracts, p. 253, D, 2 Finl. Reeves, 376. 2
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solcher vom Versprechenden empfangener Vorteil, wie ihn das Gesetz verlangte, als die Considerationslehre zuerst ausgesprochen wurde. Allein auch dies ist unwesentlich, weil die Haftung des Bürgen auf Grund eines Zeugeneides in Wegfall kam, ebenso wie die Haftung aus Gewährleistung, noch ehe die Grundlagen für die Regel gelegt wurden, deren Erklärung ich versuchen will. Sehr bald verlangte man nämlich für die Bürgschaft ein Schriftstück, wie wir sogleich sehen werden. Das Ergebnis ist bisher, daß die einzige Vertragsklage zur Zeit G l a n v i l l s die alte Klage um Schuld war und daß die einzigen Klagen dieser A r t , die ohne Schrifturkunden durchdringen konnten, die hier soeben beschriebenen sind, und daß diejenigen von ihnen, bei denen eine Abrede über ein Entgelt (quid pro quo) fehlte, in der Zeit Eduards I I I . ihre Durchführbarkeit verloren. Große Änderungen traten jedoch unter der Regierung Heinrichs I I . ins Leben. Mannigfaltigere und verwickeitere Verträge wurden sehr bald klagbar. Man kann fragen: Warum hat man nicht das Gebiet des Zeugeneides erweitert? oder warum hat man nicht, als bessere Beweismittel aufkamen, das Prozeßgefolge der secta beseitigt und andere mündliche Zeugnisse zugelassen? Auf jeden Fall muß man fragen: W i e kann das Recht Heinrichs I I . etwas mit dem Erfordernisse der Consideration zu tun gehabt haben, von dem man erst Jahrhunderte später etwas gehört hat ? Es ist offensichtlich, daß ein Zeugeneid, der einen Fall durch die bloße Tatsache, daß er geschworen ist, zum Abschluß bringt, keine befriedigende Beweisform ist. Eine geschriebene Anerkennung der Schuld, die vor Gericht vorgelegt wird und deren Ausstellung durch die Hand des Beklagten genügend dargetan ist, ist offenbar viel besser. Der einzige schwache Punkt bei einem Beweis durch Schriftstück ist die A r t , in der man seine Echtheit dartut, und diese Schwierigkeit verschwand, sobald der Gebrauch der Siegel allgemein wurde. Dies griff mehr oder weniger zu G l a n v i l l s Zeiten Platz. Und damals brauchte die Partei nichts weiter zu tun, als das Schriftstück vorzulegen und den Gerichtshof durch Augenschein zu überzeugen, daß das auf dem Siegellack abgedruckte Bild dem Petschaft des Verklagten entsprach 1 . Dem Eide des Prozeßgefolges (secta) konnte der 1
Grlanv., Lib. X , c. 12 (Beames, p. 263); Bract., fol. 398 b, § 1. Die beliebte Beweisführung durch Zweikampf war ebenfalls gestattet, aber sie verschwand. Als die richterliche Beweiserhebung (inquest) allgemein wurde,
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Verklagte i n jedem Falle mit Erfolg durch einen Reinigungseid (wager of law) entgegentreten d. h. durch einen Gegeneid von seiner Seite mit derselben oder der doppelten Zahl von Eideshelfern, wie sie vom Kläger beigebracht waren. Allein ein Schriftstück, von dem nachgewiesen war, daß es von dem Verklagten herrührte, konnte nicht durch Widerspruch angegriffen werden 2 ; denn falls jemand sagte, er sei gebunden, dann war er es auch. Dabei fragte man nicht nach einem Grunde des Versprechens (Consideration), weil damals eine solche Rechtslehre noch nicht bestand. Der Verklagte war ebenso gebunden, wenn er seine Verpflichtungen vor einer Behörde anerkannte, die ein Archiv hatte, durch das sein Anerkenntnis bewiesen werden konnte, z. B. bei den höheren Gerichtshöfen. I n der Tat werden noch bis heutzutage gewisse Bürgschaften einfach durch mündliche Erklärungen vor einem Gerichtsschreiber, der sie protokolliert, abgegeben. Der Vorteil des schriftlichen Versprechens bestand nicht allein darin, daß es Dinge, die in der Vergangenheit lagen, besser bewies, sondern auch, daß es Schulden erzwingbar machte, für die ohne dies ein Beweis überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Das Gesagte erklärt genügend, warum man den Schriftbeweis dem Beweise durch den altmodischen Zeugeneid vorzog. Aber es gab andere gleich gute Gründe dafür, daß man den letzteren nicht über seine alten Grenzen ausdehnte. Die Geschäftszeugen verloren ihren gesetzmäßigen und offiziellen Charakter. Bereits zu Glanvills Zeit waren die gewöhnlichen Formen eine Schuld zu beweisen der Zweikampf oder die Schrift 8 . Hundert Jahre später berichtet B r a c t o n , daß die Einrichtung des Prozeßgefolges (secta) zu einer Vernehmung der Vasallen und der Hausleute der Partei ausartete. Und er bemerkt, daß deren Eid nur eine schwache Vermutimg begründete 4 . Überdies entstand eine neue Art von Beweiserhebung, die den Einfluß gehabt haben muß, die Schätzung des Zeugeneides durch Kontrast abzuschwächen, auch wenn man sie einige Zeit wurde auf diese Weise das Recht auf Ausführung eines förmlichen Vertrages ebenso vor Gericht festgestellt, wie jeder andere Umstand. 1 2 8 4
Bract., fol. 315b, § 6, 400 b; Coke, 2te Inst., 44, 45. Glanv., Lib. X , c. 12 (Beames, p. 263); Bract., fol. 100b, § 9. Glanv., Lib. X, c. 17 (Beames p. 272). Bract., fol. 400 b, § 9.
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lang in den Fällen eines solchen Eides 1 nicht anwandte. Es war dies der Beginn unseres Verhörs vor den Geschworenen. Zunächst war es ein Befragen (inquest) der Nachbarn, denen man eine Kenntnis über den streitigen Fall zutraute. Sie sprachen aus dieser Kenntnis heraus, wurden aber durch einen Beamten des Gerichtshofs ausgewählt und nicht von der interessierten Partei, und man setzte bei ihrer Ausfragimg voraus, daß sie unparteiisch wären 2 . Bald wurden Zeugen vorgeladen, nicht, wie in alter Zeit, um den Prozeß durch ihren Eid zu Ende zu bringen, sondern um die Ausforschung der Sache zu unterstützen, damit man auf Grund ihres Zeugnisses ein Urteil finden konnte. Mit dem Aufkommen dieses Verfahrens, das aufgeklärten Anschauungen entspricht, hörte die secta sehr bald auf, die Prozesse zu entscheiden; und man kann sehr wohl fragen, warum sie nicht zugleich verschwand, ohne Spuren zu hinterlassen. Wenn wir jedoch den Konservativismus des englischen Rechtes in Betracht ziehen und die Tatsache, daß, bevor die Urkunden aufkamen, die einzigen klagbaren Schulden solche waren, die man durch Geschäftszeugen bewies, so wird es uns nicht überraschen zu finden, daß das Anerbieten einer Prozeßgefolgschaft, die vereidigt werden sollte, gerade in den genannten Fällen (der Geschäftzeugen) andauerte. Aber es gab noch einen zwingenderen Grund hierfür. Die Verteidigung bei der Klage um Schuld geschah durch Reinigungseid (wager of law), sobald keine Schrifturkunde vorlag 8 . Eine Stelle aus der Magna Charta wurde dahin gedeutet, daß sie verbietet, jemanden zu verurteilen, falls ein Kläger seine Klage behauptet, ohne ein gutes Zeugnis beizubringen 4 . Folgeweise verlangt das Gesetz Zeugenaussagen — d. h. also damals eine „secta" — in jedem Falle einer Schuld, in dem der Kläger sich nicht auf ein Schriftstück stützte, und so kam es denn, daß das Prozeßgefolge fortfuhr in solchen Fällen angeboten zu werden, in denen das von alter Zeit her geschehen w a r 5 ; 1
Vgl. Jahrb. 20 Ed. I. 304 und 34 Ed. II., 150, 152; ebenda 330, 332 35 Ed. I . 546. 2 Bract., fol. 400 b, § 8. 8 Vgl. Jahrb. 20. Ed. I. 304. Z u s a t z des O b e r s e t z e r s vgl. oben S. 255. 4 Cap. 28; 32 & 33 Ed. I. 516; 18 Ed. I I . 582; Fleta, I I . c. 63, § 9; Coke, 2te Inst., 44; 3 Bl. Comm. 344. 6 Jahrb. 18 Ed. I I . 582; 17 Ed. I I I . 48 b, pl. 14.
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und da der Verklagte, falls er eine derartige Schuld nicht anerkannte, sich jedesmal freischwur, so dauerte es lange, bis die neue Form des Zeugenverhörs (inquest) ganz festen Fuß faßte. Um eine Schuld festzustellen, die lediglich durch ein Versprechen oder ein Schuldanerkenntnis begründet war und für die es in früheren Zeiten gar keine Beweiserhebungsform gegeben hatte, mußte man nunmehr ein Schriftstück haben, eine neue Form des Beweises. Es wurde der Grundsatz aufgestellt: Durch ein W o r t der Partei (d. h. durch ein bloß mündliches Versprechen) 1 wird diese nicht verpflichtet. Aber die alten Klagen um Schuld (debt) wurden nicht so aufgefaßt, als wenn sie durch ein Versprechen entstanden wären 2 . Sie betrafen eine Schuld, die daraus hervorging, daß der Verklagte vom Kläger eine Sache empfangen hatte, eine Tatsache, die gesehen und beschworen werden konnte. I n diesen Fällen blieb das alte Recht bestehen und dehnte sich sogar ein wenig durch eine in strengen Grenzen gehaltene Analogie aus. Die Übernahme einer Bürgschaftspflicht entstand tatsächlich nicht aus einer solchen Sachenübergabe, sie war in ihrer Natur den anderen Versprechen gleichartig geworden, und sehr bald bezweifelte man, ob sie nicht auch durch dieselben Beweismittel dargetan werden mußte 8 . Unter Eduard I I I . wurde angenommen, daß eine Schrifturkunde für sie nötig w ä r e 4 , falls nicht Gewohnheitsrechte einzelner Städte das alte Recht in Geltung erhalten hatten 5 . Die Regierungszeit dieses Königs kann als die Zeit angesehen werden, in der die Formen und Regeln des Gerichtsverfahrens hergestellt wurden, die bis in die Gegenwart hinein gedauert haben. Darum ist es der Mühe wert, die Rechtslage dieser Zeit rückblickend zusammenzufassen. Es war noch immer nötig, daß eine secta bei jeder Klage angeboten werden mußte, für die nicht ein Schriftstück vorgelegt worden war. Aus diesem Grunde ebensowohl als aus den 1 Jahrb. 29. Ed. I I I . 25, 26; vgl.48 Ed. I I I . 6, pi. 11; Fleta, I I . c. 60, § 25; Glanvill, Lib. X c. 12. 2 Vgl. Bro. Acc. sur l e C a s e , pi. 5; s. c., 27 Hen. V I I L 24, 25, pi. 8. 3 Jahrb. 18 Ed. in. 18, pi. 7. 4 Jahrb. 44 Ed. I I I . 21, pi. 23. B F. N. B. 122, I , am Rande. Vgl. F. N. B. 122 K . ; Jahrb. 43, Ed. I I I . 11, pi. 1; s. c., Bro. P l e d g e s , pi. 3; 9 Hen. V. 14, pi. 23.
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anderen erwähnten Gründen wurde das Gebiet solcher Klagen nicht wesentlich über jene Fälle hinaus erweitert, die früher durch Zeugeneid entschieden worden waren. Da die Klage gegen den Bürgen nicht mehr zu diesen Klagen gehörte, wurden sie ganz streng auf solche Fälle beschränkt, bei denen die Schuld auf die Entgegennahme eines Entgelts (quidproquo) begründet war. Ja es gab sogar keine andere Vertragsklage, die ohne Schriftstück begründet werden konnte. Neue Vertragsformen wurden nunmehr durch eine Klage wegen covenant 1 erzwungen, aber bei diesen war immer eine Schrifturkunde (deed) nötig. I n derselben Zeit war die secta (das Prozeßgefolge) zu einer bloßen Form zusammengeschrumpft, obwohl man noch immer ausführte, daß seine Bedeutung bei Verträgen größer wäre, als sonst. Die secta konnte nicht mehr vor dem Gerichtshofe verhört werden 2 . Sie war ein reines Überbleibsel des älteren Rechts, und die Geschäftszeugen hatten aufgehört, dem geltenden Rechte zu entsprechen. Daher beschränkte die Notwendigkeit, einen Zeugeneid anzubieten, den Begriff des debt nicht mehr auf einfache Verträge (abgesehen von abweichendem Gewohnheitsrechte) ; und es überrascht uns nicht, daß man die Klage wegen debt über das Gebiet, das sie zu G l a n v i l l s Zeiten gehabt hatte, ein wenig durch Analogie ausdehnte. Nur die Klage um Schuld (debt) blieb im wesentlichen auf dem angegebenen Punkte stehen, und für einfache formlose Verträge wurde ein ganzes Jahrhundert hindurch keine andere Klage eingeführt. I n der Zwischenzeit griff die oben auseinandergesetzte eigentümliche Umkehrung der Dinge Platz, und was ein zufälliges Ereignis der Prozeßentwicklung gewesen war, hatte sich in eine Lehre des materiellen Rechtes verwandelt. Diese Veränderung lag nahe, als alle Schulden, die man ohne Schrifturkunde durch Zwang beitreiben konnte, sich darauf gründen mußten, daß der Schuldner einen Vorteil empfangen hatte. Der Einfluß des römischen Rechtes unterstützte ohne Zweifel dies Ergebnis. Man wird sich dessen erinnern, daß unter Heinrich I I . die meisten einfachen Verträge und Schulden, für die nicht durch Schrifturkunde oder Zeugnis Beweis geführt wurde, den geistlichen Gerichtshöfen (insoweit deren Gerichts1
Vgl. oben S. 262, Anm. 3. Jahrb. 17 Ed. I I I , 48b, pl. 14; vgl. Fortescue (Arnos) 67, n.; 3 Bl. Comm. 295. 2
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barkeit reichte), zur zwangsweisen Beitreibung überlassen wurden \ Vielleicht war es dieser Umstand, der G l a n v i l l und seine Nachfolger veranlagte, die Ausdrucksweise der römischen Juristen auf die Schuldverhältnisse des englischen gemeinen Rechtes anzuwenden. Allein mag er dies nun aus den kirchlichen Gerichtshöfen entlehnt oder unmittelbar aus dem römischen Recht als seiner Hauptquelle geschöpft haben, sicher ist, daß G l a n v i l l die Systematik und technische Redeweise des Corpus juris durch das ganze zehnte Buch seines Werkes hindurch benutzt. Es gab gewisse besondere Verträge im römischen System, die man Realverträge nannte. Sie verpflichteten die Vertragspartei, entweder dem Vertragsgenossen eine bestimmte, ihr übergebene Sache zurückzuerstatten, wie bei vermieteten 2 oder verborgten Sachen, oder andere Stücke derselben Art zurückzugeben, z. B., wenn Getreide, Öl oder Geld verliehen war. Diese Gruppe stimmte nur in sehr oberflächlicher Weise mit den älteren Schuldverhältnissen des englischen gemeinen Rechtes, den debts im technischen Sinne, überein. Trotzdem übernahm Glanvill ihren Namen für die letzteren, und spätere Schriftsteller begannen daraus Schlußfolgerungen zu ziehen. Der Schriftsteller, aus dem F l e t a 8 schöpfte, welcher letztere sich keineswegs immer da, wo er das römische Recht nach den Angaben seines Vorläufers berührt, als einsichtsvoll erweist 4 , bemerkt, daß, um eine Schuld zu erzeugen, nicht nur ein bestimmtes Ding versprochen sein muß, sondern auch etwas anderes als Gegenleistung 5 . Wenn Fleta diese Behauptung auf Schulden aus formlosen Verträgen beschränkt hat, so wurde er vielleicht dazu durch den damaligen Rechtszustand angeregt, da er jedoch auch noch neben der Sache, die hingegeben oder dem Rückgabeversprechen unterworfen worden ist, ein Schriftstück mit Siegel verlangt, so kann 1 Über deren Begrenzung vgl. Constit. of Clarendon, c. 15; Glanv., Lib. X c. 8, 12; Jahrb. 22 Ass., pl. 70, fol. 101; 45 Ed. I I I . 24, pl. 30; 19 R. I L Fitzh. Abr. Dett, pl. 166; 37 Hen. VI. 8, pl. 18; 14 Ed. I V . 6, pl. 3; 15 Ed. I V , 32 pl. 14; 19 Ed. I V . 10 pl. 18; 20 Ed. I V . 3 pl. 17. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . So der Text. Natürlich soll damit nicht gesagt sein, daß die Miete ein Realvertrag war. 3 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. B r u n n e r in Holtzendorffs Encyklopädie der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. I . S. 341, a. über Fleta. * Vgl. z. B. 2 Kent's Comm. (12. Aufl.) 451 n. l(b). 5 R e p r o m i t t a t u r , aber vgl. p r o s e r v i t i o t u o v e l h o m a g i o , Fleta, I I . c. 60, § 25.
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die von ihm gegebene Rechtslehre schwerlich zu irgend einer Zeit gegolten haben. Sie war wahrscheinlich lediglich eine kleine Verirrung seines Gedankenganges, den er auf römische Anschauungen stützte, welche letztere er von B r a c t o n 1 entlehnte. Es bleibt uns nur noch übrig, das allmähliche Emporkommen der Lehre von der Consideration 2 in den gerichtlichen Urteilen aufzuzeichnen. Ein Urteil aus der Regierungszeit Eduards I I I . 3 scheint zwischen einem mündlichen Versprechen auf Grund freiwilliger Zahlung vom Gläubiger an den Schuldner und einem solchen Versprechen, bei dem diese Zahlung auf Bitten des Schuldners erfolgte, einen Unterschied zu machen. I n dieser Entscheidung ist ebenfalls die Rede von einer Schuld (debt oder duty), die auf Grund von Zahlungen entspringt. Eine nahezu gleiche Ausdrucksweise kam unter der Regierung des nächsten Herrschers v o r 4 . So finden wir im zwölften Jahre Heinrichs I V . 5 eine Annäherung an den Gedanken (von dem die Rede war): „Wenn jemandem Geld dafür versprochen ist, daß er eine Schuld erlassen soll und er es tut, so wird er deshalb eine erfolgreiche Klage um Schuld haben". Unter der Regierung des nächsten Herrschers 6 wurde entschieden, daß in solchem Falle der Kläger nicht den Prozeß gewinnen kann, wenn er nicht den Schulderlaß vorgenommen hat, was von dem Herausgeber der Entscheidung damit erklärt wird, daß ex n u d o p a c t o n o n o r i t u r a c t i o . Allein das Wichtigste ist, daß wir seit Eduard I. bis zu Heinrich V I . keinen Rechtsfall finden, i n dem eine Schuld vor Gericht beigetrieben wurde, ohne daß der Empfang irgend einer Sache als Consideration (Grund des Versprechens) vorlag. Weiterhin muß hervorgehoben werden, daß im technischen Sinne seit Eduard I H . Schulden aus Verhandlungen ohne Schrift Schulden aus einem Kontrakt heißen und von den Schulden im älteren Sinne (debts) unterschieden werden 7 . Als hierauf bei den Ver1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Uber die weitgebende Berücksichtigung des röm. Hechts durch B r a c t o n vgl. Brunner in Holtzendorffs Encykl. 5. Aufl. S. 339. 2 Vgl. die Breslauer Dissertation von S c h m i t t - F a l k e n b e r g , Eine Studie über das Verlöbnis in England 1911, § 14, S. 68 ff.: Die Consideration des engl. Rechts. 8 Jahrb. 29 Ed. I I I . 25, 26, vgl. aber 48 Ed. 3, pl. 6. * 19 E. I I , Fitzh. Abr. D e t t , pl. 166. e Jahrb. 12 Hen. I V . 17, pl. 13 am Ende. * Jahrb. 9 Hen. V. 14, pl. 23. 7 (Vgl. 13 Ed. I I . 403; 17 Ed. I I I . 48, pl. 14; 29 Ed. I I I . 25, 26.) 41 Ed. I I I . 7, pl. 15; 46 Ed. I I I . 6., pl. 16; Fitzh. Abr. D e t t , pl. 166.
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trägen ein Grund zur Abgabe des Versprechens (Consideration) verlangt wurde, da verlangte man ihn überall, wenn die Verträge, contracts, nicht unter Siegel abgeschlossen waren, mochten sie nun unter den Begriff der Schulden alten Stils (debts) fallen oder nicht. Unter Heinrich V I . wurde es bei all solchen Verträgen erforderlich, daß ein Entgelt i n Frage kam (ein quidproquo). I m dritten Jahre der Regierung dieses Herrschers 1 finden wir gegenüber einer Klage aus assumpsit wegen des unterlassenen Baues einer Mühle den Einwand, daß der Kläger nicht dargetan habe, was der Verklagte für den Bau bekommen sollte. I m sechsunddreißigsten Jahre derselben Regierung (im Jahre 1459) ist die Lehre voll entwickelt, und man nahm damals bereits an, daß sie allgemein bekannt wäre 2 . Der Rechtsfall bezog sich auf eine Frage, die Jahrhunderte lang erörtert worden ist, bis sie zu einem festen Abschluß kam, nämlich, ob eine Schuld einer Geldsumme vorliege, falls diese vom Verklagten dem Kläger unter der Bedingung versprochen war. daß er des Verklagten Tochter heiraten würde. Während man sich jedoch früher darum stritt, ob ein solches Versprechen nicht soweit mit dem Eherechte zusammenhinge, daß es ledighch zur Gerichtsbarkeit der geistlichen Gerichte gehörte, tauchte nunmehr der rein weltliche Zweifel auf, ob der Verklagte hier für sein Versprechen ein Entgelt (quidproquo) erhalten hätte. Man wird sich daran erinnern, daß die Tatsache, die vor den Geschäftszeugen in früheren Zeiten beschworen wurde, in einem Vorteil, den der Verklagte empfangen hatte, bestand, nämlich in der Übergabe von Sachen, die ihm verkauft oder von Geldern, die ihm geliehen waren. Solche Fälle bieten in der Tat die handgreiflichste Form eines Rechtfertigungsgrundes für das abgegebene Versprechen (Consideration) dar. Natürlicherweise fragte man, was der Versprechende für seine Zusage erhalten hätte oder erhalten sollte 3 . Nur durch Schlußfolgerung ersieht man, daß der angegebene Zweck des Rechtes (einen Grund für das Versprechen zu fordern) in gleicher Weise erfüllt wird, wenn der Versprechende dem Gläubiger einen Schaden zugefügt hat, als wenn er etwas von ihm bekommen hat. Daher war es nicht unnatürlich, daß die Richter, als sie zunächst den Rechtsgrundsatz aufstellten, daß ein Entgelt vorhegen müsse, 1 Jahrb. 3 Hen. V I . 36, pl. 33. 2 Jahrb. 37 Hen. VI. 8, pl. 18. 8 z. ß. Rolfe in den Jahrb. 3 Hen. V I . 36, pl. 23.
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dennoch zögerten anzuerkennen, daß auch ein der Vertragspartei (vor oder nach dem Geschäfte) zugefügter Schaden für das aufgestellte Erfordernis der Vertragsgiltigkeit genügend wäre. I n dem Fall, den ich erwähnt habe, waren einige Richter geneigt anzunehmen, daß die Befreiung des Vaters von seiner Tochter ein zulänglicher Vorteil des Verklagten wäre, um ihn für das Geld, das er versprach, haftbar zu machen; und wir finden sogar einen Hinweis auf die Meinung, daß der Eheschluß mit der Dame als Grund des Versprechens deshalb genüge, weil darin eine Schädigung des Bräutigams l i e g e 1 ; allein die entgegengesetzte Meinung überwog, wenigstens für eine gewisse Zeit, und man nahm an, daß der Verklagte hier nichts vom Kläger erhalten hätte, was genügend wäre, eine Schuld des Verklagten hervorzurufen 2 . Folgeweise wurde angenommen, daß ein Dienst, den jemand auf Verlangen des Verklagten, der dafür einen Lohn versprach, einer dritten Person leistete, nicht als Grmid des Versprechens genügte 8 , obwohl hier die entgegengesetzte Meinung eine starke Vertretung fand; und eine Zeit lang war die Rechtssprechung hierbei zu einem festen Abschlüsse gelangt. Es galt nunmehr als zweifelloses Recht, daß eine Schuld lediglich auf einen Vorteil gegründet werden kann, der tatsächlich vom Versprechenden empfangen wurde und ihm selbst zugute kam. Immerhin war es keineswegs eine Eigentümlichkeit der Klage oder des Vertrages wegen Schuld (debt), welche zu dieser Ansicht hinleitete, sondern letztere beruhte auf der unvollkommen entwickelten Theorie der Consideration, wie sie zwischen der Regierung Heinrichs VI. und der Königin Elisabeth galt. Die Theorie galt ebenfalls, wenn jemand mit „assumpsit" klagte und wenn er seinen Anspruch auf „ E q u i t y " 5 gründete. W o immer das W o r t Consideration vorkommt, da bedeutet es so viel wie quidproquo, d. h. den Entgelt, den die Vertragspartei für den Vertragsschluß bekommen soll. Überdies war die Klage wegen debt, noch ehe man überhaupt etwas von Consideration hörte, das altersgraue einzige Rechtsmittel für Geldschulden, die 1
Jahrb. 37 Hen. V I . 8 : pl. 18, vgl. ßro. F e o f f e m e n t s al U s e s , pl. 54-, Plowden, 301. 2 Jahrb. 15 Ed. I V . 32, pl. 14; (s. c., 14 Ed. I V . 6, pl. 3); 17 Ed. I V , 4 pl. 4. 3 Vgl. Jahrb. 37 Hen. V I . 8, pl. 18; 17 Ed. I V . 4, 5, Plowden 305, 306. • Jahrb. 3 Hen. V I . 36, pl. 33. b Jahrb. 37 Hen. V I , 13. — Uber Equity s. oben die Anmerkung zur Vorrede.
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rechtlich erzwingbar waren, sofern es sich nicht um eine Entschädigung wegen Rechtsverletzung handelte 1 . Es ist soeben dargetan worden, daß ein Bürge mit der Klage um Schuld (debt) bis zur Zeit Eduards I I I . belangt werden konnte, ohne daß ein Schriftstück vorlag, obwohl ein Bürge keinen Vorteil aus seinen Verhandlungen mit dem Hauptschuldner zieht. Wenn z. B. jemand Getreide dem A verkauft und B sagt: „Ich will bezahlen, wenn A es nicht t u t " , dann gewährt der Inhalt des Verkaufs dem Bürgen B keinen Vorteil. Aus diesem Grunde kann zur Zeit in solchem Falle eine Klage um Schuld (debt) gegen einen Bürgen nicht aufrecht erhalten werden. So war es aber nicht immer. Es ist aber auch heute nicht so, falls eine Verpflichtung unter Siegel vorliegt. Ist dies der Fall, dann kommt es nicht darauf an, wie die Verpflichtung entstand, oder ob ein Grund für das Versprechen vorlag oder nicht. Die Aufnahme einer Urkunde war jedoch zur Zeit G l a n v i l l s bei Schuldversprechungen allgemeiner üblich, als die Berufung auf Zeugen, und es ist verfehlt, das Gebiet der Klage (um Schuld) in der Weise abzugrenzen, daß man nur auf eine bloße Unterart der Schulden sieht, die durch sie erzwungen wurden. Überdies war lange Zeit hindurch eine Schrifturkunde nur eine zweite, wenn auch kräftigere Form des Beweises. Die Begründung der Klage war dieselbe, wie sie auch immer bewiesen sein mochte. Sie bestand darin, daß dem Kläger gegenüber eine Pflicht vorlag (duty oder „ d u i t y " ) 2 , mit anderen Worten, daß ihm Geld geschuldet war, wie man das aus den älteren Jahrbüchern ersehen kann. Daher kam es, daß man von Schuld (debt) in gleicher Weise bei einem Urteil sprach 8 , welches eine solche Schuld durch Beurkundung feststellte, oder bei einer Anerkennung der Schuld durch den Verklagten, die in gleicher Art beurkundet worden war 4 . Um das Gesagte zusammenzufassen, es hat die Klage um Schuld (debt) drei Entwicklungsstadien durchgemacht. Zuerst war sie das eigentliche Rechtsmittel, um geschuldetes Geld zu erlangen, außer wenn die Haftung lediglich dahin ging, für ein Unrecht Entschädigung zu zahlen. Die Klage war eng verwandt 1
Wegen des Erfordernisses eines bestimmten Geldbetrages, vgl. Jahrb. 12 Ed. II. 375; Fleta, I I . c. 60, § 24. • Jahrb. 29 Ed. I I I . 25, 26; 40 Ed. I I I . 24, pl. 27; 43 Ed. I I I , 2, pl. 5. 3 Jahrb. 43 Ed. I I I , 2, pl. 5; 46 Ed. I I I . 25, pl. 10; 50 Ed. I I I . 5, pl. 11. * Vgl. Glanv. Lib. X . c. 8 ; Fleta, I I . c. 60, § 25. Holmes-Leonhard,
Recht E n g l a n d s u n d Nordamerikas.
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mit der Klage. wegen jeder Form persönlichen (beweglichen) Eigentums, zu dessen Gewährung der Verklagte durch Kontrakt oder auf andere Weise dem Kläger gegenüber verpflichtet war, — i n der Tat war sie nur ein Zweig davon 1 . Lag ein Vertrag vor, nach dem Geld zu zahlen war, so fragte man nur, wie der Kläger das beweisen könnte. Jeder derartige Vertrag, der durch ein dem alten Recht bekanntes Beweismittel dargetan werden konnte, stellte eine Schuld (debt) her. Es gab noch keine Theorie vom erforderlichen Grunde des Versprechens (Consideration) und deshalb gab es keine an die Bedingung eines vom Verklagten erhaltenen Vorteils gebundenen Klagen oder Verträge. Die zweite Stufe lag in der Einführung der Lehre von dem erforderlichen Grunde des Versprechens in ihrer älteren Form, i n der dieser Grund lediglich i n einem vom Schuldner empfangenen Vorteil lag. Dies galt für alle Verträge, die nicht unter Siegel geschlossen waren, so lange es überhaupt galt. Aber es wurde diese Lehre zu einer Zeit aufgestellt, in der die Klage um Schuld (debt) bei derartigen Verträgen die einzige Klage auf Geld war. Die maßgebenden Vorentscheidungen sind meistens solche wegen Schuld (debt). Die dritte Entwicklungsstufe wurde erreicht, als man über den erforderlichen Grund des Versprechens (Consideration) freiere Ansichten hatte und diesen Grund auch bei einer Beschädigung, die der Versprechende erlitt, als vorhanden annahm. Dies war eine Änderung des materiellen Rechtes und folgeweise hätte man es uneingeschränkt anwenden müssen, aber der neue materielle Satz entstand für eine neue und spätere Klageform unter Umständen die in eigentümlicher Weise mit dieser Form verknüpft waren, wie weiter unten auseinandergesetzt werden soll. Die Folge war, daß die neue Lehre nur bei der neuen Klageform galt und die alte noch immer bei der alten, und daß die tatsächlich vorhandene Regelwidrigkeit zweier miteinander unvereinbarer Theorien, die sich unabhängig von einander entwickelt hatten, sich gewissermaßen verkleidete, indem sie die Form einer Beschränkung der Klage um Schuld (action of debt) annahm. Diese Klage blieb nicht, wie früher, das Rechtsmittel für alle verpflichtenden Verträge, aus denen Geld zu zahlen war, sondern sie konnte bei mündlichen Verträgen nur noch gebraucht werden, falls der Grund des abgegebenen Versprechens in einem tatsächlich vom Schuldner empfangenen Vorteil bestand. * Jahrb. 35 Ed. I. 454; 12 Ed. II. 375.
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Hinsichtlich der Schulden, die auf andere Weise entstanden, blieb die Klage unverändert. Ich muß nun einige Worte dem Einflüsse widmen, den die andere oben erwähnte Beweisform ausgeübt hat. Ich meine die Urkunden (Charters). Eine solche Urkunde war ein einfaches Schriftstück. Wenig Leute konnten schreiben, die meisten mußten die Echtheit einer Urkunde auf andere Weise bekräftigen, z. B. indem sie ihr Handzeichen hinzufügten. Dies war in der Tat in England allgemein üblich, bis die normannischen Gewohnheiten eindrangen 1 . M i t ihnen kamen die Siegel auf. Aber bis zu Heinrich I I . standen, wie der Oberrichter (Chief Justice) von England sagte, die Siegel nur den Königen und sehr hochgestellten Männern zu 2 . Ich kenne keinen Grund dafür, daß eine echte Dispositivurkunde weniger Wirksamkeit i n dieser Zeit besaß, wenn sie nicht gesiegelt war, als wenn dies geschehen war 8 . Nur der Beweis war in einem solchen Falle ein anderer, und in dem Sinne sprechen viele ältere Urteile von dieser Sache 4 . Man konnte eine solche Urkunde preisgeben und statt ihrer den Beweis durch secta (Zeugen) anbieten 6 . Was aber für die Bedeutung einer solchen Urkunde den Ausschlag gab, war nicht das Siegel, sondern der Umstand, daß sie einen genügenden Beweis herstellte 6 . Als jedoch die Siegel gebräuchlich wurden, steigerten sie offenbar die Beweiskraft der Urkunde, insofern es schwieriger war, ein Siegel zu fälschen als die Aufzeichnungen einer Schreibfeder. Siegel erlangten eine solche Bedeutung, daß eine Zeit lang jemand durch sein Siegel selbst dann gebunden wurde, wenn es ohne seine Erlaubnis aufgedrückt worden war 7 . Schließlich verlangte man das Siegel, wenn die Urkunde ihre althergebrachte Wirkung haben sollte 8 . 1
Ducange, „Sigillum"; Ingulph. 901. Big PI. Ang. Norm. 177. 3 Big PI. Ang. Norm. 177; Bract., fol. 100b, § 9, „scriptura". Vgl. aber auch Jahrb. 30 Ed. I. 158; Fleta, I I . c. 60, § 25. 4 Jahrb. 33 Ed. I . 354, 356; 35 Ed. I . 455, top; 41 Ed. I I I . 7, pl. 15; 44 Ed. I I I . 21, pl. 23. Vgl. 39 Hen. V I , 34 pl. 46. 6 Jahrb. 7 Ed. I I . 242; vgl. 35 Ed. I. 452. e Vgl. Bract., fol. 100 b, § 9. 7 Vgl. Glanv., Lib. X , c. 12; Dugdale, Antiq. Warwic. 673, woselbst Ducange, „Sigillum" angeführt ist; Bract., fol. 396b, § 3; 1 Britt. (Nich.) 163, § 17; Abbrev. Plac. 8 Joh., Berk. rot. 4, pp. 55, 56; ib. 19 Ed. I., Norf. & Suff, rot. 7, p. 284; ebenda Index: „Sigillum". 8 Jahrb. 30 Ed. I . 158 ; Fleta, I I . c. 60, § 25, p. 130. 2
Siebente Abhandlung.
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Ein Vertrag (covenant oder contract) unter Siegel war nun nicht mehr bloß ein gutbewiesenes Versprechen. — Es war ein Versprechen von besonderer A r t , für welches eine besondere Klageform eingeführt wurde 1 . Ich habe erwiesen, wie das Erfordernis der Consideration zu einer Regel des materiellen Rechtes wurde und weshalb diese Regel auf dem Gebiete der sogenannten covenants (d. h. der besiegelten Verträge) keinen Fuß fassen konnte. Die Ausnahme von dem Erfordernisse der Consideration für solche Verträge wurde ebenfalls zu einer Regel des materiellen Rechtes. Früher war jemand, der seinen Namen unter eine Verpflichtungsurkunde gesetzt hatte, gebunden, weil er zugestimmt hatte und dies durch Schriftstück bewiesen werden k o n n t e 2 ; nunmehr haftete er kraft des Siegels und der förmlichen Urkunde, die sich von allen übrigen Schriftstücken unterschied. Und weil man eine allgemeine Theorie auch hier wünschte, so sagte man, daß die Zufügung des Siegels einen Rechtfertigungsgrund der Abgabe des Versprechens (Consideration) in sich schließe. Neuerdings hält man es zuweilen für logischer, zu sagen, daß der besiegelte Vertrag (covenant) ein formaler Kontrakt sei, welcher neben dem gewöhnlichen Konsensualvertrag sein besonderes Leben führe, wie das im römischen Recht der Fall war. Aber auch diese Erläuterung ist nicht sehr lehrreich. I n einem gewissen Sinne kann man freilich alles eine Form nennen, was das Gesetz neben der bloßen Willenserklärung des Schuldners als Erfordernis eines verpflichtenden Versprechens verlangt. I n diesem Sinne ist der unentbehrliche Grund des Versprechens (Consideration) ebenso gut eine Form, wie ein Siegel. Der einzige Unterschied liegt darin, daß die eine Form in späterer Zeit eingeführt ist und sich auf gesunden Menschenverstand stützt oder wenigstens doch auf die uns geläufige Denkweise, so daß wir darin gar nichts besonderes finden, während die andere Form aus früheren Rechtszuständen auf uns gekommen ist und weniger klar einleuchtet oder weniger anmutet. Ich kann hinzufügen, daß unter dem Einfluß der letzteren Erwägung das Recht der versiegelten Verträge (covenants) seinem Zusammenbruch entgegengeht. I n einigen Staaten der Union nimmt man an, daß eine bloße Figur oder ein Schnörkel, den man mit der Feder 1 2
45 Ed. I I I . 24, pl. 30. Bract., fol. 100 b, § 9.
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macht, als Siegel genüge. Davon ist es nur noch ein kleiner Schritt bis zur Beseitigung des Unterschiedes zwischen gesiegelten und nicht gesiegelten Urkunden, und diesen Schritt hat man in einigen Staaten des Westens getan. Während die besiegelten Urkunden nur noch im Zustand der Altersschwäche am Leben sind und die Schuld (debt) im alten Sinne des Wortes verschwunden ist und nur i n Begriffsverwirrung nachwirkt, so hat sich das neue Vertragsrecht auf der Grundlage der Klage wegen „assumpsit" entwickelt, was nunmehr geschildert werden soll. Nach der normannischen Eroberung begannen alle regelmäßigen Klagen durch ein Schriftstück (writ), das vom König ausging und den Verklagten vor das Gericht lud, um sich gegenüber dem Kläger zu v e r a n t w o r t e n D i e s e Schriftstücke wurden selbstverständlich in den verschiedenen wohlbekannten Formularen erlassen, von denen sie selbst ihren Namen herleiten. Es gab solche Prozeßeinleitungen (writs) um Schuld (debt) und um förmlichen Vertrag (covenant). Es gab ferner solche Urkunden wegen Rechtsverletzungen (trespass) bei gewaltsamen Beschädigungen der Person des Klägers oder seines von ihm besessenen Eigentums usf. Allein diese Urkunden wurden lediglich für solche Klagen erlassen, die dem damaligen Rechte bekannt waren, und ohne eine solche Urkunde hatte der Gerichtshof keiné Befugnis zur Behandlung eines Rechtsfalles 2 . Die Fälle, in denen man damals Geld von einem anderen verlangen konnte, fielen nur unter eine kleine Zahl von Klagegruppen, innerhalb deren für jede Form eine besondere A r t der Anstellung und Begründung der Klage bestand. Diese Formen hörten auf, passend zu sein. So gab es viele Fälle, die nicht ausdrücklich unter den Begriff des trespass fielen, für die es aber trotzdem angebracht schien, Rechtsmittel zu gewähren. Um ein solches Rechtsmittel zu geben, mußte man zunächst für diese Fälle eine Prozeßeinleitungsurkunde (writ) 1
Vgl. oben S. 88. A. 2. A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Insoweit war sie ein Seitenstück der römischen formula. Die Ausführungen von Holmes zeigen, dató der normannisch-englische Formularprozess ebenso zur „Werkstätte der englischamerikanischen Rechtsbegriffe" geworden ist, wie es der römische Formularprozeß für die römischen und mittelbar für die europäisch-kontinentalen Rechtsbegriffe war. Diesen Gedanken hat der Ubersetzer in einem Vortrage ausgeführt, den er in Rouen bei dem Millénaire Normand im Sommer 1911 über die Addition des Guillaume le Rouillé zum coutumier Normand gehalten hat. 2
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gewähren. Dem entsprechend autorisierte das berühmte Gesetz Eduards I . , 18. c. 2 4 1 das Amt, von dem die alten Vorladungsbefehle erlassen würden, von jetzt ab neue zu bilden, in Fällen, die grundsätzlich denen ähnlich waren, für die sich Formulare vorfanden, falls die neuen Klagen ein gleiches Rechtsmittel verlangten, auch wenn dies nicht ganz genau in das Gebiet der bereits i m Gebrauch befindlichen Urkunden (writs) fiel. Auf diese Weise tauchten zuerst die Prozeßschriften wegen trespass on the case auf (Klagen wegen Rechtsverletzungen, die auf einen besonderen Fall zugeschnitten waren), d. h. Vorladungsdekrete, die einen Klagegrund aufstellten, der dem Falle eines trespass entsprach, aber doch nicht ganz unter den Begriff dieses trespass fiel, in dem Sinne, in dem wegen trespass früher geklagt worden war. Um ein Beispiel herauszugreifen, welches seinem Inhalte nach eines der ältesten ist, setze man den Fall, daß jemand ein Pferd einem Schmied überlassen hatte, um es zu beschlagen, und der Schmied nachlässigerweise einen Nagel in des Pferdes Fuß hineintrieb. Es kann sein, daß der Eigentümer des Pferdes keins von den alten Vorladungsformularen erlangen konnte, weil das Pferd nicht in seinem Besitz war, als der Schaden zugefügt wurde. Eine Eigentumsverletzung i m alten strengen Sinne des Wortes konnte nur gegen jemand begangen werden, der 'die verletzte Sache besaß. Sie konnte nicht durch den begangen werden, der selber besaß 2 . Aber daß die Lähmung des Pferdes ebenso ein Unrecht war, wenn der Eigentümer das Pferd am Zügel hielt, als wenn er es dem Schmied überließ, und danach dieses Unrecht einer wirklichen Rechtsverletzung im alten Sinne des Wortes durchaus ähnlich war, wenn es auch nicht unter den altmodischen Begriff fiel, so gab hier das Recht dem Eigentümer eine dem besonderen Falle angepaßte Prozeßeinleitung (writ of trespass on the case) 8 . Ein derartiges Beispiel macht keine Schwierigkeiten; in ihm liegt eine Deliktsklage wegen eines Unrechtes ebenso vor, wie bei dem eigentlichen alten Fall des trespass. Hierbei wurde kein 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. hierzu W e r t h e i m , Wörterbuch des engl. Rechts unter w r i t . 2 Vgl. 5 Co. Rep. 13b, 14a, mit 1 Roll. Rep. 126, 128; Jahrb. 43 Ed. I I I . 30, pl. 15. 8 Jahrb. 46 Ed. I I I . 19, pl. 19; s. c. Bro. Acc. sur le Case, pl. 22. Z u s a t z des U b e r s e t z e r s : Ein Seitenstück der actiones in factum, die in Rom daa Gebiet der actio legis Aquiliae erweiterten.
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Kontrakt behauptet, und ein solcher war grundsätzlich auch gar nicht nötig. Dies paßt jedoch nicht auf eine Gruppe von Rechtsfällen, die nunmehr betrachtet werden sollen; denn unsere Aufgabe ist, hier die Entstehung der Klage wegen assumpsit zu schildern, welche eine Kontraktklage ist. Die Klage wegen assumpsit begann allerdings als eine Klage wegen trespass on the case (d. h. wegen Unrechtes unter Berücksichtigung eines besonderen Falles). Was wir hier aufklären müssen, ist die Art, in der eine solche Klage für den bloßen Bruch eines Versprechens benutzt werden konnte (ohne daß ein Delikt vorlag). W i r werden wohl tun, einige der ältesten Entscheidungen, in denen das W o r t undertaking ( = assumpsit) vorkommt, zu prüfen. Der erste in den Büchern berichtete Fall stammt aus der Regierung Eduards H I . 1 Der Kläger behauptete, daß der Verklagte es übernahm, das Pferd des Klägers wohlbehalten über den Humberfluß zu bringen, daß er aber zu viel Ladung i n das Boot nahm und dadurch das Pferd umbrachte. Es wurde eingewandt, daß die Klage hier hätte entweder auf einen förmlichen Vertrag (covenant) oder auf eine Rechtsverletzung im alten Sinne (trespass) gestützt werden müssen. Allein dem wurde entgegengehalten, daß der Verklagte ein Unrecht beging, als er das Boot überlastete, und der Einwand wurde verworfen. Dieses Urteil führte kaum einen neuen Grundsatz ein, wenn auch in ihm behauptet wurde, daß der Verklagte eine Pflicht übernommen hätte. Die schädliche Kraftentfaltung (dem Pferde gegenüber) ging hier sicherlich nicht unmittelbar vom Verklagten selbst aus, sondern man folgerte sie aus einer Verbindung der Tatsachen, daß er das Boot überlastete und daß er es hierauf in den Strom hineinstieß. Die nächste Entscheidung fällt unter dieselbe Regierung und greift weiter 2 . Das den Prozeß einleitende Schriftstück setzt auseinander, daß der Verklagte es übernahm, des Klägers Pferd wegen Krankheit zu behandeln (manucepit equum predicti W . de infirmitate) und dies in so fahrlässiger Weise tat, daß das Pferd starb. Dies unterscheidet sich von dem Fall des Schmiedes, der das Pferd durch einen Nagel lahm machte, i n zwei Punkten. Es wirft dem Verklagten keine gewaltsame Handlung vor, noch überhaupt irgend eine Handlung, sondern eine bloße J 2
Jahrb. 22 Ass., pl. 41, fol. 94. Jahrb. 43 Ed. 33, pl. 38.
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Unterlassung. Auf der anderen Seite wird die Übernahme einer Pflicht behauptet, die der Übernehmer nicht erfüllte. Der Verklagte erwidert sofort, dies sei eine Klage wegen des Bruches eines Versprechens (undertaking), und der Kläger habe darum aus einem förmlichen Vertrage (covenant) klagen müssen, um einen Erfolg haben zu können. Der Kläger antwortet, daß er dies nicht ohne eine förmliche Urkunde tun könne. Deshalb gründe sich seine Klage darauf, daß der Verklagte fahrlässigerweise den Tod des Pferdes verursacht habe. Er klage somit wegen eines Deliktes (tort) und nicht wegen Vertragsbruches. Dann, erwiderte ihm darauf der Verklagte, hättest Du eine Klage wegen Rechtsverletzung (trespass) anstellen müssen. Der Kläger setzte jedoch dem die Behauptung entgegen, daß das Pferd ja nicht gewaltsam getötet worden sei, sondern nur durch nachlässige Behandlung sein Leben verloren habe. Und aus diesem Grunde wurde anerkannt, daß die gewählte Klageform die richtige sei, wobei der Richter T h o r p e sagte, er erinnere sich einer Anklage gegen jemanden, der seinen Patienten durch nachlässige Behandlung getötet hatte, nachdem dessen Behandlung von ihm übernommen worden war. Diese beiden Ansprüche werden, wie wir sehen, vom Gerichtshof als reine Deliktsklagen behandelt, obwohl behauptet war, daß der Verklagte eine Pflicht übernommen hatte. Allein wir werden zugleich sehen, daß derartige Fälle sich mehr und mehr von dem gewöhnlichen Gebiete der Rechtsverletzungen im ältesten Sinne (trespass) entfernen. I n diesem letzteren insbesondere ging die tötende Gewalt in keiner Weise unmittelbar von dem Verklagten aus und somit t r i t t uns die Frage entgegen: „Welche Ähnlichkeit besteht zwischen einer rechtswidrigen Tat, die Schaden zufügt, und einer bloßen schädlichen Unterlassung?" Bevor ich hierauf zu antworten versuche, sei mir gestattet, diese Sache noch weiterhin durch Beispiele aus etwas späterer Zeit zu beleuchten. Man setze den Fall, daß jemand auf dem Hause eines anderen eine Arbeit ausführt und durch seine Ungeschicklichkeit die Balken seiner Auftraggeber verdirbt; dies würde einer Rechtsverletzung im alten Sinne (trespass) gleich sein, obwohl es streng genommen keine wäre, und der Arbeitgeber würde daher mit der dem besonderen Falle angepaßten Klage (trespass on the case) klagen müssen. Dies wurde als klares Recht durch einen der Richter unter Heinrich I V . an-
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erkannt K Allein man setze den Fall, daß der Zimmermann nicht die Materialien verdorben hatte, sondern einfach ein Loch im Dache ließ, durch das dann der Regen eindrang und Schaden anrichtete. Die Ähnlichkeit mit dem vorigen Falle t r i t t klar hervor, aber wir haben uns noch einen Schritt weiter von dem alten Begriff der Rechtsverletzung (trespass) entfernt, weil hier die schadenbringende Gewalt nicht vom Verklagten ausging. Und doch haben auch in diesem Beispiele die Richter dahin erkannt, daß die dem besonderen Falle angepaßte Klage wegen Rechtsverletzung hier durchgreifen würde 2 . Zur Zeit Heinrichs I V . konnte eine Klage nicht damit durchdringen, daß der Verklagte es lediglich verweigert hatte, dem Vertrage gemäß zu bauen, allein der Gerichtshof legte den Gedanken nahe, daß anders entschieden worden wäre, wenn die einleitende Prozeßschrift erwähnt hätte, daß die Arbeit bereits begonnen und hierauf aus Fahrlässigkeit nicht vollendet worden war 8 . Ich kehre nunmehr zu der Frage zurück: Wann waren eine Unterlassung und eine Rechtsverletzung einander so ähnlich, daß man deshalb eine einleitende Prozeßvorladung wegen trespass on the case gab? Um eine Antwort zu finden, ist es wesentlich, zu beachten, daß in allen früheren Fällen die Unterlassung in einem Augenblicke eintrat, in dem der Verklagte bereits mit des Klägers Person oder Vermögen in Berührung gekommen war und eins von beiden beschädigte. M i t Bezug hierauf ist es sehr bezeichnend, daß der Richter T h o r p e an eine Anklage wegen Tötung eines Patienten durch nachlässige Behandlung erinnert, und ferner auch, daß man auch späterhin die Nachlässigkeiten vor und nach dem Beginn der übernommenen Arbeit unterschieden hat. Die erstgenannte Bemerkung T h o r p e s gibt noch mehr zu denken, wenn wir uns dessen entsinnen, daß sie die erste Rechtsweiterung oder Analogie i n dieser Frage ist, die wir finden können. Die Bedeutung dieser Analogie liegt klar zutage. Obwohl jeder Dritte, wenn man seines Nachbarn Eigentum zerstört, vollberechtigt ist, daneben zu stehen und zuzusehen, oder sogar in solchem Falle abzuwarten, bis sein Nachbar deshalb zugrunde geht, weil er ihm nicht hilft, so ist ihm doch nicht mehr dieselbe Freiheit gewährt, wenn er sich erst einmal in die Angelegen1
Jahrb. 11 Hen. 38, pl. 60. Jahrb. 3 Hen. VI. 36, pl. 33. 8 Jahrb. 2 Hen. I V . 3, pl. 9; 11 Hen. IV. 33, pl. 60; vgl. 3 Hen. I V . 36, pl. 33. a
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heiten des Nachbarn eingemengt hat. Dann kann er sich nicht mehr freiwillig zurückziehen. Um ein noch eingehenderes Beispiel zu geben: Ein Chirurg, der die Nabelschnur eines neugeborenen Kindes zerschneidet, darf nicht dabei stehen bleiben und abwarten, bis sich die Patientin verblutet. Es würde ein Mord sein, wissentlich auf diese Weise den Tod eintreten zu lassen, gerade ebenso, als wenn die mörderische Absicht schon in dem Augenblicke vorgelegen hätte, in dem die Schnur zerschnitten wurde. Es wird dabei nichts ausmachen, ob die Bosheit schon mit der Tat begangen ist oder erst mit der nachfolgenden Unterlassung. Derselbe Gedankengang paßt auf die Haftbarkeit des bürgerlichen Rechtes. Ein Dachdecker braucht nicht auf einem fremden Hause zu arbeiten, benutzt er aber das ihm geschenkte Vertrauen und läßt sich auf die Arbeit ein, dann kann er sie nicht nach Belieben unbeendigt lassen, so daß das Dach den Einflüssen des Wetters gegenüber unverschlossen bleibt. So liegt der Fall des Roßarztes, wenn er die Behandlung des Pferdes übernommen hat. Hier kann er nicht im entscheidenden Augenblicke seine Tätigkeit einstellen und die weiteren Folgen dem Zufall überlassen. Das galt noch deutlicher dann, als der Fährmann es übernahm, ein Pferd über den Humberfluß zu bringen. Obwohl ja das Wasser dem Pferde den Tod brachte, so verursachten doch hier die weiter zurückhegenden Handlungen des Fährmannes, durch die er das Boot überlastete und dadurch zum Sinken brachte, den Vermögensverlust. Darum war er hierfür verantwortlich. I n den vorher angegebenen Fällen war die Verpflichtung unabhängig von einem Vertrage, oder die Sache wurde wenigstens von den entscheidenden Richtern so angesehen. Die Pflicht beruhte vielmehr auf den allgemeinen Regeln für das menschliche Verhalten, die sogar für das Strafrecht gelten. Die unmittelbare Ursache des Schadens, über den sich der Kläger beschwerte, war eine bloße Unterlassung, die dem Einflüsse rein natürliche^ Gewalten Raum gab. Verbindet man aber dies, wie es in der Tat geschehen ist, mit dem früheren Benehmen des Verklagten, so findet man eine Reihe von Handlungen und Formen des Verhaltens, die, als Ganzes aufgefaßt, den Schaden veranlaßt oder verursacht haben. Es kann dagegen sicherhch auf den weiten Zwischenraum hingewiesen werden von der Haftbarkeit für solche Folgen
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einer Handlung, die der Täter verhindern konnte, bis zu der Verantwortlichkeit eines Menschen dafür, daß er nicht in den Lauf der Natur eingriff, nachdem er die Möglichkeit zu schaden weder in Bewegung gesetzt noch eröffnet hatte, und daß hier gerade der Unterschied zwischen der Durchbohrung eines Daches und der Unterlassung eines vollkommenen Verschlusses des Daches hegt oder zwischen dem Durchschneiden der Nabelschnur und der Duldung des Verblutens auf der einen Seite und anderseits dem Falle eines Roßarztes, der ein krankes Pferd übernimmt und die geeignete Km- unterläßt 1 . Hierauf scheint es zwei Antworten zu geben. Erstens ist es nicht klar, daß der Gerichtshof, der den erwähnten Fall entschied, eine solche Unterscheidung gemacht hat. Es wurde vom Kläger behauptet, daß der Verklagte seine Kur so nachlässig durchführte, daß das Pferd bald starb. Es kann den Richtern nicht der Gedanke gekommen sein, daß des Verklagten Verhalten möglicherweise nur die Unterlassung einer Reihe wohltätiger Maßregeln in sich schloß. Vielmehr wurde wahrscheinlich angenommen, daß die Schuld des Verklagten sich aus einer Verbindung von Handlungen und Unterlassungen ergab, die als Ganzes aufgefaßt eine ungehörige Behandlung der Sache enthielten. Weiterhin ist es zweifelhaft, ob die Unterscheidung aus praktischen Gründen vernünftig ist. Es kann wohl sein, daß jemand, so lange er duldet, daß ein anderer ihm Vertrauen schenkt, dann zu solchen Vorsichtsmaßregeln verpflichtet ist r wie sie ihm bekannt sind, auch wenn er keinen Vertrag abgeschlossen hat und es ihm freisteht, auf die Beziehung zu dem andern zu verzichten. Diese Ansicht erhält einige Unterstützung durch den Streitinhalt (issue), zu dessen Verhandlung die Parteien vor Gericht kamen. Es bestand bei dem Roßarzt darin, zu untersuchen, ob er die Kur so gut, als er es verstand, durchgeführt habe, ohne Rücksicht darauf, daß das Pferd umkam, weil, des Roßarztes Tätigkeit sich als unzulänglich erwies 2 . Es kann jedoch nicht bestritten werden, daß die vom Kläger behauptete Übernahme einer Pflicht den Gedanken eines Versprechens in sich schloß, ebenso wie den Gedanken, ein Rechts1 2
Vgl. 19 Heu. V I . 49, pl. 5 a. E. Newton, C. J. Vgl. Jahrb. 48 Ed. I I I . 6, pl. 11.
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geschäft, dessen Ausführung in der Hand des Verklagten lag, abzuschließen. I n der Tat genügt das zuletzt erwähnte Element zur Klagebegründimg auch ohne Behauptung eines Versprechens. Man kann daher fragen, ob das Versprechen bei der Entstehung der Pflicht zu einer Handlung für gar nichts gilt. Soweit die Sachlage zu der Folgerung berechtigt, daß in der Tat wegen Vertragsbruches geklagt ist, so ist die Antwort auf die gestellte Frage bereits erteilt und durch gewichtige Autoritäten unterstützt worden, so daß hier kein Zweifel sein kann 1 . Um den Verklagten durch einen Vertrag zu binden, war i n älterer Zeit ein Vertrag mit Siegel nötig. Wie wir oben gesehen haben, war sogar das alte Gebiet der Klage um Schuld durch dies Erfordernis beschränkt worden und in der Zeit Eduards I I I . war eine förmliche Urkunde nötig, um einen Bürgen haftbar zu machen. Daraus folgte nun a fortiori das Erfordernis des Siegels bei Versprechen, die noch nicht durch das alte Recht als erzwingbar angesehen wurden. Nichtsdestoweniger wurde zu sehr früher Zeit der Gedanke nahe gelegt, daß eine dem einzelnen Falle angepaßte Klage (on the case) wegen fahrlässiger Schädigimg, d. h. wegen Unterlassung geeigneter Vorsichtsmaßregeln, sobald man dabei den Abschluß eines Rechtsgeschäftes annnehmen konnte, in der Tat als Vertragsklage (action of contract) anzusehen wäre. Fünf Jahre nach der oben mitgeteilten Klage wegen Nachlässigkeit bei der Behandlung eines Pferdes wurde in ähnlicher Form eine Klage gegen einen Chirurgen angestellt 2 , weil er des Klägers Hand in seine Kur übernommen habe, und daß diese Hand durch seine Nachlässigkeit verstümmelt worden sei. Dabei lag immerhin der Unterschied vor, daß, wie behauptet wurde, des Klägers Hand von einem gewissen T. B. verwundet worden war. Und daraus war ersichtlich, daß, obwohl die schlechte Behandlung immerhin die Sache verschlimmert haben mag, die Verstümmelung streng genommen dem T. B. zugeschrieben werden mußte, und daß der Kläger deshalb gegen diesen eine Klage hatte. Dies kann den Verklagten zu seinen Ausführungen veranlaßt haben, weil er es für ungewiß hielt, ob nicht hier 1 Maßgebende Entscheidungen sind oben erwähnt; Jahrb. 2 Hen. IV., 3, pl. 9; 11 Hen. I V . 33; vgl. 3 Hen. V I . 36, pl. 33; 20 Hen. VI. 34, pl. 4; 2 Hen. V I I , 11, pl. 9. 3 Jahrb. 48 Ed. I I I . 6, pl. 11; vgl. Fitzh. Abr. Acc. sur l e c a s e , pl. 37, 11 R. 11; 14 Hen. VI. 18. vgl. jedoch 43 Ed. I I I . 33, pl. 38.
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eine Klage wegen Delikts gegen ihn durchgreife. Er stützte seine Verteidigung (issue) darauf, daß die Übernahme einer Pflicht für den vorliegenden Fall der Klage zugrunde hege, und dann wandte er ein, daß die den Prozeß einleitende Schrift (writ) nicht den Ort angegeben hätte, an dem die Pflicht übernommen worden sei, und deshalb unzulänglich wäre, weil sie nicht klarstellte, von welchem Orte aus die Zeugen zum Verhör über den angegebenen Punkt vorgeladen werden sollten. Es wurde dahin erkannt, daß die Proseßeinleitungsschrift aus diesem Grunde unzulänglich sei, und danach scheint es, als ob der Gerichtshof sich den Anschauungen des Verklagten angeschlossen habe. I n der Tat aber nannte einer der Richter die Klage eine Vertragsklage (aus covenant), sodaß „sie anerkannt werden müsse, obwohl eine förmliche Urkunde (specialty) nicht vorlag, weil man für eine so geringfügige Sache nicht immer einen Gerichtsschreiber bei sich haben könne, um eine förmliche Urkunde aufnehmen zu lassen" (pour faire especialty). Dabei wurden die älteren Entscheidungen, die oben erwähnt worden sind, in Bezug genommen, und es ist klar, daß der Gerichtshof nicht dazu geneigt war, über diese Entscheidungen hinauszugehen oder anzuerkennen, daß die Klage, abgesehen von den technischen Mängeln, die ihr vorgehalten wurden, nach ihrem sachlichen Inhalt durchführbar war. I n einer anderen Verbindung scheint man dieselbe Frage aus dem Gesichtspunkt einer Klage wegen Rechtsverletzung (trespass) angesehen zu haben 1 . Was für Fragen auch dieser Fall anregen mag, jedenfalls wurde die Gruppe von Klagen, bei der eine Pflichtübernahme von Seiten des Verklagten behauptet wurde, so behandelt, als wenn Deliktsklagen vorlägen, und zwar noch lange nach Eduard I I I . Die Haftung wurde eingeschränkt auf eine Beschädigung einer Person oder fremden Eigentums, die entstanden war, nachdem sich der Verklagte auf einen ihm erteilten Auftrag eingelassen hatte. Und hauptsächlich wurde, wie wir sehen werden, aus dem Recht der Delikte (torts) die spätere Ausdehnung dieser Klagen gefolgert. 1 Vgl. die Gründe, die C a n d i s h für die Zulässigkeit eines Reinigungseides (wager of law) anführt, mit den Jahrbüchern 31 & 33 Ed. I , Vorrede S. X X X V I , woselbst die alten Regeln des Gerichtsverfahrens am Ende der Abhandlung die den Titel hat: „Modus tenendi unum Hundredum sive Curiam de Recordo" in Rastell's Law Tracts, p. 410, E. F. G. abgedruckt sind.
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I m Beginn der Regierung Heinrichs VI. war es wahrscheinlich noch Rechtens, daß eine Klage wegen einfacher Nichterfüllung des Versprechens nicht möglich war 1 . Allein es ist, wie bereits gezeigt worden ist, mehrmals der Gedanke nahegelegt worden, daß die Sache sich anders verhalten würde, wenn eine Unterlassung oder Fahrlässigkeit bei der Vertragsausführung zuträfe, und dem Verhalten des Verklagten ein physischer Schaden nachfolgte 2 . Dieser Gedanke empfing seine schärfste Form in den ersten Jahren der Regierung Heinrichs VI., als der Fall mit dem Dachdecker, der ein Loch im Dache unausgeführt gelassen hatte, vorlag 8 . Nachdem die Gerichtshöfe soweit vorgegangen waren, erschien es nicht schwer, noch einen Schritt weiterzugehen und bloßen Unterlassungen i n jedem Stadium der Parteibeziehungen dieselbe Verpflichtungskraft zuzusprechen, falls ihnen ein ähnlicher Schaden nachfolgte, wie Handlungen. Was ist, so fragte man ein Jahr später 4 , der grundsätzliche Unterschied zwischen den Fällen, bei denen eine Klage früher zugelassen wurde, und dem Falle des Schmieds, der ein Pferd zu beschlagen verspricht und es nicht t u t , wodurch das Pferd lahm wird, oder dem Falle eines Rechtsanwaltes, der die Sache einer Partei zu führen übernimmt, und, während diese sich auf ihn verließ, vor Gericht ausbleibt, so daß der Prozeß verloren geht? Es wurde behauptet, daß in den früheren Beispielen die Pflicht von einem Vertrage abhing oder zu ihm hinzutrat, und daß, falls wegen der hinzutretenden Pflicht eine Klage gelte, auch die Hauptschuld Geltung haben müsse 5 . Auf einen Einwand (demurrer) 6 hin wurde erkannt, daß eine Klage möglich sei, falls jemand nicht für den Kläger gewisse Schuldbefreiungen erwirkt habe, die zu erlangen er versprochen hatte. Fünf Jahre später kam ein anderer Fall v o r 7 , der dem Falle des Roßarztes aus der Regierungszeit Eduards I I I . sehr ähnlich war. Es wurde behauptet, daß der Verklagte die Pflege des dem Kläger gehörenden Plerdes übernommen und dann in so fahrlässiger Weise Arzneien angewandt hatte, daß das Pferd 1 2 8 4 5 6 7
Jahrb. 3 Hen. V I , 36, pl. 33. Jahrb. 2 Hen. I V . 3, pl. 9; 11 Hen. IV. 33, pl. 60; 3 Hen. V I . 36, pl. 33. 3 Hen. VI. 36, pl. 33. Jahrb. 14 Hen. V I . 18, pl. 58. Ebenda; vgl. 48 Ed. I I I . 6, pl. 11. A n m . des U b e r s e t z e r s . Vgl. oben. S. 84, Anm. 3. Jahrb. 19 Hen. V I . 49, pl. 5; vgl. ferner Jahrb. 20 Hen. V I . 25, pl. 11.
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deshalb starb. I n diesem Prozesse, wie in dem vorher erwähnten, wurde der Streit auf eine Klage wegen assumpsit gegründet. Und dieses Mal wurde der Unterschied zwischen einer Unterlassung und einer Handlung klar festgestellt; denn die Klagebegründung enthielt nach der getroffenen Entscheidung lediglich die Behauptung eines Unterlassens; es wurde ausgesprochen, daß der Verklagte durch die "bloße Übernahme der Angelegenheit keine Pflicht zu einer Handlung auf sich geladen haben würde. Deshalb war es nötig, daß der Kläger ein besonderes Versprechen des Verklagten behauptete und die Klagebeantwortung (issue) 1 sich dem anpassen konnte. Dieses Urteil schied genau aus der Menge der gewöhnlichen dem einzelnen Falle angepaßten Klagen (actions on the case) eine ganz besondere Gruppe als Quelle der Verpflichtung des Beklagten aus, und es war nur noch eine Frage der Zeit, daß diese Gruppe zu einer neuen, von anderen verschiedenen Klage, der action of contract, wurde. Wenn dieser Umschwung sofort eingetreten wäre, so würde die Lehre von dem erforderlichen Rechtfertigungsgrunde der Versprechen, die etwa in dieser Zeit endgiltig ausgesprochen war, ohne Zweifel Anwendung gefunden haben, und man würde daher einen Entgelt (quid pro quo) für die Übernahme der Pflicht gefordert haben 2 . Allein man hatte bei diesen Fällen der Übernahme den Gedanken an das Deliktsrecht noch nicht preisgegeben. Feste Rechtsgrundsätze wurden auf diesem Gebiete im Beginn der Regierung Heinrichs V I I . aufgestellt, im Einklänge mit früheren Entscheidungen, und es wurde behauptet, daß die Klage wegen bloßer Nichterfüllung des Versprechens nicht möglich wäre, sondern nur auf Grund einer Nachlässigkeit, die von dem Verklagten begangen worden war, nachdem er die Pflicht übernommen hatte 3 . Insoweit sich die Klage in den strengen Grenzen des Deliktsbegriffes (tort) hielt, war es gleichgiltig, ob ein Rechtfertigungsgrund des Versprechens der Pflichtübernahme zu Grunde lag oder nicht. Aber als man den Irrtum beging, anzunehmen, daß alle Fälle, mochten sie nun wahre Delikte sein oder nicht, in gleicher Weise auf ein Versprechen gegründet waren, falls bei der Klage aus ihnen ein „assumpsit" angeführt wurde, so war es natürlich, daß eine von zwei irrigen Schlußfolgerungen sich 1 2 3
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. oben S. 110, Anm. 1 über issue. Vgl. Jahrb. 3 Hen. V I . 36, pl. 33. Jahrb. 2 Hen. V I I , 11, pl. 9, vgl. 20 Hen. V I . 34, pl. 4.
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einstellen mußte: Entweder nahm man an, daß keine Klage m i t assumpsit einen Entgelt (quid pro quo) voraussetzte, wie das auch tatsächlich in den älteren Urteilen geschehen ist, da diese lediglich als Entscheidungen in Deliktssachen auftraten, oder diese älteren Urteile waren unrichtig, und es mußte ein Entgelt (quidproquo) in jedem Falle vom Kläger angeführt werden \ Es war längst, mit mehr oder weniger Verständnis für die wahren Grenzen des besprochenen Rechtsmittels, anerkannt worden, daß eine Rechtfertigung (Consideration) des Versprechens nicht nötig war, falls der Hauptinhalt der Klage in einer fahrlässigen Eigentumsschädigung bestand 2 , und wir finden sogar unter Karl I . Spuren des Gedankens, daß die Behauptung des Rechtfertigungsgrundes überflüssig sei. I n einem Urteile aus der Zeit dieses Herrschers hatte der Verklagte einen Sachwalter für die Klage eines dritten angenommen und diesem Sachwalter versprochen, ihm sein Honorar und seine Auslagen zu bezahlen. Der Sachwalter leistete den Dienst und stellte dann eine Klage um Schuld (debt) an. Es wurde eingewandt, daß hier eine solche Klage nicht angebracht sei, weil unter den Parteien kein Kontrakt vorliege und der Verklagte keinen Entgelt (quid pro quo) empfangen habe. Der Gerichtshof erkannte diese Ausführungen an und sprach aus, daß zur Begründung dieser Klage weder ein Kontrakt noch eine Rechtfertigung des Versprechens gehöre, aber daß der Kläger hätte mit der Klage wegen „assumpsit" vorgehen sollen 3 . Vielleicht waren eine Fortdauer dieses Gedankens und daneben die oft wiederholte Anschauung, daß eine Klage wegen assumpsit keine Vertragsklage sei 4 , die Ursachen, denen man es zuschreiben muß, daß nunmehr der Begriff des Rechtfertigungsgrundes (Consideration) weiter griff als bei der alten Klage um Schuld. Es wurde festgestellt, daß die Klage mit „assumpsit" bei bloßen Unterlassungen oder bloßem Nichthandeln zulässig sei. Den erwähnten Fällen aus der Regierung Heinrichs V I . folgten andere aus den letzten Jahren der Regierung Heinrichs V T I . 5 ; und der . 1 Vgl. Jahrb. 14 Hen. V I , 18, pl. 58; 21 Hen. V I I . 41; pl. 66, Fineux, C. J . 2 Keilway, 160, pl. 2 (2 Hen. V I I I , ) ; P o w t u a r y v. W a l t o n , 1 Roll. Abr. 10, pl. 5 (39 Eliz.); C o g g s v. B e r n a r d , 2 Ld. Raym. 909 (2 Anne, im Jahre 1703), oben S. 101, Anm. 1. 8 S a n d s v . T r e v i l i a n , Cro. Car. 193, 194 (Mich.4 Car. I, v.Jahre 1629). 4 Bro. Acc. sur l e C a s e , pl. 5; s. c M Jahrb. 27 Hen. V I I I . 24, 25, pl. 35 S i d e n h a m v. W o r l i n g t o n , 2 Leon. 224, v. Jahre 1585. 5 Jahrb. 21 Hen. V I I . 30, pl. 5; ebenda 41, pl. 66.
Vertrag. — I. Geschichte.
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Inhalt dieser Entscheidungen wurde niemals mehr in Zweifel gezogen. Eine Klage aus solch einem Grunde war offensichtlich eine Klage wegen Vertragsbruches, wie in der Zeit Eduards I I I . anerkannt worden ist. War dies so, so war hier ein Rechtfertigungsgrund (Consideration) nötig \ Ungeachtet gelegentlicher Unsicherheiten in der Behandlung dieser Frage ist auch dieser Punkt in vielen Entscheidungen aus der Zeit der Königin Elisabeth festgesetzt oder als sicher angenommen worden. Allein die unnatürliche Entstehung der Klage, die den Zweifel veranlaßte, wie weit überhaupt ein Rechtfertigungsgrund (Consideration) nötig wäre, machte es jetzt möglich, auch solche Rechtfertigungsgründe für zulänglich zu halten, die man bei der alten Klage um Schuld zurückgewiesen haben würde. Ein anderer Umstand mag auch nicht ohne Einfluß gewesen sein. Es scheint, daß in der Periode, in der man die Klage wegen assumpsit zu ihrem vollen Umfange ausdehnte, eine gewisse Neigimg vorlag, den Begriff der Consideration mit der römischen Causa in der weitesten Bedeutung des Wortes zu identifizieren. Das Wort „Causa" wurde statt Consideration in den späteren Jahren der Königin Elisabeth mit Bezug auf den Vertrag angewendet, mit dem das Recht des „use"2 eingeräumt wurde. Dasselbe Wort wurde in demselben Sinne bei der Klage mit „assumpsit" angewandt8. I n dem Berichte des zuletzt angeführten Falles ( H u n t g e g e n B ä t e ) wurde zwar im Hauptprozeß lediglich eine noch jetzt giltige Rechtslehre anerkannt; allein daneben wurde auch ein (dabei nicht näher benanntes) Urteil erwähnt, dem zufolge eine Leistung an jemand, der sie gewünscht hat, aber bei ihrem Empfange nichts verspricht, dazu genügt, um ein späteres Zahlungsversprechen von seiner Seite zu rechtfertigen 4. 1
Jahrb. 3 ßen. V I . 36, pl. 33. S h a r i n g t o n v. S t r o t t o n , Plowden, 298 (Mich. 7 & 8 Eiiz.); ebenda 309, Anmerkung zu dem „civil law". A n m . des U b e r s e t z e r s : Uber use vgl. H e y m a n n in Holtzendorff-Kohlers Encyklopädie. 6. A. I . S. 811, N. 3. 3 H u n t v. B ä t e , 3 Dyer, 272 a (10 Eliz., v. Jahre 1568). 4 Vgl. unten Abhandlung V I I I . Langdell, Contracts gibt dafür folgende geistreiche Erklärung: Man habe geglaubt, ein stillschweigendes Versprechen in der Annahme einer erbetenen Leistung nicht finden zu dürfen. Für diese Ansicht mag es Gründe geben, die ich nicht kenne. Das für sie angeführte Urteil in Sachen B o s d e n v. T h i n n e , Yelv. 40, wurde jedoch erst 1603 gefällt, während die Entscheidung in Sachen H u n t v. B ä t e , der sich die hier zu erörternden Urteile anschließen, sich in einer andern Richtung bewegt. 2
H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands und Nordamerikas.
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Siebente Abhandlung.
Indem man von dieser maßgebenden Entscheidung und dem Begriffe der „Causa" ausging, kam man sehr bald zu der Schlußfolgeruug, daß zwischen einer Vertragsklage und einer Klage wegen assumpsit ein großer Unterschied bestehe, und daß zwar bei Verträgen „alle Erfordernisse zusammentreffen und neben einander vorliegen müssen, nämlich einerseits der Rechtfertigungsgrund (Consideration) und andererseits die Veräußerung oder das abgegebene Versprechen, daß jedoch . . . mn eine Klage wegen assumpsit zu begründen, dasselbe nicht erforderlich ist; denn hier ist es genügend, daß eine bewegende Ursache oder ein früherer Rechtfertigungsgrund dem Versprechen, das wegen dieser Ursache oder dieses Rechtfertigungsgrundes abgegeben worden ist, vorausging" I n dieser Weise wurde, als ein Verklagter für seine Tante den Kläger als Müller gegen zehn Schilling wöchentlich angenommen hatte, entschieden, daß die Klage des „assumpsit" passend sei, weil der Dienst, obwohl er dem Verklagten selbst keinen Vorteil brachte, doch immerhin dem Kläger ein Opfer oder einen Nachteil auferlegte 2. Die alten Fragen wurden wiederum erörtert und Ansichten, die bei der Klage um Schuld (debt) unter Heinrich VI. beinahe Giltigkeit erlangt hätten, erreichten nunmehr eine solche bei der Klage mit assumpsit unter Elisabeth und Jakob. Ein Bürge konnte in der Klage wegen assumpsit belangt werden, obwohl er gegenüber der alten Klage um Schuld nicht mehr haftete 8 . Dasselbe Rechtsmittel galt bei einem Versprechen dafür, daß der Kläger des Verklagten Tochter heiraten werde 4 . Die Selbsttäuschung, daß die so ausgedehnte Klage mit assumpsit sich nicht auf einen Kontrakt beziehe, konnte nunmehr nicht weiter standhalten. I m Hinblick auf diese Annahme und die älteren Urteile schwankte die Rechtspflege eine Zeit lang in der Frage, ob der Lohn als das wahre Wesen der Consideration anzusehen sei, hin und her 6 . Es siegte jedoch die verneinende 1 S i d e n h a m v. W o r l i n g t o n , 2 Leon. 224 im Jahre 1585. * R e a d v. B a x t e r , 3 Dyer, 272b, n. (26 & 27 Eliz.); vgl. R i c h a r d s u n d B a r t l e t ' - s R e c h t s f a l l , 1 Leon. 19 (26 Eliz.). 8 Bro. Acc. sur l e case, pi. 5, s. c., Jahrb. 27 Hen. V I I I . 24, 25, pi. 3; 3 Dyer, 272 n. 4 M a r s h v. R a i n s f o r d , 3 Dyer, 272 b, n.; s. c,, 2 Leon. I l l , und Cro. Eliz. 59, unter: M a r s h v. K a v e n f o r d . 5 S m i t h u n d S m i t h ' s C a s e , 3 Leon. 88, vom Jahre 1583; R i c h e s
Vertrag. — I. Geschichte.
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Ansicht, und dadurch wurde in der Tat das materielle Recht abgeändert. Ein einfacher Vertrag mußte, um durch die Gerichtshöfe Heinrichs V I . als bindend anerkannt zu werden, auf einen Vorteil, den der Verklagte empfangen hatte, begründet sein, jetzt aber konnte ein Versprechen auch dann erzwungen werden, wenn es im Hinblick auf eine Schädigung seines Empfängers abgegeben worden war. Allein in ihrer wahren altertümlichen Bedeutung war diese Lehre des materiellen Rechtes von den Grundsätzen des prozessualen Rechtsmittels, durch das sie begründet wurde, weder getrennt noch unterschieden. Und demzufolge bot die alte Klage um Schuld (debt) in neuen Zeiten den völlig veränderten Anschein dar, daß sie sich auf solche Pflichten beschränkte, bei denen der Rechtfertigungsgrund des Versprechens von einer besonderen Art war. Die späteren Schicksale der Klage „assumpsit" können kurz berichtet werden. Sie schützte zweiseitige Verträge, weil bei ihnen jedes der beiden Versprechen ein Nachteil für den Schuldner war und daraus das Gegenversprechen genügend rechtfertigte. Sie verdrängte die alte Klage um Schuld, weil das Vorhandensein der Zahlungspflicht einen genügenden Rechtfertigungsgrund für das Zahlungsversprechen darbot, oder vielmehr deshalb, weil, noch ehe man einen Rechtfertigungsgrund des Versprechens verlangte, und als man bereits die Klage wegen „assumpsit" bei bloßen Unterlassungen zuließ, diese Klage bevorzugt wurde, um des Verklagten Reinigungseid (wager of law) zu vermeiden, der bei ihr nicht zulässig war. Durch diese Klage dehnte sich die Zahl der klagbaren Verträge, die früher auf Schulden im alten Sinne (debts) und förmliche Verträge (covenants) beschränkt waren, aus, insofern als nunmehr nahezu jedes Versprechen mit der Formel „assumpsit" eingeklagt werden konnte. Hierbei entstand eine Theorie, die einen großen Einfluß auf das neue Recht erlangte, nämlich daß alle Verbindlichkeiten eines Empfängers anvertrauten Gutes, bailees, auf Vertrag gegründet wurden 1. Ob die hohe Bedeutung, die auf diese Weise dem Verund Briggs, Jahre 1608.
Yelv. 4 v. Jahre 1601; P i c k a s v. G u i l e , Yelv. 128, im
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Vgl. oben S. 197 Anm. 2. Die Warnung des Lord Coke, daß man sich nicht auf die abgekürzten Berichte (abridgments) verlassen dürfe, ist bei einem sorgfältigen Studium der Geschichte der consideration sehr beachtenswert. Diese abgekürzten Mitteilungen gründen die in Frage stehende Rechtslehre
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Siebente Abhandlung.
Vertrag. — I. Geschichte.
trage als der Grundlage gesetzlicher Pflichten und Rechte gegeben wurde, etwas mit der gleichen Bedeutung zu tun hat, die der Vertrag sehr frühe bei politischen Verhandlungen erlangte, dies zu prüfen, liegt außerhalb der Grenzen meines Untersuchungsgebietes auf Prozesse, die sie nicht erwähnen, und zu einer Zeit entschieden worden sind, in der von ihr noch nicht die Rede war. 1 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Die italienische Übersetzung dieses Buches von Lambertenghi S. 391 führt hierzu folgenden Artikel des Verfassers an: Early Equity, Law Quaterl. Review. Vol. I N. I I . London, April 1885.
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Achte Abhandlung,
Vertrag. — IL Elemente des Vertrages. Die Methode, die bei der Zergliederung des Vertragsbegriffes verfolgt werden muß, ist dieselbe, wie wir sie oben bei dem Besitz beobachtet haben. W o nur immer das Recht einer Person irgend welche Befugnisse zuspricht oder ihr einem anderen gegenüber bestimmte Lasten auferlegt, da tut es dies unter der Voraussetzung, daß bestimmte besondere Tatsachen bei den Beteiligten zutreffen. In allen solchen Fällen liegt daher eine zweifache Aufgabe vor, zuerst festzustellen, welches die Tatsachen sind, an die sich die besonderen Rechtsfolgen anknüpfen, zweitens die Folgen selbst zu ermitteln. Die erste Aufgabe ist das Hauptziel juristischer Ausführungen. Hinsichtlich der Verträge sind die Tatsachen nicht immer dieselben. Sie können darin bestehen, daß jemand etwas unterzeichnet, untersiegelt oder zu einem bestimmten Zweck hergibt. Sie können auch darin bestehen, daß ein mündliches Versprechen abgegeben und daß dessen Empfänger dem, der es abgibt, einen Rechtfertigungsgrund des Versprechens verschafft hat. Als allgemeine Voraussetzung aller Verträge kann man ein Versprechen nennen, obwohl zu einer Haftbarkeit wegen Schuld im alten Sinne ein Versprechen noch nicht nötig war. Allein da es nicht möglich ist, weiterhin über die förmlichen Versprechen (covenants) hier zu reden, und da der Rechtfertigungsgrund (Consideration) bereits den Hauptgegenstand der vorhergehenden Abhandlung bildete, so will ich diese Voraussetzung der Verträge zunächst (noch weiterhin) behandeln. Da überdies ein geschichtlicher Unterschied zwischen den Rechtfertigungsgründen bei der Klage um Schuld und bei der Klage wegen assumpsit vorlag, so werde ich mich auf das letztere Rechtsmittel
te Abhandlung.
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beschränken, welches die spätere und logischer durchdachte Klageform ist. Man sagt, daß ein Vorteil, den der Empfänger des Versprechens dem Versprechenden gewährt, oder ein Schaden, den der Empfänger erlitten hat, einen Rechtfertigungsgrund bilden. Man hat auch gemeint, daß jeder Rechtfertigungsgrund zu einem Fall der letzteren Art gezählt werden könne, wenn man das Wort Schaden (detriment) in etwas .weitem Sinne anwendet. Um die allgemeine Lehre besser zu veranschaulichen, nehme man an, daß jemand ein Faß Branntwein von Boston nach Cambridge befördert haben will, daß ein Fuhrmann entweder aus Gefälligkeit oder aus einem anderen Grunde erklärt, er wolle es befördern, und daß es ihm demgemäß überliefert worden ist. Wenn er nachlässigerweise das Faß zerschlagt, so würde es vielleicht nicht nötig sein, in der Klage hervorzuheben, daß er die Beförderung übernahm, und grundsätzlich bedarf es in Übereinstimmung mit älteren Entscheidungen, falls die Übernahme behauptet wird, keiner weiteren Rechtfertigung des Versprechens für die Klage wegen „assumpsit" \ Der Grund der Klage würde in diesem Falle ein Unrecht sein, ohne Rücksicht auf einen Vertrag. Allein wenn die Klage dahin ging, daß er das Faß nicht so beförderte, wie verabredet war, so würde dem Kläger durch diesen Hinweis auf die Abrede die Schwierigkeit erwachsen, daß der Fuhrmann zur Beförderung nicht gebunden sein würde, falls seinem Versprechen eine Rechtfertigung fehlte. Wir nehmen daher an, daß er nach Inhalt der Klage die Beförderung versprochen habe in Erwägung (Consideration) der an ihn geschehenen Übergabe. Würde nun diese Erwägung eine genügende Consideration im technischen Sinne, d. h. im Rechtfertigungssinne sein? Die ältesten Entscheidungen, die auf den vom Schuldner erlangten Vorteil Gewicht legten, sagten, daß eine solche Rechtfertigung nicht genüge, denn der Fuhrmann hatte hier eine Unbequemhchkeit übernommen, nicht eine Wohltat empfangen 2. W i r wollen den Fall demnächst von der Seite eines erlittenen Nachteiles betrachten (und prüfen, ob ein solcher vorhegt). Die Übergabe des Fasses ist eine notwendige Vor1
Jahrb. 46 Ed. I I I . 19, pl. 19-, 19 Hen. V I . 49, pl. 5; Keilway, 160, pl. 2; P o w t u a r y v. W a l t o n , 1 Roll. Abr. 10, pl. 5; C o g g s v. B e r n a r d , 2 Ld. Raym. 909. 8 R i e h e s und B r i g g s , Yelv. 4, v. Jahre 1601; P i c k a s v. Gruile, Yelv. 128.
Vertrag. — II. Die Elemente des Vertrages.
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bedingung für die Gewährung der Gefälligkeit von Seiten des Versprechenden, und gewährt er sie, so ist die Übernahme der Ware weit entfernt davon, einen Schaden des Übergebenden darzustellen, sondern ist ohne jeden Zweifel eine ihm erwiesene Wohltat. Allein diese Begründimg ist trügerisch. Ganz offenbar würde die Hingabe ein genügender Rechtfertigungsgrund sein, um für den Eigentümer eine Klage mit „assumpsit" wegen Verletzung der übernommenen Pflicht zu begründen, ohne Rücksicht auf einen Kontrakt, lediglich weil der Verklagte sich dazu entschlossen hat, sich mit der Sache zu befassen 1. Es würde sogar ein genügender Rechtfertigungsgrund für jedes Versprechen sein, bei dem es für die Erfüllung nicht nötig ist, eine vorher empfangene bestimmte Sache zu berühren, z. B. für das Versprechen (statt des Empfangenen) 1000 Dollar zu zahlen2. Und das Recht erklärt die Rechtfertigungsgründe der Versprechen nicht nach der Natur der Zusage, die durch sie gerechtfertigt werden soll, für genügend oder unzulänglich. Darum ist die Übernahme von Sachen ein genügender Rechtfertigungsgrund für jedes Versprechen Die angefochtene Ausführung beachtet anderseits nicht den Zeitpunkt, nach dem die Zulänglichkeit des Rechtfertigungsgrundes eines Versprechens bestimmt werden muß. Es ist dies der Augenblick, in dem die eine Partei der anderen den Rechtfertigungsgrund des Versprechens verschafft. I n diesem Augenblicke aber ist die Hingabe des Fasses ein Nachteil für den Geber im strengsten Sinne des Wortes. Der Eigentümer des Fasses hat die gegenwärtige Kontrolle über das Faß aufgegeben, das aufzubewahren er ein Recht hat, und statt dessen hat er nicht etwa die Ausführung des Vertrages erlangt, weil bei dieser ja das Faß vom Fuhrmann herausgegeben werden müßte, sondern vorher erlangte er zunächst nur ein bloßes Versprechen auf eine spätere derartige Ausführung. Die Ausführung selbst liegt noch in der Zukunft 4 . Man wird jedoch sehen, daß, obwohl die Übergabe des 1
ß a i n b r i d g e v. F i r m s t o n e , 8 Ad. & El. 743, v. Jahre 1838. W i l k i n s o n v. O l i v e i r a , 1 Bing. N. C. 490, vom Jahre 1835; H a i g h v. B r o o k s , 10 Ad. & El. 309, ebenda 323; H a r t v. M i l e s , 4 C. B. N. 5. 371 vom Jahre 1858. 3 W h eat l e y v. L o w , Cro. Jac. 668, vom Jahre 1623. Vgl. den Rechtsfall: B y n e u n d P l a y n e , 1 Leon. 220, 221 (32 & 33 Eliz.). 4 W i l k i n s o n y. O l i v e i r a , 1 Bing. N. C. 490; H a i g h v. B r o o k s , 2
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te Abhandlung.
Fasses einen Rechtfertigungsgrund des Versprechens in sich schließen kann, dies doch nicht notwendigerweise der Fall ist. Das Versprechen, ein Faß zu befördern, kann gemacht und entgegengenommen werden in dem Sinne, daß darin eine reine Begünstigung ohne Rechtfertigung und ohne rechthche Verpflichtungskraft liegt. I n diesem Falle würde der Nachteil, der in der Herausgabe der Sache liegt, von dem Empfänger des Versprechens ebenso getragen werden, wie in dem vorherigen Falle, allein der Empfänger des Versprechens würde sich diesen Nachteil lediglich darum zufügen, um den Versprechenden instand zu setzen, so, wie vereinbart wird, die Sache zu befördern. Es scheint mir, was nicht immer genügend in Betracht gezogen worden ist, daß ein und derselbe Umstand einen Rechtfertigungsgrund bieten kann oder auch nicht, je nachdem die Parteien darüber verhandeln. Die gewöhnliche Erläuterung des Urteils in Sachen Coggs g e g e n B e r n a r d geht dahin, daß die Übergabe der Fässer das Versprechen, sie sorgfältig zu befördern, rechtfertigte. Oben in der fünften Abhandlung1 habe ich die nach meiner Ansicht richtige Erläuterung gegeben und auseinandergesetzt, was nach meiner Meinung Lord H o l t ins Auge gefaßt hat. Aber mag nun das, was ich gesagt habe, wahr sein oder nicht, ein emstlicher Einwand gegen die herrschende Lehre liegt jedenfalls in dem Umstand, daß der Klagegrund in dem angegebenen Falle nicht die Übergabe der Ware als Rechtfertigungsgrund des Versprechens erwähnt. Dieselbe Vorsicht sollte man überhaupt bei der Auslegung von Vertragsbestimmungen beobachten. Befremdlich erscheint die Absonderlichkeit, jeden Schaden, für dessen Verhütimg oder Ausgleichung eine Urkunde sorgt, als Rechtfertigungsgrund eines Versprechens (Consideration) auch dann zu bezeichnen, wenn die Parteien ihn nicht als solchen behandelt haben. I n vielen Fällen kann den Empfänger eines Versprechens ein Schaden treffen, ohne daß dabei ein Rechtfertigungsgrund des Versprechens gegeben wird. Der Schaden ist vielleicht nur eine vorhergehende Bedingung der Vertragserfüllung, so z. B. wenn jemand einem anderen fünfhundert Dollar verspricht, falls dieser sein Bern bricht 2 . 10 Ad. & El. 309; H a r t v. M i l e s , 4 C. B. N. S. 871; 6 Am. Law Rev. 47, Oct. 1871. 1 Oben S. 198, 199; vgl. auch Abhandlung V I I . 9 Byles, J., in Sachen S h a d w e l l v. S h a d w e l l , 30 L. J. C. P. 145, 149.
Vertrag. — II. Die Elemente des Vertrages.
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Die Gerichtshöfe sind immerhin in der Verdunklung dieses Unterschiedes sehr weit gegangen. Handlungen, die bei angemessener Wortauslegung lediglich als Inhalt einer Bedingung angesehen werden müssen, hat man als die Gewährung eines Rechtfertigungsgrundes des Versprechens behandelt1. Dies ist auch bei Gegenversprechen aus einem Vertrage geschehen, die ausdrücklich andere Dinge behandelten, als den Rechtfertigungsgrund des Hauptversprechens 2. So müßte bei dem Streben nach einer tieferen Begründung dieser Lehre erwähnt werden, daß nach einer Vorschrift der Königin Elisabeth 27 c. IV. die Überweisung eines Pachtgutes (leasehold)8 nicht durch Vertrag geschehen kann, weil der Empfänger dabei die Verpflichtungen eines Pächters übernimmt 4. Ja, es kann sogar die Übernahme eines solchen Nachteiles (durch den Pächter) nicht als ein Beweggrund für die Überlassung des Gutes (durch den Verpächter) angesehen werden, und sie bedeutet in vielen Fällen nur eine Minderung des dem Verpflichteten zugewandten Vorteiles, wie das z. B. bei einem Wegerecht, (das auf der Sache ruht), gelten würde, insbesondere wenn der Pächter des Gutes einzig und allein zur Zahlung einer solchen Rente verpflichtet wird, die nach der Theorie des Rechtes aus dem Grundstücke selbst als Last entspringt. Allein, wenn auch die Gerichtshöfe in dieser Frage, um Verträge aufrecht zu erhalten, zuweilen etwas weit gegangen sind, so kann doch der von mir aufgestellte Grundsatz, daß derselbe Umstand, je nachdem er von den Parteien behandelt wird, ein Rechtfertigungsgrund für ein Versprechen sein kann oder auch nicht, nicht bezweifelt werden. Dies bringt uns zu der Frage, wie denn die Parteien einen Umstand behandeln müssen, damit man sagen könne, daß sie ihn zum Rechtfertigungsgrunde eines Versprechens gemacht haben. 1
S h a d w e l l v. S h a d w e l l (vorige Anm.), B u r r v. W i l c o x , 13 Allen, 269, 272, 273. 2 T h o m a s v. T h o m a s , 20. B. 85L 3
A n m . des U b e r s e t z e r s . Nach Lambertenghi a. a. O. 393 (itaiien. Übersetzung) bedeutet leasehold hier einen Grundbesitz, der für eine Anzahl yon Jahren oder auf Lebenszeit oder für eine Anzahl von Generationen vom Gutsherrn einem anderen überlassen worden ist. Vgl. hierzu Heymann in Holtzendorft-Kohlers Rechtsencyklop. 6 A. I. S. 817. 4
P r i c e v. J e n k i n s , 5 Ch. D. 619. Vgl. C r a b b e v. M o x e y , 1 W . R . 226; T h o m a s v. T h o m a s , 2 Q. B. 851; Monahan, Method of Law., 141 ff.
te Abhandlung.
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Man sagt, daß der Rechtfertigungsgrund nicht mit dem Beweggrunde verwechselt werden dürfe. Es ist richtig, daß er nicht dem im einzelnen Falle überwiegenden oder hauptsächlichen Beweggrunde gleichzustellen ist. Bei dem Versprecheii y ein Bild für 500 Dollar zu malen, kann der Hauptbeweggrund Ruhmsucht sein. Eine Rechtfertigung eines Versprechens kann gegeben und empfangen werden, lediglich zu dem Zwecke, das Versprechen bindend zu machen. Allein nichtsdestoweniger besteht das Wesen des Rechtfertigungsgrundes (Consideration) darin, daß nach dem Inhalt der Abrede etwas als Beweggrund oder Veranlassung des Versprechens gegeben und empfangen wird. Umgekehrt muß auch das Versprechen als der vertragsmäßige Beweggrund und Bestimmungsgrund zur Herstellung der dies Versprechen rechtfertigenden Leistung entgegengenommen werden. Der innerste Kern der ganzen Frage liegt in der gegenseitigen Motivierung des Rechtfertigungsgrundes der beiden Versprechen, von denen jedes das andere nach sich zieht. Ein gutes Beispiel des ersten Teiles der soeben aufgestellten Behauptung findet sich in einem Falle, der in Massachusetts entschieden worden ist. Der Kläger hatte seine Erlaubnis dazu verweigert, daß ein anderer aus seinem Grundstück Bäume entfernte, die er diesem unter Empfang einer schriftlichen Zusage des Kaufpreises verkauft hatte. Er verweigerte dies so lange, bis ihm ein Bürge neben dieser Zusage gegeben werden würde. Hierauf hatten sich der Käufer und der jetzige Kläger (der damalige Verkäufer) verabredet ermaßen zu dem jetzigen Verklagten begeben, worauf dieser (auf ihre Bitten) seinen Namen unter den Schuldschein des Käufers (als Bürge) setzte. Demgemäß erlaubte der Verkäufer, das Holz abzufahren. Schließlich stellte sich, als der Bürge vom Verkäufer (auf Zahlung des Preises) belangt wurde, durch Zeugenaussagen heraus, daß der verklagte Bürge die schriftliche Erklärung unterzeichnet hatte, ohne zu wissen, daß der jetzt klagende Verkäufer sein ursprüngliches Verhalten, d. h. den Widerspruch gegen Abholung der Bäume, unter allen Umständen hatte ändern wollen, weil er (schließlich doch) der Unterschrift des Käufers traute; und es wurde dahin entschieden, daß, wenn man diesen Zeugenaussagen Glauben schenkte, dem Versprechen des Bürgen eine genügende Rechtfertigung (Consideration) nicht zu Grund liegen würde 1 . Ein Beispiel für den zweiten Teil der erwähnten allgemeinen 1
E l l i s v. C l a r k , 110 Mass. 389.
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Behauptung läßt sich in solchen Entscheidungen finden, in denen jemandem für das, was er tun soll, ein Lohn angeboten war und dann diese Handlung von einem dritten vorgenommen wurde, der von diesem Anerbieten nichts wußte. In solchem Falle konnte der Lohn nicht eingeklagt werden, weil der angebliche Rechtfertigungsgrund, auf den sich die Klage berief, nicht darauf beruhte, daß der, der ihn schuf, dabei tätig wurde, weil er sich auf das Versprechen verließ. Der angebotene Lohn hatte keinen Einfluß darauf gehabt, daß der Handelnde die Voraussetzungen, die zur Rechtfertigung des Versprechens dienen sollten, tatsächlich herstellte. Das Versprechen des Lohnes konnte hier nicht als Beweggrund des abgeschlossenen Vertrages angesehen werden, weil es dem anderen Teile nicht bekannt war, bevor die (angeblich) zur Rechtfertigung des Versprechens dienende Handlung geschehen war 1 . Beide Seiten der Beziehung zwischen dem Rechtfertigungsgrunde und dem Versprechen und die Vertragsnatur dieser beiden Seiten können in dem oben angeführten Falle des Branntweinfasses, das von Boston nach Cambridge befördert werden sollte, veranschaulicht werden, vergl. oben S. 294. W i r setzen den Fall, daß der Fuhrmann bereit ist, das Faß zu befördern, und der Eigentümer bereit ist, ihn das Faß befördern zu lassen, ohne daß weitere Abmachungen geschehen, und daß jeder des anderen Absichten kennt, daß jedoch der Fuhrmann, der bei der Sache zu seinem eigenen Vorteil zu handeln glaubt, zu dem Eigentümer sagt: „In Anbetracht der Überlieferung des Fasses und der Erlaubnis zu seiner Beförderung verspreche ich seinen Transport", und daß hierauf der Eigentümer ihm das Faß übergibt. Ich nehme an, daß ein solches Versprechen verpflichten würde. Es ist mit Worten angeboten worden, die den Absender zu der Übergabe an den Fuhrmann bestimmen sollen, und die Übergabe ist mit Worten geschehen, die ihn zu dem Versprechen der Beförderimg zu bestimmen geeignet sind. Es mag immerhin wahrscheinlich sein, daß die Übergabe auch ohne Versprechen von der andern Seite geschehen sein würde, und daß umgekehrt das 1
F i t c h v. S n e d a k e r , 38 N. Y. 248, ein Urteil, das an einer älteren Entscheidung ( W i l l i a m s v. C a r w a r d i n e 4 Barn & Ad. 621) Kritik übt, und aus dem immerhin nicht erhellt, daß die Klägerin von einer ihr angebotenen Belohnung nichts gewußt hatte, sondern bloß, daß sie nach den Ermittlungen des Gerichtshofs tatsächlich von andern Beweggründen beeinflußt worden war, so daß diese Entscheidung für die hier besprochene Rechtsfrage gar nichts beweist.
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Versprechen möglicherweise als unentgeltliche Zusage geschehen sein würde, wenn es nicht als Entgelt für die empfangene Leistimg entgegengenommen worden wäre; aber diese Möglichkeiten sind lediglich bedeutungslose Vermutungen. Die Übergabe des Fasses an den Fuhrmann brauchte allerdings nicht geschehen zu sein, falls sich nämlich der Eigentümer nicht dazu entschlossen hätte, da sie aber nun einmal in die Geschäftsverhandlungen aufgenommen worden war, so konnte der Urheber des Beförderungsversprechens nicht etwas, was vielleicht hätte geschehen können, geltend machen, um den Erfolg dessen, was wirklich geschehen war, zu beseitigen. Daraus ergibt sich, daß ein und dasselbe Geschäft entweder dem freien Beheben zur Ausführung überlassen bleiben oder als Verpflichtung gedacht werden kann, was von der Form der Worte abhängt, die die Parteien wählen, um die gesetzlichen Folgen ihrer Verhandlung zu bestimmen. Werden die vorher angegebenen Grundsätze angenommen, so erläutern sie offensichtlich eine Lehre, deren Aufstellung den Gerichtshöfen manche Mühe gemacht hat. Ich meine die Lehre, daß ein bereits tatsächlich erledigter Rechtfertigungsgrund eines Versprechens ein erst später folgendes Versprechen nicht aufrecht zu erhalten vermag. Es ist in der Tat behauptet worden, daß eine derartige im voraus geschehene Rechtfertigung genügend wäre, wenn sie auf Aufforderung geschehen würde. Allein es ist klar, was sich gegen diese Ansicht sagen läßt. War die Aufforderung zu einer Leistung so geartet und so gestellt, daß sie, vernünftig beurteilt, ein stillschweigendes Lohnversprechen an den anderen Teil hi sich enthielt, so lag ein tatsächliches Versprechen vor, wenn auch nicht in Worten, und dies Versprechen wurde in derselben Zeit abgegeben, in der der Rechtfertigungsgrund vorlag und nicht erst später. Wenn anderseits die Worte nicht den Sinn ergaben, daß der gewünschte Dienst bezahlt werden sollte, so lag in dem Dienst eine Schenkung, und eine frühere Schenkung kann ein späteres Versprechen ebenso wenig rechtfertigen, wie irgend eine andere Handlung seines Empfängers, die nicht durch (die Hoffnung auf) das Versprechen hervorgerufen worden ist. Als eine Quelle des Irrtums kann man, wenigstens zum Teil, rechtsgeschichtliche Gründe ansehen. Einige Andeutungen, die diesen Punkt berühren, sind schon in den vorigen Abhandlungen gemacht worden; hier sollen nur einige wenige Worte hinzugefügt werden. I n den Fällen der alten Klage um Schuld (debt)
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wurde mehrfach angenommen, wenn es fraglich war, ob der Kläger seine Klage begründet hätte, daß ein früherer Vertrag (contract precedent) die eingeklagte Pflicht erzeugte. So wurde, als jemand sich für die Dienste eines anderen zur Zahlung von 100 Schilling an einem bestimmten Termin und zum Ersatz von Auslagen, die dieser für ihn machen würde, verpflichtet hatte, angenommen, daß hier die Partei deshalb durch ihre bloße mündliche Zusage nicht verpflichtet wäre, weil ein früherer Kontrakt nicht vorläge, und ferner, daß dem Anscheine nach die Auslagen von seiten des Dieners aus dessen eigener Entschließung und nicht auf Wunsch des Herrn gemacht worden wären, und daher aus ihnen eine Verpflichtung nicht entspringen könnte 1 . Dagegen wurde entschieden, daß ein früherer Kontrakt eine Klage um Schuld begründete, als eine Urkunde vorgelegt war, die dem Kläger 10 Mark versprach, falls er die Tochter des Verklagten heiraten werde, und der Verklagte hierauf einwandte, daß die Klage nur aus einem förmlichen Schuldversprechen (covenant) hätte erhoben werden können 2 . Die älteste Entscheidung über die Klage wegen assumpsit8 suchte diesen längst bekannten Gedanken zu benutzen. Jemand wurde Strafrechtsbürge für den Diener seines Freundes, als der Diener verhaftet worden war. Hinterher versprach der Herr, den Bürgen schadlos zu halten, und weil er dies nicht tat, so wurde er wegen assumpsit verklagt. Es wurde entschieden, daß hier kein Rechtfertigungsgrund für die Haftung des Verklagten vorläge, falls nicht der Herr die Entschädigung des Klägers, noch ehe dieser für den Diener die Bürgschaft übernahm, versprochen hätte; denn der „Herr hatte den Kläger nicht gebeten, in solcher Weise für den Diener einzutreten, sondern der Bürge tat dies aus eigenem Entschlüsse." Diese Ausführung leuchtet durchaus ein und bedeutet nichts anderes als das aus den Jahrbüchern angeführte Urteil. Der Bericht (report) in diesem Falle erwähnt überdies eine Entscheidung, der zufolge ein späteres Versprechen dafür, daß der Kläger auf Wunsch des Verklagten, dessen Cousine geheiratet hatte, verpflichtend war, und daß die Heirat als „ein guter Grund" (good cause) galt, weil sie der Bitte des Verklagten nachfolgte. Gleichviel, ob diese Bemerkimg einen allgemeinen Grundsatz aufzustellen beabsichtigte, oder aus be1 2 3
Jahrb. 29 Ed. I I I . 25, 26. 19 R. I I . Fitzh. Abr. D e t t , pl. 166. H u n t v. B ä t e , Dyer, 272, v. Jahre 1568.
te Abhandlung.
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sonderer Rücksicht auf das Wesen der Ehe gemacht war 1 , jedenfalls wurde sie bald in dem weiteren Sinne erläutert, wie wir dies in der vorigen Abhandlung gezeigt haben» Es wurde mehrmals für Recht erkannt, daß eine in der Vergangenheit liegende und erledigte Angelegenheit späterhin ein Versprechen rechtfertige, wenn nur der vom Versprechenden erlangte Vorteil, auf den sich das Versprechen stützte, auf dessen Wunsch hergestellt oder verwirklicht worden war 2 . Es ist nunmehr an der Zeit, die Beschaffenheit der Tatsache eines Versprechens zu zergliedern, welche die zweite und am meisten in die Augen fallende Voraussetzung eines formlosen Vertrages bildet. Ein Gesetz, der India Contract Act, 1827 § 2 a sagt folgendes: a) „Wenn jemand einem anderen seinen Willen kundgibt, etwas zu tun oder zu unterlassen mit der Absicht die Zustimmung dieses anderen hierzu zu erlangen, so sagt man von ihm, daß er einen Antrag (proposal) gestellt habe." b) „Wenn die Person, der der Antrag gestellt wurde, hierzu ihre Zustimmung gibt, so sagt man, daß der Antrag angenommen worden ist. Ist ein Antrag angenommen, so wird er zu einem Versprechen." Nach dieser Begriffsbestimmung beschränkt sich das Gebiet der Versprechen auf Fälle eines von dem Versprechenden beobachteten Verhaltens. Würde dies nur bedeuten, daß der Versprechende die gesetzliche Last tragen muß, die aus dem Versprechen hervorgeht, so würde es richtig sein. Doch ist dies nicht der Sinn jener Bestimmung. Sie spricht von einem Versprechen schlechtweg, nicht bloß von einem rechtlich bindenden Versprechen. W i r forschen hier nicht nach den gesetzlichen Wirkungen eines Vertrages, sondern nach dem möglichen tatsächlichen Inhalt eines Versprechens, den das Recht vielleicht erzwingt , vielleicht aber auch nicht. Deswegen müssen wir ausschließlich die Frage in Betracht ziehen, was möglicherweise im gesetzlichen Sinne versprochen werden kann, nicht aber, was die Folge eines bindenden und noch nicht ausgeführten Versprechens ist. 1
Vgl. B a r k er v, H a l i f a x , Cro. Eliz. 741; s. c. 3 Dyer, 272a, n. 32. S i d e n h a m v. W o r l i n g t o n , 2 Leonard 224; B o x d e n v. T h i n n e , Yelv. 40; L a m p l e i g h v. B r a t h w a i t h , Hobart, 105; Langdell, Cas. on Contr. (2te Aufl.) ch. 2, § 11. Übersicht (Summary) §§ 90 ff.; vgl. oben Abh. V I I . p. 286. 3 Pollock, Contr. (1. Aufl.), p. 6. 2
Vertrag. — II. Die Elemente des Vertrages.
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Eine Zusicherung, daß es morgen regnen werde 1 , oder daß eine dritte Person ein Bild malen werde, kann ebensogut ein Versprechen (promise) sein2, wie die Zusicherung, daß der andere Teil von irgend woher 100 Ballen Baumwolle empfangen solle, oder daß der Versprechende dem andern Teile 100 Dollar zahlen wolle. Worin liegt die Verschiedenheit dieser Fälle? Sie liegt nur in dem Grade des Einflusses, den der Versprechende auf das zukünftige Ereignis hat. I m ersten Falle hat er keinen solchen Einfluß, zugleich hat fer auch schwerlich kraft Gesetzes die Macht, einen anderen etwas malen zu lassen, wenn er auch vielleicht über eine weitgehende Überredungskraft verfügt. Wahrscheinlich wird er dagegen imstande sein, dem Empfänger des Versprechens den Empfang der Baumwolle zuzusichern. Ist er reich, so ist er sicherlich imstande die 100 Dollar zu zahlen, es müßte denn ein sehr unwahrscheinlicher Zufall dazwischen kommen. Aber das Recht fragt im allgemeinen nicht danach, inwieweit die Erfüllung der Zusicherung eines zukünftigen Ereignisses von dem, der sie abgibt, abhängt. Für das Gebiet der Moral mag es richtig sein, daß die Verpflichtung des Urhebers eines Versprechens sich auf das beschränkt, was in seinem Willensbereich liegt (abgesehen von dem Falle, daß die Schranken seines Einflusses dem anderen Teile unbekannt sind und vom Versprechenden fälschlich als zu groß angegeben werden). Allein sofern nicht irgendeine Erwägung der Politik eingreift, kann man, wie ich annehme, sich rechtlich dafür haftbar machen, daß irgend ein zukünftiger Umstand eintreten werde. Man kann dies also im juristischen Sinne versprechen. Es läßt sich von jemand, der förmlich versichert, daß es morgen regnen solle, oder daß A ein Bild malen werde, sagen, daß er damit nur in Kürze erklärt, er wolle etwas bezahlen, falls es nicht regnet oder falls A das Bild nicht male. Allein dies ist nicht immer der Fall. Ein Versprechen dieser Art kann leicht in dem Sinne abgefaßt sein, daß es, falls schönes Wetter eintritt oder A das Bild nicht malt, bloß als unerfüllt gelten soll (ohne weitere Folgen nach sich zu ziehen). Dann ist das Versprechen lediglich eine von der 1
C a n h a m v. B a r r y , 15 C. B. 597, 619; Jones v. H o w , 9 C. B., 1. 9; Com. Dig. C o n d i t i o n D. 2; 1 Roll. Abr. 420 (D), pl. 1; Jahrb. 22 Ed. I V . 26, pl. 6. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Der deutschen Redeweise entspricht dies wohl nicht.
te Abhandlung.
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anderen Seite angenommene Zusicherimg, daß ein gewisses Ereignis oder eine gewisse Sachlage eintreten werde. Wenn dies wahr ist, so hat es aber wichtigere Folgen, als eine bloße Erweiterung des Wortes „Versprechen" (promise). Es betrifft die rechtliche Beurteilung der Verträge. Die Folgen eines nach englischem gemeinem Rechte bindenden Versprechens ist nicht von dem Grade des Einflusses abhängig, den der Urheber des Versprechens auf das versprochene Ereignis hat. Kommt der versprochene Umstand nicht zustande, so wird dem Kläger aus dem Vermögen des Verklagten Entschädigung innerhalb gewisser Grenzen für den erlittenen Nachteil verschafft. Die Folgen sind dieselben ihrer Art nach, mag nun zugesichert sein, daß es regnen werde, oder daß ein Dritter ein Bild malen werde, oder daß ein Ballen Baumwolle vom Versprechenden geliefert werden solle \ Ist die Rechtsfolge in all diesen Fällen dieselbe, so erscheint es angemessen, alle Verträge aus demselben juristischen Gesichtspunkte zu betrachten. I n dem Falle eines bindenden Versprechens, daß es morgen regnen werde, ist der unmittelbare gesetzliche Erfolg des Versprechens, daß der Versprechende, gegenüber dem anderen Teile, für den Eintritt des Regens eine Gefahr innerhalb bestimmter Grenzen übernimmt. Er tut nicht mehr als dies, wenn er die Lieferung eines Ballens Baumwolle verspricht. Wenn es zutreffend ist, die Ansicht des englischen gemeinen Rechtes über Versprechen und Vertrag in dieser Weise festzustellen, so bietet dies den Vorteil, eine überflüssige Theorie zu beseitigen, nämlich die Lehre, daß der Vertrag die eigenartige Unterwerfung eines Willens unter den andern sei, eine Art von Sklaverei; Man kann ihn so betrachten, insofern das Recht Leute antreibt, ihre Verträge zu erfüllen, oder insofern es den Empfängern von Versprechen gestattet, einen gewissen Zwang auszuüben. Wenn das Gesetz den, der einem anderen eine Arbeit versprochen hat, zu dieser Arbeit zwingt, so mag die Beziehung des Arbeiters zu dem Empfänger des Versprechens mit einer gewissen Berechtigung eine Sklaverei genannt werden. Allein das englische Recht tut dies eben nicht. Es greift niemals ein, ehe ein Versprechen wirklich gebrochen worden ist und deswegen nicht mehr seinem Inhalte nach ausgeführt werden kann. Richtig 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s .
Vgl. dagegen § 306, 307 B.G.B.
Vertrag. — II. Die Elemente des Vertrages.
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ist freilich, daß in einigen Beispielen die Rechtsprechung nach Equity einen Zwang ausübt, den man „specific Performance" nennt 1 . Allein in erster Linie spreche ich vom englischen gemeinen Recht und in zweiter davon, daß das besondere Recht der Equity der richtigen Meinung nach lediglich zur Erfüllung solcher versprochenen Leistungen zwingt, welche zurzeit noch ausführbar sind. Man beachte z. B. das Versprechen, ein Grundstück binnen einer bestimmten Frist zu übertragen. Hier pflegt ein Gerichtshof, der nach Equity urteilt, nicht einzugreifen, bevor die erwähnte Frist abgelaufen ist und das Versprechen nicht mehr in der Weise, in der es erfüllt werden sollte, erfüllt werden kann. Ist jedoch die erwartete Übertragung des Grundstückes dem Empfänger des Versprechens wichtiger, als die Innehaltung der Frist, und will er es lieber zu spät haben, als garnicht, dann kann das Recht auch noch nachher die Erfüllung des Versprechens erzwingen. Nicht einmal in diesem Falle liegt ein Zwang im buchstäblichen Sinne vor, sondern man steckt den Urheber des Versprechens in das Gefängnis, falls er das Grundstück nicht übertragen will. Diese Rechtshilfe hat einen Ausnahmecharakter. Die einzige immer mögliche Folge eines rechtlich bindenden Versprechens liegt darin, daß das Recht den Urheber des Versprechens Schadenersatz zahlen läßt, falls das versprochene Ereignis nicht eintritt. Jedenfalls läßt es ihn vom Einschreiten der Behörde frei, bis die ihm zur Erfüllung gewährte Zeit vorübergegangen ist, und deshalb ist er unbehindert, vorher sein Versprechen nach seinem freien Willen zu brechen (freilich nicht ohne deshalb zu haften). Ein praktisch wichtigerer Vorteil aus der Auffassung des Vertrages als der Übernahme einer Gefahr muß in dem Licht gefunden werden, welches dadurch auf die Abmessung des Schadenersatzes fällt. Wollte man einen Vertragsbruch aus demselben Gesichtswinkel betrachten, wie ein Delikt (tort), so würde es scheinen, daß der Versprechende für die Folgen einer Nichterfüllung haften würde, falls er im Laufe der Vertragsausführung Kenntnis und Voraussicht derartiger Folgen erlangt haben sollte. 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s : (d. h. Zwang zur Vertragsausführung in Natur, nicht bloß durch Geldentschädigung), vgl. Heymann in HoltzendorftKohlers Encyklopädie. 6 A. 1. S. 807. „Die personal actions gingen als Klagen vor den Common-law-Gerichten immer nur auf Schadenersatz, während die Chancery in geeigneten Fällen zur specific Performance, zur Realerfüllung verurteilte und diese erzwang." H o l m e s - L e o n h a r d , Recht Englands u n d Nordamerikas.
20
te Abhandlung.
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Dieser Gedanke ist angedeutet worden Man hat ihn jedoch nicht als geltendes Recht angenommen. I m Gegenteil ist nach der Ansicht eines sehr tüchtigen Richters, die, wie es scheint, allgemein gilt, eine Kenntnis voraussichthcher schädlicher Folgen des Vertragsbruches (zur Haftimg) nicht genügend, sofern nicht eine derartige Gefahr durch eine ordnungsmäßige Vertragsbestimmung übernommen worden ist 2 . Wenn ein Frachtführer versprochen hat, eine Sägemühle von Liverpool nach der Insel Vancouver zu befördern und dies zu tun unterläßt, so würde er wahrscheinlicherweise nicht für den Mietslohn haftbar gemacht werden, den man dort für eine ähnliche Maschine zahlen müßte, bis eine andere Maschine der versprochenen Art herbeigeschafft werden kann, obwohl der Frachtführer wissen konnte, daß diese andere Maschine nicht zu erlangen war, ohne daß man deshalb bis nach England sandte. Dies gilt jedoch nur, sofern er nicht etwa bei vernünftiger Beurteilung den Vertrag „mit einer dahinzielenden Bestimmung" stillschweigend abgeschlossen hat 8 . Es ist richtig, daß die Leute, wenn sie Verträge abschließen, gewöhnlich weit mehr auf die Ausführung des Vertrages hinblicken als auf den Fall des Vertragsbruches. Die gewöhnliche Redeweise geht ausdrücklich in der Regel nicht weiter, als daß man bestimmt, was geschehen solle, damit der Vertrag erfüllt werde. Sollte ein gesetzliches Erfordernis der Schriftform für den Vertrag bestehen, so würde dem Genüge geschehen, wenn die Abgabe des bloßen Versprechens aufgeschrieben würde, weil noch weitere Erfordernisse den menschlichen Gewohnheiten widersprechen würden und weil ferner eine Gefahrübernahme für ein zukünftiges Ereignis nicht ein in zweiter Linie stehendes besonderes Versprechen bildet, sondern nur eine Folgerung aus dem Vertrage ist, die unmittelbar kraft Gesetzes erzwungen wird, ohne daß der Urheber des Versprechens etwas dazu tut. So würde' in dem angegebenen Falle eine formlose 4 Willens1
G e e v. L a n c a s h i r e & Y o r k s h i r e R a i l w a y Co., 6 fl. & N. 211, 218, Bramwell. B. Vgl. H y d r a u l i c E n g i n e e r i n g Co. v. M c . H a f f i e , 4 Q. B. D. 670, 674, 676. 2 B r i t i s h C o l u m b i a S a w - M i l l Co. v. N e t t l e s h i p , L. E. 3 C. P. 499, 509, W i l l es, J.; H o m e v. M i d l a n d R a i l w a y Co., L . R. 7. C. P. 583, 591; s. c. L . R. 8 C. P. 131. 8 B r i t i s h C o l u m b i a S a w - M i l l . Co. v. N e t t l e s h i p , L. R. 3 C. P. 499, 509. * A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Wörtlich: ein blos mündlich erklärter Wille (parol evidence).
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äußerung dazu genügen, um den Umfang der Haftung wegen Nichterfüllung zu erweitern oder einzuschränken, auch da, wo man in so formloser Weise den eigentlichen Inhalt des Versprechens nicht würde ändern können (weil die Änderung sowie das Versprechen der Schriftform bedurfte). Allein diese Zugeständnisse berühren die hier angenommene Ansicht nicht. Da die Beziehungen unter den Vertragsparteien auf ihrem freien Willen beruhen, so muß dies auch für die Folgen gelten, die sich an ihre Beziehungen anknüpfen. Was bei dem Versprechen als Erfolg beabsichtigt wird, oder, in anderen Worten, worin man einen Vertragsbruch zu sehen hat, dies muß durch richtige Auslegung des Versprechens ermittelt werden. Die Folgen eines Vertragsbruches müssen in gleicher Art durch die rechtliche Beurteilung des Geschäftsaktes etwas weiter hergeholt werden, wobei man auf die Nebenumstände des Vertragsschlusses zu sehen hat. Eine Kenntnis der Partei von den vermutlichen Folgen der Vertragsausführung ist einer dieser Nebenumstände. Man kann freilich nicht immer aus ihr Schlußfolgerungen herleiten, sie kann aber auch die übernommene Gefahr zu erweitern imstande sein. Die eigentliche Aufgabe der Vertragsauslegung geht dahin, aus dem ausdrücklich Gesagten und Getanen zu entwickeln, was die Parteien über spätere Ereignisse, die sie sich nicht deutlich klar machten, gesagt haben würden, falls sie an diese Ereignisse gedacht hätten. Aus dem Preis, der bei Kaufgeschäften gezahlt wird, kann man im allgemeinen schließen, daß der Käufer außerordentliche Gefahren (neben dem Preis) zu übernehmen nicht gesonnen ist. Ich glaube, durch die vorhergehende Ausführung erwiesen zu haben, daß die Ergebnisse, zu denen die Gerichtshöfe durch praktischen gesunden Menschenverstand gelangt sind, sich mit der richtigen Vertragstheorie des englisch-amerikanischen Rechtes decken. Die Erörterung der Natur eines Versprechens hat mich dahin gebracht, den Vertragsschluß zu zergliedern und ebenso seine Folgen, und zwar an einer Stelle des Buches, an der sie innerhalb der Gesamtausführung zu früh in Erwägung kamen. Ich mußte mich etwas eingehender über die Tatsachen äußern, aus denen ein Versprechen besteht. Es ist festgestellt und ist auch theoretisch richtig, daß neben der Zusicherung oder dem Anerbieten auf der einen Seite eine Annahme auf der anderen erfolgen muß. Ich kann mir jedoch kaum einen Fall vorstellen, 20*
te Abhandlung.
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in dem ein formloser Vertragsabschluß scheitert, dem nicht schon aus andern Gründen der Charakter eines Vertragsschlusses abgesprochen werden muß, und war in der Regel deshalb, weil bei ihm eine Beziehung zwischen Zusicherung und Anerbieten einerseits und Rechtfertigungsgrund (Consideration) anderseits, also zwischen den gegenseitigen Beweggründen, von denen einer den andern nach sich zieht, fehlt. Die Annahme eines Anerbietens folgt gewöhnlich durch bloße Schlußfolgerung daraus, daß der Empfänger des Anerbietens dessen Rechtfertigungsgrund herstellt. Und insoweit als nach unserem Recht sogar ein angenommenes Anerbieten oder Versprechen vor der Herstellung des Rechtfertigungsgrundes nicht anders behandelt wird, als ein noch gar nicht angenommenes Anerbieten, da beide Arten von Anerbietungen bis zu der Zeit des hergestellten Rechtfertigungsgrundes bezw. der erfolgten Annahme widerruflich sind, und da außerdem jedes dieser Anerbieten bis zu diesem Zeitpunkte (in dem der Rechtfertigungsgrund hergestellt werden soll) andauert, so hat die Frage, ob die Annahme des Anerbietens geschehen sei, nur sehr selten eine praktische Bedeutung, sofern nicht letzteres erloschen oder widerrufen worden ist. Indem wir nun die allgemeine Natur des Rechtfertigungsgrundes und des Versprechens selbst genügend erläutert zu haben glauben, bleiben uns noch einige besondere Fragen aus dem Rechte der zweiseitigen Verträge zu betrachten übrig. Sie betreffen die Zulänglichkeit des Rechtfertigungsgrundes und den Augenblick, in dem der Vertrag als abgeschlossen gilt. Ein Versprechen kann ein Rechtfertigungsgrund für ein Gegenversprechen sein, obwohl dies nicht bei jeder Art von Zusage und Gegenversprechen gilt. So kann man bezweifeln, ob die Zusage, hundert Dollar zu schenken, in der Zusicherung, sie anzunehmen, eine genügende Rechtfertigung finde. Aber in einem Rechtsfalle, der das gegenseitige Versprechen betraf, Aktien einer Eisenbahngesellschaft ohne Entgelt zu übertragen und entgegenzunehmen, wurde entschieden, daß ein bindender Vertrag vorläge. Hier stimmt die eine Partei zu, etwas preiszugeben, was sich vielleicht als wertvoll herausstellen kann, während die andere in ein Verpflichtungsverhältnis eintritt, das sich später als lästig erweisen kann 1 . 1
C h e a l e v. K e n w a r d , 3 DeG. & J. 27.
Vertrag. — II. Die Elemente des Vertrages.
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Aber nun wollen wir annehmen, daß bei dem Vertrage ein Element der Unsicherheit lediglich in der Seele der Parteien liegt. Setzen wir z. B. den Fall, daß jemand noch nach Ablauf eines Wettrennens über den Ausfall wettet. Man nahm an, daß hier von der einen Seite ein unbedingtes Versprechen abgegeben werde und von der anderen Seite überhaupt gar kein Versprechen 1. Dies jedoch scheint mir nicht vernünftig zu sein. Verträge sind Verhandlungen unter Menschen, bei denen sie für die Zukunft Vereinbarungen treffen. Der wichtige Punkt bei solchen Vereinbarungen ist nicht das, was wirklich wahr ist, sondern das, was die Parteien für wahr halten. Jeder gegenwärtige Umstand, der den Parteien unbekannt ist, ist für ihre Absicht, sogleich eine Abrede zu treffen, ebenso ungewiß, wie jedes zukünftige Ereignis. Es schließt deshalb einen Nachteil in sich, wenn jemand etwas zahlen will, falls ein vergangener Umstand sich nicht so herausstellen sollte, wie er vorausgesetzt wurde. Dies scheint die richtige Erklärung dafür zu sein, warum der Verzicht auf eine Klage, die der Kläger selbst für aussichtsvoll hielt, ein Gegen versprechen des anderen Teiles genügend rechtfertigt, auch wenn der Anspruch in Wahrheit aussichtslos war und der Verklagte wußte, daß er es sei 2 . Wäre diese Ansicht unvernünftig, so wäre kaum begreiflich, wie man Wetten auf ein zukünftiges Ereignis aufrecht erhalten könnte, es müßte denn ein Wunder vorliegen. Da nämlich der Eintritt oder Nichteintritt eines Ereignisses dem Kausalgesetze unterliegt, so ist beides lediglich in unserer Voraussicht ungewiß, nicht aber im wirklichen Laufe der Dinge 8 . Die Frage, wann ein Vertrag zustande gekommen ist, taucht meistens beim brieflichen Abschlüsse zweiseitiger Verträge auf, indem man bezweifelt, ob der Vertrag in dem Augenblicke vollständig ist, in dem die Antwort mit dem Gegenversprechen auf die Post gekommen ist, oder als sie von dem Adressaten in Empfang genommen wurde. Sollten Zweckmäßigkeitsgründe die eine der beiden Ansichten begünstigen, so würde darin ein genügender Grund liegen, ihr beizupflichten. Soweit als logische Begründungen reichen, hat Professor L a n g d e l l den geistvollsten * Langdell, Contr. §§ 89, 28. Langdell, Contr., § 57. 3 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . destinatiönstheorie. 3
Der Verfasser
vertritt
hier die Prä-
te Abhandlung.
310
Grund für die letztere Ansicht 1 ausgesprochen. Ihm zufolge muß man sich auf die Tatsache stützen, daß die Rechtfertigung des bindenden Vertragsanträges selber ein Versprechen ist. Jedes Versprechen, sagt er, ist zunächst ein Antrag, bevor es ein Versprechen wird, und für einen Antrag ist es wesentlich, daß er mitgeteilt werden soll 2 . Allein diese Ausführung scheint unhaltbar zu sein. Wenn in dem vorausgesetzten Fall die Gegenleistung für das als Antwort auf den Antrag zurückgesandte Versprechen des Antragsempfängers diesem bereits zugegangen ist und das hierauf dem Antragsteller zurückgesandte Versprechen im voraus von diesem angenommen worden war, so finden wir keinen Zeitpunkt, in dem nach den Gesetzen der Logik das zurückgesandte Versprechen zugleich einen Antrag in sich schloß. Es ist nur ein Versprechen und ein Stück aus einem bindenden Vertrage, sofern es überhaupt eine Bedeutung hat. Ein Antrag ist widerruflich 8 und eine noch nicht angenommene Erklärung des Willens, etwas zu versprechen. Ist ein bestimmter zweiseitiger Vertrag einem anderen angeboten, so kann derselbe Vertragsinhalt nicht nochmals von dem anderen angeboten werden. Der zweite sogenannte Antrag würde weder widerruflich sein, noch der Annahme entbehren. Er würde vielmehr den Vertrag zum Abschluß bringen, sobald er geschehen ist (d. h. also nur eine Annahme darstellen). Sollte jemand behaupten, daß es im Wesen eines Versprechens liege, mitgeteilt (communicated) zu werden, möge es nun durch das Stadium eines Antrags hindurchgehen oder nicht, wobei man bei dem Worte „mitgeteilt" an eine tatsächliche Kenntnis des Empfängers des Versprechens denkt 4 , so nimmt man an, daß das Recht etwas anderes bestimme. Ein förmlicher schriftlicher Vertrag (covenant) verpflichtet in dem Augenblicke, in dem er übergeben und angenommen ist, mag er gelesen sein oder nicht. Nach demselben Grundsatze nimmt man an, daß überall, wo man eine Verpflichtung durch ein sichtbares Zeichen übernimmt, z. B. bei der brieflichen Vertragsannahme, und die Rechtfertigung für das Versprechen sowie die Zustimmung des anderen Teiles bereits vorliegen, dann nur noch fraglich ist, in welchem Augenblick das greifbare Zeichen der Verpflichtung in genügender Weise in die Gewalt des andern Teils gelangt ist. 1
A n m . des 2 Ebenda, §§ 3 A n m . des 4 A n m . des
Übersetzers. 14, 15. Ü b ersetzers. Übersetzers.
Die sog. Empfangstheorie. Anders § 145 B.Gr.B. Die sog. Vernehmungstheorie.
Vertrag. — II. Die Elemente des Vertrages.
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Ich vermag nicht zu glauben, daß, falls der Brief dem Adressaten übergeben und ihm sodann aus der Hand gerissen worden ist, bevor er ihn las, kein Vertrag zustande gekommen sein soll 1 . Sofern ich mich nicht irre, scheint es mir von geringer Bedeutung, ob man das Postamt als Vertreter oder Empfänger anvertrauten Gutes (bailee) für den Antragsteller ansieht, oder als einen bloßen Briefkasten, dessen Inhalt ihm zugänglich ist. Der Empfänger des Antrages nimmt in dem Augenblicke, in dem er den Brief mit der Antwort, die dem Antrag zustimmt, in den Briefkasten fallen läßt, eine offensichtliche Handlung vor, der zufolge er nach der allgemeinen Meinung seine Verfügung über den Brief aufgibt. Er legt ihn dann in die Hand eines Dritten zum Besten des Urhebers des Vertragsantrages, indem er dem letzteren die Befugnisse einräumt, ihn in jedem beliebigen Augenbhck von dem Dritten entgegenzunehmen2. Die Grundsätze, welche den Widerruf von Erklärungen regeln, sind untereinander sehr verschieden. Jemand, dem ein Vertragsanerbieten gemacht worden ist, hat ein Recht, zu erwarten, daß es seinem Inhalte nach offen bleibt (andauert), bis der Empfänger von dem Gegenteil Kenntnis erlangt. Der Eindruck, den die Mitteilung macht, muß durch eine widersprechende Mitteilung zerstört werden. Der Vertragsabschluß hängt jedoch nicht von dem inneren Seelenzustand der Parteien ab, sondern von ihren äußeren Handlungen. Ist das Zeichen für die Annahme eines Versprechens eine greifbare Sache, so ist der Vertrag zustande gekommen, wenn das Eigentum an ihr von dem Antragsempfänger auf den anderen übergeht. 1
Vgl. jedoch Langdell, Contr. §§ 14, 15. 2 Vgl. hierzu B.Gr.B. §§ 130, 151.
312
Neunte Abhandlung.
Vertrag. — III. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit. Die tatsächlichen Voraussetzungen der Entstehung eines Vertrages und die Rechtsfolgen des entstandenen Vertrages sind oben erörtert worden. Es bleibt uns übrig, hintereinander zwei Gruppen von Fällen in Erwägung zu ziehen, nämlich die Fälle, bei denen man von einem Vertrage sagt, er sei nichtig (void), und die anderen Fälle, in denen man von ihm sagt, daß er anfechtbar sei (voidable); zwei Gruppen, bei denen einerseits ein Vertrag nicht zustande gekommen ist, obwohl das Gegenteil der Fall zu sein scheint, oder anderseits der zustande gekommene Vertrag von der einen oder anderen Seite angefochten und so behandelt werden kann, als hätte er niemals bestanden. Der erstgenannten Gruppe wende ich mich zuerst zu. Wenn ein Vertrag nicht zustande kommt, obwohl die gewöhnlichen Formen seines Abschlusses beobachtet worden sind, so sagt man in der Regel, daß der Grund seines Mißglückens entweder ein Irrtum (mistake) oder eine falsche Angabe (misrepresentation) oder ein Betrug (fraud) sei. Allein ich will versuchen nachzuweisen, daß diese Nichtigkeitsgründe mehr im dramatischen als im juristischen Sinne diesen Namen verdienen, und daß der wahre juristische Grund der Nichtigkeit hier darin liegt, daß man etwas vermißt, nämlich eine oder mehrere der wichtigsten Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Vertrages, die bereits erwähnt wurden oder sich von selbst verstehen. Wenn jemand einen Vertrag mit A durch Vermittlung des B als Vertreter des A abschließt und B in der Tat gar nicht der Vertreter des A ist, so liegt hier kein Vertragsabschluß vor,
Vertrag. — III. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit.
313
weil ja nur eine Vertragspartei vorhanden ist. Das dem A gemachte Anerbieten ist nicht von A angenommen worden, und A hat auch nicht dem Versprechenden einen Rechtfertigungsgrund für das von diesem abgegebene Versprechen verschafft. Obwohl in einem solchen Falle im allgemeinen ein Irrtum auf der einen Seite vorliegt und ein Betrug auf der anderen, so ist es doch sehr klar, daß man hier bei Feststellung der Nichtigkeit nicht zu einer besonderen Rechtslehre (über Betrug oder Irrtum) seine Zuflucht zu nehmen braucht, weil die wesentlichen Voraussetzungen eines Vertragsschlusses, die in der vorigen Abhandlung auseinandergesetzt worden sind, hier nicht vorliegen. W i r wollen nunmehr einen anderen Fall ins Auge fassen. Der Verklagte hatte sich bereit erklärt zu kaufen und der Kläger zu verkaufen. Der Gegenstand war eine Ladung Baumwolle, die von Bombay mit dem Schiffe Peerless ankommen sollte. Es gab aber zwei so benannte Schiffe, die von Bombay absegelten, das eine im Oktober, das andere im Dezember. Der klagende Verkäufer dachte an das letztere, spätere, der verklagte Käufer an das erstgenannte, frühere. Es wurde dahin erkannt, daß der Verklagte nicht verpflichtet sei, die Baumwolle anzunehmen1. Man sagt gewöhnlich , daß ein solcher Vertrag nichtig sei, weil ein beiderseitiger Irrtum über seinen Hauptgegenstand vorliege, und weil deshalb die Parteien ihre Zustimmung nicht auf ein und dasselbe Ding richteten. Allein diese Auffassung kann, wie es mir scheint, irre führen. Das Recht hat nichts mit den inneren Seelenzuständen der Parteien zu tun. Bei Verträgen und auch sonst muß es sich an äußere Umstände anklammern und die Parteien nach ihrem Verhalten beurteilen. Wäre nur ein einziges Schiff mit dem Namen Peerless vorhanden gewesen und hätte der Verklagte aus Versehen „Peerless" gesagt, während er ein anderes Schiff mit Namen „Peri" meinte, so würde er sich verpflichtet haben2. Der wahre Grund der oben mitgeteilten Entscheidung lag nicht darin, daß jede Partei etwas anderes meinte, als die andere, wie man angenommen hat, sondern daß jeder auch etwas anderes genannt hat. Der Kläger hatte eine bestimmte Sache angeboten und der Verklagte seine Zustimmimg für eine andere erklärt. 1 R a f f l e s v. W i c h e l h a u s , 2 H . & C . 906; vgl. K y l e v. K a v a n a g h , 103. Mass. 356. 357. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Sog. Erklärungstheorie.
Neunte Abhandlung.
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Wenn man seinen Eigennamen bei Geschäftsabschlüssen oder gerichtlichen Verträgen nennt 1 , so weist dieser Name auf einen bestimmten Namensträger und keinen anderen hin, wie jedermann weiß, und darum muß jeder, von dem ein solcher Name verwendet wird, vorher auf seine Gefahr ermitteln, zu welcher Sache der Name paßt. Liegen keine Umstände vor, welche dartun, daß eine der Parteien sich bei dem Gebrauche des Namens geirrt hat, so ist jede der Parteien berechtigt, für das von ihr selbst gebrauchte Wort den ihr günstigen Sinn als maßgebend festzuhalten, und keiner hat das Recht auf das von dem andern gebrauchte Wort in seinem eigenen Sinne zu pochen. Weit entfernt davon, daß der Grund der getroffenen Entscheidung aus dem Irrtum der Parteien hervorgeht, kam es nach meiner Meinung lediglich darauf an, festzustellen, daß keine Partei mit Wissen der anderen das Wort Peerless in dem Sinne gebraucht hatte, den die andere ihm beilegte. I n einem solchen Falle könnte vielleicht ein bindender Vertrag entstanden seinr weil man annehmen kann, daß jeder, der ein Wort gebraucht, dem der andere Teil einen bestimmten Sinn beilegt, an diesen Sinn gebunden sein muß, falls er bemerkt, daß der andere seine Äußerung so auffaßt, und daß er ihr daher keinen anderen Sinn geben darf 2 . W i r setzen demnächst den Fall, daß Angebot und Annahme sich nicht voneinander uöterscheideny und daß also beide Parteien dieselben Worte im selben Sinne gebraucht haben. Nehmen wir an, daß der A „diese Fässer mit Makrelen" zu kaufen bereit ist und B ebenso sie zu verkaufen, daß sich aber als Inhalt der Fässer lediglich Salz herausstellt. Hier liegt ein beiderseitiger Irrtum über den Inhalt der Fässer vor und auf keiner Seite ein Betrug. Ich nehme an, daß ein solcher Vertrag nichtig sein würde 8 . Man sagt gewöhnlich, daß das Mißlingen des Vertragsschlusses, in einem solchen Falle auf einer Verschiedenheit zwischen dem tatsächhchen Gegenstand und dem von den Parteien beabsichtigten beruht. Doch ist es vielleicht richtiger, zu sagen, daß der Inhalt des vorausgesetzten Vertrages, obwohl sein Gegenstand scheinbar tatsächlich vorhanden war, in Punkten, auf denen das ganze Geschäft beruhte, einen inneren Widerspruch in sich barg. Denn nach einem der wesentlichen Ausdrücke des Vertragsabschlusses 1 2 3
Vgl. C o c k e r v. C r o m p t o n 1 B. & C. 489. S m i t h y. H u g h e s , L. R. 6 Q. B. 597. Vgl. G a r d n e r v. L a n e , 12 Allen, 39; s. c. 9 Allen 492, 98 Mass. 517.
Vertrag. —
. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit.
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war der Inhalt gewisser Fässer der Gegenstand der Abrede, und durch eine ebenfalls wichtige Vertragsbestimmung bestand dieser Inhalt aus Makrelen und nichts anderem, während selbstverständlicherweise beide Bestimmungen nicht gelten konnten, weil in Wahrheit der Inhalt der Fässer aus Salz bestand. Da keine der genannten Bestimmungen weggestrichen werden konnte, falls man nicht den Parteien einen Vertrag aufzwingen wollte, den sie gar nicht abgeschlossen hatten, so folgt daraus, daß man von A nicht verlangen kann, die Ware zu übernehmen, und auch von B nicht verlangen kann, daß er diese Salzfässer übergebe oder statt ihrer andere Fässer mit Makrelen, und obwohl man kein Stück des Geschäftsabschlusses außer acht läßt, ist das abgegebene Versprechen doch ohne (verbindlichen) Inhalt. Hat auf Seiten des Verkäufers ein Betrug stattgefunden und wußte er, was die Fässer wirklich enthielten, so kann man dem Käufer ein Recht auf lieferung der minderwertigen Ware zusprechen. I m Fall des Betruges würde vielleicht die Gültigkeit des Vertrages von der freien Wahl des Käufers abhängen1. Denn wenn jemand verständliche Worte mit anderen Worten verbindet und dabei weiß, daß sie aus Gründen, die er verborgen hält, in dieser ihrer Verwendung keinen Sinn haben, so kann man vernünftigerweise ihn daran festhalten, daß er den Empfänger des Versprechens voll ermächtigt habe, auf Erfüllung des Versprechens zu bestehen, insoweit als dièse möglich ist. Vorausgesetzt ist, daß dieser Empfänger auf alles zu verzichten bereit ist, was ihm noch darüber hinaus versprochen worden war. W i r wollen noch ein weiteres Beispiel, das dem letzten Falle gleicht, anführen. Eine Versicherungspolice wird auf ein bestimmtes Haus ausgestellt, das dabei als Maschinenlager bezeichnet wird. I n Wahrheit ist es aber nicht ein solches, sondern eine Orgelfabrik, deren Versicherung eine höhere Gefahr mit sich bringt. Der Vertrag ist nichtig, nicht weil eine falsche Behauptimg vorliegt, sondern weil, ebenso wie im vorherigen Falle, zwei seiner besonderen Bestimmungen im Widerspruche stehen, und eine Vereinigung unter ihnen undenkbar erscheint 2. 1
A n m . des U b e r s e t z e r s . H o l m e s nimmt also, wie es scheint, in demselben Geschäftsakte zugleich Nichtigkeit und Anfechtbarkeit als möglich an. Einen ähnlichen Gedanken vertritt jetzt K i p p in der Festschrift für M a r t i t z . Berlin, Liebmann 1911 : Über Doppelwirkung im Recht insbesondere über die Konkurrenz von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit. S. 211 ff. 2 G o d d a r d v. M o n i t o r Ins. Co., 108 Mass. 56.
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Neunte Abhandlung.
Natürlich kann der Grundsatz der Unvereinbarkeit verschiedener Vertragsbestimmungen, wie er soeben erklärt wurde, auf jeden inneren Widerspruch unter den Bestimmungen eines Vertrages angewandt werden. Man kann z. B. sagen, daß kein logischer Unterschied im Sinne der soeben gegebenen Erklärungen zwischen dem erwähnten Verkauf des Salzes statt der Makrelen und den anderen Fällen vorliegt, daß z. B. eine goldene Sache als achtzehnkaratig verkauft wird, während das Gold nicht so rein ist, oder daß man eine Kuh verkauft mit der Behauptung, sie liefere durchschnittlich 12 Quart Milch täglich, während sie in Wahrheit nur 6 Quart liefert. Derartige Geschäfte würden jedoch nicht als nichtige anzusehen sein; allerhöchstens würde man sie als anfechtbar betrachten, falls der Käufer sich dazu entschließt, sie umzustoßen. Die rechtserheblichen Unterscheidungen gründen sich hier auf Lebenserfahrung, nicht auf Logik. Deswegen verlangt das Recht nicht von den Geschäftsabschlüssen der Leute eine mathematische Genauigkeit. Was immer versprochen sein mag, auf dessen Bezahlung hat der Versprechende ein Recht, falls er nicht etwa schenken wollte. Allein daraus folgt nicht, daß bei dem Mangel irgend einer Kleinigkeit das Recht der Partei die Befugnis gibt, den Vertrag umzustoßen, und noch weniger, daß ein solcher Mangel das Zustandekommen des Vertrages verhindern kann, wovon augenblicklich die Rede ist. Stehen zwei Bestimmungen eines Vertrages miteinander in Widerspruch, so müssen beide Bestimmungen wichtig sein; und zwar so wichtig, daß nach der Meinung des Gerichtshofes die Abrede, wenn eine dieser Bestimmungen fehlte, im wesentlichen von dem Vertrage verschieden sein würde, den die Worte der Parteien auszudrücken schienen. Wenn eine Vertragsbestimmung sich auf die Identität einer Sache mit dem genannten Gegenstand bezieht und diese Identität durch sinnliche Wahrnehmung festgestellt worden ist, dann handelt es sich immer um einen wichtigen, ausschlaggebenden Punkt. Wenn ein Versprechen ergangen ist, diese Kuh oder diese Makrelen einem bestimmten Manne zu verkaufen, so kann von dem gesamten Vertragsinhalte nichts erzwungen werden, was nicht gerade den bezeichneten Gegenstand berührt und zugunsten des bezeichneten Mannes erzwungen werden soll. Ist dieses bestimmte Faß Salz betrügerischerweise als ein Faß Makrelen verkauft worden, so kann der Käufer vielleicht verlangen, daß ihm das Faß Salz geliefert
Vertrag. — III. Nichtigkeit , und Anfechtbarkeit.
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werde, falls er es wünscht, aber er kann nicht ein anderes Faß Makrelen verlangen. Wird der Verkäufer unter dem Namen B dem Käufer vorgestellt, und dieser bildet sich ein, daß der Vorgestellte eine andere Person mit gleichem Namen sei, worauf er unter diesem Eindruck sein Versprechen dahin abgibt, von B zu kaufen, so ist derjenige B, dem der schriftliche Vertrag übergeben wird, die Vertragspartei, sofern überhaupt eine solche vorliegt, und ungeachtet dessen, was über den Gebrauch von Eigennamen oben gesagt worden ist, würde ich hier doch den Abschluß eines Vertrages annehmen1. Denn es muß weiterhin noch bemerkt werden, daß, insofern durch eine Vertragsbestimmung die versprochene Sache oder ihr Empfänger durch Sehen und Hören erkennbar gemacht worden ist, eine derartige Bestimmungsweise so sehr über alle anderen hervorragt, daß der Mangel irgend einer anderen Bezeichnung der Sache oder des Empfängers nur sehr selten dem Abschlüsse des Vertrages entgegensteht2. Die gewöhnlichste Ausnahme hiervon ist, wie es scheint, der Fall, in dem nicht der Geschäftsgegenstand selbst durch Sehen und Hören erkennbar wurde, sondern nur seine Verpackung und seine Hülle. Natürlich kann die Ausführung eines Versprechens von einer Bedingung abhängig gemacht sein in allen Punkten, die von der geschehenen Abrede berührt werden; Bedingungen, von denen die Erfüllung abhängen soll, können jedoch nur dann in Frage kommen, wenn überhaupt ein Vertrag abgeschlossen worden ist. Und darum hat unsere Untersuchung in erster Linie die Vorbedingungen des Vertrages selbst ins Auge gefaßt. Ein von allen bisher genannten Fällen verschiedener Fall kann hier in Erörterung kommen. Statt eines Widerspruches zwischen Anerbieten und Zustimmung, der den Geschäftsabschluß verhindert, oder eines Widerspruches unter Vertragsbestimmungen, der dem Inhalt der Abrede offensichtlich jeden Sinn raubt, 1
Vgl. C u n d y v. L i n d s a y , 3 App. Cas. 459, 469. Vgl. R e g . v. M i d d l e t o n , L . R. 2 C. C. 88, 55 ff., 62 ff ; Reg. v. D a v i e s , Dearsly, C.C. 640; R e x v. M u c k l o w , 1 Moody, C. C. 160; Reg. v. Jacobs, 12 Cox. 151. 2 „Praesentia corporis tollit errorem nominis." Vgl. Byles, J. in Sachen W a y v. H e a r n e , 32 L . J. N. S. C. P. 34, 50. Vgl. jedoch abweichende Meinungen in Sachen R e g . v. M i d d l e t o n , L. R. 2 C. C. 38, 45, 57. Es dürfte einleuchten, daß die Erwähnung des Eigennamens einer Person oder Sache ebenso wirksam ist, wie eine tatsächliche Identifikation durch sinnliche Wahrnehmung, weil dieser Name zu einer solchen Identifikation — freilich nur mittelbar — hinfuhrt.
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kann auch ein gleicher Widerspruch zwischen einer Vertragsbestimmung und einer früheren tatsächlichen Behauptung, die nicht ausdrückhch in den Vertragsinhalt aufgenommen worden ist, bestehen. Diese frühere Behauptung kann hauptsächlich zu dem Geschäftsabschlüsse bestimmend gewesen sein und ihm seine Grundlage gegeben haben. Sie kann sogar wichtiger sein , als eine der ausdrücklichen Vertragsbestimmungen, und doch kann der Vertrag in Worten niedergeschrieben worden sein, aus denen man vernünftigerweise jene frühere Behauptung nicht herausinterpretieren kann. Ein Verkäufer kann z. B. behauptet haben, daß gewisse mit Salz gefüllte Fässer Makrelen enthalten, aber der Vertragsinhalt kann dennoch nur von den bezeichneten Fässern und ihrem Inhalte reden. Jemand, der sich um eine Versicherung bemüht, kann Tatsachen entstellt haben, die für die Gefahr des Versicherers von Bedeutung sind. Und doch kann die Police vielleicht schlechtweg nur ein bestimmtes Haus oder ein bestimmtes Leben als versichert nennen. Man kann die Frage aufwerfen, ob nicht auch diese Verträge nichtig sind. Es gibt begreiflicherweise Fälle, in denen man, wenn man die Natur des Vertrages in Betracht zieht, von den gebrauchten Worten sagen kann, daß sie, richtig ausgelegt, eine frühere Parteibehauptung als ein Stück des Vertragsinhaltes in sich schließen. Z. B. könnte man sagen, daß der wahre und wohlverstandene Zweck eines Versicherungsvertrages nicht, wie es nach den Worten den Anschein hatte, dahin ging, jede, auch noch so große Gefahr eines Verlustes durch Feuer oder Schiffbruch dem Versicherer aufzuerlegen, sondern nur gegen die Gefahren in einer bestimmten Höhe und nicht darüber hinaus zu schützen, Gefahren, deren pekuniäre Bedeutung mathematisch nach den Angaben der versicherten Partei berechnet wurden. Der Umfang der übernommenen Gefahr ist dann nicht in der Police ausgedrückt, weil die hergebrachten Formen und die feststehende Gewohnheit dies nicht verlangten, aber der Sinn der Abrede war den Parteien völlig klar. Erkennt man diese Ausführungen als richtig an, so würde der gleiche Widerspruch innerhalb der Vertragsbestimmungen vorliegen, mag die Beschaffenheit der übernommenen Gefahr in die Police hineingeschrieben oder durch eine (der Ausstellung der Police) vorhergehende Parteiangabe festgesetzt worden sein. Man müßte jedoch, abgesehen davon, daß Ausnahmen möglich sind, annehmen, daß in einem solchen Falle immerhin ein Ver-
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trag zustande gekommen sein würde, und daß das höchste, was der Geschädigte hier verlangen kann, ein Anfechtungsrecht wäre. Ich nehme an, daß eine Verpflichtung immer da entsteht, wo Parteien, die geschäftsfähig sind, Handlungen vornehmen und Worte gebrauchen, die dazu geeignet sind, ein Schuldverhältnis zu erzeugen. Liegt dann hinsichtlich eines Umstandes, der nicht im Vertrage selbst erwähnt ist, ein Irrtum vor, so gehört dieser Umstand nur zu den Beweggründen des Vertragsabschlusses. Ein Vertragsabschluß wird nicht dadurch verhindert, daß er unter Umständen geschieht, unter denen ihn eine Partei nicht vorgenommen haben würde, falls sie die Wahrheit erkannt hätte. I n welchen Fällen aber ein Irrtum über Beweggründe lediglich ein Anfechtungsrecht gibt, das hat mit der vorliegenden Untersuchung nichts zu tun, weil wir hier lediglich die Frage erörtern, wenn ein Vertrag zustande kommt, und weil die Frage, ob man einen Vertrag anfechten oder umstoßen kann, immer voraussetzt, daß der Vertrag zunächst tatsächlich abgeschlossen worden ist. Wie ich glaube, kann man nunmehr annehmen, daß, wenn man Betrug, falsche Angaben oder Irrtum als Nichtigkeitsgründe aufzählt, man dabei nicht etwa einen besonderen Rechtssatz behauptet, nach dem eine sonst vollkommene Verpflichtung beiseite geschoben wird, sondern daß in jedem solchen Falle eine oder mehrere der obersten Vorbedingungen des Vertragschlusses, die in der vorangehenden Abhandlung auseinandergesetzt wurden, fehlen. Entweder fehlt es an der zweiten Vertragspartei, oder die beiden Parteien sagen verschiedene Dinge oder verschiedene wesentliche Vertragsbestimmungen, die zwar äußerlich widerspruchlos erscheinen, aber in Wahrheit, so wie sie festgesetzt worden sind, einen Widerspruch in sich bergen. Sobald man von einem Vertrage sagt, daß er anfechtbar sei, wird vorausgesetzt, daß er abgeschlossen ist, daß er aber trotzdem dem Schicksale unterliegt, nach dem Wunsche der einen Partei ungeschehen gemacht zu werden. Dies muß der Fall sein, wenn eine Bedingung ausfällt, die für sein Bestehen entweder ausdrücklich oder stillschweigend gesetzt wird. Ist der Abschluß eines Vertrages von einer Bedingung abhängig gemacht worden, so ist vorläufig noch gar kein Vertrag vorhanden. Jede Partei kann sich so lange zurückziehen, wie sie will, bis die Bedingimg entschieden ist. Hier hegt überhaupt vorher noch keine Verpflichtung vor, mag immerhin ein An-
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erbieten oder ein Versprechen geschehen sein, und folgeweise ist auch noch keine Rechtsbeziehung, die hier eine Erörterung verlangt, unter den Parteien vorhanden. Es gibt aber Bedingungen, die dem äußeren Anscheine nach aus einem bereits abgeschlossenen Vertrage herrühren und in Wahrheit nur Bedingungen dieser Art (d. h. Vorbedingungen für einen noch nicht geschehenen Vertragsabschluß) sind. Dies ist immer der Fall, wenn die Vorbedingungen eines Versprechens von der freien Entschließung des Versprechenden abhängen sollen. Als z. B. einmal die Bezahlung von Kleidern versprochen war, falls diese Kleider den Käufer befriedigen würden, so wurde in Massachusetts entschieden, daß hier die Verpflichtung des Versprechenden schließlich von dessen eigener Entscheidung abhänge1. Deutet man die vorliegenden Verhandlungen in dieser Weise, so enthalten sie m. E. überhaupt noch keinen Vertrag, bevor der Versprechende erklärt, daß er mit den Kleidern zufrieden sei 2 . Sein Versprechen geht bloß dahin, dann zu zahlen, wenn er es für passend hält, und ein solches Versprechen kann keinen Vertrag darstellen, weil es keine Verpflichtungen auferlegen kann 8 . Würde man das Versprechen dahin deuten, daß die Kleider bezahlt werden sollten, falls sie den Versprechenden befriedigen mußten, und würde man die Entscheidung darüber, ob dies der Fall ist, in die Hand des Gerichtes legen 4 , so würde dies ein Vertrag sein, weil dabei der Versprechende seine eigene Entscheidung über das erwartete Ereignis aus der Hand gibt. Aber das Geschäft würde nach den obigen Ausführungen einer Bedingung unterliegen. Man hat die Bedingungen, die ein Vertrag enthalten kann, vonseiten der Rechtsgelehrten in zwei Klassen geteilt, vorangehende und nachfolgende. Man hat sogar behauptet, daß diese Unterscheidung sehr wichtig sei. Es muß zugestanden werden, daß sie es ist, wenn man die Frage aus dem Gesichtspunkte des Gerichtsverfahrens (d. h. für die Behauptungslast) stellt. I n einigen Fällen muß der Kläger behaupten, daß eine Bedingung erfüllt sei, damit der Verklagte zu einer Antwort ge1
B r o w n v. F o s t e r , 113 Mass. 136. A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. hierzu B.G.B. § 495. « Leake, Dig. Contr. 13, 14, 637; H u n t v. L i v e r m o r e , 5 Pick 395, 397; Langd. Contr. (2te Aufl.), § 36. 4 Leake, Dig. Contr.638; B r a u n s t e i n v. A c c i d e n t a l D e a t h Ins. Co., 1 B. & S. 782. 2
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nötigt werde. I n anderen Fällen ist es dem Verklagten überlassen, zu behaupten, daß eine Bedingung der Klage nicht erfüllt worden sei. I n einem gewissen Sinne sind alle Bedingungen nachfolgende. In einem anderen sind sie alle vorhergehend. Alle folgen dem ersten Zeitpunkte nach, aus dem sich die Verpflichtung entwickelt 1 . Man nehme z. B. an, daß etwas für ein Werk versprochen ist, falls dieses die Billigung eines Architekten finden werde. Dies ist ein klares Beispiel für die sogenannte vorangehende Bedingung. Eine Zahlungspflicht kann hier nicht bestehen, bevor der Architekt das Werk gebilligt hat, aber ein Vertrag kann schon vorher bestehen, weil die Entscheidung darüber, ob die Partei zahlen muß oder nicht, nicht mehr von ihrem freien Belieben abhängt. Daher folgt die Bedingung dem A b s c h l ü s s e des Schuldvertrages nach. Anderseits geht jede Bedingung, die dem Vertragsschlusse nachfolgt, der vom Gesetz auferlegten Belastung (der sogenannten Rechtswirkung des Geschäfts) voran. Betrachten wir das Recht vom Standpunkte solcher Menschen, die gegen ihre Handlungen nur insoweit Bedenken haben, als sie gesetzliche Folgen nach sich ziehen, so leuchtet es ein, daß die wichtigste Folge, die das Recht an einen Vertrag heftet, nur die größere und geringere Notwendigkeit, Geld zu zahlen, ist. Die einzige Frage vom rein juristischen Standpunkt ist dann, ob der Versprechende zu einer Zahlung verpflichtet wird. Und der wichtige Zeitpunkt ist der, in dem diese Verpflichtung feststeht. Alle Bedingungen gehen aber diesem Zeitpunkte voran. Allein nicht bloß in diesem letzteren Sinne sind alle Bedingungen vorangehende, sondern auch gegenüber der Klagebegründung von seiten des Klägers. Der am meisten einleuchtende Fall ist die Versicherungspolice, in der ausbedungen ist, daß sie kraftlos sein soll, wenn sie nicht in Jahresfrist nach der Fälligkeit der Schuld eingeklagt wird. Diese Bedingung kommt nicht eher in Frage, als bis ein Schaden eingetreten ist, der Versicherer seine Zahlungspflicht vernachlässigt hat, und daher für den Versicherten ein Klagegrund entstanden ist. Nichtsdestoweniger ist auch diese Bedingung gegenüber der Klagebegründung ein vorangehendes Ereignis. Wenn jemand klagt, so fragt man nicht, ob er früher einen Klagegrund hatte, 1
Vgl. jedoch Langd. Contr. (2te Aufl. § 29).
Holmes-Leonhard,
Kecht Englands u n d Nordamerikas.
2
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sondern ob er jetzt in diesem Augenblicke einen solchen geltend machen kann. Er hat aber hier keinen Klagegrund mehr, sofern nicht die Jahresfrist noch läuft. Wäre es dem Verklagten überlassen, seinerseits den Ablauf der Jahresfrist einzuwenden, so würde man dies daraus herleiten, daß die Vorschriften des Prozeßrechtes vom Kläger nicht verlangen, daß er allen möglichen Einwendungen vorbeuge, und daß er die Sachlage so breit treten müsse, daß dem anderen Teile nur noch eine Verneinung übrig bleibt (und nicht auch die Hervorhebung von Einredetatsachen). Inwieweit das Recht von dem Verklagten einen gewissen Inhalt der Klagebeantwortung verlangt, ist in den verschiedenen Fällen in verschiedener Weise zu bestimmen. Zuweilen scheint diese Frage lediglich nach der Angemessenheit der Beweislast entschieden zu werden, indem man von der behauptenden Partei verlangt, daß sie ihre Tatsachen vorbringe und beweise. Zuweilen scheint man auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge Bezug zu nehmen und solche Behauptungen dem Verklagten aufzuerlegen, von denen man annimmt, daß ihr Inhalt nur ausnahmsweise wahr ist. Am meisten würde es der Logik entsprechen, wenn man Bedingungen unterscheiden wollte, die einerseits erfüllt sein müssen, ehe der Bruch eines Versprechens in Frage kommen kann, und anderseits solche, die, wie die letzterwähnte, die Haftung wieder aufheben, nachdem bereits die Pflicht des Schuldners verletzt war 1 . Allein die Bedeutung des Unterschiedes ist so gering wie möglich, und man kann zweifeln, ob noch ein anderer Fall ersonnen werden kann, der dem soeben besprochenen gleicht. Sehr viel wichtiger ist es, die Grenzlinie zwischen einer Verabredung, die ein Versprechen nur auf bestimmte Fälle beschränken will, und der im eigentlichen Sinne sogenannten Bedingung zu ziehen. Jede Bedingung hat in der Tat einen beschränkenden Einfluß auf das Versprechen, dem sie beigefügt ist, so daß, wie sich auch immer die Sache nach Prozeßrecht gestalten möge 2 , bei dem Ausfalle der Bedingung, wenn der Schuldner gar nichts tut, ein Versprechen ebensogut gehalten und ausgeführt (d. h. nicht verletzt) worden ist, als das Versprechen gehalten sein würde, wenn nach Eintritt der Bedingung der Schuldner die 1
Langd. Contr. (2. Aufl.), § 29. Vgl. Bullen & Leake, Prec. of Plead. (3. Aufl.), Precedent". 2
147
„Conditions
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Pflicht erfüllt hätte. Käme es aber nur hierauf an, so würde jede Bestimmung eines Vertrages, der zufolge der Versprechende irgend etwas zu übernehmen abgelehnt hat, eine Bedingung des Geschäfts heißen können, und das Wort würde dann schlimmer als überflüssig zu sein scheinen. Seine charakteristische Bedeutung ist in der Tat eine ganz andere. Eine mit Recht so genannte Bedingung ist vielmehr ein Ereignis, dessen Eintritt die Partei, zu deren Gunsten die Bedingung in das Geschäft eingerückt ist, berechtigt, den Vertrag als ungeschehen zu behandeln oder ihn anzufechten (avoid), wie man häufig sagt, d. h. auf beide Arten kann sie darauf bestehen, in die Lage zurückversetzt zu werden, in der sie sich vor dem Vertragsabschlüsse befunden hatte. Wenn eine Bedingung als solche ihre Kraft äußert, so gibt sie einem außerhalb des Vertragsinhalts stehenden Zufall eine Gelegenheit, den bestehenden Stand der Dinge zu zerstören. Denn wenn auch der gemeinsame Wille der Parteien sie ins Leben gerufen hat, so hängt doch der Einfluß, den sie ausübt, davon ab, ob eine dieser beiden Parteien sich darauf berufen will. Ist eine Bedingung ausgefallen, so kann die dazu berechtigte Person darauf bestehen, dies geltend zu machen, falls sie will. Sie kann jedoch auch, wenn sie es vorzieht, nach ihrer Wahl den Vertrag aufrechterhalten. Sie entnimmt ihr Recht, den Vertrag zu entkräften, aus der Abrede, aber sie selbst ist es, die die Anfechtung vornimmt. Folgeweise ist es wichtig, die Verabredungen, die diese schroffe Wirkung haben, von anderen zu unterscheiden, die lediglich feststellen, wie weit sich der Inhalt eines Versprechens ausdehnt oder die Ereignisse bestimmen, auf welche der Vertrag sich bezieht. Da wir bereits dargetan haben, daß die Partei auf der ihr günstigen Bedingung nicht notwendigerweise zu beharren braucht, so müssen wir ferner unterscheiden zwischen der Anfechtungskraft, die der Bedingung eigentümlich ist, und ihrem nicht gerade notwendigen, aber doch zuweilen zufällig gegebenen Einfluß auf Auslegung und Abgrenzung des Vertragsinhaltes, einem Einfluß, der ihr ebenso zukommt, wie anderen Vertragsklauseln. Dies wird am besten klar, wenn man sich einen zweiseitigen Vertrag zwischen A und B vor Augen stellt, bei dem das Versprechen des A unter der Bedingung geschieht, daß B das tut, was er seinerseits versprochen hat. Nehmen wir an, daß hier zunächst A auf dem Wege der Vertragserfüllung eine Teilstrecke zurückgelegt hat und sich nunmehr B den Überrest
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des Vertrages zu erfüllen weigert. So wenn z. B. der A als Komniis bei B angestellt ist und mitten in einem Quartal rechtswidrigerweise entlassen wird. Zugunsten des A ist ein solcher Vertrag für die Zukunft von der Bedingung abhängig, daß B sein Versprechen, ihn zu beschäftigen, erfüllt. Mag nun A auf diese Bedingung Gewicht legen oder nicht, jedenfalls ist er zu nichts weiterem verpflichtet, (wenn B ihn entläßt) 1 . Insoweit dient die Bedingimg lediglich dazu, den Vertragsinhalt zu bestimmen Sie stellt klar, daß A für den tatsächlich vorhegenden Fall nichts versprochen hat. Allein abgesehen von dieser Vertragserläuterung, zu der es nicht gerade einer Bedingung bedurfte, kann A nunmehr zwischen zwei verschiedenen Wegen wählen. I n erster Linie kann er sich dazu entschließen, den Vertrag anzufechten. Dann ist die Lage der Parteien so, als ob gar kein Vertrag abgeschlossen wäre, und A für B Arbeiten geleistet hätte, von denen es klar war, daß sie keine unentgeltlichen sein sollten und für die auch kein Lohn festgesetzt worden war. Hier kann er von B verlangen, was seine Dienste nach der Meinung der Geschworenen bei vernünftiger Abschätzung wert sind. Der Vertrag enthält für die Zukunft keine gegenseitige Leistungspflicht mehr, aber trotzdem ist dem A noch ein zweiter Weg zur Auswahl offen, d. h. er kann an dem Vertrag festhalten, falls ihm das lieber ist, und den B wegen Vertragsverletzung verklagen 2 . Li diesem Falle kann er verlangen, daß ihm als Teil seines Schadenersatzanspruches seine Arbeit nach dem vertragsmäßigen Lohnsatze bezahlt werde, ebenso daß B ihn entschädige, weil ihm die Möglichkeit genommen worden ist, die Vertragserfüllung zu vollenden. Aber für die vorliegende Erörterung ist wichtig erstens, daß diese beiden Möglichkeiten sich gegenseitig ausschließen 8 , indem die eine voraussetzt, daß die verletzte Partei sich auf den Vertrag stützt, und die andere, daß der Vertrag beiseite geschoben wird, und zweitens, daß die Arbeitseinstellung des A und seine Untätigkeit, nachdem B den Vertrag gebrochen hat, sich mit jeder der beiden wahlweise gegebenen Möglichkeiten vertragen und tatsächlich mit der vorliegenden Frage (nach der weiteren Vertragsgiltigkeit) nichts zu tun haben. 1
Ygl. C o r t v. A m b e r g a t e , N o t t i n g h a m & B o s t o n & E a s t e r n J u n c t i o n E a i l w a y Co., 17 Q. ß . 127. 2 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. B.G.B. §§ 324, 325. 3 G o o d m a n v. P o c o c k , 15 Q. B. 576 (1850).
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Ich will noch ein Wort hinzufügen, um Mißverständnisse zu vermeiden. Wenn man sagt, daß hier A alles, was er versprochen hatte, auch wirklich getan hat, so heißt es nicht, daß er notwendigerweise dieselbe Entschädigung verlangen kann, als ob er seine Arbeit in dem vollen verabredeten Umfange geleistet hätte. B hat in dem vorausgesetzten Falle versprochen, so und so viel vierteljährlich für die Dienste des A zu zahlen. Und obwohl der Rechtfertigungsgrund des Versprechens des B in dem Versprechen der Dienste von seiten des A lag, so war doch der Inhalt dieses Versprechens auf den Fall beschränkt, daß sie tatsächlich geleistet worden sind. Folgeweise durfte A nicht einfach auf das Ende der Vertragsfrist warten und dann den vollen Betrag verlangen, den er gehabt haben würde, wenn seine Beschäftigung angedauert hätte. Zu einem solchen Verhalten ist er auch nicht einmal deshalb berechtigt, weil die Dienste durch die Schuld des B nicht geleistet werden konnten. B würde einem solchen Ansprüche mit Erfolg entgegentreten können. B haftet nur auf Grundlage eines Versprechens, und er hat auf seiner Seite lediglich nur versprochen, die gesamten Dienste in einem Falle zu bezahlen, der nicht eintrat. Immerhin versprach er aber außerdem, den A zu beschäftigen, und deswegen, weil er dies nicht tat, haftete er für Entschädigung. Ein oder zwei weitere Beispiele werden sich als nützlich erweisen. A verspricht gewisse Waren zu einer bestimmten Zeit und an einen bestimmten Ort zu liefern, und B verspricht, sie abzunehmen und dafür etwas zu zahlen. Am Leistungstage rührt sich keine Partei. Hier würde keiner von beiden gegenüber einer Klage des anderen haftbar sein, und nach dem oben Ausgeführten hat auch jeder alles getan, was er für den vorhegenden Fall versprochen hat, d. h. nichts. Man kann darauf erwidern, daß, wenn A alles, was er mußte, getan hätte, er auch imstande sein würde, den B zu verklagen, da ja alles, was ihm das Klagerecht verschaffen sollte, nur eine Vertragserfüllung oder eine Bereitwilligkeit zur Vertragserfüllung war, und umgekehrt kann man auch dasselbe von B sagen. Wenn man aber anderseits sich entweder den B oder den A als Verklagten vorstellt, so würde die tatsächliche Sachlage in beiden Fällen sie schützen. Schwierigkeiten liegen hier allein in der Frage, welche Worte auf einen solchen Fall anzuwenden sind (nicht in seiner praktischen Behandlung). A und B haben, das ist sicher, ein jeder nichts unterlassen,
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was sie für den gegenwärtigen Augenblick versprochen hatten, weil jeder nur dann eine Tätigkeit versprach, falls der andere bereit und gewillt sein sollte, in demselben Augenblicke zu handeln. Aber die Bereitwilligkeit und der gute Wille zur Erfüllung sind zwar für keinen von beiden nötig und darum nicht Inhalt einer Pflicht, sie sind aber wohl nötig, um die Zusicherung einer Klage für den Gegner zu begründen. Darum haben A und B, obwohl keiner sein Wort gebrochen hat, doch nicht die Bedingimg hergestellt, von der der klagbare Anspruch eines jeden gegen die andere Partei auf eine Leistung abhing. Ob die Partei diese Bedingung erfüllt, hängt lediglich von ihrer freien Wahl ab, bis einer der Teile die Bedingung der Schuld des anderen dadurch erfüllt, daß er seinerseits das Versprochene tut. Allein dies ist Vertragserfüllung in einem anderen besonderen Sinne des Wortes, nämlich „die Erfüllung aller Bedingungen (der gegnerischen Haftung)" und ebenso ein Festhalten am eigenen Versprechen, und nur in diesem anderen Sinne ist die Vertragserfüllung nötig, um dem A oder B ein Klagerecht zu geben. Bedingungen können durch ausdrückliche Worte des Vertrages festgesetzt sein. Darüber läßt sich nichts weiter sagen; denn die Parteien können verabreden, was sie wollen. Allein man kann, auch wenn von einer Anfechtung oder Entkräftung des Vertrages in dessen Inhalte nicht ausdrücklich die Rede war, auf dem Wege der Interpretation Bedingungen gewinnen. Die Natur dieser stillschweigenden Bedingungen, die das Recht in die Verträge hineinliest, bedarf einer Erörterung. Man kann ganz im allgemeinen sagen, daß solche Bedingungen mit den Gründen im Zusammenhange stehen, aus denen offenbar das Geschäft auf seiten der anfechtenden Partei abgeschlossen worden ist, oder mit der Erfüllung des offensichtlichen Vertragsinhaltes. Allein dies genügt noch nicht. I m allgemeinen muß (bei ihnen) die Enttäuschung einer Partei durch eine Rechtswidrigkeit von einer anderen Seite verursacht sein; und die handgreiflichsten Fälle eines solchen Unrechtes sind Betrug und falsche Behauptung oder Nichterfüllung der Vertragspflicht. Betrug nnd falsche Angaben (misrepresentation) müssen somit noch etwas näher in diesem Zusammenhange betrachtet werden. Ich wende mich zunächst den letzteren zu. Wenn man es mit ihnen zu tun hat, so taucht zuerst die Frage auf, ob die falsche Angabe ein Teil des Vertragsinhaltes ist oder nicht. Wenn der Vertrag schriftlich ist und die Angabe inner-
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halb der Urkunde ausgedrückt wird, mag sie nun wesentlich oder unwesentlich sein, so wird die Folge ihrer Unrichtigkeit in der Hauptsache nach denselben Grundsätzen beurteilt werden, die für eine unterbliebene Vertragserfüllung von derselben Seite gilt. Ist der Vertrag mündlich abgeschlossen, so kann im weiten Umfange gestattet sein, die Worte einer vorausgehenden falschen Angabe mit den späteren Worten des eigentlichen Vertragsschlusses in Verbindung zu bringen; ist aber von einer Vertragspartei bestimmt worden, daß die falsche Angabe einen Vertragsteil bilden soll, so gelten dann dieselben Regeln, die wir bei geschriebenen Verhandlungen gefunden haben. Die vor uns liegende Frage richtet sich auf eine falsche Angabe, die zu einem Vertrage verleitet hat, ohne jedoch zu dessen Inhalt zu gehören. Nehmen wir an, daß der Vertrag schriftlich ist, aber die falsche Angabe nicht enthält; berechtigt dann eine solche trügerische frühere Äußerung den Getäuschten in jedem Falle zu einer Anfechtung? Und wenn dies bejaht wird, tut sie es auch in jedem Falle, indem sie sich nicht bis zu der vollen Schärfe eines Betruges erhebt? Der Versprechende kann sagen: „Mir macht es nichts aus, ob du wußtest, daß deine Angaben falsch waren oder nicht. Ich lege nur Gewicht darauf, daß die mir gemachten Angaben wahr sind. Sind sie unwahr, dann leide ich in gleicher Weise, magst du die Unwahrheit kennen oder nicht." I n einer früheren Abhandlung wurde jedoch dargetan, daß das Recht nicht von dem Grundsatze ausgeht, daß jedermann für alle Folgen seiner Handlungen haftet. Jede Handlung ist, von Nebenumständen abgesehen, ohne rechtliche Bedeutung (vergl. oben Seite 52 ff.). Sie bekommt ihre rechtliche Natur von den Nebenumständen her, die dem Handelnden bei ihrer Vornahme bekannt sind. Wenn jemand etwas behauptet und wenn er vernünftigerweise glaubt, daß er dabei aus eigener Kenntnis rede, so widerspricht es den Analogien, die man aus anderen Rechtssätzen herleiten kann, ihm die Gefahr der Unwahrheit aufzuerlegen, sofern er nicht damit einverstanden ist, daß er diese Gefahr auf sich nimmt. Dies traf in dem angenommenen Falle nicht zu, da die falsche Angabe nicht zu einem Vertragsbestandteile gemacht worden war. Ein Betrug kann in verschiedenen Zeitpunkten vorhegen. Er kann zu einem Vertragsabschluß verleiten entweder durch eine Behauptung, die außerhalb des Vertragsinhaltes liegt, oder durch eine solche, die in ihn aufgenommen ist. Aber das Recht
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macht den Vertrag nicht weniger in dem einen Falle, als in dem anderen vom guten Glauben der Parteien abhängig. Als Beispiel möge ein etwas seltsamer Fall dienen. A sagt zu B : Ich habe diese Fässer selber nicht geöffnet, aber sie enthalten Makrelen Nr. 1; denn ich zahlte so und soviel für sie dem X , wobei ein bekannter Kaufmann genannt wird. Demgemäß schreibt A dem B: „Ich will dir den Inhalt der von dir besichtigten Fässer für so und so viel verkaufen", und B nimmt dies Versprechen an. Hinterher stellt sich heraus, daß der Inhalt der Fässer aus Salz bestand. Ich nehme an, daß der Vertrag verpflichtend ist, wenn die Behauptung über den Inhalt im guten Glauben abgegeben wurde, und anfechtbar, wenn sie betrügerisch war 1 . Betrügerische Angaben außerhalb des Vertrages können, wie es scheint, niemals etwas anderes sein, als bloße Motive des Vertragsabschlusses. Geschehen sie außerhalb der Vertragsverhandlungen, so werden sie nicht oft in der Lage sein, die Auslegung des Geschäftes zu beeinflussen. Ein Versprechen in bestimmten Worten hat auch einen bestimmten Sinn, von dem man vermutet, daß der Urheber des Versprechens ihn kennt. Wenn A zu B sagt: ich verspreche dir, dies Faß mit seinem Inhalt zu kaufen, so bezeichnen diese Worte eine Person und eine Sache, die durch Wahrnehmung identifiziert sind, und bezeichnen nichts weiter. Es hegt hier kein Widerspruch innerhalb der Abrede vor, und wenn diese Person bereit ist, diese Sache zu liefern, so kann der Käufer nicht behaupten, daß irgend eine Bestimmung innerhalb des Vertrages nicht berücksichtigt worden sei. Er kann betrügerischerweise dazu bestimmt worden sein zu glauben, daß der B ein anderer Mann desselben Namens sei, und daß das Faß Makrelen enthalte. Aber wie sehr auch sein Glauben in diesen Dingen seine Bereitwilligkeit zu dem Versprechen beeinflußt haben mag, so würde es doch ziemlich kühn sein, deshalb seinen Worten einen anderen Sinn unterzulegen. Sagt man: „Ich verkaufe d i r " , so meint man den Menschen, der vor einem steht, wie er auch heißen möge, und sagt man: „Ich verkaufe den Inhalt dieses Fasses", so paßt dies ebenso gut zu Salz als wie zu Makrelen. 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. über das Recht des B.G.B, des Übersetzers Schrift: der Irrtum als Ursache nichtiger Verträge, Bd. I I , Breslau 1907, Seite 70 ff.
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Es ist ohne Zweifel lediglich im Falle einer Bedingung, die man durch Auslegung in den Vertrag hineinfolgert, richtig, daß der Betrug ein Anfechtungsgrund sein soll. Parteien können, wenn sie wollen, vereinbaren, daß ein Vertrag bindend sein solle ohne Rücksicht auf Wahrheitshebe oder Falschheit einer Partei, die sich etwa außerhalb des Vertragsinhaltes betätigen könnte. Allein das Recht geht, wie schon oben in diesen Abhandlungen gesagt wurde, zwar von moralischen Unterscheidungen und Terminologien aus, endigt aber notwendigerweise bei Maßstäben, die der Außenwelt angehören, und nicht von dem Seelenzustande der einzelnen Personen abhängen. Dies ist auch hinsichtlich des Betruges der Fall. Macht jemand eine Angabe, wobei er Tatsachen kennt, die nach der Beschaffenheit des Durchschnittsmenschen geeignet sind, ihn darauf hinzuweisen, daß seine Behauptung wahrscheinlich falsch sein könnte, und ist diese Behauptung dann wirklich falsch, so ist ihr Urheber, nach der Theorie des Rechtes, des Betruges schuldig, mag er an seine Behauptung geglaubt haben oder nicht. Jedenfalls gehen die Gerichtshöfe von Massachusetts sehr viel weiter. Sie scheinen anzuerkennen, daß eine wichtige Behauptung, die jemand auf Grund seiner Kenntnis macht, oder so macht, daß man vernünftigerweise annehmen muß, sie stamme aus seiner eigenen Kenntnis, als betrügerisch gilt, wenn sie unwahr ist, ohne Rücksicht auf die Gründe, die er gehabt haben mag, um an ihre Richtigkeit und an seine Kenntnis von dieser Richtigkeit zu glauben 1 . Es ist somit klar, daß eine Behauptung vom moralischen Standpunkte entschuldigt sein kann und doch nach der Theorie des Rechtes als betrüglich gelten muß. I n der Tat scheint das Gericht von Massachusetts sich ziemlich schroff von einem Grundsatz losgesagt zu haben, der durch englische Gerichtshöfe, die nach Equity entschieden, aufgestellt war und der oben in einer früheren Abhandlung (vergl. Seite 137) kritisiert worden ist, seitdem man annahm, daß sehr entschiedene Versicherungen von Tatsachen (bei einem Vertragsschlusse) zum mindesten ein Geschworenengericht zu der Annahme bringen, diese Versicherungen seien auf Grund der eigenen Kenntnis der Partei geschehen und daher geeignet, der Partei ein Anfechtungsrecht zu geben, falls sie sich als unwahr herausstellen. Die Ausdrucksweise der Moral verlor 1
F i s h e r v. M e l l e n , 103 Mass. 503.
Neunte Abhandlung.
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ihre Anwendbarkeit, und ein der Außenwelt angehöriger Maßstab der Verantwortlichkeit wurde gewonnen. Aber der Ausgangspunkt ist hierbei nichtsdestoweniger der Betrug, und wenn man von dem Falle des Betruges, wie ihn das Recht auffaßt, absieht, so glaube ich nicht, daß falsche Behauptungen vor dem Vertragsabschlüsse dessen Gültigkeit beeinträchtigen, auch wenn sie unmittelbar zur Vornahme dieses Abschlusses hingeleitet haben. Allein weder der Vertrag noch eine stillschweigende Bedingimg spricht in solchem Falle dafür, daß die fälschlich behaupteten Tatsachen wirklich vorliegen. Sie sprechen nur für die Abwesenheit falscher Angaben. Die aus dem Vertrage ersichtliche stillschweigende Bedingung geht nicht dahin, daß der Empfänger des Versprechens ein gewisser anderer Mann desselben Namens sein soll, auch nicht dahin, daß der Inhalt des verkauften Fasses aus Makrelen bestehen muß, sondern nur dahin, daß der Empfänger des Versprechens nicht über wesentliche Umstände gelogen hat. Hier entsteht die Frage: wie bestimmt man, welche Umstände wesentlich sind ? Wenn diese Umstände nicht durch den Vertrag selbst als wesentlich bezeichnet werden, so können sie nur dann wesentlich sein, wenn es wahrscheinlich ist, daß der Glaube an ihre Richtigkeit zu dem Vertragsabschlüsse hingeleitet hat. Somit ist es nicht richtig, daß, wie man oft sagt, das Recht sich mit den Beweggründen eines Vertragsschlusses überhaupt nicht beschäftigt 1. Umgekehrt: die ganze Bedeutung eines Betruges, der außerhalb des Vertragsschlusses liegt, besteht darin r falsche Beweggründe zu schaffen und wahre zu beseitigen. Und diese Erwägung wird uns einen brauchbaren Maßstab für die Fälle liefern, in denen ein Betrug die Anfechtbarkeit des Geschäftes nach sich zieht. Man sagt, daß eine betrügliche Angabe wesentlich sein muß, um diese Wirkung auszuüben, aber wie kommen wir in die Lage zu entscheiden, ob sie wesentlich ist oder nicht? Ist die obige Beweisführung richtig, so muß man sich an die gewöhnliche Lebenserfahrung wenden, um zu entscheiden, ob der Glaube an die Richtigkeit der behaupteten Tatsache natürlicherweise zum Vertragsabschlüsse hingeführt hat r oder ob ein entgegengesetzter Glaube ihn natürlicherweise verhindert haben würde. Wenn der Glaube an die Richtigkeit einer 1
A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Vgl. hierzu M i t t e i s , Römisches Privatrecht bis auf die Zeit Diocletians I. Leipzig 1908, S. 242, Anm. 21.
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Angabe des andern Teils natürlicherweise weder im allgemeinen noch unter den besonderen Umständen einen solchen Erfolg gehabt haben würde, so ist der Betrug unwesentlich. Ist jemand dazu bestimmt worden, mit einem anderen einen Vertrag zu schließen, weil dieser betrügerischerweise angab, daß er ein Urenkel von Thomas Jefferson sei, so nehme ich nicht an, daß der Vertrag anfechtbar sein würde, es müßte denn die täuschende Vertragspartei wissen, daß nur ihre Lüge aus besonderen Gründen den Vertrag zustande bringen würde. Die Bedingungen oder Gründe einer Vertragsanfechtung, mit denen wir uns bisher beschäftigt haben, sind Bedingungen, die ein Verhalten der Parteien außerhalb des Vertragsschlusses betreffen. Indem ich mich auch noch weiterhin auf Bedingungen beschränke, die durch eine rechtlich gebotene Deutung des Geschäftes gefunden werden, d. h. die nicht unmittelbar und in ausdrücklichen Worten in ein Versprechen eingefügt worden sind, — komme ich jetzt zu solchen Bedingungen, die Tatsachen betreffen, auf die sich der Vertrag in irgendeiner Weise bezieht. Solche Bedingungen können namentlich bei einseitigen Versprechungen vorkommen. Man sagt, daß beim einseitigen Vertrage, bei dem nur der Versprechende redet, Vertragsklauseln zu seinen Gunsten weit leichter durch Interpretation angenommen werden müssen, als das gleiche bei zweiseitigen Verträgen der Fall sein würde, und daß sie in der Tat so ausgelegt werden müssen, weil sie dem Versprechenden gar keinen Vorteil bringen würden, falls man nicht wenigstens aus ihnen die vorausgesetzten Bedingungen (als stillschweigend gesetzt) entnähme, zumal hier grundsätzhch kein Gegenversprechen als Bedingung einer solchen Zusage in Betracht kommt 1 . Ob dieser geistvolle Gedanke eine praktische Bedeutung für die Rechtslehre hat, kann vielleicht bezweifelt werden. Zum Zwecke unserer allgemeinen Übersicht würde es jedoch genügen, wenn wir uns mit zweiseitigen Verträgen beschäftigten, bei denen auf beiden Seiten Versprechen vorliegen, und zugunsten jeder Partei die stillschweigende Bedingung, daß die andere ihr Gegenversprechen erfülle, gesetzt ist. Die Versprechen innerhalb eines Vertrages können sich auf einen gegenwärtigen oder einen zukünftigen Umstand beziehen. Diese Umstände sind nur im letzteren Falle ein Inhalt des Ver1
Langd. Contr. (2. Aufl.) § 33.
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sprechens, aber in dem ersten Falle können sie immerhin wesentliche Geschäftsbestandteile sein. Hier kehren wir wieder zu dem Recht der Parteiangaben bei Vertragsschlüssen zurück, aber von einem neuen Gesichtspunkte. Sind sie ein Teil des Vertragsinhaltes, so ist es immer möglich, daß ihre Richtigkeit als Vertragsbedingung gelten soll, ohne jede Rücksicht darauf, ob sie betrügerische sind. Und dies ist oft der Fall. Immerhin ist nicht jede Angabe, die in die Vertragsworte eingekleidet ist, von einer Partei in dem Sinne geschehen, daß sie zugunsten der anderen Partei als Bedingung des Geschäftes gelten soll. Nehmen wir an, daß A verkaufen und B kaufen will und zwar das sieben Jahr alte gelbbraune Pferd mit Namen Eclipse, welches sich zurzeit im Besitz des B befindet, damit er es erprobe, und nehmen wir ferner an, daß das Pferd nicht gelbbraun, sondern kastanienfarbig war. Ich meine nicht,, daß A aus diesem Grunde die Bezahlung des Pferdes bei Unrichtigkeit des Behaupteten würde verweigern können. Wäre das Recht so töricht, auf die bloße formelle Richtigkeit hinzuzielen, so könnte man sagen, daß in der Tat auch in diesem Falle ein Widerspruch zwischen dem Vertragsinhalt und der Wirklichkeit vorliege, ganz ebenso wie in dem Falle des Verkaufes gewisser Fässer mit Makrelen, bei denen sich herausstellte, daß sie Salz enthielten. Würde man diese Ansicht annehmen, so würde hier nicht bloß ein bedingter Vertrag vorliegen, sondern überhaupt gar kein Vertrag. Allein in Wahrheit liegt hier ein Vertrag vor und zwar nicht einmal ein bedingter. Wie bereits gesagt ist, macht nicht jeder Widerspruch zwischen Abrede und Wirklichkeit einen Vertrag nichtig, und nicht jeder Mangel in dem Inhalt des Gegenversprechens macht dieses anfechtbar. I n unserem Falle ist es ganz klar, daß der Käufer genau weiß, was er bekommen soll, und deshalb hat der Irrtum über die Farbe keinen Einfluß auf das Geschäft 1. Wenn anderseits ein Vertrag eine betrügerische Angabe in sich enthielte, die den anderen Teil irre geführt hat, so würde er ebenso anfechtbar sein, als wenn die falsche Angabe schon vor seinem Abschlüsse geschehen wäre. Allein sogar bloß beschreibende Worte in einem Vertrage sind sehr häufig so gemeint, daß sie ein Versprechen enthalten, und zwar das zuweilen so 1
Vgl. die Auseinandersetzung in Sachen D i m e c h v. C o r l e t t , 12 Moo. P. C. 199, in der Sache ß e h n v. B u m e s s , 3 B. & S. 751, 760.
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genannte Garantieversprechen, ohne Rücksicht, ob die Angaben betrügerisch waren oder nicht. Ob nun gewisse Worte ein solches Versprechen enthalten oder nicht, muß von dem Gerichtshof nach gesundem Menschenverstand im Hinblick auf den Sinn der Worte und die Bedeutung der behaupteten Tatsachen für den Vertrag usw. entschieden werden. Wenn jedoch nach richterlicher Entscheidung beschreibende Worte ein Garantieversprechen in sich schließen, so bedeutet diese Entscheidung nicht bloß, daß die Partei, die die Worte braucht, sich verpflichtet, für deren Wahrheit einzustehen, sondern auch noch, daß diese Wahrheit eine Bedingung des Vertragsschlusses sein soll. So lag zum Beispiel in dem Falle eines einflußreichen Urteiles 1 die Abrede vor, daß des Klägers Schiff, welches sich damals angeblich im Hafen von Amsterdam befand, so schnell wie möglich nach Newport in England gehen sollte, um hier eine Ladung Kohlen für Hon Kong einzunehmen. Als der Frachtvertrag abgeschlossen wurde, befand sich das Schiff aber nicht in Amsterdam, sondern kam erst vier Tage später dorthin. Der Kläger wußte, daß der Verklagte den Zeitpunkt der Abreise für wesentlich hielt. Es wurde angenommen, daß die Gegenwart des Schiffes im Hafen von Amsterdam im Augenblicke des Vertragsabschlusses eine Bedingung des Geschäftes war, deren Ausfall den Beklagten dazu berechtigte, die Einladung der Ware zu verweigern und den Vertrag anzufechten. Wollte man die Ansicht annehmen, daß eine Bedingung immer ein zukünftiger Umstand sein müsse und daß ein Versprechen, das einen vergangenen oder gegenwärtigen Umstand zur Bedingung macht, entweder ein gegenseitiges Versprechen in sich schließe, oder überhaupt kein Versprechen, so würde daraus folgen, daß der Beklagte in diesem Falle gar kein Versprechen abgegeben hatte 2 . Er hatte etwas nur dann versprochen, wenn Umstände vorlagen, welche in Wahrheit nicht vorhanden waren. Ich habe bereits ineine Einwendungen gegen eine derartige Betrachtung solcher Fälle erhoben 8 und will nur hinzufügen, daß die Gerichtshöfe, so viel ich sehe, diese Auffassungsweise nicht sanktionieren, es jedenfalls in dem vorliegenden Beispiele nicht getan haben. Es gibt noch einen anderen Grund, aus dem manche einen Frachtvertrag der angegebenen Art unter den vorliegenden Um1 2 3
B e h n v. B u r n e s s , 3 B. & S. 751. Langd. Contr. (2. Aufl.), § 28, p. 1000. Vgl. Abh. V I I I .
Neunte Abhandlung. ständen für nichtig und überhaupt für keinen Vertrag halten, anstatt ihn bloß als anfechtbar anzusehen. Allein auch dieser Grund steht ebenfalls mit Vorentscheidungen im Widerspruch, und nichtsdestoweniger war ich nicht immer imstande, ihn völlig zu meiner eigenen Zufriedenheit zu widerlegen. I n dem angegebenen Beispiele betraf die falsche Angabe des Verfrachters das Schiff selbst und umfaßte somit auch die Schilderung der Leistimg, die der Befrachter zu übernehmen versprach. Mir ist nicht ganz klar, warum nicht hier ebenfalls ein so verhängnisvoller Widerspruch zwischen den Vertragsbestimmungen der beiden Teile anzunehmen ist, wie wir ihn vorfanden, als jemand Salzfässer kaufte, die als Makrelenfässer beschrieben worden waren. Warum ist der Widerspruch unter den beiden Punkten des Vertragsinhaltes, erstens, daß die verkaufte Sache in diesen Fässern steckt, und zweitens, daß sie aus Makrelen besteht, für die Gültigkeit des Vertrages verhängnisvoll? Es ist dies der Fall, weil jede dieser Bestimmungen den Ursprung und den wesentlichen Kern des Vertrages betrifft 1 , — und man den Käufer nicht dazu zwingen kann, eine Sache zu nehmen, die nur der einen von den beiden Vertragsbestimmungen entspricht, aber nicht der anderen, ohne ihn dazu zu nötigen, etwas von dem Versprochenen im wesentlichen verschiedenes zu tun, und endlich, weil ein Versprechen eine Sache zu nehmen, die zugleich den beiden im Vertrage angegebenen Merkmalen (Faßinhalt und Makrelen) entspricht, in einem wichtigen Punkte in sich selbst widerspruchsvoll ist. W i r aber haben gesehen, daß das Recht sich nicht auf bloß logische Gesichtspunkte gründet, und daß daher nicht jeder geringe Widerspruch innerhalb eines Vertrages das Geschäft auch nur anfechtbar macht. Bezieht sich aber anderseits der Widerspruch auf Punkte des Inhaltes, die beiderseits wesentlich sind, so ist er für das Bestehen des Vertrages verhängnisvoll. Wie entscheiden wir nun, ob ein Punkt im Vertragsinhalt wesentlich ist? Am besten ist dies sicherlich daraus zu ersehen, wie die Parteien sich zu diesem Punkte gestellt haben. Haben sie sich nicht näher hierüber ausgedrückt, so müssen wir auf die Redeweise und das Verhalten des täglichen Lebens sehen2, und sagen, daß, wenn bei Abwesen1 1. K e n n e d y v. P a n a m a & c. M a i l Co., L. K. 2 Q. B. 580, 588; L y o n v. B e r t r a m , 20 How. 149, 153; vgl. Windscheid, Pand., § 76, nn. 6, 9. 2 W i n d s c h e i d , Pand., § 76 (4). Vgl. im allgemeinen ebenda nn. 6, 7, § 78, pp. 206, 207; § 82, pp. 216 ff.
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heit des fraglichen Punktes der Geschäftsgegenstand ein ganz anderer würde, sein Vorhandensein für das Bestehen der Abrede wesentlich ist. Die Parteien können jedoch verabreden, daß ein noch so unbedeutendes Ding als wesentlich gelten soll, ebenso daß ein immerhin sehr bedeutendes Ding unwesentlich sein soll, und wenn das wesentliche Ding ein Teil einer vertragsmäßig beschriebenen bestimmten Sache ist, die zugleich in sinnlich wahrnehmbarer Weise identifiziert wird, wie kann dann ein Vertrag bestehen, falls dies Ding fehlt, und wie kann ein solches Bestehen dann noch eher angenommen werden, als wenn die Sache nach der Ausdrucksweise des Volkes ihrer Art nach von der für sie verwendeten Bezeichnung verschieden wäre? Die Eigenschaften, die die Identität oder Verschiedenheit irgend einer Sache für die Zwecke eines Vertrages regeln, werden nicht von einem Naturforscher wie etwa A g a s s i z oder D a r w i n bestimmt, auch nicht von der großen Masse des Publikums, sondern durch den Willen der Parteien, welcher nach ihren Zwecken entscheidet, daß die charakteristischen Eigenschaften, auf die man Gewicht legt, so oder so beschaffen sein sollen1. Falls dies wahr ist, wann ist dann wohl besser bewiesen, daß ein bestimmtes Erfordernis wesentlich ist, und daß ohne dieses Erfordernis der Geschäftsinhalt von der Beschreibung des Geschäftsgegenstandes abweicht, als bei dem Nachweise, daß ein Garantieversprechen für das Vorhandensein dieses Erfordernisses von dem einen Teil verlangt und dem anderen gegeben worden ist? Allein die vertragsmäßige Behauptung, daß ein Schiff zurzeit in Amsterdam im Hafen liege, enthält zwar in sich ein stillschweigendes Garantieversprechen, aber trotzdem scheint man sie nicht so aufgefaßt zu haben, als ob sie (bei ihrer Unrichtigkeit) den Vertrag in sich widerspruchsvoll und darum nichtig mache, sondern lediglich als eine Bemerkung, die dem Verklagten das Recht gab, den Vertrag anzufechten 2. Sogar ein ausdrückliches Garantieversprechen von Eigenschaften bei Kaufverträgen hat die erwähnte Bedeutung nicht und gestattet in England dem Käufer in der Tat nicht, den Vertrag anzufechten, wenn es nicht den Erwartungen gemäß erfüllt wird. In diesem letzten Punkt 1
Vgl. J h e r i n g , Geist d. röm. R. § 48. I I I . p. 116. (Französ. Übersetzung). 2 Vgl. immerhin, was der Richter Crompton sagt in s. c., 1 B. & S. 877. Vgl. 2 Kent, Comm. (12 Aufl.), 479, n. 1, A. (c).
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weicht das Recht von Massachusetts von dem englischen Rechte ab. Man hat für die englische Rechtslehre der Kaufverträge die Erklärung versucht, daß, sobald das Eigentum übergegangen ist, der Käufer bereits einen Vorteil aus dem Vertrage genossen hat und daher den Verkäufer nicht vollkommen in den früheren Zustand wieder einsetzen kann, wie das geschehen muß, wenn ein Vertrag angefochten wird 1 . Diese Ausführung halte ich für zweifelhaft, sogar insofern, als man daraus beweisen will, daß der Vertrag nicht anfechtbar sei, sie hat aber gar keine Kraft, um darzutun, daß er nichtig sei. Denn wenn der Vertrag nichtig ist, so liegt kein Titel für den Eigentumsübergang vor. Man kann sagen, daß in dem Versprechen des Verfrachters kein innerer Widerspruch liege, weil er ja nur verspreche, ein gewisses Schiff zu verladen, und daß, sobald die Verpflichtung fällig wird, die Worte „mein Schiff, welches jetzt im Hafen von Amsterdam liegt", schon bereits der Vergangenheit angehören und keinen Teil der Beschreibung des Schiffes, dessen Befrachtung er in Zukunft versprach, bilden. Allein in dem Augenblick, in dem, wie entschieden wurde, diese Worte wesentlich waren, wurden sie zu einem Teile der Beschreibung des Schiffes, und das Versprechen bedeutete dann, daß ein gewisses Schiff mit Namen Martaban verladen werden sollte, und zwar ein solches, welches bei dem Vertragsabschluß im Hafen von Amsterdam lag. Wenn man den Vertrag so erläutert, so enthält er einen Widerspruch in sich. Wahrscheinlich liegt die richtige Lösung in praktischen Erwägungen. Auf jeden Fall hat das Recht bei inneren Widersprüchen eines Vertragsinhaltes drei Grade der Wirkung aufgestellt. Ist eine der in sich widerspruchsvollen Vertragsbestimmungen völlig bedeutungslos, so wird der Widerspruch einfach nicht beachtet oder erzeugt höchstens einen Schadenersatzanspruch. Das Recht hat keine Neigung dazu, einen Vertrag wegen inneren Widerspruches der vorliegenden Bestimmungen als nichtig anzusehen, Wenn die Unrichtigkeit dieser Bestimmungen nicht einmal dem einen Teile das Recht geben würde, seinerseits die Erfüllung zu verweigern, falls ihr Inhalt einfach von dem andern versprochen worden wäre. Wenn anderseits im einen oder anderen Falle die widerspruchsvollen Bestimmungen von der größten Bedeutung 1
B e h n v. B u r n e s s , 8 B. & S. 751, 755, 756.
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sind, so daß, falls eine von ihnen unbeachtet bliebe, man den übrigen Inhalt des Versprechens oder Geschäfts nicht würde erzwingen können, ohne dabei einer Partei ebensowohl ihren Geschäftszweck zu vereiteln als auch ein wesenthch anderes Geschäft aufzunötigen, dann wird das Versprechen nichtig sein. Es gibt allerdings eine Mittelklasse von Fällen, in der es der enttäuschten Partei überlassen bleibt, eine Entscheidung (über die Geltung des Geschäftes) zu treffen. Allein, da die Grenzlinien zwischen den drei Gruppen von sehr unbestimmter Art sind, so überrascht es uns nicht, daß man sie in verschiedenen Rechtsgebieten in verschiedener Weise gezogen hat. Die mitgeteilten Beispiele für Versprechen unter bestimmten gegenwärtigen Umständen beschränkten sich auf solche Zusicherungen, die die Beschaffenheit des Hauptgegenstandes des Vertrages berührten. Natürlich ist ihre juristische Bedeutsamkeit nicht auf dieses Gebiet eingeengt. Auch andere Tatsachen können ebenso gut bei einem Vertrage gewährleistet werden, und wahrscheinlich können Beispiele dafür in Fällen gefunden oder erdacht werden, in denen der einzige Zweck der Gewährleistung offenbar dahin ging, in den Vertrag zum Besten der anderen Partei eine Bedingung einzuschieben, und in denen ohne Frage sogar noch mehr als eine Bedingung vorlag, — nämlich ein innerer Widerspruch in dem Gesagten, der einen Vertrag überhaupt nicht zustande kommen ließ. Aber für den gegenwärtigen Zweck genügen die oben gegebenen Beispiele. Von der Zusicherung, daß gewisse Umstände zur Zeit des Vertragsabschlusses wahr sind, können wir nunmehr zu den Zusicherungen übergehen, daß gewisse Umstände in späterer Zeit wahr werden sollen, das heißt zu den eigentlichen Versprechen im strengen Sinne dieses Wortes. Es fragt sich, in welchem Falle die von der einen Seite geschehene Erfüllung des Versprechens eine Bedingung für die vertragsmäßige Schuld auf der anderen Seite ist. In der praktischen Anwendung kann diese Frage leicht mit einer anderen identifiziert werden, die, wie oben gezeigt wurde, davon verschieden ist, nämlich mit der Frage, in welchem Falle die Erfüllung auf der einen Seite eine Bedingung für das Recht der anderen Partei auf Erfüllung ist. Es ist natürlich begreiflich, daß man ein Versprechen auf den Fall der Erfüllung des Gegenversprechens beschränkt, und daß die Nichterfüllung dieses letzteren nicht ohne weiteres ein Recht auf Anfechtung des Vertrages gibt. W o immer eine Partei bereits einen wichtigen H o l m e s - L e o n h a r d , Recht E n g l a n d s und Nordamerikas.
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Vorteil aus dem Vertrage erlangt hat, der seiner Art nach nicht zurückgegeben werden kann, da käme eine Anfechtung zu spät, so schwer auch die Vertragsverletzung sein mag, die hinterher von der anderen Seite begangen wird. Ja, der Verletzte wird sogar entschuldigt, sofern er in der Ausführung des Vertrages nicht fortfährt. Man nehme an, daß für die Arbeit eines Monats ein Vertrag geschlossen ist mit einer Anzahlung von .zehn Dollar an den Arbeiter, die nicht zurückverlangt werden können, sofern nicht durch die Schuld des Empfängers der Vertrag hinfällig wird, während noch weitere dreißig Dollar am Ende des Monats gezahlt werden sollen. Sollte nunmehr der Arbeiter seine Tätigkeit rechtswidrig nach 14 Tagen einstellen, so nehme ich nicht an, daß dann der Vertrag angefochten und der Betrag von zehn Dollar als grundlos empfangenes Geld zurückgefordert werden kann 1 . Allein anderseits würde der Arbeitgeber nicht verpflichtet sein, die 30 Dollar zu zahlen, und er kann auch natürlich auf Schadenersatz aus dem Vertrage klagen 2 . In der Regel wird jedoch ein Vertragsbruch, der den Empfänger des Versprechens von weiterer Vertragserfüllung seiner Seite frei macht, ihm zu gleicher Zeit auch ein Anfechtungsrecht geben, so daß durch die gewöhnliche Verwechslung der beiden Fragen kein großer Schaden geschieht. W o das Versprechen auf der einen Seite auf den Fall der Erfüllung von der anderen beschränkt ist, da setzt der Vertrag im allgemeinen diese Erfüllung auch als Bedingung. Im Folgenden will ich beachtenswerte Rechtsfälle mitteilen, indem ich die Frage umgehe, ob der Vertrag im strengen Sinne des Wortes durch die Erfüllung des Versprechens von der einen Seite bedingt war, oder ob er richtigerweise nur dahin zu deuten war, daß sich das Versprechen von der anderen Seite auf den Fall dieser Erfüllung beschränkte. Wie wollen wir nunmehr feststellen, ob solch eine Bedingung vorliegt? Man kann leicht in Irrtum verfallen, wenn man zu sehr nach Einfachheit der Gedanken strebt und sich zu sehr anstrengt, alle Rechtsfälle auf künstliche Vermutungen zurückzuführen, die weit weniger einleuchten, als die richterlichen Entscheidungen, die, wie man glaubt, durch sie zu erklären sind. Die Grundlage dieses ganzen Rechtszweiges ist alles in allem 8
Vgl. A n g l o - E g y p t i a n N a v i g a t i o n c. P. 271. 2 E l l e n v. T o p p , 6 Exch. 424.
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gesunder Menschenverstand, wie die Gerichtshöfe öfters ausgesprochen haben. Das Recht beabsichtigt den Parteiwillen zu verwirklichen, und sofern die Parteien nicht vorher an einen später eingetretenen Umstand gedacht haben, muß das Recht bestimmen, was die Parteien natürlicherweise gewollt haben würden, wenn sie ihre Aufmerksamkeit auf den erwähnten Umstand gerichtet hätten. Man wird dabei bemerken, daß die unmittelbare Redeweise der Parteien und die weiter hergeholten Schlüsse auf das, was die Parteien gewollt haben müssen oder gesagt haben würden, falls sie überhaupt gesprochen hätten, in unmerklicher Weise ineinander überfließen. L a n g d e l l richtete die Aufmerksamkeit auf einen sehr wichtigen Grundsatz, der ohne Zweifel zugleich auf manche richterlichen Entscheidungen Licht wirft 3 . Es ist dies der Umstand, daß bei zweiseitigen Verträgen zwar jedes Versprechen durch das Gegenversprechen gerechtfertigt wird, aber doch auf den ersten Blick die Zahlung für das vom anderen Teil Geleistete zugleich eine Vertragserfüllung des Zahlenden in sich zu schließen scheint. Die Vertragserfüllunjg auf der anderen Seite ist das, was jeder als Gegenleistung seiner eigenen Leistung zu erhalten glaubt. Wenn A ein Faß Mehl dem B verspricht und B ihm dafür zehn Dollar zusagt, so glaubt A die zehn Dollar für sein Mehl zu bekommen und B das Mehl für die zehn Dollar. Ist für keine der beiden Handlungen ein Zeitpunkt festgesetzt, dann kann keiner vom anderen die Erfüllung des Vertrages verlangen, wenn er nicht im selben Augenblicke auch seinerseits zur Erfüllung bereit ist. Aber dieser Grundsatz des Gleichgewichtes der beiden Erfüllungen ist nicht der einzige, den man aus der Beschaffenheit der beiden Versprechen ziehen muß, auch ohne daß man ihren Inhalt weiter beachtet, und er ist auch nicht als solcher in Langdells Werk aufgeführt. Ein anderer sehr klarer Grundsatz findet sich bei Kauf- und Mietsverträgen und dergleichen. Hier dienen die Eigenschaften oder charakteristischen Merkmale, die der Eigentümer der zu liefernden Sache als vorhanden zusichert, dazu, die Sache, die der andere Teil entgegenzunehmen verspricht, zu beschreiben. Fehlt eine der versprochenen Eigenschaften der angebotenen 1
Contracts (2. Aufl.), § 106 und gelegentlich.
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Sache, so kann der Käufer sie nicht bloß deswegen zurückweisen, weil ihm nicht der Entgelt für die Erfüllung seines Versprechens angeboten worden ist, sondern jedenfalls aus dem Grunde, daß er das ihm tatsächhch angebotene Ding anzunehmen überhaupt nicht versprochen hat 1 . W i r haben gesehen, daß überall, wo ein Vertrag von der Lage spricht, in der sich der Vertragsgegenstand in einem früheren Augenblicke, als dem Augenblicke der Lieferung befand, die angegebene Lage der Sache nicht immer so angesehen werden kann, als ob sie in die Beschreibung des später zu liefernden Dinges mit aufgenommen sei. Allein ein solcher Ausweg liegt hier nicht vor. Es gibt nichtsdestoweniger, selbst bei Fällen der vorliegenden Art, Grenzen für das Recht, eine Leistung zurückzuweisen. Ist die versprochene Sache individuahsiert, dann ist sie zuweilen ein klares Beispiel für den besondern Wert der Identifizierung einer Sache durch sinnliche Wahrnehmungen der Parteien. Eine Entscheidung ging soweit, anzuerkennen, daß die Erfüllung eines ausführbaren Kaufvertrages über eine individualisierte Sache nicht deshalb zurückgewiesen werden könne, weil die Sache der garantierten Eigenschaften entbehre 2. Ein anderer Grundsatz für die Abhängigkeit eines Geschäftes von der Beschaffenheit des Vertragsschlusses ist, daß die Erfüllung des Versprechens von der einen Seite offenbar geschehen sein kann, um für die Erfüllung des Versprechens von der anderen Seite die Mittel zu hefern. Wenn ein Pächter Reparaturen verspricht und der Gutsherr ihm zusichert, zu diesem Zwecke Holz zu liefern, so hängt nach den Anschauungen unserer Zeit, wie auch immer alte Entscheidungen gelautet haben mögen, die Ausbesserungspflicht des Pächters davon ab, daß ihm der Gutsherr auf seinen Wunsch das Holz liefert 8 . 1 C h a n t e r v. H o p k i n s , 4 M . & W . 399, 404. Möglicherweise hat man in dieser Art den oben erwähnten Rechtsfall B e h n y. B u r n e s s behandelt. Das angebotene Schiff war nicht ein Schiff, das sich im Augenblicke des Vertragsabschlusses im Hafen von Amsterdam befand. Es war demnach kein solches Schiff, wie es der Vertragsinhalt verlangte. 2
H e y w o r t h v. H u t c h i n s o n , Benj. Sales (2. Aufl.), pp. 742 ff. 8
L. R. & Q. B. 447, besprochen von
Vgl. T h o m a s v. C a d v a l l a d e r , Willes, 496; Langd. Contr. (2. Aufl.) §§ 116, 140. Diese Entscheidung spricht angeblich von der Gleichwertigkeit
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Ein anderer Fall von etwas eigenartigem Charakter liegt vor, wenn eine Partei in einem zweiseitigen Vertrage zusagt, gewisse Dinge zu tun und daneben auch noch für ihre Erfüllung Bürgen zu stellen. Hier entspricht es offenbar dem gesunden Menschenverstände, die Stellung des Bürgen als eine Erfüllung der von der anderen Seite gesetzten Bedingung anzusehen, wenn dies möglich ist; denn der Umstand, daß die eine Partei Bürgen verlangt, beweist, daß sie sich nicht auf das einfache Versprechen der anderen verlassen wollte. Das würde sie aber tun müssen, wenn sie erfüllen müßte, ohne daß ihr vorher die Bürgschaft gegeben war, wodurch dann der eigentliche Zweck der erwünschten Bürgschaft verfehlt sein würde 1 . Diese letzte Entscheidung erweist, was sich jedem, der die Vorentscheidungen studiert, in hohem Maße aufdrängt, daß schließlich der wichtigste Entscheidungsgrund in unserer Frage weder ein technisches, noch überhaupt ein allgemeines Vertragsprinzip ist, sondern eine Beachtung der Beschaffenheit der einzelnen Fälle, also eine praktische Tätigkeit. Nehmen wir an, daß A dem B ein Tagewerk für zwei Dollar verspricht und B dem A zwei Dollar für das Tagewerk. Hier können die beiden Versprechen nicht im selben Augenblicke erfüllt werden. Die Arbeit wird den ganzen Tag ausfüllen, die Bezahlung nur eine halbe Minute. Wie will man da entscheiden, was zuerst geschehen muß, daß heißt, welches der beiden Versprechen von der Erfüllung der anderen Partei abhängt? Dies kann nur dadurch geschehen, daß man auf die Gewohnheiten des menschlichen Zusammenlebens oder auf Zweckmäßigkeitsrücksichten Bezug nimmt. Es genügt nicht zu sagen, daß nach dem Grundsatz des Gleichgewichtes der Leistungen nicht vermutet wurde, daß jemand etwas bezahlen wolle, ehe er es hat. Die Arbeit ist der Entgelt für das Geld ebenso wie das Geld für die Arbeit. Eins von der Entgelte; doch wurde ihre im Texte angegebene Erläuterung als richtig angesehen. Schwerlich redet sie von einer wirklichen Bedingung, sondern nur von einer Abgrenzung des Inhalts des Versprechens des Pächters. So kann ein Versprechen einer Lehrlingstätigkeit gegen vertragsmäßige Verpflichtung des Meisters, den Lehrling zu unterrichten, nur dann ausgeführt werden, wenn der Meister zur Erteilung des Unterrichts bereit ist, und ist daher seinem Inhalte nach auf diesen Fall beschränkt. Vgl. E l l e n v. T o p p 6 Exch. 429. 1 L a n g d e l l , Contracts (2. Aufl.) § 127; vgl. R o b e r t s v . B r e t t , 11 H. L. C. 387.
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beiden muß im voraus geleistet werden. Fraglich ist nur, weshalb, obwohl man sonst nicht vermutet, daß jemand Geld zahlen will, bevor er die Gegenleistung bekommen hat, dennoch gerade hier vermutet wird, daß der andere das Entgelt geben wolle, ehe er das Geld empfangen hat. Aus einer allgemeinen Theorie kann hierauf keine Antwort erlangt werden. Die Tatsache, daß der Arbeitgeber und die Klasse der Arbeitgeber für den geschuldeten Arbeitslohn in höherem Maße kreditwürdig scheint, als der Beschäftigte für die Arbeit, ferner, daß die Arbeitgeber die politische Macht in Händen hatten und Gesetzgeber waren, oder andere Erwägungen, gleich viel welcher Art, haben dahin geführt, daß die Arbeit vor der Bezahlung geleistet werden muß. Allein die Gründe der Entscheidung sind rein praktische und können aus Regeln der Grammatik oder Logik niemals gewonnen werden. Eine Berücksichtigung praktischer Erwägungen wird man innerhalb dieses ganzen Rechtszweiges immer wieder finden. Man beachte ein anderes Beispiel. Der Kläger verkaufte dem Verklagten eine sogenannte Donskoywolle, die vom Kläger in Odessa aufs Schiff geladen und in England abgeliefert werden sollte. Unter den Bestimmungen dieses Vertrages befand sich auch, daß die Namen der beladenen Schiffe dem Käufer sofort nach der Verladung mitgeteilt werden sollten. Der Verklagte hob hervor, daß die Wolle mit Wissen beider Teile zu dem Zwecke verkauft war, sie im Geschäftsbetriebe des Verklagten weiter zu verkaufen. Daß der Artikel von schwankendem Werte war und nicht verkauft werden konnte, wenn dem Verkäufer nicht die Namen der Schiffe, auf denen er sich befand, bei dem Vertragsschlusse angegeben würden, daß jedoch der Kläger diese Namen nicht der Vereinbarung gemäß mitgeteilt hatte. Die Entscheidung des Gerichtshofes ging vom Baron P a r k e , einem der größten Juristen, die jemals lebten, aus. Und doch dachte er auch nicht im Traume daran, seine Entscheidung auf technische oder rein logische Gründe zu stützen, sondern, nachdem er in den oben angegebenen Worten die nach seiner Meinung wesentlichen Umstände hervorhob, um zu entscheiden, ob die Angabe der Schiffsnamen eine Bedingung für die Übernahmepflicht darstellte, gab er als Entscheidungsgrund folgendes an: „Wir nehmen an, daß hier eine vorhergehende Bedingung vorhegt, indem wir auf die Natur des Vertrages blicken und auf die große Bedeutung dieser Bedingung
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für den Zweck der Abrede, den ihr beide Teile wissentlich beilegten" \ 1
G r a v e s v. L e g g , 9 Exch. 709. Vgl. Langd. Contr. (2. Aufl.), § 33 p. 1004. Langdell sagt, daß ein gekauftes Schuldpapier, obwohl es Gegenstand eines zweiseitigen Geschäftes war, doch nur Träger einer einseitigen Verpflichtung ist, und daß, wie man vermuten könne, der Wortlaut des Vertrages, auf den sich die Parteien berufen, von einem gekauften Schuldpapier redet und so eine Bedingung zugunsten des Verklagten, der den Vertrag abschloß, enthält. Ich verstehe nicht völlig, wie man dies annehmen kann, wenn der Klagegrund von einem zweiseitigen Vertrage redet, und die Frage dadurch entstand, daß einem tatsächlichen Einwände ein Rechtseinwand (demurrer to a plea, vgl. oben S. 84, Anm. 3) beigefugt wurde des Inhalts, der Kläger sei „durch die Abrede zur Angabe der Namen der Beteiligten verpflichtet." Man wird begreifen, wie weit diese Erläuterung Langdells von dem wirklichen Grunde der getroffenen Entscheidung abliegt.
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Zehnte Abhandlung.
Rechtsnachfolge. — I. von Todes wegen. — II. unter Lebenden. I n der Abhandlung, die von Besitz sprach, suchte ich nachzuweisen, daß der Begriff eines'Rechtsbesitzes innerlich sinnlos ist. Alle Rechte sind Folgen, die sich an eine Sachlage anknüpfen und sie in ihrem Werte vervollständigen. Ein Recht, welches durch Besitz erworben werden kann, unterscheidet sich von anderen Rechten lediglich dadurch, daß es sich an eine Lage anknüpft, die ihrer Art nach hintereinander von verschiedenen Personen eingenommen werden kann, oder auch durch eine einzige, ohne Hinblick auf die Rechtmäßigkeit dieses Verhaltens, wie das der Fall ist, wenn die von jemand eingenommene Lage darin besteht, daß er eine greifbare Sache in seiner Gewalt hat. Wenn ein Recht dieser Art von der Rechtsordnung anerkannt ist, dann ist es nicht schwer, es auf einen anderen zu übertragen, oder genauer: es ist nicht schwer, daß verschiedene Personen hintereinander ähnliche Rechte an demselben Gegenstande genießen. Wenn A ein Pferd oder ein Grundstück besitzt und diesen Besitz zugunsten des B aufgibt, so stehen die von B erworbenen Rechte auf derselben Grundlage, wie vorher die Rechte des A. Die Tatsachen, aus denen die Rechte des A entsprangen, treffen fortan bei A nicht mehr zu, sondern bei B. Die Folgen, die das Recht an diese Tatsachen anknüpft, treten nunmehr für B ein, wie sie vorher für A galten. Die tatsächliche Lage, aus der die Rechte entspringen, ist eine andauernde, und jeder, der diese Lage für sich gewinnt, gleichviel wie, hat die an sie angeknüpften Rechte. An einem Vertrage ist jedoch kein Besitz möglich. Der Umstand, daß erstens der A dem B gestern etwas zuwandte, was ein Versprechen des B an A rechtfertigte, und daß zweitens
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dies Versprechen hierauf erfolgt ist, kann nicht durch den X ergriffen und von dem A auf X übertragen werden. Das einzige, was hier übertragen werden kann, ist der Vorteil oder die Verpflichtung, die aus dem Versprechen hervorgeht, und wie können diese von den Tatsachen losgelöst werden, aus denen sie entstanden sind 1 ? Wie, um.es kurz zu sagen, kann jemand klagen oder verklagt werden aus einem Versprechen, an dem er keinen Anteil hatte? I n den bisherigen Ausführungen wurde, wo wir uns mit einem besonderen Recht oder einer besonderen Pflicht beschäftigten, angenommen, daß die Tatsachen, aus denen eines von ihnen entsprang, bei einer bestimmten Person zutrafen, die berechtigt oder verpflichtet war. Allein oftmals geschieht es, namentlich im Rechte der Gegenwart, daß jemand ein besonderes Recht erwirbt und erzwingen kann, obwohl die Tatsachen, aus denen es entsprang, bei ihm entweder gar nicht zutrafen oder nur zum Teil. Eine der Hauptfragen der Rechtslehre ist eine Erläuterung des Mechanismus, der ein solches Ergebnis herzustellen vermag 2. Man wird die Beohachtung machen, daß die Frage sich nicht auf das ganze Gebiet der Rechtsbefug^i isse ausdehnt. Manche Rechte können durch keinen Kunstgriff und kein Hilfsmittel übertragen werden; z. B. das Recht des Menschen auf körperliche Sicherheit oder auf guten Ruf. Andere wiederum bilden nur ein Stück der Besitzvorteile, und es ist innerhalb der Grenzen dieses letzteren Begriffes ein anderer engerer Begriff nicht nötig. Savigny behauptet (überdies), daß nach dem ursprünglichen Begriff des Besitzes eine eigentliche Übertragung desselben nicht möglich ist 8 . 1 A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Diese eigenartige Identifikation der obligationsbegründenden Ereignisse mit dem Obligationsinhalt hat auch in der deutschen Literatur Seitenstücke. Sie findet ihre Erklärung darin, daß dies§ beiden Dinge in der Rechtssprache denselben Namen fuhren. * A n m . des Ü b e r s e t z e r s . Der Verfasser nimmt den Begriff der Rechtsnachfolge in einem sehr weiten Sinne. I n diesem umfaßt sie auch den mittelbaren Eintritt in ein Recht durch den Erwerb eines anderen Rechtes, oder durch Besitzerwerb, falls sich an diese Erwerbsarten das erstgenannte Recht anknüpft. Dies führt zu einer • Kennzeichnung und Einteilung der subjektiv-dinglichen Rechte, die im englischen Rechte in sehr weitem Umfange anerkannt sind. 8 Recht des Besitzes, § 11, p. 184, n. 1 (7. Aufl.), engl. Übersetzung 124, n. t.
ente Abhandlung.
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Allein der Begriff des Besitzes wird uns nicht sehr weit in unserem Verständnis der modernen Rechtsübertragungstheorie vorwärts bringen. Diese Theorie hängt in hohem Umfange von dem Begriff der Rechtsnachfolge ab oder der Übertragung, um dieses soeben angeführte Wort Savigny^s anzuwenden. Daher sollen die Übertragungen der Rechte den Gegenstand dieser und der folgenden Abhandlung bilden. Ich werde damit beginnen, daß ich die Theorie der Rechtsnachfolge von Todeswegen erörtere, werde dann zu der Lehre der Rechtsübertragung unter Lebenden übergehen, und schließlich in Erwägung ziehen, ob zwischen diesen beiden Lehren eine Beziehung hergestellt werden kann. Die erstgenannte Rechtsnachfolge läßt sich sehr leicht auf eine fingierte Identifikation des Verstorbenen und seines Nachfolgers gründen. Als ersten Schritt zu den weiteren Erörterungen, und auch um seiner selbst willen werde ich diesen Beweis in Kürze führen, indem ich von den enghschen Testamentsvollstreckern (Executors), den Erben und den Vermächtnisnehmern (Devisees) rede. Um die Theorie der genannten Vollstrecker zu verstehen, ist es nötig, worüber wenigstens die Gelehrten einig sind, daß man die Einrichtungen der römischen Familie in der Kindheit des römischen .Gemeinwesens betrachtet. Juristen des europäischen Kontinents haben seit langer Zeit Beweisstücke dafür gesammelt, daß in den älteren Zeiten des römischen und germanischen Rechtes die Familie die menschliche Gesellschaft zusammenhielt. Noch die zwölf Tafeln Roms erkennen an, daß die abhängigen Familienmitglieder am Familieneigentum ein Interesse haben. Gewisse Erben des Hausherren heißen s u i h e r e d e s , d. h. die Erben ihrer selbst (of themselves) oder ihres eigenen Eigentumes, wie das bei Gajus erläutert ist 1 . Paulus sagt, daß sie in gewissem Sinne als Eigentümer angesehen werden, auch wenn ihr Vater noch lebt, und daß nach seinem Tode sie weniger eine Erbschaft erhalten, als vielmehr das volle Recht über ihr Eigentum 2 . 1
Inst. I I , § 157. „In suis heredibus evidentius apparet continuationem dominii eo rem perducere, ut nulla videatur her éditas fuisse, quasi olim hi domini essent, qui etiam vivo pâtre quodammodo domini existimantur, unde etiam filius familias appellatur sicut pater familias, sola nota hac adjecta, per quam distinguitur genitor ab eo, qui genitus sit. Itaque post mortem patris non 2
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Indem wir von diesem Punkte ausgehen, wird die Nachfolge der Erben gegenüber dem verstorbenen Hausvater nach dem römischen System leicht verständlich. Wenn der Familie das vom Hausvater verwaltete Vermögen gehörte, dann blieben die Rechte ihres augenblicklichen Oberhauptes von dessen Tode unberührt. Die Familie dauerte fort, auch wenn das Haupt starb und wenn, vermutlich infolge einer allmählichen Änderung der Dinge 1 , der Hausvater schließlich als Eigentümer angesehen würde und nicht bloß als einfacher Verwalter der Rechte der Familie, so veränderte sich die Natur und der ununterbrochene Bestand dieser Rechte nicht zugleich mit dem Recht auf ihre Ausübung. Die familia (als Nachlaß) ging dauernd auf die Erben über, wie sie von deren Vorfahren hinterlassen war. Der Erbe war nicht der Nachfolger des Eigentums an diesem oder jenem besonderen Dinge, sondern an der ganzen h e r e d i t a s oder der Stellung eines Familienoberhauptes, mit der gewisse Eigentumsrechte als ihr Inhalt verbunden waren 2 , und natürlich übernahm er diese leitende Stellung oder das Recht, die Familieninteressen zu vertreten, mit den Modifikationen, die durch den letzten der früheren Verwalter dieser Stelle hervorgerufen waren. Die Gesamtheit der Rechte und Pflichten des Verstorbenen oder, um die technische Redensart zu gebrauchen, die ganze vom Erben übernommene Persona wurde sehr leicht von seiner natürlichen Persönlichkeit getrennt. Denn diese Persona war ja nichts anderes, als die Zusammenfassung der früheren Familienrechte und Familienpflichten und wurde von Anfang an durch einen einzelnen, nur in seiner Eigenschaft als Familienoberhaupt, getragen (sustained). Folgeweise sagte man, daß sie durch die Erbfolge fortgesetzt werden 8 , und wenn der Erbe diese Persona hereditatem percipere videntur, sed magis liberam bonorum administrationcm consequuntur. Hac ex causa licet non sint heredes instituti, domini sunt. Nec obstat, quod licet eos exheredare, quod et occidere licebat." D. 28. 2. 11.
Vgl. Plato, Laws ¿a, VI: eytoy RC&TJFII OUT€ TT¡V ovGiav TAVTRJV xal Toü tnsvta ¿oo/biévov.
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ovv vo/jio&irijg