112 41 97MB
German Pages 609 Year 2002
MICHAELA S. TSCHON
Cross Ownership und publizistische Gewaltenteilung
Schriften zu Kommunikationsfragen Band 34
Cross Ownership und publizistische Gewaltenteilung Rechtstatsächliche Grundlagen und rechtliche Zulässigkeit der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien Zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der Cross Ownership Beschränkung unter besonderer Berücksichtigung des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV
Von
Michaela S. Tschon
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme
Tschon, Michaela S.:
Cross Ownership und publizistische Gewaltenteilung : rechtstatsächliche Grundlagen und rechtliche Zulässigkeit der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien ; zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der Cross Ownership Beschränkung unter besonderer Berücksichtigung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV I Michaela S. Tschon. - Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zu Kommunikationsfragen; Bd. 34) Zug!.: Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 2000 ISBN 3-428-10378-5
D29 Alle Rechte vorbehalten
© 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4239 ISBN 3-428-10378-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@
Vorwort Die Insolvenz des Medienkonzerns Kirch und der immer wahrscheinlichere Eintritt ausländischer Medienmagnaten von dem Format eines Rupert Murdoch oder eines Silvio Berlusconi in die deutsche Fernsehlandschaft haben die Kritik am gegenwärtigen Medienordnungsrahmen verstärkt und die Diskussion über Notwendigkeit, Art und Umfang der Medienkonzentrationskontrolle wieder aufs Neue entfacht. Insbesondere die Regelungen zur marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien, der sogenannten Cross Ownership, scheinen mehr Unsicherheit als Klarheit zu schaffen. Vielfach erscheint der derzeitige Ordnungsrahmen mehr standort- und wettbewerbsorientierter Kompromiß, denn Grundstein einer zielbewussten, konsequenten und zukunftsorientierten Medienpolitik. Die Frage, wieviel Wirtschaft der Rundfunk in der Welt der neuen Medien verträgt bzw. nach wieviel Regulierung er- noch - verlangt, ist im Grundsatz ungelöst. Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Phänomen der Cross Ownership und deren Beschränkung. Sie zeigt das sensible Spannungsfeld der involvierten wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Interessen auf, analysiert Zielsetzung und Stand der derzeitigen Cross Ownership Regelungen - unter besonderer Beriicksichtigung der ersten deutschen Cross Ownership Beschränkung von nationaler Bedeutung, § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV -und untersucht in diesem Zusammenhang die zentralen Grundfragen, die dem derzeitigen Steuerungs-Dilemma um die Cross Ownership zugrundeliegen. Die Arbeit lag der rechtswissenschaftliehen Fakultät der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg zur Annahme als Promotion vor. Mein Dank gilt Herrn Professor Dr. Klaus Vieweg für den bei der Ausarbeitung gewährten Freiraum sowie für die lehrreiche Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterio an seinem Lehrstuhl. Herrn Professor Dr. Matthias Schmidt-Preuß danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Dank schulde ich dariiber hinaus Herrn Professor Dr. Dieter Grimm, Bundesverfassungsrichter a. D., der in Gespräch und kritischer Diskussion die Arbeit auf den Priifstand gestellt und damit ihr Entstehen maßgeblich gefördert hat, der Bischöflichen Studienförderung Cusanuswerk, die die Arbeit nicht zuletzt mit der Gewährung eines Promotionsstipendiums nachhaltig und unkompliziert gefördert hat, sowie der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg für die Verleihung des Promotionspreises. Danken möchte ich auch Herrn Dr. Ulrich Koch für die Anregung zu dieser Arbeit während der spannenden Zeit in Gütersloh.
6
Vorwort
Besonderen Dank jedoch schulde ich Herrn Dr. Stephan Bleisteiner und Herrn Dr. Thomas Beyer, die die Arbeit kritisch begleitet haben und in zahlreichen Diskussionen wertvolle inhaltliche Anregungen gegeben haben, sowie Herrn Bobby Schirmer für die Mühen des Korrekturlesens. Schließlich gebührt ein herzlicher Dank meinen Freunden, namentlich Frau Dr. Isabel Fürsattel, für das Verständnis, die unermüdliche Unterstützung und fortwährende Geduld. Ihnen ist dieses Buch gewidmet. Köln, April 2002
Michaela S. Tschon
Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
A. Historisch-politische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
B. Ökonomische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
C. Publizistische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .
72
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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E. Ergebnis . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . .. . . . .. . . . . . . . . . 121
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 A. Grammatische Auslegung . . . . . .. . . . .. . .. .. .. . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 B. Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . . . .. . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . 129
C. Genetische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 D. Systematische Auslegung . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . .. . .. . . . . .. .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . 141 E. Teleologische Auslegung . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . .. . .. . . . . . .. . . . . .. .. . . . . . . . . . . .. 147
F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 § 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 A. Internationale Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 B. Verfassungsrechtliche Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 D . Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377
Inhaltsübersicht
8
§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen am Beispiel des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
A. Kontrollmaßstab .. .. .... . .. .. . . . . .
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B. Vereinbarkeil mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft ..... oo. . . . . . .. . .. 383 C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 D. Ergebnis ....
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Ergebnisse der Untersuchung in Thesen Ausblick ...
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Literaturverzeichnis .
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Sachwortverzeichnis ..
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Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen . . .. . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. .
31
A. Historisch-politische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
I. Deutsche Rundfunkordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
I. Staatsrundfunk in der Weimarer Republik und während des Nationalsozialismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
2. Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
3. Duales Rundfunksystem................. . .. . ... . ............ . ... . . .. . ..
39
a) Anfangsjahre des deutschen Privatfernsehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
b) Konsolidierung und Konzentration . . . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . . .. .. . . . .
41
c) Der Dritte Rundfunkänderungsstaatsvertrag 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .
47
II. Europäische Rundfunkordnung . . . . .. . . . . . . . . . .. .. . . . .. . . . .. .. .. . . . . . . . . . .
48
I. Kulturpolitische Integration . . . . .. .. . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . .
49
2. Freiheit des Dienstleistungsverkehrs . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. ..
49
3. Aufbau einer europäischen Informationsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
B. Ökonomische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57
I. Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
II. Mikroökonomische Bedeutung . .. . . . .. .. . . . .. .. . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . .. .
60
I. Medienkonzentration im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
2. Marktübergreifende Medienkonzentration im Besonderen . . . . . . . . . . . . . .
64
a) Strategische Vorteile der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
b) Operative Vorteile der Cross Ownership . . . . . . .. . .. . .. .. . . . . . . . . . . . . .
65
Inhaltsverzeichnis
10 3. Zusammenfassung
68
III. Makroökonomische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
C. Publizistische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
I. Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
73
II. Meinungsmacht der Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
1. Individual-psychologische Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
2. Gesamtgesellschaftliche Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
III. Publizistische Relevanz von Cross Ownerships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
1. Vertikale Cross Ownerships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
a) Meinungsmacht der vor- oder nachgeschalteten Märkte . . . . . . . . . . . . .
81
b) Meinungsmacht vertikal diversifizierter Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . .
84
2. Diagonale Cross Ownerships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
a) Meinungsmacht nicht-intermediär diversifizierter Unternehmen . . . . .
86
b) Meinungsmacht intermediär diversifizierter Unternehmen . . . . . . . . . . .
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3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
88
I. Einzelmärkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
2. Tagespresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
3. Publikumszeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 II. Cross Ownerships . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
1. Hoch diversifizierte Medienkonglomerate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Bertelsmann AG/RTLGroup ... .. ... . . . . ... . . . . .. . . . ... . ... . . ... . .. 102 b) Kirch-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Presseverleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Gemeinschaftsaktion Digitales Pay TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 111. Zusammenfassung
119
E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
Inhaltsverzeichnis
II
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
A. Grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
I. Statusbezogenheil . . . . . . . .. .. .. .. . . . . . . .. .. . . . . .. .. .. .. .. . . . .. . .. . . . .. . .. .. 126 II. Eigentumskonzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 III. Marktübergreifende Natur. . .............. . ...... . ...... . ............ . . . . . . 128 IV. Zusammenfassung
129
B. Historische Auslegung
129
C. Genetische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 D. Systematische Auslegung . . . . . .. . . . . .. . .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . .. . . .. .. .. . .. .. .. . . 141
I. Medienspezifisches Sonderrecht . . . .. .. . . . . . . .. . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . 141 II. Rundfunkkonzentrationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Steuerungsansätze im Rundfunkrecht . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . .. . . . . . . .. . . . . . 142 2. Cross Ownership Beschränkungen als Instrument außenpluralistischer Struktursteuerung . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . 146
111. Zusammenfassung . . . . . . . .. . . . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . .. . .. . . 146 E. Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . 147 I. Staatspolitische Zielsetzung .. . . . . . . .. .. . . . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
1. Schutz der pluralistischen Gesellschaft .. .. .. . . .. .. .. .. .. . . . .. . . . .. .. .. . 148 a) Prämissen . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . . 149 b) Institutionelles Rundfunkverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 c) Rundfunkfreiheit durch Rundfunkordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 d) Objektive Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit zur Sicherung der Meinungsvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 e) Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht...... .. ...... . .. . ... . 159 2. Sicherung der Meinungsvielfalt durch Cross Ownership Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Kulturpolitische Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. . . . . 162 1. Kulturelle Verantwortung des Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
a) Kulturbegriff im Rundfunkrecht . . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . .. . . . . . . . . . .. . . . 164 b) Staatliche Verantwortung im kulturellen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 c) Kulturauftrag des Rundfunks . . . . .. . . . .. . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . .. .. .. . . 167
Inhaltsverzeichnis
12
2. Sicherung kultureller Vielfalt durch Cross Ownership Beschränkungen 169 a) Verbot einer kulturpolitischen Zielrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Nachrangigkeit kulturpolitischer Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 c) Objektive Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit zur Sicherung der kulturellen Vielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 3. Zusammenfassung
175
III. Wirtschaftspolitische Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Staatliche Wirtschaftspolitik mit den Mitteln der Gesetzgebung... . .. . . . 181
2. Wirtschaftspolitischer Gestaltungsauftrag der Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . 183 4. Verletzung der Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG . . . . . . . 184 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
F. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 § 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 A. Internationale Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 I. Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft .... . .. .. .... . ..... .. 194 1. Bereichsausnahme für den Rundfunk, Art. 3 b Abs. 1 EG . . . . . . . . . . . . . . . 194
2. Kompetenz zur Regulierung der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Kultur, Art. 151 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Niederlassungsfreiheit, Art. 43, 47 Abs. 2 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 c) Dienstleistungsfreiheit, Art. 49 Abs. 1, 55 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 EG 201 d) Wettbewerbsfreiheit, Art. 81, 82 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 e) Rundfunkfreiheit, Art. 10 EMRK . .. . . .. . .. . .. . ... . . .. ....... . ...... 206 3. Subsidiaritätsprinzip, Art. 5 Abs. 2 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 II. Errichtung des Gemeinsamen Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Niederlassungsfreiheit, Art. 43 ff. EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
2. Fernsehrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 12 3. Entwurf einer Medienkonzentrationsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4. Zusammenfassung . . . . ..... ..... . . . .. . .. . . . . .. . .... . ..... . . .. ... ..... .. 214
Inhaltsverzeichnis
13
III. Schutz des Wettbewerbs in der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 215 I. Marktbeherrschende Stellung . . ....... .. .... . . . ............. . ... . .. . . ... 217 a) Sachlicher Referenzmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 aa) Rezipientenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (1) Markt für Programmleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
(2) Marktabgrenzung nach inhaltlich-publizistischen Kriterien . . 222 (3) Marktabgrenzung nach technischen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . 223 (4) Marktabgrenzung nach der Rechtsform der Rundfunkveranstalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (5) Marktabgrenzung nach finanziellen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . 228 (6) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 bb) Werbemarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 cc) Programmbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 dd) Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 ee) Zwischenergebnis .. . ... . ..... . .. .. . . . . . . ................. . ...... 233 b) Geographischer Referenzmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 c) Beherrschungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 2. Mißbrauchskontrolle, Art. 82 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 a) Kein Monopolisierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 b) Mißbrauch . .. ..... . . . . .... . .. . .. . . .. .. .. . .. . . ..... . ... .. .. . ... .. . . .. 242 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 3. Fusionskontrolle, Art. 2 Abs. 3 FKVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Aufgreifkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 aa) Zusammenschluß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 bb) Gemeinschaftsweite Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 cc) Verhältnis zur nationalen Fusionskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 c) Eingreifkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 aa) Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, Art. 2 Abs. 1 Satz 2 FKVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 bb) Media Service GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 cc) Nordic Satellite Distribution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 dd) Bertelsmann I KirchI Premiere und Deutsche Telekom I BetaResearch ........ . . . . .. . ....... .... . . . . . .. . . .. .. . ... .... .. .. . . . .. . . 260 ee) Holland Media Groep . .. . .. .. .. .. .. . . .. . ... . . . .... . . ..... . ...... 263 f f) Zwischenergebnis .. ... ... . ..... . .. . . . . . . . . . . . ...... . . .. .. . .. . .. . 264
14
Inhaltsverzeichnis d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . 265 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 B. Verfassungsrechtliche Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 I. Privater Rundfunk und Rundfunkkonzentrationskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 II. Beschränkung der intermediären Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Gebot der publizistischen Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 2. Pflicht zum Erlaß von Cross Ownership Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . 273 3. Zusammenfassung . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. .. . .. . . . . . . . 274 III. Beschränkung der vertikalen Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
I. Verfassungsrechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 II. Anwendungsbereich des GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 III. Marktbeherrschende Stellung . .. . . . .. . . .. .. . .. . .. . . . . . . .. . . . . .. .. . . .. .. .. . 281 1. Sachlicher Referenzmarkt .. .. . . . .. . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . .. . .. .. .. .. . .. 282 2. Geographischer Markt .. . . . . . . .. . . . . .. . . . .. . .. .. . . .. . . . .. . . .. .. . . . . . . . . . 284 3. Beherrschungsgrad .. . . .. . . . . .. . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . .. . . .. . . . . . . . . . .. . . . . 285 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 IV. Mißbrauchskontrolle, § 19 Abs. 1 GWB . .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. 288 V. Fusionskontrolle, § 36 Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 2. Aufgreifkriterien . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . .. . . . .. . . . . .. . .. .. .. .. . . . . . .. . . 291 a) Zusarnmenschluß, §§ 35 Abs. 1, 37 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 b) Mindestumsatz, § 35 Abs. I GWB . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. . 293 c) Toleranzklausel, § 35 Abs. 2 GWB .................................. 295 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 3. Eingreifkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 a) Begründung oder Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung, § 36 Abs. I GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298
Inhaltsverzeichnis
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b) Überwiegende Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen, § 36 Abs. 1 GWB 301 00
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c) Ministererlaubnis, § 42 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 VI. Zusammenfassung .....
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305
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
II. Cross Ownership Beschränkungen aus den Landesmediengesetzen . . . . . . . . 313 1. Grundkonzeption . . .. .. ..
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2. Normadressaten . . .. . . .. .. .. .. 3. Typologie . ... .
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a) Inkompatibilitätsregelungen ....
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313 318 319 319
b) Kumulationsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 c) Beteiligungsbeschränkungen ....... . .. . .. .. . . ....
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321
d) Sendezeitbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 e) Programrnzulieferungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 f) Sonstige Cross Ownership Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
g) Zwei-Säulen-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 III. Cross Ownership Beschränkung aus Rundfunkstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . 329 1. Grundkonzeption, §§ 20 ff. RStV
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330
a) Vorherrschende Meinungsmacht, § 26 Abs. 1 und Abs. 2 RStV . . . . . . 332 b) Relevanter Markt und Marktanteilsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 c) Folgen vorherrschender Meinungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338 aa) Externes Zuschauerwachstum, § 26 Abs. 3 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . 338 bb) Internes Zuschauerwachstum, § 26 Abs. 4 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . 340 2. Normadressaten . ... ..... . .
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3. Aufgreifkriterien, § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 a) Medienrelevante verwandte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 aa) Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 bb) Genetische Auslegung ....
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347
cc) Systematische und teleologische Auslegung ...... . .. .. .... .. . . . . 347
16
Inhaltsverzeichnis (1) Vertikal integrierte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349
(2) Diagonal integrierte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 (3) Neue Medien und Online-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 b) Geringfügige Unterschreitung . . . .. . . . .. . . .. .. . .. . . . .. .. .. . .. . . . . . . .. 356 aa) Grammatikalische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 bb) Genetische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 cc) Systematische Auslegung ......... . .. .. ...... .. ........ . ........ 360 dd) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 ee) Zwischenergebnis . . . ................. . . ................ . .. ... . . . 367 4. Eingreifkriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 a) Marktbeherrschung auf einem medienrelevanten verwandten Markt, § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 b) Gesamtbetrachtung der Meinungsmacht, § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV ... ...... . .. ..... .... ....... . . .. .. ........ .. ...... . ... . . 370
5. Wertungsspielraum der Landesmedienanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 b) Inhaltswirksame Beurteilungsspielräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 c) Beurteilungsspielräume im Rahmen des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV . . . . 373 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 E. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 § 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen am Beispiel des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
A. Kontrollmaßstab . .. .. . . . .. . . . .. .. .. . .. . . . . .. . . . . .. . . .. . .. . .. .. . . .. . . .. . . . .. .. . 382 B. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
I. Niederlassungsfreiheit, Art. 43 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 1. Anwendungsbereich .. . . .. .. . .. .. . . . .. . . .. .. . .. . . . .. . .. .. . .. . . .. . . . . .. .. 384
2. Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 3. Beschränkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 a) Beschränkungsverbot und Rundfunkkonzentrationsrecht . . . . . . . . . . . . 386 b) Zwingender Grund des Allgemeininteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 c) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 aa) Nationale Vielfaltssicherung und ausländische Medienunternehmen ... .. .. .. .. . . ...... . . . .... . .. . ... . .. . ...... . .... . ......... . . 391
Inhaltsverzeichnis bb) Eignung
17 393
cc) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 II. Rundfunkfreiheit, Art. 10 EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 l. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398
2. Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 3. Schrankenvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 a) Allgemeiner Schrankenvorbehalt, Art. 10 Abs. 2 EMRK . . . . . . . . . . . . 402 b) Rundfunkklausel, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK ............. . . ... .. .. 406
4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 I. Regelungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408
1. Grundsatz der Länderkompetenz, Art. 30, 70 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . 408 2. Konkurrierende Bundeswirtschaftskompetenz, Art. 74 Nr. II und Nr. 16 GG ........... . ... . ................ . ... . ....... . ... .. .. . . .. . . .. . . 408 a) Rundfunkkonzentrationsrecht als Teil des Wirtschaftsrechts . . . . . . . . . 409 b) Regulierung des marktübergreifenden Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 3. Sonstige Kompetenzzuweisungen an den Bund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 a) Bundeskompetenz für die Telekommunikation, Art. 73 Nr. 7 GG .. . . 414 b) Presserechtsrahmenkompetenz, Art. 75 Nr. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 4. Bundeskompetenz kraft Natur der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
5. Gebot der Bundestreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 17 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418
li. Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG ... . ....... . .. . . . . . . . .. .. 419 l. Kontrollmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419
a) Ausgestaltungsgesetze als eigenständige Normenkategorie . ... ... . .. 419 b) Originäre Veranstalterfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 aa) Objektiv-institutionelle Grundrechtsdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 bb) Subjektiv-freiheitliche Grundrechtsdeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 cc) Gemeinsamkeiten und Differenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 c) Publizistische Vielfalt und ökonomischer Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . 429 d) Vielfalt durch Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 2 Tschon
18
Inhaltsverzeichnis e) Umgestaltung der Rundfunkordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
2. Verfehlung oder Überschreitung des Gestaltungsauftrages . . . . . . . . . . . . . . 447 a) Beschränkungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 b) Verbot der unangemessenen Belastung kommerzieller Anbieter . . . . . 449 c) Gebot der kommunikativen Chancengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 d) Konkrete Eignung zur Sicherung der Rundfunkfreiheit . . . . . . . . . . . . . . 451 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 111. Verletzung anderer Freiheitsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 I. Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG.......... . .................... . ... . ... 454
2. Eigentumsgarantie, Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 a) Eröffnung des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 b) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 462 3. Pressefreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2, I. Alt. GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464 a) Privilegierter Zugang der Presse zum Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 b) Chancengleicher Zugang der Presse zum Rundfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 c) Existenzgefährdung des Instituts der freien Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 IV. Willkürverbot, Art. 3 Abs. 1 GG .............. . .................... . .. . . .. 470 1. Willkürliche Benachteiligung von Rundfunkunternehmen durch rundfunkspezifisches Sonderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 71 a) Historie und individual-psychologische Suggestivkraft des Rundfunks . .. . . . . . . . ... . .... . . .. . . .. . . . . . . . . . .... .. . .. . .. .. . .. . . . . . . . . . . . 472 b) Sondersituation des Rundfunks . . .. . . . .. .. . . . . .. . . .. .. . . ... . . . .. . . ... 473 c) Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 2. Willkürliche Benachteiligung diversifizierter Unternehmen durch Cross Ownership Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 a) Intermediär integrierte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 b) Vertikal integrierte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 3. Willkürliche Gleichbehandlung vertikal und intermediär integrierter Unternehmen durch § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 4. Systemwidrigkeit von Zugangsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 5. Zusammenfassung . . . . . . . . .. .. . ..... . ... . . . .. . . . ................. . .. . . . 489
Inhaltsverzeichnis
19
V. Verhältnismäßigkeit, Art. 20 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 I. Übermaßverbot und Ausgestaltungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 2. Übermaßverbot und Umgestaltung . .. .. . . . .. .. .. . .. .... ... .. .. . .. .. .. .. 494 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 VI. Bestimmtheit, Art. 20 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 1. Bestimmtheilsgrundsatz und Funktionsgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 2. Funktionsgerechtigkeit der Aufgreifkriterien des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV 502 3. Funktionsgerechtigkeit der Eingreifkriterien des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV 504 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 D. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 507 Ergebnisse der Untersuchung in Thesen .. .. . . .. . . .. . . . . .. .. .. .. .. .. . . . .. . . . . . .. .. . . . 510 § 1 Rechtstatsächliche Grundlagen . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . .. . . . . . .. . . . . . . .. . . . 510 § 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513
§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 § 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen am Beispiel des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524
Ausblick . .. .. . ..... . ........... ... .. .. .. .. ............ . . . . . .. . . .. ... . ........ . . . . . . .. . 532 Anhang ..... . . . . . . .. . .. . . ... .. .. .. .. .. .... . . . . ... . ........ . .. . ......... . ....... . .. . . . . 538 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 Sachwortverzeichnis . . .. . . . .. . . . . . .. .. .. . . . .. . . . .. . .. . . . . . .. . . . . .. . . . . . . .. . . .. . . . .. . .. 590
Abkürzungsverzeichnis a. A. I A. A.
anderer Ansicht
a. a. 0.
am angegebenen Ort (bei Angabe in einer Fußnote Hinweis auf den in derselben Fußnote zuvor aufgeführten Titel des Verfassers)
abgedr.
abgedruckt
a.E.
amEnde
a. F.
alte Fassung
A.D.
Antitrust-Division
ABI.
Amtsblatt
Abs.
Absatz
ad
zu
AfP
Archiv für Presserecht
AG
Amtsgericht I Aktiengesellschaft
allg.
allgemein(e)
Alt. Anm.
Alternative Anmerkung
AOL
American Online
AöR
Archiv des öffentlichen Rechts
APF
Aktuell Presse-Fernsehen
ARD
Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland
Art.
Artikel
AtG
Atomgesetz
BauGB
Baugesetzbuch
BauNVO
Baunutzungsverordnung
BayMedG
Gesetz über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Mediendienste in Bayern (Bayerisches Mediengesetz)
BayVBI.
Bayerische Verwaltungsblätter
BayVerfGH
Bayerischer Verfassungsgerichtshof
BB
Der Betriebs-Berater
BBC
British Broadcasting Corporation
BDZV
Bundesverband deutscher Zeitungsverleger
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBI.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
Abkürzungsverzeichnis BKartA
Bundeskartellamt
BLM BMG BMWi BR BremLMG
Bayerische Landeszentrale für neue Medien Bertelsmann Music Group Bundesministerium für Wirtschaft Bundesrat Bremisches Landesmediengesetz
BSB
British Satellite Broadcasting Consortiurn
BSkyB
British Sky Broadcasting
BT
Bundestag
BT-Drucks.
Verhandlungen des Deutschen Bundestags, Drucksachen
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerwG BVerwGE
Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
BW
Baden-Württemberg
bzw.
beziehungsweise
CA
Conditional Access
ca.
circa
CD
Compact Disc
CD-ROM
Compact Disc - Read Only Memory
Cir.
Circuit
CLT
Cornpagnie Luxemburgeoise de Telediffusion
Co.
Cornpany
CR
Computer und Recht
D.
District
DB
Der Betrieb
ders.
derselbe
Die AG
Die Aktiengesellschaft
dies.
dieselbe(n)
DLM
Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten
DM
Deutsche Mark
DoJ
Federal Departrnent of Justice
Dok.
Dokument
Dok.KOM
Dokument der Kornmission der Europäischen Gemeinschaften
DÖV
Die Öffentliche Verwaltung
Drucks.
Drucksachen
DSF
Deutsches Sportfernsehen
DV
Die Verwaltung
DVBI.
Deutsches Verwaltungsblatt
EBU
European Broadcasting Union
ECU
European Currency Unit
Abkürzungsverzeichnis
22 EG
Europäische Gemeinschaft I bei Nennung hinter einem Artikel Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der nach dem I. Mai 1999 geltenden Fassung
EGKS-Vertrag
Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
EGMR EG-Vertrag
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft I bei Nennung hinter einem Artikel Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der vor dem 1. Mai 1999 geltenden Fassung
EMRK
Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention)
endg.
endgültig
epdiKuR
Evangelischer Pressedienst I Kirche und Rundfunk
ERT
Elliniki Radiophonia Tileorassi AE
ERÜ
Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen (Europaratskonvention)
etc. EuG EuGH
et cetera Gericht erster Instanz Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften
EuGRZ
Europäische Grundrechte-Zeitschrift
EU
Europäische Union I bei Nennung hinter einem Artikel Vertrag über die Europäische Union in der nach dem 1. Mai 1999 geltenden Fassung
EUV
Vertrag über die Europäische Union
EuZW EWG
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EWR f.
folgende
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
FCC
FDP
Federal Communications Commission Freie Demokratische Partei (Deutschlands)
Europäischer Wirtschaftsraum
ff.
fortfolgende
FKVO
Verordnung (EWG) Nr. 4046189 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (Fusionskontrollverordnung)
Fn.
Fußnote Richtlinie (97 1361EG) des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (89 I 552 I EWG) des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Fernsehrichtlinie)
FRL
FTC
Federal Trade Corrunission
OBI. GfK GG
Gesetzblatt Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung, Nürnberg Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Abkürzungsverzeichnis grdi.
grundlegend
GRURint.
Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil
GüntherKommission
Kommission zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und der Folgen der Konzentration für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland, Bericht in BT-Drucks. V /3122
GVBI.
Gesetz- und Verordnungsblatt
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
h.M.
herrschende Meinung
HmbMedG
Hamburgisches Mediengesetz Holland Media Groep
HMG
23
HPRG
Gesetz über den privaten Rundfunk in Hessen (Hessisches Privatrundfunkgesetz)
Hrsg.
Herausgeber
HS
Halbsatz
html http
hyper text markup language hyper text transport protocol
insg.
insgesamt
i.V.m.
in Verbindung mit
IuKDG
JA
Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und KommunikationsdiensteGesetz) Juristische Arbeitsblätter
Jura
Juristische Ausbildung
JuS
Juristische Schulung
JZ
Juristenzeitung
Kap.
Kapitel
KartVO KDLM
Kartellverordnung Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten
KEK
Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich
KG KtK
Kammergericht Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems
LfK
Landesanstalt für Kommunikation
LfR lit.
Landesanstalt für Rundfunk littera (Buchstabe)
LMedG
Landesmediengesetz
LRG
Landesrundfunkgesetz
LSA
(Land) Sachsen-Anhalt
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
MA MABB
Marktanteil Medienanstalt Berlin-Brandenburg
MDStV
Staatsvertrag über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag)
Abkürzungsverzeichnis
24 MEDIA MichelKommission Mio. MP Mrd.
Mesures pour Encourager Je Developpement de l'Industrie de production Audiovisuelle Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit, Bericht in BT-Drucks. V 12120 Million(en) MediaPerspektiven Milliarde(n)
MSG
Media Service GmbH
n. F.
neue Fassung
Nds. NJW
Niedersachsen
NJW-CoR
Neue Juristische Wochenschrift Computer-Report
Neue Juristische Wochenschrift
Nr.INo.
Nummer
NRW
Nordrhein-Westfalen
NSD
Nordic Satellite Distribution
o. a. OLG
oder ähnliches I ähnlichem Oberlandesgericht
OVG
Oberverwaltungsgericht
PEDok.
Parlement Europeen, Dokument
Pkt.
Punkt
PRG
Privatrundfunkgesetz
Pub. Rdnr.
Publication Randnummer
RGMV
Rundfunkgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern
RP
Rheinland-Pfalz
Rs.
Rechtssache
RStV
Rundfunkstaatsvertrag vom 26. August bis II. September 1996
RStV '87 RStV '91
Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens vom 3. April 1987 Rundfunkstaatsvertrag vom 31. August 1991
RTL
RTL Television I Radio-Tele-Luxembourg
RuF
Rundfunk und Fernsehen
s.
siehe
S.
Seite
SächsPRG SAT.1 SC.
Gesetz über den privaten Rundfunk und neue Medien in Sachsen SAT.l scilicet (nämlich)
sfr
Schweizer Franken
SH
Schleswig-Holstein
Slg. SMS
Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Teil I) und des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (Teil II) Subscriber Management System
sog.
sogenannte(r)
Abkürzungsverzeichnis SPD
25
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
StOB
Strafgesetzbuch
StPO
Strafprozeßordnung
StrlSchV
Strahlenschutzverordnung
StVBB
Staatsvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks
sz
Süddeutsche Zeitung
Tab.
Tabelle
TB
Tatigkeitsbericht des Bundeskartellamts
TDG
Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz)
Tz. TKG TKP TRG
Textziffer Telekommunikationsgesetz Tausender-Kontakt-Preis Thüringer Privatrundfunkgesetz
Tz.
Textziffer
u. a. Unterkap. U. S./US
u.s.c.
unter anderem I und andere Unterkapitel United States (of America)/United States Report United States Code
V.
vom
VDI
Verein Deutscher Ingenieure
verb. Rs.
verbundene Rechtssachen
Verf. Vertrag über die Europäische Union
Verfasser(in) bei Nennung hinter einem Artikel Vertrag über die Europäische Union in der vor dem I. Mai 1999 geltenden Fassung
VerwArch
Verwaltungsarchiv
VG
Verwaltungsgericht
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
Vol. Vorbem.
Volume Vorbemerkung
VPRT
Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation
VTM
Vlaamse Televisie Maatschappij
VVDStRL WAZ
Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WDR
Westdeutscher Rundfunk
WMF
Württembergische Metallwarenfabrik
WRV
Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung)
WuW
Wirtschaft und Wettbewerb
WuW/E
Entscheidungssammlung der WuW
www
world-wide web
26 z.B. ZaöRV ZDF ZHR Ziff. ZPO ZRP ZUM
Abkürzungsverzeichnis zum Beispiel Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zweites Deutsches Fernsehen Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zi vilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht
Einleitung Mitte der achtziger Jahre sagte Peter Salje drei Phasen der Entwicklung des Rundfunkwesens voraus: zuerst die Auflösung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols, zum zweiten die Vermachtung der privatisierten Medienmärkte hin zu multimedialen, internationalen Medienkonglomeraten und schließlich eine allgemeine Ratlosigkeit verbunden mit dem Bemühen um eine Entflechtung der privaten Medienkonzerne und I oder der Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 1• Salje äußerte die Hoffnung, daß bis dahin der "technische Fortschritt hoffentlich über den Rundfunk hinweggegangen sein" werde. Die vorhergesagten Entwicklungsstadien haben sich eingestellt, nicht aber das von Salje erhoffte Endszenario. Die gegenwärtige Situation des Medienordnungsrechts hat schon zu Assoziationen mit der Lage des Arbeiters in der Verelendungstheorie von Kar! Marx veranlaßt Je weniger das Medienordnungsrecht erreiche, um so hektischer werde seine Betriebsamkeit2 • Schlagworte wie "neue Medien", "Informations- und Wissensgesellschaft", "Konvergenz", "Internet", "digitale Revolution" und "Multimedia" geistern durch die Medienlandschaft Vielerorts wird von "technologischer Revolution" und "strukturellem Wandel" gesprochen. Dabei fordert die eine Seite angesichts des verschärften internationalen Wettbewerbs auf den Informationsund Kommunikationsmärkten und im Hinblick auf eine effektive Standort- und Beschäftigungspolitik eine allgemeine Deregulierung und Flexibilisierung des wirtschaftlich als überaus bedeutsam eingeschätzten Mediensektors3 • Die andere Seite gibt den enormen Einfluß der Medien auf öffentliche Meinung, Staat und Gesellschaft zu bedenken und verlangt die Schaffung eines medienübergreifenden ordnungsrechtlichen Rahmens und eine Konzentrations- und Meinungsvielfaltskontrolle, die die sich neu formierenden Medienmärkte ganzheitlich umfaßt4 • Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (148). Engel, Medienordnungsrecht, Vorwort. 3 Vgl. etwa Niewiarra, AfP 1997, 766; Fäßler, AfP 1995, 542; Hege, AfP 1995, 537 (542); Scholz, AfP 1995, 357 (358); Koch, DB 1982, 1757; Gröner, Wettbewerb im Rundfunk, S. 350; Hoppmann, Meinungswettbewerb als Entdeckungsverfahren, S. 163; VPRT, Medienordnung 2000 plus. In diese Richtung auch Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 45. Vgl. auch Clement und Middelhoffin der Süddeutschen Zeitung v. 14. Juni 1999, S. 21; Biedenkopfin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 10. September 1998, S. 19; Doetz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 2. September 1997, S. 29. 4 Vgl. etwa Kleist, ZUM 1993, 503 (506); Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 108; Holznagel, ZUM 1996, 16 (26); Holznagel/Grünwald, Britisches Medienkonzentrationsrecht im Wandel, S. 158. Vgl. auch Europäische Kommission, GriinI
2
28
Einleitung
Die vorliegende Arbeit untersucht einen aktuellen Aspekt aus diesem rechts-, wirtschafts- wie gesellschaftspolitisch sensiblen Bereich der Medienkonzentration und -Verflechtung. Bei der Problematik der Cross Ownership und ihrer Kontrolle geht es um die für die Medienunternehmen ebenso wie für die Medienaufsicht elementare Frage, ob und inwieweit die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien (Cross Ownership) beschränkt werden kann, darf und sollte. Anlaß der Untersuchung ist der Erlaß der ersten deutschen Cross Ownership Beschränkung für das bundesweite Fernsehen in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, die im Jahre 1997 in Kraft getreten ist. Das besondere Interesse der Untersuchung gilt daher dem Fernsehen, das heißt dem marktübergreifenden Unternehmenswachstum kommerzieller Fernsehanbieter. Die Frage nach Art, Umfang und Grenzen einer marktübergreifenden Konzentrationskontrolle in den Medien (Cross Ownership Kontrolle) gewinnt ihre besondere Brisanz dadurch, daß die maßgeblichen Wettbewerber auf den Medienmärkten ganz überwiegend entweder aus dem Bereich der Presse stammen oder aber hoch diversifizierte, konglomerat strukturierte Medienkonzerne sind. In beiden Fällen handelt es sich um intermediär und I oder vertikal integrierte Medienhäuser, die sich marktübergreifend betätigen und daher von Cross Ownership Beschränkungen unmittelbar betroffen wären bzw. bereits sind. Die rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownerships ist demzufolge eine zentrale Frage unternehmeciseher Entscheidungen, künftiger Zulassungsverfahren und Prozesse, zumal die über Cross Ownerships mögliche unternehmecisehe Betätigung in verschiedenen Märkten im Medienbereich, namentlich die hierdurch erzielbare Abdeckung der Wertschöpfungskette einen Schlüsselfaktor für die Profitabilität der Medienunternehmen darstellt. Zusätzlicher Zündstoff ergibt sich daraus, daß intermediäre Verflechtungen eine multimediale Meinungsmacht Einzelner ermöglichen, mit der nicht selten ein unterschwelliger, von Staat und Gesellschaft nicht hinreichend kontrollierbarer, suggestiver Einfluß assoziiert wird. Befürchtet wird, daß der Medienunternehmer durch die Kombination der verschiedenen Kommunikationskanäle die Bevölkerung gezielt manipulieren und für die eigenen Interessen mobilisieren kann. Das Risiko einer Transformation ökonomischer Macht in publizistische und hierüber letztlich in politische Macht läßt die Cross Ownership Kontrolle zu einem zentralen Thema der gegenwärtigen und künftigen Medienaufsicht werden. Ob und inwieweit eine Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien nötig respektive berechtigt ist, zählt daher zu den umstrittensten Fragen des Medienordnungsrechts. Der Dissens beginnt bei Fragen wie, ob mit Cross Ownerships ein Verlust an intermediärer Kritik und eine Homogenisiebuch Konvergenz in Telekommunikation, Medien und Inforrnationstechnologie, Dok. KOM (97) 623 v. 3. Dezember 1997, S. 22 ff.; Department of National Heritage, Media Ownership - The Government's Proposa1s, 1995, §§ 6.4 ff. und § 6.13.
Einleitung
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rung des publizistischen Gesamtangebots einhergeht, geht weiter über die kontroverse Bewertung der Chancen bzw. Risiken von Cross Promotion, intermediärem Know-how-Transfer und vertikalen Verflechtungen, bis hin zu ganz fundamentalen Fragestellungen wie etwa, ob die Medien überhaupt eine feststellbare Wirkung auf die öffentliche Meinung besitzen, was ihre Funktion in pluralistischen Gesellschaften ist und worin vor diesem Hintergrund Aufgabe und Bedeutung des Medien-, namentlich des Rundfunkrechts liegen. So sieht die eine Seite den Rundfunk5in erster Linie als kommerzielles Gut und das Rundfunkrecht sonach als Materie des Wirtschaftsrechts, während die andere Seite die Sozialbindung und öffentliche Aufgabe des Rundfunks betont und den Rundfunk zuvorderst von seiner Funktion als Sprachrohr der Gesellschaft begreift. Will letztere Ansicht im Prinzip an den traditionellen, an der PubHe-Service-Funktion des Rundfunks orientierten Regelungs- wie Kompetenzstrukturen festhalten, bezweifelt die Gegenposition angesichts schwindender Frequenzknappheit und zunehmender Verschmelzung der Medienmärkte die Notwendigkeit einer besonderen Konzentrationskontrolle für die Medien ganz generell. Demnach erfordern die Kommerzialisierung, Globalisierung und Neuformierung der Medienlandschaft neue Denkansätze, die die traditionellen Regelungs- wie Kompetenzstrukturen als Anachronismen erscheinen lassen, welche grundlegender Reformen bedürfen. Die Problematik der Cross Ownership und ihrer Kontrolle ist sonach vielschichtig und facettenreich. Sie berührt kommunikationswissenschaftliche und ökonomische ebenso wie diffizile rechtliche Fragestellungen, die von der Interpretation einfachgesetzlicher Normen bis hin zu verfassungstheoretischen Fragen reichen. Die Problemaufbereitung soll daher "schichtweise" erfolgen. Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst die notwendigen rechtstatsächlichen Grundlagen erläutert und die sozialwissenschaftliehen Grundbegriffe geklärt, auf die die nachfolgende rechtliche Analyse aufbaut. Dazu werden in einem ersten Schritt der historische Kontext der Cross Ownership Problematik beleuchtet und die wesentlichen Entwicklungsetappen des Phänomens Cross Ownership und seiner Kontrolle skizziert. Sodann wird der ökonomischen und der publizistischen Bedeutung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien nachgegangen. Abschließend werden die wesentlichen Formen der Cross Ownership, wie sie sich heute in der deutschen Medienlandschaft finden, vorgestellt und analysiert. Der zweite Teil der Arbeit leitet die rechtliche Analyse ein. Ausgangspunkt sind die Cross Ownership Beschränkungen, die die zentralen Kontrollbestimmungen für die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstal5 Unter Rundfunk ist dabei entsprechend der vom Bundesverfassungsgericht geprägten und im deutschen Medienrecht üblichen Tenninologie Hörfunk und Fernsehen zu verstehen, BVerfGE 12, 205 (226); 31, 314 (315); 57, 295 (296). Im Gegensatz hierzu wird auf europäischer Ebene, namentlich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter Rundfunk nur der Hörfunk gefaßt. Zur strittigen Einordnung der neuen Medien noch in Fußnote 1537 sowie unter§ 3D. III. 3. a) cc) (3).
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Einleitung
tern6darstellen. Der Begriff der Cross Ownership Beschränkung wird präzisiert und deren rechtliche Qualität deutlich gemacht, indem anhand der klassischen Interpretationsmethoden die verbindenden Merkmale und Charakteristika der verschiedenen Cross Ownership Beschränkungen herausgearbeitet werden. Auch wenn die Cross Ownership Beschränkungen den Kern der Cross Ownership Kontrolle bilden, wäre es zu kurz gegriffen, eine Untersuchung über Art, Umfang und Grenzen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern auf eine Darstellung der Cross Ownership Beschränkungen zu beschränken. Cross Ownerships sind auch jenseits der Cross Ownership Beschränkungen in einem Netz unterschiedlichster Bestimmungen eingebunden. So unterliegen sie dariiberhinaus Vorgaben des nationalen Verfassungs- und Wettbewerbsrechts sowie des internationalen, namentlich des europäischen Gemeinschaftsrechts. Im dritten Teil wird daher in einer Bestandsaufnahme der gesamte rechtliche Rahmen aufgezeigt, in dem sich das marktübergreifende Unternehmenswachstum von Rundfunkveranstaltern halten muß. Der vierte und letzte Teil schließlich untersucht vor dem Hintergrund der in den vorangegangenen Teilen gewonnenen Ergebnisse, ob und in welchen Grenzen die Cross Ownership Beschränkungen selbst - als die zentralen Kontrollnormen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern - rechtlich zulässig und sachlich erforderlich sind. Die Analyse der rechtlichen Bindungen der Cross Ownership Beschränkungen erfolgt am Beispiel des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, womit die Arbeit zum Anlaß und Ausgangspunkt der Untersuchung zuriickkehrt.
6 Mit Rundfunkveranstaltung wird die Verbreitung eines Rundfunkprogramms oder einer einzelnen Sendung in eigener inhaltlicher Verantwortung bezeichnet, Hoffmann-Riem, Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 91. Vgl. zur ähnlichen Definition nach Art. 2 c ERÜ.
§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen Die Interpretation und Bewertung von Normen müssen den Lebensbereich beriicksichtigen, auf den sich die Normen beziehen, da deren Inhalt von dem Realbereich der Normierung abhängt und sich mit dessen Wandel ändert. Normen konstituieren sich nicht nur durch ihren Wortlaut, sondern auch durch den Ausschnitt sozialer Wirklichkeit, auf den sie sich beziehen. Soweit Annahmen über den Realbereich Prämissen der Norminterpretation darstellen, gewinnen tatsächliche wie sozialwissenschaftliche Befunde rechtliche Bedeutung7 . Dies gilt gerade und vor allem für das Medienrecht, zu dessen charakteristischen Merkmalen das Ineinandergreifen kommunikations-, wirtschafts- und rechtswissenschaftlicher Zusammenhänge zählt, das eine isolierte Betrachtung der Rechtslage nicht zuläßt. Ohne eine wirklichkeitsnahe Vorstellung von den historischen, ökonomischen und publizistischen Hintergriinden kann keine sachgerechte Beurteilung der Notwendigkeit und rechtlichen Zulässigkeit der marktübergreifenden Konzentrationskontrolle in den Medien erfolgen. Eine Untersuchung über Art, Umfang und Grenzen der Cross Ownership und ihrer Kontrolle muß sonach mit der Darstellung der rechtstatsächlichen Grundlagen der Medienkonzentrationskontrolle beginnen. Dazu wird zunächst die historisch-politische Entwicklung der marktübergreifenden Medienkonzentration und ihrer Kontrolle durch die deutsche und europäische Rundfunkordnung nachgezeichnet. Im zweiten Teil werden die ökonomischen Aspekte der Cross Ownership verdeutlicht. Dazu wird neben der Bedeutung des marktübergreifenden Unternehmenswachstums für das einzelne Medienunternehmen auch die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der marktübergreifenden Medienkonzentration beleuchtet. Der publizistischen Bedeutung der Cross Ownership wird im dritten Teil nachgegangen. Hier geht es vor allem darum, ob und worin aus Sicht der kommunikationswissenschaftliehen Grundlagenforschung die Meinungsmacht der Medien besteht und welche Bedeutung die marktübergreifende Konzentration in den Medien insoweit hat. Der vierte Teil schließlich befaßt sich mit den einzelnen Formen der Cross Ownership, wie sie in der deutschen Medienlandschaft gegenwärtig anzutreffen sind.
7 BVerfGE 73, 118 (154); 74, 297 (350); Schu[z, ZUM 1996, 487 (488). Dazu allgemein Müller, Juristische Methodik,Rdnr. 481 ff.; Hoffmann-Riem, JZ 1975,469 (470).
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
A. Historisch-politische Entwicklung Das deutsche und das europäische Rundfunkrecht weisen in ihrer Grundtendenz und Zielrichtung wesentliche Unterschiede auf, die nicht zuletzt von ihrer historisch-politischen Entwicklung herrühren. Zum Einstieg in die Problematik der marktübergreifenden Medienkonzentrationskontrolle sollen daher die Ursprünge und wesentlichen Etappen der Entwicklung skizziert werden.
I. Deutsche Rundfunkordnung Auch wenn das Problem der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien in Deutschland erst mit der Zulassung des Privatrundfunks Mitte der achtziger Jahre virulent geworden ist, kann die aktuelle Debatte um die Notwendigkeit und Ausgestaltung der marktübergreifenden Medienkonzentrationskontrolle nur unter Berücksichtigung der vorangegangenen Entwicklungen verstanden werden. 8 1. Staatsrundfunk in der Weimarer Republik und während des Nationalsozialismus
Die technischen Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts, Film, Radio und Femsehen9 , hoben die bis dahin nahezu ausschließlich interpersonale Kommunikation auf eine neue Ebene. Die durch die neuen Medien ermöglichte Massenkommunikation ließ ungekannte Handlungs- und Einflußmöglichkeiten wie etwa Werbung oder Public Relations entstehen 10• Insbesondere das Medium Funk entwickelte einen seiner Art nach völlig neuartigen Einfluß auf die öffentliche Meinung und gewann daher schon bald große Bedeutung als Mittel staatlicher Propaganda 11 • Die wachsende Bedeutung der über das Massenmedium 12 Rundfunk organisierten und steuerbaren Kommunikation und Information der Gesellschaft erkennend, bemühte sich der Staat schon während der Weimarer Zeit um einen verstärkten Einfluß auf das neue Medium 13 • Lag der Rundfunk zu Beginn wenigstens noch s Zur Historie im Einzelnen z. B. Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 21 ff.; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. A, Rdnr. 3 ff.; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 8 ff.; Herrmann, Rundfunkrecht, § 4. 9 Schildt, Massenmedien und Öffentlichkeit, S. 156 (156ff.). Zurtechnischen Entwicklung z. B. Herrmann, Rundfunkrecht, § 4, Rdnr. 1 f. 10 Zum Begriff der Medien und der Massenkommunikation im Einzelnen § 1 C. I. li Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 22. 12 Zum Begriff der Massenmedien im Einzelnen§ 1 C. I. 13 Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 21.
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formal in privater Hand, wurde er sukzessive verstaatlicht, bis er schließlich unter nationalsozialistischer Herrschaft vollends zum Staatsrundfunk umgewandelt wurde 14• 2. Öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol
Der nationalsozialistische Staatsrundfunk brach mit Kriegsende zusammen. Die Besatzungsmächte gaben der Instrumentalisierung des Rundfunks zum Mittel staatlicher Propaganda eine nicht unerhebliche Mitschuld an den vergangenen Geschehnissen. Um der Gefahr einer erneuten Manipulation der öffentlichen Meinung zu begegnen, ließen sich die Besatzungsmächte von der Vorstellung eines staatsfreien, parteipolitisch neutralen und notwendig unabhängigen Rundfunks in Deutschland leiten und installierten ein dezentral organisiertes, öffentlich-rechtliches Rundfunksystem 15 . Demgegenüber wurde im Pressebereich stärker auf die Kräfte des Marktes vertraut 16• Die Ungleichbehandlung wurde von Seite des Bundesverfassungsgerichts mit der Knappheit an Übertragungsfrequenzen gerechtfertigt, die darauf beruhte, daß zum damaligen Zeitpunkt die Programmübertragung ausschließlich terrestrisch möglich war. Mit terrestrischer Verbreitung wird die drahtlose Ausstrahlung elektromagnetischer Wellen über erdgebundene Sender bezeichnet, die "durch die Luft" über Dach- oder Mobilantennen empfangen werden können. Die terrestrisch ausgestrahlten Programme stellen den für den Zuschauer bzw. Zuhörer preisgünstigsten Rundfunkempfang dar. Nicht zuletzt deshalb besitzen die terrestrischen Programme die höchste Penetration und Reichweite 17 . Dies macht sie für die Werbewirtschaft zur effektivsten und damit attraktivsten Werbeplattform und zugleich für die Veranstalter werbefinanzierter Programme am interessantesten18. Gemessen an der Nachfrage stehen immer noch zu wenige Übertragungsfrequenzen zur Verfügung. Die terrestrischen Frequenzkanäle sind ausgeschöpft 19 . 14 Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 22. 15 Dem Modell der British Broadcasting Corporation (BBC) folgend, Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. II f.; Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 68. 16 Zu den historischen Gründen hierfür Stammler, ZUM 1995, 104 (105 f.). 17 Dabei meint terrestrische Programme hier wie auch im Folgenden Programme, die auch terrestrisch verbreitet werden, da alle terrestrisch verbreiteten Programme auch über Kabel verbreitet werden. In Deutschland wurden im Dezember 2000 gut 33,5 Mio. Fernsehhaushalte gezählt. Von diesen erreichten alle terrestrisch verbreiteten Programme mehr als 90 % der Haushalte, ARD und ZDF I 00%, RTL und SAT.I nahezu 97 % aller Femsehhaushalte. Demgegenüber blieben Kabel- und Satellitenprogramme in der Regel deutlich unter der 90 %Marke. Daten aus IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 24; vgl. auch Media Perspektiven, Mediensituation 2000, S. 8. Zum Übergang zum digitalen terrestrischen Fernsehen (DVB-T) BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 40ff. 18 Dies gilt für das Fernsehen und erst recht für den Hörfunk, da der Empfang von Hörfunkprogrammen aufgrund der Nutzungsgewohnheiten der Rezipienten (überwiegende portable und mobile Nutzung) nahezu ausschliesslich terrestrisch erfolgt, BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 23. 3 Tschon
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Der terrestrische Empfang ist vom Programmempfang über Kabel und Satellit zu unterscheiden. Bei der Übertragung über Satellit werden die Rundfunksignale von einer Bodenstation zu einem Satelliten gesendet. Von dort aus werden die Signale auf eine bestimmte elipsenförrnige Fläche der Erde zurückgestrahlt20 . Über Satellit stehen heute Frequenzkanäle im Überlluß zur Verfügung21 . Für die Werbewirtschaft sind Satellitenprogramme nur bedingt attraktiv, da sie bislang vergleichsweise wenige Haushalte erreichen22 . Bei der Verbreitung über Kabel werden die terrestrisch oder über Satellit empfangenen Rundfunkprogramme an den Rundfunkempfangsstellen für die kabelgebundene Verteilung standard- und systemgerecht aufbereitet. Sodann werden sie über Breitbandkabelnetze an die angeschlossenen Haushalte verteilt. Gegenüber der terrestrischen Verbreitung bestehen hier mehr Übertragungskapazitäten. Dennoch stößt auch das Kabel bereits heute an seine Kapazitätsgrenzen23 . In Penetration und Reichweite liegen die Kabelprogramme zwischen den terrestrischen und den Satellitenprogrammen24 . Die gegenüber den terrestrischen Programmen geringere Reichweite ist nicht zuletzt auf die von den Endverbrauchern zu tragenden Anfangsinvestitionen für den Kabelanschluß sowie auf die höheren laufenden Kosten zurückzuführen. Insgesamt gewinnen die Kabelprogramme dennoch zunehmend an Attraktivität und bilden schon heute eine ernst zu nehmende Konkurrenz für die terrestrischen Programme25 . 19 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13 I 10650), S. 155; dies. , Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13 I 11380), S. 8. 20 Entscheidung der Europäischen Kommission- Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20 (Rdnr. 15ff.). Zur Programmverteilung über Satellit Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 131 10650), S. 164f. 21 Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13 I 11380), S. 10. 22 In Deutschland waren im Jahre 2000 mit ungefähr 12 Mio. nur knapp 36 % aller Fernsehhaushalle zum Satellitendirektempfang mittels einer Satellitenschüssel oder Satellitengemeinschaftsanlage fähig, Media Perspektiven, Mediensituation 2000, S. 7; BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 17. Nichtsdestoweniger wurden Ende 2000 selbst die führenden privaten Programme wie RTL, SAT.1 oder Pro Sieben von nicht mehr als 11 Mio. Haushaltenper Satellit empfangen, IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 25. In Bayern können über Satellit beispielsweise BBC World, European Business News und die türkischen Kanäle TRT, TGRT und Kanal D direkt empfa~~en werden, Bayerische Landeszentrale für neue Medien, Wellenspiegel 97198, S. 29. Zum Ubergang zum digitalen Satelliten-Fernsehen (DVB-S) BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 52 ff. 23 Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 131 11380), S. 10; dies., Medienbericht '98 (BT-Drucks. 131 10650), S. 100f. 24 Ende 1999 waren mit 21 Mio. nur gut 55 % aller Fernsehhaushalte an das Kabelnetz angeschlossen. Im Dezember 2000 wurden private Programme wie RTL, SAT.1 oder Pro Sieben von knapp 19 Mio. Haushalten über Kabel empfangen. An Programmen bietet das Kabelnetz eine größere Vielfalt als die terrestrischen Programme. So können in Bayern neben den auch terrestrisch empfangbaren Fernsehprogrammen und den lokalen Kabelfernsehprogrammen über 40 weitere Programme über Kabel empfangen werden wie etwa CNN International, Eurosport oder MTV sowie das Pay TV-Programm Premiere World. Daten aus IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 25; Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13 I 11380), S. 9 (Tab. 3.1.1). Zum Übergang zum digitalen Kabel-Fernsehen (DVB-C) BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 45 ff. 25 Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13 I 11380), S. 8 f. Indes ist zu bemerken, daß in Deutschland über Kabel, Satellit und terrestrische Sender bislang im
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Das öffentlich-rechtliche Rundfunkmonopol benachteiligte vor allem die deutschen Zeitungsverlage. Abgesehen von der publizistischen Konkurrenz durch das elektronische Medium befürchteten die Verleger insbesondere einen für die Presse existenzbedrohlichen Abfluß von Werbeeinnahmen in den elektronischen Bereich26. Die Verleger bemühten sich daher um ein Werbeverbot für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Vorwurf, die entgeltliche Werbetätigkeit des öffentlich-recht-
lichen Rundfunks würde zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der auf die Werbeeinnahmen angewiesenen Printmedien führen, war Gegenstand einer von der Bundesregierung am 14. Dezember 1964 eingesetzten Untersuchungskommission. Die Kommission, benannt nach ihrem Vorsitzenden Michel, wies den Vorwurf zuriick27 . Es seien keine Wettbewerbsverzerrungen zwischen Presse und Rundfunk festzustellen. In Übereinstimmung mit dem ganz überwiegenden Teil der rundfunkrechtlichen Literatur28stellte sie fest, daß dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Werbung verfassungsrechtlich nicht verboten sei. Vielmehr begegne das von den Verlegern angestrebte Verlegerfernsehen verfassungsrechtlichen und wettbewerbspolitischen Bedenken, da es die für die gegenseitige Kontrolle der Medien unabdingbare intermediäre Kritik entfallen lasse und damit die Meinungsvielfalt in der Gesellschaft gefährde. Nachdem damit die Bemühungen, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die entgeltliche Werbetätigkeit verbieten zu lassen, gescheitert waren, intensivierten die Verleger ihre Bemühungen, an den über den Äther fließenden Werbeetats zumindest partizipieren zu können. Der Wunsch nach der dazu erforderlichen Lockerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols stieß anfangs auf nur wenig Resonanz. Die Grundstimmung in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft war bis in die siebziger Jahre von einem grundsätzlichen Mißtrauen gegenüber einem Rundfunk in privater Hand geprägt. So hatten die Ministerpräsidenten der Länder noch Anfang der sechziger Jahre die Veranstaltung des seit Ende der fünfziger Jahre technisch realisierbaren zweiten Fernsehprogramms abermals einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt anvertraut und damit den deutschen Zeitungsverleger eine Absage erteilt, die den zweiten Kanal gemeinschaftlich als Verlegerfernsehen betreiben wollten29 .
wesentlichen dieselben Programme angeboten werden, wenn auch in unterschiedlicher Anzahl. Spezielle, etwa ausschließlich auf die Kabelnetze konzipierte Programmformate gibt es zur Zeit noch nicht. 26 11. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/81, S. 860ff., Tz. 12, 16; Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (470ff.); Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (136); Degenhart, ZUM 1987, 595 (598f.); Kübler, Medienverflechtung, S. 93. Zur tatsächlichen Entwicklung § I B. II. 2. Zur rechtlichen Bedeutung der Umverteilung der Werbeeinnahmen in der Diskussion um die Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten der Presse noch unter § 4 C. 111. 3. 27 Bericht der Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit (sog. MichelKommission) v. 25. September 1967, BT-Drucks. V /21 20. 28 Herrmann, Rundfunkrecht, § 4, Rdnr. 63 mit umfangreichen Nachweisen. 3*
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Die tiefe Skepsis gegen ein von Verlegern veranstaltetes Privatfernsehen beruhte nicht zuletzt auf der stark fortgeschrittenen Konzentration in der Presse. Denn anders als der Rundfunk hatte sich der Sektor der Printmedien zunächst relativ frei entwickelt, nachdem die Aliierten die Lizenzierungspflicht aufgehoben hatten. Da die allgemeinen Wettbewerbsgesetze die Entwicklung auf den Pressemärkten nur unzureichend erfaßten, nahm die Konzentration in der Presse kontinuierlich zu, was von der Öffentlichkeit zunehmend kritischer aufgenommen wurde und schließlich eine große pressepolitische Debatte auslöste. Stand und Entwicklung der Medienkonzentration und hier insbesondere der Pressekonzentration beleuchtete der Bericht der sogenannten Günther-Kommission30. Dieser schlug neben wettbewerbsrechtlichen Konzentrationsbegrenzungen pressespezifische Regulierungen wie Marktanteilsgrenzen oder besondere Offenlegungspflichten vor. Vor allem aber enthielt der Bericht die ersten ordnungspolitischen Vorschläge zur Beschränkung intermediärer Cross Ownerships. So sah die Kommission eine Gefahr für die Pressefreiheit als dann gegeben an, wenn ein Unternehmen, das in der Zeitungspresse und zugleich in der Zeitschriftenpresse tätig ist, auf dem einen Markt einen Anteil von 20% auf dem anderen einen von 10% hält. Nicht nur eine Gefährdung, sondern bereits eine Beeinträchtigung der Pressefreiheit nahm sie bei der Kombination von einem Marktanteil von 40 % auf dem einen und 15 % auf dem anderen Markt an31 . Die Empfehlungen der Günther-Kommission wurden von der Politik nicht aufgegriffen 32 • In der aktuellen Diskussion um Art und Umfang einer effektiven Cross Ownership Kontrolle wird neuerdings jedoch vorgeschlagen, bei der Bewertung und Regulierung der marktübergreifende Medienkonzentration auf die Ergebnisse und Eckwerte der GüntherKommission zurückzugreifen33. 29 Zum Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) allgemein Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (139). Zu den Bemühungen der Verleger um das ZDF Herrmann, Rundfunkrecht, § 4, Rdnr. 61. Zur Vorgeschichte BVerfGE 12, 205. 30 Bericht der Kommission zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und der Folgen der Konzentration für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik (Günther-Kommission) vom 14. Juni 1968: Rundfunkanstalten und Tageszeitungen (BT-Drucks. V /3122). 31 BT-Drucks. V /3122, S. 45. 32 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (138). Auf das Wirken der Günther-Kommission sind jedoch die mittlerweile sechs Medienberichte der Bundesregierung zurückzuführen: Zwischenbericht der Bundesregierung vom 27. April 1970 (BT-Drucks. Vl/692); Bericht der Bundesregierung über die Lage von Presse und Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland vom 15. Mai 1974 und 9. November 1978 (BT-Drucks. 7/2104 und 8/2264); Bericht der Bundesregierung über die Lage der Medien in der Bundesrepublik Deutschland 1985 vom 16. Juni 1986 (BT-Drucks. 10 I 5663); Bericht der Bundesregierung über die Lage der Medien in der Bundesrepublik Deutschland 1994 vom 20. Oktober 1994 (BT-Drucks. 12/8587); Bericht der Bundesregierung über die Lage der Medien in der Bundesrepublik Deutschland 1998 vom 18. Mai 1998 (BT-Drucks. 13/ 10650). 33 Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 102; ders. , MP 1990, 755 (756); ders., MP 1996, 610 (618f.); vgl. auch Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (137 ff.).
A. Historisch-politische Entwicklung
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Am Ende der langen und heftigen Diskussion stand die Einführung der Pressefusionskontrolle, die die Lage in der Presse spürbar entspannte. Die öffentliche Diskussion beruhigte sich, zumal in der Folgezeit Konzepte binnenpluraler Vielfaltssicherung hinzutraten, die die Meinungsmacht der Verleger von innen her begrenzten 34 . Der grundlegende Stimmungswandel in Politik und Gesellschaft zugunsten der Verleger trat jedoch erst in den siebziger Jahren mit dem technischen Fortschritt in der Breitbandkabel- und Satellitentechnik ein, die neue Übertragungswege und damit den Empfang von mehr als nur drei Fernsehprogrammen möglich machten. Die Entwicklung der Satelliten- und Kabeltechnologie erzwang dabei die Einsicht, daß Rundfunk künftig nicht mehr als rein nationale Angelegenheit betrachtet werden kann 35 . Vor allem die Verbesserung der Satellitentechnik trug entscheidend zur Öffnung des Rundfunksektors für kommerzielle Anbieter bei, da sich die Satellitenprogramme nicht auf das Gebiet eines Landes beschränken ließen. Der unvermeidliche sog. Spill over der Satellitenprogramme der Anreinerstaaten machte in Deutschland Programme bundesweit empfangbar, die nicht an die Vorgaben des deutschen Rechts gebunden waren. Dies erkennend empfahl der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger (BDZV) im Jahre 1981 seinen Mitgliedern, sich an dem von der Compagnie Luxemburgeoise de Telediffusion (CLT) mehrheitlich beherrschten Fernsehprogramm Radio-Tele-Luxembourg (RTL) zu beteiligen36. Damit wäre in Deutschland ein privates Fernsehprogramm der deutschen Verleger auf Sendung gegangen, das sich dem nationalen Recht, namentlich den vom Bundesverfassungsgericht präzisierten Vorgaben der Verfassung, entzogen hätte. Der hieraus resultierende Druck auf die deutsche Medienpolitik zeigte bald Wirkung.
Im Oktober 1982 übernahm mit den Unionsparteien und der FDP eine Koalition die Regierungsverantwortung, die der Einführung des Privatfunks, dessen Verfassungsmäßigkeit das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1981 zum ersten Mal ausdrucklieh anerkannt hatte 37 , aufgeschlossener gegenüberstand als ihre Vorgänge34 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (138). Im Vordergrund stand dabei die Diskussion um die innere Pressefreiheit (dazu statt vieler Seiler, AfP 1999, 7; Groß, ZUM 1996, 917; Mestmäcker, Recht und ökonomisches Gesetz, S. 238 ff.; v. Mangoldt/ Klein/ Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 59 ff. m. w. N.; Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, 2, Rdnr. 158 ff.; Kuli, AfP 1995, 551; Bundesregierung, Medienbericht ' 98 (BT-Drucks. 13 I 10650), S. 177 f.). 35 Vgl. Begründung zum Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens (Musterbegründung) in epd/KuR v. 31. Mai 1987, S. 2; BVerfGE 73, 11 8 (154 ). Statt vieler WendUng, Rundfunk und Ländergrenzen, S. 149 ff.; Witt, Auswirkungen des internationalen Frequenzmanagements, S. 411 ff.; Bullinger, Rundfunkordnungen im Übergang, S. 45 ff.; Degenhart, EuGRZ 1983, 205. Zur Problematik insg. Eberle/Gersdorf, Grenzüberschreitender Rundfunk; Gulich, Grenzüberschreitender Rundfunk. 36 Geplant war, über einen 1985 zu startenden Luxemburger Direktrundfunksatelliten ein Fernsehprogramm für Deutschland abzustrahlen, an dem die deutschen Zeitungsverleger maßgeblich beteiligt gewesen wären. Vgl. auch Groß, DuR 1982, 16; ders. , ZUM 1996, 365 (370); Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (559). 37 Konnte man dem ersten Rundfunkurteil noch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob mit der Feststellung in BVerfGE 12, 205 (262), auch eine private Gesellschaft könne Trägerin von Rundfunkveranstaltungen sein, eine materielle private Rundfunkfreiheit anerkannt sein sollte
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§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
rin 38 . Im Jahre 1984 vollzog auch die SPD in ihrem medienpolitischen Aktionsprogramm eine Wende. Daraufbin erließen schließlich alle Bundesländer in den Jahren 1984 bis 1989 die zur Einführung des privaten Rundfunks in Deutschland erforderlichen gesetzlichen Grundlagen39 . Um das Risiko einer Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht zu reduzieren, ließen sich die Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Landesmediengesetze von den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts leiten40. So installierten alle Landesmediengesetze entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ein System präventiver Zugangs- und Konzentrationskontrolle 41 , dessen Ausübung besonderen Aufsichtsbehörden, den sog. Landesmedienanstalten42 , auferlegt wurde. Die Landesmediengesetze enthielten auch die ersten Cross Ownership Beschränkungen des deutschen Rechts. Diese beschränkten sich allerdings auf die lokale Ebene und hier weitgehend auf die Verflechtungen mit der Presse. Noch vor Abschluß der im Jahre 1978 beschlossenen "Kabelpilotprojekte"43 war dem kommerziellen Fernsehen damit - unterstützt durch den forcierten Ausbau des Kabelnetzes44- der medienpolitische Durchbruch gelungen45 . Im Jahre oder lediglich dem Integrationsfunk die Gestaltungsmöglichkeiten des Privatrechts formalorganisatorisch offengehalten werden sollten, stellte das Bundesverfassungsgericht in seinem dritten Rundfunkurteil erstmalig die Verfassungsmäßigkeit privaten Rundfunks explizit fest, BVerfGE 57, 295 (319ff.); bestätigt in BVerfGE 73, 118 (157); 83, 238 (297) (ständige Rechtsprechung). Dazu Scholz, JZ 1981,561 (563 f.). 38 Zum politischen Hintergrund zusammenfassend Engel, AfP 1994, 185 (187). 39 Im Folgenden werden die Gesetze der Länder zur Regelung des privaten Rundfunks zusammenfassend "Landesrnediengesetze" genannt. 40 Zu den Mindestanforderungen der vorn Gesetzgeber zu schaffenden Rundfunkordnung BVerfGE 57,295 (320f.). Dazu noch im Einzelnen unter§ 2 E. I. l. d). 41 BVerfGE 57, 295 (324 ff.); bestätigt in BVerfGE 73, Jl8 (153 f.); 83, 238 (319, 322). 42 Die Aufsichtsbehörden der Länder für den privaten Rundfunk tragen unterschiedliche Bezeichnungen. So heißt die Aufsichtsbehörde in Nordrhein-Westfalen "Landesanstalt für Rundfunk" (LfR), in Baden-Württernberg "Landesanstalt für Kommunikation" (LfK), in Bayern "Bayerische Landeszentrale für neue Medien" (BLM) und in Sachsen-Anhalt "Medienanstalt Sachsen-Anhalt" (MSA). Im Folgenden werden sie zusammenfassend "Landesrnedienanstalten" genannt. Zu den Landesmedienanstalten allgernein Bamberger; ZUM 2000, 551; Herrmann, Rundfunkrecht, § 17, Rdnr. 41 ff.; Wagner, RuF 1990, 165. 43 Die Kabelpilotprojekte beruhten auf dem Vorschlag der 1974 eingesetzten "Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssysterns" (KtK) (zu deren Bericht Hoffnumn-Riem, ZRP 1976, 291). Die Durchführung der Projekte wurde von den Ministerpräsidenten am 11. Mai 1978 beschlossen. Da ihre Finanzierung lange Zeit umstritten war, verzögerte sich der Projektbeginn bis in das Jahr 1984. An der Verwirklichung der Projekte, die schließlich in Ludwigshafen, München, Dortmund und Berlin durchgeführt wurden, hatten auch Verleger teil. 44 Groß, DuR 1982, 16. Zur Bedeutung der Investitionsentscheidungen der Deutschen Bundespost für die Entwicklung des privaten Rundfunks Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. ll5 (123 f.). 45 Dazu kritisch Hoffinann-Riem, AöR lJO (1985), 528 (574).
A. Historisch-politische Entwicklung
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1984 ging in Deutschland mit RTL plus das erste private Fernsehprogramm auf Sendung. Mit ihm entstanden zugleich die ersten Cross Ownerships in der deutschen Fernsehlandschaft, da an RTL plus neben der CLT auch der BertelsmannKonzern und die Verlagsgruppe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ Mediengruppe) beteiligt waren46.
3. Duales Rundfunksystem a) Anfangsjahre des deutschen Privatfernsehens
Ein Jahr später ging mit SAT.l das zweite deutsche Privatprogramm auf Sendung. RTL plus und SAT.l dominierten in den Anfangsjahren den privaten Fernsehsektor47. Mit dem Axel Springer Verlag, der Bauer Verlagsgruppe, der Burda Gruppe, der WAZ Mediengruppe, der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und nicht zuletzt dem Bertelsmann-Konzern wurden damit die führenden deutschen Verlage und Medienhäuser zugleich zu den maßgeblichen Akteuren im bundesdeutschen Privatfernsehen48. Die Landesmediengesetze differierten gerade zu Anfang erheblich. Die Unterschiede erschwerten die Verbreitung der bundesweiten Programme und machten immer stärker die Notwendigkeit eines gemeinsamen Ordnungsrahmens evident. Im Jahre 1986 stellte das Bundesverfassungsgericht explizit fest, daß die Funktionsfähigkeit des privaten Rundfunksystems von der Koordination der landesgesetzlichen Regelungen abhänge49. Am 3. April 1987 unterzeichneten die Länder schließlich den ersten Rundfunkstaatsvertrag, der sich - mit Ausnahme der Vorschriften für den Jugendschutz - auf die Regelung bundesweiter Programme beschränkte50. In § 8 Abs. 5 RStV '87 sah der Staatsvertrag die erste Rundfunkkonzentrationsbestimmung von bundesweiter Geltung vor51 • Demnach durfte ein Rundfunkveranstalter bundesweit jeweils nur ein Vollprogramm und ein Spartenprogramm im Hirsch, RuF 1988, 163 (166f.). Röper; MP 1989, 533 (537 f.). 48 Groß, ZUM 1996, 365 (365). 49 BVerfGE 73, 118 (196f.)- Niedersachsen vom 4. November 1986. 50 Staatsvertrag zur Neuordnung des Rundfunkwesens vom 3. April 1987, in Kraft getreten am I. Dezember 1987 (u. a. B.-W. GBI. 1987, 511; Bay. GVBI. 1987, 249; Hessen GVBI. 1987, 165; NRW GV. NW. 1987, 420; S.-H. GVBI. 1987, 223), sog. Rundfunkstaatsvertrag (RStV '87). Vgl. auch Fußnote 66. Erste Bemühungen der Länder, sich auf eine einheitliche Medienordnung zu verständigen, finden sich bereits im Jahre 1984, Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (128). Zur Vorgeschichte des ersten Rundfunkstaatsvertrags Hartstein I Ring I Kreile I Dörr I Stettner; Rundfunkstaatsvertrag, Teil B 1: Entstehungsgeschichte, Rdnr. 40ff.; vgl. auch Ricker, NJW 1988, 453 (453). 51 Zur Entstehungsgeschichte im Einzelnen HartsteiniRingiKreileiDörriStettner; Rundfunkstaatsvertrag, § 20, Rdnr. 2. 46 47
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Hörfunk und im Fernsehen verbreiten 52. Damit wurde ein verbindlicher konzentrationsrechtlicher Mindeststandard festgelegt, wobei den Ländern der Erlaß weitergehender Anforderungen an die Sicherung der Meinungsvielfalt unbenommen blieb53 . Im Jahre 1989 waren mit 294 Zeitungsverlagen schon 10% mehr Verlage im Fernsehen engagiert als noch zwei Jahre zuvor54. Doch schon im selben Jahr ging das Fernsehengagement der Zeitungsverlage deutlich zurück55 . Der ursprüngliche Plan der lokalen Zeitungsmonopolisten, in ihren Verbreitungsgebieten Fernsehstationen zu etablieren, um damit Synergieeffekte mit ihren Presseredaktionen zu nutzen und ihre publizistische Alleinstellung auf den lokalen Märkten abzusichern, erwies sich als weitaus schwieriger durchführbar als erwartet. Den immensen und zum Teil unterschätzten Anfangsinvestitionen standen vergleichsweise geringe Erlöse gegenüber. Der Kreis der potentieJien Werbekunden erwies sich bei den Lokal- und Regionalsendem als stark limitiert, zumal der Preis für Werbetrailer ungleich höher lag als die Anzeigenpreise der Lokalpresse und daher für die örtlich ansässige Wirtschaft oftmals zu teuer war. Da sonach auch langfristig kaum eine Perspektive auszumachen war, daß sich die lokalen Fernsehsender in absehbarer Zeit würden selbst tragen können, zog sich die Mehrzahl der örtlichen Verleger schon bald aus dem Fernsehgeschäft zurück56 . Dem konnten auch die am überregionalen Fernsehen interessierten Mediengroßkonzerne nur wenig entgegensetzen. Diese hatten den lokalen Zeitungsverlegern als Starthilfe Kooperationen angeboten, um sich bei der Einführung des Privatfunks der Unterstützung der lokalen Verleger zu versichern. Im Rahmen dieser Kooperationen sollten die lokalen Zeitungsverleger Programmfenster in den überregionalen Programmen erhalten. So stiegen wegen der immensen Anlaufkosten und der mangelnden Wirtschaftlichkeit der Regionalprogramme die als regionale Kooperationspartner an RTL und SAT.l beteiligten Verleger nach nur kurzem Engagement aus dem Fernsehgeschäft aus. Zu diesen zählten etwa der Süddeutsche Verlag, der Verlag der Saarbrücker Zeitung und die Mediengesellschaft der bayerischen Tageszeitungsverlage (mbt).57
Ganz anders verlief die Entwicklung im weniger kostenintensiven Hörfunk. Hier nahm die Anzahl der Cross Ownerships zwischen Verlagen und Hörfunkveranstaltern kontinuierlich zu. Die Verlage waren von Anfang an stark interessiert am Hörfunk. Schon im Jahre 1988 waren die Verleger im Schnitt an 80 % der privaten Hörfunkstationen beteiligt und stellten damit die größte Gruppe unter den Hörfunkveranstaltern58 . Im landesweiten Hörfunk 52
53
§ 8 Abs. 5 Satz 1 RStV '87. § 8 Abs. 7 Satz 2 RStV '87.
Röper. MP 1989,533 (537, Tab. 1). Röper. MP 1989, 533 (538, 534). 56 Zu den spezifischen Problemen des Lokal- und Regionalfernsehens zuletzt Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 132. 57 Dazu im Einzelnen Groß, ZUM 1996, 365 (370); Röper, MP 1988, 749 (752). 58 Jens, MP 1989,23 (26). 54 55
A. Historisch-politische Entwicklung
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waren im Jahre 1989 an sieben von acht Programmen Zeitungsverlage erheblich oder sogar ausschließlich beteiligt59.
Dabei galt und gilt das besondere Interesse der Verlage dem Lokalfunk60. Allein von 1987 bis 1989 verdoppelte sich die Anzahl der im lokalen Hörfunk beteiligten Verlage. Von diesen hatten drei Viertel im Verbreitungsgebiet des Hörfunkprogramms eine zumindest monopolähnliche Stellung in der dortigen Lokalpresse61 . Diese sogenannten "Doppelmonopole" wurden vom Kartellamt hingenommen, um den privaten Hörfunkveranstalter eine gewisse wirtschaftliche Stärke zu ermöglichen, die der Wettbewerb gegen die marktbeherrschenden öffentlich-rechtlichen Programme erfordere62. b) Konsolidierung und Konzentration
Der Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie die Entwicklungen auf europäischer Ebene, insbesondere der Erlaß der Femsehrichtlinie63, machten Anfang der neunziger Jahre die Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags notwendig64. Schwerpunkt der Verhandlungen war die Medienkonzentrationskontrolle, da die bestehende Regelung als zu allgemein und unpraktikabel angesehen wurde65 . Die am 31. August 1991 unterzeichnete Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags66 enthielt daher eine neue, detailliertere materiell-rechtliche Konzentrationsregelung67 .
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Röper; MP 1989,533 (540).
Jens, MP 1989,23. Vgl. auch Pätzold/Röper; MP 1995,586 (589). Waren 1987 noch 38 Verlage am Lokalfunk beteiligt, waren es im Jahre 1989 bereits 82. Dabei waren im Jahre 1989 mehr als die Hälfte aller deutschen Verlage an einem Engagement im Lokalfunk beteiligt oder zumindest interessiert, Röper; MP 1989, 533 (533f.; 537, Tab. 1). 62 Röper; MP 1989, 533 (536). Kritisch hierzu Groß, ZUM 1996,917 (932). 63 Richtlinie zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit vom 3. Oktober 1989 (89/552/EWG, ABI. Nr. L 298 vom 17. Oktober 1989, 23 in der Fassung der Berichtigung gemäß ABI. Nr. L 331 vom 16. November 1989, 51), sog. Fernsehrichtlinie (FRL). Dazu noch§ 3 A. II. 2. 64 Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Teil B 1: Entstehungsgeschichte, Rdnr. I 00 ff. 65 Ricker; NJW 1988, 453; von Wallenberg, ZUM 1992, 387 (387); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 25. 66 Rechtstechnische Neuerung der Novellierung im Jahr 1991 war die formale Verklammerung der bis dato getrennten sieben Einzelstaatsverträge zu einem Artikel-Staatsvertrag, der mit seinem Inkrafttreten alle vorherigen Staatsverträge im Medienbereich ablöste. 67 Dazu insgesamt Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (564 ff.); Rotermundt, § 21 Rundfunkstaatsvertrag, S. 53 ff. 60
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
§ 21 RStV '91 hielt am Beteiligungsmodell fest, präzisierte und verschärfte jedoch die materiellen Zulassungs- und Zurechnungsvoraussetzungen. Demnach waren nunmehr jedem Rundfunkveranstalter bundesweit in Hörfunk und Fernsehen jeweils bis zu zwei Programme erlaubt, darunter aber jeweils nur ein Vollprogramm oder ein Spartenprogramm mit Schwerpunkt Information68 • Die Alleinveranstaltung von bundesweiten Fernsehvolloder -informationsprogrammen wurde ausgeschlossen. Ein solches Programm konnte nur von einer Veranstaltergemeinschaft betrieben werden, an der keiner der Beteiligten einen vorherrschenden Einfluß ausüben, namentlich nicht die kapital- oder stimmrechtsmäßige Majorität innehaben durfte69 . Hatte einer der Beteiligten mehr als 25% der Kapital- oder Stimmrechtsanteile oder einen sonst "maßgeblichen" Einfluß, durfte er maximal an zwei weiteren Programmen und hier nur mit weniger als 25% beteiligt sein70 . Diese Beteiligungsgrenzen wurden durch ein Netz nicht unkomplizierter Zurechnungsregeln ergänzt71 •
Bei den Verhandlungen zur Novellierung des Rundfunkstaatsvertrags wurde erstmalig das Problem der Cross Ownerships auf bundesweiter Ebene diskutiert. Die Einführung einer länderübergreifenden Cross Ownership Beschränkung scheiterte jedoch, da über den Regelungsansatz kein Konsens erzielt werden konnte72. Darüberhinaus sahen die Länder keinen medienpolitischen Handlungsbedarf auf nationaler Ebene, da die Cross Ownership Debatte damals von einem überwiegend bimedialen Ansatz ausging73 , die Verflechtung von Presse und Rundfunk jedoch typischerweise nur lokal virulent wurde74. Die Diskussion um die Cross Ownership Kontrolle schlug sich in dem neuen Rundfunkstaatsvertrag daher nur insoweit nieder, als den Landesmedienanstalten im Hinblick auf die erforderliche Weiterentwicklung des rundfunkrechtlichen Ordnungsrahmens aufgegeben wurde, regelmäßig über die Entwicklung der Meinungsvielfalt und Konzentration im privaten Rundfunk zu berichten. Der Bericht sollte sich dabei vor allem mit dem intermediären Wettbewerb von Hörfunk und Fernsehen und dem von Rundfunk und Presse befassen75 • 68 § 21 Abs. I Satz 1 RStV ' 91. Nach der Legaldefinition des Rundfunkstaatsvertrags sind Vollprogramme dabei alle Rundfunkprogramme, die eine programmliehe Vielfalt bieten, in der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms ausmachen. Spartenprogramme sind dagegen jene Programme mit wesentlichen gleichartigen Inhalten, § 2 Abs. 2, Ziff. 1 und 2 RStV. 69 § 21 Abs. 2 RStV '91. 70 § 21 Abs. 3 RStV '91. 71 § 21 Abs. I Satz 3, Abs. 5 RStV '91. Dazu etwa Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (564f.); Hess, AfP 1997, 680 (680f.). 72 Hartstein I Ring I Kreile I Dörr I Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Teil B I: Entstehungsgeschichte, Rdnr. 102. 73 Vgl. Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt; Kühler, Medienverflechtung; Lerche, Presse und privater Rundfunk; Selmer, AfP 1985, 14; Scholz, AfP 1983, 261; Bismark, AfP 1982, 135; Bullinger, AfP 1983, 319; Roth, ZHR 152 (1988), 165. 74 Kuch, ZUM 1997, 12 (15); Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 185. 75 § 21 Abs. 6 RStV '91. Kritisch zur Verfassungsmäßigkeit der Berichtspflicht Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (583 f.). Zum Konzentrationsbericht allgemein Beucher I Leyendeckerlvon Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 19.
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Die von § 21 RStV '91 erzwungenen AnbieteTgemeinschaften ließen ein Geflecht von Minderheitsbeteiligungen der Medienhäuser entstehen76• Im bundesweiten Fernsehen, an dem sich von vornherein nur die größeren Verlage direkt beteiligt hatten77 , kristallisierten sich im Laufe der Zeit zwei Lager heraus. Die eine Allianz bildeten der BeTtelsmann-Konzern und die CLT mit den Sendern RTL, RTL li und VOX78. Im Gegenlager verfolgten die Kirch-Gruppe und der Springer-Verlag mit den Programmen SAT.1, Pro Sieben, DSF und Kabelkanal ihre Interessen weitgehend gemeinsam79. Der Aufbau dieser sogenannten "Senderfamilien " 80führte zu einem engen Oligopol, vor allem bei den Vollprogrammen 81 . Die kleineren Medienhäuser wurden sukzessive aus dem Markt gedrängt oder auf unbedeutende Finanzbeteiligungen zurückverwiesen. So hat sich mittlerweile der ganz überwiegende Teil der Verleger aus dem Fernsehgeschäft zurückgezogen82. Angesichts der starken Konzentrationsprozesse im bundesweiten Fernsehen wurde die kommunikations-, rechts- und wirtschaftspolitische Sinnhaftigkeit des geltenden Rundfunkkonzentrationsrechts zunehmend in Frage gestellt83 : Zum ersten wurden die erheblichen Defizite bei der Konzentrationsbekämpfung bemängelt. Die Kompliziertheit des§ 21 RStV '91, namentlich dessen ausgesprochen diffizile Zurechnungsregeln würden Umgehungsversuche geradezu herausfordern84 . Niewiarra, ZUM 1993,2 (5). Die kleineren Verlage beteiligten sich teilweise indirekt. Dazu bildeten sie das Konsortium Aktuell Presse-Fernsehen (APF), das an dem Sender SAT.l 20% der Kapitalanteile hielt, Röper, MP 1986, 281 (299, 284, Abb. 3). Zur APF als einem der ersten Zusammenschlüsse zum Einstieg von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen in das kommerzielle Fernsehen sowie seiner Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft ECS I, Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (470ff.); Mook, WuW 1986, 777 (778f.). 78 Zum BeTtelsmann-Konzern § I D. II. I. a. Zur Fusion der Bertelsmann-Tochter UFA und der CLT und den einzelnen Programmen der CLT-UFA § I D. I. I . 79 Röper, MP 1993, 56 (66). Zur Kirch-Gruppe § I D. II. I. b. Zum Axel-Springer-Verlag § I D. II. 2. Zu den einzelnen Programmen § I D. I. I. 80 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 ( 174 f.). 81 Nur bei den Spartenprogrammen bestand noch ein gewisser Raum für Veranstalter, die sich nicht an eine der Senderfamilien anschlossen, Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk. S. 127 (175). 82 Zur Struktur des Rundfunkmarktes heute siehe § I D. I. I. 83 Engel, Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (242); Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (306); Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (102); Hess, AfP 1997,680 (680f.). Zu weiteren Nachweisen unter Fußnote 1420. 84 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (211); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (68); Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (568); vgl. auch Jochimsen, AfP 1999, 24 (26). So wurde gemutmaßt, die Kirch-Gruppe verfüge über ihr nahestehende Personen, wie etwa den Sohn Leo Kirchs Thomas Kirch, den italienischen Medienunternehmer Silvio Berlusconi oder den Schweizer Verleger Ringier, über weitreichendere Einflußmöglichkeiten im Fernsehen 76
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Zudem fördere die Regelung einen Standortwettbewerb der Länder untereinander, der der Effektivität der rundfunkrechtlichen Kontrolle Grenzen setze85 . Nach den Regelungen des Zweiten Rundfunkänderungsstaatsvertrags konnte sich ein Veranstalter bundesweiter Rundfunkprogramme seinen Sitz innerhalb Deutschlands nach der Bewerberfreundlichkeit des geltenden Landesrechts sowie der vermuteten Entscheidungspraxis der jeweiligen Landesmedienanstalt aussuchen86. Die Direktorenkonferenz (OLM) als gemeinsames Beratungs- und Abstimmungsgremium der Landesmedienanstalten war nicht imstande, die aus diesem Wettbewerb der Ordnungen und Behörden resultierenden Konflikte zwischen den verschiedenen Landesmedienanstalten zu lösen, so daß diese schließlich vor den Gerichten ausgetragen wurden. So ging der Streit zwischen der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien und der Medienanstalt Berlin-Brandenburg um die Zulassung des Deutschen Sportfernsehens (DSF) letztlich bis vor das Bundesverfassungsgericht87.
Darüberhinaus wurde kritisiert, daß die erzwungenen Joint Ventures notwendig Kompromisse zur Folge hätten, die markante redaktionelle Aussagen unwahrscheinlich machten. Die Veranstaltergemeinschaften ließen eine klare Zurechnung der publizistischen Verantwortung für die gesendeten Inhalte nicht zu88• Für die Qualität des publizistischen Angebots sei eine Vielfalt von Eigentümern vorzuziehen, bei der jeder Eigentümer die vollständige Kontrolle über seinen Kanal habe, dafür aber auch für diesen publizistisch verantwortlich sei89• als die offengelegten Kapitalbeteiligungen an SAT.l, Kabelkanal und DSF vermuten lassen, Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (171 ff.); epd/KuR v. 26. Oktober 1994, S. 29. Zur hieraus resultierenden Angehörigenklausel im Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag (§ 28 Abs. 4 RStV) Schweitzer; ZUM 1998, 597; (kritisch) Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 38 f. 85 Engel, Medienordnungsrecht, S. 54; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 54f.; Dörr, ZUM 1993, 10 (14); Kleist, ZUM 1993, 503 (507); Knothe, ZUM 1997, 6 (9); Hendriks nach Schmidt, A., ZUM 1993, 18 (19); vgl. auch Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 14 f. 86 Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 75; Bumke, ZUM 1998, 121 (124). Kritisch hierzu etwa Korn, ZUM 1994, 625 (628). 87 VG München, ZUM 1993, 294; VGH München, ZUM 1993, 296; BayVerfGH, ZUM 1993, 304; BVerfG, ZUM 1994, 630; BayVerfGH, ZUM 1995, 417; VGH München, ZUM 1995, 423; BayVerfGH, ZUM 1995, 426; BVerfG, NJW 1997, 1147 (dazu Monhardt, epd/ KuR v. 25. Januar 1997, 5/97, S. 3) sowie in der Hauptsache VG München, Urteil vom 30. Mai 1994- M 3 K 93.198; VGH München, ZUM 1996, 326; BVerwG, ZUM 1998, 170. Zum Streitgegenstand Kreile, CR 1998, 24 (24f.); ders., NJW 1997, 1329 (1330). Zur Prozeßgeschichte und den Folgen Bumke, ZUM 1998, 121 (121 f.); Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 175. Vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, ZUM 1996, 334. Zur Standortproblematik auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene siehe § 2 E. III. und§ I A. I. 3. b). 88 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (2 I I); Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (102); Hege, AfP 1995, 537 (539); Korn, ZUM 1994, 625 (629). 89 Korn, ZUM 1994,625 (629).
A. Historisch-politische Entwicklung
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Vor allem aber wurde das Beteiligungsmodell als veraltet und innovationsfeindlich kritisiert. Das Modell, das noch von dem Gedanken beschränkter Spektraloder Kanalkapazitäten ausgehe, trage der Erweiterung der Übertragungskapazitäten nicht hinreichend Rechnung. Sei die Frequenzknappheit schon durch die Eröffnung neuer Übertragungswege wie Kabel und Satellit überwunden worden, stünde mit der Fortentwicklung der Digitaltechnik und Datenkompression eine weitere Ausweitung der Kapazitäten an, vor deren Hintergrund die Beschränkung auf zwei bundesweite Fernsehprogramme als Anachronismus gelten müsse90. Anders als bei der herkömmlichen analogen Signalübertragung, bei der sich die einzelnen Signale aus sich kontinuierlich ändernden Werten innerhalb eines festgelegten Bereichs zusammensetzen, setzt sich bei der digitalen Übertragung das einzelne Signal aus zwei diskreten Signalwerten, 0 und I, zusammen, die sich in einem festgelegten Zeittakt ändern91 . Die digitale Übertragung ist infolgedessen weniger störanfällig als die analoge. Vor allem aber besitzt sie den Vorteil, daß die Menge der zu übertragenden Daten reduziert und komprimiert werden kann. Damit kann der einzelne Kanal mindestens drei- bis viermal mehr Programme übertragen als bisher92 . Ferner erlaubt die Digitaltechnik die Eröffnung eines Rückkanals und damit den individuellen Abruf von Programmen und Kanälen sowie neue Formen interaktiver Kommunikation93 . Darüberhinaus gestattet sie, Video-, Audio-, Text- und Dateninformationen einheitlich darzustellen, und treibt damit die Konvergenz der bislang getrennten Bereiche Rundfunk, Telekommunikation, Datenverarbeitung und Konsumelektronik weiter voran94 . Mit der Durchsetzung der Digitaltechnik ist daher ein tiefgreifender Wandel des audiovisuellen Bereichs verbunden95 .
90 Gab es im Jahre 1996 noch zwölf digitale, über Satellit verbreitete Dienste, waren es im Jahre 1997 bereits ungefähr 330, Europäische Kommission, Audiovisuelle Politik 1998, S. 30. Zu den einzelnen Aspekten der Frequenzerweiterung siehe König, Digitales Fernsehen, S. 30ff. 91 Zu den technischen Einzelheiten König, Digitales Fernsehen, S. 27 ff. 92 Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13/11380), S. 6 f., 3; Stammler; ZUM 1995, 104 (104); König, Digitales Fernsehen, S. 30ff. 93 Europäische Kommission, Audiovisuelle Politik 1998, S. 6 mit Verweis auf die von der Europäische Kommission in Auftrag gegebene Studie von Norcontel, Economic Implications of New Communication Technologies on the audiovisual markets, vom Mai 1997 (http:// europa.eu.int/en /comm/dg 10/avpolicy/keydoc/new_comm/index.html); Bullinger; ZUM 1996, 749 (751 f.). 94 Zusammenfassend Stammler; ZUM 1995, 104(104). 95 Europäische Kommission, Audiovisuelle Politik 1998, S. 30ff.; dies., Mitteilung an das Europäische Parlament und den Ministerrat, Dok. KOM (1998) 446 endg. v. 14. Juli 1998; Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13/11380), S. 3 f.; bereits HoffmannRiem!Vesting, MP 1994, 382 (382). Von bundespolitischer Ebene ist avisiert, den Übergang von der analogen zu digitalen Rundfunkübertragung bis zum Jahre 2010 abzuschließen, Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13111380), S. 9ff.; BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 38 ff. Zur Einführung des digitalen Rundfunks in anderen Ländern Bundesregierung, Digitaler Rundfunk, BT-Drucks. 13/11380, S. 13 ff. Zu den Regelungskonzepten zum digitalen Rundfunk in den Vereinigten Staaten von Amerika Bender; ZUM 1998, 38, zu denen in Großbritannien Steemers, MP 1996, 402; Doyle, MP 1996, 164. Zum digitalen Rundfunk insgesamt Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 6.
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
c) Der Dritte Rundfunkänderungsstaatsvertrag 1996 Die von allen Seiten geforderte, materiell-, organisations- und verfahrensrechtliche Totalrevision des Rundfunkkonzentrationsrechts wurde nach langwierigen Verhandlungen im Jahre 1996 abgeschlossen96. Im Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschlossen die Länder, das Beteiligungsmodell durch das sog. Zuschauermarktanteilsmodell zu ersetzen. Statt auf die Anzahl und Höhe der kapitalmäßigen Beteiligung von Medienunternehmen an Programmveranstaltern kommt es nunmehr auf die publizistische Wirkung des Medienunternehmens an 97 . Diese sog. Meinungsmacht bestimmt sich in erster Linie nach dem Anteil der von dem Unternehmen erreichten Zuschauer. Demnach kann jedes Unternehmen eine unbegrenzte Anzahl von Programmen veranstalten, solange es hierdurch keine vorherrschende Meinungsmacht erlangt. Diese wird bei einem Zuschauermarktanteil von 30 % verrnutet98 .
Mit der Zulassung der Einzelveranstaltung bundesweiter Fernsehprogramme wurde ein Anreiz gesetzt, die entstandenen Senderfamilien aufzulösen. Tatsächlich lichtete sich das Gewirr der verschiedenen Minderheitsbeteiligungen 99 . Dabei konnte die neue Regelung jedoch nicht verhindern, daß das schon vorher bestehende Oligopol im bundesdeutschen Fernsehen nun rechtlich festgeschrieben wurde100. Letztlich teilen sich heute mit dem Bertelsmann-Konzern und der KirchGruppe zwei vertikal wie diagonal hoch diversifizierte Medienkonzerne das Gros des privaten Fernsehmarkts in Deutschland 101 . Ungeachtet der insgesamt eher liberalisierenden Tendenz 102 des neuen Rundfunkkonzentrationsmodells erweiterte der Dritte Rundfunkänderungsstaatsvertrag die bis dahin ausschließlich horizontal-intramediäre Konzentrationskontrolle im bundesweiten Fernsehen auf die vertikalen und diagonalen Unternehmensverflechtungen der Fernsehveranstalter. Nach§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV besitzt ein Unternehmen, das keine 30 % des Zuschauermarktes erreicht, auch dann eine vorherrschen96 Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 26. August bis 11. September 1996, in Kraft getreten am 1. Januar 1997 (u. a. B.-W. GBI. 1996, 753; Bay. GVBI. 1996, 480; Hessen GVBI. 1996, 485; GY. NW. 1996, 484; S.-H. GVBI. 1996, 686; Thür. GVBI. 1996, 249). Vgl. auch Fußnote 1309. Zur Entstehung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrags Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 16ff. 97 Zur Grundkonzeption des neuen Rundfunkkonzentrationsrechts für das bundesweite Fernsehen sowie zu den alternativ diskutierten Modellen zur Konzentrationsbekämpfung §3D. 111. 1. 98 § 26 Abs. I RStV. 99 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/ 10650), S. 186. Zu den Umstrukturierungen innerhalb der Kirch-Gruppe zusammenfassend 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 508 f. 100 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 510. 101 Dazu noch im Einzelnen unter§ 1 D. I. 1. 102 Stock, JZ 1997,583 (586) m. w. N.
A. Historisch-politische Entwicklung
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de Meinungsmacht, wenn es die 30 %-Marke nur geringfügig unterschreitet und zugleich entweder auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten marktbeherrschend ist oder aber unter Maßgabe seiner Beteiligungen im Fernsehen und in anderen medienrelevanten verwandten Märkten über einen Meinungseinfluß verfügt, der dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30 o/o im Fernsehen entspricht. Damit trat Anfang 1997, dreizehn Jahre nach Entstehung der ersten Cross Ownerships im deutschen Fernsehen, die erste Cross Ownership Beschränkung für das bundesweite Fernsehen in Kraft. Zugleich fand damit die seit Anfang der neunziger Jahre laufende Diskussion um die Kontrolle der marktübergreifenden Bigenturnskonzentration in den Medien ihr vorläufiges Ende 103 • In den Jahren 2000 und 2001 traten die Rundfunkänderungsstaatsverträge vier und fünf in Kraft 104. Beide befassten sich indes nicht mit der Frage der Cross Ownership und ließen die Cross Ownership Beschränkung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV unberührt. Sie können daher an dieser Stelle vernachlässigt bleiben.
4. Zusammenfassung
Die Geschichte des Privatfunks in Deutschland war von Anfang an eine Geschichte der Medienverflechtung, da die Zeitungsverleger Kopf und Motor beim Aufbau des kommerziellen Rundfunksystems in Deutschland waren. Die Skepsis gegen einen Rundfunk in privater Hand, namentlich in der Hand der publizistisch ohnehin schon mächtigen Verleger war nicht zuletzt von der historisch begrundeten Angst motiviert, einzelne könnten den Rundfunk instrumentalisieren und hierdurch die Öffentlichkeit zu ihren Zwecken mobilisieren. Die Überwindung der Frequenzknappheit durch die Eröffnung neuer Übertragungswege und die Verbesserung der Übertragungstechnik halfen, die tiefsitzende Skepsis zu überwinden und den Rundfunksektor den kommerziellen Anbietern zu öffnen. Die über lange Jahre verfolgte Vision der Verleger erfüllte sich jedoch nur teilweise. Noch am erfolgreichsten waren die lokalen Zeitungsmonopolisten mit ihrem bis in die Gegenwart reichenden breiten Hörfunkengagement Dagegen erwies sich das Lokalfernsehen als weithin unrentabel, so daß sich die meisten Verleger schon bald aus dem lokalen Fernsehgeschäft zuriickzogen. Im überregionalen, insbesondere im bundesweit ausgestrahlten Fernsehen hatten sich von vomherein nur die größeren Verlage direkt beteiligt. Die Hauptakteure auf dem Fernseh103 Zur Debatte um die Medienkonzentrationskontrolle seit dem Inkrafttreten des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages Kühler. MP 1999, 379. 104 Vierter Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 16. Juli bis 24. August 1999, in Kraft seit dem 1. April 2000 (z. B. B.-W. GBI. 1999, 665; GVBI. S.-H. 1999, 469) (zu diesem etwa Ring, ZUM 2000, 177; Hesse, ZUM 2000, 183; Pappi, ZUM 2000, 203); Fünfter Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 6. Juli bis 7. August 2000, in Kraft seit dem 1. Januar 2001 (z. 8. GVBI. S.-H. 2000, 638).
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markt kamen allerdings nicht aus den Reihen der klassischen Verlagshäuser. An die Spitze der Fernsehwirtschaft stellten sich vielmehr mit dem Bertelsmann-Konzern und der Kirch-Gruppe international orientierte, vertikal wie diagonal hoch diversifizierte Multimediakonzerne 105 . Mangels einer effektiven Konzentrationskontrolle setzten starke Konzentrationsprozesse ein. In dieser Phase gaben nahezu alle noch im Fernsehen engagierten Presseverleger ihre Fernsehbeteiligungen auf oder beließen es bei kleineren Kapitalbeteiligungen. Die Problematik der Cross Ownership hat folglich im Laufe der Zeit ihr Gesicht verändert und damit auch das der Cross Ownership Kontrolle. Sollte zu Beginn des kommerziellen Rundfunks die individuelle wie öffentliche Meinungsbildung in der Gesellschaft vor allem vor den Gefahren der Verflechtung von Presse und Rundfunk, das heißt der multimedialen Meinungsmacht der Zeitungsverleger ("Verlegerfernsehen") beschützt werden, richtet sich die Cross Ownership Kontrolle heute weniger gegen die Zeitungsverleger als vielmehr gegen die vertikal wie diagonal hoch diversifizierten Medienkonglomerate, die einen gänzlich neuen Typus von Medienunternehmen darstellen und mit den Verlegern als den klassischen Meinungsmachern nicht mehr viel gemein haben.
II. Europäische Rundfunkordnung Der Einfluß der Europäischen Gemeinschaft hat sich in den letzten Jahren spürbar erhöht. Dies gilt auch für den Bereich des Rundfunks 106• Unterstützt von der technologischen Entwicklung und der fortschreitenden Internationalisierung der Fernsehwirtschaft fördert die Europäische Gemeinschaft die Entwicklung eines europaweiten Rundfunkrnarkts. Dabei gilt ihr besonderes Interesse der Öffnung der traditionell national abgeschotteten Rundfunkmärkte und dem Abbau nationaler Hindernisse für den grenzüberschreitenden Rundfunk. Der von der Gemeinschaft geschaffene Ordnungsrahmen für den Rundfunk wirkt heute in vielfältiger Weise auf die deutsche Rundfunkordnung ein. Zwischen beiden Ordnungen finden sich Gemeinsamkeiten, aber auch nicht unerhebliche Unterschiede, die von einem grundlegend anderen Rundfunkverständnis zeugen, was sich nicht zuletzt bei der Behandlung der Cross Ownership Problematik bemerkbar macht. Zum besseren Verständnis der Cross Ownership Debatte auf europäischer Ebene sollen daher in der gebotenen Kürze die verschiedenen Etappen und Zielsetzungen der europäischen Rundfunkpolitik dargestellt werden. 107
Zu deren Unternehmensstruktur noch im Einzelnen unter§ I D. II. I. Vgl. Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13110650), S. 246ff. 107 Zu den parallel laufenden Bemühungen um die Schaffung einer weltweiten Kommunikationsordnung im Rahmen der Vereinten Nationen und der UNESCO, Delbrück, ZUM 1989, 373 (373) m. w. N. 10s
106
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1. Kulturpolitische Integration
In ihren ersten Jahren interessierte der Rundfunk die Europäische Gemeinschaft nur am Rande. Schon in seinen ersten Rundfunkurteilen stellte der Europäische Gerichtshof jedoch klar, daß der Rundfunk als Dienstleistung einzustufen, der Kompetenzbereich der Gemeinschaft sonach prinzipiell eröffnet sei 108• Zunehmend intensiver beschäftigte sich die Gemeinschaft mit dem Rundfunk seit Beginn der achtziger Jahre 109 . In dieser Zeit wurde der Rundfunk vorrangig als Mittel zur Förderung der europäischen Einigung und eines europäischen Bewußtseins verstanden 110• So befand das Europäische Parlament, daß der europäische Einigungsprozeß nicht allein wirtschaftlich verstanden werden dürfe. Vielmehr sei für Europa die "kulturelle Dimension originär". Das Parlament forderte daher zum Zwecke der für erforderlich erachteteten kulturpolitischen Integration die Veranstaltung eines europäischen Fernsehprogramms sowie die Schaffung einer europäischen Rahmenordnung für den Rundfunk 11 1• 2. Freiheit des Dienstleistungsverkehrs
Nur wenig später trat zunächst neben und im Folgenden immer stärker an Stelle dieser ursprünglich kulturpolitischen Zielsetzung eine eher wirtschafts- und industriepolitische Betrachtungsweise des Sektors Rundfunk. Dies hatte seinen Grund nicht zuletzt in den Erwartungen, die Politik und Wirtschaft an die Privatisierung des Rundfunk- und Kommunikationssektors knüpften, die Mitte der achtziger Jahre in den meisten Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vollzogen war. Der Rundfunk-, namentlich der audiovisuelle Sektor wurde und wird eine zentrale Rolle für den Wirtschaftsstandort Europa zugesprochen 112• Er wird zu den 108 EuGH - Sacchi v. 30. April 1974, Rs. 155/73, Slg. 1-1974, 409; EuGH - Debauve v. 18. März 1980, Rs. 52/79, Slg. 1-1980, 833. 109 Stock, RuF 1989, 180(182ff.). 110 Bericht des Abgeordneten Wilhelrn Hahn im Namen des Ausschusses für Jugend, Kultur, Bildung, Information und Sport über Rundfunk und Fernsehen in der Europäischen Gemeinschaft vom 23. Februar 1982, Europäisches Parlament, Sitzungsdokumente 1981 - 82, Dok. I - 1013/81. Vgl. auch Entschließungsantrag über Rundfunk und Fernsehen in der europäischen Gemeinschaft, Europäisches Parlament, Sitzungsdokumente 1980- 81 , Dok. 1-409/80, Entschließungsantrag zur Gefährdung der Meinungsvielfalt durch die Kornmerzialisierung neuer Medien, Europäisches Parlament, Sitzungsdokumente 1980- 81, Dok. 1-422/80. III Entschließung des Europäischen Parlaments zu "Rundfunk und Fernsehen in der Europäischen Gemeinschaft" vom 12. März 1982, ABI. Nr. C 87 vom 5. April 1982, I 10 (112, Ziff. 5, 7). Vgl. auch Entschließung des Europäischen Parlaments zur "europäischen Medienpolitik" vorn 25. Mai 1984, ABI. Nr. C 172 vorn 2. Juli 1984, 212. Eine Chronologie der wichtigsten Entschließungen des Europäischen Parlaments hierzu findet sich im Bericht des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte, Sitzungsdokument A 2 - 0246/87 v. 8. Dezember 1987, S. 38 f.
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expansivsten und wichtigsten Dienstleistungsmärkten des 21. Jahrhunderts gezählt. Um das in den Informations- und Kommunikationsmärkten vermutete enorme Wachstums- und Beschäftigungspotential ausschöpfen zu können, soll die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Unternehmen auch mit den Mitteln der Gesetzgebung gesteigert werden. Insbesondere im Verhältnis zu den Wettbewerbern aus den Vereinigten Staaten von Amerika und Japan solen sich die europäischen Unternehmen behaupten können. Um ihnen Kosteneinsparungen, Effizienzsteigerungen und eine insgesamt rentablere Produktions- und Kommerzialisierungsstruktur zu ermöglichen, hält es die Europäischen Gemeinschaft für angezeigt, die nationale Zersplitterung der europäischen Rundfunkordnungen zu überwinden und die Entstehung eines europäischen Rundfunkmarkts zu fördern 113• An die Stelle des Gedankens einer kulturpolitischen Integration über den Rundfunk trat Mitte der achtziger Jahre sonach zunehmend das wirtschaftspolitisch motivierte Interesse an der Herstellung eines freien Dienstleistungsverkehrs auf den Kommunikationsmärkten. Der Gemeinschaft ging es fortan um "die schrittweise Errichtung eines Gemeinsamen Marktes für die Veranstalter und die Empfänger von Rundfunk" und den damit verbundenen freien "Fluß von Informationen, Ideen, Meinungen und kulturellen Leistungen in der Gemeinschaft" 114• Dieser wirtschaftlichen Ausrichtung entsprechend konzentrierte sich das von der Europäischen Kommission im Jahre 1984 vorgelegte Grünbuch ., Fernsehen ohne Grenzen " 115 in der Hauptsache auf die ökonomisch bedeutsamen Aspekte des Rundfunks. So befaßte es sich schwerpunktmäßig mit Materien wie der Werbung oder dem Urheberschutz 116• 112 Vgl. etwa Europäische Kommission, Weißbuch Vollendung des Binnenmarktes, Dok. KOM (85) 310 endg. v. 14. Juni 1985. Zur gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Informations- und Kommunikationssektors noch im Einzelnen unter§ 1 B. lll. 11 3 Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 54f. 114 Sog. free flow of information, Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 4. Vgl. auch Europäische Kommission, Grünbuch über die Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Te1ekommunikationsgeräte, Dok. KOM (87) 290 endg. v. 30. März 1987. Besondere Aufmerksamkeit widmete die Europäische Kommission dabei den Verbreitungstechniken über Breitbandkabel und Satellit, da diese als die Schlüsseltechnologien des grenzüberschreitenden Rundfunks angesehen wurden, Europäische Kommission, Grünbuch über ein gemeinsames Vorgehen im Bereich der Satellitenkommunikation, Dok. KOM (90) 490 endg. v. 28. November 1990. 115 Europäische Kommission, Fernsehen ohne Grenzen, Grünbuch über die Errichtung des Gemeinsamen Marktes für den Rundfunk, insbesondere über Satellit und Kabel, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984. Zusammenfassend Deringer, ZUM 1985, 229. Kritisch Hoffmann-Riem, Europäisierung des Rundfunks, S. 201 (206 ff.). 116 Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 209ff., 300ff. Zu den urheberrechtliehen Problemstellungen in Zusammenhang mit den grenzüberschreitenden Techniken vgl. auch Europäische Kommission, Grünbuch über Urheberrecht und die technologische Herausforderung, Dok. KOM (88)
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Im Jahre 1989 folgte der Erlaß der sogenannten Fernsehrichtlinie 117 , die als erster Schritt zur Schaffung eines europaweiten Ordnungsrahmens für den Rundfunk begrüßt wurde. Wie das Grünbuch beschränkte sich auch die Richtlinie im wesentlichen auf die für das operative Fernsehgeschäft relevanten Bereiche wie Werbung, Sponsoring, Urheber- und Jugendschutzll8. Gleiches galt für das Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen des Europarates, mit dem der Rat im Mai desselben Jahres der Europäischen Gemeinschaft zeitlich wie inhaltlich konkurrierend zuvorgekommen war 119• Fernsehrichtlinie und Buroparatskonvention bildeten fortan die Grundbausteine der europäischen Rundfunkordnung, ließen dabei jedoch beide Fragen des Medieneigentums und der Medienkonzentration unberücksichtigt. Dies änderte sich bereits im folgenden Jahr. Im Februar 1990 setzte sich die Europäische Kommission für den Erlaß weiterer Rahmenbestimmungen zum Zwecke einer "globalen Gemeinschaftspolitik im audiovisuellen Bereich" ein 120• In ihrer Mitteilung erwog die Kommission erstmalig den Erlaß einer europäischen 172 endg. v. 23. August 1988; Richtlinie 93 I 83 I EWG zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satelliten- und Kabelweiterverbreitung v. 27. September 1993, ABI. Nr.L 248 v. 6. Oktober 1993, 15; Europäische Kommission, Grünbuch über die Urheberrechte und verwandten Rechte in der Informationsgesellschaft, KOM (95) 382 endg. 117 Richtlinie (89 I 5521EWG) des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit vom 3. Oktober 1989, ABI. Nr. L 298 v. 17. Oktober 1989, 23 in der Fassung der Berichtigung gemäß ABI. Nr.L 331 v. 16. November 1989, 51 (FRL). Vgl. noch im Einzelnen unter§ 3 A. II. 2. 118 Dabei blieb die Fernsehrichtlinie in ihrem Regelungsgehalt wie -umfang allerdings weit hinter den ursprünglichen Zielen der Kommission zuriick (vgl. Regelungsvorschlag der Europäischen Kommission in Dok. KOM (88) 154 endg.). Da sie in der Praxis eine Reihe von Auslegungs- und Anwendungsproblemen, wie etwa die Bestimmung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der zulässigen Werbeunterbrechungen (Brutto I Netto-Prinzip) oder die Behandlung von Teleshopping-Kanälen, deutlich werden ließ (vgl. etwa Mitteilung der Europäischen Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Durchführung der Art. 4 und 5 der Fernsehrichtlinie v. 3. März 1994, Dok. KOM (94) 57; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 1996 zur Richtlinie betreffend die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABI. C 85 v. 4. März 1996, S. 96), wurde sie im Jahre 1997 gründlich revidiert. Die Ende 1998 in Kraft getretene, revidierte Fassung der Richtlinie betrifft vor allem die Bereiche Werbung, Teleshopping, Minderjährigenschutz, Gegendarstellung, Sponsoring und vor allem den Zugang der Offentlichkeit zu Großveranstaltungen (sog. Listed Events, dazu noch in § I A. II. 3. und Fußnote 142). Zur Revision der Fernsehrichtlinie Schmitt-Vockenhausen, ZUM 1998,377. 119 Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen des Europarats, abgedruckt in BGBI. 1994 II S. 639 (im Folgenden Europaratskonvention). Dazu noch unter § 3 A. Zum Verhältnis zwischen Fernsehrichtlinie und Europaratskonvention siehe Delbrück, ZUM 1989, 373 (374ff.). Zur Institution des Europarates im Einzelnen unter Fußnote 794. 12o Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Parlament über die Politik im audiovisuellen Bereich v. 21. Februar 1990, Dok. KOM (90) 78 endg., 11 ff. , 14 ff. 4*
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Medienkonzentrationsrichtlinie und folgte damit einer Anregung des Europäischen Parlaments 121 , der in den Folgemonaten und-jahrenweitere Entschließungen folgten, in denen das Europäische Parlament die Kommission aufforderte, wirksame Regelungen zur Kontrolle und Beschränkung der Medienkonzentration vorzuschlagen 122. Immer wieder betonte das Parlament hierbei, daß die Medienkonzentration in Mittel- und Osteuropa dramatische Formen angenommen habe und daher, soweit nicht anders möglich, eine Medienkonzentrationsrichtlinie erlassen werden müsse, um die stark differierenden, nationalen Bestimmungen über das Eigentum an den Medien zu vereinheitlichen. Die Richtlinie solle die Zugangsbedingungen für Aktivitäten im Bereich der Medien verbessern und eine möglichst hohe Anzahl von Medienanbietern sicherstellen 123. Den wiederholten Aufforderungen des Parlaments und auch dem in der Literatur immer stärker vernehmbaren Ruf nach einer europäischen Medienkonzentrationskontrolle124folgend untersuchte die Europäische Kommission die Zweckmäßigkeit eines Richtlinienvorschlags zur Angleichung der mitgliedstaatliehen Medienkonzentrationsregelungen. Die Untersuchung führte zur Veröffentlichung des Grünbuchs "Pluralismus und Medienkonzentration " 125 im Jahre 1992. Anders als seine Vorgänger enthielt das Grünbuch keinen konkreten Vorschlag für eine Gemeinschaftsregelung. Vielmehr stellte es lediglich drei Optionen zur Disposition, zu denen im Rahmen einer öffentlichen Debatte Stellung genommen werden sollte. In dem Grünbuch betonte die Kommission, daß die Erforderlichkeit einer solchen Medienkonzentrationsrichtlinie nicht von kommunikationspolitischen Zielen wie einer effektiven Vielfaltssicherung in den Medien abhängen könne. Die Aufrechterhaltung des Pluralismus in den Medien stelle kein Ziel der Gemeinschaft dar und könne daher ein Tatigwerden derselben nicht legitimieren 126. Die Notwen121 Entschließung des Europäischen Parlaments zur "Konzentration im Medienbereich" v. 15. Februar 1990, ABI. Nr. C 68 vom 19. März 1990, 137f. 122 Entschließung des Europäischen Parlaments zur "Konzentration im Medienbereich" v. 15. Februar 1990, ABI. Nr. C 68 vom 19. März 1990, 137f.; Entschließung des Europäischen Parlaments zur Medienkonzentration und Meinungsvielfalt vom 16. September 1992, ABI. Nr. C 284 vom 2. November 1992, 44 ff. (zu letzterer vgl. Bericht des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien der Berichterstatter Ben Fayot und Dieter Schinzel vom 27. April 1992, DOK. A3-0153/92/Korr. PE 152.265). 123 Entschließung des Europäischen Parlaments zur Medienkonzentration und Meinungsvielfalt vom 16. September 1992, ABI. Nr. C 284 vom 2. November 1992, 44ff. Dazu kritisch Kuli, AfP 1993, 430 (433 f.). 124 Vgl. aus der deutschen Literatur Brühann, ZUM 1993, 600 (604); Schwartz, AfP 1993, 409 (419); Wagner, AfP 1992, 1 (12); Hendriks nach Schmidt, A., ZUM 1993, 18 (19); zuletzt Frey, ZUM 1998,985 (1001). 12s Europäische Kommission, Griinbuch zu Pluralismus und Medienkonzentration im Binnenmarkt. Bewenung der Notwendigkeit einer Gemeinschaftsaktion, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992. Dazu zusammenfassend Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 325 ff. 126 Europäische Kommission, Griinbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 57.
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digkeit einer europäischen Medienkonzentrationsrichtlinie bestimme sich danach, ob die Verwirklichung des europäischen Binnenmarkts durch die nationalen Medieneigentumsregelungen behindert werde. Der Regelungszweck einer solchen Richtlinie könne daher nur in der Beseitigung von Hindernissen für die Errichtung oder das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der Gemeinschaft liegen, nicht jedoch in der Sicherung einer umfassenden publizistischen Vielfalt in den Medien, ungeachtet dessen, daß ein funktionierender Binnenmarkt und eine gelungene Industriepolitik im Bereich der Medien auch der publizistischen Vielfalt zugutekomme 127 . Damit stellte die Kommission klar, daß eine europäische Medienkonzentrationsrichtlinie im Dienste wirtschaftspolitischer, nicht aber im Dienste kommunikationspolitischer Zielsetzungen stünde. Nichtsdestoweniger erkannte die Kommission mit ihren Ausführungen im Grünbuch zum ersten Mal an, daß durchaus ein prinzipielles Bedürfnis nach einer effektiven Pluralismussicherung in den Medien besteht. Im Rahmen des im Folgenden initiierten Konsultationsverfahrens wurden gegen eine Harmonisierung der Medieneigentumsregelungen erhebliche, namentlich kompetenzielle Bedenken geäußert 128 . Nach langer, heftiger Debatte wurde schließlich ein Richtlinienentwurf erstellt, der nicht nur horizontale Konzentrationsbestirnrnungen, sondern auch Beschränkungen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien enthielt 129. Trotz mehrerer Anläufe nahm die Europäische Kommission den Richtlinienentwurf nicht an. Zuletzt scheiterte der abermals geänderte Entwurf im Mai 1998. Sonach enthält die europäische Rundfunkordnung derzeit noch keine geltenden Beschränkungen von Cross Ownerships.
3. Aufbau einer europäischen Informationsgesellschaft Eine neue Qualität gewann die europäische Rundfunkpolitik mit dem Aktionsplan "Europas Weg in die Informationsgesellschaft" 130. In diesem trat die Europäische Kommission für den Aufbau einer Informationsgesellschaft in der Europäischen Gemeinschaft ein und folgte damit der von der US-amerikanischen 127 Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 59ff. 12s Dagegen trafen der von der Kommission im Grünbuch angeregte verbesserte Informationsaustausch unter den Mitgliedstaaten und die Durchsetzung hinreichender Transparenzvorschriften auf weitgehende Zustimmung, Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (208 f.). Zu den vorgebrachten Bedenken und dem Konsultationsprozeß im übrigen unter§ 3 A. li. 3. 129 Zu deren Inhalt im Einzelnen § 3 A. li. 3. 130 Europäische Kommission, Europas Weg in die lnformationsgesellschaft. Ein Aktionsplan, KOM (94) 347 endg. v. 19. Juli 1994. Diesem ging das sogenannte Bangemann-Papier voraus, Bangemann, Europa und die globale Informationsgesellschaft, Empfehlungen für den Europäischen Rat, 1994, Wittmann, Europäische Kulturpolitik 1994/95, S. 193 (197).
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Regierung seit Anfang der neunziger Jahren verfolgten technologie- und industriepolitischen Strategie des "Information Superhighway". Nach der Strategie des "Information Superhighway" müssen im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft die Wachstumsmärkte an der Schnittstelle von Rundfunk, Telekommunikation, Hard- und Software-Industrie gezielt erschlossen und ein übergreifender Multimediamarkt aufgebaut werden. Der heimischen Medienindustrie müssen dazu von staatlicher Seite Handlungsspielräume eröffnet werden, damit sich diese im verschärften globalen Wettbewerb durchsetzen kann 131 . Hierzu wurden die rechtlichen Bindungen der Medienindustrie gelockert und kommunikationsspezifisches Sonderrecht abgebaut. 132 Die allgemeine Deregulierung löste eine einzigartige Fusionswelle in der US-amerikanischen Medienlandschaft aus 133 . Deren vorläufigen Höhepunkt setzte der weltweit führende Online-Dienst AOL im Januar 2000 mit der Übernahme des weltweit größten Medienkonzerns Time-Wamer. Das Transaktionsvolumen lag bei insgesamt über 180 Mrd. Dollar134. Time-Wamer selbst hatte sich erst wenige Jahre zuvor mit Turner Broadcasting System (u. a. CNN) verbunden, nachdem es im Jahre 1989 aus der Fusion des Verlags Time-Life und dem Filmstudio Wamer hervorgegangen war. Time-Life war zum damali131 Zum dahinterstehenden konzentrationspolitischen "Klimawechsel" in den Vereinigten Staaten Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9196, S. 22 (27). 132 Im Zuge der industriepolitisch motivierten Deregulierung wurde eine Vielzahl rundfunkrechtlicher Bestimmungen zum Schutze der publizistischen Vielfalt in den Medien aufgehoben oder zumindest gelockert wie etwa die Multiple Ownership Rules für das nationale Fernsehen oder die die Networks betreffenden sog. "Fin I Syn Rules". Dazu noch im Einzelnen unter § 2 B. Zur Politik des "Information Superhighway" König, Digitales Fernsehen, S. 87; Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (188, 199). 133 In den Jahren 1994 und 1995 fanden in den U. S. A. Medienfusionen aufbis dato ungekanntem Niveau statt. Zu diesen zählen der Kauf des Zeitungs- und Network-Konglomerats Capital Cities/ ABC für 19 Mrd. Dollar durch den Medienkonzern Walt Disney, Ende Juli 1995, die Übernahme von 49% des Fernsehnetworks NBC durch die Computerfirma Microsoft von Bill Gates im Dezember desselben Jahres, der Kauf des Unterhaltungskonzerns Paramount Communications und des Videoverleihs Blockbuster Entertainment für 9,5 Mrd. Dollar durch das Kabei-TV-Unternehmen Viacom (MTV) im Jahre 1994 sowie der Einstieg der Washingtoner MCI Communications Group, der zweitgrößten Gesellschaft für TelekomFernverbindungen, in die australische News Corporation von Rupert Murdoch (Fernsehnetwork FOX, Twentieth-Century-Fox-Filmstudio) für 2 Mrd. Dollar im Mai 1995. Dazu Notiz aus Wirtschaftswoche v. 28. September 1995, S. 99 f.; Bender, Cross-Media-Ownership, S. 40f.; Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (25 ff.). Zur Fusionswelle in den 70er Jahren mit deren vorläufigem Höhepunkt im Jahre 1979, dem Zusammenschluß der Firmen Gaunett und Combined Communications, siehe Frank/in, Mass media law, S. 853 ff.; Bender, Cross-Media-Ownership, S. 39. Zur Verbindung von ABC und Capital Cilies Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (549). Dazu noch insgesamt unter§ 2 B. Zu den spektakulären Medienfusionen auch ausserhalb der U. S. A. im Jahre 2000 Röper, MP 2001, 2 (2), wie insbesondere die Fusion von CLT-UFA und Pearson TV (dazu noch unter§ 1 D. II. 1. a. ), die Fusion von Vivendi und Seagram (Entscheidung der Europäischen Kommission Vivendi/Canai+/Seagram v. 22. Juli 2000, ABI. 2000 Nr. C 210, 8; dazu Altes, MP 2000, 482 (486)) und der Erwerb der Infinity Broadcasting Gruppe durch den US-Konzern Viacom. 134 Röper, MP 2001, 2 (2). Die Europäische Kommission gab die Fusion unter Auflagen frei, Entscheidung der Europäischen Kommission v. II. Oktober 2000, Pressemitteilung der Kommission vom 11. Oktober 2000 JP /00/1145. Dazu Altes, MP 2000,482 (483 f.).
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gen Zeitpunkt das in den Vereinigten Staaten führende Zeitschriftenhaus und besaß neben Printmedien auch Fernsehstationen und Beteiligungen im Pay TV. Warner brachte in den Konzern neben seiner Film- und Fernsehproduktion vor allem auch eine große Anzahl Kabelanlagen ein.
Dem amerikanischen "Information Superhighway" setzte die Europäische Kommission allerdings den Begriff der "Informationsgesellschaft" entgegen. Beiden Strategien gemein ist, daß sie das Zusammenwachsen der Basistechnologien Rundfunk, Computer und Telekommunikation und die damit verbundene Konvergenz der bislang getrennten Medienmärkte zu einem einheitlichen Gesamtmedienmarkt als die zentrale Herausforderung künftiger Medienpolitik beschreiben. Beide räumen dem Informations- und Kommunikationssektor in Wirtschafts- und beschäftigungspolitischer Hinsicht eine Bedeutung ersten Ranges ein. Auch die Europäische Kommission will die verschiedenen Mediensektoren in einer einheitlichen Rahmenordnung zusammenführen und die ordnungspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, um die heimische Medienindustrie im globalen Wettbewerb auf diesem überaus wichtigen Markt international konkurrenzfähig zu machen. Wie schon zuvor die US-amerikanische Medienpolitik will nun auch die europäische Medienpolitik eine Anpassung des kommunikationsspezifischen Sonderrechts an die Erfordernisse des ökonomischen Wettbewerbs erreichen, die Unternehmerischen Handlungsspielräume der Medienindustrie erweitern und dazu die zunehmende Internationalisierung und Deregulierung der Medienmärkte fördern. Einen etwas anderen Akzent jedoch soll der Begriff der Informationsgesellschaft setzen. Damit hebt die Europäische Kommission hervor, daß neben dem industrieund standortpolitischen Ziel, ein wirtschaftliches Umfeld zu schaffen, das die multimedialen Entwicklungen fördert und unterstützt, auch die gesellschaftlichen und kulturellen Aspekte der Informationsgesellschaft erlaßt und begriffen werden müssen. Hierin zeigt sich, daß sich die Europäische Gemeinschaft heute nicht mehr als bloße Wirtschaftsgemeinschaft begriffen wissen will. Besonders deutlich trat dies im Vertrag von Maastricht zu Tage 135 . Dieser ließ nicht nur die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zur Europäischen Gemeinschaft werden 136, sondern verpflichtete diese auch, einen Beitrag zur Entfaltung des Kulturlebens in den Mitgliedstaaten zu leisten 137 . Darüberhinaus wies er der Europäischen Gemeinschaft eine eigene Kulturkompetenz zu 138 • Zwar ist der Ein135 Vertrag über die Europäische Union vom 7. Februar 1992, in Kraft getreten am 1. November 1993, sog. Unionsvertrag. Zu den wesentlichen Grundzügen des Maastrichter Vertrags Bleckmann, DVBI. 1992, 335. Heute gilt der Unionsvertrag in seiner durch den Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 geänderten und am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen Fassung (EU). 136 Art. G des Vertrages über die Europäische Union (Art. 8 EU), Art. 1 EG. 137 Art. 3 lit. p EG-Vertrag (Art. 3 1it. q EG). 138 Art. 128 EG-Vertrag (Art. 151 EG). Zur Bedeutung der europäischen Kulturkompetenz für die Beschränkung von Cross Ownerships siehe § 3 A. I. 2. aa).
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schätzung des Bundesverfassungsgerichts 139zuzustirnrnen, daß die Europäische Gerneinschaft auch nach Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags ihren Charakter als Wirtschaftsgemeinschaft im wesentlichen beibehalten hat. Nichtsdestoweniger läßt sich eine zunehmende Sensibilität der Europäischen Gerneinschaft für kulurelle Belange feststellen, namentlich im Bereich der Information und der Medien. So hat sich auch die Europäische Kommission nicht nur dazu entschlossen, ein Grünbuch über die kulturellen Aspekte der neuen Audiovisions- und Informationsdienste zu verfassen 140, in den Vertrag von Amsterdam wurde auch ein Protokoll über die Bedeutung und Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgenommen. Das Protokoll betonte, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den "demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft" stehe 141 . Auch die jüngste Revision der Fernsehrichtlinie zeigt die neue Sensibilität der Europäischen Gemeinschaft für kulturelle Belange. So erlaubt die neue Richtlinie jedem Mitgliedstaat, eine Liste von Ereignissen zu erstellen, denen eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung zugemessen wird und die deshalb "for free" übertragen werden müssen (sog. Listed Events) 142 . Damit will die Europäische Gemeinschaft der Öffentlichkeit den Zugang zu den für sie gesellschaftlich wie kulturell wichtigen Veranstaltungen gewährleisten 143 •
Gerade im Bereich der audiovisuellen Medien wird sonach deutlich, daß die Europäische Gemeinschaft zunehmend die Wahrung eines Gemeinwohls ins Auge faßt, das über die Herstellung des Binnenmarktes hinausgeht und sich nicht rein wirtschaftlich definiert. Das Phänomen Rundfunk wird nicht mehr ausschließlich ökonomisch begriffen. Vielmehr ist gerade in den letzten Jahren die Staats-, gesellschafts- wie kulturpolitischen Bedeutung des Rundfunks in das europäische Bewußtsein geriickt und hat dem Ruf nach einer europäischen Kommunikations- und Kulturverfassung neue Intensität verliehen 144 . BVerfGE 89, 155 (181, 190). Europäische Kommission, Audiovisuelle Politik 1998, S. 6. 141 Schlußakte der Amsterdamer Konferenz mit Erklärungen, Protokoll über den öffentlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten (Nr. 9), abgedruckt in BGBI. 1998 II S. 446 (Prot. Nr. 32). Hierzu Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 102. 142 Art. 3 a FRL. Der Vierte Rundfunkänderungsstaatsvertrag (§ 5a Abs. 2 RStV) sieht als Listed Events ausschließlich sportliche Großveranstaltungen wie die Olympischen Spiele und bestimmte Fußballwettkämpfe vor zum Beispiel wie die Halbfinale und Finale der FußballEM, -WM und des DFB-Pokals, dazu Paschke, Medienrecht, Rdnr. 310ff.; Bröcker/Neun, ZUM 1998, 766 (767) (zu den Pendants in Großbritannien Libertus, ZUM 1997, 101 (105)). Zum Zusammenhang von Listenregelungen und Kurzberichterstattung Diesbach, ZUM 1998, 554 (555 ff.). Kritisch zum Konzept der Listed Events Monopolkommission im 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 494. Eine ähnliche Regelung findet sich nunmehr auch in Art. 9a der jüngst geänderten Europaratskonvention (dazu Fußnote 784). 143 Dazu Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Ta:tigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. Aprill996, Teil I, Kap. IV, Unterkap. I B. 144 Delbrück, ZUM 1989, 373 (380f.). Dazu König, Digitales Fernsehen, S. 95ff. Vgl. auch Altes, MP 2000, 482 (489). 139
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B. Ökonomische Bedeutung
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4. Zusammenfassung
Mit der Öffnung der nationalen Rundfunkmärkte für private Anbieter und der zunehmenden Kommerzialisierung des Rundfunks rückt der Rundfunk immer stärker in das Blickfeld der Europäischen Gemeinschaft. Umgekehrt löst sich die Europäische Gemeinschaft nach und nach von ihrer rein ökonomischen Sichtweise und nähert sich damit ihrerseits dem Rundfunk als einem wirtschaftlich-kulturellen Phänomen eigener Art. Ungeachtet der zunehmenden Sensibilität für die gesellschaftlich-kulturelle Dimension des Rundfunks wird die aktuelle europäische Medienpolitik indes immer noch in erster Linie von wirtschafts-, namentlich standort-und beschäftigungspolitischen Zielsetzungen bestimmt. Der Informations- und Kommunikationssektor wird als ein Schlüsselmarkt für die künftige wirtschaftliche Entwicklung Europas angesehen. Aus Sicht der Gemeinschaft ist die Schaffung eines technologieübergreifenden Ordnungsrahmens die zentrale Herausforderung der kommenden Jahre. Im Interesse einer effektiven Standortförderung und Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit europäischer Unternehmen im globalen Wettbewerb zielen die Impulse von europäischer Ebene daher auf den marktorientierten Abbau kommunikationsspezifischen Sonderrechts. Anders als die deutsche Rundfunkordnung, die von dem demokratie- und kulturstaatlichen Rundfunkverständnis der bundesdeutschen Verfassungsgerichtsbarkeit 145 geprägt ist, begreift die europäische Rundfunkordnung den Rundfunk demnach zuvorderst als Wirtschaftsgut, die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen als Dienstleistung und die Rundfunkveranstalter als Wirtschaftsunternehmen 146•
B. Ökonomische Bedeutung Die historisch-politische Entwicklung hat deutlich gemacht, daß sich der Rundfunk in einem Spannungsfeld staats-, kultur- und wirtschaftspolitischer Interessen bewegt. Er stellt ein Phänomen eigener Art dar, das zum einen von erstrangiger ökonomischer Bedeutung ist, zum anderen aber auch über einen erheblichen Einfluß auf die öffentliche Meinung und damit auf Staat und Gesellschaft verfügt. Die Regulierung des Rundfunksektors muß der ökonomischen ebenso wie der publizistischen Dimension des Rundfunks gerecht werden. Dies gilt auch für die Regulierung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern. Im Folgenden soll daher zunächst herausgearbeitet werden, worin die wirtschaftliche Bedeutung des marktübergreifenden Unternehmenswachstums im Einzelnen liegt. Dabei ist zwischen der Bedeutung der marktübergreifenden Konzentration für das einzelne Medienunternehmen und deren gesamtwirtschaftlicher 145 146
Dazu noch im Einzelnen unter§ 2 E. I. 1. und § 2 E. II. 1. Vgl. prägnant Korn, ZUM 1994,625 (629).
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§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
Bedeutung zu unterscheiden. Vorab sind jedoch die für die folgende Analyse notwendigen Grundbegriffe der Ökonomie vorzustellen, auf die auch im Rahmen der rechtlichen Ausführungen immer wieder zurückgegriffen wird.
I. Grundbegriffe Cross Ownership Beschränkungen begrenzen die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Konzentration" stammt aus dem Lateinischen und meint die "Vereinigung um einen Mittelpunkt". Sie umfaßt in dem allgemeinen Sprachgebrauch der Ökonomie das interne und externe Wachstum von Unternehmen, das typischerweise mit der Kumulation von Unternehmerischen Planungs- und Gestaltungsmöglichkeiten verbunden ist 147 • Nach der Stufe des Produktionsprozesses werden horizontale, vertikale und diagonale Konzentration unterschieden 148 . Unternehmen mit Produkten desselben Marktes integrieren horizontal. Im Mediensektor spricht man insoweit von intramediärer Konzentration 149. Mit vertikaler Konzentration wird die Eingliederung vor- oder nachgelagerter Produktionsstufen bezeichnet. Zu den der Programmveranstaltung vorgelagerten Wirtschaftsstufen zählen neben Programmproduktion und dem Handel mit Programmrechten beispielsweise auch der Betrieb von Tonstudios, Synchronisationsgesellschaften, Kulissenbau, Catering-Services, Postund Prae-Produktion. Der Programmveranstaltung nachgelagert sind etwa Filmverleih und Filmvertrieb, Videoproduktion, Netzbetrieb und der Betrieb digitaler Plattformen.
Stehen die Produkte des Unternehmens weder unter dem Blickwinkel der Produktion noch hinsichtlich des Absatzes in einem unmittelbaren Zusammenhang, spricht man von diagonaler Konzentration. Werden dabei mehrere Märkte der Massenkommunikation unternehmerisch verbunden, spricht man von intermediärer Konzentration. Prototyp einer solchen intermediären Cross Ownership ist die Verflechtung von Presse und Hörfunk. Die in der Konzentration liegende Ausweitung der Unternehmerischen Handlungsspielräume ist für das einzelne Unternehmen regelmäßig vorteilhaft. So verfügen vertikal integrierte Unternehmen über einen gesicherten und regelmäßig auch günstigeren Zugang zu ihren Beschaffungs- und Absatzmärkten. Bei konglo147 Diederichs, Konzentration in den Massenmedien, S. 39 ff. Diederichs stellt dem ökonomischen Konzentrationsbegriff ein kommunikationstheoretisches Konzentrationskonzept und den Begriff der publizistischen Konzentration gegenüber, Diederichs, ebd., S. 34 ff., 42, 12 ff. 148 Emmerich, Kartellrecht, S. 266 f.; Diederichs, Konzentration in den Massenmedien, S. 41; Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (22). 149 Hierzu im Einzelnen etwa Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 166ff.
B. Ökonomische Bedeutung
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meraten Konzentrationsprozessen entstehen die für Großunternehmen typischen Vorteile, wie etwa die Möglichkeit eines unternehmensinternen Verlustausgleichs, die Abschreckung aktueller oder auch nur potentieller Wettbewerber 150 und die allgemeine Erweiterung der finanziellen Spielräume. Die Wettbewerbsvorteile für das einzelne Unternehmen können jedoch Gefahren für den Gesamtmarkt mit sich bringen 151 . So kann eine ungebremste Unternehmenskonzentration zur Monopolisierung von Märkten führen und damit zu überhöhten Preisen, einer schlechten Qualität der Produkte und Ausbeutung der Konsumenten. Im Hinblick auf die Gesamtwirtschaft können lähmende Stagnation und Immobilismus auftreten. Für die von den marktbeherrschenden Unternehmen abhängigen Unternehmen, wie etwa die Lieferanten, drohen einschneidende Beschränkungen ihrer unternehmefischen Entscheidungsfreiheit. Schließlich kann aus einer übermäßigen Konzentration auf den Wirtschaftsmärkten ein ökonomisches Machtpotential entstehen, das gegenüber staatlichen Entscheidungsträgern als politisches Druckmittel mißbrauchbar ist. Das Konzentrationsrecht und die ihm zugrundeliegende Antikonzentrationspolitik zielen daher darauf, den Wettbewerb vor diesen Gefahren zu schützen. Ob eine übermäßige Konzentration besteht oder entsteht, läßt sich verschieden bemessen. Nach der statistischen Erfassungsmethode der Monopolkommission nimmt der Konzentrationsgrad auf einem Markt dann zu, wenn der kumulierte Marktanteil der größten Wettbewerber in einer Branche in der Relation zum Gesamtmarkt zunimmt. Marktübergreifende Eigentumskonzentration hat ihren Grund in wachstumsstrategischen Erwägungen der Unternehmen. Die venikale Konzentration zielt darauf, die Wertschöpfungskette eines Produkts umfassend abzudecken, um damit die relative Kostenstellung des Unternehmens im Wettbewerb zu verbessern. Im Rundfunkgeschäft sind grundsätzlich Programmbeschaffung, -Veranstaltung und -vertrieb zu unterscheiden 15 2 . Alle drei Ebenen gliedern sich in eine Vielzahl von neben- oder zum Teil auch hintereinander geschalteter unternehmeciseher Einzeltätigkeiten. Der Kreis der Aktivitäten zur Programmbeschaffung umfaßt etwa den Handel mit Übertragungsrechten, namentlich mit Film- und Sportrechten, aber auch Bereiche wie etwa die Film- und Fernsehproduktion. Die Programmveranstaltung ist der Bereich unternehmeciseher Tatigkeit, der die eigentliche redaktionelle Programmgestaltung betrifft, aber auch die Aktivitäten der Veranstalter auf den Werbemärkten umfaßt. Der Programmvertrieb schließlich beinhaltet eine Fülle unterschiedlichster Tätigkeitsbereiche, die von der Zweitverwertung 150 Zum Begriff des aktuellen und potentiellen Wettbewerbs Langen/Bunte-Bunte, Einführung, Rdnr. 72 ff. 151 Zu den Gefahren der Unternehmenskonzentration insgesamt Emmerich, Kartellrecht, S. 266 f. 152 Vgl. etwa Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 32 (Tab. VI).
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von Programmrechten über die Produktion und den Vertrieb von Videos bis hin zur Beteiligung an Netzen und digitalen Plattformen reicht, die zur Distribution bestimmter Rundfunkprogramme nötig sind. Jede dieser Aktivitäten stellt einen Ansatz zur Differenzierung von Wettbewerbern dar und leistet einen Beitrag zur relativen Kostenstellung des Unternehmens. Über die vertikale Integration von Geschäftsfeldern können Finanzierungsrisiken minimiert, Transaktionskosten eingespart und Stufengewinne erzielt werden. Die vertikale Expansion gibt dem Unternehmen infolgedessen die Möglichkeit, durch die optimale Ausnutzung dieser generischen Aktivitäten die Kostenstruktur des Unternehmens und damit dessen Wettbewerbsposition insgesamt zu verbessern.
Die diagonale Konzentration ist in der Regel Ergebnis einer Diversifikationsstrategie 153 • Unter Diversifikation wird die Entwicklung oder Integration neuer Produkte in die Geschäftsfelder eines Unternehmens verstanden. Diese hat im Vergleich zu anderen Wachstumsstrategien wie der Marktdurchdringung 154, Marktentwicklung155 und Produktentwicklung 156 den Vorteil, daß das Unternehmen etwaige Nachfrageschwankungen auf dem einen Markt durch die Beteiligung auf den anderen Märkten kompensieren und auf diese Weise sein unternehmerisches Risiko reduzieren kann 157. Allerdings wird der Begriff der Diversifizierung oft in einem umfassenderen Sinne verwendet. So wird er regelmäßig als Oberbegriff für jede Form marktübergreifenden Unternehmenswachstums verwendet. Er umfaßt sonach neben diagonalen Konzentrationsvorgängen auch die vertikale Expansion eines Unternehmens in vor- und nachgeschaltete Märkte. Auch in der folgenden Untersuchung sollen daher unter diversifizierten Unternehmen nicht ausschließlich die diagonal, sondern auch die vertikal integrierten Unternehmen verstanden werden.
II. Mikroökonomische Bedeutung In den achtziger Jahren hat sich die - in dieser Allgemeinheit wohl nur vorläufige - Erkenntnis durchgesetzt, daß die Entwicklung konglomerater Unterneh153 Scholz, AfP 1983, 261 (262). Zur Bedeutung der Unternehmensdiversifikation im Rahmen der nationalen Fusionskontrolle (Abschreckungstheorie) § 3 C. V. 3. a) aa). 154 Die Strategie der Marktdurchdringung hat zum Gegenstand, den Absatz der gegenwärtigen Produkte des Unternehmens dadurch zu steigern, daß ein Anreiz zum Mehrverbrauch gegeben wird. 155 Bei der Marktentwicklungsstrategie werden zum Zwecke der Absatzsteigerung der gegenwärtigen Produkte des Unternehmens neue geographische Märkte oder Zielgruppen erschlossen. 156 Mit Produktentwicklungsstrategie wird die unternehmensehe Strategie bezeichnet, bei der die gegenwärtigen Produkte des Unternehmens im Hinblick auf die schon bekannten oder auch komplementären Bedürfnisse der bereits erfaßten Zielgruppe verbessert werden und so der Absatz des Unternehmens insgesamt gesteigert wird. 157 Vgl. für den Medienbereich Groß, ZUM 1996, 365 (370).
B. Ökonomische Bedeutung
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mensstrukturen die Profitabilität des Gesamtunternehmens erheblich erhöht. Die Marktstärke vertikal wie diagonal hoch diversifizierter Medienkonglomerate sowie die gewaltige Fusionswelle unter den OS-amerikanischen Medienhäusern 158 lassen vermuten, daß dies auch für den Bereich der Medien gilt. Vor allem im Fernsehen scheint das marktübergreifende Unternehmenswachstum zu erheblichen Wettbewerbsvorteilen zu führen. Nicht nur in den Vereinigten Staaten von Amerika, auch in Europa läßt sich eine Verschiebung von Marktanteilen zu den Medienkonzernen beobachten, die sowohl die Programmproduktion als auch die verschiedenen Verwertungsstufen wie werbe- und entgeltfinanzierte Fernsehveranstaltung, aber auch Kino und Video etc. in einer Hand vereinigen. Augenscheinlich lassen sich in diesen diagonal und vertikal hoch diversifizierten Konzernen die Unternehmensressourcenbesonders produktiv zusammenfassen 159. So stellte das Europäische Medieninstitut in seinem im Jahre 1995 veröffentlichten Bericht über die Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk in Frankreich, Italien, Spanien, Schweden, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika fest, daß eine länderübergreifende Tendenz zur Bildung hoch diversifizierter Medienunternehmen bestehe. Die Anzahl der vertikalen und diagonalen Fusionen steige und in allen untersuchten Ländern würden die Medienmärkte zunehmend von den konglomerat strukturierten Medienkonzernen beherrscht. Monomedial ausgerichtete Unternehmen verlören auf breiter Basis an Bedeutung. 160
Um die wirtschaftliche Bedeutung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien sachgerecht zu erfassen, sollen zunächst die Wettbewerbsvorteile herausgefiltert werden, die nicht cross ownership spezifisch sind, sondern auf den allgemeinen Vorteilen der Medienkonzentration beruhen, die auch dann eintreten, wenn das Unternehmen ausschließlich intramediär, das heißt nicht marktübergreifend expandiert.
1. Medienkonzentration im Allgemeinen
Unternehmerisches Wachstum bringt enorme Wettbewerbsvorteile mit sich, aus denen sich starke Anreize zur Konzentration ergeben. Diese zeigen sich gerade im Bereich der Medien besonders deutlich. Der Hauptvorteil Unternehmerischen Wachstums beruht auf der Beziehung zwischen der Größe und der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens. So steigt bei wachsender Betriebs- und Unternehmensgröße das Unternehmerische Potential zur Vgl. § 1 A. li. 3. und Fußnote 133. Statt vieler Doyle, MP 1995, 141 (142); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (105f.), Kiefer, ZUM 1995, 58 (65); Kühler, Regelungsprobleme der Medienverflechtung, s. 43 (43). 160 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (184ff.). Vgl. auch Kühler, Regelungsprobleme der Medienverflechtung, S. 43 (44). 158
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Kostenreduktion. Größenvorteile sind dabei kein Spezifikum der Medienmärkte. Allerdings sind sie hier durch die besondere Struktur der Medienmärkte besonders ausgeprägt, was sich schon zuvor auf den Pressemärkten bemerkbar gemacht hat 16 1. So führt die Mischfinanzierung aus Anzeigen- und Verkaufserlösen und die Kostenstruktur in der Presse zu intensiven Konzentrationsimpulsen 162 • Aufgrund der Anzeigen-Auflagen-Spirale erzielt der Marktstärkere überproportionale Wettbewerbsvorteile, zumal das Pressegeschäft stark fixkostenbasiert ist 163 • So sind die Aufwendungen von der Anzahl der Leser weitgehend unabhängig. Verdoppelt sich die Anzahl der Leser, so halbieren sich die Kosten pro einzelnem Leser nahezu. Zum Teil wird gar behauptet, im Medienbereich seien Oligopolisierungsprozesse "nahezu unausweichlich" 164 . Diese bereits aus der Presse bekannten Größenvorteile treten im Fernsehen in intensivierter Form in Erscheinung, da das Fernsehgeschäft noch stärker fixkostenbasiert ist als das Pressegeschäft 165 • Die variablen Kosten gehen gegen Null. Überdies zehrt sich das Programmaterial regelmäßig nicht in der einmaligen Ausstrahlung auf166 . Das Unternehmen kann denselben publizistischen Inhalt folglich mehrfach verwerten. Je mehr Vertriebskanäle, das heißt je mehr Fernsehsender ihm zur Verfügung stehen, desto profitabler ist das einzelne Senderecht für ihn und desto mehr kann das Unternehmen in den Neuerwerb bzw. in die Produktion von Programmaterial investieren 167. Die Wettbewerbsvorteile aufgrund des Kostendegressionseffekts werden durch die Gesetzmäßigkeifen der Werbefinanzierung verstärkt 168• Eine gezielte Ansprache bestimmter Konsumentengruppen ist mit Fernsehen, zumindest in dessen heu161 Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 42 f.; Kühler, Medienverflechtung, S. 20; Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 77. Vgl. auch Röper, MP 2000, 297 (302). 162 Statt vieler Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 69. 163 Zur Anzeigen-Auflagen-Spirale etwa Zohlnhöfer, Ökonomie der Presse, S. 60 ff. 164 Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 77. 165 Die Landesmedienanstalten, Rundfunk in Deutschland 1995 I 96, S. 85; Kiefer, ZUM 1995, 58 (60); Holznagel, ZUM 1991, 263 (265) (mit umfangreichen Nachweisen in die medienökonomische Literatur); Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 78; Paschke!Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (111); Hesse, A., BayVBI. 1997, 165 (166); Kübler, MP 1999,379 (379). 166 Ausnahmen bilden aktuelle Beiträge wie bestimmte Sportsendungen oder Live-Berichte von politischen oder gesellschaftlichen Ereignissen. 167 So beabsichtigt die Kirch-Gruppe, dass der Kirch-Sender N24 Nachrichtensendungen künftig zentral für alle Free TV-Programme der Kirch-Gruppe (u. a. SAT.1, Pro Sieben, Kabel I und DSF) produziert. Die hieraus resultierenden Kostenvorteile werden allein bei SAT.1 auf 50 Mio. DM beziffert, Röper; MP 2001, 2 (15). Vgl. auch schon HoffmannRiem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 78; Groß, ZUM 1996, 365 (372). 168 Kiefer, ZUM 1995, 58 (60f.); Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 78; Holznagel, ZUM 1991, 263 (265) m. w. N. Vgl. auch Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 147f.
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tiger Gestalt, nicht mit derselben Effektivität wie in den Printmedien möglich. Das Medium verschließt sich der Orientierung an engen Zielgruppen. Eine gewisse Zielgruppenorientierung läßt sich zwar insoweit ausmachen, als die kommerziellen Fernsehsender versuchen, gerade das Publikum der 14- bis 49jährigen, der sogenannten ,jungen Erwachsenen", und hier mittlerweile vor allem das der 14- bis 29jährigen an sich zu binden, das als zahlungskräftig und konsumfreudig gilt. Allerdings ist diese Zielgruppenorientierung nicht mit der in der Presse vergleichbar, da diese "Zielgruppe" immer noch gut die Hälfte der Bevölkerung ausmacht. 169
Fernsehen ist als Werbeplattform daher vor allem für Konsumgüter geeignet und hier insbesondere für die wenig erklärungsbedürftigen, die den Verbraucher mehr emotional als kognitiv ansprechen sollen 170 . Hauptzielgruppe der kommerziellen, werbefinanzierten Fernsehsender ist folglich die Markenartikelindustrie 171 • Für diese lohnt sich die Schaltung von Werbetrailern nur dann, wenn das Programm eine möglichst breite Schicht potentieller Konsumenten anspricht 172 . Die Werbewirtschaft wählt daher bevorzugt Programme mit hoher Einschaltquote und damit die Sender mit der höchsten Reichweite und Durchdringung. Denn trotz des absolut betrachtet höheren Preises pro Werbeminute führen höhere Einschaltquoten zu einem für den Werbenden günstigeren Tausender-Kontakt-Preis als Programme mit niedriger Einschaltquote und (absolut) niedrigem Werbepreis. Der Tausender-Kontakt-Preis (sog. TKP) ist eine entscheidende Größe bei der Mediaplanung von Unternehmen zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Werbeschaltung. Unter TKP versteht man die Kosten einer Werbeschaltung pro jeweils tausend Werbekontakte173. Ein Werbekontakt entspricht für den Printbereich einer verkauften Zeitung, für den Rundfunk einem erreichten Zuschauer oder Zuhörer. Die Degression des TKP bei steigender Einschaltquote zeigt sich besonders deutlich im Bereich der Sportübertragungen. So war der Preis für die Senderechte an der Fußballeuropameisterschaft 1992 mit 2,5 Mio. sfr hoch. Dennoch lag aufgrund der mehr als sechs Milliarden Zuschauer die Kosten für die Rechte im Durchschnitt bei weniger als zwei Pfennigen pro Zuschauer und Spiel 174 . 169 Kiefer, ZUM 1995, 58 (60, 62); vgl. auch IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 26 ff. , 46 ff. , 66 ff. oder die Informationsseiten der Sender für ihre Werbekunden im Internet (etwa http://www.rtl.de, http://www.vox.de). 110 Im Fernsehen wird daher am meisten für Produkte aus den Bereichen Food, Personal Care und Getränke geworben, IP Deutschland, Television 98, S. 150. Vgl. auch Engel, Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (273). 171 Zu den größten Werbekunden im deutschen Fernsehen zählen daher Firmen wie Procter+Gamble, Ferrero, Henkel oder Kraft Jacobs Suchard. Daten aus IP Deutschland, Television 98, S. 150. 172 Kantzenbach, Monopolkommission, S. 148; Hesse, A., BayVBI. 1997, 165 (166). 173 Zohlnhöfer, Ökonomie der Presse, S. 60. Vgl. auch Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 145 ff. 174 Van Westerloo, MP 1996, 514 (517). Zum selben Phänomen in der Presse Groß, ZUM 1996,365 (373); Holznagel, ZUM 1991, 263 (265) m. w. N. Programme mit hohen Einschaltquoten können der werbenden Wirtschaft sonach in aller Regel günstigere TKPs bieten als weniger gesehene Programme. So lag im Januar 1999 der TKP von RTL in der Zielgruppe
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Die Gesetzmäßigkeiten der Werbefinanzierung bringen dem marktführenden Sender sonach einen überproportionalen FinanzierungsvorteiL Zu den größenbedingten Wettbewerbsvorteilen kommen Verbundvorteile hinzu. So kann das Unternehmen mit dem gezielten Einsatz von Cross Promotion 175 und systematischem Know-how-Transfer Synergieeffekte erzielen 176. Ferner kann es seine finanziellen Spielräume durch unternehmensinterne Quersubventionierung177 und eine breitere Risikostreuung erweitern 178•
2. Marktübergreifende Medienkonzentration im Besonderen
Wahrend über die Vorteile der intramediären Konzentration breiter Konsens besteht, sind die Vorteile der marktübergreifenden Konzentration im Medienbereich nicht unbestritten. Es ist zwischen den strategischen und den operativen Vorteilen zu unterscheiden. a) Strategische Vorteile der Cross Ownership
Strategische Vorteile ergeben sich vor allem für die Presseverleger. Zum einen kann die Expansion in den Bereich der elektronischen Medien dazu beitragen, deren bestehende Medienkompetenz und damit deren bereits vorhandenen Ressourcen konsequent zu nutzen. Die Unternehmensstärke auf den Pressemärkten kann damit auf die Märkte der neuen Medien übertragen werden. Zum anderen kann die Cross Ownership helfen, die Medienkompetenz der Verleger weiterzuentwickeln und auf die Erfordernisse des künftigen Mediengeschäfts vorzubereiten. Die Präsenz auf dem pressenahen Feld der elektronischen Medien wird von den Verlegern nicht zuletzt deshalb für erforderlich gehalten, um den Abfluß der Werbeetats aus dem Print- in den elektronischen Bereich zumindest partiell abzufangen 179. der 14- bis 49-jährigen bei 26,59 DM, während der Spartenkanal n-tv nur einen TKP von 51,56 DM anbieten konnte, Daten aus VOX Mediaforschung I AGF/GfK-Fernsehforschung/ PC#TV nach http://www. vox.de I business. 175 Unter Cross Promotion wird die fortgesetzte und gezielte redaktionelle Werbung in einem Medium für die Programme anderer konzerneigener Medien verstanden. Nachweise unter Fußnote 184. 176 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (149, 183). m Mit Quersubventionierung wird die in einem integrierten Unternehmensverbund mögliche Gewinn- und Verlustverteilung auf mehrere Ebenen bezeichnet, mittels der das Unternehmen die negativen Ergebnisse des einen Geschäftsbereichs mit den positiven eines anderen kompensieren und auf diese Weise seine Finanzierungsspielräume erweitern kann. Nachweise unter Fußnote 183. 178 Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (84); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (183, 149). 179 Vgl. zu dieser Argumentation bereits§ 1 A. I. 2. und noch unter§ 4 C. III. 3.
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Die Umveneilung der Werbeerlöse hat sich allerdings weniger dramatisch gestaltet als ursprünglich erwartet. Zwar ist der Anteil der elektronischen Medien am Gesamtbruttowerbeumsatz seit der Zulassung kommerzieller Rundfunks zu Lasten der Printmedien kontinuierlich gestiegen 180 • Dennoch hielten im Jahre 2000 bei einem Gesamtwerheumsatz in den Medien von brutto 16,6 Mrd. EURO die Printmedien mit knapp 48 % (etwa 7,9 Mrd. EURO) immer noch die Spitzenposition im deutschen Werbemarkt, gefolgt vom Fernsehen mit knapp 44% (etwa 7,3 Mrd. EURO) und dem Hörfunk mit etwa 6 % (etwa 1,0 Mrd. EUR0) 181 . Zudem gehen vom Fernsehen auch positive Impulse für den Pressemarkt aus. So haben die neuen Medien das Werbevolumen in den Medien insgesamt beträchtlich erhöht 182. Auch sind durch das Privatfernsehen neue Zeitschriftenmärkte entstanden, wie etwa der Markt für Spielfilm-Programmzeitschriften oder Supplements.
Das Rundfunkengagement der Presseverleger ist daher als strategisch erster Schritt zur Erschließung des zukunftsträchtigen Wirtschaftssektors der Kommunikation und der Medien und damit als Langfristinvestition in dieses Geschäftsfeld zu begreifen. b) Operative Vorteile der Cross Ownership
Bei den operativen Vorteilen ist zwischen vertikalen und diagonalen Cross Ownerships zu differenzieren. Bei der diagonalen, und hier vor allem bei der intermediären Cross Ownership ist strittig, ob und inwieweit diese zu Vorteilen im operativen Geschäft führt. Weithin anerkannt ist, daß ein intermediär integriertes Unternehmen Finanzierungsvorteile aus der medienübergreifenden Quersubventionierung unrentabler Medien180 Groß, ZUM 1996, 365 (373); Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/ 8587), S. 91 m. w. N. Von 1987 bis 1999 sank der Anteil der Printmedien am Gesamtbruttowerbeumsatz von anfänglich 76 % auf knapp 49 %, während der Anteil der elektronischen Medien von 25% auf 49 % stieg, IP Deutschland, Fokus der Forschung, S. 8. Allein von 1999 auf 2000 ist der Marktanteil des Fernsehens von 42,6 % auf 43,8 % gestiegen, wohingegen die Printmedien von 48,7 % auf 47,9 % abgefallen sind, IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 84. Auch der Anteil an den Netto-Werbeeinnahmen ist bei den Printmedien von 84,2% im Jahre 1985 über 77,5% im Jahre 1990 auf 64,9 % im Jahre 1999 gesunken, der der elektronischen Medien von 15,8% im Jahre 1985 über 22,5 % im Jahre 1990 auf 35,1 % im Jahre 1999 gestiegen, IP Deutschland, Fokus der Forschung, S. 7, 9. Zur ähnlichen Entwicklung in den USA siehe Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 115 (m.w.N.). 18 1 IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 84; ähnlich IP Deutschland, Television 2000, s. 127. 182 Der Netto-Gesamtwerbeumsatz auf den deutschen Medienmärkten betrug im Jahre 1985 noch knapp 12,6 Mrd. DM, im Jahre 1990 bereits 16,8 Mrd. DM und im Jahre 1999 gar mehr als 27,9 Mrd. DM. Damit konnten die Printmedien seit 1985- ungeachtet ihres sinkenden Anteilsam Gesamtwerbemarkt (vgl. Fußnote 180)- ihren Netto-Werbeumsatz beträchtlich erhöhen, die Publikumszeitschriften um knapp 50% von 2,6 Mrd. DM auf 3,9 Mrd. DM in 1999, die Tagespresse gar um mehr als 80% von 6,5 Mrd. DM auf II ,9 Mrd. DM, IP Deutschland, Fokus der Forschung, S. 7. Vgl. auch Pätzold/ Röper; MP 1995, 586 (589 f.); Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (146); Immenga, AfP 1989, 621 (624); Stammler; AfP 1987, 659 (661 ff.).
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
angebote 183 und Cross-Promotion 184 ziehen kann. Darüberhinaus kann das Unternehmen Werbemöglichkeiten in verschiedenen Medien im Paket und zu besonderen Preis- oder Servicekonditionen offerieren und damit spezifische Wettbewerbsvorteile erzielen 185 • Uneinheitlich wird dagegen beurteilt, ob mit der intermediären Verflechtung nennenswerte Synergieeffekte verbunden sind 186. Die These, ein Sender, der in einem konglomeraten Konzern integriert sei, könne höhere Werbepreise berechnen als ein unabhängiger Sender 187 , wird ebenso in Frage gestellt wie das Bestehen cross ownership spezifischer Größenvorteile 188 • Ebensowenig ist geklärt, ob sich das Know-how eines Medienbereichs auf einen anderen übertragen läßt. Gerade bei der Verflechtung von Presse und Rundfunk zeigte sich, daß die Medienkompetenz eines Unternehmens in der Presse nicht notwendig eine Medienkompetenz im Fernsehgeschäft indiziert. Die operativen Vorteile der intermediären Cross Ownership sind daher eher beschränkt. Hieraus läßt sich auch das mittlerweile insgesamt nur noch zurückhaltende Engagement der klassischen Verlagshäuser im Fernsehen erklären 189 • Vertikale Cross Ownerships sind dagegen unstrittig mit enormen operativen Wettbewerbsvorteilen verbunden 190• Die Integration vor- bzw. nachgeschalteter 183 Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 78; Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (110); Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (316); ders., MP 1995, 48 (53); ders., Regelungsprobleme der Medienverflechtung, S. 43 (43). 184 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (149, 183); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (82); Röper; MP 1997, 226 (233); Kühler; Medienverflechtung, S. 92 ff.; ders., Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (316); ders., MP 1995, 48 (53); Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 78; Die Landesmedienanstalten, Lübecker Beschlüsse, S. 485 (490); Paschke / Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (110). Zurückhaltender indes Engel, Medienordnungsrecht, S. 78 f.; ders., Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (272). Zu den mittlerweile üblichen Crossmedia-Strategien wie etwa die Internet-Auftritte von Zeitschriften Vogel, MP 2000, 464 (464), Röper; MP 2001 , 2 (10, 20, 28). 185 Kiefer; ZUM 1995,58 (65); Kühler; Regelungsprobleme der Medienverflechtung, S. 43 (43). 186 So aber Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (316); ders., MP 1995, 48 (53). Mailänder betrachtet die intermediäre Konzentration als "ökonomisch plausibel", Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 171, 175. 187 Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 118ff. m. w. N.; a. A. Paschke /Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 ( 110); Kühler; MP 1995, 48 (53). 188 Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 115 unter Hinweis auf die NAB Studie von Litwin & Wroth, The Effects of Common Ownership in Media Context and Influence; a. A. jedoch ohne weitere Begründung Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (84). 189 Vgl. § 1 D. II. 2. 190 Vgl. etwa Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 168ff.; Paschke /Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (108, 110);
B. Ökonomische Bedeutung
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Märkte führt zur Abdeckung der Wertschöpfungskette, im Idealfall von der Herstellung über die Veranstaltung bis hin zur Verbreitung der Programme. Damit lassen sich Finanzierungsrisiken und Transaktionskosten reduzieren und Stufengewinne erzielen. Die hieraus resultierende Optimierung der Kostenstellung des Unternehmens verbessert dessen Wettbewerbsposition insgesamt. In der Praxis sind die meisten Medienzusammenschlüsse heute daher vertikal 191 . Signifikante Synergieeffekte lassen sich vor allem durch die Mehrfachverwertung publizistischer Inhalte über verschiedene Vertriebskanäle erzielen 192 • Cross Ownerships finden sich gegenwärtig folglich zuvorderst dort, wo ein publizistischer Inhalt über mehrere Medien verbreitet werden kann. So lassen die Marktbewegungen darauf schließen, daß die Profilabilität von Unternehmen, die an Fernsehveranstaltern beteiligt sind, vor allem dann steigt, wenn diese sich auf der Ebene der Programmbeschaffung, das heißt insbesondere beim Handel mit Film- und Sportrechten engagieren 193• Merkliche Wettbewerbsvorteile sind ferner zu erzielen, wenn die Unternehmen andere Vertriebskanäle in ihr Portfolio integrieren, sich beispielsweise im Bezahlfernsehen, bei der Produktion und dem Vertrieb von Videos oder beim Betrieb von Filmtheatern und Multiplexen engagieren, so daß im Idealfall dasselbe Recht über Free TV, Pay TV, Video und Kino viermal verwertet werden kann. Die auf lokaler Ebene häufigste Form der Cross Ownership ist die Verflechtung von Hörfunk und Presse. Die hier dominierenden lokalen Zeitungsmonopolisten profitierten nicht zuletzt davon, daß sie über ihre Zeitungen bereits über ein lokales Nachrichten- und Redaktionsnetz verfügten, das mit verhältnismäßig wenig Zusatzaufwand für beide Medien fruchtbar gemacht werden konnte. Auch im lokalen Bereich spielte die Mehrfachverwertung sonach eine entscheidende Rolle. Je geschlossener die von dem einzelnen Medienunternehmen abgedeckte Wertschöpfungskette ist und je mehr Vertriebskanäle dem Unternehmen offenstehen, desto wahrscheinlicher ist dessen Erfolg. Vertikale Integrationsfähigkeit und die Möglichkeit zur Mehrfachverwertung publizistischer Inhalte sind heute die entscheidenden Schlüsselqualifikationen für die Profitabilität und den wirtschaftlichen Erfolg von Medienunternehmen 194 • Kiefer, ZUM 1995, 58 (61 f., 65); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (183, 177); Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (321). 191 Kiefer, ZUM 1995, 58 (61 f.). Vgl. auch Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 293. 192 Vgl. etwa 5. Hauptgutachten der Monopolkommission 1984, BT-Drucks. 10/1791, Tz. 582; Kühler, Regelungsprobleme der Medienverflechtung, S. 43 (43 f.). Hege bezeichnet die Mehrfachverwertung (nicht zu Unrecht) als sogar "unvermeidlich", Hege, AfP 1995, 537 (540). 193 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (184ff.); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (105 f. ). 194 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (183, 177); Hege, AfP 1995, 537 (540); Kiefer, ZUM 1995,58 (61, 65); Paschke!Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (110). Zu den 5*
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§ I Rechtstatsächliche Grundlagen Die mit Cross Ownerships verbundenen Nachteile halten sich demgegenüber in Grenzen. Die Reibungsverluste im laufenden Geschäft sind ebenso vernachlässigbar wie das vereinzelt auftretende Problem der optimalen Allokation der Programmware, etwa wenn das intermediär integrierte Unternehmen über mehrere Vertriebskanäle, beispielsweise über Free TV-Sender und Pay TV-Sender, verfügt, das Sendematerial aber nur einmal verwertet werden kann 195 . Noch am schwersten wiegt, daß das externe Unternehmenswachstum in aller Regel zu einer gewaltigen Überschuldung der aus den Fusionen hervorgehenden Medienkonglomerate führt 196• Dies stellt allerdings kein cross ownership spezifisches Problem dar.
3. Zusammenfassung
Die Medienmärkte und hier insbesondere der Markt des werbefinanzierten Fernsehens senden starke Konzentrationsimpulse aus. Vor allem die enormen Größenvorteile und die Gesetzmäßigkeiten der Werbefinanzierung begünstigen die starke Konzentration im Fernsehbereich. Die intermediäre Cross Ownership bietet den in die elektronischen Medien expandierenden Zeitungsverlegern vor allem strategische Vorteile. Die operativen Vorteile der intermediären Cross Ownership halten sich dagegen in Grenzen. Das intermediäre Engagement kann für Medienunternehmen sonach sinnvoll sein. Es entspringt jedoch keiner inneren, zwingenden Notwendigkeit. Insbesondere hat sich die Befürchtung nicht bestätigt, daß die Presse als ganze durch die elektronischen Medien ersetzt wird und intermediäre Cross Ownerships für Presseverlage daher zwingend notwendig sind. Die Entscheidung von Verlagen, im privaten Fernsehen zu investieren, stellt vielmehr lediglich eine von mehreren möglichen wachstumsstrategischen Optionen dar. Gleiches gilt für die Entscheidung von Fernsehunternehmen, sich im Bereich der Tagespresse oder der Zeitschriften zu engagieren. Demgegenüber ist die vertikale Diversifizierung für Veranstalter von Fernsehprogrammen 197 nahezu unausweichlich. Sie ist nicht nur strategisch, sondern auch und vor allem operativ mit enormen Wettbewerbsvorteilen verbunden. Insbesondere die Mehrfachverwertung publizistischer Inhalte steigert die Profitabilität eines Medienunternehmens erheblich und stellt heute einen entscheidenden Erfolgsdarin liegenden Wettbewerbsvorteilen privater Medienunternehmen gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten van Westerloo, MP 1996, 514 (515 f.). 195 Zimmer; MP 1996, 386 (392). 196 So lasteten auf den aus der großen Fusionswelle in den OS-amerikanischen Medien hervorgegangenen Medienkonglomeraten Finanzschulden von bis zu 69 % des Konzernumsatzes (so beim Medienkonzern Time-Wamer; dagegen bei Walt Disney I Capital Cities 48 %, bei Viacom I Paramount und der News Corporation von Rupert Murdoch jeweils 54%). Daten aus Boldt, Unternehmen Bertelsmann, manager magazin, 9/1998, S. 53 (61). Vgl. auch Kleinsteuber; Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8 - 9/96, S. 22 (31 ). Zur Fusionswelle in den USA bereits unter§ I A. li. 3. und Fußnote 133. 197 Zur Definition von Rundfunkveranstaltung siehe Fußnote 6.
B. Ökonomische Bedeutung
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faktor im Mediengeschäft dar. Die Wettbewerbsvorteile besitzen ein Gewicht, das Fernsehveranstalter, die in keinem Konglomerat eingebettet sind, nahezu chancenlos macht. So läßt sich national wie international auf den Fernsehmärkten eine Verschiebung der Marktanteile zugunsten dieser konglomerat strukturierten Medienkonzerne beobachten. Eine fehlende intermediäre Diversifikation muß für Fernsehveranstalter sonach nicht schädlich sein. Dagegen ist unter den heutigen Rahmenbedingungen das Unterlassen vertikalen Wachstums, namentlich in den Markt für Programrnressourcen, für Fernsehveranstalter existenzgefährdend.
111. Makroökonomische Bedeutung Die Frage nach der ökonomischen Bedeutung von Cross Ownerships ist nicht nur vom einzelnen Medienunternehmer her zu beurteilen. Im Folgenden ist daher der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien nachzugehen. Der Sektor Fernsehen wird wie der gesamte Bereich der Information und Kommunikation zu den Dienstleistungssektoren gezählt, die wirtschaftspolitisch von erstrangiger Bedeutung sind 198• Für den sich schon heute als stabil und gewinnträchtig zeigenden Markt wird für die nächste Dekade ein Wachstum von etwa 70% prognostiziert 199 • In ihm wird ein außerordentliches Arbeitsplatzpotential vermutet200. Dariiberhinaus wird dem audiovisuellen Markt eine generell wirtschaftsfördernde Wirkung zugesprochen 201 . Als expansiver, zukunftsträchtiger 198 Vgl. Fäßler, AfP 1995, 542 (545); VPRT. Medienordnung 2000 plus, Teil 11, 1; Turek, Europäische Forschungs-, Technologie- und Telekommunikationspolitik, S. 203 (206). 199 Europäische Kommission, Audiovisuelle Politik 1998, S. 6 mit Verweis auf die von der Europäische Kommission in Auftrag gegebene Studie von Norcontel, Economic Implications of New Comrnunication Technologies on the audiovisual markets, vom Mai 1997 (http:// europa.eu.int/en/comm/dg 10/avpolicy/keydoc/new _comm/index.html). Vgl. schon Europäische Kommission, 26. Wettbewerbsbericht [1996], Tz. 81. Die Umsatzentwicklung der deutschen Medienindustrie liegt schon heute deutlich über dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum, Röper, MP 1997, 226 (226; 227, Tab. 1); vgl. bereits Die Landesmedienanstalten, Rundfunk in Deutschland 1995 I 96, S. 51 ff.; 81 ff. 200 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13 I 10650), S. 219. Die Europäische Kommission erwartete im Jahre 1993, daß bis zum Jahre 2000 im audiovisuellen Sektor in der Europäischen Gemeinschaft etwa 2 Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen werden können, bei geschickter, vor allem standortfördernder Anpassung der Rahmenbedingungen sogar bis zu 4 Millionen, Europäische Kommission, Weißbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Teil C, Ziff. 5.11 und Ziff. 5.12. Vgl. auch Niewiarra, AfP 1997, 766 (768); Die Landesmedienanstalten, Rundfunk in Deutschland 1995 I 96, S. 63 ff. 2o1 So hat das Fernsehen nach Ansicht der Europäischen Kommission als Werbeträger eine außerordentlich hohe Bedeutung als Stimulanz beim Absatz von Waren und Dienstleistungen, Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 54f. Vgl. insoweit auch Kantzenbach, Monopolkomrnission, S. 149.
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§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
Wachstumsmarkt kommt ihm eine Schlüsselrolle für die wirtschaftliche Entwicklung Europas zu 202 . Nicht nur das Versäumen, auch die bloße Verzögerung des Auf- und Ausbaus des audiovisuellen Marktes gilt daher als nicht hinnehmbare, mit gravierenden gesellschafts-, standort- und vor allem beschäftigungspolitischen Folgen verbundene Fehlleistung des Staates203 . Zum Auf- und Ausbau des Mediensektors ist jedoch ein immenser Kapitalbedarf erforderlich, der von staatlicher Seite nicht aufgebracht werden kann und daher privater Investitionen bedarf. Der Kreis der potentiellen Investoren war angesichts der finanziellen Größenordnungen von Anfang an stark limitiert204. Es boten sich in erster Linie Unternehmen an, die bereits auf den traditionellen Medienmärkten agierten oder aber zumindest marktnah tätig waren. Diese hatten zum einen das Kapital, zum anderen nicht zuletzt aus strategischen Gründen das Interesse. Insbesondere die Verleger wollten ihr verlegerisches Know-how einbringen und damit ihre bereits vorhandenen Unternehmensressourcen konsequent ausnutzen205 . Um die Investitionsbereitschaft der nationalen Medienindustrie zu fördern und den Aufbau des privaten Rundfunks voranzutreiben, wurde daher zunächst auf den Erlaß von Cross Ownership Beschränkungen verzichtet. Der Zugang der bereits in den Medien oder zumindest marktnah tätigen Unternehmen, insbesondere der Verleger, wurde damit faktisch erleichtert206. Die Pionierarbeit beim Aufbau des privaten Rundfunksystems übernahm in Folge die nationale Medienindustrie, das heißt vor allem die Unternehmen aus der klassischen Medienbranche oder aus rundfunknahen Märkten 207 , zumal sich angesichts der Kapitalintensität eines Engagements in den neuen Medien und des vermuteten Knowhow-Vorsprungs der Medienindustrie die Unternehmen anderer Branchen weitgehend zurückhielten. Sonach spielte und spielt auch heute noch die nationale Medienindustrie die zentrale Rolle beim Auf- und Ausbau des gesamtwirtschaftlich hoch bedeutsamen audiovisuellen Sektors208 . Nicht zuletzt deshalb besteht ein starkes standort- und 202 Vgl. etwa Europäische Kommission, Weißbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Teil C, Ziff. 5.11. und 5.12.; dies., Weißbuch Vollendung des Binnenmarktes, Dok. KOM (85) 310 endg. v. 14. Juni 1985. 203 Vgl. etwa Haeckel, epd I KuR, 87 I 92, 5 (7); Glotz, epd I KuR, 35 I 94, 3 (7, I 0); Lahnstein, epd/ KuR, 46/93, 17 (18). 204 Zur vergleichbaren Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika, Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 114. 205 Zu den strategischen Vorteilen der Cross Ownership bereits § 1 B. II. 2. 206 Zmeck, AfP 1995, 545 (548); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (936) ; Röper; MP 1989, 533 (534). 207 Zum Beispiel der Axel Springer Verlag (Presse), die Burda-Gruppe (Presse), derBertelsmann-Konzem (Buch/Presse) und die K.irch-Gruppe (Rechtehandel), Röper; MP 1988, 749 (749f.). Zur vergleichbaren Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika, Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 111. 208 Groß, ZUM 1996, 365 (365); vgl. noch unter§ 1 D. I. I.
B. Ökonomische Bedeutung
71
beschäftigungspolitisches Interesse an einer leistungsfähigen, nationalen Medienindustrie. Daneben besteht auch ein erhebliches gesellschaftspolitisches Interesse an einer starken nationalen Medienindustrie, die sich gegen die internationale Konkurrenz behaupten kann, da der Einfluß ausländischer Unternehmen im Rundfunk, der aufgrund der Korrelation zwischen Medien und öffentlicher Meinung als für die Meinungsbildung in der Gesellschaft sensibler Bereich erachtet wird, ungleich kritischer betrachtet wird als in anderen Wirtschaftssektoren. Dieses standort-, beschäftigungs- und auch gesellschaftspolitische Interesse hat sich nicht zuletzt in der Präambel des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages von 1996 niedergeschlagen 209. Dieses typische Zusammenspiel standort-, beschäftigungs- und gesellschaftspolitisch begründeter Interessen findet sich auch auf europäischer Ebene. So äußerte die Europäische Kommission bereits im Jahre 1993 die Befürchtung, daß Europa bei einer zu vorsichtig an Standortinteressen ausgerichteten Politik zu einem "passiven Verbraucher der audiovisuellen Länder und damit wirtschaftlich und kulturell von anderen abhängig wird"210.
Der Förderung einer starken nationalen Medienindustrie, die sich auch im internationalen Wettbewerb durchsetzen kann, stehen rigide rechtliche Bindungen entgegen. Es wird daher argumentiert, daß aus Wirtschafts- wie gesellschaftspolitischen Gründen der Mediensektor einer insgesamt niedrigeren Regulierungsdichte bedürfe211 • Der Medienmarkt müsse sich erst entfalten können, bevor man ihn reglementiere. Zu frühe Eingriffe würden den Marktzugang für neue Anbieter erschweren, die Investitionsbereitschaft insgesamt hemmen und damit den Aufbau eines funktionsfähigen Medienmarktes in Deutschland gefährden. Geboten sei eine allgemeine Deregulierung, nicht zuletzt im Hinblick auf den traditionell stark regulierten Rundfunksektor. Aus makroökonomischem Blickwinkel erscheint das rundfunkspezifische Sonderrecht daher nicht unproblematisch. Dies gilt auch und gerade für die Einführung oder Verschärfung von Cross Ownership Regelungen. Gerade die strikte UnterVgl. Präambel des RStV'96, Absatz 2. Europäische Kommission, Weißbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Teil C, Ziff. 5.12. Diese Feststellung der Kommission galt vor allem den sehr kompetitiv auftretenden US-amerikanischen Unternehmen, die bereits im Jahre 1991 60% ihrer audiovisuellen Produktion in der Europäischen Gemeinschaft abgesetzt und damit den Verkauf von Programmaterial zum zweitgrößten Exportzweig der Vereinigten Staaten gemacht hatten, Europäische Kommission, Weißbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Teil C, Ziff. 5.11. 211 Niewiarra, AfP 1997, 766; ders., ZUM 1993, 2 (7); Fäßler, AfP 1995, 542; Hege, AfP 1995,537 (542); Scholz, AfP 1995, 357 (358); Koch, DB 1982, 1757; Gröner, Wettbewerb im Rundfunk, S. 350; VPRT, Medienordnung 2000 plus. In diese Richtung auch Bremer/Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 45. Vgl. auch Clement und Middelhoffin der Süddeutschen Zeitung v. 14. Juni 1999, S. 21; Biedenkopf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 10. September 1998, S. 19; Doetz in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 2. September 1997, S. 29. Kritisch dagegen HoffmannRiem, AöR 110 (1985), 528. 209
21o
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
bindung konglomerater Unternehmensstrukturen durch intensive Cross Ownership Beschränkungen wäre für die deutschen Medienunternehmen mit enormen Wettbewerbsnachteilen verbunden, die sich im internationalen Wettbewerb negativ bemerkbar machen könnten 212 • Je strenger die Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Medienunternehmen ausfällt, desto gefahrdeter ist das gesamtwirtschaftliche Interesse an einer effektiven Standort- und Beschäftigungspolitik im Mediensektor, da rigide Begrenzungen der Cross Ownership stets die Gefahr in sich bergen, den Aufbau eines ökonomisch leistungsfähigen Kommunikations- und Medienmarkts zu behindern, wenn nicht sogar unmöglich zu machen.
C. Publizistische Bedeutung In der Diskussion um Art und Umfang der Cross Ownership Kontrolle wird häufig auf die Meinungsmacht der Medienunternehmen verwiesen. Ob und inwieweit die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern beschränkt werden muß, bestimmt sich daher nicht zuletzt nach dem besonderen publizistischen Wirkungspotential diagonal oder vertikal diversifizierter Rundfunkveranstalter. Wie sich Cross Ownerships auf die Meinungsmacht des Unternehmens auswirken, kann jedoch nicht ohne einen Blick auf die sozial-empirischen Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung beantwortet werden213 . Es ist daher zunächst zu untersuchen, was die Wirkungsforschung unter Meinungsmacht versteht, namentlich ob und inwieweit der Rundfunk nach dem gegenwärtigen Stand der Grundlagenforschung überhaupt eine feststellbare Wirkung auf den Einzelnen bzw. auf die Gesellschaft besitzt. In einem zweiten Schritt wird dann der Frage nachgegangen, inwieweit sich die vertikale und I oder diagonale Diversifikation eines Rundfunkveranstalters auf dessen Meinungsmacht auswirkt. Vorab sind jedoch die wesentlichen Termini der Medienwissenschaft vorzustellen, ohne die 212 Besonders prägnant formuliert dies Zmeck, AfP 1995, 545 (548): "Cross-ownershipVerbote gefährden die Entwicklungsmöglichkeiten dieser (sc. Medien-) Unternehmen und damit die Meinungsvielfalt." Vgl. auch Niewiarra, AfP 1997, 766; VPRT. Presseinformation "EU-Richtlinie über Pluralismus und Medienkonzentration gefährdet gewachsene Rundfunkstrukturen, Investitionskapital und Arbeitsplätze" v. 11. März 1997; ders., Medienordnung 2000 plus, Teil 111, 1.2. Zur zentralen Bedeutung konglomerater Unternehmensstrukturen für die Profilabilität von Rundfunkunternehmen § 1 B. II. 2. Zu der allerdings noch überwiegend nationalen Struktur der Fernsehmärkte noch§ I D. I. I. 213 Die Medienwirkungsforschung beschäftigt sich mit der Wirkung der Medien auf Normen, Werte, Strukturen und Prozesse in der Gesellschaft. Darüberhinaus untersucht sie die Wirkung der Medien auf Wissen, Vorstellungen, Einstellungen und Verhalten von Individuen bzw. ganzer sozialer Gruppen. Sie ist Teil der Kommunikationswissenschaft, das heißt der Wissenschaft, die sich mit der Ordnung und Organisation der gesellschaftlichen Kommunikation befaßt, namentlich mit den verschiedenen Mediensystemen, und versteht sich als empirische Sozialwissenschaft. Zu Wesen und Geschichte der Wirkungsforschung im Einzelnen Maletzke, MP 1982, 741; Donsbach, Medienwirkungsforschung, S. 52 ff.
C. Publizistische Bedeutung
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die kommunikationswissenschaftliche aber auch die nachfolgende rechtliche Analyse nicht auskommt.
I. Grundbegriffe Die Kommunikationswissenschaft unterscheidet zwischen dem Kommunikator und dem Rezipienten 214. Kommunikator ist jede Person oder Personengruppe, die an der Produktion der für die Verbreitung über das Medium bestimmten Aussagen schöpferisch-gestaltend, selektierend oder auch nur kontrollierend beteiligt ist. Im Bereich des Rundfunks fungiert als Kommunikator vor allem der Veranstalter des Rundfunkprogramms. Rezipient ist, wer die Aussagen aufnimmt, im Rundfunk folglich der Zuschauer bzw. Zuhörer. Ebenso wie der Begriff der Kommunikation selbst entzieht sich auch der Begriff der Massenkommunikation bislang einer abschließenden Definition215 . In der rechtswissenschaftliehen Literatur216 wird üblicherweise die Definition von Maletzke 217 verwandt. Demnach wird unter Massenkommunikation die Form der Kommunikation verstanden, bei der Aussagen, das heißt Informationen und Meinungen, über technische Verbreitungsmittel an ein verstreutes Publikum vermittelt werden. Massenkommunikation zeichnet sich sonach durch den Einsatz besonderer technischer Hilfsmittel aus, die unter Überwindung einer an sich bestehenden raum-zeitlichen Distanz die zeitgleiche Rezeption desselben Gegenstands durch ein weder zahlenmäßig noch personal begrenztes Publikum ermöglichen. Die Rezipienten müssen nicht notwendig Teil eines stabilen sozialen Gebildes sein und nicht einmal in räumlicher Nähe zueinander stehen. Vielmehr sind sie allein durch die gemeinsame Rezeption verbunden. Typischerweise basiert die Massenkommunikation auf einer Einwegkommunikation218. Kommunikator und Rezipient können für gewöhnlich nicht die Rollen tauschen. Die Individualkommunikation beruht dagegen auf der direkten und regelmäßig auch wechselseitigen Interaktion zwischen vorab identifizierten Partnern (Zwei-Wege-Kommunikation). Allerdings wird die traditionelle Unterscheidung 214 Maletzke, Grundbegriffe, S. 26 ff. , 29 f., 46 ff.; Diederichs, Konzentration in den Massenmedien, S. 9. 215 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 17 ff. Aus der Vielzahl der Definitionsversuche beispielhaft Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 29 ff. ; Kabbert, Rundfunkkontrolle als Instrument der Kommunikationspolitik, S. 29 f.; Diederichs, Konzentration in den Massenmedien, S. 9 ff. Zum Begriff der Kommunikation Maletzke, Grundbegriffe, S. 25 ff. ; Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 17 ff. 216 Hoffmann-Riem!Vesting, MP 1994, 382 (386); Schu/z, ZUM 1996, 487 (489). Vgl. auch Karpen. Medienrecht, Rdnr. 7 f.; Kroeber-Riel!Weinberg, Konsumenten verhalten, Teil 3 C II l. 21 7 Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation, S. 20; ders., Grundbegriffe, s. 31 ff. , 26 ff. 218 Hoffmann-Riem!Vesting, MP 1994, 382 (386); Karpen, Medienrecht, Rdnr. 7.
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§ l Rechtstatsächliche Grundlagen
zwischen Individual- und Massenkommunikation 219 durch die neueren Entwicklungen in der Medientechnik, namentlich durch die Entwicklung individuell abrufbarer Mediendienste und interaktiver Nutzerformate, zunehmend in Frage gestellt220. Unter Medien wird die Gesamtheit der Einrichtungen verstanden, die der Übermittlung von Inhalten, das heißt Kommunikationszwecken, dienen. Soweit die Medien geeignet sind, die Inhalte an eine Vielzahl anonymer Rezipienten zu übermitteln, spricht man von Massenmedien. 221 Traditionell wird nach der verwendeten Verbreitungstechnologie zwischen gedruckten (Buch, Presse, sonstige Druckerzeugnisse) und elektronischen Medien (Hörfunk, Fernsehen, andere audiovisuelle Medien) unterschieden222 Zu diesen traditionellen Medien sind nunmehr die sogenannten neuen Medien hinzugetreten, wie beispielsweise CD-ROM, electronic press, Femsehtext, Online Dienste, video on demand, near video on demand, pay per view oder auch pay per channel. Diese werden dem elektronischen Bereich zugerechnet. Ihre rechtliche Natur ist strittig223 . Unter Medienwirkung schließlich wird die Gesamtheit der Veränderungen bei den Rezipienten verstanden, die auf der Begegnung mit den Medien und den medial vermittelten Aussagen beruhen224. Die Medienwirkung wird als ein komplexes Phänomen im Verhältnis zwischen Medienangebot und Rezipient begriffen, das von einer Vielzahl gesellschaftlicher und situativer Momente beeinflußt wird und sich einfachen, linear-kausalen Hypothesen verschließt225 . Ob Informationen und sonstige Inhalte überhaupt bemerkt und rezipiert werden und wie diese inhaltlich aufgenommen und verarbeitet werden, bestimmt sich nach den äußeren Rahmenbedingungen, der Situation und dem Tatigkeitsumfeld, in dem sie potentiell wahrgenommen werden. So hängt die psychologische Wirkung auf den Rezipienten davon ab, ob der Inhalt nur optisch, nur akustisch oder aber audiovisuell vermittelt wird, ob Art und Ort der Rezeption zeitlich vorgeschrieben oder vom Rezipienten frei wählbar sind sowie ob die Aussagen erst nach einer redaktionellen Aufbereitung, zeitlich versetzt rezipiert oder aber "live" miterlebt werden können. 226 Über Art und Umfang des Phänomens der Medienwirkung im Einzelnen besteht Uneinigkeit. Der Begriff der Medienwirkung hat sich bislang für eine präzise soBadura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 68. Bullinger ZUM 1996, 749 (750); ders., AfP 1983, 319 (320ff.). Zur Abgrenzung etwa Schulz, ZUM 1996,487 (488ff.). Dazu noch unter§ 3D. 111. 3. a) cc) (3). 221 Maletzke, Grundbegriffe, S. 35 ff. Vgl. auch Jarass, Freiheit der Massenmedien, 219
22o
S. 3lff. 222
Maletzke, Grundbegriffe, S. 36.
223
Vgl. dazu noch unter§ 3D. III. 3. a) cc) (3).
Maletzke, Grundbegriffe, S. 57. 225 Maletzke, MP 1983, 114 (116); ders., MP 1982, 741 (747). 226 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 423 ff., 433 ff.; Donsbach, Medienwirkungsforschung, S. 54 ff.; Schulz, ZUM 1996,487 (492). 224
C. Publizistische Bedeutung
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zialwissenschaftliche Beschreibung nicht zugänglich erwiesen. Die Medienwirkungsforschung untersucht daher nicht mehr "die" Medienwirkung schlechthin. Vielmehr analysiert sie heute einzelne, feststellbare Wirkungszusammenhänge in Bezug auf differenzierte Fragestellungen, die jeweils für sich betrachtet werden. Untersucht werden etwa die Auswirkungen der Medien auf das Wissensspektrum der Rezipienten, auf deren Lern- und Freizeitverhalten, politische Meinungen227 und emotionale Grundhaltungen. Besonderes Interesse gilt dabei der Wirkung von Werbung und Gewaltdarstellungen228 .
II. Meinungsmacht der Medien Die Literatur zur Medienwirkungsforschung ist kaum mehr zu überblicken 229. Sie ist nicht frei von Widersprüchen und zum Teil lückenhaft. Dies läßt sich auf zwei zentrale Grundprobleme der Medienwirkungsforschung zurückführen: Zum einen hat sich der Begriff der Medienwirkung, wie bereits ausgeführt, bislang einer allgemein anerkannten Definition entzogen. Zum anderen begegnet die Messung und Quantifizierung von Medienwirkungen erheblichen methodischen Problemen230. Die Frage, ob und in welchem Umfang Medien die voluntative Ebene oder gar das Verhalten der Rezipienten gezielt beeinflussen können, gehört daher zu den Bereichen, die empirisch nur schwer nachweisbar sind. 1. Individual-psychologische Wirkung
Bei der Frage, ob und inwiefern sich Medien auf Verhalten und Psyche des einzelnen Rezipienten auswirken, lassen sich zwei Grundauffassungen unterscheiden 231 . 227 Hierzu vor allem Schönbach, MP 1983, 462; Maletzke, MP 1983, 114 (117 f.); NoelleNeumann, MP 1982, 609; Edelstein, MP 1983, 469 (470); Donsbach, Medienwirkungsforschung, S. 62 ff. 228 Maletzke, MP 1983, 114 (120); ders., MP 1982, 741 (742 f.); Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13110650), S. 208ff.; Kroeber-Riel!Weinberg, Konsumentenverhalten, Teil 3 C II 3. Vgl. auch Donsbach, Medienwirkungsforschung, S. 66 f. 229 Vgl. daher statt vieler Schenk, Medienwirkungsforschung; Donsbach, Medienwirkungsforschung, S. 52ff.; Noelle-Neumann, Schweigespirale; dies. , MP 1982, 609; Lüscher; Wie wirkt das Fernsehen?, S. 233 ff.; Maletzke, Psychologie der Massenkommunikation; ders., MP 1982, 741; ders., MP 1983, 114; Kroeber-Riel!Weinberg, Konsumentenverhalten, Teil 3 C II. Weitere Nachweise in Kaase, Zuschaueranteile, S. 17 (40ff.); Grimm, VVDStRL 42, 46 (69); Scholz, Medienfreiheit und Publikumsfreiheit, S. 355 (362). 23o Maletzke, MP 1982, 741 (746); Groß, ZUM 1996, 365 (371). Intermediäre Vergleiche, die die Unterschiede in der Wirkungsweise der verschiedenen Formen der Massenkommunikation untersuchen, leiden nicht selten an der nicht einheitlichen Vorgehensweise und kommen so zu keinen übereinstimmenden Ergebnissen, vgl. ARD-Forschungsdienst, MP 1996, 55. 231 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 423.
76
§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
Bis in die sechziger Jahre vorherrschend und auch heute noch teilweise in der Literatur vertreten ist die Auffassung, daß Medien nur eine von vielen Einflußgrößen und daher insgesamt relativ wirkungslos seien232 . Die Medien verursachten keine Veränderungen bei den Rezipienten. Vielmehr böten sie diesen lediglich eine Möglichkeit bereits angelegte Meinungen zu verstärken 233 . Der Rezipient suche im Programm nur die Bestätigung seiner eigenen Ansicht. Er nehme daher die Inhalte der von den Kommunikatoren offerierten Programme nur selektiv wahr. Auch ohne Beeinflussung durch die Medien wären die Einstellungen des Rezipienten daher nicht wesentlich anders. Der Rezipient würde sich dann die Bestätigung seiner Einstellungen lediglich woanders suchen. Die einstellungsverändernde Wirkung der Medien auf die Rezipienten sei daher vernachlässigbar. Eine Ausnahme gelte allenfalls bei Situationen, in denen sich der Rezipient über das kommunizierte Thema vorher noch keine eigene Meinung habe bilden können. In den siebziger Jahren formierte sich die Gegenposition234. Diese nahm an, daß die Medien eine nicht zu unterschätzende, individual-psychologische Wirkung auf Verhalten, Meinungen und Einstellungen im emotionalen und psychischen Tiefenbereich der Rezipienten ausübten. Insbesondere das Fernsehen mit seinen Bewegtbild- und Tonübertragungen besitze aufgrund der stärkeren Intensität des optischen Eindrucks und der Kombination von Bild und Ton eine erhebliche einstellungsverändernde Kraft235 . Die kontinuierliche Abfolge von Themen und Szenen lasse den Rezipienten nur wenig Raum für eigene Gedanken und beschränke die selbstbestimmte Steuerung des Rezeptionsvorgangs auf dessen Initiierung und Abbruch236 . Die über das Fernsehen aufgenommenen Informationsangebote würden daher eher passiv und im Vergleich zur Rezeption stehender Texte oberflächlicher verarbeitet237. Ferner spreche das Fernsehen weniger die kognitive Ebene als vielmehr die emotionale Ebene der Rezipienten an. Gerade in dieser Kombination von emotionaler Beeinflussung einerseits und oberflächlicher Informationswahrnehmung andererseits liege die Gefahr, daß der Kommunikator den Rezipienten zu einem Verhalten veranlassen könne, ohne daß sich der Rezipient dessen bewußt werde. 232 Grundlegend Klapper; Effects of Mass Communication, S. I ff. Vgl. auch Klapper; Einstellungskonstanzund Einstellungsänderung, S. 49; ders., Public Opinion Quarterly, Vol. 21 (1957), 453 (453 ff., 457 f.). Dazu etwa Kroeber-Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten, Teil 3 C II 2 b. 233 Etwa Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 50; Kroeber-Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten, Teil 3 C II 2 b; Hoffmann-Riem, ZRP 1976, 291 (295) m. w. N. (jedoch mit anderer, problematischer Schlußfolgerung). Kritisch dagegen Larsen, Social Effects of Mass Communication, S. 348 (354 ff.); Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 425 ff. 234 Maletzke, Grundbegriffe, S. 58 ff. Ähnlich auch Lüscher; Wie wirkt das Fernsehen?, S. 233 (248 ff.); Weidenmann, Fernsehen, S. 134; Schu/z, ZUM 1996, 487 (492 f.). 235 So ist das Fernsehen das Medium, dem die größte Glaubwürdigkeit zugesprochen wird, Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/ 10650), S. 206 (vgl. auch Tab. E 8); Kroeber-Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten, Teil 3 C II 3 c, ad Werbliche Eignung. 236 Schu/z, ZUM 1996,487 (492 f.). 237 Weidenmann, Fernsehen, S. 134.
C. Publizistische Bedeutung
77
Wie diese Wirkung des Fernsehens zu bewerten sei, wird uneinheitlich beurteile38 . Vertreten wird, daß das Fernsehen zu Passivität, Sprachlosigkeit, Reizüberflutung, Aggressivität, sozialer Desintegration und Konzentrationsproblemen der Rezipienten führe. Es lähme die Phantasie und Vorstellungskraft des Zuschauers, vermittele diesem ein verzerrtes Bild von der Realität und diene ihm zugleich als einfacher Weg, aus der Realität zu fliehen 239 . Andere bewerten die Medienwirkung des Fernsehens als positiv. Das Fernsehen diene der Vermittlung von Wissen, der Lebenshilfe, der politischen Meinungsbildung, der Bildung, Sozialisation und Integration 240.
Auch wenn sich immer wieder exemplarische Einzelfälle finden, die ein nicht unerhebliches Steuerungspotential der Medien, namentlich des Fernsehens nahelegen241, kann die meinungslenkende oder gar verhaltenssteuernde Kraft des Rundfunks, mithin Art und Ausmaß des publizistischen Einflusses der Medien auf den Einzelnen bislang nur vermutet, nicht aber zweifelsfrei nachgewiesen werden. Einigkeit besteht nur, daß zwischen den verschiedenen Medien, insbesondere zwischen Fernsehen und Presse fundamentale Wirkungsunterschiede bestehen 242. Dies beruht auf den wesentlich verschiedenen Rahmenbedingungen der Rezeption. So vermittelt die Presse ihre Inhalte rein optisch. Der Rezipient ist frei zu bestimmen, ob, wann, wie oft, wie lange und wie schnell er liest. Er kann den Ort der Rezeption bestimmen. Das gedruckte Wort wird stets zeitversetzt aufgenommen. Das Fernsehen vermittelt demgegenüber audiovisuelle Aussagen. In seiner herkömmlichen Form bindet das Fernsehen den Rezipienten in dessen Verhalten, indem es den Zuschauer räumlich wie zeitlich festgelegt. Anders als das gedruckte Wort hat das Fernsehen jedoch die Möglichkeit, zeitgleich, mithin aktuell zu berichten. Die nicht vergleichbaren Wirkungspotentiale sind auch der Grund für die werbetechnische Ungleichbehandlung von Fernsehen und Presse in ihrer Funktion als Werbeplattform243 •
2. Gesamtgesellschaftliche Wirkung
Von der kontrovers diskutierten Frage nach der individual-psychologischen Suggestivkraft der Medien auf das Verhalten und die Psyche des Einzelnen ist die 238 Vgl. Maletzke, Grundbegriffe, S. 39; Lüscher, Wie wirkt das Fernsehen?, S. 233 (240ff.). 239 In diese Richtung auch Hoffmann-Riem, ZRP 1976,291 (295, 298). Zur Bewertung der Eskapismus-These Lüscher, Wie wirkt das Fernsehen?, S. 233 (245 f.). 240 Etwa Wehner, Ende der Massenkultur, S. 112 ff. 241 So im Ergebnis Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 441. Verwiesen wird gerne auf die Rolle der Medien bei der Wahl des Medienunternehmers Silvio Berlusconi zum italienischen Ministerpräsidenten (Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 181 f.; Jochimsen, AfP 1999, 24 (25); Engel, Medienordnungsrecht, S. 232). Auch das Ende der Weimarer Demokratie wird nicht selten mit der zum damaligen Zeitpunkt konzentrierten Medienmacht in Zusammenhang gebracht (Kübler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (292)). 242 Zohlnhöfer, Ökonomie der Presse, S. 52 f.; IP Deutschland, Fokus der Forschung, s. 20f. 243 IP Deutschland, Fokus der Forschung, S. 20f.; Vgl. dazu bereits unter§ 1 B. II. 1.
§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
78
Frage nach der gesamtgesellschaftlichen Wirkung der Medien zu unterscheiden. Unter gesamtgesellschaftlichen Medienwirkungen werden Veränderungen in der Gesellschaft verstanden, die ihren Grund in der Massenkommunikation haben244 • Dazu zählt beispielsweise der Einfluß der Medien auf die familiären Strukturen sowie das Freizeit- oder politische Verhalten in der Gesellschaft. Um die - an dieser Stelle nur ergebnishaft darstellbaren - Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung zur gesamtgesellschaftlichen Wirkung der Medien und hier insbesondere des Fernsehens zu verstehen, ist ein Blick auf die Evolution unseres Gesamtsozialsystems zu werfen. Die moderne Gesellschaft zeichnet sich durch eine ausgeprägte funktionale Ausdifferenzierung und Komplexität aus245 . Diese macht sie für den Einzelnen mit Erfahrungen aus erster Hand, namentlich mit den Mitteln der interpersonalen Kommunikation, nicht mehr hinreichend erfaßbar246. Zur Orientierung in der modernen Gesellschaft dienen ihm daher die herrschenden Sozialauffassungen, die sogenannte öffentliche Meinuni 47 • Die öffentliche Meinung ist infolgedessen eines der zentralen Instrumente gesellschaftlicher Integration und Sozialisation248 . Sie spielt eine bedeutende Rolle beim Zusammenhalt pluralistischer Gesellschaften und stellt zugleich einen eminent wichtigen Machtfaktor in der modernen, funktional ausdifferenzierten und pluralistisch strukturierten Gesellschaft dar. Der Druck, der von ihr ausgehen kann, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß in einem demokratischen System auch Recht und Gesetz die öffentliche Meinung nicht dauerhaft unberiicksichtigt lassen können249 . So finden sich die herrschenden Sozialauffassungen beispielsweise unter den Termini der "Verkehrsüblichkeit" oder "Zumutbarkeit" in Rechtsanwendung und Gesetzestext wieder. Die öffentliche Meinung geht zu einem erheblichen Teil aus der öffentlichen Diskussion hervor. Diese wiederum wird in einem nicht geringen Umfang von den Massenmedien beeinflußt. Dieser Einfluß beruht auf der unbestrittenen Macht der Massenmedien, Themen in das Bewußtseinsspektrum der Öffentlichkeit und damit in die öffentliche Diskussion zu riicken oder umgekehrt Themen aus der öffentlichen Diskussion herauszuhalten, zu ignorieren oder von diesen abzulenken. Diese - dem einzelnen Individuum regelmäßig verschlossene - Fähigkeit zum "AgendaSetting" beruht darauf, daß es den Massenmedien möglich ist, individuelle Aussagen Einzelner mit den Mitteln der Technik zu vervielfachen und damit ein besonderes Gewicht zu verleihen. Durch die Möglichkeit zur Multiplikation von Einzelaussagen und dem hierin liegenden Einfluß auf die Grundlage der öffentlichen Vgl. Maletzke, MP 1982, 741 (743 f.). Grimm, Welche Elite für welche Gesellschaft?, S. 7 (8). 246 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 436. 247 Zum Begriff der öffentlichen Meinung Kabbert, Rundfunkkontrolle als Instrument der Kommunikationspolitik, S. 26 ff. 248 Vgl. auch Noelle-Neumann, Schweigespirale, S. 192 ff. 249 Noelle-Neumann, Schweigespirale, S. 184. 244
245
C. Publizistische Bedeutung
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Diskussion und damit auf die Bildung der öffentlichen Meinung fungieren die Massenmedien in der modernen Gesellschaft sonach als konstituierende Mittel der gesellschaftlichen Integration und Sozialisation. Sie gleichen die Informationsdefizite des Einzelnen aus und stellen ein Mindestmaß an gemeinsamen Vorstellungen und Orientierung her, die für die Handlungsfähigkeit des Einzelnen ebenso wie für die der Gesellschaft als solcher von existentieller Bedeutung ist250• So hat die Agenda-Setting-Forschuni51 ergeben, daß die Wirkung der Massenmedien vor allem bei den sogenannten unaufdringlichen ("unobtrusive") Themen besonders stark ist. Hierzu zählen Themen, die dem Einzelnen eher entfernt oder abstrakterer Natur sind wie etwa der Stand von Wissenschaft und Forschung oder die Außenpolitik. Bei Themen mit einem unmittelbaren Bezug zur Lebenswirklichkeit des Einzelnen, namentlich bei Zuständen oder Entwicklungen, die persönlich direkt beobachtbar sind, wie etwa Kriminalität oder Obdachlosigkeit, ist der publizistische Einfluß der Medien dagegen geringer. Auch allgernein läßt sich feststellen, daß die Wirkung der Medien urnso geringer ist, je mehr Möglichkeiten bestehen, die Information über die Massenmedien durch direkte Erfahrungen, vor allem durch interpersonale Kornmunikation zu kompensieren. Umgekehrt ist die Abhängigkeit von den Medien urnso größer, je komplexer oder abstrakter die Materie ist252.
Hieraus erklärt sich der spürbare Einfluß der Massenmedien auf die familiären, kulturellen, sozialen und politischen Strukturen und Entwicklungen in der Gesellschaft. Es besteht daher ein breiter Konsens in Forschung und Praxis, daß den Medien und hier vor allem dem Fernsehen gesamtgesellschaftlich ein außerordentliches Einflußpotential innewohnr253 . Die Wirkungsforschung sieht in den Massenmedien nicht mehr lediglich an sich neutrale Mittel zur Speicherung und Verbreitung von Informationen. Die Bedeutung der Medien erschöpft sich nicht darin, technische Errungenschaften der modernen Gesellschaft zu sein. Vielmehr stellen Massenmedien heute "Instanzen der Selektion und Sinngebung" dar, "die aktiv in die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit eingreifen"254 . Die Medienwirklichkeit ist zu einem Teil der Lebenswirklichkeit des Einzelnen geworden255 • 250 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 436f.; Stammler, ZUM 1995, 104 (108). Vgl. auch Wehner, Ende der Massenkultur, S. 122 ff., 112 ff.; Mestmäcker, Recht und ökonomisches Gesetz, S. 288. 251 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 194 ff. Zum Agenda-Setting Edelstein, MP 1983, 469 (470ff.); Maletzke, MP 1983, 114 (118); Donsbach, Medienwirkungsforschung, S. 63 f.; Kroeber-Riel/Weinberg, Konsurnentenverhalten, Teil 3 C 112 b. 252 Vgl. insoweit auch Seemann, DV 1985,413 (413). 253 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 364; Schulz, ZUM 1996, 487 (493); Lüscher, Wie wirkt das Fernsehen?, S. 233 ff. , 248 ff.; Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 8; Stammler; ZUM 1995, 104 (107). Vgl. auch zum Fernsehen als dominanter Kulturinstitution Neumann·Bechstein, MP 1990, 77 (81 ). 254 Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 435. Vgl. auch Kroeber-Riel/Weinberg, Konsurnentenverhalten, Teil 3 C I; Wehner; Ende der Massenkultur, S. 118 ff. 255 Seemann, DV 1985, 413 (413). Vgl. auch Lüscher; Wie wirkt das Fernsehen?, S. 233 (244) rn. w. N.; Noelle-Neumann, Medienwirkung und Medienpolitik, S. 496.
80
§ l Rechtstatsächliche Grundlagen
In modernen, funktional ausdifferenzierten Gesellschaften sind die Mittel der Massenkommunikation nicht bloß Instrumente zur Information oder Unterhaltung, auf die der Einzelne nach Belieben zurückgreifen oder auch verzichten kann. Vielmehr stellen die Massenmedien und hier in erster Linie das Fernsehen gesellschaftliche Institutionen dar, die einen essentiellen Beitrag zum Funktionieren des Gesamtsystems leisten und denen sich der Einzelne angesichts ihrer direkten wie indirekten Omnipräsenz nicht ad libitum entziehen kann256. Dabei besteht das gesamtgesellschaftliche Einflußpotential, in der rechtlichen Terminologie die sogenannte "Meinungsmacht" der Medien weniger in der Aussage oder Tendenz der verbreiteten Inhalte als vielmehr in deren Selektion257 .
3. Zusammenfassung Die Frage nach dem publizistischen Einfluß, der sogenannten Meinungsmacht der Medien kann daher nur differenziert beantwortet werden. Nach dem heutigen Stand der Wirkungsforschung kann eine individual-psychologische Suggestivkraft der Medien auf den einzelnen Rezipienten zwar vermutet, nicht aber zweifelsfrei nachgewiesen werden. Allgemein anerkannt ist dagegen, daß Medien eine enorme gesamtgesellschaftliche Wirkung besitzen. Die Meinungsmacht der Medien beruht sonach nicht auf der - empirisch nicht belegbaren - Wirkung auf den Einzelnen, sondern vielmehr auf dem offensichtlichen, enormen Einfluß auf die öffentliche Meinung und hierüber auf die Strukturen und Entwicklungen der modernen, funktional ausdifferenzierten Gesellschaft.
111. Publizistische Relevanz von Cross Ownerships Nach den Ergebnissen der Wirkungsforschung kann eine Meinungsmacht der Medien folglich nur in Bezug auf die öffentliche Meinung definiert werden. Ob die Medien, namentlich der Rundfunk eine Macht über jeden Einzelnen besitzen, ist nicht bewiesen, wohl aber ihr Einfluß auf die Gesellschaft insgesamt. Die kommunikationspolitische Zulässigkeit bzw. Notwendigkeit von konzentrationsrechtlichen Normen zur Sicherung der Meinungsvielfalt in den Medien kann daher nicht von den Gefahren der Medienkonzentration für die Meinungsbildung des Einzelnen abhängig gemacht werden, sondern nur von den Risiken für den Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung258 . Das Wachstum eines Unternehmens wirkt sich 256 Schulz, Fortschritte der Medienwirkungsforschung, S. 67 (68); Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 435. 257 So schrieb Cohen, die Medien hätten vielleicht gar keinen so großen Einfluß darauf, welche Meinungen wir haben, aber einen sehr großen darauf, wozu wir uns Meinungen bilden, Donsbach, Medienwirkungsforschung, S. 63. 258 Dazu noch im Einzelnen unter § 4 C. IV. 1. a).
C. Publizistische Bedeutung
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auf dessen publizistisches Wirkungspotential daher nur dann aus, wenn es den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß spürbar beeinflußt. Ob und inwieweit das marktübergreifende Unternehmenswachstum publizistisch von Bedeutung ist, bestimmt sich daher danach, wie sich Cross Ownerships auf die öffentliche Meinungsbildung in der Gesellschaft auswirken. Dies soll im Folgenden untersucht werden. Dabei ist zwischen vertikalen und diagonalen Cross Ownerships zu differenzieren. 1. Vertikale Cross Ownerships
Im Falle vertikaler Cross Ownerships integriert ein Unternehmen die Märkte aufeinanderfolgender Wirtschaftsstufen in sein Geschäftsfeld259. Eine besondere konzentrationsrechtliche Regulierung der vertikalen Cross Ownership setzt voraus, dass sich die vertikale Diversifikation eines Medienunternehmens spürbar auf dessen publizistisches Wirkungspotential auswirkt. a) Meinungsmacht der vor- oder nachgeschalteten Märkte
Die Meinungsmacht eines Mediums wird typischerweise dem Programmveranstalter zugerechnet, das heißt dem das Programm zusammenstellenden und ausstrahlenden Sender . Eine vertikale Cross Ownership kann daher nur dann im vorgenannten Sinne publizistisch von Bedeutung sein, wenn sie zumindest auch die Ebene der Programmveranstaltung betrifft. Für die Rundfunkkonzentrationskontrolle bedeutet dies, daß eine vertikale Cross Ownership nur dann der medienspezifischen Vielfaltskontrolle unterliegt, wenn das vertikal integrierte Unternehmen zumindest auch als Rundfunkveranstalter tätig ist. Unternehmen, die auf Märkten engagiert sind, die der Programmveranstaltung vor- oder nachgeschaltet sind, wie beispielsweise Programmzulieferer oder Vertriebspartner, haben prinzipiell keinen Einfluß darauf, welche Inhalte verbreitet werden. Film- und Fernsehproduktion, Rechtehandel oder die Weiterverwertung über Video und Kino stellen daher für sich genommen keine Aktivitäten dar, die einen merklichen Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung besitzen. Sie sind daher im Regelfall publizistisch und damit auch kommunikationspolitisch irrelevant. Sie unterliegen daher nicht der medienspezifischen Vielfaltskontrolle. Eine Meinungsmacht von Unternehmen auf den vor- oder nachgeschalteten Märkten ergibt sich ausnahmsweise jedoch dann, wenn und soweit die Programmveranstalter in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu Unternehmen auf diesen vor- oder nachgeschalteten Märkten stehen. Exemplarisch hierfür steht das Verhältnis von Fernsehveranstaltern und Inhaltszulieferem, auf das daher im Folgenden näher einzugehen ist. 259
Vgl. § 1 B. I.
6 Tschon
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Programmressourcen260 sind die entscheidende Basis für die Veranstaltung von Fernsehprogrammen261 . Die zunehmende Anzahl an Fernsehveranstaltern sowie die Ausweitung der Sendezeiten pro Veranstalter haben die Nachfrage nach Senderechten, namentlich für Filme, Serien und Sportübertragungen, ständig steigen lassen. Die Produzenten attraktiver Filme, deren Sitz vornehmlich in den Vereinigten Staaten von Amerika liegt, befinden sich in der Regel gegenüber den nachfragenden Fernsehveranstaltern in einer komfortablen Position262 . Gleiches gilt für die Inhaber attraktiver Sportübertragungsrechte. Die einflußreiche Stellung der Programmlieferanten zeigt sich etwa darin, daß sich die Programmlieferanten massenattraktiven Sendematerials die Freiheit nehmen können, ihre Senderechte nur exklusiv und in ganzen Bouquets zu veräußern263 . Durch die Bouquettierung werden den Fernsehveranstaltern weniger attraktive Filme, Serien oder sonstiges Material aufgezwungen, die diese aus Gründen ökonomischer Rationalität über kurz oder lang ausstrahlen müssen. Die Programmlieferanten entscheiden dabei jedoch nicht nur über den Erwerb bzw. Verkauf des Senderechts, sondern auch über dessen Ausübung. So ist die Ausübung von Senderechten nicht selten an Auflagen geknüpft. Beispielsweise kann bestimmt werden, wann der Veranstalter den Film ausstrahlen darf, das heißt ob zur Prime-Time oder zu unattraktiven Nachtzeiten. Die Lizenzzeiten werden kontinuierlich verkürzt und der Umfang der Ausstrahlungsrechte beschnitten, gesplittet oder sonst eingeschränkt264. Um die immense Nachfrage nach Sportübertragungsrechten zu befriedigen, wurde zudem der Kreis der entgeltpflichtigen Übertragungen kontinuierlich ausgeweitet und immer neue Turniere ins Leben gerufen265 .
260 Engels, ZUM 1996,44 (55), spricht vom Markt für .,audiovisuelle Software". 261 Vgl. Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom I Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 29); Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 88). 262 Röper; MP 1996, 610 (617). 263 Eine neue Variation von Exklusivverträgen stellen die Exklusiv-Output-Deals dar, die neuerdings mit den großen amerikanischen Studios abgeschlossen werden. In diesen verpflichten sich die Fernsehveranstalter, auch die künftige Produktion des Studios abzunehmen, sofern sie dafür die alleinigen Ausstrahlungsrechte erhalten. Damit versuchen die Veranstalter, ihren Zugang zu den Programmrechten der großen amerikanischen Filmstudios offen zu halten. Vgl. dazu Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (177). Von europäischer Seite werden der Exklusivvermarktung jedoch immer mehr Hindernisse in den Weg gelegt. So betont die Europäische Kommission, daß der Zugang Dritter zu Übertragungsrechten nicht durch die Dauer oder Reichweite von Exklusivvereinbarungen für einen übermäßig langen Zeitraum eingeschränkt werden darf, Europäische Kommission, 26. Wettbewerbsbericht [1996], Tz. 83. Vgl. auch Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 6, Rdnr. 27ff. 264 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (176ff.). 265 Neue Vermarktungschancen tun sich darüberhinaus mit den neuen Medien, zuvorderst mit den Online-Diensten und dem Internet auf. So hat der Deutsche Fußball-Bund im Jahre 1997 erstmalig Bundesliga-Senderechte für Bewegtbildsequenzen im Internet verkauft, Bericht aus AfP 1997,794.
C. Publizistische Bedeutung
83
Vor allem aber hat sich die starke Nachfragekonkurrenz auf dem Lizenzmarkt in dem beispiellosen Anstieg der Preise niedergeschlagen266. So wurden zuletzt für die Übertragungsrechte an den Olympischen Sommerspielen im Jahre 2008 $ 459 Mio. gezahlt, während für die an den Olympischen Spielen im Jahre 1980 noch knapp $ 6 Mio. ausgereicht hatten. War die Fußballweltmeisterschaft 1998 noch für 53 Mio. sfr zu übertragen, stieg der Preis für die Meisterschaften in den Jahren 2002 und 2006 auf zuletzt 2,8 Mrd. sfr. Die Fernsehveranstalter und Rechtehändler versuchen, der Preisexplosion mit einer verstärkten Teilhabe an den Rechteinhabern selbst zu begegnen. So engagiert sich etwa die Bertelsmann-Tochter CLT I Ufa bei mehreren Fußballvereinen267 . Nicht zuletzt hieraus resultieren die enormen Wettbewerbsvorteile von in Medienkonglomeraten eingebetteten Fernsehsendern. Denn angesichts dieser Größenordnungen kann der zum Erwerb massenattraktiven Sendematerials erforderliche Kapitalaufwand nur von Unternehmen aufgebracht werden, die über mehrere Distributionskanäle verfügen und so die Rechte mehrfach verwerten können268 .
Der Markt für massenattraktives Programmaterial stellt sich sonach als hoch konzentrierter Anbietermarkt dar, der in eine Schlüsselfunktion für den Veranstaltermarkt gerückt ist269 . Der Engpaß bei der Programmbeschaffung, namentlich bei Spielfilm- und Sportübertragungsrechten, hat die redaktionelle Autonomie der Fernsehveranstalter bereits fühlbar eingeengt. Es wird daher vertreten, daß die Meinungsmacht der Medien wenn nicht schon heute, dann zumindest in nächster Zukunft nicht mehr bei den Programmveranstaltem, sondern bei den Programmzulieferem liegen werde, mithin bei den Produzenten und Rechtehändlem270. Bei einem entsprechenden Engpaß auf der Ebene der Im Einzelnen dazu van Westerloo, MP 1996,514. Vgl. auch § 1 D. II. 1. a). 268 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 ( 176 ff.). Zur Bedeutung der Mehrfachverwertung bereits § 1 B. II. 2. Zur Bedeutung der Sportrechte für den Start des digitalen Bezahlfernsehens Zimmer; MP 1996, 386 (400). 269 Nicht zuletzt deshalb ist eines der vorrangigen Ziele der Europäischen Gemeinschaft im audiovisuellen Bereich die Stärkung der europäischen Programmindustrie. Vgl. insoweit etwa Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April 1996, Teil 111, Kap. II; Europäische Kommission, Grünbuch-Strategische Optionen für die Stärkung der Programmindustrie im Rahmen der audiovisuellen Politik der Europäischen Union, Dok. KOM (94) 96 endg.; dazu Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Juli 1995, ABI. C 249 v. 25. September 1995, 219; Europäische Kommission, Politik im Bereich der audiovisuellen Medien- Ein wachstumsförderndes Umfeld für die Unternehmen der Europäischen Programmindustrie (MEDIA II 1996-2000), KOM (94) 523 endg. v. 8. Februar 1995; Wittmann, Europäische Kulturpolitik 1994/95, S. 193 (196). Zum Stand der europäischen Programmindustrie heute siehe Europäische Kommission, Audiovisuelle Politik 1998, S. 16ff. 270 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (178); Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (322). Vgl. auch Korn, ZUM 1994,625 (629). 266
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6*
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§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
Programmbeschaffung würden die relevanten Programmentscheidungen letztlich nicht mehr von den Veranstaltern, sondern von den Inhaltszulieferem getroffen. Die Vielfaltskontrolle müsse daher künftig bei der Programmproduktion und dem Rechtehandel ansetzen und nicht erst auf der Ebene der Programmveranstaltung. Sie müsse in Zukunft nicht mehr auf den Zugang zum Rundfunk, sondern vielmehr auf die Sicherung des Zugangs zu den Programmressourcen zielen271 . Ein Engpaß auf dem Markt für Programmressourcen hat demnach eine Verschiebung der Meinungsmacht zur Folge. Bei einer entsprechend harten Nachfragekonkurrenz ist der publizistische Einfluß des Fernsehens nicht mehr den Programmveranstaltern, sondern vielmehr den Produzenten, Rechtehändlern und sonstigen Inhaltszulieferem zuzurechnen. Der zur Bildung der öffentlichen Meinung sonst an sich neutrale Markt für Programmrechte gewinnt demnach in diesem Fall ausnahmsweise publizistische Bedeutung. Entsprechendes gilt für nachgeschaltete Vertriebsmärkte, sofern auf diesen ein ähnlicher Engpaß besteht. Dies ist in Zukunft vor allem für den Markt digitaler Plattformen denkbar272 . Festzuhalten bleibt, daß Unternehmen, die auf Märkten agieren, die der Programmveranstaltung vor- bzw. nachgeschaltet sind, prinzipiell keinen Einfluß auf die Bildung der öffentlichen Meinung haben, es sei denn der Markt, auf dem sie agieren, hat eine Schlüsselfunktion für den Markt der Programmveranstaltung mit der Folge, daß die Akteure auf diesem Schlüsselmarkt die Programmgestaltung der Sender merklich beeinflussen können. In diesem Ausnahmefall kann den Unternehmen auf diesen vor- oder nachgeschalteten Schlüsselmärkten eine Meinungsmacht zugesprochen werden und diese daher vielfaltssichernden Regelungen unterworfen werden. Dieser Gedanke liegt im übrigen auch jenen rundfunkkonzentrationsrechtlichen Bestimmungen zugrunde, die einen Programmlieferanten, der den wesentlichen Teil der Sendezeit eines anderen Programmveranstalters gestaltet, wie den Veranstalter des belieferten Rundfunksenders selbst behandeln273 •
b) Meinungsmacht vertikal diversifizierter Unternehmen
Die Unternehmerische Tätigkeit auf Märkten, die der Programmveranstaltung vor- bzw. nachgeschaltet sind, ist demnach nur dann publizistisch relevant, wenn der vor- oder nachgeschaltete Markt eine Schlüsselfunktion für den Veranstal271 Die Landesmedienanstalten, Lübecker Beschlüsse, S. 485 (490); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (86); Engels, ZUM 1996, 44 (59); Kühler, MP 1995, 48 (53); Niewiarra, AfP 1997,766 (767). Vgl. auch Hege, AfP 1995, 537 (540); Korn, ZUM 1994,625 (629). 272 Zu Begriff und Bedeutung der digitalen Plattformen siehe § 1 D. II. 3. 273 Vgl. § 17 Abs. 1 Satz 4 Nr. I, Abs. 6 HPRG; § 25 Abs. I Satz 3 HmbMedG; § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LRG RP; § 11 Abs. I Satz 4 Nr. 1 LRG SH. Weitere Nachweise in Fußnote 1399. Dazu Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 306.
C. Publizistische Bedeutung
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tungsmarkt inne hat. Dies hat die Frage nach der publizistischen Relevanz vertikaler Cross Ownerships bislang noch unbeantwortet gelassen. Entscheidend ist insoweit nicht, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen Meinungsmacht erlangt, das auf einem der Programmveranstaltung vor- bzw. nachgelagerten Markt tätig ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob und inwiefern es publizistisch von Bedeutung ist, daß ein Medienunternehmen Programme veranstaltet und zugleich auf einem vor- bzw. nachgeschalteten Markt engagiert ist. Auch hier soll am Beispiel der in der Praxis bedeutsamsten Form der vertikalen Cross Ownership, der Verflechtung von Fernsehveranstaltung und Rechtehandel, die publizistische Bedeutung der vertikalen Integration von Medienunternehmen verdeutlicht werden. Befinden sich Programmquellen und -Veranstaltung in einer Hand, ist das vertikal integrierte Medienhaus in der Lage, seine Unternehmerischen Handlungsspielräume auf dem Veranstaltermarkt mit seinen mittelbaren Einflußmöglichkeiten auf andere Programmveranstalter über seine Stellung im Lizenzmarkt zu kombinieren. Die unmittelbare Meinungsmacht des Unternehmens über die hauseigenen Rundfunkprogramme wird sonach durch seine- nur bei einem Engpaß auf den Beschaffungsmärkten bestehende - mittelbare Meinungsmacht als Lizenzgeber für andere Rundfunkprogramme verstärkt. So können etwa Newcomer nicht mehr mit einem diskriminierungsfreien Zugang zu den Programmressourcen des im Veranstaltungsmarkt konkurrierenden, vertikal integrierten Unternehmens rechnen. Die Konzentration auf dem Markt für Programminhalte schlägt insoweit auf den Veranstaltungsmarkt durch. Hervorzuheben ist jedoch, daß die vertikale Integration das publizistische Wirkungspotential des Unternehmens nur dann verstärkt, wenn der integrierte voroder nachgeschaltete Markt einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Programmentscheidungen und die redaktionelle Autonomie der Programmgestalter besitzt. Dies hängt von der Angebots- bzw. Nachfragestruktur des integrierten Marktes ab. Eine vertikale Cross Ownership ist demnach publizistisch irrelevant, wenn der Programmveranstalter seinen Bedarf ohne größere Schwierigkeiten nach eigenem Gutdünken decken bzw. seine Programme oder Produkte problemlos weitervertreiben oder zweitverwerten kann. So hat etwa der Betreiber einer Distributionsfirma, die Fernsehabonnements vertreibt, oder der Hersteller von Satellitenempfangsanlagen keinen relevanten Einfluß auf den Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung. Selbst wenn sich ein Pay TV-Veranstalter an einem solchen Unternehmen beteiligen würde, ergäbe sich aus der vertikalen Cross Ownership zwar eine Verbesserung der ökonomischen Wettbewerbsposition, jedoch keine Veränderung des publizistischen Wirkungspotentials des Fernsehveranstalters. Das vertikale Wachstum eines Medienunternehmens ist demnach nur dann von kommunikationspolitischer Bedeutung, wenn der integrierte vor- oder nachgeschaltete Markt eine Schlüsselfunktion für die Programmveranstaltung besitzt, das Unternehmen wegen des Engpasses auf dem integrierten Markt einen maßgeb-
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
liehen Einfluß auf die redaktionelle Autonomie konkurrierender Rundfunkveranstalter ausüben kann und hierüber ein publizistisches Wirkungspotential erlangt, das zu seiner Meinungsmacht über die hauseigenen Sender hinzukommt. 2. Diagonale Cross Ownerships Bei den diagonalen Cross Ownerships ist zwischen intermediären Cross Ownerships und den sonstigen diagonalen Cross Ownerships zu differenzieren. a) Meinungsmacht nicht-intermediär diversifizierter Unternehmen
Für nicht-intermediäre Cross Ownerships gelten die Ausführungen zu den vertikalen Cross Ownerships entsprechend. Allerdings ist hier nur schwer denkbar, daß ein Markt, der weder unter dem Blickwinkel der Programmbeschaffung noch dem des Programmvertriebs mit der Programmveranstaltung zusammenhängt, eine Schlüsselfunktion für den Veranstaltungsmarkt und damit für die Inhalte der Programme erlangen kann. Eine "echt" diagonale Cross Ownership wird daher in aller Regel publizistisch irrelevant sein. b) Meinungsmacht intermediär diversifizierter Unternehmen
Etwas anderes gilt jedoch, wenn ein Unternehmen auf mehreren Märkten der Massenkommunikation als Veranstalter tätig wird, das heißt intermediär integriert ist. Im Falle der intermediären Diversifikation verfügt das Unternehmen über den Meinungseinfluß verschiedener Medien. Es kann sonach die öffentliche Meinung nicht nur über ein Medium erreichen, sondern vielmehr die Öffentlichkeit in unterschiedlicher Art und Weise beeinflussen. Die Expansion in andere Bereiche der Massenkommunikation hat sonach eine merkliche Auswirkung auf das publizistische Wirkungspotential des Unternehmens. Sein Einfluß auf die öffentliche Meinung über die hauseigenen Rundfunkprogramme wird durch den Einfluß über die anderen von ihm beherrschten Medienangebote wie etwa Tageszeitungen oder Zeitschriften erweitert. Umstritten ist, ob diese Erweiterung der publizistischen Einflußsphäre des Unternehmens den publizistischen Wettbewerb und den Pluralismus in der Gesellschaft gefährdet. Teilweise wird behauptet274, intermediäre Cross Ownerships seien keine Gefahren für den publizistischen Wettbewerb. Vielmehr könnten sie sich durchaus posi274 In diese Richtung Zmeck, AfP 1995, 545 (548); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (936) m. w. N.; Holzkämper; ZUM 1994, 114 (115f.), der jedoch unzutreffend annimmt, das deutsche Rundfunksystem sei nicht außenpluralistisch, sondern ausschließlich binnenpluralistisch organisiert.
C. Publizistische Bedeutung
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tiv auf das publizistische Angebot auswirken. So sei erfahrungsgemäß das Niveau der journalistischen Beiträge von Rundfunksendern, die mit Zeitungsverlagen verbunden seien, höher als das unabhängiger Rundfunksender275 . Auch würde der durch den Verbund erzielte größere finanzielle Spielraum ein qualitativ höherwertigeres Leistungsangebot zulassen276. Die herrschende Meinung277 hält die intermediäre Verflechtung dagegen zu recht für publizistisch eher abträglich. Aus der medienübergreifenden Erweiterung der publizistischen Einflußsphäre resultiert eine multimediale Meinungsmacht, die nicht weniger gefährlich ist als die Meinungsmacht, die sich aus der Kumulation gleichartiger Kommunikationskanäle ergibt278 . Intermediäre Cross Ownerships ermöglichen eine Koordination der Informationsbeschaffung und -Selektion, die die Gefahr einer redaktionellen Homogenisierung und damit letztlich einer Verarmung des Nachrichtenangebots insgesamt birgt279. Kühler etwa argumentiert, dass die intermediäre Cross Ownership viele Möglichkeiten biete, publizistische Einflußmöglichkeiten zu mißbrauchen, da sie das Korrektiv der intermediären Kritik schwäche, wenn nicht sogar entfallen lasse280. Auch wenn die von der intermediären Cross Ownership ausgehende Gefährdung des publizistischen Wettbewerbs quantitativ nur schwer erlaßbar ist, ist sie dennoch zweifelsohne existent281 •
3. Zusammenfassung Expandiert ein Programmveranstalter in vor- oder nachgelagerte Märkte, beriihrt dies sein publizistisches Wirkungspotential im Regelfall nicht. Die vertikale Diversifikation ist daher publizistisch neutral. Dies gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn der in der Wertschöpfungskette vor- oder nachgeschaltete Markt eine Schlüsselfunktion für den Markt der Programmveranstaltung besitzt, die sich darin ausVgl. Phillips, 24 Emory L.J., 1152 m. w. N. NAB Studie von Litwin & Wroth, The Effects of Common Ownership in Media Context and Influence, zit. b. Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 117. 277 Vgl. BVerfGE 73, 118 (175); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (82); Die Landesmedienanstalten, Lübecker Beschlüsse, S. 485 (490); Kühler; Medienverflechtung, S. 37; ders., MP 1995, 48 (53, 55); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (935); Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 300; Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 147; Mestmäcker; Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 214; 5. Hauptgutachten der Monopolkommission 1984, BT-Drucks. 10/1791. Vgl. auch Bericht der Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit (Michel-Kommission) v. 25. September 1967, BT-Drucks. V /2120. 278 BVerfGE 73, 118 (175); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (82); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (935). 279 Kühler; Medienverflechtung, S. 37; Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (110); ähnlich auch Mestmäcker; Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 217. 280 Kühler; Medienverflechtung, S. 37. 281 Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 147. 275
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drückt, daß Unternehmen auf diesen Märkten einen maßgeblichen Einfluß auf die redaktionelle Autonomie der Rundfunkveranstalter besitzen. Dies tritt vor allem dann ein, wenn auf dem der Programmveranstaltung vor- oder nachgelagerten Markt ein Engpaß, das heißt eine starke Angebots- bzw. Nachfragekonkurrenz herrscht. Wird ein Veranstalter auf einem derartigen Schlüsselmarkt tätig, besitzt er durch seinen Einfluß auf konkurrierende Veranstalter eine mittelbare Meinungsmacht, die zu seiner unmittelbaren Meinungsmacht über seine eigenen Programme hinzutritt. Eine solche Schlüsselposition kann man derzeit noch am ehesten für den Markt für Programmressourcen, im Besonderen im Bereich der Film- und Sportrechte annehmen. Anders als bei vertikalen Cross Ownerships hängt die publizistische Bedeutung diagonaler Cross Ownerships nicht an externen Faktoren wie der Marktstruktur des integrierten Marktes. Eine intermediäre Expansion wirkt sich immer auf das publizistische Wirkungspotential eines Unternehmens aus. Nach herrschender Ansicht ist eine medienübergreifende Erweiterung der publizistischen Einflußsphäre für die Meinungsvielfalt in den Medien eher gefährlich als vorteilhaft. Diagonale, nicht intermediäre Cross Ownerships sind dagegen in aller Regel ohne Bedeutung für die Meinungsmacht des diversifizierten Rundfunkveranstalters.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration Eine Untersuchung über Art und notwendigen Umfang einer marktübergreifenden Konzentrationskontrolle in den Medien kann nicht ohne eine Darstellung des Realbereichs auskommen, auf den sich diese bezieht282 . Eine Analyse der derzeit bestehenden Cross Ownerships stößt dabei auf mehrere Probleme. Zum ersten haben die vertikalen und diagonalen Verflechtungen im Medienbereich ein Ausmaß angenommen, das eine vollständige Aufzählung der bestehenden Cross Ownerships von vomherein unmöglich macht. Zum zweiten treten Cross Ownerships in den vielfältigsten Variationen auf. So besteht neben der klassischen Verflechtung von Lokalfunk und Lokalpresse eine nicht überschaubare Anzahl unterschiedlichster Querverbindungen, etwa Cross Ownerships zwischen Fernsehveranstaltung und Rechtehandel, Hörfunk und Tagespresse, Videoproduktion und Filmverleih, Netzbetreibern und Online-Diensten etc. Diese Querverbindungen reichen von losen Kooperationen über strategische Allianzen und kleinere Finanzbeteiligungen bis hin zu Beteiligungen, mit denen das Unternehmen auf dem neu erschlossenen Markt eigenständig tätig wird. Zum dritten kann die Analyse schließlich nur eine Momentaufnahme des Medienmarkts vermitteln, da sich dieser 282 Zur Bedeutung des Realbereichs der Norm für die Norm selbst Müller, Juristische Methodik, Rdnr. 481 ff.; Hoffmann-Riem, JZ 1975, 469 (470); ders. /Vesting, MP 1994, 382 (385); Grimm, RuF 1987, 25 (31).
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
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in einem steten Wandel befindet, zumal sich dessen technologische wie ordnungspolitische Fundamente gerade derzeit kontinuierlich verändern. Die Untersuchung kann demzufolge nur einen ersten Eindruck von der deutschen Medienlandschaft und den in ihr bestehenden Verflechtungen geben. Sie beschränkt sich daher auf eine Analyse der drei Medienmärkte, die die öffentliche Meinung heute am stärksten beeinflussen: Fernsehen, Tagespresse und Zeitschriften283. Dazu werden zunächst die Charakteristika der einzelnen Märkte herausgearbeitet. Es werden Stand und Entwicklung der Konzentration nachgezeichnet und die wichtigsten Wettbewerber vorgestellt. Vor diesem Hintergrund werden die wesentlichen Cross Ownerships der deutschen Medienlandschaft beleuchtet. Im Hinblick auf den Anlaß der Untersuchung, der Einführung einer Cross Ownership Beschränkung für das bundesweite Fernsehen, gilt das besondere Interesse dabei den Verflechtungen des Fernsehmarkts mit anderen Medienmärkten. Einen umfassenderen und tieferen Einblick in die Struktur der Medienmärkte und Stand und Entwicklung der Medienkonzentration vennitteln die Jahresberichte und der Medienkonzentrationsbericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK)284 , die Regierungsberichte über die Lage der Medien285 , die alle zwei Jahre erscheinenden Hauptgutachten der Monopolkommission286sowie die Aufsatzreihe "Formationen deutscher Medienmultis" von Horst Röpe?-81 _2 88 283 Damit folgt die Untersuchung der allgemeinen Einschätzung, die bereits im Bericht der Günther-Kommission vom 14. Juni 1968 (BT-Drucks. V 13122) (vgl. Fußnote 30) zum Ausdruck gekommen ist und der auch in der Literatur gefolgt wird, vgl. Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 103. Trotz der breiten öffentlichen Diskussion besitzen die neuen Medien, namentlich die Online-Dienste und das Internet (dazu etwa Bleisteiner, Verantwortlichkeit im Internet, S. 137ff.; Holznagel, ZUM 1996, 864; Spind/er, ZUM 1996, 533), derzeit noch keinen Einfluß auf die öffentliche Meinung, der dem der traditionellen Medien vergleichbar ist. Allerdings kann dies mittel- bis langfristig nicht ausgeschlossen werden. Zu den Konzentrationsprozessen im Online-Markt etwa 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 503ff. 284 Die KEK hat bislang drei Jahresberichte, den letzten für das Jahr 199912000 (http:// www.kek-online.delcgi-bin/esclpublikationen.html), und einen Medienkonzentrationsbericht veröffentlicht, Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000. 285 Nachweise unter Fußnote 32. 286 Die Monopolkommission beschäftigt sich mit dem Rundfunk seit ihrem fünften Hauptgutachten: 5. Hauptgutachten der Monopolkommission: Ökonomische Kriterien für die Rechtsanwendung, 1984 (BT-Drucks. 10/l791 = BR-Drucks. 365184); 6. Hauptgutachten der Monopolkommission: Gesamtwirtschaftliche Chancen und Risiken wachsender Unternehmensgrößen, 1986 (BT-Drucks. 1015860 = BR-Drucks. 340186); 7. Hauptgutachten der Monopolkommission: Die Wettbewerbsordnung erweitern, 1988 (BT-Drucks. II I 2677, 2678 = BR-Drucks. 330188, zu Drucks. 330188); 8. Hauptgutachten der Monopolkommission: Wettbewerbspolitik vor neuen Herausforderungen, 1990 (BT-Drucks. 1117582, 7583 =ERDrucks. 512190, zu Drucks. 512190); 9. Hauptgutachten der Monopolkommission: Wettbewerbspolitik oder Industriepolitik, 1992 (BT-Drucks. 1213031, 3032 = BR-Drucks. 4901 92, zu Drucks. 490 I 92); I 0. Hauptgutachten der Monopolkommission: Mehr Wettbewerb auf allen Märkten, 1994 (BT-Drucks. 1218323, 8324 = BR-Drucks. 734194, zu Drucks. 7341 94); 11. Hauptgutachten der Monopolkommission: Wettbewerbspolitik in Zeiten des Um-
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§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
I. Einzelmärkte Zunächst sollen die publizistisch wichtigsten Märkte der deutschen Medienlandschaft einzeln analysiert werden. 1. Fernsehen
Das heute einflußreichste Massenmedium ist das Fernsehen. Wie bereits dargestellt, gilt das Fernsehen wie auch der gesamte Sektor der elektronischen Medien als standort- und beschäftigungspolitisch höchst bedeutsamer Zukunftsmarkt mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten289 . Ungeachtet der föderalistischen Aufsplitterung der Regelungs- und Verwaltungskompetenzen im Rundfunk ist das Fernsehen auf den nationalen Markt ausgerichtet290. Schon zur Zeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols dominierten die bundesweit ausgestrahlten Programme. Doch auch im dualen System stehen die nationalen Programme im Zentrum der Unternehmerischen Bemühungen, da der Markt der nationalen Fernsehprogramme, namentlich der Vollprogramme, der ökonomisch interessanteste ist291 . Der Grund hierfür liegt in der Werbefinanzierung, die die Hauptfinanzierungsform der kommerziellen Sender darstellt292 . Die Werbefinanzierung und die damit verbundene Orientierung an den Bedürfnissen der Markenartikelindustrie als der bevorzugten Werbeklientel zwingen die Fernsehveranstalter, massenattraktive Probruchs, 1996; 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998. 287 Röper, MP 2001, 2; ders., MP 1999, 345; ders., MP 1997, 226; ders., MP 1996, 610; ders., MP 1995, 310; ders., MP 1994, 125; ders., MP 1993, 56; ders., MP 1990, 755; ders., MP 1988, 749; ders., MP 1987, 693; ders., MP 1986, 281; ders., MP 1985, 120. 288 Ein Überblick über Cross Ownerships in Großbritannien findet sich in Doyle, MP 1995, 141. Zu den aktuellen Fernsehmärkten im Ausland Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 386 ff. 289 Zur wirtschaftlichen Entwicklung Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), s. 111 ff. Aufgrund der immensen Anlaufinvestitionen schrieben die privaten Fernsehveranstalter allerdings lange Zeit (mit wenigen Ausnahmen) rote Zahlen. Erst im Jahre 1999, das heißt fünfzehn Jahre nach Öffnung des Rundfunksektors für kommerzielle Anbieter, erreichten die meisten Free TV-Sender die Gewinnschwelle, IP Deutschland, Television 2000, S. 115. 290 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (162). 291 IP Deutschland, Television 98, S. 140f. So wiesen schon Mitte der neunziger Jahre die bundesweiten Fernsehanbieter gegenüber den landesweiten und regionalen Veranstaltern den höchsten Kostendeckungsgrad auf, Die Landesmedienanstalten, Rundfunk in Deutschland 1995/96, S. 87. 292 Die Landesmedienanstalten, Rundfunk in Deutschland 1995/96, S. 83.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
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gramme auszustrahlen293 . Programmbeiträge mit geringer Zuschauerakzeptanz sind für kommerzielle Veranstalter in den Werbeerlösen zu niedrig wie in den Kosten- nicht zuletzt mit Rücksicht auf das nur niedrige Ertragsniveau -zu hoch. Sie sind daher im Ergebnis wirtschaftlich nicht tragbar, mit der Folge, daß Sendungen für Minderheiten und gesellschaftliche Randgruppen in aller Regel nicht rentabel sind und daher nur dann ausgestrahlt werden, wenn der Rundfunkveranstalter hierzu gesetzlich verpflichtet ist294. Was für den einzelnen Programmbeitrag gilt, gilt erst recht für das Gesamtprogramm. So mußten die örtlichen Zeitungsverleger, die sich ursprunglieh für den flächendeckenden Aufbau lokaler Fernsehstationen in ihrem Verbreitungsgebiet interessierten, bald realisieren, daß sich lokale Fernsehsender auf Basis der Werbefinanzierung auch langfristig in der Regel nicht würden tragen können, da der Kreis interessierter Werbekunden zu klein und die Betriebskosten zu hoch waren. Sie zogen sich daher schon bald weitgehend aus dem lokalen Fernsehgeschäft zuriick295. Nichts anderes gilt für Spartenkanäle. Mehrere Special-Interest-Programme mußten ihren Betrieb bereits einstellen, da nicht genug Werbekunden akquiriert werden konnten296. Selbst Programme wie tm3, die als zielgruppenorientierte Vollprogramme starteten, das heißt sich im Feld der Vollprogramme über eine bestimmte Zielgruppe positionieren wollten, mußten aus Griinden der Wirtschaftlichkeit ihre Zielgruppenorientierung aufweichen, bis sich ihr Programm nur noch marginal von dem Programm nicht zielgruppenorientierter Vollprogramme abhob297 . Die zu beobachtenden Marktentwicklungen lassen daher den Schluß zu, daß das System der Werbefinanzierung weder eine regionale noch eine gegenständliche Ausdifferenzierung honoriert. Auf Basis der Werbefinanzierung tragen sich in erster Linie überregionale Vollprogramme. Ökonomisch am attraktivsten sind die bundesweit verbreiteten Vollprogramme. Nicht zuletzt aus diesem Grunde dominieren heute die nationalen Vollprogramme den Fernsehmarkt, wobei unter ihnen aufgrund der Reichweite die terrestrisch ausgestrahlten Programme wirtschaftlich am erfolgreichsten und zugleich publizistisch am einflußreichsten sind298. Dazu bereits im Einzelnen unter § I B. II. I. Etwa aus § 26 Abs. 5 RStV, vgl. § 3 D. III. I. a. Im Ergebnis ebenso II . Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/8I, S. 860ff., Tz. 30. 295 Dazu bereits im Einzelnen unter § I A. I. 3. a). 296 So mußten im Jahre 1998 die Spartenprogramme Der Wetterkanal und Nickelodeon ihren Sendebetrieb einstellen, Notiz aus Der Spiegel vom 22. Juni I998, 26/1998, S. 77; /P Deutschland, Television 98, S. I39. Vgl. auch Pressenotiz aus dem Handelsblatt v. 3. August 1998, S. 14. 297 Exemplarisch hierfür steht der Erwerb der Übertragungsrechte für die Fußball Champions League durch den Frauen- und Familiensender trn3. Zur Hebelfunktion der Sportrechte für tm3 Pressenotiz aus dem Handelsblatt v. 14. Juni 1999, S. 19. 298 Gemeint sind hier wie auch im Folgenden die auch terrestrisch verbreiteten Programme. Nahezu alle terrestrisch verbreiteten Programme werden auch über Kabel verbrei293
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§ l Rechtstatsächliche Grundlagen
Die schärfste ökonomische wie publizistische Konkurrenz herrrscht sonach unter den bundesweit terrestrisch ausgestrahlten, werbefinanzierten Programmen, die den Prototyp heutiger Fernsehprogramme darstellen und als solcher im Zentrum der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion stehen. Im Mittelpunkt der folgenden Analyse steht daher das nationale, werbefinanzierte, terrestrisch ausgestrahlte Fernsehen. Im nationalen werbefinanzierten Fernsehen werden derzeit neben den öffentlich-rechtlichen Programmen der ARD und des ZDF insgesamt zehn kommerzielle Fernsehprogramme terrestrisch ausgestrahlt (RTL, RTL 11, SAT.l, VOX, SAT.l, Pro Sieben, Kabel I, tm3, n-tv und DSF), davon mit RTL, SAT.l und Pro Sieben drei flächendeckend im ganzen Bundesgebiet. In Deutschland besteht damit das größte frei empfangbare Fernsehangebot in Europa299 . Zu den maßgeblichen Wettbewerbern im bundesweiten Free TV zählen neben den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in erster Linie die Konzerne Bertelsmann und Kirch. Der Bertelsmann-Konzem3~ält über seine Töchter RTL Group, CLT-UFA und Pearson Television neben den Beteiligungen an Super RTL, RTL II und VOX auch die Mehrheit bei dem Sender RTL Television, der seit Jahren unangefochtener Spitzenreiter unter den kommerziellen Sendem in Europa ist301 . Darüberhinaus ist er an diversen Lokal- und Landessendem302 sowie an einigen Fernsehprogrammen im Ausland303 beteiligt. Zur Kirch-Gruppe304 zählen die Programme SAT.l, Pro Sieben, Kabel l, N24 und das Deutsche Sportfernsehen (DSF). Es wird damit gerechnet, dass auch das Programm tm3 bald in die Kirch-Gruppe integriert wird305. Gleiches gilt für den Teleshopping-Kanal
tet. Zum Unterschied in Technik, Reichweite und wirtschaftlicher Bedeutung zwischen terrestrischer Ausstrahlung und der Übertragung über Kabelnetze oder Satellit bereits unter § l A. I. 2. 299 Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 92 (Tabelle Il-2). Den jeweils aktuellen Stand über die in Deutschland ausgestrahlten Fernsehprogramme mit den aktuellen Inhaber- und Beteiligungsverhältnissen findet sich in der Programmliste der KEK (http://www.kek-online.de/cgi-bin/esc/publikationen.html, siehe auch Medienkonzentration-Beteiligungsverhältnisse). Weitergehende Informationen zu den Programmen im deutschen Fernsehen IP Deutschland, Television 2000, S. ll6f.; Media Perspektiven, Mediensituation 2000, S. 9ff., l9ff. 300 Zur Struktur des Bertelsmann-Konzems noch im Einzelnen unter§ 1 D. Il. l . a. 301 RTL Television ist seit 1990 in den schwarzen Zahlen. Seit mehreren Jahren hält der Sender einen Anteil am Gesamtwerbemarkt im Fernsehen von um die 30%. Im Jahre 1999/ 2000 erzielte der Sender einen Bruttowerbeumsatz von über l ,9 Mrd. EURO, Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 1999/2000, S. 59. 302 Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 1999/2000, S. 107; Böckelmann!Hesse, Wem gehört der private Rundfunk?, Tab. 9, S. 15. 303 Die RTL Group hält Beteiligungen an Free- wie Pay-TV-Sendem in Frankreich (M6), den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Großbritannien, Polen und Ungarn, Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 1999/2000, S. 107. Vgl. auch Röper; MP 1995,310 (311); ders., MP 1994, 125 (128). 304 Zur Struktur der Kirch-Gruppe noch im Einzelnen unter§ I D. II. 1. b.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
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H.O.T. Horne Order Television, der der Kirch-Gruppe bislang nur über eine Beteiligung von Thomas Kirch verbunden ist. Ferner ist die Gruppe an diversen Pay TV-Programmen sowie lokalen Ballungsraumsendern wie tv.berlin, tv.münchen und Harnburg 1 beteiligt306.
Daneben engagieren sich vornehmlich Presseverlage im deutschen Privatfernsehen, wie etwa aus dem Bereich der Zeitschriften die Bauer Verlagsgruppe und die Burda-Gruppe oder aus der Tagespresse der Axel-Springer-Verlag, die Verlagsgruppe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung und die FAZ-Gruppe307 . Ursprünglich waren noch weit mehr Verleger im bundesweiten Fernsehen vertreten. Doch bereits wenige Jahre nach der Einführung des Privatfernsehens in Deutschland, hatten sich die meisten Verleger aus dem Fernsehgeschäft zurückgezogen und das Feld den großen Medienkonglomeraten überlassen. So wurde beispielsweise der Sender SAT.l ursprünglich von einer Vielzahl von Presseverlegern gegründet. Als "Verleger-Fernsehen" gedacht, beteiligten sich an dem Programm zu Anfang neben der Kirch-Gruppe und dem Axel Springer Verlag eine Reihe anderer Verlage wie beispielsweise die Burda Gruppe, die Bauer Ver1agsgruppe, die HoltzbrinckGruppe, der Otto-Maier-Verlag, die Neue Mediengesellschaft Ulm und die TeleFAZ. Über die Aktuell Presse-Fernsehen (APF), die 20 % der Anteile an SAT.1 hielt, waren darüberhinaus bis zu 100 kleinere Verlagshäuser indirekt an SAT.l beteiligt. Bis auf den SpringerVerlag stiegen alle Verleger binnen kurzem aus308 . Als letzter der Verleger verlor der Springer-Verlag seinen Unternehmerischen Einfluß auf das Programm mit der Fusion von SAT.l mit der ProSieben-Gruppe. SAT.1 wird heute mehrheitlich von der Kirch-Gruppe beherrscht309.
Die Konzentration im privaten Fernsehen hat erheblich zugenommen und ist mittlerweile überaus hoch3 10. So verteilen sich die knapp 60% des Zuschauermarktes, die die privaten Rundfunkveranstalter insgesamt erreichen, fast ausschließlich auf die zwei großen Medienhäuser Bertelsmann und Kirch311 • Röper; MP 2001, 2 (30). Siehe dazu noch im Einzelnen unter§ 1 D. II. 1. b). Röper; MP 2001, 2 (16). 307 BöckelrTUJnn/Hesse, Wem gehört der private Rundfunk?, Tab. 9, S. 15. Zu deren Unternehmensstruktur noch unter § I D. Il. 2. Zur künftig, vor allem infolge der Konvergenz der Basistechnologien verstärkt zu erwartenden Konkurrenz aus anderen Märkten Fäßler, AfP 1995,542 (544); Kleinsteuber; Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (27, 30). 308 Röper; MP 1986, 281 (284, Abb. 3); ders., MP 1988, 749 (749). Vgl. auch Röper; MP 1995, 310 (314). 309 Der Springer-Verlag ist heute nur noch an der Muttergesellschaft von SAT.1, der ProSiebenSAT.1 Media AG, mit etwa 11,5% beteiligt. Es kann indes davon ausgegangen werden, dass sich der Verlag demnächst auch von dieser nur minderheitliehen Beteiligung trennen wird, Röper, MP 2001, 2 (19). 310 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (165 f.). 311 IP Deutschland, Television 2000, S. 120; Daten der KEK aus http://www.kek-online.de. Ebenda Daten zu den aktuellen Zuschauermarktanteilen sowie zur Entwicklung der Zuschauermarktanteile seit 1985; vgl. auch Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/ 10650), S. 108, Tab. B 43. 305
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§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
Nach Berechnungen der KEK erreichten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Jahr 2000 insgesamt einen Zuschauermarktanteil von im Durchschnitt 43%, die RTL Group des Beneismann-Konzerns einen durchschnittlichen Zuschauermarktanteil von 24,7% und die Kirch-Gruppe einen Anteil von durchschnittlich 26,2% 312. Hierbei hielt der Sender RTL Television mit einen Marktanteil von durchschnittlich 14,3% seine führende Stellung unter den kommerziellen Anbietern, gefolgt von SAT.l mit I 0,2% und Pro 7 mit 8,2 %. Die Zuschauermarktanteile der restlichen Privatsender bewegen sich mit Ausnahme von Kabelt (5,5%) und RTL II (4,8%) sämtliche unter der 3 %-Marke313 .
Auch im Fernsehwerbemarkt ist der Konzentrationsgrad auf anhaltend hohem Niveau. Die Konzerne Bertelsmann und Kirch beherrschen hier zusammen mehr als 90% des Fernsehwerbemarktes 314. Der Werbeumsatz hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich von den öffentlich-rechtlichen zu den privaten Fernsehsendern verschoben, namentlich zu den führenden Sendern RTL Television, Pro Sieben und SAT.l. Letztere liegen mittlerweile dem Werbeumsatz nach weit vor den öffentlich-rechtlichen Anstalten. Die übrigen Privatsender folgen mit großem Abstand. 315
Beschleunigte Konzentrationsprozesse, wie sie in den letzten Jahren in Deutschland stattfanden, finden sich auch auf europäischer Ebene316• Länderübergreifend ist eine Tendenz zur Bildung internationaler, hoch diversifizierter Medienkonglomerate zu beobachten, deren Anteil an den nationalen Fernsehmärkten stetig steigt317 . Damit einhergehend drängen mittlerweile immer stärker ausländische Jochimsen, AfP 1999,24 (25). Von dem Zuschauermarktanteil der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten von im Schnitt 43% im Jahre 2000 entfielen 14,3% auf die ARD direkt, 12,7% auf die in der ARD zusammengeschlossenen Dritten Fernsehprogramme und 13,3% auf das ZDF. Daten der KEK aus http://www.kek-online.de. 314 IP Deutschland, Television 2000, S. 127. Schon im Jahre 1993 lag der kumulierte Marktanteil der drei führenden Privatsender bei 95 %, Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (165). 315 Der Gesamtumsatz auf dem deutschen Werbemarkt in den Monaten Januar bis November 2000 betrug knapp 7,3 Mrd. EURO. RTL hielt mit 27,3% die Marktführung, gefolgt von SAT.l (20,7 %) und Pro Sieben (19,1 %). Die nächstgrößten Privatprogramme sind mit 6,1% (RTL II) und 5,2% (Kabel l) deutlich abgeschlagen. Demgegenüber hatten ARD und ZDF im selben Zeitraum einen Marktanteil von nur 3,5 % (ARD) und 3,0% (ZDF). Etwa in dieser Größenordnung bewegten sich auch die Marktanteile der übrigen Privatsender (VOX: 3,7 %; DSF: 2,5 %, tm3: 2,2% etc.). Daten aus IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 85; vgl. auch Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/ 10650), S. !86f. Zu den Gründen der Umverteilung der Werbeerlöse hin zu den Privaten Entscheidung der Europäischen Kommission- Bertelsmann/Kirch/Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 84) (dazu Frey, ZUM 1998, 985 (999f.). 316 So befürchtet das Europäische Parlament die "Entstehung äußerst mächtiger transnationaler privater Gruppen", die den öffentlichen Rundfunk in eine Randrolle abzudrängen drohen, Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle der öffentlichen Fernsehdienste in einer multimedialen Gesellschaft vom 17. September 1996, Pkt. J, abgedruckt in MP 1996,652 (653). 312 313
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
95
Medienkonzerne in den deutschen Markt, der nach Größe und Ertragskraft der lukrativste in Europa ist318 .
Das besondere Interesse der ausländischen Konzerne gilt auch hier dem nationalen Free TV. So betrafen bereits im Jahre 1995 von den damals bestehenden 17 Fernsehbeteiligungen ausländischer Medienkonzerne wie Time-Wamer, Viacom, Rupert Murrlochs News Corporation oder Silvio Berlusconis Fininvest knapp zwei Drittel die Bundesebene319. Heute sind im deutschen Fernsehen weitere ausländische Medienkonzerne aktiv wie vor allem Walt Disney (Eurosport, Super RTL, Disney Channel) und Seagram (131h Street, Studio Universal). 320 Ungeachtet der zunehmenden Einbindung der deutschen Fernsehprogramme in das Portfolio ländernbergreifend operierender Medienkonzerne und der damit verbundenen Internationalisierung des Rundfunkgeschäfts ist die Bedeutung der inhaltlich international, namentlich gesamteuropäisch ausgerichteten Programme noch gering. Wegen der sprachlichen und kulturellen Barrieren besteht derzeit noch kein relevanter europäischer Medienmarkt321 . Medienkonzentration ist daher auch heute noch ein im wesentlichen nationales Problem322•
317 Altes, MP 2000, 482 (487); Europäische Kommission, 26. Wettbewerbsbericht [1996], Tz. 82, 148; Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle der öffentlichen Fernsehdienste in einer multimedialen Gesellschaft vom 17. September 1996, Pkt. J, abgedruckt in MP 1996, 652 (653); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (184ff., 201); Henle, OLM-Konzentrationsbericht, S. 9 ( 105 f.). 318 So war das Fernsehwerbemarktvolumen in Deutschland im Jahre 2000 mit 7 Mrd. EURO um zwischen 20% und 30% höher als vergleichsweise in Großbritannien (knapp 6 Mrd. EURO) und Frankreich (ca. 4,5 Mrd. EURO), /P Deutschland, Television 2000, S. 38; vgl. hierzu schon Zmeck, AtP I 995, 545 (548). Zum deutschen Werbemarkt im internationalen Vergleich /P Deutschland, Fokus der Forschung, S. 6. Zur zunehmenden Internationalisierung der nationalen Fernsehmärkte Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 233 ff.; Röper; MP 1999, 345 (345); vgl. auch schon Niewiarra, AfP 1997, 766 (767); van Westerloo, MP 1996, 514 (518f.); Henle, OLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (104ff.); Röper; MP 1994, 125 (125). Auch umgekehrt ist eine zunehmende Expansion deutscher Medienunternehmen in die ausländischen Märkte zu beobachten, Röper; MP 2001, 2 (8; 21; 23); ders., MP I 999, 345 (345); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (201); Groß, ZUM I 996, 365 (369); Rutsatz, MP 1980, 773 (774, 785). 319 Böcke/mann/Hesse, Wem gehört der private Rundfunk?, Tab. 9, S. 15. 320 Zu den ausländischen Medienkonzernen im deutschen Fernsehen im Einzelnen Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 116 ff. 321 /P Deutschland, Television 98, S. 26, 141. So auch Engel/Seelmann-Eggebert, Kommunikation und Medien, Rdnr. 104; Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 90 f. Zu den pan-europäischen Programmen zählen etwa MTV Europe, Eurosport, CNN lnt. oder TRT Int. 322 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (201); Kübler; Regelungsprobleme der Medienverflechtung, s. 43 (44).
96
§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Im lokalen, regionalen und landesweiten Fernsehen ist der Zuschauer- und Werbemarkt weniger hart umkämpft323 . Angeboten werden lokale und regionale Spartenprogramme unterschiedlichsten Inhalts ebenso wie fremd- oder auch deutschsprachige Vollprogramme für den lokalen Bereich324 . Daneben gibt es regionale Fensterprogramme in überregionalen Programmen wie beispielsweise in RTL und SAT.1. Neuerdings ist ein verstärktes Interesse am lokalen Ballungsraumfernsehen zu beobachten. Vor allem die Kirch-Gruppe hat ihre Bemühungen um Lokalsender in den Ballungsräumen intensiviert und gilt heute als der wichtigste Akteur im Ballungsraumfernsehen325 • Jenseits des Ballungsraumfernsehens werden die lokalen Fernsehsender ganz überwiegend von den örtlichen Zeitungsmonopolisten beherrscht, die in der Regel auch die lokalen Hörfunkstationen betreiben 326. In den meisten Gebieten senden maximal zwei lokale Fernsehstationen, in ländlich strukturierten Regionen oft keine einzige. Betrachtet man den einzelnen lokalen Markt, ist der Grad der intra- wie intermediären Konzentration sonach sehr hoch. Anders als auf Bundesebene ist indes kein besonderer Anstieg der Konzentration im lokalen, regionalen und landesweiten Fernsehen zu beobachten. Auch haben sich noch keine ausgeprägten horizontalen Verflechtungen zwischen den lokalen und regionalen Fernsehveranstaltern herausgebildet.
2. Tagespresse
Der größte publizistische Einfluß unter den Printmedien wird der Tagespresse zugeschrieben327 . Unter Printmedien werden alle Medien verstanden, bei denen die zu kommunizierenden Inhalte über bedrucktes Papier vermittelt werden. Zum Bereich Print zählen daher neben dem (Tages-, Wochen-, Sonntags-) Zeitungsmarkt auch der Markt der Zeitschriften, der Anzeigenblätter sowie der gesamte Buchsektor. Die Tagespresse teilt sich in lokale und überregionale Tageszeitungen. Tageszeitungen sind publizistische Periodika, die mindestens zweimal in der Woche erscheinen, einen 323 Zum Bedeutungsverlust des lokalen und regionalen Fernsehens infolge der Werbefinanzierung bereits im Einzelnen unter § 1 A. I. 3. a). Daten zur wirtschaftlichen Lage der landesweiten und lokalen Fernsehveranstalter siehe Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 108 f.; Die Landesmedienanstalten, Rundfunk in Deutschland 1995/96, s. 92ff. 324 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (162 f.) . 325 Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 138 ff.; Röper; MP 2001, 2 (16); vgl. bereits Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (163). Zum nur bedingten Erfolg des Ballungsraumfernsehens in der Vergangenheit Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 132; Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 109. 326 Jens, MP 1989, 23; Pätzold/ Röper; MP 1995, 586 (589). 327 Einen tieferen Einblick in die Entwicklung der Tagespresse vermittelt die Aufsatzreihe von Horst Röper (Röper; MP 2000, 297; MP 1997, 367; MP 1995, 428; MP 1993, 402) sowie die von Walter J. Schütz in den Mediaperspektiven (vgl. Schütz, MP 2000, 8, 29; MP 1997, 663; MP 1996, 324; MP 1981, 645).
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
97
aktuellen politischen Teil enthalten und in ihrer Berichterstattung universell angelegt sind328 . Überregionale Tageszeitungen setzen den übelWiegenden Teil ihrer Auflage ohne Anhindung an ein bestimmtes -lokal oder regional begrenztes- Verbreitungsgebiet ab329 .
Der Markt der deutschen Tagespresse ist expansiv und stark. Er zeigt ein kontinuierliches Umsatzwachstum330 und ist hoch lukrativ 331 . Im Gegensatz zum Fernsehen ist der für die Tagespresse relevante Markt der lokale bzw. regionale Mark? 32 • Der ganz überwiegende Teil der Verlage ist in der Lokalpresse tätig. Auch nach Vertriebs- wie Werbeumsatz stellt die überregionale Tagespresse gegenüber der lokalen Tagespresse ein vergleichsweise kleines Segment dar333 • Konzentrationsrechtlich problematisch ist die Dominanz der sog. Ein-Zeitungs-Kreise. Ein-Zeitungs-Kreise sind Landkreise und kreisfreie Städte, in denen die Einwohnerzahl der Gebietsteile übeJWiegt, in denen nur eine Tageszeitung über das aktuelle lokale Geschehen berichtet 334. Gab es im Jahre 1954 erst 84 Ein-Zeitungs-Kreise, so stieg deren Anzahl auf zuletzt 244 im Jahre 1999. Damit lag der Anteil der Ein-Zeitungs-Kreise am Gebiet der Bundesrepublik bei 55,5% gegenüber 15,2 % im Jahre 1954. Lebten 1954 noch keine 9% der Bevölkerung Deutschlands in einem Ein-Zeitungs-Kreis, waren es 1999 328 Schütz, MP 2000, 8 (8); ähnlich auch die Definition nach der Pressestatistik des Statistischen Bundesamtes und den Medienberichten der Bundesregierung. Unter Tageszeitung wird (trotz ihres nur einmaligen Erscheinens pro Woche) auch die Sonntagszeitung gefaßt, da diese in Aktualität und Themenvielfalt der Tageszeitung entspricht und die durch das regelmäßig nur sechsma1ige Erscheinen der Tageszeitung entstehende Lücke an aktuellen Meldungen am Sonntag schließt, Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 78. 329 Zum Beispiel die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Frankfurt a.M.), die "Stuttgarter Zeitung" (Stuttgart), die "Süddeutsche Zeitung" (München), "die tageszeitung" (Berlin) oder "Die Welt" (Berlin), Schütz, MP 1997, 663 (683). 330 Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger lag der Umsatz der Tageszeitungen aus Anzeigen, Beilagen und Vertrieb im Jahre 1999 bei ca. 18,73 Mrd. DM. Allein im Vergleich zum Voxjahr stieg der Umsatz damit um 1,58 %. Der Nettowerbeumsatz stieg im seihen Zeitraum überproportional um 3,38% auf insgesamt 11,86 Mrd. DM. Die Tagespresse ist damit weiterhin mit Abstand der beliebteste Werbeträger, noch vor Fernsehen, Publikumspresse und Hörfunk. Aktuelle Daten aus http://www.bdzv.de, Röper. MP 2000, 297 (297). Zu den Vaxjahren Schütz, MP 1997, 663 (664, Tab. I; 675f.); ders., MP 1996, 324 (325, Tab. 1); Röper. MP 1997, 367 (367); Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 67; dies., Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 79, Tab. B 18 und S. 91, Tab. B 28; Groß, ZUM 1996,365 (366). 331 So lag Anfang der neunziger Jahre das Betriebsergebnis der Zeitungsverlage mit 5,8% der Gesamtleistung nahezu dreimal höher als das des produzierenden Gewerbes mit 2,1 %, Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 91. Auch im Jahre 1998 verlief das Pressegeschäft nach Aussagen des BDZV deutlich besser als das der deutschen Wirtschaft insgesamt, Röper. MP 2000, 297 (297). 332 Röper. MP 2000, 297 (297 f.); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (82 f.); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (135). 333 Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 84f. 334 Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12 /8587), S. 79, Tab. B 18.
7 Tschon
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
schon über 41 %. Damit kann sich heute in dem weit überwiegenden Teil Deutschlands fast die Hälfte der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung aus nur einer Tageszeitung über das lokale Geschehen informieren 335 .
Bundesweit betrachtet zeichnet sich die bundesdeutsche Tagespresse demnach durch eine regionale Vielfalt lokaler Zeitungsmonopolisten aus. In Deutschland bestehen 135 publizistische Einheiten bei insgesamt 355 Verlagen, die Tageszeitungen herausgeben 336. Die Anzahl der publizistischen Einheiten gilt als der maßgebliche Indikator für den Stand der publizistischen Vielfalt bzw. Konzentration in der Presse337 . Eine publizistische Einheit umfaßt alle redaktionellen Ausgaben, die in ihrem Mantel im wesentlichen übereinstimmen. Der Mantel besteht aus dem allgemeinen politischen Teil, der für gewöhnlich auf den ersten zwei Seiten steht und insbesondere die Titelseite umfaßt. Dem Begriff der publizistischen Einheit entspricht weitgehend der Begriff der Vollredaktion 338 .
Von den 355 Verlagen teilen sich heute zehn Wettbewerber knapp 56% des Marktes. Zu diesen zählen neben dem Axel Springer-Verlag, der WAZ Mediengruppe, der Südwest Presse, DuMont Schauberg und der Süddeutschen Zeitung vor allem die Verlagsgruppe der FAZ, der Verlag Gruner+Jahr sowie der Holtzbrinck-Konzern. 339 Ausländische Unternehmen haben sich für deutsche Tageszeitungen bislang kaum interessiert und spielen in der Tagespresse eine gänzlich untergeordnete Rolle340.
Auch wenn in der Tagespresse kein so enges Oligopol wie im Fernsehen besteht, ist die Konzentration daher als insgesamt hoch zu bewerten. Seit Jahren unangefochtener Marktführer mit einem Marktanteil von deutlich über 20% an der verkauften Gesamtauflage ist der Axel Springer-Verlag. Dies beruht nicht zuletzt auf der Alleinstellung des Springer-Titels "Bild", der bei den Kaufzeitungen einen Marktanteil von über 80 % besitzt341 • 335 Schütz, MP 2000, 8 (26 f., Tab. 16); BT-Drucks. 10/5663, S. 163, Tab. 4; Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 79, Tab. B 18; BT-Drucks. 7/2104, S. 6, Tab. 1 und S. 17, Fußnote 16. Zur besonderen Situation der Lokalpresse in Ostdeutschland Schneider I Möhring I Stürzebecher; MP 1997, 378 (379 ff.); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (136). 336 Schütz, MP 2000, 8 (9 ff.; Tab. 2). Vgl. auch VPRT. Medienordnung 2000 plus, Teil II, l. 337 Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 78; Schütz, MP 1997, 663 (672). Zu den verschiedenen pressestatistischen Größen Schütz, MP 2000, 8 (8). 338 Vollredaktionen sind Redaktionen oder auch Redaktionsgemeinschaften, die den allgemeinen politischen Teil der Zeitung im wesentlichen selbst redigieren. 339 Röper; MP 2000, 297 (298, Tab. l); Media Perspektiven, Mediensituation 2000, S. 52 ff., 56. 340 Röper; Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 91 ff., ders. , MP 1996, 610. Zur zunehmenden Tätigkeit deutscher Verleger im Ausland Vogel, MP 2000, 464 (470); Röper; Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 93, ders. , MP 1996, 610.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
99
Mit 6,0% Marktanteil fällt die zweitstärkste Verlagsgruppe in Deutschland, die WAZ Mediengruppe, schon deutlich hinter dem Springer-Verlag ab. Ihr folgen die Südwest Presse (5,0% ), die Verlagsgruppe DuMont Schauberg (4,4%) und die Süddeutsche Zeitung (3,3 %). Die FAZ-Gruppe (3,0 %) liegt bundesweit auf Platz sechs, die BertelsrnannTochter Gruner+Jahr mit 2,8% auf Platz acht, gefolgt vorn Holtzbrinck-Konzern (2,5 %) auf Platz neun. 342 Keine nennenswerten Marktanteile im Geschäft der Tagespresseerreichen die bei den Publikumszeitschriften führenden Verlage Bauer und Burda.343
Die Konzentrationsprozesse in der Tagespresse halten an, haben sich allerdings seit Mitte der siebziger Jahre deutlich verlangsame44. So ist die Zahl der publizistischen Einheiten seit 1993 annähernd konstant geblieben, nachdem sich die Zahl der Vollredaktionen in den vier Jahrzehnten vorher nahezu halbiert hatte345 . Allerdings hat sich der bis in die siebziger Jahre zu verzeichnende Rückgang der selbständigen redaktionellen Ausgaben in den neunziger Jahren fortgesetzt346. Auch die Anzahl der Herausgeber von Tageszeitungen ist stetig gesunken 347.
Der Konzentrationsgrad tendiert nach wie vor leicht steigend348 . So steigerten die beiden führenden Verlagsgruppen Springer und WAZ in den letzten Jahren ihre Marktanteile. Der Gesamtmarktanteil der fünf größten Verlagsgruppen stieg zwischen 1991 und 2000 von 41,6 % auf 42,3 %, der der zehn größten Verlagsgruppen im seihen Zeitraum von 54,4% auf 55,9 %.349 341 Die Angaben über den Marktanteil des Springer-Konzerns schwanken je nach Quelle und Bemessungsgrundlage zwischen 22,9% und 37 %. Unstrittig liegt er jedoch seit Jahren deutlich über 20%. Vgl. Röper, MP 2000, 297 (298, 303f.); Groß, ZUM 1996, 365 (367); Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 103; ders., MP 1997, 367 (368, Tab. l; 370, Tab. 3); ders. , MP 1995, 428 (429, Tab. 1; 431, Tab. 3); ders. , MP 1993,402 (402, Tab. 1). 342 Stand Juli 2000, Röper, MP 2000, 297 (298, Tab. 1). 343 Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 104. 344 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 57; Röper, MP 2000, 297 (297). 345 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13110650), S. 58, Tab. B l ; S. 61, Tab. B 4; dies. , Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 78 und 79, Tab. B 18; BTDrucks. 8/2264, S. 6, Tab. B 3; Schütz, MP 2000, 8 (!Of., Tab. 2); MP 1997, 663 (664, Tab. l); ders., MP 1996, 337 (337); ders., MP 1996, 324 (331). 346 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 58, Tab. B l; dies., Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 79, Tab. B 18; BT-Drucks. 10/5663, S. 163, Tab. 4; BT-Drucks. 8/2264, S. 6, Tab. B 3; Schütz, MP 2000, 8 (9, Tab. 1). 347 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 58, Tab. B I; dies., Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 79, Tab. B 18; BT-Drucks. 7/2104, S. 6, Tab. I; BT-Drucks. 10/5663, S. 163, Tab. 4; BT-Drucks. 8/2264, S. 6, Tab. B 3; Schütz, MP 2000,8 (9, Tab.Tab. 1). 348 Röper, MP 2000, 297 (297; 298, Tab. l); Bundesregierung, Medienbericht ' 98 (BTDrucks. 13/10650), S. 57. 349 Röper, MP 2000, 297 (298, Tab. 1). Vgl. auch Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (136, 182).
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
3. Publikumszeitschriften
Der zweite wichtige Markt im Printbereich ist der Zeitschriftenmarkt Unter Zeitschriften werden dabei alle Periodika verstanden, die eine kontinuierliche Stoffdarbietung enthalten, mindestens viermal jährlich erscheinen und dabei keine Zeitungen sind. Mit Publikumszeitschriften werden alle Zeitschriften bezeichnet, die keine Anzeigenblätter sind, nicht der Fachpresse angehören und weder konfessionell gebunden noch amtlicher Natur sind. 350
Wie die Tagespresse ist auch der Markt der Publikumszeitschriften anhaltend lukrativ. Der Werbeumsatz zeigt ein starkes, kontinuierliches Wachstum. Im Jahre 2000 erreichte der Werbeumsatz mit etwa 8 Mrd. DM brutto erneut einen Rekordwert351. Anders als die Tagespresse orientiert sich der bundesdeutsche Zeitschriftenmarkt nahezu ausschließlich am nationalen Markt und nicht an den lokalen oder regionalen Märkten 352. Dabei zeichnet er sich durch eine starke gegenständliche Ausdifferenzierung und damit eine breite inhaltliche Vielfalt aus353 . Die Anzahl der Zeitschriftentitel nimmt zudem stetig und stark zu. So wurden im Jahr 2000 1114 Titel registriert, über 10% mehr als noch zwei Jahre zuvor (1004 Titel) und über das dreifache seit 1975 (340 Titel) 354. Die Sparten reichen von Nachrichtenmagazinen und aktuellen Illustrierten über Programm-, Frauen- und Lifestylemagazine bis hin zu Special-Interest-Zeitschriften für die Bereiche Wirtschaft, Computer, Motor, Reise, Hobby, Wohnen, Jugend, Kunst, Musik, Sport 350 Definition des statistischen Bundesamts, Bundesregierung, Medienbericht '94 (BTDrucks. 121 8587), S. 104f.; enger hingegen Vogel, MP 2000,464 (465 f.). Zur Typologie der Zeitschriften Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 1218587), S. 106, Tab. B 36. Zum Problem der unterschiedlichen Meinungsrelevanz der Publikumszeitschriften siehe Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (83). Weitere Einzelheiten zur Entwicklung bei den Publikumszeitschriften in Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13 I 10650), S. 73f. 351 Aktuelle Daten des Verbands deutscher Zeitschriftenverleger gemäß http://www.pzonline.de. IP Deutschland beziffert das Anzeigevolumen dagegen auf etwa 7,2 Mrd. DM, IP Deutschland, Television 2000, S. 127. Zur positiven Entwicklung schon in den Vorjahren Vogel, MP 2000, 464 (464, 468); Röper, MP 1997, 367 (367); ders., MP 1996, 309 (309). Vgl. auch Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13 I 10650), S. 70. Einen tieferen Einblick in die Entwicklung der Publikumspresse vermittelt die Aufsatzreihe von Horst Röper (Röper, MP 1998, 337; MP 1996, 309; MP 1994, 478), fortgesetzt zuletzt von Andreas Vogel (Vogel, MP 2000, 464). 352 Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (83); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (135). 353 Vogel, MP 2000, 464 (464); Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 131 10650), S. 69 f.; VPRT, Medienordnung 2000 plus, Teil II, I. 354 Vogel, MP 2000, 464 (467, Tab. 2); Media Perspektiven, Mediensituation 2000, S. 59. Grund der verstärkten Lancierung neuer Titel ist die stetig sinkende durchschnittliche Verkaufsauftage pro Titel seit Anfang der 80er Jahre, Vogel, ebd., S. 468). Dieselbe Entwicklung belegt IP Deutschland, Fokus der Forschung, S. 15, indes mit anderen Zahlen.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
101
etc. 355 Anders als die Tagespresse ist der Markt der Publikumszeitschriften daher zwar nicht regional, dafür aber gegenständlich stark segmentiert. Bei den Publikumszeitschriften stehen vier Wettbewerber unangefochten an der Spitze der Verlagshäuser: die Bauer Verlagsgruppe, die Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr, die Burda-Gruppe und der Axel Springer-Verlag. Von diesen vier Großverlagen ist im Verhältnis zu den anderen keiner übermächtig 356 . Nach der gewichteten Verkaufsauflage357 ist die Bauer Verlagsgruppe deutschland- wie auch europaweit der führende Zeitschriftenverlag. Im Jahre 2000 besaß sie im deutschen Zeitschriftenmarkt einen Marktanteil von gut 22 %, gefolgt vom Springer-Verlag mit etwa 15% Marktanteil, der Burda-Gruppe (11 %) und dem Verlag Gruner+Jahr (10 %)358. Allerdings kann im Zeitschriftenmarkt aus der Auflagenstärke nicht ohne weiteres auf die Marktstärke geschlossen werden 359. Denn für das Betriebsergebnis ist die verkaufte Gesamtauflage des Verlages nach Exemplaren angesichts der stark differierenden Vertriebsund Anzeigenpreise anders als bei der Tagespresse nur bedingt aussagekräftig. Entscheidende Größe ist das Vertriebsergebnis und der Werbeumsatz. Diesen zugrundelegend ist heute der Verlag Gruner+Jahr trotz seiner relativ geringen Verkaufsauflage Marktführer auf dem Zeitschriftenmarkt. Er hat damit den noch bis Anfang der neunziger Jahre führenden Axel Springer-Verlag überrundet, der heute auf dem zweiten Platz liegt, gefolgt von der Burda-Gruppeund der Bauer Verlagsgruppe360.
Diese vier Großverlage beherrschen fast 60% des Zeitschriftenmarktes 361 . Die Monopolkommission bewertet den Stand der Konzentration im Markt der Publikumszeitschriften daher als "mittel bis sehr hoch" 362. Die Konzentrationsrate zeigt dabei eine leicht steigende Tendenz auf insgesamt hohem Niveau363 . Ausländische Investoren sind im deutschen Zeitschriftenmarkt stärker präsent als in der Tagespresse, spielen insgesamt aber noch keine bedeutende Rolle364•
355
Bundesregierung, Medienbericht '94 (BT-Drucks. 12/8587), S. 116f., Tab. B 45,
s. 119.
Groß, ZUM 1996,365 (367); Röper; MP 1996,309 (309, Tab. 1). Unter gewichteter Auflage wird die auf die wöchentliche Erscheinungsweise umgerechnete Auflage verstanden, Vogel, MP 2000, 464 (465, Tab. 1). 358 Media Perspektiven, Mediensituation 2000, S. 58. Vgl. bereits Röper; MP 1996, 309 (311, Tab. 5); MP 1994, 478 (480 f. , Tab. 4 und 5). 359 Röper; MP 1997,226 (249ff.). 360 Vogel, MP 2000, 464 (470, Tab. 8). Vgl. auch Röper; MP 1997, 226 (233, Tab. 3; 239, Tab. 4; 249, Tab. 6; 254, Tab. 7); ders., MP 1996, 309 (310, Tab. 3; 322). 361 Im Jahr 2000 lag der kumulierte Marktanteil der vier Großverlage bei 58,6 %, Vogel, MP 2000,464 (466, Tab. 8). 356
357
362 9. Hauptgutachten der Monopolkommission 1992, BT-Drucks. 12/3031,3032, Tz. 651. Vgl. auch Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (137). 363 Vogel, MP 2000, 464 (468, 470); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (182); Röper; MP 1996, 309 (311, Tab. 4); ders., Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 94.
102
§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
II. Cross Ownerships Die deutsche Medienlandschaft zeichnet sich durch eine Vielzahl vertikaler, diagonaler, intra- wie intermediärer Verflechtungen aus, die kontinuierlich zunehmen und dabei einem steten Wandel unterliegen. Im Rahmen dieser Untersuchung kann keine vollständige Darstellung aller Querverbindungen in der deutschen Medienbranche gegeben werden. Sie beschränkt sich daher auf die marktübergreifenden Sachverhalte, die für die spätere Analyse des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV erforderlich sind. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt infolgedessen bei den Cross Ownerships, die das bundesweite Fernsehen betreffen. Bei den Cross Ownerships lassen sich zwei Grundtypen unterscheiden. Der erste findet sich bei den neuen, vertikal wie diagonal hoch diversifizierten Medienkonglomeraten, die sich vor allem im nationalen Fernsehen stark engagieren. Der zweite Typus ist bei den Medienhäusern anzutreffen, die ihr Stammgeschäft auch heute noch im traditionellen Printbereich haben und von dort her in den Bereich der elektronischen Medien expandieren. Im Zentrum des Engagements dieser Gruppe steht weniger das Fernsehen, als vielmehr der lokale Hörfunk. 1. Hoch diversifizierte Medienkonglomerate
Die privaten Hauptakteure in der bundesrepublikanischen Fernsehlandschaft sind der Bertelsmann-Konzern und die Kirch-Gruppe. Beide sind diagonal wie auch vertikal hoch diversifizierte Medienkonglomerate, deren Unternehmensstrukturen im Folgenden näher beleuchtet werden sollen. a) Beneismann AG I RTL Group
Der Bertelsmann-Konzern ist seit Jahren das in Deutschland und Europa führende Medienhaus. Mit rund 16,5 Mrd. EURO Umsatz ist er der weltweit drittgrößte Medienkonzern365 . Allein innerhalb des letzten Geschäftsjahrs hat der Bertelsmann-Konzern seinen Umsatz um fast ein Viertel gesteigert. Das Betriebsergebnis stieg in dem einen Jahr um fast 23%, der Cash-flow um fast 43% und der Gewinn gar um 45 %. Mit einer Eigenkapitalquote von knapp 25% verfügt der Konzern 364 Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 93 ff. Zum erheblichen und wachsenden Engagement deutscher Verlage im Ausland Vogel, MP 2000, 464 (470); Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 95; ders., MP 1997,226 (232f.; 233, Tab. 3); ders., MP 1996,309 (322); ders., MP 1995,310 (314); ders., MP 1994,478 (488); ders., MP 1994, 125 (129). 365 Platz eins und zwei belegen die US-amerikanischen Medienkonzerne Time Warner und Watt Disney I Capital Cities. Anders als seine internationale Konkurrenz ist der BertelsmannKonzern mit Finanzschulden in Höhe von nur 7 % des Konzernumsatzes jedoch nahezu schuldenfrei (vgl. Fußnote 196). Daten aus Beneismann AG, Geschäftsbericht 1999/ 2000.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
103
überdies über außerordentliche Finanzierungsspielräume, die er traditionell für beträchtliche Neuinvestitionen nutze66. Der Konzern hat ein weltumspannendes Netz von über 300 Unternehmen in 58 Ländern aufgebaut. Mit seinen Plattenfirmen, Zeitschriften-, Zeitungs- und Buchverlagen, Fernseh- und Radiosendern, Online- und Videoanbietern, Produktionsund Dienstleistungsunternehmen verfügt er über eine nahezu geschlossene Wertschöpfungskette im Medienbereich367. Die Aktivitäten der Bertelsmann AG gliedern sich neuerdings in sieben Produktlinien, die sich den drei Geschäftsfeldern Inhalte, Druck I Services und Direktkundengeschäft zuordnen lassen 368 . Das Direktkundengeschäft wird in der Direct Group Bertelsmann gebündelt und umfasst neben den traditionellen Buch- und Musikclubs alle E-Commerce-Aktivitäten von Berte1smann. Hierzu zählen etwa die BOL-Gruppe und die Beteiligungen im Online-Bereich, wie etwa an Lycos oder Bames & Noble.com, sowie verschiedene Produktions- und Dienstleistungsfirmen im Multimediabereich wie zum Beispiel (noch) Pixelpark. 369 Das Geschäftsfeld Druck I Services deckt die Mohn Media Gruppe310, vormals Arvato ab, die die Druckereien und technischen Betriebe des Bertelsmann-Konzerns sowie verschiedene Dienstleistungs-, insbesondere IT- und Vertriebsgesellschaften sowie Produktionsbetriebe betreut. Kerngeschäft des Bertelsmann-Konzerns ist indes das Geschäftsfeld Inhalte, das in fünf Produktlinien abgebildet wird. Die in- und ausländischen Buchverlage sind im Bereich Random House 371 zusammengeführt, der größten Verlagsgruppe der Welt. Der Bereich BertelsmannSpringer umfasst den Bereich Fachinformationen und ist heute einer der weltweit größten Anbieter von Fach- und Wissenschaftsliteratur372. Für den Bereich Zeitungen und Zeitschriften ist Gruner+Jahr zuständig, eines der führenden Verlagshäuser Europas 366 So betrug das Investitionsvolumen zuletzt 2 Mrd. EURO, Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 199912000, S. 16. 367 Wegen der umfangreichen und weitgefächerten Aktivitäten im Medienbereich kann an dieser Stelle nur ein grober Überblick über die marktübergreifende Geschäftstätigkeit des Bertelsmann-Konzerns gegeben werden. Zur Unternehmensstruktur und -entwicklung im Einzelnen Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 1999 I 2000. Vgl. auch Boldt, Unternehmen Bertelsmann, manager magazin, 911998, S. 53 (61); Röper, MP 1997, 226 (226, 228ff.); Groß, ZUM 1996,365 (369); Rutsatz, MP 1980,773 (776). 368 Die neue Organisation soll bis Frühjahr 2001 umgesetzt sein, Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 199912000, S. 9. Dazu bereits Röper, MP 2001 , 2 (2ff.). 369 Aus Europas größtem Online-Dienst Bertelsmann-AOL ist Bertelsmann im Jahre 2000 nach der Fusion von AOL mit dem weltweit größten Medienkonzern Time-Wamer als Gesellschafter ausgeschieden. Der Bertelsmann-Konzern ist AOL indes weiterhin als bevorzugter Kooperationspartner im Rahmen einer strategischen Allianz verbunden. Dazu insgesamt Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 1999 I 2000, S. 64 ff. 370 Röper, MP 2001, 2 (3). 371 Neben dem OS-amerikanischen Verlagshaus Random House gehören zum Bertelsmann-Konzern beispielsweise die Verlagsgruppe Bantarn Doubleday Deli oder die deutschen Verlage Goldmann, Blanvalet oder Blessing. 372 Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 1999 I 2000, S. 14.
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
im Zeitschriftenmarkt373 . Die BMG (Berte1smann Music Group), der weltweit fünftgrößte Musikkonzem, besitzt in der Hauptsache Musikfirmen wie die Ariola-Gruppe und Arista Records, ferner Musikverlage, Videoanbieter und mit Sonopress den zweitgrößten CDHersteller der Welt. Derzeit wird erwogen, die Thom-EMI-Gruppe zu erwerben und damit auch hier die Weltmarktführung zu übemehmen 374. Die Aktivitäten in Film, Fernsehen und Radio sowie Programmproduktion und Rechtehandel sind nunmehr in der RTL Group und deren Tochtergesellschaften CLT-UFA und Pearson TV gebündelt. Die RTL Group ist im April 2000 aus der Fusion von CLT-UFA375 und Pearson TV hervorgegangen 376. An ihr hielt der Bertelsmann-Konzem zunächst 37%, gab aber schon im Februar 2001 bekannt, die 30 %-Beteiligung der Mitgesellschafterin Groupe Bruxelles Lambert (GBL) und damit die Mehrheit an RTL Group übernehmen zu wollen377. Für die folgende Analyse der Cross Ownership Beschränkungen sind die Aktivitäten der RTL Group bzw. CLT-UFA genauer zu beleuchten.
Die RTL Group ist Europas größter Privatrundfunkkonzern und Programmproduzent Ihre Beteiligungen, namentlich die deutschen, sind in der CLT-UFA zusammengefasst mit Ausnahme der meisten englischen Aktivitäten, die von Pearson TV betreut werden. Über die CLT-UFA betreibt die RTL Group 22 Fernsehsender in neun europäischen Ländern, darunter zahlreiche lokale Marktführer. In Deutschland hält die CLT-UFA die Mehrheit an RTL Television und VOX sowie massgebliche Beteiligungen an RTL II und Super RTL378 . Damit wurde der Grundstein der geplanten RTL-Senderfamilie gelegt, mit der die Mehrfachverwertung der immer kostspieligeren Programmrechte effektuiert werden soll 379. Im deutschen Bezahl373 Das Kerngeschäft von Gruner+Jahr sind traditionell Zeitschriften und Zeitungen (vgl. bereits § I D. I. 3. und§ I D. I. 2. ). Dariiberhinaus ist das Unternehmen aber auch im Dienstleistungssektor, im Druck und in der Funk- und Fernsehproduktion (stem tv etc.) aktiv. An Fernsehveranstaltern hat sich der Verlag bislang noch nicht beteiligt. Der Verlag ist sehr gut positioniert. So hat er im Geschäftsjahr 199912000 mit einem Gewinn von 751 Mio. DM das zweitbeste Ergebnis der Unternehmensgeschichte erzielt, Röper, MP 2001, 2 (8 ff.). 374 Röper, MP 2001, 2 (3). 375 Die CLT-UFA selbst war Anfang 1997 aus der Fusion der Bertelsmann-Tochter UFA mit der Compagnie Luxemburgeoise de Telediffusion (CLT), einer Tochter der Iuxemburgischen Audiofina, hervorgegangen. Zur Freigabe des Zusammenschlusses zur CLT-UFA Entscheidung der Europäischen Kommission- Bertelsmann I CLT v. 7. Oktober 1996, ABI. 1996 Nr. C 364; zusammenfassend 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 507. 376 Zur auflagelosen Freigabe Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I Graupe Bruxelles Lambert (BGL) I Pearson Television v. 30. Juni 2000, Fall Nr. COMPIM. l958, Pressemitteilung der Europäischen Kommission IPIOOI691 vom 30. Juni 2000; zusammenfassend Altes, MP 2000, 482 (485). Zur Fusion der CLT-UFA mit Pearson TV Röper; MP 2001,2 (4). 377 Im Gegenzug erhält Graupe Bruxelles Lambert (GBL) eine Beteiligung an der Bertelsmann AG in Höhe von 25,1 %. Der Bertelsmann-Konzern wird zu diesem Zwecke erstmalig einen Fremdaktionär an der Bertelsmann AG zulassen. 378 Zu den Beteiligungen der RTL GroupiCLT-UFA im Einzelnen Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 199912000, S. I 07. Zu ihren Auslandsbeteiligungen siehe Fußnote 303. Übersicht in Röper; MP 2001, 2 (5).
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
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fernsehen ist der Konzern ferner am marktführenden Abonnement-Kanal Premiere beteiligt380. Seit längerem avisiert, aber noch nicht verwirklicht ist die Beteiligung an einem US-amerikanischen Network wie etwa CBS381 . Die RTL Group/CLTUFA und damit der Bertelsmann-Konzem besitzen sonach einen Zuschauermarktanteil von derzeit etwa 24,4%382 . Mit 18 Hörfunksendem in acht Ländern ist CLT-UFA auch das größte private Hörfunkunternehmen Europas 383 . Die diversen Hörfunkbeteiligungen sind für den Konzern indes von eher untergeordneter Bedeutung384, ganz anders als sein Engagement in der Film- und Fernsehproduktion sowie insbesondere im RechtehandeL Mit der UFA SPORTS, Europas größtem Sportrechtehändler, der UFA Film & TV Produktion und der Trebitsch Produktion ist der Bertelsmann-Konzern auch in den Branchen Programmproduktion und Rechtehandel führend. Das Portfolio der UFA SPORTS umfasst die Übertragungs- und Werberechte von über 250 europäischen Fußballclubs, 46 Nationalmannschaften und neun Vereinen der Bundesliga385 . Mit jährlich ungef:ihr 1.000 Stunden Eigenproduktion ist CLT-UFA mittle!Weile noch vor dem Kirch-Konzern Deutschlands größte Film- und Fernsehproduzentin 386• Weltweit ist Bertelsmann über Pearson TV mit einer Jahresproduktion von über 10.000 Stunden sogar der größte "unabhängige" Produzent nach den US Majors387 .
Im Geschäftsjahr 1999/2000 war - wie auch in den vorangegangenen Jahren - die umsatzstärkste Produktlinie BMG Entertainment mit knapp 4,8 Mrd. EUR0388 . CLT-UFA erzielte mit 1,7 Mrd. EURO ebenfalls einen beachtlichen 379 Röper, MP 2001,2 (4 f.); vgl. bereits Notiz aus der Wirtschaftswoche v. 17. Juni 1999, S. 9; Pressenotiz aus dem Handelsblatt v. 3. August 1998, S. 15; Boidt, Unternehmen Bertelsmann, manager magazin, 9 I 1998, S. 53 (55). Bislang erfolglos waren die Bemühungen um eine Beteiligung an dem Nachrichtenkanal n-tv. E!Wogen wird der Start eines eigenen Nachrichtenkanals ebenso wie eines Teleshopping-Prograrnrns, Röper, ebd., S. 4. 380 Allerdings nur noch im Rahmen einer Finanzbeteiligung in Höhe von 5 %. Vgl. dazu noch im Einzelnen unter§ I D. II. 3. 381 Röper, MP 2001, 2 (3, 30); Boidt, Unternehmen Bertelsmann, manager magazin, 91 1998, s. 53 (64). 382 Stand Januar 2001, http://www.kek-online.de. 383 Beneismann AG, Geschäftsbericht 1999 I 2000, S. 57, 60. 384 Minderheitsbeteiligungen bestehen in Deutschland an Antenne Bayern, Radio NRW, Radio Hamburg, Klassik Radio (Hamburg) und Berliner Rundfunk 91.4, eine mehrheitliche an dem Berliner Sender 104.6 RTL, Ben eismann AG, Geschäftsbericht 199912000, S. 107. Vgl. bereits Röper, MP 1994, 125 (129). 385 Berteismann AG, Geschäftsbericht 199912000, S. 61; Röper, MP 1999, 345 (353); dazu kritisch Jochimsen, AfP 1999, 24 (26). Zur Entwicklung des Sportrechtehandels allgemein unter § l C. III. 1. a). 386 Röper, MP 2001 , 2 (4); Beneismann AG, Geschäftsbericht 199912000, S. 60f. Vgl. schon Röper, MP 1997, 226 (231). 387 Ben eismann AG, Geschäftsbericht 1999 I 2000, S. 60. 388 Die Buch AG war der zweitstärkste Zweig (ca. 4,3 Mrd. EURO), gefolgt von Gruner+Jahr (ca. 2,9 Mrd. EURO), Berteismann AG, Geschäftsbericht 1999 I 2000, S. 12.
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Umsatz. Dies ist umso bemerkenswerter als trotz des immer wieder prognostizierten immensen Wachstumspotentials im elektronischen Bereich, namentlich im Femsehen389 , die Sparten Unterhaltung und elektronische Medien bis Ende der neunziger Jahre beständig ertragsschwach geblieben waren. Die stabile Ertragssäule des Bertelsmann-Konzems war bis dahin ganz überwiegend der Printbereich, das heißt in erster Linie die Buch AG und Gruner+Jahr. Erst gut fünfzehn Jahre nach den ersten Schritten in das Zeitalter der neuen Medien scheinen sich die elektronischen Medien nunmehr langsam aus ihrer Rolle als Kostgänger der Druckmedien zu befreien.390 b) Kirch-Gruppe
Der Konzern des Leo Kirch ist wie die Gütersloher Bertelsmann AG ein hoch diversifiziertes Medienkonglomerat Die Kirch-Gruppe hat eine Phase tiefgreifender Urnstrukturierungen hinter sich. Sie ruht heute im wesentlichen auf drei Säulen: der KirchMedia für Programmproduktion, Rechtehandel und FreeTV, der KirchPayTV für das PayTV und der Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG für die sonstigen Beteiligungen. Während KirchPayTV vor allem die Aktivitäten im Bezahlfernsehen zusammenfasst (Premiere World, Discovery Channel, Teleclub etc.), bündelt KirchMedia die Beteiligungen im werbefinanzierten Fernsehen, der Programmproduktion und dem RechtehandeL Zu den KirchMedia-Gesellschaften zählen beispielsweise die Taurus Gesellschaften (Filmproduktion, technische Dienstleistungen, Studiobetrieb, neue Medien, Game-Shows), die Beta Film und die EpsilonMediaGroup (internationale Koproduktionen und Rechtehandel). Über die Taurus Sport (ISPR) wird das Feld des Sportrechtehandels abgedeckt.391 Die KirchBeteiligungs GmbH & Co. KG schließlich bildet das Dach für die sonstigen Beteiligungen der Kirch-Gruppe. Zu diesen zählen vor allem die 40 %-Beteiligung arn Axel Springer Verlag und die für das digitale Pay TV zentral wichtige Tochtergesellschaft BetaResearch (digitale Datenaufbereitung und Decodertechnik) 392 • Im übrigen finden sich Boldt, Unternehmen Bertelsrnann, rnanager magazin, 9/1998, S. 53 (64). So lag zwar das operative Ergebnis des Bereichs Multimedia im Geschäftsjahr 1999/ 2000 mit minus 261 Mio. EURO noch einmal 136 Mio. EURO niedriger als im Vorjahr. Dagegen konnte CLT-UFA ihr Betriebsergebnis im selben Zeitraum fast vervierfachen und erzielte einen Gewinn von nahezu 360 Mio. EURO. Demgegenüber steigerten die übrigen Geschäftsfelder (Gruner+Jahr, BMG und Mohn Media Gruppe/ Arvato) ihre Gewinne vergleichsweise moderat um zwischen 10 und 30% mit Ausnahme der Buch AG, deren Gewinn von 131 Mio. EURO auf 29 Mio. EURO sank, Bertelsmann AG, Geschäftsbericht 1999/ 2000, S. 15. 391 Sowohl an KirchMedia als auch an KirchPayTV bestehen Minderheitsbeteiligungen dritter Investoren. Zu diesen zählen neben dem Sohn von Leo Kirch, Thornas Kirch, und diversen OS-amerikanischen Investmentfonds unter anderem die REWE-Gruppe, Silvio Berlusconi (Fininvest und Mediaset), Prinz Al Waleed bin Talal al Saud sowie Rupert Murdoch (News Corporation). 392 Zur geplanten mehrheitlichen Beteiligung der Deutschen Telekorn an der BetaResearch kritisch Altes, MP 2000, 482 (486 f.). 389
390
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hier die sonstigen, weitreichenden Beteiligungen der Kirch-Gruppe im Umfeld des audiovisuellen Kerngeschäfts wie etwa in der Film- und Fernsehtechnik, im Filmverleih und Filmtheaterbetrieb sowie in der Produktion und dem Vertrieb von Videos. Sowohl im Free TV als auch in der Programmproduktion und dem Handel mit Film- und Sportrechten ist die Kirch-Gruppe gut positioniert. Lediglich der Sektor Bezahlfernsehen bleibt die Schwachstelle des Konzerns393 .
Anders als Bertelsmann kommt der Kirch-Konzern nicht aus dem Buch- bzw. Printbereich, sondern aus dem RechtehandeL Hier und in der Film- und Fernsehproduktion liegt das Kerngeschäft des Konzerns. Im Markt für Programmressourcen besetzt die Kirch-Gruppe Schlüsselpositionen. So hat sich der Kirch-Konzern bei den Spielfilmrechten durch umfassende Exklusivverträge den Zugriff auf die Neuproduktionen nahezu aller bedeutenden US-amerikanischen Produzenten gesichert und die maßgeblichen Programmquellen besetzt394. Über die damit geschaffene einzigartige Stellung als Prograrnmzulieferer massenattraktiver Spielfilme besitzt die Kirch-Gruppe einen unikalen Wettbewerbsvorteil für seine eigenen Fernsehprogramme und zugleich die Grundlage für sein Engagement im Pay TV. Darüberhinaus hat sie hierüber auch einen nicht unwesentlichen Einfluß auf seine Konkurrenz im bundesdeutschen Fernsehen gewonnen395 . Gleiches gilt für den SportrechtehandeL Die Kirch-Gruppe ist maßgeblich an der Internationalen Sportrechteverwertungsgesellschaft (ISPR) beteiligt, die immer wieder spektakuläre Erfolge im Sportrechtehandel erzielt. So erwarb die ISPR zuletzt für 3,4 Mrd. DM die Übertragungsrechte an den Fußballweltmeisterschaften in den Jahren 2002 und 2006396 und erzielte allein für die Rechte für den deutschen Markt einen Weiterverkaufserlös von mehr als 700 Mio. DM397 .
Seinen einzigartigen Zugang zu massenattraktiver Programmware nutzt der Konzern über mehrere eigene Fernsehprogramme. Zur Kirch-Gruppe zählen SAT.I, das Deutsche Sportfernsehen (DSF), die Sender Pro Sieben, Kabel 1 und N24. Demnächst soll der Murdoch-Sender tm3 hinzukommen398 . Erwogen wird derzeit ferner eine Beteiligung an EM.TV, mit der die Kirch-Gruppe bereits heute die digitalen Pay TV-Programme K-toon und Junior betreibt399. Darüberhinaus ist 393
Röper. MP 2001, 2 (13).
So gelangte beispielsweise im Jahre 1999 die Hälfte aller US-amerikanischen Kinoerfolge über die KirchMedia ins deutsche Fernsehen, Röper. MP 2001, 2 (13). 395 Röper. MP 1997,226 (227); ders.• MP 1995,310 (316f.). 396 Röper, MP 1997, 226 (237f.). Demgegenüber hatten die Übertragungsrechte für die Fußballweltmeisterschaft 1998 noch (nur) 174 Mio. DM gekostet, Financial Times Deutschland v. 7. März 2001, S. I. Zur Bedeutung des Sportrechtehandels bereits unter§ 1 C. III. I. a). 397 Erwerber sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Verkauft sind lediglich jeweils 25 der Spiele. Die übrigen Spiele will die Kirch-Gruppe ausschließlich über den hauseigenen Pay TV-Kanal Premiere senden, Financial Times Deutschland v. 7. März 2001, S. I. 398 Rupert Murdoch soll im Gegenzug Anteile an der KirchMedia erhalten, Röper, MP 2001,2 (10, 16, 30 (Endnote 14). 399 Röper, MP 2001, 2 (13). 394
108
§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
der Konzern an den lokalen Fernsehprogrammen Harnburg 1 und tv.münchen beteiligt. Ihr können darüberhinaus der Teleshopping-Kanal H.O.T. Horne Order Television und das Lokalprogramm tv.berlin zugerechnet werden, die derzeit noch im Beteiligungsbesitz von Thomas Kirch stehen400. Im Bezahlfernsehen besitzt die Kirch-Gruppe den marktführenden Abonnement-Kanal in Deutschland Premiere World401 .
Die Kirch-Gruppe kommt damit auf einen Zuschauermarktanteil von derzeit etwa 26,9%402 • Anders als der Bertelsmann-Konzem konzentriert sich der Kirch-Konzem ganz überwiegend auf das Geschäft mit den elektronischen Medien und hier vor allem auf eine lückenlose vertikale Integration aller Untemehmensbereiche, die das Fernsehen betreffen. So ist die Kirch-Gruppe wie bereits dargestellt nicht nur im Markt für Programmressourcen tätig. Sie hält auch Beteiligungen im Bereich der Film- und Fernsehtechnik, der digitalen Datenaufbereitung403 , im Filmverleih und Filmtheaterbetrieb404 sowie bei der Produktion und dem Vertrieb von Videos405 .
In den Printmedien ist die Kirch-Gruppe vergleichsweise wenig engagiert. Allerdings hält der Kirch-Konzem am Axel-Springer-Verlag eine Beteiligung von über 40%406. Im Hörfunk ist die Kirch-Gruppe nur vereinzelt an kleineren, lokalen Stationen beteiligt407 • 2. Presseverleger
Ebenfalls nicht unerheblich diversifiziert zeigen sich heute die traditionellen Verlagshäuser, die neben den Medienkonglomeraten die wichtigsten Akteure in der deutschen Rundfunklandschaft sind. Anders als bei den Konglomeraten ist bei den 4oo Röper, MP 2001, 2 (16).
Dazu noch im Einzelnen unter§ 1 D. II. 3. Stand Januar 2001, http://www.kek-online.de. 403 Vor allem die Firmen Beta Technik (Postproduktion), Beta Digital (Play Out Center für digitales Pay TV, Videokompression, Multiplexing, Uplink etc.) und Beta Research (Fußnote 1104). Zu diesen noch im Einzelnen unter§ 3 A. III. 3. c. dd. Vgl. auch Röper. MP 1997,226 (237). 404 Bekannt sind etwa die Constantin Film und die schweizerische Cinetrade AG, Röper, MP 1997,226 (237); ders. , MP 1993,56 (65). 405 Zum Beispiel die Taurus Video und das Media Direct Marketing, Boldt/Wilhelm, Unternehmen Kirch-Gruppe, manager magazin, 7/1997, S. 51 (53); Röper, MP 1994, 125 (132 ff.). 401
402
406 Zur Wettbewerbsposition des Axel Springer Verlags noch unter § I D. II. 2. sowie bereits unter § I D. I. 2. und § I D. I. 3. Gleichwohl ist zu beachten, daß der Kirch-Gruppe nach den Grundsätzen des Rundfunkstaatsvertrags die Marktanteile des Springer-Konzerns nicht zugerechnet werden können. Daten aus http://tauweb.kirchgruppe.de; vgl. auch Röper, MP 2001, 2 (15). 407 Radio Arabella, München ( 15 %) und Radio Hundert, 6 Berlin (40 % ).
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
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Verlagshäusern das Hauptfeld der Unternehmerischen Tatigkeit indes immer noch deutlich außerhalb des Bereichs der elektronischen Medien. Auch sonst zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen dem marktübergreifenden Engagement der Verleger und dem der hoch diversifizierten Medienmischkonzerne wie dem Bertelsmann-Konzern oder der Kirch-Gruppe. Der auffalligste Unterschied liegt in der Auswahl der Geschäftsfelder. Wie bereits dargestellt, zog sich der Großteil der Verleger nach nur kurzem Engagement aus dem Fernsehgeschäft zurück und verstärkte stattdessen sein Engagement im weniger kostenintensiven Hörfunk408 . Der Hörfunk war für die Verleger in mehrfacher Hinsicht attraktiv. So lagen die für den Betrieb einer Hörfunkstation erforderlichen Anfangsinvestitionen deutlich unter dem Kapitalaufwand, der für die Veranstaltung eines Fernsehprogramms erforderlich war. Die Sender konnten ihren Werbekunden infolgedessen moderatere Preise anbieten und sich so mit der örtlichen Wirtschaft einen neuen Kundenkreis erschließen. Vor allem im lokalen Bereich konnte der private Hörfunk schnell Fuß fassen, zumal er eine Marktlücke füllte, die der überwiegend landesweit orientierte öffentlich-rechtliche Hörfunk zurückgelassen hatte. Den lokalen Zeitungsverlegern kam dabei ein besonderer Startvorteil zugute, da sie aufgrund ihrer Präsenz in der Lokalpresse über ein lokales Nachrichten- und Redaktionsnetz verfügten, das sie nun mit verhältnismäßig wenig Zusatzaufwand für beide Medien fruchtbar machen konnten. Damit ermöglichte der Hörfunk den Verlegern, ihre publizistische Alleinstellung im lokalen Bereich und somit auch ihre beherrschende Position auf den örtlichen Werbemärkten abzusichern und auszubauen409.
Nicht zuletzt deshalb ist der Hörfunk heute überwiegend lokal strukturiert410. Anders als im Fernsehen gibt es derzeit nur wenige bundesweit empfangbare Programme411 • Der Hörfunk wird von lokalen, regionalen und landesweiten Programmen geprägt. Die meisten Anbieter kommen dabei aus den Reihen der Tagespresse, namentlich der örtlichen Zeitungsmonopolisten. Die Zeitschriftenverleger und großen Medienkonglomerate zeigen sich dagegen vergleichsweise zurückhaltend. Bereits Mitte der neunziger Jahre waren die Zeitungsverleger an 84 % der lokalen Hörfunkstationen und immerhin an 64 % der landesweiten und regionalen Hörfunksender beteiligt412. Nicht nur die lokalen, auch die überregional orientierten Großverlage der Tages408 Pätzold/ Röper, MP 1995, 586 (589). Dazu bereits § 1 A. I. 3. a. und § 1 D. I. 1. Zu Struktur und Entwicklung des privaten Hörfunks zuletzt VPRT, Hörfunk in Deutschland; Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 102 ff.; vgl. auch Die Landesmedienanstalten, Rundfunk in Deutschland 1995/96, S. 94ff.; Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (160f.). 409 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (182). Vgl. schon Bopp, AfP 1989, 641 (643). 410 BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 55; Kleist, ZUM 1993, 503 (504); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (150ff., 154). 411 Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 103f.
llO
§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
presse engagierten sich im Hörfunk. So hält der Holtzbrinck-Konzern heute insgesamt 14 Hörfunkbeteiligungen im Bundesgebiet und ist damit einer der wichtigsten Hörfunkveranstalter im bundesdeutschen Hörfunk413 . Gleiches gilt für die WAZ Mediengruppe, die in Deutschland an insgesamt 17 nordrhein-westfälischen Hörfunkstationen beteiligt ist, von denen bis auf eine alle den lokalen Bereich betreffen414 . Auch der Axel Springer Verlag ist mit der Beteiligung an 17, zumeist landesweit ausgestrahlten Hörfunkprogrammen führenderAnbieterauf dem deutschen Hörfunkrnarkt415 . Dem liegt die erklärte Absicht des Konzerns zugrunde, in Gebieten, in denen er im regionalen Zeitungsmarkt stark ist, andere Medien zu erwerben416 .
Im heutigen Fernsehen sind die Zeitungsverleger dagegen vergleichsweise wenig engagiert. Die vor der Kommerzialisierung des Fernsehens vielfach prognostizierte Gefahr einer überwiegenden, multimedialen Meinungsmacht aufgrund intermediärer Verflechtungen ("Verlegerfernsehen") hat sich nicht realisiert417 . Soweit überhaupt noch Beteiligungen im Fernsehen bestehen, werden diese fast ausschließlich von den überregional orientierten Großverlagen gehalten. Diese interessierten sich dabei seit Beginn in erster Linie für das bundesweite Fernsehen418. Knapp 40 % der Fernsehbeteiligungen der Presseverlage betreffen das bundesweite Fernsehen. Auf Platz zwei folgt das Lokalfernsehen mit ca. 36 %, an dem zuvorderst die lokalen Zeitungsmonopolisten beteiligt sind. Allerdings interessieren sich neuerdings auch die überregional ausgerichteten Verlagshäuser und Medienkonglomerate wie die Kirch-Gruppe oder die WAZ Mediengruppe für das Ballungsraumfemsehen419 . Kaum verlegerische Interessen bestehen dagegen am landesweiten (ca. 17 %) und am regionalen (ca. 7 %) Fernsehen.420
Zu den im Fernsehen engagierten Verlagen zählen zum einen die in der Tagespresse führenden Verlagshäuser wie der Axel Springer-Verlag, die WAZ- und die FAZ-Gruppe sowie der Holtzbrinck-Konzern, zum anderen einige führende Zeitschriften verJage. 412 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (156); vgl. auch Pätzold/Röper; MP 1995, 586 (589). Vgl. auch Böcke/mann/Hesse, Wem gehört der private Rundfunk?, Tab. 13, S. 80. 413 Röper; MP 2001, 2 (20, 23). 414 Röper; MP 2001, 2 (25). 415 Röper; MP 2001, 2 (18). 416 Röper; MP 1997, 226 (241 f.). Beteiligungen bestehen etwa an Radio ffn (Niedersachsen), Radio FFH (Hessen), Antenne Bayern, Radio Harnburg und Radio RSH (Schleswig Holstein), Röper; MP 2001, 2 (18). 417 Hege, AfP 1995, 537 (539); Degenhart, AfP 1995, 548 (550). Kritisch (damals) zum Verlegerfernsehen etwa Mestmäcker; Recht und ökonomisches Gesetz, S. 277 f.; Bericht der Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit (Michel-Kommission) v. 25. September 1967, BT-Drucks. V /2120. 418 Böcke/mann/ Hesse, Wem gehört der private Rundfunk?, Tab. 12, S. 65. 419 Vgl. dazu bereits§ I D. II. 1. b. sowie Fußnote 444. 420 Böcke/mann! Hesse, Wem gehört der private Rundfunk?, Tab. 13, S. 80.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
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Mit wenigen Ausnahmen schwand aber auch bei diesen das Interesse an der Veranstaltung von Fernsehprogrammen zunehmend. Als Beispiel sollen die Femsehengagements des Holtzbrinck-Konzems, der Bauer Verlagsgruppe und der Burda Gruppe dienen: Das Verlagshaus Georg von Holtzbrinck ist zusammen mit der Bertelsmann AG der größte Anbieter von Büchern im deutschen Markt und einer der bedeutendsten Anteilseigner im deutschen Hörfunk421 . Das drittgrößte Medienhaus Deutschlands hat in den letzten zehn Jahren seinen Umsatz verdreifacht, sich unter den zehn auflagenstärksten Verlagsgruppen im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich etabliert und vor allem im Bereich der Wirtschaftspresse profiliert422 . Im Fernsehen beteiligte sich das Unternehmen minderheitlieh an einigen Spartenkanälen. Diese mussten zum Teil bereits wieder ihren Betrieb einstellen423 . Die Beteiligung an VOX wurde an den Bertelsmann-Konzem abgegeben424, die an SAT.l an die Kirch-Gruppe425 . Heute ist der Holtzbrinck-Konzern damit nur noch zu 28,5 % an dem Nachrichtenkanal n-tv beteiligt und verfügt sonach über keinen nennenswerten Zuschauermarktanteil mehr426 . Auch die Bauer Verlagsgruppe427 , die nicht nur im Zeitschriftenmarkt führend ist, sondern auch Beteiligungen im Hörfunk, in der Tagespresse und im Supplement-Geschäft hält, hat sich zunehmend aus dem Fernsehgeschäft zurückgezogen. Der Verlag trennte sich von seiner 50%-Beteiligung an dem von ihm mitbegründeten Frauen- und Familienkanal tm 3428, wie er sich schon zuvor von seinen Anteilen an dem ebenfalls mitbegründeten Sender SAT.1 getrennt hatte429 . Im Fernsehen ist er heute damit nur noch mit 32,2 % an RTL II beteiligt. Hier allerdings wird neuerdings - nicht zuletzt im Hinblick auf den Quotenerfolg des neuen Formats "Big Brother" - an eine Aufstockung der Beteiligung gedacht430 . Der Zuschauermarktanteil der Bauer Verlagsgruppe bewegt sich nichtsdestoweniger heute weit unter fünf Prozent43 1. 421 Röper, MP 2001, 2 (23). Der Holtzbrinck-Konzern ist unter anderem an den Verlagen Fischer, Droemer-Knaur und Rowohlt beteiligt. 422 So verlegt der Holtzbrinck-Konzern unter anderem Die Zeit, die VDI-Nachrichten, Handelsblatt, Wirtschafts-Woche, DM und die Börsen-Zeitung, Röper, MP 1997, 226 (243); ders., MP 1993, 402 (408). Kurzüberblick über die bestehenden Beteiligungen und Geschäftsfelder in Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (180 f., Abb. 8). 423 Etwa das Wetter- und Reise-TV (12,5 %), Röper, MP 1997, 226 (242); ders. , MP 1995, 310 (320). 424 Röper, MP 1994, 125 (128f.). Zu den Gründen der Beteiligung an VOX Röper, MP 1993, 56 (66). 425 Röper, MP 1997, 226 (245). 426 Röper, MP 2001, 2 (21). Ebenda zur mittlerweile profitablen Situation von n-tv. 427 Röper, MP 1997, 226 (249ff.); ders., Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 104, Tab. 4; Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (179 f.). 428 Röper; MP 1995, 310 (323). 429 Röper, MP 1993, 56 (66). 430 Röper, MP 2001, 2 (4, 26). RTL II konnte nicht zuletzt wegen "Big Brother" seinen Werbemarktanteil um fast 15 % auf insgesamt 6,1 % steigern, was einem Umsatz von 444,5 Mio. EURO entspricht, IP Deutschland, I-Punkt, Dezember 2000, S. 85.
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Eine ähnliche Entwicklung zeigt die Burda-Gruppe432 , die im Zeitschriftenmarkt zu den führenden Wettbewerbern zählt und auch in der Tagespresse aktiv ist. Obwohl das erklärte Ziel der Burda-Gruppe die Entwicklung zu einem multimedialen Medienkonzern ist, ist der Konzern in den elektronischen Medien nur noch eingeschränkt vertreten433 . Im Hörfunk hat der Konzern zwar seinen Beteiligungsbesitz deutlich ausgebaut434 und ist auch im Online-Bereich einer der größten Content-Provider Deutschlands. Als Service-Provider hat sich der Konzern jedoch weitgehend zuriickgezogen435 . Gleiches gilt für das Fernsehgeschäft. Die Beteiligungen an RTL und VOX wurden abgegeben. Der mit dem Verleger Langenscheidt und der Kirch-Gruppe geplante Sender Kabel Plus, an dem die BurdaGruppeerstmals Mehrheitseignerin gewesen wäre, wurde nicht Wirklichkeit436 . Im Fernsehen hält die Burda-Gruppederzeit nur noch Mini-Beteiligungen an RTL II (1,1 %) und lokalen Fernsehstationen in Bayern (3,1 %)4 37 . Der Burda-Gruppeist damit aktuell kein Zuschauermarktanteil im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags zuzurechnen438
Noch am stärksten sind im Fernsehen die beiden marktführenden Tagespresseverlage vertreten: der Hamburger Axel Springer Verlag und die Essener WAZ Mediengruppe. Die WAZ-Mediengruppe439 hat ihr Stammgeschäft in der Regionalpresse und engagiert sich dariiberhinaus auch intensiv im nordrhein-westfälischen und Österreichischen Hörfunk, bei lokalen Online-Diensten, im Supplement- und Zeitschriftengeschäft Im Fernsehen ist sie als ständiger Partner des Bertelsmann-Konzerns mitgewachsen und ist heute über ihre Minderheitsbeteiligung an der RTL Group indirekt und minderheitlieh an den Programmen RTL Television, VOX, RTL II und Super RTL beteiligt440. Dariiberhinaus scheint sich die WAZ-Mediengruppe neuerdings für das Ballungsraumfernsehen zu interessieren trotz der negativen Erfahrungen mit dem ehemals in Kooperation mit RTL betriebenen, landesweiten Fernsehprogramm Tele-West441 .
Röper; Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 104 u. 105, Tab. 5. Röper; Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 104, Tab. 4. Kurzüberblick über die Geschäftstätigkeit der Burda-Gruppein Röper; MP 2001 , 2 (28 ff.). 433 Röper; MP 2001, 2 (28ff.); vgl. schon ders., MP 1999, 345 (377); MP 1995, 310 (323ff.); MP 1988,749 (760f.). 434 Röper, MP 2001, 2 (30). 435 Der mitbegrundete Online Dienst Europe Online ging 1996 in Konkurs, Uni-Online wurde verkauft, Röper; MP 1997, 226 (252, 254). Zu den Anfängen Europe Onlines ders., MP 1995, 310 (323). Zum aktuellen Beteiligungsbesitz der Burda-Gruppe Röper; MP 2001, 2 (29). 436 Röper; MP 1995, 310 (326). 437 Röper; MP 2001, 2 (29); vgl. schon Röper; Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 104 f. 438 Röper; Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 105, Tab. 5. 439 Zu den Geschäftsfeldern der WAZ-Mediengruppe Röper; MP 2001, 2 (23 ff.); ders., MP 1997, 226 (247 ff.). Zu den WAZ-Titeln zählen etwa die Neue Welt oder Echo der Frau. 440 Zum Zusammenschluss von WAZ und Bertelsmann in der BW TV 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 507 und Röper; MP 2001,2 (26). 441 Röper; MP 2001 , 2 (26). 431
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Als letzter Presseverleger hatte der Axel Springer- Verlag442 mit seiner Beteiligung an SAT.l eine Unternehmerische Beteiligung an einem nationalen Fernsehprogramm, die über eine nur kapitalmäßige Beteiligung hinausging. Mit der Fusion von SAT.I und der Pro Sieben-Gruppe im Jahre 1999 verlor der Axel Springer-Verlag seinen Unternehmerischen Einfluß auf SAT.I. Heute hält er nur noch eine indirekte, minderheitliehe Beteiligung von 11,5% an den Kirch-Programmen Pro Sieben, SAT.l, N24 und Kabel 1. Es zeichnet sich ab, dass sich der Verlag demnächst von dieser nur noch finanziellen Beteiligung trennen wird443 . Im übrigen ist der Verlag mit 43% an BTI Business TV und außerdem mit gut 11% an dem lokalen Fernsehsender Harnburg I beteiligt444 . Die Anteile am Sender DSF wurden abgegeben445
Den Fernsehbeteiligungen der Verleger, soweit sie überhaupt noch bestehen, ist gemein, daß sie sich - anders als im Hörfunk - in reinen Finanzbeteiligungen erschöpfen446. In keinem nationalen Femsehprogramm, an dem Zeitungsverleger noch beteiligt sind, haben die Verleger einen beherrschenden Einfluß auf die Geschäftsführung des Senders447 . Auch vertikal agieren im Bereich der elektronischen Medien in der Regel nur die marktführenden Großverleger448 . Diese jedoch haben ihr Engagement gerade in den letzten Jahren beträchtlich intensiviert449. Dies gilt vor allem für den Bereich des Content-Providing im Internet. Neben den mittlerweile schon üblichen Webpages eingeführter Printmarken bauen die Verleger massiv ihre Angebote und Dienste im Online-Bereich aus, angefangen bei Internet-Suchmaschinen über Musik- und Kontaktbörsen bis hin zum Online-Buchhandel und jedweder Art von 442 Der Springer-Verlag steht im mehrheitlichen Besitz der Springer-Erben, Röper, MP 1997, 226 (239). Zur Gesamtverfassung des Verlagshauses Röper, MP 2001 , 2 (16ff.); Axel Springer Verlag, Geschäftsbericht 1999, S. 5 ff. 443 Röper, MP 2001, 2 (14 f.; 19). 444 Röper; MP 2001 , 2 (18). 445 Dies war bereits seit 1995 das Anliegen des Springer-Konzerns, Röper, MP 1995, 310 (317). Zu den Hörfunkaktivitäten bereits oben. 446 Hege, AfP 1995, 537 (539), sieht die Verleger überwiegend in der Rolle des "Zahlmeisters [ ... ] ohne realen Einfluß". 447 BöckelltUlnn/ Hesse, Wem gehört der private Rundfunk?, Tab. 13, S. 80. Etwas anderes gilt jedoch für die lokalen Fernsehprogramme, die jedoch insgesamt eine untergeordnete Rolle spielen. 448 Im Printbereich sind die Verleger dagegen schon traditionell stark vertikal diversifiziert. Üblicherweise sind die Presseverleger neben ihrem Engagement in Tagespresse, Publikumszeitschriften und Anzeigenblätter auch in Druck und Vertrieb, namentlich im PresseGrosso tätig. Vgl. dazu Groß, ZUM 1996, 365 (369); BVerfGE 25, 256 - Blinkfüer und BGH, NJW 1964,29. 449 Zu den Aktivitäten der Bauer Verlagsgruppe in den vertikalen Nachbarmärkten: Röper, MP 2001, 2 (26ff.); ders., MP 1997, 226 (251 f.). Zu denen der WAZ: Röper; MP 1997, 226 (247, 249). Zu denen von Holtzbrinck: Röper, MP 2001, 2 (19 ff.). Zu denen von Springer: Axel Springer Verlag, Geschäftsbericht 1999, S. 33ff.; Röper, MP 2001 , 2 (16ff.); ders., MP 1997, 226 (241); ders., MP 1995, 310 (317); ders., MP 1994, 125 (130); Notiz aus Der Spiegel vom 24. Mai 1999, 21/1999, S. l08ff.
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E-Commerce-P1attform wie etwa Springers AutoEuro, einem hersteller- und markenneutralen Onlineangebot für Autointeressierte. 450 Mehrere große Zeitungs- und Zeitschriftenverlage sind überdies in der Film- und Fernsehproduktion tätig. Dazu zählen etwa die Konzerne Springer, Holtzbrinck, Bauer und die WAZ Mediengruppe. Der Springer-Konzern ist darüberhinaus nicht unmaßgeblich im Rechtehandel engagiert. So hält er die Hälfte der Anteile an der Sportrechte-Verwertungsgesellschaft ISPR, eine der maßgeblichen Konkurrenten der CLT-UFA im Bereich des Sportrechtehandels451 • Ferner engagieren sich die Verleger unter anderem bei der Produktion von CD-ROMs, Audiotex und Videotext, der digitalen Fotobearbeitung und -Übertragung, bei Kabelgesellschaften und als Service-Provider sowie als technologische Diensileister im Online-Bereich452 .
Das Hauptfeld der verlegerischen Cross Ownerships liegt sonach im Bereich von lokaler Tagespresse und lokalem Hörfunk. Daneben gibt es vereinzelt Beteiligungen im nationalen Fernsehen und fast schon zu vernachlässigende im Lokalfernsehen. Diese werden von einer breiten Palette kleinerer, intermediärer wie vertikaler Engagements im Bereich der elektronischen Medien ergänzt. Diese reichen von der Film- und Fernsehproduktion über den Rechtehandel bis hin zu diversen Aktivitäten in den sog. neuen Medien, namentlich im Online-Bereich.
3. Gemeinschaftsaktion Digitales Pay TV Eine bislang ungekannte Qualität gewann die Cross Ownership Problematik, als das digitale Bezahlfernsehen in den Bereich des technisch Möglichen rückte. Die sich damit abzeichnenden Cross Ownerships lösten ein breites öffentliches Echo aus und veranlaßten die nationalen wie europäischen Behörden zum Tätigwerden. Abschließend soll daher auf diese besondere Form der marktübergreifenden Bigenturnskonzentration in den Medien eingegangen und die Etappen ihrer Entwicklung nachgezeichnet werden. Hierzu ist vorab darzustellen, was unter Bezahlfernsehen zu verstehen ist und was es an grundlegend Neuern mit sich bringt. Während die meisten Sender bislang rein werbefinanziert und damit für ihren Rezipienten unentgeltlich, das heißt "for free" zu empfangen sind, wird die Zukunft des Fernsehens nicht selten dem Bezahlfernsehen (Pay TV) zugesprochen453 . 450 451
Vgl. etwa Röper, MP 2001,2 (19, 21, 27, 30). Notiz aus Der Spiegel vom 24. Mai 1999, 21/1999, S. 108 (109). Vgl. bereits § 1 C.
III. 1. a). 452 Dazu im Einzelnen Röper, MP 2001, 2 (16ff., 21); ders., MP 1997, 226 (238 ff.). 453 Wachstumspotential, ökonomische und publizistische Bedeutung des deutschen Pay TV-Sektors werden dabei nicht einheitlich beurteilt: Sehr positiv Europäische Kommission, Audiovisuelle Politik 1998, S. 6 mit Verweis auf die Studie von Norcontel, Economic Implications of New Communication Technologies on the audiovisual markets, vom Mai 1997; Niewiarra, AfP 1997,766 (767); Wössner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 5. Juli 1997, S. 16. Kritisch dagegen etwa Zimmer, MP 1996, 386; van Westerloo, MP 1996, 514 (519); Wolf in den VDI nachrichten v. 20. Juni 1997, S. 10; Middelhoffin der Süddeutschen
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Aktuell entfallen nach Feststellungen des Bundeskartellamts derzeit nur 6% der Einnahmen im Fernsehmarkt auf den Bezahlsektor454 . Nach Erhebungen der KEK hielt Premiere World im Jahr 2000 einen Zuschauermarktanteil von im Durchschnitt gut 1 %455 . Beim Bezahlfernsehen stehen Veranstalter und Rezipient erstmalig in einer vertraglichen Beziehung zueinander. Da der einzelne Rezipient erfaßt und das fällige Entgelt eingezogen werden muß, macht das Pay TV anders als das rein werbefinanzierte Fernsehen eine aufwendige Vertriebsstruktur erforderlich. Die für den Betrieb (digitaler) Programme erforderlichen technischen und administrativen Dienstleistungen umfassen die Programmbouquettierung456, die Kundenverwaltung (vor allem die Zugangskontrolle der Abonnenten), die Erstellung der Abrechnungen für die genutzten Pay TV-Angebote, das Inkasso, die Bereitstellung eines Navigationssystems457 , Smartcards und Decodern. Zusammenfassend wird insoweit von dem Betrieb einer (digitalen) Plattform gesprochen. 458 Der Schutz des Pay TV-Veranstalters macht die Codierung der Programme und damit die Produktion und den Vertrieb entsprechender Decoder notwendig. Decoder spielen bei der Veranstaltung entgeltfinanzierter Dienste eine zentrale Rolle, da über diese die genannten Dienstleistungen abgewickelt werden. Sie wandeln die in die Haushalte übertragenen digitalen Signale in analoge um, die von den herkömmlichen Fernsehgeräten empfangen werden können. Ferner überprüfen sie die Zugangsberechtigung der Rezipienten (Subscriber Authorisation System) und erstellen die Abrechnungsgrundlage (Subscriber Management System)459 •
Zeitung v. 17. I 18. Januar 1998, S. 21. Vorsichtig auch die Monopolkommission in ihrem 12. Hauptgutachten: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 511. Zur dagegen prosperierenden Pay TV-Landschaft in Großbritannien und Frankreich Zimmer, MP 2000, 483. 454 Notiz aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 15. April 1999, S. 24. Zu den Interdependenzen zwischen Free TV und Pay TV Entscheidung der Europäischen Kommission Bertelsmann/ KirchiPremiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 87f.). 455 http://www.kek-online.de. 456 Dazu allgemein König, Digitales Fernsehen, S. 44 ff. 457 Dazu allgemein König, Digitales Fernsehen, S. 42 ff. 458 Zur Unterscheidung zwischen Programm- und technischer Plattform Entscheidung der Europäischen Kommission - Beeteismann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 26f.). Zusammenfassend zur Infrastruktur im Bezahlfernsehen Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 208 ff., BMWi, Digitaler Rundfunk: Startszenario 2000, S. 9 ff., 17 ff., 25 ff., 40 ff. ; Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann/Kirch/Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 19ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 16 ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission - Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20 (Rdnr. 18 ff.). 459 Das Subscriber Management System (SMS) erfaßt die zur Abrechnung erforderlichen Daten. Damit speichert es Informationen über das Sehverhalten und die Zusammensetzung der Rezipienten. Diese sind für die Vermarktung der Fernsehprogramme auf dem Werbemarkt aber auch im Hinblick auf den Zuschauermarkt außerordentlich wertvoll. Die Kontrolle über
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§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
Gerade in seiner Aufbauphase ist der Pay-TV-Sektor infolgedessen äußerst kostspielig460. Wegen des zu erwartenden, enormen Kapitalaufwands entschlossen sich die Medienhäuser Bertelsmann und Kirch, den Markt des Bezahlfernsehens gemeinsam zu erschließen. Dazu gründeten sie zusammen mit einem französischen Partner im Jahre 1991 den Abonnement-Kanal Premiere, das mittlerweile einzige Programm im deutschen Bezahlfernsehen461 . Ein entsprechendes Vorgehen war zunächst für die Fortentwicklung zum digitalen Pay TV geplant462 . Auch wenn von Pay TV und Digital TV meist in Zusammenhang gesprochen wird, so ist die Verknüpfung doch nicht zwingend. So überträgt Premiere sein Programm zur Zeit auch noch analog463 .
Hierzu wollten der Bertelsmann-Konzern, die Kirch-Gruppe und die Deutsche Telekom die Media Service GmbH (MSG) gründen464 . Diese sollte als zentrale Dienstleisterin für alle Pay-TV-Anwendungen die notwendige Infrastruktur bereitstellen und die technische, betriebliche und administrative Unterstützung der entgeltfinanzierten Fernseh- und sonstigen Kommunikationsdienste übernehmen, namentlich die Zugangskontrolle und das Kundenmanagement465 . Mit der MSG wäre eine in der Medienlandschaft einzigartige, marktübergreifende Unternehmensverflechtung entstanden. In ihr hätten sich die Marktführer in den Bereichen Programmressourcen, Programmveranstaltung und Netzbetrieb zum Betrieb einer digitalen Plattform zusammengeschlossen. Diese wäre in Deutschland ohne Konkurrenz gewesen und wohl auch geblieben, da der Start einer konkurrierenden Plattform nur noch schwer möglich gewesen wäre, zumal die MSG die mit Abstand stärksten und finanzkräftigsten Unternehmen der deutschen Medienlanddas SMS bringt dem Setreiber der digitalen Plattform daher enorme lnformationsvorteile, auch im Hinblick auf seine Konkurrenz im Veranstaltungsmarkt. Zur zentralen Bedeutung der Decoder ftir das digitale Fernsehen Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 220 ff. Zu den Funktionen und Gefahrenpotentiale der Decoder im Einzelnen König, Digitales Fernsehen, S. 35 ff. 460 Publizistisch hat das Bezahlfernsehen den Vorteil, daß die Abhängigkeit der Rundfunkveranstalter von der Werbewirtschaft gelockert wird. Zur Problematik der Werbefinanzierung bereits ausführlich unter§ I B. II. I. und§ 1 D. I. I. 461 Entscheidung der Europäischen Kommission - Beneismann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 30). 462 Chronologischer Überblick über die entscheidende Entwicklungsphase von 1984 bis 1998 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 28. Mai 1998, S. 23 sowie in Pitzer, tendenz 4 I 1997, 4 (7) (dort bis Ende 1997). Vgl. auch König, Digitales Fernsehen, S. 48 ff. 463 Zum Unterschied zwischen analoger und digitaler Übertragung bereits§ I A. I. 3. b). 464 Zum Sachverhalt zusarnrnenfassend statt vieler König, Digitales Fernsehen, S. 49 f.; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 243 ff.; Bender, Cross-Media-Ownership, S. 251 ff. 465 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (204 ff.); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (87 ff.); Röper, MP 1994, 125 (129). Zum digitalen Vertrieb siehe König, Digitales Fernsehen, S. 34 ff.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
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schaft in sich vereinigt hätte. Damit aber wären in der nahen digitalen Zukunft alle deutschen Programmveranstalter, einschließlich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, auf dieses Unternehmenstrio angewiesen gewesen. Der Bertelsmann-Konzern, die Kirch-Gruppe und die Deutsche Telekom hätten damit, vielleicht auf Dauer, die zentralen Schlüsselpositionen im deutschen digitalen Fernsehen besetzt. Dies brachte die MSG nicht nur ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. Auch von Seiten der Wettbewerbsbehörden wurden Bedenken erhoben. Im November 1994 untersagte die Europäische Kommission schließlich das geplante Gemeinschaftsunternehmen466. Die Kommission begründete ihre Entscheidung damit, daß die MSG auf dem Markt für administrative und technische Dienstleistungen für das Bezahlfemsehen, mithin auf dem Markt für digitale Plattformen, wie auch im Bezahlfernsehen selbst und auf dem deutschen Kabelnetzmarkt die beherrschende Stellung der Gesellschafter verstärkt hätte oder eine solche hätte entstehen lassen467 .
Die Untersagung löste zwischen dem Bertelsmann-Konzern und der KirchGruppe einen Wettlauf um die für das Digitalfernsehen notwendige Basistechnologie sowie einen Kampf um Mitstreiter, Programme und Zugangsberechtigungssysteme aus468. Schließlich startete die Kirch-Gruppe im Sommer 1995 mit dem Programm DF 1 ein Konkurrenzprogramm zu dem mit Bertelsmann gemeinsam betriebenen Abonnement-Kanal Premiere. Dabei strahlte DF 1 als erster deutscher Fernsehsender seine Programme digital aus. 469 Nicht zuletzt wegen des nicht unproblematischen Starts von DF 1 beschlossen der Bertelsmann-Konzern, die Kirch-Gruppe und die Deutsche Telekom im Sommer 1997 nach heftigen Kontroversen ein weiteres Mal, den digitalen Fernsehmarkt gemeinsam zu erschließen. Es sollte eine "Unternehmensgruppe Premiere" gegründet werden, in die beide Medienhäuser ihre Pay-TV-Aktivitäten einbringen wollten. Das Programm DF 1 sollte dabei künftig auf der Plattform von Premiere angeboten werden470 • 466 Nach Art. 8 Abs. 3 FKVO. Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I. Dazu König, Digitales Fernsehen, S. 48 ff.; Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (88); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (204ff.); Röper; MP 1995,310 (311). 467 Zu den tragenden Erwägungen noch im Einzelnen unter§ 3 A. III. 3. c) bb). 468 Zu den harten Auseinandersetzungen um den einheitlichen Decoderstandard und den Conditional Access (CA) vgl. Zimmer; MP 1996, 386 (395ff.); Eberle, epd/KuR v. 6. Mai 1995, S. 4. Zu dem gescheiterten Projekt der Multimediabetriebsgesellschaft (MMBG) als wettbewerbsneutraler, digitaler Plattform König, Digitales Fernsehen, S. 54 ff.; 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 513. 469 Dazu im Einzelnen Zimmer; MP 1996, 386 (398 f.). 470 Pressenotiz aus der Süddeutschen Zeitung v. 7. Mai 1998, S. 27; Pressenotiz aus den VDI nacheichten v. 27. Juni 1997, S. 11. Vgl. auch Röper; MP 1997, 226 (234).
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§ l Rechtstatsächliche Grundlagen
Trotz vehementer Unterstützung, namentlich durch die deutsche Bundesregierung471 untersagte die Europäische Kommission im Mai 1998 wie vier Jahre vorher die Gründung der Media Service GmbH nun auch den Zusammenschluß von DF 1 und Premiere472. Die Kommission beanstandete abermals, Bertelsmann und Kirch könnten über Premiere ein Monopol im Bezahlfernsehen errichten. Ein fairer Zugang neuer Wettbewerber zum deutschen Pay TV-Markt sei nach einem solchen Zusammenschluß nicht zu gewährleisten. Überdies könnten die Konzerne versucht sein, auch im werbefinanzierten Fernsehen zusammenzuarbeiten.473
Den folgenden Versuch von Bertelsmann und Kirch, ihr Ziel durch eine Änderung der Eigentümerstruktur474bei dem bereits gemeinsam betriebenen Abonnement-Kanal Premiere zu erreichen, beantwortete das Bundeskartellamt im Oktober 1998 mit einer Untersagung475 . Das Bundeskartellamt sah angesichts der schon gegenwärtig marktbeherrschenden Stellung des Senders Premiere die Gefahr, daß die geplante paritätische Aufstockung der Anteile letztlich dazu führen würde, daß mit DF I der einzige Konkurrent aus dem Markt gedrängt und damit ein dauerhaftes, unangreifbares Monopol im deutschen Bezahlfernsehen begründet würde. Zudem befürchtete das Bundeskartellamt wettbewerbsschädliche Impulse für das werbefinanzierte Fernsehen. Es sei damit zu rechnen, daß im Falle des gemeinschaftlichen Betriebs von Premiere die beiden Gesellschafter auch im werbefinanzierten Fernsehen ihre Interessen künftig gemeinsam verfolgen, namentlich sich im Werbemarkt und beim Einkauf und der Verwertung von Programmrechten stärker koordinieren würden. 476
Daraufhin zog sich der Bertelsmann-Konzern im April 1999 aus dem Bezahlfernsehen weitgehend zurück und überließ die Erschließung des digitalen Pay TV der Kirch-Gruppe. Mit Zustimmung des Bundeskartellamts übernahm die KirchGruppe für 1,6 Mrd. DM nahezu alle Premiere-Anteile des Bertelsmann-Konzerns und führte im Oktober 1999 DF 1 und Premiere unter dem neuen Namen Premiere 471 Frey, ZUM 1998, 985 (997); Notiz aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 28. Mai 1998, S. 1. 472 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1. Damit sachlich eng verknüpft war die Untersagung in der Sache Deutsche Telekom I Beta Research, Entscheidung der Europäischen Kommission Deutsche Telekom I Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31. 473 Zu den tragenden Erwägungen noch im Einzelnen unter§ 3 A. III. 3. c) dd). 474 Der Bertelsmann-Konzern und die Kirch-Gruppe wollten durch die Aufstockung ihrer Anteile auf jeweils 50% die Anteile des ausscheidenden Premiere-Gesellschafters Canal plus übernehmen. 475 Zum schon vorher erkennbaren, entschiedenen Widerstand der nationalen und europäischen Wettbewerbsbehörden gegen die von Seiten der Europäischen Kommission als Umgehungsversuch gewertete Aktion, Pressenotiz aus der WELT am SONNTAG v. 6. September 1998, S. 60; Pressenotiz aus der Süddeutschen Zeitung v. 9 . September 1998, S. 21. 476 Notiz aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 7. Oktober 1998, S. 22; Pressenotiz aus der Süddeutschen Zeitung v. 2. 13./4. Oktober 1998, S. 30.
D. Stand der marktübergreifenden Medienkonzentration
119
World zusammen. Heute bietet Premiere World über Kabel und Satellit neben dem parallel analog verbreiteten Premiumkanal Premiere ein Bouquet von über 20 digitalen Programmen an, darunter Spielfilm-, Sport- und Kinderkanäle ebenso wie Pay-per-view-Dienste. An der einzigen Pay TV-Plattform in Deutschland sind heute die Kirch-Gruppe mit 95% und die CLT-UFA noch mit 5% beteiligt. 477 Trotz der Alleinstellung stagniert die Abonnentenbasis von Premiere World bei 2,2 Mio. Kunden, knapp I Mio. weniger als geplant478 . Nicht zuletzt deshalb sucht die Kirch-Gruppe schon seit längerem die Kooperation mit Rupert Murdoch, dessen British Sky Broadcasting Group (BSkyB) sensationelle Erfolge im britischen Pay TV aufweist und der selbst mit den Beteiligungen an VOX und tm3 sowie dem spektakulären Kauf der Champions League-Rechte mehrfach den Zutritt zum deutschen Fernsehmarkt gesucht hat479 . Ende 1999 zeigte die Kirch-Gruppe an, dass sich BSkyB mit 24% an KirchPayTV beteiligen will. Trotz starker wettbewerbsrechtlicher Bedenken stimmte die Europäische Kommission dem Vorhaben im März 2000 unter Auflagen zu. Nach Klage der ARD ist die Entscheidung vor dem Europäischen Gericht erster Instanz anhängig.480
111. Zusammenfassung Den drei untersuchten Medienmärkten ist eine nicht unerhebliche Konzentrationsrate gemein. Darüberhinaus weisen sie jedoch spezifische Besonderheiten auf. Das deutsche Fernsehen wird von den bundesweit verbreiteten, zumeist terrestrisch ausgestrahlten Vollprogrammen geprägt, was nicht zuletzt auf der heute üblichen Werbefinanzierung beruht. Diesen nationalen Fernsehmarkt teilen sich im wesentlichen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die zwei großen deutschen Medienkonglomerate, der Bertelsmann-Konzern und die Kirch-Gruppe. Die sonstigen Wettbewerber, die vornehmlich aus den Reihen der überregional orientierten Verlage kommen, haben ausnahmslos keinen unternehmerischen Einfluß auf die Sender, sind vielmehr nur kapitalmäßig an den Programmen beteiligt. Der Konzentrationsgrad im deutschen Fernsehen ist daher äußerst hoch. Der deutsche Fernsehmarkt ist der lukrativste in Europa, weshalb auch ausländische Röper, MP 1999,345 (360). Stand Dezember 2000. Der Sender operiert nach wie vor hoch defizitär, Röper, MP 2001, 2 (13). Vgl. auch schon Entscheidung der Europäischen Kommission - BertelsmanniKirchiPremiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 30); Pressenotiz aus der WELT am SONNTAG v. 6. September 1998, S. 60; Notiz aus Der Spiegel vom 21. September 1998, 39 I 1998, S. 133. Zur Geschichte des Unternehmens Premiere siehe Zimmer, MP 1996, 386 (391 f.); Röper; MP 1985, 120 (120). Zum Teleclub, dem gedanklichen Vorläufer von Premiere siehe Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (140ff.). 479 Altes, MP 2000, 482 (484). 480 Entscheidung der Europäischen Kommission - BSkyB I Kirch PayTV v. 21. März 2000, ABI. 2000 Nr. C 110,45 (Case No. COMPIJV.37); dazu Altes, MP 2000,482 (484f.). Zum Einstieg Rupert Murdachs in das deutsche Bezahlfernsehen Röper; MP 2001, 2 (13 f.). 477
478
120
§ I Rechtstatsächliche Grundlagen
Medienkonzerne zunehmendes Interesse an Fernsehbeteiligungen in Deutschland zeigen. Die lokalen Fernsehprogramme mit Ausnahme des Ballungsraumfernsehens sind für die großen Medienkonzerne dagegen von nur geringem Interesse. Die Lokalsender werden daher zumeist von den lokalen Zeitungsverlegern betrieben, die oft auch die lokalen Hörfunkstationen besitzen. In den einzelnen Orten ist in Bezug auf die lokalen Informationen der Grad der intermediären Konzentration daher ausgesprochen hoch. Anders als das Fernsehen orientiert sich die deutsche Tagespresse nicht am nationalen, sondern an den lokalen bzw. regionalen Märkten. Sie zeichnet sich durch anhaltende Gewinne und eine regionale Vielfalt von über 130 selbständigen Vollredaktionen und über 350 verschiedenen Tageszeitungsverlagen aus. Die Konzentration ist hoch, wenn auch nicht so hoch wie im Fernsehen. So teilen sich neun Verlage über die Hälfte des Marktes. Unangefochtener Marktführer ist der Axel Springer Verlag, gefolgt von der WAZ Mediengruppe und anderen Verlagen wie etwa dem Verlag DuMont Schauberg, dem Holtzbrinck-Konzern, der FAZGruppe und dem Verlag Gruner+Jahr. Konzentrationsrechtlich problematisch ist hier vor allem die unverminderte Expansion der Ein-Zeitungs-Kreise. Der deutsche Zeitschriftenmarkt zeigt sich wirtschaftlich ähnlich stark wie die Tagespresse. Im Gegensatz zu dieser ist er nicht lokal, sondern wie das Fernsehen national strukturiert. Anders als das Fernsehen zeichnet sich die Zeitschriftenlandschaft aber durch eine starke inhaltliche Segmentierung und Verspartung aus. Die ausgeprägte Zielgruppenorientierung hat eine gegenständliche Vielfalt von über 1100 registrierten Zeitschriftentiteln hervorgebracht. Die Zahl der Titel wächst. Die Konzentration ist nichtsdestoweniger mittel bis hoch. Vier Verlage beherrschen knapp 60% des Marktes, wobei keiner von diesen im Verhältnis zu den anderen übermächtig ist. Zu den bestimmenden Wettbewerbern zählen neben den auch in der Tagespresse sehr erfolgreichen Verlagshäusern Springer und Gruner+Jahr die Burda-Gruppesowie die Bauer Verlagsgruppe. Die Erscheinungsformen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in der deutschen Medienlandschaft sind zahlreich und vielfältig. Es lassen sich im wesentlichen zwei Grundtypen ermitteln: Der erste Typus findet sich bei den Medienkonglomeraten, die sich im Laufe der letzten Jahre immer stärker herausgebildet und gerade im Fernsehen durchgesetzt haben. Diese zeichnen sich durch eine hohe vertikale wie diagonale Diversifikation aus, wobei das besondere Interesse der Konglomerate der vertikalen Integration ihrer Geschäftsbereiche und hier insbesondere der möglichst lückenlosen Abdeckung der Wertschöpfungskette im Bereich der elektronischen Medien gilt. Im Hinblick auf den Fernsehmarkt scheint vor allem die Verbindung von Programmveranstaltung und Rechtehandel von zentraler Bedeutung zu sein. Die andere Form von Cross Ownership findet sich bei den traditionellen Verlagshäusern, die zur Ergänzung ihrer Geschäftstätigkeit in den Printmedien auch in den Markt der elektronischen Medien expandieren. Dieser Typus von Cross
E. Ergebnis
121
Ownership ist vornehmlich intermediärer Natur. So bestehen die meisten dieser Cross Ownerships in der Verflechtung von Höifunk und Tagespresse, namentlich auf lokaler Ebene. Darüberhinaus finden sich auch Cross Ownerships zwischen Presse und Fernsehen. Hier sind zwei Gruppen zu unterscheiden. Die lokalen Zeitungsmonopolisten interessieren sich für die lokalen Fernsehstationen, während sich die überregional orientierten Großverlage auch für das bundesweit verbreitete Fernsehen interessieren, sich an diesem allerdings rein kapitalmäßig beteiligen. Ferner zählen zu diesen "ergänzenden" Cross Ownerships auch die verlegerischen Engagements in der Film- und Fernsehproduktion sowie in den neuen Medien wie insbesondere beim Content-Providing im Online-Bereich, der CD-ROM- und Videotext-Produktion. Eine gewisse Sonderrolle nimmt der Springer-Verlag mit seinen Aktivitäten im Rechtehandel ein. Von diesen "gewöhnlichen" Cross Ownerships hob sich das von den Konzernen Bertelsmann und Kirch sowie der Deutschen Telekom anvisierte Gemeinschaftsvorhaben zur Erschließung des digitalen Pay IV-Markts seiner Qualität wie auch seiner Größenordnung nach deutlich ab. Trotz intensivster Bemühungen ist dies offensichtlich nunmehr endgültig gescheitert. Nichtsdestotrotz wird auch künftig den Überkreuzverflechtungen der Medienhäuser auf dem derzeit noch weniger wichtigen, in Zukunft aber wohl nicht unbedeutenden Markt des digitalen Bezahlfernsehens besondere Beachtung zu zollen sein.
E. Ergebnis Die Cross Ownership Problematik hat im Laufe ihrer Entwicklung ihr Gesicht erheblich verändert. War die Diskussion um die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern - nicht zuletzt aus historischen Griinden - anfangs noch stark von einem bimedial-intermediären Ansatz geprägt, riickten mit den fundamentalen Umbriichen in der Medienlandschaft und dem Trend zu multimedialen, international ausgerichteten, diagonal wie vertikal hoch diversifizierten Medienmischkonzernen neue Aspekte in das Zentrum der Cross Ownership Debatte. Heute spielt der klassische Typus der Cross Ownership, die intermediäre Verflechtung von Rundfunk und Presse, nur noch lokal und hier vor allem im Verhältnis von Tagespresse und Hörfunk eine Rolle. Im Fernsehen sieht sich die marktübergreifende Medienkonzentrationskontrolle dagegen grundlegend anderen Problemstellungen gegenüber. Cross Ownerships von Fernsehveranstaltern sind weniger intermediärer als vielmehr zuvorderst vertikal-konglomerater Natur. Die großen Medienkonglomerate verfügen über ein dichtes Netz an Unternehmen, mit denen sie die Wertschöpfungskette im Bereich der elektronischen Medien abzudecken suchen. Von zentraler Bedeutung im Fernsehgeschäft ist dabei die Möglichkeit zur Mehrfachverwertung von Programminhalten. Das besondere Interesse der Konglomerate liegt daher in der effektiven Verknüpfung von Programmveranstaltung und Lizenzmarkt, auf dem zur Zeit, zumindest im Hinblick auf Spiel-
122
§ 1 Rechtstatsächliche Grundlagen
film- und Sportübertragungsrechte, ein Engpaß besteht. Schon vor diesem Hintergrund erklärt sich die Notwendigkeit, zwischenvertikal-konglomeratenund diagonal-intermediären Cross Ownerships zu unterscheiden. Grob läßt sich feststellen, daß sich den derzeitigen Marktstrukturen nach die diagonal-intermediäre Cross Ownership in erster Linie als ein Problem der lokalen Ebene, des Hörfunks und der lokalen Zeitungsmonopolisten darstellt, während die vertikal-konglomerate Cross Ownership vornehmlich ein Problem der nationalen Märkte, des Fernsehens und der großen Medienkonglomerate ist. Dies läßt sich nicht zuletzt medienökonomisch erklären. Die Werbefinanzierung des Privatfernsehens macht massenattraktive Programme mit hoher Reichweite notwendig, so daß sich landesweite oder gar lokale Fernsehsender regelmäßig nicht tragen können. Auf Bundesebene sind nennenswerte Synergieeffekte und Größenvorteile jedoch nur von den national ausgerichteten Unternehmen zu erzielen, das heißt nicht von den lokalen Zeitungsverlegern, sondern in erster Linie von den großen Medienkonglomeraten und den überregional orientierten Presseverlegern. Letzteren sind dafür die lokalen Märkte weitgehend verschlossen, da hier die örtlichen Zeitungsmonopolisten von den sich auftuenden Verbundvorteilen profitieren, allerdings regelmäßig beschränkt auf den Hörfunk. Dabei ist unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen die möglichst lückenlose Abdeckung der Wertschöpfungskette und vertikale Diversifikation für ein Fernsehunternehmen essentiell notwendig, wohingegen die intermediäre Expansion in andere Märkte der Massenkommunikation strategisch sinnvoll sein kann, nicht aber unabdingbar ist. Auch publizistisch unterscheiden sich vertikale und diagonal-intermediäre Cross Ownerships nicht unerheblich. Unter der publizistischen Wirkung bzw. Meinungsmacht eines Mediums ist dabei nicht die- nicht nachweisbare- individual-psychologische Suggestivwirkung auf den einzelnen Rezipienten zu verstehen. Ob einem Medium ein publizistisches Wirkungspotential zugerechnet werden kann, bestimmt sich vielmehr nach dessen gesamtgesellschaftlicher Wirkung. Das Fernsehen hat unstrittig einen bedeutenden, seiner Art nach einzigartigen Einfluß auf die öffentliche Meinung und hierüber auf die Strukturen und Entwicklungen in der Gesellschaft. Es ist eine "Instanz der Selektion und Sinngebung" und dient dem Einzelnen als zentrale Orientierungshilfe in der modernen, funktional ausdifferenzierten Gesellschaft4 81. Die diagonal-intermediäre Cross Ownership führt grundsätzlich immer zu einer merklichen Erweiterung dieses publizistischen Wirkungspotentials. Die vertikale Expansion in Märkte, die der eigentlichen Programmveranstaltung vor- bzw. nachgelagert sind, wirken sich dagegen nur dann auf die Meinungsmacht des Medienunternehmen aus, wenn der integrierte Markt eine Schlüsselfunktion für die Programmveranstaltung und damit einen nicht unerheblichen Einfluß auf das publi481
Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 435. Vgl. dazu ausführlich§ 1 C. II. 2.
E. Ergebnis
123
zistische Angebot im Rundfunk selbst hat. Die vertikale Diversifikation ist sonach nur dann publizistisch relevant, wenn sie einen Schlüsselmarkt betrifft. Betrachtet man die Medienmärkte, denen der höchste Einfluß auf die herrschenden Sozialauffassungen, das heißt die öffentliche Meinung zugesprochen wird, so ist festzustellen, daß auf allen eine mittlere bis hohe Konzentration besteht. Dies beruht nicht zuletzt auf den intensiven Konzentrationsimpulsen der Medienmärkte, namentlich des Fernsehmarkts. Letzterer gilt als expansiver Wachstumsmarkt mit einer Schlüsselrolle für Standort und Beschäftigung nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit. Weil sein Auf- und Ausbau nach gängiger Einschätzung nicht von staatlicher Seite, sondern nur von der Privatwirtschaft finanziert werden kann, besteht ein gesamtwirtschaftliches Interesse an einer starken nationalen Medienindustrie. Diese könnte jedoch durch Cross Ownership Beschränkungen, die den konglomeraten Strukturen und damit der Profitabilität des einzelnen Unternehmens Schranken setzen, geschwächt werden. Wirtschaftspolitische Interessen, namentlich standort- und beschäftigungspolitischer Art stehen effektiven Cross Ownership Beschränkungen daher prinzipiell entgegen. Hieraus erklärt sich, daß die deutsche wie auch die europäische Rundfunkpolitik das Thema der marktübergreifenden Medienkonzentrationskontrolle bislang eher zögerlich behandelt haben. So wird das Vorhaben einer europäischen Medienkonzentrationsrichtlinie, die Beschränkungen der Cross Ownership umfassen soll, im Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission schon seit über zehn Jahren diskutiert, nicht aber abgeschlossen. Ungeachtet dessen wirkt die europäische Politik immer stärker auf die nationalen Rundfunkmärkte ein. Dies gilt namentlich für den deutschen Rundfunkmarkt, was sich nicht zuletzt in den Entscheidungen der Europäische Kommission zum digitalen Bezahlfernsehen zeigt. Europa beschäftigt sich zunehmend mit dem Rundfunk, wie sich auch umgekehrt der Rundfunk immer stärker an den europäischen Leitvorstellungen und -konzepten orientiert. Dazu trägt die wachsende Kommerzialisierung des Rundfunksektors genauso bei wie auf der anderen Seite die zunehmende Sensibilität der Europäischen Gemeinschaft für kulturelle Belange.
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung Kern der rechtlichen Cross Ownership Kontrolle sind die Cross Ownership Beschränkungen. Hierunter werden jene landesmediengesetzlichen Regelungen gefaßt, die den Zugang der Presse zum Rundfunk beschränken482 , sowie nunmehr auch § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, nach dem bei der Ermittlung der Meinungsmacht des einzelnen Unternehmens auch dessen Stellung in anderen medienrelevanten verwandten Märkten mitzuberücksichtigen ist. Wenngleich man sich sonach weitgehend einig ist, welche Regelungen als Cross Ownership Beschränkungen anzusehen sind und welche nicht, entbehrt die Kategorie der Cross Ownership Beschränkungen dennoch klarer, abstrakt definierter Konturen. Bevor auf den Regelungsgehalt und das regulatorische Umfeld der verschiedenen Cross Ownership Beschränkungen im Einzelnen eingegangen werden kann, soll daher zunächst die spezifische Rechtsqualität von Cross Ownership Beschränkungen allgemein deutlich gemacht werden. Dazu sollen anhand einer Analyse des Wortlauts, des historischen Ursprungs, der Entstehungsgeschichte, des Normzusammenhangs und des Regelungszwecks, mithin anhand der klassischen Auslegungsmethoden483 die charakteristischen Besonderheiten der Cross Ownership Beschränkungen und die sie verbindenden Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden.
A. Grammatische Auslegung Für die grammatische Interpretation ist vom möglichen Wortsinn des Begriffs der Cross Ownership Beschränkung auszugehen. Zu berücksichtigen sind die Sprachregelung des Gesetzgebers und der Sprachgebrauch der jeweiligen Sprachgemeinschaft. 484 In der deutschen Gesetzgebung hat der Begriff der Cross Ownership Beschränkung bislang weder in den Gesetzestext noch in dessen Begründungen Eingang 482 § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW; Art. 25 Abs. 7 und Abs. 9 BayMedG; § 21 StVBB; § 10 Abs. 4 BremLMG; § 25 Abs. 2 HmbMedG; §§ 17 Abs. 8, 18 HPRG; § 39 Abs. 2 RundfG M-V;§§ 8 Abs. 7, 22 LRG Nds.; § 29 Abs. 4 LRG NRW; § 16 Abs. 8 LRG RP; §§ 50 Abs. 2 Nr. 6, 60 Abs. 5 LRG Saarland; §§ 8 Abs. 2, 6 Abs. 3 Nr. 4 SächsPRG; § 25 PRG LSA; §§ 10 Abs. 3 Nr. 7, 12 Abs. 3 LRG SH und§§ 17 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4, 18 TPRG. 483 Zippelius, Juristische Methodenlehre, § 8; Müller, Juristische Methodik, Rdnr. 480. 484 Müller, Juristische Methodik, Rdnr. 480.
A. Grammatische Auslegung
125
gefunden. Da es sonach an einer abschließenden Definition des Gesetzgebers fehlt, ist der Sprachgebrauch entscheidend. In der Fachsprache findet sich der Begriff der Cross Ownership Beschränkung schon seit Beginn der achtziger Jahre485 und wird mittlerweile vielerorts bereits vorausgesetzt486. Dabei wurde er ursprunglieh nur als Übersetzung, das heißt in Bezug auf die "Cross Ownership Restrictions" des US-amerikanischen Rundfunkrechts verwendet487 . Erst in den neunziger Jahren verselbständigte sich der Begriff der Cross Ownership Beschränkung, als "Cross Ownership" zunehmend synonym zum Begriff der Medienverflechtung gebraucht wurde, und wurde damit auch auf deutsche Sachverhalte anwendbar488. Dabei wurde unter Medienverflechtung und damit unter Cross Ownership zunächst nur die intermediäre Konzentration gefaßt. So definierte Kübler489 in seinem grundlegenden Werk zur Medienverflechtung diese als "die zumindest teilweise wirtschaftliche lntegrierung technisch oder organisatorisch unterschiedlich fungierender Ausdrucks- und Übertragungsmittel der Massenkommunikation". Wo{f90 spitzte dies zu, indem er unter Medienverflechtung ,jede Unternehmerische Zusammenfassung verschiedenartiger Veranstaltungen der Massenkommunikation" faßte. Prototyp der so verstandenen Cross Ownership war die Verflechtung von elektronischen Medien und Printmedien. Nach Ansicht Holzkämpers491 beschränkt sich der Begriff der Cross Ownership auf ebenjene Verflechtung von Presse und Rundfunk. Dieser intermediär-bimediale Cross Ownership-Begriff sah sich im Laufe der Zeit einem sehr viel weitergehenden Verständnis von Cross Ownership gegenüber. So bezeichnete Hoffmann-Riem492 neben der Verflechtung von Presse und Rund485 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (175); Hojfmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (547, 550 f.); Kühler, Medienverflechtung, S. 34 ff.; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 110ff. 486 Kleist, ZUM 1993, 503 (506); Holzer; ZUM 1995, 577 (586); Röper; MP 1996, 610 (618); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (936); Hess, AfP 1997, 680 (683); Kuch, ZUM 1997, 12 (15). 487 Kühler, Medienverflechtung, S. 34ff.; Hojfmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (547, 550f.); Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 110 ff; Bullinger; AöR 108 (1983), 161 (175). Zu diesen noch im Einzelnen unter§ 2 B. 488 Statt vieler Holzkämper; ZUM 1994, 114 (114); Wagner, AfP 1992, 1 (3); Kleist, ZUM 1993, 503 (506); Röper; MP 1996,610 (618ff.); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (936); Hess, AfP 1997, 680 (683); Kuch, ZUM 1997, 12 (15). Vgl. bereits in diesem Sinne Kühler; MP 1995,48 (53, 55); Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 115. 489 Kühler, Medienverflechtung, S. 17. Dazu kritisch Scholz, AfP 1983,261 (261 f.). 490 Wolf, Medienfreiheit und Medienuntemehmen, S. 452. In diese Richtung auch Pelny, der unter "Cross Ownership" (nur) den Tatbestand der intermediären Konzentration faßt, Pelny, AfP 1998, 35 (36). 491 Holzkämper; ZUM 1994, 114 (114). In diese Richtung auch Zmeck, AfP 1995, 545 (548). 492 Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (550f.).
126
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
funk auch die (vertikale) Verflechtung von Rundfunkveranstaltern und Kabelnetzbetreibem bzw. die (diagonale) Verbindung von Kabelnetzbetreibem und Zeitungsverlegern als Cross Ownership. Spieler493 hingegen differenzierte: Wie Holzkämper faßte er unter den Begriff der Cross Ownership ausschließlich die Verflechtung von Presse und Rundfunk. Bei dem gemeinsamen Eigentum von Kabelsystemen und Rundfunksendem sprach er dagegen von "Cable Cross Ownership", bei Verflechtungen in anderen Medienbereichen von "Cross lnvolvement". Das Europäisches Medieninstitut494 schließlich verwendete den Begriff der Cross Ownership in verschiedenen Bedeutungen. An einer Stelle benutzte es den Begriff der Cross Ownership als Synonym für die Verflechtung von Rundfunk und Presse, ein anderes Mal als Oberbegriff für alle Formen der vertikalen und diagonalen Kreuzverflechtung im Medienbereich. Im fachsprachlichen Gebrauch wird der Begriff der Cross Ownership Beschränkung demnach nicht einheitlich gebraucht. Vielmehr läßt er eine nicht unerhebliche Bandbreite an Interpretationsmöglichkeiten zu. Da sich in der rundfunkrechtlichen Literatur bislang noch kein Konsens herausgebildet hat, was genau der Begriff der Cross Ownership Beschränkung umreißen soll, ist der allgemeine Sprachgebrauch entscheidend. Der Begriff der Cross Ownership Beschränkung ist im allgemeinen Sprachgebrauch mit keiner bestimmten Bedeutung belegt. Er ist daher in seine Bestandteile aufzuschlüsseln. "Beschränkung" kommt von "beschränken", was "einschränken, begrenzen" bedeutet495 . Sehr viel undeutlicher und schillernder als der Begriff der Beschränkung ist der Terminus der Cross Ownership. Seinem unmittelbaren Bedeutungsumfang nach umschreibt er einen "Zustand ineinandergreifender Eigentumsverhältnisse"496. Hieraus lassen sich drei wesentliche Merkmale der Cross Ownership und damit die ersten Indizien für die Rechtsqualität von Cross Ownership Beschränkungen ableiten:
I. Statusbezogenheit Der Begriff der Cross Ownership bezeichnet einen Zustand, keinen Vorgang oder Prozeß. Cross Ownership Beschränkungen begrenzen sonach keine rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Prozesse wie etwa den Erwerb von Beteiligungen oder Fusionen. Vielmehr setzen sie Grenzen, wenn ein bestimmter Status eingetreten ist. Es braucht daher keiner besonderen Tatigkeit, damit Cross Ownership Beschränkungen zur Anwendung gelangen. Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. llOf., 113. Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (141, 213). Ebenso Bender, Cross-Media-Ownership, S. 30ff. 495 Duden, Fremdwörterbuch, ad beschränken. 496 Romain, Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, ad cross ownership. 493 494
A. Grammatische Auslegung
127
Anders als das allgemeine Wettbewerbsrecht, das das interne Unternehmenswachstum prinzipiell unberührt läßt, greifen Cross Ownership Beschränkungen so-
nach auch dann ein, wenn ein Unternehmen allein aufgrund eigener Markterfolge eine bestimmte Größe erreicht497 . Cross Ownership Beschränkungen geben den Medienunternehmen eine abstrakt bestimmte Größe vor, die nicht überschritten werden darf. Hierin unterscheiden sie sich grundlegend von den Regelungen des allgemeinen Wettbewerbsrechts, die schon deshalb keine entsprechende Unternehmensgröße vorgeben, da aus wirtschaftlicher Sicht die optimale Größe eines Unternehmens objektiv nicht bestimmt werden kann498 .
Begrenzungen des internen Unternehmenswachstums widersprechen der Konkurrenzlogik marktwirtschaftlicher Systeme, da sie die Unternehmen um die Früchte einer erfolgreichen Tatigkeit bringen und letztlich deren Erfolg am Markt bestrafen499 . Die wettbewerbsrechtliche Strukturkontrolle beschränkt sich daher im wesentlichen auf die Überprüfung von Unternehmenszusammenschlüssen, zurnal diese der Erfahrung nach die Hauptursachen wettbewerbsverzerrender Marktmacht bilden500. Cross Ownership Beschränkungen beruhen dagegen auf dem Gedanken, daß ein Unternehmen ab einer bestimmten Größe die Sicherung der Meinungsvielfalt ganz prinzipiell gefährde. Diese indiziere zwar nicht notwendig die Störung des ökonomischen Wettbewerbs, wohl aber die des publizistischen. Cross Ownership Beschränkungen setzen sonach nicht voraus, daß das Unternehmen seine Kapazitäten extern erweitert hat, beispielsweise im Wege eines Unternehmenszusammenschlusses oder einer Vermögensübernahme. Beispielsweise greifen sie daher auch dann ein, wenn ein Presseverlag eine rundfunkrechtliche Zulassung erwirbt und dadurch den kritischen Tatbestand erfüllt, gegen den sich die konkrete Cross Ownership Beschränkung richtet.
II. Eigentumskonzentration Dieser von Cross Ownership Beschränkungen zu kontrollierende Zustand definiert sich über die bestehende Eigentumslage. Cross Ownership Beschränkungen zählen damit zu der Kategorie von Rechtsvorschriften, die das Eigentum an den Medien regeln501 . 497 Dazu kritisch Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 15 (unter Verkennung des Unterschieds zwischen wettbewerblichem Konzentrationsrecht und Rundfunkkonzentrationsrecht Zu diesem noch unter § 3 C. I. und § 4 C. I. 2. a). 498 Rittner; Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 13, Rdnr. 5. 499 Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (311); Seemann, DV 1985,413 (434). 500 Schmidt, I., Kartellrecht, S. 145 ff. 501 Zur Entwicklung des seit Mitte der achtziger Jahre in Europa geschaffenen Medieneigentumsrechts, Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 54.
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
Cross Ownership Beschränkungen betreffen daher weder das rein tatsächliche Zusammenwirken noch die verschiedenen Formen vertraglich abgesicherter Kooperation von im übrigen rechtlich wie wirtschaftlich unverändert bleibenden Unternehmen. Im Bereich der Medien besteht eine Vielfalt unternehmenscher Kooperationsformen. Diese reichen vorn bloßen Informations- oder Erfahrungsaustausch über Absprachen und Gemeinschaftsaktionen bis hin zur Ausgliederung und dem gemeinsamen Betrieb zusammengelegter Unternehrnensbereiche. Die gemeinschaftlich durchgeführten Funktionen sind auf nahezu allen Produktionsstufen angesiedelt. So ist bei der Programmbeschaffung der gerneinsame Einkauf von Filmpaketen üblich. Auf Produktionsebene gibt es Koproduktionen. Aber auch bei der Programmveranstaltung und - verwertung werden mit der Veranstaltung regionaler Mantelprogramme oder dem gemeinsamen Verkauf und Vertrieb von Filmrechten zahlreiche Kooperationen verwirklicht. Eine entscheidende Bedeutung für die Finanzierung der Sender hatte bislang die gerneinsame Beauftragung eines Meinungsforschungsinstituts zur Ermittlung der Einschaltquoten. 502
Die zu beschränkende Cross Ownership geht vielmehr über eine bloße Kooperation oder strategische Allianz hinaus 503 . Sie setzt eine spezifische Eigentumslage voraus, mithin die integrierende Konzentration verschiedener unternehmenscher Einheiten, bei der die von den Befugnissen und Interessen eines Eigentümers ausgehende Koordination der unternehmefischen Entscheidungen an die Stelle der publizistischen wie ökonomischen Konkurrenz der ursprünglich getrennten Wirtschaftssubjekte tritt504. Cross Ownership Beschränkungen begrenzen folglich nicht die rechtgeschäftliche Handlungsfreiheit des Medienunternehmers, sondern dessen externes oder auch nur internes Unternehmenswachstum.
111. Marktübergreifende Natur Cross Ownership Beschränkungen betreffen das externe oder auch nur interne Unternehmenswachstum aber nur dann, wenn dieses "ineinandergreift" bzw. "cross" geht. Dies meint, daß sich das Unternehmenswachstum nicht auf einen Markt beschränkt, sondern vielmehr marktübergreifender Natur ist. Cross Ownership Beschränkungen lassen folglich das rein horizontal-intramediäre Untemeh502 Zur rechtlichen Problematik von Kooperationen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern BVerfGE 74, 297 (348 ff.); 83, 238 (303 ff.). 503 Zum Begriff der strategischen Allianz vgl. Schäfer-Kunz. Strategische Allianzen, S. 35 ff. 504 Vgl. Kühler; Medienverflechtung, S. 17; im Ergebnis für die heutige Sach- und Rechtslage zustimmend Scholz. AfP 1983, 261 (261). Diskutiert wird, bestimmte sonstige Unternehrnensverbindungen, wie beispielsweise personelle oder familiäre Verflechtungen, spezifische Vertragsbeziehungen oder starke finanzielle Abhängigkeiten, den eigenturnsrechtlichen Einflußmöglichkeiten gleichzustellen. Zu diesen sog. beteiligungsgleichen Tatbeständen Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (145 ff.).
B. Historische Auslegung
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menswachstum unberührt und beschränken sich auf die Formen vertikaler oder diagonaler Eigentumskonzentration.
Cross Ownership Beschränkungen finden daher keine Anwendung, wenn ein Fernsehveranstalter sich an einem weiteren Fernsehprogramm beteiligt, selbst wenn das bislang betriebene Programm ein lokales Vollprogramm und das neue ein bundesweit ausgestrahltes Spartenprogramm ist. Cross Ownership Beschränkungen können aber zum Einsatz kommen, wenn sich der Fernsehveranstalter an einer digitalen Plattform oder an einer Agentur beteiligt, die mit Film- oder Sportrechten handelt. Gleiches gilt, wenn er einen Online-Dienst eröffnet oder sich für eine Beteiligung an einem Zeitungsverlag interessiert. Entscheidend ist, daß die zu kontrollierende Eigentumskonzentration ein marktübergreifendes Element besitzt. Seinem Wortlaut nach beschränkt sich der Begriff der Cross Ownership dabei nicht auf die nur intermediäre Eigentumskonzentration. Vom möglichen Wortsinn herumfaßt er neben den diagonal-intermediären Verflechtungen auch das vertikale und auch das nicht intermediär-diagonale Unternehmenswachstum. Eine sachliche Eingrenzung der Märkte läßt sich aus dem Wortlaut nicht ableiten. Der Begriff der Cross Ownership geht sonach weiter als der der Medienverflechtung.
IV. Zusammenfassung Legt man den möglichen Wortsinn zugrunde, so meint Cross Ownership Beschränkung eine Norm, die einen eigentumsrechtlich definierten Zustand marktübergreifender Art begrenzt.
B. Historische Auslegung Die Vereinigten Staaten von Amerika nehmen im Bereich der Medien bei der Einführung neuer Techniken, den hieraus resultierenden Veränderungen in der Gesellschaft, im Wirtschafts- und auch Rechtssystem nicht selten eine Vorreiterrolle ein505 . So hat auch der Begriff der Cross Ownership Beschränkung seine historischen Wurzeln im anglo-amerikanischen Raum. Für ein besseres Verständnis der Cross Ownership Beschränkung bietet sich daher ein Blick auf dessen US-amerikanischen Ursprünge an. Dabei können die in den Vereinigten Staaten gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse jedoch nicht ohne Vorbehalt auf das deutsche Rundfunksystem übertragen werden, da sich die OS-amerikanischen Medienmärkte von den deutschen nach ihren historisch-gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen in wesentlichen Punkten unterscheiden 506.
sos Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (30); Korn, ZUM 1994, 625 (625). 9 Tschon
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Regelungsgehalt und rechtliche Bedeutung der US-amerikanischen Cross Ownership Restrietions lassen sich nicht ohne einen - im Rahmen dieser Untersuchung notwendig kursorischen - Überblick über das US-amerikanische System der Rundfunkkonzentrationskontrolle erfassen. Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika entstand in bewußter Abgrenzung zu den etatistisch-staatswirtschaftlichen Traditionen des alten Europa. Infolgedessen wurden die Märkte und damit auch der Rundfunk prinzipiell privaten Unternehmen überlassen. Allgemeine Auffassung war, daß nur eine möglichst große Vielfalt an unabhängigen Programmanbietern die verfassungsrechtlich geschützte Kommunikationsfreiheit am besten gewährleisten könne507 . Hieraus resultierte die privatwirtschaftliche Grundstruktur des US-amerikanischen Rundfunksystems, das als der Prototyp des kommerziellen Konkurrenzfunks gilt508 . Das nichtkommerzielle und zum Teil aus öffentlichen Mitteln finanzierte Public Broadcasting System in den Vereinigten Staaten hat eine verschwindend geringe Bedeutung. Anders als der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Europa ist das Public Broadcasting weder seiner materiellen Ausstattung noch seiner Reichweite nach eine relevante Marktgröße.509
Die normative Grundlage des US-amerikanischen Rundfunksystems bildet der Communications Act von 1934510, der im Jahre 1996 grundlegend reformiert worden ist (Telecommunications Act)511 . Seine Umsetzung obliegt der Federal Communications Comrnission (FCC)512 • Diese steht dabei nicht an Stelle, sondern für den Bereich der elektronischen Medien neben den für die Durchsetzung der allgemeinen Antitrustgesetze zuständigen Behörden513 .
506 Vgl. Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (568); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (199). soo Red Lion Broadcasting Co. v. FCC, 395 U.S. 367, 389 (1969) unter Hinweis auf Associated Press v. United States, 326 U.S. 20 (1945). Vgl. Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (529 f.). 508 Hoffmann-Riem, AöR llO (1985), 528 (530); Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (24). 509 Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 418. Zu der zunehmend in die Kritik geratenen Finanzierung des Public Broadcasting aus öffentlichen Mitteln siehe Widlok, MP 1995, 282. 510 §I (47 U.S.C. § 151). 511 Telecommunications Act of 1996, Pub. L. No. 104-104, llO Stat. 56 (1996). Dazu Wemmer, AfP 1996,241 (244ff.). 512 Zur Besetzung und Stellung der FCC Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 420; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 131 ff.; Wemmer, AfP 1996,241 (242); Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (24). 513 Zu diesen zählen die Antitrust-Division (A.D.), eine Abteilung des Federal Department of Justice (DoJ), und die Federal Trade Commission (FTC). Zur Kompetenzabgrenzung Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 421 f.; Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 134 f. Zu den Rechtsgrundlagen und Grundzügen des OS-amerikanischen Antitrustrechts Schmidt, I., Kartellrecht, S. 245 ff.
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Zentrales Element des Rundfunksystems ist die Lizenzierungspflicht für Rundfunkveranstalter514. Diese war bereits im Jahre 1927 eingeführt worden (Radio Act), um das Frequenzchaos -auch im Interesse der Rundfunkindustrie selbst- zu ordnen. So stellte der Supreme Court im Jahre 1943 fest: "With everybody on the air, nobody could be heard"515 . Die daran anknüpfende und nach dem First Amendment der US-arnerikanischen Verfassung516 an sich ausgeschlossene hoheitliche Regulierung des Rundfunks wurde mit den technischen Rahmenbedingungen, namentlich der Knappheit (,.scarcity") der zur Verfügung stehenden Sendefrequenzen gerechtfertigt517 . Demnach kann der Betrieb von Rundfunkstationen nur wegen des Frequenzmangels nicht in das Belieben des Einzelnen gestellt werden. Prinzipiell gehören die Sendefrequenzen der Allgemeinheit. Die von der FCC vergebenen Lizenzen werden daher nur befristet518 und zudem unter der Auflage erteilt, diese im öffentlichen Interesse (,.public interest") zu verwenden. In der Praxis genießen die Inhaber von Lizenzen jedoch faktisch Bestandsschutz, da die Lizenzen nach Fristablauf wegen der getätigten Investitionen und geschaffenen Arbeitsplätze typischerweise wieder an ihre bisherigen Inhaber vergeben werden. Neue Wettbewerber sind daher in der Regel darauf angewiesen, Sender und Frequenzen von bisherigen Lizenzinhabern zu erwerben. 519
514 Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 419. Demgegenüber unterliegt die Presse keiner besonderen medienrechtlichen Regulierung. Eine hoheitliche Regulierung der Presse würde das First Amendment verletzen (Trinity Methodist Church, South v. Federal Radio Commission, 62 F. 2d 850 (D.C. Cir. 1932), zum First Amendment Fußnote 516). Selbst die Anwendbarkeit des allgemeinen Antitrust-Rechts auf den Bereich der Presse war mit Blick auf das First Amendment lange strittig. Seit der Grundsatzentscheidung Associated Press steht die grundsätzliche Anwendbarkeit der Antitrustgesetze jedoch fest (Associated Press v. United States, 326 U.S. 1 (1945)). Dennoch gab es bislang nur wenige antitrustrechtliche Aktivitäten gegen die Presse. Im Ergebnis ist die US-amerikanische Zusammenschlußkontrolle in der Presse erheblich weniger effektiv als die deutsche Pressefusionskontrolle. Dazu Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 93 ff.; Wemmer, AfP 1996, 241 (242). 515 National Broadcasting Co. v. United States, 319 U.S. 190, 212 (1943). Vgl. Wemmer, AfP 1996, 241 (242). 516 Darin heißt es "Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abriding the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the government for a redress of grievances". Zum verfassungsrechtlichen Hintergrund des US-amerikanischen Medienkonzentrationsrechts Korn, ZUM 1994,625 (625 f.). 517 Franklin, Mass media law, S. 718 ff. Vgl. auch Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (534f.); Grimm, Rundfunkrechtsprechung in Amerika und Deutschland, S. 529 (530ff.); Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 131 ff. Die hoheitliche Regulierung erfolgte damals nicht gegen den Willen der Rundfunkindustrie, sondern vielmehr auf deren ausdrücklichen Wunsch hin, Hoffmann-Riem, AÖR 110 (1985), 528 (530 f.). 518 § 1241 (a), 47 U.S.C. 307 (c) (1982) i. V. m. Titel II, § 203 Telecommunications Act. 519 Vgl. Television Deregulation, 98 F.C.C. 2d at 1091-96, 56 P & F Rad. Reg. 2d at 1017-20 (1984); Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (562f.); Wemmer, AfP 1996, 241 (243).
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Unter öffentlichem Interesse wird dabei vor allem das Interesse der Rezipienten verstanden ("interest of the listening public")520. Dieses beinhaltet das Gebot, der Öffentlichkeit die bestmöglichste Leistung der Lizenzinhaber zu sichern ("ability of the licensee to render the best practical service to the community reached by his broadcasts")521 . Vor allem aber hätten die Rezipienten das Recht, "to receive suitable access to social, political, esthetic, moral, and other ideas and experiences", mithin das Recht auf eine publizistische Vielfalt im Rundfunk522. Kollidieren die Rechte der Öffentlichkeit mit den individuellen Rechten der Rundfunkveranstalter genießt das der Gesamtheit den Vorrang ("the right of viewers and listeners, not the right of the broadcasters [ ... ] is paramount")523 . Zu diesen die Rechte der Rundfunkveranstalter einschränkenden Gründen des öffentlichen Wohls zählt die FCC auch die Verhinderung einer übermiij]igen Eigentumskonzentration im Rundfunk524. Nach Auffassung der FCC erfordert die Sicherung einer publizistischen Vielfalt in den Medien, daß die Kontrolle der Massenmedien in möglichst vielen verschiedenen Händen liegt. Es müsse ein Höchstmaß an Wettbewerb hergestellt werden. Auch wenn die FCC ihre Tätigkeit rein kommunikationspolitisch begründet525 , das heißt nicht mit den wirtschaftlichen, sondern mit den publizistischen Auswirkungen einer übermäßigen Medienkonzentration, sieht sie dennoch die Eigentümerstruktur als probaten Ansatzpunkt für eine effektive Vielfaltssicherung an, da ihrer Ansicht nach nur eine breite Streuung des Medieneigentums die Voraussetzungen für einen funktionierenden publizistischen Wettbewerb schafft526. Damit übertrug die FCC die These des USSupreme Courts, zur Sicherung der publizistischen Meinungsvielfalt in der Presse müsse eine möglichst umfassende Information aus verschiedenen und antagonistischen Quellen nicht nur gegen staatliche, sondern auch gegen Maßnahmen privater Unternehmen gesichert werden, auf den Bereich der elektronischen Medien. In der Grundsatzentscheidung Associated Press stellte der US-Supreme Court fest: "The First Amendment rests on the assumption that the widest possible dissemination of information from diverse and antagonistic sources is essential to the welfare of the public" 527 . 520 521
522
(626).
National Broadcasting Co. v. United States, 319 U.S. 190,216 (1943). FCC v. Sanders Brothers Radio Station, 309 U.S. 470, 475 (1940). Red Lion Broadcasting Co. v. FCC, 395 U.S. 390 (1969). Dazu Korn, ZUM 1994, 625
523 Red Lion Broadcasting Co. v. FCC, 395 U.S. 390 (1969). Zum Vergleich des OS-amerikanischen "public interest" mit der bundesdeutschen Grundrechtskonzeption siehe Hoffmann-Riem, AöR llO (1985), 528 (533 ff.) sowie Grimm, Rundfunkrechtsprechung in Amerika und Deutschland, S. 529 ff. 524 Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 423; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 132 f. 525 Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 135 f. 526 Zu den gleichlautenden Annahmen in der deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit sowie auf europäischer Ebene § 2 E. I. 1. a). 527 Associated Press v. United States, 326 U.S. 20 (1945).
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Ausgangspunkt der Rechtsprechung ist dabei das "profound national comrnitrnent to the principle that debate on public issues should be uninhibited, robust, and wide-open, and that it rnay weil include vehement, caustic, and sornetirnes unpleasantly sharp attacks" 528.
Dem öffentlichen Interesse sei am besten mit einem "free trade in ideas" gedient529. An diese Vorstellung eines freien Marktes an Ideen knüpfen heute diejenigen an, die in der Debatte um Art und Umfang der künftigen Kommunikationsordnung in Deutschland für eine grundlegende Neuorientierung des deutschen Rundfunkrechts eintreten530. Vor diesem Hintergrund entwickelte die FCC eine ausdifferenzierte Entscheidungs- und Regelungspraxis, die die Basis des US-amerikanischen Rundfunkkonzentrationsrechts darstellt. Dabei sind prinzipiell zwei Kategorien an Konzentrationsbestimmungen zu unterscheiden. Zur ersten Gruppe zählen die konzentrationsrechtlichen Regelungen, die sich auf den Bereich der elektronischen Medien beschränken und in verschiedener Art und Weise das Mehrfacheigentum an Rundfunksendem begrenzen. Den Beginn machte die im Jahre 1940 erlassene Duopoly Rule, die das Mehrfacheigenturn an Kurzwellensendern untersagte, sofern diese weitgehend dasselbe Sendegebiet abdeckten531. Diese Duopoly Rule wurde in den folgenden Jahren auf das Mehrfacheigenturn an Fernsehstationen und Mittelwellensendem erweitert532 . Im Jahre 1970 verschärfte die FCC die ergangenen Duopoly Rules zu der sog. One-to-a-market-Rule 533 . Demach durfte eine Person grundsätzlich innerhalb eines Sendegebiets nur eine Rundfunkstation betreiben, ohne daß es auf die Art des betriebenen Rundfunks ankarn534. Diese auf den lokalen Bereich beschränkten Bestimmungen wurden durch Regelungen ergänzt, die das Medieneigenturn auf nationaler Ebene betrafen, die sog. Multiple Ownership Rules. So erließ die FCC im Jahre 1941 eine Regelung, dernach eine Person bundesweit maximal drei Fernsehsender besitzen durfte535 . Drei Jahre später wurde die Grenze auf fünf Stationen erhöht536. Im Jahre 1954 verfügte die FCC, daß eine Person maximal sieben 528 New York Times Co. v. Sullivan, 376 U.S. 254,273 (1964). 529 Abrarns v. United States, 250 U.S. 616, 630 (1919) (Holmes, J, joined by Brandeis, J. dissenting). Vgl. Clarksburg Publishing Co. v. FCC, 225 F. 2d 5ll (D.C. Cir. 1955). 530 Dazu noch im Einzelnen unter§ 4 C. II. I. b) bb). 531 Duopoly Rule, 5 Fed. Reg. 2382, 2384 (1940). 532 Duopoly Rule, 6 Fed. Reg. 2284, 2285 (1941); Duopoly Rule, 8 Fed. Reg. 16065 (1943). 533 First Report & Order, Docket No. 18ll0, 22 F.C.C. 2d, 306 (1970); 35 Fed. Reg. 5948 (1970). Vgl. zu der der Regulierung vorangegangenen Debatte Bender, Cross-Media-Ownership, S. 270. 534 In the Matter of Arnendrnent of Section 73.35, 73.240, and 73.636 of the Commission's Rules Related to Multiple Ownership of Standard, FM and Television Stations (Docket No. 18110), 22 F.C.C. 2d, 306 (1970). Vgl. Frank/in, Mass rnedia law, S. 847f. 535 6 Fed. Reg. 2284 (1941). 536 9 Fed. Reg. 5442 (1944).
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Mittelwellen-, sieben Kurzwellen- und sieben Fernsehstationen besitzen oder unmittelbar oder mittelbar kontrollieren durfte537 . Diese 7-7 -7-Rule wurde nach und nach bis zur 20-20-20-Rule gelockert, dabei jedoch um eine Marktanteilsgrenze ergänzt. Danach durfte ein Unternehmen maximal 25% aller Fernsehhaushalte in den Vereinigten Staaten erreichen 538. Mit dem Telecommunications Act schließlich wurden alle nationalen Beteiligungsbeschränkungen aufgehoben und die Marktanteilsgrenze auf 35% erhöht539. Auch die lokalen Beschränkungen wurden entschärft, allerdings in insgesamt geringerem Umfang540.
Neben diese Regelungen stellte die FCC die Gruppe der sogenannten Cross Ownership Restrictions, die sich von ersteren dadurch unterschieden, daß sie Märkte außerhalb der elektronischen Medien in die Konzentrationsbetrachtung miteinbezogen. Die Cross Ownership Restrietions bezogen sich dabei ausschließlich auf die lokale Verflechtung von Tagespresse und Rundfunk541 • Die FCC vertrat die Ansicht, daß sich lokale Tageszeitungen und lokale Fernsehstationen wirtschaftlich wie publizistisch strukturell ähnlich seien. Sei es aber nach der "One-to-a-market"Rule verboten, zwei Fernsehstationen innerhalb desselben Verbreitungsgebiets zu betreiben, so könne vom Grundsatz her nichts anderes für das gemeinsame Eigentum an einer lokalen Tageszeitung und einer lokalen Fernsehstation gelten. Demgemäß erließ die FCC im Jahre 1975 in ihrem "Second Report & Order" die erste Cross Ownership Restriction 542. 537 Docket No. 10822, 43 F.C.C. 2797 (1954). Zu der zurückgezogenen "Top 50 Market Policy" siehe Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 137 f. 538 Amendment of § 73.3 555 of the Commission's Rules Relating to Multiple Ownership, 56 R.R. 2d 859 (1984). Dazu Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 422f., 424f. Zu den Ausnahmen siehe Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (549) m. w. N. 539 Telecommunications Act of 1996, Pub. L. No. 104-104, 110 Stat. 56 (1996). Dazu etwa Ring, ZUM 1996, 448 (452f.); Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 422. Zur Deregulierung infolge des angestrebten Ausbaus des "Information Superhighway" bereits unter § 1 A. II. 3. 540 So hielt die FCC an der Duopoly Rule generell fest, erweiterte jedoch den Ausnahmekatalog. Auch die One-to-a-market-Rule wurde lediglich gemildert. So darf etwa ein Fernsehveranstalter bis zu vier Hörfunkstationen betreiben, wenn im seihen Gebiet weitere 10 unabhängige Stimmen ("independent voices") bestehen. Dies können Fernseh-, Radioprograrnme, aber auch Tageszeitungen sein. Dazu Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 425 f. Vgl. auch Bender; Cross-Media-Ownership, S. 271 f. m. w. N. 541 Vgl. Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 136; Frank/in, Mass media law, s. 846ff. 542 Docket No. 18110, 50 F.C.C. 2d 1046 (1975), reconsidered 53 F.C.C. 2d 589 (1975) = C. F. R. 47 §§ 73.35, 73.240, 73.636 (1979); rev'd sub nom. National Citizens Committee for Broadcasting v. FCC, 555 F. 2d 938 (D.C. Cir. 1977), rev'd FCC v. NCCB, 436 U.S. 775 (1978). Zum ursprünglichen Regelungsvorschlag der FCC zum Problem der Cross Ownership, Further Notice of Proposed Rulemaking, 22 F. C. C. 2d 339 (1970). Zur vorangegangenen politischen Entwicklung und öffentlichen Diskussion Spieler; Fusionskontrolle im
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Diese verbot die Erteilung einer Fernseh- oder Radiolizenz an einen Antragsteller, der innerhalb des Sendegebiets eine Tageszeitung besaß oder kontrollierte. Von der Entflechtungsanordnung blieben jedoch 90% der Cross Ownerships unberührt, da bereits bestehende Verflechtungen weitgehend ausgenommen wurden (.,grandfathering"). Nur bestehende Doppelmonopole wurden entflochten, jedoch mit Ausnahme des Hörfunks543 . Bei künftigen Verkäufen mußten allerdings auch die von der Entflechtungsanordnung nicht betroffenen Cross Ownerships getrennt und an verschiedene Eigentümer verkauft werden.
Die US-amerikanische Rundfunkwirtschaft griff die Cross Ownership Rule erfolglos an. Der US-Supreme Court bestätigte die Regelungsbefugnis der FCC für Cross Ownerships ebenso wie die Verfassungsmäßigkeit der Cross Ownership Rule544. Dabei stellte er fest, daß der Schluß von der wirtschaftlichen Eigentümervielfalt auf die publizistische Vielfalt in den Medien legitim sei. Die Cross Ownership Restrietions für die Lokalpresse wurden im Zuge der allgemeinen Deregulierung unter der Reagan-Administration nach und nach gelokkert545. Trotz der Deregulierungsimpulse des Telecommunications Acts bestehen sie derzeit unverändert fort und wurden auch nicht im Rahmen der "waiver policy" der FCC aufgehoben. So darf auch heute kein Verleger im Verbreitungsgebiet seiner Zeitung ein Fernseh- oder Hörfunkprogramm veranstalten oder auch nur zu Eigentum haben. Gewisse Ausnahmen erlaubt die FCC lediglich, wenn sich die Verbreitungsgebiete des Rundfunkprogramms und der Zeitung nur gering überschneiden546. Medienbereich, S. 111, 139 f. ; Frank/in, Mass media law, S. 848; Bender, Cross-MediaOwnership, S. 272 ff. 543 Hörfunk-Tagespresse-Monopole waren nicht zu entflechten, wenn im seihen Verbreitungsgebiet eine lokale Fernsehstation ansässig war, die nicht zu der Unternehmensgruppe des Monopolisten gehörte. Vor allem wegen des "grandfathering" hatte die Regelung eine nur geringe Wirkung und wurde daher vielfach kritisiert (vgl. etwa Zuckman I Mason, 60 A.B.A.J., 1570 (1974)). Dazu Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 141; Bender, Cross-Media-Ownership, S. 274; vgl. auch Ho.ffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (550); Kühler, Medienverflechtung, S. 39 f. Zur Effektivität des OS-amerikanischen Rundfunkrechts insgesamt Ho.ffmann-Riem, AöR 110 ( 1985), 528 (568 ff.). 544 National Citizens Committee for Broadcasting v. Federal Cornrnunications Commission, 436 U.S. 775, 804ff. (1978). Allerdings lehnte der US-Supreme Court die vom Court of Appeals for the Distriel of Columbia angeordneten Entflechtungen bestehender Cross Ownerships, die über die von der FCC vorgesehenen Entflechtungen hinausgingen, ab (NCCB v. FCC, 555 F. 2d 938, 947, 948, 966 (D. C. Cir. 1977)). Zur Zuständigkeit der FCC Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 144m. w. N. 545 Vgl. FCC, Report and Order in the Matter of Deregulation of Radio, 84 F.C.C. 2d 968 (1981); Report and Order in the Matter of Revision of Programming and Commercialization Policies, Ascertainment Requirements, and Program Log Requirements for Cornrnercial Television Stations, 98 F.C.C. 2d 1076 (1984); Ho.ffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (536ff.); Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 146f.; Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (28). 546 Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 426; Bender, CrossMedia-Ownership, S. 274. Vgl. auch Veraldi, 8 St. Thomas Law Review, 349, 371 (Fn. 160) (1996).
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Neben den Cross Ownership Restrictions, das heißt der Verflechtung von Lokalpresse und Lokalfunk widmete sich die FCC auch in anderen Beziehungen dem Problem der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien, wurde dabei aber zunehmend von der Politik gestoppt. So verbot der Cable Act aus dem Jahre 1984 auch das gemeinsame Eigentum an Kabelfernsehsystemen und lokalen Fernsehstationen bzw. nationalen Networks547. Lokal durfte der Veranstalter eines lokalen Fernsehprogramms demnach nicht an dem örtlichen Kabelfernsehsystem beteiligt sein. Auf nationaler Ebene durfte kein Network an einem Kabelfernsehsystem beteiligt sein, an das mehr als 10 % der V S-amerikanischen Kabelhaushalte angeschlossen waren 548 . Ferner war es Telefongesellschaften verboten, ein Kabelnetz in ihrem Versorgungsgebiet zu betreiben. Im Jahre 1992 wurden diese Eigentumsbeschränkungen im Zuge der allgemeinen Deregulierung gelockert und im Jahre 1996 schließlich im Telecommunications Act weitgehend aufgehoben549 . Ebenfalls zunächst gelockert und schließlich im Jahre 1995 aufgehoben wurden die zum Schutz der networkunabhängigen Produzenten ergangenen "financial interest and syndication"-Rules (sog. "Fin I Syn Rules"). Diese verboten den Networks, ihre Programme selbst zu produzieren und weiterzuvermarkten, nachdem diese im Weiterverwertungsmarkt ("syndication market") angelangt waren ("financial interest") sowie mit Fremdrechten zu handeln. Vertikale Verflechtungen sind seitdem weitgehend unbeschränkt. 550 Die Kontrolle anderer intermediärer Verflechtungen wurde diskutiert. So erwog die FCC in den siebziger Jahren eine Beschränkung der Eigentumsverflechtung von lokalen Kabelnetzbetreibern und Lokalpresse. Gute zehn Jahre später stellte sie jedoch fest, daß insoweit kein Regelungsbedürfnis bestünde551 .
547 Cable Communications Policy Act of 1984, Pub. L. No. 98-549, 98 Stat. 2779 (1984) (47 U.S.C. §§ 521-559). Dem war eine Verwaltungsvorschrift der FCC aus dem Jahre 1970 vorangegangen, die die Überkreuzbeteiligung von Kabelnetzbetreibem und Fernsehveranstaltern verbot. Eine weitere bundesgesetzliche Kodifikation dieser Verwaltungsvorschrift der FCC findet sich im Cable Television Consumer Protection and Competition Act des Jahre 1992 (Pub. L. No. 102-385, 106 Stat. 1460 (1992)). Dazu Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528; Kom, ZUM 1994, 625 (627); Wemmer, AfP 1996, 241. Zum Kabelfernsehen in den Vereinigten Staaten allgemein Franklin, Mass media law, S. 908 ff. 548 Kom, ZUM 1994,625 (627). 549 Telecommunications Act of 1996, Pub. L. No. 104-104, 110 Stat. 56 (1996), Sec. 202 (i). Dazu etwa Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 34 ff. Zu den Rechtsstreitigkeiten um diese Eigentumsbeschränkungen, Wemmer, AfP 1996, 241. Zur Aufhebung des Verflechtungsverbots zwischen Kabelnetzbetreibern und Telekommunikationsunternehmen Bender, Cross-Media-Ownership, S. 279 ff. Bestehen geblieben sind vereinzelte Beschränkungen des gemeinsamen Eigentums an verschiedenen Arten von Kabelfernsehsystemen (sog. "MMDS/SMATV-Cable"-Verflechtungen), dazu Kom, ZUM 1994,625 (627); Bender, Cross-Media-Ownership, S. 281 f. 550 Die Landesmedienanstalten, Medienkonzentrationsbericht 2000, S. 425; Frank/in, Mass media law, S. 846, 856 ff. Die Zulassung der Programmvermarktung durch die Networks war einer der entscheidenden Auslöser der großen Fusionswelle Mitte der neunziger Jahre, Kleinsteuber, Aus Politik und Zeitgeschichte, B 8-9/96, S. 22 (24) (dazu bereits§ 1 A. II. 3. ). 55 1 Diversification of Control of Community Antenna Television Systems, F.C.C. 2d 170, 171 - 172 (First Report 1972). V gl. Bender, Cross-Media-Ownership, S. 275 ff.
C. Genetische Auslegung
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Es kann daher zusammengefaßt werden, daß jenseits der eigentlichen Cross Ownership Restrietions nahezu alle Beschränkungen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien im Zuge der industriepolitisch motivierten Deregulierung weggefallen sind und sich die FCC sonach aus dem Bereich der marktübergreifenden Medienkonzentrationskontrolle weitgehend zurückgezogen hat.
Historisch betrachtet zeichnen sich Cross Ownership Beschränkungen sonach zunächst dadurch aus, daß sie dem öffentlichen Interesse an einer publizistischen Vielfalt in den Medien dienen. Diese Vielfaltssicherung setzt nach Ansicht der FCC und der US-amerikanischen Verfassungsgerichtsbarkeit eine breite Bigenturnsstreuung in den Medien voraus. Das öffentliche Interesse an einer publizistischen Vielfalt und damit an einer Eigentümervielfalt in den Medien setzt den individuellen Rechten der Rundfunkveranstalter Grenzen. Eine Erscheinungsform dieser Grenzen stellen die Cross Ownership Beschränkungen dar. Die US-amerikanischen Cross Ownership Beschränkungen sind dabei keine Instrumente der allgemeinen Anti-Trust-Politik und fallen daher auch nicht in den Zuständigkeitsbereich der allgemeinen Wettbewerbsbehörden. Vielmehr sind sie angesichts ihres spezifisch kommunikationspolitischen Regelungsziels Bestandteil des medienspezifischen Sonderrechts im Rundfunksektor, das neben dem allgemeinen Wettbewerbsrecht steht, momentan allerdings kontinuierlich abgebaut wird. Eingebettet sind die Cross Ownership Beschränkungen in ein Lizenzierungssystem, in dem sie als materielle Zulassungsvoraussetzungen für lokale Fernsehund Radioveranstalter eine Rolle spielen, die in ihrem Sendegebiet eine lokale Tageszeitung besitzen oder kontrollieren. Die US-amerikanischen Cross Ownership Restrietions sind sonach rundfunkspezifische Regelungen, die die Verflechtung von Rundfunk und Tagespresse im lokalen Bereich betreffen.
C. Genetische Auslegung Als nächstes ist der Entstehungsgeschichte der Cross Ownership Beschränkungen nachzugehen. Die genetische Auslegung fragt danach, wie es zum Erlaß der Cross Ownership Beschränkungen kam, insbesondere welche Sinnvorstellungen und Regelungsabsichten diesem zugrundelagen 552 . Die Entstehungsgeschichte der Cross Ownership Beschränkungen wurde nicht zuletzt von der Rechtsprechung des Bundesvetfassungsgerichts beeinflußt. Dieses ging erstmalig im Jahre 1986 auf das Problem der marktübergreifenden Bigenturnskonzentration in den Medien ein553 . Anlaß war die Überpriifung des nieder552 Zur Abgrenzung von historischer und genetischer Interpretation siehe Müller. Juristische Methodik, Rdnr. 480. 553 BVerfGE 73, 118 (175ff.). Zum Niedersachsen-Urteil Grimm, RuF 1987, 25; Stock, NJW 1987, 217 (219ff., 222f.); Kuli, ZUM 1987, 355 (356ff.); Hesse, A., RuF 1987, 205 (206 ff.).
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
sächsischen Landesrundfunkgesetzes. Dieses unterwarf marktstarke Presseverleger bei lokalen Rundfunkprogrammen im Verbreitungsgebiet ihrer Zeitungen bestimmten Programmzulieferungsbeschränkungen554 . Aufgrund des zu überprüfenden Gegenstandes, aber auch deshalb, weil das Gericht der Auffassung war, daß auf Landes- bzw. Bundesebene kein aktuelles Bedürfnis bestehe, mit den Mitteln der Gesetzgebung gegen Cross Ownerships vorzugehen555 , beschränkte das Gericht seine Feststellungen zur rechtlichen Problematik der marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien auf die lokale Ebene und hier vor allem auf die Verflechtung von Rundfunk und Presse556. Diese Fokussierung auf die intermediären Cross Ownerships im lokalen Bereich setzte sich in den folgenden Rundfunkurteilen des Bundesverfassungsgerichts fort 557. Durchgehendes Motiv war die Feststellung, daß der Gesetzgeber der Gefahr einer ungleichgewichtigen multimedialen Meinungsmacht entgegentreten müsse, die sich wegen der örtlichen Zeitungsmonopole gerade im lokalen Bereich aktualisiere558 . Ein Gebot publizistischer Gewaltenteilung bestehe jedoch nicht559. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgend, erließen die Landesgesetzgeber schon bald eine Vielzahl von Cross Ownership Beschränkungen,
die sich auf den lokalen Bereich beschränkten und dabei auf das Verhältnis von Rundfunk und Presse konzentrierten. Im Einklang mit dem Bundesverfassungsgericht sahen auch die Gesetzgeber zunächst kein weitergehendes Regelungsbedürfnis im Hinblick auf die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien. Dies änderte sich erst Anfang der neunziger Jahre. Wie bereits dargestellt560, wurde die Problematik überregionaler Cross Ownerships bei den Verhandlungen zur Novellierung des seit 1987 geltenden Rundfunkstaatsvertrags angesprochen. Es kam jedoch zu keiner Cross Ownership Beschränkung auf Bundesebene, da über die Regelungsbedürftigkeit und erst recht über den Regelungsansatz keine Einigkeit erzielt werden konnte561 . Man einigte sich darauf, daß die Landesmedienanstalten in Zukunft über die Entwicklung der Meinungsvielfalt und Konzentration im privaten Rundfunk Bericht erstatten sollten, um damit den medienpolitischen Handlungsbedarf für eine überlokale Cross Ownership Kontrolle zu erforschen 562.
§ 23 LRG Nds a. F. Heute § 22 LRG Nds, vgl. auch § 3D. II. 3. e). BVerfGE 73, 118 (176). 556 Zum Inhalt der bundesverfassungsgerichtliehen Feststellungen zur marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien im Einzelnen unter§ 2 E. I. I. e) und§ 3 B. 557 BVerfGE 83,238 (324f.); vgl. auch BVerfGE 74,297 (326ff.). 558 BVerfGE 73, ll8 (176); 83, 238 (324f.); vgl. auch BVerfGE 74, 297 (326ff.). Zu der Entwicklung der Ein-Zeitungs-Kreise § 1 D. I. 2. 559 BVerfGE 73, ll8 (175); 83,238 (313). 560 Vgl. § I A. I. 3. b). 561 Kuch, ZUM 1997, 12 (15); Stock, ZUM 1994, 206 (208); Hartstein/Ring/Kreile/ Dörr I Stettner. Rundfunkstaatsvertrag, Teil B 1: Entstehungsgeschichte, Rdnr. 102. 562 § 21 Abs. 6 RStV '91. Vgl. Stock, ZUM 1994,206 (208). 554
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C. Genetische Auslegung
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Auch hier standen zunächst die intermediären Cross Ownerships im Zentrum der Überlegungen, mithin die Verflechtung von Hörfunk und Fernsehen einerseits und von Rundfunk und Presse andererseits563 . Obschon das Bundesverfassungsgericht den Landesgesetzgebern im Hinblick auf die überregionale Verflechtung im Medienbereich keinen ausdrücklichen Regelungsauftrag erteilt hatte, knüpften die vertragsschließenden Länder bei der Formulierung des § 21 Abs. 6 RStV '91 unmittelbar an den Wortlaut des vierten Rundfunkurteils aus dem Jahre 1986 ans64. In dem Erfahrungsbericht der Deutschen Landesmedienanstalten aus dem Jahre 1994 wurde angesichts der ausgeprägten Konzentrationsprozesse in den Medienmärkten eine "offensichtliche und regelungsbedürftige Lücke" im damals geltenden Rundfunkkonzentrationsrecht festgestellt. Diese Regelungslücke beschränke sich nicht auf die diagonale Medienkonzentration. Vielmehr bestehe auch hinsichtlich der vertikalen Medienkonzentration ein akuter Handlungsbedarf565 . Dieser Einschätzung schloß sich der Bericht des Europäischen Medieninstituts über die Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk an, der im Rahmen des§ 21 Abs. 6 RStV '91 erstellt worden war566. Der Bericht stellte fest, daß infolge der rechtlichen Neuordnung wie des technischen und ökonomischen Wandels die medienübergreifende Kooperation und Konzentration stark zugenommen habe. Neben dem Verhältnis von Presse und Rundfunk müsse das besondere Augenmerk vertikalen Verflechtungen gelten und hier vor allem der Verflechtung von Rundfunkveranstaltern und Inhaltszulieferern. Ziel künftiger Konzentrationskontrolle müsse sein, den Zugang zu den einzelnen Produktions- und Marktstufen offenzuhalten567 .
Damit löste sich Mitte der neunziger Jahre die Cross Ownership-Betrachtung in Deutschland von ihrer traditionell bimediären Sicht. Zugleich stellte sich ein breiter Konsens568 über die Notwendigkeit einer überregionalen Cross Ownership Kontrolle ein, der sich schließlich im Jahre 1996 im Erlaß der ersten Cross Ownership Beschränkung für das bundesweite Fernsehen niederschlug569• 563 § 21 Abs. 6 Satz 1, Ziff. 1 RStV '91. Wie auch bei anderen Teilen des§ 21 RStV '91 so wurde auch bei der Berichtspflicht die Verfassungsmäßigkeit der Regelung angezweifelt. Insbesondere wurde die Vereinbarkeil der Berichtspflicht mit dem Demokratieprinzip problematisiert, Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (583 f.). 564 So verpflichtete § 21 Abs. 6 Satz 2 RStV ' 91 die Landesmedienanstalten, in dem Konzentrationsbericht zu den zukünftig notwendigen Bestimmungen zur Verhinderung .,multimedialer Meinungsmacht" Stellung zu nehmen (vgl. BVerfGE 73, 118 (176)). 565 Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (82). 566 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127. 567 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (213 f.). 568 Vgl. zum Beispiel Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 91; Kleist, ZUM 1993, 503 (506). 569 § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV.
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Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bemißt sich die Meinungsmacht eines Unternehmens nicht mehr ausschließlich nach dessen Wettbewerbsposition im Fernsehen. Vielmehr sind alle medienrelevanten verwandten Märkte mitzuberücksichtigen. Die Gesetzgeber entschieden sich dabei für die verbale Neuschöpfung "medienrelevant" und gegen die Formulierung "meinungsrelevant", da sie nicht nur die Märkte der Massenkommunikation in die Cross Ownership-Betrachtung miteinbezogen wissen, das heißt sich nicht auf die intermediären Cross Ownerships beschränken wollten. So wurden in der Begründung Rechtehandel und Produktion namentlich genannt und damit auch vertikale Cross Ownerships in den Anwendungsbereich des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV gestellt570. Zu beachten ist auch, daß die Gesetzgeber in der Begründung zu den medienrelevanten verwandten Märkten auch den Hörfunk zählten. Damit brachten sie zum Ausdruck, daß Cross Ownerships im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags auch Veiflechtungen innerhalb der elektronischen Medien umfassen. Anders als das USamerikanische Recht, das insoweit zwischen den Cross Ownership Restrietions und den Multiple Ownership Rules differenziert, bezieht der Cross OwnershipBegriff der deutschen Rechtsordnung sonach auch die marktübergreifende Konzentration innerhalb des Bereichs der elektronischen Medien mit ein. Auch das Bundesverfassungsgericht löste sich im Folgenden von seiner vornehmlich bimedial-lokalen Sicht der Cross Ownership Problematik. So sprach es in seinem DSFBeschluß aus dem Jahre 1997 ausdrücklich die besonderen Gefahren für die Meinungsvielfalt aus der "vertikalen Verflechtung von Rundfunkveranstaltern mit Produktionsfirmen, Inhabern von Film- und Sportübertragungsrechten und Eigentümern von (Programm-) Zeitschriften sowie der Privatisierung der Übertragungswege" an571 .
Entstehungsgeschichtlich wurde der Begriff der Cross Ownership Beschränkung in Deutschland lange Zeit von einem bimedial-lokalen Verständnis geprägt. Die Fokussierung auf das Verhältnis von elektronischen und Druckmedien im lokalen Bereich hatte seinen Grund in den zahlreichen Pressemonopolen auf lokaler Ebene und der damit befürchteten multimedialen Meinungsmacht der örtlichen Zeitungsmonopolisten. Seit Mitte der neunziger Jahre wird der Begriff der Cross Ownership in der deutschen Wissenschaft, Gesetzgebung und Rechtsprechung jedoch weitaus umfassender verstanden. Cross Ownership Beschränkungen beziehen nun auch vertikale Unternehmensverflechtungen mit ein und beschränken sich dabei auch nicht auf den lokalen Bereich.
570 Amtliche Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland, Teil B I 2, zu § 26. Dazu noch im Einzelnen unter§ 3D. III. 3. a). 571 BVerfG, NJW 1997, 1147. Kritisch hierzu Monopolkommission im 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 479.
D. Systematische Auslegung
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D. Systematische Auslegung Die systematische Auslegung stellt die zu untersuchenden Normen in "den inneren Zusammenhang, welcher alle Rechtsinstitute und Rechtsregeln zu einer großen Einheit verknüpft". Damit berücksichtigt sie den Gesamtzusammenhang der Normen in der Rechtsordnung, dessen Analyse zur Normdeutung beitragen kann572.
I. Medienspezifisches Sonderrecht Wie die bisherige Auslegung ergeben hat, wird mit Cross Ownership die diagonal oder vertikal marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien bezeichnet. Cross Ownership Beschränkungen sind dabei aber nicht der Oberbegriff für alle Regelungen, die diese marktübergreifende Medienkonzentration in irgendeiner Weise begrenzen573 • Vielmehr werden unter die Kategorie der Cross Ownership Beschränkungen nur die Normen gefaßt, die sich im medienspezifischen Sonderrecht finden. Cross Ownership Beschränkungen finden sich daher nur in den Landesmediengesetzen und dem Rundfunkstaatsvertrag der Länder574. So zählen beispielsweise Bestimmungen des allgemeinen Wettbewerbsrechts auch dann nicht zu der Gruppe der Cross Ownership Beschränkungen, wenn sie dem diagonalen oder vertikalen Unternehmenswachstum in den Medienmärkten Grenzen setzen. Wie die Cross Ownership Restrietions des US-amerikanischen Rundfunkrechts zeichnen sich sonach auch die deutschen Cross Ownership Beschränkungen nicht allein dadurch aus, daß sie der marktübergreifenden Medienkonzentration Schranken setzen, sondern auch und vor allem dadurch, daß die Begrenzung der marktübergreifende Medienkonzentration im Dienste einer effektiven Vielfaltssicherung in den Medien steht575 . Cross Ownership Beschränkungen bezwecken die Sicherung einer breiten Eigentumsstreuung in den Medien nicht um derent selbst willen, sondern nur wegen deren Bedeutung für das publizistische Angebot in den Medien. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, daß Cross Ownership Beschränkungen anders als die wettbewerbsrechtliche Grenzen der Cross Ownership auch das interne Unternehmenswachstum beschränken. Die pluralismussichernde Funktion ist sonach konstitutierendes Element von Cross Ownership Beschränkungen. 572 Von Savigny, Römisches Recht, S. 214. Vgl. auch Müller, Juristische Methodik, Rdnr. 480. 573 Zu diesen noch unter§ 3 A., § 3 B. und § 3 C. 574 Allgemeine Ansicht. Zu den Rechtsgrundlagen in Fußnote 482 sowie § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. 575 Zur Trennung zwischen Antitrustrecht und Rundfunkrecht in den Vereinigten Staaten von Amerika bereits unter§ 2 B. Zu den einzelnen Dimensionen der Vielfaltsicherung noch in§ 2E.
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Wesentliches Charakteristikum von Cross Ownership Beschränkungen ist demzufolge ihre Verankerung im Rundfunkrecht und damit ihre kommunikationspolitische Ausrichtung am Ziel der Pluralismussicherung in den Medien.
II. Rundfunkkonzentrationsrecht Nicht nur die Verankerung im medienspezifischen Sonderrecht gibt über das Wesen von Cross Ownership Beschränkungen Aufschluß. Auch deren Verortung innerhalb des Rundfunkrechts trägt zur Präzisierung der Kategorie der Cross Ownership Beschränkungen bei. Dazu ist jedoch zunächst das System der rundfunkrechtliehen Steuerung zu verdeutlichen.
1. Steuerungsansätze im Rundfunkrecht Das vom Rundfunkrecht angestrebte Ziel der Vielfaltssicherung läßt sich prinzipiell über zwei Steuerungsansätze erreichen: Zum einen kann von dem einzelnen Unternehmen verlangt werden, die Vielfalt der in der Gesellschaft bestehenden Auffassungen im Rahmen seines Programms aufzugreifen und wiederzugeben. Für einen Tendenzrundfunk ist hier kein Raum (binnenpluralistischer Steuerungsansatz). Zum anderen kann man der Öffentlichkeit eine Mehrzahl an Programmen anbieten, die die gewünschte Meinungsvielfalt in ihrer Gesamtheit verkörpern (außenpluralistischer Steuerungsansatz). 576 Die Instrumente der binnenpluralistischen Vielfaltssicherung knüpfen beim einzelnen Unternehmen an. Ansatzpunkte sind entweder die innere Organisation des Unternehmens oder die inhaltliche Ausgestaltung des von ihm verbreiteten Programms577. Maßnahmen der internen Vielfaltssicherung zielen darauf, daß das Programm nicht allein von den wirtschaftlichen Interessen des Veranstalters bestimmt wird, sondern auch der öffentlichen Aufgabe des Rundfunks, mithin der Gewährleistung einer umfassenden publizistischen Vielfalt gerecht wird578 . Die Steuerungsmaßnahmen greifen allerdings erst dann ein, wenn die Organisation oder das Verhalten des Unternehmens bereits zu Störungen der Meinungsvielfalt geführt hat. Die binnenpluralistische Vielfaltssicherung besteht daher schwerpunktmäßig in einer imperativen Verhaltenssteuerung, die auf repressive Maßnahmen verwiesen ist. 576 Zu den verschiedenen Steuerungsansätzen BVerfGE 57, 295 (325); 83, 238 (296f., 320f.). Vgl. auch Preuss Neudorf, Grundversorgung und Wettbewerb, S. 57ff., 63ff.; Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (133); Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 35 f. m Zur Inhaltskontrolle etwa Bosman, ZUM 1989, 6. 578 Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (71).
D. Systematische Auslegung
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Demgegenüber bezieht sich die außenpluralistische Vielfaltssicherung nicht auf das einzelne Unternehmen, sondern auf die Struktur der Märkte und das Verhältnis der Unternehmen untereinander. Die publizistische Vielfalt ergibt sich hier nicht aus der Kumulation jeweils in sich ausgewogener Programme, sondern aus der vielfältigen Gesamtheit differierender Programme. Dazu müssen die Beziehungen unter den Unternehmen so ausgestaltet werden, daß zwischen diesen ein bestimmtes Maß an Selbständigkeit gewahrt bleibt. Hieraus folgt zugleich, daß es Marktstrukturen gibt, denen das Potential, die publizistische Vielfalt nachhaltig zu beeinträchtigen, in einem Ausmaß innewohnt, das diese Strukturen als kommunikationspolitisch inakzeptabel erscheinen läßt. Solche Marktstrukturen dürfen daher von vornherein nicht entstehen oder müssen rückgängig gemacht werden, so sie bereits entstanden sind. Dazu setzt die außenpluralistische Steuerung dem einzelnen Unternehmen Anreize, Unternehmensstrukturen zu wählen, die dem Ziel umfassender Vielfaltssicherung möglichst umfassend Rechnung tragen. Damit verhindert sie schon im vorhinein die vorherrschende Meinungsmacht eines einzelnen Unternehmens und wartet nicht erst das Fehlverhalten des Unternehmens oder eine sonstige Fehlentwicklung ab. Das Hauptgewicht der Struktursteuerung liegt demzufolge in der Stimulation von Unternehmen im präventiven Bereich579. Anders als die Verhaltenssteuerung ist die Struktursteuerung nicht auf einen starken hoheitlichen Eingriff im Einzelfall angewiesen und besitzt daher den Vorteil eines niedrigeren Mißbrauchsrisikos, zugleich aber den Nachteil einer höheren Steuerungsunschärfe. Zu den typischen Instrumenten außenpluralistischer Struktursteuerung zählen die Medienzugangs- und Medienkonzentrationsregelungen. Im Verhältnis zum binnenpluralistischen Steuerungsansatz hat der außenpluralistische Steuerungsansatz nach und nach an Gewicht gewonnen580. Dies beruht auf drei Gründen. Der erste Grund wurde bereits angesprochen. Die außenpluralistische Struktursteuerung hat den Vorteil, Störungen der publizistischen Vielfalt bereits präventiv entgegenzuwirken. Die binnenpluralistische Inhaltskontrolle ist dagegen typischerweise auf Maßnahmen verwiesen, die erst eingreifen, wenn die publizistische Vielfalt bereits gestört ist. Ist der Staat erst dann zum Eingriff befugt, wenn bereits eine Situation entstanden ist, in der ein einzelnes Unternehmen einen bestimmenden Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung besitzt und diesen gezielt und fühlbar mißbraucht, besteht die nicht unerhebliche Gefahr, daß sich die staatliche Macht gegenüber diesem Unternehmen nicht mehr durchsetzen kann, zumal die parlamentarische Demokratie kein in diesem Sinne starker, von Gruppeninteressen unbeeinflußbarer Staat ist58 1. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat das Bundesver579 Engel spricht daher von den rundfunkrechtlichen Antikonzentrationsregelungen als abstraktem Gefährdungstatbestand, vgl. Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (570). 580 Vgl. Hege, AfP 1995, 537 (539). 581 Unter Berufung auf einzelne Studien vertritt Kühler, wohl etwas zu weitgehend, daß schon heute in Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika eine "partielle Lähmung des demokratischen Regierungssystems" aufgrund zunehmender Medienverflechtung
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fassungsgericht wiederholt festgestellt, daß die publizistische Vielfalt in erster Linie präventiv gesichert werden muß, da "eine nachträgliche Korrektur von Fehlentwicklungen gerade gegenüber konzentrierter Meinungsmacht in ihren Erfolgsaussichten stark gemindert wäre"582. Auch die Landesmedienanstalten betonten mehrfach, daß sich einmal entstandene Strukturen gerade im Bereich des Fernsehens auch mit gesetzgebensehen Mitteln nicht mehr grundlegend verändern ließen583. Im Hinblick auf die überragende Bedeutung der Meinungsvielfalt reicht eine in erster Linie nachträglich-repressive Mißbrauchskontrolle daher nicht aus. Der Gefahr vorherrschender Meinungsmacht muß bereits im Vorfeld ihrer Entstehung begegnet werden. Aufgrund ihres zuerst präventiven Charakters werden außenpluralistische Steuerungsinstrumente daher den Anforderungen an die Vielfaltssicherung grundsätzlich eher gerecht als die Instrumente binnenpluralistischer Steuerung, die die Auswirkungen vorherrschender Meinungsmacht lediglich abfedern, nicht jedoch deren Entstehen verhindem können584. Darüberhinaus stehen der binnenpluralistischen Mißbrauchskontrolle, soweit sie an der inhaltlichen Ausgestaltung des Programms anknüpft, weitere grundsätzliche Bedenken entgegen. Zwar würde eine nachträgliche Inhaltskontrolle nicht gegen das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG verstoßen, da dies nur hoheitliche Beschränkungen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerkes betrifft (Vorzensur)585 . Dennoch ist dem Staat eine Inhaltskontrolle anband qualitativer Vorgaben grundsätzlich fremd. Die Verfassung schützt die Meinung an sich. Prinzipiell dürfen die Rechte des Einzelnen nicht von einer inhaltlichen Bewertung seiner Position durch den Staat, namentlich von dem jeweils verfolgten Interesse oder der Qualität seiner Meinung abhängen586. Eine effektive Vielfaltskontrolle entlang qualitativer Maßstäbe würde stets Gefahr laufen, ebenjener Kommunikationsfreiheit die Grundlage zu entziehen, die sie gerade schützen will. Zugleich würde sie die Rundfunkveranstaltung einer staatlichen Bewertung und Lenkung aussetzen, die die Verfassung in Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG verhindem wi11587 . festzustellen sei, "weil ordnungspolitische Maßnahmen gegen die Interessen und die gebündelte Macht von Presse und Rundfunk nicht mehr durchzusetzen" seien, Kühler. Regelungsprobleme der Medienverflechtung, S. 43 (54). 582 BVerfG, NJW 1997, 1147 (1147). In diese Richtung auch BVerfGE 57, 295 (323 f.); 73, 118 (160, 173). Zum Gebot präventiver Kontrolle etwa Bumke, ZUM 1998, 121 (125). 583 Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (81); Die Landesmedienanstalten, Lübecker Beschlüsse, S. 485 (492). 584 So auch Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (71). Eine entsprechende Tendenz zur außenpluralistischen Steuerung sieht Holoubek, ZUM 1999, 665 (669). 585 BVerfGE 33, 52 (71 f.); 73, 118 (166). Historisch war die Zensur Instrument von Staat und Kirche zur systematischen Überwachung des Geisteslebens, vor allem mit dem Ziel, das Aufkommen unerwünschter Ideen frühzeitig zu unterbinden, Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 71 . Zu den Zwecken der Zensur ausführlich Klein, Rundfunkmonopol oder Pressezensur, S. 111 (113 ff.). 586 Kleist, ZUM 1993, 503 (504). So schon für den Bereich der Presse BVerfGE 35, 202 (222); Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 67. Vgl. auch Ho.ffmann-Riem, JZ 1975,469 (470).
D. Systematische Auslegung
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Schließlich begegnet auch die binnenpluralistische Steuerung, die an der inneren Organisation der Rundfunksender anknüpft, Bedenken. Bei einer binnenpluralistischen Organisation in Reinform liegt der maßgebliche Einfluß nicht bei dem Rundfunkveranstalter, sondern bei den gesellschaftlichen Kräften, die in dem in einem binnenpluralistischen System vorgesehenen Kontrollorgan - zumeist einem Programmbeirat - vertreten sind. Die Letztentscheidungsbefugnis über die Programme liegt bei dem pluralistisch besetzten Beirat. Die Verantwortung für die Programmentscheidungen und die damit verbundenen ökonomischen wie publizistischen Risiken liegen aber nichtsdestoweniger bei dem das Programm veranstaltenden Unternehmer. Unter dem Aspekt der Systemgerechtigkeit erscheint die Konzeption binnenpluralistisch organisierter Privatsender daher nicht unkritisch 588 . So stellte auch das Bundesverfassungsgericht bereits fest, daß eine binnenpluralistische Organisation vom privaten Rundfunk von Verfassungs wegen nicht im seihen Maße einforderbar sei wie vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Es hob hervor, daß einem derart ausgestalteten Rundfunk das "Grundelement privatautonomer Gestaltung und Entscheidung" fehlen würde, das gerade das Wesen eines privatwirtschaftlich strukturierten Rundfunks kennzeichne 589 . Eine an der Unternehmensstruktur ansetzende binnenpluralistische Vielfaltssicherung in Reinform ist mit der Natur des Privatfunks daher nicht vereinbar. Dessen ungeachtet können binnenpluralistische Maßstäbe als komplementäre Steuerungsinstrumente fungierens9o. 587 BVerfGE 35, 202 (222 f.) mit Verweis auf BVerfGE 24, 296 (307). Vgl. auch Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (573) sowie Liesching, ZUM 2000, 298 im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer präventiven Sendezeitbeschränkung für Talkshows nach dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Dagegen für eine Kontrolle anband qualitativer Standards etwa Kaase, Zuschaueranteile, S. 17 (22 ff.; 42 ff.). 588 Vgl. Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 21 f.; Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 69; in diese Richtung auch Preuss Neudorf Grundversorgung und Wettbewerb, S. 61 ff. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, daß der Gesetzgeber zu keiner Modellkonsistenz verpflichtet ist (dazu § 2 E. I. l. d. und noch ausführlich unter § 4 C. IV. 4 . ). Ähnliche Bedenken wurden im übrigen bereits im Rahmen der Debatte um die innere Pressefreiheit geltendgemacht (dazu bereits Fußnote 34). Auch hier wurde vertreten, daß die Gestaltungsmacht des Gesetzgebers bei der Binnenstruktur der Presse begrenzt sei (vgl. etwa BVerfGE 52, 283 (295ff.); v. Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 59 m. w. N.). Zum Erfordernis der Systemgerechtigkeit allgemein Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 57. 589 BVerfGE 73, 118 (171). 590 BVerfGE 83, 238 (316, 325) unter Bezugnahme auf BVerfGE 57, 295 (325); 73, 118 (171). Nach der Interpretation Kühlers (Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (301)) hat das Bundesverfassungsgericht die Vorbehalte gegen eine binnenpluralistische Steuerung von Privatsendern in seinem sechsten Rundfunkurteil fallen gelassen. Dem kann nicht zugestimmt werden. In BVerfGE 83, 238 (325) stellt das Gericht lediglich fest, daß sich binnenpluralistische Maßnahmen und private Rechtsträgerschaft nicht von vornherein ausschließen. Dies steht jedoch in keinem Widerspruch zu der vorangegangenen Aussage des Gerichts, daß vom privaten Rundfunk binnenpluralistische Vorkehrungen nicht genauso eingefordert werden können wie vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Möglichkeit ergänzender binnenpluralistischer Vorkehrungen ist unbestritten.
10 Tschon
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Der binnenpluralistische Steuerungsansatz eignet sich für den privaten Rundfunk sonach nur bedingt591 . Nicht zuletzt deshalb setzt die Vielfaltssicherung mittlerweile in erster Linie vorzugsweise an der Struktur des Marktes an und nicht an der unternehmensinternen Organisation oder dem Programm des einzelnen Senders. Maßnahmen interner Vielfaltssicherung haben heute zumeist nur kompensatorische Bedeutung.
2. Cross Ownership Beschränkungen als Instrument außenpluralistischer Struktursteuerung Cross Ownership Beschränkungen begrenzen das marktübergreifende Wachstum von Rundfunkveranstaltern im Dienste einer effektiven Vielfaltssicherung. Wie die US-amerikanischen Cross Ownership Restrietions fungieren sie als materielle Voraussetzung für den Zugang von Unternehmen zum Rundfunkmarkt und sind damit Bestandteil des Lizenzierungssystems für den privaten Rundfunk. Hieraus ergibt sich zunächst, daß Cross Ownership Beschränkungen ausschließlich private Rechtssubjekte betreffen. Sie beziehen sich nicht auf Personen des öffentlichen Rechts. Sie setzen der marktübergreifenden Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten daher auch dann keine Schranken, wenn sich diese aufgrund ihres unternehmerähnlichen Auftretens zumindest auf den ersten Blick nicht wesentlich von den privaten Veranstaltern unterscheiden.
Vor allem aber sind Cross Ownership Beschränkungen als Normen des Rundfunkkonzentrationsrechts Instrumente der außenpluralistischen Struktursteuerung. Als solche sind sie darauf aus, durch gezielte Anreize Rundfunkveranstalter zur Wahl von Unternehmens- und Marktstrukturen zu bewegen, die die vorherrschende Meinungsmacht eines einzelnen Rundfunkveranstalters von vomherein unwahrscheinlich machen. Ihr Wirkungsbereich liegt im Vorfeld von Störungen des publizistischen Wettbewerbs. Dabei stehen sie als Teil der außenpluralistischen Vielfaltssicherung im Zentrum der Aufsicht über den privaten Rundfunk, da die Mittel der internen Vielfaltssicherung für den privaten Rundfunk nur bedingt taugen und daher von nur kompensatorischer Bedeutung sind.
111. Zusammenfassung Cross Ownership Beschränkungen sind Normen des Rundfunkkonzentrationsrechts. Aus ihrer Verankerung im medienspezifischen Sonderrecht resultiert, daß konstituierender Bestandteil von Cross Ownership Beschränkungen deren kommu59 1 Die vorgetragenen Bedenken außer Acht lassend und daher im Ergebnis anderer Ansicht Bender, Cross-Media-Ownership, S. 351 f.
E. Teleologische Auslegung
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nikationspolitische Zielsetzung ist. Normen sind nur dann Cross Ownership Beschränkungen, wenn sie das marktübergreifende Unternehmenswachstum zum Ziele einer effektiven Sicherung der publizistischen Vielfalt in den Medien beschränken. Innerhalb des Rundfunkrechts zeichnen sie sich dadurch aus, daß sie ausschließlich die privaten Rundfunkveranstalter betreffen, Teil der rundfunkrechtlichen Zugangskontrolle und damit Instrumente der außenpluralistischen Struktursteuerung sind, die zu Recht im Zentrum der Aufsicht über den privaten Rundfunk steht. Zur Erfüllung ihres kommunikationspolitischen Auftrags setzen Cross Ownership Beschränkungen an der Struktur des Rundfunkrnarkts, nicht am einzelnen Unternehmen an. Dabei ist ihr Ziel, bereits präventiv das Entstehen vorherrschender Meinungsmacht zu verhindern, indem sie die Unternehmen zu einem Verhalten stimulieren, das zu der gewünschten Informations- und Meinungsvielfalt führt.
E. Teleologische Auslegung Wie die historische, genetische und vor allem systematische Auslegung ergeben hat, zielen Cross Ownership Beschränkungen auf die effektive Sicherung einer publizistischen Vielfalt in den Medien. Auch wenn dies vom Grundsatz her unstrittig ist, so gehen die Meinungen doch weit auseinander, was im Einzelnen unter dieser Gewährleistung der publizistischen Vielfalt zu verstehen ist. Im Folgenden soll daher untersucht werden, was genau publizistische Vielfaltssicherung in diesem Kontext meint, namentlich welchen Beitrag zur Pluralismussicherung Cross Ownership Beschränkungen leisten sollen. Dabei muß zwischen dem staatspolitischen Anliegen der Cross Ownership Beschränkungen und deren kulturpolitischem Auftrag unterschieden werden. Schließlich ist der Frage nachzugehen, ob Cross Ownership Beschränkungen neben dem Ziel der Pluralismussicherung auch wirtschaftspolitische, insbesondere standort- und beschäftigungspolitische Ziele verfolgen bzw. verfolgen dürfen.
I. Staatspolitische Zielsetzung Der Regelungszweck von Normen bestimmt sich nach dem Willen des Normgebers. Dieser ist nach Art. I Abs. 3 GG an die Vorgaben der Verfassung gebunden, die durch das Bundesverfassungsgericht präzisiert werden 592. Im Rahmen der Untersuchung des Regelungszwecks von Cross Ownership Beschränkungen kommt es auf den Willen des Gesetzgebers im Lichte der Rechtsprechung des Bundes592 Bremer I Esser I Ho.ffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 28. Zusammenfassender Überblick über die Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts bei Paschke, Medienrecht, Rdnr. 207 ff.
10*
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Verfassungsgerichts an. An dieser Stelle beschränkt sich die Analyse daher im wesentlichen auf die Darstellung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ob der bundesverfassungsgerichtliehen Interpretation der Rundfunkfreiheit, namentlich der institutionellen Deutung des Art. 5 Abs. l Satz 2, 2. Alt. GG, auch der Sache nach gefolgt werden kann oder diese nicht vielmehr abzulehnen ist, spielt erst für die Frage nach der Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen eine Rolle und soll daher erst dort593 kritisch beleuchtet werden.
Letzteres sieht den Regelungszweck von medienspezifischen Zugangsbeschränkungen wie den Cross Ownership Beschränkungen in der Sicherung der publizistischen Vielfalt in den Medien. Diese Vielfaltssicherung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zuvorderst zum Schutz des Prozesses politischer Meinungsbildung und Informationsvermittlung erforderlich. Der Rundfunk solle den Bürger in die Lage versetzen, die seines Erachtens richtige politische Entscheidung zu treffen. Eine effektive Vielfaltssicherung im Rundfunk sei für den Bestand der freiheitlich-demolaatischen Ordnung und die Entfaltung des Einzelnen in einer pluralistischen Gesellschaft unabdingbar. Cross Ownership Beschränkungen bezwecken daher, die Vielfalt im Rundfunk zum Schutze des demolaatisch verfaßten Willensbildungsprozesses und des staatspolitisch notwendigen Pluralismus in der Gesellschaft zu sichern594. 1. Schutz der pluralistischen Gesellschaft
So einfach diese Annahme des Bundesverfassungsgerichts auf den ersten Blick auch anmutet, so diffizil ist ihre Begründung im Detail. Angesichts der grundlegenden Bedeutung der bundesverfassungsgerichtliehen Rechtsprechung für das Rundfunhecht ist eine Verdeutlichung des hinter dieser These stehenden bundesverfassungsgerichtlichen Verständnisses vom Rundfunk als Institution der Gesellschaft und der Rundfunkfreiheit als institutioneller Freiheit kein Exkurs von rein akademischem Interesse, sondern vielmehr erforderlich, um Regelungszweck und rechtliche Bedeutung der Cross Ownership Beschränkungen verstehen zu können. Zudem ergeben sich hieraus wichtige Erkenntnisse, die sowohl bei der Untersuchung der verfassungsrechtlichen Grenzen der Cross Ownership als auch bei der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen Bedeutung gewinnen595 • Für die folgende Analyse sollen zunächst die Grundannahmen dargestellt werden, von denen die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum Rundfunk § 4 C. 11. 1. Zum Begriff des Pluralismus siehe Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 26ff.; Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 9; Klein. Rundfunkfreiheit, S. 53 ff. Häberle bezeichnet das Grundgesetz gar als die "Verfassung des Pluralismus", Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 46; ders., Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, S. 46. 595 Dazu unter§ 3 B. und§ 4 C. II. 593
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E. Teleologische Auslegung
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ausgeht. Anschließend ist das institutionelle Rundfunkverständnis des Bundesverfassungsgerichts in seinen wesentlichen Grundzügen und im Folgenden in seinen einzelnen Facetten zu verdeutlichen. a) Prämissen
Das Bundesverfassungsgericht sieht im Rundfunkkonzentrationsrecht einen der Garanten für die Erhaltung und Sicherung einer pluralistischen Gesellschaft und damit für die Funktionsfähigkeit unserer Demokratie. Diese bundesverfassungsgerichtliche Vorstellung fußt auf zwei Grundannahmen: Zum einen hält sie die wirtschaftliche Eigentümervielfalt für die unverzichtbare Grundlage publizistischer Vielfalt im Rundfunk. Zum anderen wird angenommen, daß die Meinungsvielfalt in der Gesellschaft eine publizistische Vielfalt im Rundfunk voraussetzt. Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Konzentration und publizistischer Vielfalt ist freilich nicht unumstritten 596• Zum Teil wird vertreten597 , daß eine Oligo- oder gar Monopolisierung der Rundfunkmärkte für den publizistischen Wettbewerb sogar vorteilhaft sein könne. Erst eine bestimmte ökonomische Leistungsfähigkeit ermögliche eine gewisse publizistische Qualität598 . Ein zu starker wirtschaftlicher Wettbewerb schwäche das einzelne Medienunternehmen und könne daher einem leistungsfähigen publizistischen Wettbewerb entgegenstehen. Im Ergebnis könne sich die Förderung einer wirtschaftlichen Eigentümervielfalt folglich sogar als kontraproduktiv erweisen. Die Auffassung beriicksichtigt nicht hinreichend, daß die Kontrolle einer Mehrzahl publizistischer Einheiten durch ein einzelnes Subjekt stets die Gefahr und Tendenz in sich trägt, daß die Verbreitung von Ideen und Inhalten von der expliziten oder auch nur angenommenen Zustimmung dieser einen Person abhängig gemacht wird. Dies gilt selbst dann, wenn diese nur wirtschaftliche Ziele verfolgt, zumal sich auch aus wirtschaftlichen Vorgaben Konsequenzen für den programmlieh-inhaltlichen Bereich ergeben können. Besonders deutlich wird dies, wenn man sich den Zusammenhang zwischen Werbefinanzierung und Programmgestaltung betrachtet. So zwingt die Werbefinanzierung, die derzeit noch die alleinige Finanzierungsgrundlage nahezu aller privaten Rundfunksender ist, die Sender zu einem möglichst massenattraktiven Programm. Es werden daher vorwiegend 596 Dazu zuletzt umfassend Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 176 ff. 597 Noelle-Neumann!Ronneberger/Stuiber, Streitpunkt lokales Pressemonopol, S. 44f., 67; NAB Studie von Litwin & Wroth, The Effects of Common Ownership in Media Context and Influence (zit. nach Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 117 f.); Engel, AfP 1994, 185 (189f.). In diese Richtung auch Seemann, DV 1985,413 (432); Scholz, AfP 1995, 357 (360f.); Becker, ZUM 1993, 1 (I f.); Fäßler, AfP 1995, 542 (543). Vgl. auch Diederichs, Konzentration in den Massenmedien, S. 20m. w. N. sowie S. 22. 598 Niewiarra, ZUM 1993, 2 (4).
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
Themen behandelt, die unabhängig von Alter, Geschlecht, gesellschaftlichem Status, fachlicher Ausrichtung oder politischer Ansicht gleichsam jede Bevölkerungsgruppe gleichermaßen interessieren. Diese Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner führt zu einer stereotypen Wiederholung von Themen, die potentiell jedermann interessieren, wie Kriminalität, Sexualität und Sport.599
Die Kontrolle der Medien durch einige wenige ist daher grundsätzlich eine Gefahr für die Informationsvielfalt und den Pluralismus in den Medien. Umgekehrt kann eine breite Streuung des Eigentums und die dadurch regere wirtschaftliche Konkurrenz eine nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Differenzierung der Programme mit sich bringen, die sich wiederum positiv auf das den Rezipienten zur Verfügung stehende, publizistische Angebot auswirken kann600. Der vom Bundesverfassungsgericht angenommene Zusammenhang zwischen Eigentumsstreuung und publizistischer Vielfalt wird daher zu Recht allgemein akzeptiert601. Auch auf europäischer Ebene gilt die Anzahl der Eigner als legitimer Anknüpfungspunkt für Maßnahmen zur Sicherung publizistischer Vielfalt602. Gleicher Ansicht ist die US-amerikanische Verfassungsgerichtsbarkeit, die davon ausgeht, dass ein funktionierender publizistischer Wettbewerb eine breite Streuung des Eigentums an den Medien voraussetzt603 . Die zweite Prämisse der bundesverfassungsgerichtliehen Interpretation des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG ist, daß sich das publizistische Angebot und die thematische Vielfalt im Rundfunk auf die Meinungsvielfalt in der Gesellschaft auswirken. Die Annahme eines Wirkungszusammenhangs zwischen Medienangebot und der Verfassung der Gesellschaft läßt sich auf die Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung stützen, solange man nicht auf die individual-psychologische Ebene des einzelnen Rezipienten abstellt, sondern auf das gesamtgesellschaftliche Wirkungspotential des Rundfunks an sich604. Daß der Rundfunk einen außerordentlichen Einfluß auf die in der Gesellschaft bestehenden Meinungen, Entwicklungen und Strukturen hat, ist das tragende Element der bundesverfassungsgerichtliehen Rechtsprechung zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 599 Hoffrrumn-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 84 f. Vgl. auch BVerfGE 83, 238 (311); 73, 118 (155 f.). Zu den Gesetzmäßigkeilen der Werbefinanzierung § 1 B. II. 1. 600 Vgl. etwa BVerfGE 74, 297 (332, 335). 601 BVerfGE 74, 297 (332); Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 179ff.; 11. Sondergutachten der Monopo/kommission, MP Dokumentation 12/81, S. 860ff., Tz. 11; Diederichs, Konzentration in den Massenmedien, S. 17ff.; Ebke/ Scheel, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Rundfunkveranstaltem, S. 57 (57 f.); Held, Medienwettbewerb, S. 157; ebenso für die Pressemärkte Mestmäcker; Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 30. 602 Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 19. 603 Vgl. bereits§ 2 B. 604 Dazu bereits im Einzelnen unter § 1 C. II.
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2. Alt. GG und zur rechtlichen Sonderbehandlung des Mediums Rundfunk605 . So betont das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung, daß der Rundfunk eine gesamtgesellschaftliche Kraft ersten Ranges sei, die sowohl für den Prozeß der politischen Willensbildung als auch für die Integration des Einzelnen im Gesellschafts-, Staats- und Sozialgefüge von elementarer Wichtigkeit sei606 • Der Rundfunk habe als Integrations- und Herrschaftsinstrument eine einzigartige politische und auch kulturelle Bedeutung für die Verfassung und die Entwicklung von Staat und Gesellschaft607 , da in der heutigen Zeit die Meinungsbildung und die Kommunikation in der Gesellschaft ohne die Mittel der Massenkommunikation und hier vor allem ohne den Rundfunk nicht denkbar wäre608 . Der Rundfunk sei nicht nur Medium, sondern auch herausragender Faktor bei der öffentlichen Meinungsbildung609. Gerade das Fernsehen sei für die Aufrechterhaltung einer freiheitlich-demokratischen Ordnung und die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen daher von schlechthin konstituierender Bedeutung610. Auch in der rechtswissenschaftliehen Fachliteratur wird der Wirkungszusammenhang zwischen Rundfunk und Gesellschaft, namentlich die insoweit herausragende Bedeutung des Mediums Fernsehen nicht in Zweifel gezogen 611 • Es wird betont, daß in einer offenen Demokratie dem Rundfunk eine Schlüsselrolle von herausragender Wichtigkeit zukomme. Der Rundfunk stelle sowohl Forum wie Medium der permanenten Selbstdarstellung und des "Selbstgesprächs" der Gesellschaft dar612 • Dem wird auch von europäischer Seite beigepflichtet. So spricht das Europäische Parlament vom Fernsehen als "einflußreichstem Medium in der Gesellschaft", das "heute in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die wichtigste Einflußquelle für Gedanken und Vorstellungen" sei und damit zugleich das "wichtigste Transportinstrument für die Übermittlung kultureller und demokratischer Werte" 613 . Dazu noch ausführlich unter § 4 C. IV. I. BVerfGE 90, 60 (87); vgl. auch BVerfGE 12, 205 (260); 35, 202 (221 f.); 57, 295 (323); 74, 297 (338). 607 BVerfGE 12, 205 (226, 260). Vgl. auch BVerfGE 31, 314 (325); 83, 238 (296); 90, 60 (87). 608 BVerfGE 90, 60 (87); vgl. auch BVerfGE 35,202 (221 f.); 74, 297 (338). 609 BVerfGE 12, 205 (260); 57, 295 (320); 73, 118 (152); 74, 297 (323); 83,238 (296). 610 BVerfGE 57, 295 (322 f.). 6tt Vgl. statt vieler Bullinger, ZUM 1996,749 (751); Bethge, Zulassung von Rundfunkveranstaltem, S. 39 ff.; Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 189; Scholz, Medienfreiheit und Publikumsfreiheit, S. 355 (361); v. Mangoldt/Kiein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 111. 612 Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 189. Vgl. auch Stammler, ZUM 1995, 104 (106). 613 Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle der öffentlichen Fernsehdienste in einer multimedialen Gesellschaft vom 17. September 1996, Pkt. D und F, abgedruckt in MP 1996, 652 (652 f.). Zur zentralen Bedeutung des Rundfunks bei der Verbreitung von Informationen und Ideen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, EGMR- Informationsverein Lentia v. 24. November 1993, Ser. A 276, 1 (§ 38). 605 606
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
Das Bundesverfassungsgericht geht daher zu Recht davon aus, daß aufgrund der herausragenden gesamtgesellschaftlichen Bedeutung des Rundfunks in der modernen Gesellschaft die für die freiheitlich-demokratische Ordnung ebenso wie für den Einzelnen zentral wichtige öffentliche Meinungsbildung eine publizistische Vielfalt im Rundfunk voraussetzt, die ihrerseits nach einer breiten Eigentumsstreuung in den Medien verlangt.
b) Institutionelles Rundfunkverständnis
Von diesen Prämissen ausgehend, vertritt das Bundesverfassungsgericht die Auffassung, daß der Rundfunk in einer pluralistischen Ordnung die Aufgabe habe, im Interesse des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses und damit im Interesse der Allgemeinheit ein ausgewogenes Forum für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu bieten614 • Dazu habe der Rundfunk einen Überblick über die verschiedenen, in der Gesellschaft bestehenden Standpunkte, Entwicklungen und Strömungen zu vermitteln, der dem Einzelnen ein breites Angebot an Informationen und Meinungen bietet, in dem dieser sich orientieren, das für ihn Wichtige herausfiltern und zur Grundlage seiner persönlichen Meinungsbildung machen kann. Dieser Ordnungszustand wird gemeinhin mit dem Terminus der "Meinungsvielfalt" oder auch "publizistischen Vielfalt" umschrieben615 • Der Rundfunk sei demzufolge weniger als Dienstleistung des Kommunikators an den Rezipienten zu begreifen. Vielmehr müsse er als Sache der Allgemeinheit verstanden werden616 • Der Rundfunk sei in erster Linie eine gesellschaftseigene und damit eigentlich nicht-wirtschaftliche Institution zur Information, Bildung und Unterhaltung der Bevölkerung. Zugleich fungiere er als eine neutrale Plattform für die umfassende, politische wie kulturelle Selbstdarstellung und das "Selbstgespräch" der Gesellschaft61 7 • Hieraus folgt die im Vergleich zu anderen Mitteln der Massenkommunikation wie etwa der Presse stärkere Verbindung zwischen Staat und Rundfunk. Diese 614 BVerfGE 90, 60 (87). Zum verfassungsrechtlichen Schutz des Kommunikationsprozesses als einer Ausprägung der freien Meinungsbildung siehe BVerfGE 57,295 (319); 74, 297 (323); 83, 238 (295 f.). 615 BVerfGE 35, 202 (222) mit Verweis auf BVerfGE 12, 113 (125); 12, 205 (260). Zur öffentlichen Aufgabe des Rundfunks Holzer; ZUM 1995, 577 (580). 616 BVerfGE 83,238 (300); vgl. schon BVerfGE 31 , 314 (326f.). Zustimmend Kühler; der die Natur des Rundfunks als öffentliche Angelegenheit ferner damit begründet, daß politische Information in einem demokratischen Gerneinwesen ein meritorisches Gut sei, Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (293). Dazu kritisch etwa Bremer/ Esser/ Hoffmann. Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 32 ff. 6 17 Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 189. Dazu kritisch Bullinger; AfP 1983, 319 (322 f.); Engel, AfP 1994, 185 (186ff.). Kritisch zum Begriff der "Institution" in diesem Zusammenhang Ladeur; AfP 1998, 141 (142).
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ist der Grund dafür, daß die Rundfunkfreiheit mehr als andere Grundrechte von ihrer besonderen Verantwortungsbeziehung gegenüber der Allgemeinheit geprägt wird618 . So spricht auch Lerche619 vom Rundfunk als einem "Felde gesteigerter öffentlicher Verantwortung".
c) Rundfunlifreiheit durch Rundfunkordnung Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wird der Rundfunk seiner Aufgabe als gesellschaftseigener Institution zur Information, Unterhaltung und Selbstdarstellung der Gesellschaft und damit zu deren Orientierung und Integration nur dann gerecht, wenn der Rundfunk frei, umfassend und wahrheitsgemäß, vor allem aber nicht einseitig informiert. Kern des von Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG gewährten Grundrechtsschutzes ist demnach, den Rundfunk in dessen Vermittlungsfunktion für den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß zu schützen. Dazu muß im Interesse der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung in der Gesellschaft eine einseitige, ungleichgewichtige Ausrichtung des publizistischen Angebots im Rundfunk verhindert werden. Leitziel der Rundfunkfreiheit ist demzufolge die Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk620. Die Pluralismussicherung stellt dabei einen notwendigen Bestandteil des übergeordneten Normziels dar, die Menschenrechte auf Meinungsäußerung-, Meinungsverbreitungs- und Informationsfreiheit zu schützen. Die Rundfunkfreiheit hat damit eine gegenüber der Freiheit der Meinungsbildung dienende Funktion und ist zugleich eine "notwendige Ergänzung und Verstärkung dieser (sc. Meinungs-) Freiheit"621. Dabei betont das Bundesverfassungsgericht, daß die angestrebte gleichgewichtige Vielfalt nur ein Zielwert sein kann, der sich einer abschließenden Definition entzieht und stets nur annäherungsweise erreicht werden kann622 .
618 Bullinger, AfP 1985, 257 (258); Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 623. 619 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 19. Vgl. in diese Richtung auch Reuhl, JZ 1981,321 (322). 620 BVerfGE 57, 295 (319f.); 59, 231 (257); 60, 53 (60f.); 73, 118 (152); 74, 297 (323); 83, 238 (295 f.). Vgl. auch BVerfGE 7, 198 (204 f.). Zum Streit um die (institutionelle) Interpretation der Rundfunkfreiheit durch das Bundesverfassungsgericht noch im Einzelnen unter § 4 C. II. 1. b. Zur eigenen Position insoweit zusammenfassend unter § 4 C. II. 1. f. Zur institutionellen Grundrechtstheorie allgemein Böckenförde, NJW 1974, 1529 (1532 f.). 621 BVerfGE 57,295 (319f.); 73, 118 (152); 74,297 (323); 83,238 (295f.); 90, 60 (87). Vgl. auch Gersdorf, Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 27f.; Dörr, MP 1996, 621 (622 f. ), der von der Rundfunkfreiheit als "drittnützigem Freiheitsrecht" spricht. 622 BVerfGE 73, 118 (156); vgl. auch BVerfGE 57, 295 (323 f.); 73, 118 (159, 168). So auch Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 68. Zum Begriff des Pluralismus Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 26ff.
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Die Rundfunkfreiheit beinhalte - dem am Individualrechtsschutz orientierten System des Grundgesetzes folgend - zwar auch eine negatorische Abwehrfunktion und gewähre daher auch subjektive Rechte des Einzelnen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts konstituiert die Rundfunkfreiheit jedoch vor allem anderen die Meinungsfreiheit als objektives Prinzip der Gesamtrechtsordnung623 . Einer eindeutigen Stellungnahme zur Gewichtung der subjektiv- und objektiv-rechtlichen Seite hat sich das Bundesverfassungsgericht bislang enthalten. In ständiger Rechtsprechung zieht es sich auf die vage Formulierung zuriick, subjektiv- und objektiv-rechtliche Elemente sollen "einander bedingen und stützen". Auch wenn es demnach noch nicht explizit geäußert hat, welcher Schutzaspekt im Zweifel Vorrang genießt, so indiziert doch das Gesamtbild der bundesverfassungsgerichtliehen Judikatur, namentlich seine vorwiegend objektiv-rechtliche Argumentation in den Rundfunkurteilen, einen Vorrang des objektiv-rechtlichen Gehalts und damit auch ein zuerst institutionelles Verständnis der Rundfunkfreiheit. 624
Erstes und oberstes Ziel der Rundfunkfreiheit ist demnach die Aufrechterhaltung und Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk, nicht der Schutz der individuellen Freiheitssphäre der Rundfunkveranstalter als den Trägern der Rundfunkfreiheit (objektiv-institutionelle Grundrechtsdeutung)625 . Die zu gewährleistende publizistische Vielfalt im Rundfunk ergibt sich dabei nach Ansicht des Gerichts nicht ohne weiteres aus der Mechanik eines sich selbst steuernden Marktes. Der Staat könne sich nicht darauf beschränken, den Einzelnen vor staatlichen Eingriffen zu schützen und den Rundfunk im übrigen dem freien Spiel der Kräfte überlassen626• Die selbstregulierenden Kräfte im Markt und Eigengesetzlichkeiten des Wettbewerbs seien nicht in der Lage, die Erfüllung der so beschriebenen dienenden Funktion des Rundfunks zu garantieren. Eine nur negatorische Gestaltung könne eine freie und umfassende Meinungsbildung über den Rundfunk nicht hinreichend gewährleisten627 . Schon allein deshalb könne nicht der Schutz der individuellen Freiheitsrechte der Veranstalter im Vordergrund der verfassungsrechtlichen Überlegungen stehen. BVerfGE 57,295 (319f.); 74,297 (323); vgl. auch BVerfGE 7, 198 (204f.)- Lüth. So auch Jarass, AöR (110) 1985, 363 (391); Bismark, AfP 1982, 135 (138); Pestalozza, NJW 1981, 2158 (2159); löst, Verhältnis von Presse und Rundfunk, S. 26. Der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts zustimmend etwa Bismark, AfP 1982, 135 (138). Kritisch dagegen Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 43. Zum Streit um die institutionelle Rundfunkfreiheit noch im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen unter § 4 C. II. l. 625 Dazu noch ausführlich unter § 4 C. II. l. b) aa). 626 BVerfGE 12, 205 (226, 260); 31 , 314 (325); 57, 295 (322f.); 83, 238 (296); 90, 60 (87). Zustimmend etwa Ebke I Scheel, Wettbewerbsrechtliche Anspruche von Rundfunkveranstaltem, S. 57 (60f.). Gerade an diesem Punkt setzt die Kritik an der vorwiegend institutionellen Grundrechtsdeutung des Bundesverfassungsgerichts an. Zum Streitstand insoweit noch ausführlich unter § 4 C. II. I . Vgl. auch Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 68. 627 BVerfGE 57, 295 (320, 323); 73, 118 (152, 163); 90, 60 (88). 623
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Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kann die in der öffentlichen Verantwortung liegende, von den Bedingungen des freien Marktes abgekoppelte und mit einem nicht unerheblichen Mißbrauchspotential belastete Vielfaltsdarstellung im Rundfunk vielmehr nur über spezifische organisatorische Vorkehrungen erreicht werden628 . Die Verwirklichung der Rundfunkfreiheit erfordere daher eine ausgestaltete Rundfunkordnung des Gesetzgebers629. Die vom Bundesverfassungsgericht angenommene Ausgestaltungsbedürftigkeit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG bringt zwei wesentliche Folgen mit sich: Zum ersten trifft den Gesetzgeber eine verfassungsrechtliche Regelungs-
pjlicht630. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts gibt die Verfassung dem
Gesetzgeber auf, Normen zu erlassen, die sicherstellen, daß die Vielfalt der Gegenstände wie auch die Vielfalt der bestehenden Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit im Rundfunk aufgenommen und wiedergegeben werden. Der Gesetzgeber muß dafür sorgen, daß der Rundfunk seiner Funktion gerecht werden kann und sich die von Verfassungs wegen geforderte, umfassende Sicherung der kommunikativen Entfaltungschancen über den Rundfunk einstellt. Folglich steht es dem Gesetzgeber nicht frei, einen rechtlichen Rahmen für den Rundfunk zu schaffen. Vielmehr wäre das Unterlassen einer Vielfaltskontrolle des Rundfunksektors verfassungswidrig631 . Diese Handlungspflicht des Gesetzgebers ist der wesentliche Unterschied zwischen der Judikatur der US-amerikanischen und der deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit632 • Zwar erkennt die US-amerikanische Verfassungsgerichtsbarkeit ebenso wie die deutsche einen objektiv-rechtlichen Gehalt der Rundfunkfreiheit an. Indes leitet sie aus diesem lediglich ein Schutzrecht des Staates im Hinblick auf die Vielfaltssicherung im Rundfunk ab, keine staatliche Schutzpflicht wie die deutsche. Das Bundesverfassungsgericht hat mit der verfassungsrechtlichen Gestaltungspflicht des Gesetzgebers sonach ein verfassungsrechtliches Instrument gegen die wirtschaftspolitisch erwünschte Deregulierung im Rundfunk geschaffen.633
BVerfGE 12,205 (261); 31,314 (326). BVerfGE 57, 295 (319); 73, 118 (152f., 182); 83, 238 (296); 90, 60 (88). Zum Ausgestaltungsauftrag an den Gesetzgeber noch im Einzelnen unter§ 2 E. III. 4. Zum Streit um die Ausgestaltungsbedürftigkeit der Rundfunkfreiheit ausführlich unter § 4 C. li. 1. a. Zu Begriff und Wesen von Gestaltungsaufträgen allgemein Gusy, Gesetzgeber und Bundesverfassungsgericht, S. 148 ff. 630 BVerfGE 31, 314 (329); 57, 295 (318, 320); 73, 118 (152f.); 74, 297 (324); 83, 238 (296, 315); 90, 60 (88). 63 1 In mehreren Fällen erklärte das Bundesverfassungsgericht Rundfunkgesetze daher für verfassungswidrig, nicht, weil diese die Rundfunkfreiheit zu stark eingeschränkt hätten, sondern deshalb, weil sie zu wenig für den Schutz der Rundfunkfreiheit unternommen hatten. Vgl. etwa BVerfGE 57, 295 (327ff., 318ff.); 73, 118 (152ff.). Zum Untermaßverbot Hain, DVBI. 1993,982. 632 Zu den Unterschieden zwischen dem United States Supreme Court und dem Bundesverfassungsgericht allgemein Wilms, NJW 1999, 1527. 633 Grimm, Rundfunkrechtsprechung in Amerika und Deutschland, S. 529 ff. Zu den Motiven deregulativer Politik Ho.ffmann-Riem, Erosionen des Rundfunkrechts, S. 28 ff. 62& 629
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Zum zweiten folgt aus dem Erfordernis einer positiven Ordnung im Rundfunk, daß die gesetzlichen Regelungen im Rundfunkbereich den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG nicht einschränken, sondern vielmehr diesen nur ausgestalten und daher auch nicht an der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG zu messen sind. Anders als im typischen Zusammenspiel zwischen grundrechtlich gewährtem Freiheitsrecht und einschränkender gesetzlicher Regelung stellt die vom Gesetzgeber zu schaffende Rundfunkordnung keinen Eingritf'34 in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG dar, sondern vielmehr eine Inhaltsbestimmung desselben. In der Ausgestaltungskonzeption des Bundesverfassungsgerichts gewinnt die Rundfunkfreiheit erst durch die Rundfunkordnung Wirklichkeit. Erst durch die Rundfunkordnung kann sich die verfassungsrechtlich garantierte Rundfunkfreiheit real entfalten. Die einfachgesetzlichen Normen des Rundfunkrechts konkretisieren die Rundfunkfreiheit und stellen damit deren unverzichtbare Grundlage dar, nicht deren Beschränkung635. Im Kern unterscheiden sich die institutionelle Konzeption der Rundfunkfreiheit und die klassische Grundrechtsinterpretation sonach darin, daß nach der klassischen, der individual-freiheitsrechtliehen Ausrichtung des Grundgesetzes folgenden Grundrechtsdeutung die Verwirklichung einer grundrechtlich gewährleisteten Freiheit im bestmöglichen Schutz der individuellen Freiheitssphäre ihrer Grundrechtsträger liegt. Nach der institutionellen Interpretation des Bundesverfassungsgerichts ist die Rundfunkfreiheit dagegen nicht schon dann verwirklicht. Vielmehr bedarf es nach der institutionellen Deutung der Rundfunkfreiheit eines über die individuelle Ebene hinausgreifenden Schutzes. Ausgangspunkt verfassungsrechtlicher Überlegungen darf nach der Konzeption des Bundesverfassungsgericht demnach nicht der Schutz der Freiheitssphäre des Einzelnen sein, sondern vielmehr die Gewährleistung einer nur objektiv-rechtlich sicherzustellenden Rundfunkfreiheit im Dienste einer effektiven Vielfaltssicherung. d) Objektive Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit zur Sicherung der Meinungsvielfalt
Das Bundesverfassungsgericht hat aus dem Leitziel der Rundfunkfreiheit, die pluralistische Vielfalt im Rundfunk möglichst effektiv zu sichern, einzelne Subziele entwickelt636. Die Formel von der "Sicherung der Meinungsvielfalt" verbirgt 634 Die Terminologie ist uneinheitlich. Synonym zum Begriff des Eingriffs werden die Begriffe der Schranke, der Be- oder Einschränkung, der Beeinträchtigung oder Verkürzung verwendet, Pierothl Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 207 f. 635 Statt vieler Paschke, Medienrecht, Rdnr. 245. 636 Vgl. etwa Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 46 ff., 65 ff.; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 38 ff.; Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (292ff.); ders., MP 1995, 48 (49f.); Paschke, Medienrecht, Rdnr. 221 ff.; Paschkel Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 ( 100 f.).
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ein mittlerweile dichtes Konglomerat von mehr oder weniger präzisen medienpolitischen Ordnungsvorstellungen. Diese laufen im wesentlichen gleich, überschneiden sich teilweise, sind aber gedanklich voneinander zu trennen 637 . Im Folgenden sollen die vom Bundesverfassungsgericht aus der Rundfunkfreiheit entwickelten einzelnen Zielvorgaben nur insoweit erörtert werden, als der Bezug zu den Cross Ownership Beschränkungen dies unmittelbar nahelegt638. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die legislative Vielfaltssicherung prinzipiell auf zwei Ebenen anzusetzen: zum einen auf der Ebene des Programms und zum anderen auf der Ebene der Organisation. Programmlieh hat der Gesetzgeber eine bestimmte inhaltliche Breite des publizistischen Angebots sicherzustellen. Im Rundfunk müssen alle bedeutsamen Meinungen zum Ausdruck kommen und alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens angemessen berücksichtigt werden. Ein gewisses Maß an kommunikativer Chancengleichheit muß gewahrt bleiben. Insbesondere dürfen Minderheiten nicht kommunikativ ausgegrenzt werden.639
Organisatorisch stehen dem Gesetzgeber nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts mehrere Optionen offen: Zum einen kann der Gesetzgeber ein öffentlich-rechtliches Rundfunkmonopol etablieren, wenn dieses staatsfrei organisiert und dem Einfluß von Repräsentanten aller relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen unterstellt ist640. Das öffentlich-rechtliche Rundfunkmonopol ist aber nicht zwingend641 • Ebensogut kann der Gesetzgeber den Rundfunksektor für kommerzielle Anbieter öffnen und ein duales Rundfunksystem einführen. Eine bestimmte Form der Rundfunkorganisation ist dem Gesetzgeber daher nicht vorgeschrieben642. Vielmehr ist jede Organisationsform mit der Verfassung vereinbar, 637 Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (292 ff.); ders., MP 1995,48 (49f.). 638 Insbesondere muß daher an dieser Stelle die kontrovers diskutierte Stellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unerörtert bleiben, namentlich die Frage nach der Bestands- und Entwicklungsgarantie fUr den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (dazu etwa Ricker, NJW 1988, 453 (453)) sowie nach Art, Umfang und Berechtigung des Grundversorgungsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zu Letzterem statt vieler Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 69; Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 36 ff.; Kresse, ZUM 1996, 59 (63 ff.); Holzer. ZUM 1996, 274 (278ff.); Hesse, A., BayVBI. 1997, 132 (137ff.); BrauniGillertiHobergiHübneriKamps, ZUM 1996, 201 (203 ff.); VPRT, Medienordnung 2000 plus, Teil I, 2 (kritisch zum VPRTModell Eisenhauer, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 1. Dezember 1997, S. 45; dazu insg. Notiz aus Der Spiegel, 48/1997, S. 112; Notiz aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 28. November 1997, S. 19). 639 BVerfGE 57, 295 (323). Zur Lockerung der Vielfaltsanforderungen zugunsten kommerzieller Anbieter aufgrund der strukturellen Besonderheiten des werbefinanzierten Rundfunks BVerfGE 73, 118 (157ff., 171); 74,297 (325); 83,238 (297, 316f.); 90,60 (90). 640 BVerfGE 12, 205 (262); 31, 314 (329). Zum Gebot der Staatsfreiheit siehe noch im Einzelnen weiter unten. 641 BVerfGE 12, 205 (262). 642 BVerfGE 57, 295 (322); 73, 118 (158). Vgl. auch BVerfGE 57, 295 (321, 324f.); 73, 118 (153); 83, 238 (296, 316, 326). So auch Badura, Rundfunkgesetzgebung, S. 60ff.; Ruck,
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
sofern sie dem Ziel des Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG gerecht wird, das heißt die freie, umfassende und wahrheitsgemäße Meinungsbildung über den Rundfunk gewährleistet. Dem Gesetzgeber steht es daher auch frei, zwischen einer binnenoder außenpluralistischen Vielfaltskontrolle zu wählen. Darüberhinaus ist der Gesetzgeber nicht einmal gezwungen, das einmal gewählte Modell konsistent zu verwirklichen, da sich sein Gestaltungsspielraum nicht in der Wahl zwischen außen- und binnenpluralistischer Organisation erschöpft (kein Gebot der Modellkonsistenz)643. Er darf daher auch außen- und binnenpluralistische Elemente kombinieren, solange dabei die Freiheitlichkeil des Rundfunkwesens insgesamt gewährleistet bleibt. Heute ist im ganzen Bundesgebiet das duale Rundfunksystem verwirklicht. Dies gilt faktisch auch für Bayern, auch wenn hier aus landesverfassungsrechtlichen Gründen der Rundfunk nur in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben werden kann. In allen Landesrundfunkordnungen werden dabei außen- und binnenpluralistische Elemente kombiniert. 644
Prinzipiell ist privater Rundfunk sonach verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sich der Gesetzgeber zur Zulassung privaten Rundfunks entschieden hat645 . Allerdings muß der Gesetzgeber auch im privaten Rundfunk sicherstellen, daß alle gesellschaftlichen Kräfte hinreichend zum Ausdruck kommen und die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt. So ist der Gesetzgeber nicht befugt, "für den privaten Rundfunk auf rechtliche Sicherungen der Rundfunkfreiheit ganz zu verzichten und die Entwicklung im Wege der Deregulierung den Kräften des Marktes anzuvertrauen"646. Vielmehr ist er verpflichtet materielle, organisatorische und Verfahrensregelungen zu treffen, die dazu bestimmt und geeignet sind, ein möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu erreichen und zu sichem647 . Zu den wesentlichen Voraussetzungen der Meinungsvielfalt zählt dabei, daß der Rundfunk von einseitiger Einflußnahme freigehalten wird. Dieses Vielfaltsgebot hat zwei Stoßrichtungen: Zum einen muß der Gesetzgeber sicherstellen, daß der Rundfunk nicht staatlich dirigiert werden kann (Gebot der Staatsfreiheit). Zum anderen darf der Rundfunk auch nicht einer einzelnen gesellschaftlichen Gruppe ausgeliefert werden (Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht). 648 AöR 117 (1992), 543 (561); Altemativkommentar-Hoffinann-Riem, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 156. 643 BVerfGE 83, 238 (296, 316). A. A. Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 17 ff., 20ff., 29; Kuli, AfP 1985, 265 (267). Ebenfalls kritisch Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 638. Zum Streit noch im Einzelnen unter§ 4 C. IV. 4. 644 Vgl. dazu noch im Einzelnen unter§ 3D. II. 1. 645 BVerfGE 12, 205 (262); 83, 238 (297). 646 BVerfGE 73, 118 (158). 647 BVerfGE 73, 118 (159). 648 BVerfGE 73, 118 (172). Hoffinann-Riem spricht insoweit von einer "Rundumfreiheit" des Rundfunks, Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 18.
E. Teleologische Auslegung
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Nach dem Gebot der Staatsfreiheit verlangt die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung durch den Rundfunk die Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung und Einflußnahme. Ausgeschlossen ist damit nicht nur, daß der Staat selbst Veranstalter von Rundfunkprogrammen wird oder einen bestimmenden Einfluß auf das Programm von Rundfunkveranstaltern ausübt. Vielmehr soll damit jegliche politische Instrumentalisierung des Rundfunks ausgeschlossen werden. 649 Der Staat steht damit in einem Spannungsverhältnis. Einerseits ist er Garant der Rundfunkfreiheit andererseits aber auch eine Gefahr für diese. Als Garant der Rundfunkfreiheit hat er eine effiziente Rundfunkordnung auszugestalten. Er hat den Rundfunk zu organisieren, zuzulassen, zu beaufsichtigen und sogar für seine Finanzierung zu sorgen. Andererseits darf der Staat aber nicht mit den ihm sonach zur Verfügung stehenden Mitteln einen bestimmenden Einfluß auf die Rundfunkveranstalter, insbesondere auf deren Programmgestaltung ausüben. 650
Die zweite Ausprägung des Gebots, den Rundfunk vor einseitigen Einflußnahmen zu schützen, ist die Verpflichtung des Gesetzgebers, das Entstehen vorherrschender Meinungsmacht zu verhindem651 . Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die vorherrschende Meinungsmacht Einzelner das Risiko in sich berge, daß diese ihre Macht zum Zwecke einseitiger Einflußnahme auf die öffentliche Meinung mißbrauchen könnten652 . Diese aus dem allgemeinen Vielfaltsgebot entwickelte Pflicht zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht im Rundfunk bildet die zentrale Grundlage der Rundfunkkonzentrationskontrolle und ist daher auch die entscheidende Erwägung für den Regelungszweck von Cross Ownership Beschränkungen. Im Folgenden ist auf die einzelnen Facetten dieser verfassungsrechtlichen Zielvorgabe einzugehen.
e) Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht
In der Entstehung vorherrschender Meinungsmacht sieht das Gericht eine besondere Gefahr für den Prozeß demokratischer Willensbildung. Die Funktionsfähigkeit des freiheitlich-demokratischen Ordnungsgefüges verlange, den Rundfunk vor dem erheblich ungleichgewichtigen, einseitigen Einfluß einer einzelnen gesell649 BVerfGE 12, 205 (263); 57. 295 (320); 73, 118 (152); 74, 297 (324); 83, 238 (296, 322, 330); 90, 60 (88). Vgl. aus der Literatur etwa Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 18, 57f.; Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks, S. 22ff.; Ricker/ Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. D, Rdnr. 8 ff.; Schneider-Freyermuth, ZUM 2000, 564. 650 BVerfGE 90, 60 (88ff.); 57, 295 (320); 59, 231 (260); 73, 118 (182f.); 83, 238 (322 ff.). Dazu im Einzelnen etwa Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfa1t, S. 53. 651 BVerfGE 12,205 (262); 31,314 (325f.); 57,295 (322); 73, 118 (153). 652 BVerfGE 31,314 (325); 57,295 (323) mit Verweis aufBVerwGE 39, 159 (167); BayVerfGHE 30, 78 (97). Zu den Prämissen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits § 2 E. I. 1. a).
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
schaftliehen Gruppe nicht weniger zu schützen als vor staatlicher Beherrschung. Tragendes Motiv der verfassungsgerichtlichen Interpretation des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG ist die Befürchtung, daß die mit Zulassung des kommerziellen Rundfunks mögliche Konzentration wirtschaftlicher Macht im Rundfunk eine publizistische Vormachtstellung ermögliche, die in politische Macht transformiert werden könne653 . Die vorherrschende Meinungsmacht Einzelner kann nach Ansicht des Gerichts zunächst aus einem Oligopol auf dem Rundfunkmarkt erwachsen654 . Der Gesetzgeber habe der insoweit zu befürchtenden vorherrschenden monomedialen Meinungsmacht zu wehren und den intramediären Wettbewerb im Rundfunk zu sichern. Eine mindestens gleich große Gefahr für die Meinungsvielfalt ergebe sich jedoch aus der Kombination der Meinungsmacht verschiedener Medien wie etwa der publizistischen Wirkungspotentiale in Rundfunk und Presse. Der Schutz des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses vor der vorherrschenden Meinungsmacht einzelner gesellschaftlicher Kräfte umfaßt nach Ansicht des Gerichts daher auch die Verhinderung vorherrschender multimedialer Meinungsmachl55. Das Gebot, vorherrschende Meinungsmacht zu verhindern, impliziere darüberhinaus die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine gewisse kommunikative Chancengleichheit herzustellen und Minderheiten vor einer kommunikativen Ausgrenzung zu schützen656. Demnach müsse der Gesetzgeber der Gefahr wehren, "daß auf Verbreitung angelegte Meinungen von der öffentlichen Meinungsbildung ausgeschlossen werden"657 . Die elektronische Kommunikation sei offen zu halten, da prinzipiell alle relevanten kommunikativen Bedürfnisse gleichermaßen Zugang zum Forum öffentlicher Meinungsbildung beanspruchen dürfen658.
Vgl. BVerfGE 57, 295 (323). BVerfGE 73, 118 (172, 175); 31, 314 (325); 57, 295 (323). Vgl. auch BVerwGE 39, 159 (167); BayVerfGHE 30, 78 (97). 655 BVerfGE 73, 118 (175). 656 Zum Gedanken der kommunikativen Chancengleichheit im Einzelnen Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 12 ff.; Kühler, MP 1999, 379 (380); Klein, Rundfunkfreiheit, S. 58 f. Hieraus entwickelt Degenhart das Gebot wirtschaftlicher Chancengleichheit, Degenhart, ZUM 1987, 595 (598). Zur Bedeutung des Gebots kommunikativer Chancengleichheit für die Beschränkung von Cross Ownerships noch unter§ 4 C. II. 2. c). 657 BVerfGE 57, 295 (323). 658 Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (293); Hoffmann-Riem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 18 f. 653
654
E. Teleologische Auslegung
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2. Sicherung der Meinungsvielfalt durch Cross Ownership Beschränkungen
Vor diesem verfassungsrechtlichen Kontext läßt sich das Regelungsziel von Cross Ownership Beschränkungen nun präziser fassen. Cross Ownership Beschränkungen sind Teil der positiven Rundfunkordnung, die der Gesetzgeber von Verfassungs wegen zu schaffen hat. Sie zielen darauf, die publizistische Vielfalt im Rundfunk vor einer einseitigen Einflußnahme durch partikulare gesellschaftliche Gruppen zu schützen. Dabei ist im Einzelnen nach der Art der zu beschränkenden Cross Ownership zu differenzieren. Soweit sich Cross Ownership Beschränkungen gegen die diagonalintennediäre Unternehmenskonzentration richten, wollen sie der Zusammenballung vorherrschender multimedialer Meinungsmacht Grenzen setzen und damit den intermediären Wettbewerb sicherstellen. So bezweckt der Großteil der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen, lokale Doppelmonopole in Rundfunk und Presse zu verhindern, um den Einzelnen vor einer nur einseitigen Information über lokale Geschehnisse zu schützen. Soweit sich Cross Ownership Beschränkungen gegen die vertikale Integration im Rundfunk richten, kann ihr Regelungszweck dagegen nicht darin liegen, eine multimediale Meinungsmacht zu verhindern. Selbst wenn man von einer Meinungsmacht der auf den vor- oder nachgelagerten Produktions- bzw. Vertriebsstufen tätigen Unternehmen, beispielsweise der Rechtehändler, ausgeht, wird der Rezipient bei der rein vertikalen Cross Ownership dennoch letztlich von immer nur einem Medium erreicht und beeinflußt659. Vertikale Cross Ownership Beschränkungen richten sich daher nicht gegen das Gefahrenpotential einer multimedialen Meinungsmacht, die sich aus der Verbindung der publizistischen Macht verschiedener Medien ergibt. Vielmehr bezwecken sie, dem über die vertikale Verflechtung eröffneten indirekten Einfluß auf die Programmveranstaltung beizukommen. Soweit das vertikal diversifizierte Unternehmen über seine Position auf einem vor- oder nachgelagerten Schlüsselmarkt einen maßgeblichen Einfluß auf die Programmgestaltung anderer Rundfunkveranstalter ausüben kann, soll dieses mittelbare Wirkungspotential bei der Ermittlung seiner Meinungsmacht Beriicksichtigung finden. Vertikale Cross Ownership Beschränkungen richten sich folglich nicht gegen die multimediale Meinungsmacht von Unternehmen, sondern gegen das Entstehen einer vorherrschenden monomedialen Meinungsmacht im Rundfunk, soweit sich diese aus der Kombination von unmittelbaren publizistischen Einflußmöglichkeiten über eigene Sender und der mittelbaren Meinungsmacht über Schlüsselpositionen des Unternehmens auf den der Programmveranstaltung vor- oder nachgelagerten Märkten ergibt. 659 Vgl. zur Meinungsmacht vor- oder nachgelagerter Märkte § I C. III. !. a). Ungenau und mißverständlich daher Bender, Cross-Media-Ownership, S. 31 f., 356 (Pkt. 1).
II Tschon
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
Vertikale und diagonale Cross Ownership Beschränkungen dienen daher beide dem Ziel umfassender Vielfaltssicherung vor der einseitigen Einflußnahme durch einzelne gesellschaftliche Gruppen, jedoch mit unterschiedlicher Stoßrichtung. Wahrend vertikale Cross Ownership Beschränkungen auf die Erhaltung und Förderung des intramediären Wettbewerbs im Rundfunksektor gerichtet sind, bezwecken die diagonalen Cross Ownership Beschränkungen, den intermediären Wettbewerb vor den Gefahren der multimedialen Meinungsmacht zu schützen.
II. Kulturpolitische Zielsetzung Wie die bisherigen Ausführungen ergeben haben, bezweckt das Rundfunkrecht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk, um den Prozeß der politischen Willensbildung im demokratischen Staat zu schützen. Von diesem Ansatz her orientierte sich das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Freiheitskonzept von Beginn an schwerpunktmäßig am Demokratieprinzip und damit am Prozeß politischer Meinungsbildung und lnformationsvermittlung660 . Jenseits dieser staatspolitischen Zielrichtung des Rundfunkrechts betonte das Bundesverfassungsgericht aber bereits mehrfach, daß der Rundfunk auch eine kulturelle Verantwortung trage. Der Regelungszweck des Rundfunkrechts sei sonach nicht allein demokratiestaatlich, sondern auch kultur-und sozialstaatlich begründet661 • Nicht zuletzt deshalb, weil das Freiheitskonzept und die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts trotz der wiederholten Anerkennung des Kulturauftrags des Rundfunks auch weiterhin hauptsächlich der Funktion des Rundfunks für den Prozeß der politischen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung verhaftet blieb, blieben die sich aus der kultur- und sozialstaatliehen Verantwortung des Rundfunks ergebenden Zielvorgaben für den Gesetzgeber bislang eher undeutlich, zumal auch die Literatur nur wenig unternahm, um die kulturstaatliche Aufgabe des Rundfunks zu konkretisieren662. Der kultur- und sozialstaatliche Regelungszweck des Rundfunkrechts steht daher auch heute noch im Schatten der demokratiestaatlich begründeten Vielfaltssicherung und wird nicht zuletzt deshalb häufig relativiert. So hat nach Ansicht Bullingeri63 das kultur- und sozialpolitische Anliegen des Rundfunkrechts hinter dessen Funktion für die politisch verstandene Pluralismus660 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (189); Hoffmann-Riem, JZ 1975, 469 (470, 471); ders., Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 8. 661 BVerfGE 35, 202 (222); 73, 118 (157f.); 74, 297 (324, 346); 90, 60 (90). Vgl. auch bereits BVerfGE 12, 205 (229). Vgl. Grimm, VVDStRL 42,46 (82), ad Pkt. 17. 662 Vgl. etwa Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (294f.); Engels, ZUM 1996, 44 (47). Dazu kritisch etwa Hoffmann-Riem, Kommunikationsund Medienfreiheit, Rdnr. 8; Grimm, VVDStRL 42,46 (70) m. w. N. 663 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (189); ders., AfP 1983,319 (323).
E. Teleologische Auslegung
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sicherung zurückzutreten. Kultur- und sozialstaatliche Ziele seien den demokratiestaatlichen nicht gleichrangig. Der Kulturauftrag des Rundfunks habe gegenüber der Funktion des Rundfunks für die politische Willensbildung eine untergeordnete Bedeutung. Cross Ownership Beschränkungen verfolgten demnach zwar prinzipiell ein kulturstaatliches Anliegen. Dieses gehe aber letztlich im staatspolitischen Ziel einer umfassenden Vielfaltssicherung im Dienste einer störungsfreien, politischen Meinungsbildung auf. Noch weiter geht Engel 664 , der das kultur- und sozialstaatliche Anliegen des Rundfunkrechts auf bestimmte Bereiche beschränken und vor allem für den Bereich des Rundfunkkonzentrationsrechts gänzlich ausschließen will. Seiner Auffassung nach habe das Bundesverfassungsgericht den Rundfunk einer einzelnen gesellschaftlichen Gruppe nur deshalb nicht ausliefern wollen, um eine einseitige Einflußnahme auf die politische Willlensbildung zu verhindern. Das Rundtunkkonzentrationsrecht berühre daher ausschließlich die demokratische, nicht aber die kultur- oder sozialstaatliche Dimension der Pluralismussicherung. Meinungsvielfalt im Sinne des Rundfunkkonzentrationsrechts bedeute daher ausschließlich die für das Funktionieren eines demokratischen Staates wesentliche Vielfalt der politischen Meinungen. Dafür spreche auch, daß der Schutz des kulturellen Angebots im Rahmen des Programmrechts ausdrücklich genannt werde, während er im Rundfunkkonzentrationsrecht unerwähnt gehliebeR sei. Zudem könne nur die Sicherung der politischen Meinungsvielfalt die mit der Konzentrationskontrolle verbundenen, weitreichenden Eingriffe in die Freiheiten der Rundfunkveranstalter rechtfertigen. Die Erhaltung der kulturellen Vielfalt sei zwar auch Teil der Pluralismussicherung. Gegenüber der Sicherung der politischen Meinungsvielfalt sei sie jedoch ein Ziel niederen Ranges, das eine Konzentrationskontrolle nicht legitimieren könne. Das Rundfunkkonzentrationsrecht diene daher ausschließlich der Erhaltung und Förderung der politischen, nicht aber der kulturellen Vielfalt. Cross Ownership Beschränkungen würden demzufolge schon von vomherein keine kulturpolitischen Regelungszwecke verfolgen. Im Folgenden ist daher der Frage nachzugehen, ob Cross Ownership Beschränkungen überhaupt kulturpolitische Regelungszwecke verfolgen und, falls ja, worin diese bestehen. Bevor auf den Meinungsstreit um die kulturpolitischen Regelungsziele der Cross Ownership Beschränkungen eingegangen werden kann, bedarf es zunächst einer Analyse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur kulturellen Verantwortung des Rundfunks und einer Beleuchtung ihrer Hintergründe. 1. Kulturelle Verantwortung des Rundfunks
Bereits in seinem ersten Rundfunkurteil stellte das Bundesverfassungsgericht fest, Rundfunk sei ein auch kulturelles Phänomen665 . Damit unterstrich das Ge664
11•
Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (569f.) zu§ 21 RStV '91.
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
richt, daß sich die Bedeutung des Rundfunks nicht in seiner Funktion für den politischen Willensbildungsprozeß erschöpfe, sondern auch eine kulturelle Dimension besitze. Die bewußte Lösung von der engen demokratiestaatlichen Sichtweise vollzog das Bundesverfassungsgericht mit dem Lebach-Urteil aus dem Jahre 1973 666. Seitdem betont es in ständiger Rechtsprechung die auch kulturelle Verantwortung des Rundfunks667 . a) Kulturbegriff im Rundfunkrecht
Um erfassen zu können, was das Gericht mit der "kulturellen Verantwortung" des Rundfunks meint und welche Konsequenzen diese für den Regelungszweck rundfunkrechtlicher Bestimmungen hat, muß zunächst der Frage nachgegangen werden, was in diesem Zusammenhang unter "Kultur" zu verstehen ist. Der Begriff der Kultur wird in der deutschen Rechtsordnung und Rechtsprechung nicht einheitlich gebraucht668 . Seine Bedeutung ist kontextabhängig. Es lassen sich zwei Grundverwendungsweisen unterscheiden669 . Kultur im engeren Sinne ist danach der eigentliche Bereich geistig-schöpferischer Betätigung einer Gemeinschaft, der eine besondere Autonomie gegenüber der staatlichen Zwangsgewalt genießt. Dazu zählen etwa die Kunst, die Denkmals-, Brauchtums- und Heimatpflege oder auch die Inszenierung bestimmter Kulturereignisse und -Veranstaltungen wie beispielsweise Ausstellungen, Festwochen, Schau- und Theaterspiele, Konzerte und Festivals670. Dem steht der sehr viel weitergehende Begriff von Kultur als der Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Äußerungen, typischen Lebensformen, Werteinsteilungen und Verhaltensweisen einer bestimmten Gemeinschaft, insbesondere einer bestimmten Region oder eines bestimmten Volkes, gegenüber. Dieser weite Kulturbegriff erschöpft sich nicht in der bildungsbürger665 BVerfGE 12, 205 (229). Im zweiten Rundfunkurteilließ das Gericht die integrierende Funktion des Rundfunks für das Staatsganze anklingen (allerdings in Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten), BVerfGE 31, 314 (329). 666 BVerfGE 35,202 (222). Dazu Hoffmann-Riem, JZ 1975,469 (471). 667 BVerfGE 73, 118 (157f.); 74, 297 (324, 346); 90, 60 (90). Zustimmend Delbrück, Rundfunkrecht und Wettbewerbsrecht, S. 244; Grimm, VVDStRL 42, 46; Steiner, VVDStRL 42, 7; Bullinger, Rundfunkordnungen im Übergang, S. 45 (68); Dörr; ZUM 1996, 617 (624f.). 668 Der Begriff der Kultur erscheint in den unterschiedlichsten Normzusammenhängen, vgl. etwa die Beachtung kultureller Gesichtspunkte bei Raumordnung und Städtebau, §§ I, 2 ROG, §§ I, 3 StBauFG, oder bei der Sozialhilfe,§ 12 BSozHG, oder der Zwangsvollstrekkung, § 811 Nr. 10 ZPO. Zum Begriff der Kultur allgemein Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 27 ff. 669 Steiner; VVDStRL 42, 7 (8 ff.) m. w. N.; Lüders, Zuständigkeit zur Rundfunkgesetzgebung,. S. 75 (der diese allerdings anders benennt, nämlich als "Kultur im soziologischen Sinne" und "Kultur im juristischen Sinne"). 670 Zur Entwicklungsgeschichte der Kultur (im engeren Sinne) im bundesdeutschen Fernsehen siehe Neumann-Bechstein, MP 1990,77 (81 ff.).
E. Teleologische Auslegung
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liehen Kultur. So erlaßt er neben der traditionellen Kultur auch Alternativ-, Subund Gegenkulturen671 . Grimm umschreibt diese Kultur im weiteren Sinne als ein übergreifendes, überpersonales System von Weltdeutungen, Sinnstiftungen, Wertbegründungen und -tradierungen sowie deren Ausdrucksformen, dessen soziale Funktion in der ideellen Reproduktion der Gesellschaft liegt672 • Häberle bezeichnet mit Kultur im weiteren Sinne das "komplexe Ganze, das Kenntnis, Glauben, Kunst, Moral, Gesetz, Sitten und andere Fähigkeiten und Gewohnheiten, die sich der Mensch als Mitglied der Gesellschaft erworben hat, einschließt" 673 . Die Differenzierung zwischen Kultur im engeren und im weiteren Sinne gilt ungeachtet dessen, daß sich die beiden Kulturbegriffe heute nicht mehr trennscharf voneinander abgrenzen lassen, zumal die Kultur im engeren Sinne heute auch "soziokulturelle" Aktivitäten umfaßt und in den Kulturkonzepten der Gegenwart Kultur und Kommunikation zunehmend gleichgesetzt werden. Die beiden ursprünglich verschiedenen Kulturbegriffe nähern sich daher einander stetig an674 .
Im Rundfunkrecht findet sich der Begriff der Kultur in seinen beiden Bedeutungen. Die Problematik um Art und Umfang der vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk sicherzustellenden Grundversorgung, namentlich die Frage nach der Pflicht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, Kultursendungen auszustrahlen, knüpft an den Kulturbegriff im engeren Sinne an. Demgegenüber zielt die Frage nach der kulturellen Verantwortung und dem kulturstaatlichen Auftrag des Rundfunks auf den Begriff der Kultur als dem Inbegriff der typischen Lebensformen, Werteinsteilungen und Verhaltensweisen der Gesellschaft. Die kulturell integrative Funktion des Rundfunks erschöpft sich nicht darin, Beiträge über Einrichtungen der sogenannten Hochkultur wie beispielsweise Theater, Museen oder Konzerthäuser auszustrahlen675 . Vielmehr soll der Rundfunk kulturelle Strömungen im weitesten Sinne wiedergeben, um damit seinem verfassungsrechtlichen Integra671 Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 32; ders., Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, S. 10 ff. (Konzept der Offenheit). Dazu kritisch Schlink, AöR 109 (1984), 143 (144ff.). 672 Grimm, VVDStRL 42, 46 (60 ff.). 673 Häberle, Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, Teil 2, S. 2 f., unter Verweis auf die klassische Definition von E.B. Tylor in E.B. Tylor, Die Kulturwissenschaft, in: R. König/ A. Schnulljuß (Hrsg.), Kulturanthropologie, 1972, S. 51 (52). Dem entspricht der weite Verfassungsbegriff Häberles, der unter Verfassung den gelebten Verfassungskonsens, mithin die Ordnung von allen Bürgern für alle Bürger versteht, mit der sich alle identifizieren und von der alle profitieren können. Vgl. dazu insgesamt Häberle, Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, Teil 4 II, S. 83 ff.; ders., Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, S. 13 ff.; ders. , Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 30ff. Vgl. auch BVerfGE 5, 85 (379); 7, 198 (206); 52, 223 (237). Ähnlich auch der Kulturbegriff des Europäischen Gemeinschaftsrechts, vgl. Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April 1996, Einführung, ad 3. 674 Steiner, VVDStRL 42, 7 ( 10). Zu Begriff und Ausprägungen soziokultureller Aktivität siehe Ho.ffmo.nn/ Kramer, Kulturpolitik und Kulturpflege, S. 220 (267 ff.) m. w. N. 675 Dörr, ZUM 1996,617 (625).
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
tionsauftrag nachzukommen und dem Einzelnen einen gesellschaftlichen Orientierungsrahmen zu schaffen676. Der Kulturauftrag erfaßt daher Beiträge zu Entwicklungen im regionalen oder nationalen Wirtschaftsleben ebenso wie Berichte über den Stand von Forschung und Technik oder Sendungen zu den Trends in Musik, Literatur und Mode, Zeitgeist und Zeitgeschehen im allgemeinen. Im Hinblick auf den Kulturauftrag des Rundfunks ist daher unter "Kultur" die Kultur im weiteren Sinne zu verstehen677 •
b) Staatliche Verantwortung im kulturellen Bereich
Der Kulturauftrag des Rundfunks, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch den privaten Rundfunk nicht ausnimmt, ist eine Erscheinungsform der staatlichen Kulturpflege. Um konkretisieren zu können, was unter der kulturellen Verantwortung des Rundfunks zu verstehen ist, muß auf den allgemeinen Kulturauftrag des Staates und damit auf das Verhältnis von Staat und Kultur eingegangen werden. Der staatliche Kulturauftrag hat seinen historischen Ursprung in der Lösung der Kultur aus deren politischen und religiösen Bindungen im 18. Jahrhundert, die eine Neudefinition des Verhältnisses von Staat und Kultur notwendig machte678 • Es können drei Grundmodelle unterschieden werden: das dualistische Modell, das eine strikte Trennung von Staat und Kultur vorsieht, das utilitaristische Modell, in dem die Kultur nur zum Zwecke außerkultureller, namentlich staatspolitischer Ziele gefördert wird, sowie das kulturstaatliche Modell, in dem die Kultur um ihrer selbst willen gefördert wird679• Die Bundesrepublik Deutschland ist nach ihrem Selbstverständnis, dem Gesamtsystem ihrer Verfassung und ihrer staatlichen Praxis ein Kulturstaat680 , auch wenn der Kulturauftrag im Grundgesetz nicht explizit verankert ist681 • 676 Zur Bedeutung des Rundfunks als Mittel der Integration und Orientierung des Einzelnen in modernen Gesellschaften bereits unter § 1 C. II. 2. 677 Ebenso Grimm, VVDStRL 42, 46 (59ff.); Dörr, ZUM 1996, 617 (624f.); Häberle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, S. 13 ff.; ders., Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, S. 10 ff.; ders., Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 30 ff.; zur Übernahme des breiteren Kulturbegriffs in den siebziger Jahren Neumann-Bechstein, MP 1990, 77 (82). Ergänzend soll festgestellt werden, daß der Begriff der Kultur bei den Verhandlungen zum Entwurf des Art. 73 Nr. 7 GG in einem gänzlich anderen Sinn verwendet wurde. Mit "kultureller" Seite des Rundfunks war im Sprachgebrauch des Parlamentarischen Rates die Programmgestaltung, das heißt die inhaltliche Seite des Rundfunks in Abgrenzung zu der sendetechnischen gemeint. Vgl. dazu BVerfGE 12, 205 (236f.); Lüders, Zuständigkeit zur Rundfunkgesetzgebung, S. 51 ff., 75 ff. 678 Grimm, VVDStRL 42, 46 (53 ff.). 679 Vgl. Grimm, VVDStRL 42,46 (58). 680 Steiner spricht von einem durch die Grundrechte bewirkten "Großklima" kultureller Autonomie, Steiner, VVDStRL 42, 7 (14). Zu den kulturellen Grundrechten Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 10 f.
E. Teleologische Auslegung
167
Dieser Kulturauftrag hat seinen Grund nicht im allgemeinen Anliegen des Staates, die Lebenszufriedenheit des Einzelnen zu steigern. Vielmehr dient die Kulturpflege dem Staat zur Sicherung dessen eigener Funktionsvoraussetzungen682 . Die Kultur gibt dem Einzelnen einen Grundfundus an Wissen, Sinnerleben und Überzeugungen, die der jeweiligen Gemeinschaft gemein sind und die Basis deren interpersonaler Kommunikation und sozialen Handeins darstellen. Für die Gesamtgesellschaft sichert die Kultur daher die Grundlagen kollektiver Identität und sozialer Integration, auf die nicht nur das Handeln des Einzelnen, sondern auch das staatliche Handeln aufbaut, das durch die Entscheidungen des Einzelnen legitimiert wird. Der Staat bedarf infolgedessen zur Wahrnehmung seiner Aufgaben der Kultur. Kultur und Staat stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern bedingen und stützen einander683 . Die Kulturpflege ist sonach eines der Fundamente unserer freiheitlich-pluralistischen Ordnung. c) Kulturauftrag des Rundfunks
Eine Ausprägung dieser staatlichen Kulturpflege ist der Kulturauftrag des Rundfunks. Dieser stellt den Rundfunk in den Dienst der soeben beschriebenen kulturstaatlichen Aufgaben. Der Rundfunk soll die kollektive Identität und soziale Integration des Einzelnen in unserer pluralistischen Gesellschaft sichern, die die Grundlage des funktionierenden Staatsganzen darstellen 684 . Er fungiert als Mittel der Orientierung und Sozialisation in allen Lebensbereichen, nicht nur in denen, die für den Prozeß der politischen Willensbildung relevant sind685 . Der Rundfunk soll vielmehr auch im außerpolitischen Bereich ein ausgewogenes Forum für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung bieten und einen Überblick über die diversen Meinungen und kulturellen Strömungen in der Gesellschaft vermitteln. Das von der Rundfunkfreiheit vorgegebene Ziel, die Vielfalt im Rundfunk zu sichern, ist daher nicht nur im Sinne einer gleichgewichtigen Darstellung aller rele68 1 Das Grundgesetz enthält zur Kulturverantwortlichkeit des Staates nur Einzelaussagen. Dagegen haben einige Bundesländer den staatlichen Kulturauftrag explizit in ihre Landesverfassungen aufgenommen (vgl. etwa Art. 3 Bayerische Verfassung). Zu den Kulturstaatsklauseln im Bundes- und Landesverfassungsrecht Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 8 ff., 25 f., 36 f. Gegen eine Kulturklausel im Grundgesetz Steiner; Kulturpflege, Rdnr. 28. 682 Reuhl, JZ 1983, 535 (537) m. w. N.; ders., JZ 1981, 321 (322); Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 34ff.; Steiner, VVDStRL 42, 7 (12ff., 16, 43); Grimm, VVDStRL 42, 46 (63 ff., 66 f.). Zur Diskussion, eine Staatszielbestimmung "Kulturstaat" in die Verfassung aufzunehmen Häberle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, S. 59; Steiner; VVDStRL 42, 7 (38 ff.). 683 Prägnant Grimm, VVDStRL 42, 46 (63). 684 BVerfGE 31, 314 (329). A. A. Lüders, Zuständigkeit zur Rundfunkgesetzgebung, s. 75 ff. 685 BVerfGE 35, 202 (222); 73, 118 (157f.). Dazu noch im Einzelnen unter§ 2 E. II. 2. a) und§ 2 E. II. 2. b).
168
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
vanten politischen Meinungen zu verstehen, sondern im Sinne einer umfassenden publizistischen Vielfalt zu begreifen, die sich in den außerpolitischen Bereich erstreckt. Gerade in diesem erweiterten Verständnis von Vielfalt liegt die besondere Bedeutung der Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts zur kultureBen Verantwortung des Rundfunks. Hiervon sind die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zu der meinungsbildenden Kraft von Rundfunkbeiträgen außerhalb des eigentlichen Bereichs der politischen Information zu trennen. In diesen stellte das Gericht fest, daß Meinungsbildung auch mit Sendungen jenseits der eigentlichen Berichterstattung und politischen Unterrichtung geschehen könne686 . Selbst Beiträge zu politikfernen Themen wie beispielsweise Sport, Mode oder Kultur (im engeren Sinne) könnten zumindest mittelbar politisch meinungsbildend wirken, da schon allein durch die Selektion und Gestaltung der Themen eine gewisse Tendenz vermittelt werde und damit auch scheinbar unpolitische Sendungen eine politisch meinungsbildende Kraft besäßen687 . Bei Rundfunkprogrammen lassen sich daher nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht die für die politische Meinungsbildung relevanten Beiträge von denen unterscheiden, die für diese unerheblich sind. Das Rundfunkprogramm müsse daher als einheitliche Veranstaltung aufgefaßt und der Rundfunk auch in seinen scheinbar unpolitischen Teilen geschützt, das heißt einer Vielfaltskontrolle unterworfen werden. Das Eingreifen der Verfassungsgarantie könne nicht von dem jeweiligen Inhalt und der konkreten Qualität einer einzelnen Sendung abhängig gemacht werden.688 Die Annahme einer kultur- und sozialstaatliehen Verantwortung des Rundfunks geht zwar in dieselbe Richtung, zielt dabei jedoch weiter. Sie beschränkt sich nicht darauf, daß eine im Hinblick auf den Prozeß der politischen Entscheidungsfindung zu schützende Vielfalt im Rundfunk auch von scheinbar unpolitischen Sendungen betroffen sein kann und daher auch vermeintlich politikferne Programme den besonderen kommunikationspolitischen Anforderungen des Rundfunkrechts unterwerfen muß. Vielmehr wendet sie sich ganz prinzipiell gegen einen nur staatspolitisch verstandenen Vielfaltsbegriff und weist dem Rundfunk eine Funktion auch in Bereichen jenseits jeder politischen Meinungsrelevanz zu.
Demnach dient der Rundfunk der Vermittlung von Informationen und Meinungen in einem nicht auf den politischen Bereich begrenzten, sondern in einem darüber hinausgehenden, umfassenden Sinn und wird in dieser Funktion für das politische wie auch das "nur" kultureHe Leben von Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG geschützt. Die von der Verfassung gebotene Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk ist sonach nicht nur politisch, sondern auch kulturell (im weiteren Sinne) zu verstehen. Dem entspricht, daß das Rundfunkrecht traditione11 als Materie des Kulturrechts verstanden und nicht zuletzt deshalb der Regelungszuständigkeit der Länder zugewiesen wird689. 686 BVerfGE 73, 118 (156). Das Bundesverfassungsgericht knüpfte insoweit an die Rechtsprechung zur Pressefreiheit an, vgl. BVerfGE 35, 202 (222). 687 BVerfGE 12, 205 (260); 31,314 (326); 35,202 (222). Zustimmend Hoffinann-Riem, JZ 1975,469 (472); Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (144). 688 BVerfGE 12,205 (260); 31,314 (325f.); 35, 202 (222 f.); 57,295 (319); 59,231 (258); 73, 118 (!52); 74, 297 (323 f.); 83, 238 (295); 90, 60 (87). Anderer Ansicht Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (569).
E. Teleologische Auslegung
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Mit der Annahme einer auch kultur- und sozialstaatlich begründeten Funktion des Rundfunks befindet sich das Bundesverfassungsgericht im Einklang mit der Auffassung auf europäischer Ebene. Auch die Instanzen der europäischen Gemeinschaft stellen immer wieder die Funktion des Rundfunks als bedeutendes Transportinstrument bei der Übermittlung kultureller und demokratischer Werte heraus. So stellte das Europäische Parlament fest, daß die kulturelle Vielfalt der Kern des ethisch geprägten öffentlichen Bildungs- und Informationsauftrags der Rundfunkveranstalter und damit ein bedeutender "Eckpfeiler für einen wirklichen Pluralismus" sei 690.
2. Sicherung kultureller Vielfalt durch Cross Ownership Beschränkungen
Vor diesem Hintergrund soll nun der Streit um Art und Umfang der kulturpolitischen Regelungsziele der Cross Ownership Beschränkungen erneut aufgerollt werden. a) Verbot einer kulturpolitischen Zielrichtung
Nach der von Engel 691 vertretenen Auffassung dient das Rundfunkkonzentrationsrecht ausschließlich der Sicherung der politischen Meinungsvielfalt im Rundfunk, da das Bundesverfassungsgericht die vorherrschende Meinungsmacht im Rundfunk nur deshalb zu verhindem suche, um eine einseitige Einflußnahme auf den Prozeß der politischen Willlensbildung zu verhindern. Cross Ownership Beschränkungen verfolgten demzufolge kein kulturstaatlich begründetes Ziel. Vielmehr seien sie einzig und allein darauf gerichtet, Verzerrungen des politischen Meinungsbildes im Rundfunk zu verhindern. Dies hätte bei konsequenter Fortführung des Gedankens zur Folge, daß zwischen Programmen, die die politische Meinungsvielfalt betreffen, und denen, die den Prozeß der politischen Willensbildung unberührt lassen, differenziert werden müßte. Die konzentrationsrechtliche Viel689 Die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht und die damit geförderte föderale Entwicklung des Rundfunkwesens beruht auf dem Gedanken, daß die Regelung kultureller Angelegenheiten - insbesondere in Respekt vor der Eigenstaatlichkeil und Kulturhoheit der Länder - prinzipiell den Ländern überlassen bleiben sollte, BVerfGE 12, 205 (229); 92, 203 (238); Schneider. Gesetzgebung, Rdnr. 167. Zur kompetentiellen Verteilung öffentlicher Kulturverantwortung im föderalen Staat siehe Steiner. VVDStRL 42, 7 (19ff.). Zur Regelungszuständigkeit noch im Einzelnen unter§ 4 C.l. 690 Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle der öffentlichen Fernsehdienste in einer multimedialen Gesellschaft vom 17. September 1996, Pkt. 18, abgedruckt in MP 1996, 652 (656). Vgl. auch Europäische Kommission, Weißbuch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Teil C, Ziff. 5.10. Vgl. auch Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten in der Schlußakte zum Amsterdamer Vertrag von 1997 (Nachweis in Fußnote 141). 691 Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (569f.) zu§ 21 RStV '91. Vgl. auch die Argumentation in Engel, ZUM 1997, Sonderheft, S. 309 (328); ders., Medienordnungsrecht, S. 50ff.; ders. , Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (232ff.).
170
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
faltskontrolle dürfte Programme ohne politisches Gewicht von vomherein nicht erfassen, wobei allerdings zu berücksichtigen wäre, daß zumindest ein Teil dieser Programme mittelbar meinungsbildend wirken kann und daher der Vielfaltskontrolle unterliegen muß. Nicht meinungsbildende und politikferne Programme müßten demnach von vomherein von der Konzentrationskontrolle ausgenommen werden. Dagegen ist zunächst einzuwenden, daß die Differenzierung zwischen mittelbar meinungsbildenden und nicht meinungsbildenden Programmen schon rein tatsächlich kaum möglich erscheint. So können beispielsweise Dokumentationen über die Flora und Fauna in Afrika die Meinung zu entwicklungs-, umwelt-und außenpolitischen Fragen beeinflussen. Spielfilme, die in der Drogen-, Rechtsradikalen- oder Obdachlosenszene spielen, können die Ansichten zu sozial- und innenpolitischen Themen verändern. So stellte schon das Bundesverfassungsgericht fest: "Information und Meinung können ebensowohl durch ein Fernsehspiel oder eine Musiksendung vermittelt werden wie durch Nachrichten oder politische Kommentare; jedes Rundfunkprogramm hat schon durch die getroffene Auswahl und die Gestaltung der Sendung eine bestimmte meinungsbildende Wirkung"692. Es erscheint daher nahezu ausgeschlossen, daß es ein Rundfunkprogramm ohne jeden politisch meinungsbildenden Gehalt geben kann. Darüberhinaus erscheint bedenldich, daß die dann erforderliche Überprüfung der Programme auf deren meinungsbildenden Gehalt hin letztlich nach einer staatlichen Inhaltskontrolle verlangte, die gerade jene staatliche Lenkung ermöglichte, die im Widerspruch zum Wesen der Rundfunkfreiheit steht693 . Die Beschränkung des Konzentrationsrechts auf die Sicherung der politischen Vielfalt ist daher auch unter dem Aspekt der Staatsfeme des Rundfunks nicht unbedenklich 694 . Vor allem aber läßt sich ein auf den Prozeß der staatspolitischen Willensbildung und Entscheidungstindung verengtes Pluralismuskonzept nicht mit der Bedeutung und Verantwortung des Rundfunks für das kulturelle Leben in der Gesellschaft vereinbaren695. Der Rundfunk besitzt eine gesamtgesellschaftliche Wirkung ersten Ranges, die sich nicht auf den Bereich der politischen Entscheidungstindung beschränkt. Wie der Blick in die kommunikationswissenschaftliche Grundlagenforschung gezeigt hat, ist der Rundfunk vielmehr auch im außerpolitischen Bereich eines der zentralen Instrumente zur Integration, Sozialisation und Orientierung in einer funktional-ausdifferenzierten Gesellschaft696. Seine Bedeutung erschöpft 692 BVerfGE 35, 202 (222); vgl. auch BVerfGE 12, 205 (260); 31, 314 (326) sowie bereits oben§ 2 E. II. 1. c). 693 Vgl. BVerfGE 35,202 (222f.). 694 Lehr, ZUM 1995,667 (669). 695 So im Ergebnis auch Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 195f.; Hoffmann-Riem, Kommunikations-und Medienfreiheit, Rdnr. 8; Dörr; ZUM 1996, 6 17 (624f.). 696 Hoffmann-Riem/Vesting, MP 1994, 382 (390). Zu Grund und Art der komplexen Wirkungszusammenhänge § 1 C. II. 2.
E. Teleologische Auslegung
171
sich nicht darin, eine technische Errungenschaft der modernen Gesellschaft zu sein, die der Information und Unterhaltung dient und die der Einzelne nach Belieben nutzen oder auch umgehen kann. Vielmehr ist der Rundfunk und hier vor allem das Fernsehen eine gesellschaftliche Institution, der sich der Einzelne angesichts ihrer direkten oder auch nur indirekten Omnipräsenz nicht entziehen kann. Nicht zuletzt deshalb übt er einen starken Einfluß auf den Lebensbereich jedes Einzelnen aus und leistet als "Instanz der Selektion und Sinngebung" einen konstituierenden Beitrag zum Funktionieren des Gesamtsystems697 . Auch das Bundesverfassungsgericht spricht ausdrücklich davon, daß der Rundfunk in seiner politischen und kulturellen Bedeutung kaum zu überschätzen sei698 • Seine Vermittlungsfunktion erfülle der Rundfunk nicht nur durch dessen politische und informierende Teile699. Hörfunk und Fernsehen zählten zu den "unentbehrlichen Massenkommunikationsmitteln, denen sowohl für die Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen wie für deren Kontrolle", mithin unter demokratiestaatlichen Aspekten, als auch darüberhinaus "für die Integration der Gemeinschaft in allen Lebensbereichen eine maßgebende Wirkung zukommt. Sie verschaffen dem Bürger die erforderliche umfassende Information über das Zeitgeschehen und über die Entwicklungen im Staatswesen und im gesellschaftlichen Leben" 700. Der Rundfunk ist sonach als gesellschaftseigene Institution von politisch wie auch kulturell herausragender Bedeutung in seiner Funktion für das politische und kulturelle Leben zu schützen. Das Gebot der Rundfunkfreiheit, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten, kann sich daher nicht auf die ausgewogene Darstellung des politischen Meinungsbilds in der Gesellschaft beschränken. Die Vielfaltssicherung beruht auf demokratiestaatlichen und auf kulturstaatlichen Erwägungen gleichermaßen. Dies ist auch unabhängig von dem zur Vielfaltssicherung eingesetzten Instrumentarium, mithin ob die Pluralismussicherung binnen- oder außenplural erfolgt. Unerheblich ist sonach, ob die Vielfalt im Rundfunk vornehmlich über eine verhaltenssteuernde Inhaltskontrolle oder aber eine struktursteuernde Konzentrationskontrolle gesichert werden soll. Es würde der kulturellen Bedeutung des Rundfunks nicht gerecht, würde man die Konzentrationskontrolle allein als Schutz vor Verzerrungen des politischen Meinungsangebots werten. Cross Ownership Beschränkungen dienen sonach der Sicherung der publizistischen Vielfalt in einem umfassenden, auch kulturpolitische Aspekte berücksichtigenden Sinne.
697
II. 2.
Schenk, Medienwirkungsforschung, S. 435. Vgl. dazu bereits im Einzelnen unter§ I C.
BVerfGE 12, 205 (226). BVerfGE 90, 60 (87). 700 BVerfGE 35, 202 (222) (Hervorhebung durch die 1975, 469 (471). 698
699
Verf.~.
Dazu Hoffmann-Riem, JZ
172
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
b) Nachrangigkeit kulturpolitischer Ziele
Bleibt zu fragen, ob das kultur- und sozialpolitische Anliegen der Cross Ownership Beschränkungen hinter deren Funktion für den Prozeß der politischen Meinungsbildung zurückzutreten hat. Nach Ansicht Bullingers701 sind kultur- und sozialstaatliche Ziele von untergeordneter Bedeutung und dürfen in eine Abwägung nicht gleichrangig mit dem demokratiestaatlich begründeten Interesse an einer freien Meinungsbildung eingebracht werden. Begründet wird dies damit, daß das Bundesverfassungsgericht die Freiheit individueller und gesellschaftlicher Meinungsäußerung als das tragende Schutzgut der Rundfunkfreiheit ansehe. Das kulturstaatlich begründete Anliegen der Cross Ownership Beschränkungen könne demzufolge nicht die gleiche Bedeutung wie das staatspolitische Interesse an einer störungsfreien, politischen Meinungsbildung haben. Zuzugeben ist, daß das Ziel der Rundfunkfreiheit, die Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk, dem übergeordneten Normziel dient, das Recht auf Meinungsäußerung-, Meinungsverbreitungs- und Informationsfreiheit zu schützen. Die Rundfunkfreiheit dient der Meinungsfreiheit702 . Hieraus läßt sich jedoch nicht folgern, daß das kultur- und sozialstaatliche Anliegen des Rundfunkrechts dem staatspolitischen nachrangig ist. Zwar gewinnt die Meinungsfreiheit ihre besondere Bedeutung im Prozeß der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung. Sie ist indes nicht auf den Bereich der politischen Ordnung beschränkt. Der verfassungsrechtliche Schutz ist vom Inhalt der Meinung vielmehr unabhängig703 . Die Meinungsfreiheit gewährleistet nicht nur die politische, sondern die geistige Freiheit schlechthin als ein "Stück sittlich notwendiger Lebensluft"704. Eine Nachrangigkeit der kulturpolitischen Ziele des Rundfunkrechts läßt sich der Rechtsprechung des Bundesveifassungsgerichts auch im übrigen nicht entnehmen. Auch wenn das Freiheitskonzept und die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts vornehmlich der Funktion des Rundfunks für den Prozeß der politischen Willensbildung verhaftet ist, kann hieraus nicht gefolgert werden, daß die Verantwortung des Rundfunks für den kulturellen Bereich weniger schwer wiege als die für den politischen. Vielmehr hat das Gericht die kulturelle Bedeutung des Rundfunks immer gleichrangig neben dessen politische Funktion gestellt705 . Die nur in Ansätzen vorgenommene Präzisierung der kulturellen Verantwortung des Rundfunks durch das Bundesverfassungsgericht läßt sich vielmehr darauf zurückführen, daß nach dem kulturstaatlichen Verständnis des Grundgesetzes der Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (189 ff.). BVerfGE 57, 295 (319f.); 73, 118 (152); 74,297 (323); 83,238 (295f.); 90,60 (87). Vgl. bereits § 2 E. I. l. c). 703 BVerfGE 30, 336 (347). Vgl. auch Hesse, K., Verfassungsrecht, Rdnr. 388; Pierothl Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 550; Degenhart, DVBI. 1990, 910 (911 ). 704 Smend, VVDStRL 4, 44 (50). 705 BVerfGE 12, 205 (226); 35, 202 (222). 701
702
E. Teleologische Auslegung
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Staat zwar eine Verantwortung für das kulturelle Leben trägt, zugleich aber das durch die verfassungsrechtlich gewährten Freiheitsrechte bewirkte "Großklima" kultureller Autonomie einer materiellen Durchnonnierung des kulturellen Bereichs entgegensteht und dem Staat eine Zurückhaltung in der Formulierung kultureller Zielvorstellungen auferlegt706. Der Staat ist aufgrundder materiellen Verfassungsvorgaben zur geistigen Freiheit des Einzelnen zwar nicht verpflichtet, eine "indifferente Distanz zur Kultur" zu wahren707 . Er darf seine Kulturverantwortung jedoch nicht aus einer allgemeinverbindlichen materiellen Kunst- und Kulturidee heraus wahrnehmen. Ihm ist es verwehrt, sich und seine Bürger an eine spezifische geistig-kulturelle Strömung zu binden und eine Art von Staatskultur zu verfügen (Verbot der /dentifikation/ 08 • Die verfassungsrechtlich gebotene Kulturautonomie führt sonach zu Grenzen staatlicher Nonnierbarkeit auf dem Gebiet kultureller Angelegenheiten, die auch das Bundesverfassungsgericht zu einer Zurückhaltung bei der Präzisierung von kulturellen Zielvorgaben an den Gesetzgeber verpflichten709. Gegen die Nachrangigkeit kulturpolitischer Ziele spricht nicht zuletzt die Bedeutung des Rundfunks für das kulturelle, gesellschaftliche Leben. Der Rundfunk und hier vor allem das Fernsehen zeigt seine außerordentliche gesamtgesellschaftliche Wirkung heute gerade im außerpolitischen Bereich7 10 : Der Rundfunk vennittelt Orientierungsmuster in einer von einem allgemeinen Individualisierungsprozeß geprägten Gesellschaft, in der kollektiv getragene Grundwerte und Verhaltensregeln abnehmen und traditionelle Strukturen und Institutionen fortschreitend an ihrer normativ-bindenden Kraft verlieren. Die wachsende Komplexität aller Lebensbereiche und die anschwellende Informationsflut weisen den elektronischen Medien, namentlich dem Fernsehen, bei der Zusammenfassung, Aufbereitung und Kommentierung von Themen eine zentrale Rolle zu. Der Rundfunk trägt damit entscheidend zu deren Überschaubarkeit, Selektion und Bewertung durch den Einzelnen bei. Hierdurch beeinflußt er den Einzelnen nicht nur bei der Entwicklung politischer Überzeugungen, sondern auch und gerade bei der Gestaltung seines sonstigen Umfelds wie etwa seiner Berufswelt, Freizeit, Vermögensvorsorge und seines Familienlebens. informieren So informiert der Rundfunk nicht nur über die Außen-, Wirtschafts- oder Innenpolitik. Er warnt auch vor Gesundheitsgefahren, meldet Umwelt- oder Naturkatastrophen, behandelt Fragen des Verbraucherschutzes und klärt über Haftungs- und Vermögensrisiken auf. So Steiner, VVDStRL 42, 7 (14). Zur Kulturstaatlichkeit § 2 E. II. l. b). Auch die Subsidiarität staatlichen Handeins im kulturellen Bereich ist ein vom Staat selbstgewählter Leitsatz, nicht jedoch von Verfassungs wegen vorgeschrieben. Der Staat darf sich auch dann kulturell engagieren, wenn keine kulturelle Versorgungslücke klafft. Dazu Steiner, VVDStRL 42, 7 (28, 44). Vgl. auch Grimm, VVDStRL 42,46 (64). 708 Krüger, H., Allgemeine Staatslehre, S. 807; Steiner, VVDStRL 42, 7 (29, 44). Vgl. auch Grimm, VVDStRL 42, 46 (73). 709 Vgl. BVerfGE 12,205 (229) mit Verweis aufBVerfGE 10,20 (36f.). 710 Hoffmann-Riem/Vesting, MP 1994, 382 (390); Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 8. 706 707
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unterrichtet er beispielsweise über Gesetzesnovellen (z. B. Scheinselbständigengesetz), über die Folgen der Liberalisierung des Telekommunikationssektors (z. B. Telefontarife) und über Veränderungen in den Sozialversicherungssystemen (z. B. Renten-, Gesundheitsreform).
Vom Rundfunk gehen sonach Impulse aus, die sich im Berufs- und Familienleben, dem Freizeitverhalten, dem Zeitgeist und anderen rein gesellschaftlichen Entwicklungen und Strukturen mindestens genauso, wenn nicht sogar stärker bemerkbar machen als im Bereich der politischen Willensbildung. Gerade in diesen "politikfernen" Lebensbereichen prägt der Rundfunk heute Leitbilder und Wertvorstellungen. Hoffmann-Riem konstatiert, daß der Rundfunk das "Orientierungs- und Qualifikationswissen, den Wertehaushalt, die Plausibilitätsstrukturen, die gesellschaftlichen Stereotypen und den Katalog wahrgenommener Bedürfnisse und damit die soziale Wirklichkeitskonstruktion" entscheidend beeinflusse711 • Die Medienwirklichkeit ist zu einem Teil der Lebenswirklichkeit des Einzelnen geworden712. Die Bedeutung des Rundfunks für das kulturelle Leben, wobei Kultur die Kultur im weiteren Sinne meint713, ist daher keinesfalls geringer einzuschätzen als seine Bedeutung für die politischen Meinungsbilder in der Gesellschaft. Den Rundfunk ausschließlich oder auch nur vorrangig von seiner Funktion für den Prozeß der politischen Meinungsbildung her begreifen zu wollen, erscheint vor diesem Hintergrund wirklichkeitsfremd und nicht sachgerecht714 . Der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG verfolgte Schutz des Rundfunks muß beiden Funktionen des Rundfunks gleichermaßen gerecht werden. Die Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk beinhaltet neben der Gewährleistung eines politisch nicht einseitigen Gesamtangebots auch und gerade die Sicherstellung einer ausgewogenen Vielfalt an Informations- und Unterhaltungsangeboten in politikfernen Bereichen715 . Diese ist erforderlich, damit der Rundfunk seiner Aufgabe als Institution zur umfassenden Orientierung, Integration und Sozialisation des Einzelnen in einer modernen, funktional-ausdifferenzierten Gesellschaft nachkommen kann. Cross Ownership Beschränkungen dienen sonach der Sicherung einer nicht nur politisch, sondern auch kulturell zu verstehenden Vielfalt im Rundfunk. Dieses kultur- und sozialstaatliche Anliegen tritt auch nicht hinter dem demokratiestaatlich begründeten Interesse an einer wahrheitsgemäßen und ausgewogenen Wiedergabe der politischen Meinungslandschaft zurück. 711 Hoffirumn-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 8; ebenso Wagner, AfP 1992, I (9). 712 Seemann, DV 1985, 413 (413). Vgl. auch Lüscher, Wie wirkt das Fernsehen?, S. 233 (244) m. w. N . 713 Dazu § 2 E. II. I. a). 714 So aber Engel, Medienordnungsrecht, S. 48ff. Wie hier dagegen Schutz, ZUM 1996, 487 (493); Hoffinann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 8; ders.!Vesting, MP 1994, 382 (390). 715 Zum nicht geringeren Stellenwert der Unterhaltung zu Recht Diesbach, ZUM 1998, 554 (557 f.).
E. Teleologische Auslegung
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c) Objektive Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit zur Sicherung der kulturellen Vielfalt
Der Gesetzgeber hat sonach Sorge zu tragen, daß auch in "politikfernen" Bereichen eine (kulturelle) Vielfalt aufrechterhalten bleibt. Ein Ausdruck kultureller Vielfaltssicherung ist die Bewahrung der föderalen Vielfalt im Rundfunk7 16• Vor allem aber beinhaltet die Sicherung der kulturellen Vielfalt im Rundfunk das Verbot der kommunikativen Ausgrenzung breiter Bevölkerungsteile717 . Der Schutz der kulturellen Vielfalt im Rundfunk verlangt, daß das publizistische Gesamtangebot im Rundfunk nicht auf die Lebenswirklichkeit und Bedürfnisse nur eines partikularen Teils der Bevölkerung abgestellt wird. So wäre ein Rundfunksystem mit den Vorgaben der Rundfunkfreiheit nicht vereinbar, das es ermöglichte, daß alle Rundfunkveranstalter, den Bedürfnissen der Werbewirtschaft folgend 718, ihre Programme ausschließlich nach den Sehgewohnheiten und Interessen der jungen Bevölkerung, das heißt der Gruppe der 14- bis 49-jährigen, ausrichteten, so daß die Belange anderer Gruppen der Gesellschaft ganz oder zumindest im wesentlichen übergangen würden. Der von der Verfassung gebotene Schutz der Vermittlungsfunktion des Rundfunks auch im außerpolitischen Bereich wäre nicht mehr gewährleistet, wenn nur noch ein kleiner Teil der Gesellschaft über die für ihn politisch, ökonomisch aber auch sonst wichtigen Belange über den Rundfunk informiert würde, während die Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse des Rests, namentlich älterer oder einkommensschwacher Bevölkerungsschichten, unberücksichtigt blieben. Diese kommunikative Ausgrenzung breiter Bevölkerungsteile wäre mit der kulturstaatlichen Integrationsfunktion des Rundfunks nicht vereinbar und auch dann nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen, wenn die politische Meinungsvielfalt im Rundfunk hinreichend gewährleistet wäre719 • 3. Zusammenfassung
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besitzt der Rundfunk eine enorme Bedeutung auch in den Lebensbereichen der Gesellschaft, denen eine politische Meinungsrelevanz abgeht720. Er trägt daher eine kulturelle Verantwortung, wobei Kultur hier nicht im Sinne von (nur) Hochkultur zu begreifen ist, sondern vielmehr als Inbegriff der Äußerungen, Lebensformen, Werteinsteilungen und Verhaltensweisen einer Gesellschaft. Diese Verantwortung des Rundfunks für das Häberle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, S. 6. Vgl. etwa Kühler; MP 1999, 379 (381). 718 Dazu bereits§ 1 B. II. 1. 719 Steiner spricht von der Notwendigkeit einer "Pluralismusvorsorge als Stärkung der kulturellen Vielfalt angesichts der Gefahren einer massenmedial vennittelten Einheitskultur", Steiner; VVDStRL 42, 7 (32 f.). no Zur wachsenden Bedeutung des Internet und der rechtlichen Relevanz der Konvergenz der Medien unter § 3 A. III. 1. a) aa) (3). 716
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§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
kulturelle Leben wurzelt in der Kulturstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland, die den Staat kulturell in die Pflicht nimmt, ihm aber zugleich verbietet, seine Verantwortung für den kulturellen Bereich aus einer bestimmten Kulturidee heraus wahrzunehmen und dementsprechend durchzunormieren. Der kulturstaatlich begründete Kulturauftrag des Rundfunks verpflichtet diesen, der Orientierung und Sozialisation in allen Lebensbereichen zu dienen, das heißt nicht nur in denen, die für die politische Meinungs- und Willensbildung relevant sind. Er erweitert sonach den vor allem anfangs nur staatspolitisch verstandenen Begriff der Vielfalt zu einem umfassenderen Vielfaltsverständnis, das auch die "nur" kulturellen und nicht meinungsbildenden Angebote miteinbezieht Die Gewährleistung dieser nicht nur politisch, sondern auch kulturell verstandenen Vielfalt ist das von der Rundfunkfreiheit der Rundfunkordnung vorgegebene Ziel. Der demzufolge nicht nur staats-, sondern auch kulturpolitische Regelungszweck gilt für das gesamte Rundfunkrecht und nimmt dabei auch das Rundfunkkonzentrationsrecht nicht aus. Der Schutz der kulturellen Vielfalt ist auch nicht von (dem demokratiestaatlich begründeten Schutz des politischen Willensbildungsprozesses) untergeordneter Bedeutung. Cross Ownership Beschränkungen verfolgen sonach neben dem staatspolitischen Ziel, ein politisch ausgewogenes Meinungsbild im Rundfunk sicherzustellen, auch den kultur- und sozialpolitischen Zweck, ein ausgewogenes Forum von Informationen, Meinungen und kulturellen Strömungen auch in Bereichen ohne politische Meinungsrelevanz zu bieten, um damit dem Einzelnen eine umfassende, nicht auf den politischen Bereich beschränkte Orientierung und Integration zu ermöglichen. Der Regelungszweck, die kulturelle Vielfalt im Rundfunk zu sichern, verlangt dabei, einer Einheitskultur zu wehren und partikulare Bevölkerungsgruppen vor kommunikativer Ausgrenzung zu schützen. Eine solche kommunikative Ausgrenzung droht heutzutage vor allem durch die in der Werbefinanzierung begründete, einseitige Fokussierung der Rundfunkprogramme auf das junge Publikum.
111. Wirtschaftspolitische Zielsetzung Cross Ownership Beschränkungen sollen sonach die politische wie kulturelle Vielfalt im Rundfunk gewährleisten. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob sie darüberhinaus auch wirtschaftspolitischen Regelungszwecken dienen721. Im rundfunkrechtlichen Schrifttum722 findet sich vielfach die Auffassung, daß der Regelungszweck des Rundfunkrechts heute nicht mehr ausschließlich in der 721 Zum Begriff der Wirtschaftspolitik Schmidt, R., Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsverwaltungsorganisation, Wirtschaftsförderung, Rdnr. 94. 722 Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (295 ff.); ders., MP 1995, 48 (51 f.); Niewiarra, AfP 1997, 766 (767); Haeckel, epd/KuR, 87/92, 5 (7);
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demokratie- und kulturstaatlich motivierten Vielfaltssicherung bestehen könne. Das Rundfunkrecht diene auch wirtschaftspolitischen Zielsetzungen. Mit der Öffnung des Rundfunksektors für kommerzielle Anbieter sei ein Markt erschlossen worden, der von einer herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung sei. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen unternehmenscher Tätigkeit auf dem Rundfunkmarkt bestimmten nicht nur den Handlungsspielraum des einzelnen Rundfunkveranstalters, sondern beriihrten auch gewichtige standort- und beschäftigungspolitische Interessen des Staates. Das Rundfunkrecht und hier vor allem das Rundfunkkonzentrationsrecht hätten demzufolge enorme ökonomische Auswirkungen, die bei der Ausgestaltung des rechtlichen Ordnungsrahmens nicht unberiicksichtigt bleiben dürften. Die Rundfunkordnung müsse den Unternehmen die notwendige Rechts- und Investitionssicherheit für den Aufbau des kapitalintensiven Wirtschaftszweigs bieten. Der rundfunkrechtliche Regelungsbedarf müsse angesichts der Ökonomisierung des Rundfunkrechts immer stärker vom Gesichtspunkt eines funktionsfähigen Wirtschaftsmarktes her bestimmt werden. Niewiarra 723 betont, Recht sei kein Selbstzweck. Es stehe vielmehr im Dienste der Erreichung gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Ziele, namentlich beschäftigungspolitischer Interessen wie der Schaffung von Arbeitsplätzen. Dieser Argumentation schlossen sich auch die Landesmedienanstalten724 an. In ihren Lübecker Beschlüssen hoben sie hervor, daß bei der Weiterentwicklung des rundfunkrechtlichen Ordnungsrahmens zu beriicksichtigen sei, daß den deutschen Medienunternehmen "Entwicklungschancen im europäischen Wettbewerb eröffnet werden" müßten. Die bestehenden Regelungen führten zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber der ausländischen Konkurrenz, die in Zukunft vermieden werden müßten. Dieser Wandel des Rundfunkrechts vom überwachenden Ordnungsrecht zum gestaltenden Wirtschaftsrecht setzte sich in der deutschen Rundfunkgesetzgebung fort. So stellt die Präambel des neuen Rundfunkstaatsvertrags der Verpflichtung des Rundfunks, die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung sowie die Meinungsvielfalt sicherzustellen, das Gebot gegenüber, daß das öffentlich-rechtliche wie auch das private Rundfunksystem sich im nationalen wie internationalen Wettbewerb behaupten können müssen725 . An die Stelle des Gedankens der fläGlotz, epd/KuR, 35/94, 3 (7, 10); Lahnstein, epd/KuR, 46/93, 17 (18); Pelny, AfP 1998, 35 (39 f.). In diese Richtung ansatzweise auch Dörr; MP 1996, 621 (626). Als Exempel für eine vornehmlich ökonomische Betrachtungsweise des Rundfunkrechts kann das Stoiber I Siedenkopf-Papier zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dienen, dazu Kiefer; MP 1995, 109. Kritisch zu dieser "ambivalenten und changierenden, [ ... ] wirtschaftsrechtlich inspirierten Konzentrationskontrolle" ders., JZ 1997, 583 (585); Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 9. 723 Niewiarra, AfP 1997, 766 (767). 724 Die Landesmedienanstalten, Lübecker Beschlüsse, S. 485. Kritischer dagegen noch Ring, ZUM 1993, 7 (10). 725 Präambel des RStV'96, Absatz 2; dazu kritisch Röper, MP 1996, 610 (614ff.). Eine klare standortpolitische Ausrichtung zeigen beispielsweise auch die Präambel des neuen 12 Tschon
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ehendeckenden Kommunikationsversorgung und der Sicherung der politischen, kulturellen wie sozialen Funktion des Rundfunks tritt sonach zunehmend dessen Bedeutung für die Beschäftigungs- und Standortpolitik. Der Schwerpunkt der rundfunkrechtlichen Regelungsziele verlagert sich von ordnungspolitischen Erwägungen wie der Abwehr von Gefahren für die Meinungsvielfalt oder der gerechten Verwaltung und Verteilung begrenzter öffentlicher Güter, zu denen die Übertragungsfrequenzen zumindest derzeit noch gerechnet werden726, hin zu wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen wie der Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Medienunternehmen727 . Damit greift die deutsche Rundfunkgesetzgebung die auf Standortförderung und Deregulierung gerichteten Impulse von europäischer Ebene auf728 und schließt sich einem Trend an, der auch in der Rundfunkgesetzgebung anderer Staaten zu beobachten ist. Das Musterbeispiel einer erfolgreichen Standortpolitik über einen großzügig angelegten medienrechtlichen Rahmen stellte lange Zeit das Verhältnis zwischen der Iuxemburgischen Medienpolitik und der CLT dar729 . In den neunziger Jahren liberalisierte Großbritannien seinen Rundfunksektor, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der britischen Medienkonzerne zu fördern 730, und folgte damit dem Beispiel der US-amerikanischen Politik des "Information Superhighway"731 .
Staatsvertrags über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks vom 3. November 1998 (Berlin GVBI. 1998, S. 406; Brandenburg GVBI. 1998, S. 258) und der Gesetzentwurf zur Novellierung des schleswig-holsteinischen Landesrundfunkgesetzes, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Drucks. 14/1679 v. 22. September 1998, S. 1 ff., ad Problem (vgl. auch Begrundung der Novellierung, ad 1). Zum innerdeutschen Standortwettbewerb bereits§ 1 A. I. 3. b). 726 Kübler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (293 f.). 727 Hoffmann-Riem, AöR llO (1985), 528 (571 f.). 728 Präambel des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen des Europarats; Erwägungsgriinde zur Richtlinie 97/36/EG vom 30. Juni 1997. Vgl. auch Europäische Kommission, Griinbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 58, 86ff. (dazu von Wallenberg, WuW 1993, 910; Rüggeberg, epd/KuR, 49/94,3 (3f.); Brühann, ZUM 1993,600 (602f.)). Zu den Deregulierungsimpulsen von europäischer Ebene Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (542f.) und bereits unter § 1 A. II. 729 Dazu Hirsch, RuF 1988, 163 (167f.). 730 "Light-touch-regulation", Broadcasting Act 1990. Dazu Holznagel/Grünwald, Britisches Medienkonzentrationsrecht im Wandel, S. 144, 123; Doyle, MP 1995, 141 (142f.). Zum Medienkonzentrationsrecht in Großbritannien nach dem Broadcasting Act 1996, vor allem im Hinblick auf die Beschränkung von Cross Ownerships Holznagel/Grünwald, Britisches Medienkonzentrationsrecht im Wandel, S. 131 ff.; Libertus, ZUM 1997, 101; Doyle, MP 1996, 164. 731 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (188, 199); Hoffmann-Riem, AöR 110 (1985), 528 (544). Zur technologie- und industriepolitischen Strategie des "Information Superhighway" bereits unter § 1 A. li. 3.
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Demgegenüber steht das Bundesveifassungsgericht einer Verfolgung wirtschaftspolitischer Ziele mit den Mitteln des Rundfunkrechts sehr viel kritischer gegenüber. So stellte es in seinem fünften Rundfunkurteil aus dem Jahre 1987 ausdrücklich fest, Marktchancen könnten eine Frage wirtschaftlicher, nicht aber der Meinungsfreiheit sein732 . Das Ziel, die Startchancen der privaten Rundfunkveranstalter zu sichern oder zu verbessern, habe bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung außer Betracht zu bleiben733 • Ob das Rundfunkrecht und hier insbesondere die Cross Ownership Beschränkungen auch wirtschaftspolitischen Zielen dienen, ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil diese nicht selten in einem Spannungsverhältnis zu den Zielen der Vielfaltssicherung stehen734. So legt beispielsweise die kulturelle Verantwortung des Rundfunks die Förderung der regionalen Vielfalt im Rundfunk und damit eine föderal-dezentrale Struktur des Rundfunkwesens nahe 735, wohingegen den Bedürfnissen des überwiegend national ausgerichteten Fernsehmarkts ein allgemeiner Abbau sowie eine Zentralisierung und Vereinheitlichung der Entscheidungsinstanzen auf Bundesebene eher entspräche736• Empfiehlt sich im Hinblick auf eine effektive Standortförderung, vertikal wie diagonal hoch diversifizierte und auf den nationalen Märkten starke Medienkonglomerate zuzulassen, um damit die nationale Medienindustrie für den internationalen Wettbewerb zu stärken, ist aus Sicht der Pluralismussicherung die breite Streuung des Medieneigentums und Begrenzung einer dominierenden Position einzelner Unternehmen auf dem Rundfunksektor unerläßlich737 . Wirtschaftspolitische Effizienzgesichtspunkte und gesellschafts- wie sozialpolitische Pluralismusvorstellungen stehen sonach typischerweise in einem Zielkonflikt Allerdings können das Interesse an einer wirksamen Vielfaltssicherung und das an einer effektiven Standortförderung und Produktivitätssteigerung im audiovisuellen Sektor zuweilen auch gleichlaufen 738 . So indiziert ein nicht funktionierender ökonomischer Wettbewerb die Störung eines qualitativ ausdifferenzierten publizistischen Angebots und damit eine Gefahrdung der Informationsvielfalt739 . BVerfGE 74,297 (334f.). Kritisch dazu Ory, ZUM 1987,427 (429f.). BVerfGE 74, 297 (340). 734 Kübler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (297); Pelny, AfP 1998, 35 (39f.). Vgl. auch Eberle, AfP 1993,422 (427); Doyle, MP 1995, 141 (142). 735 Ho.ffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 109; Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 50 ff.; Dörr, ZUM I 996, 617 (622 f.; 623 ff.). 736 Korn prognostiziert: "In unserem Weltdorf werden Handelsschranken weiterhin fallen und die (sc. hieraus resultierende) Vereinheitlichung der kulturellen Eigenheiten wird in einem gewissen Ausmaß unvermeidlich sein", Korn, ZUM 1994,625 (629). 737 Pe/ny, AfP 1998, 35 (39). 738 Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 79ff.; Frey, ZUM 1998, 985 (997ff.). Brühann hält eine derart positive Wechselwirkung zwischen wirtschaftspolitischen und medienpolitischen Zielen sogar für den Regelfall, Brühann, ZUM 1993, 600 (603). In diese Richtung auch Zuleeg, ZUM 1997,778 (778f.); Imrnenga/Mestmäcker-Mestmäcker, Vor§ 23, Rdnr. 72. 732
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Hielte man die Indienstnahme des Rundfunkrechts zur Verfolgung wirtschafts-, insbesondere industriepolitischer Ziele für statthaft, richtete sich der rundfunkrechtliche Handlungsbedarf nicht mehr ausschließlich nach den Erfordernissen seiner effektiven Vielfaltssicherung im Rundfunk. Vielmehr bestimmte er sich auch vom Gesichtspunkt eines funktionsfähigen Wirtschaftsmarktes her. Eine marktorientierte Modifikation oder partielle Aufhebung kommunikationsspezifischen Sonderrechts wäre demzufolge auch dann legitimierbar, wenn sie auf Kosten der publizistischen Vielfalt ginge. Zu fragen ist daher, ob mit den Mitteln des Rundfunkrechts Wirtschafts-, namentlich beschäftigungs- und standortpolitische Ziele verfolgt werden dürfen. Wie bereits festgestellt, richtet sich der Regelungszweck einer Norm nach dem Willen des Normgebers, der an die Vorgaben der Verfassung und damit an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebunden ist740. Die Präambel des Rundfunkstaatsvertrags legt nahe, daß die Rundfunkgesetzgeber das Rundfunkrecht zumindest auch als Instrument der Wirtschaftspolitik begreifen. Zulässigkeit und Erforderlichkeit von Cross Ownership Beschränkungen bestimmten sich sonach auch nach wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen der Landesgesetzgeber. Zu priifen ist folglich, ob diese von den Rundfunkgesetzgebern gewollte wirtschaftspolitische Ausrichtung des Rundfunkrechts mit den Vorgaben der Verfassung zu vereinbaren ist. Zu betonen ist, daß es bei der Frage nach der Zulässigkeil wirtschaftspolitischer Regelungszwecke des Rundfunkrechts darum geht, ob der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung wirtschaftspolitische Zielvorstellungen verfolgen darf oder gar muß. Davon zu trennen ist, daß unstreitig bei der Anwendung des Rundfunkrechts durch die Verwaltung und die Gerichte die Rechtspositionen der Rundfunkveranstalter beachtet werden müssen, die dessen Unternehmerische Initiative und das Wirtschaftsleben als Ganzes schützen 741 •
Dazu ist zunächst zu priifen, ob und inwieweit der Staat generell befugt ist, mit den Mitteln der Gesetzgebung Wirtschaftspolitik zu betreiben. Davon ausgehend soll dann danach gefragt werden, ob die Verfassung, die dem Rundfunkgesetzgeber aufgetragen hat, die Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten, diesem gleichermaßen aufgegeben hat, bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung wirtschaftspolitischen Zwecken Rechnung zu tragen. Im Anschluß ist zu priifen, ob sich aus der Verfassung nicht vielmehr Bedenken gegen eine wirtschaftspolitische Ausrichtung des Rundfunkrechts ergeben. Dazu sind zunächst die formellen, vor allem kompetentiellen Aspekte zu beleuchten, bevor schließlich auf die materiellen Bedenken gegen die Verfolgung wirtschaftspolitischer Leitvorstellungen mit den Mitteln des Rundfunkrechts einzugehen sein wird.
739 740 741
Dazu bereits § 2 E. I. 1. a). Vgl. § 2 E. I. und Fußnote 592. Zu den sogenannten Wirtschaftsgrundrechten § 3 C. I.
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1. Staatliche Wirtschaftspolitik mit den Mitteln der Gesetzgebung Ausgangspunkt der Analyse muß sein, ob und in welchem Umfang die Verfassung dem Staat überhaupt gestattet, mit den Mitteln der Gesetzgebung wirtschaftspolitische Ziele zu verfolgen. Dies führt zu der Frage nach dem Verhältnis von Staat und Wirtschaft742 . Früher wurde vereinzelt vertreten, daß die Verfassung dem Staat verbiete, eine bestimmte Wirtschaftspolitik zu verfolgen und diese durch Rechtsnormen umzusetzen743 . Dem Staat sei lediglich gestattet, punktuell und programmatisch in das Wirtschaftsgeschehen einzugreifen. Der von der Verfassung angestrebte Dualismus von Staat und Wirtschaft sei der bewußten Entscheidung des Grundgesetzes gegen die Festlegung auf eine bestimmte Wirtschaftsordnung zu entnehmen. Dem ist zuzugeben, daß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Grundgesetz in Wirtschaftsfragen weithin regelungs- und gestaltungsoffen ist744. Die wirtsclwftspolitische Neutralität des Grundgesetzes läßt sich bereits dem Wortlaut der über das gesamte Verfassungswerk verstreuten Aussagen des Grundgesetzes zur Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik sowie deren Historie und Entstehungsgeschichte entnehmen745. Vor allem aber spricht gegen eine Festlegung der Verfassung auf ein bestimm742 Dazu allgemein Schmidt, Staatliche Verantwortung für die Wirtschaft, Rdnr. 1 ff.; Krüger, H., Allgemeine Staatslehre, S. 572 ff. Zur geschichtlichen Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft Frotscher, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 12 ff. 743 Krüger, DVBI. 1951, 361. 744 Konzept der relativen Offenheit, BVerfGE 50, 290 (338); 4, 7 (17f.). Zustimmend Frotscher, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 24 ff.; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 5 I 3 c und § 5 I 5; Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 38; ders., Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 19 ff. (h. M.); Langen I Bunte-Bunte, Einführung, Rdnr. 41 f.; Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 3, Rdnr. 1 ff.; Dagegen für eine Wirtschaftsverfassung des Grundgesetzes im Sinne einer verfassungsrechtlichen Garantie der sozialen Marktwirtschaft Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, S. 24 ff., 64; Schmidt-Preuß, DVBI. 1993, 236 (240f.); v. Mangoldt/Klein/Starck-Depenheuer, Art. 14, Rdnr. 10; Gabriel-Bräutigam, Rundfunkkompetenz und Rundfunkfreiheit, S. 118; vgl. auch Bleckmann, Staatsrecht I, Rdnr. 1660ff. Ebenfalls für eine Wirtschaftsverfassung, allerdings im Sinne einer auch möglichen "sozialistischen Umgestaltung" des Wirtschaftssystems Abendroth, Grundgesetz, S. 69. Zur Bedeutung des Art. 1 Abs. 3 des Vertrages über die Wahrungs-, Wirtschafts- und Sozialunion für die Frage nach der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes Tettinger, BB 1992, 2 (2 f.); Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 5 I 4; a. A. Schmidt-Preuß, DVBI. 1993, 236. Zur Wirtschaftsverfassung der Europäischen Gemeinschaft Stober, Wirtschaftsverwa1tungsrecht, S. § 5 II; Kahl, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Anm. l ff.; Schmidt-Preuß, DVBI. 1993,236 (244f.) m. w. N.; Bleckmann, DVBI. 1992,335 (341); Zuleeg, BB 1994, 581 (587). 745 So stehen liberalwirtschaftliche Bestimmungen wie die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GO oder die Freiheit des Eigentums nach Art. 14 GG neben Regelungen mit zentralwirtschaftlichem Inhalt wie zum Beispiel die Vergesellschaftung von Grund und Boden nach Art. 15 GG (dazu Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 57)
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tes Wirtschaftssystem, daß sich die Systeme selbst bislang einer präzisen Definition entzogen haben. Dariiberhinaus soll der Staat auch widerstreitende wirtschaftspolitische Ziele verfolgen dürfen können, ohne das Urteil der Verfassungswidrigkeit fürchten zu müssen. Eine verfassungsrechtlich festgelegte Wirtschaftsordnung würde den wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum von Gesetzgebung und Verwaltung unnötig einengen, lähmen und vielleicht sogar blockieren 746 .
Die wirtschaftspolitische Neutralität des Grundgesetzes hindert den Staat jedoch nicht daran, eine bestimmte Wirtschaftspolitik zu verfolgen. Daß sich die Verfassung auf kein bestimmtes Wirtschaftskonzept festgelegt hat, bedeutet nicht, daß der Staat keines verwirklichen darf. Vielmehr läßt sich aus der Vielzahl von Vorgaben des Grundgesetzes zum Wirtschaftsleben entnehmen, daß die Verfassung den Staat nicht isoliert neben der Wirtschaft sieht, sondern diesem vielmehr eine Regelungs- und Gestaltungsverantwortung für die Wirtschaft zuweist. Dieser Gedanke einer staatlichen Verantwortung für die Wirtschaft findet sich bereits in der Weimarer Reichsverfassung. Auch der Entstehungsgeschichte läßt sich der Grundkonsens der Verfasssungsväter über die grundsätzliche Regelungs- und Gestaltungsverantwortung des Staates für die Wirtschaft entnehmen747 • Der Staat trägt folglich eine Verantwortung für ein funktionierendes Wirtschaftsleben. Wirtschaftspolitik stellt ein zulässiges Ziel staatlichen Handeins dar, wobei die Verfassung den Staat nicht auf die Verwirklichung einer bestimmten Wirtschaftsordnung festlegt. Der Gesetzgeber ist bei der Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung weder auf eine marktkonforme Steuerung des Wirtschaftslebens beschränkt noch dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft verpflichtet. Vielmehr verfügt er über einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung wirtschaftspolitischer Ziele und der Wahl der hierzu erforderlichen Mittel 748 • Allerdings muß sich der Gesetzgeber bei der Realisierung der ihm sachgemäß erscheinenden Wirtschaftspolitik im Rahmen der Verfassung halten. Die Verfassungswidrigkeit seines Handeins bestimmt sich zwar nicht nach der Vereinbarkeil mit einer bestimmten Wirtschaftsverfassung, wohl aber nach den Grundrechten und den sonstigen Vorgaben der Verfassung749 und Art. 74 Nr. 15 GG. Vgl. im übrigen Pari. Rat, Stenographischer Bericht der 2. Sitzung vom 8. September 1948, S. 14- Abg. Dr. Schmid; Kriele, ZRP 1974, 105. 746 Stober; Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 5 I 5. 747 Art. 151 Abs. 1 WRV, abgedruckt in Frotscher; Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 19. Zur Entstehungsgeschichte Kriele, ZRP 1974, 105 (107); Stober; Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 5 I 2. 748 Zu den Mitteln staatlicher Wirtschaftspolitik allgemein Krüger; H., Allgemeine Staatslehre, S. 595 ff. 749 So ergibt sich beispielsweise aus Art. 2 Abs. I, 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 2 GG das Verbot einer umfassenden zentralen Planwirtschaft. Dazu insgesamt BVerfGE 4, 7 (17f.) - Investitionshilfe; 50, 290 (336ff.) - Mitbestimmung. Vgl. auch BVerwGE 71, 183 (195); OVG Münster; DÖV 1986,339 sowie von Zezschwitz, JA 1979, 247 (254).
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Es kommt demzufolge darauf an, ob die Verfassung die Verfolgung wirtschaftspolitischer Ziele mit den Mitteln der Rundfunkgesetzgebung gebietet oder verbietet. 2. Wirtschaftspolitischer Gestaltungsauftrag der Verfassung Die Frage nach der Zulässigkeit wirtschaftspolitischer Ziele des Rundfunkrechts ließe sich leicht beantworten, wenn das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine entsprechende Handlungspflicht auferlegt hätte. Die wirtschaftspolitischen Ziele rundfunkrechtlicher Struktursteuerung können sich jedoch - anders als die Pluralismussicherung - auf kein ausdriickliches verfassungsrechtliches Mandat stützen750. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rundfunkgesetzgebung staatsund kulturpolitisch in die Pflicht genommen, nicht aber wirtschaftspolitisch. Aus dem Fehlen einer Gestaltungspflicht läßt sich aber nicht ohne weiteres entnehmen, daß wirtschaftspolitische Ziele mit den Mitteln der Rundfunkgesetzgebung nicht verfolgt werden dürften. Der legislativen Gewalt kommt ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der prinzipiell auch die Wahl der Maßnahmen urnfaßt, die ihrer Ansicht nach zur Verfolgung der von ihr vorgegebenen, wirtschaftspolitischen Ziele erforderlich sind. Das Rundfunkrecht scheidet daher nur dann als Mittel staatlicher Wirtschaftspolitik aus, wenn seiner wirtschaftspolitischen Instrumentalisierung konkrete verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstünden. Diese können zum einen formeller, zum anderen materieller Natur sein. 3. Verstoß gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes Die Verfolgung wirtschaftspolitischer Ziele mit den Mitteln des Rundfunkrechts wäre formell verfassungswidrig, wenn sie gegen die Kompetenzordnung der Verfassung verstieße. Nach dieser fallen die Materien, die die Wirtschaft und den ökonomischen Wettbewerb betreffen, in die Zuständigkeit des Bundes751 , das Ordnungs- und Kulturrecht dagegen prinzipiell in die Kompetenz der Länder752. Das Rundfunkrecht wird nicht dem Recht der Wirtschaft zugeordnet, sondern als ordnungs- und kulturrechtliche Materie dem Regelungsbereich der Länder zugesprochen753 . Fraglich ist, ob schon hieraus geschlossen werden kann, daß das Rundfunkrecht keine wirtschaftspolitischen Regelungszwecke verfolgen darf. Zum Gestaltungsauftrag aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG bereits unter§ 2 E.l. l. c). Art. 74 Nr. 11 und Nr. 16 GG. 752 BVerfGE 12, 205 (229); 92, 203 (238). Vgl. Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 167. Zur kompetentiellen Verteilung öffentlicher Kulturverantwortung im föderalen Staat siehe Steiner, VVDStRL42, 7 (19ff.). 753 Dazu noch im Einzelnen unter § 4 C. I. 750 751
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Auch wenn Ordnungs- und Wirtschaftsrecht prinzipiell getrennt zu betrachten sind, stellen das Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und das Wirtschaftsrecht keine in sich abgeschlossenen, voneinander trennscharf abgrenzbaren Materien dar754 . Regelungen können der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen und zugleich einen wirtschaftspolitischen Zweck verfolgen. Diese doppelte Zwecksetzung an sich stellt keinen Verstoß gegen die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung dar755 . Auch wenn das Rundfunkrecht der Gefahr vorherrschender Meinungsmacht wehren und die publizistische Vielfalt im Rundfunk gewährleisten will, ist es ihm demzufolge kompetentiell nicht verwehrt, zugleich standort- oder beschäftigungspolitische Zwecke zu verfolgen. Die Kompetenzordnung des Grundgesetzes schließt eine Wirtschaftspolitik der Länder über die Rundfunkgesetzgebung nicht aus.
4. Verletzung der Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG
Die Verfolgung von Zielen der Standort- und Beschäftigungspolitik mit den Mitteln des Rundfunkrechts ist daher nur dann unzulässig, wenn sie mit den materiellrechtlichen Vorgaben der Verfassung nicht zu vereinbaren ist. In Betracht kommt eine Verletzung der Rundfunkfreiheit Es ist zunächst auf die Erkenntnisse zurückzugreifen, die bei der Analyse des staatspolitischen Regelungszwecks von Cross Ownership Beschränkungen gewonnen worden sind756 • Danach sind Cross Ownership Beschränkungen Teil der dem Gesetzgeber aufgegebenen Rundfunkordnung757 . In der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts stellt die Rundfunkordnung dabei keinen Eingriff in die Runclfunkfreiheit der Rundfunkveranstalter dar, sondern die Voraussetzung und Grundlage für deren reale Entfaltung. Das Rundfunkrecht schränkt die Rundfunkfreiheit daher nicht ein, sondern gestaltet sie aus. Die Normen des Rundfunkrechts sind demnach auch keine Schrankengesetze, sondern Ausgestaltungsgesetze758 . Diefehlende Eingriffsqualität der Ausgestaltungsregelungen wird dabei dogmatisch unterschiedlich begründet. Ein Teil der Literatur759 führt den fehlenden Grundrechtseingriff auf BVerfGE 8, 143 (149); /psen, Staatsrecht, Rdnr. 474. Vgl. BVerfGE 8, 143 (148). Zur kompetenziellen Behandlung von Materien im Spannungsverhältnis verschiedener Gesetzgebungszuständigkeiten noch ausführlich unter § 4 C. I. 2. a). 756 Siehe§ 2 E. I. I. 754 755
BVerfGE 57, 295 (320); 73, 118 (152 f.); 74, 297 (324); 83, 238 (296); 90, 60 (88). Die Terminologie ist dabei nicht immer einheitlich. So werden die Gestaltungs- oder auch Ausgestaltungsgesetze auch als Einrichtungs- oder Organisationsgesetze bezeichnet, die die verfassungsrechtlichen lnstitutions- und Institutsgarantien ausgestalten, Hili, Gesetzgebung, S. 34 f. 759 Jarass, AöR (110) 1985, 363 (390 ff.). 757 758
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eine generalisierende Betrachtung zuriick. Demnach können Ausgestaltungsgesetze zwar für den einzelnen Rundfunkveranstalter belastend wirken, soweit aber insgesamt die Meinungsvielfalt gefördert werde, fehle es an einem Eingriff in die Rundfunkfreiheit Die subjektiven Abwehrrechte der Veranstalter würden in diesem Fall vom objektiven Bedeutungsgehalt der Rundfunkfreiheit überlagert. Entscheidend sei daher nicht die Belastung auf der individuellen Ebene, sondern die Vielfaltsförderung auf der generellen Ebene. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß es, wenn man das Bestehen eines originären Veranstaltergrundrechts anerkennt, keine Belastung geben kann, die nicht zugleich einen Eingriff in diese Rundfunkfreiheit der Veranstalter darstellte. Folglich ist die These, daß Ausgestaltungsgesetze keine Grundrechtseingriffe beinhalten, dogmatisch konsequent nur so zu begriinden, daß es an einem originären Veranstaltergrundrecht fehlt760 . Das subjektive Grundrecht des Veranstalters erwächst demnach nicht unmittelbar aus der Verfassung, sondern nur unter Maßgabe des vom Gesetzgeber gewählten und in Gesetzen umgesetzten Organisationsmodells, mithin erst durch die einfachgesetzliche Ausgestaltung. Die subjektiven Rechte der Veranstalter entstehen somit von vomherein nur in den vom Gesetzgeber vorgezeichneten Grenzen, so daß ein Eingriff durch die Rundfunkgesetze nicht möglich ist.
Die Gruppe der Ausgestaltungsgesetze stellt nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eine Gesetzeskategorie eigener Art dar, die sich von der Gattung der Schrankengesetze sowohl ihrem Wesen nach als auch in ihren Folgen wesentlich unterscheidet761 . 760 So daher auch Ruck, AöR 117 (1992), 543 (547f.); Gabriel-Bräutigam, ZUM 1991,466 (469 f.); Hoffmann-Riem, Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 73; Altemativkommentar-ders., Art. 5 Abs. I, 2, Rdnr. 143; ähnlich auch Böckenjörde/Wieland, AfP 1982, 77. 761 BVerfGE 57, 295 (321); 73, 118 (166); 74, 297 (334, 336). Das Ausgestaltungskonzept des Bundesverfassungsgerichts für den Bereich der Rundfunkfreiheit ist stark umstritten. Ihm folgen: Badura, Rundfunkgesetzgebung, S. 34 ff., 45 f., 78 f.; Bethge, Zulassung von Rundfunkveranstaltem, S. 72, 146f.; Sachs-ders., Grundgesetz, Art. 5, Rdnr. 154ff. (abweichend ders., NJW 1987, 2982 (2983)); Kirchhof, Mittel staatlichen Handelns, Rdnr. 25; Böckenf örde/Wieland, AfP 1982, 77; Kohl/ Weilbächer; ZRP 1981, 243 (246); Hesse, A., BayVBI. 1997, 132 (134); Wieland, Freiheit des Rundfunks, S. 138ff.; HoffmannRiem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34 f., 39; Altemativkommentar-ders., Art. 5 Abs. I , 2, Rdnr. 137, 143; ders., Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 16; Kübler; Medienverflechtung, S. 84 f.; Gersdorj. Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 28; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (546, 558f.); Hadamik, AfP 1989, 643 (645); Hendriks, ZUM 1988, 209 (213); Lehr; ZUM 1995, 667 (668); ebenso im Ergebnis löst, Verhältnis von Presse und Rundfunk, S. 100 f. Zustimmend auch BayVerjGH, ZUM 1986, 674. Inkonsequent Holzkämper; der den gesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen zwar Ausgestaltungscharakter zugesteht, diese jedoch dennoch an Art. 5 Abs. 2 GG messen will, Holzkämper; ZUM 1994, 114 (115). Anderer Ansicht etwa Kuli, ZUM 1987, 355; ders., AfP 1981, 378 (380ff.); Klein, Die Rundfunkfreiheit, 1978, S. 41 f., 48 ff.; Bullinger; AöR 108 (1983), 161 (188 ff., 213 f.); Gabriel-Bräutigam, Rundfunkkompetenz und Rundfunkfreiheit, S. 105, 112 ff. (m. w. N.); dies. , ZUM 1991, 466 (468ff.); Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungsund Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 29ff., 41 ff. ; Herrmann, Rundfunkrecht, § 7, Rdnr. 39 ff.; ders., ZUM 1991, 325 (330); Scholz, Medienfreiheit und Publikumsfreiheit, S. 355 (356ff.); ders., JZ 1981, 561 (563ff.); ders., AfP 1983, 261 (264); Pesta/ozza, NJW
186
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
So zielen Ausgestaltungsgesetze anders als Schrankengesetze nicht auf den Ausgleich kollidierender Rechtsgüter, sondern auf die Sicherung einer bestimmten, von der Verfassung vorgegebenen Funktion innerhalb eines Ordnungsmodells, das der Gesetzgeber in Vollzug seiner verfassungsrechtlichen Gestaltungspflicht und unter Beachtung der Grenzen seiner Einschätzungs- und Prognoseprärogative gewählt hat762 . Demgegenüber werden bei Schrankengesetzen der Art nach verschiedene grundrechtliche Positionen und Prinzipien von Verfassungsrang gegeneinander abgewogen, zur Herstellung praktischer Konkordanz wechselseitig begrenzt und zum Ausgleich gebracht763 . Gesetze, die die Rundfunkfreiheit einschränken, dienen nicht der Sicherung der Rundfunkfreiheit, sondern vielmehr dem Schutz nicht kommunikationsbezogener Rechtsgüter, die mit dem Schutzgut der Rundfunkfreiheit, der Sicherung pluralistischer Vielfalt, kollidieren 764• Sie reduzieren folglich die Bedeutung der Rundfunkfreiheit zugunsten anderer Freiheitsrechte, während Ausgestaltungsgesetze den Schutzumfang des auszugestaltenden Freiheitsrechts insgesamt erhöhen, ungeachtet eventueller Belastungen für den Einzelnen. Bei ausgestaltenden Normen gewinnt der objektive Bedeutungsgehalt des Freiheitsrechts sonach die Oberhand, während beim klassischen Grundrechtseingriff durch Schrankengesetze der objektive Bedeutungsgehalt auf die Ausstrahlung auf die subjektiven Verfassungspositionen des von diesem begünstigten Personenkreises verkürzt ist765 . 1981, 2158 (2162 f.); Immenga, AfP 1989, 621 (623); Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 643ff.; Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, 2, Rdnr. 235f.; v. Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr.ll, 106; ders., JZ 1983, 405 (407f.); von Münch-von Münch (3. Auflage), Art. 5, Rdnr. 36. Auch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg stehen dem Ausgestaltungsmodell eher kritisch gegenüber (dazu noch unter§ 4 B. II. 2.). Vermittelnd Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 213, der einer ausgestaltenden Regelung ausnahmsweise dann eine Eingriffsqualität zumißt, wenn diese mit der Tradition bricht. Mit der Unterscheidung zwischen genereller und individueller Ebene im Ergebnis ebenfalls vermittelnd Jarass, AöR (110) 1985, 363 (392f.); Jarass/Pieroth-ders., Art. 5, Rdnr. 44a, Vorb. vor Art. I, Rdnr. 32 f. Hesse, K., Verfassungsrecht, Rdnr. 303 ff. geht zwar von den Ausgestaltungsgesetzen als eigenständige Gesetzeskategorie aus, hält jedoch im Falle der Regelungsvorbehalte einen fließenden Ubergang zwischen Ausgestaltungs- und Schrankengesetzgebung für denkbar. Überblick über den gesamten Streitstand Wieland, Freiheit des Rundfunks, S. 56 ff. Der hier nachzugehenden Forschungsfrage entsprechend (vgl. Fußnote 592) beschränkt sich die Untersuchung an dieser Stelle auf eine Analyse der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ob der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts der Sache nach zu folgen ist, ist unter § 4 C. II. I. zu ermitteln. 762 Hoffmann-Riem, Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 17. 763 Zum Prinzip der praktischen Konkordanz Jakobs, DVBI. 1985, 97 (99). 764 Ruck, AöR 117 (1992), 543 (551 f.). 765 BVerfGE 7, 198 (205); Jarass, AöR (110) 1985,363 (392, 394). Allgemein zu den subjektiv- und objektiv-rechtlichen Elementen der Grundrechte Böckenförde, NJW 1974, 1529; Jarass, AöR (110) 1985, 363.
E. Teleologische Auslegung
187
Eine Ausprägung der Schrankengesetzgebung ist etwa das Recht der allgemeinen Wettbewerbskontrolle, das nicht die Sicherung publizistischer Vielfalt bezweckt, sondern vielmehr der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen ökonomischen Wettbewerbs766 . Aber auch innerhalb des Rundfunkrechts gibt es Bestimmungen, die die Rundfunkfreiheit nicht ausgestalten, sondern diese zum Schutz von Gütern nichtkommunikativer Art einschränken. Diese hat der Rundfunkgesetzgeber aufgrund seiner Annexkompetenz mitgeregelt, obwohl sie nicht eigentlich der Vielfaltssicherung dienen, wie etwa Fragen des Jugendschutzes oder das Gegendarstellungsrecht767 . Diese Bestimmungen werden auch durch die formale Einbindung in das Landesrundfunkrecht nicht zu ausgestaltenden Regelungen, sondern behalten ihren Charakter als Schrankengesetze bei 768 •
Hinsichtlich der rechtlichen Folgen ergeben sich zwei wesentliche Unterschiede zwischen der Gruppe der Ausgestaltungsgesetze und der der Schrankengesetze. Zum ersten sind die rundfunkrechtlichen Bestimmungen, die die Rundfunkfeiheit ausgestalten, nicht an der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG zu messen, sondern ausschließlich an den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. Gd 69. Der ausgestaltende Gesetzgeber genießt daher einen sehr viel weiteren Einschätzungs-, Wertungs- und Prognosespielraum als der Gesetzgeber, der in die Rundfunkfreiheit eingreift und diese somit beschränkt. 770 Der zweite Unterschied betrifft die Regelungsziele. Genießt der Ausgestaltungsgesetzgeber bei der Wahrnehmung seiner verfassungsrechtlich eingeräumten Gestaltungsbefugnis und der Auswahl der hierzu erforderlichen Mittel einen erheblich weiteren Gestaltungsspielraum als der in eine Freiheit eingreifende Gesetzgeber, so ist er doch - gleichsam im Gegenzug bei der Bestimmung des mit der Regelung verfolgbaren Ziels weitaus stärker eingeschränkt als der Schrankengesetzgeber. Die Verfassung, die ihm den Gestaltungsspielraum einräumt, bindet ihn zugleich an bestimmte Gestaltungsziele. Auf die Rundfunkfreiheit bezogen heißt dies, daß die erforderlichen, die Runclfunkfreiheit ausgestaltenden Regelungen der Sicherung der Rundfunkfreiheit dienen müssen, mehr noch: keinem anderen Ziel als ausschließlich der Vielfaltssicherung im Rundfunk dienen dürfen771 . Die Befugnis des Rundfunkgesetzgebers, ausgestaltende Regelungen zu erlassen, finde in der Bindung an Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 766 BGHZ 76, 55 (65 ff.); Ho.ffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 38; ders., Rundfunkrecht und Wirtschaftsrecht , S. 13 (29); Ruck, AöR 117 ( 1992), 543 (565) (allg. Ansicht). Übersicht über weitere bundesverfassungsgerichtlich anerkannten, allgemeinen Gesetze in Maunz I Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 276. Zum TKG als allgemeinem Gesetz Ory, ZUM 1998, 155 (161). Zum Unterschied zwischen publizistischer Vielfalt und ökonomischem Wettbewerb noch im Einzelnen unter§ 4 C. II. I. c). 767 Vgl. etwa BVerfGE 73, 118 (l66f.); 74,297 (323). 768 Ho.ffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 36; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (554).
769
Sachs-Bethge, Grundgesetz, Art. 5, Rdnr. 158; Jarass/Pieroth-Jarass. Art. 5,
Rdnr. 44a.
no Kirchhof, Mittel staatlichen Handelns, Rdnr. 25. Siehe dazu noch im Einzelnen unter § 4 C. II. 1. und § 4 C. II. 2. 771 BVerfGE 74,297 (334); vgl. bereits in diese Richtung BVerfGE 73, 118 (166).
188
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
2. Alt. GG ihre Grundlage wie Schranke772 . Vor allem die Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens dürfe "nur der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit dienen, um derentwillen es verfassungsrechtlich geboten ist"773 . Bullinger spricht insoweit von einer Limitierung des objektiven Zwecks von Ausgestaltungsregelungen774. Hieraus folgt, daß Cross Ownership Beschränkungen als Teil des Rundfunkkonzentrationsrechts, das zu den traditionellen Kernmaterien der Rundfunkordnung und damit zu den Regelungen zählt, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten775 , ausschließlich der Sicherung der Rundfunkfreiheit dienen dürfen. Einzig zulässiges Regelungsziel der Zugangsregelungen zum Rundfunk und damit auch der Cross Ownership Beschränkungen ist sonach die Gewährleistung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk. Die Bestimmungen, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten, das heißt die Vielfalt im Rundfunk sicherstellen sollen, können sonach nicht gleichzeitig in den Dienst wirtschaftspolitischer Ziele gestellt werden. Eine Instrumentalisierung der Runclfunkordnung zur Verfolgung standort- oder beschäftigungspolitischer Zwecke ist mit den Vorgaben der Rundfunkfreiheit, wie sie das Bundesverfassungsgericht definiert hat, nicht vereinbar. Auch das Rundfunkkonzentrationsrecht darf ausschließlich den Schutz des Rundfunks als gesellschaftseigener Institution und neutraler Plattform für die Selbstdarstellung und des "Selbstgesprächs" der Gesellschaft bezwecken. Kontrolldichte und -intensität der rundfunkrechtlichen Zugangsregelungen dürfen nicht davon abhängig gemacht werden, inwieweit sie wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen entgegenkommen oder zuwiderlaufen. Wirtschaftspolitische Leitziele dürfen daher nicht gegen die Erfordernisse einer effektiven Vielfaltssicherung abgewogen und erst recht nicht diesen vorangestellt werden776. Nicht zuletzt deshalb, weil dem Bundesverfassungsgericht selbst nicht immer eine klare Grenzziehung zwischen Ausgestaltungs- und Schrankengesetzgebung gelingt777 , ist das Bestehen einer kategorial eigenständigen Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers zumindest für den Bereich der Rundfunkfreiheit nicht unstrittig. Auf die Diskussion wird im Rahmen der Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen näher einzugehen sein778 . Für die Frage nach dem Regelungszweck von Cross Ownership Beschränkungen kommt es dagegen auf den Willen des Gesetzgebers im Lichte der Rechtsprechung des Bundes-
m Vgl. BYerfGE 74, 297 (334). BVerfGE 57, 295 (326) (Hervorhebung durch die Yerfasserin). Ebenso etwa Holzkämper, ZUM 1994, 114 (115). 774 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (208). 775 BVerfGE 73, 118 (172, 166). Dazu auch Jarass, AöR (llO) 1985, 363 (391 ). 776 So ansatzweise auch Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (298 f.), der allerdings trotz angenommener Nachrangigkeit wirtschaftspolitischer Interessen eine Hierarchisierung der Zielvorgaben ablehnt und das Gebot praktischer Konkordanz zur Anwendung kommen lassen will. 777 Vgl. etwa BYerfGE 74, 297 (334ff.; 336ff.). m Siehe § 4 C. II. 1. 773
F. Ergebnis
189
Verfassungsgerichts an, so daß sich die Untersuchung an dieser Stelle auf eine Analyse der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung beschränkt779 .
5. Zusammenfassung
Trotz seiner nicht zu unterschätzenden, wirtschaftlichen und vor allem standortwie beschäftigungspolitischen Tragweite darf das Rundfunkrecht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in den Dienst wirtschaftspolitischer Leitvorstellungen gestellt werden. Die ökonomische Bedeutung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Rundfunk verdichtet sich zu keinem wirtschaftspolitischen Regelungszweck des Rundfunkrechts, da die Rundfunkordnung nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts allein dem Ziel der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit und damit der Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk dienen darf. Der rundfunkrechtliche Handlungs- und Regelungsbedarf bestimmt sich daher trotz der Ökonomisierung des Rundfunksektors ausschließlich vom Aspekt der Pluralismussicherung her und nicht vom Gesichtspunkt eines funktionsfähigen Wirtschaftsmarktes. Eine Lockerung oder ein Verzicht auf rundfunkkonzentrationsrechtliche Bestimmungen kann daher nicht mit der Notwendigkeit gerechtfertigt werden, daß im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb unternehmefische Handlungsspielräume erweitert werden müßten. Cross Ownership Beschränkungen dürfen infolgedessen keine wirtschaftspolitischen Regelungszwecke verfolgen.
F. Ergebnis Cross Ownership Beschränkungen knüpfen an der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern an. Sie beschränken sich dabei anders als das Wettbewerbsrecht nicht auf das externe Unternehmenswachstum. Sie setzen jedoch eine integrierende Konzentration verschiedener unternehmenscher Einheiten voraus, erfassen daher weder bloße Kooperationen noch die im Medienbereich nicht seltenen strategischen Allianzen (Medieneigentumsregelung). Ferner lassen sie das rein horizontal-intramediäre Unternehmenswachstum unberührt. Wie dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte zu entnehmen ist, kann die marktübergreifende Eigentumskonzentration diagonaler, aber auch vertikaler Natur sein. Die Cross Ownership Beschränkungen des deutschen Rundfunkrechts beschränken sich nicht auf die Kontrolle der intermediären Verflechtungen, auch wenn diese Form der Cross Ownership gerade anfangs im Zentrum der Cross Ownership Kontrolle stand. Cross Ownership Beschränkungen betreffen vielmehr 779 Zur Einschränkung des Untersuchungsgegenstands an dieser Stelle bereits unter Fußnote 592 und 761.
190
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung
Verflechtungen Vielfältigster Art: beispielsweise die Verbindung von Fernsehveranstaltern und Rechtehändlem, Betreibern digitaler Plattformen oder Kabelnetzbetreibem, von Hörfunkveranstaltern und Presseverlegem, Mediaagenturen oder Online-Diensten. Anders als ihre historischen Vorläufer, die US-amerikanischen Cross Ownership Restrictions, erfassen sie auch Cross Ownerships innerhalb des elektronischen Bereichs wie die Verflechtung von Hörfunk und Fernsehen. Ebenfalls anders als ihr US-amerikanisches Vorbild beschränken sich die deutschen Cross Ownership Beschränkungen nicht auf den lokalen Bereich. Vielmehr limitieren sie auch die überregionalen, namentlich die bundesweiten Cross Ownerships. Ebenso wie die US-amerikanischen Cross Ownership Restrietions sind die deutschen Cross Ownership Beschränkungen in das Lizenzierungssystem für den privaten Rundfunk eingebettet. Ihr gemeinsamer Bezugspunkt ist sonach der Rundfunk. Sie stellen Medienzugangsregelungen dar, sind also Teil des medienspezifischen Sonderrechts für den Rundfunk. Als materielle Zulassungsvoraussetzung für kommerzielle Rundfunkanbieter zählen sie zu den Normen des Rundfunkkonzentrationsrechts. Damit sind sie Instrument der außenpluralistischen Struktursteuerung im Rundfunk. Als solches sind sie darauf aus, durch gezielte Anreize die privaten Rundfunkveranstalter zu stimulieren, Unternehmens- und Marktstrukturen zu wählen, die die vorherrschende Meinungsmacht eines einzelnen Unternehmens von vomherein nicht entstehen lassen, um damit einer Gefahrdung der publizistischen Vielfalt bereits präventiv entgegenzuwirken. Typisch für Cross Ownership Beschränkungen ist ihre kommunikationspolitische Ausrichtung. Ihr Regelungsziel besteht darin, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern. Sie zählen damit zu der Kategorie von Gesetzen, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten. Die zu schützende Vielfalt ist dabei nicht allein unter demokratiestaatlichen Aspekten zu sehen, mithin nicht nur als politische Meinungsvielfalt zu deuten. Vielmehr umfaßt sie auch die kulturelle Vielfalt, das heißt die Verpflichtung des Gesetzgebers, den Rundfunk in seiner Funktion als Mittel der Orientierung und Sozialisation in allen Lebensbereichen zu schützen, auch soweit diese für den Prozeß der politischen Meinungs- und Willensbildung irrelevant sind. Dieses kulturstaatlich begründete Anliegen des Rundfunkrechts gilt auch für das Rundfunkkonzentrationsrecht und steht auch nicht hinter dem staatspolitischen Interesse an einem ausgewogenen politischen Meinungsbild im Rundfunk zurück. Dabei haben Cross Ownership Beschränkungen die Aufgabe, die publizistische Vielfalt im Rundfunk vor einem einseitigen Einfluß einer partikularen Gruppe der Gesellschaft zu bewahren und eine kommunikative Chancengleichheit herzustellen, namentlich die kommunikative Ausgrenzung einzelner Bevölkerungsteile sowohl politisch wie auch kulturell - als auch eine "massenmedial verrnittelte Ein-
F. Ergebnis
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heitskultur" 780 zu verhindern. Soweit sie die diagonal-intermediäre Cross Ownership betreffen, wollen sie den intermediären Wettbewerb vor den Gefahren multimedialer Meinungsmacht schützen. Richten sie sich gegen vertikale Cross Ownerships, haben sie dagegen den intramediären Wettbewerb unter den Rundfunkveranstaltern im Visier. Dagegen verfolgen Cross Ownership Beschränkungen keine wirtschaftspolitischen Regelungszwecke, da eine Instrumentalisierung des Rundfunkrechts zur Verwirklichung Wirtschafts-, namentlich standort-oder beschäftigungspolitischer Zielvorstellungen mit den Vorgaben der Rundfunkfreiheit unvereinbar ist. Cross Ownership Beschränkungen sind sonach Instrumente des medienspezifischen Sonderrechts für den Rundfunk, die der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern unter dem Aspekt der Vielfaltssicherung, mithin im Dienste demokratie- und kulturstaatlich begründeter Ziele Grenzen setzen. Vereinfachendes Schema zur rechtlichen Qualität von Cross Ownership Beschränkungen Charakteristische Attribute Statusbezogenheit (keine Anknüpfung an Prozesse, Erfassung auch des internen Unternehmenswachstums)
Wortlaut Historie Genese Systematik
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Marktübergreifende Natur nicht nur intermediär (auch vertikal) nicht zwingend über den elektronischen Bereich hinaus nicht nur lokal
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Medieneigentumsregelung
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Medienzugangsregelung I -konzentrationsregelung (medienspezifisches Sonderrecht, nur den privaten Rundfunk betreffend, präventiv-stimutierende Struktursteuerung) Kommunikationspolitische Zielsetzung (Pluralismussicherung) Kein wirtschaftspolitischer Regelungszweck
780
Steiner; VVDStRL 42, 7 (32f.). Vgl. Fußnote 719.
Präambel?
Telos
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership Eine Untersuchung über Cross Ownerships und deren Kontrolle kann nicht ohne eine Bestandsaufnahme der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen auskommen. Im Folgenden sollen daher die Regelungen, die die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien begrenzen, im Einzelnen vorgestellt werden. Im Zentrum der Cross Ownership Kontrolle stehen dabei die soeben untersuchten Cross Ownership Beschränkungen. Die Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen kann sich jedoch nicht auf die rundfunkrechtlichen Cross Ownership Beschränkungen beschränken, da das marktübergreifende Unternehmenswachstum von Rundfunkveranstaltern einer Vielzahl weiterer Restriktionen unterliegt. Sachgerecht läßt sich der rechtliche Rahmen für Cross Ownerships daher nur mit Blick auf das regulatorische Umfeld der Cross Ownership Beschränkungen erfassen. Die Bestandsaufnahme umfaßt demzufolge neben den Restriktionen aus dem medienspezifischen Sonderrecht auch die Vorgaben aus dem internationalen Recht sowie dem nationalen Verfassungs- und Wettbewerbsrecht Der Normenhierarchie folgend beginnt die Analyse dabei nicht mit den (landesrechtlichen) Cross Ownership Beschränkungen, sondern mit den internationalen Vorgaben. Sodann wird geprüft, inwieweit das nationale Verfassungsrecht der Cross Ownership Grenzen setzt. Anschließend wendet sich die Untersuchung den einfachgesetzlichen Bindungen der Cross Ownership zu. Dabei werden zunächst die wettbewerbsrechtlichen Grenzen der Cross Ownership beleuchtet, bevor schließlich die verschiedenen Spielarten von Cross Ownership Beschränkungen, wie sie derzeit in der deutschen Rundfunkordnung zu finden sind, vorgestellt und analysiert werden.
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership Ein normativ bindender Ordnungsrahmen für den Rundfunk besteht bislang erst europaweit. Weltweit finden sich zwar einzelne Deklarationen und Pakte mit Inhalten, die auch für den Rundfunk relevant sind. Diese besitzen jedoch regelmäßig nur appellativen Charakter. In keinem von ihnen sind Regelungen enthalten, die sich mit der Problematik der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien befassen781 . Die rechtlichen Bindungen der Cross Ownership aus inter781 Vgl. etwa Art. 19 der Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen v. 10. Dezember 1948, Art. 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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nationalem Recht wurzeln sonach fast ausschließlich im Recht der Europäischen Gemeinschaft782. Daneben hat vor allem der Europarat, nicht unwesentlich zur Gestaltung der europäischen Rundfunkordnung beigetragen783 . So hat der Europarat mit der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und dem Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen (Europaratskonvention) wichtige Impulse gesetzr184. Das vom Europarat gesetzte Recht enthält jedoch keine Regelungen zur marktübergreifenden Eigentumskonzentration im Medienbereich. Zwar lassen die jüngsten Aktivitäten des Europarats darauf schließen, daß sich auch der Europarat zunehmend mit dem Problem der Medienkonzentration befaßt785, jedoch sieht auch in die im September 2000 in Kraft getretene geänderte Fassung der Europaratskonvention keine spezifischen Medienkonzentrationsbestimmungen vor. Zudem besitzen die Regelungen nach wie vor eine nur eingeschränkte Wirkung. So gilt die Europaratskonvention ausschließlich für grenzüberschreitende Programme und ist im Verhältnis v. 19. Dezember 1966 (BGBI. 1973 II S. 1534) oder Art. 15 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte v. 19. Dezember 1966 (BGBI. 1973 II S. 1570). Zu den neueren Entwicklungen in der internationalen Medienpolitik Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/ 10650), S. 232ff. 782 Im Folgenden wird terminologisch nicht zwischen Europäischer Union und Europäischer Gemeinschaft unterschieden. Vielmehr wird einheitlich der Begriff der Europäischen Gemeinschaft verwendet, da im Zentrum der Bestandsaufnahme Vorschriften des EG-Vertrages sowie das von der Europäischen Gemeinschaft erlassene Sekundärrecht stehen, zumal die Europäische Gemeinschaft in der Europäischen Union aufrechterhalten geblieben ist und als Grundlage der Europäischen Union fortbesteht (Art. 1 Abs. 3 EU). Die Besonderheiten hinsichtlich der Rechtspersönlichkeit der Europäischen Union und der der Europäischen Gemeinschaft (vgl. dazu etwa Streinz, Europarecht, Rdnr. 107 ff.; lpsen, Staatsrecht, Rdnr. 1009) sollen an dieser Stelle vernachlässigt bleiben. Zur Entwicklung Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 147. 783 Zur Zusammensetzung und Bedeutung des Europarates für die Medien Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 186; Bundesregierung, Medienbericht ' 98 (BT-Drucks. 13/ 10650), s. 235 f. 784 Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen vom 5. Mai 1989, abgedruckt in BGBI. 1994 li S. 639 (ERU), in seiner zuletzt geänderten Fassung vom 9. September 1998, in Kraft seit dem I. September 2000 Zur Entstehungsgeschichte und dem Inhalt der Europaratskonvention Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 187 ff. 785 So hat der Europarat in einer Studie die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der Medienkonzentrationsbekämpfung untersuchen lassen, Europarat, Etude sur !es concentrations des media en Europe (ana1yse juridique) - Note du Secretariat General preparee parlas Directions des Droits de l'Homme, Comite directeur sur !es moyens de communication de masse, Straßbourg 1992. Ferner haben die Parlamentarische Versammlung, das Ministerkomitee und die Ministerkonferenzen über Massenmedienpolitik Empfehlungen zum Thema der Konzentrationsbegrenzung im Rundfunk abgegeben, Counci1 of Europe, Recommendation No. R (94) 13 of the Committee of Ministers to Memberstates on measures to promote media transparency adopted on 22. November 1994, DH-MM (94) 10, Council of Europe: Straßbourg, 1994 (nicht in deutscher Sprache veröffentlicht). Zu dieser Empfehlung im Einzelnen Bundesregierung, Medienbericht ' 98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 236. 13 Tschon
194
§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
zwischen Vertragsparteien, die auch Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind, nicht anwendbar786. Zudem genießt die Konvention anders als das europäische Gemeinschaftsrecht keinen Geltungs- oder Anwendungsvorrang gegenüber nationalem Recht. Festzuhalten bleibt, daß der Europarat derzeit keine normativ bindenden Beschränkungen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien vorsieht787 . Es ist daher zu ermitteln, ob und inwieweit das europäische Gemeinschaftsrecht der Cross Ownership Grenzen setzt. Hierzu ist vorab zu klären, ob und in welchem Umfang die Europäische Gemeinschaft überhaupt befugt ist, die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien zu regulieren. Sodann wird untersucht, inwieweit die Gemeinschaft von ihrer Regelungskompetenz Gebrauch gemacht hat. Dabei ist zwischen den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, die sich aus der Verwirklichung des gemeinschaftlichen Binnenmarktkonzepts ergeben, und jenen Bestimmungen zu unterscheiden, die einen unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt sicherstellen sollen.
I. Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft Der Handlungsspielraum der Europäischen Gemeinschaft bei der Regulierung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien ist umstritten. Nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten, auch innerhalb der europäischen Entscheidungsorgane besteht keine Einigkeit, inwieweit die Europäische Gemeinschaft den Zugang zu den Rundfunkmärkten regulieren darf beziehungsweise sollte. 1. Bereichsausnahme für den Rundfunk, Art. 3 b Abs. 1 EG Nach dem Grundsatz der begrenzten Verbandskompetenz wird die Europäische Gemeinschaft nur "innerhalb der Grenzen und der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig"788 . Die Europäische Gemeinschaft hat demnach keine unbegrenzte Rechtssetzungsgewalt. Es ist ihr untersagt, Recht in Bereichen zu setzen, für die ihr der Vertrag keine Ermächtigungsgrundlage zuweist. Die einzelstaatliche Zuständigkeit ist die Regel, die Regelungsbefugnis der Gemeinschaft hingegen die Ausnahme. Allein aus den allgemeinen Vertragszielbestimmungen darf die Europäische Gemeinschaft keine Aufgaben oder gar Befugnisse für sich ableiten 789 . 786 Art. 27 Abs. 1 ERÜ. Zum Verhältnis zwischen Europaratskonvention und Fernsehrichtlinie Berger, ZUM 1996, 119 (123 ff.) ; Paschke, Medienrecht, Rdnr. 153. 787 Zur Bedeutung des Art. 10 EMRK für die Zulässigkeit nationaler Cross Ownership Beschränkungen noch unter§ 4 B. Il. 788 Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung I competences d' attribution, Art. 5 Abs. 1 EG. Vgl. BVerfGE 89, 155 (192 ff.; 209 ff.); Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 155; Schweitzer I Hummer, Europarecht, Rdnr. 896, 335 ff.; Schwartz, AfP 1993, 409 (41 0).
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Allerdings kennt der EG-Vertrag keinen enumerativen Katalog von Einzelzuständigkeiten für bestimmte Materien oder Sachbereiche. Die Befugnisse der Gemeinschaft werden vielmehr final bestimmt790. So schreibt der Vertrag konkrete Integrationsziele materieller Art vor, wie etwa den freien Dienstleistungs- oder Personenverkehr, wobei alle zu deren Verwirklichung erforderlichen Handlungsbefugnisse der Gemeinschaft zugewiesen sind791 • Der Umfang der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzen bestimmt sich nach dem "effet utile". Demnach erfaßt die Befugnisgrundlage alle Regelungen, ohne die sie nicht sinnvoll und vernünftig angewendet werden kann792• Steht ein Bereich bzw. Regelungskomplex der Verwirklichung des von der Gemeinschaft verfolgten Ziels entgegen, fallt er sonach potentiell in deren Zuständigkeitsbereich. Ob und inwieweit er ihr entgegensteht, beurteilt sich nach der Sicht der Gemeinschaft und damit letztlich aus dem Blickwinkel des Europäischen Gerichtshofs. Dieser zeigt eine eher integrationsfreundliche und damit extensive Interpretation der vertraglichen Bestimmungen793 • Dabei stieß der Gerichtshof gerade im Bereich des Rundfunks auf heftige Kritik. So hatten Ende der achtziger Jahre vor allem die deutschen Bundesländer der Europäischen Gemeinschaft die Befugnis abgesprochen, eine Richtlinie für den Bereich des Fernsehens zu erlassen. Weder der Begriff "Rundfunk" noch der der "Kultur" seien im EWGVertrag zu finden. Für das Rundfunkwesen bestehe daher eine stillschweigende Bereichsausnahme, zumal die Gemeinschaft zuvorderst eine Wirtschaftsgemeinschaft darstelle, der Rundfunk aber eine in erster Linie kulturelle Angelegenheit sei. Die Römischen Verträge sähen keine kulturellen, gesellschaftlichen oder politischen Ziele vor. Auch sei Kultur nicht Teil der Wirtschaft. Rundfunk habe zwar auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Im Vordergrund stünde jedoch seine kulturelle Funktion. 794 BVerfGE 89, 155 (209 f.). Schwartz, AfP 1993,409 (410f.). 791 Schwartz, ZUM 1989,381 (384). 792 Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 155. 793 Vgl. etwa EuGH- Sacchi v. 30. April 1974, Rs. 155/73, Slg. I-1974, 409 (Rdnr. 6); EuGH- Debauve v. 18. März 1980, Rs. 52/79, Slg. I-1980, 833 (Rdnr. 8); EuGH- Bond van Adverteerders v. 26. April 1988, Rs. 352/85, Slg. 1-1988,2085 (Rdnr. 13ff.); EuGHERT v. 18. Juni 1991, Rs. C-260/89, Slg. 1-1991,2925 (Rdnr. 13f.); EuGH- Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda v. 25. Juli 1991, Rs. C-288/89, Slg. 1-1991, 4007 (Rdnr. 9ff.); EuGH- Kommission/Niederlande v. 25. Juli 1991 , Rs. C-353/89, Slg. 1-1991, 4069 (Rdnr. 11 ff.); EuGH- Kommission/Belgien v. 16. Dezember 1992, Rs. C-211 /91, Slg. 1-1992,6757 (Rdnr. 4f.); EuGH - Vereniging Veronica Ornroep Organisatie v. 3. Februar 1993, Rs. C-148/91, Slg. 1-1993, 487 (Rdnr. 8ff.); EuGH- TV 10 SA v. 5. Oktober 1994, Rs. C-23/93, Slg. 1-1994,4795 (Rdnr. 12ff.). Zustimmend Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 27; Herrmann, Rundfunkrecht,§ 8, Rdnr. 41, 81; Schwartz, AfP 1987,375 (376ff.); ders., ZUM 1989,381 (382ff.). Zur integrationsfreundlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allgemein Schweitzer I Hummer, Europarecht, Rdnr. 337. 794 Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz v. I. bis 3. Oktober zum Vorschlag einer EG-Rundfunkrichtlinie, MP Dokumentation 111987, 78; Beschluß des Bundesrates zum Vorschlag einer EG-Rundfunkrichtlinie, MP Dokumentation Il/1987, 143; Empfehlungen des Rechtsausschusses des Bundesrates zum Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 789
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Der Kompetenzkonflikt wurde mit dem Vertrag über die Europäische Union entschieden. Art. 3 lit. q EG zählt die Förderung des Kulturlebens in den Mitgliedstaaten zu den Tatigkeitsfeldem der Europäischen Gemeinschaft. Der mit dem Vertrag von Maastricht eingeführte Teil IX weist der Gemeinschaft konkrete Ziele und Befugnisse im Bereich "Kultur" zu 795 . Eine Tatigkeit der Europäischen Gemeinschaft auf dem Kultursektor ist daher nicht von vomherein ausgeschlossen. Die Europäische Gemeinschaft kann sonach auch im Bereich des Rundfunks Regelungen erlassen, wenn der Vertrag ihr insoweit Kompetenzen zuweist. 2. Kompetenz zur Regulierung der Cross Ownership
Ob und inwieweit die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien Vorgaben des Gemeinschaftsrechts unterliegt, hängt daher davon ab, ob und in welchem Umfang die Vorschriften des EG-Vertrages der Gemeinschaft insoweit einen Handlungsspielraum einräumen. Eine Regulierung der Cross Ownership ist dabei unter zwei Aspekten denkbar. Zum einen kann sie die Erhaltung eines funktionsfähigen ökonomischen Wettbewerbs auf den Medienmärkten zum Ziel haben. Zum anderen kann sie darauf gerichtet sein, die publizistische Vielfalt in den Medien zu sichern, um damit den Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung zu schützen. Sowohl die im wirtschafts- und sozialpolitischen Interesse liegende Wettbewerbssicherung als auch die aus staats- und kulturpolitischen Gründen gebotene Pluralismussicherung bieten Ansatzpunkte für eine Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft. a) Kultur, Art. 151 EG
Der EG-Vertrag erwähnt die Sicherung des Pluralismus nicht als Ziel der Gemeinschaft. Angesichts der kulturellen Dimension der Vielfaltssicherung könnte sich die Kompetenz der Gemeinschaft, konzentrationsrechtliche Regelungen zur Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk zu erlassen, jedoch aus dem im Zuge des Vertrags von Maastricht neugeschaffenen Titel über die "Kultur" ergeben796. Art. 151 EG konkretisiert die in Art. 3 lit. q EGgenannte Aufgabe der Europäischen Gemeinschaft, "einen Beitrag zu einer qualitativ hochstehenden allv. 6. April 1989, MP Dokumentation 1111989, 8. Vgl. auch Stellungnahmen von ARD und ZDF zum Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht v. 6. April 1989, MP Dokumentation II/ 1989, 724. Zusammenfassend Schwanz, AfP 1987, 375 (375f.); Paschke, Medienrecht, Rdnr. 127 f. Vgl. auch statt vieler Eberle, AfP 1993, 422. 795 Art. 128 EG-Vertrag Heute Art. 151 EG in Teil XII. Dazu noch unter § 3 A. I. 2. a). sowie bereits § 1 A. Il. 3. 796 Art. 151 EG (Art. 128 EG-Vertrag) behandelt Bereiche, in denen die Europäische Gemeinschaft schon vor Maastricht umfassend tätig war, in denen die Kompetenz der Gemeinschaft indes bestritten wurde, Bleckmann, DVBI. 1992, 335 (338); Wittmann, Europäische
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gemeinen und beruflichen Bildung sowie zur Entfaltung des Kulturlebens in den Mitgliedstaaten" zu leisten.
Art. 151 Abs. 1 und Abs. 2 EG verpflichten die Gemeinschaft, die Kulturpolitik der Mitgliedstaaten zu fördern, zu unterstützen und erforderlichenfalls zu ergänzen. Dabei soll die Gemeinschaft einerseits die nationalen und regionalen Unterschiede in den Mitgliedstaaten wahren, zum anderen aber auch das gemeinsame kulturelle Erbe hervorheben. Zu den Bereichen, auf denen die Gemeinschaft insoweit tätig werden kann, zählt ausdrücklich auch der audiovisuelle Bereich, mithin der Rundfunk797 . Dabei schließt Art. 151 Abs. 5 EG eine Harmonisierung der nationalen Vielfaltsbestimmungen ausdrücklich aus798 . Dem Wort "ergänzen" in Absatz 2 wird entnommen, daß die Gemeinschaft auch berechtigt sei, die Ziele einer eigenständigen europäischen Kulturpolitik zu definieren799. Art. 151 EG würde demnach der Europäischen Gemeinschaft die Kompetenz einräumen, eine eigene europäische Rundfunkpolitik zu verwirklichen. So wäre sie befugt, Maßstäbe für die Vielfaltssicherung festzulegen und eine zentrale, europäische Rundfunkkonzentrationskontrolle einzurichten, die zumindest partiell an die Stelle der nationalen Pluralismussicherung treten würde. Dagegen ist jedoch einzuwenden, daß die Gesamtanlage des Art. 151 EG eine derart weitgehende Auslegung der Kulturkompetenz nur schwerlich zuläßt800 . Gerade der Begriff der "Kulturen der Mitgliedstaaten" spricht gegen die Befugnis der Gemeinschaft, die Grundsätze einer europäischen Kulturpolitik zentral zu definieren801. So wurde bei den Vertragsverhandlungen besonderer Wert darauf gelegt, Kulturpolitik 1991/92, S. 205 (205 ff.); ders., Europäische Kulturpolitik 1992 I 93, S. 199 (201); Geiger, EUV IEGV, Art. 151 EG, Rdnr. 2. Zum Streit§ 3 A.l. I. Vgl. zur kulturellen Dimension der Vielfaltssicherung § 2 E. II. I. Zu Art. 151 EG (Art. 128 EG-Vertrag) allgemein Ress, DÖV 1992, 944 (947 f.). 797 Art. 151 Abs. 1 und Abs. 2 EG. Dazu Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 131. Umstritten ist, ob der Tätigkeitskatalog des Art. 151 Abs. 2 EG abschließend ist (so etwa Schweitzer I Hummer; Europarecht, Rdnr. 1655; Geiger, EUV I EGV, Art. 151 EG, Rdnr. 5 ff.; Ress, DÖV 1992, 944 (947)) oder eine nur beispielhafte Aufzählung enthält (Bohr/ Albert, ZRP 1993, 61 (64)). Allerdings ist die Diskussion ohne praktische Relevanz, da schon die Befugnisse nach Art. 151 Abs. 2 EG der Gerneinschaft ein überaus weites Betätigungsfeld eröffnen. 798 Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ist Art. 151 Abs. 5 EG (Art. 128 Abs. 5 EG-Vertrag) abschließend. Entsprechende Harrnonisierungsrnaßnahrnen können daher auch nicht auf andere Kompetenzzuweisungen wie etwa Art. 308 EG gestützt werden, BVerfGE 89, 155 (194). Zustimmend Bleckmann, DVBI. 1992, 335 (338); Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 131 ; Lenz-Fischer; EGV-Kornrnentar, Art. 151, Rdnr. 11. Anderer Ansicht Bohr/Albert, ZRP 1993, 61 (64); Schweitzer/ Hummer, Europarecht, Rdnr. 1658, der eine Harrnonisierung unter Anwendung des Art. 94 EG (Art. 100 EG-Vertrag) weiterhin für möglich hält. 799 Ress, DÖV 1992, 944 (947); Schweitzer/ Hummer; Europarecht, Rdnr. 1654. 800 Eberle, AfP 1993, 422 (425 f.); Dörr, ZUM 1996, 617 (630). 801 Dörr; ZUM 1996, 617 (630); Ress, DÖV 1992,944 (947).
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die Formulierung "europäische Kultur" zu vermeiden, um deutlich zu machen, daß die Kulturkompetenz nicht die Schaffung einer einheitlichen "Eurokultur" zum Ziel hat802. Eberle betont zu Recht, daß eine restriktive Auslegung der Kulturkompetenz schon allein deshalb geboten sei, weil sonst die Gefahr bestehe, daß die Vorschrift - vor allem angesichts der Unbestimmtheit des Kulturbegriffs 803 - zu einer "alles überwuchernden Universalzuständigkeit" ausufere804 . Einigkeit besteht ferner, daß auf Art. 151 EG gestützte Gemeinschaftsmaßnahmen zur Vielfaltssicherung im Rundfunk nur dann statthaft sind, wenn das Eingreifen der Europäischen Gemeinschaft unumgänglich ist ("erforderlichenfalls") 8~5 . Da die meisten Mitgliedstaaten die Problematik der marktübergreifenden Medienkonzentration in ihren nationalen Regelwerken bereits abgehandelt haben und die Rundfunkkonzentration überdies immer noch ein im wesentlichen nationales Problem darstellt806, ist es eher fragwürdig, ob es unter dem Aspekt der Vielfaltssicherung eines ergänzenden Tätigwerdens der Gemeinschaft bedarf. Zudem dürften "ergänzende" Cross Ownership Beschränkungen der Europäischen Gemeinschaft der Rundfunkpolitik der Mitgliedstaaten nicht zuwiderlaufen, da es sich bei der Kulturkompetenz um eine komplementäre und keine konkurrierende Kompetenz der Gemeinschaft handelt807• Die Rolle der Europäischen Gemeinschaft besteht daher im wesentlichen darin, die Mitgliedstaaten bei deren Rundfunkpolitik zu unterstützen und nicht eine eigene Rundfunkpolitik zu konzipieren und gegebenenfalls auch gegen die Interessen der Mitgliedstaaten durchzusetzen. Demzufolge kann Art. 151 Abs. 2 EG nicht als Grundlage einer eigenständigen europäischen Vielfaltskontrolle in den Medien dienen. Eine Kompetenz zur Beschränkung der marktübergreifenden Medienkonzentration ergibt sich auch nicht aus Art. 151 Abs. 4 EG. Die sogenannte Kulturverträglichkeits- oder Querschnittsklausel verpflichtet die Gemeinschaft, den kulturellen Aspekten bei ihren sonstigen Aktivitäten Rechnung zu tragen. Damit wird zum einen anerkannt, daß kulturelle Aspekte die Anwendbarkeit des EG-Vertrages nicht ausschließen, und zum anderen, daß eine gemeinschaftsrechtliche Maßnahme nicht schon deshalb in den Anwendungsbereich der Kulturkompetenz fallt, weil mit ihr auch kulturelle Ziele verfolgt werden. Art. 151 Abs. 4 EG formuliert sonach das Gebot der Rücksichtnahme auf die kulturpolitischen Interessen der Mitglied802 Lenz-Fischer, EGV-Kommentar, Art. 151, Rdnr. 5. Vgl. auch Benecke, Europäische Kulturpolitik, S. 185 (188). 803 Vgl. etwa Dörr, ZUM 1996, 617 (629f.); Ress, DÖV 1992, 944 (949f.); Lenz-Fischer, EGV-Kommentar, Art. 151, Rdnr. 5 m. w. N. 804 Eberle, AfP 1993, 422 (426); zustimmend Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 235. 805 Art. 151 Abs. 2 EG. 806 Vgl. § l D. I. 1. 807 Lenz-Fischer, EGV-Kommentar, Art. 151, Rdnr. 4; Schwartz, AfP 1993, 409 (417); Benecke, Europäische Kulturpolitik, S. 185 (188).
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staaten808. Zu diesen zählt auch der Schutz der publizistischen Vielfalt in den Medien809. Das Ziel einer effektiven Vielfaltssicherung im Rundfunk muß daher beim Erlaß von Vorschriften, die sich auf andere Kompetenzzuweisungen stützen, stets mitberücksichtigt werden810. Art. 151 Abs. 4 EG weist der Gemeinschaft jedoch keine neuen Kompetenzbereiche zu811 • Bei der Abfassung des Art. 151 EG war es die erklärte Absicht der Vertragsparteien, die schon bestehende und vornehmlich wirtschaftsorientierte Tätigkeit der Gemeinschaft im kulturellen Bereich durch eine klare Kompetenzzuweisung einzugrenzen. Nicht gewollt war hingegen, mit der Kulturkompetenz der Gemeinschaft weitere Kompetenzen für den kulturellen Bereich zu eröffnen812. Die Kulturverträglichkeitsklausel stellt daher klar, daß die Europäische Gemeinschaft im Rahmen ihrer vertraglich zugewiesenen Kompetenzen auch dann tätig werden darf, wenn der zu regelnden Materie kulturelle Aspekte inhärent sind. Fehlt jedoch eine anderweitige Befugnisgrundlage, kann die Europäische Gemeinschaft Bestimmungen zur Vielfaltssicherung nicht allein aufgrund ihrer Kulturkompetenz erlassen. Die Kulturkompetenz für sich genommen gibt der Europäischen Gemeinschaft daher keine Befugnis, unter dem Aspekt des kulturellen Vielfaltsschutzes gegen die marktübergreifende Eigentumskonzentration im Medienbereich vorzugehen. Auf Art. 151 EGallein läßt sich eine Beschränkung der Cross Ownership sonach nicht stützen. b) Niederlassungsfreiheit, Art. 43, 47 Abs. 2 EG Die Errichtung des Gemeinsamen Marktes umfaßt die Beseitigung von Hindernissen für den freien Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Zentrales Ziel der Gemeinschaft ist unter anderem, zu gewährleisten, daß jeder Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft sich in einem anderen Mitgliedstaat unter denselben Bedingungen niederlassen kann wie ein dortiger Inländer813. 808 Schwanz, AfP 1993, 409 (417f.); Ress, DÖV 1992, 944 (947); Lenz-Fischer, EGVKornrnentar, An. 151, Rdnr. 13. Vgl. auch Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tatigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April1996, Einführung, ad 2. 809 Schwanz, AfP 1993,409 (417). 810 Zur restriktiven Auslegung der Kulturverträglichkeitsklausel in der Praxis noch unter § 3 A. 111. 1. c). 8ll Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 97 f.; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rdnr. 1656; Eberle, AfP 1993, 422 (426); Schwartz, AfP 1993, 409 (417f.); Bender, Cross-Media-Ownership, S. 322; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 235; Brühann, ZUM 1993, 600 (601). 812 Schwartz, AfP 1993,409 (417). 813 An. 43 ff. EG (An. 52 ff. EG-Vertrag).
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Art. 43 EG schützt dabei die Aufnahme und Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit814 . Dazu zählen alle wirtschaftlichen, mithin entgeltlichen Aktivitäten, mit denen der Einzelne am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnimmt 815 . Private RundfunkanbieteT stehen sonach, soweit sie Angehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft sind, unter dem Schutz des Art. 43 EG, da sie mit der Veranstaltung von Programmen am allgemeinen Wirtschaftsleben partizipieren und dabei auf eigene Rechnung und eigenes Risiko handeln 816. Die Tätigkeit kommerzieller Rundfunkveranstalter ist auch nicht nach Art. 45 Abs. 1 i. V. m. Art. 55 EG dem Geltungsbereich der Niederlassungsvorschriften entzogen. Art. 45 Abs. I EG stellt Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, von den Niederlassungsvorschriften frei. Zwar dient auch der private Rundfunk demokratie- und kulturstaatlichen Zwecken. Er nimmt daher eine im weiteren Sinne öffentliche Aufgabe wahr817 . In dieser liegtjedoch keine Ausübung öffentlicher Gewait818 .
Nationale Cross Ownership Beschränkungen stellen potentielle Behinderungen der Niederlassungsfreiheit kommerzieller Rundfunkveranstalter dar, soweit sie den Zugang zu den nationalen Rundfunkmärkten regulieren. Die Europäische Gemeinschaft ist daher befugt, Maßnahmen zu treffen, um diese Hindernisse abzubauen. Sie kann zu diesem Zwecke Richtlinien erlassen819 . Daß die Angleichung des Medienkonzentrationsrechts auch kulturelle Aspekte beinhaltet, läßt die Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft aus Art. 47 Abs. 2 EG unberiihrt820. Die Gemeinschaft ist jedoch verpflichtet, den Belangen der Vielfaltssicherung bei der Fassung der Richtlinie Rechnung zu tragen. Die marktübergreifende Eigentumskonzentration im Medienbereich kann daher zum Gegenstand einer Regelung der Europäischen Gemeinschaft werden, soweit eine solche zur Herstellung der Niederlassungsfreiheit in der Gemeinschaft erforderlich ist. Art. 43 Abs. 2 EG (Art. 52 Abs. 2 EG-Vertrag). Lenz-Scheuer, EGV-Kommentar, Art. 43, Rdnr. 2; Geiger; EUV /EGV, Art. 43 EG, Rdnr. 5. 816 So auch im Ergebnis Schwartz, AfP 1993, 409 (419). Vgl. auch Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 88. 817 BVerfGE 12, 205 (244ff.); 20, 162 (175); 31, 314 (327f.). Vgl. HoffmannRiem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 19 ff. Zur öffentlichen Aufgabe des Rundfunks § 2 E. I. I. 818 Gulich, Grenzüberschreitender Rundfunk, S. 21. Zu Art. 45 Abs. 1 EG (Art. 55 Abs. 1 EG-Vertrag) allgemein Schweifzer I Hummer; Europarecht, Rdnr. 1178. 819 Art. 47 Abs. 2 EG (Art. 57 Abs. 2 EG-Vertrag); vgl. auch Dörr; ZUM 1993, 10 (15). Art. 47 Abs. 2 EG verdrängt insoweit Art. 95 EG (Art. 100 a EG-Vertrag) (Schwartz, AfP 1993, 409 (419)). Die Rechtsangleichung nach Art. 95 EG wiederum ist hinsichtlich der Verwirklichung des Binnenmarktes nach Art. 14 EG (Art. 7 a EG-Vertrag) spezieller gegenüber Art. 94 EG (Art. 100 EG-Vertrag). Ein Rückgriff auf Art. 94 EG ist in dem hier zu untersuchenden Zusammenhang daher weder zulässig noch nötig, Schweifzer I Hummer; Europarecht, Rdnr. 1230 f. 820 Art. 151 Abs. 4 EG. Vgl. § 3 A. I. 2. a). 814 815
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c) Dienstleistungsfreiheit, Art. 49 Abs. 1, 55 i. V. m. Art. 47 Abs. 2 EG
Die Europäische Kommission821 und der Europäische Gerichtshofl22 qualifizieren die Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen als Dienstleistung823 . Diese ist auch nicht unentgeltlich 824 . Zwar erbringt der Rezipient im werbefinanzierten Fernsehen dem kommerziellen Anbieter keine unmittelbare wirtschaftliche Gegenleistung, jedoch setzt die Entgeltlichkeil des Art. 50 Abs. 1 EG kein synallagmatisches Verhältnis voraus. Es genügt vielmehr, daß der Erbringer der Dienstleistung mit seiner Tätigkeit einen Erwerbszweck verfolgt und ein Entgelt erzielen will. Nicht notwendig ist, daß der Empfänger der Dienstleistung mit dem Entgeltzahler identisch ist825 , zumal das Erfordernis eines synallagmatischen Verhältnisses erhebliche Schutzlücken nach sich ziehen würde, die mit der Zielsetzung der Grundfreiheit wenig vereinbar wären 826. Letztlich will das Merkmal der Entgeltlichkeil lediglich sicherstellen, daß der Leistende mit seiner Tätigkeit am Wirtschaftsverkehr teilnimmt.
Die Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern stellt jedoch regelmäßig kein Hindernis für die nur vorübergehend grenzüberschreitende Sendetätigkeit ausländischer Rundfunkveranstalter dar827 . 821 Vgl. etwa Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 62, 105 ff. 822 Vgl. etwa EuGH- Sacchi v. 30. April 1974, Rs. 155173, Slg. 1-1974, 409 (Rdnr. 6); EuGH- Debauve v. 18. März 1980, Rs. 52179, Slg. 1-1980, 833 (Rdnr. 8); EuGH- Bond van Adverteerders v. 26. Apri11988, Rs. 352/85, S1g. 1-1988, 2085 (Rdnr. 13 ff.). Dazu etwa Mestmäcker; Rundfunkfreiheit in Europa, S. 25 ff. 823 Art. 50 Abs. 1 EG (Art. 60 Abs. 1 EG-Vertrag). Zustimmend Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 66; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 138; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 653 m. w. N. Scheuer sprechen vom Rundfunk sogar als "Prototyp der grenzüberschreitenden Dienstleistung", Lenz- Scheuer, EGV-Kommentar, Anhang zu Art. 43-55, Rdnr. 17. Gleiches gilt für die Weiterverbreitung von Fernsehprogrammen in Kabe1netzen, EuGH - TV 10 SA v. 5. Oktober 1994, Rs. C-23/93, EuZW 1995, 60 (Rdnr. 13); EuGH- Debauve v. 18. März 1980, Rs. 52179, Slg. 1-1980, 833 (Rdnr. 8) (dazu etwa Jarass, ZUM 1994, 319. Vgl. auch BVerfGE 73, 118 (198 f.) sowie allgemein zur Weiterverbreitung Stettner, Kabelbelegung, S. 13 ff.). 824 Art. 50 Abs. I EG. Zur Notwendigkeit des grenzüberschreitenden Charakter der Entgeltlichkeit Jarass, EuR 1986, 75 (80); Gulich, Grenzüberschreitender Rundfunk, S. 42f.; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 137 f. Im Ergebnis verneinend EuGH - Bond van Adverteerders v. 26. April 1988, Rs. 352/85, Slg. 1-1988, 2085 (Rdnr. 14ff.); Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, s. ll2. . 825 EuGH- Bond van Adverteerders v. 26. April 1988, Rs. 352/85, Slg. 1-1988, 2085 (Rdnr. 16). Zustimmend Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 96; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 134; Lenz-Hakenberg, EGV-Komrnentar, Art. 49/50, Rdnr. 16. Anderer Ansicht etwa Börner, ZUM 1985, 577 (578). 826 Gulich, Grenzüberschreitender Rundfunk, S. 42 f.; Sparr; Kulturhoheit, S. 175; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 134. 827 Zum grenzüberschreitenden Charakter von Rundfunkprogrammen EuGH - Debauve v. 18. März 1980, Rs. 52179, Slg. 1-1980, 833 (Rdnr. 9); Kugelmann, DV 1992, 515. Zum
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Die nationalen Medieneigentums- und Medienzugangsregelungen betreffen vielmehr Veranstalter, die sich auf Dauer im Inland niedergelassen haben. Auch wenn diese im Eigentum ausländischer Medienunternehmen stehen, erbringen diese Veranstalter ihre Sendetätigkeit nicht nur vorübergehend, sondern vielmehr auf Dauer außerhalb des Heimatstaates ihrer Eigner. Die nationalen Medieneigentums- und Medienzugangsregelungen stellen sich daher als potentielle Behinderungen der Niederlassungsfreiheit, nicht aber der Dienstleistungsfreiheit dar828 . Da die Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien demnach typischerweise zu keinen Hindernissen für den freien Dienstleistungsverkehr führt, ergibt sich aus Art. 49 Abs. 1 EG keine Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft zur Beschränkung von Cross Ownerships. d) Wettbewerbsfreiheit, Art. 81, 82 EG
Nach Art. 3 lit. g EG hat die Europäische Gemeinschaft ein System zu verwirklichen, das den Wettbewerb im Binnenmarkt vor Verfälschungen schützt829. Diese allgemeine Zielvorgabe wird in den Art. 81, 82 und 86 EG sowie in der Fusionskontrollverordnung präzisiert. Die Gemeinschaft ist demnach befugt, die marktübergreifende Eigentumskonzentration von kommerziellen Rundfunkanbietern zu beschränken, wenn diese Unternehmen sind, deren Tätigkeit sich auf das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft auswirkt und dem Geltungsbereich der europäischen Wettbewerbsregeln nicht entzogen ist. Zunächst ist zu untersuchen, ob kommerzielle Rundfunkanbieter Unternehmen und damit geeignete Normadressaten des europäischen Wettbewerbsrechts sind. besonderen Problem des lntended Overspill Gulich, Grenzüberschreitender Rundfunk, S. 52 ff.; Jarass, EuR 1986, 75 (79 f.) (Grenzüberschreitender Charakter nur, wenn Folge eines zielgerichteten und voluntativen Akts); a. A. (Grenzüberschreitung auch bei lediglich sendekegelbedingten, non intended Overspill) etwa Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 95 f. ; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 137 m. w. N. Zur Grenzüberschreitung allgemein EuGH- Knoors v. 7. Februar 1979, Rs. 115178, Slg. 1-1979, 399 (Rdnr. 24); EuGH- Behaert v. 20. April 1988, Rs. 204/ 87, Slg. 1-1988, 2029 (Rdnr. 13); EuGH- Morais v. 19. März 1992, Rs. C-60/91, Slg. 11992, 2085 (Rdnr. 7, 9); EuGH- Camille Petit v. 22.September 1992, Rs. C-153/91, Slg. 11992, 4973 (Rdnr. 8). 828 Von den Medieneigentums- und Medienzugangsregelungen zu unterscheiden sind die ebenfalls im Medienrecht verankerten Weiterleitungsbestimmungen für ausländische Satelliten- und und Kabelrundfunkveranstalter, die die Dienstleistungsfreiheit - und nicht die Niederlassungsfreiheil- betreffen. 829 Zum Zweck der Wettbewerbsregeln EuGH - Contineotal Can I Kommission v. 21. Februar 1973, Rs. 6/72, Slg. 1-1973, 215 (244ff.); EuGH - lnstituto Chemioterapico lta1iano & Commercial Solvents Co./ Kommission v. 22. Januar 1974, Rs. 6-7173, S1g. 11974, 223 (252ff.); EuGH- GB-Inno v. 16. November 1977, Rs. 13177, Slg. 1-1977, 2115 (2145ff.); EuGH- Polydor/Harlequin Record, Rs. 270/80, Slg. 1-1982, 329 (348 f.). Vgl. auch Emmerich, Kartellrecht, S. 395 ff.
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Das europäische Wettbewerbsrecht geht wie das nationale von einem tätigkeitsbezogenen, das heißt funktionalen Unternehmensbegriff aus. Maßgeblich ist demnach die spezifische Unternehmerische Tätigkeit830. Dem funktionalen Unternehmensbegriff liegt die Erwägung zugrunde, daß die Freiheit anderer Wettbewerber und damit auch der Wettbewerb als Prozeß durch die Wirkungen der einzelnen Handlung, nicht indes durch eine bestimmte Verfassung, Organisation oder Rechtsform des Handelnden berührt bzw. beeinträchtigt wird. Der Anwendungsbereich des Wettbewerbsrechts knüpft daher an die Handlung und nicht an die Person an.
Die Qualität als unternehmerisches Handeln hängt nicht von der Gewinnerzielungsabsicht oder der Rechtsform des Unternehmens ab831 . Entscheidend ist, daß das Unternehmen als wirtschaftliche Handlungseinheit eine selbständige erwerbswirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die auf den Austausch von Waren oder gewerblichen Leistungen gerichtet ist und sich dabei nicht in der Deckung privaten Verbrauchs erschöpft832 . Kommerzielle Rundfunkanbieter agieren auf drei Ebenen833 . Bei der Beschaffung von Sendematerial treten die Rundfunkveranstalter als Nachfrager auf dem Markt der Inhaltszulieferung auf. Dieser gliedert sich in eine Vielzahl von Teilmärkten und umfaßt vor allem die (Film- und Fernseh-) Produktion und den Handel mit Film- und Sportübertragungsrechten834. Auf der Ebene der Programmveranstaltung erbringen die kommerziellen Anbieter zwei Leistungen. Einerseits bieten sie der Werbewirtschaft ihr Sendeprogramm als Werbeplattform an835 , andererseits vermitteln sie dem Rezipienten Informations- und Unterhaltungsangebote836 . Auf der Vertriebsebene schließlich engagieren sich die privaten Rundfunkanbieter auf den Distributionsmärkten. Zu diesen zählen beispielsweise die Zweitverwer830 EuGH- Sacchi v. 30. April 1974, Rs. 155173, Slg. 1-1974,409 (Rdnr. 14); EuGHvan Landewyck v. 29. Oktober 1980, Rs. 209-215 und 218/78, Slg. 1-1980, 3125 (Rdnr. 88); EuGH - Höfner IErlser v. 23. April 1991, Rs. C-41190, Slg. 1-1991, 1979 (Rdnr. 21); Emmerich, Kartellrecht, S. 409 f.; Roth, AfP 1986, 287 (289); Geiger, EUV I EGV, Art. 81 EG, Rdnr. 6. 831 Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rdnr. 1265; Lenz-Grill, EGV-Kommentar, Vorbem. Art. 81 - 86, Rdnr. 32 f. 832 Zum Begriff der wirtschaftlichen Handlungseinheit EuG - Shell v. 10. März 1992, Rs. T-11 I 89, Slg. 11-1992, 757 (Rdnr. 311). Vgl. auch Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rdnr. 1265; Geiger; EUV IEGV, Art. 81 EG, Rdnr. 6. 833 Vgl. dazu und zum Folgenden bereits unter§ 1 B. I. 834 Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (129); Giehl, Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 27; Roth, AfP 1986, 287 (288). Zur zentralen Bedeutung der Programmressourcen für die Programmveranstaltung bereits unter § 1 C. III. 1. a). 835 Verkauf von Werbezeit, Product Placement, Sponsoring. Dazu Roth, AfP 1986, 287 (288); Giehl, Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 23 f. 836 Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (131).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
tung von Programmrechten837 oder der Betrieb digitaler Plattformen im Bezahlfernsehen 838. Die kommerziellen Rundfunkanbieter werden demnach sowohl bei der Programmbeschaffung als auch bei der Programmveranstaltung und dem Programmvertrieb selbständig erwerbswirtschaftlich, das heißt unternehmerisch tätig839. Allenfalls im Hinblick auf die eigentliche, redaktionelle Programmveranstaltung könnten sich Zweifel an der Unternehmerischen Qualität ihrer Tätigkeit ergeben, da es hier beim rein werbefinanzierten Fernsehen an einer unmittelbaren Allstauschbeziehung zwischen Veranstalter und Rezipienten fehlt. Auf dieses Problem wird an späterer Stelle einzugehen sein840. Hier bleibt festzustellen, daß kommerzielle Rundfunkveranstalter zumindest auch unternehmerisch tätig sind. Als Unternehmen unterliegen sie daher prinzipiell den Restriktionen des europäischen Wettbewerbsrechts841. Die Tätigkeit kommerzieller Rundfunkanbieter ist auch nicht freistellbar. Zwar dient sie demokratie- und kulturstaatlichen Zwecken und damit im weitesten Sinne der allgemeinen Daseinsvorsorge842 . Die Wettbewerbsregeln gelten für Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen lnteresse843 erbringen, jedoch nur dann nicht, wenn die Unternehmen mit diesen betraut wurden und Roth, AfP 1986, 287 (290, 288). Weitere Beispiele unter § I B. I. 839 EuGH- CICCE v. 28. März 1985, Rs. 298/83, Slg. I-1985, 1105 (Programrnbeschaffung); EuGH- Sacchi v. 30. April 1974, Rs. 155173, Slg. I-1974, 409 (428) (Werbetätigkeit). 840 Vgl. § 3 A. III. 1. a) aa) (1). Zur parallelen Diskussion im Rahmen des nationalen Wettbewerbsrechts § 3 C. III. I. 841 Von Wallenberg, WuW 1993, 910 (913); Wagner, AfP 1992, I (5). Zur lange Zeit umstrittenen Frage der Unternehmensqualität öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten EuGHSacchi v. 30. April 1974, Rs. 155173, Slg. I-1974, 409 (418 f., 420); Entscheidung der Europäischen Kommission- ARD-Filmeinkauf v. 15. September 1989, ABI. 1989 Nr. L 284, 36 (41, Rdnr. 39); Reich, Rundfunkrecht und Wettbewerbsrecht, S. 224 (228 ff.); Herrmann, Rundfunkrecht, § 8, Rdnr. 63 ff.; Schwartz, GRUR Int. 1982, 713 (714 f.). 842 Buchholtz, ZUM 1998, 108 (109). Vgl. auch Stammler, ZUM 1995, 104 (108); Häberle, Kulturstaat und Kulturverfassungsrecht, S. 37. 843 Art. 86 Abs. 2 EG (Art. 90 Abs. 2 EG-Vertrag). Dazu Petersen, Rundfunkfreiheit, S. 90; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 164; Lenz-Grill, EGV-Komrnentar, Art. 86, Rdnr. 23; Geiger, EUV /EGV, Art. 86 EG, Rdnr. 9; a. A. Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 195 f. (wegen der kultur- und gesellschaftspolitischen Dimension der Rundfunkveranstaltung keine Dienstleistung von wirtschaftlichem Interesse). Zu weitgehend dagegen Giehl, Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 205 f. Übersicht über Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, in Oppermann, Europarecht, Rdnr. 1053. Zur Auslegung der "Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse" in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausführlich Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 163 ff. Zur staats-und kulturpolitischen Aufgabe des Rundfunks Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 195 f. Dazu schon§ 2 E. I. und§ 2 E. II. 837 838
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die Wettbewerbsregeln der Erfüllung dieser hoheitlich übertragenen Aufgabe entgegenstehen. Ein Unternehmen ist mit einer öffentlichen Aufgabe betraut, wenn es durch einen hoheitlichen Akt einem spezifischen staatlichen Zweck unterworfen wird844. Teilweise wird in der Erteilung der Rundfunkzulassung die Betrauung mit einer öffentlichen Aufgabe gesehen. So geht Giehl angesichts der besonderen Zulassungsvoraussetzungen und Programmanforderungen von einer generellen Betrauung der Rundfunkveranstalter aus845 . Petersen nimmt eine Betrauung dann an, wenn dem privaten Unternehmen nicht unerhebliche Gemeinwohlverpflichtungen wie etwa Ausgewogenheilsgebote und ähnliches auferlegt werden 846 . Gegen diese Auffassung ist einzuwenden, daß zwischen gesetzlichen Zulassungs- bzw. Verhaltensanforderungen und der staatlichen Betrauung eines privaten Unternehmens mit der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe ein qualitativer Unterschied besteht. Die rechtliche Stellung privater Rundfunkveranstalter ist nicht mit der der Post oder der Energie- und Wasserversorgungsunternehmen vergleichbar847. So hat auch die Europäische Kommission verneint, daß private Rundfunksender mit einer öffentlichen Aufgabe betraut seien, obwohl in dem konkreten Fall dem Sender sogar eine Monopolstellung gesetzlich eingeräumt worden wars4s. Darüberhinaus läßt sich auch nicht darlegen, warum das europäische Wettbewerbsrecht es unmöglich machen sollte, daß die privaten Rundfunkveranstalter ihrem Informations- und Unterhaltungsauftrag nachkommen. Dessen Erfüllung ist mit der Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts nicht unvereinbar849 . Die privaten Rundfunkveranstalter können daher nicht nach Art. 86 Abs. 2 EG von den Vorschriften des europäischen Wettbewerbsrechts freigestellt werden850. Die Europäische Gemeinschaft kann sonach die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern beschränken, wenn diese droht, den 844 EuGH- BRTISABAM und Fonior v. 27. März 1974, Rs. 127173, Slg. 1-1974,313 (Rdnr. 19, 22); EuGH- ZüchneriBayerische Vereinsbank v. 14. Juli 1981, Rs. 172180, Slg. 1-1981,2021 (Rdnr. 7). Vgl. auch Mestmäcker, Rundfunkfreiheit in Europa, S. 33. 845 Giehl, Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 205. 846 Petersen, Rundfunkfreiheit, S. 87 f. 847 Gleichfalls im Ergebnis kritisch Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 163 f. 848 Entscheidung der Europäischen Kommission - VTM v. 26. Juni 1997, ABI. 1997 Nr. L 244, 18; vgl. auch EuGH- GVL v. 2. März 1983, Rs. 7182, Slg. 1-1983,483 (Rdnr. 32). 849 Vgl. EuGH- Sacchi v. 30. April 1974, Rs. 155173, Slg. 1-1974, 409 (Rdnr. 15); EuGH - CBEM I CLT und IPB v. 3. Oktober 1985, Rs. 311184, Slg. 1-1985, 3261 (Rdnr. 17); EuGH - Ahmed Saeed Flugreisen I Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs v. 11. April 1989, Rs. 66186, Slg. 1-1989, 803 (Rdnr. 56); EuGH- Höfner lEiser v. 23. April 1991, Rs. C41190, Slg. 1-1991, 1979 (Rdnr. 24). 850 Für eine Freistellung nach Art. 86 Abs. 2 EG (Art. 90 Abs. 2 EG-Vertrag) für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Roth, AfP 1986, 287 (290).
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Wettbewerb in der Gemeinschaft zu verzerren. Dabei ist die europäische Wettbewerbskontrolle allerdings auf die Konzentrationsprozesse beschränkt, die Auswirkungen auf das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft zeigen, das heißt von gemeinschaftsweiter Bedeutung sind851 . e) Rundfunkfreiheit, Art. 10 EMRK
Nach Art. 6 Abs. 2 EU achtet die Europäische Gemeinschaft852 die Grundrechte, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) statuiert sind und sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben. Art. 6 Abs. 2 EU bestätigt damit die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs 853 . Aus der allgemeinen Grundrechtsbindung läßt sich jedoch keine Befugnis der Europäischen Gemeinschaft herleiten, die marktübergreifende Eigentumskonzentration im Medienbereich zum Schutze publizistischer Vielfalt zu beschränken. Zwar gewährleistet Art. 10 EMRK die Sicherung pluralistischer Vielfalt und bindet die Europäische Gemeinschaft an die Grundrechte. Jedoch begrundet die über Art. 10 EMRK gewährleistete Pluralismussicherung keine eigenständige Befugnisgrundlage. Art. 10 EMRK fungiert lediglich als Schranke für Maßnahmen der Gemeinschaft, die aufgrund einer anderen Kompetenzgrundlage ergangen sind854. 3. Subsidiaritätsprinzip, Art. 5 Abs. 2 EG
Nach dem Grundsatz der Subsidiarität855 wird die Europäische Gemeinschaft in Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Regelungszuständigkeit fallen, nur 85 1 Zwischenstaatlichkeitsklausel, Emmerich, Kartellrecht, S. 400f.; Schmidt, I., Kartellrecht, S. 226. Zu deren Inhalt EuGH- RTE v. 10. Juli 1991, Rs. T-69/89, S1g. 11-1991,485 (522f.); EuGH- Volk/Vervaecke, Rs. 5 I 69, Slg. I-1969, 295 (302). 852 Zur Unterscheidung von Europäischer Union und Europäischer Gemeinschaft Fußnote 782. 853 EuGH- ERT v. 18. Juni 1991, Rs. C-260/89, S1g. 1-1991, 2925 (Rdnr. 41); EuGHTV 10 SA v. 5. Oktober 1994, Rs. C-23/93, EuZW 1995, 60 (Rdnr. 24); EuGH- Stauder v. 12. November 1969, Rs. 29/69, Slg. 1-1969,419 (Rdnr. 7); EuGH - Internationale Handelsgesellschaft v. 17. Dezember 1970, Rs. 11/70, S1g. I-1970, 1125 (Rdnr. 4). Dazu Streinz, Europarecht, Rdnr. 354 ff.; Schweifzer I Hummer, Europarecht, Rdnr. 792 ff. Die Legitimation des Europäischen Gerichtshofs, Inhalt und Umfang der Gemeinschaftsgrundrechte zu entwickeln und zu präzisieren wird gemeinhin auf Art. 220 EG gestützt. Zum Grundrechtsschutz in der Europäischen Gemeinschaft allgemein statt vieler von Münch, Staatsrecht, Rdnr. 925 ff. 854 Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 234f.; Streinz, Europarecht, Rdnr. 363. 855 Art. 5 Abs. 2 EG (Art. 3 b Abs. 2 EG-Vertrag). Dazu Schwanz, AfP 1993, 409 (409 ff.); Ress, DÖV 1992, 944 (948 f.); Schweifzer I Hummer; Europarecht, Rdnr. 892 ff.; kritisch
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dann tätig, soweit die jeweiligen Ziele auf der nationalen Ebene nicht ausreichend erreicht werden und infolgedessen besser auf der supranationalen Gemeinschaftsebene durchgesetzt werden können. Damit sollen die nationale Identität der Mitgliedstaaten und deren Befugnisse geschützt werden856. Das Subsidiaritätsprinzip findet folglich keine Anwendung in den Bereichen ausschließlicher Zuständigkeit der Gemeinschaft. In diesen Bereichen muß die Gemeinschaft die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit ihres Tätigwerdens nicht nachweisen, da die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten insoweit vollständig auf die Gemeinschaft übertragen haben und dies nunmehr auch gegen sich gelten lassen müssen. In den Bereichen ausschließlicher Zuständigkeit ist die Gemeinschaft sonach allein rechtsetzungsbefugt. Die Mitgliedstaaten können hier nur noch vorbehaltlich eines Einverständnisses der Gemeinschaft bzw. unter Einhaltung des von der Gemeinschaft gesetzten Rahmens Recht setzen 857 . Der Vertrag von Maastricht, mit dem das Subsidiaritätsprinzip in Art. 3 b Abs. 2 EG858 verankert wurde, ließ offen, welche Bereiche in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft fallen. Der Interpretationsspielraum ermöglicht eine Vielfalt an Lesarten, die von einer Einschränkung859 bis hin zu einer verkappten Erweiterung der Gemeinschaftskompetenzen 860 reichen. Weithin geteilt wird die Ansicht der Europäischen Kommission 861 , nach der die Gemeinschaft ausschließlich zuständig ist, wenn der Vertrag die Gemeinschaft in einer besonders zwingend formulierten Weise in die Pflicht nimmt, das konkrete Ziel zu erreichen. Bereiche ausschließlicher Zuständigkeit sind sonach unstrittig alle, die für die Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes und des Binnenmarktes unerläßlich sind. Zu diesen zählen alle Maßnahmen zur Herstellung der Grundfreiheiten wie der Niederlassungs- oder der Dienstleistungsfreiheit Umstritten ist dagegen, ob Maßnahmen zum Schutze des Wettbewerbs in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen. Dafür wird angeführt, daß sich die Herstellung des Binnenmarktes von der Sicherung des Wettbewerbs in demselben nicht trennen lasse862 . Gerade für die Frage der Niederlassung seien die Wettbewerbsbedingungen entscheidend. Die Verwirklichung der Grundfreiheiten Eberle, AfP 1993, 422 (426). Zum Subsifdiaritätsprinzip allgemein Zuleeg, DVBI. 1992, 1329 (1333 f.). 856 Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 155. 857 Europäische Kommission, Das Subsidiaritätsprinzip, Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, Dok. SEK (92) 1990 endg. v. 27. Oktober 1992, Anhang, S. 6. 858 Nach dem Vertrag von Amsterdam nun Art. 5 Abs. 2 EG. 859 Etwa Schwartz, AfP 1993,409 (4ll ff.). 860 Etwa Eberle, AfP 1993,422 (426); Dörr; ZUM 1993, 10 (14). 861 Europäische Kommission, Das Subsidiaritätsprinzip, Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, Dok. SEK (92) 1990 endg. v. 27. Oktober 1992, Anhang, S. 7 ff. 862 So etwa Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 238; Schwartz, AfP 1993,409 (415).
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und der Schutz des ökonomischen Wettbewerbs seien untrennbar miteinander verknüpft, so daß auch Maßnahmen zum Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen in die ausschließliche Regelungskompetenz der Gemeinschaft fallen müßten. Dagegen spricht jedoch, daß die Europäische Gemeinschaft für das Wettbewerbsrecht lediglich parallel zuständig ist863 . Der Vertrag behält den Schutz des Wettbewerbs nicht der Europäischen Gemeinschaft vor. Neben der Europäischen Gemeinschaft hat auch jeder der Mitgliedstaaten den Wettbewerb in der Gemeinschaft bzw. in seinem jeweiligen nationalen Markt zu schützen und die hierzu erforderlichen wettbewerbsrechtlichen Regelungen zu erlassen. Umgekehrt ist die einzelne wettbewerbliehe Maßnahme sowohl dem nationalen als auch dem europäischen Wettbewerbsrecht unterworfen, wobei die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen den nationalen nur im Falle einer Kollision vorgehen. Die Interdependenz von Wettbewerbsregulierung und der Schaffung des Binnenmarktes allein kann die Verpflichtung der Europäischen Gemeinschaft, als allein zuständige Instanz für den Wettbewerbsschutz tätig zu werden, ebensowenig begründen wie eine entsprechende Unterlassungsverpflichtung der Mitgliedstaaten, zumal eine Extensivierung der ausschließlichen Gemeinschaftskompetenzen den ursprünglichen Regelungsansatz des Art. 5 Abs. 2 EG, im Interesse des föderativen Aufbaus der Europäischen Gemeinschaft die nationale Identität der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft zu sichern und zu stärken, in dessen genaues Gegenteil verkehren würde. Auch die Europäische Kommission nirrunt daher keine ausschließliche Regelungsbefugnis der Gemeinschaft für den Bereich des europäischen Kartell- und Mißbrauchsrechts an 864 . Den Mitgliedstaaten können sich demzufolge auf das Subsidiaritätsprinzip nicht berufen, soweit die Europäische Gemeinschaft die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit reguliert865. Begrenzt die Europäische Gemeinschaft die Cross Ownership dagegen zum Schutze eines unverfälschten Wettbewerbs in der Gemeinschaft, darf sie ihre Regelungskompetenz nur dann ausüben, wenn der Gefahr, die die marktübergreifende Eigentumskonzentration für den Wettbewerb mit sich bringt, auf nationaler 863 EuGH- Walt Wilhelm/Bundeskartellamt v. 13. Februar 1969, Rs. 14/68, S1g. 1-1969, 1 (Rdnr. 3 f.); EuGH- Guerlain v. 10. Juli 1980, Rs. 253178 und 1-3179, Slg. 1-1980, 2327 (Rdnr. 15); Schweitzer/Hummer; Europarecht, Rdnr. 345; Streinz, Europarecht, Rdnr. 136. 864 Europäische Kommission, Das Subsidiaritätsprinzip, Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, Dok. SEK (92) 1990 endg. v. 27. Oktober 1992, Anhang, S. 8ff.; dies., Bekanntmachung über die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Gerichten der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Art. 85 und 86 des EWG-Vertrags, ABI. Nr. C 39 v. 13. Februar 1993, S. 6-12. Zustimmend etwa Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 237; a. A. (ausschließliche Kompetenz der EG aufgrund untrennbaren Zusammenhangs des Wettbewerbsschutzes mit der Herstellung des Binnenmarktes) Oppermann, Europarecht, Rdnr. 1027. 865 So auch Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 237; Lenz-Langguth, EGV-Kommentar, Art. 5, Rdnr. 19. Unentschieden Bender; CrossMedia-Ownership, S. 321.
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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Ebene nicht ausreichend begegnet werden und die Sicherung des Wettbewerbs wegen des Umfangs oder der Wirkung der zu ergreifenden Maßnahmen besser auf der supranationalen Gemeinschaftsebene erreicht werden kann. Dabei ist allerdings zu beachten, daß nach Auffassung der Kommission Art. 5 Abs. 2 EG keine Kompetenzgrenze, sondern lediglich ein Kompetenzausübungsprinzip darstellt, das Subsidiaritätsprinzip sonach nur die Kompetenzwahrnehmung, nicht aber die Kompetenzverteilung betrifft866. Nichtsdestoweniger haben sich die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Europäische Rat in einer interinstitutionellen Vereinbarung verpflichtet, ihr Tätigwerden stets auf dessen Vereinbarkeil mit dem Subsidiaritätsprinzip zu überprüfen. So hat sich die Europäische Kommission verpflichtet, in der Begründung jeder ihrer Vorschläge eine gesonderte Rechtfertigung im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip anzufügen. 867
4. Zusammenfassung
Die Europäische Gemeinschaft nähert sich dem Problem der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern von zwei Seiten. Zum einen werden Cross Ownerships für die Gemeinschaft relevant, soweit ihre Regulierung durch nationales Recht zu Hindernissen für die Niederlassungsfreiheit von Rundfunkveranstaltern führt. Zum anderen kann die Europäische Gemeinschaft Cross Ownerships kontrollieren, um einen funktionsfähigen und unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt sicherzustellen. Dabei hat sie allerdings dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung zu tragen. Die kulturellen Aspekte des Rundfunks schließen ein Tätigwerden der Europäischen Gemeinschaft nicht aus. Der Gemeinschaft ist jedoch nicht aufgetragen, den Pluralismus im Rundfunk zu sichern. Der Vertrag enthält keine Kompetenzzuweisung in diese Richtung und auch die durch den Vertrag von Maastricht eingefügte Kulturkompetenz berechtigt die Gemeinschaft nicht, Maßnahmen zur Vielfaltssicherung zu ergreifen. Die Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien kann von Seiten der Europäischen Gemeinschaft daher nur erfolgen, soweit sie zur Verwirklichung des Binnenmarktes oder aber zum Schutz eines Systems unverfälschten Wettbewerbs in diesem erforderlich ist. Entscheidend sind demzufolge wirtschaftspolitische, nicht aber staats- oder kulturpolitische Leitvorstellungen der Europäischen Gemeinschaft868. Allerdings ist den kulturellen Interessen der Mit866 Europäische Kommission, Das Subsidiaritätsprinzip, Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, Dok. SEK (92) 1990 endg. v. 27. Oktober 1992, S. I f. und Anhang, S. 3; zustimmend Streinz, Europarecht, Rdnr. 145 a; Geiger, EUV /EGV, Art. 5 EG, Rdnr. 6; Schwartz, AfP 1993,409 (411) m. w. N. 867 Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Verfahren zur Anwendung des Subsidiaritätsprinzips v. 25. Oktober 1993 nach Schweitzer I Hummer, Europarecht, Rdnr. 902. Dazu EuGRZ 1993, 603 f.
14 Tschon
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gliedstaaten bei den gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Errichtung des Gemeinsamen Marktes und zum Schutze des Wettbewerbs Rechnung zu tragen. Zu diesen kulturellen Belangen zählt auch das nationale Interesse an einer Informations- und Meinungsvielfalt im Rundfunk. Der Europäischen Gemeinschaft geht es bei der Kontrolle der Medienkonzentration folglich zuvorderst um die Umsetzung des gemeinschaftlichen Binnenmarktkonzepts, nicht um die Sicherung der publizistischen Vielfalt in den Medien. Im Vordergrund europäischer Rundfunkregulierung steht sonach der Rundfunk als Wirtschaftsgut und nicht als staatsund kulturpolitische Institution. Die Erforderlichkeil und Zulässigkeit einer Kontrolle von Cross Ownerships bemißt sich auf europäischer Ebene sonach nach ökonomischen Kriterien, auf nationaler Ebene dagegen nach den Erfordernissen einer effektiven Vielfaltssicherung. Die europäische Sichtweise steht damit in einem markanten Gegensatz zu dem demokratie- und kulturstaatlich geprägten Rundfunkverständnis des Bundesverfassungsgerichts869.
Im Folgenden ist nun zu untersuchen, ob und inwieweit die Europäische Gemeinschaft ihre Kompetenz zur Kontrolle von Cross Ownerships genutzt hat bzw. inwieweit der Vertrag selbst die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern begrenzt. Dazu ist zunächst auf die Vorgaben einzugehen, die sich aus dem Ziel der Errichtung eines Gemeinsamen Marktes ergeben. Sodann sollen die Restriktionen der Cross Ownership aus europäischem Wettbewerbsrecht herausgearbeitet werden.
II. Errichtung des Gemeinsamen Marktes Die Europäische Gemeinschaft ist zur Verwirklichung eines Raumes ohne Binnengrenzen aufgerufen, in dem Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital frei zirkulieren können. Dazu ist sie befugt wie verpflichtet, Hindernisse für den grenzüberschreitenden Verkehr zu beseitigen. Es ist zu prüfen, ob sich hieraus Vorgaben für die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien ergeben. Dazu soll zunächst untersucht werden, ob die Niederlassungsfreiheit Restriktionen der Cross Ownership erforderlich macht. Daraufhin ist zu ermitteln, ob sich aus dem Sekundärrecht der Gemeinschaft zur Verwirklichung des gemeinschaftlichen Sinnenmarktkonzepts rechtliche Bindungen der Cross Ownership ergeben. 1. Niederlassungsfreiheit, Art. 43 tT. EG
Die Niederlassungsfreiheit will jedem Angehörigen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft die dauerhafte Ansiedlung in einem anderen Mitgliedstaat ermög868 Vgl. Europäische Kommission, Griinbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 7. Dazu Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, s. 176 f. 869 Vgl. § 2 E. sowie Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 185.
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liehen. Dazu garantiert sie jedem das Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft unter denselben Bedingungen niederzulassen wie ein dortiger Inländer, es sei denn, die Ungleichbehandlung läßt sich aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit rechtfertigen 870. Dieses Prinzip der Inländergleichbehandlung verlangt, daß Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten in Deutschland eine rundfunkrechtliche Zulassung prinzipiell unter denselben Voraussetzungen erwerben können müssen wie ihre deutschen Mitbewerber871 . Das Gleichbehandlungsgebot verlangt jedoch nicht ohne weiteres eine Begrenzung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern. So hat die Niederlassungsfreiheit ihre Bedeutung auch nicht als Grundlage für die Kontrolle von Cross Ownerships. Rechtliche Relevanz gewinnt sie vielmehr als Schranke für entsprechende Kontrollbestimmungen in den einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere für nationale Medienzugangsregelungen872. So erklärte die Europäische Kommission im Jahre 1997 in der Sache Vlaamse Televisie Maatschappij (VTM) eine niederländische Medienzugangsregelung für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit873. Nach dieser durfte nur ein einziger privater Rundfunkveranstalter zugelassen werden, der von Flandern aus Fernsehwerbung für die gesamte flämische Gemeinschaft ausstrahlen durfte. Dieser mußte seinen Sitz in Flandern oder Brüssel haben und im mehrheitlichen Besitz niederländischsprachiger Verlagshäuser stehen. Die Regelung bezweckte, den flämischen Verlegern die Erlöse aus der Fernsehwerbung vorzubehalten und zugleich einen Abfluß der Werbeetats ins Ausland zu verhindern. Die Europäische Kommission sah in der Regelung eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit Insbesondere sei die Cross Ownership-Anordnung auch nicht durch das kulturpolitische Ziel, eine pluralistische Zeitungs- und Zeitschriftenpresse zu erhalten, gerechtfertigt, da die flämische Regierung auf andere, den Binnenmarkt weniger einschränkende Maßnahmen als die Monopolisierung der Werbeeinnahmen in der Hand eines Rundfunkveranstalters hätte zurückgreifen können, um den Pluralismus in den flämischen Medien zu sichern. 874
Die Niederlassungsfreiheit kann sonach nationalen Medienzugangsregelungen, namentlich Cross Ownership Beschränkungen entgegenstehen. Der von ihr gebotene Abbau von Hindernissen für den freien Personenverkehr gebietet aber nicht 870 Art. 46 Abs. I EG (Art. 56 Abs. I EG-Vertrag) (Ordre-Public-Kiausel). Dazu Streinz. Europarecht, Rdnr. 694, sowie noch unter§ 4 B. I. 2. 871 Zum Problem der gerichtlichen Verfolgbarkeit, Herrmann, Rundfunkrecht, § 8, Rdnr. 48. 872 Zur Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für die Zu Iässigkeit nationaler Cross Ownership Beschränkungen § 4 B. I. 873 Art. 86 Abs. I i. V. m. Art. 43 EG (Art. 90 Abs. I i. V. m. Art. 52 EG-Vertrag), Entscheidung der Europäischen Kommission v. 26. Juni 1997- VTM, ABI. 1997 Nr. L 244, 18. 874 Die Entscheidung der Europäischen Kommission wurde vom Europäischen Gericht erster Instanz bestätigt. Das Gericht folgte der Kommission dabei im Ergebnis wie auch in der Begründung, EuG - Vlaamse Televisie Maatschappij/Kommission v. 8. Juli 1999, Rs. T-266/97, noch nicht in der Amtlichen Sammlung, in Auszügen in ZUM 2000, 1077. Dazu Gundel, ZUM 2000, 1046. 14*
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
die Begrenzung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien. Die Niederlassungsfreiheit selbst erfordert sonach keine Beschränkung der Cross Ownership. 2. Fernsehrichtlinie
Ziel der sich auf Art. 47 Abs. 2, 49 i. V. m. Art. 55 EG stützenden sogenannten Fernsehrichtlinie 875 ist es, zur Herstellung eines freien Dienstleistungsverkehrs die Herausbildung einer gemeinschaftsweiten "audiovisuellen Arena" zu unterstützen876. Dazu setzt sie verbindliche Mindeststandards für Fernsehprogramme fest, namentlich in den Bereichen Werbung, Sponsoring, Urheber- und Jugendschutz 877 . Die Fernsehrichtlinie weist in ihren Erwägungsgründen ausdrücklich auf die Gefahren der Medienkonzentration für den Pluralismus in der Gemeinschaft hin878 . Sie betont, daß den Mitgliedstaaten strengere oder ausführlichere Regelungen unbenommen bleiben, die den "Interessen der Allgemeinheit in bezug auf den Informations-, Bildungs-, Kultur- und Unterhaltungsauftrag des Fernsehens, zur Wahrung der Informations und Medienvielfalt und zum Schutz des Wettbewerbs im Hinblick auf die Verhinderung des Mißbrauchs beherrschender Stellungen und I oder der Schaffung oder des Ausbaus beherrschender Stellungen durch Zusammenschlüsse, Absprachen, Übernahmen oder ähnlichen Maßnahmen" dienen, soweit diese mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind879. In der Richtlinie selbst bleibt die Frage des Zugangs zum Rundfunk sowie der Konzentration des Medieneigentums allerdings ungeregelt. Auch die Fernsehrichtlinie sieht sonach keine Beschränkung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern vor.
875 Richtlinie (97 I 36 I EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie (89 I 552 I EWG) des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit vom 3. Oktober 1989, ABI. Nr. L 298 v. 17. Oktober 1989, 23 in der Fassung der Berichtigung gemäß ABI. Nr. L 331 v. 16. November 1989, 51 (FRL). Zur Entstehungsgeschichte und Regelungskonzeption der Fernsehrichtlinie Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 178 ff. Zum politischen Hintergrund und der jüngsten Revision Fußnote 118 und § 1 A. Il. 2.. Zur Fernsehrichtlinie allgemein Mart(n-Pirez de Nanclares, EG-Fernsehrichtlinie; Paschke, Medienrecht, Rdnr. 146ff. 876 König, Digitales Fernsehen, S. 91. 877 Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 180, 181 ff. 878 16. Erwägungsgrund zur Richtlinie (8915521EWG) des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit vom 3. Oktober 1989. 879 44. Erwägungsgrund zur Richtlinie (97 I 36 I EG) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 zur Änderung der Richtlinie (891 5521EWG) des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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3. Entwurf einer Medienkonzentrationsrichtlinie
Soweit sich aus den nationalen Medieneigentums- und Medienzugangsregelungen Barrieren für die Niederlassungsfreiheit ergeben, ist die Europäische Gemeinschaft berechtigt, zur Herstellung der Niederlassungsfreiheit im Gemeinsamen Markt, Richtlinien zur Angleichung der nationalen Bestimmungen zu erlassen880. Eine solche Medienkonzentrationsrichtlinie ist seit Anfang der neunziger Jahre im Gespräch, konnte sich bislang aber noch nicht durchsetzen 881 . In dem von dem Griinbuch "Pluralismus und Medienkonzentration" eingeleiteten breiten Konsultationsverfahren wurden von mehreren Seiten Bedenken gegen eine Harmonisierung der Medieneigentumsregelungen geäußert. Diese bezogen sich vor allem auf die Kompetenz der Gemeinschaft, namentlich auf die Beachtung des Subsidiaritätsgebots882. Aufgrund der unterschiedlichen Mediennutzungsgewohnheiten, sprachlichen und kulturellen Barrieren sei Medienkonzentration immer noch ein im wesentlichen nationales Problem, das nur auf nationaler Ebene gelöst werden könne. Zudem könne eine Harmonisierung auf europäischer Ebene, die sich schwerpunktmäßig an den Erfordernissen eines funktionsfahigen Gemeinsamen Marktes ausrichte, dem Ziel der Pluralismussicherung in den Mitgliedstaaten nicht hinreichend gerecht werden, das das zentrale Motiv und die Grundlage der nationalen Medieneigentums- und Medienzugangsregelungen darstelle und zugleich von enormer staats- und kulturpolitischer Bedeutung für die einzelnen Mitgliedstaaten sei.
Demgegenüber hält vor allem das Europäische Parlament, gestützt von Teilen der Literatur und der Politik, angesichts der fortschreitenden Medienkonzentration einen Handlungsbedarf der Europäischen Gemeinschaft für gegeben 883 . Art. 47 Abs. 2 EG. Vgl. § 3 A. I. 2. b). Siehe dazu schon im Einzelnen § 1 A. II. 2. Zusammenfassend 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 495 f.; Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 329 ff.; König, Digitales Fernsehen, S. 81 f. 882 Kritisch äußerten sich neben Interessensverbänden wie dem Bund deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und dem Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) auch die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), die Bundesregierung und der Bundesrat sowie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dazu Reaktionen auf den Konsultationsprozeß zum Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (94) 353 v. 5. Oktober 1994, Dörr, MP 1996, 87 (89); MP Dokumentation 111995, 36 (37); Bericht aus der AfP 1997, 794f.; 10. Hauptgutachten der Monopolkommission 1994, BTDrucks. 12/8323,8324, Tz. 256,868 ff; 11. Hauptgutachten der Monopolkommission: Wettbewerbspolitik in Zeiten des Umbruchs, 1996, Anm. 870ff.; 12. Hauptgutachten der Monopo/kommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 496; Kleist, ZUM 1993, 503 (507f.). Vgl. auch schon Kuli, AfP 1993, 430 (434). Zur Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft zum Erlaß der Medienkonzentrationsrichtlinie im Einzelnen Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 331 ff. 883 Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Januar 1994 zum Grünbuch der Kommission "Pluralismus und Medienkonzentration im Binnenmarkt", ABI. C 44 v. 14. Fe880
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Der schließlich ausgearbeitete Entwurf der Medienkonzentrationsrichtlinie beinhaltete Grenzen für die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien884. Er sah vor, daß kein Verlag mit einem Anteil von 30% an einem Tageszeitungsmarkt als Rundfunkveranstalter im Verbreitungsgebiet seiner Tageszeitung zugelassen hätte werden dürfen 885 . Einem Fernseh- bzw. Hörfunkveranstalter sollte es verboten sein, eine Lizenz für das jeweils andere Medium zu erwerben, wenn er am gesamten Medienmarkt, unter Einschluß der Presse, über 10 % der Zuschauer erreicht hätte 886. Damit hätte die Richtlinie die in Deutschland geltenden Cross Ownership Beschränkungen im Ergebnis verschärft. Denn anders als§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, der nur eine widerlegbare Malusvermutung auf Beweisebene vorsieht, hätte die Richtlinie strikte Schwellenwerte vorgeschrieben 887 .
Auch nach mehrfachem Anlauf wurde der Entwurf von der Europäischen Kommission nicht als Richtlinienvorschlag angenommen und nach langen Debatten im Mai 1998 schließlich von der Tagesordnung genommen888. Die Schaffung einer europäischen Medienkonzentrationsordnung zur Sicherung des Pluralismus in den Medien befindet sich jedoch innerhalb der Kommission weiterhin in der Diskussion. 4. Zusammenfassung
Aus der Niederlassungsfreiheit selbst ergeben sich sonach keine rechtlichen Restriktionen für die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien. Allerdings wäre die Europäische Gemeinschaft befugt, zu ihrer Verwirklichung bruar 1994, 177; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Juni 1995 zu "Pluralismus und Medienkonzentration", ABI. C 166 v. 03. Juli 1995, 133; SPD-Kommission Medienpolitik, Rundfunk in den 90er Jahren, 15-Punkte-Katalog, Pkt. 12, Medienspiegel Dokumentation v. 16. November 1992, Jg. 16, Nr. 47; Ring, ZUM 1993, 7 (10); Dörr; MP 1993, 10 (15); Brühann, ZUM 1993,600 (604); Wagner; AfP 1992, 1 (12). Dagegen unentschieden Schwartz, AfP 1993, 409 (420). 884 Art. 3 des Richtlinienentwufs vom 12. März 1997, zit. b. König, Digitales Fernsehen, S. 122; Bericht aus der AfP 1997, 615, ausgearbeitet von EG-Kommissar Monti. Zu dessen Beschränkung auf die außenpluralistische Strukturkontrolle Brühann, ZUM 1993, 600 (604); Schwartz, AfP 1993, 409 (421). 885 Bericht aus der AfP 1997, 615. 886 Art. 3 des Richtlinienentwufs vom 12. März 1997, zit. b. König, Digitales Fernsehen, S. 122. Vgl. auch Zusammenfassung in 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 495. 887 Dies außer Acht lassend und daher im Ergebnis anderer Ansicht König, Digitales Fernsehen, S. 124. 888 Frey, ZUM 1998, 985 (985). Der überarbeitete Richtlinienentwurf ist in einem nur internen "non-paper" festgehalten, Dörr; NJW 1997, 1341 (1342); Hess, AfP 1997, 680 (681); Bericht aus der AfP 1997, 615. Zur politischen Diskussion Bender; Cross-Media-Ownership, s. 318 f.
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Regelungen zu erlassen, wenn sich aus der Vielfalt nationaler, Cross Ownerships beschränkender Medieneigentums- und Medienzugangsregelungen Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit ergäben. Eine solche Medienkonzentrationsrichtlinie wurde bislang aber noch nicht erlassen. Die Fernsehrichtlinie spricht die Problematik der Konzentration in den Medien zwar an, greift jedoch insoweit nicht regelnd ein. Gegenwärtig sind Cross Ownerships sonach weder primär- noch sekundärrechtlich an Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft gebunden, die zur Verwirklichung des gemeinschaftlichen Binnenmarktkonzepts erforderlich sind.
111. Schutz des Wettbewerbs in der Europäischen Gemeinschaft Der zweite Ansatzpunkt der Europäischen Gemeinschaft zur Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien ist der Wettbewerbsschutz. Cross Ownerships unterliegen der europäischen Wettbewerbsaufsicht, da sie zu Verzerrungen des Wettbewerbs in der Gemeinschaft beitragen können. Die Europäische Gemeinschaft ist verpflichtet, auch im Bereich der Medien einen funktionsfähigen und unverfälschten ökonomischen Wettbewerb sicherzustellen889. Dazu stehen ihr als Steuerungsinstrumente vor allem das Kartellverbot890, das Verbot des Mißbrauchs marktbeherrschender Stellungen891 sowie die Fusionskontrolle zur Verfügung 892 . Ein allgemeines Monopolisierungsverbot wie im OSamerikanischen Antitrustrecht893 kennt das europäische Wettbewerbsrecht ebensowenig wie das deutsche894. Das Kartellverbot läßt Cross Ownerships prinzipiell unberührt, da es sich in seinem Kern nicht gegen die Eigentumskonzentration auf den Märkten wendet. Idealtypisch zielt das Kartellverbot nicht auf die Erhaltung einer Vielzahl von selbstän889 Dazu im Einzelnen unter § 3 A. I. 2. d. Überblick über die Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission im Medienbereich in Beucher I Leyendecker I von RosenbergWessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 27. Zur Entstehungsgeschichte und den Zielen des europäischen Wettbewerbsrechtes allgemein siehe Schmidt, 1., Kartellrecht, S. 224 f.; Oppermann, Europarecht, Rdnr. 1028 ff. 890 Art. 81 EG (Art. 85 EG-Vertrag). 891 Art. 82 EG (Art. 86 EG-Vertrag). 892 Verordnung (EWG) Nr. 4046189 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vom 21. Dezember 1989, ABI. 1990 Nr. L 257, 13, sog. Fusionskontrollverordnung (FKVO). Die Fusionskontrollverordnung ist am 21. September 1990 in Kraft getreten und erfaßt seit dem I. Januar 1994 den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum, Art. 57 EWRAbkommen (zum Verhältnis des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts zum EWR-Abkommen Lenz-Grill, EGV-Kommentar, Vorbem. Art. 81-86, Rdnr. 43). Zum Steuerungsinstrumentarium der europäischen Wettbewerbskontrolle allgemein Kilian, Europäisches Wirtschaftsrecht, Rdnr. 376. 893 Sec. 2 Sherman-Act. 894 Vgl. § 3 C.
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digen Wirtschaftssubjekten, sondern vielmehr darauf, eine bestimmte Qualität der Planungs- und Entscheidungsprozesse von als selbständig vorausgesetzten Wettbewerbern sicherzustellen895 . Dazu verbietet das Kartellverbot jedes wettbewerbsverzerrende Verhalten von Unternehmen, das im Ergebnis auf eine einvernehmliche Aufteilung des bzw. der Märkte zielt. Allerdings hat das Kartellverbot auch für die wettbewerbliehe Struktursteuerung eine gewisse, wenn auch nur geringe Bedeutung896 . So stützte der Europäische Gerichtshof vor Erlaß der Fusionskontrollverordnung die europäische Zusammenschlußkontrolle auf Art. 81 EG897 . Auch danach spielte das Kartellverbot für die Marktstrukturkontrolle eine gewisse Rolle, da die Europäische Kommission die sog. kooperativen Gemeinschaftsunternehmen dem Kartellrecht zuordnete und nur die sog. konzentrativen Joint Ventures der Fusionskontrolle unterwarf. In der Praxis erwies sich die Abgrenzung zwischen konzentrativen und kooperativen Gemeinschaftsunternehmen trotz intensiver Präzisierungsbemühungen der Kommission898 als außerordentlich diffizil und wurde schließlich fallengelassen. Heute ist das maßgebliche Abgrenzungskriterium die Vollfunktionsfähigkeit des gegründeten Unternehmens 899 . Im Ergebnis wurde damit der Geltungsbereich der Fusionskontrollverordnung ausgeweitet. Zugleich wurde so verhindert, daß sich Unternehmen angesichts der zunehmend negativen Erfahrungen mit der Fusionskontrolle mittels kooperativer Gestaltungsformen dem Geltungsbereich der Fusionskontrollverordnung entziehen900. Für die europäische Konzentrationskontrolle wird das Kartellverbot daher auch künftig seine nur marginale Bedeutung behalten und kann daher an dieser Stelle vernachlässigt bleiben 901 . 895 König, Digitales Fernsehen, S. 99. 896 Wagne1; AfP 1992, I (3). 897 Art. 85 EG-Vertrag EuGH- BAT und Reynolds/Kommission v. 17. November 1987, verb. Rs. 142 und 156/84, Slg. I-1987, 4487 (4584). Vgl. dazu noch im Einzelnen unter § 3 A. III. 3. 898 Europäische Kommission, Bekanntmachung über Konzentrations- und Kooperationstatbestände v. 14. August 1990, ABI. 1990 Nr. C 203, S. I; vgl. auch die Bekanntmachung über Nebenabreden ABI. 1990 Nr. C 203, S. 5. Die Bekanntmachung hatte zur Folge, daß die bis dahin nur ausnahmsweise angenommenen konzentrativen Gemeinschaftsunternehmen bald den Regelfall bildeten. 899 Art. 3 Abs. 2 FKVO. 900 Dazu Europäische Kommission, 21. Wettbewerbsbericht [1997]. Tz. 154, 185 ff. 901 Im Rundfunk ging die Kommission in der Vergangenheit nur einmal aufgrunddes Kartellverbots gegen ein Gemeinschaftsunternehmen vor. So qualifizierte sie im Jahre 1991 das Eurosport-Konsortium aus Unternehmen der Sky-Gruppe und Mitgliedern des Eurovisionssystems der Europäischen Rundfunkunion als kooperatives Gemeinschaftsunternehmen und nach Art. 81 EG (Art. 85 EG-Vertrag) unzulässiges Kartell, Entscheidung der Europäischen Kommission - Eurosport v. 19. Februar 1991, ABI. 1991 Nr. L 63, 32. Dazu König, Digitales Fernsehen, S. 102 f.; Fröhlinger, RuF 1993,59 (61); Schwartz, ZUM 1991, 155 (160f.); Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 170. Das Kartellverbot spielt im Rundfunk vor allem bei der Programmbeschaffung, namentlich bei Exklusivverträgen über Senderechte eine Rolle. Vgl. etwa Entscheidung der Europäischen Kommission - ARD-Filmeinkauf v. 15. September 1989, ABI. 1989 Nr. L 284, 36 (Rdnr. 43ff.) (dazu Schwartz, ZUM 1991, 155 (159f.); Wagner, AfP 1992, I (4); Fröhlinger, RuF 1993, 59 (60); Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 167; König, Digitales Fernsehen,
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Ansatzpunkte für eine wettbewerbliehe Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien und der Beschränkung vertikal oder diagonal diversifizierter Medienunternehmen bieten die Mißbrauchs- und Fusionskontrolle. Diese stehen daher im Mittelpunkt der nachfolgenden Untersuchung. Da beide an dem Begriff der marktbeherrschenden Stellung anknüpfen902 und dieser in beiden Regelungszusammenhängen prinzipiell gleich zu verstehen ist903 , soll dieser Problemkreis vorweg abgehandelt werden. Im Folgenden ist dann auf die einzelnen Steuerungsinstrumente einzugehen.
1. Marktbeherrschende Stellung
Mißbrauchs- und Fusionskontrolle beruhen auf dem Marktmachtkonzept Demnach kann sich wirtschaftliche Macht nur auf einem bestimmten Markt, dem sog. relevanten Markt bilden904. Erst die Bestimmung des Referenzmarktes macht den Wettbewerb zwischen Unternehmen einer konkreten Beschreibung und Analyse zugänglich. Zur Ermittlung der Marktbeherrschung ist daher zunächst der Referenzmarkt zu definieren. Unter Markt wird dabei der gedachte Ort verstanden, an dem Angebot und Nachfrage zum Zwecke des Leistungsaustauschs aufeinandertreffen905. Zugleich ist er die Summe aller Austauschbeziehungen zwischen Nachfragern und Anbietern, die in einem bestimmten geographischen Bereich abgewickelt werden906. Demzufolge sind die für Rundfunkveranstalter relevanten Märkte zunächst sachlich einzugrenzen. Dabei öffnet die Ermittlung des gegenständlich relevanten Markts auch den Blick dafür, wann genau eine Konzentration aus wettbewerblieber Sicht als marktübergreifend einzustufen ist. Sodann sind die geographisch relevanten Märkte zu ermitteln. Anschließend kann dann untersucht werden, ab wann aus europäischer Sicht eine beherrschende Stellung auf diesen Märkten droht, mithin ein Beherrschungsgrad erreicht wird, der zu wettbewerbliehen Maßnahmen gegen diversifizierte Rundfunkveranstalter führt. S. 102); Entscheidung der Europäischen Kommission - EBU I Eurovisionssystem v. 11. Juni 1993, ABI. 1993 Nr. L 179, 23 (dazu König, Digitales Fernsehen, S. 102; Dörr, NJW 1997, 1341 (1343f.); Fröhlinger, RuF 1993, 59 (61)), für nichtig erklärt in EuG- EBU/Eurovisionssystem v. 11. Juli 1996, Rs. T-528/93, T-542/93, T-543/93 und T-546/93, ZUM 1996, 885. Vgl. auch EuG- La Cinq/Kommission v. 24. Januar 1992, Rs. T 44/90, Slg. 11-1992, 1. 902 Art. 82 EG, § 2 Abs. 3 FKVO. 903 Entscheidung der Europäischen Kommission v. 2. Oktober 1991, ABI. 1991 Nr. L 334, 32; Entscheidung der Europäischen Kommission v. 12. November 1992, ABI. 1993 Nr. L 144, 34; Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 108; Emmerich, Kartellrecht, S. 487; Wagner, AfP 1992, I (7). 904 "Area of effective competition", Emmerich, Kartellrecht, S. 447 f. 905 Schmidt, K.-E., ZUM 1997,472 (473). 906 Giehl, Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltem, S. 23.
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Zu berücksichtigen ist, daß die Begriffe der Marktabgrenzung und der Marktbeherrschung normativ zu verstehen sind. Sie bedingen einander907 . Je enger der relevante Markt definiert wird, desto höher ist sein Beherrschungsgrad. Je weiter er gefaßt wird, desto größer ist der Aktionsspielraum des einzelnen Unternehmens. Letztlich geht es daher stets um die eine Frage, ab welcher Schwelle die "Neutralisierung wirtschaftlicher Macht nicht mehr dem Markt überlassen werden kann, sondern zur Aufgabe des Rechts wird"908 . Marktabgrenzung und Ermittlung des Beherrschungsgrades sind letztlich Stufen eines einheitlichen Erkenntnisverfahrens, in dem die Schutzbedürftigkeit der auf dem Markt aktuell oder auch nur potentiell agierenden Anbieter oder Nachfrager gegen die Interessen des marktmächtigen Wettbewerbers abgewogen wird. Der übliche Dreierschritt wird der Ermittlung der marktbeherrschenden Stellung daher nur bedingt gerecht.
a) Sachlicher Referenzmarkt
Der Europäische Gerichtshof und die Europäische Kommission legen der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes das Bedarfsmarktkonzept zugrunde. Demnach gehören einem gegenständlich relevanten Markt alle Produkte und Leistungen an, die aus Sicht der Marktgegenseite funktionell austauschbar sind909. Entscheidend ist sonach, ob die Güter oder Leistungen aus Sicht eines verständigen Abnehmers geeignet sind, den Bedarf gleichermaßen in allen wesentlichen Beziehungen zu decken. Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß die funktionelle Austauschbarkeil eines Produkts oder Leistung aus Sicht des Nachfragenden die Nähe des Wettbewerbers auf dem Markt kennzeichnet und damit mittelbar dessen Betroffenheilsgrad im Hinblick auf die Unternehmerischen Strategien des zu kontrollierenden Unternehmens bestimmt. Maßgebliche Attribute sind neben den in den Erzeugnissen und Dienstleistungen angelegten Eigenschaften auch deren Preis und Funktion. Hinsichtlich des Verwendungszwecks wird gefragt, ob eine Substitution zu einer deutlichen Minderung des Nutzwerts des Guts oder der Leistung beim Abnehmer führt. Ein starkes Indiz stellt auch die zwischen den Produkten bestehende Kreuzpreiselastizität dar910• Wenn eine auch nur geringe Preisänderung bei einem Produkt zu einer spürbaren Verlagerung der Nachfrage hin zu einem 907 Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1925. So auch für die parallele Problemstellung im deutschen Recht Immenga I Mestmäcker-Möschel, § 22, Rdnr. 19 f.; Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 43 f. 908 Mestmäcker; Mestmäcker, Marktbeherrschende Unternehmen, S. 8. 909 "Reasonable interchangeability test", EuGH - L'Oreal v. 11. Dezember 1980, Rs. 31 I 80, Slg. I-1980, 3775 (Rdnr. 25); Entscheidung der Europäischen Kommission- Aerospatiale v. 2. Oktober 1991, ABI. 1991 Nr. L 334,42 (Rdnr. 10); Bremer!Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 108. Dazu im allgemeinen Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1926f.; Nicolaysen, Europarecht, S. 254; Langen I BunteLöffler, Art. 2 FKVO 4064 I 89, Rdnr. 13 ff., 29 ff. Vgl. zuletzt aus der Praxis etwa Entscheidung der Europäischen Kommission - BSkyB I Kirch PayTV v. 21. März 2000, ABI. 2000 Nr. C 110, 45 (Rdnr. 30). 910 Zur Kreuzpreiselastizität LangeniBunte-Ruppelt, § 19, Rdnr. 13 (mit Bezug auf das GWB).
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anderen Erzeugnis führt, ist zu vermuten, daß beide demselben sachlichen Markt angehören911.
Abgestellt wird auf den verständigen Abnehmer und damit nicht auf die theoretisch vernünftige Sichtweise, sondern auf die tatsächliche Handhabung in der Praxis912. Dabei geht die Kommission von einer dynamischen Sichtweise aus. Sie beurteilt die Homogenität und Heterogenität der Wettbewerbsbedingungen demnach nicht nur nach dem Status quo, sondern bezieht in ihre Überlegungen die fortschreitende Marktintegration mit ein. Sie fragt daher auch danach, ob und inwieweit innerhalb eines absehbaren Zeitraums mit einer gegenseitigen Penetration der Märkte gerechnet werden kann913 .
Darüberhinaus sind verallgemeinerungsfähige Aussagen zur sachlichen Marktabgrenzung nur eingeschränkt möglich. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Medien. Gerade hier erweist sich die Feststellung der sachlich relevanten Märkte als ausnehmend diffizil, da die verschiedenen Medienmärkte aufgrund ihrer technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen zum einen erheblich differieren, zum anderen aber aufgrund der komplexen Wettbewerbsbeziehungen stark voneinander abhängen914. So unterscheiden sich Rundfunk und Presse in der Verbreitungstechnologie, der Kommunikationssituation und ihrer Wirkung beträchtlich. Andererseits kann ihre Programmleistung aus Sicht des Rezipienten vor allem lokal im Einzelfall durchaus austauschbar sein. Auch die zwischen den lokalen und den überregionalen Medien bestehenden Wechselwirkungen erschweren die Marktabgrenzung. Weitere Schwierigkeiten ergeben sich daraus, daß Rundfunkveranstalter gebündelte Leistungen anbieten (so werden in den Rundfunkprogrammen nicht nur die Rezipienten informiert und unterhalten, sondern zugleich auch Werbeflächen angeboten und damit eine Leistung gegenüber der Werbewirtschaft erbracht) und beim traditionellen Rundfunk keine unmittelbare Austauschbeziehung zwischen Rundfunkveranstalter und -empfänger besteht. Angesichts dieser komplexen Wettbewerbsbedingungen in und zwischen den Medienmärkten und der hieraus resultierenden Vielfalt denkbarer Sachverhalte können im Folgenden nur Leitlinien für die sachliche Marktabgrenzung im Bereich der Medien herausgearbeitet werden. Dies soll anhand der Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission915 und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfolgen. 911 EuG - Hilti v. 12. Dezember 1991, Rs. T-30/91, Slg. 11-1991, 1439 (Rdnr. 75). 912 Dabei neigt die Rechtsprechung zu einer eher objektiven Bewertung, während die Europäische Kommission regelmäßig auf die Sicht der Verbraucher abstellt. Beide kommen allerdings in der Regel zu den gleichen Ergebnissen. Zur Parallelkonstruktion auf nationaler Ebenes. BGHZ 101, 100; Immenga/Mestmäcker-Möschel, § 22, Rdnr. 28. 913 Europäische Kommission, 22. Wettbewerbsbericht [1992], Tz. 236. 914 Wagner, AfP 1992, 1 (7); ders., RuF 1990, 165 (171 f.); Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 177 ff.; König, Digitales Fernsehen, S. 109. 915 Überblick über die von der Europäischen Kommission bislang anerkannten Märkte in Beucher/Leyendecker/von Rosenberg-Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 24.
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Ausgangspunkt der Analyse muß zunächst die Differenzierung zwischen den Ebenen der Programmveranstaltung, -beschaffung und -distribution sein. Bei der Programmveranstaltung ist zwischen der Beziehung von Rundfunkveranstaltern und Rundfunkempfängern einerseits und der zwischen dem Veranstalter und der Werbewirtschaft andererseits zu unterscheiden. Als erstes ist auf das Verhältnis des Veranstalters zum Rezipienten einzugehen. aa) Rezipientenmarkt Auf der Ebene der Programmveranstaltung bietet der Rundfunkveranstalter dem Rezipienten redaktionell aufbereitete Informationen und Unterhaltungsangebote. (1) Markt für Programmleistungen Zu prüfen ist, ob diese "eigentliche" Programmtätigkeit als unternehmefische Aktivität, der Rezipientenmarkt mithin als eigenständiger Markt eingestuft werden kann. Für den Bereich des entgeltfinanzierten Rundfunks besteht hieran kein Zweifel. Im werbefinanzierten Rundfunk ist indes zu berücksichtigen, daß der Rezipient die Programmleistung des Rundfunkveranstalters unentgeltlich erhält, das heißt nicht - wie sonst in der Wirtschaft üblich - käuflich erwerben muß. Es besteht insoweit keine unmittelbare Austauschbeziehung zwischen Veranstalter und Rezipienten. Ein Teil der Literatur folgert hieraus, daß die eigentliche Programmveranstaltung keine unternehmefische Tätigkeit sei, da diese auf den Austausch von Leistungen gerichtet sein müsse916• Mit dem Synallagma zwischen Anbieterund Nachfrager fehle der eigentlichen Programmtätigkeit ein zentrales Element unternehmenscher Tätigkeiten. Wo die Marktgegenseite eine Leistung kostenlos erhalte, bedürfe sie keines Schutzes durch die Wettbewerbsordnung. Die Programmtätigkeit könne daher nicht als unternehmefische Aktivität qualifiziert werden. Sie bilde nur die Basis für die eigentliche unternehmefische Handlung der Rundfunkveranstalter, die darin bestehe, der Wirtschaft entgeltliche Werbefläche zur Verfügung zu stellen. Der Europäische Gerichtshof hat sich zur Frage der Rezipientenmärkte bislang nicht ausdrücklich geäußert. Dagegen hat die Europäische Kommission Rezipientenmärkte prinzipiell anerkannt91 7 . 916 Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 163; Petersen, Rundfunkfreiheit, S. 86; Frey, ZUM 1998,985 (987ff., 999). Anderer Ansicht Deringer, ZUM 1986,627 (634); Schwanz, Rundfunk und EWG-Vertrag, S. 45 (53); Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 179 (mit Bezug auf die nationale Fusionskontrolle). Zu den Voraussetzungen unternehmenscher Tätigkeit allg. unter § 3 A. I. 2. d). 917 Entscheidung der Europäischen Kommission- RTL/Veronica/Endemo1 v. 20. September 1995, ABI. 1996 Nr. L 134, 32 (Rdnr. 17, 20f.). Zur Begründung verweist die Korn-
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Für die Frage der Unternehmerischen Qualität der eigentlichen Programmtätigkeit erscheint entscheidend, daß die Sicherung des Wettbewerbs nicht nur dem Schutz der Marktgegenseite dient, sondern vielmehr allen Dritten im Einflußbereich des Unternehmens, das den Wettbewerb zu verzerren droht. Insbesondere dient die Wettbewerbskontrolle auch dem Schutz von dessen aktuellen wie potentiellen Wettbewerbern 918 . Die infolge der Unentgeltlichkeit wettbewerbliehe Schutzunwürdigkeit der Rezipienten macht die Wettbewerbskontrolle daher nicht von vomherein überflüssig. Vielmehr besteht wegen der engen Interdependenz zwischen Einschaltquote und Werbeerlösen durchaus ein Wettbewerb der Rundfunkveranstalterum die Gunst der Zuschauer919 • So ist der Zuschauermarktanteil für die Rundfunkveranstalter nicht nur rechtlich, sondern vor allem wirtschaftlich von erstrangiger Bedeutung. Er bestimmt deren Wettbewerbsposition auf dem Werbemarkt und entscheidet damit über deren finanzielle Grundlage. Diese wiederum ist ein entscheidender Faktor für die inhaltliche wie redaktionelle Qualität der Programme. Sie schlägt sich in der Art der Aufbereitung der Sendungen nieder und steckt vor allem den Spielraum der Veranstalter beim Erwerb der Film- und Sportrechte ab. Der Wettbewerb im Bereich der eigentlichen Programmtätigkeit ist daher die maßgebliche Weichenstellung für die Wettbewerbsposition der Unternehmen auf den Beschaffungs- und Werbemärkten. Eine unzureichende Kontrolle des Wettbewerbs um die Rezipienten würde zu beträchtlichen, der Wettbewerbsaufsicht entzogenen Handlungsspielräumen der Unternehmen und erheblichen Verzerrungen des Wettbewerbs in den angrenzenden Märkten führen. Vor allem im Hinblick auf den Schutz der Wettbewerber wäre es sonach nicht sachgerecht, wegen der fehlenden Entgeltzahlung der Rezipienten der Tätigkeit der Rundfunkveranstalter im Bereich der eigentlichen Programmtätigkeit die Unternehmerische Qualität abzusprechen und damit den Wettbewerb der Veranstalter um die Rezipienten der Wettbewerbskontrolle zu entziehen. Darüberhinaus besteht wegen der engen Verknüpfung zwischen Einschaltquote und Werbepreisen durchaus eine Art Austauschverhältnis zwischen Veranstalter und Rezipient, da dem Veranstalter ein Entgelt von der Werbewirtschaft zufließt920. Dieses indirekte Austauschverhältnis genügt, da die Unmittelbarkeit des Leistungsaustausches für eine Unternehmerische Tätigkeit zwar typisch, nicht aber essentiell ist. So setzt nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dienstleistungsfreiheit ein Entgelt im Sinne des Art. 50 EG nicht voraus, mission auf den engen Zusammenhang zwischen Zuschaueranteil und Werbeerfolg sowie darauf, dass die Sehbeteiligung ein wichtiger Maßstab für die Attraktivität der Sender und deren Akzeptanz in der Öffentlichkeit sei. 918 Zum Aspekt der horizontalen Konkurrentenbehinderung Bremer!Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 84; Immenga/ Mestmäcker-Möschel, § 22, Rdnr. 30. 9 19 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTL/Veronica/Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14 (Rdnr. 20); Schmidt, K.-E., ZUM 1997,472 (473f.). Vgl. auch Niewiarra, ZUM 1993, 2 (6). 920 Vgl. auch Schmidt, K.-E., ZUM 1997, 472 (474).
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daß Leistungsempfänger und Entgeltzahler identisch sind921 . Im Einklang mit der Interpretation der Dienstleistungsfreiheit kann es demnach nicht darauf ankommen, von wem das Entgelt unmittelbar bezogen wird. Maßgeblich ist vielmehr, daß die eigentliche Programmtätigkeit eine im weiteren Sinne wirtschaftliche ist, die sich auf die Erzielung von Einnahmen richtet und nicht nur fürsorglicher oder gemeinnütziger Natur ist922. Sie stellt daher eine im weiteren Sinne entgeltliche und damit Unternehmerische Leistung dar. Der Rezipientenmarkt ist demzufolge ein eigenständig zu betrachtender Markt, auf dem die Rundfunkveranstalter untereinander um möglichst viele Rezipienten konkurrieren und damit unternehmerisch tätig sind923 . Im Folgenden ist nun zu untersuchen, auf welchen sachlich relevanten Rezipientenmärkten die Rundfunkveranstalter agieren, mithin nach welchen Kriterien der gegenständlich relevante Referenzmarkt zu ermitteln ist. Entscheidend ist die Sicht der Marktgegenseite, mithin die Sicht der Rezipienten 924 . Die erforderliche Marktabgrenzung erweist sich aufgrund der Besonderheiten des Rundfunks als ausnehmend diffizil. (2) Marktabgrenzung nach inhaltlich-publizistischen Kriterien
Zunächst ist zu überlegen, ob eine Marktabgrenzung nach inhaltlichen Kriterien erfolgen kann. Ware eine solche Abgrenzung sachgerecht, so bestünde kein einheitlicher Zuschauermarkt, sondern eine Vielzahl von Teilzuschauermärkten, die jeder für sich einen eigenständigen Markt bildeten, etwa ein Markt für Kinder-, Sport-, Musik- und Vollprogramme. Dagegen spricht, daß die Programme aus Sicht der Rezipienten ihrem Inhalt nach weitgehend austauschbar sind. Anders als bei Presseprodukten richtet sich im werbefinanzierten Rundfunk die Nachfrage nicht auf ein geschlossenes Produkt, in dem diverse publizistische Leistungen in gebündelter Form vorliegen. Der Rezipient bindet sich auch nicht mittels eines Erwerbsakts an ein konkretes Programm. Ihm steht es vielmehr frei, jederzeit und ohne drohenden finanziellen Verlust je nach Bedürfnis und augenblicklicher Stimmungslage, einzelne Sendungen abzurufen und von Kanal zu Kanal zu schalten. Nicht selten ist das Initial der Rund921 EuGH - Bond van Adverteerders v. 26. April 1988, Rs. 352/85, Slg. 1-1988, 2085 (Rdnr. 16). Ebenso Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 96; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 134; Lenz-Hakenberg, EGV-Kommentar, Art. 49/50, Rdnr. 16. Anderer Ansicht etwa Bömer; ZUM 1985, 577 (578). Vgl. dazu bereits § 3 A. I. 2. c ). 922 Vgl. auch die Formulierung des Europäischen Gerichtshofs in EuGH- Höfner/Elser v. 23. April1991, Rs. C-41/90, Slg. 1-1991, 1979 (Rdnr. 21). 923 So auch im Ergebnis Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 218ff.; KnotheiLebens, AfP 2000, 125 (128); Schmidt, K.-E., ZUM 1997, 472 (473 ff.). A.A. Frey, ZUM 1998, 985 (987 ff.); Buchholtz, ZUM 1998, 108 (111 f.). 924 Vgl. § 3 A. III. 1. a).
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funknutzung ein unbestimmtes Unterhaltungs- oder Informationsbedürfnis des Rezipienten, das sich erst während des "Zappens" konkretisiert. Der Rezipient kann sonach von Voll- zu Spartenprogrammen schalten, von Unterhaltungs- zu Informationsprogrammen, von privaten zu öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogrammen. Die konkrete Wahl eines Senders hängt weniger an dessen Gesamtprogramm als vielmehr an der gerade ausgestrahlten, einzelnen Sendung und an der augenblicklichen Stimmung des Rezipienten. Aufgrund dieser umfassenden Gemengelage erscheint eine Marktabgrenzung nach inhaltlichen Kriterien als sachlich nicht gerechtfertigt. Eine Ausdifferenzierung des Zuschauermarkts anhand inhaltlich-publizistischer Kriterien in jeweils eigenständig zu betrachtende Teilmärkte wäre nur dann sinnvoll, wenn der Art nach verschiedene Sendergruppen bestünden, die aufgrund ihrer inhaltlichen Ausrichtung eine nicht unerhebliche Zahl an Rezipienten dauerhaft an sich binden könnten. Eine derart tragende Bindung wäre wohl nur im Bezahlfernsehen feststellbar. In dem heute noch vorherrschenden rein werbefinanzierten Rundfunk, der ganz überwiegend von Sendem dominiert wird, die alle gleichermaßen, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung, sowohl Informations- als auch Unterhaltungsangebote transportieren und sich inhaltlich nur graduell unterscheiden, würde eine entsprechende Aufgliederung die tatsächlich bestehenden Wettbewerbsbeziehungen jedoch nicht wiederspiegeln.
In Übereinstimmung mit der Auffassung der Europäischen Kommission kann der Rezipientenmarkt im Rundfunk sonach - anders als in der Presse - nicht nach Sendeinhalten in verschiedene Teilmärkte gespalten werden925 . Ein Rundfunkveranstalter ist daher nicht schon dann marktbeherrschend, wenn er den einzigen Kinderkanal im deutschen Fernsehen betreibt. Zugleich bedeutet dies, dass keine marktübergreifende Eigentumskonzentration im wettbewerbsrechtlichen Sinne vorliegt, wenn ein Unternehmen ein Vollprogramm und einen Sportkanal veranstaltet. Die Kumulierung inhaltlich unterschiedlicher Fernsehprogramme ist vielmehr eine Form der horizontalen Konzentration. (3) Marktabgrenzung nach technischen Kriterien
Von besonderem Interesse für die Kontrolle von Cross Ownerships ist die Frage, ob die Rezipientenmärkte entlang der für die Programmleistung genutzten Verbreitungstechnologie abzugrenzen sind. Hält man an der traditionellen Abgrenzung fest, so bestehen für die verschiedenen Medien verschiedene Rezipientenmärkte. So stünde etwa der Lesermarkt der Presse neben dem Zuschauermarkt des Fernsehens und dem Zuhörermarkt des Hörfunks. Geht man dagegen davon aus, daß die Programmleistungen der verschiedenen Medien aus Sicht des Rezipienten aus925 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTLI Veronica I Endemol v. 20. September 1995, ABI. 1996 Nr. L 134, 32 (Rdnr. 17, 20f.). Ebenso für den Bereich der nationalen Fusionskontrolle Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 180f. Anderer Auffassung dagegen Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, s. 223 f.
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tauschbar sind, müßte man einen Gesamtmedienmarkt annehmen, der nur einen Rezipientenmarkt für alle Medien kennt. Die traditionelle Unterteilung in verschiedene Medienmärkte beruht auf der verfassungsrechtlichen Segmentierung des Medienbereichs entlang der eingesetzten Verbreitungstechniken, Druck, Fernmeldetechnik und sonstige Speichermedien. So unterscheidet die Verfassung zwischen den Kommunikationssäulen Presse, Rundfunk und sonstige Medien. Diese Differenzierung hat sich in der Folge im einfachgesetzlichen Ordnungsrecht fortgesetzt 926 . Aufgrund der schrittweisen Integration der Basistechnologien und der Konvergenz der Medienmärkte verliert die klassische Einteilung in Druck-, elektronische und sonstige Medien zunehmend an Kontur927. Die Verbreitungstechnologie als das klassische Abgrenzungskriterium wird daher immer weniger zuordnungskräftig928 . Aus diesem Grund stellen Teile der Literatur die Unterscheidung zwischen den Mediensystemen in Frage. Sie sei überholt und daher rechtlich wie politisch nicht tragfähig929. Die intermediäre Konzentration sei in Wahrheit keine marktübergreifende Konzentration, sondern vielmehr als horizontales Wachstum innerhalb eines Gesamtmedienmarktes zu begreifen930. Dieser Ansicht ist zuzugestehen, daß sie mit der Annahme eines Gesamtmedienmarktes eine einfache Lösung für die nicht einfachen Probleme der Abgrenzung zwischen den Medien findet. Dennoch kann ihr im Ergebnis nicht gefolgt werden, da die Annahme eines übergreifenden, einheitlichen Medienmarktes die Problematik der sachgerechten Kontrolle diversifizierter Medienunternehmen letztendlich nicht lösen, sondern nur auf eine andere Ebene verschieben würde931 . Es ist zu berücksichtigen, daß die technische Konvergenz der Basistechnologien für sich genommen zunächst nur die technischen Medienkategorien auflöst. Eine wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung gewinnt die Konvergenz erst dann, wenn sie sich Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 44. Stammler, ZUM 1995, 104 (104f.). Zu Begriff und Phänomenologie der Konvergenz VPRT, Medienordnung 2000 plus, Teil II, 1; Europäische Kommission, Grünbuch Konvergenz in Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie, Dok. KOM (97) 623 endg. v. 3. Dezember 1997, S. IOff.; 11. Hauptgutachten der Monopolkommission: Wettbewerbspolitik in Zeiten des Umbruchs, 1996, Anm. 722ff. Zum Grünbuch Bartosch, ZUM 1998, 209. Vgl. auch Mitteilung der Europäischen Kommission, Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zum Grünbuch - Die Konvergenz in Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihre ordnungspolitischen Auswirkungen, Dok. KOM (99) 108 endg. v. 9. März 1998. 928 Hoffmann-Riem, Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 7; Bullinger, ZUM 1996, 749; Scho/z, AfP 1983, 261 (261); Röper, MP 1994, 125 (125). 929 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 45; Scho/z, AfP 1983, 261 (261 f.); in diese Richtung auch Bender, Cross-Media-Ownership, S. 237 f., 342 ff. 930 Zum Gesamtmarktkonzept des britischen Department of National Heritage, Media Ownership. The Govemment's Proposals, 1995, §§ 6.4ff. (dazu Holznagel/Grünwald, Britisches Medienkonzentrationsrecht im Wandel, S. 151 ff.). 931 Vgl. auch Groß, ZUM 1996, 365 (371). 926
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bei den Rezipienten auf das Nutzungsverhalten, die Wahrnehmung der Medienangebote und Medienwirkung auf diese spürbar auswirkt. Erst wenn Nutzungsverhalten, Rezeption und Wirkung medienunabhängig sind, und dies nicht nur bei einer Randgruppe von Rezipienten, sondern bei einem repräsentativen Teil der Rezipienten, erst dann eignet sich ein Gesamtmedienmarkt, die Wettbewerbsposition der auf ihm tätigen Unternehmen zu bestimmen. So kann die technische Realisierbarkeil eines Internet-TV allein noch nicht dazu führen, daß die Marktmacht der Veranstalter von Internet-TV nun unter Berücksichtigung der Wettbewerbspositionen der traditionellen Fernsehveranstalter ermittelt wird. Ebensowenig kann angenommen werden, daß Pressemärkte und der Markt für Online-Datenbanken bereits heute zu einem Markt verschmolzen sind, weil rein technisch Presseprodukte durch Online-Datenbanken partiell substituiert werden können und dieser Service von einem kleinen Teil der Bevölkerung bereits genutzt wird.
Entscheidend ist nicht der Stand der technischen Entwicklung, sondern die funktionelle Austauschbarkeil der Programmleistungen aus Sicht der Marktgegenseite, das heißt die Wahrnehmung und das Nutzungsverhalten der Masse der Rezipienten, zumal nicht alles, was technisch realisierbar ist, sich auch auf dem breiten Markt durchsetzt. Hiervon zu trennen ist, daß der Gesetzgeber der Konvergenz der Medien bei der Weiterentwicklung des ordnungspolitischen Rahmens Rechnung zu tragen hat932 . Auch wenn sich nicht alles durchsetzt, was technisch möglich ist, ist dennoch offensichtlich, daß der Medienmarkt in einem tiefgreifenden Strukturwandel begriffen ist und sich in neue Teilmärkte spaltet, die nicht notwendig der traditionellen Kategorisierung in Druck-, elektronische und sonstige Medien folgen. Diese Neuformierung der Medienmärkte macht es erforderlich, die gegenwärtigen Ordnungssysteme für die Presse, den Rundfunk und die sonstigen Medienbereiche neu zu überdenken und schrittweise anzupassen. Dieser Wandel der Medienmärkte kann jedoch nicht durch die Annahme eines Gesamtmedienmarkts vorweggenommen und nivelliert werden933 . Die kartellbehördliche Praxis muß zur Bestimmung der Marktmacht von Unternehmen, die in dem sich neuformierenden Medienbereich agieren, von den Medienmärkten ausgehen, wie sie sich heute darstellen und nicht wie sie sich künftig darstellen könnten. 932 Ebenso Kleist, ZUM 1993, 503 (506); Röper; Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 108; ders., MP 1995, 310 (310f.); Holznagel/Grünwald, Britisches Medienkonzentrationsrecht im Wandel, S. 158; Engel!Seelmann-Eggebert, Kommunikation und Medien, Rdnr. 7ff.; Holznagel, ZUM 1996, 16 (26); Rossen-Stadtfeld, ZUM 2000, 36; a. A. Holoubek, ZUM 1999, 665 (669f.) (ordnungspolitischer Rahmen als Frage politischer Dezision, unabhängig von technischer Konvergenz). Vgl. auch Europäische Kommission, Grünbuch Konvergenz in Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie, Dok. KOM (97) 623 v. 3. Dezember 1997, S. 22ff.; Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April1996, Teil III, Kap. I; Department of National Heritage, Grünbuch Media Ownership - The Government's Proposals, 1995, §§ 6.4 ff. und § 6.13. 933 In diese Richtung aber Bender; Cross-Media-Ownership, S. 357 (These Nr. 5 b), 342 ff., 349 f.
15 Tschon
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Die technische Konvergenz der Medien entzieht der Aufteilung der Märkte entlang der eingesetzten Verbreitungstechnologie sonach zumindest derzeit noch nicht die Grundlage, da sich bislang noch kein einheitlich zu betrachtender Gesamtmedienmarkt herausgebildet hat. Dies zeigt sich besonders deutlich, wenn man das Verhältnis der traditionellen Medien zueinander beleuchtet. So unterscheiden sich Hörfunk und Fernsehen aus Sicht ihrer Rezipienten durch die Art der Rezeption wesentlich. Ist der Hörfunk nur akustisch wahrnehmbar, bietet das Fernsehen darüberhinaus eine optische Bewegtbilddarstellung. Hörfunkund Fernsehsendungen sind aus Sicht der Rezipienten keine gleichwertigen Dienstleistungen und sonach auch nicht funktionell austauschbar. Hörfunk und Fernsehen werden daher regelmäßig komplementär, nicht surrogatär genutzt934 . Dies gilt erst recht für das Verhältnis von Rundfunkleistungen und Presseerzeugnissen935. Leser können Presseprodukte unabhängig von Ort und Zeit und auch wiederholt nutzen. Dagegen sind die Rezipienten von Rundfunksendungen an deren Ausstrahlungszeit und auch örtlich gebunden. Inhaltlich bietet die gedruckte Berichterstattung eine Breite und Tiefe, die der Rundfunk nicht bieten kann. Dafür hat der Rundfunk gegenüber dem gedruckten Wort einen Aktualitätsvorsprung. Darüberhinaus hinterläßt namentlich das Fernsehen mit seiner Bewegtbilddarstellung einen starken optischen Eindruck und eröffnet damit auch einen stärker emotionalen Zugang zu den übermittelten Inhalten. Der Substitutionswettbewerb zwischen Presse und Rundfunk ist daher verhältnismäßig schwach936. Rundfunk und Presse können nicht zum selben gegenständlichen Markt gezählt werden. Prinzipiell werden die verschiedenen Mittel der Massenkommunikation von den Rezipienten sonach komplementär und nicht substitutiv genutzt. Der intermediäre Wettbewerb stellt eher einen Randwettbewerb als einen marktinternen direkten Wettbewerb dar. Eine echte funktionelle Austauschbarkeit besteht für den Rezipienten folglich nur innerhalb derselben Mediengattung. Nach dem Bedarfsmarktkonzept kann sonach kein einheitlicher, medienübergreifender Programmarkt angenommen werden, solange aus Sicht der Rezipienten die Nutzung der Medien noch so erhebliche Unterschiede aufweist wie gegenwärtig937. Die intermediären 934 Kühler, Medienverflechtung, S. 61; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 182f. Vgl. auch Seemann, DV 1985, 413 (428); Berg, Medienwettbewerb, S. 181, ad 4. 935 Möschel, JZ 1984, 493 (496 f.); Kühler, Medienverflechtung, S. 61; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 183. Ebenso mit Bezug auf das GWB Held, Medienwettbewerb, S. 157. 936 Zum Begriff des Substitutionswettbewerbs Langen I Bunte-Bunte, Einführung, Rdnr. 78ff. 937 Ebenso im Ergebnis Bremer I EsserI Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 110; Paschke, Medienrecht, Rdnr. 480; von Wallenherg, WuW 1993,910 (913); Fröhlinger, RuF 1993, 59 (63); Schwartz, AfP 1993,409 (418); Wagner, AfP 1992, I (7); König, Digitales Fernsehen, S. 119. Anderer Ansicht Scholz, AfP 1983, 261 (261 f.).
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Wettbewerbsbeziehungen können jedoch bei der Feststellung des Beherrschungsgrads relevant werden938 . Rundfunk kann heute auf drei Arten übertragen werden: terrestrisch, über Kabel oder über Satellit939. Es stellt sich die Frage, ob der Zuschauermarkt entlang des genutzten Übertragungswegs in einen Markt für terrestrische, Kabel- und Satellitenprogramme zu spalten ist. Auch wenn sich die Europäische Kommission bislang noch nicht ausdrücklich zu dieser Frage geäußert hat, so kann doch auf ihre allgemeinen Erwägungen zurückgegriffen werden, die sie in der Sache Nordic Satellite Distribution angestellt hat. Hier stellte sie fest, daß sich aus Sicht der Zuschauer die angebotenen Übertragungswege technisch wie finanziell erheblich unterscheiden 940. Wahrend der Zuschauer für den terrestrischen Empfang lediglich eine Antenne und für den Satellitenrundfunk eine Satellitenempfangsantenne installieren muß, setzt der Kabelrundfunk ein Kabelnetz und einen Anschluß des Rezipienten an dieses voraus. Unterschiede ergeben sich auch aus ihrer technischen Reichweite. So hat nicht jeder Haushalt die freie Wahl zwischen terrestrischem, Kabel- und Satellitenrundfunk. Gegen ihre funktionelle Austauschbarkeit sprechen auch die unterschiedliche Anzahl und Art der empfangbaren Programme sowie die gravierenden Unterschiede bei den Kosten für den Rezipienten. Es besteht sonach kein einheitlicher Markt für Übertragungswege. Ebensowenig kann nach dem Bedarfsmarktkonzept ein übergreifender Rundfunk- und Zuschauerrnarkt angenommen werden, der sowohl die terrestrischen als auch die Kabelund Satellitenprogramme in sich aufnimmt. Die terrestrischen, Kabel- und Satellitenprogramme stellen daher jeweils in sich abgeschlossene Produktmärkte dar. (4) Marktabgrenzung nach der Rechtsform der Rundfunkveranstalter
Die Europäische Kommission differenziert - ebenso wie auf nationaler Ebene das Bundeskartellamt941 - nicht nach der Rechtsform der Rundfunkveranstalter, da sich aus Sicht der Rezipienten die Programme der öffentlich-rechtlichen Runclfunkveranstalter von denen der kommerziellen Anbieter nur unwesentlich abheben. Der Privatfernsehmarkt ist demnach nicht als eigenständiger Markt zu betrachten942 . Nicht zuletzt deshalb betraf in der Vergangenheit die Mißbrauchskontrolle im werbefinanzierten Fernsehen ganz überwiegend den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und nicht die Vgl. dazu noch unter § 3 A. III. I. c ). Zu den technischen Grundlagen § I A. I. 2. 940 Entscheidung der Europäischen Kommission- Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20 (Rdnr. 62f.); zustimmend König, Digitales Fernsehen, S. lll. Zu der Entscheidung noch ausführlich unter§ 3 A. III. 3. c) cc). 941 Wagner. RuF 1990, 165 (172) m. w. N.; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 877. Vgl. § 3 C. 111. I. 942 So auch Mailänder. Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 220; Niewiarra, ZUM 1993, 2 (3). 938 939
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kommerziellen Anbieter943 . Die Annahme einer marktbeherrschenden Stellung privater Anbieter in den Rezipienten- und Werbemärkten scheiterte friiher zumeist an der starken Stellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. So wurden Zusammenschlüsse unter privaten Fernsehanbietern nicht selten als Aufholfusionen gegenüber den marktbeherrschenden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gewertet944.
(5) Marktabgrenzung nachfinanziellen Kriterien Dagegen besteht Einigkeit, daß der Modus der Programmfinanzierung ein geeignetes Abgrenzungskriterium darstellt. So betrachtet die Europäische Kommission - ebenso wie das Bundeskartellamt -den Markt des Bezahlfernsehens als eigenen, selbständig zu betrachtenden Markt. Begrundet wird dies damit, daß wegen der wirtschaftlichen Austauschbeziehung zwischen Rezipient und Pay TV-Veranstalter, namentlich wegen des vom Zuschauer zu leistenden Entgelts, Pay TV-Programme und Free TV-Programme aus Sicht des Rezipienten nicht funktionell austauschbar sind945 . Damit sachlich verbunden, aber gedanklich zu trennen ist die Frage nach der eingesetzten Sendetechnik. Dem Zuschauer kommt es typischerweise nicht darauf an, ob der Veranstalter sein Programm analog oder digital überträgt. Entscheidend 943 EuGH- Sacchi v. 30. April 1974, Rs. 155173, S1g. 1-1974, 409; EuGH- CICCE v. 28. März 1985, Rs. 298183, Slg. 1-1985, 1105; EuGH- Bond van Adverteerders v. 26. April 1988, Rs. 352185, Slg. 1-1988, 2085; EuG- BBC v. 10. Juli 1991, Rs. T-70189, Slg. 11-1991, 535; EuGH- RTE v. 6. April 1995, Rs. C-241/91 P, EuGRZ 1996, 88 (zuvor EuG- RTE v. 10. Juli 1991, Rs. T-69189, S1g. 11-1991, 485; Entscheidung der Europäischen Kommission - RTEIBBC/ITP v. 21. Dezember 1988, ABI. 1989 Nr. L 78, 43); EuGH- ITP v. 6. April 1995, Rs. C-242191 P, EuGRZ 1996, 88 (zuvor EuG- ITP v. 10. Juli 1991, Rs. T-76189, Slg. 11-1991, 575; zuvor Entscheidung der Europäischen Kommission- RTEIBBCIITP v. 21. Dezember 1988, ABI. 1989 Nr. L 78, 43). Eine Ausnahme bilden insoweit der Fall Telemarketing, der sich mit mißbräuchlichen Geschäftspraktiken der CLT befaßte, EuGH - CBEMICLT und IPB v. 3. Oktober 1985, Rs. 311184, Slg. 1-1985, 3261, und die den Medienkonzern Fininvest betreffenden, abschlägig beschiedenen Sachen Mondadori (Bulletin der Europäischen Gemeinschaften 611990, S. 41) und Odeon (hierzu Fröhlinger; RuF 1993, 59 (62)). Dazu im Einzelnen § 3 A. III. 2. a) und§ 3 A. 111. 2. b). 944 Vgl. zur ähnlichen Argumentation des Medienkonzerns Fininvest gegenüber dem Europäischen Gerichtshof, Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 117. 945 Entscheidung der Europäischen Kommission - BSky B I Kirch PayTV v. 21. März 2000, ABI. 2000 Nr. C 110, 45 (Rdnr. 23 ff.); Entscheidung der Europäischen KommissionBritish Interactive BroadcastingiOpen v. 15. September 1999, ABI. 1999 Nr. L 312, 1 (Rdnr. 24ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission- BertelsmanniKirchiPremiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 18); Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1 (Rdnr. 32ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission v. 2. August 1994 - Telepiu, ABI. 1994 Nr. C 225, 3; BKartA, TB 1985186 (BT-Drucks. 111554), S. 91. Dazu ausführlich Frey, ZUM 1998, 985 (987ff.). Vgl. auch Paschke, Medienrecht, Rdnr. 482; BeucheriLeyendecker I von Rosenberg- Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 24. Anderer Ansicht Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 220 ff.
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ist für ihn, wie viele Programme er empfangen kann und ob bzw. wieviel er für sie zahlen muß. Die digitalen Fernsehprogramme bilden daher keinen eigenständigen Prograrnrnarkt, sondern zählen in aller Regel zum Markt des Bezahlfernsehens946.
(6) Zwischenergebnis Der Rezipientenmarkt im Rundfunk ist ein eigenständig zu betrachtender Markt, auf dem Programmveranstalter mit ihren Informations- und Unterhaltungsangeboten um möglichst viele Rezipienten konkurrieren. Dabei gehört dieser Rundfunk-Rezipientenmarkt keinem medienübergreifenden Gesamtrezipientenmarkt an. Vielmehr ist er - ungeachtet der Besonderheiten im Einzelfall - von den Rezipientenmärkten anderer Massenmedien wie etwa dem Lesermarkt der Presse zu trennen. Aber auch innerhalb des Rundfunks ist grundsätzlich nach der jeweils eingesetzten Verbreitungstechnologie zu unterscheiden. So ist beispielsweise zwischen dem Zuschauermarkt des Fernsehens und dem Zuhörermarkt des Hörfunks zu differenzieren. Ferner ist zwischen terrestrischen, Kabel- und Satellitenprogrammen zu unterscheiden. Nach der Art der Programmfinanzierung sind der Markt des rein werbefinanzierten Fernsehens und der des Bezahlfernsehens zu trennen. Dagegen ist für die Abgrenzung der Rezipientenmärkte unerheblich, ob die Rundfunkübertragung analog oder digital erfolgt, welche Rechtsform der Veranstalter der empfangenen Rundfunkprogramme hat und welches inhaltlich-publizistische Profil die jeweiligen Programme haben. bb) Werbemarkt Auf dem Werbemarkt stehen die Rundfunkveranstalter in einem Angebotswettbewerb um Werbeerlöse947 . Die Marktgegenseite bilden die Werbetreibenden selbst oder die sie vertretenden Werbeagenturen948 . Der wirtschaftliche Erfolg der Rundfunkveranstalter hängt essentiell von deren Erfolg im Wettbewerb um die Werbebudgets der Wirtschaft ab. Dies gilt in erster Linie für das werbefinanzierte Fernsehen, aber auch für das überwiegend entgeltfinanzierte Bezahlfernsehen. Für die Frage nach den Grundsätzen für eine korrekte Differenzierung innerhalb der Werbemärkte kann auf die Erkenntnisse zurückgegriffen werden, die bei der Abgrenzung der Rezipientenmärkte gewonnen wurden. 946 Entscheidung der Europäischen Kommission - BSkyB I Kirch PayTV v. 21. März 2000, ABI. 2000 Nr. C 110, 45 (Rdnr. 26); Entscheidung der Europäischen Kommission BertelsmanniKirchiPremiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 18); König, Digitales Fernsehen, S. 119. Vgl. auch BeucheriLeyendeckerlvon Rosenberg-Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 24. 947 Beucher I Leyendecker I von Rosenberg- Wesse/y, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 24. 948 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTL I Veronica I Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14 (Rdnr. 22).
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Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob anders als im Rezipientenmarkt ein medienübergreifender Werbemarkt angenommen werden kann. Entscheidend ist, ob aus Sicht der Werbekunden die Werbeflächen in Presse und Rundfunk funktionell austauschbar sind. Nach einer Ansicht949 besteht ein einheitlicher Gesamtwerbemarkt Letztlich gehe es dem verständigen Werbekunden stets um denselben Zweck, nämlich möglichst viele Rezipienten zu einem Kauf seines Produkts bzw. seiner Dienstleistung zu veranlassen. Demzufolge seien Presse- und Rundfunkwerbung letztlich austauschbar. Nach anderer Ansicht, allen voran der Europäischen Kommission950, ist auch bei den Werbemärkten zwischen den Medien und hier vor allem zwischen Presse und Rundfunk zu differenzieren. Dafür spricht neben den erheblichen Preisunterschieden951 vor allem, daß aus Sicht der Mediaplanung Presse- und Rundfunkwerbung über wesentlich andere Wirkungspotentiale verfügen952 und sich daher für jeweils andere Produkte und Dienstleistungen eignen. So eignet sich das Fernsehen vornehmlich für die Markteinführung von Markenprodukten, während sich die Werbung in den Printmedien vor allem für Dauerkampagnen (z. B. Inserate örtlicher Lebensmittelketten), Produkte mit höherem Erklärungsbedarf (z. B. Computer) oder fehlendem Markenprofil (z. B. Bücher) eignet. Ferner ermöglicht die Presse eine wesentlich zielgruppengenauere Ansprache953, während die Fernsehwerbung auf die breite Masse angelegt und daher regelmäßig mit beträchtlichen Streuverlusten verbunden ist. Presse- und Rundfunkwerbung verfolgen sonach werbepsychologisch wie werbetechnisch wesentlich andere Zwecke und Zielrichtungen. Je nach dem Werbebedürfnis des Kunden sind die Medien unterschiedlich effektiv954. 949 Vgl. für den Bereich der nationalen Wettbewerbskontrolle Scholz, AfP 1983, 261 (261 f.); einschränkend Kühler, Medienverilechtung, S. 61. 950 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTL/Veronica/Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14 (Rdnr. 23). Vgl. auch zur Sache Fininvest/Mondadori, Bulletin der Europäischen Gemeinschaften 6/1990, S. 41 (dazu Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 239; Wagner, AfP 1992, 1 (3); dazu auch§ 3 A. III. 2. a). Für den Bereich der nationalen Wettbewerbskontrolle ebenso BKartA, WuW /E BKartA 1921, 1924ff. - Burda-Springer; WuW /E BKartA 2396 (2402 ff.) - WDR/ Radio NRW; KG, WuW /E OLG 2228 (2232) - Zeitungsmarkt München; WuW /E OLG 3767 (3773) - Niederrheinische Anzeigenblätter; WuW /E OLG 4811 (4825 ff.) - WDR/ Radio NRW; 7. Hauptgutachten der Monopolkommission 1988, BT-Drucks. 11/2677, 2678, Tz. 625; Möschel, JZ 1984, 493 (497); Mestmäcker, GRUR Int. 1983, 553 (557); ders., Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 81; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 184 ff. ; Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 84 f. 951 Ebenso mit Bezug auf die parallele Diskussion auf nationaler Ebene KG, WuW /E OLG 4811 (4825 ff.)- WDR/Radio NRW. 952 Diese in der Praxis allgemein anerkannte Ansicht kann sich auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung stützen, vgl. dazu bereits § 1 C. II. 1. a. E. 953 Vgl. bereits § 1 B. II. I. 954 Vgl. Möschel, JZ 1984, 493 (497).
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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Der pauschale Ansatz, der Werbekunde verfolge unabhängig von dem konkret gewählten Medium letztlich nur das eine Ziel, möglichst viele Rezipienten zum Kauf seines Produkts bzw. seiner Dienstleistung zu veranlassen, greift zu kurz, zumal bei konsequenter Fortführung dieses Gedankens alle Werbemärkte der Presse, etwa die Werbung in so verschiedenen Presseerzeugnissen wie Tageszeitungen, Frauenmagazinen und Anzeigenblättem, wenn nicht sogar der Markt für Plakatwerbung und für Postwurfsendungen955 einem einzigen sachlichen Markt zuzurechnen wären. Wie auch im Programmarkt besteht eine echte funktionelle Austauschbarkeil für den Werbekunden daher nur innerhalb derselben Mediengattung. Dies gilt nicht nur im Verhältnis zwischen Rundfunk und Presse, sondern auch innerhalb des Rundfunksektors zwischen Hörfunk und Femsehen956 . Auch hier bestehen gravierende, auf dem medienspezifischen Wirkungspotential und den strukturellen Rahmenbedingungen beruhende Unterschiede in der Bewerbung und Bewerbbarkeit von Produkten. Die intermediären Wettbewerbsbeziehungen zwischen dem Markt der Fernsehwerbung und dem der Hörfunkwerbung sind mehr komplementär als substitutiv. Sie können daher allenfalls bei der Feststellung des Beherrschungsgrads Berücksichtigung finden. Eine Ausnahme ließe sich für die lokalen Werbemärkte denken. Hier kann im Einzelfall ein medienübergreifender Werbemarkt bestehen, wenn aus Sicht der betroffenen Werbewirtschaft eine Anzeige in der lokalen Presse und ein Werbetrailer im lokalen Rundfunk, namentlich im lokalen Hörfunk funktionell austauschbar sind957 Dies setzt vor allem voraus, daß sich die Werbepreise auf annähernd gleichem Niveau bewegen. Bislang hat sich die Nachfrageelastizität zwischen der Werbung in den Print- und den elektronischen Medien indes als eher gering erwiesen958 .
Für die übrigen Abgrenzungskriterien gelten die Ausführungen zu den Rezipientenmärkten entsprechend959. Da sich die Programme inhaltlich kaum unterscheiden, vor allem keine wesentlichen Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen bestehen, vielmehr alle Programme um ein massenattraktives Programm bemüht sind und im wesentlichen die gleiche Bevölkerungsgruppe ansprechen, sind sie aus Sicht der Werbekundschaft untereinander weitgehend substituierbar. Auch in den Werbemärkten ist sonach eine Abgrenzung entlang des inhaltlich-publizistischen Profils und der Rechtsform der Programme nicht sachgerecht. Dagegen ist wie in den Zuschauermärkten wohl auch in den Werbemärkten prinzipiell zwischen Bezahl- und rein werbefinanziertem Fernsehen sowie - nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen technischen Reichweite - zwischen terrestrischen, Kabel- und Satellitenprogrammen zu unterscheiden. 955 956 957
958 959
Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 185 f. Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 187. Kühler, Medienverflechtung, S. 61; Bopp, AfP 1989,641 (642). Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 188m. w. N. Vgl. § 3 A. III. l. a) aa) (2), § 3 A. 111. l. a) aa) (4) und § 3 A. 111. l. a) aa) (5).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
cc) Programmbeschaffung Auf den Programmbeschaffungsmärkten stehen die Rundfunkveranstalter in einem Nachfragewettbewerb um SendemateriaL Ihnen steht eine vor allem im Bereich des Sport- und Filmrechtehandels hoch konzentrierte Anbieterseite gegenüber960. Zu den Inhaltszulieferem zählen neben Rechtehändlern und Sportveranstaltern zum Beispiel Produktionsuntemehmen, Nachrichtenagenturen oder auch einzelne Künstler. Dabei gehören einem sachlichen Markt alle jene Inhaltszulieferer an, die aus Sicht der Marktgegenseite, das heißt der Rundfunkveranstalter untereinander kurzfristig substituierbar sind. Der sachliche Referenzmarkt umfaßt mithin alle Rechte, Produktionen oder sonstige Programminhalte, die aus Sicht der Sender funktionell austauschbar sind. Hieraus folgt, daß sich der Markt für Programmressourcen in eine nicht überschaubare Vielzahl von Einzelmärkten spaltet. Für die Marktabgrenzung gelten die allgemeinen Grundsätze961 • So unterscheiden die Europäische Kommission und das Europäische Gericht zum Beispiel innerhalb des Produktionsmarktes zwischen dem Markt für unabhängig produzierte Fernsehprogramme und dem Markt der Eigenproduktionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß die Eigenproduktionen in erster Linie die Zuschauer an die Rundfunkanstalten binden, nicht aber anderen Rundfunkveranstaltern im selben Verbreitungsgebiet angeboten werden sollen, während sich der Markt der unabhängigen Produktion vollumfänglich nach Angebot und Nachfrage richtet962 .
dd) Distribution Gleiches gilt für die Distributionsmärkte. Zu diesen werden neben dem Betrieb von Kabelnetzen 963 , der Vermietung von Satellitentransponderkapazitäten964 bei960 EuGH - CICCE v. 28. März 1985, Rs. 298/83, Slg. 1-1985, 1105. Dazu bereits unter § 1 C. 111. 1. a). 961 Zur nicht unkomplizierten Abgrenzung Engel, Medienordnungsrecht, S. 99 ff. 962 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTL/Veronica/ Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14 (Rdnr. 89 f.). Bestätigt durch EuG - Endemol Entertainment Group BV I Kommission v. 28. April 1999, Rs. T-221195; dazu Bartosch, NJW-CoR 1999, 312. 963 Kabelnetzbetreiber bieten angeschlossenen Haushalten regelmäßig die Wartung des Netzes, den Vertrieb und die Vermarktung von Rundfunkprogrammen an, Entscheidung der Europäischen Kommission - Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I (Rdnr. 39 ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission - Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20 (Rdnr. 61); Entscheidung der Europäischen Kommission- Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 19ff.). Zu den technischen Grundlagen§ 1 A.l. 2. 964 Entscheidung der Europäischen Kommission- Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20 (Rdnr. 56f.). Satellitentransponderkapazitäten werden von Unternehmen angeboten, die Satelliten in die Umlaufbahn bringen, betreiben und Transponder für die Übertragung von Rundfunksignalen an interessierte Rundfunkveranstalter vermieten. Diese wiederum schließen Lizenzverträge mit Kabelnetzbetreibern und I oder direktempfangenden Zuschauern. Zu den technischen Grundlagen§ I A. I. 2.
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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spielsweise auch der Betrieb digitaler Plattformen965, die Produktion und der Vertrieb der zum Programmempfang notwendigen Hardware wie etwa Decodern966 oder die Zweitverwertung von Programmrechten gezählt. Zu einem gegenständlichen Markt zählen dabei - entsprechend den allgemeinen Grundsätzen - alle Anbieter bzw. Produkte und Leistungen, die aus Sicht des jeweiligen Abnehmers funktionell austauschbar sind967 . Für das Verhältnis zwischen den Inhabern von Übertragungswegen, das heißt terrestrischen Frequenzen, Kabelnetz- und Satellitenkapazitäten, und Programmveranstaltern ist indes zu beachten, daß die Veranstalter bei der Zuteilung von Übertragungsmöglichkeiten zwar faktisch konkurrieren, hierin aber kein "Markt für die Veranstaltung von Rundfunksendungen" zu sehen ist, in dem sich die Rundfunkveranstalter als Nachfrager und die Länder bzw. Landesmedienanstalten als Anbieter gegenüberstehen968 . Die terrestrischen Frequenzen, die Kapazitäten in den Kabelnetzen und Satelliten werden behördlich verteilt. Die Verteilung ist an strikte medienrechtliche Vorgaben gebunden, die Inkompatibilitätsregelungen, Entscheidungsdirektiven und zum Teil auch ausdrückliche Frequenzzuweisungen an einzelne Anbieter enthalten 969 • Es besteht daher kein freier Wettbewerb um Übertragungsfrequenzenund damit auch kein Markt für Übertragungsfrequenzen970 .
ee) Zwischenergebnis Das Bedarfsmarktkonzept führt zu einer engen Marktabgrenzung971 • Prinzipiell lassen sich die Ebenen der Programmveranstaltung, der Programmbeschaffung und des Programmvertriebs unterscheiden. 965 Entscheidung der Europäischen Kommission - BSkyB I Kirch PayTV v. 21. März 2000, ABI. 2000 Nr. C 110, 45 (Rdnr. 30ff.); Entscheidung der Europäischen KommissionBritish Interactive Broadcasting/Open v. 15. September 1999, ABI. 1999 Nr. L 312, 1 (Rdnr. 30ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission- Bertelsmann/Kirch/Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 19ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom/ Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 16ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1 (Rdnr. 20ff.). Ob innerhalb des Marktes für technische Dienstleistungen für digitale Pay TV-Dienste zwischen Satelliten- und Kabelnetzübertragung zu unterscheiden ist, ließ die Kommission offen, Entscheidung der Europäischen Kommission- Bertelsmann/Kirch/Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 21). Zum Begriff der digitalen Plattform bereits § 1 D. II. 3. 966 Entscheidung der Europäischen Kommission - Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1. Dazu König, Digitales Fernsehen, S. 109 f., 111 f. Zur Funktion und Bedeutung von Decodern für das System des Bezahlfernsehens bereits§ 1 D. li. 3. 967 Ein Überblick über die von der Europäischen Kommission anerkannten Märkte etwa in Frey, ZUM 1998,985 (989f.). 968 So aber Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (130f.). Wie hier Engel, Medienordnungsrecht, S. 82. 969 Vgl. Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 60ff. 970 Ebenso Giehl, Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstaltern, S. 27f. 971 Emmerich, Kartellrecht, S. 448. Gleiches gilt für die Praxis der deutschen Kartellbehörden und -rechtsprechung, vgl. Kühler, Medienverflechtung, S. 60.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Auf der Ebene der Programmveranstaltung ist zwischen den Rezipienten- und den Werbemärkten zu unterscheiden, die grundsätzlich nach den gleichen Kriterien aufzuspalten sind. So ist in beiden Märkten zwischen den verschiedenen Mitteln der Massenkommunikation, den genutzten Übertragungswegen und der Finanzierungsform der Sender zu differenzieren. Ungeeignete Abgrenzungskriterien stellen dagegen das inhaltlich-publizistische Profil, die Rechtsform und Sendetechnik der Programme dar. Die Beschaffungs- und Vertriebsmärkte lassen sich in eine nicht überschaubare Vielzahl von Einzelmärkten segmentieren. Der Nachfragewettbewerb der Runclfunkveranstalter um Übertragungsfrequenzen begründet jedoch keinen Markt im wettbewerbsrechtlichen Sinne. Hieraus folgt, daß der rundfunkrechtliche Begriff der intermediären und vertikalen Cross Ownership vom Tatbestand der marktübergreifenden, das heißt diagonalen bzw. vertikalen Konzentration im Sinne des Wettbewerbsrechts umfaßt wird. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht liegt eine marktübergreifende Eigentumskonzentration allerdings auch schon dann vor, wenn ein Rundfunkveranstalter einen rein werbefinanzierten Sender und zugleich einen Abonnementkanal betreibt. Gleiches gilt, wenn er neben terrestrisch ausgestrahlten Programmen auch Satellitenprogramme veranstaltet. Demgegenüber differenziert der rundfunkrechtliche Marktbegriff nicht zwischen terrestrischen, Kabel- und Satellitenkanälen sowie Free TV und Pay TV. Übereinstimmungen finden sich jedoch insoweit, als der Zuschauermarkt im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags ebenfalls weder nach der Art der Übertragungstechnik noch nach inhaltlichen oder rechtlichen Kriterien unterscheidet. 972
b) Geographischer Referenvnarkt
Die geographische Marktabgrenzung hat vor allem im Rahmen der Fusionskontrolle eine gewichtige Bedeutung gewonnen. Die Übergänge zur sachlichen Marktabgrenzung sind zum Teil fließend. Der relevante räumliche Markt bezeichnet das Gebiet, in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind, um eine Einschätzung der wirtschaftlichen Macht des kontrollierten Unternehmens zu ermöglichen, und das sich hierdurch von den benachbarten Gebieten deutlich unterscheidet973. In der von einem dynamischen Ansatz974 ausgehenden Gesamtbetrachtung sind alle relevanten Parameter zu berücksichtigen. Zu diesen zählen vor allem die Verbrauchsgewohnheiten und -präferenzen der Abnehmer, Art und §§ 27 Abs. 1, 39 Satz 1 RStV. Vgl. auch noch unter§ 3D. III. l. b). EuGH- United Brands v. 14. Februar 1978, Rs. 27176, Slg. 1-1978, 207 (Rdnr. lO f.). Explizit für die Fusionskontrolle Art. 9 Abs. 7 FKVO. Dazu etwa Frey, ZUM 1998, 985 (990ff.). 974 Siehe § 3 A. III. l. aa). 972 973
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Eigenschaft der jeweiligen Produkte und Dienstleistungen, vor allem aber auch die bestehenden staatlichen Handelsschranken975 . Prinzipiell wird zwischen lokalen, regionalen, nationalen, gemeinschafts- und weltweiten Märkten differenziert. Für die Medienmärkte folgt hieraus zunächst, daß die verschiedenen Sprachräume jeweils in sich abgeschlossene Märkte bilden. Aus der Sprachenvielfalt in der Europäischen Gemeinschaft resultiert eine Orientierung der geographischen Märkte an den Sprachgrenzen, da aus Sicht der überwiegenden Anzahl der Rezipienten verschiedensprachige Programme nicht austauschbar sind976. Ein gemeinschafts- oder gar weltweiter Medienmarkt kann demzufolge nicht angenommen werden. So konnte der Zusammenschluß der CLT und der Bertelsmann-Tochter UFA Film- und Fernsehen genehmigt werden, obwohl damit auf die europäische Ebene bezogen der mit Abstand größte Privatfunkkonzern entstand. Denn die Geschäftsfelder der CLT und der UFA überschnitten sich nur in Deutschland, wo erwartet wurde, daß die CLT-UFA einem starken Wettbewerb der Kirch-Gruppe ausgesetzt sein würde977 • Auch das Joint Venture Epsilon Mediagroup der Kirch-Gruppe mit Silvio Berlusconis Mediaset wurde ohne Auflagen genehmigt, da die EG-Kommission von der Fusion nur verschiedene geographische Märkte betroffen sah978 •
Innerhalb desselben Sprachraums können kulturelle Schranken zur Aufspaltung in verschiedene Märkte führen. So sind die Zuschauermärkte in den Niederlanden und im flämischen Teil Belgiens als verschiedene räumliche Märkte anzusehen, da die Programme, obschon sie in derselben Sprache ausgestrahlt werden, so starke Unterschiede in der "Ausdrucksweise, im nationalen Geschmack und in den Vorlieben für bestimmte Femsehstars" aufweisen, daß sie aus Sicht der Zuschauer nicht substituierbar sind979. 975 Europäischen Kommission, Bekanntmachung v. 3. September 1986, ABI. 1996 Nr. C 231; Entscheidung der Europäischen Kommission v. 22. Juli 1992, ABI. 1992 Nr. L 356, I (Rdnr. 28); 8/eckmann, Europarecht, Rdnr. 1928 f.; Nicolaysen, Europarecht, S. 254. 976 Entscheidung der Europäischen Kommission Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 22ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I (Rdnr. 47); Entscheidung derEuropäischen Kommission v. 26. Juni 1997- VTM, ABI. 1997 Nr. L 244, 18; Entscheidung der Europäischen Kommission v. 2. August 1994 - Telepiu, ABI. 1994 Nr. C 225, 3. Zustimmend Frey, ZUM 1998, 985 (991 f.); Bremer!Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 109; Wagner, AfP 1992, I (7). Zur geringen Nutzung fremdsprachiger Prograrnrne in Deutschland Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13110650), S. 108; Engel/Seelmann-Eggebert, Kommunikation und Medien, Rdnr. 104. Zu den wenigen pan-europäischen Programmen bereits unter § 1 D. I. 1., Fußnote 321. 977 Europäische Kommission, 26. Wettbewerbsbericht [1996], Tz. 148. 978 Entscheidung der Europäischen Kommission - KirchiMediaset v. 3. August 1999, Sache Nr. IV IM1574, nicht im ABI. veröffentlicht. Dazu Altes, MP 2000, 482 (483). 979 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTLI Veronica I Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14 (Rdnr. 26).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Die wichtigste geographische Differenzierung erfolgt typischerweise entlang der
nationalen Grenzen. Vor allem bei der Rundfunkveranstaltung beschränken sich die relevanten räumlichen Märkte regelmäßig auf die Gebiete der einzelnen Mitgliedstaaten, da sich diese durch den nationalen Ordnungsrahmen, aber auch durch die faktischen Wettbewerbsbedingungen erheblich unterscheiden 980. So ist beispielsweise die Verkabelung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft unterschiedlich weit fortgeschritten.
Darüberhinaus sind die Medienmärkte auch innerstaatlich in überregionale und regionale respektive lokale Zuschauermärkte zu segmentieren. Aus Sicht der Rezipienten ist das Programm eines Lokal- bzw. Regionalsenders mit dem eines überregionalen Senders zumindest dann nicht austauschbar, wenn der Lokal- oder Regionalsender überwiegend über lokale oder regionale Ereignisse berichtet981 . Entsprechendes gilt für die Werbemärkte. Einem einheitlichen gemeinschaftsoder gar weltweiten Werbemarkt stehen die sprachlichen und kulturellen Barrieren entgegen. Wegen der von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat differierenden gesetzlichen Werbebeschränkungen, die auch das grenzüberschreitende Werbeangebot betreffen, sind die Werbemärkte regelmäßig landesspezifische, nationale Märkte982. Darüberhinaus ist zwischen lokalen, regionalen und überregionalen Werbemärkten zu differenzieren, da die lokalen und regionalen Sender in erster Linie die lokale bzw. regionale Werbewirtschaft bedienen, die zur Vermeidung von Streuverlusten nicht auf überregionale Sender ausweichen kann. Infolgedessen sind aus Sicht der Werbekunden die Programme der überregionalen Sender nicht mit denen der Lokal- und Regionalprogramme austauschbar. 980 Entscheidung der Europäischen Kommission - BSkyB/Kirch PayTV v. 21. März 2000, ABI. 2000 Nr. C llO, 45 (Rdnr. 28); Entscheidung der Europäischen KommissionBritish Interactive Broadcasting/Open v. 15. September 1999, ABI. 1999 Nr. L 312, 1 (Rdnr. 42); Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I (Rdnr. 45ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission- RTL/Veronica/Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14 (Rdnr. 25); Entscheidung der Europäischen Kommission v. 2. August 1994 - Telepiu, ABI. 1994 Nr. C 225, 3; vgl. auch Langen/Bunte-Löffler, Art. 2 FKVO 4064189, Rdnr. 85. Gleiches gilt für den Betrieb von Kabelnetzen Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 24). Differenzierend nach Kabel- und Satellitenübertragung hingegen im Hinblick auf die technischen, digitalen Plattformen Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom I Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 23); Entscheidung der Europäischen Kommission - BertelsmanniKirchiPremiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 25). Vgl. hierzu Mailänder; Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 225 ff. 981 Anderer Ansicht Bismark, AfP 1982, 135 (136). 982 Entscheidung der Europäischen Kommission v. 26. Juni 1997 - VTM, ABI. 1997 Nr. L 244, 18; Entscheidung der Europäischen Kommission - RTL I Veronica I Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14 (Rdnr. 27f.).
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Da dem nationalen Wettbewerbsrecht weiterhin die Regulierung der lokalen und regionalen Märkte vorbehalten bleiben soll, muß der geographische Referenzmarkt für den Wettbewerb in der Gemeinschaft relevant sein, mithin einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes darstellen. Die Gemeinschaftsrelevanz des Marktes bemißt sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nach der Struktur des jeweiligen Marktes sowie nach der Größe und dem Umfang des Dienstleistungsspektrums wie -verbrauchs983 . Das Territorium eines Mitgliedstaates stellt regelmäßig einen wesentlichen Teil der Gemeinschaft dar984. Zusammenschlüsse oder der Mißbrauch auf lokaler oder regionaler Ebene werden von der europäischen Wettbewerbskontrolle dagegen regelmäßig nicht erfaßt. Im Bereich der Medien sind sonach der lokale, der regionale, der nationale und der Markt, der durch den gemeinsamen Sprach- oder Kulturraum verbunden ist, zu unterscheiden. Die lokalen und regionalen Märkte sind für den Wettbewerb in der Gemeinschaft regelmäßig irrelevant. Die europäische Wettbewerbskontrolle beschränkt sich im Bereich der Medien daher in erster Linie auf die nationalen Märkte und darüberhinaus auf die, die einem gemeinsamen Sprach- oder Kulturraum angehören. c) Beherrschungsgrad
Das nach Art. 3 lit. g EG zu errichtende System unverfälschten Wettbewerbs zeichnet sich durch einen anonymen Wettbewerbsdruck aus, der bewirkt, daß das Verhalten der Marktteilnehmer risikobehaftet bleibt. Solange dieser anonyme Wettbewerbsdruck besteht, sind die Marktteilnehmer voneinander wechselseitig abhängig. Kann sich ein Unternehmen diesem Wettbewerbsdruck entziehen und sich in spürbarem Umfang unabhängig von Wettbewerbern und Abnehmern gerieren, ist seine Position als marktbeherrschend zu qualifizieren. Charakteristikum einer marktbeherrschenden Stellung ist daher die Fähigkeit des Unternehmens, unabhängige Marktstrategien zu verfolgen, etwa indem es die Wettbewerbsbedingungen merklich beeinflussen, namentlich einen wirksamen Wettbewerb auf dem relevanten Markt verhindern kann und dabei auf das Verhalten der Konkurrenz wie auch letztlich auf das der Verbraucher keine nennenswerte Rücksicht mehr zu nehmen braucht985 . 983 EuGH- Suiker Unie/Kommission v. 16. Dezember 1975, Rs. Verb. 40/73 u. a., Slg. 1-1975, 1663 (Rdnr. 371 f.). 984 EuGH- ERT v. 18. Juni 1991, Rs. C-260/89, S1g. 1-1991,2925 (Rdnr. 31); EuGHMichelin v. 9. November 1983, Rs. 322/81, Slg. 1-1983, 3461 (Rdnr. 28). Dazu kritisch Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1942. 985 EuGH- United Brands v. 14. Februar 1978, Rs. 27176, Slg. 1-1978, 207 (Rdnr. 63, 66); EuGH- L' Oreal v. ll. Dezember 1980, Rs. 31/80, Slg. 1-1980, 3775 (Rdnr. 26); EuGH - Michelin v. 9. November 1983, Rs. 322/81, Slg. 1-1983, 3461 (Rdnr. 30); EuGH- Hofmann-LaRoche/Vitamine v. 13. Februar 1979, Rs. 85/76, Slg. l-1979, 461 (Rdnr. 38); EuGH
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Ob ein Unternehmen eine solche wirtschaftliche Machtstellung besitzt, entscheidet sich nach einer Gesamtbetrachtung im Einzelfall 986 . Die wichtigste Bezugsgröße für die Ermittlung der Marktmacht ist dabei der Marktanteil des Untemehmens987. Dabei überläßt das europäische Wettbewerbsrecht die Bestimmung des kritischen Marktanteils den zur Entscheidung berufenen Behörden bzw. Gerichten, während die deutschen Wettbewerbsgesetze die kritische Grenze auf ein Drittel festgelegt haben,§ 19 Abs. 3 Satz 1 GWB 988 . Die Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission und des Europäischen Gerichtshofs läßt folgende Leitlinien erkennen: Beide nehmen eine marktbeherrschende Stellung erst ab einem Marktanteil von 50% "ohne weiteres" an989 . Darunter wird eine marktbeherrschende Stellung nur dann angenommen, wenn zu dem Marktanteil noch weitere Faktoren treten, die für eine beherrschende Stellung des Unternehmens sprechen. Zu diesen zählt etwa ein nur schwacher Wettbewerb der anderen Anbieter oder Nachfrager, ein erheblicher Abstand des Unternehmens zur Konkurrenz, das Fehlen potentieller Konkurrenz, hohe Marktzutrittsbarrieren oder gesetzliche Privilegien des Unternehmens 990. Von Bedeutung ist ferner die vorhandene oder zu befürchtende Akkumulation von Unternehmensressourcen, die Finanzkraft und Vertriebsstärke des Unternehmens sowie dessen technischer Vorsprung991 . Bei vertikalen Konzentrationen berücksichtigt die Kommission darüberhinaus deren Ausschlußeffekte auf den vor- und nachgelagerten Märkten, namentlich ob und inwiefern das vertikal integrierte Unternehmen seine Konkurrenz von deren Versorgungsquellen oder Vertriebskanälen abschneiden kann. Ferner werden die Wettbewerbspositionen und Handlungsspielräume des Unternehmens auf den nicht vor- oder nachgelagerten Märkten beachtet. So sind etwa bei der Ermittlung des Beherrschungsgrads im Fernsehen auch die intermediären Wettbewerbsbeziehungen der Programmveranstalter mitzuberücksichtigen992 . Im Ergebnis bestimmt sich der Beherrschungsgrad folglich aus einer Kombination von Marktstrukturund Marktverhaltenskriterien993 . - Alsatel/Novasam v. 5. Oktober 1988, Rs. 247/86, Slg. 1-1988,5987 (Rdnr. 12ff.). Vgl. auch Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1924. Der dieser Ansicht zugrundeliegende Gedanke ist im gemeinschaftlichen Primärrecht mehrfach manifestiert, vgl. etwa Art. 81 Abs. 3lit. b EG, aber auch Art. 65 § 2, 66 § 7 EGKSV. Vgl. auch Europäische Kommission, 21. Wettbewerbsbericht [1991], Tz. 406. 986 Wagner. AfP 1992, 1 (8). 987 Langen/Bunte-Löffler, Art. 2 FKVO 4064/89, Rdnr. 116. 988 Vgl. dazu noch im Einzelnen unter§ 3 C. III. 3. 989 EuGH- AKZO v. 3. Juli 1991 , Rs. C-62/86, Slg. 1-1991, 3359; Entscheidung der Europäischen Kommission v. 4. November 1988, ABI. Nr. L 317,47 (52); Entscheidung der Europäischen Kommission v. 5. Dezember 1988, ABI. Nr. L 20, 50 (64 f.). 990 EuG - RTE v. 10. Juli 1991, Rs. T-69 I 89, Slg. 11-1991, 485 (Rdnr. 63); dazu insgesamt Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1936f.; Langen/Bunte-Löffler. Art. 2 FKVO 4064/89, Rdnr. 117 ff. 991 EuGH- United Brands v. 14. Februar 1978, Rs. 27176, Slg. l-1978, 207 (Rdnr. 69ff.; 82ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission v. 19. Dezember 1990, ABI. 1992 Nr. L 152, 21 (Rdnr. 45). 992 So mit Bezug auf die Parallelproblematik im nationalen Recht Spieler. Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 182 f.
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
239
Im Ergebnis resultiert aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der Entscheidungspraxis der Kommission eine regelmäßig großzügigere Wettbewerbskontrolle verglichen mit der nationalen. Zwar schließt die Europäische Kommission die Möglichkeit einer marktbeherrschenden Stellung schon ab einem Marktanteil von 20 % nicht mehr aus, aber unter 25% Marktanteil fehlt es regelmäßig an einer Marktdominanz994 . Erst bei einem Marktanteil zwischen 40% und 45 % bejaht die Europäische Kommission in aller Regel eine marktbeherrschende Stellung995 . Auch in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hatten marktbeherrschende Unternehmen stets einen Marktanteil von mindestens 40 %. Allerdings finden sich auch Fälle, in denen die Europäische Kommission trotz eines Marktanteils von über 80% das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung abgelehnt hat996.
Festzuhalten bleibt, daß die marktbeherrschende Stellung erst bei einem Marktanteil von in der Regel mindestens 40 % indiziert ist, wobei neben diesem Marktstruktur- und Marktverhaltenskriterien zu berücksichtigen sind. Entscheidend ist letztlich, ob sich das Unternehmen dem anonymen Wettbewerbsdruck entziehen und spürbar unabhängige Marktstrategien verfolgen kann. Medienunternehmen haben bislang keine Sonderbehandlung erfahren997. Auch auf den Medienmärkten sind grundsätzlich nur ökonomische, keine publizistischen Kriterien entscheidend998 . Allerdings ist die Europäische Gemeinschaft seit dem Vertrag von Maastricht verpflichtet, bei der Auslegung und Anwendung der europäischen Wettbewerbsregeln kulturellen Aspekten hinreichend Rechnung zu tragen999. Zu diesen kulturellen Aspekten zählt auch das demokratie- und kulturstaatlich begründete, kommunikationspolitische Interesse der Nationalstaaten an einer ausreichenden Sicherung der publizistischen Vielfalt in den Medien. Bislang findet sich in der wettbewerbsrechtlichen Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission jedoch noch keine ausdrückliche Berücksichtigung kommunikationspolitischer Belange in Referenz auf die KulturverträglichkeitsklauseL Die Kommission selbst betont, daß die "Berücksichtigung kultureller Aspekte [ . . . ] vom Grundsatz her aufgrund des Charakters der Wettbewerbsregeln begrenzt" sei 1000• Auch die ersten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, 993 Zur zunehmenden Bedeutung des Marktverhaltens der Unternehmen bei der Medienfusionskontrolle Altes, MP 2000, 482 (488). 994 Vgl. 15. Begründungserwägung der FKVO. 995 Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1935 m. w. N. 996 Entscheidung der Europäischen Kommission v. 12. April 1991, ABI. 1991 Nr. L 122, 48 (Rdnr. 37 f.). 997 Anderer Ansicht Frey, ZUM 1998, 985 (997 ff.). 998 Vgl. dazu noch im Einzelnen unter§ 3 A. III. 3. c).
999 Querschnitts- oder Kulturverträglichkeitsklausel, Art. 128 Abs. 4 EG. Dazu bereits § 3 A. I. 2. a). IOOO Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. Apri11996, Teil I, Kap. IV, Unterkap. I B. Vgl. auch Europäische Kommission, a. a. 0., Teil V.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
in denen die Kulturverträglichkeitsklausel herangezogen worden sind, zeigen einen sehr vorsichtigen Umgang mit Art. 151 Abs. 4 EG 1001 . So hat der Gerichtshof klargestellt, daß die Kulturverträglichkeitsklausel nicht dazu genutzt werden dürfe, um bestehende Gemeinschaftsregelungen auszuhebeln. Zwar habe die Gemeinschaft den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen, dies dürfe die ihr aufgrund anderer Bestimmungen des Vertrags übertragenen Befugnisse jedoch in keiner Weise beeinträchtigen 1002 . In dieser Interpretation kommt der Klausel folglich ein nur noch geringes eigenständiges Gewicht zu. Der Schutz kommunikationspolitischer Belange, namentlich des Pluralismus in den Medien wird daher wohl auch in Zukunft nur als Nebenprodukt der Sicherung eines funktionsfähigen Wirtschaftslebens in der Gemeinschaft in Erscheinung treten 1003 . Nichtsdestoweniger kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei künftigen Entscheidungen im audiovisuellen Bereich kommunikationspolitische Interessen in die Bewertung der Marktposition miteinfließen und im Ergebnis zu einer im Vergleich zu anderen Branchen extensiveren Interpretation des Begriffs der Marktbeherrschung führen 1004, zumal die Europäische Kommission ihre bisherigen Entscheidungen im Bereich des Rundfunks als Beleg ihres Willens verstanden wissen will, "für die strikte Anwendung der Wettbewerbsregeln unter Berücksichtigung deren Auswirkungen auf den Pluralismus zu sorgen" 1005 • Zu weitgehend erscheint indes, wie teilweise vorgeschlagen 1006, im Hinblick auf kommunikationspolitische Interessen ohne weiteres von der intermediären Konzentration auf eine marktbeherrschende Stellung eines Medienunternehmens zu schließen, obschon bei der Ermittlung der Marktmacht auch und gerade die Gefahren multimedialer Meinungsmacht Berücksichtigung finden sollten, wenn man der Kulturverträglichkeitsklausel eine eigenständige Bedeutung zugesteht 1007 . 1001 EuGH- Bosman v. 15. Dezember 1995, Rs. 415/93, Slg. I-1995, 4921; EuGH- Piageme/Peeters v. 12. Oktober 1995, Rs. 85/94, Slg. 1-1995,2955. Zu berücksichtigen ist, daß zudem beide Entscheidungen keine wettbewerbsrechtlichen Fragestellungen betrafen. 1002 Dazu Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April 1996, Teil I, Kap. VII, Unterkap. I. 1003 Dagegen vertritt Frey, daß die Europäische Kommission bereits heute dem Interesse an einem Pluralismus in den Medien in vielfacher Hinsicht Rechnung trägt, Frey, ZUM 1998, 985 (997 ff.). 1004 Vgl. in diese Richtung auch Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April1996, Teil I, Kap. IV, Unterkap. I Ba. E. 1005 Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April 1996, Teil I, Kap. IV, Unterkap. I B. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß sie hierzu auf Entscheidungen verweist, die bereits vor Geltung der Kulturverträglichkeitsklausel erlassen worden sind (MSG, NSD und HMG, zu diesen noch ausführlich unter § 3 A. III. 3. c). 1006 Wagner, AfP 1992, 1 (12). 1007 Die kommunikationspolitisch kritischen Folgen der Nichtberücksichtigung medienpolitischer Aspekte bei der Marktabgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept zeigten sich besonders plastisch in der Sache Fininvest I Mondadori. Dazu noch unter § 3 A. 111. 2. a).
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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Im Folgenden ist nun auf die einzelnen Steuerungsinstrumente der europäischen Wettbewerbskontrolle einzugehen, soweit diese für die marktübergreifende Bigenturnskonzentration in den Medien von Relevanz sind. 2. Mißbrauchskontrolle, Art. 82 EG
Das europäische Wettbewerbsrecht verbietet die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben, soweit diese geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen 1008 . Das Mißbrauchsverbot des Art. 82 EG gilt unmittelbar. Der Mißbrauch muß nicht erst für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden 1009. Die Kommission kann auch keine Ausnahmen verfügen. Stellt sie einen Mißbrauch fest, kann sie die Unternehmen verpflichten, den Mißbrauch abzustellen 1010, und hierzu Zwangsgelder verhängen 10 11 .
a) Kein Monopolisierungsverbot
Gesetzlich verboten ist demnach nicht die Schaffung oder das Bestehen einer beherrschenden Stellung, sondern nur die mißbräuchliche Ausnutzung derselben1012. Da die europäische Mißbrauchskontrolle nach Art. 82 EG eine bereits bestehende, marktbeherrschende Stellung voraussetzt, verhindert sie diese nicht im vorhinein. Sie wirkt nicht präventiv. In den Medienmärkten führt dies zu kommunikationspolitisch unbefriedigenden Ergebnissen. Das wird von der Sache Fininvest I Mondadori besonders anschaulich illustriert 1013 . Der Medienkonzern Fininvest von Silvio Berlusconi, der im italienischen Privatfernsehen über eine weitgehende Alleinstellung verfügt, beabsichtigte Anfang der neunziger Jahre, die Kontrolle über das in Italien führende Verlagshaus Mondadori zu erwerben 1014. Trotz der zu befürchtenden intermediären Verflechtung und der Gefahr einer beherrschenden Stellung der Fininvest sowohl in der Presse als auch im Fernsehen bestätigte die Euro1008 Art. 82 Abs. 1 EG. Zu den Motiven der Mißbrauchskontrolle Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1921. 1009 Art. 1 EWG-KartVO. IOIO Art. 3 Abs. 1 EWG-KartVO. Inhalt der Verfügung muß dabei nicht notwendig die Untersagung des wettbewerblieh anstößigen Verhaltens sein. Die Kommission kann das Unternehmen beispielsweise auch zur Belieferung des bislang diskriminierten Unternehmens verpflichten. !Oll Art. 16 Abs. llit. a EWG-KartVO. 1012 Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1944. 1013 Bulletin der Europäischen Gemeinschaften 6/1990, S. 41. Dazu Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 239; Wagner, AfP 1992, I (3). 1014 Zu unikalen Stellung der Fininvest in den italienischen Medien Rauen, MP 1995, 115 (118); Sche/lenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 118. Zur Medienkonzentration in Italien allgemein Rauen, MP 1995, 115 (125).
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päische Kommission den Mehrheitserwerb. Die Kommission differenzierte zwischen dem Leser- und dem Werbemarkt im Bereich der italienischen Zeitschriften und Zeitungen und kam zu dem Schluß, daß der Fininvest kein Mißbrauch nach Art. 82 EG 1015 vorwerfbar sei, da diese zum damaligen Zeitpunkt in keinem der genannten Märkte eine beherrschende Stellung inne gehabt hätte. Ihr Quasi-Monopol im Markt der Fernsehwerbung sei nicht zu berücksichtigen, da zwischen diesem und dem Zeitschriften- und Zeitungswerbemarkt allenfalls geringe Substitutionsbeziehungen bestünden. Ferner sei auch die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung durch die Kontrollübernahme nicht zweifelsfrei festzustellen, da Mondadori und Fininvest zusammen auf dem Markt der Zeitschriftenwerbung über nur 39% Marktanteil verfügten. Kommunikationspolitische Aspekte wurden in der Begründung nicht berücksichtigt.
b) Mißbrauch
Mißbrauch ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs jede Verhaltensweise eines Unternehmens, die geeignet ist, die Struktur des Marktes, dessen Wettbewerb aufgrund der Präsenz des marktbeherrschenden Unternehmens ohnehin bereits geschwächt ist, zu beeinflussen und die Erhaltung des Restwettbewerbs oder das Wiedererstarken eines wirksamen Wettbewerbs zu behindern, indem es Mittel einsetzt, die "von den Mitteln eines normalen Produktund Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger abweichen" 1016. Es kommt sonach darauf an, ob sich das Verhalten des Unternehmens im Rahmen eines zulässigen und anzustrebenden Leistungswettbewerb hält oder wettbewerblieh anstößig ist. Die Maßstäbe für die Mißbrauchskontrolle werden daher entscheidend von den Vorstellungen über die Funktionsbedingungen und die Funktionsweise eines Systems hinreichend freien und fairen Wettbewerbs geprägt. Nicht erforderlich ist, daß das mißbräuchliche Verhalten den Handel bereits tatsächlich beeinträchtigt hat. Es genügt der Nachweis, daß das Verhalten geeignet ist, eine derartige Wirkung zu entfalten 1017. Ebenfalls unerheblich ist, ob der Mißbrauch auf dem Verschulden des beherrschenden Unternehmens oder auf dessen Marktbeherrschung beruht. Entscheidend ist, ob das Verhalten den Zielen des Gemeinsamen Marktes objektiv widerspricht1018. Ebenso wie die Frage der Marktabgrenzung und -beherrschung ist auch der Begriff des Mißbrauchs normativ zu verstehen. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Marktabgrenzung, Marktbeherrschung und der Annahme einer mißbräuchlichen Verhaltensweise. So wird in der Praxis nicht selten von einer unter Wettbewerbsgesichtspunkten anstößigen Verhaltensweise auf die Marktbeherrschung des Unternehmens geschlossen 1019. 1015 Zum Marktstrukturmißbrauch siehe§ 3 A. III. 2. bb). 1016 EuGH- Hofmann-LaRoche/Vitamine v. 13. Februar 1979, Rs. 85176, Slg. 1-1979, 461 (Rdnr. 91); EuGH- AKZO v. 3. Juli 1991, Rs. C-62/86, Slg. 1-1991,3359 (Rdnr. 69). 1017 Oppermann, Europarecht, Rdnr. 1041. 1018 Schmidt, I., Kartellrecht, S. 230; Oppermann, Europarecht, Rdnr. 1042.
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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Herkömmlich werden Ausbeutungs- und Behinderungsmißbrauch unterschieden. Wahrend sich der Ausbeutungsmißbrauch 1020 an den vertikalen Wettbewerbsbeziehungen zu den vor- oder nachgelagerten Wirtschaftsstufen orientiert, richtet sich der horizontale Behinderungsmißbrauch 1021 gegen die Konkurrenten des Marktes, auf dem das Unternehmen marktbeherrschend ist 1022 . Über diese traditionellen Erscheinungsformen des Mißbrauchs hinaus entwickelte der Gerichtshof die Figur des Marktstrukturmißbrauchs. Im Jahre 1973 entschied er, daß ein Mißbrauch auch darin liegen kann, daß ein marktbeherrschendes Unternehmen ein anderes erwirbt, dadurch seine beherrschende Position noch weiter ausbaut und den noch bestehenden Restwettbewerb faktisch ganz ausschaltet 1023 . Über die genauen Konturen des Marktstrukturmißbrauchs besteht bis heute indes keine Einigkeit. Unstrittig ist jedoch, daß er - wie die anderen Formen des Mißbrauchs auch eine bereits bestehende marktbeherrschenden Stellung voraussetzt. Vorgänge, die eine marktbeherrschende Stellung erst begründen, werden von Art. 82 EG nicht erlaßt. Stellt der die Marktbeherrschung des Unternehmens verstärkende Vorgang einen gemeinschaftsweiten Zusammenschluß im Sinne der Fusionskontrollverordnung dar, hat die Europäische Kommission erklärt, von ihrer theoretisch bestehenden Regulierungsmöglichkeit über Art. 82 EG keinen Gebrauch machen zu wollen 1024 . Ein Strukturmißbrauch wird von der Europäischen Kommission daher im wesentlichen nur dann nach Art. 82 EG verfolgt, wenn das marktbeherrschende Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung oder einen sonstigen Einfluß auf die Geschäftspolitik seines Konkurrenten erlangt, der noch nicht die Intensität einer Kontrolle über das beeinflußte Unternehmen besitzt 1025 .
Marktstruktur- und Behinderungsmißbrauch haben demnach in der Regel keinen marktübergreifenden Charakter. Für die folgende Analyse ist daher die Entscheidungspraxis zum Ausbeutungsmißbrauch genauer zu untersuchen. 1019 Irnrnenga/Mestmäcker-Mösche/, § 22, Rdnr. 20. Zur Normativität der Marktabgrenzung und -beherrschung bereits unter § 3 A. III. 1. a. E. Zu den Funktionen des Wettbewerbs nach den herrschenden Wettbewerbstheorien noch unter§ 4 C. II. 1. c). 102o Beispielhaft für den Ausbeutungsmißbrauch nennt Art. 82 Abs. 2 EG den Preis- und Konditionenmißbrauch sowie die Einschränkung des Absatzes und der technischen Entwicklung zu Lasten der Verbraucher, Art. 82 Abs. 2 lit. a und b EG. Zum Ausbeutungsmißbrauch im Einzelnen Emmerich, Kartellrecht, S. 464 f. 1021 Unter Behinderungsmißbrauch fallen vor allem Diskriminierungs- und Koppelungspraktiken, Art. 82 Abs. 2 lit. c und d EG. Zu Begriff und Fallgruppen des Behinderungsmißbrauchs im Einzelnen Emmerich, Kartellrecht, S. 457 ff.; Schmidt, 1., Kartellrecht, S. 229 ff. 1022 Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1945. 1023 EuGH- Continental-Can/Kommission v. 21. Februar 1973, Rs. 6/72, Slg. 1-1973, 215 (244 f.). 1024 Europäische Kommission, 19. Wettbewerbsbericht [ 1989], Tz. 278. 1025 Entscheidung der Europäischen Kommission- Warner-Lambert/Gillette v. 10. November 1992, ABI. 1993 Nr. L 116,21 (Rdnr. 23ff.); EuGH- BAT und Reynolds/Kommission v. 17. November 1987, verb. Rs. 142 und 156/84, Slg. 1-1987, 4487 (Rdnr. 65). Zum Verhältnis der Mißbrauchs- zur Fusionskontrolle noch im Einzelnen unter § 3 A. Ill. 3. a).
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Für die Frage nach den rechtlichen Bindungen diversifizierter Medienunternehmen aus Art. 82 EG ist die Sache Magill 1026 näher zu betrachten, die die zentrale Entscheidung der Europäischen Kommission zum Mißbrauch im Medienbereich darstellt. Im Jahre 1988 versuchten drei britische und irische Fernsehanstalten zu verhindern, daß der Verlag Magill TV Guide eine Zeitschrift mit dem Fernsehprogramm der Woche herausgab. Zum damaligen Zeitpunkt beherrschten diese drei Rundfunkanstalten den britischen und irischen Fernsehmarkt und vertrieben die Informationen über ihre Femsehprogranune ausschließlich in eigenen Programmführem. Nur der Tagespresse war es erlaubt, das Fernsehprogramm zu veröffentlichen, allerdings beschränkt auf den jeweiligen Tag. Die Rundfunkanstalten waren sonach nicht nur im Markt der Programmveranstaltung beherrschend, sondern auch im Hinblick auf die Programminformationen, die für die Zusammenstellung und Veröffentlichung von Programmzeitschriften erforderlich waren. Um eine Konkurrenz für die eigenen Programmführer von vomherein zu verhindern, verweigerten die Rundfunkveranstalter dem Verlag eine Lizenz an den Urheberrechten, die den Veranstaltern an den Informationen über ihre eigenen Programme zustanden. 1027
Die Europäische Kommission stufte die Lizenzverweigerung als Mißbrauch ein und wurde hierin vom Gericht erster Instanz und vom Europäischen Gerichtshof bestätigt 1028. Argumentiert wurde, daß das Verhalten der Fernsehgesellschaften darauf gerichtet sei, die Herstellung und den Vertrieb eines neuen Produkts zu verhindern, nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher bestehe. Damit wollten die Rundfunkanstalten einen Wettbewerb auf dem Markt der Programmzeitschriften verhindern. Es stelle einen Mißbrauch dar, wenn die das Fernsehen beherrschenden Programmveranstalter ihre dortige wirtschaftliche Macht auf den abgeleiteten Markt der Programmzeitschriften übertragen und diesen auf diese Weise für sich behalten wollten. Auch das Recht am geistigen Eigentum könne eine solche unter Wettbewerbsgesichtspunkten anstößige Verhaltensweise der Fernsehveranstalter nicht rechtfertigen. Zum Teil wird in dem Magill-Urteil des Gerichtshofs die erstmalige Anwendung der im US-amerikanischen Kartellrecht entwickelten ,.Essential Facilities "-Doktrin im europäischen Recht gesehen 1029 • Die ,.Essential Facilities"-Doktrin besagt, daß ein Unternehmen, 1026 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTE/BBC/ITP v. 21. Dezember 1988, ABI. 1989 Nr. L 78, 43. 1027 EuGH - RTE und ITP verb. v. 6. April 1995, Rs. C-241 /91 P und C-242/91 P, EuGRZ 1996, 88 (Rdnr. 47). 1028 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTE/BBC/ITP v. 21. Dezember 1988, ABI. 1989 Nr. L 78,43 (Rdnr. 23); bestätigt in erster Instanz mit EuG - RTE v. 10. Juli 1991, Rs. T-69/89, Slg. 11-1991, 485; EuG- ITP v. 10. Juli 1991, Rs. T-76/89, Slg. 11-1991, 575; EuG- BBC v. 10. Juli 1991, Rs. T-70/89, Slg. II-1991, 535 (dazu Schwartz, ZUM 1991, 155 (160); Ehlennann, EuR 1991 , 307 (317f.)); bestätigt in zweiter Instanz mit EuGH - RTE und ITP verb. v. 6. April 1995, Rs. C-241 /91 P und C-242/91 P, EuGRZ 1996, 88 (Rdnr. 53 ff.). 1029 Deselaers, EuZW 1995, 563; König, Digitales Fernsehen, S. 103 ff.; Nicolaysen, Europarecht, S. 256. In der Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission fand das "Essen-
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das eine wesentliche - in der Regel technische - Einrichtung (essential facility) kontrolliert, verpflichtet ist, seinen Konkurrenten den Zugang zu dieser "essential facility" auf einer diskriminierungsfreien Basis zu ermöglichen, soweit diese in ihrer Geschäftstätigkeit auf die Nutzung dieser Einrichtung unausweichlich angewiesen sind. Heute spielt die "Essential Facilities"-Doktrin im europäischen Kartellrecht vor allem in den Sektoren der Telekommunikations- und Informationstechnologie eine Rolle. 1030
Aus Sicht der europäischen Entscheidungsorgane ist eine Unternehmerische Verhaltensweise sonach dann wettbewerblieh anstößig, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Marktmacht auf einen Markt ausweiten will, der von dem beherrschten Markt existentiell abhängt, und dazu den dortigen Wettbewerbern den Zugang zu dem von ihm beherrschten Markt versperrt oder zumindest so erschwert, daß diese dadurch systematisch von deren Versorgungsquellen oder Vertriebskanälen abgeschnitten werden. So sah die Europäische Kommission auch in der Sache Telemarketing einen Mißbrauch als erwiesen an 1031 . Sie gab damit der belgischen Fernsehmarketingfirma Telemarketing Recht, die der Iuxemburgischen CLT, der Veranstalterio des marktführenden Programms RTL, vorgeworfen hatte, ihre damals marktbeherrschende Stellung im französischen Fernsehwerbernackt bei den Konditionsvereinbarungen für die Fernsehverkaufssendungen, die Telemarketing für RTL durchführen sollte, mißbräuchlich einzusetzen.
Ein Mißbrauch wäre daher zum Beispiel auch dann anzunehmen, wenn ein Medienunternehmen, das die im Markt einzige digitale Plattform kontrolliert, seinen Konkurrenten im Markt der Programmveranstaltung den Zugang zu dieser verwehrt oder nur unter erheblich ungünstigeren Konditionen, namentlich unter Forderung höherer Gebühren oder nur in Verbindung mit der Abnahme weiterer Dienstleistungen gewährt, die die Konkurrenten auch selbst erbringen oder von Dritten kostengünstiger erwerben könnten. Marktübergreifend konzentrierten Unternehmen droht ein Eingreifen der Mißbrauchskontrolle sonach vor allem dann, wenn sie vertikal integriert sind. Die diagonale, namentlich intermediäre Konzentration eines Unternehmens gibt dagegen prinzipiell keinen besonderen Ansatzpunkt zur Annahme eines mißbräuchlichen Verhaltens im Wettbewerb 1032. Der Erwerb einer Fernseh- oder Hörfunklizenz durch einen in der Presse marktbeherrschenden Verlag oder einen dominierenden Rechtehändler stellt für sich genommen keinen Vorgang dar, der unter Wetttial Facilities"-Konzept ausdrücklich bereits 1992 und 1993 in den sog. Hafenentscheidungen Erwähnung, Entscheidung der Europäischen Kommission - Sealink I, Bulletin 6/92, Tz. I. 3. 30; Entscheidung der Europäischen Kommission - Sealink II, ABI. 1994 Nr. L 15, 8; Entscheidung der Europäischen Kommission- Hafen von Brödby, ABI. 1994 Nr. L 55, 52. 1030 Im deutschen Wettbewerbsrecht hat sich die Doktrin nunmehr in der im Jahre 1999 in Kraft getretenen Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) niedergeschlagen (dazu noch unter § 3 C. IV. ). Allgemein zur "Essential Facilities"-Doktrin König, Digitales Fernsehen, S. 67 ff. Vgl. auch Hesse, A., Rundfunkrecht, ~ap. 6, Rdnr. 21. 103 1 EuGH- CBEM/CLT und IPB v. 3. Oktober 1985, Rs. 311/84, Slg. 1-1985,3261. 1032 Vgl. dazu den Fall Fininvest/Mondadori in§ 3 A. 111. 2. a).
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bewerbsgesichtspunkten anstößig ist 1033 . Die Expansion eines marktbeherrschenden Unternehmens in andere Geschäftsfelder im Medienbereich begründet auch keinen Marktstrukturmißbrauch, da das Unternehmen im Rahmen der Diversifikation sein Engagement gerade nicht mehr auf den von ihm bereits beherrschten Markt richtet und den dortigen Restwettbewerb ausschaltet, sondern sich vielmehr auf neue Geschäftsfelder wagt. Kein Mißbrauch liegt ferner in der Schaffung marktübergreifenden Eigentums, das heißt in der Bildung von Cross Ownerships an sich, unabhängig davon, ob das Unternehmen diagonal oder vertikal expandiert, und ungeachtet der mit ihr verbundenen kommunikationspolitischen Konsequenzen. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß seit Maastricht kommunikations- und kulturpolitische Belange bei der Anwendung der europäischen Wettbewerbsregeln mitzuberücksichtigen sind 1034 . Zuvor spielten die mit der marktübergreifenden Unternehmenstätigkeit in den Medien verbundenen negativen Wirkungen auf die Informations- und Meinungsvielfalt für die Bewertung des Unternehmerischen Verhaltens zumindest dem Gesetz nach keine Rolle. So erkannte die Europäische Kommission in der Sache Magill zwar die Aufgabe der Rundfunkveranstalter an, eine umfassende und qualitativ nicht minderwertige Wiedergabe von deren Programmen zu gewährleisten. Sie stellte diese Erwägung jedoch nicht in ihre lnteressenabwägung ein und leitete aus ihr auch keine Konsequenzen für den konkreten Fall ab 1035 . Nunmehr verlangt die Kulturverträglichkeitsklausel, den Begriff der mißbräuchlichen Ausnutzung auch im Lichte des Interesses an einer ausgewogenen, staats- wie kulturpolitisch gebotenen Vielfalt im Rundfunk zu interpretieren. Wie bereits angesprochen, legen die europäischen Instanzen Art. 151 Abs. 4 EG jedoch äußerst eng aus. Bislang wurden aus der Kulturverträglichkeitsklausel auch noch keine spezifischen Konsequenzen für den Medienbereich abgeleitet, auch nicht im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung des Art. 82 EG 1036. Eine systematische Einbindung kommunikations- und kulturpolitischer Belange durch die Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission und die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs steht daher noch aus 1037 . Die Entwicklung und Präzisierung entsprechender Leitlinien bleibt abzuwarten. 1038
Scholz, AfP 1983, 261 (264). Art. 151 Abs. 4 EG. Siehe§ 3 A. l. 2. a). So auch Fröhlinger; RuF 1993,59 (65). 1035 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTE/BBCIITP v. 21. Dezember 1988, ABI. 1989 Nr. L 78,43 (Rdnr. 23). Dazu Holznagel. Rundfunkrecht in Europa, S. 171. 1036 Zum bislang geringen, eigenständigen Gewicht der Kulturverträglichkeitsklausel im Einzelnen unter§ 3 A. III. 1. c) a. E. 1037 Holznagel. Rundfunkrecht in Europa, S. 172; Rüggeberg, VerwArch 1992, 330 (338). 1038 Zum Verhältnis der europäischen zur nationalen Mißbrauchskontrolle siehe § 3 A. III. 3. b) cc). 1033
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c) Zusammenfassung
Cross Ownerships sind von Art. 82 EG daher in der Regel nur dann betroffen, wenn sie zu einer vertikalen Integration des Unternehmens geführt haben. Dabei ist das Bestehen oder die Bildung der Cross Ownership an sich ungefährlich. Die vertikal marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien unterliegt der Mißbrauchskontrolle erst dann, wenn das vertikal integrierte Unternehmen auf einem Markt beherrschend ist und versucht, seine Marktmacht auf einen Markt auszuweiten, der von dem beherrschten Markt existentiell abhängt, und dazu den dortigen Wettbewerbern den Zugang zu dem von ihm beherrschten Markt versperrt oder zumindest so erschwert, daß diese dadurch systematisch von deren Versorgungsquellen oder Vertriebskanälen abgeschnitten werden. Die im Rahmen der Cross Ownership Problematik relevante Form des Mißbrauchs ist dementsprechend der Ausbeutungsmißbrauch. Die Anstößigkeit des Verhaltens des diversifizierten Rundfunkveranstalters bestimmt sich dabei in erster Linie nach ökonomischen Kriterien. Allerdings gebietet die Kulturverträglichkeitsklausel des Art. 151 Abs. 4 EG, bei der Auslegung und Anwendung des Art. 82 EG dem kommunikationspolitischen Interesse der Mitgliedstaaten an einer ausgewogenen publizistischen Vielfalt im Rundfunk hinreichend Rechnung zu tragen. 3. Fusionskontrolle, Art. 2 Abs. 3 FKVO Der Schwerpunkt der Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission und der europäischen Gerichte, soweit diese den Bereich der Medien betreffen, liegt im Bereich der Fusionskontrolle 1039. Im Folgenden ist der Frage nachzugehen, welche Leitlinien die europäische Fusionskontrolle für die Zulässigkeit und die Grenzen marktübergreifender Zusammenschlüsse im Bereich der Medien vorgibt. Hierzu werden zunächst die Grundlagen der europäischen Zusammenschlußkontrolle skizziert. Anschließend sind die Auf- und Eingreifkriterien der Fusionskontrolle zu ermitteln. Dabei sollen die Besonderheiten der Zusammenschlußkontrolle in den Medien beleuchtet und die zentralen Entscheidungen der europäischen Instanzen zur Medienfusionskontrolle analysiert werden. a) Grundlagen
Anders als das deutsche Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) oder der EGKS-Vertrag sieht der EG-Vertrag seinem Wortlaut nach keine Vor1039 Dem entspricht die insgesamt wachsende Bedeutung der Fusionskontrolle für das europäische Wettbewerbsrecht Allein im Jahre 2000 wuchs die Anzahl der angemeldeten Zusammenschlüsse um 18% aufnunmehr 344, Röper, MP 2001, 2 (2).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
schriften über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vor 1040. Zentrale normative Grundlage der europäischen Fusionskontrolle ist heute die auf Art. 83 und Art. 308 EGgestützte Fusionskontrollverordnung 1041 • Die von der Rechtsprechung entwickelte Möglichkeit einer Zusammenschlußkontrolle unter Anwendung der Art. 81 und Art. 82 EG bleibt von der Verordnung prinzipiell unberührt. Zwar erklärt Art. 22 Abs. 1 FKVO die Anwendung der Kartellverordnung auf Zusammenschlüsse nach Art. 3 FKVO ausgeschlossen, um der Gefahr einer Doppelkontrolle zu wehren. Indes hat Art. 22 Abs. 1 FKVO als sekundärrechtliche Regelung nicht die Macht, den Geltungsbereich der vertraglichen Wettbewerbsregeln einzuschränken. Die herkömmliche Fusionskontrolle auf Basis der Art. 81 und 82 EG ist daher weiterhin möglich. Allerdings hat die Europäische Kommission erklärt, bei gemeinschaftsweiten Zusammenschlüssen von dieser Regulierungsmöglichkeit in der Regel keinen Gebrauch machen zu wollen 1042 •
Materielle Kernnorm der Fusionskontrolle ist Art. 2 Abs. 3 FKVO. Danach sind alle Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar zu erklären, sofern sie den wirksamen Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern. Das Fusionskontrollverfahren beginnt mit der Anmeldung der Zusammenschlüsse bei der Europäischen Kommission 1043• Während der anschließenden Vorprüfung kann das Unternehmen Zusagen machen, um ernsthafte Bedenken der Kommission gegen die Zulässigkeil des Zusammenschlusses auszuräumen 1044. Hat die Kommission weiterhin ernsthafte Bedenken, eröffnet sie das Hauptverfahren, das binnen vier Monate zu einer abschließen1040 Zu den Gründen siehe Wagner. AfP 1992, I (2). Zum Streit um die Zulässigkeil einer europäischen Fusionskontrolle auf der Grundlage von Art. 85 und Art. 86 EG-Vertrag vor Erlaß der FKVO EuGH- Continental-Can/Kommission v. 21. Februar 1973, Rs. 6/72, Slg. 1-1973,215 (244f.) (dazu schon§ 3 A. 111. 2. b); EuGH- BAT und Reyno1ds/Kommission v. 17. November 1987, verb. Rs. 142 und 156/84, Slg. I-1987, 4487 (4584) (dazu Kilian, Europäisches Wirtschaftsrecht, Rdnr. 415; Wagner. AfP 1992, 1 (2)) sowie statt vieler Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1962 ff.; Nicolaysen, Europarecht, S. 258 f. 1041 Verordnung (EWG) Nr. 4046/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABI. 1989 Nr.L 395, 1, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997, ABI. 1997 Nr. L 180, 1. Die Fusionskontrollverordnung (FKVO) ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 21. September 1990 in Kraft getreten und erfaßt seit dem 1. Januar 1994 den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum, Art. 57 EWR-Abkommen. Die Verordnung wurde im Jahr 1997 umfassend revidiert und trat in ihrer geänderten Fassung am 1. März 1998 in Kraft. 1042 Europäische Kommission, 19. Wettbewerbsbericht [ 1989], Tz. 278. Soweit die Zusammenschlüsse keine gemeinschaftsweite Bedeutung besitzen, hat sich die Kommission Maßnahmen nach Art. 85 EG vorbehalten. Dazu insgesamt Europäische Kommission, WuW 1990, 243 (243 f.); Lenz-Grill, EGV-Kommentar, Art. 83, Rdnr. 71. Anderer Ansicht Bender, Cross-Media-Ownership, S. 248; Wagner, AfP 1992, 1 (5). 1043 Art. 4 FKVO. Zum Verfahren insgesamt Langen/Bunte-Löffler, Vorb. FKVO 4064/ 89, Rdnr. 19 ff.; Beucher I Leyendecker I von Rosenberg- Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 26. 1044 Art. 6 FKVO.
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den Entscheidung der Kommission führen muß 1045 . Bis zum Abschluß des Verfahrens darf der Zusarnrnenschluß, auch vor der Anmeldung, nicht vollzogen werden 1046. Die Kommission kann in ihrer abschließenden Entscheidung die Genehmigung des Zusammenschlusses mit Bedingungen und Auflagen verknüpfen, den Zusammenschluß untersagen und gegebenfalls auch die Entflechtung eines bereits vollzogenen Zusammenschlusses anordnen 1047 .
b) Aufgreifkriterien Der europäischen Fusionskontrolle unterliegen ausschließlich Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung 1048. aa) Zusammenschluß Zusammenschluß im Sinne der Fusionskontrollverordnung ist jede Fusion bislang selbständiger Unternehmen sowie jede Transaktion, mit der ein Unternehmen einen bestimmenden Einfluß auf die Tatigkeit eines anderen Unternehmens gewinnt1049. Dieser wird von der Europäischen Kommission weit ausgelegt. So kann schon im Erwerb einer Minderheitsbeteiligung ein Kontrollerwerb liegen, beispielsweise wenn sich die übrigen Anteile im Streubesitz befinden. Der Begriff des Zusammenschlusses umfaßt dabei horizontale ebenso wie marktübergreifende, vertikale und diagonale Zusammenschlüsse. Der Schwerpunkt der Kommissionstätigkeit liegt in der Überprüfung von Gemeinschaftsunternehmen 1050. So betrafen in den Jahren 1990 bis 1997 rund die Hälfte der von der Europäischen Kommission geprüften Zusammenschlüsse die Gründung von Joint Ventures und den sonstigen Erwerb einer gemeinsamen Untemehmenskontrolle. 39% der Zusammenschlüsse betrafen den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung. 1051
Die Fälle nur internen Unternehmenswachstums sind der Fusionskontrolle demnach nicht unterworfen. Zur nur internen Unternehmenskonzentration zählt die Gründung von Tochterunternehmen oder der Erwerb einer Rundfunklizenz, auch wenn diese von einem Unternehmen erworben wird, das bislang nicht im Bereich der Rundfunkveranstaltung tätig geworden ist. Teilweise wird diskutiert, ob die Lizenzerteilung im Rundfunk einem Zusammenschluß gleichgestellt werden müßte 1052. Auf diesen vor allem auf nationaler Ebene geäußerten Art. 10 Abs. 3 FKVO. Art. 7 Abs. I FKVO. 1047 Art. 8 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 FKVO. 1048 Art. 1 Abs. I FKVO. 1049 Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 FKVO. Dazu etwa Heueher I Leyendecker I von Rosenberg-Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 23. 1050 Zu Joint Ventures allgemein Emmerich, Kartellrecht, S. 495 ff. 1051 Europäische Kommission, 27. Wettbewerbsbericht [1997], S. 67. 1045
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Vorschlag soll im Rahmen des nationalen Wettbewerbsrechts näher eingegangen werden 1053 . Festzuhalten bleibt, daß vertikale und diagonale Cross Ownerships das Ergebnis marktübergreifender Zusammenschlüsse und damit Gegenstand der Fusionskontrollverordnung sein können. bb) Gemeinschaftsweite Bedeutung Dies setzt allerdings voraus, daß der marktübergreifende Zusammenschluß von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist. Eine gemeinschaftsweite Bedeutung ist nur dann anzunehmen, wenn der Zusammenschluß bestimmte Schwellenwerte erreicht, soweit nicht alle beteiligten Unternehmen mehr als zwei Drittel ihres jeweiligen, gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes im selben Mitgliedstaat erzielen 1054. Grundsätzlich müssen die beteiligten Unternehmen weltweit einen Gesamtumsatz von mehr als 5 Mrd. ECU und zugleich gemeinschaftsweit durch mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen Gesamtumsatz von jeweils mehr als 250 Mio. ECU erreichen 1055 . Die Schwellenwerte sinken auf 2,5 Mrd. ECU weltweit und jeweils 100 Mio. ECU gemeinschaftsweit, wenn der Zusammenschluß diese nicht erreicht 1056• Jedoch müssen in diesem Falle alle beteiligten Unternehmen darüberhinaus in mindestens drei der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einen Umsatz von jeweils mehr als 100 Mio. ECU und mindestens zwei der beteiligten Unternehmen in jedem von mindestens drei dieser Staaten einen Gesamtumsatz von jeweils mehr als 25 Mio. ECU erzielen 1057. Zusammenschlüsse mit einem Gesamtumsatz von weniger als 2,5 Mrd. ECU sind der europäischen Fusionskontrolle sonach in jedem Falle entzogen.
Der Begriff der Gemeinschaftsrelevanz wird von der Europäischen Kommission traditionell weit interpretiert. Medienspezifische Absenkungen der Schwellenwerte kennt die Fusionskontrollverordnung jedoch nicht 1058. Dies erscheint insoweit nicht unkritisch, als die Schwellenwerte der Verordnung auf die traditionelle In1052 Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. llOf. 1053 Dazu noch ausführlich in § 3 C. V. 2. a). 1054 Art. I Abs. 2 und Abs. 3 FKVO. Die Zwei-Drittel-Grenze will den nationalen Kartellbehörden die Kontrolle von Zusammenschlüssen von Unternehmen vorbehalten, deren beider Umsatzschwerpunkt in ein und demselben Land liegt. An der Zwei-Drittel-Grenze scheiterte die Fusion der British Satellite Broadcasting (BSB) mit dem Sky Channel der News International von Rupert Murdoch zur BSkyB Satellite Television, Bremer/Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. ll5 f.; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 241 f.; Wagner. AfP 1992, 1 (9f.). 1055 Sog. De-minimis-Vorbehalt oder Bagatellklausel, Art. I Abs. 2 FKVO. 1056 Art. I Abs. 3 lit. a und d FKVO. 1057 Art. 1 Abs. 3 lit. b und c FKVO. 1058 Anders dagegen im nationalen Wettbewerbsrecht, vgl. §§ 35 Abs. 2 Satz 2, 38 Abs. 3 GWB. Dazu Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 20ff.
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dustrieproduktion angelegt sind, deren Umsatz sich in weit höheren Größenordnungen bewegt als der der Medienindustrie. Selbst die führenden Medienkonzerne wie etwa der Bertelsmann-Konzern, die News Corporation von Rupert Murdoch oder die Fininvest von Silvio Berlusconi sind trotz ihrer eindrucksvollen Marktanteile und ihrer oft einzigartigen Position in den nationalen Medienmärkten ihrem Umsatz nach nur kleine Unternehmen im Vergleich zu den Unternehmen der traditionellen Industrieproduktion wie etwa der Automobil- oder Chemiebranche. Die für die Medienindustrie inadäquate Höhe der europäischen Schwellenwerte wird plastisch, wenn man sich vor Augen führt, daß die in Deutschland geltenden Schwellenwerte mit 1 Mrd. DM nur 10 %, die medienspezifischen Grenzwerte sogar nur 0,5% des in Art. I Abs. 2 FKVO geforderten Mindestumsatzes ausmachen. Daran hat auch der neue Zusammenschlußtatbestand des Art. 1 Abs. 3 FKVO kaum etwas geändert. Im Ergebnis erreichen Medienzusammenschlüsse daher nur selten die europäischen Schwellenwerte 1059. In der deutschen Medienlandschaft sind von der europäischen Fusionskontrolle nahezu ausschließlich die Zusammenschlüsse betroffen, an denen sich der Bertelsmann-Konzern beteiligt 1060. Die kommunikationspolitisch problematischsten Formen der Cross Ownership in Deutschland, die Verflechtung von Tagespresse und Hörfunk auf lokaler und die von Fernsehen und Rechtehandel auf bundesweiter Ebene, werden von der europäischen Fusionskontrolle daher schon aufgrund der hohen Schwellenwerte in der Regel nicht erfaßt 1061 .
Doch selbst dann, wenn sich ein Konzern wie Bertelsmann an dem Zusammenschluß beteiligt, ist der Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung dann 1059 Bremer/ Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 106, 110; Dörr; ZUM 1993, 10 (15). 1060 So erzielte der Bertelsmann-Konzern im Jahr 1998 einen Konzernumsatz von über 11 Mrd. ECU. Demgegenüber konnte beispielsweise die Burda-Gruppe, eines der führenden Verlagshäuser in Deutschland, zum selben Zeitpunkt einen weltweiten Umsatz von nur 904,19 Mio. ECU verzeichnen. Zudem erwirtschaftet die Burda-Gruppe mehr als zwei Drittel ihres Gesamtumsatzes in Deutschland, mithin in nur einem Mitgliedstaat. Zusammenschlüsse der Burda-Gruppe wären demzufolge regelmäßig nicht der europäischen Fusionskontrolle unterworfen, Entscheidung der Europäischen Kornmission - Bertelsmann I Burda I Futurekids v. 29. Januar 1998, ABI. 1998 Nr. C 116, 2 (Rdnr. 11). Dazu Wagner; AtP 1992, 1 (6). Zum Umsatz des Bertelsmann-Konzerns vgl. § 1 D. II. l. a). 1061 Als Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung wurden im Bereich der Medien anerkannt: die Übernahme des Satelliten- und Kabelfernsehsenders der englischen Verlagsgruppe W. H. Srnith durch Canal plus, Generale des Eaux und dem US-amerikanischen Sportsender ESPN, einer Capital Cities I ABC-Tochter (Entscheidung der Europäischen Kornmission - W.H. Smith TV v. 10. September 1991, ABI. 1991 Nr. C 244, 5; dazu Bremer/ Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 116), die Beteiligung der Medienkonzerne Walt Disney, The Guardian and Manchester Evening News, Scottish Television, London Weekend Television und Carlton Communications an dem Sender Sunrise Television in Großbritannien (Entscheidung der Europäischen Kornmission v. 24. Januar 1992- Sunrise TV, ABI. 1992 Nr. C 18, 15; dazu Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 242 f. ; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 173 f. m. w. N.) sowie die Media Service GmbH (dazu noch unter§ 3 A. 111. 3. c) bb). Zum Stand der Cross Ownership in Deutschland zusammenfassend § 1 D. II.
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nicht eröffnet, wenn das übernommene oder sonst beteiligte andere Unternehmen einen Umsatz von weniger als 250 Mio. ECU erzielt (De-minimis-Vorbehalt) 1062 • Anders als in Deutschland sieht die europäische Fusionskontrolle keine medienspezifische Ausnahme von den Bagatellklauseln vor. Demzufolge sind Anschlüsse kleinerer Verlage oder Rundfunksender an Mediengroßkonzerne von der Europäischen Kommission nicht kontrollierbar. Die Kommission könnte daher auch nicht verhindern, daß ein nichteuropäischer Medienkonzern ein europäisches Medienhaus übernimmt, wenn dieser im europäischen Markt bis dahin einen Umsatz von weniger als 250 Mio. ECU erzielt hat 1063 • cc) Verhältnis zur nationalen Fusionskontrolle Medienspezifische Besonderheiten ergeben sich auch im Hinblick auf das Verhältnis zwischen europäischer und nationaler Fusionskontrolle. Generell geht die europäische Fusionskontrolle der nationalen vor. Soweit ein Zusammenschluß gemeinschaftsweite Bedeutung erlangt, unterliegt er der ausschließlichen Kontrolle der Europäischen Kommission 1064 . Demgegenüber ist für die Mißbrauchskontrolle der Vorrang der europäischen vor der nationalen gemeinschaftsrechtlich nicht festgeschrieben. Das europäische und das nationale Mißbrauchsrecht sind daher nach den allgemeinen Grundsätzen prinzipiell nebeneinander anwendbar 1065 . Die parallele Anwendung der nationalen Wettbewerbsregeln ist allerdings nur statthaft, soweit sie die einheitliche Anwendung und volle Wirksamkeit des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts nicht beeinträchtigt. Im Konfliktfall tritt das nationale Recht daher im Interesse der einheitlichen Geltung des europäischen Rechts in der Gemeinschaft zurück 1066.
Nach§ 21 Abs. 2 Unterabsatz 1 FKVO kann ein von der Kommission gebilligter Zusammenschluß von den nationalen Wettbewerbshütern nicht untersagt werden. Ebensowenig kann ein von der Kommission untersagter Zusammenschluß von den nationalen Kartellbehörden genehmigt werden. 1062 Nach Art. I Abs. 3 lit. d FKVO genügt bereits ein gemeinschaftsweiter Umsatz von 100 Mio. ECU. 1063 Wagner. AfP 1992, I (6 f.). 1064 "One stop shopping", Art. 21 Abs. 2 Unterabsatz 1 FKVO. Vgl. auch§ 35 Abs. 3 GWB. 1065 EuGH - Walt Wilhe1m/Bundeskartellamt v. 13. Februar 1969, Rs. 14/68, Slg. 11969, 1 (Rdnr. 3 f.); vgl. auch EuGH - Guerlain v. 10. Juli 1980, Rs. 253178 und 1-3179, Slg. I-1980, 2327 (Rdnr. 15). Dazu Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1794 ff.; Geiger; EUV I EGV, Art. 83 EG, Rdnr. 15. Die Verordnung des Rates, die das Verhältnis zwischen den vertraglichen Wettbewerbsregeln und den nationalen klären sollte (Art. 83 Abs. 2 lit. e EG), ist bislang nicht ergangen. 1066 Grdl. EuGH- Walt Wilhe1m/Bundeskartellamt v. 13. Februar 1969, Rs. 14/68, Slg. 1-1969, 1 (Rdnr. 4 f.). Anderer Ansicht Koch, BB 1959, 241. Demnach sei jeder Fall an beiden Ordnungen zu messen. Im Konfliktsfall setze sich die strengere Ordnung durch (Zweischrankentheorie, dazu etwa Streinz, Europarecht, Rdnr. 809; Emmerich, Kartellrecht, S. 402 f.). Zum Streit insgesamt Oppermann, Europarecht, Rdnr. 947 ff.; Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1814 ff.
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Indes bleibt es der Kommission vorbehalten, einen angemeldeten Zusammenschluß an die nationalen Behörden zurückzuverweisen, sofern ein Mitgliedstaat mitgeteilt hat, daß der Zusammenschluß auf einem nationalen, räumlich gesonderten Markt eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken würde oder in diesem Mitgliedstaat Wettbewerbsverzerrungen auf einem räumlich gesonderten Markt ohne Gemeinschaftsbezug nach sich ziehen würde 1067 . Im Bereich der Medien hat die Europäische Kommission zugunsten des Bundeskartellamtes von der "deutschen" Klausel noch keinen Gebrauch gemacht 1068.
Die medienspezifische Besonderheit ergibt sich aus den Unterabsätzen 1 und 2 des Art. 21 Abs. 3 FKV0 1069. Demnach hindert die europäische Fusionskontrolle den einzelnen Mitgliedstaat nicht daran, nationale Vorschriften zum Schutze der Medienvielfalt zu erlassen und anzuwenden. Auf deren Grundlage können die nationalen Behörden sonach Zusammenschlüsse untersagen, die von der Europäischen Kommission genehmigt worden sind, oder diese von Bedingungen oder Auflagen abhängig machen 1070. Allerdings ist der nationale Handlungsspielraum begrenzt. So müssen die von dem einzelnen Mitgliedstaat ergriffenen Maßnahmen mit den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sein. Hierzu zählen die Vorgaben der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, aber auch das gemeinschaftliche Sekundärrecht wie zum Beispiel die Femsehrichtlinie 1071 . Die nationalen Vorkehrungen sind nach den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts unter Berücksichtigung der Grundrechte zu beurteilen. Vor allem sind sie im Lichte der Rundfunkfreiheit bzw. den Wertungen des Art. 10 EMRK zu bewerten. So dürfen die durch die mitgliedstaatliehen Regelungen bedingten Beschränkungen der Meinungsfreiheit nicht über die in Art. 10 EMRK erlaubten Ausnahmen hinausgehen1072. 1067 Art. 9 Abs. 2 lit. a und b, Abs. 3 FKVO, "Lokalklausel" oder "Deutsche Klausel". Dazu Kilian, Europäisches Wirtschaftsrecht, Rdnr. 422; Oppermann, Europarecht, Rdnr. 1047; Schmidt, 1., Kartellrecht, S. 233 f.; König, Digitales Fernsehen, S. 108. 1068 Verwiesen wurden im Jahre 1996 an das Bundeskartellamt die Fälle RWE/Thyssengas und Bayernwerk/Isarwerke sowie im Jahre 1997 die Sachen SEHB/VIAG/PEBEWAG, Rheinmetaii/British Aerospace/STN Atlas und Preussag/Hapag-Lioyd/TUI), Europäische Kommission, 26. Wettbewerbsbericht [1996], Tz. 154; Europäische Kommission, 27. Wettbewerbsbericht [1997], Tz. 179, 180, 182. Zum Anstieg der Verweisungen Europäische Kommission, 27. Wettbewerbsbericht [ 1997], Tz. 146. 1069 "Englische Klausel", vgl. Schmidt, 1., Kartellrecht, S. 234. Anwendung fand die Klausel in der Sache Newspaper Publishing, Entscheidung der Europäischen Kommission - Newspaper Publishing v. 14. März 1994, ABI. 1994 Nr. C 85, 6. 1070 Art. 21 Abs. 3 FKVO gestattet dem Mitgliedstaat jedoch nicht, einen von der Europäischen Kommission untersagten Zusammenschluß unter Berufung auf die Medienvielfalt zu genehmigen. Dazu etwa Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 76. 101 1 Art. 21 Abs. 3 Unterabsatz I FKVO. 1072 EuGH- ERT v. 18. Juni 1991, Rs. C-260/ 89, Slg. I-1991, 2925 (2963 f., Rdnr. 4145); Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 75; Schwartz, AfP 1993, 409 (418). Vgl. zu Bedeutung
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Die Ausnahmeregelung des Art. 21 Abs. 3 FKVO möchte "dem berechtigten Anliegen diversifizierter Informationsquellen im Interesse des Meinungs- und Ausdruckspluralismus" Rechnung tragen 1073 . Mit ihr hat der Rat erstmalig in einem Regelwerk die Medienvielfalt als berechtigtes Interesse ausdrücklich anerkannt. Zugleich liegt hierin auch das implizite Eingeständnis, daß das vornehmlich an ökonomischen Kriterien ausgerichtete wettbewerbliehe Instrumentarium zur Sicherung der Vielfalt in den Medien nicht ausreicht. Diese Erkenntnis wird darüberhinaus auch in mehreren Äußerungen der Europäischen Kommission und noch stärker in den Entschließungen des Europäischen Parlaments deutlich 1074. dd) Zwischenergebnis Aufgrund der hohen Schwellenwerte und des FehJens medienspezifischer Absenkungen fallen Medienzusammenschlüsse nur ausnahmsweise in den Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrolle. Betroffen sind im wesentlichen nur die Zusammenschlüsse, an denen die Branchenriesen beteiligt sind. Von diesen sind wiederum infolge der Bagatellklausel (und des FehJens einer spezifischen Ausnahme für Medienfusionen) jene Zusammenschlüsse auszunehmen, an denen Unternehmen beteiligt sind, die weniger als 250 Mio. ECU Umsatz erzielen. Insgesamt stellt sich der Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrolle bei Medienfusionen sonach als eng dar. Soweit er jedoch eröffnet ist, geht er der nationalen Fusionskontrolle und faktisch auch der primärrechtlichen Strukturkontrolle über Art. 81 EG und Art. 82 EG vor. Dessen ungeachtet kann die Europäische Kommission den Fall unter bestimmten Voraussetzungen an die nationalen Wettbewerbshüter verweisen. Zu beachten ist ferner, daß sie Untersagungen der nationalen Behörden von Zusammenschlüssen, die sie selbst genehmigt hat, hinnehmen muß, sofern diese der Sicherung der Informations- und Meinungsvielfalt im Rundfunk dienen. c) Eingreifkriterien
Zusammenschlüsse sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, wenn sie eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken und den wirksamen und den Vorgaben des Art. lO EMRK im Einzelnen am Beispiel von § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV § 4 B. II. 1073 Erklärung der Europäischen Kommission für das Ratsprotokoll vom 19. Dezember 1989, abgedruckt in WuW 1990, 240 (242f.). Dazu Immenga/Mestmäcker-Mesrmäcker, Vor § 23, Rdnr. 110. 1074 Vgl. etwa Europäische Kommission, Mitteilung über die Politik im audiovisuellen Bereich, Dok. KOM (90) 78 v. 21. Februar 1990, S. 19; Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 81 ff., 85 f.; Entschließung des Europäischen Parlaments zur Medienkonzentration und Meinungsvielfalt vom 16. September 1992, ABI. Nr. C 284 vom 2. November 1992, 44ff.
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Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern 1075 . Das Eingreifen der Fusionskontrolle setzt sonach voraus, daß eine marktbeherrschende Stellung bereits besteht oder aber infolge des Zusammenschlusses zu erwarten ist 1076. Anders als bei der Mißbrauchskontrolle bedarf es im Rahmen der Fusionskontrolle einer mehr als nur vorübergehenden Marktbeherrschung. Die Marktposition des Unternehmens muß auf Dauer gefestigt und auf absehbare Zeit nicht ernsthaft bedroht sein 1077 .
Ob eine marktbeherrschende Stellung besteht oder zu erwarten ist, bestimmt sich in erster Linie nach den horizontalen Auswirkungen des Zusammenschlusses. Dariiberhinaus analysiert die Europäische Kommission aber auch die wettbewerbliehen Beziehungen der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen zu den vorund nachgelagerten Märkten sowie die konglomerativen Folgen des Zusammenschlusses für die Positionen der beteiligten Unternehmen auf den untereinander nicht verbundenen Märkten 1078• aa) Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, Art. 2 Abs. 1 Satz 2 FKVO Dabei muß die Kommission den Kriterien des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 FKVO Rechnung tragen. Insbesondere hat die Kommission in ihre Prognose die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die "Entwicklung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts" aufzunehmen, "soweit diese dem Verbraucher dient und den Wettbewerb nicht behindert'" 079. Gerade im Bereich der Medien und hier vor allem im Bereich des digitalen Bezahlfernsehens wird die Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts nicht selten als Argument für die Zulässigkeil von Großfusionen angeftihrt 1080. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß die Europäische Gemeinschaft zur Erreichung ihrer industriepolitischen Ziele den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt durch die zweckentsprechende Anwendung der Fusionskontrollvorschriften sicherstellen und fördern solle.
Obschon die Europäische Gemeinschaft sich den Aufbau einer europäischen Informationsgesellschaft und die gezielte Förderung des Standorts Europa im InArt. 2 Abs. 3 FKVO. Vgl. § 3 A. III. 1. 1077 Da sich der materielle Gehalt der Behinderungsklausel nach der Auslegung der Europäischen Kommission im Ausschluß nur vorübergehend marktbeherrschender Stellungen erschöpft, ist die Bedeutung der Behinderungsklausel bislang gering geblieben, Entscheidung der Europäischen Kommission v. 2. Oktober 1991, ABI. Nr. L 334, 32. 1078 König, Digitales Fernsehen, S. 108f. Kritisch zur Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission im Mediensektor Altes, MP 2000, 482. 1079 Art. 2 Abs. 1 Satz 2 lit. b FKVO. 1080 Zuletzt in Entscheidung der Europäischen Kommission - Beneismann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 119). Vgl. auch König, Digitales Fernsehen, S. 115 ff. 1075
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formations- und Kommunikationssektor zum Ziel gesetzt hat, lehnt die Europäische Kommission eine industriepolitische Interpretation der Klausel ab und interpretiert sie in erster Linie wettbewerblieh 1081 . Demnach resultiert der wirtschaftliche und technische Fortschritt gleichsam automatisch aus der Sicherung kompetitiver Strukturen. So argumentierte sie in den beiden Untersagungen, die das deutsche digitale Pay TV betrafen, daß die nachteiligen Wirkungen auf den Wettbewerb im digitalen Fernsehen bzw. bei den digitalen Plattformen auch nicht durch die potentiellen Vorteile für die technische und ökonomische Entwicklung auf dem Kommunikations- und Mediensektor kompensiert werden könnten. Langfristig wäre die mit den Zusammenschlüssen verbundene Marklabschollung dem technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt sogar kontraproduktiv 1082 . Mit der Ablehnung einer industriepolitischen Zielsetzung des Art. 2 Abs. 1 Satz 2, lit. b FKVO und dem Schluß von den Wettbewerbsbehinderungen auf die Behinderung auch des technischen und ökonomischen Fortschritts kommt der Klausel somit ein nur noch geringes, eigenständiges Gewicht zu. 1083 Marktübergreifende Zusammenschlüsse, aus denen Cross Ownerships resultieren, werden von der Fusionskontrolle regelmäßig nicht erfaßt, da die Zusammenschlußkontrolle an der beherrschenden Stellung der Unternehmen in den einzelnen Medienmärkten anknüpft und die unternehmensehe Verbindung über mehrere Märkte hinweg zwar zu einer machtvollen Akkumulation unternehmenscher Ressourcen und nicht unbeträchtlichen Abschreckungseffekten führt, typischerweise aber zu keiner marktbeherrschenden Stellung in den Einzelmärkten. Marktübergreifende Zusammenschlüsse sind daher in der Regel nur dann von der Fusionskontrollverordnung betroffen, wenn an ihnen Unternehmen beteiligt sind, die schon zuvor auf den (Einzel-) Märkten beherrschend waren und über einen Zusammenschluß ihre bereits bestehende Marktmacht für die Erschließung angrenzender Märkte nutzbar machen wollen. Die Untersagungen im Bereich der Medienfusionskontrolle betrafen denn in der Praxis auch ausschließlich Zusammenschlüsse, an denen bereits vorher marktbeherrschende Unternehmen beteiligt waren 1084 . Dies belegen auch folgende fünf zentrale Entscheidungen der Europäischen Kommission 1085 : 1081 Vgl. auch König, Digitales Fernsehen, S. 116. Zur technologie- und industriepolitischen Strategie der "lnformationsgesellschaft", § I A. II. 3. 1082 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 122); Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I. Zustimmend insoweit Frey, ZUM 1998, 985 (1000). Zu den beiden Entscheidungen im Einzelnen noch im Folgenden. JOSJ Allgemein zum Streit um die Interpretation des Art. 2 Abs. I Satz 2, lit. b FKVO Schmidt, 1., Kartellrecht, S. 233; Emmerich, Kartellrecht, S. 483. Zur (geringen) Bedeutung des Art. 2 Abs. I Satz 2, lit. b FKVO im Rahmen der Untersagungen im Rundfunkbereich Frey, ZUM 1998,985 (1000); BeucheriLeyendeckerlvon Rosenberg-Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 25.
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bb) Media Service GmbH Der dem Fall Media Service GmbH (MSG) zugrundeliegende Sachverhalt wurde bereits wiederholt dargelegt 1086 und soll daher an dieser Stelle nur in seinen wesentlichen Grundzügen wiedergegeben werden. An der MSG wollten sich der Bertelsmann-Konzern, die Kirch-Gruppe und die Deutsche Telekom zu jeweils einem Drittel beteiligen. Das Gemeinschaftsunternehmen sollte die entgeltfinanzierten Fernseh- und sonstigen Kommunikationsdienste technisch, betrieblich und administrativ unterstützen und damit die Funktion des zentralen Dienstleisters für alle entgeltfinanzierten Nutzungsformate übernehmen 1087 . Die Europäische Kommission hielt das geplante Gemeinschaftsunternehmen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Sie begründete ihre Entscheidung damit, daß die MSG auf dem Markt für administrative und technische Dienstleistungen für das Bezahlfernsehen, mithin auf dem Markt für digitale Plattformen, wie auch im Bezahlfernsehen selbst und auf dem deutschen Kabelnetzmarkt die beherrschende Stellung der Gesellschafter verstärkt hätte oder eine solche hätte entstehen Iassen 1088 • Von entscheidender Bedeutung insoweit waren die befürchteten Auswirkungen der mit der MSG-Gründung verbundenen, vertikalen Konzentration auf die künftigen Marktstrukturen im Medien- und Kommunikationssektor: So hätten sich in der MSG mit dem Bertelsmann-Konzern, der Kirch-Gruppe und der Deutschen Telekom der drittgrößte Medienkonzern der Welt, der über eine 1084 Entscheidung der Europäischen Kommission - Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I; Entscheidung der Europäischen Kommission - Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20; Entscheidung der Europäischen Kommission- RTL/Veronica/Endemol v. 20. September 1995, ABI. 1996 Nr. L 134, 32; Entscheidung der Europäischen Kommission - BeTtelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1; Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (zu den beiden letzten bereits in § 1 D. II. 3.). 1085 Fundstellennachweis in Fußnote 1084. Von den genannten Untersagungen fand bislang nur die Sache Holland Media Groep den Weg vor die europäischen Gerichte, EuG Endemol Entertainment Group BV /Kommission v. 28. April 1999, Rs. T-221 /95. Dazu Bartosch, NJW-CoR 1999, 312. Bis zum 1. Juni 1998 erließ die Kommission im Hinblick auf die Konzentration im audiovisuellen Bereich insgesamt 26 Entscheidungen, dazu Frey, ZUM 1998, 985 (986) m. w. N. 1086 Vgl. Fußnote 464. Zur Vorgeschichte und den späteren Entwicklungen bereits unter § 1 D. II. 3. 1087 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (204 ff.); Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (87 ff.); Röper, MP 1994, 125 (129). Zum Betrieb digitaler Plattformen bereits unter§ I D. II. 3. Zum digitalen Vertrieb allgemein König, Digitales Fernsehen, S. 34 ff. 1088 Art. 8 Abs. 3 FKVO. Entscheidung der Europäischen Kommission - Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I. Dazu König, Digitales Fernsehen, S. 48 ff. ; Henle, DLM-Konzentrationsbericht, S. 9 (88); Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (204 ff.); Röper, MP 1995,310 (311).
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außerordentliche Vertriebsstärke, namentlich über einen einzigartigen Kundenstamm, verfügt, der europaweit führenden Rechtehändler und die Eigentürnenn und Betreibetin des größten Teils des deutschen Kabelnetzes zusammengeschlossen. Die Wettbewerbshüter befürchteten, daß schon allein die damit ausgelösten Abschreckungseffekte den Markt der digitalen Plattformen gegenüber neuer Konkurrenz abriegeln würden. 1089 Vor allem aber sah die Kommission die Gefahr, daß aufgrundder Wechselwirkungen der Medienmärkte die an der MSG beteiligten Medienkonzerne den Markt für digitale Plattformen nicht nur vorübergehend für sich behalten und darüberhinaus ihre bestehenden beherrschenden Stellungen auf den vor- und nachgelagerten Märkten festigen und dauerhaft unangreifbar machen würden. Dem lag der Gedanke zugrunde, daß sich die Wettbewerbsposition des Belreibers einer digitalen Plattform nach den Programminhalten richtet, die über seine Plattform angeboten werden. Mit der Kirch-Gruppe und dem BeTtelsmann-Konzern wären jedoch die auf dem Markt für Programmressourcen beherrschenden Wettbewerber in einer digitalen Plattform vereint gewesen. Das Risiko hätte daher nicht ausgeschlossen werden können, daß andere Belreiber digitaler Plattformen keine Programminhalte hätten anbieten können, die sie in eine ernstzunehmende Konkurrenz zur MSG hätten treten lassen. Aus der marktstarken Stellung der beteiligten Gesellschafter auf dem Markt für Programminhalte hätte sonach die dauerhafte Dominanz der MSG auf dem Markt der digitalen Plattformen resultiert. 1090 Diese wiederum hätte die ohnehin führende Stellung der Medienkonzerne BeTtelsmann und Kirch im deutschen Pay TV-Markt gestützt und verstärkt. Letztlich wären nach der Gründung der MSG alle künftigen deutschen Pay TV-Veranstalter dazu gezwungen gewesen, die für den Betrieb entgeltfinanzierter Dienste notwendigen Dienstleistungen von einem Unternehmen zu beziehen, das von ihrer Konkurrenz auf dem Veranstaltungsmarkt kontrolliert gewesen wäre. 1091 Auch die Dominanz der Deutschen Telekom auf dem Markt für Fernsehkabelnetze wäre durch die MSG nicht unbedeutend verstärkt worden. Denn auch die Attraktivität der Kabelnetze steht und fällt mit den über diese verbreiteten Programrninhalten. Da die führenden Prograrnmzulieferer in der MSG mit der Deutschen Telekom verbunden gewesen wären, hätte die Gefahr bestanden, daß konkurrierende Kabelnetzbetreiber vom BeTtelsmann-Konzern und der Kirch-Gruppe keine attraktiven Programme oder zumindest unter schlechteren Konditionen erhalten hätten, so daß einer effektiven Konkurrenz unter den Kabelnetzbetreibem schon von vomherein der Boden entzogen gewesen wärel092. 1089 Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I (Rdnr. 55). 1090 Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1 (Rdnr. 70f.). 1091 Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1 (Rdnr. 74). 1092 Entscheidung der Europäischen Kommission - Media Service GmbH 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1 (Rdnr. 93).
v. 9. November v. 9. November v. 9. November v. 9. November
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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Darüberhinaus hätte die MSG den beteiligten Unternehmen eine breite Palette an wettbewerbsbehindernden Praktiken ermöglicht, die von Seiten der Wettbewerbsbehörden nur schwer zu kontrollieren gewesen wären. 1093 So hätten die Konzerne Bertelsmann und Kirch von konkurrierenden Pay TV-Anbietern überhöhte Preise für die Inanspruchnahme der digitalen Plattform fordern können. Sie hätten die Daten über deren Abonnenten, namentlich über deren Zusammensetzung und Sehverhalten, für die eigenen Programme nutzen können, sei es für die eigentliche Programmtätigkeit oder aber für deren Vermarktung auf dem Werbemarkt. Ferner hätten sie ihre Konkurrenz durch die Smartcards oder bei der Benutzerführung nachteilig plazieren können, namentlich auf Smartcards mit wenig attraktiven Kanälen oder in Programmenüs so, daß der Rezipient diese nur über mehrere, kompliziert zu vollziehende Programmschritte hätte aufrufen können 1094• Die Deutsche Telekom, der trotz Diskriminierungsverbot und des Gebots der Neutralität bei der Vergabe digitaler Kapazitäten weite, nur schwer kontrollierbare Entscheidungsspielräume zustehen, hätte bei der Einspeisung der Programme in das Kabelnetz den Programmen ihrer Mitgesellschafter Vorrang einräumen und bei der Erweiterung der digitalen Kapazitäten - mit der Folge der notwendigen Berücksichtigung auch anderer Programmanbieter - technische Probleme vorschieben können, zumal es im Unternehmerischen Ermessen der Deutschen Telekom liegt, in welcher Schnelligkeit sie die digitale Entwicklung des Hyperbandbereichs vorantreibt 1095 .
cc) Nordic Satellite Distribution Die in der Entscheidung MSG entwickelten Marktdefinitionen und Grundsätze im Hinblick auf die Gefährlichkeit vertikaler Strukturen wiederholte und bestätigte die Europäische Kommission zwei Jahre später in der Sache Nordic Satellite Distribution (NSD) 1096. Die Gründung der NSD zielte darauf, die Infrastruktur für die Veranstaltung von entgeltfinanziertem Satelliten- und Kabelfernsehen bereitzustellen. Die Hauptgeschäftsfelder der NSD wären der Vertrieb von Satellitentransponderkapazitäten sowie die Übertragung von Satellitenfernsehprogrammen an Private und an Kabelnetzbetreiber in Nordeuropa gewesen. An dem Gemeinschaftsunternehmen NSD wollten sich der schwedische Mischkonzern Kinnevik, das norwegische Telekommunikations-, Kabel- und Satellitenunternehmen Norsk Telecom und die staatliche Tele Denmark beteiligen. Der Kinnevik-Konzern vertrieb zum damaligen Zeitpunkt nicht nur Satellitentransponderkapazitäten und Zugangs1093 Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1 (Rdnr. 84 ff.). 1094 Entscheidung der Europäischen Kommission- Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, I (Rdnr. 87 ff.). 1095 Entscheidung der Europäischen Kommission - Media Service GmbH v. 9. November 1994, ABI. 1994 Nr. L 364, 1 (Rdnr. 85 f.). 1096 Entscheidung der Europäischen Kommission- Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20.
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beschränkungssysteme. Zugleich war er der größte Anbieter nordeuropäischer Satellitenfernsehprogramme, ein bedeutender Pay TV-Anbieter in Nordeuropa und ein maßgeblicher Wettbewerber im schwedischen Kabel- und Free TV. Die Norsk Telecom ist der größte Kabelnetzbetreiber für Pay TV-Dienste in Norwegen und eine führende Größe beim Vertrieb von Satellitentransponderkapazitäten in Nordeuropa. Die staatliche Tele Denmark schließlich ist die wichtigste Kabelnetzbetreiberin in Dänemark. Die Europäische Kommission untersagte das geplante Joint Venture mit dem Argument, daß die vertikale Konzentration über die Gründung der NSD zur Entstehung bzw. Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der beteiligten Unternehmen auf dem nordeuropäischen Markt für Satellitentransponderkapazitäten, dem dänischen Markt für Kabelfernsehnetze und dem Markt für entgeltfinanzierte und sonst verschlüsselte Fernsehdienste für den Satellitendirektempfang in Nordeuropa führen würde. 1097
dd) BeTtelsmann I KirchI Premiere und Deutsche Telekom I BetaResearch Im Mai 1998 ergingen erneut Untersagungen der Europäischen Kommission, die das entgeltfinanzierte Fernsehen betrafen. In den Entscheidungen BeTtelsmann I Kirch I Premiere und Deutsche Telekom I BetaResearch befaßte sich die Kommission mit dem Erwerb der gemeinsamen Kontrolle an dem deutschen Pay TV-Sender Premiere 1098 durch die Konzerne BeTtelsmann und Kirch und mit dem an dem Unternehmen BetaResearch durch die Deutsche Telekom und den beiden vorgenannten Medienkonzernen 1099• Mit diesen Zusammenschlüssen nahmen die drei Konzerne ein weiteres Mal Anlauf, den digitalen Bezahlsektor gemeinsam zu erschließen, nachdem sie noch vier Jahre zuvor mit dem Projekt MSG gescheitert waren. Demnach sollte der künftig von den Konzernen Bertelsmann und Kirch paritätisch kontrollierte Sender Premiere zu einer gemeinschaftlich betriebenen Pay TV-Programm- und Vermarktungsplattform ausgebaut werden 1100. Dazu wollte der Kirch-Konzern sein bislang konkurrierendes digitales Pay TV-Programm 1097 Entscheidung der Europäischen Kommission - Nordic Satellite Distribution v. 19. Juli 1995, ABI. 1996 Nr. L 53, 20 (Rdnr. 31 ff.). Dazu König, Digitales Fernsehen, S. 56ff.; Europäische Kommission, 25. Wettbewerbsbericht [1995], Tz. 133. Eine ähnliche Argumentation führte die Europäische Kommission im Jahre 1996 bei der Überprüfung der Cablevision, einem Gemeinschaftsunternehmen von Telef6nica und Sogecable, einer Tochter von Canal Plus Spanien. Zu einer formellen Entscheidung der Europäischen Kommission kam es in dieser Sache allerdings nicht, da die beteiligten Gesellschaften nach der negativen Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Unternehmenszusammenschlüsse ihre strategische Allianz aufkündigten und die Auflösung der Cablevision anzeigten. Dazu Europäische Kommission, 26. Wettbewerbsbericht [1996], Tz. 150f. 1098 Zum Pay TV und zum Sender Premiere allgemein § I D. II. 3. I099 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1; Entscheidung der Europäischen Kommission- Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31. Dazu Altes, MP 2000, 482 (482 f.); Frey, ZUM 1998, 985 (993 ff.). Da die beiden Entscheidungen sachlich eng miteinander verknüpft sind, sollen sie im Folgenden zusammen dargestellt werden. Vgl. auch § 1 D. II. 3. IIOO Zum Begriff der digitalen Plattform bereits unter§ 1 D. II. 3.
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DF 1, den Free TV-Sender DSF, seine Pay TV-Lizenzen und seine d-box-Technologie in Premiere einbringen. Premiere sollte in Zukunft auf Basis der d-box-Technologie alle administrativen Dienstleistungen 1101 erbringen, die für den Betrieb digitaler, entgeltfinanzierter Dienste erforderlich sind. Die zur Verbreitung der digitalen Pay TV-Dienste notwendigen technischen Dienstleistungen 1102 sollten für die Kabelnetze die Deutsche Telekom, für die Satellitenprogramme die von Bettelsmann und Kirch künftig gemeinsam kontrollierte BetaDigital übernehmen. Die Deutsche Telekom verpflichtete sich dafür, ihre technische Plattform ausschließlich auf Basis des d-box-Decoders zu betreiben. Zur Absicherung der von ihr hierzu benötigten Rechte an der d-box-Technologie wollte sich die Deutsche Telekom an der von Kirch und Bettelsmann künftig gemeinsam kontrollierten BetaResearch beteiligen 1103 . Letztere hält ausschließlich und unbefristet die Lizenzen für die Beta-Technologie zur Verschlüsselung von Programmen auf der Basis des d-boxDecoders 1104 .
In ihren Gründen nahm die Europäische Kommission abermals ihre aus der MSG-Entscheidung bekannte Argumentation auf1105 . Sie beanstandete, daß Bertelsmann und Kirch über den anvisierten Zusammenschluß in Anbetracht ihrer führenden Stellung bei den für den Erfolg von Pay TVKanälen ausschlaggebenden Programmressourcen 1106 ein nicht nur vorübergehendes Monopol im Bezahlfernsehen errichten könnten 110 7 • Ein fairer Zugang neuer 1101 Namentlich die Bouquettierung und Vermarktung der Programme, die Abonnentenverwaltung und -betreuung (SMS), den Aufbau der Decoder-infrastruktur und die Zugangskontrolle (CA), Entscheidung der Europäischen Kommission - Bettelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 8). 1102 Namentlich die Verschlüsselung, Videokompression, das Multiplexing und der Uplink zum Satelliten, Entscheidung der Europäischen Kommission - Beneismann I Kirch I Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 9). Zu den erforderlichen technischen Dienstleistungen im Einzelnen Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom I Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 18). 1103 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bettelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 15). 1104 Zu den Geschäftsfeldern der BetaResearch zählen neben der Lizenzvergabe die (Weiter-) Entwicklung der Decodersoftware sowie der Verschlüsselungs- und Betriebssoftware der d-box und darüberhinaus die Herstellung von CA-Modulen und Smartcards, Entscheidung der Europäischen Kommission - Bettelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 10). 1105 Zum Teil sogar ausdrücklich. Vgl. etwa Entscheidung der Europäischen Kommission -Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 19). Zusammenfassend zu den Entscheidungsgründen der Europäischen Kommission etwa 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 514. 1106 Zur Bedeutung der Programmrechte für das Pay TV Entscheidung der Europäischen Kommission- Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 29); Entscheidung der Europäischen Kommission - Bettelsmann I Kirch I Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 88). Dazu ausführlich Frey, ZUM 1998, 985 (994). 1107 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bettelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 30ff.). Vgl. dazu Emmerich, Kartellrecht, S. 490.
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Wettbewerber zum deutschen Pay TV-Markt sei nach einem solchen Zusammenschluß nicht mehr zu gewährleisten 1108 . Überdies könnten die Konzerne versucht sein, auch im werbefinanzierten Fernsehen zusammenzuarbeiten, namentlich ihren Rechteeinkauf zu koordinieren 11 09 • Bei den technischen Plattformen für Pay TV-Anwendungen befürchtete die Kommission eine dauerhafte Alleinstellung der BetaDigital für den Satellitensektor und der Deutschen Telekom für den Kabelbereich 1110. Vor allem durch die Einigung auf die d-box als den digitalen Standard im deutschsprachigen Raum und die gemeinsame Kontrolle der Lizenzvergabe für die Beta-Verschlüsselungstechnologie auf Basis der d-box über die BetaResearch, wären alle künftigen Wettbewerber im Markt für technische Dienstleistungen für Pay TV von der Beta Research und damit von der Deutschen Telekom, Bertelsmann und Kirch abhängig gewesen 1111 • Zudem wären nach den Zusammenschlüssen kaum noch Unternehmen denkbar gewesen, die eine alternative technische Plattform hätten aufbauen können. Namentlich die mit der Telekom konkurrierenden, privaten Kabelnetzbetreiber wären dazu nicht in der Lage gewesen 1112, zumal ihnen hierzu die für den erfolgreichen Betrieb einer digitalen Plattform notwendigen Programmressourcen - auch dauerhaft - gefehlt hätten 1113 • Vor diesem Hintergrund hätten sich künftige Lizenznehmer auch nur noch wenig gegen wettbewerbshindernde Praktiken der Telekom bzw. der BetaDigital wehren können 1114 • Darüberhinaus wäre die schon jetzt marktbeherrschende Stellung der Deutschen Telekom in den Kabelnetzen durch die anvisierten Zusammenschlüsse weiter verstärkt worden 1115 • 1108 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 108 f.). 1109 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 89ff.). Zu weiteren Kooperationsmöglichkeiten Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 95 ff.). 1110 Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom I Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 25 ff.). 1111 Entscheidung der Europäischen Kommission- Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 37ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann/Kirch/Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 110ff.). Vgl. Frey, ZUM 1998, 985 (994f.). 1112 Entscheidung der Europäischen Kommission- Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 33ff., 40f.); Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann/Kirch/Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 106f., 148 ff.). 1113 Entscheidung der Europäischen Kommission- Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999Nr. L53, 31 (Rdnr. 29ff.). 1114 Entscheidung der Europäischen Kommission - Bertelsmann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 113 ff.). 1115 Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom I Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 45 ff.).
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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Ein Wettbewerb zwischen der Deutschen Telekom und der BetaDigital wäre wegen der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung wenig wahrscheinlich gewesen1116. Die Marktdominanz im technischen Bereich hätte die beherrschende Stellung von Premiere als Programm- und Vermarktungsplattform für (digitales) Pay TV verstärkt, ebenso wie umgekehrt die Alleinstellung von Premiere (und die dahinter stehende Zusammenführung der Programmressourcen von Bertelsmann und Kirch) die Einführung alternativer technischer Plattformen verhindert hätte 1117 . Bertelsmann, Kirch und die Deutsche Telekom zusammen wären damit letztlich in der Lage gewesen, die Bedingungen für den Marktzutritt Dritter sowohl zum Pay TV-Markt als auch zum Markt für technische digitale Plattformen zu bestimmen. 1118 Ähnliche Erwägungen finden sich in der jüngsten Entscheidung der Europäischen Komrnmission zum Beteiligungsvorhaben von Rupert Murdochs BSkyB an KirchPayTV 1119. Die Europäische Kommission führte aus, dass sowohl im Pay TV als auch im künftigen Markt für digitale interaktive Fernsehdienste die Kirch-Gruppe ob ihrer Position im Markt der digitalen Plattformen, des Rechtehandels und der Decodertechnologie aktuell bzw. potentiell eine Alleinstellung besitze. Durch die kapitalmäßige Beteiligung von BSkyB drohe eine (weitere) Marktabschottung. Ohne die Beteiligung Murdochs würde Dritten der Marktzutritt spürbar erleichtert, da die Kirch-Gruppe ihre marktbeherrschende Position dann nur schwerer verteidigen könne. Anders als in den vorerwähnten Entscheidungen genügten indes dieses Mal die von der Kirch-Gruppe gemachten Zusagen, wie zum Beispiel die Zusage eines diskriminierungsfreien Zugangs Dritter zur digitalen Plattform der Kirch-Gruppe, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Europäischen Kommission zu zerstreuen. Dies ist umso bemerkenswerter, als die Zusagen in mehrfacher Hinsicht hinter den Zusagen zurückblieben, die in den vorgenannten Verfahren erfolglos zugestanden worden waren. Die Entscheidung kann derzeit noch nicht vollzogen werden, da die ARD Klage vor dem Europäischen Gericht erhoben hat.
ee) Holland Media Groep Im Bereich des werbefinanzierten Fernsehens untersagte die Europäische Kommission im September 1995 das Gemeinschaftsunternehmen Holland Media 1116 Entscheidung der Europäischen Kommission - Beeteismann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 1 (Rdnr. 118). 1117 Entscheidung der Europäischen Kommission - Deutsche Telekom I Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 35 ff., 65). 1118 Zu den (für nicht ausreichend erachteten) Zusagen der Parteien Entscheidung der Europäischen Kommission- Beeteismann I KirchI Premiere v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, I (Rdnr. 123 ff.); Entscheidung der Europäischen Kommission- Deutsche Telekom/Beta Research v. 27. Mai 1998, ABI. 1999 Nr. L 53, 31 (Rdnr. 55ff.). Dazu Frey, ZUM 1998, 985 (997, 1000f.). 1119 Entscheidung der Europäischen Kommission - BSkyB I Kirch PayTV v. 21. März 2000, ABI. 2000 Nr. C 110, 45 (Case No. COMP I JV.37); dazu Altes, MP 2000, 482 (484 f.).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Groep (HMG) und wurde hierin im April 1999 von dem Gericht erster Instanz bestätigt1120. Die führenden Fernsehveranstalter RTL und Veronica gründeten mit dem Unternehmen Endemol, dem führenden Wettbewerber im niederländischen Fernsehproduktionsmarkt, die HMG. Die Europäische Kommission untersagte den Zusammenschluß, da die HMG, in der die bislang getrennten Programme RTL4, RTL5 und Veronica zusammengeführt worden wären, im gebührenfreien Fernsehen einen Zuschauermarktanteil von mindestens 40% erzielt hätte. Ferner befürchtete die Kommission, daß durch die HMG die Programmplanung der drei Programme aufeinander abgestimmt würde, um möglichst hohe Einschaltquoten zu erzielen und die wichtigsten Werbekunden an sich zu binden 1121 • Darüberhinaus hätte die HMG im Werbemarkt einen Marktanteil von über 60 % erzielt 1122• Vor allem aber machte die Kommission geltend, daß die vertikale Verflechtung der HMG einen privilegierten Zugang zu den Produktionen von Endemol gewährt und dadurch zugleich die ohnehin führende Stellung der Endemol in der niederländischen Fernsehproduktion weiter ausgebaut hätte. 1123 Nach dem Ausstieg der Endemol und der Umwandlung des von RTL eingebrachten Vollprogramms RTL 5 in einen Nachrichtenkanal stimmte die Europäische Kommission im Folgejahr dem jetzt nur noch horizontalen Zusammenschluß zu 1124•
ff) Zwischenergebnis
Die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien hat für die europäische Fusionskontrolle in der Vergangenheit sonach ausschließlich im Bereich der vertikalen Cross Ownerships Bedeutung gewonnen 1125. Tragendes Motiv der europäischen Entscheidungspraxis war dabei stets, eine Ausweitung der bestehenden Marktmacht der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen in die voroder nachgelagerten Märkte zu verhindern. Die Beschränkung vertikaler Cross Ownerships durch die europäische Zusammenschlußkontrolle betraf daher stets Unternehmen, die bereits vorher marktbeherrschend gewesen waren, nicht Unternehmen, die erst durch den Zusammenschluß marktbeherrschend geworden wären. 112o Entscheidung der Europäischen Kommission- RTL/Veronica/Endemol v. 20. September 1995, ABI. 1996 Nr. L 134, 32. Dazu Europäische Kommission, 25. Wettbewerbs-bericht [1995], Tz. 134. Bestätigt durch EuG- Endemol Entertainment Group BV /Kommission v. 28. April 1999, Rs. T-221/95; dazu Bartosch, NJW-CoR 1999, 312. 11 2 1 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTL/Veronica/Endemol v. 20. September 1995, ABI. 1996 Nr. L 134, 32 (Rdnr. 37 ff.). 11 22 Entscheidung der Europäischen Kommission - RTL/Veronica/Endemol v. 20. September 1995, ABI. 1996 Nr. L 134, 32 (Rdnr. 67 ff.). 11 23 Entscheidung der Europäischen Kommission- RTL/Veronica/Endemol v. 20. September 1995, ABI. 1996 Nr. L 134, 32 (Rdnr. 88 ff.). 11 24 Entscheidung der Europäischen Kommission- RTL/Veronica/Endemol v. 17. Juli 1996, ABI. 1996 Nr. L 294, 14. Dazu Europäische Kommission, 26. Wettbewerbsbericht [1996], Tz. 149. 11 25 Anderer Ansicht Frey, ZUM 1998, 985 (998 f.).
A. Internationale Bindungen der Cross Ownership
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Dabei zeigte sich die Europäische Kommission besonders sensibel bei Verflechtungen mit dem Markt für Programmressourcen. Sie schritt daher bislang vor allem gegen Verbindungen von Produktionsunternehmen bzw. Rechtehändlern auf der einen Seite und Rundfunkveranstaltern, Betreibern digitaler Plattformen und Inhabern von Übertragungswegen auf der anderen ein. Die Bildung oder Intensivierung intermediären Unternehmenswachstums hat dagegen bislang noch kein Eingreifen der Fusionskontrolle erforderlich gemacht. Daranhat die nach Art. 151 Abs. 4 EG verpflichtend vorgeschriebene Berücksichtigung kommunikations- und kulturpolitischer Interessen im Bereich der Medien nichts geändert. Wie auch im Rahmen der Mißbrauchskontrolle hat die Kulturverträglichkeitsklausel in der veröffentlichten europäischen Entscheidungspraxis zur Medienfusionskontrolle bislang noch keine Rolle gespielt 1126• d) Zusammenfassung
Aufgrund der auf den Umsatz der Industrieproduktion, nicht aber der Medienwirtschaft zugeschnittenen Schwellenwerte werden Medienfusionen letztlich nur dann von der europäischen Fusionskontrolle erfaßt, wenn an ihnen Branchenriesen beteiligt sind. Selbst wenn solche großen Medienkonzerne beteiligt sind, kann der Zusammenschluß von der Europäischen Kommission jedoch dann nicht kontrolliert werden, wenn Unternehmen beteiligt sind, die - wie die meisten - einen gemeinschaftsweiten Umsatz von weniger als 250 Mio. ECU erzielen. Vor allem deshalb, weil die europäische Fusionskontrolle anders als die nationale keine medienspezifischen Modifikationen ihrer Aufgreifkriterien kennt, ist der Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrolle in den Medien nur selten eröffnet. Allerdings ist die europäische Fusionskontrolle, wenn die Verordnung anwendbar ist, vorrangig. Dies gilt sowohl gegenüber dem nationalen Wettbewerbsrecht als auch faktisch gegenüber der Marktstrukturkontrolle nach gemeinschaftlichem Primärrecht, das heißt Art. 81 EG und Art. 82 EG. Allerdings ist es den nationalen Medienbehörden vorbehalten, Zusammenschlüsse, die von der Europäischen Kommission wettbewerbsrechtlich genehmigt worden sind, zum Schutze kommunikationspolitischer Interessen, namentlich zur Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk zu untersagen. Die europäische Fusionskontrolle gewann für die marktübergreifende Bigenturnskonzentration in den Medien in der Vergangenheit nur im Hinblick auf vertikale Konzentrationstatbestände an Bedeutung. Wie für die Mißbrauchskontrolle hat auch für die Fusionskontrolle die diagonale, namentlich die intermediäre Eigentumskonzentration in den Medien noch keine Rolle gespielt. Die wenigen Untersagungen im Bereich der Medienfusionskontrolle betrafen ausschließlich vertikale Zusammenschlüsse. 1126
Zur geringen Bedeutung der Kulturverträglichkeitsklausel siehe § 3 A. III. I. c ).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Ziel der Untersagungen war stets, eine Übertragung bestehender Marktmacht der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen in vor- oder nachgelagerte Märkte zu unterbinden. Sie richteten sich daher stets gegen Unternehmen, die bereits vor dem Zusammenschluß marktbeherrschend gewesen waren, nicht gegen Unternehmen, die erst durch den Zusammenschluß marktbeherrschend geworden wären. Besonders sensibel zeigte sich die Europäische Kommission dabei hinsichtlich Cross Ownerships, die den Markt für Programminhalte betrafen. Die Kulturverträglichkeitsklausel hat in der fusionskontrollrechtlichen Entscheidungspraxis der europäischen Behörden wie Gerichte bislang noch keinen Niederschlag gefunden.
IV. Zusammenfassung Die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern unterliegt den Bindungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Die Europäische Gemeinschaft zieht ihr unter zwei Aspekten Grenzen. Zum einen berühren Cross Ownerships den Regelungsbereich der Gemeinschaft, wenn die nationalen Beschränkungen von Cross Ownerships zu Hindernissen für die freie Niederlassung von Rundfunkveranstaltern innerhalb der Gemeinschaft führen. Zum anderen beschränkt sie Cross Ownerships, wenn diese den Wettbewerb in der Gemeinschaft zu verzerren drohen. Obschon der Vertrag das Ziel der Vielfaltssicherung nicht ausdrücklich nennt und die Regulierung von Medienkonzentration nicht nur wirtschafts-, sondern auch kommunikationspolitische lmplikationen beinhaltet, ist der Europäischen Gemeinschaft die Regulierung des Rundfunksektors nicht von vomherein verwehrt. Vielmehr stellt die mit dem Vertrag von Maastricht eingeführte Kulturverträglichkeitsklausel klar, daß kulturelle Aspekte eine Regelungsmaterie dem Zuständigkeitsbereich der sich zuerst als Wirtschaftsgemeinschaft verstehenden Europäischen Gemeinschaft nicht entziehen. Es gibt keine Bereichsausnahme für Bereiche der Kultur, auch nicht für den Rundfunk. Allerdings ist die Europäische Gemeinschaft auch nicht berufen, unter Zugrundelegung ihrer medien- und kulturpolitischen Vorstellungen den Pluralismus in den Medien zu sichern. Hierzu erteilt ihr auch die neu eingefügte Kulturkompetenz des Art. 151 EG keine Handlungsvollmacht. Die Errichtung des Gemeinsamen Marktes verlangt die Herstellung eines Raums ohne Binnengrenzen, in dem Dienstleistungen, Personen und Kapital frei fluktuieren können. Mit diesem Ziel ist die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien an sich nicht unvereinbar. Insbesondere die Niederlassungsfreiheit steht der Bildung von Cross Ownerships prinzipiell nicht entgegen. Ein Handlungsbedarf für die Europäische Gemeinschaft ergibt sich erst dann, wenn nationale Medieneigentums- und Medienzugangsregelungen für den Rundfunk Barrieren für den freien Personenverkehr schaffen, die nur durch eine gemeinschaftsweite Regelung zu überwinden sind. Ob ein solcher Harmonisierungsbedarf für
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das Medienkonzentrationsrecht besteht, wird auch innerhalb der Europäischen Kommission nicht einheitlich beurteilt, zumal eine solche Harmonisierung einen intensiven Eingriff in die nationale Medienpolitik und in die Rundfunkordnungen der Mitgliedstaaten darstellte. Dabei ist indes zu beachten, daß die Europäische Gemeinschaft bei der Verwirklichung der Grundfreiheiten nicht an das Subsidiaritätsprinzip gebunden ist, da sie sich insoweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeit bewegt. Nichtsdestoweniger ist eine sekundärrechtliche Regelung zur Herstellung der Niederlassungsfreiheit, die Cross Ownerships besonderen europarechtlichen Bindungen unterwirft, bislang noch nicht ergangen. Der Schutz eines Systems unverfälschten Wettbewerbs zieht der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien dagegen durchaus gewisse Grenzen. Kommerzielle Rundfunkanbieter sind Unternehmer im Sinne des europäischen Wettbewerbsrechts und unterliegen daher der Kontrolle der europäischen Wettbewerbshüter. Sie agieren dabei auf verschiedenen Märkten, die sich drei Ebenen zuordnen lassen: der Programmveranstaltung, der Programmbeschaffung und der Programmdistribution. Nach der hier vertretenen Auffassung ist auf der Veranstaltungsebene zwischen dem Rezipienten- und dem Werbemarkt zu unterscheiden. Beide Märkte sind sachlich von den Rezipienten- und Werbemärkten anderer Medien zu unterscheiden. Die sich schrittweise anbahnende Konvergenz der Medienmärkte hat derzeit noch keinen einheitlichen Gesamtmedienmarkt hervorgebracht, auf den bezogen die Wettbewerbsposition der einzelnen Akteure sinnvoll bestimmt werden könnte. Bei beiden Märkten ist ferner zwischen dem rein werbefinanzierten und dem entgeltfinanzierten Fernsehen sowie zwischen terrestrischen, Kabel- und Satellitenprogrammen zu trennen. Als Abgrenzungskriterien ungeeignet sind dagegen das inhaltlich-publizistische Profil der Sender sowie deren rechtliche Organisation. Die Beschaffungs- und Vertriebsmärkte spalten sich in eine nicht überschaubare Vielzahl von Einzelmärkten, die vom Handel mit bestimmten Sportrechten über den Markt für unabhängige Film- und Fernsehproduktionen bis hin zum Betrieb von digitalen Plattformen und Kabelnetzen reicht. Dabei deckt sich der Marktbegriff des Wettbewerbsrechts mit dem, wie er im Rundfunkrecht verwendet und dem Begriff der Cross Ownership zugrundegelegt wird, zum größten Teil, aber nicht vollständig. Aus Sicht des europäischen Wettbewerbsrechts räumlich relevant ist in erster Linie der nationale Medienmarkt, aber auch der, der sich durch einen gemeinsamen Sprach- oder Kulturraum auszeichnet. Ein gemeinschaftsweiter Medienmarkt besteht dagegen regelmäßig nicht. Die Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts treffen Cross Ownerships nur dann, wenn das zu kontrollierende, diversifizierte Unternehmen bereits marktbeherrschend ist oder aber droht, marktbeherrschend zu werden. Ein marktbeherrschendes Unternehmen zeichnet sich dadurch aus, daß es fähig ist, unabhängige Marktstrategien zu verfolgen. Dies wird von der Europäischen Kommission und
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
dem Europäischen Gerichtshof typischerweise ab einem Marktanteil von mindestens 40% vermutet. Ob eine marktbeherrschende Stellung anzunehmen ist, bestimmt sich letztlich aus einer Kombination von Marktstruktur- und Marktverhaltenskriterien. Im Ergebnis ist die europäische Entscheidungspraxis dabei tendenziell großzügiger als die nationale. Die mit dem Vertrag von Maastricht eingefügte Kulturverträglichkeitsklausel hat noch keine konkreten Wirkungen gezeigt. Die von ihr geforderte Einbindung kommunikationspolitischer Aspekte bleibt abzuwarten. Von den Steuerungsinstrumenten des europäischen Wettbewerbsrechts kommen für die Kontrolle diversifizierter Medienunternehmen vor allem die Mißbrauchsund die Fusionskontrolle in Betracht. Beide wenden sich in erster Linie gegen die Gefahren vertikaler Untemehmensintegration. Dagegen hat die diagonal-intermediäre Konzentration noch zu keinem Einschreiten der Europäischen Kommission geführt. Das Mißbrauchsverbot steht der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien an sich ebensowenig entgegen wie der marktbeherrschenden Stellung von Unternehmen. Es greift erst ein, wenn sich das marktbeherrschende Unternehmen wettbewerblieh anstößig verhält. Die Mißbrauchskontrolle setzt daher erst dann an, wo marktbeherrschende Stellungen bereits entstanden sind, es aus medienpolitischer Sicht sonach regelmäßig schon zu spät ist. Diversifizierte Rundfunkveranstalter sind von Art. 82 EG dann im Besonderen betroffen, wenn sie ihre marktbeherrschende Stellung auf einen angrenzenden Markt zu übertragen suchen, der von dem beherrschten Markt existentiell abhängt, und dazu ihren Wettbewerbern den Zugang zu dem von ihnen beherrschten Markt abschneiden oder zumindest unangemessen erschweren. Die Mißbrauchskontrolle beschränkt sich daher im wesentlichen auf die vertikale Cross Ownership. Intermediär diversifizierte Rundfunkveranstalter unterliegen keinen besonderen Verhaltensanforderungen. Auch im Rahmen der Auslegung und Anwendung des Art. 82 EG bleibt der Einfluß der Kulturverträglichkeitsklausel noch abzuwarten. Die europäische Fusionskontrolle kommt im Bereich der Medien nur selten zum Tragen, da sie keine medienspezifischen Modifikationen ihrer Aufgreifkriterien kennt. Ist der Anwendungsbereich der Verordnung jedoch erst einmal eröffnet, genießt die europäische Fusionskontrolle Vorrang gegenüber dem nationalen Wettbewerbsrecht Ungeachtet dessen dürfen die nationalen Medienbehörden Zusammenschlüsse, denen die Europäische Kommission wettbewerbsrechtlich stattgegeben hat, zum Schutze kommunikationspolitischer Interessen, namentlich zur Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk untersagen. Kommunikationspolitisch wenig befriedigend ist, daß sich die Fusionskontrolle auf die Kontrolle des externen Unternehmenswachstums beschränkt. So werden viele medienpolitisch relevante Vorgänge wie etwa der Erwerb einer Rundfunklizenz durch einen Pressemonopolisten von vomherein nicht erlaßt.
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In der Vergangenheit betrafen Untersagungen im Bereich der europäischen Medienfusionskontrolle ausschließlich vertikale Zusammenschlüsse. Sie waren stets darauf gerichtet, zu verhindern, daß bereits marktbeherrschende Unternehmen durch einen Zusammenschluß in vor- oder nachgelagerte Märkte expandieren und hierzu ihre Marktmacht ausnutzen wollen, indem sie ihren Wettbewerbern den Zugang zu den von ihnen beherrschten Märkten systematisch abschneiden oder zumindest erheblich erschweren. Die Fusionskontrolle beschränkte sich daher im wesentlichen auf die Kontrolle vertikaler Zusammenschlüsse von Unternehmen, die bereits vor dem Zusammenschluß marktbeherrschend gewesen waren. Besonders sensibel zeigte sich die Europäische Kommission bislang bei Cross Ownerships, die den Markt für Programmressourcen betrafen. Auch im Rahmen der Fusionskontrolle hat die Kulturverträglichkeitsklausel in der Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission wie der europäischen Gerichte noch keine ausdrückliche Erwähnung gefunden. Auch das fusionskontrollrechtliche Instrumentarium begegnet der Medienkonzentration daher nur eingeschränkt 1127 • Das Recht der Europäischen Gemeinschaft, das schon aus Gründen der Kompetenz zuvorderst auf die Erweiterung unternehmenscher Handlungsspielräume und die Umsetzung des auf wirtschaftlichen Erwägungen beruhenden Binnenmarktkonzepts zielt, will die Europäisierung und Kommerzialisierung des Rundfunksektors vorantreiben. Dazu unterstützt es den marktorientierten Um- und Abbau der kommunikations- und kulturpolitisch begründeten Vorkehrungen des nationalen Medienrechts. Im Einklang mit dieser Grundausrichtung läßt es die weniger wettbewerbs- als vielmehr kommunikationspolitisch bedenkliche Cross Ownership letztlich weitgehend unbeschränkt. Die europäischen Vorgaben zielen nicht auf die Sicherung einer publizistischen Vielfalt in den Medien, sondern primär auf den Schutz eines unverzerrten Wettbewerbs in der Gemeinschaft. Infolgedessen befassen sie sich in erster Linie mit der vertikalen Diversifikation im Medienbereich. Die intermediären Cross Ownerships beschäftigen die europäischen Wettbewerbshüter dagegen kaum, zumal sich trotz der Kulturverträglichkeitsklausel kommunikationspolitische Belange in den Entscheidungen der europäischen Instanzen, die die Medienkonzentration betreffen, noch nicht niedergeschlagen haben.
1127 Vgl. statt vieler Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 81 ff. ; Wagner, AfP 1992, 1 (lOff.); Brühann, ZUM 1993, 600 (603); Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 176. Optimistischer dagegen Frey, ZUM 1998, 985 (997, 1000).
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B. Verfassungsrechtliche Bindungen der Cross Ownership Im Folgenden ist zu untersuchen, ob und inwieweit das nationale Verfassungsrecht die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern besonderen Bindungen unterwirft. Ausgangspunkt muß dabei die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG verankerte Rundfunkfreiheit sein, deren Interpretation durch das Bundesverfassungsgericht bereits vorgestellt worden istll28 . Die Rundfunkfreiheit wird darüberhinaus auch in den Landesveifassungen geschützt, zum Teil explizit wie etwa in Art. 111 a der Bayerischen Verfassung oder Art. 15 Abs. 1 und 5 der Bremer Landesverfassung, zum Teil durch Verweis auf die Grundrechte des Grundgesetzes. Soweit die in den Landesverfassungen verankerte Rundfunkfreiheit mit der nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG inhaltlich übereinstimmt oder zusätzliche Freiheitsräume gewährt, bleibt das Landesgrundrecht nach Art. 142 GG in Kraft 1129. Sieht es Beschränkungen vor, die über die des Grundgesetzes hinausgehen, ist es mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit nach Art. 31 GG nichtig. Landesverfassungsrechtliche Eigenheiten finden sich vor allem in Bayern durch den Rundfunk in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft nach Art. 111 a Abs. 2 BV ("bayerisches Modell"). In dem hier zu untersuchenden Zusammenhang ergeben sich jedoch keine landesverfassungsrechtlichen Besonderheiten, so daß sich die Untersuchung auf die bundesverfassungsrechtliche Lage beschränken kann 1130.
Bei den verfassungsrechtlichen Bindungen der Cross Ownership ist zwischen den intermediären und den vertikalen Cross Ownerships zu differenzieren. Zu untersuchen ist, ob die von der Rundfunkfreiheit gebotene Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern generell oder in bestimmter Hinsicht ausschließt oder zumindest verlangt, Cross Ownerships mit den Mitteln der Gesetzgebung zu beschränken, das heißt den Erlaß von Cross Ownership Beschränkungen fordert 1131 • Bevor hierauf im Einzelnen einzugehen ist, soll vorab an die Stellung des privaten Rundfunks in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erinnert werden, aus der sich Grund und Grenzen der Rundfunkkonzentrationskontrolle und damit auch der Cross Ownership Beschränkungen ergeben 1132 • Vgl. § 2 E., insbesondere§ 2 E.l. 1., § 2 E. II. I. und§ 2 E. III. 4. Statt vieler Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 49. 1130 Zum früher umstrittenen (vgl. BayVerfGH, ZUM 1992, 626), nunmehr aber geklärten Grundrechtsschutz privater RundfunkanbieteT in Bayern BVerfG v. 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94, abgedr. in ZUM 1998, 306. Dazu Ory, ZUM 1998, 484; ders., ZUM 1998, 155; Herrmann, ZUM 1998, 311; Stettner, ZUM 1998, 312; Hepach, ZUM 1998,795 (800ff.). 1131 Die an dieser Stelle untersuchte Frage, ob die Verfassung den Gesetzgeber zum Erlaß von Cross Ownership Beschränkungen verpflichtet, ist von der Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen des gesetzgebensehen Gestaltungsspielraums beim Erlaß von Cross Ownership Beschränkungen zu unterscheiden (zu letzterem siehe§ 4 C. II.). 1132 Dazu bereits unter§ 2 E. I. I. d) und§ 2 E. I. I. e). 11 28
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B. Verfassungsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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I. Privater Rundfunk und Rundfunkkonzentrationskontrolle Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht es dem Gesetzgeber frei, privaten Rundfunk zuzulassen. Der private Rundfunk ist eine vom Gesetzgeber prinzipiell wählbare und damit verfassungsrechtlich zulässige Form der Rundfunkorganisation 1133 . Hat der Gesetzgeber den Rundfunksektor für kommerzielle Anbieter geöffnet, muß er dafür Sorge tragen, daß auch im privaten Rundfunk ein möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt herrscht 1134. Er ist nicht befugt, "für den privaten Rundfunk auf rechtliche Sicherungen der Rundfunkfreiheit ganz zu verzichten und die Entwicklung im Wege der Deregulierung den Kräften des Marktes anzuvertrauen"1135. Dabei ist er insbesondere verpflichtet, einen einseitigen, in hohem Maße ungleichgewichtigen Einfluß Einzelner auf die Bildung der öffentlichen Meinung zu verhindern. Der Gesetzgeber muß Vorsorge gegen das Entstehen vorherrschender Meinungsmacht treffen und übermäßiger Konzentration im Rundfunk entgegentreten 1136• Die vorherrschende Meinungsmacht kann dabei monomedialer, aber auch multimedialer Natur sein 1137 . Der Gesetzgeber ist sonach angehalten, nicht nur die intramediäre, sondern auch die marktübergreifende Eigentumskonzentration zu kontrollieren. Vor diesem Hintergrund ist nun der Frage nachzugehen, ob dieser Gestaltungsauftrag letztlich auf ein verfassungsrechtliches Verbot von Cross Ownerships oder aber zumindest auf eine Verpflichtung des Gesetzgebers hinausläuft, Cross Ownerships zur Sicherung der publizistischen Vielfalt zu beschränken.
II. Beschränkung der intermediären Cross Ownership Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verbinden sich bei intermediären Cross Ownerships die publizistischen Wirkungspotentiale verschiedener Medien zu einer multimedialen Meinungsmacht, die die publizistische Vielfalt im Rundfunk nicht unerheblich gefährdet. Die Rundfunkfreiheit verlange daher, einer vorherrschenden multimedialen Meinungsmacht in den Medien zu wehren.1138
1133 BVerfGE 12, 205 (262); 74, 297 (324); 83, 238 (297). Eine Pflicht des Gesetzgebers, privaten Rundfunk einzuführen, besteht nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dagegen nicht. Dazu bereits im Einzelnen § 2 E. I. I. d). 1134 BVerfGE 73, 118 (159). Vgl. bereits§ 2 E. I. I. d9. 1135 BVerfGE 73, 118 (158). 1136 BVerfGE 73, 118 (160). Dazu im Einzelnen unter§ 2 E. I. I. e). 1137 Vgl. § 2 E. I. I. e). 1138 BVerfGE 73, 118 (175); 83,238 (313).
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1. Gebot der publizistischen Gewaltenteilung
Angesichts dieser besonderen Gefahr aus der Zusammenballung publizistischer Einflußmöglichkeiten wurde von einem Teil des Schrifttums 1139 vertreten, daß das bis in die achtziger Jahre praktizierte, medienpolitische Prinzip publizistischer Gewaltenteilung eine verfassungsrechtliche Qualität besitze 1140• Die Wirkung eines Mediums werde durch die Wirkung anderer Medien relativiert. Es liege daher im Interesse der publizistischen Vielfalt und damit im Interesse der der Meinungsfreiheit dienenden Rundfunkfreiheit, den intermediären Wettbewerb aufrechtzuerhalten und die gegenseitige Kritik der Medien untereinander zu fördern. Dazu müßten zumindest Presse und Rundfunk in getrennter Hand gehalten werden. Intermediäre Cross Ownerships seien mit den Vorgaben der Rundfunkfreiheit daher von vomherein unvereinbar. Gerade von Presseverlegern veranstaltete Rundfunkprogramme seien verfassungsrechtlich bedenldich. Ohne die medienpolitische Bedeutung und Berechtigung des Prinzips der publizistischen Gewaltenteilung in Zweifel zu ziehen, wandte sich das Bundesverfassungsgericht explizit gegen eine Aufwertung des Gebots zu einem Verfassungssatz. Es folgte damit der Ansicht, die eine funktionsbezogene Inkompatibilität von Medienunternehmen ablehnte und auch der Presse den Zugang zum Rundfunk nicht generell verwehren wollte 1141 • Das Gebot, eine vorherrschende Meinungsmacht einzelner gesellschaftlicher Gruppen zu verhindern, deckt demnach kein pauschales Verflechtungsverbot Vielmehr verlange es eine differenzierte Betrachtungsweise, die den Gefahren multimedialer Meinungsmacht nur dort wehre, wo diese tatsächlich bestehen. Nach dieser mittlerweile allgemein anerkannten Position ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG sonach kein generelles, verfassungsunmittelbares Verbot 1139 Kühler, Medienverflechtung, S. 106 (kritisch zu den Thesen Kühlers Lerche, Presse und privater Rundfunk; Scholz, AfP 1983, 261) (fallengelassen in Kühler, NJW 1987, 2961 (2966)); Hernnann, ZUM 1991, 325 (333 f.); Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 218; Groß, DuR 1982, 16 (26f.); Bericht der Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit (Michel-Kommission) v. 25. September 1967, BTDrucks. V /2120. 1140 Das Gebot der publizistischen Gewaltenteilung war eines der medienpolitischen Ordnungsprinzipien, die die Aliierten der Schaffung des deutschen Rundfunksystems nach dem Zweiten Weltkrieg zugrundelegten. Es lieferte den maßgeblichen Grund für die Etablierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunkmonopols, das das Eigentum an Presse und Rundfunk von vornherein separierte. Vgl. Groß, ZUM 1996, 365 (371). Zum Begriff Klein, Rundfunkfreiheit, S. 56 ff. Zu dem sich in anderem Zusammenhang findenden Begriff der vertikalen publizistischen Gewaltenteilung Hernnann, Rundfunkrecht, § 6, Rdnr. 43, 45 sowie BVerfGE 12, 205 (229). 1141 BVerfGE 83, 238 (313); 73, 118 (175). Zustimmend Degenhart, ZUM 1987, 595 (598ff.); Banner Kommentar-ders., Art. 5 Abs. l u. 2, Rdnr. 438, 716; Scholz. AfP 1983, 261 (262 ff.; 265); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 37 ff., 47 ff.; Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 193. Dazu noch ausführlich unter § 4 C. IV. 2. a).
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intermediärer Cross Ownerships. Das Gebot publizistischer Gewaltenteilung besitzt keinen Verfassungsrang.
2. Pflicht zum Erlaß von Cross Ownership Beschränkungen
Auch wenn die Rundfunkfreiheit die Bildung intermediärer Cross Ownerships folglich nicht von vomherein ausschließt, so könnten diese dennoch auf verfassungsrechtliche Grenzen stoßen, wenn der Gesetzgeber von Verfassungs wegen zum Erlaß intermediärer Cross Ownership Beschränkungen verpflichtet und dieser Regelungspflicht nicht nachgekommen wäre 1142. Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verdichtet sich der Auftrag der Verfassung, die vorherrschende Meinungsmacht Einzelner zu verhindem und ein funktionsfähiges Konzentrationsrecht zu schaffen, nicht ohne weiteres zu einer Regelungspflicht des Gesetzgebers. Vielmehr ist der Gesetzgeber erst und nur dann zum Erlaß von konzentrationsrechtlichen Regelungen verpflichtet, wenn die entstehende mono- oder multimediale Meinungsmacht zu einer Gefahr für die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu werden droht. Entscheidend ist dabei der im Einzelfall zu regulierende Sachverhalt, mithin Art und räumlicher Bezug der von den Konzentrationsvorgängen betroffenen Märkte. 1143 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß das Bundesverfassungsgericht die Ausgestaltung der Rundfunkkonzentrationsordnung unter ein Optimierungsgebot gestellt hat 1144. Wiederholt hat das Gericht betont, daß "Fehlentwicklungen gerade insoweit schwer rückgängig zu machen sind". Der Gesetzgeber habe daher "Tendenzen zur Konzentration rechtzeitig und so wirksam wie möglich entgegenzutreten"1145. Das Bundesverfassungsgericht verpflichtet den Gesetzgeber demnach ausdrücklich, konzentrationsrechtliche Regelungen von hoher Effektivität und größtmöglicher Praktikabilität zu schaffen. Wird der Gesetzgeber diesen Anforderungen nicht gerecht, verletzt er seine aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG abgeleitete Gestaltungspflicht Ob und inwieweit den Gesetzgeber eine Pflicht trifft, intermediäre Cross Ownerships zu beschränken, bestimmt sich somit nach den konkreten Gefahren für die publizistische Vielfalt im Einzelfall. Im Einzelnen äußerte sich das Bundesverfassungsgericht zur intermediären Konzentration nur im Hinblick auf die klassische Verflechtung von Presse und Rundfunk 1146. Insoweit betonte das Bundesverfassungsgericht, daß die zahlreichen 1142 Zum verfassungswidrigen Unterlassen von Bestimmungen im Rundfunksektor § 2 E. I. I. c). 1143 BVerfGE 73, 118 (176ff.). 1144 Engels, ZUM 1996, 44 (49). 1145 BVerfGE 73, 118 (160).
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Monopolstellungen in der Lokalpresse zu "Doppe/monopolen" führen könnten. Hieraus resultierten besondere Gefahren für die publizistische Vielfalt auf lokaler Ebene 1147 • Der Rundfunkgesetzgeber sei daher verpflichtet, Alleinstellungen örtlicher Zeitungsmonopolisten im lokalen oder regionalen Rundfunk auszuschließen1148. "Doppelmonopole" in Rundfunk und Presse sind sonach stets verfassungswidrig, selbst wenn sie mit der einfachgesetzlichen Rechtslage übereinstimmen. Dagegen lehnte das Bundesverfassungsgericht noch im Jahre 1986 eine Pflicht des Gesetzgebers ab, intermediäre Cross Ownership Beschränkungen für die überregionale Ebene zu erlassen. Die publizistische Vielfalt sei durch überlokale Cross Ownerships nicht gefährdet, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk im überregionalen Bereich die Grundversorgung sicherstelle. Außerdem bestünden auf der überlokalen Ebene keine Pressemonopole" 49 . In seinem DSF-Beschluß aus dem Jahre 1997 relativierte das Bundesverfassungsgericht seinen Standpunkt. Gefahren für die publizistische Vielfalt seien auch hinsichtlich der (überregionalen) Verflechtung von Rundfunkveranstaltern mit Eigentümern von (Programm-)Zeitschriften zu besorgen 1150 . Damit formulierte das Gericht zwar keine generelle Regelungspflicht des Gesetzgebers für überregionale Cross Ownerships. Es ließ jedoch erkennen, daß überregionale Cross Ownerships nicht mehr grundsätzlich aus der Regelungspflicht auszunehmen sind.
3. Zusammenfassung Die Rundfunkfreiheit verlangt keine strikte Trennung des Medieneigentums. Das Gebot der publizistischen Gewaltenteilung ist kein Verfassungssatz. Eine Pflicht zum Erlaß intermediärer Cross Ownership Beschränkungen besteht nur dann, wenn aus der jeweiligen intermediären Eigentumskonzentration eine konkrete Gefahr für die pluralistische Vielfalt im Rundfunk resultiert. Eine solche Gefahr für die Vielfalt im Rundfunk und damit eine Regelungspflicht des Gesetzgebers hat das Bundesverfassungsgericht bislang nur im Verhältnis von Presse und Rundfunk auf lokaler Ebene festgestellt. Insoweit ist der Gesetzgeber verpflichtet, Cross Ownership Beschränkungen zu erlassen, die .,Doppelmonopole" in Rundfunk und Presse verhindern. Hinsichtlich der überregionalen Cross Ownerships hat 1146 Ungeachtet dieses bimedialen Ansatzes spricht das Gericht jedoch auch in diesem Zusammenhang von ,.multimedialer Meinungsmacht", vgl. etwa BVerfGE 73, 118 (177). 1147 Kritisch zum Begriff des Doppelmonopols Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 193 ff. 1148 BVerfGE 73, 118 (177). Dazu Kühler; NJW 1987,2961 (2966f.); ders., Regelungsprobleme der Medienverflechtung, S. 43 (45). Zu den besonderen Problemen des lokalen und regionalen Bereichs insgesamt BVerfGE 74, 297 (325 ff.); 83, 238 (324 ff.). Dazu kritisch Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 854. 1149 BVerfGE 73, 118 (176); Engels, ZUM 1996, 44 (51). 11so BVerfG, NJW 1997, 1147 (1147).
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das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber noch mit keiner besonderen Regelungspflicht belegt. Allerdings läßt es neuerdings erkennen, daß es auch insoweit einen Regelungsbedarf sieht.
111. Beschränkung der vertikalen Cross Ownership Das Gefahrenpotential vertikaler Cross Ownerships ergibt sich nicht aus der Verbindung publizistischer Meinungsmacht verschiedener Medien, sondern vielmehr aus der Kombination der unmittelbaren Meinungsmacht des Unternehmens über die hauseigenen Rundfunksender und dessen mittelbaren Meinungsmacht über seine Wettbewerbsposition auf Märkten, die der Programmveranstaltung vor- oder nachgelagert sind und für diese eine Schlüsselfunktion besitzen 1151 . Dementsprechend bleibt die Frage nach den verfassungsrechtlichen Bindungen vertikaler Cross Ownerships von den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts zur publizistischen Gewaltenteilung unbeantwortet. In der Vergangenheit ließ das Bundesverfassungsgericht die Gefahren vertikaler Verflechtungen im Medienbereich weitgehend unberücksichtigt. Neuerdings finden sich in seiner Rechtsprechung jedoch vereinzelt Aussagen zu den Risiken vertikaler Cross Ownerships. So betonte das Bundesverfassungsgericht in seinem DSF-Beschluß, daß neben der im Vergleich zu den Printmedien fortgeschrittenen und weiter fortschreitenden intramediären Konzentration auf dem Fernsehmarkt gerade die vertikalen Verflechtungen dem Gebot der Vielfaltssicherung ein neues Gewicht gäben und eine präventive Vielfaltskontrolle dringlich erscheinen ließen1152. Exemplarisch nannte das Gericht die Verflechtung von Rundfunkveranstaltern mit Produktionsfirmen, Inhabern von Film- und Sportübertragungsrechten und Übertragungswegen. Darüberhinaus hat sich das Bundesverfassungsgericht auf die spezifische Problematik vertikaler Cross Ownerships aber noch nicht eingelassen. Für die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen vertikaler Cross Ownerships ist sonach auf die allgemeinen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zur Konzentrationsbekämpfung zurückzugreifen. Demnach kann der Verfassung kein generelles Verbot vertikaler Cross Ownerships entnommen werden. Dies gilt für die Verflechtung von Programmzulieferem und Programmveranstaltern ebenso wie für Cross Ownerships zwischen Veranstalter- und Distributionsebene. Auch die unternehmensehe Verbindung von Netz und Nutzung ist daher nicht ohne weiteres verfassungswidrig. Den Gesetzgeber trifft auch keine allgemeine Pflicht, die vertikal marktübergreifende Eigentumskonzentration im Medienbereich zu beschränken. Der Gesetz1151
1152 18*
Dazu ausführlich§ I C. III. I. sowie§ 2 E. I. 2. BVerfG, NJW 1997, 1147 (1147).
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geber ist vielmehr erst und nur dann verpflichtet, tätig zu werden, wenn die vertikale Cross Ownership zu einem ungleichgewichtigen Einfluß Einzelner auf die öffentliche Meinungsbildung und damit zu einer konkreten Gefahr für die publizistische Vielfalt im Rundfunk führt. So müßte der Gesetzgeber etwa dann einschreiten, wenn erkennbar wird, daß einzelne vertikal konzentrierte Unternehmen über ihre Stellung als Rechtehändler einen maßgeblichen Einfluß auf die Programmgestaltung anderer Sender ausüben und ihnen die Kombination ihrer unternehmefischen Einflußmöglichkeiten auf die belieferten Sender und ihrer publizistischen Macht über ihre hauseigenen Programme einen ungleichgewichtigen Einfluß auf die öffentliche Meinungsbildung ermöglicht. Gleiches gilt, wenn das Unternehmen aufgrund seiner Schlüsselstellung auf der Distributionsebene, etwa als alleiniger Setreiber einer digitalen Plattform oder eines bundesweiten Kabelnetzes einen mittelbaren und dabei nicht unmaßgeblichen Einfluß auf die Programmgestaltung anderer Veranstalter ausübt. Aktuell hat das Bundesverfassungsgericht noch keine Form vertikaler Cross Ownership als regelungspjlichtig deklariert. Als regelungsbedürftig hat es jedoch die Verflechtung von Rundfunkveranstaltern und Produktionsfirmen, Rechtehändlern und Netzbetreibern hervorgehoben 1153. Ob und wann vertikale Cross Ownerships zu einer konkreten Gefahr für die publizistische Vielfalt führen, hat der Gesetzgeber zu beurteilen. Ihm steht eine Einschätzungsprärogative zu. Er hat dabei jedoch die vom Bundesverfassungsgericht wiederholt betonte Pflicht zu einer rechtzeitigen und effektiven Konzentrationsbekämpfung zu beachten 1154.
IV. Zusammenfassung Nach der allgemein geteilten Ansicht des Bundesverfassungsgerichts verlangt die Rundfunkfreiheit eine strikte publizistische Gewaltenteilung ebensowenig wie eine Trennung der Rundfunkveranstaltung von den ihr vor- oder nachgelagerten Märkten der Programmbeschaffung oder -distribution, namentlich des Rechtehandels oder des Netzbetriebs. Aus der Verfassung selbst ergibt sich kein Verbot weder der intermediären noch der vertikalen Cross Ownership. Den Gesetzgeber trifft auch keine allgemeine Pflicht, Cross Ownerships zu beschränken. Sein genereller Gestaltungsauftrag verdichtet sich erst dann zu einer konkreten Regelungspflicht, wenn die Zusammenballung multimedialer Meinungsmacht oder die über die vor- und nachgelagerten Märkte erzielte mittelbare Meinungsmacht Einzelner die pluralistische Vielfalt in und über die Medien gefährdet. Eine Regelungspflicht hat das Bundesverfassungsgericht bislang nur im Bereich der intermediären Cross Ownerships angenommen. Demnach sind lokale 1153
BVerfG, NJW 1997, 1147 (1147). Dazu bereits oben.
1154
Optimierungsgebot, BVerfGE 73, 118 (160). Vgl. dazu bereits§ 3 B. II. 2.
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"Doppelmonopole" in Rundfunk und Presse verboten und entsprechende Cross Ownership Beschränkungen vom Gesetzgeber zu erlassen. Für die intermediären Cross Ownerships auf überregionaler Ebene sowie die vertikalen Cross Ownerships hat das Bundesverfassungsgericht demgegenüber zwar einen Regelungsbedarf, bislang aber noch keine Regelungspflicht des Gesetzgebers festgestellt.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership Die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern unterliegt ferner den einfachgesetzlichen Bindungen des nationalen Wettbewerbsrechts. Dieses weist inhaltliche Parallelen zum europäischen Wettbewerbsrecht auf, so daß zum Teil auf die Ausführungen zur europäischen Wettbewerbskontrolle verwiesen werden kann 1155 • Bevor darauf einzugehen ist, inwieweit das nationale Wettbewerbsrecht die marktübergreifende Konzentration in den Medien begrenzt, soll zunächst der verfassungsrechtliche Hintergrund der allgemeinen Wettbewerbskontrolle dargestellt werden, um den Fokus des nationalen Wettbewerbsrechts deutlich zu machen, der sich von dem der Cross Ownership Beschränkungen, das heißt der rundfunkrechtlichen Bindungen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Runclfunkveranstaltern wesentlich unterscheidet. Die Analyse der wettbewerbsrechtlichen Restriktionen von Cross Ownerships beginnt mit der Frage nach der Anwendbarkeit des Bundeswirtschaftsrechts auf die Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern. Sodann ist zu ermitteln, wann aus Sicht der deutschen Kartellbehörden und -gerichte eine marktbeherrschende Stellung besteht, vor allem wie eine sachgerechte Marktabgrenzung in den Medien erfolgen muß. Es schließt sich die Untersuchung der einzelnen Steuerungsinstrumente des deutschen Wettbewerbsrechts an. Wie im europäischen Wettbewerbsrecht gilt auch auf nationaler Ebene das besondere Interesse dabei der Mißbrauchs- und Fusionskontrolle.
I. Verfassungsrechtliche Grundlagen Der allgemeinen Wettbewerbskontrolle liegt der schon in der Weimarer Reichsverfassung formulierte und im Sozialstaatsprinzip 1156 des Grundgesetzes fortgeführte Gedanke zugrunde, daß der Staat für eine Ordnung des Wirtschaftslebens sorgen muß, die den Grundsätzen der Gerechtigkeit entspricht und die Gewähr1155 1156
V gl. § 3 A. 111. und § 3 A. I. 2. d). Dazu allgemein Neumann, DVBI. 1997, 92; Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 35 ff.
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Ieistung eines menschenwürdigen Daseins für alle zum Ziel hat 1157 • Bei der Ausgestaltung des Wirtschaftssystems ist der Staat von Verfassungs wegen an keine bestimmte Wirtschaftspolitik gebunden, wohl aber an die Vorgaben des Grundgesetzes1158. Zu diesen zählen neben den allgemeinen Verfassungsprinzipien, wie dem Sozialstaatsprinzip, vor allem die in Art. 2 Abs. 1, 9, 12 und 14 GG verankerten Grundrechte, die der Unternehmerischen Initiative des Einzelnen und dem Wirtschaftsleben im Allgemeinen wesentliche Freiheitsräume sichern wollen 1159. Von grundlegender Bedeutung ist das in Art. 2 Abs. 1 GG wurzelnde Recht auf diefreie Entfaltung der Persönlichkeit auch im Rechts- und Wirtschaftsleben 1160. Es umfaßt das Recht, Verträge nach eigenem Willen abzuschließen und zu gestalten (Vertragsfreiheit)ll61. Ferner garantiert es, sich nach eigenem Leistungsvermögen auf dem Markt präsentieren und sich in einer freien Leistungskonkurrenz auf dem Markt gegenüber anderen Unternehmen durchsetzen zu dürfen (Wettbewerbsfreiheit) 1162. Ebenfalls geschützt wird das Recht, eigene Unternehmerische Initiative zu entfalten und Investitionen zu tätigen (Unternehmensfreiheit)ll 63 .
Die so geschützte wirtschaftliche Privatautonomie des Einzelnen setzt indes voraus, daß die Selbstbestimmung faktisch möglich ist. Liegen die Bedingungen hierzu nicht vor, muß der Staat seiner objektiven Schutzpflicht zur Erhaltung einer wirtschaftlichen Infrastruktur nachkommen und ordnend eingreifen, um einen effektiven Grundrechtsschutz zu gewährleisten 1164 • Die wirtschaftliche Entfaltung des Einzelnen wird daher nicht unbegrenzt gewährt. Vielmehr unterliegt sie einem dreifachen Schrankenvorbehalt, in dem sich nicht zuletzt der sozialstaatliche und der gesamtwirtschaftliche Gehalt der Verfassung verkörpert. Zentrale Schranke ist die verfassungsmäßige Ordnung, mithin die Gesamtheit der formell und materiell verfassungsmäßigen Normen 1165 • In ihrem 1157 Art. 151 Abs. 1 WRV, abgedruckt in Frotscher, Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 19. Zum Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft bereits unter § 2 E. III. l. 1158 Zur wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes bereits unter § 2 E. III. I . 1159 Sog. Wirtschaftsgrundrechte, BVerfGE 4, 7 (16, 17f.); 50,290 (336ff.); Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 34. 1160 BVerfGE 10, 89 (99); 29, 260 (266f.); 50, 290 (366); 73, 261 (270); 78, 232 (244). Zu den einzelnen Facetten Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 3, Rdnr. 59. 1161 BVerfGE 12, 347; 81, 242; BVerwGE 1, 321. 1162 BVerfGE 32, 311; BVerwG, DVBI. 1982, 692; BGHZ 23, 36 (371); Ossenbühl, AöR 115 (1990), I (23 f.); Pierothl Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 814. 1163 BVerfGE 50, 290 (366); Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 40 f. Zu weiteren Ausprägungen wirtschaftlicher unternehmeciseher Handlungsfreiheit vgl. Schmidt-Preuß, DVBI. 1993, 236 (239). 1164 BVerfGE 81, 242 (254 f.); 85, 191. Zur Funktion und Erfüllung objektiver Schutzpflichten allgemein Pieroth!Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 76ff., 88ff. Vgl. auch BVerfGE 89, 276 (286). 1165 BVerfGE 6, 32.
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Rahmen nimmt der Gesetzgeber seine Aufgabe wahr, die wirtschaftliche Betätigung des Einzelnen im Interesse des Gemeinwohls zu kontrollieren, zu lenken und zu sichern. Teil der verfassungsmäßigen Ordnung ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 1166• Mit dem Erlaß des GWB hat der Gesetzgeber von seiner Kompetenz zum Erlaß von Regelungen gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen umfassend Gebrauch gemacht 1167 • Das GWB ist die normative Grundlage der nationalen Wettbewerbsaufsicht. Mit dieser stellt sich der Staat schützend und fördernd vor die Grundrechtsgarantien, die dem Wirtschaftsleben und der Unternehmerinitiative wesentliche Freiheitsräume sichern sollen, namentlich vor die in Art. 2 Abs. 1 GG geschützte wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit des Einzelnen. Das Wirtschaftskonzentrationsrecht beinhaltet daher ebenso wie das Rundfunkkonzentrationsrecht eine sozialstaatliche Komponente. Beiden gemein ist auch ihr ordnungspolitischer Charakter und die verfassungsrechtlich begründete Schutzpflicht des Staates, für die Funktionsfahigkeit des Wirtschafts- bzw. Rundfunksystems zu sorgen. Anders als das Rundfunkrecht entbehrt das Wettbewerbsrecht jedoch einer demokratie- und kulturstaatlichen Dimension 1168 • Ein weiterer Unterschied zwischen Wirtschafts- und Rundfunkrecht besteht darin, daß im Wirtschaftsrecht - anders als im Rundfunkrecht - die subjektive Freiheit des unternehmerisch Tätigen im Vordergrund steht, da es von der Vorstellung ausgeht, daß über den effektiven Schutz der wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit des Einzelnen die Funktionsfahigkeit des Wirtschaftslebens im Allgemeinen gewährleistet werden kann. Demgegenüber wird das Rundfunkrecht von dem Gedanken getragen, daß eine Maximierung der Freiheitsräume der einzelnen Rundfunkunternehmen nicht notwendig zu einem funktionsfahigen Rundfunksystem führt, diesem sogar zuwiderlaufen kann 1169• Schon vom verfassungsrechtlichen Ansatz her Jassen sich daher grundlegende Unterschiede zwischen Konzentrationsrecht und Rundfunkkonzentrationsrecht ausmachen. Der wesentlichste besteht darin, daß sich Cross Ownership Beschränkungen von den im Folgenden darzustellenden wettbewerbsrechtlichen Bindungen der Cross Ownership zwar nicht in ihrem sozialstaatliehen Gehalt, wohl aber durch ihre demokratie- und kulturstaatliche Komponente unterscheiden.
1166 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. August 1998, BGBI. 1998 I S. 2546 (GWB). 1167 Art. 74 Nr. 16 GG. Dazu im Einzelnen Tettinger. Kartellrecht im Verfassungsrecht, s. 147 (149ff.). 1168 Zur demokratie-, kultur- und sozialstaatliehen Komponente des Rundfunkrechts bereits im Einzelnen unter § 2 E. I. und § 2 E. II. 1169 Dazu bereits unter§ 2 E. I. I. c) und noch ausführlich unter§ 4 C. II. I. b).
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II. Anwendungsbereich des GWB Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob und inwieweit das nationale Konzentrationsrecht der marktübergreifenden Konzentration von Rundfunkveranstaltern Grenzen setzt. Dazu ist zunächst zu untersuchen, ob das GWB auf Rundfunkveranstalter prinzipiell anwendbar ist. Wie die europäischen Instanzen gehen auch die nationalen Wettbewerbshüter von einem funktionalen Unternehmensbegriff aus 1170. Es kommt daher nicht auf die Person oder deren rechtliche Organisation an, sondern auf den konkreten wirtschaftlichen Vorgang. Das GWB ist prinzipiell auf alle wirtschaftlichen Tatigkeiten anwendbar. Seit der Öffnung des Rundfunksektors für kommerzielle Anbieter bewegen sich die Veranstalter von Rundfunkprogrammen in einem kommerzialisierten Raum. Sie sind auf verschiedenen Märkten unternehmerisch tätig und stehen hier zueinander in einem wirtschaftlichen Wettbewerb. Da sich Cross Ownerships auf die Wettbewerbsverhältnisse in den betroffenen Medienmärkten auswirken, unterliegen sie der nationalen Wettbewerbskontrolle, zumal das GWB keine Ausnahmeregelung für den Rundfunk kennt und auch die demokratie- und kulturstaatlich begrundete öffentliche Aufgabe des Rundfunks kommerzielle Rundfunkveranstalter nicht generell dem Geltungsbereich des Wettbewerbsrechts entzieht, § 130 Abs. I GWB 1171 • 1no BGH, WuW /E BGH 1474 (1477) - Architektenkammer; BGH, WuW /E BGH 1841 (1842)- Ganser-Dahlke; Langen/Bunte-Bunte, § I, Rdnr. 13; Immenga/Mestmäcker/mmenga, § I, Rdnr. 34 ff. Für die Einzelheiten kann auf die Ausführungen zum europäischen Wettbewerb verwiesen werden(§ 3 A. I. 2. d). Nationale Besonderheiten stellen sich insoweit nicht. 1171 Vgl. etwa BGHZ 97, 312; Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (205); Roth, AfP 1986,287 (288); Niewiarra, AfP 1989,636 (657f.); Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (468); Holznagel, ZUM 1991, 263 (265); Mestmäcker, GRUR Int. 1983, 553 (557); Scholz, AfP 1983, 261 (262); Immenga/Mestmäcker-ders., Vor§ 23, Rdnr. 71. Auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind regelmäßig Unternehmen und nach umstrittener Ansicht nicht nach § 130 Abs. 1 GWB von der Anwendung der nationalen Wettbewerbsregeln ausgenommen BKartA, WuW /E BKartA 2273 (2275) - Sportübertragungen; KG, WuW /E OLG 4267 (4269)- Sportübertragungen; BGH, WuW /E BGH 2627Sportübertragungen; BGHZ 97,312 (313ff.); OLG München, WuW/E OLG 215- Werbefunk; Klaue, Anwendung des Kartellgesetzes auf öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, S. 84; ders., Wettbewerb um Rundfunkprogramme, S. 385; Tettinger, Kartellrecht im Verfassungsrecht, S. 147 (149); Gabriel-Bräutigam, Rundfunkkompetenz und Rundfunkfreiheit, S. 138 ff.; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 6, Rdnr. 13; Stockmann, Programmbeschaffung und Kartellrecht, S. 156; Koch, DB 1982, 1757 (1758); Niewiarra, AfP 1989, 636 (637f.); Kulka, AfP 1985, 177 (180f.); Roth, AfP 1986, 287 (288); Ulmer, Programminformationen, S. 22 ff.; Immenga I Mestmäcker-lmmenga, § I, Rdnr. 81 ; lmmenga I Mestmäcker-Emmerich, § 98 Abs. I, Rdnr. 58 a; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 877 f. ; vgl. auch Langen I Bunte-Thieme, § 98, Rdnr. 38 sowie Reich, Rundfunkrecht und Wettbewerbsrecht, S. 224 (228) zu den europäischen Instanzen. Anderer Ansicht Stock, Rundfunkrecht und Wirtschaftsrecht, S. 35 (76f.); ders. , AfP 1989, 627; Hadamik, AfP 1989,
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Das Wettbewerbsrecht ist auf die Tätigkeit und das Unternehmenswachstum privater Rundfunkveranstalter sonach uneingeschränkt anwendbar 1172• Rundfunkveranstalter agieren in keinem wettbewerbsrechtlichen Freiraum und unterliegen als Unternehmen der Wettbewerbsaufsicht der nationalen Kartellbehörden. Dies ist nicht zuletzt auch die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses erklärte bereits im Jahre 1986 die Landesmedienanstalten für befugt, im Rahmen des rundfunkrechtlichen Zulassungsverfahrens eine kartellrechtliche Unbedenklichkeitsbestätigung einfordern zu dürfen. Das Gericht stellte ausdrücklich fest: "Wenn der Landesgesetzgeber davon ausgegangen ist, daß die Kontrolle der Zusammenschlüsse von Rundfunkveranstaltern sich nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen richte, so ist das nicht zu beanstanden." 1173 • Darüberhinaus betonte es, daß ein Zusammenschluß von Verlegern zum Zwecke der gemeinsamen Rundfunkveranstaltung dem Kartellrecht unterliege 1174•
111. Marktbeherrschende Stellung Zur Kontrolle der marktübergreifenden Medienkonzentration stellen die Mißbrauchs- und die Fusionskontrolle prinzipiell geeignete Steuerungsansätze bereit1175. Da beide am Terminus der marktbeherrschenden Stellung anknüpfen, soll vorab geklärt werden, wann eine solche aus Sicht der nationalen Wettbewerbshüter anzunehmen ist 1176• Dazu muß zunächst untersucht werden, anband welcher Kriterien der sachlich und geographisch relevante Markt zu ermitteln ist. Anschließend ist der Frage nachzugehen, welche Parameter die beherrschende Stellung eines Unternehmens auf einem solchen Markt indizieren 1177 • 643; Wittig-Terhardt, AfP 1986, 298 (304f.); Gemeinsame Stellungnahme von ARD und ZDF zum 7. Hauptgutachten der Monopolkommission und der Stellungnahme der Bundesregierung, MP Dokumentation II 11989, 141 ff. Vermittelnd Bremer I Esser I Hoffrrumn, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 80. Zur Lage im europäischen Wettbewerbsrecht § 3 A. I. 2. d). 1172 Herrschende Meinung, vgl. etwa Beucher I Leyendecker I von Rosenberg- Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 21; Wagner, RuF 1990, 165 (166); Stockmann, AfP 1989, 634; Kulka, AfP 1985, 177 (180); Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (205f.); Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (468ff.); BremeriEsseriHoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 80; Stock, Rundfunkrecht und Wirtschaftsrecht, S. 35 (51, 61, 72 f.); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 66; EbkeiScheel, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche von Rundfunkveranstaltern, S. 57 (61, 63); Kühler, Medienverflechtung, S. 52; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 877ff.; ImmengaiMestmäcker-Mestmäcker, Vor§ 23, Rdnr. 71; ders., GRUR lnt. 1983, 553. 1173 BVerfGE 73, 118 (174). 1174 BVerfGE 73, 118 (175 f.). 1175 §§ 19 Abs. 1, 36 Abs. 1 GWB (§§ 22 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz, 24 Abs. 1 GWB a. F.). 1176 Zur marktbeherrschenden Stellung aus Sicht der europäischen Instanzen § 3 A. III. 1. 1177 Zum normativen Verständnis und der hieraus resultierenden Interdependenz zwischen Marktabgrenzung und Marktbeherrschung bereits im Einzelnen § 3 A. III. 1.
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Ein allgemeines Monopolisierungsverbot enthält das GWB ebensowenig wie das europäische Wettbewerbsrecht. Das Kartellverbot eignet sich nicht, den konzentrativen Tatbestand der Cross Ownership zu erfassen. Insoweit gelten die Erwägungen zu Art. 81 EG entsprechend 1178.
1. Sachlicher Referenzmarkt Nach dem Bedarfsmarktkonzept ist der Markt sachlich relevant, innerhalb dessen aus Sicht der Marktgegenseite Ausweichmöglichkeiten bestehen. Maßgeblich ist die funktionelle Austauschbarkeil der Waren und Leistungen 1179 • Da das Bundeskartellamt der Marktabgrenzung demzufolge dieselben Differenzierungskriterien zugrundelegt wie die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof, steht es im Bereich des Rundfunks und der Medien vor den gleichen Abgrenzungsproblemen und kommt auch zu weitgehend gleichen Ergebnissen wie die europäischen Wettbewerbshüter. Es kann daher auf die Erkenntnisse zurückgegriffen werden, die im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts gewonnen worden sind 1180• Hervorzuheben ist, daß das Bundeskartellamt nicht anders als die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof auf der Ebene der Programmveranstaltung den Werbemarkt als eigenständigen Produkt- bzw. Dienstleistungsmarkt anerkennt und auf der Ebene der Programmbeschaffung und Distribution eine kaum überschaubare Vielzahl von Teilmärkten identifiziert 1181 • Anders als die Europäische Kommission erkennt das Bundeskartellamt jedoch keinen eigenstän1178 Vgl. dazu ausführlich§ 3 A. III. Im Rundfunk wurde das Kartellverbot vor allem hinsichtlich der zentralen Vermarktung von Sportübertragungsrechten durch den DFB relevant (dazu nun§ 31 GWB). 1179 Prinzip der subjektiven Äquivalenz, BGHZ 82, 1 (4f.)- Springer/MZV; BGHZ 71, 102 (108f.)- SachsiGKN; BGHZ 73, 65 (71 f.) -Erdgas Schwaben; BGHZ 101, 106 Kaufhoff Satum; KG, Die AG 1990, 545- Linde I Lansing; BKanA, Die AG 1989, 449 (450) - WMF I Hutschenreuther; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 6, Rdnr. 50 f.; Langen I Bunte-Ruppelt, § 19, Rdnr. 9ff.; ImmengaiMestmäcker-Möschel, § 22, Rdnr. 24ff.; Immenga I Mestrnäcker-Mestmäcker, § 23, Rdnr. II 0 ff.; Emmerich, Kartellrecht, S. 179 ff. Zum Bedarfsmarktkonzept allgemein vgl. § 3 A. III. 1. a). 1180 Vgl. § 3 A. Ill. 1. 1181 Zu den Werbemärkten etwa BKanA, TB 1959 (BT-Drucks. IIII 1795), S. 14f.; TB 1964 (BT-Drucks. IV 13752), S. 43; TB 1965 (BT-Drucks. V 1530), S. 54; TB 1970 (BTDrucks. VI I 2380), S. 81 f.; TB 1971 (BT-Drucks. VI I 3570), S. 84; Roth, AfP 1986, 287 (288) (vgl. auch§ 3 A. 111. 1. a. bb.). Zu den Prograrnrnbeschaffungsmärkten BGH, WuW IE BGH 2627 (2636) - Globalvertrag; KG, WuW IE OLG 4267 (4274); BKanA, WuW IE BKartA 2273 (2277 f.); BKanA, TB 1963 (BT-Drucks. IV I 2370), S. 55 f.; TB 1963 (BT-Drucks. IV I 2370), S. 56; TB 1964 (BT-Drucks. IV /3752), S. 43; TB 1966 (BT-Drucks. V 11950), S. 61; TB 1967 (BT-Drucks. V /2841), S. 75, TB 1974 (BT-Drucks. 7 13791), S. 75; Roth, AfP 1986, 287 (288); Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 ( 129); Bremer I Esser!Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 88 f. (vgl. auch § 3 A. III. 1. a) cc). Zu den Distributionsmärkten etwa BKartA, TB 1974 (BT-Drucks. 7 I 3791), S. 75 f.; Roth, AfP 1986, 287 (288) (vgl. auch§ 3 A. III. 1. a) dd).
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digen Rezipientenmarkt im werbefinanzierten Rundfunk an. Nach Ansicht des Bundeskartellamts fehlt es an dem für die Annahme einer Unternehmerischen Tatigkeit elementaren Austauschprozeß, da die Rezipienten die Programmleistung der Rundfunkveranstalter unentgeltlich erhalten. So verneinte das Bundeskartellamt im Rahmen der Vorprüfung des ECS-l-Konsortiums 1182 die Anwendbarkeit des GWB mit dem Argument, daß das werbefinanzierte Fernsehen für den Rezipienten kostenlos sei 1183 • Im übrigen stimmt die sachliche Marktabgrenzung der nationalen Wettbewerbshüter mit der der Europäischen Kommission weitgehend überein 1184 • So differenzieren die nationalen Instanzen zu Recht weder nach dem inhaltlich-publizistischen Profil der einzelnen Sender noch nach deren Rechtsforrn 1185 • Unerheblich ist auch, ob die Programme analog oder digital verbreitet werden. Unterschieden wird dagegen nach dem genutzten Übertragungsweg, mithin zwischen terrestrischen, Kabel- und Satellitenprogrammen 1186, und der Art der Finanzierung, das heißt zwischen Bezahlfernsehen und werbefinanziertem Fernsehen 1187 • Hervorzuheben ist, daß auch die nationalen Wettbewerbshüter keinen medienübergreifenden Programm- oder Werbemarkt anerkennen. Wie die Europäische Kommission und der Europäische Gerichtshof unterscheiden auch die nationalen Wettbewerbsbehörden und Gerichte zwischen den verschiedenen Mediengattungen, namentlich zwischen Presse, Hörfunk und Fernsehen 1188• 1182 Zum ECS-1-Konsortium Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (470ff.); Mook, WuW 1986, 777 (778 f.) (vgl. Fußnote 77). 1183 Zur- auf der nationalen und europäischen Ebene im wesentlichen gleichen - Argumentation im Streit um das Bestehen eines eigenständigen Rezipientenmarkts bereits unter § 3 A. III. 1. a) aa) ( 1). Für die unternehmensehe Qualität der eigentlichen Programmtätigkeit aus der deutschen Fachliteratur Kulka, AfP 1985, 177 (182f.); Ulmer; Programminformationen der Rundfunkanstalten, S. 24; Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (131 f.); Giehl, Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveransta1tern, S. 24ff.; Roth, AfP 1986, 287 (289); Wagner; RuF 1990, 165 (171); Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 876; lmmengaiMestrnäcker-Möschel, § 22, Rdnr. 30. Ablehnend dagegen Hendriks, ZUM 1988, 209 (214); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 72; wohl auch lmmengaiMestmäcker-lmmenga, § 1, Rdnr. 81; Monopolkammission, 6. Hauptgutachten der Monopolkommission 1986, BTDrucks. 10 I 5860, Tz. 584; anders jedoch noch im 11. Sondergutachten aus dem Jahre 1981, vgl. 4. Hauptgutachten der Monopolkommission 1982, BT-Drucks. 9 I 1892, Tz. 21. Zur Sache ECS 1 6. Hauptgutachten der Monopolkommission 1986, BT-Drucks. 10 I 5860, Tz. 582 sowie Roth, AfP 1986, 287 (288). 1184 Vgl. Überblick in Beneher I Leyendecker I von Rosenberg- Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 30. 1185 BremerI EsserI Hojfmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 85 (Fußnote 278). Zu den Gründen der Differenzierung im Einzelnen unter § 3 A. III. 1. a) aa) (2). und § 3 A. 111. 1. a) aa) (4 ). 1186 Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 182. Vgl. zu den Gründen§ 3 A. III. 1. a) aa) (3). 1187 BKartA, TB 1985186 (BT-Drucks. 111554), S. 91; Koch, DB 1982, 1757 (1762). Zu den Gründen § 3 A. III. 1. a) aa) (5). 1188 BKartA, WuW IE BKartA 1921, 1924ff. - Burda-Springer; WuW IE BKartA 2396 (2402)- WDRIRadio NRW; KG. WuW IE OLG 2228, 2232- Zeitungsmarkt München;
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Die nationale Wettbewerbskontrolle geht sonach prinzipiell von den gleichen sachlichen Märkten aus wie die europäische 1189. Anders als die Europäische Kommission lehnt das Bundeskartellamt aber den Rezipientenmarkt als eigenständigen Produktmarkt ab. Demzufolge ist dem Bundeskartellamt eine Konzentrationskontrolle auf den Zuschauer- bzw. Zuhörermärkten im werbefinanzierten Rundfunk von vomherein verschlossen.
2. Geographischer Markt Ein Konsens zwischen nationaler und europäischer Wettbewerbsaufsicht besteht auch im Hinblick auf die Leitlinien zur Bestimmung der örtlich relevanten Märkte. Zum selben geographischen Markt zählt demnach das Gebiet, das sich nach außen von den benachbarten Gebieten deutlich unterscheidet und nach innen eine Homogenität der Wettbewerbsbedingungen erkennen läßt, die eine Einschätzung der wirtschaftlichen Macht der konkurrierenden Unternehmen möglich macht 1190 . Im Bereich der Medien kommt es dabei in erster Linie auf das Verbreitungsgebiet des jeweiligen Medienprodukts an. Im Rundfunk sind der nationale Markt, die Landes-, Regional- und Lokalmärkte zu unterscheiden 1191 • Dabei ist die Kontrolle der lokalen, regionalen und wohl auch landesweiten Rundfunkmärkte regelmäßig der nationalen WettbewerbsaufWuW/E OLG 3767, 3773 - Rheinische Anzeigenblätter; WuW/E OLG 4811 (4825f.)WDR/Radio NRW; II. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/ 81, S. 860ff., Tz. 15; 6. Hauptgutachten der Monopolkommission 1986, BT-Drucks. 10/5860, Tz. 574 ff., 584; Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 80 ff. ; Kühler, Medienverflechtung, S. 61; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 182ff.; Bremer/ Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 83; Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 44ff., 40f.; Möschel, JZ 1984, 493 (496f.); Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (475); Held, Medienwettbewerb, S. 157ff.; Immenga/Mestmäkker-ders., § 22, Rdnr. 30. Anderer Ansicht dagegen Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (131); Scho/z, AfP 1983, 261 (261 f.); Mook, WuW 1986, 777 (780f.); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 73; tendenziell ablehnend auch Bender, Cross-Media-Ownership, S. 237 f.; Bismark, AfP 1982, 135 (136). Zum medienübergreifenden Programm- und Werbemarkt aus Sicht der europäischen Instanzen § 3 A. III. I. a) aa) (3). und§ 3 A. III. I. a) bb). 1189 Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 110. ll 90 Emmerich, Kartellrecht, S. 182 ff. Zu den Einzelheiten der räumlichen Marktabgrenzung gelten die Ausführungen zum europäischen Wettbewerbsrecht entsprechend, vgl. § 3 A. 111. I. b). 1191 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (162). Im Printbereich ist dagegen umstritten, ob im Hinblick auf die Rezipientenmärkte zwischen lokalen und regionalen Märkten differenziert werden kann, obwohl nicht selten Lokalausgaben als Kopfblätter von Regionalzeitungen vertrieben werden und von den Regionalblättern ein Wettbewerb gegenüber den Lokalblättern ausgeht, dazu etwa Bismark, AfP 1982, 135 (135) m. w. N.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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sieht vorbehalten, während der bundesweite Rundfunkmarkt nicht nur der nationalen Wettbewerbskontrolle unterliegt, sondern gegebenenfalls auch der der Europäischen Kommission 1192• 3. Beherrschungsgrad
Merkliche Unterschiede zwischen dem deutschen und dem europäischen Wettbewerbsrecht ergeben sich dagegen bei der Feststellung des Beherrschungsgrades. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, daß der Begriff der marktbeherrschenden Stellung im GWB anders als im europäischen Wettbewerbsrecht in § 19 Abs. 2 und Abs. 3 eine normative Ausgestaltung gefunden hat. Nach § 19 Abs. 2 GWB liegt eine marktbeherrschende Stellung dann vor, wenn ein einzelnes Unternehmen in keinem oder zumindest keinem wesentlichen Wettbewerb steht oder über eine im Verhältnis zur Konkurrenz überragende Marktsteilung verfügt, § 19 Abs. 2 Satz 1 GWB. Diese bemißt sich nach einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Marktverhaltens- und Marktstrukturkriterien, von denen die wichtigsten im Gesetz selbst genannt sind 11 93 • Letztlich kommt es wie auch im europäischen Wettbewerbsrecht darauf an, ob und inwieweit das Unternehmen fähig ist, unabhängige Marktstrategien zu verfolgen 1194 • Entscheidend ist, ob das Unternehmen über einen übermäßigen, vom Wettbewerb nicht mehr hinreichend kontrollierten Verhaltensspielraum verfügt 1195 • Maßgebliche Marktstrukturkriterien 1196 sind vor allem die Finanzkraft des Unternehmens, die bestehenden Marktzutrittsbarrieren für seine (potentielle) Konkurrenz und seine Umstellungsflexibilität. Ferner sind sein Zugang zu den vor- und nachgelagerten Märkten sowie seine Verflechtung mit anderen Unternehmen zu berücksichtigen. Dabei sind auch und gerade die intermediären Wettbewerbsbeziehungen zu beachten 1197 • Wichtigster Indikator ist der Marktanteil des Unternehmens, für den§ 19 Abs. 3 Satz 1 GWB die kritische Grenze auf ein Drittel festlegt 1198 • 1192 Zum Verhältnis zwischen nationaler und europäischer Wettbewerbskontrolle § 3 A. III. 3. b) cc). 1193 Vgl. etwa BGHZ 67, 104 (112, 115 f.); 77, 279 (291 f.); 79, 62 (66 ff.). 1194 OLG Stuttgart, WuW /E OLG 2693; Emmerich, Kartellrecht, S. 186f. Vgl. dazu bereits§ 3 A. 111. I. c). 1195 BGHZ 79, 62 (67ff.) - Klöckner/Becorit. 1196 Vgl. Checkliste des Bundeskartellamts zur Marktbeherrschung in der Fusionskontrolle, abgedruckt in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 2, ad 1.8. 1197 Vgl. die Gründe des Bundeskartellamts für die Gestartung der Mehrheitsübernahme der Kirch-Gruppe bei SAT.1 und für die Untersagung der paritätischen Übernahme von Premiere durch den Bertelsmann-Konzern und die Kirch-Gruppe. Dazu Pressenotiz aus der Süddeutschen Zeitung v. 2./3. /4. Oktober 1998, S. 30; Notiz aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 7. Oktober 1998, S. 22; Notiz aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung v. 14. Oktober 1998, S. 13.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Auf die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 3 GWB darf indes erst dann zurückgegriffen werden, wenn eine umfassende Würdigung aller relevanten Bestimmungsfaktoren nach § 19 Abs. 2 GWB keinen eindeutigen Schluß auf eine marktbeherrschende Stellung bzw. deren Fehlen zugelassen hat 1199. Die Vermutung kann durch Besonderheiten marktstruktureller Art widerlegt werden, in der Regel jedoch nicht mit dem zu erwartenden Marktverhalten des Unternehmens 1200
Diese Vermutungsregelung ist der Grund dafür, daß die nationale Wettbewerbskontrolle regelmäßig strenger ist als die europäische. Denn anders als das nationale Wettbewerbsrecht, das die kritische Grenze bereits bei einem Marktanteil von einem Drittel zieht, nehmen die europäischen Wettbewerbshüter eine Marktbeherrschung erst dann "ohne weiteres" an, wenn das Unternehmen über mindestens die Hälfte des Marktes verfügt 1201 . Obwohl sich die übrigen, im GWB explizit verankerten Bemessungskriterien weitgehend mit den Bestimmungsfaktoren decken, die die europäischen Instanzen zur Ermittlung der marktbeherrschenden Stellung entwickelt haben, greift die nationale Wettbewerbsaufsicht daher typischerweise früher ein als die europäische. Im Fernsehwerbemarkt sieht das Bundeskartellamt heute sowohl den Bertelsmann-Konzern als auch die Kirch-Gruppe als marktbeherrschend an 1202. Als marktbeherrschend gelten ferner bestimmte Oligopole, § 19 Abs. 2 Satz 2 GWB. Deren Marktdominanz wird widerleglieh vermutet, wenn zwei oder drei der beteiligten Unternehmen zusammen über mindestens die Hälfte des Marktes oder wenn vier oder fünf der beteiligten Unternehmen über mindestens zwei Drittel des Marktes verfügen, außer die Unternehmen können nachweisen, daß zwischen ihnen ein wesentlicher Binnenwettbewerb zu erwarten ist oder die Gesamtheit der Unternehmen trotz des Marktanteils keine überragende Marktstellung besitzt,§ 19 Abs. 3 Satz 2 GWB.
In der Praxis haben die Oligopolklausel des § 19 Abs. 1 Satz 2 GWB und die Oligopolvermutung des § 19 Abs. 3 Satz 2 wegen der wettbewerbstheoretisch umstrittenen Beurteilung von Oligopoltatbeständen weder im Rahmen der Mißbrauchs- noch im Rahmen der Fusionskontrolle nennenswerte Bedeutung erlangt1203. Dies gilt auch für den Bereich des Rundfunks, namentlich des Fernsehens. Zwar beherrschen der Bertelsmann-Konzern und die Kirch-Gruppe gemeinsam über 90 % des Fernsehwerbemarktes sowie über die Hälfte des Fernsehzuschauermarktes 1204. Dennoch bilden sie wegen des zwischen ihnen bestehenden 1198 Grundlegend dazu BGHZ 119, 117; KG, Die AG 1979, 226 (227); 1992, 62 (63f.); BKartA, WuW /E BKartA 1571 (1572); Die AG 1986, 327; 1989,293. 1199 Non-Liquet, Emmerich, Kartellrecht, S. 194 f.
1200 1201
Emmerich, Kartellrecht, S. 195 f. Vgl. § 3 A. III. 1. c).
1202
Notiz aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung v. 14. Oktober 1998, S. 13.
1203
Emmerich, Kartellrecht, S. 191, 196f.
1204
Vgl. § 1 D.l. 1.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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Wettbewerbs kein marktbeherrschendes Oligopol, § 22 Abs. 2 GWB 1205 • Demgegenüber sieht das Bundeskartellamt die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als marktbeherrschendes Oligopol an 1206. So wertete das Bundeskartellamt in der Vergangenheit Zusammenschlüsse privater Veranstalter im überregionalen, werbefinanzierten Rundfunk nicht selten als Aufholfusionen gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten 1207 .
4. Zusammenfassung Die nationale Wettbewerbskontrolle ermittelt Referenzmarkt und Beherrschungsgrad prinzipiell nach den gleichen Leitlinien wie die europäische Wettbewerbskontrolle. Sachlich differenziert sie zwischen den verschiedenen Medien, namentlich zwischen Presse, Hörfunk und Fernsehen, zwischen terrestrischen, Kabel- und Satellitenprogrammen sowie zwischen Bezahl- und rein werbefinanziertem Fernsehen. Unerheblich ist dagegen das inhaltlich-publizistische Profil der Sender, deren Rechtsform und Übertragungstechnik. Anders als die Europäische Kommission lehnt das Bundeskartellamt einen eigenständigen Rezipientenmarkt für den Bereich des werbefinanzierten Rundfunks ab und läßt daher die Konzentration auf den Programmärkten unberücksichtigt. Die nationale Wettbewerbskontrolle bezieht sich auf die lokalen, regionalen, landesweiten und bundesweiten Medienmärkte, wobei sie bei letzteren neben der europäischen Wettbewerbskontrolle steht und gegebenenfalls hinter diese zurücktritt. Bei der Ermittlung des Beherrschungsgrades auf einem Markt kommt es darauf an, ob der jeweilige Marktteilnehmer sich dem anonymen Wettbewerbsdruck 1205 Vgl. BKartA, TB 1995/96 (BT-Drucks. 1317900), S. 153; BKartA, WuW 1992, 32f. Die folgenden Ausführungen beschränken sich daher im wesentlichen auf die Frage der Marktbeherrschung durch Einzelunternehmen in den Medien. 1206 KG, WuW /E OLG 4811; BKartA, WuW /E BKartA 2396- WDR/Radio NRW (zur WDR-Entscheidung BremeriEsseriHoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 87); BKartA, TB 1974 (BT-Drucks. 7 I 3791}, S. 75; noch anders BKartA, TB 1963 (BT-Drucks. IV /2370), S. 55. Zustimmend Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 191; tendenziell zustimmend Roth, AfP 1986, 287 (292). Kritisch dagegen BremerI EsserI Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 86. 1207 BKartA, TB 1989/90 (BT-Drucks. 12/847), S. 107ff.; TB 1985/86 (BT-Drucks. II/ 554}, S. 91; 6. Hauptgutachten der Monopolkommission 1986, BT-Drucks. 10/5860, Tz. 586; 7. Hauptgutachten der Monopolkommission 1988, BT-Drucks. 11/2677, Tz. 507ff., 533; 8. Hauptgutachten der Monopolkommission 1990, BT-Drucks. 1117582, Tz. 673. Zu dieser Spruchpraxis Wagner, RuF 1990, 165 (172); BremeriEsseriHoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 86; kritisch Holznagel, ZUM 1991, 263 (267).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
entziehen kann. Wie auch auf europäischer Ebene entscheidet letztlich eine Kombination von Marktstruktur- und Marktverhaltenskriterien, die anders als im europäischen Wettbewerbsrecht weitgehend durchnormiert sind. Anders als im europäischen Wettbewerbsrecht wird eine Marktbeherrschung bereits bei einem Marktanteil von einem Drittel vermutet. Wahrend die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vom Bundeskartellamt als marktbeherrschendes Oligopol qualifiziert werden, besteht unter den kommerziellen Anbietern derzeit kein Oligopol. Allerdings sind aus Sicht des Bundeskartellamts im Fernsehwerbemarkt sowohl der Bertelsmann-Konzern als auch die Kirch-Gruppe derzeit bereits einzeln für sich marktbeherrschend.
IV. Mißbrauchskontrolle, § 19 Abs.l GWB Wie das europäische Wettbewerbsrecht verbietet auch das nationale Wettbewerbsrecht nicht die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung als solche 1208. Nur die mißbräuchliche Ausnutzung einer solchen marktbeherrschenden Stellung ist verboten,§ 19 Abs. 1 GWB 1209. Für die Mißbrauchsfeststellung kommt es - nicht anders als im Rahmen der europäischen Wettbewerbskontrolle -letztlich darauf an, ob sich ein Unternehmen unter wettbewerbliehen Gesichtspunkten anstößig verhält. Mißbrauch ist jede Verhaltensweise eines Unternehmens, die sich auf die Struktur eines Marktes auswirkt und geeignet ist, die Erhaltung oder das Wiedererstarken eines funktionsfähigen (Rest-)Wettbewerbs unter Einsatz von Mitteln zu behindern, die den Rahmen eines zulässigen Leistungswettbewerbs sprengen. Allerdings trifft nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch marktbeherrschende Unternehmen keine besondere Marktstrukturverantwortung1210. Die negative Wirkung ihrer marktbeherrschenden Stellung auf die Marktstruktur allein lasse kein Unbilligkeitsurteil hinsichtlich ihres Marktverhaltens zu. Nichtsdestoweniger unterliegen marktstarke Unternehmen insgesamt strengeren Verhaltensanforderungen als kleinere Wettbewerber 1211 . Traditionell unterscheidet das nationale Wettbewerbsrecht ebenso wie das europäische zwischen horizontalem Behinderungsmißbrauch, vertikalem Ausbeutungsmißbrauch und Marktstrukturrnißbrauch, § 22 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 GWB 1212. 1208 Zum europäischen Recht§ 3 A. III. 2. a). 1209 Dem marktbeherrschenden Unternehmen, das sich mißbräuchlich verhält, drohen Schadensersatz und Bußgelder, §§ 33, 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB. 1210 BGH, WuW /E BGH 2195 (2199). 1211 Roth, AfP 1986, 287 (292). 1212 Zu der mit der des europäischen Wettbewerbsrechts identischen Typologie bereits unter § 3 A. III. 2. b. Zu den verschiedenen Formen des Mißbrauchs Emmerich, Kartellrecht, S. 198ff. Zum Marktstrukturmißbrauch im Besonderen BKartA, Die AG 1979, 20 (23); KG, Die AG 1979, 161.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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Marktübergreifend diversifizierte Unternehmen werden von der Mißbrauchskontrolle in spezifischer Weise nur dann betroffen, wenn sie ihre marktbeherrschende Stellung dazu nutzen, sich auf angrenzenden und von dem beherrschten Markt abhängigen Märkten Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, die den Rahmen zulässigen Leistungswettbewerbs sprengen. Dieser aus der "Essential Facilities"-Doktrin bekannte Gedanke findet in der letzten GWHNovelle nunmehr ausdrückliche Erwähnung 1213 . So schreibt§ 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB explizit fest, daß ein marktbeherrschendes Unternehmen mißbräuchlich handelt, wenn es "sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden", außer es kann nachweisen, "daß die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zurnutbar ist".
Diversifizierten Rundfunkveranstaltern droht ein Einschreiten der Mißbrauchsaufsicht sonach vornehmlich bei vertikaler Konzentration, während intermediäre oder sonst diagonale Cross Ownerships regelmäßig unberührt bleiben. Allerdings stellt auch im Bereich der Medien die marktübergreifende Expansion, mithin die Bildung von Cross Ownerships an sich kein unter wettbewerbliehen Gesichtspunkten mißbräuchliches Verhalten dar 1214 • Vor allem das intermediäre Engagement wird nur ganz ausnahmsweise einen Ansatzpunkt für ein wettbewerblieh anstößiges Verhalten liefern. Aber auch das Bemühen um eine größtmögliche Abdeckung der Wertschöpfungskette an sich hält sich im Rahmen des zulässigen Leistungswettbewerbs und ist dem Unternehmen daher nicht vorwerfbar. Nicht anders als im europäischen Wettbewerbsrecht berührt das Mißbrauchsverbot das Problem einer effektiven Cross Ownership Kontrolle folglich nur am Rande. Dementsprechend hat es in der Entscheidungspraxis der nationalen Behörden und Gerichte zur marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstalternnoch keine Rolle gespielt 1215 •
V. Fusionskontrolle, § 36 Abs.l GWB Im Zentrum der wettbewerbliehen Kontrolle der marktübergreifenden Medienkonzentration steht vielmehr die Fusionskontrolle 1216• Diese bezweckt, UnternehDazu Emmerich, Kartellrecht, S. 212ff. sowie bereits unter§ 3 A. III. 2. b). Scholz, AfP 1983, 261 (264). Auch das US-amerikanische Wettbewerbsrecht sieht in der Bildung einer Cross Ownership an sich keine mißbräuchliche Verhaltensweise, Kühler, Medienverflechtung, S. 38. 1215 Zur Bedeutung der europäischen Mißbrauchsaufsicht für die marktübergreifende Medienkonzentration im Einzelnen unter§ 3 A. III. 2. b). 1216 Zur historischen Entwicklung des nationalen Fusionskontrollrechts Emmerich, Kartellrecht, S. 264 ff. 1213
1214
19 Tschon
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
menskonzentrationen zu verhindern, die die strukturellen Wettbewerbsbedingungen auf einem Markt dergestalt verändern, daß ein funktionsfähiger Wettbewerb nicht mehr gewährleistet, zusätzlich eingeschränkt oder aber die Chance seines Wiederauflebens noch mehr verschlechtert ist. Im Folgenden ist zu ermitteln, inwiefern das Recht der Fusionskontrolle die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien begrenzt. Dazu sind zunächst die Grundlagen der nationalen Zusammenschlußkontrolle zu skizzieren, bevor auf die Auf- und Eingreifkriterien der Medienfusionskontrolle einzugehen ist. Wie beim Mißbrauchsverbot finden sich auch bei der Fusionskontrolle deutliche Parallelen zum europäischen Wettbewerbsrecht 1. Grundlagen
Materieller Kern der nationalen Fusionskontrolle ist § 36 Abs. 1 GWB. Dieser verbietet alle Zusammenschlüsse, von denen zu erwarten ist, daß sie eine marktbeherrschende Stellung, § 19 Abs. 2 und Abs. 3 GWB 1217, entstehen lassen oder verstärken. Das Fusionskontrollveifahren fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskartellamts und ist wie das europäische präventiv ausgestaltet, §§ 36 Abs. 1, 39, 40 GWB 1218• Es beginnt daher mit der Anmeldung des noch nicht vollzogenen Zusammenschlusses beim Bundeskartellamt, § 39 Abs. 1 GWB. Der Zusammenschluß ist erst dann zulässig, wenn das Bundeskartellamt ihn freigibt oder aber nicht innerhalb bestimmter Fristen untersagt, § 40 Abs. 1 und Abs. 2 GWB. Vor der Freigabe respektive dem Fristablauf darf der Zusammenschluß nicht vollzogen werden, § 41 Abs. 1 Satz 1 GWB. In der Praxis können die beteiligten Unternehmen eine bevorstehende Untersagung der Behörde durch Zusagen abwenden 1219• Erfüllt der Zusammenschluß die Voraussetzungen des § 36 Abs. I GWB, muß das Bundeskartellamt diesen untersagen, bevor die Untersagungsfrist abgelaufen ist 1220• Ein Ermessensspielraum steht dem Bundeskartellamt nicht zu. Ist der ZuZur marktbeherrschenden Stellung bereits im Einzelnen unter § 3 C. III. Allgemein zum Fusionskontrolleverfahren Beucher I Leyendecker I von RosenbergWessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 26. 1219 BKartA, TB 1987188 (BT-Drucks. 11 I 4611), S. 39ff.; vgl. auch BKartA, TB 1985186 (BT-Drucks. 11 1554), S. 43ff.; TB 1983184 (BT-Drucks. 1013350), S. 48ff.; TB 1976 (BTDrucks. 81704), S. 79ff.; TB 1975 (BT-Drucks. 715390), S. 35ff. Dazu kritisch etwa 7. Hauptgutachten der Monopolkommission 1988, BT-Drucks. 11 I 2677, 2678, Tz. 402 ff. Zu Grundlage und Praxis der Zusagen im U ntersagungsverfahren ausführlich Immenga I Mestmäcker-Mestmäcker, § 24, Rdnr. 241 ff. 122o § 36 Abs. 1 GWB i. V. m. § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 GWB. Zur Möglichkeit der Teiluntersagung ImmengaiMestmäcker-Mestmäcker, § 24, Rdnr. 230. Zu Rechtsmitteln gegen die Untersagungsverfügung Emmerich, Kartellrecht, S. 339 ff. Mit dem Umzug des Bundeskartellamts von Berlin nach Bonn wechselt die Beschwerdezuständigkeit vom Kammergericht zum OLG Düsseldorf. 1217
121s
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sammenschluß untersagt, muß er aufgelöst werden, soweit er bereits vollzogen worden ist. Dazu ist gegebenenfalls seine Entflechtung anzuordnen, § 41 Abs. 3 GWB. Zur Durchsetzung der Entflechtungsanordnung können Zwangsgelder festgesetzt werden, Regelungen des Stimmrechts angeordnet und Treuhänder eingesetzt werden, § 41 Abs. 4 GWB. Eine allgemeine Entflechtungsregelung über die Wiederauflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse hinaus kennt das deutsche Wettbewerbsrecht - anders als beispielsweise das US-amerikanische Antitrustrecht - dagegen nicht.
2. Aufgreifkriterien
Das Bundeskartellamt tritt in die Überpriifung der Unternehmensverbindung nur dann ein, wenn diese ein Zusammenschluß im Sinne des deutschen Wettbewerbsrechts ist, der die in § 35 Abs. I GWB aufgeführten Schwellenwerte erreicht und dabei nicht unter Maßgabe der Toleranzklausel zu vernachlässigen ist. a) Zusammenschluß, §§ 35 Abs. 1, 37 GWB
Der Begriff des Zusammenschlusses umfaßt im wesentlichen jede Transaktion, mit der ein Unternehmen einen wettbewerblieh erheblichen Einfluß auf ein anderes Unternehmen gewinnt. Erfaßt werden horizontale wie marktübergreifende Zusammenschlüsse gleichermaßen. Anders als die europäische Fusionskontrollverordnung umschreibt das GWB den Begriff des Zusammenschlusses nicht mit einer Generalklausel, sondern in drei Einzeltatbeständen (§ 37 Abs. I Nr. 1 bis Nr. 3 GWB) 1221 und einer partiellen Generalklausel (§ 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB). Auf den deutschen Medienmärkten finden sich Zusammenschlüsse vor allem in der Form des Anteilserwerbs, § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB 1222 . Ein Zusammenschluß, der die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens verstärkt, kann bereits in der Beteiligungsaufstockung an einem Gemeinschaftsunternehmen 1223 oder im Aufkauf eines kleineren Konkurrenten liegen 1224• Kein Zusammenschluß im Sinne des Wettbewerbsrechts liegt indes vor, wenn der Unternehmensverbindung ein Zusammenschluß vorangegangen ist, dessen unternehmensverbindende Wirkung sie nicht wesentlich verstärkt 1225 • Zur gemeinschaftsrechtlichen Generalklausel § 3 A. III. 3. b) aa). Vgl. dazu Wagner, RuF 1990, 165 (167ff.); Bender, Cross-Media-Ownership, S. 231 f. 1223 BGHZ 119, 346- Springer /Beig (Pinneberger Tageblatt); 121, 137- WAZIIKZ. 1224 Die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung wird dabei schon allein darin gesehen, daß der Erwerb andere Konkurrenten am ihrerseitigen Aufkauf des Unternehmens hindert, BGH, Die AG 1992, 120 (122) - Linde I Lansing. 122s § 37 Abs. 2 GWB. Eine weitere Ausnahme gilt bei der Beteiligung von Banken, § 37 Abs. 3 GWB. Zum Zusammenschlußbegriff allgemein Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht,§ 13, Rdnr. 28ff.; Emmerich, Kartellrecht, S. 281 ff.; Immenga/Mestmäcker-Mestmäkker, § 23, Rdnr. 134 ff. Zum Zusammenschluß im Rundfunk im Speziellen etwa Holznagel, ZUM 1991,263 (266). 1221
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Ungeachtet der Kontroversen um den Zusammenschlußbegriff im Einzelnen besteht breiter Konsens, daß sich die Fusionskontrolle mit der Anknüpfung an Zusammenschlüsse auf die Kontrolle des externen Unternehmenswachstums beschränkt und das interne Unternehmenswachstum unberührt läßt 1226 . Dem liegt zugrunde, daß die Beschränkung internen Unternehmenswachstums auf den wettbewerbstheoretisch nicht zu lösenden Zielkonflikt zwischen der Erhaltung einer kompetitiven Infrastruktur auf der einen Seite und der Förderung eines dynamischen Unternehmerverhaltens auf der anderen stößt 1227 . Im Bereich der Medien führt die Nichterfassung der internen Unternehmenskonzentration allerdings nicht selten zu kommunikationspolitisch unbefriedigenden Ergebnissen 1228 • Besonders kritisiert wird insoweit, daß das GWB aus diesem Grund die Erteilung von Rundfunklizenzen nicht erfaßt. Kühler will sich damit behelfen, daß er in der Zulassung kein nur internes Unternehmenswachstum sieht, allerdings auch kein rein externes 1229 • Die Monopolkommission indes schlug- im Anschluß an einen von Mestmäcker entwickelten Gedanken - vor, in der Erteilung von Fernsehlizenzen einen fiktiven Zusammenschluß zu sehen 1230• Das Bundesverfassungsgericht ließ die Frage nach der notwendigen Erweiterung des Zusammenschlußtatbestandes ausdrücklich offen 1231 . Beucher I Leyendecker I von Rosenberg- Wessely, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 21. Schmidt, I., Kartellrecht, S. 146; Koch, ZRP 1981, 237 (241 f.). Anderer Ansicht Scholz, AfP 1983, 261 (263). Dazu bereits unter§ 2 A. I. 122s Wagner. RuF 1990, 165 (169); Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 90; Holznagel, ZUM 1991, 263 (267); Greiffenherg, Konzentrationskontrolle, S. 331; Mestmäcker. GRUR lnt. 1983, 553 (559); lmmenga, AfP 1989, 621 (626); Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 86. So auch im Hinblick auf die Presse Groß, ZUM 1996, 917 (930 f. ). Anderer Ansicht Knothe/Lehens, AfP 2000, 125 (127f.), demgemäß internes Wachstum wettbewerbsrechtlich, aber auch rundfunkrechtlich nicht sanktioniert werden sollte. 1229 Kühler. Medienverflechtung, S. 61 f.; ähnlich Greiffenherg, Konzentrationskontrolle, S. 338 f. Kritisch dazu zu Recht Scholz, AfP 1983, 261 (263). 1230 Vgl. 11. Sondergutachten der Monopolkommission: Wettbewerbsprobleme bei der Einführung von privatem Hörfunk und Fernsehen, 1981, abgedruckt in MP Dokumentation 12181, S. 860ff., Tz. 22 (dazu Kantzenhach, Monopolkommission, S. 143ff.); wiederholt zuletzt im 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 557. Zustimmend Engel, Medienordnungsrecht, S. 32f.; Groß, ZUM 1996, 917 (932); Immenga, AfP 1989, 621 (626); Wagner. AfP 1992, 1 (11); Bremer/Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. llOf.; Mestmäcker. GRUR lnt. 1983, 553 (559); ImmengaiMestmäcker-ders., Vor§ 23, Rdnr. 74; Schellenherg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 71 f.; ebenfalls nicht grundsätzlich ablehnend Kühler. Medienverflechtung, S. 61 f. Kritisch dagegen Bundesregierung, BT-Drucks. 1013683, Tz. 23; Bullinger. AöR 108 (1983), 161 (206f.); Koch, DB 1982, 1757 (1759ff.); Scholz. AfP 1983,261 (262f.); Bechtold, WuW 1985,23 (26ff.); Seemann, DV 1985, 413 (432f., 434). Unklar Bender. Cross-Media-Ownership, S. 243f. Der Grundgedanke Mestmäckers findet sich in Mestmäcker. Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 217 f. 1231 BVerfGE 73, 118 (175 f.). 1226 1227
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Für die Gleichsetzung von Zusammenschluß und Lizenzerteilung wird vor allem angeführt, daß damit bei jeder Zulassung deren Wirkung auf die Marktsituation im Rundfunk, aber auch in anderen Medienmärkten überprüft werden könne. Mit der gesetzlichen Fiktion ließen sich vor allem auch intermediäre Konzentrationsvorgänge besser erfassen 1232 • Dieser ergebnisorientierten Argumentation stehen jedoch gewichtige Einwände entgegen. Fraglich ist schon, ob es sich bei einem solchen Gesetz noch um ein allgemeines im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG handeln würde 1233 . Darüberhinaus begegnet die medienpolitische Instrumentalisierung des Wettbewerbsrechts aber auch kompetenziellen und vor allem systematischen Bedenken 1234 . Die Einbindung der Lizenzerteilung in das Regelungsgefüge der wettbewerbliehen Fusionskontrolle würde zu einer zusammenschlußunabhängigen Entflechtung führen, die den Grundprinzipien der deutschen Wettbewerbsordnung widerspräche und letztlich einen Systembruch im deutschen Wettbewerbsrecht darstellen würde. Die in ihr liegende Beschränkung des internen Unternehmenswachstums liefe auf ein Verbot hinaus, das marktbeherrschenden Unternehmen jede weitere Wettbewerbsanstrengung untersagte und damit auf die Festschreibung der bestehenden Marktstrukturen, statt auf die Sicherung und Offenhaltung von Wettbewerbsprozessen zielte 1235 . Mittlerweile stößt der Reformvorschlag der Monopolkommission daher zu Recht auf breite Ablehnung 1236. Die wettbewerbliehe Zusammenschlußkontrolle knüpft daher berechtigt ausschließlich am externen Unternehmenswachstum an. b) Mindestumsatz, § 35 Abs. 1 GWB Der Zusammenschluß unterliegt der Kontrolle des Bundeskartellamts nur, wenn er die quantitativen Aufgreifschwellen des § 35 Abs. 1 GWB erreicht. Demnach müssen die beteiligten Unternehmen in ihrem letzten Geschäftsjahr vor dem Zu1232 5. Hauptgutachten der Monopolkommission 1984, BT-Drucks. 1011791, Tz. 596; Wagner, AfP 1992, I (II). 1233 Scholz, AfP 1983, 261 (262) (der die gesetzliche Fiktion darüberhinaus für unverhältnismäßig hält); Koch, ZRP 1981, 237 (238f.); Bechtold, WuW 1985, 23 (28f.); a. A. Möschel, JZ 1984,493 (501). 1234 Koch, ZRP 1981, 237 (239); Scholz, AfP 1983, 261 (263); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 51 ff.; Roth, ZHR 152 (1988), 165 (185); Bechtold, WuW 1985, 23 (26ff.); Hendriks, ZUM 1988, 209 (214); Seemann, DV 1985, 413 (432ff.); Bundesregierung, BT-Drucks. 10/3683, Tz. 23; a. A. Kühler, Medienverflechtung, S. 90f.; Kohl/Weilbächer, ZRP 1981, 243 (248) m. w. N.; Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 86. 1235 Koch, DB 1982, 1757 (1761 ); Seemann, DV 1985, 413 (434). 1236 Vgl. Fußnote 1230 und 1234. Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika umfaßt die Zusammenschlußkontrolle nicht die Erteilung von Rundfunklizenzen, Kühler, Medienverflechtung, S. 38.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
sammenschluß mehr als 1 Mrd. DM insgesamt und mindestens eines von ihnen mehr als 50 Mio. DM allein in Deutschland umgesetzt haben 1237 . Für Zusammenschlüsse im Medienbereich liegen die kritischen Grenzwerte niedriger. Demnach unterliegen Medienzusammenschlüsse der Fusionskontrolle bereits dann, wenn die an ihnen beteiligten Unternehmen einen Gesamtumsatz von mehr als 50 Mio. DM weltweit erzielen, sofern mindestens eines von ihnen allein in Deutschland mehr als 2,5 Mio. DM umsetzt. 1238 Zu diesen Medienzusammenschlüssen zählen nicht nur Zusammenschlüsse, die den Verlag, die Herstellung und den Vertrieb von Zeitungen, Zeitschriften und deren Bestandteilen berühren (Pressefusionen). Seit Januar 1999 gelten nach § 38 Abs. 3 GWB die medienspezifischen Schwellenwerte auch für den Rundfunksektor, das heißt für alle Zusammenschlüsse, die die Produktion, den Vertrieb und die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen und den Absatz von Werbezeiten im Rundfunk betreffen (Rundfunkfusionen) 1239 . Für die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern folgt hieraus, daß die ganz überwiegende Mehrzahl der zu Cross Ownerships führenden, marktübergreifenden Zusammenschlüsse von der nationalen Fusionskontrolle erfaßt werden: Die zwei typischen Formen der Cross Ownership in der deutschen Medienlandschaft sind die Vertikal-konglomerate Verflechtung im nationalen Fernsehen und die intermediäre Verflechtung von Presse und Hörfunk auf lokaler Ebene 1240• Die vertikal-konglomeraten Cross Ownerships im überregionalen Fernsehen finden sich in aller Regel bei den international agierenden, großen Medienmischkonzemen. Von diesen überschreitet bereits jeder für sich die kritischen Umsatzschwellen 1241 , zumal diese für Rundfunkzusammenschlüsse auf ein Zwanzigstel des Normalwerts abgesenkt sind. Soweit sich im Zusammenhang mit überregionalen Medienzusammenschlüssen intermediäre Cross Ownerships auftun, wie etwa bei einem Engagement von Presseverlagen im Fernsehen, sind nahezu ausschließlich die überregional tätigen Großverlage beteiligt 1242• Auch diese erreichen die Aufgreifschwellen von 50 Mio. DM bzw. 2,5 Mio. DM problemlos 1243 • 1237 § 35 Abs. l GWB. Vor der GWB-Novelle von I 998 lag die Aufgreifschwelle insgesamt niedriger, vgl. § 24 Abs. 8 Satz l Nr. l GWB a. F. 1238 §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 3 GWB. Zur Rechtfertigung der medienspezifischen Aufgreifschwellen noch unter§ 4 C. I. 2. b). 1239 Vgl. §§ 23 Abs. 1 Satz 7, 24 Abs. 8 Satz 2 GWB a. F. Damit folgte der Gesetzgeber dem immer lauter werdenden Ruf nach einer Erweiterung der Pressefusionskontrolle auf den Rundfunk, vgl. statt vieler Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 86; Groß, ZUM 1996,917 (932); ders., DuR 1982, 16 (29); König, Digitales Fernsehen, S. 118ff. Zum Streit um die analoge Anwendbarkeit des Pressefusionskontro11rechts auf Zusammenschlüsse im Rundfunk Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 169. 1240 Vgl. § l D. II. 1241 Vgl. § 1 D. II. l. 1242 Vgl. § l D. II. 2. und§ I D. I. l. 1243 Vgl. § 1 D. II. 2.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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Gleiches gilt für die meisten marktübergreifenden Zusammenschlüsse auf lokaler Ebene. Der lokale Rundfunk, insbesondere der Hörfunk, aber auch das lokale Fernsehen, wird zuvorderst von den örtlichen Zeitungsmonopolisten veranstaltet, die die maßgeblichen Umsatzgrenzen nahezu ausnahmslos überschreiten. Allerdings wird sich die im Zuge der GWB-Novelle erfolgte Lockerung der Aufgreifkriterien für die Presse durch die Verdoppelung des für die Presse geltenden, erforderlichen Gesamtumsatzes hier noch am ehesten bemerkbar machen 1244•
Vor allem wegen der medienspezifischen Modifikation der quantitativen Aufgreifschwellen tun sich sonach im Hinblick auf die marktübergreifende Konzentration von Rundfunkveranstaltern keine besonderen Schutzlücken auf. c) Toleranzklausel, § 35 Abs. 2 GWB
Der Fusionskontrolle entzogen sind alle jene Zusammenschlüsse, die unter die Toleranzklausel des § 35 Abs. 2 GWB fallen. Die Anschlußklausel will Härten beim Anschluß kleinerer Unternehmen ausgleichen, § 35 Abs. 2 Satz I Nr. I GWB 1245 . Die Fusionskontrolle ist demnach dann ausgeschlossen, wenn sich ein unabhängiges Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 20 Mio. DM einem anderen Unternehmen freiwilllig anschließt. Doch auch hier gelten medienspezifische Besonderheiten. So ist § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht auf Zusammenschlüsse anwendbar, die den Wettbewerb in der Presse beschränken,§ 35 Abs. 2 Satz 2 GWB 1246. Damit soll der Erwerb kleiner Verlage mit örtlich starker Marktstellung verhindert werden 1247 . Aus dem Geltungsbereich der Toleranzklausel fallen demnach reine Pressefusionen ebenso wie gemischte Zusammenschlüsse zwischen Presseverlagen und pressefremden Unternehmen, sofern diese sich auf den Wettbewerb in der Presse auswirken. Damit wird ein Großteil der marktübergreifenden Zusammenschlüsse, die zu intermediären Cross Ownerships führen, von§ 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB nicht erfaßt 1248 • 1244 Auch wenn die Neuregelung des GWB die besondere Fusionskontrolle für den Rundfunk einführte, lag hierin doch keine allgemeine Verschärfung der Medienfusionskontrolle. So wurden etwa für die Presse die Aufgreifkriterien sogar gelockert. Nach der alten Regelung fiel eine Pressefusion aus dem Geltungsbereich der Zusammenschlußkontrolle erst dann, wenn der Umsatz der beteiligten Unternehmen insgesamt weniger als 25 Mio. DM betrug, §§ 23 Abs. 1 Satz 7, 24 Abs. 8 Satz 2 GWB a. F. Demgegenüber ist eine Pressefusion heute schon dann der Fusionskontrolle entzogen, wenn der Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen bei 50 Mio. DM oder weniger liegt,§§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 3 GWB. 1245 Vgl. § 24 Abs. 8 Nr. 2 GWB a. F. Vgl. Emmerich, Kartellrecht, S. 278. 1246 Vgl. § 24 Abs. 9 GWB a. F. Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeitdes § 24 Abs. 9 GWB bestätigt, BVerfG, Die AG 1985, 301. Vgl. auch lmmenga/Mestmäcker-Mestmäcker, § 24, Rdnr. 202 f. 1247 Immenga/Mestrnäcker-Mestmäcker, Vor§ 23, Rdnr. 45. 1248 BGHZ 76, 55 - Springer/Eibe-Wochenblatt. Vgl. auch Immenga/MestmäckerMestmäcker, § 24, Rdnr. 203.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Die Ausnahmeregelung beschränkt sich allerdings auf Zusammenschlüsse, die den Wettbewerb in der Presse behindern. Die neuerdings besonders berücksichtigten Zusammenschlüsse im Rundfunk läßt sie dagegen unberührt. Demzufolge kann der freiwillige Anschluß eines Rundfunkunternehmens der Fusionskontrolle von vomherein entzogen sein, auch wenn er sich auf den Wettbewerb im Rundfunk nachteilig auswirkt. So könnte dem Bundeskartellamt die Kontrolle des Zusammenschlusses etwa dann verwehrt sein, wenn eine kleine, unabhängige Hörfunkstation sich der örtlichen Hörfunkkette anschließen will. Gleiches würde gelten, wenn sie sich einem nicht in der Presse tätigen Unternehmen anschließen würde, wie beispielsweise dem örtlichen Telefonbuchverlag. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Anschlußklausel unter Beachtung der medienspezifischen Schwellenwertabsenkung nur dann greift, wenn das sich anschließende Rundfunkunternehmen einen Jahresumsatz von weniger als 1 Mio. DM erreicht hat,§§ 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 38 Abs. 3 GWB. Die Anschlußklausel ist bei der Assoziierung von Rundfunkunternehmen sonach nur ganz ausnahmsweise anwendbar 1249 • Beim freiwilligen, zu einer Cross Ownership führenden Anschluß von rundfunkfremden Unternehmen an Rundfunkveranstalter, zum Beispiel dem Anschluß einer örtlichen, unabhängigen Konzertagentur oder Kartenvorverkaufsstelle an den Veranstalter örtlicher Hörfunkprogramme, gelten dagegen die allgemeinen Schwellenwerte. Der Umsatz des sich anschließenden Unternehmens muß sonach lediglich unter der 20 Mio. DM-Marke bleiben, § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GWB. Auch sonst ist der Anwendungsbereich des § 35 Abs. 2 Satz l Nr. l GWB bei marktübergreifenden Zusammenschlüssen, aus denen sich vertikal-konglomerate oder intermediäre Cross Ownerships ergeben, nur äußerst selten eröffnet. Bei Cross Ownerships im Hörfunk steht der Anwendung der Anschlußklausel in aller Regel § 35 Abs. 2 Satz 2 GWB entgegen, da an ihnen zumeist die Presse, namentlich die lokale Tagespresse beteiligt ist. Bei Cross Ownerships im Fernsehbereich sind der Anwendung des § 35 Abs. 2 Satz l Nr. l GWB, sofern diese nicht schon von vomherein an der Beteiligung der großen Verlagshäuser scheitert, ebenfalls enge Grenzen gesteckt, da im Fernsehen in der Praxis nahezu ausschließlich Tochterunternehmen der großen Medienkonglomerate agieren, das heißt keine unabhängigen Kleinunternehmen, die an einem freiwillligen Anschluß interessiert wären 1250. Die Bedeutung der Anschlußklausel für marktübergreifende Zusammenschlüsse von Rundfunkveranstaltern, aus denen Cross Ownerships resultieren, ist daher insgesamt äußerst gering. Die Bagatellmarktklausel in § 35 Abs. 2 Satz I Nr. 2 GWB will die Fusionskontrolle auf die gesamtwirtschaftlich relevanten Fälle beschränken 1251 • Der Fusions1249 Lokale Fernsehstationen haben im Durchschnitt einen Jahresumsatz von jeweils zwischen 5 und 10 Mio. DM, lokale Hörfunkstationen zwischen 1 und 5 Mio. DM, Holznagel, ZUM 1991,263 (267); Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 169m. w. N. 1250 Vgl. § I D. I. 1. 1251 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, S. 280; Langen!Bunte-Ruppelt, § 35, Rdnr. 24.
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kontrolle unterliegen daher keine Zusammenschlüsse auf Märkten, die ein Volumen von weniger als 30 Mio. DM aufweisen. Ausgenommen sind Märkte, die sich im ersten Stadium ihrer Entwicklung befinden. Diese unterliegen der Fusionskontrolle in vollem Umfang 1252 •
Angesichts der niedrigen Umsatzgrenze hat die Bagatellmarktklausel keine Bedeutung für marktübergreifende Zusammenschlüsse, die das Fernsehen betreffen1253. Im Hörfunk scheiden aus dem Anwendungsbereich der Klausel die Märkte aus, auf denen sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten betätigen, da die allein schon die kritische Umsatzschwelle überschreiten. Die Bagatellmarktklausel spielt daher allenfalls für marktübergreifende Zusammenschlüsse von Hörfunkanbietern auf lokaler und regionaler Ebene eine Rolle. So können beispielsweise kleinere Zusammenschlüsse zwischen lokalen Hörfunkanbietern und örtlichen Online-Providern aufgrund der Bagatellmarktklausel der Fusionskontrolle entzogen sein. Allerdings sind auch hier die medienspezifischen Sondergrenzwerte zu beachten. Soweit der Zusammenschluß den Verlag bzw. die Veranstaltung, die Produktion oder den Vertrieb von Presseprodukten, Rundfunkprogrammen oder den Absatz von Rundfunkwerbezeiten betrifft, muß für eine Anwendung der Bagatellmarktklausel auf dem jeweils betroffenen Markt weniger als 1,5 Mio. DM Umsatz erzielt worden sein. Die Bagatellmarktklausel kann in der Praxis demzufolge nur in absoluten Ausnahmefällen zum Zuge kommen, zumal sich die meisten Cross Ownerships auf lokaler Ebene bei den umsatzstarken, örtlichen Zeitungsmonopolisten finden 1254. Auch insoweit tun sich sonach keine Schutzlücken auf.
d) Zwischenergebnis Das Bundeskartellamt tritt in die Überprüfung einer Unternehmensverbindung ein, wenn diese einen Zusammenschluß im wettbewerbsrechtlichen Sinne darstellt. Die Erteilung einer Rundfunklizenz, insbesondere einer Fernsehlizenz, ist einem Zusammenschluß nicht gleichzustellen. Cross Ownerships, die nur auf internem Unternehmenswachstum beruhen, werden von der Fusionskontrolle sonach nicht erfaßt. Die Nichtkontrolle internen Unternehmenswachstums mag kommunikationspolitisch nicht unproblematisch sein, ergibt sich jedoch zwingend aus Ziel und Systematik des Wettbewerbsrechts. Die Umsatzschwellen belassen den Großteil der heute üblichen, marktübergreifenden Zusammenschlüsse, an denen Rundfunkveranstalter beteiligt sind, im Geltungsbereich der nationalen Fusionskontrolle. Soweit Cross Ownerships von 1252
IBM.
1253 1254
Vgl. etwa BKartA, TB 1987/88 (BT-Drucks. 11/4611), S. II , 73f. - Bertelsmann/ Zum durchschnittlichen Jahresumsatz im Fernsehen vgl. § I D.l. I. und Fußnote 1249. Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 169.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
marktübergreifenden Zusammenschlüssen herrühren, unterliegen sie daher in aller Regel der Aufsicht des Bundeskartellamts. Dies liegt nicht zuletzt an den medienspezifischen Modifikationen der quantitativen Aufgreifschwellen und dem gerade bei Medienzusammenschlüssen eng gesteckten Anwendungsbereich der Toleranzklausel. Anders als die Aufgreifkriterien der europäischen Fusionskontrolle hinterlassen die der nationalen Zusammenschlußkontrolle folglich keine wesentlichen Schutzlücken bei der Cross Ownership Kontrolle.
3. Eingreifkriterien Das Bundeskartellamt muß gegen einen Zusammenschluß einschreiten, wenn zu erwarten ist, daß dieser eine marktbeherrschende Stellung entstehen läßt oder verstärkt,§ 36 Abs. 1, 1. Halbsatz GWB 1255. Ausgenommen sind Zusammenschlüsse, bei denen die beteiligten Unternehmen nachweisen können, daß sie für den Wettbewerb überwiegend vorteilhaft sind, sowie Zusammenschlüsse, die vom Bundesminister für Wirtschaft erlaubt worden sind, §§ 36 Abs. 1, 2. Halbsatz, 42 Abs. 1 GWBI256. a) Begründung oder Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung, § 36 Abs. 1 GWB Zentrales Kriterium ist sonach, ob durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung begründet oder zumindest verstärkt wird. Wie bei der europäischen Fusionskontrolle reicht auch im Rahmen der nationalen Zusammenschlußkontrolle eine nur vorübergehend marktbeherrschende Stellung für ein Einschreiten des Bundeskartellamts nicht aus. Zwar knüpft § 36 Abs. I GWB an den Begriff der Marktbeherrschung nach § 19 Abs. 2 und Abs. 3 GWB an, die Fusionskontrolle ist jedoch stärker als die Mißbrauchskontrolle marktstrukturell ausgerichtet1257. Eine Untersagung kommt daher nur dann in Betracht, wenn die marktbeherrschende Stellung bzw. deren Verstärkung von gewisser Dauer und in absehbarer Zeit nicht bedroht ist. § 24 Abs. I GWB setzt nicht voraus, daß die marktbeherrschende Stellung bereits besteht. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Zusammenschluß droht, zu einem übermäßigen, vom Wettbewerb nicht mehr hinreichend kontrollierten Verhaltensspielraumeines einzelnen Unternehmens zu führen (Begründung) oder den Restwettbewerb auf einem durch die marktbeherrschende Stellung des UnterVgl. § 24 Abs. 1, 1. Halbsatz GWB a. F. Vgl. § 24 Abs. 1, 2. Halbsatz und Abs. 3 Satz 1 GWB a. F. t257 BGHZ 71, 102 (108)- Kfz-Kupplungen; BKartA, WuW /E BKartA 1561 (1564) o.b. Vgl. auch BGHZ 76,55 (72f.)- Springer/Eibe-Wochenblatt. 1255 1256
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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nehmens bereits geschwächten Marktes zusätzlich zu beeinträchtigen (Verstärkung)1258. Hierzu ist eine Prognose über die unmittelbar wie mittelbar zu erwartenden Auswirkungen des Zusammenschlusses erforderlich 1259. In diese sind die aus der wettbewerbliehen Praxis entwickelten Erfahrungsregeln über typische Prozesse auf den Märkten einzubringen. Eine gesetzliche Verankerung dieser Erfahrungssätze findet sich in § 19 Abs. 3 GWB 1260. Insgesamt kommt es weniger auf das Wettbewerbsverhalten der beteiligten Unternehmen als vielmehr auf die mit dem Zusammenschluß verbundenen strukturellen Veränderungen des Marktes an. Entscheidend ist daher in erster Linie der zu erwartende Marktanteil der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen, ferner aber auch deren Abstand zur Konkurrenz oder die Marktzutrittsbarrieren für potentielle Wettbewerber 1261 .
Bei marktübergreifenden Zusammenschlüssen im Medienbereich spielen vor allem drei Aspekte eine Rolle 1262 : Zunächst kann sich das Bundeskartellamt zum Einschreiten veranlaßt sehen, wenn marktstarke Unternehmen mit vertikal marktübergreifenden Zusammenschlüssen ihre Konkurrenz von deren Versorgungs- bzw. Absatzkanälen abschneiden wollen, um so ihre Marktmacht in vor- oder nachgelagerte Märkte zu übertragen und damit auf den angrenzenden Märkten neue marktbeherrschende Positionen zu begründen. Zum zweiten kann die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung ihren Grund in den Abschreckungs- und Entmutigungseffekten haben, die der marktübergreifende Zusammenschluß bei den aktuellen oder auch nur potentiellen Wettbewerbern auslöst 1263 . Besonderes Gewicht kommt hier der Akkumulation finanzieller wie organisatorischer Ressourcen zu, sofern damit zu rechnen ist, 1258 Zur Begründung einer marktbeherrschenden Stellung etwa BGHZ 79, 62 (67 ff.) Klöckner I Becorit. 1259 BGH, WuW /E BGH 1655 (1660)- Zementmahlanlage II; BGH, WuW /E BGH 2276 (2283) - Süddeutscher Verlag/Donau-Kurier; BGHZ 115, 354- Lübecker Nachrichten/ Stormarner Tageblatt; KG, WuW /E OLG 4547 (4555)- Lübecker Nachrichten/Stormarner Tageblatt. Vgl. auch Emmerich, Kartellrecht, S. 302ff. 1260 § 23 a Abs. 1 GWB, der gerade die für marktübergreifende Zusammenschlüsse typischen, wettbewerbliehen Gefährdungslagen konkretisierte, wurde im Zuge der GWH-Novelle von 1998 aufgehoben. 1261 BGHZ 73, 65 - Erdgas Schwaben; BGHZ 92, 223 (241 ff.) - Gruner+Jahr/Zeit; BGH, NJW 1992, 2289 - Kaufhof I Satum; lmmenga I Mestmäcker-Mestmäcker, § 24, Rdnr. 26. Zu den weiteren Einzelheiten bereits unter § 3 C. III. 3. 1262 Vgl. auch Wagner, RuF 1990, 165 (171 f.). 1263 Grdl. BGHZ 71, 102 - Sachs/GKN; BGH, WuW /E BGH 2150 - Rheinmetall/ WMF; KG, Die AG 1986, 226 (227 f.) - Pilsburry I Sonnen-Bassermann; BKartA, Die AG 1992, 406 (407) - Krupp I Daub. Die Abschreckungstheorie wird vielfach kritisiert (Verlust des Einzelmarktbezuges, Tendenz zu einem generellen Verbot aller Großfusionen), vgl. etwa 6. Hauptgutachten der Monopolkommission 1986, BT-Drucks. 10/5860, Tz. 459f.; Markert, Die AG 1986, 173. Dagegen zustimmend etwa Kantzenbach, Die AG 1986, 185; Mestmäcker, Die AG 1986, 181.
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daß diese dem Zusammenschluß, etwa dem gegründeten Beteiligungsunternehmen zugute kommen 1264• Dem liegt der Erfahrungssatz zugrunde, daß die Konkurrenz die Stärke eines Unternehmens, die von dessen Umsatz indizert wird, deshalb fürchtet, weil diese dem Beteiligungsunternehmen ermöglicht, in Krisensituationen auf die umfangreichen Ressourcen ihrer Muttergesellschaften zurückzugreifen. Eine unternehmensehe Verwendung von Ressourcen wird vor allem dann vermutet, wenn die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen bereits marktnah tätig sind 1265 oder eine Diversifikationsstrategie verfolgen 1266• Sie ist nicht zu befürchten, wenn sich das Engagement der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen in einer bloßen Finanzbeteiligung erschöpft 1267 • Schließlich kann ein marktübergreifender Zusammenschluß die marktbeherrschende Stellung von Unternehmen dann verstärken, wenn er den Substitutionswettbewerb am Marktrand gezielt beseitigen oder zumindest schwächen will 1268 • So wird die marktbeherrschende Stellung örtlicher Zeitungsverleger verstärkt, wenn diese ihre Alleinstellung in den lokalen Werbemärkten vor Substitutionskonkurrenz abzusichern suchen, indem sie sich mit den örtlichen Anzeigenblättern zusammenschließen oder die örtlichen Hörfunkstationen aufkaufen 1269• Wahrend die Ausschaltung des Substitutionswettbewerbs vor allem die intermediären Zusammenschlüsse auf der lokalen Ebene betrifft, richtet sich die Ausweitung unternehmenscher Verhaltensspielräume in vor- oder nachgelagerte Märkte in erster Linie gegen die vertikalen Zusammenschlüsse im überregionalen Bereich. Maßnahmen des Bundeskartellamts, die ihren Grund in dem Abwehr- und Abschreckungspotential marktübergreifender Zusammenschlüsse haben, betreffen dagegen vertikale wie intermediäre Cross Ownerships gleichermaßen. Die wettbewerbliehe Problematik marktübergreifender Zusammenschlüsse liegt demzufolge weniger in der erstmaligen Begründung einer marktbeherrschenden Stellung von Unternehmen. Marktübergreifende Zusammenschlüsse machen in der Regel - anders als horizontale Zusammenschlüsse - Unternehmen, die vor dem 1264 BGHZ 71, 105 (125)- Sachs/GKN; 73, 65 (75ff.) - Erdgas Schwaben; 76, 55 Springer I Eibe-Wochenblatt; 82, I (8 ff.)- Springer I MZV; 119, 346- Springer I Beig (PinnebergerTageblatt); KG, Die AG 1992,62 (64). 1265 Sog. Sachs/GKN-Doktrin, BGHZ 71, 102- Sachs/GKN. 1266 Sog. Rheinmetall/WMF-Doktrin, BGH, WuW/E BGH 2150- Rheinmetaii/WMF. Vgl. auch BGH, Die AG 1986, 362 (364f.)- SZ/Donaukurier. 1267 KG, WuW /E OLG 2539- Braun Melsungen/ Almo. 1268 BKartA, Die AG 1988, 387 - Messer Griesheim I Buse. 1269 BGHZ 76, 55- Springer/Eibe-Wochenblatt; BGHZ 102, 180 (191 ff.)- Südkuriert Singener Wochenblatt; BGH, Die AG 1983, 157- Springer/ AZ; BGH, Die AG 1988, 103Panorama Anzeigenblätter; KG, Die AG 1988, 306 - Weiß Gruppe I SW-Verlag; BKartA, Die AG 1992, 164 - Springer I Stadtanzeiger Leipzig; BKartA, TB 1987 I 88 (BT-Drucks. 111 4611), S. 97 (Hörfunkstationen). Dazu etwa Groß, ZUM 1996, 917 (930); von Wallenberg, WuW 1991, 963 (968); Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 89.
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Zusammenschluß nicht marktbeherrschend waren, nicht zu marktbeherrschenden Wettbewerbern 1270• Vielmehr dienen sie dem Ausbau bereits bestehender marktbeherrschender Positionen der Unternehmen bzw. deren Ausweitung in angrenzende Märkte. Die Kontrolle marktübergreifender Zusammenschlüsse betrifft daher zuvorderst Unternehmen, die bereits vor dem Zusammenschluß auf einem oder mehreren Medienmärkten marktbeherrschend waren 1271 . Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß im Bereich von Cross Ownerships das Bundeskartellamt vor allem dann einschreitet, wenn durch den marktübergreifenden Zusammenschluß der intermediäre Substitutionswettbewerb gezielt beseitigt, die Konkurrenz von ihren Versorgungs- bzw. Absatzkanälen systematisch abgeschnitten wird oder mit dem Zusammenschluß beträchtliche Abschreckungsund Entmutigungseffekte für die Konkurrenz verbunden sind. Die Fusionskontrolle von marktübergreifenden Zusammenschlüssen betrifft daher in der Hauptsache Unternehmen, die schon vor dem Zusammenschluß marktbeherrschend waren.
b) Überwiegende Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen, § 36 Abs. 1 GWB
Die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung ist unschädlich, wenn den Unternehmen der Nachweis gelingt, daß der Zusammenschluß für den Wettbewerb in dem betroffenen Markt überwiegend vorteilhaft ist. Zu den relevanten Verbesserungen der Wettbewerbslage zählen ausschließlich die strukturellen Veränderungen des Wettbewerbs. Unerheblich ist das zu erwartende oder versprochene Verhalten der verbundenen Untemehmen 1272• Es kommt allein auf die Wettbewerbssituation an. Irrelevant sind auch die betriebswirtschaftliehen Vorteile des Zusammenschlusses, wie etwa logistische oder sonstige organisatorische Vorteile der beteiligten Unternehmen, es sei denn, diese schlagen sich in einer Verbesserung der allgemeinen Wettbewerbsbedingungen nieder, wie etwa in Vorteilen für die Abnehmer 1273. Zur Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen trägt auch nicht die Erreichung anderer Ziele des öffentlichen Interesses bei. Beschäftigungs-, standort- oder kommunikationspolitische Belange haben sonach unberücksichtigt zu bleiben 1274. Ob die Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen, entscheidet sich nach einer Abwägung aller positiven und negativen Vgl. dazu bereits unter§ 3 A. III. 3. c). Zur Untersagung eines marktübergreifenden Zusammenschlusses im Medienbereich ("Untemehmensgruppe Premiere") durch das Bundeskartellamt bereits unter § 1 D. II. 3. 1272 BGHZ 73,65 (79ff.)- Erdgas Schwaben; BGH, WuW /E BGH 2899 (2902) - Panorama Anzeigenblätter; KG, WuW /E OLG 2182 (2186f.). 1273 BGH, WuW /E BGH 2899 (2902); BKartA, WuW /E BKartA 1475 (1481 f.); 1517 (1520). 1274 Allgemeine Ansicht, vgl. etwa BKartA, WuW /E BKartA 1457 (1465); a. A. Bender (Cross-Media-Ownership, S. 241), der hier die Belange der Meinungsvielfaltssicherung berücksichtigt sehen will. 1210 1271
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Aspekte des Zusammenschlusses 1275 . Dabei sind neben der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der betroffenen Märkte vor allem die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Konkurrenz sowie die strukturellen Folgen einer Untersagung miteinzubeziehen 1276.
Eine überwiegende Verbesserung der Marktstrukturen wird auf den Pressemärkten angenommen, wenn sich Zweitzeitungen mit lokalen Anzeigenblättern oder auch Großverlagen verbinden, da sich damit deren Position gegenüber den beherrschenden Erstzeitungen verbessert und der Wettbewerb auf den lokalen Pressemärkten damit gefördert wird 1277 • Entsprechendes läßt sich auch für den Bereich des lokalen Rundfunks denken, insbesondere für den Bereich des Hörfunks und des Ballungsraumfernsehens. Eine Wettbewerbssituation wird insgesamt verbessert, obschon der Zusammenschluß voraussichtlich zu einer marktbeherrschenden Stellung der an ihm beteiligten Unternehmen führt, wenn die Unternehmensverbindung der Erschließung eines Marktes dient, die aufgrund der hohen Marktzutrittsbarrieren und des erforderlichen Kapital- und Investitionsbedarfs das Zusammenwirken mehrerer Großunternehmen voraussetzt 1278 . In diese Richtung zielte die Argumentation der Medienkonzerne, die in einer Gemeinschaftsaktion den Bereich des digitalen Pay TV erschließen wollten, daran aber von den nationalen und europäischen Wettbewerbshütern gehindert wurden 1279• Darüberhinaus hat die Abwägungsklausel bei der Kontrolle marktübergreifender Zusammenschlüsse in den Medien jedoch noch keine Rolle gespielt 1280. c) Ministererlaubnis, § 42 GWB
Eine noch geringere praktische Bedeutung für die Kontrolle marktübergreifender Zusammenschlüsse im Rundfunk besitzt die Ministererlaubnis, die auch im Allgemeinen nur ganz ausnahmsweise erteilt wird 1281 • Der einzige Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis im Bereich der Medien betraf die geplante Fusion der Verlage Burda und Springer, der jedoch mangels Erfolgsaussichten vorzeitig 1275 BGHZ 73, 65 (83)- Erdgas Schwaben; BGH, WuW IE BGH 2899- Panorama Anzeigenblätter. 1276 BGH, WuW IE BGH 2731- LindeiLansing; KG, Die AG 1986, 226 (229). 1277 BGH, WuW I E BGH 2899 (2902 f.) - Panorama Anzeigenblätter; BGH, Die AG 1988, 47 - Gruner+Jahr I Zeit II; BGH, Die AG 1988, 207 (209) - Südkurier I Singener Wochenblatt; KG, DieAG 1990, 163 (167). 1278 Vgl. etwa BKartA, TB 1979180 (BT-Drucks. 91565), S. 114; aber auch KG, WuW IE OLG 2182 (2186f.). 1279 Dazu bereits unter§ I D. II. 3. und§ 3 A. III. 3. c) aa), § 3 A. III. 3. c) bb) und§ 3 A. III. 3. c) dd). 1280 Vgl. auch Bender, Cross-Media-Ownership, S. 241 f.; Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 205 ff. 1281 Zuletzt im Jahre 1989 in der Sache Daimler Benz iMBB.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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zurückgenommen wurde 1282. Nichtsdestoweniger wird schon allein die Möglichkeit der Ministererlaubnis als Schwäche des fusionskontrollrechtlichen Instrumentariums bei der Medienkonzentrationsbekämpfung kritisiert 1283 . So fordert etwa Kühler, für marktübergreifende Zusammenschlüsse in den Medien die Ministererlaubnis generell auszuschließen 1284. Die Erteilung einer Ministererlaubnis kommt in Betracht, wenn gesamtwirtschaftliche Vorteile die mit der marktbeherrschenden Stellung verbundenen Nachteile des Zusammenschlusses überwiegen oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit den Zusammenschluß rechtfertigt. Zu berücksichtigen ist hier vor allem die internationale Wettbewerbsfahigkeit der deutschen Unternehmen, § 42 Abs. I Satz I GWB. Entscheidende Gemeinwohlerwägungen ergeben sich ferner aus den Grundsätzen der Wirtschaftspolitik, wie sie die jeweilige Bundesregierung formuliert. Nicht selten berufen sich zusammenschließende Unternehmen auf Ziele der Beschäftigungspolitik 1285 . Da sich Fusionen in der Vergangenheit jedoch nicht als Garanten für die Erhaltung von Arbeitsplätzen erwiesen haben, gibt das Wirtschaftsministerium dem Arbeitsplatzargument allerdings zunehmend weniger Gewichtl286_
Bender 1281 vertritt, daß auch Meinungsvielfaltserwägungen überragende Interessen der Allgemeinheit seien, die nach § 42 GWB Zusammenschlüsse rechtfertigen könnten. Ungeachtet der Frage, ob dies an dieser Stelle sachgerecht wäre, namentlich, ob das Bundeswirtschaftsministerium dazu berufen sein kann, die Vielfalt im Rundfunk zu sichern und damit eigene Vielfaltsmaßstäbe festzusetzen oder aber die Pluralismusvorstellungen der Bundesländer durchzusetzen, erscheint es überaus unwahrscheinlich, daß eine Unternehmensverbindung, die schon aus wettbewerblieber Sicht untersagt werden muß, aus Gründen effektiver Vielfaltssicherung für zulässig zu erklären ist.
d) Zwischenergebnis
Die Fusionskontrolle von marktübergreifenden Zusammenschlüssen betrifft in erster Linie Unternehmen, die schon vor dem Zusammenschluß marktbeherrschend waren. Das Bundeskartellamt muß gegen marktübergreifende Zusammenschlüssen vor allem dann vorgehen, wenn durch diese Substitutionswettbewerb gezielt beseitigt, Wettbewerber systematisch von ihren Versorgungs- bzw. Absatzkanälen abgeschnitten oder erhebliche Abschreckungs- und Entmutigungseffekte bei der Konkurrenz hervorgerufen werden. 1282 Erfahrungsbericht des BMWi über Ministererlaubnis-Verfahren bei Fusionen, WuW 1986, 788. 1283 Holznagel, ZUM 1991, 263 (267). 1284 Kühler, Medienverflechtung, S . 105; a. A. Scho[z, AfP 1983,261 (266). 1285 BMWi, WuW /E BWM 149 (151 f.)- Kapal; WuW /E BWM 207 (212)- MAN/Sulzer. 1286 Erfahrungsbericht des BMWi über Ministererlaubnis-Verfahren bei Fusionen, WuW 1986, 788 (788); Schmidt, K., Die AG 1982, 169. 1287 Bender, Cross-Media-Ownership, S. 242, 341.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Bereiten marktübergreifende Zusammenschlüsse hierdurch den Boden für einen übermäßigen, vom Wettbewerb nicht mehr hinreichend kontraHierbaren Handlungsspielraum der an ihnen beteiligten Unternehmen, ist einem Eingreifen des Bundeskartellamts kaum mehr etwas entgegenzusetzen. Eine trotz der Marktbeherrschung überwiegende Verbesserung der Wettbewerbssituation durch marktübergreifende Zusammenschlüsse, die zu einer derart herausragenden Marktsteilung der beteiligten Unternehmen führen, ist allenfalls für die lokalen Rundfunkmärkte sowie bei der Erschließung neuer Medienmärkte denkbar, sofern der Marktzutritt über die Kapazitäten eines einzelnen Medienunternehmens hinausgeht. Die Erteilung einer Ministererlaubnis ist faktisch ausgeschlossen. Namentlich das öffentliche Interesse an einer effektiven Vielfaltssicherung in den Medien kann die Genehmigung eines Zusammenschlusses, der aus wettbewerbliebem Gesichtspunkt zu untersagen ist, nicht rechtfertigen. 4. Zusammenfassung
Das fusionskontrollrechtliche Instrumentarium setzt der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern nur dann Grenzen, wenn sie auf externes Unternehmenswachstum zurückzuführen ist. Der Anwendungsbereich der Fusionskontrolle ist daher nicht schon dann eröffnet, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen eine Rundfunklizenz beantragt, auch wenn das Unternehmen zuvor noch nicht im Bereich des Rundfunks tätig war. Die Aufgreifschwellen der nationalen Zusammenschlußkontrolle reißen keine medienspezifischen Schutzlücken auf, zumal sie den Verhältnissen auf den Pressemärkten augepaßt sind. Cross Ownerships müssen mit einem Tätigwerden des Bundeskartellamts vor allem dann rechnen, wenn die ihnen zugrundeliegenden, marktübergreifenden Zusammenschlüsse den Substitutionswettbewerb am Marktrand gezielt beseitigen sollen, Wettbewerber systematisch von deren Versorgungs- bzw. Absatzkanälen abschneiden oder erhebliche Abschreckungs- und Entmutigungseffekte bei der Konkurrenz hervorrufen. Die Kontrolle der marktübergreifenden Konzentration betrifft daher in erster Linie Unternehmen, die schon vor dem marktübergreifenden Zusammenschluß marktbeherrschend waren und ihre Marktmacht auf angrenzende Märkte ausweiten wollen. Eine Ministererlaubnis ist in diesen Fällen regelmäßig ausgeschlossen. Auch Zusammenschlüsse, bei denen trotz der Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung der an dem marktübergreifenden Zusammenschluß beteiligten Unternehmen die Vorteile für den Gesamtwettbewerb überwiegen, sind nur ganz ausnahmsweise denkbar, namentlich bei der Erschließung neuer Medienmärkte und bei Zusammenschlüssen lokaler Rundfunkveranstalter.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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VI. Zusammenfassung Das nationale Wettbewerbsrecht ist auf die Tätigkeit und das Unternehmenswachstum privater Rundfunkveranstalter uneingeschränkt anwendbar. Es zieht der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern in zweierlei Hinsicht Grenzen. Zum einen unterliegen diversifizierte Medienunternehmen spezifischen Bindungen bei der Verhaltenskontrolle nach § 19 Abs. I GWB. Zum anderen werden die Cross Ownerships selbst Gegenstand der wettbewerbsrechtlichen Struktursteuerung, wenn sie auf marktübergreifenden Zusammenschlüssen beruhen, die zur Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu führen drohen(§ 36 Abs. l GWB). Der sachlich und räumlich relevante Markt ermittelt sich nach den gleichen Kriterien wie auf europäischer Ebene. So erkennt das Bundeskartellamt ebensowenig wie die Europäische Kommission einen einheitlichen Gesamtmedienmarkt an. Vielmehr differenziert es zwischen den verschiedenen Märkten der Massenkommunikation, das heißt zwischen Presse, Hörfunk und Fernsehen. Ferner trennt es zwischen terrestrischen-, Kabel- und Satellitenprogrammen sowie zwischen dem Markt für Pay TV und dem für Free TV. Nicht geeignete Abgrenzungskriterien sind dagegen das inhaltlich-publizistische Profil der Sender, deren Rechtsform und Übertragungstechnik. Anders als die europäischen Instanzen spricht das Bundeskartellamt dem Rezipientenmarkt im werbefinanzierten Rundfunk eine eigenständige Marktqualität ab und kontrolliert demzufolge auf der Ebene der Programmveranstaltung nur die Konzentration auf den Werbemärkten, nicht die auf den Programmärkten. Geographisch relevant sind die lokalen, regionalen, landesweiten und nationalen Medienmärkte. Ob ein Unternehmen marktbeherrschend ist, bestimmt sich letztlich danach, ob es sich dem anonymen Wettbewerbsdruck entziehen kann. Hierzu geben die nationalen Wettbewerbsgesetze verschiedene Marktstruktur- und Marktverhaltenskriterien vor. Verfügt ein Unternehmen über ein Drittel des Marktes, wird seine marktbeherrschende Stellung vermutet. Auch die intermediären und vertikalen Wettbewerbsbeziehungeil sind bei der Feststellung des Beherrschungsgrades zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Bundeskartellamts besteht bei den kommerziellen Anbietern derzeit kein Oligopol. Im Fernsehwerbemarkt qualifiziert das Bundeskartellamt sowohl den Bettelsmann-Konzern als auch die Kirch-Gruppe als marktbeherrschend. Die Mißbrauchsaufsicht trifft diversifizierte Medienunternehmen vor allem dann, wenn das Unternehmen auf einem Medienmarkt marktbeherrschend ist und seine dortige beherrschende Stellung dazu nutzt, in angrenzende Märkte zu expandieren, namentlich in Märkte, die von dem von ihm beherrschten Markt abhängen. Diese Übertragung bestehender Marktmacht funktioniert im wesentlichen nur zwischen vertikal verbundenen Märkten. Die Mißbrauchskontrolle diversifizierter Rundfunkveranstalter trifft daher typischerweise vertikal integrierte, nicht inter20 Tschon
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
mediär diversifizierte Unternehmen. Zu beachten ist jedoch, daß es eines wettbewerblich anstößigen Verhaltens des diversifizierten Unternehmens bedarf. Die Diversifikation für sich genommen ist nicht mißbräuchlich. Die Bildung vertikaler oder diagonaler Cross Ownerships an sich hält sich im Rahmen des zulässigen Leistungswettbewerbs. Die Diversifikation selbst ist erst und nur dann verboten, wenn sie auf einen Zusammenschluß beruht, der geeignet ist, eine marktbeherrschende Stellung der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen zu begründen oder zumindest zu verstärken. Die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien bleibt sonach vom Wettbewerbsrecht unberührt, solange sie auschließlich auf internem Wachstum beruht. Ist die Cross Ownership dagegen auf einen Zusammenschluß zurückzuführen, unterliegt sie prinzipiell der nationalen Wettbewerbsaufsicht Ein Eingreifen der Fusionskontrolle droht ihr dann, wenn der ihr zugrundeliegende marktübergreifende Zusammenschluß darauf ausgerichtet ist, den Substitutionswettbewerb unter den Medien gezielt zu beseitigen, Wettbewerber systematisch von deren Versorgungs- bzw. Absatzkanälen abschneidet oder erhebliche Abschreckungs- und Entmutigungseffekte bei der Konkurrenz hervorruft. Die Fusionskontrolle trifft daher zuvorderst Unternehmen, die schon vor dem marktübergreifenden Zusammenschluß marktstark waren und ihre Marktmacht auf angrenzende Märkte ausweiten wollen. Nicht zuletzt wegen der medienspezifischen Absenkungen der quantitativen Aufgreifschwellen ergeben sich keine wesentlichen Schutzlücken bei der Cross Ownership Kontrolle. Als grundlegende Schwäche der wettbewerbsrechtlichen Cross Ownership Kontrolle wird vor allem genannt, daß sie das interne Unternehmenswachstum nicht erfasse. Ferner wird kritisiert, daß die Abgrenzung der Märkte für den Bereich der Medien zu eng sei und darüberhinaus die Gefahr bestehe, daß ein Zusammenschluß ungeachtet der Risiken für den Pluralismus in den Medien aus beschäftigungs- und standortpolitischen Gründen kraft ministerialer Erlaubnis zugelassen werden könne. 1288 Noch am geringsten wiegt der zuletzt genannte Kritikpunkt Der Erlaß einer Ministererlaubnis ist in der Praxis nahezu ausgeschlossen. Auch der Kritik an der für den Bereich der Medien zu engen Marktabgrenzung kann aus wettbewerblicher Sicht nicht zugestimmt werden. Die Annahme eines übergreifenden Gesamtmedienmarktes würde zwar die Frage nach der richtigen Marktabgrenzung umgehen, das Problem der sachgerechten Behandlung von Cross Ownerships aber nicht lösen, da sich in einem solchen medienübergreifenden Gesamtmedienmarkt die Wettbewerbsposition und Marktstärke der einzelnen Unternehmen, das heißt die Schwelle nicht mehr bestimmen ließe, ab der die "Neutralisierung wirtschaftlicher Macht nicht mehr dem Markt überlassen werden kann, 1288 Kübler, MP 1995, 48 (53); Paschke/Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (116f.). Vgl. auch Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 272 ff.
C. Wettbewerbsrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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sondern zur Aufgabe des Rechts wird" 1289• Damit aber wäre die Wettbewerbskontrolle ihres Sinns beraubt 1290. Nicht unproblematisch erscheint dagegen auf den ersten Blick die Nichterfassung des internen Unternehmenswachstums, namentlich daß die Erteilung von Rundfunklizenzen an sich keinen wettbewerblieh relevanten Vorgang darstellt, der ein Tätigwerden der Wettbewerbsbehörden initiiert. Die Beschränkung der Fusionskontrolle auf das externe Unternehmenswachstum ergibt sich jedoch zwingend aus Ziel und Systematik des Wettbewerbsrechts. Eine Begrenzung des internen Unternehmenswachstums würde der Konkurrenzlogik marktwirtschaftlich ausgerichteter Systeme widersprechen 1291 • Bei genauerer Betrachtung ergeben sich die vermeintlichen Regelungsdefizite daher vielleicht aus kommunikationspolitischer, nicht aber aus wettbewerblicher Sicht. Die Wettbewerbskontrolle setzt nicht selten an einem Punkt ein, an dem es im Hinblick auf eine effiziente Pluralismussicherung bereits zu spät ist. Dies stellt indes kein Regelungsdefizit des Wettbewerbsrechts dar, da dies seinen Grund nicht in der konkreten Ausgestaltung des gegenwärtigen Wettbewerbsrechts hat, sondern sich vielmehr in Konsequenz aus dem verfassungsrechtlichen Hintergrund und dem Regelungszweck des Wettbewerbsrechts ergibt 1292 . Das Wettbewerbsrecht zielt nicht darauf, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern, was sich in Art und Umfang des wettbewerbsrechtlichen Steuerungsinstrumentariums niederschlägt. Dem Wettbewerbsrecht fehlt die demokratie- und kulturstaatliche Dimension, die für das Medienrecht typisch ist. Auch eine effektiv ausgestaltete, an die Marktverhältnisse im Rundfunk angepaßte und konsequent durchgesetzte Wettbewerbskontrolle könnte daher schon vom Ansatz her keine kommunikationspolitisch befriedigenden Ergebnissen liefern 1293• Eine effektive Cross Ownership Kontrolle kann folglich nur über das medienspezifische Sonderrecht, mithin über die nachfolgend zu untersuchenden Cross Ownership Beschränkungen erfolgen 1294•
1289 Mestmäcker. Mestmäcker, Marktbeherrschende Unternehmen, S. 8. Vgl. bereits§ 3 A. III. I. a) a. E. 1290 In diese Richtung auch Frey, ZUM 1998, 985 (990). 1291 Vgl. § 3 C. V. 2. a) sowie bereits§ 3 A. III. 3. b) aa) und§ 2 A. I. 1292 Vgl. auch Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 86; Kühler. MP 1999, 379 (384); Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (484); Wittig-Terhardt, AfP 1986,298 (302); Wagner. RuF 1990, 165 (169); Engels, ZUM 1996, 44 (46f.); a. A. Bender, CrossMedia-Ownership, S. 243. Zum Regelungszweck des Wettbewerbsrechts § 3 C. I. 1293 Optimistischer dagegen Kühler. Medienverflechtung, S. 102ff. Vgl. auch Holznagel, ZUM 1991,263 (270f.); König, Digitales Fernsehen, S. 118ff. 1294 Ebenso im Ergebnis Bremer I Esser I Hojfmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 111.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership Die Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen der Cross Ownership hat bislang ergeben, daß die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern durch europa-, verfassungs- und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben vergleichsweise wenig restringiert ist. Im Folgenden ist zu untersuchen, inwieweit das medienspezifische Sonderrecht für den Rundfunk diese Lücke füllt und der Cross Ownership einen engeren Rahmen absteckt. Dabei ist zwischen den Cross Ownership Beschränkungen in den Landesmediengesetzen und der Cross Ownership Beschränkung im Rundfunkstaatsvertrag zu unterscheiden. Bevor der materielle Regelungsgehalt der in Deutschland bestehenden Cross Ownership Beschränkungen im Einzelnen untersucht werden kann, sind zum besseren Verständnis vorab die Grundzüge des deutschen Rundfunksystems zu skizzieren.
I. Grundlagen Für die Veranstaltung privater Rundfunkprogramme gilt ein präventives Verbot mit Zulassungsvorbehalt Kern der Rundfunkkonzentrationsbekämpfung ist daher ein Lizenzierungssystem 1295 • Private Veranstalter von Hörfunk- oder Fernsehprogrammen bedürfen einer Zulassung, die grundsätzlich nicht weiteruhertragbar istl296. Insbesondere die jüngeren Landesmediengesetze sehen vor, dass die Landesmedienanstalten eine Übertragung ausnahmsweise genehmigen können 1297 • Als Übertragung der Zulassung zählt dabei auch ein maßgeblicher, insbesondere Mehrheitswechsel auf der Gesellschafterebene der Rundfunkveranstalter (Change-of-Control) 1298 •
Anders als etwa in Großbritannien wird die Lizenz nicht versteigert, sondern
hoheitlich zugesprochen 1299 • Die Lizenz wird den Anbietern von der zuständigen Landesmedienanstalt erteilt.
1295 Eine Ausnahme bildet insoweit Bayern, in dem aus landesverfassungsrechlichen Gründen Rundfunk nur in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft zulässig ist, Art. lll a Abs. 2 BV. Dazu noch im Einzelnen unter§ 3D. II. I. 1296 § 20 Abs. I RStV sowie in den Landesmediengesetzen wie beispielsweise in § 12 Abs. I, Abs. 4 Satz I LMedGBW; §§ 7 Abs. I, II Abs. 3 BremLMG; §§ 3 Abs. I, 22 Abs. 3 HmbMedG; §§ 9 Abs. l, 15 Abs. 4 LRG SH. Zum Übertragungsverbot Wagner, RuF 1990, 165 (l79ff.). In einem Teil der Bundesländer wird eine Konzessionsabgabe erhoben, dazu kritischAmold!Becker, ZUM 1998,465. 1297 § 12 Abs. 5 Satz 2 LMedG BW; § 22 Abs. 3 Satz 4 HmbMedG; § ll Abs. 3 Satz I SächsPRG; § 8 Abs. 4 Satz 2 MedienG LSA. 1298 § 12 Abs. 4 Satz 2 LMedG BW (unter Ausnahme von Umwandlungen nach Umwandlungsgesetz); § 22 Abs. 3 Satz 5 HmbMedG; § II Abs. 3 Satz 2 SächsPRG; § 8 Abs. 4 Satz 2 MedienG LSA.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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Örtlich zuständig ist die Landesmedienanstalt des Bundeslandes, in dem der Rundfunkveranstalter, der die Lizenz beantragt oderinne hat, seinen Sitz hat 1300. Dies gilt für die lokalen, regionalen und landesweiten Anbieter genauso wie für die Veranstalter länderübergreifend, namentlich bundesweit ausgestrahlter Programme. Für die Konzentrationskontrolle bundesweit ausgestrahlter Fernsehprogramme sieht der Rundfunkstaatsvertrag besondere Organzuständigkeiten vor 1301 . So bestimmt mit der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) ein unabhängiges Sachverständigengremium zentral über die Lizenzen im bundesweit empfangbaren Fernsehen 1302 . Die KEK agiert als Organ der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt. Die Verbandszuständigkeit bleibt bei der Anstalt des Bundeslandes, in dessen Bereich der Veranstalter seinen Unternehmenssitz hat 1303 . Will die Landesmedienanstalt von den Beschlüssen der KEK abweichen, muß sie binnen Monatsfrist die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM) anrufen. Diese kann innerhalb weiterer drei Monate den KEK-Beschluß mit Dreiviertelmehrheit abändern. Sie fungiert daher als eine Art "Berufungsinstanz" 1304. Demnach liegt das behördliche Letztentscheidungsrecht für die Lizenzen im bundesweiten Fernsehen nunmehr zentral bei der KEK bzw. der KDLM 1305 Dem innerdeutschen Standortwettbewerb wurde damit weitgehend die Grundlage entzogenl306.
1299 Zum britischen Lizenzierungssystem Holznagel/Grünwald, Britisches Medienkonzentrationsrecht im Wandel, S. 109ff., 122ff.; Libertus, ZUM 1997, 101 (101 ff.). noo Vgl. etwa§§ 35,39 S. 1 RStV; §§ 29 f. LMedG BW; §§ 7 f. StVBB; §§53 f. LRG Nds.; §§ 51 f. LRG NRW; §§ 74 f. LRG Saarland; §§ 27 f. SächsPRG; § 52 LRG SH. Zur Stellung der Landesmedienanstalten im System der Rundfunkkonzentrationskontrolle Hess, Afp 1997, 777; Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 99 f.; Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks, S. 151 ff.; Martin, ZUM 1993,515. 1301 §§ 36, 39 S. 1 RStV. Dazu kritisch Neft, ZUM 1999, 97; Dörr, MP 1996, 621 (621 f., 623ff.); Knothe, ZUM 1997, 6 (!Of.); Kuch, ZUM 1997, 12 (13f.); Stock, JZ 1997, 583 (593 f.); Kreile, CR 1998, 24 (25). Zu den umfangreichen Neuerungen im formellen Rundfunkkonzentrationsrecht durch den Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Hess, AfF 1997, 777; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechts vergleich, S. 55 ff. 1302 Zu den Rechten, Pflichten und der Zusammensetzung der KEK Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechts vergleich, S. 55 ff. Vgl. auch Renck-Laufke, ZUM 2000, 369. 1303 § 35 Abs. 2 Satz 2 RStV. Die ursprünglich angerlachte Bildung einer einheitlichen Aufsichtsbehörde für die Kontrolle des bundesweiten Fernsehens ließ sich politisch nicht durchsetzen, Kuch, ZUM 1997, 12 (13). 1304 Diese Konstruktion lehnt sich an das wettbewerbsrechtliche Modell an, Kuch, ZUM 1997, 12 (13f.). Vgl. auch Clausen-Muradian, ZUM 1996,934 (942). 1305 Vgl. auch Amtliche Begründung zu § 26 RStV (abgedruckt bei Hartstein I Ring I Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.1.). 1306 Amtliche Begründung zu§ 35 RStV (abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile / Dörr/ Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.1); Bumke, ZUM 1998, 121 (126ff.); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (941); Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 75. Zum innerdeutschen Standortwettbewerb bereits § 1 A. I. 3. b. In neueren medienpolitischen Überlegungen wird die Gründung eines nationalen Kommunikationsrates angedacht, der einen Teil der Aufgaben der KEK, darunter auch die Lizenzierung bundesweiter Fernsehprogramme, sowie einige Kompetenzen der Regulierungsbehörde für die Telekommunikation übernehmen soll, Notiz aus Der Spiegel vom 19. Oktober 1998, 43 I 1998, S. 122.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Die Landesmedienanstalt überprüft nach einer öffentlichen Ausschreibung der zu vergebenden Lizenz die eingehenden Anträge der Bewerber auf deren Zulassungsfähigkeit1307. Ihr steht bei der Erteilung der Lizenz ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der allerdings durch gesetzliche Vergabekriterien limitiert ist. Zu den hier zu berücksichtigenden materiellen Zulassungsvoraussetzungen zählen die Cross Ownership Beschränkungen. Cross Ownership Beschränkungen unterliegen dem Parlamentsvorbehalt, da sie für die Verwirklichung der Rundfunkfreiheit wesentlich sind und in einem grundrechtsrelevanten Bereich ergehen 1308. Sie bedürfen daher einer formell-gesetzlichen normativen Grundlage. Diese findet sich im Rundfunkstaatsvertrag der Länder 1309 und in den einzelnen Landesmediengesetzen 1310, regelmäßig bei den Vorschriften über die Sicherung 1307 Vgl. etwa§ 7 BremLMG; § 5 HPRG; § 8 RundfG M-V;§ 4 LRG NRW; § 5 Abs. 1 SächsPRG; § 5 PRG LSA; § 5 TRG. 1308 Wesentlichkeitstheorie, BVerfGE 57, 295 (320f.); vgl. zuvor bereits andeutungsweise BVerfGE 12, 205 (262 f.); 31, 314 (322, 326). Zum Parlamentsvorbehalt ausführlich Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks, S. 129ff.; Ho.f.fmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 36. Zur Wesentlichkeilstheorie allgemein BVerfGE 47, 46 (78 f.); 49, 89 (126f.). 1309 § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Der Rundfunkstaatsvertrag ist in den Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991 eingebettet, der aus mehreren rechtlich selbständigen Artikeln besteht, insbesondere dem Rundfunkstaatsvertrag, dem ARD-Staatsvertrag, dem ZDF-Staatsvertrag, dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag, dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag und dem Mediendienste-Staatsvertrag. Der Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland trat am I. Januar 1992 in Kraft (u. a. Bay. GVBl. 1991, 451; GV. NW. 1991, 408) und wurde letztmalig im Jahre 2000 geändert. Derzeit gilt er in der durch den Fünften Rundfunkänderungsstaatsvertrag geänderten Fassung vom 6. Juli bis 7. August 2000, die am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist. Zur normativen Bindung des Rundfunkstaatsvertrags Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 42. 1310 Es gelten in Baden-Württemberg das Landesmediengesetz in der Fassung vom 19. Juli 1999 (GBl. 1999, 273, ber. S. 387), zuletzt geändert am 19. Dezember 2000 (GBl. 2000, 665, 753); in Bayern das Mediengesetz vom 24. November 1992 (GVBL 1992, 584) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Januar 1999 (GVBL 1999, 8, BayRS 2251-4-S), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2000 (GVBl. 2000, 488); in Berlin und Brandenburg der Staatsvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg im Bereich des Rundfunks vom 29. Februar 1992 (Berlin GVBL 1992, 150, Brandenburg GVBI. 1992, 142), zuletzt geändert durch Staatsvertrag vom 3. November 1998 (Berlin GVBI. 1998, 406; Brandenburg GVBI. 1998, 258); in Bremen das Landesmediengesetz vom 22. Juni 1993 (GBI. 1993, 203), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Juni 1999 (GBI. 1999, 143); in Harnburg das Mediengesetz vom 20. April 1994 (GBI. 1994, 113), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juli 2000 (GBI. 2000, 156); in Hessen das Gesetz über den privaten Rundfunk vom 25. Januar 1995 (GVBI. 1995 I, 87 ff.), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2000 (Hessisches Privatrundfunkgesetz, GVBI. 2000 I, 566); in Mecklenburg-Vorpommern das Rundfunkgesetz vom 21. März 2000 (GS GI. Nr. 2251-9, 2251-11); in Niedersachsen das Landesrundfunkgesetz vom 9. November 1993 (GVBI. 1993, 523), zuletzt geändert am 15. Dezember 2000; in Nordrhein-Westfalen das Rundfunkgesetz vom 24. August 1995 (GV.NW. 1995, 994), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. April 1998 (GV. NW. 1998,
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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der Meinungsvielfalt 1311 • Alle Cross Ownership Beschränkungen stehen damit im Rangformellen Landesrechts. Grundsätzlich sichert der Rundfunkstaatsvertrag einen verbindlichen Mindeststandard vor der föderalen Vielfalt der nicht unerheblich divergierenden Landesmediengesetze. Der vom Rundfunkstaatsvertrag gesteckte Mindestrahmen für die Veranstaltung von Rundfunk kann von den einzelnen Landesmediengesetzen näher ausgestaltet bzw. verschärft werden 1312 • Seit 1997 gilt dies jedoch nicht mehr für das Rundfunkkonzentrationsrecht und damit auch nicht mehr für die Cross Ownership Beschränkungen. Vielmehr bilden die Konzentrationsbestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags seitdem eine abschließende Sonderregelung für das bundesweit verbreitete Fernsehen 1313 • Um einen Standortwettbewerb unter den einzelnen Bundesländern sowie eine Inländerdiskriminierung zu vermeiden, ist den Landesrundfunkgesetzgebern eine abweichende Regulierung für das bundesweit verbreitete Fernsehen nicht mehr erlaubt 1314• Umgekehrt richtet sich die Zulassung des lokalen, regionalen und landesweiten Fernsehens sowie des gesamten Hörfunks nunmehr ausschließlich nach den Landesmediengesetzen. Die Herausnahme des Hörfunks aus dem Anwendungsbereich der rundfunkstaatsvertraglichen Konzentrationskontrolle hat ihren Grund darin, daß der Hörfunk - anders als das Fernsehen - überwiegend lokal bzw. regional strukturiert ist. Eine vorherrschende Meinungsmacht im Hörfunk auf Bundesebene ist daher nicht zu befürchten. Infolgedessen besteht auch kein Bedürfnis nach einer bundesweit einheitlichen Regulierung für den Hörfunk. 131 5
Nicht abschließend geklärt ist dabei die Abgrenzung zwischen bundesweitem Fernsehen auf der einen und Landes- bzw. Lokal- und Regionalfernsehen auf der 240); in Rheinland-Pfalz das Landesrundfunkgesetz vom 28. Juli 1992 (GVBI. 1992. 247), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2000 (GVBI. 2000, 516); im Saarland das Landesrundfunkgesetz vom 18. Dezember 1998 (ABI. 1999, 32), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. November 2000 (ABI. 2000, 2170); in Sachsen das Gesetz über den privaten Rundfunk und neue Medien vom 27. Juni 1991 (Sächsisches Privatrundfunkgesetz, GVBI. 1991, 178), zuletzt geändert durch das Gesetz vom I. Januar 2001; in Sachsen-Anhalt das Mediengesetz vom 31. Juli 2000 (GVBI. 2000, 462); in Schleswig-Holstein das Landesrundfunkgesetz vom 7. Dezember 1995 (GVBI. 1995, 422), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2000 (GVBI. 2000, 638) und in Thüringen das Rundfunkgesetz vom 4. Dezember 1996 (GVBL. 1996, 271). Zu den Cross Ownership Beschränkungen im Einzelnen unter Fußnote 1319. 1311 Vgl. etwa§§ 23 ff. LMedG BW; § 10 BremLMG; §§57 ff LRG Saarland. 1312 § I RStV. 1313 § 39 S. 1 RStV. 1314 §§ 1 Abs. 2, 39 S. 2 RStV. Darin liegt einer der maßgeblichen Fortschritte des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, vgl. Kreile, CR 1998, 24 (25). 1315 Hess, AfP 1997, 680 (687); Beucher!Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 2; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechts vergleich, S. 42. Zur vornehmlich lokalen Struktur des Hörfunkmarktes und ihren Gründen bereits unter § 1 D. II. 2.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
anderen Seite. Dies hat seinen Grund nicht zuletzt in der wechselnden Terminologie des Rundfunkstaatsvertrages. Beschränkt § 39 Satz 1 RStV den Anwendungsbereich der rundfunkstaatsvertragliehen Konzentrationsregelungen noch auf das bundesweit verbreitete Fernsehen, hebt§ 26 Abs. 1 RStVauf die bundesweite Veranstaltung der zu lizenzierenden Programme ab. Bei der Marktbetrachtung wiederum bezieht § 27 Abs. 1 RStV alle bundesweit empfangbaren Programme mit ein. Aus dem Begriff der Veranstaltung in § 26 Abs. 1 RStV leitet Schellenberg 1316 ab, daß das konzentrationsrechtliche Instrumentarium der §§ 21 ff. RStV nur für jene Programme gelte, die sich ihrem Gesamtcharakter nach an einem Publikum in ganz Deutschland orientieren und tatsächlich oder zumindest nach dem Willen ihres Veranstalters bundesweit empfangbar sein sollen. Entscheidend ist demnach nicht nur die technische Reichweite der Programme, sondern vielmehr auch deren inhaltliche Ausrichtung. Nach Ansicht Schellenbergs richtet sich die Zulassung eines Programms mit überwiegend lokaler Ausrichtung sonach auch dann nach den Landesmediengesetzen, wenn das Lokalprogramm bundesweit - etwa über Satellit- abgestrahlt wird. Die Einbeziehung inhaltlicher Kriterien erschwert die Grenzziehung. Auch erweist sich die Argumentation mit dem Wortlaut des § 26 Abs. I RStV in Anbetracht der insgesamt wechselnden Terminologie des Rundfunkstaatsvertrages als nur beschränkt tragfähig. Dennoch ist der Ansicht Schellenbergs im Ergebnis beizupflichten. Die Vorschriften zur Sicherung der Meinungsvielfalt wollen einen vorherrschenden publizistischen Einfluß Einzelner verhindem 1317 . Dieser bestimmt sich nach den vermittelten Inhalten. Auch das Bundesverfassungsgericht 1318 stellt bei der Abgrenzung zwischen lokalem und Iandes- bzw. bundesweitem Fernsehen nicht auf die technische Reichweite, sondern vielmehr auf den Themenbezug und inhaltlichen Schwerpunkt der verbreiteten Programme ab. Die Konzentrationsbestimmungen und damit die Cross Ownership Beschränkungen des Rundfunkstaatsvertrags gelten sonach für das bundesweite Fernsehen, das heißt für die Femsehprogramme, die nach ihrem Gesamtcharakter an ein Publikum in ganz Deutschland gerichtet sind und faktisch oder zumindest dem Willen ihres Veranstalters nach bundesweit empfangbar sein sollen. Alle anderen Fernsehprogramme sowie sämtliche Hörfunkprogramme unterfallen den konzentrationsrechtlichen Bestimmungen bzw. Cross Ownership Beschränkungen der einzelnen Landesmediengesetze.
1316 1317 1318
Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 42 f. Vgl. § 2 E.l. I. e). BVerfGE 74, 297 (327).
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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II. Cross Ownership Beschränkungen aus den Landesmediengesetzen Soweit es nicht um die Lizenzierung bundesweit zu verbreitender Fernsehprogramme geht, unterliegen private Rundfunkveranstalter den landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen 1319 . Der Schwerpunkt der landesmediengesetzlichen Struktursteuerung liegt in der Kontrolle des Hörfunks, der - anders als das Fernsehen - überwiegend lokal bzw. regional strukturiert ist 1320. Auf Landesebene wird die Cross Ownership Problematik daher weniger im Hinblick auf die wachsende Marktstärke konglomerat organisierter und vor allem vertikal integrierter Medienkonzerne virulent, als vielmehr im Hinblick auf die diagonale Verflechtung in den lokalen Medien, namentlich der Verflechtung von Hörfunk und lokaler Tagespresse 1321 . Aus diesem Grunde beschäftigen sich die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen ganz überwiegend mit der klassischen Form der Cross Ownership, der intermediären Verflechtung von Rundfunk und Presse. Im ersten Teil der Analyse werden die Landesrundfunkordnungen vorgestellt, in die die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen eingebettet sind. Dabei werden die wesentlichen Gemeinsamkeiten zwischen den Regelungssystemen herausgearbeitet und die Grundprinzipien der landesmediengesetzlichen Rundfunkkonzentrationskontrolle skizziert 1322 . Sodann wendet sich die Untersuchung den landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen selbst zu. Zuerst wird danach gefragt, an wen sich die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen richten. Sodann werden die in den Landesmediengesetzen zu findenden, vielfältigen Formen von Cross Ownership Beschränkungen nach ihrem materiellen Regelungsgehalt typisiert und eingehend analysiert 1323 . 1. Grundkonzeption Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gibt die Verfassung den Landesgesetzgebern nur ein Ziel vor: die Gewährleistung einer freien, umfas1319 § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW; Art. 25 Abs. 7 und Abs. 9 BayMedG; § 21 StVBB; § 10 Abs. 4 BrernLMG; §§ 25 Abs. 2, 38 Abs. 2 HmbMedG; §§ 17 Abs. 8, 18 HPRG; § 39 Abs. 2 RundfG M-V;§§ 8 Abs. 7, 22 LRG Nds.; § 29 Abs. 4 LRG NRW; § 16 Abs. 8 LRG RP; §§ 50 Abs. 2 Nr. 6, 60 Abs. 5 LRG Saarland; §§ 8 Abs. 2, 6 Abs. 3 Nr. 4 SächsPRG; § 29 PRG LSA; § 12 Abs. 6 LRG SH und§§ 17 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4, 18 TPRG. 1320 Vgl. bereits§ 3D. I. sowie§ 1 D. II. 2.
Pätzoldl Röper, MP 1995, 586 (589). Vgl. auch§ I D. II. 2. Eine nach Bundesländern systematisierte Übersicht über die verschiedenen landesmediengesetzlichen Regelungssysteme findet sich im Anhang. 1323 Eine nach Bundesländern systematisierte Übersicht über die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen findet sich im Anhang. 1321
1322
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
senden und wahrheitsgemäßen Meinungsbildung über den Rundfunk. Sie schreibt dagegen kein bestimmtes Organisationsmodell, nicht einmal die konsistente Verwirklichung eines einmal gewählten Organisationsmodells vor. Den Landesgesetzgebern steht frei, den privaten Rundfunk binnen-, außenpluralistisch oder in einer Mischform aus binnen- und außenpluralistischen Elementen zu organisieren 1324 . Nicht zuletzt deshalb spiegeln die Regelungssysteme der verschiedenen Landesmediengesetze eine variantenreiche, föderale Vielfalt wieder. Während die meisten Länder eine Mischform aus binnen- und außenpluralistischen Elementen wählten, gingen Bayern und Nordrhein-Westfalen eigene Wege. In Bayern ist aus landesverfassungsrechlichen Gründen Rundfunk nur in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft zulässig 1325 • Die Aufsichtsbehörde, die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, tritt daher formell als Veranstalterin auf, indem sie die Vereinbarungen der privaten Programmgestalter, der Anbieter im Sinne des Bayerischen Mediengesetzes, mit den ebenfalls privaten Medienbetriebsgesellschaften, die das Rundfunkprogramm unter der Verantwortung der Landeszentrale als RundfunkbetreibeTin organisieren und abwickeln, genehmigt und überwacht. Ungeachtet des öffentlich-rechtlichen Überbaus besteht daher auch in Bayern letztlich ein duales System. 1326 In Nordrhein-Westfalen gilt für den lokalen Bereich das sog. "Zwei-Säulen-Modell", auf das an späterer Stelle einzugehen sein wird 1327 .
Zentrales Steuerungsinstrument des traditionellen, in der Vergangenheit vorherrschenden und auch heute noch weit verbreiteten Regelungsmodells sind Kumulationsbeschränkungen. Das traditionelle Regelungsmodell erlaubt einem Veranstalter in einem Verbreitungsgebiet eine bestimmte (Höchst-)Anzahl an Rundfunkprogrammen in Hörfunk oder Fernsehen. Typischerweise darf er höchstens zwei Programme in Hörfunk bzw. Fernsehen veranstalten, darunter jeweils nur ein Vollbzw. Spartenprogramm mit dem Schwerpunkt Information. In den Bundesländern1328, die weiterhin an dem traditionellen Konzept festhalten, kann ein Rund-
1324 BVerfGE 83, 238 (296, 316). Vgl. dazu bereits § 2 E. I. I. d. Zur Modellkonsistenz noch im Einzelnen unter § 4 C. IV. 4. Zu den Steuerungsansätzen des Rundfunkrechts bereits unter§ 2 D. II. I. 1325 Art. 111 a Abs. 2 BV. Dazu kritisch Renck-Laujke, ZUM 1998, 390 (391 f.). Zur Grundrechtsträgerschaft privater RundfunkanbieteT in Bayern bereits in Fußnote 1130. 1326 Zumbayerischen Modell Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 140ff.; Herrmann, Rundfunkrecht, § 18, Rdnr. 8ff.; Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. ll4ff.; Bamberger; ZUM 2000, 284; kritisch Hof:fmann-Riem, Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 71. Ablehnend zur bayerischen Mediengesetzgebung und Praxis Renck-Laujke, ZUM 1999, 225; dies., ZUM 1998, 615; dies., ZUM 1998, 390; dies., ZUM 1996, 960; dies., ZUM 1996, 591 (591 f.); a. A. Bomemann, ZUM 1998, 915; Sieber; ZUM 1996,867. 1327 Siehe § 3 D. II. 3. g). 1328 § 8 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 LRG Nds.; § 59 Abs. 1 LRG Saarland; § 20 Abs. 3 Satz 1 MedienG LSA. Die weite Verbreitung dieses Regelungsmodells beruht darauf, daß das Bundesverfassungsgericht dieses Modell für prinzipiell verfassungsgemäß erklärt hat,
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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funkveranstalter demnach im selben Verbreitungsgebiet insgesamt bis zu vier Programme veranstalten. Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein haben das traditionelle Regelungsmodell leicht variiert und die Grenze auf jeweils drei, das heißt insgesamt sechs Programme angehoben 1329. Einige der Landesrundfunkordnungen traditionellen Konzepts lassen zudem die Kumulierung von Voll- und Spartenprogrammen beliebiger Art zu, mithin auch die Kumulierung von Voll- und Informationsprogrammen 1330. Allerdings haben gerade seit Ablösung des Beteiligungsmodells auf Bundesebene durch den Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag die meisten Bundesländer auch für die Landesebene dem traditionellen Regelungskonzept den Rücken gekehrt. Zunehmend wird auf eine generelle Kumulationsbeschränkung verzichtet1331. Stattdessen darf jedes Unternehmen eine beliebige Anzahl von Programmen in Hörfunk und Fernsehen veranstalten. Der Unternehmerische Handlungsspielraum endet erst dort, wo die Grenze vorherrschender Meinungsmacht überschritten wird 1332. Zum Teil werden diese Landesrundfunkordnungen neuen Typs mit partiellen Kumulationsbeschränkungen für bestimmte Unternehmen bzw. Veranstalter ergänzt 1333. So darf beispielsweise in Hessen der Veranstalter des landesweiten Hörfunk-Vollprogramms nicht mehr als zwei weitere Hörfunkprogramme veranstalten 1334. In Harnburg gelten Kumulationsbeschränkungen für Unternehmen, die ein landesweites Programm mehrheitlich beherrschen 1335, in Bremen für Veranstalter von Voll- und lnformationsprogrammen1336. Eine neuartige Form der partiellen Kumulationsbegrenzung findet sich in Baden-Württemberg. Nach dem baden-württembergischen Modell darf jedes Unternehmen in den Grenzen BVerfGE 73, 118 (172 f.), und der Rundfunkstaatsvertrag noch bis 1996 denselben Ansatz für die bundesweiten Programme vorsah. Hinsichtlich der Informationsspartenprogramme schwankt die Tenninologie. Zum Teil wird von "Spartenprogrammen mit dem Schwerpunkt Information" (vgl. zum Beispiel § 10 Abs. 4 BremLMG) oder auch nur von "meinungsbildenden Programmen" gesprochen (vgl. etwa§ 17 Abs. I Satz 3 TRG). Im Folgenden werden diese Programme als Informationsprogramme bezeichnet. 1329 § 11 Abs. 3 und 6 RundfG M-V; § 12 Abs. 3 MedienG LSA. 1330 § 11 Abs. 3 Satz 1 RundfG M-V; § 17 Abs. I Nr. I TRG; § 20 Abs. 3 Satz I MedienG LSA; § 12 Abs. 3 LRG SH (2 Vollprogramme). 1331 Vgl. Fußnote 1328. 1332 Etwa§ 24 Abs. 1 LMedG BW; § 19 Abs. 2 StVBB; § 10 Abs. I und 5 BremLMG; § 7 Abs. 2 Satz I SächsPRG; § 16 LRG RP; § 6 LRG NRW (für den landesweiten Rundfunk). 1333 Etwa§ 10 Abs. I und 5 BremLMG; §§ 25 Abs. I, 38 Abs. I HmbMedG; § 12 Abs. I HPRG. 1334 § 12 Abs. I Satz 3 HPRG. 1335 § 25 Abs. 1 HmbMedG. 1336 § 10 Abs. 1 Satz 1 BremLMG.
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vorherrschender Meinungsmacht eine unbegrenzte Anzahl von Programmen in Hörfunk und Fernsehen veranstalten, wobei vorherrschende Meinungsmacht vermutet wird, wenn in einem Verbreitungsgebiet den Rundfunkprogrammen des einen Unternehmens nicht Programme eines anderen Veranstalters gleicher Art und Anzahl gegenüberstehen 1337 . Demzufolge müssen in jedem Verbreitungsgebiet mindestens zwei Programme gleicher Art existieren, die von voneinander unabhängigen Veranstaltern betrieben werden 1338 . In eine ähnliche Richtung geht das bayerische Modell. So darf in Bayern jeder in den Grenzen zulässiger, das heißt nicht vorherrschender Meinungsmacht eine beliebige Anzahl an Hörfunk- und Fernsehprogrammen betreiben. Innerhalb desselben Verbreitungsgebiets ist eine Kumulierung von Lizenzen und Rundfunkstationen jedoch nur dann zulässig, wenn dort mindestens ein Programm eines anderen Anbieters genehmigt ist. Ist dies nicht der Fall, darf sich der Anbieter an weiteren Rundfunkprogrammen nur dann beteiligen, wenn er bestimmte binnenplurale Vorkehrungen trifft, etwa einen Programmbeirat einrichtet 1339 .
Zum anderen Teil verzichten diese Landesmediengesetze neuen Typs gänzlich auf spezifische Kumulationsverbote und belassen es bei dem Verbot vorherrschender Meinungsmacht 1340, allenfalls ergänzt durch die Verpflichtung flankierender binnenpluraler Vorkehrungen in bestimmten Fällen 1341 • Die meisten Landesrundfunkordnungen lassen mittlerweile im Grundsatz die Alleinveranstaltung von Rundfunkprogrammen zu 1342 . Nur das schleswig-holsteinische Landesrundfunkgesetz nimmt hiervon den Hörfunk generell aus 1343 • Das niedersächsische Landesrundfunkgesetz verbietet die Alleinveranstaltung für alle Voll- und Informationsprogramme 1344 , das hessische Privatrundfunkgesetz nur für das landesweite Hörfunkvollprogramm 1345 • Im übrigen schreiben die Landesmediengesetze verpflichtende Anbietergemeinschaften - wenn überhaupt - nur auf lokaler bzw. regionaler Ebene vor 1346, wobei Beteiligungsbeschränkungen vor allem dort bestehen, wo die Landesmediengesetze Kumulationsbeschränkungen 1337 § 24 Abs. 1 und 2 Satz 1 LMedG BW. Zur insoweit ähnlichen Vermutungs-Konstruktion auf Bundesebene noch unter§ 3 D. III. 1. a. Zum baden-württembergischen Sonderweg Mayer, ZUM 2000, 390 (394 f.). 1338 Damit hat der baden-württembergische Rundfunkgesetzgeber sein One-man-oneshow-Modell fallengelassen, § 22 Abs. 1 LMedG BW in der Fassung vom 24. November 1997. Zum One-man-one-show-Ansatz Fußnote 1426. 1339 Art. 25 Abs. 6 und Abs. 5 BayMedG. 1340 Etwa§ 19 Abs. 2 StVBB; § 7 Abs. 2 Satz 1 SächsPRG. 1341 Etwa § 16 Abs. 4 LRG RP; § 8 Abs. 1 Satz 1 SächsPRG. 1342 Etwa §§ 12ff., 23ff. LMedG BW; Art. 25 BayMedG; §§ 19ff. StVBB; §§ 8 ff. RundfG M-V. 1343 § 10 Abs. I Satz 3 LRG SH. 1344 § 8 Abs. 3 LRG Nds. 1345 § 12 Abs. 1 Satz 1 HPRG. 1346 §§ 36, 38 Abs. 2 HmbMedG; § 17 Abs. I HPRG; vgl. auch § 10 Abs. 2 BremLMG; §§ 23 ff. LRG NRW.
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vorsehen 1347 • Die Beteiligungsbeschränkungen knüpfen dabei in der Regel an den Kapital- und Stimmrechtsanteilen bei Voll- und Informationsprogrammen an 1348 • Aktueller Trend bei den Beteiligungsbeschränkungen sind Stufen-Modelle. So sieht beispielsweise das hamburgische Mediengesetz vor, daß der Mehrheitseigner eines landesweiten Rundfunkprogramms in Hörfunk und I oder Fernsehen höchstens zwei weitere Beteiligungen in dem jeweiligen Medium halten darf, davon eine bis maximal 50%, die andere nicht höher als 25 % 1349 . Einige Landesmediengesetze schalten dem Lizenzierungsverfahren das Fusionskontroll verfahren vor dem Bundeskartellamt vor. So kann teilweise die Beibringung einer kartellbehördlichen Unbedenklichkeitserklärung verlangt werden 1350. Gerade in den Bundesländern, die entsprechend dem Regelungskonzept neuen Typs auf generelle Kumulations- und Beteiligungsbeschränkungen verzichten, haben binnenpluralistische Sicherungsvorkehrungen an Gewicht gewonnen. Mit unterschiedlichen Ausprägungen im Detail werden binnenpluralistische Sicherungen gefordert, wie beispielsweise die Errichtung eines Programmbeirats oder die Einführung verbindlicher Programmschemata oder -richtlinien. Organisatorische Verpflichtungen finden sich bei landesweiten und lokalen Programmen generell, insbesondere aber soweit das Landesmediengesetz die mehrheitliche Beteiligung oder gar Alleinveranstaltung eines Programms zuläßt 1351 • Das freiwillige Ergreifen organisatorischer Maßnahmen zur Vielfaltssicherung kann die Vermutung vorherrschender Meinungsmacht widerlegen 1352 oder auch Ausnahmen von Kumulationsoder Beteiligungsbeschränkungen rechtfertigen 1353 . Erhöhte Anforderungen binnenpluralistischer Art sieht eine Reihe an Landesmediengesetzen vor, wenn die außenpluralistische Vielfaltssicherung nicht bzw. nicht mehr hinreichend gewährleistet erscheint, namentlich wenn im jeweiligen Verbreitungsgebiet eine bestimmte Anzahl an Voll- und Informationsprogrammen 1347 Etwa § 10 Abs. 2 BremLMG; § 16 Abs. 2 HPRG; § 8 Abs. 3 und 4 LRG Nds.; §59 Abs. 2 LRG Saarland;§ 10 Abs. 1 Satz 4 LRG SH. 1348 Etwa § 10 Abs. 2 BremLMG; § 16 Abs. 2 HPRG; § 8 Abs. 3 und 4 LRG Nds.; §59 Abs. 2 LRG Saarland;§ 10 Abs. I Satz 4 LRG SH. Dagegen gelten in Harnburg Beteiligungsbeschränkungen für die Mehrheitseigner aller landesweiten Rundfunkprogramme, unabhängig davon ob diese Voll- oder Spartenprogramme sind, § 25 Abs. 1 HmbMedG. In Bayern liegt die Festsetzung von Beteiligungsgrenzen im Ermessen der zuständigen Landesmedienanstalt, Art. 25 Abs. 8 BayMedG. 1349 § 25 Abs. 1 HmbMedG. Weitere Stufenmodelle - mit Unterschieden im Detail - in § 8 Abs. 3 und Abs. 4 LRG Nds.; § 59 Abs. 2 LRG Saarland; § 12 Abs. 4 LRG SH.. 1350 § 26 Abs. 2 HmbMedG; § 10 Abs. 3 LRG Nds.; § 8 Abs. 3 SächsPRG; § 4 Abs. 6 Satz 2 MedienG LSA; § 17 Abs. 4 TRG. Dazu Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, s. 105. 1351 Zum Beispiel § 6 Abs. 1 Satz I LRG NRW. 1352 §§ 24 Abs. 3 Satz 1, 26 LMedG BW. 1353 Art. 25 Abs. 6 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 BayMedG; § 12 Abs. 5 LRG SH.
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unterschritten wird 1354 oder ein Rundfunkveranstalter wiederholt gegen die gebotene Ausgewogenheit des Programms verstößt 1355 . Insgesamt ist eine Tendenz zum Abbau und zur Lockerung der landesmediengesetzlichen Konzentrationskontrolle zu beobachten 1356, die insbesondere seit Ablösung des Beteiligungsmodells auf Bundesebene durch den Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Jahre 1997 1357 neuen Auftrieb bekommen hat.
2. Normadressaten Den landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen unterliegen vor allem Verleger der Tagespresse und anderer periodisch erscheinender Druckwerke, sofern diese im Verbreitungsgebiet des jeweiligen Rundfunkprogramms über eine marktstarke Position in der Tagespresse bzw. im Markt der dortigen Periodika verfügen. Im Regelfall setzen die Cross Ownership Beschränkungen die marktbeherrschende Stellung der Verleger voraus 1358 . Im übrigen kommt es auf das Erreichen bestimmter Marktanteilsgrenzen an. Die kritische Grenze beginnt in der Regel bei einem Marktanteil von 20 % 1359 . Entscheidend ist dabei ganz überwiegend die Gesamtdruckauflage der Zeitungen oder Zeitschriften, die nach Distribution oder Inhalt einen greifbaren Bezug zu dem Verbreitungsgebiet des konkreten Rundfunkprogramms aufweisen 1360 . Die an die Verleger adressierten Cross Ownership Beschränkungen werden vereinzelt auf deren leitendes Personal, Mehrheitsgesellschafter und Beteiligungsbzw. Tochterunternehmen ausgeweitet 1361 . Einige der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen betreffen darüberhinaus auch die Inhaber von Programmverwertungsrechten, mithin Unternehmen, die auf den Märkten der Programmzulieferung tätig sind 1362 . Ganz Etwa§ 8 Abs. 1 SächsPRG; § 20 Abs. 4 MedienG LSA. § 16 Abs. 4 LRG RP. 1356 Vgl. etwa Art. 25 Abs. 6 BayMedG in seiner aktuellen Fassung mit Art. 27 Abs. 6 BayMedG in der Fassung vom 27. Dezember 1997 (BayGVBI. 1997 S. 843) oder auch § 19 Abs. 2 StVBB im Vergleich zu§§ 21, 23 StVBB in der Fassung vom 29. Februar 1992 (Berlin GVBI. 1992, S. 150, Brandenburg GVBI. 1992, S. 142). 1357 Dazu noch im Einzelnen unter § 3 D. III. 1. 1358 Etwa § 10 Abs. 4 BremLMG; § 38 Abs. 2 HmbMedG (Tageszeitungen); § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 16 Abs. 8 LRG RP; §50 Abs. 2 Nr. 6 LRG Saarland;§ 12 Abs. 6 LRG SH und§§ 17 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 TRG (mit zusätzlichen Differenzierungen). 1359 § 21 StVBB; § 38 Abs. 2 HmbMedG (Periodika);§ 18 HPRG; § 8 Abs. 2 SächsPRG; § 29 Abs. 1 MedienG LSA; § 18 TRG. 1360 Etwa§ 21 StVBB; § 8 Abs. 2 SächsPRG; § 12 Abs. 6 Satz 1 LRG SH. 1361 § 50 Abs. 2 Nr. 6 LRG Saarland; § 17 Abs. 2 HPRG. 1362 § 16 Abs. 8 LRG RP; § 12 Abs. 6 Satz 4 LRG SH. 1354
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vereinzelt wenden sich die Cross Ownership Beschränkungen auch spezifisch gegen Netzbetreiber 1363 • In der diagonalen wie vertikalen Konzentrationskontrolle besonders weit sind Baden-Württemberg und Hessen gegangen. Diese haben als erste und bislang einzige Bundesländer die Terminologie des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages aufgegriffen und ihre Cross Ownership Beschränkungen auf alle Unternehmen auf den sogenannten medienrelevanten verwandten Märkten erstreckt 1364. Darüberhinaus können auch Unternehmen, die ausschließlich im Rundfunk tätig sind, von Cross Ownership Beschränkungen betroffen sein, wenn das jeweilige Landesmediengesetz die Cross Ownership verschiedener Rundfunkarten beschränkt. So schließt das Bayerische Mediengesetz die Cross Ownership von landesweiten Hörfunkstationen einerseits und lokalen bzw. regionalen Hörfunkstationen andererseits aus 1365 . 3. Typologie
Noch stärker als das Regelungssystem im Allgemeinen differieren die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen in Gestalt und Intensität1366. Bei den Beschränkungen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration lassen sich im wesentlichen Inkompatibilitätsregelungen, Kumulations- und Beteiligungsbegrenzungen, Sendezeit- und Programmzulieferungsbeschränkungen sowie organisatorische Auflagen unterscheiden. Einen Sonderweg bei der Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration im Bereich der Medien hat Nordrhein-Westfalen mit seinem Zwei-Säulen-Modell beschritten, auf das abschließend eingegangen wird.
a) lnkompatibilitätsregelungen
Den intensivsten Eingriff in die Rechte privater RundfunkanbieteT stellen Inkompatibilitätsregelungen dar. Inkompatibilitätsregelungen schließen bestimmte Personen schlechthin von der Betätigung als Rundfunkveranstalter aus 1367. So wird beispielsweise in Sachsen Betreibern von Kabelanlagen der Zugang zum Rundfunk pauschal verwehrt 1368 . § 6 Abs. 3 Nr. 4 SächsPRG. § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW; § 17 Abs. 3 HPRG. Zur Auslegung des Begriffs der medienrelevanten verwandten Märkten noch im Einzelnen unter§ 3D. III. 3. a9. 1365 Art. 25 Abs. 9 BayMedG. Dazu noch im Einzelnen unter§ 3D. II. 3. b). 1366 Ein nach Bundesländern systematisierter Überblick über die verschiedenen landesrnediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen findet sich im Anhang. 1367 Dazu allgernein Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 61 ff. 1368 § 6 Abs. 3 Nr. 4 SächsPRG. 1363
1364
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Im Saarland ist die Uzenzerteilung an Verlage ausgeschlossen, die im Verbreitungsgebiet des jeweiligen Rundfunkprogramms in der Tagespresse marktbeherrschend sind 1369. Gleiches gilt für Unternehmen, die an einem solchen Verlag die Mehrheit der Kapital- und Stimmrechtsanteile besitzen, sowie für Tochterunternehmen eines solchen Verlags, sofern der Verlag an diesem zu mehr als einem Drittel beteiligt ist oder in anderer Weise wesentlichen Einfluß auf die Programmgestaltung des Tochterunternehmens ausübt. Gleichfalls ausgeschlossen sind leitende Angestellte eines solchen Verlags. Da die Inkompatibilitätsregelung § 60 LRG Saarland unberührt läßt, schließt sie den Rundfunkzugang dieser Personen jedoch letztlich nicht vollkommen aus 1370. Vielmehr bleibt es den Ausgeschlossenen vorbehalten, sich an einer Veranstaltergemeinschaft zu beteiligen, wenn ihr Anteil an der Sendezeit und den Stimmrechten innerhalb der Anbietergemeinschaft ein Drittel nicht übersteigt 1371 . Bei näherer Betrachtung handelt es sich bei der saarländischen Regelung daher nur formal um eine Inkompatibilitätsregelung. Materiell stellt sie eine Beteiligungs- und Sendezeitbeschränkung dar. Gänzlich ausgeschlossen ist ausschließlich die Alleinveranstaltung durch den betroffenen Personenkreis. Die übrigen Landesmediengesetze sehen keine Inkompatibilitätsregelungen für Unternehmen aus anderen Medienbranchen vor.
b) Kumulationsbeschränkungen
Kumulationsbeschränkungen setzen eine absolut bestimmte Höchstanzahl an erlaubten Programmbeteiligungen fest. So dürfen sich in Schleswig-Holstein marktbeherrschende Presseverleger an höchstens zwei landesweit verbreiteten Rundfunk- oder Fensterprogrammen beteiligen1372. In Bayern ist die Beteiligung marktstarker Presseverleger an Rundfunkprogrammen sogar ganz ausgeschlossen, wenn in dem betroffenen Verbreitungsgebiet nicht mindestens ein konkurrierendes Programm eines anderen, von dem Verleger unabhängigen Anbieters zu empfangen ist, es sei denn der Verleger trifft freiwillig bestimmte binnenplurale Vorkehrungen, wie etwa die Einrichtung eines Programmbeirats 1373. 1369 § 50 Abs. 2 Nr. 6 LRG Saarland. 1370 Seinem Wortlaut nach läßt § 50 Abs. 2 Nr. 6 LRG Saarland § 52 LRG unberührt, bezieht sich dabei auf§ 52 der (alten) Fassung vom 26. November 1997. Dieser entspricht dem heute geltenden § 60 LRG. 137 1 § 60 Abs. 5 LRG Saarland. 1372 § 12 Abs. 6 Satz 1 LRG SH. Trotz ähnlichen Wortlauts werden die entsprechenden Regelungen in den anderen Landesmediengesetzen, wie etwa § 10 Abs. 4 Satz 2 BremLMG, § 16 Abs. 8 LRG RP oder§ 17 Abs. 1 Nr. 4 TRG, nicht als Kumulationsverbote, sondern ausschließlich als Beteiligungsgrenzen interpretiert. Zur maximal erlaubten Beteiligungshöhe unter § 3 D. li. 3. c. 1373 Art. 25 Abs. 7 BayMedG. Dazu noch unter§ 3 D. li. 3. f).
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
321
Auch jenseits des Verhältnisses von Rundfunk und Presse unterliegen intermediäre Cross Ownerships vereinzelt Kumulationsbeschränkungen. So darf sich in Bayern ein Unternehmen im Hörfunk nicht gleichzeitig bei landesweiten und lokalen Hörfunkstationen beteiligen. Es muß sich entscheiden, ob es sich im lokalen bzw. regionalen Bereich engagieren will oder aber im landesweiten Hörfunk. Eine Kumulation von lokalen und landesweiten Hörfunkbeteiligungen ist folglich ausgeschlossen. Entscheidet sich das Unternehmen für ein Engagement im landesweiten Hörfunk, ist es darüberhinaus auf die Beteiligung an einer Station beschränkt1374. Das schleswig-holsteinische Kumulationsverbot besitzt zudem noch eine vertikale Stoßrichtung. So verbietet es Inhabern von Programmverwertungsrechten, sich an mehr als zwei landesweiten Rundfunk- oder Fensterprogrammen zu beteiligen, wenn sie diesen mehr als 25 % des Programmaterials zuliefern 1375 .
c) Beteiligungsbeschränkungen Am häufigsten treten Cross Ownership Beschränkungen in der Gestalt von Beteiligungsbeschränkungen auf. Beteiligungsbeschränkungen knüpfen nicht an Art und Anzahl der Rundfunkbeteiligungen an, sondern vielmehr an der Höhe der einzelnen Beteiligung. Beteiligungsbeschränkungen sind dabei in aller Regel nicht als starre formale Grenzen zu verstehen. Sie sind vielmehr als Indikatoren für ein bestimmtes Maß an materiellem Einfluß auf den jeweiligen Veranstalter bzw. das jeweilige Rundfunkprogramm zu begreifen. So wird der Überschreitung der kritischen Grenze in aller Regel der mittelbar oder unmittelbar "maßgebliche" oder sonst "beherrschende" Einfluß des Unternehmens gleichgestellt, das der Cross Ownership Beschränkung unterworfen ist 1376. Soweit Länder die Alleinveranstaltung von Rundfunkprogrammen zulassen, werden vor allem Presseverleger von der Einzelveranstaltung ausgeschlossen und Beteiligungsbeschränkungen unterworfen, sofern sie im Verbreitungsgebiet oder zumindest in einem wesentlichen Teil des Verbreitungsgebiets der zu lizenzierenden Rundfunkprogramme marktstark vertreten sind 1377. Sie sind sonach auf die Bildung von Veranstaltergemeinschaften verwiesen 1378 • An deren Kapital und 1374 Art. 25 Abs. 9 BayMedG. In den anderen Landesmediengesetzen finden sich keine Cross Ownership Beschränkungen, die die marktübergreifende Kumulation von Rundfunkbeteiligungen verbieten. 1375 § 12 Abs. 6 Satz 4 LRG SH. 1376 Vgl. etwa § 16 Abs. 8 Satz 2 LRG RP; § 60 Abs. 5 Satz I LRG Saarland; § 12 Abs. 6 Satz 2 LRG SH. 1377 Vgl. etwa§ 8 Abs. 7 LRG Nds.; §§50 Abs. 2 Nr. 6, 60 Abs. 5 LRG Saarland. 1378 Vgl. etwa§ 10 Abs. 4 Satz I BremLMG; § 38 Abs. 3 HmbMedG; § 17 Abs. 2 HPRG; § 17 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 TRG.
21 Tschon
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Stimmrechten dürfen sie typischerweise bis zu 25 % halten 1379. Im übrigen variiert die maximal zulässige Beteiligungshöhe zwischen 15% und 49 % 1380 . Dabei gelten die Beteiligungsbeschränkungen zum Teil für alle Rundfunkprogramme1381. Teilweise beziehen sie sich aber auch ausschliesslich auf bestimmte Programmkategorien wie etwa die landesweiten Programme, regionalen oder lokalen Programme, Fensterprogramme und/ oder die Gruppe der Voll- und Informationsprogramme 1382. In einigen Landesmediengesetzen werden Programmzulieferer unter bestimmten Bedingungen wie Verleger behandelt und den gleichen Beteiligungsschranken unterworfen. So unterliegen die rheinland-pfälzischen Inhaber von Senderechten Beteiligungsbeschränkungen, wenn sie im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms bei den Senderechten für Informationsprogramme marktbeherrschend sind 1383 . In Schleswig-Holstein gilt entsprechendes, wenn der marktbeherrschende Inhaber von Programmverwertungsrechten mehr als 25 % des Gesamtprogramms zuliefert 1384. Besondere Beteiligungsbeschränkungen sehen die hessische und die sachsen-anhaltinische Landesrundfunkordnung ferner für Kabelnetzbetreiber und Unternehmen aus der Fernsehproduktion bzw. anderen medienrelevanten verwandten Märkten vor1385 . Keine cross ownership-spezifischen Beteiligungsbeschränkungen enthalten die Landesrundfunkordnungen in Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. d) Sendezeitbeschränkungen
Die cross ownership-spezifischen Beteiligungsbeschränkungen werden von Sendezeitbeschränkungen ergänzt. Sendezeitbegrenzungen hängen jedoch nicht vom Bestehen von Beteiligungs- und Kumulationsbeschränkungen ab 1386. Im Regelfall greifen landesmediengesetzliche Sendezeitbeschränkungen nur dann ein, wenn in einer Veranstaltergemeinschaft bestimmte Sendeanteile der betei1379 § 21 Abs. 1 StVBB; § 10 Abs. 4 BremLMG; § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 16 Abs. 8 Satz 1 LRG RP; § 12 Abs. 6 LRG SH. 1380 § 21 Abs. 2 bis 4 StVBB; § 38 Abs. 3 HmbMedG; § 17 Abs. 2 HPRG; § 16 Abs. 8 Satz 1 LRG RP; § 60 Abs. 5 LRG Saarland; § 29 Abs. 2 Satz 1 MedienG LSA; § 17 Abs. I Nr. 4TRG. 1381 Etwa§ 60 Abs. 5 LRG Saarland. 1382 Etwa § 21 Abs. 1 bis 4 StVBB; § 10 Abs. 4 BremLMG; § 38 Abs. 3 HmbMedG; § 17 Abs. 2 und 3 HPRG; § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 29 Abs. 2 MedienG LSA; § 12 Abs. 6 LRG SH; § 17 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 TRG. 1383 § 16 Abs. 8 LRG RP. 1384 § 12 Abs. 3 LRG SH. 1385 § 17 Abs. 3 HPRG; § 29 Abs. 2 Satz 2 MedienG LSA. 1386 Vgl. § 8 Abs. 2 SächsPRG.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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ligten Anbieter vereinbart worden sind. In dieser Gruppe von Sendezeitbeschränkungen darf die Sendezeit eines marktstarken Presseverlegers oder Programmzulieferers hinsichtlich des Programms insgesamt und hinsichtlich der Informationssendungen im Besonderen höchstens 25 % der Gesamtsendezeit betragen 1387 . Die andere Gruppe von Sendezeitbeschränkungen sieht Begrenzungen des Sendeanteils am Gesamtprogramm von Gesetzes wegen, mithin unabhängig von einer rechtsgeschäftliehen Sendezeitvereinbarung zwischen den Beteiligten der Veranstaltergemeinschaft vor. Der erlaubte Anteil an der Gesamt- oder Hauptsendezeit liegt hier bei 20% bzw. einem Drittel 1388 . Wie die Beteiligungsbeschränkungen beziehen sich auch die Beschränkungen der Sendezeit entweder auf alle Programme 1389, nur auf Voll- und Informationsprogramme 1390 oder ausschließlich auf die landesweiten, regionalen und I oder lokalen Rundfunk- oder Fensterprogramme 1391 . Sie betreffen nahezu ausschließlich Presseverleger, die über eine marktbeherrschende Stellung oder zumindest einen Marktanteil von über 20 % verfügen 1392 . Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein beschränken darüberhinaus auch marktbeherrschende Programmzulieferer 1393 . Keine Beschränkungen der Sendezeit sehen die Landesmediengesetze in BadenWürttemberg, Bayern, Berlin und Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor. e) Programmzulief e rungsbeschränkungen
In der Praxis sind die Unternehmen, die von rundfunkrechtlichen Programmzulieferungsbeschränkungen betroffen sind, zumeist auch (Mit-)Veranstalter der von ihnen belieferten Programme. Programmzulieferungsbeschränkungen zielen daher auf das cross ownership-typische Problem der Mehrfachverwertung publizistischer Inhalte und die hieraus resultierende Gefahr der Vereinheitlichung von Inhalten und Meinungstendenzen in den Medien. Programmzulieferungsbeschränkungen knüpfen allerdings nicht an der Eigentumslage 1394 an und setzen auch 1387 § 10 Abs. 4 BremLMG; § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 16 Abs. 8 LRG RP; § 12 Abs. 6 LRG SH. 1388 § 38 Abs. 3 HmbMedG; § 60 Abs. 5 LRG Saarland; § 8 Abs. 2 SächsPRG. 1389 Zum Beispiel § 60 Abs. 5 LRG Saarland. 1390 Etwa § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 10 Abs. 4 BremLMG. 1391 Etwa§ 38 Abs. 2 HmbMedG; § 8 Abs. 2 SächsPRG; § 12 Abs. 6 Satz 3 LRG SH. 1392 Etwa § 10 Abs. 4 BremLMG; § 38 Abs. 2 HmbMedG; § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 16 Abs. 8 LRG RP; § 60 Abs. 5 LRG Saarland;§ 8 Abs. 2 SächsPRG; § 12 Abs. 6 LRG SH. 1393 § 16 Abs. 8 LRG RP; § 12 Abs. 6 LRG SH. 1394 Die Programmzulieferungsbeschränkungen hindern ihre Adressaten nicht, marktübergreifendes Eigentum zu bilden. Sie berühren die Unternehmen lediglich in deren Vertragsfreiheit.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
nicht die integrierende Konzentration verschiedener unternehmeciseher Einheiten zu einer marktübergreifend agierenden Wirtschaftseinheit voraus. Sie sind daher keine Cross Ownership Beschränkungen im eigentlichen Sinne 1395 • Da sie Cross Ownership Beschränkungen in Zielrichtung und Wirkung jedoch nahe kommen, sollen sie dennoch kurz beleuchtet werden. Programmzulieferungsbeschränkungen betreffen ausschließlich die Zulieferung von Lokal- und Regionalsendungen, namentlich bei regionalen Fensterprogrammen 1396. Im Regelfall sehen sie vor, daß örtliche Verleger periodisch erscheinender Druckwerke, die im Verbreitungsgebiet des zu lizenzierenden Rundfunkprogramms einen Marktanteil von über 20 % halten, höchstens 50 % der zu sendenden Lokal- und Regionalbeiträge zuliefern dürfen. In Sachsen, das keine Kumulationsund Beteiligungsgrenzen kennt, liegt die kritische Grenze bereits bei einem Drittel, in Niedersachsen gar bei 25% 1397 • Das sächsische Privatrundfunkgesetz hat die Programmzulieferungsbeschränkung allerdings als bloße Soll-Vorschrift ausgestaltet und erlaubt auch behördliche Ausnahmebewillligungen 1398 • Jenseits dieser Programmzulieferungsbeschränkungen für Lokal- und Regionalbeiträge macht das deutsche Rundfunkkonzentrationsrecht keine Vorgaben für die Beschaffung von Programminhalten. Allerdings werden Programmlieferanten, die einen wesentlichen Teil der Sendezeit eines anderen Programmveranstalters gestalten, in allen Ländern wie Rundfunkveranstalter behandelt 1399• f) Sonstige Cross Ownership Beschränkungen
Eine Kombination von Kumulations- und organisatorischer Regelung ist die bayerische Cross Ownership Beschränkung. Demnach dürfen sich Unternehmen, die mehr als 50% der Gesamtauflage der im Verbreitungsgebiet eines Rundfunkprogramms periodisch erscheinenden, meinungsrelevanten Druckwerke verbreiten, nur dann an einem solchen Rundfunkprogramm beteiligen, wenn für das jeweilige Verbreitungsgebiet noch mindestens ein Rundfunkprogramm eines anderen Anbieters genehmigt ist 1400• Ist dies nicht der Fall, wird der Verleger nur dann zum Rundfunk zugelassen, wenn er bestimmte binnenpluralistische Vorkehrungen trifft. Als solche organisatorische Auflagen kommen beispielsweise die Einrichtung eines Programmbeirats oder die Festsetzung eines verbindlichen Programmschemas und Programmrichtlinien in Betracht 14 01 • 1395
Vgl. § 2 A. II.
§ 18 Abs. 3 HPRG; § 22 LRG Nds.; § 8 Abs. 2 SächsPRG; § 29 Abs. I MedienG LSA; § 18 TRG. 1397 § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 8 Abs. 2 Satz I SächsPRG. 1398 § 8 Abs. 2 Satz 3 SächsPRG. 1399 Vgl. etwa§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. I StVBB; § 10 Abs. I Satz 4 Nr. I BremLMG; § 59 Abs. I Satz 4 Nr. I LRG Saarland; vgl. auch§ 10 Abs. 3 RundfG M-V. 1400 Art. 25 Abs. 7, I. Alt. i. V. m. Art. 25 Abs. 6 Satz I BayMedG. 1396
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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Ebenfalls an binnenpluralistische Massnahmen knüpft die hamburgische Cross Ownership Beschränkung für die landesweiten Rundfunkprogramme an. Nach dieser darf sich ein in der Tagespresse marktbeherrschender Zeitungsverleger in Harnburg an einem landesweiten Hörfunk- oder Fernsehprogramm nur dann mehrheitlich beteiligen, wenn er bestimmte vielfaltssichernde Vorkehrungen zuläßt, wie etwa die Einrichtung eines Programmbeirats oder die Ausstrahlung von Fensterprogrammen unabhängiger Dritter 1402 . Eine Cross Ownership Beschränkung auf Beweisebene sieht das baden-württembergische Modell vor. Demnach sind Verleger oder sonstige Medienunternehmer weder prinzipiell von der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen im Überschneidungshereich der beherrschten Medien ausgeschlossen, noch bestehen cross ownership-spezifische Kumulations-, Beteiligungs-, Sendezeit- oder Programmzulieferungsbeschränkungen. Stattdessen enthält das baden-württembergische Landesmediengesetz - ähnlich dem Rundfunkstaatsvertrag - eine Malusregelung auf Beweisebene zu Lasten von Unternehmen, die auf medienrelevanten verwandten Märkten tätig sind 1403. Wie bereits dargestellt, ist nach dem baden-württembergischen Modell eine vorherrschende Meinungsmacht und damit die fehlende Zulassungsfähigkeit eines Unternehmens prinzipiell dann zu vermuten, wenn sich in einem Verbreitungsgebiet neben den Rundfunkprogrammen des Unternehmens nicht Programme eines von diesem unabhängigen Veranstalters gleicher Art und Anzahl finden 1404. Nach der Cross Ownership Beschränkung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW gilt Gleiches - trotz einer ausreichenden Anzahl gleichartiger Programme anderer Veranstalter - ausnahmsweise auch dann, wenn das jeweilige Unternehmen innerhalb des Verbreitungsgebiets seines Rundfunkprogramms einen medienrelevanten verwandten Markt beherrscht oder aber eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Rundfunk und auf medienrelevanten verwandten Märkten innerhalb des Verbreitungsgebiets ergibt, daß sein publizistisches Wirkungspotential dem eines Unternehmens entspricht, dessen Rundfunkprogramme sich nicht Programmen eines von ihm unabhängigen Veranstalters gleicher Art und Anzahl gegenübersehen1405. Besitzt das Unternehmen einen entsprechenden Meinungseinfluß bzw. eine marktbeherrschende Stellung auf einem medienrelevanten verwandten Markt, kann es die Vermutung widerlegen, indem es seine Beteiligungen im Rundfunk bzw. auf den medienrelevanten verwandten Märkten reduziert oder aber binnenpluralistische Maßnahmen zur Vielfaltssicherung ergreift, das heißt 1401 Art. 25 Abs. 7, 2. Alt. i. V. m. Art. 25 Abs. 5 BayMedG. Zum vorangegangenen Gesetzentwurf kritisch von Wallenberg, ZUM 1998, 196 (197 ff.). 1402 § 25 Abs. 2 HmbMedG. 1403 Zum Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte noch im Einzelnen unter § 3D. III. 3. a). 1404 § 24 Abs. 2 Satz 1 LMedG BW. Dazu schon oben § 3 D. II. 1. 1405 § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
einen Programmbeirat einrichtet oder aber Fensterprogramme unabhängiger Dritter zuläßt 1406 . Das Rundfunkgesetz von Mecklenburg-Vorpommern sieht keine Kumulations-, Beteiligungs-, Sendezeit-, Programmzulieferungsbegrenzungen und Ioderbinnenplurale Vorkehrungen zur Beschränkung der intermediären und vertikalen Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern vor. Allerdings verbietet es Personen und Gesellschaften, die an einem Rundfunk- oder Zeitungsunternehmen beteiligt sind, die Plattform des Offenen Kanals zu benutzen, das heißt eigene Beiträge über den Offenen Kanal lokal oder regional zu verbreiten 1407 . Da diese Regelung nicht die Eigentumslage, sondern lediglich die Nutzungsrechte am Offenen Kanal betrifft, stellt sie indes keine Cross Ownership Beschränkung im eigentlichen Sinne dar 1408. g) Zwei-Säulen-Modell
Einen Sonderweg hat Nordrhein-Westfalen mit seinem "Zwei-Säulen-Modell" für den lokalen Rundfunk beschritten 1409. Das Modell will einerseits den örtlichen Verlegern das Engagement im örtlichen Rundfunk, vor allem im lokalen Hörfunk ermöglichen, andererseits aber lokale Doppelmonopole in Presse und Rundfunk verhindern. Dazu werden die publizistisch-inhaltliche und die technisch-wirtschaftliche Verantwortung organisatorisch getrennt. Die erste Säule des Rundfunkmodells ist die Veranstaltergemeinschaft, die die Programmverantwortung trägt. Die zweite Säule bildet die Betriebsgesellschaft, die für die Finanzierung und technische Ausstattung der lokalen Rundfunkprogramme zuständig ist 1410• Die internen Beziehungen zwischen Veranstalter- und Betriebsgemeinschaft werden in einer Vereinbarung geregelt, auf deren Inhalt die Landesmedienanstalt Einfluß hat. Die lokale Presse darf sich an der Veranstaltergemeinschaft nur minimal beteiligen. An der Betriebsgesellschaft darf sie dagegen bis zu 75 % des Kapitals und der Stimmrechte halten. Die so erreichte Trennung von publizistischer und wirtschaftlicher Verantwortung verhindert die publizistisch unerwünschten Doppelmonopole in Presse und Rundfunk. Gleichzeitig wird die Lokalpresse vor dem Abfluß von Werbeeinnahmen in den lokalen Rundfunk geschützt, indem §§ 24 Abs. 3 Satz 1, 26 LMedG BW. § 39 Abs. 2 LRG RundfG M-V. Beim Offenen Kanal stellt die veranstaltende Landesmedienanstalt Interessenten die notwendigen Sach- und Personalausstattung zur Verfügung, mit denen diese Sendungen produzieren und - ohne weitere redaktionelle Kontrolle - verbreiten können. 1408 Vgl. § 2 A. II. 1406 1407
1409 Zum Zwei-Säulen-Modell im Einzelnen Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 127 ff.; löst, Verhältnis von Presse und Rundfunk, S. 117 ff.; Herrmann, Rundfunkrecht, § 18, Rdnr. 13 ff.; Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 122 ff. Zur Novellierung des Zwei-Säulen-Modells durch Gesetz vom 10. Februar 1998 Degenhart, AW 1998, 274. 1410 §§ 25 ff. LRG NRW.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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der Presse eine vorrangige Beteiligung an der Betriebsgesellschaft eingeräumt wird 1411 . Die verfassungsrechtlichen Einwände gegen das Zwei-Säulen-Modell, namentlich die Bedenken, das nordrhein-westfälische Modell verstoße gegen die Grundsätze der Systemkonsequenz, wurden vom Bundesverfassungsgericht zuriickgewiesen1412. 4. Zusammenfassung
Die Konzentrationskontrolle auf lokaler und Landesebene beschäftigt sich hauptsächlich mit der Aufsicht über den Hörfunk, der überwiegend lokal bzw. regional strukturiert ist. Die in den Landesmediengesetzen vorgesehenen Cross Ownership Beschränkungen sind daher vor allem darauf aus, den publizistischen Gefahren zu wehren, die sich aus der Verflechtung zwischen Presse und Hörfunk, namentlich auf lokaler Ebene ergeben. Dementsprechend dominieren in den Landesmediengesetzen Regelungen zur Kontrolle der intermediären Cross Ownership. Die Beschränkung der vertikalen Eigentumskonzentration, insbesondere der Verflechtung von Rundfunkveranstaltern und Programmzulieferem beziehungsweise Netzbetreibem, spielte bislang eine nur marginale Rolle. Grundsätzlich lassen alle Länder die Alleinveranstaltung von Rundfunkprogrammen zu. Beteiligungsbeschränkungen finden sich nur für bestimmte Programme und I oder Personen, typischerweise nur für Voll- und Informationsprogramme flankierend zu den diversen Kumulationsgrenzen, die traditionell den Kern der landesmediengesetzlichen Konzentrationsbekämpfung bilden. Die neueren Landesrundfunkordnungen verlassen indes zunehmend die traditionellen Pfade. Kumulations- und Beteiligungsgrenzen werden indes zunehmend gelockert, teilweise sogar ganz abgeschafft und durch binnenpluralistische Sicherungen ergänzt bis ersetzt. Dabei sind binnenpluralistische Vorkehrungen vor allem dann vorgesehen, wenn die außenpluralistische Vielfaltssicherung nicht hinreichend effektiv gewährleistet scheint, namentlich wenn im jeweiligen Verbreitungsgebiet eine bestimmte Anzahl an Voll- und Informationsprogrammen unterschritten wird. In mehreren Bundesländern wird die mögliche Entlastung durch die nationale Fusionskontrolle in Anspruch genommen. Die intermediäre Konzentration von örtlichem Rundfunk und lokaler Presse ist vor allem deshalb nicht unkritisch, weil bereits zahlreiche Monopolstellungen in der Lokalpresse bestehen 1413. Die Landesmediengesetze versuchen auf höchst unterschiedliche Art und Weise, dem bundesverfassungsgerichtliehen Gebot, der Zu dieser Intention Bopp, AfP 1989, 641 (642). BVerfGE 83, 238 (dazu Herrmann, ZUM 1991, 325 (326)). Ausführliche Diskussion in Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 128 ff.; löst, Verhältnis von Presse und Rundfunk, S. 118 ff. 1413 Zu Stand und Entwicklung der Ein-Zeitungs-Kreise in der Presse§ 1 D. I. 2. 14ll
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Gefahr von "Doppelmonopolen" im lokalen und regionalen Bereich entgegenzuwirken, gerecht zu werden 1414 • Dabei schließen die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen fn keinem Bundesland die Presse generell vom Rundfunk aus. In den meisten Bundesländern wird der marktstarken Lokalpresse jedoch zumindest die Alleinveranstaltung von Rundfunkprogrammen verwehrt und ihr Anteil an Kapital, Stimmrechten und Sendezeit innerhalb der Anbietergemeinschaft begrenzt, soweit sich das Erscheinungsgebiet des Presseprodukts und das Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms überschneiden. Vereinzelt finden sich darüberhinaus cross ownership-spezifische Kumulationsbeschränkungen, Inkompatibilitätsregelungen, organisatorische Auflagen und Beschränkungen von Programmzulieferungen. Besonderheiten bei der intermediären Cross Ownership Kontrolle weist vor allem das nordrhein-westfälische Modell auf. Das Zwei-Säulen-Modell versucht der publizistischen Gefahr lokaler Doppelmonopole von vornherein den Boden zu entziehen, indem es die publizistisch-inhaltliche Seite der Rundfunkveranstaltung organisatorisch von der technisch-wirtschaftlichen Seite trennt. Damit wird den örtlichen Verlegern zwar eine umfangreiche wirtschaftliche Beteiligung und damit auch eine Kompensation für eventuelle Verluste im Printwerbegeschäft ermöglicht, zugleich aber der publizistische Einfluß der örtlichen Verleger auf den lokalen Rundfunk niedrig gehalten. Außerhalb von Rundfunk und Presse unterliegt die intermediäre Konzentration den landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen vor allem noch im Verhältnis von landesweitem Hörfunk einerseits und lokalem bzw. regionalem Hörfunk andererseits. Die vertikale Cross Ownership wird von den landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen nur am Rande erfaßt, da die publizistische Vielfalt auf lokaler und Landesebene eher durch intermediäre Verflechtungen als durch die vertikale Integration der Rundfunkveranstalter gefährdet ist. So besteht in Sachsen eine Cross Ownership Beschränkung für Betreiber von Kabelanlagen. In erster Linie wenden sich die vertikalen Cross Ownership ·Beschränkungen jedoch gegen Programmzulieferer und hier vor allem gegen jene, die mit den örtlichen Verlagen verbunden sind. Typischerweise werden Programmlieferanten bei der Zulieferung von Regional- und Lokalbeiträgen beschränkt, wenn sie selbst Verleger sind, die im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms eine gewisse Marktstärke besitzen, oder zumindest mit solchen unternehmefisch verbunden sind. Darüberhinaus unterliegen Programmlieferanten vereinzelt auch Beteiligungs- und Sendezeitbegrenzungen. Neben den vertikalen Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten von Inhaltszulieferem ist ferner zu beachten, daß Programmlieferanten ab einem bestimmten Einfluß auf das Programm eines Rund1414
BVerfGE 74, 297 (325 ff.); 83, 238 (324 ff.). Vgl. dazu§ 3 B. II. 2.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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funkveranstalters diesem gleichgestellt, mithin wie der Veranstalter des belieferten Programms behandelt werden. Einen umfassenden - sowohl intermediär wie auch vertikal ausgerichteten Kontrollansatz verfolgen neuerdings Baden-Württemberg und Hessen. Diese haben die Terminologie des Rundfunkstaatsvertrages aufgegriffen und ihre cross-ownership-spezifischen Beteiligungsgrenzen und Beweisregelungen auf alle Rundfunkveranstalter erstreckt, die auch auf den sogenannten medienrelevanten venvandten Märkten tätig sind.
111. Cross Ownership Beschränkung aus Rundfunkstaatsvertrag Nachdem Cross Ownership Beschränkungen lange Zeit die marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien nur auf lokaler und regionaler Ebene begrenzten, erließen die Landesgesetzgeber im Jahre 1997 erstmalig eine Cross Ownership Beschränkung, die sich mit der überlokalen Verflechtung in den Medien befaßte. Zugleich löste sich die Gesetzgebung mit dem Erlaß dieser Cross Ownership Beschränkung von ihrer traditionell bimediär ausgerichteten Sicht und wandte sich dem Problem der vertikalen Eigentumskonzentration in den Medien zu. Damit wurde eine neue Phase der Cross Ownership Kontrolle eingeläutet. 1415 Die normative Grundlage dieser Cross Ownership Beschränkung findet sich in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Ihr Geltungsbereich beschränkt sich auf das bundesweite Femsehen 1416. In einem ersten Schritt wird das Gesamtsystem der Rundfunkkonzentrationskontrolle im bundesweiten Fernsehen nachgezeichnet, in das die Cross Ownership Beschränkung eingebettet ist. Dies soll zum einen den Hintergrund des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV erhellen und dadurch ein besseres Verständnis für dessen spezifische Problematik ermöglichen. Zum anderen bezweckt die Darstellung , die vielfältigen Problemstellungen, die mit dem Zuschauermarktanteilsmodell allgemein verbunden sind, von den cross ownership-spezifischen Fragestellungen zu trennen, die im Zentrum der nachfolgenden Erwägungen stehen. Hierzu werden die Grundzüge 1415 Kritisch hierzu Bertelsmann AG, Beilage zum Medienspiegel v. 5. September 1994, 36/94, S. 14; Kirch-Gruppe, epd/KuR v. 26. Oktober 1994,84/94, S. 25; VPRT, epd/KuR v. 3. Dezember 1994, 95 I 94, S. 26. Allgemein zum neuen Rundfunkkonzentrationsrecht nach der materiell-, Organisations- und verfahrensrechtlichen Totalrevision durch den Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Hess, AfP 1997, 680ff., 777ff.; Kreile, CR 1998, 24; ders., NJW 1997, 1329; Neft, ZUM 1998, 458; Kuch, ZUM 1997, 12; Dörr; MP 1996, 621; Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934; Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. II ff.; ders., JZ 1997, 583 (590ff.). Zur Entstehungsgeschichte bereits unter § 2 C. 1416 Zum Geltungsbereich des Rundfunkkonzentrationsrechts und zur umstrittenen Abgrenzung zum Anwendungsbereich der Landesmediengesetze § 3 D. I.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
des neuen Regelungsmodells dargestellt sowie die wesentlichen Streit- und Kritikpunkte herausgearbeitet, die das neue Regelungsmodell als solches und nicht die Cross Ownership Beschränkung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV im Speziellen betreffen 1417 . Im zweiten Teil wird dann, entsprechend dem Aufbau bei der Analyse der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen, zunächst erörtert, wer von der Cross Ownership Beschränkung des Rundfunkstaatsvertrags betroffen ist. Daraufhin wendet sich die Untersuchung der Analyse des materiellen Regelungsgehalts des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zu. Dazu werden zunächst die Aufgreifkriterien der Cross Ownership Beschränkung vorgestellt und interpretiert. Sodann werden die Eingreifkriterien des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beleuchtet und kritisch hinterfragt, bevor abschließend der Frage nachgegangen wird, ob den Landesmedienanstalten angesichts der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ein Wertungsspielraum zusteht bzw. inwieweit die Landesmedienanstalten bei der Ausfüllung dieser Begriffe an Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gebunden sind. 1. Grundkonzeption, §§ 20 ff. RStV
Mit dem Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag 1418 wurde das bis dahin geltende Beteiligungsmodell vom Zuschauermarktanteilsmodell abgelöst. Das Beteiligungsmodell basierte auf der Vorstellung, daß die publizistische Vielfalt im privaten Rundfunk dadurch zu gewährleisten sei, daß kein Sender von nur einem Unternehmen, sondern vielmehr von mehreren Unternehmen beherrscht werde. Die Alleinveranstaltung von Rundfunkprogrammen war infolgedessen verboten. Das Beteiligungsmodell basierte in seinem Kern auf einer - nicht zuletzt wegen der komplizierten Zurechnungsregeln verwirrenden - Kombination von Kumulationsund Beteiligungsbeschränkungen. 1419 Das Beteiligungsmodell konnte der Konzentration im Rundfunkmarkt jedoch nicht wirksam entgegentreten 1420. War man sich in der Ablehnung des Beteili1417 Im Rahmen dieser Untersuchung können die allgemeinen Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit dem Zuschauermarktanteilsmodell auftun, nur überblicksmäßig vorgestellt werden. Eine umfassende Analyse dieser zahlreichen und vielfach hoch kontrovers diskutierten Rechtsprobleme würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen, die sich auf die cross ownership-spezifischen Fragestellungen beschränkt. 1418 Dritter Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 26. August bis 11. September 1996, u. a. B.-W. GBI. 1996, 753; Bay. GVBI. 1996, 480; Hessen GVBI. 1996, 485; GY. NW. 1996, 484; S.-H. GVBI. 1996, 686; Thür. GVBI. 1996, 249. 1419 Gedanke der Vielfaltssicherung durch Veranstaltermehrheit, § 21 RStV '91. Zusammenfassend Paschke/Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (101 f.); Platho, ZUM 1993, 278; von Wallenberg, ZUM 1992, 387. 1420 Zu den Kritikpunkten im Einzelnen bereits in § I A. I. 3. b). Kritisch etwa Engel, Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (240 ff.); Kübler, Konzentrationskontrolle
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gungsmodells bald einig, bestand indes lange Zeit ein tiefer Dissens darüber, welches System an dessen Stelle treten solle 1421 • Neben einer Fortentwicklung des Beteiligungsmodells 1422 und dem Zuschauermarktanteilsmodell in seinen einzelnen Varianten 1423 stand vor allem ein Marktanteilsmodell in der Diskussion, das statt auf die Einschaltquoten auf die erzielten Werbeerlöse abstellen wollte 1424. Angedacht wurden ferner Möglichkeiten der qualitativen Konzentrationskontrolle1425, eine Variante des One-man-one-show-Konzepts 1426 sowie ein Modell, das sich in der Hauptsache auf binnenplurale Vorkehrungen verließ 1427 .
Am Ende setzte sich das Zuschauermarktanteilsmodell in einer mit einzelnen Elementen der anderen Modelle angereicherten Fassung durch. So kommt es heute nicht mehr auf Anzahl und Höhe der kapitalmäßigen Beteiligung der Medienunternehmen an den einzelnen Programmveranstaltern an, sondern auf die publizistides bundesweiten Rundfunks, S. 287 (306ff.); ders., MP 1995, 48 (48); Paschke/Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (101 f.); Hess, AfP 1997, 680 (681); Kreile, NJW 1997, 1329 (1329f.); ders., CR 1998, 24 (24); Kuch, ZUM 1997, 12 (12f.); Knothe, ZUM 1997,6 (6f.); Kiefer; ZUM 1995, 58 (58ff.); Kom, ZUM 1994,625 (629); Kleist, ZUM 1993, 503 (506); Holznagel, ZUM 1991, 263 (269f.); Holzer; ZUM 1995, 577 (582f.); von Wallenberg, ZUM 1992,387 (392f.); Jochimsen, AfP 1999,24 (26). Vgl. auch Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (211). Das Beteiligungsmodell verteidigend Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (942f.). 1421 Vgl. etwa Hege, AfP 1995, 537; Fäßler; AfP 1995, 542; Zmeck, AfP 1995, 545; Stock, AfP 1995, 550; Degenhart, AfP 1995, 548. Zusammenfassend Clausen-Muradian, ZUM 1996,934 (936ff.). 1422 Diskutiert wurde insoweit vor allem das sogenannte MarktzugangsmodelL Dazu Clausen-Muradian, ZUM 1996,934 (938). 1423 Für das Zuschauermarktanteilsmodell Beneismann AG, Beilage zum Medienspiegel v. 5. September 1994,36/94, S. 7; Kirch-Gruppe, epd/KuR v. 26. Oktober 1994,84/94, S. 25; VPRT, epd/KuR v. 3. Dezember 1994,95/94, S. 25; Zmeck, AfP 1995,545 (547); ClausenMuradian, ZUM 1996, 934 (943); Engels, ZUM 1996, 44 (52f., 55); Pelny, AfP 1998, 35 (38). Innerhalb des Zuschauermarktanteilsmodells wurde noch einmal zwischen dem eigentlichen Zuschauermarktanteilsmodell und dem sogenannten Mediennutzungsmodell (dazu kritisch Hege, AfP 1995, 537 (539)) unterschieden. Während das erste ausschließlich auf den Zuschauermarktanteil im Fernsehen abstellte, bezog das letztere auch die Mediennutzung in anderen Bereichen der Medien mit ein (dazu etwa Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (936 f.)). 1424 Werbemarktanteilsmodell, Kühler; MP 1995, 48; ders., Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (312, 320, 329f.); in modifizierter Form Kiefer; ZUM 1995, 58 (63 f.); für eine ergänzende Anknüpfung an den Werbemarktanteil Engels, ZUM 1996, 44 (54). 1425 Paschke/Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (114ff.). 1426 Das One-man-one-show-Konzept sieht vor, dass sich ein Unternehmen nur an einem (1) Rundfunkprogramm beteiligen darf, dies dafür auch mehrheitlich bis zu 100%. Dazu im Einzelnen Wulff, ZUM 1997, 543; kritisch Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (308 f., 319). 1427 Zwischenbericht der Arbeitsgruppe Rechtsaufsicht - Medienkonzentration der Rundfunkkommissionder Länder, epd/ KuR 52/1994, S. 19.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
sehe Wirkung des Unternehmens auf dem Rundfunkmarkt insgesamt. Dieser bemißt sich zuvorderst nach der Anzahl der erreichten Zuschauer. 1428
a) Vorherrschende Meinungsmacht, § 26 Abs. 1 und Abs. 2 RStV
Das nach der Revision deutlich umfangreichere Regelungswerk zur Sicherung der Meinungsvielfalt im bundesweiten Fernsehen gliedert sich in die materiellrechtlichen Vorschriften der §§ 26-34 RStV und die verfahrensrechtlichen Bestimmungen in den §§ 35-39 RStV. Materielle Zentralnorm des neuen Rundfunkkonzentrationsrechts für das bundesweite Fernsehen ist § 26 Abs. 1 RStV. Demnach bestehen für das bundesweite Fernsehen keine Kumulations- und Beteiligungsbeschränkungen mehr. Ein Unternehmen wird zum bundesweiten Fernsehen jedoch dann nicht mehr zugelassen, wenn es hierdurch eine vorherrschende Meinungsmacht erlangt oder schon vorher erlangt hat 1429 . Wann ein Unternehmen eine vorherrschende Meinungsmacht besitzt, bestimmt sich nach den dem § 26 Abs. 1 RStV nachfolgenden Vorschriften, namentlich nach § 26 Abs. 2 RStV. Dieser sieht zwei Vermutungstatbestände vor 1430• Vorherrschende Meinungsmacht ist demnach zu vermuten, wenn ein Unternehmen mit den Programmen, die es selbst veranstaltet oder die von einem Unternehmen veranstaltet werden, an dem es unmittelbar mit 25 % der Kapital- und Stirnrnrechtsanteile beteiligt ist, einen Zuschauermarktanteil von 30 % im Jahresdurchschnitt erreicht 143 1. Gleiches gilt, wenn die kritische Grenze von 30 % geringfügig unterschritten wird, das Unternehmen indes einen medienrelevanten verwandten Markt beherrscht oder aber eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, daß der dadurch erreichte Meinungseinfluß dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30% im bundesweiten Fernsehen entspricht 1432 . 1428 Eine überblicksmäßige Darstellung des Modells findet sich etwa in Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 72 ff.; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 40 ff. Kritisch zum Zuschauermarktanteilsmodell Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (104ff.); Stock, JZ 1997,583 (590ff.); C/ausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (943 ff.); Lehr, ZUM 1995, 667 (669ff.); Kief er, ZUM 1995, 58 (59ff.); Kühler, MP 1995,48 (54ff.); Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 76ff. Vgl. auch Beucher I Leyendecker !von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 8. Zur Eignung des Marktanteilsmodells für die lokale und regionale Ebene von Wallenberg, ZUM 1998, 196 (205 f.). 1429 § 26 Abs. I und Abs. 3 RStV. 1430 (Materielle) Beweislastregeln, dazu Beucher I Leyendecker I von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 7. 1431 § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV i. V. m. § 28 Abs. I Satz 1 RStV. 1432 § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. und 2. Alt. RStV. Kritisch zur selbständigen Bedeutung dieser zweiten Vermutungsregelung Renck-Laujke, ZUM 2000, 369 (373).
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Die letztgenannte Malus-Regelung senkt die kritische Marktanteilsgrenze zu Lasten von Unternehmen ab, die sich gleichzeitig im Rundfunk und auf anderen Märkten im Medienbereich engagieren. Sie knüpft damit die Zulassung vertikal oder diagonal diversifizierter Rundfunkveranstalter an besondere Voraussetzungen und enthält sonach eine spezifische Kontrollbestimmung für die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern. Sie stellt sonach eine Cross Ownership Beschränkung dar1433. Das zentrale Kriterium des Zuschauermarktanteils wurde dem Wettbewerbsrecht entlehnt 1434. Allerdings liegt die Eingriffsschwelle mit 30 % niedriger als im Wettbewerbsrecht, das auf nationaler Ebene regelmäßig auf ein Drittel des Marktes abstellt 1435 . Neben dem Marktanteil sind im Wettbewerbsrecht zudem eine Reihe an Marktstruktur- und -verhaltenskriterien herausgearbeitet worden, die die ökonomische Wettbewerbsposition des Unternehmens kennzeichnen. Für den Markt der Meinungen und Ideen fehlt es bislang insoweit an Pendants 1436. Auch wenn mit dem Zuschauermarktanteilsmodell die Kriterien, die für den ökonomischen Wettbewerb gelten, auf den publizistischen Wettbewerb übertragen worden zu sein scheinen, tun sich daher bei näherer Betrachtung doch wesentliche Unterschiede aufl437. Von den Kritikern des Zuschauermarktanteilsmodells wird bezweifelt, daß die Einschahdauer des Programms einen geeigneten Gradmesser für das Bestehen publizistischer Meinungsmacht darstellt 1438• Anders als in der Presse fehle es im werbefinanzierten Fernsehen an einem Erwerbsakt des Rezipienten. Dieser allein lasse einen Rückschluß auf die Akzeptanz und damit den publizistischen Einfluß des Programms zu. 1439 Darüberhinaus wird kritisiert, daß § 26 RStV zwar monopolhindernd, gleichzeitig aber oligopolfördernd sei 1440. Der relevante Zuschauermarkt umfasse auch die Marktanteile der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die derzeit etwa 40% des Zuschauermarkts ausmachten. Damit könnten sich letzten Endes zwei Medienhäuser den privaten Fernsehsektor in Deutschland teilen. Die Neuregelung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages habe daher lediglich den Zustand festgeschrieben, der vorher - mit den Senderfamilien
1433 Zu den Kennzeichen von Cross Ownership Beschränkungen als eigener Gesetzeskategorie § 2 F. 1434 § 22 GWB. Vgl. § 3 A. 111. I. und§ 3 C. III. 1435 Vgl. § 3 C. III. 3. Im europäischen Wettbewerbsrecht liegt die Eingriffsschwelle im Regelfall sogar noch höher, vgl. § 3 A. III. I. c). 1436 Dazu kritisch etwa Lehr; ZUM 1995, 667 (670); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (946). 1437 Vgl. auch noch§ 3D. III. 4 . a). 1438
s. 25f.
Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags,
1439 Paschke /Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (104f.); Engels, ZUM 1996, 44 (53); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (945f.); Kiefer; ZUM 1995, 58 (63). 1440 Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 ( 112).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Beeteismann und Kirch- bereits eingetreten war 1441 • Die Marktanteilsgrenze von 30% sei sonach letztlich zu hoch 1442 .
Bei der Ermittlung des Zuschauermarktanteils sind dem Unternehmen alle selbst veranstalteten Programme zuzurechnen sowie sämtliche Programme, an denen das Unternehmen zu mindestens 25 % am Kapital oder an den Stimmrechten beteiligt isti443. Die Bagatellgrenze von 25% wird vielfach als zu hoch erachtet 1444. Kritisiert wird ferner, daß die Zurechnungsregeln unvermindert kompliziert seien. Die Rechtslage sei insoweit weder vereinfacht noch transparenter gestaltet worden. Vor allem bestünden die Umgehungsmöglichkeiten beim Zuschauermarktanteilsmodells in einem lediglich etwas veränderten Gewande fort 1445•
Die Vermutungsregelung hindert die Landesmedienanstalten nicht, das Vorliegen vorherrschender Meinungsmacht bereits unterhalb der 30 %-Schwelle festzustellen. In diesem Falle unterliegen sie allerdings erhöhten Nachweisanforderungen.1446 Nach Neft 1447 wird der insoweit bestehende Spielraum der KEK (als dem sachlich zuständigen Organ der Landesmedienanstalten 1448) indes durch § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV begrenzt. Wenn schon eine geringfügige Unterschreitung der 30 %-Grenze nur unter Berücksichtigung anderer medienrelevanter verwandter Märkte zu einer vorherrschenden Meinungsmacht führen könne, könne sich aus einem mehr als nur geringfügig unter dem kritischen Schwellenwert liegenden Zuschauermarktanteil nur im absoluten Ausnahmefall eine vorherrschende Meinungsmacht ergeben. 1441 Altes, MP 2000,482 (482); Dörr; NJW I997, I341 (1345); ders., MP I996, 621 (626). Zu den "Senderfamilien" § I A. I. 3. b). 1442 Röper; MP I996, 610 (6I8); Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 39ff.; Dörr; NJW I997, I341 (I345); in diese Richtung auch Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 77. In der Diskussion waren Marktanteilsgrenzen von 25% bis 33 %, Dörr; MP 1996, 62I (622). 1443 § 28 Abs. I Satz 1 RStV. Zu den weiteren, von der Novellierung weitgehend unberührt gebliebenen, komplizierten Zurechnungstatbeständen § 28 Abs. 1 Satz 2 bis Satz 4, Abs. 2 bis Abs. 4 RStV. 1444 Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 36ff.; Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 77; Dörr; MP I996, 62I (622); Röper; MP 1996,610 (610ff.) (mit Beispielsrechnungen); a. A. Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 47; Neft, ZUM 1998, 458 (460). Die zuvor diskutierten Bagatellgrenzen bewegten sich zwischen 5 % und 50 %, Dörr; MP 1996, 621 (622); Pelny, AfP 1998, 35 (37, 39) m. w. N. Der Medienkonzern Beeteismann sprach sich für ein abgestuftes Modell aus, Kuch, ZUM 1997, 12 (I4f.). Neutral in der Wertung etwa Hess, AfP 1997, 680 (684). 1445 Clausen-Muradian, ZUM 1996,934 (946); Dörr; MP 1996,621 (626f.). 1446 Amtliche Begründung zu§ 26 RStV (abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/ Stettner; Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.I). Zustirnrnend Stock, JZ I997, 583 (591 ff.); Bork, K&R 1998, 183 (183); Kuch, ZUM 1997, 12 (16); Hess, AfP I 997, 680 (682). 1447 1448
Neft, ZUM 1998,458 (460). Vgl. §3D. I.
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Dem Erst-recht-Schluß kann nicht gefolgt werden. Ein vorherrschender publizistischer Einfluß kann bei einer geringfügigen Unterschreitung der 30 %-Grenze nicht nur unter Einbeziehung anderer medienrelevanter verwandter Märkte gerechtfertigt werden. Eine vorherrschende Meinungsmacht kann vielmehr auch darauf gestützt werden, daß das Unternehmen wegen der Art seiner Programme oder aufgrund der Beteiligungs- und sonstigen Einflußverhältnisse im Fernsehmarkt einen dominierenden Einfluß auf die Bildung der öffentlichen Meinung hat, auch wenn sich dieser in keinem Zuschauermarktanteil von 30 % niederschlägt. Eine Cross Ownership ist keine zwingende Voraussetzung, um trotz Unterschreitens der 30 %-Marke eine vorherrschende Meinungsmacht vermuten zu dürfen. Aus dem Regelungsgehalt des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV läßt sich daher keine Untergrenze für den Spielraum der KEK im Rahmen des§ 26 Abs. 2 Satz I RStV folgern.
Die 30 %-Schwelle ist demnach keine starre formale Grenze. Mit der Vermutungsregelung haben sich die Rundfunkgesetzgeber bewußt gegen einen starren absoluten Grenzwert entschieden, da bezweifelt wurde, daß ein solcher einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde 1449. Die Vermutung läßt der KEK einen gewissen Handlungsspielraum und bewirkt letztlich eine Umkehr der materiellen Beweislast 1450• Das Unternehmen kann durch entsprechende Darlegung und Beweisantritte die Vermutung des § 26 Abs. 2 RStV widerlegen 1451 . Die Vermutung ist regelmäßig nicht schon deshalb erschüttert, weil mit der Lizenzerteilung ein weiteres Fernsehprogramm in den Markt eintritt und damit die Quantität der empfangbaren Kanäle zunimmt. Entscheidend sind vielmehr die qualitativen Auswirkungen der Lizenzerteilung auf die Meinungsvielfalt in den Medien 1452. Legt man die im nationalen Wettbewerbsrecht zu § 24 Abs. I Satz 1 GWB entwickelten Grundsätze zugrunde, wird man die Vermutung des § 26 Abs. 2 RStV als widerlegt ansehen können, wenn die Gefahren für den publizistischen Wettbewerb, die bei einem Zuschauermarktanteil von 30 % typischerweise zu erwarten sind, durch die von der Zulassung oder dem Zusammenschluß ausgehenden positiven Impulse für die Meinungsvielfalt aufgewogen werden 1453. Dem Unternehmen muß sonach der Nachweis gelingen, daß die Lizenzierung trotz der dominierenden Stellung des Unternehmens im Rundfunk ein "Mehr an qualitativer Meinungsvielfalt" mit sich bringt1454. 1449 Dörr; MP 1996,621 (626); Hess, AfP 1997,680 (682). Dazu noch im Einzelnen unter §3D. III. I. b). 1450 Bork, K&R 1998, 183 (183); Neft, ZUM 1998,458 (460). Dazu kritisch Renck-Laufke, ZUM 2000, 369 (372f.). 1451 Amtliche Begründung zu§ 26 RStV (abgedruckt bei Hartstein!Ring/Kreile /Dörr/ Stettner; Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.1); Renck-Laufke, ZUM 2000, 105 (108); Kreile, CR 1998,24 (26); Kuch, ZUM 1997, 12 (14, 16); Bork, K&R 1998, 183 (183). 1452 Amtliche Begründung zu§ 26 RStV (abgedruckt bei Hartstein/Ring ! Kreile/Dörrl Stettne r; Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.1 ). 1453 Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 43. Vgl. § 3 C. V. 3. b). 1454 Hess, AfP 1997, 680 (682).
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Zentrale Voraussetzung der Rundfunkkonzentrationskontrolle ist daher die bereits bestehende oder doch zumindest bevorstehende vorherrschende Meinungsmacht der Unternehmen. Allerdings unterliegen auch Rundfunkveranstalter ohne vorherrschende Meinungsmacht bestimmten Restriktionen. So sind die Unternehmen verpflichtet, bei jedem Voll- oder Informationsprogramm, das einen Zuschauermarktanteil von 10 % im Jahresdurchschnitt erreicht, unabhängigen Dritten Sendezeiten in diesen Programmen einzuräumen1455. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß bereits im Vorfeld vorherrschender Meinungsmacht einem ungleichgewichtigen publizistischen Einfluß Einzelner entgegenzuwirken ist 1456 . Heftig umstritten ist, ob sich hieraus aus Gründen der Verhältnismäßigkeil eine Sperrwirkung des § 26 Abs. 5 RStV für sonstige vielfaltssichernde Maßnahmen ergibt 1457 .
b) Relevanter Markt und Marktanteilsmessung Der relevante Markt wird von § 27 Abs. 1 RStV definiert. Demnach sind alle deutschsprachigen Fernsehprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie sämtliche privaten Fernsehprogramme, soweit sie bundesweit empfangen werden können, in die Marktbetrachtung miteinzubeziehen. Zu berücksichtigen sind folglich die regionalen öffentlich-rechtlichen Programme, während beispielsweise die ausschließlich in und für die Ballungsräume ausgestrahlten privaten Fernsehprogramme unberücksichtigt bleiben. Erfaßt werden auch Programme, die im Ausland veranstaltet werden, sofern sie in deutscher Sprache ausgestrahlt werden und im Bundesgebiet empfangbar sind. Die Programme müssen dabei nicht ausschließlich in deutscher Sprache ausgestrahlt werden. Es genügt, daß sie in Mehrkanaltechnik zumindest auch deutschsprachig sind. Die Kritiker des Zuschauermarktanteilsmodells machen geltend, daß die Abgrenzung des relevanten Zuschauermarktes schon theoretisch gravierende Probleme bereite. Auch könne das Marktanteilsmodell die Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht sachgerecht erfassen.1458
1455 § 26 Abs. 5 RStV. Dazu im Einzelnen Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 49 ff.; Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 42 f., 46 ff.; Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (940f.); Engel, ZUM 2000, 345. 1456 Amtliche Begründung zu§ 31 RStV (abgedruckt bei Hartstein/Ring!Kreile/Dörr/ Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.1). 1457 So etwa Hess, AfP 1997, 680 (686); a. A. Neft, ZUM 1998, 458 (461 f.). Auch im übrigen wurde§ 26 Abs. 5 RStV heftig kritisiert, Kuch, ZUM 1997, 12 (16); Dörr; MP 1996, 621 (627); vgl. auch Hain, AfP 2000, 329; Stock, JZ 1997, 583 (592); ders., Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 46 ff. 1458 Clausen-Muradian, ZUM 1996,934 (944f.); Stock, JZ 1997, 583 (592); a. A. Pelny, AfP 1998, 35 (38); Ricker I Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. E, Rdnr. 56. Zu den statistischen und technischen Methoden zur Ermittlung der Zuschauermarktanteile zuletzt Arminger, Zuschaueranteile, S. 55 (56 ff.); Steinmann, Zuschaueranteile, S. 79 (79 ff.); Die Landesmedienanstalten, Zuschauermarktanteile, S. 119 ff.
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Entscheidend ist der durchschnittliche Zuschauermarktanteil des Unternehmens in den zwölf Monaten vor Einleitung des Kontrollverfahrens. Der Begriff des Zuschauermarktanteils wird vom Staatsvertrag nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Er ist nicht mit der Reichweite der Programme identisch. Vielmehr bezeichnet er den Anteil der durchschnittlichen Sehdauer für ein Programm an der durchschnittlichen Gesamtsehdauer für alle Programme zur selben Zeit unter Berücksichtigung der Sehbeteiligung 1459. Sehbeteiligung ist dabei der Anteil der Personen an der Grundgesamtheit, die in einem bestimmten, festgelegten Zeitintervall von einem Programm erreicht werden, gewichtet nach ihrer jeweiligen Sehdauer. Würde man die Sehbeteiligung unberücksichtigt lassen, so würden die Zeiten hoher und geringer Fernsehnutzung gleich behandelt. Auch Programme mit einer nur geringen Reichweite, könnten hohe Marktanteile erreichen, etwa während der insgesamt gering genutzten Nachtzeiten, und so den Zuschauermarktanteil des Unternehmens überproportional steigern.
Den Marktanteilen liegen die Messungen eines Unternehmens zugrunde, das von der KEK ausgewählt und von den Landesmedienanstalten mit der Feststellung der Marktanteile beauftragt wird. Gegenwärtig wird die Messung von der Nürnberger Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK) vorgenommen. Kritisiert wird, daß die für die Zulassung zentral bedeutsamen Daten von einem privaten Unternehmen erhoben werden. Vor allem aber wird auf die gravierenden methodischen Probleme hingewiesen, auf die das Zuschauermarktanteilsmodell stößt 1460. Angesichts der möglichen Schwankungsbreiten wird die Gerichtsfestigkeit der sozial-empirisch ermittelten Einschaltquoten bezweifelt 1461 • Diese sei auch nicht im Wege einer gesetzlichen Fiktion herstellbar 1462. Insbesondere ließen sich hoheitliche Maßnahmen, die ja teilweise mit einschneidenden Konsequenzen für das betroffene Unternehmen verbunden seien, nicht auf die bei der GfK übliche Auswertung des Sehverhaltens von wenigen tausend Haushalten stützen, zumal die GfK die Fernsehhaushalte ausländischer Mitbürger und die Fernsehnutzung in Hotels, Krankenhäusern etc. unberücksichtigtlasse 1463 . Hess, AfP 1997,680 (682). Vgl. ähnlich Holzer; ZUM 1995,577 (579). Knothe, ZUM 1996, 132; Lehr; ZUM 1995, 667 (671 f.); Clausen-Muradian, ZUM 1996,934 (943f.); Holzer; ZUM 1995,577 (584f.); Engels, ZUM 1996,44 (53); Kuch, ZUM 1997, 12 (14); Engel, ZUM 1995, Sonderheft, S. 653 (661); ders., Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (255 f.); Hess, AfP 1997, 680 (682 f.); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 46; Paschke I Plag, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (106f.); Hesse, A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 77; Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 43 f.; 12. Hauptgutachten der Monopolkommission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 554. Vgl. bereits § 3 D. III. I. 1459
1460
1461 Paschke I Plag, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (I 06 f.); ClausenMuradian, ZUM 1996, 934 (943); Lehr; ZUM 1995, 667 (671 f.); Hesse, A., BayVBI. 1997, 165 (167). 1462 Paschke I Plag, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 ( 107); Lehr; ZUM 1995, 667; Clausen-Muradian, ZUM 1996,934 (943 f.); a. A. Holzer; ZUM 1995, 577 (585).
22 Tschon
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Den befürchteten Meßfehlern ist der Gesetzgeber mit § 27 Abs. I Satz 2 RStV entgegengetreten. Dieser sieht vor, daß den kontrollbehördlichen Maßnahmen der gemittelte Jahresdurchschnitt zugrundezulegen ist. Die Befürworter des Marktanteilsmodells sehen hierdurch eine hinreichende Meßgenauigkeit erreichbar, zumal sich die in der Wahlforschung erprobten statistischen Methoden bewährt haben 1464. Vor allem aber lasse sich die Gerichtsfestigkeit der Messungen durch entsprechende Sicherheitsmargen herstellen, wie sie die Rechtsprechung bei Radarmessungen oder der Feststellung der Blutalkoholkonzentration im Rahmen von Verkehrskontrollen berücksichtigt. Angesichts eines prognostizierten Konfidenzintervalls 1465 von etwa 2,8 % wird die im Rahmen des § 26 Abs. 2 RStV zu beachtende Sicherheitsmarge auf etwa 3% (absolut) geschätzt 1466•
c) Folgen vorherrschender Meinungsmacht
Hat das Unternehmen die zulässige Marktanteilsgrenze überschritten, die das Bestehea. seiner vorherrschenden Meinungsmacht vermuten läßt, und wird diese Vermutung nicht widerlegt, muß die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) einschreiten. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: Zum einen ist die Kommission auf den Plan gerufen, wenn das Unternehmen durch den Erwerb neuer Programme droht, eine vorherrschende Meinungsmacht zu erlangen (externes Zuschauerwachsturn) 1467 . Zum anderen kann ein Unternehmen aber auch ohne den Erwerb neuer Programme die kritische Marktanteilsgrenze überschreiten, wenn die Einschaltquoten seiner bestehenden Programme und damit sein Anteil am Zuschauermarkt steigt (internes Zuschauerwachstum). aa) Externes Zuschauerwachstum, § 26 Abs. 3 RStV Hat ein Unternehmen die zulässige Marktanteilsgrenze überschritten und kann es die Vermutung seiner vorherrschenden Meinungsmacht nicht widerlegen, verbietet ihm das neue Rundfunkkonzentrationsrecht, seinen Lizenzbestand im bundesweiten Fernsehen weiter aufzustocken. 1463 Hesse, A., BayVBI. 1997, 165 (167); ders., A., Rundfunkrecht, Kap. 5, Rdnr. 77; Hess, AfP 1997, 680 (682f.); Neft, ZUM 1998,458 (462). Zum Streit um die Ausländerhaushalte zuletzt Notiz aus Der Spiegel vom 22. Mai 1999,21/1999, S. 214. 1464 Engel, ZUM 1995, Sonderheft, S. 653 (661); ders., Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (255f.); Kuch, ZUM 1997, 12 (14); Holzer; ZUM 1995,577 (584f.); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 46. 1465 Das Konfidenzintervall gibt an, um wieviel Punkte die Wirklichkeit mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % von den Meßergebnissen höchstens abweicht, Neft, ZUM 1998, 458 (462). 95% entspricht der in der Marktforschung üblichen Sicherheitswahrscheinlichkeit, Arminger; Zuschaueranteile, S. 55 (72). 1466 Engel, ZUM 1995, Sonderheft, S. 653 (665 f.); a. A. Knothe, ZUM 1996, 132 (133). 1467 Irrelevant ist insoweit, ob das Unternehmen die neuen Programme durch externes oder auch nur internes Unternehmenswachstum erwirbt. Mißverständlich daher Neft, ZUM 1998, 458 (459); Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 15.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
339
Dies heißt zum einen, daß dem Unternehmen keine neuen Rundfunklizenzen erteilt werden dürfen 1468. Entgegen dem Gesetzeswortlaut muß dies auch dann gelten, wenn der Antragsteller zwar bislang noch keinen überwiegenden publizistischen Einfluß erlangt hat, er aber die kritische Schwelle überschreiten würde, wenn ihm die beantragte Lizenz erteilt wird 1469. Zum anderen darf dem Unternehmen keine Unbedenklichkeitsbestätigung erteilt werden. Dem liegt zugrunde, daß ein Lizenzbestand auch indirekt aufgestockt werden kann. So kann sich der Zuschauermarktanteil eines Unternehmens etwa erhöhen, wenn es Beteiligungen an anderen Rundfunkveranstaltern erwirbt, sich mit Medienunternehmen, die an privaten Rundfunkveranstaltern beteiligt sind, zusammenschließt oder die Beteiligungs- oder Einflußverhältnisse in seinem Unternehmen ändert. Jede Veränderung der Beteiligungsverhältnisse oder anderer Einflüsse muß daher vor ihrem Vollzug angemeldet werden und bedarf einer Unbedenklichkeitsbestätigung der zuständigen Landesmedienanstalt, §§ 29, 21 Abs. 6 RStV 1470• Allerdings hat die KEK nach § 29 Satz 5 RStV Beteiligungsveränderungen von der Anmeldepflicht befreit, wenn diese keine 5 % des Kapitals oder der Stimmrechte an einer börsennotierten Aktiengesellschaft betreffen. Hiervon ausgenommen sind insbesondere Beteiligungsveränderungen durch die der Erwerber 25, 50 oder 75 % der Kapital- oder Stimmrechtsanteile erreicht. 1471
Die Unterlassung der Anmeldung kann mit einer Geldbuße von bis zu 500 000,DM geahndet werden, §§ 49 Abs. 1 Nr. 21, Abs. 2 RStV 1472. Die Unbedenklichkeitsbestätigung wird jedoch nur ausgestellt, wenn dem Unternehmen unter Berücksichtigung der veränderten Voraussetzungen eine Zulassung erteilt werden könnte, § 29 Satz 3 RStV. Die rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit kann sonach nicht attestiert werden, wenn das Unternehmen die zulässige Marktanteilsgrenze bereits überschritten hat oder bei Vollzug der geplanten Veränderungen zu überschreiten droht, § 26 Abs. 3 RStV. Eine gleichwohl erteilte Rundfunklizenz oder Unbedenklichkeitsbestätigung ist materiell rechtswidrig. In § 26 Abs. 3 RStV ist demnach ein gesetzliches Verbot verankert, das auch einer abweichenden, einvernehmlichen Regelung nicht zugänglich ist.
§ 26 Abs. 3 RStV. So auch im Ergebnis Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 47. 1470 Vgl. dazu allgemein Müller, ZUM 1996,508. 1471 Hess, AfP 1997, 680 (685). 1472 Unangemeldete, nicht als unbedenklich einzustufende Veränderungen sind zwingend zu widerrufen, § 29 Satz 4 RStV. 1468
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
bb) Internes Zuschauerwachstum, § 26 Abs. 4 RStV Komplizierter verhält es sich, wenn die vorherrschende Meinungsmacht des Unternehmens weder darauf beruht, daß das Unternehmen seinen Lizenzbestand erweitert hat, noch darauf, daß sich die es betreffenden Beteiligungs- oder Einflußverhältnisse verändert haben. Beruht der dominierende publizistische Einfluß des Unternehmens ausschließlich darauf, daß es mit den ihm zugeteilten Fernsehlizenzen so erfolgreich agiert hat, daß es gleichsam aus eigener Kraft seinen Marktanteil auf (nahezu) 30 % gesteigert hat, oder aber darauf, daß einer seiner Wettbewerber aus dem Markt ausgeschieden ist, läßt sich ein rundfunkkonzentrationsrechtlich unbedenklicher Zustand nicht mit der Ablehnung von Lizenzanträgen bzw. der Verweigerung von Unbedenklichkeitserklärungen herstellen. Vielmehr muß in diesem Falle die zuständige Landesmedienanstalt von sich aus tätig werden. Sie muß ein Prüfungsverfahren einleiten und dem Unternehmen durch die KEK als ihrem sachlich zuständigen Organ mitteilen, daß eine vorherrschende Meinungsmacht des Unternehmens zu vermuten sei, § 26 Abs. 4 Satz l RStV. Überschreitet das Unternehmen die kritische Marktanteilsgrenze, ohne daß diesem der Erwerb neuer Lizenzen oder ein Unternehmenszusammenschluß zugrundeliegt, wird es ihm in der Regel nicht gelingen, die gesetzliche Vermutung seiner vorherrschenden Meinungsmacht zu widerlegen. Dazu müßte das Unternehmen nachweisen, daß von der Steigerung des Zuschauermarktanteils positive Impulse für die Meinungsvielfalt ausgingen, die den mit dem hohen Zuschauermarktanteil verbundenen, starken publizistischen Einfluß des Unternehmens aufwiegen. Dieser Nachweis ist im Falle des § 26 Abs. 4 RStV kaum zu führen 1473.
Dem Unternehmen stehen drei Handlungsalternativen offen, um ein weiteres Einschreiten der Medienbehörden zu verhindern. Diese sind in § 26 Abs. 4 Satz l RStV abschließend aufgeführt. Zum ersten kann das Unternehmen einen Programmbeirat einrichten. Das heißt es kann organisatorische Vorkehrungen treffen, die die Ausgewogenheit des Programms gewährleisten, § 26 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 30 Nr. 2, 32 RStV 1474. Neben bestimmten Kontrollfunktionen hat der Programmbeirat vor allem die Aufgabe, die Programmverantwortlichen, die Geschäftsführung des Fernsehveranstalters sowie die Gesellschafter bei der Gestaltung des Programms zu beraten, § 32 Abs. 1, 3 bis 5 RStV 1475 . In seiner Gesamtheit muß der Beirat so zusammengesetzt sein, daß in ihm die wesentlichen Meinungen in der Gesellschaft vertreten sind,§ 32 Abs. 2 RStV. Umstritten ist, ob die Einforderung eines Programmbeirats einen systemwidrigen Eingriff in die organisatorische und redaktionelle Autonomie der Rundfunkveranstalter darstellt1476. Kritisiert wird, daß dem Beirat einerseits eine nur beratende Funktion zukom1473 1474 1475 1476
Vgl. § 3 D. Ill. I. a). Dazu kritisch Kreile, CR 1998,24 (26ff.); ders., NJW 1997, 1329 (1331 f.). Dazu Hess, AfP 1997,680 (687). Hess, AfP 1997, 680 (687); vgl. auch Kreile, CR 1998, 24 (26 f.).
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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men soll, andererseits jedoch sein wirksamer Einfluß auf das Fernsehprogramm gewährleistet sein muß, § 32 Abs. I Satz I und 3 RStV. Darüberhinaus wird bestritten, daß die Länder zur Einführung von Programmbeiräten kompetent waren 1477 . Schließlich wird an der praktischen Effektivität einer solchen Einrichtung ganz generell gezweifelt 1478 •
Zum zweiten kann das Unternehmen Fensterprogramme einführen, die von unabhängigen Dritten veranstaltet werden, § 26 Abs. 4 Satz I Nr. 3 i. V. m. §§ 30 Nr. I, 31 RStV 1479, das heißt von Anbietern, die in keinem rechtlichen Abhängigkeitsverhältniszum Hauptprogrammveranstalter stehen,§ 31 Abs. 3 RStV 1480. Durch die Einrichtung von Fensterprogrammen unabhängiger Dritter soll die programminterne Vielfalt unterstützt werden, ohne dabei die redaktionelle Autonomie des Hauptveranstalters anzutasten. Letztlich unterwirft sich das Unternehmen damit einer Sendezeitbeschränkung. Umstritten ist, ob die gesetzlich geforderte Abgabe von Sendezeit einen unzulässigen Eingriff in die Veranstalterfreiheit darstellt 1481 . Ebenfalls nicht abschließend geklärt ist, ob sich die nach § 31 Abs. 6 Satz 3 RStV ausgeschlossene Entschädigung für die Vermögensnachteile, die dem Hauptprogrammveranstalter durch die Abgabe von Sendezeit an den unabhängigen Dritten entstehen, mit den Vorgaben des Art. 14 GG vereinbaren läßt1482 •
Ferner kann das Unternehmen seine Beteiligungen im Fernsehgeschäft soweit reduzieren, daß es die zulässige Marktanteilsgrenze wieder unterschreitet. Soweit sich die Vermutung seiner vorherrschenden Meinungsmacht auf die Cross Ownership Beschränkung stützt, steht es ihm frei, statt seiner Beteiligungen im bundesweiten Fernsehen seine Beteiligungen auf den medienrelevanten verwandten Märkten abzustoßen 1483 . Zum Teil wird in der Literatur insoweit von einer "Entflechtung" gesprochen 1484 • Dies ist insoweit irreführend, als die Landesgesetzgeber aus kompetenziellen Gründen die betroffenen Unternehmen nicht verpflichten können, ihre Beteiligungen zu reduzieren. Weigern sich die Unternehmen, die von der KEK vorgeschlagene "Entflechtung" durchzuführen, kann die zuständige Landesmedienanstalt den Vorschlag der KEK daher nicht mit Zwang durchsetzen. Sie hat lediglich die Möglichkeit (und zugleich Pflicht), dem sich weigernden Kreile, NJW 1997, 1329 (1332). Dörr; MP 1996,621 (627); Eberle, epd/KuR v. 6. Mai 1995, S. 4 (7); vgl. auch Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 58 ff. 1479 Dazu Hess, AfP 1997, 680 (686); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 49 ff. 1480 Dazu Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 50f. 1481 Zur kontroversen Diskussion Hess, AfP 1997, 680 (686). 1482 Hess, AfP 1997, 680 (686). Zur Bedeutung der Eigentumsgarantie für Bestimmungen des Rundfunkrechts noch unter § 4 C. 111. 2. 1483 § 26 Abs. 4 Satz 2 RStV. Dazu kritisch Kreile, CR 1998, 24 (26); ders., NJW 1997, 1329 (1331 ). 1484 Beucher/Leyendeckerlvon Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 15; Paschke / Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (111 f.); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (939). 1477 1478
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Unternehmen seine Rundfunklizenzen zu entziehen und auf diese Weise dessen Zuschauermarktanteilauf das zulässige Maß zuriickzuführen. 1485
Die aufgezeigten drei Handlungsalternativen stehen prinzipiell gleichberechtigt nebeneinander. Die KEK kann dem Unternehmen alle drei Optionen anheimstellen. Sie kann sich in ihrem Vorschlag jedoch auch auf einen Teil der Maßnahmen beschränken. Dem Unternehmen bleibt es unbenommen, andere Maßnahmen aus dem Gesetzeskatalog vorzuschlagen 1486. Auch wenn dem Unternehmen deshalb kein Wahlrecht zusteht, kann die KEK dennoch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Vorschläge des Unternehmens nicht beliebig ablehnen und ohne Rücksicht auf die Interessen des Unternehmens auf die Durchführung der von ihr als angemessen erachteten Sicherungsvorkehrung bestehen 1487. Demzufolge dürfte als mildestes Mittel zuerst die Einforderung eines Programmbeirats in Betracht kommen, gefolgt von der Abgabe von Sendezeit an unabhängige Dritte 1488. Erst wenn beide Maßnahmen nicht fruchten bzw. von vomherein keinen Erfolg versprechen, kommt eine Aufforderung zur Aufgabe von Beteiligungen in Betracht1489. Die KEK hat auf eine einvernehmliche Einigung mit dem Unternehmen hinzuwirken1490. Kommt diese nicht zustande oder verstößt das Unternehmen gegen die vereinbarten Verpflichtungen, stellt die zuständige Landesmedienanstalt dies fest und widerruft so viele Zulassungen des Unternehmens, bis keine vorherrschende Meinungsmacht mehr gegeben ist 1491 . Ein Ermessensspielraum steht der Aufsichtsbehörde insoweit nicht zu. Der Widerruf der Zulassung ist das stärkste Sanktionsinstrument der Aufsichtsbehörden und daher die ultima ratio der Aufsichtsmittel. Auch hier muß die KEK dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen 1492. Der Rundfunkstaatsvertrag schließt eine Entschädigung für Vermögensnachteile aus, die dem Fernsehveranstalter durch den - rechtmäßigen - Widerruf von Zulassungen infolge vorherrschender Meinungsmacht entstehen, § 26 Abs. 4 Satz 5 RStV 1493 . Gleiches gilt für Schäden, die dem Hauptprogrammveranstalter durch Hess, AfP 1997, 680 (685 f.). Amtliche Begründung zu§ 26 RStV (abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/ Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.1). Zustimmend Hess, AfP 1997,680 (687). 1487 Ebenso Beucher/Leyendeckerlvon Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 15; Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 49. 1488 So auch Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, s. 49. 1489 Ricker I Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. E, Rdnr. 59; Beucher I Leyendecker I von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 15. 1490 § 26 Abs. 4 Satz 2 RStV. Die Möglichkeit einer solchen einvernehmlichen Einigung wird teilweise bezweifelt, Kreile, NJW 1997, 1329 (1331). 1491 § 26 Abs. 4 Satz 3 RStV. 1492 Hess, AfP 1997, 680 (687); Beucher/Leyendeckerlvon Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 16. 1485 1486
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die Abgabe von Sendezeit an einen Fensterprogrammveranstalter entstehen 1494. Hierin unterscheiden sich die rundfunkstaatsvertragliehen Regelungen vom allgemeinen Verwaltungsrecht, das unter bestimmten Voraussetzungen Entschädigungen gewährt 1495 . Erweist sich der Widerruf als rechtswidrig, richtet sich die Haftung der Landesmedienanstalt nach den Grundsätzen der Amtshaftung 1496• Das Gesetz läßt offen, wie zu verfahren ist, wenn sich die Beteiligten auf bestimmte binnenplurale Sicherungsvorkehrungen, wie etwa einen Programmbeirat, geeinigt und diese auch in angemessener Frist vollzogen haben, der Zuschauermarktanteil und damit der publizistische Einfluß des Unternehmens jedoch weiter wächst, sei es durch eine weitere Erhöhung der Einschaltquoten oder durch das Ausscheiden von Wettbewerbern. Angedacht wurde, in diesem Falle die Marktanteilsgrenze um ein paar Prozentpunkte zu erhöhen. Dagegen wird geltendgemacht, daß der Rundfunkveranstalter einen Programmbeirat bei sich eingerichtet habe, um damit die im Überschreiten der Marktanteilsgrenze liegende Vermutung vorherrschender Meinungsmacht zu entkräften. Mit der Etablierung des Programmbeirats sei der Rundfunkveranstalter binnenplural organisiert und unterliege damit nicht mehr den außenpluralen Konzentrationsregelungen 1497• Nehme man dagegen an, daß auch die Installierung binnenpluraler Institutionen keine programminterne Vielfalt des Rundfunkveranstalters gewährleiste, die ihn aus dem Geltungsbereich des Konzentrationsrechts ausnimmt, gehe man letztlich von der Unwirksamkeit binnenpluraler Institutionen, namentlich von der Ineffektivität von Programmbeiräten aus. Dann allerdings wäre eine Erhöhung der zulässigen Marktanteilsschwelle erst recht nicht berechtigt 1498.
Darüberhinaus ist auch nicht abschließend geklärt, welche Befugnisse den Landesmedienanstalten bzw. der KEK zustehen, wenn sich die vereinbarten und durchgeführten binnenpluralen Vorkehrungen im Nachhinein als unwirksam erweisen. Allerdings fangen hier die Unsicherheiten bereits bei der Frage an, wie die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der binnenpluralen Maßnahmen überhaupt zu bemessen ist bzw. nachgewiesen werden kann.
1493 Zur eigentumsrechtlichen Problematik des entschädigungslosen Widerrufs rundfunkrechtlicher Zulasungen noch unter§ 4 C. III. 2. b) a. E. 1494 § 31 Abs. 6 Satz 3 RStV. 1495 § 48 Abs. 3 BVwVfG; § 48 Abs. 3 bzw. Art. 48 Abs. 3 des jeweiligen Landesverfahrensrechts. 1496 § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG, Hess, AfP 1997, 680 (687). Zu den Amtspflichten von Landesmedienanstalten im rundfunkrechtlichen Zulassungsverfahren vgl. LG Düsseldorf, AfP 1996,294 (297f.). 1497 Kiefer, ZUM 1995, 58 (66); zustimmend Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (945); Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 ( 112). 1498 Kiefer, ZUM 1995, 58 (66); zustimmend Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (945); vgl. auch Eberle, epd/KuR v. 6. Mai 1995, S. 4 (7).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
2. Normadressaten
Die in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verankerte Cross Ownership Beschränkung betrifft Unternehmen, die im bundesweiten Fernsehen agieren oder agieren wollen und dabei bereits auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten tätig sind 1499. Die Unternehmen müssen folglich auf mindestens zwei unterschiedlichen Geschäftsfeldern aktiv, mithin zumindest ansatzweise diversifiziert sein 1500.
3. Aufgreitkriterien, § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV macht deutlich, daß sich die vorherrschende Meinungsmacht eines Unternehmens nicht ausschließlich nach dessen Einfluß im Fernsehen bestimmt. Vielmehr sind bei der Ermittlung des publizistischen Wirkungspotentials auch andere Medienbereiche miteinzubeziehen. Die KEK muß ihren Blick Märkten außerhalb des Fernsehsektors zuwenden, wenn sich das zu lizenzierende Unternehmen im Fernsehen und zugleich auf Märkten betätigt, die als medienrelevant verwandt betrachtet werden können, und dabei im Fernsehzuschauermarkt die kritische Marktanteilsgrenze von 30 % nur geringfügig unterschreitet. Die Interpretation beider Aufgreifkriterien wird in Wissenschaft und Praxis kontrovers diskutiert und soll daher näher betrachtet werden.
a) Medienrelevante verwandte Märkte
Erste Voraussetzung der Cross Ownership Beschränkung ist, daß das kontrollierte Unternehmen neben seinem Engagement im bundesweiten Fernsehen auch auf anderen, sogenannten medienrelevanten verwandten Märkten tätig ist. Anders als der Begriff der geringfügigen Unterschreitung 1501 oder der Marktbeherrschung1502 ist der Terminus der medienrelevanten verwandten Märkte nicht den Begrifflichkeiten anderer Gesetze angelehnt und auch nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnommen. Vielmehr stellt er eine unikale Neuschöpfung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrags dar. Nicht zuletzt deshalb wird der Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte, der bislang nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen ist, nicht einheitlich beurteilt 1503. 1499 Zum Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte noch ausführlich unter § 3 D. III. 3. a). 1500 Zum Begriff der Diversifikation bereits § 1 B. I. 1501 Dazu noch im Einzelnen unter 0. 1502 Dazu noch im Einzelnen unter § 3 D. III. 4. a). 1503 Nichtsdestoweniger findet der Terminus nun zunehmend Eingang in die einzelnen Landesmediengesetze. Vgl. § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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Weitgehend einig ist man sich, daß der Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte alle Märkte der traditionellen Massenkommunikation, wie etwa Hörfunk und Presse, sowie darüberhinaus auch den Werbemarkt, den Rechtehandel und die Produktion umfaßt 1504 . Jenseits dessen divergieren die Auffassungen, welche Märkte im Einzelnen zu den medienrelevanten verwandten Märkten zu zählen sind. Zum Teil werden die Märkte der rundfunkähnlichen Medien, wie etwa die Online-Dienste, als medienrelevant verwandt qualifiziert 1505 . Anderenteils werden auch die Distributionsmärkte als medienrelevant verwandt erachtet, wie etwa der Markt für digitale Plattformen, namentlich der Markt für technische Dienstleistungen in den Bereichen Multiplexing, Conditional Access oder der elektronischen Navigationssysteme, oder der Markt für Übertragungswege wie etwa der Betrieb von Kabelnetzen oder der Vertrieb von Satellitentransponderkapazitäten 1506. Unter Heranziehung der klassischen Auslegungsmethoden soll im Folgenden ermittelt werden, was unter einem medienrelevanten verwandten Markt zu verstehen ist 1507 . aa) Grammatikalische Auslegung Geht man vom Wortlaut der Vorschrift aus, so legt zunächst der Begriff des
Marktes nahe, daß nur solche Unternehmerischen Engagements Beachtung finden,
die mit Angebot und Nachfrage, mithin dem Austausch von Leistungen zusammenhängen. Ausgeschlossen sind demnach unentgeltliche, nicht erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten von Unternehmen wie beispielsweise gemeinnützige Engagements oder Pro-bono-Projekte. Allerdings muß auch hier ein weiter Entgeltlichkeitsbegriff ausreichen 1508 . Weithin unumstritten ist dabei, daß jedoch angesichts der anderen Zielrichtung des Rundfunkrechts die für das Wettbewerbsrecht geltende Marktabgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept nicht ohne weiteres übernommen werden kann 1509. So geht etwa der Rund-
1504 Anderer Ansicht zum Teil Beucher I Leyendecker! von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 11. 1505 Kreile, CR 1998, 24 (28); ders., NJW 1997, 1329 (1334); Hess, AfP 1997, 680 (683); Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 44; ohne explizite Erwähnung der Online-Dienste Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 101 ; ders., MP 1996, 610 (618). 1506 Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 44; a. A. Neft, ZUM 1998, 458 (464). 1507 Zu den klassischen Auslegungsmethoden vgl. Fußnote 483. 1508 So scheidet beispielsweise auch der rein werbefinanzierte kommerzielle Hörfunk nicht deshalb von vornherein aus, weil die Zuhörer kein unmittelbares Entgelt an den HörfunkanbieteT leisten. Vgl. zu diesem Problem bereits§ 3 A. III. I. a) aa) (1). 1509 In der Regel wird sie als zu eng empfunden, vgl. Kuch, ZUM 1997, 12 (15). Vgl. auch Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 73 und noch unter§ 3D. III. 4. a).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
funkstaatsvertrag vom Bestehen eines Zuschauermarktes aus, der zumindest nach Ansicht des Bundeskartellamts kein echter Markt im Sinne des Wettbewerbsrechts ist 1510.
Sehr viel undeutlicher als der Begriff des Marktes ist der Terminus der Medienrelevanz. Dieser ist als solcher weder im juristischen noch im allgemeinen Sprachgebrauch mit einer bestimmten Bedeutung belegt. Der Begriff ist daher in seine beiden Bestandteile aufzuschlüsseln. "Relevant" bedeutet "bedeutsam, wichtig"1511. Der Begriff der "Medien" ist vielfältig interpretierbar. Im Allgemeinen wird hierunter die Gesamtheit der Einrichtungen gefaßt, die der Übermittlung kommunizierter Inhalte dienen 1512 . Bemerkenswert erscheint, daß sich das Gesetz nicht auf die Mittel der Massenkommunikation, das heißt der Massenmedien beschränkt 1513• Von seinem Wortlaut her umschreibt der Begriff der medienrelevanten Märkte sonach Felder unternehmenscher Tätigkeit, die für die Mittel, die zur Kommunikation in unserer Gesellschaft verwendet werden, von nicht unerheblicher Bedeutung sind. Nicht sehr viel mehr Klarheit bringt der Zusatz der Verwandtheit. Zunächst ist festzustellen, daß die miteinzubeziehenden Märkte nicht mit den medienrelevanten Märkten oder den Medienmärkten generell verwandt sein müssen, sondern sich der Begriff der Verwandtheit nach seiner Stellung im Satzbau vielmehr auf den Hauptmarkt, das heißt auf die Veranstaltung bundesweiter Fernsehprogramme bezieht. Im allgemeinen Sprachgebrauch meint "verwandt" "von gleicher Abstammung" bzw. im übertragenen Sinne "in wichtigen Merkmalen gleich, ähnlich'" 5 14. Dies legt nahe, in jedem Fall die Veranstaltung bzw. Gestaltung anderer Medienangebote zu den verwandten Märkten zu rechnen, das heißt jede Form der intermediären Cross Ownership. Der Wortlaut schließt aber auch nicht aus, die der Veranstaltung des bundesweiten Fernsehens vor- und nachgelagerten Märkte in die Ermittlung der Meinungsmacht miteinzubeziehen. Grammatikalisch kann § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach sowohl die diagonale wie auch die vertikale Cross Ownership betreffen. Legt man den Wortlaut des Gesetzes zugrunde, sind bei der Ermittlung der Meinungsmacht eines Unternehmens jene Felder unternehmenscher Tätigkeit zu berücksichtigen, die für die Einrichtungen zur Übermittlung von Inhalten wichtig sind und einen Zusammenhang mit der Veranstaltung von bundesweiten Fernsehprogrammen aufweisen, mit Ausnahme rein gemeinnütziger oder Pro-bono-Aktivitäten.
1510 1511 1512 1513 1514
Vgl. § 3 C. III. 1. Duden, Fremdwörterbuch, ad relevant. Maletzke. Grundbegriffe, S. 35 ff. Zum Begriff der Medien siehe§ 1 C. I. Zum Begriff der Massenkommunikation bzw. der Massenmedien siehe § 1 C. I. Duden, Bedeutungswörterbuch, ad verwandt.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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bb) Genetische Auslegung Der Entstehungsgeschichte zufolge stellten die Rundfunkgesetzgeber bewußt nicht auf den Begriff der Meinungsrelevanz bzw. auf den der Medienmärkte ab. Mit dem Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte wollten sie vielmehr klarstellen, daß die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht ausschließlich die intermediäre Konzentration ins Auge faßt, sondern dariiberhinaus auch vertikale Verflechtungen in die Kontrolle miteinbezogen sehen will 1515 • In der Gesetzesbegründung werden daher unter den Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte nicht nur Medienmärkte wie Hörfunk und Presse gefaßt, sondern dariiberhinaus auch der Werbemarkt, der Rechtehandel und die Produktion 1516• cc) Systematische und teleologische Auslegung Die Interpretation des Begriffs der medienrelevanten verwandten Märkte muß ferner den Gesamtzusammenhang der Normen in der Rechtsordnung sowie den Regelungszweck der Norm, in die er eingebettet ist, herlieksichtigen 1517• Cross Ownership Beschränkungen sind nicht Teil des wettbewerbsrechtlichen Instrumentariums für den Rundfunk, sondern Bestimmungen des Rundfunkkonzentrationsrechts und damit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Normen, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten 1518 • Als Teil der von Verfassungs wegen geforderten Rundfunkordnung dienen sie ausschließlich der Vielfaltssicherung im Rundfunk 1519. Diese gilt als die unabdingbare Funktionsvoraussetzung des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses und damit zugleich als die wesentliche Grundlage einer freiheitlichen Ordnung und ungestörten Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen in einer modernen, pluralistischen Gesellschaft 1520. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bezweckt daher, den Gefahren für die publizistische Vielfalt entgegenzutreten, die sich aus der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien ergeben.
Vgl. dazu bereits ausführlich unter§ 2 C. Amtliche Begriindung zu§ 26 RStV (abgedruckt bei Hanstein/Ring/Kreile/Dörrl Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Teil A 2.1). 1517 Zur systematischen Stellung und dem Regelungszweck von Cross Ownership Beschränkungen allgemein bereits unter § 2 D. und § 2 E. Zur systematischen Interpretation allgernein Fußnote 572. 1518 Zum herrschenden Ausgestaltungsmodell des Bundesverfassungsgerichts bereits im Einzelnen unter§ 2 E. III. 4. sowie unter§ 2 E. I. 1. c). Zu den Gegenstimmen und der eigenen Position noch unter § 4 C . II. I . 1519 Vgl. dazu bereits ausführlich unter§ 2 E. 1520 Vgl. § 2 E. I. 1. a). Zum Zusammenhang zwischen Medien, öffentlicher Meinung und gesellschaftlichem Pluralismus aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht bereits unter § 1 C. II. 2. 1515
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Hieraus folgt, daß bei der Ermittlung der vorherrschenden Meinungsmacht nur die Unternehmerischen Aktivitäten miteinbezogen werden dürfen, die unter dem Gesichtspunkt der Vielfaltssicherung von Bedeutung sind. Von seinem Regelungszweck her darf § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eine Cross Ownership nur dann beschränken, wenn sich diese auf die pluralistische Vielfalt in den Medien auswirkt, mithin von publizistischer Bedeutung ist 1521 . Es kommt daher entscheidend darauf an, ob bzw. wann eine Cross Ownership als publizistisch relevant einzustufen ist. Dazu ist auf die im rechtstatsächlichen Teil gewonnenen Erkenntnisse zurückzugreifen. Demnach ist bei der Meinungsmacht der Medien nicht auf deren nur zu vermutende individual-psychologische Wirkung auf den Einzelnen abzustellen, sondern vielmehr auf deren gesamtgesellschaftliche Wirkung 1522 • Diese ergibt sich im wesentlichen aus dem nachweislichen Einfluß der Massenmedien auf die öffentliche Meinung 1523 . Ein Vorgang wirkt sich sonach nur dann auf die Meinungsmacht eines Unternehmens aus, wenn er sich im Einflußpotential des Unternehmens auf die öffentliche Meinung bemerkbar macht. Daraus folgt, daß Cross Ownerships im Rahmen der Rundfunkkonzentrationskontrolle nur dann verschärfend berücksichtigt werden dürfen, wenn und soweit sie den publizistischen Einfluß des Unternehmens auf die öffentliche Meinung und damit die Meinungsmacht des Unternehmens verstärken. Lassen die Cross Ownerships das publizistische Wirkungspotential des Unternehmens unberührt, ist eine Schlechterstellung der vertikal bzw. diagonal diversifizierten Unternehmen über § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV dagegen nicht gerechtfertigt. Aus dem Kreis der medienrelevanten verwandten Märkte sind demnach alle Unternehmensfelder auszunehmen, deren Integration sich in keiner Weise auf die publizistische Einflußsphäre des Medienunternehmens auswirkt. Medienrelevant verwandt sind dagegen alle jene Märkte, die den Einfluß des Unternehmens auf die öffentliche Meinung mehr als nur unerheblich verstärken 1524• Von diesem Ansatz ausgehend ist im Folgenden zu ermitteln, welche Märkte im Einzelnen zu den medienrelevanten verwandten Märkten gezählt werden können. Dabei ist zwischen vertikalen und diagonalen Cross Ownerships zu differenzieren. Besonders aktuell ist die Frage, ob die Märkte im Bereich der sogenannten neuen Medien, namentlich der Markt für Online-Dienste als medienrelevant verwandt qualifiziert werden können. Auf diese mit spezifischen Problemen behaftete Fragestellung soll abschließend eingegangen werden.
1523
Ebenso Hartstein I Ring I Kreile I Dörr I Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 18. Dazu im Einzelnen § 1 C. II. Dazu im Einzelnen § 1 C. II. 2.
1524
In diese Richtung auch Neft, ZUM 1998,458 (464).
1521 1522
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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(1) Vertikal integrierte Märkte Wie die im ersten Tei1 1525 gewonnenen Erkenntnisse ergeben haben, verstärkt die vertikale Cross Ownership die Meinungsmacht eines Unternehmen, das Fernsehprogramme veranstaltet, nur dann, wenn der integrierte vor- oder nachgelagerte Markt einen nicht unerheblichen Einfluß auf die redaktionelle Autonomie des Programmgestalters hat. Dies wiederum hängt von der Angebots- bzw. Nachfragestruktur des integrierten Marktes ab. So wirkt sich die vertikale Integration eines Unternehmens nur dann auf dessen publizistische Wirkungspotential aus, wenn auf dem integrierten vor- oder nachgelagerten Markt ein Engpaß besteht und dieser daher in eine Schlüsselfunktion für die Programmveranstaltung rückt 1526. Dies ist aktuell allenfalls für bestimmte Teilbereiche des Rechtehandels anzunehmen, namentlich für den Markt für Sport- und Spielfilrnrechte. Theoretisch ist eine solche mittelbare Meinungsmacht aber auch für Märkte denkbar, die der Programmveranstaltung nachgelagert sind. So würde etwa ein Engagement von Rundfunkveranstaltern auf dem Markt der digitalen Plattformen oder elektronischen Navigationssysteme für die Konzentrationskontrolle dann eine Bedeutung gewinnen, wenn auf diesen Märkten - dem Rechtehandel vergleichbare Oligopole entstünden, die es erlaubten, daß derart diversifizierte Medienunternehmen über ihre Schlüsselfunktion auf den engen Distributionsmärkten auch auf hausfremde Programme Druck ausüben könnten.
Besitzt ein vertikal diversifiziertes Medienunternehmen über sein publizistisches Wirkungspotential durch die von ihm selbst veranstalteten Programme hinaus aufgrund seiner Unternehmerischen Tätigkeit auf einem für die Programmveranstaltung zentralen Schlüsselmarkt einen nicht unwesentlichen, indirekten Einfluß auf die Programme anderer Fernsehveranstalter, darf seine mittelbare Meinungsmacht auf diesen vor- oder nachgelagerten Märkten nicht unberücksichtigt bleiben. Vertikal integrierte Märkte stellen sonach medienrelevante verwandte Märkte dar, wenn sie einen merklichen Einfluß auf die Programmgestaltung ermöglichen. Hat der vor- oder nachgelagerte Markt hingegen keinerlei Einfluß auf die redaktionelle Gestaltung der Fernsehprogramme, wie beispielsweise der der Programmveranstaltung vorgelagerte Markt für Studiotechnik oder das nachgelagerte Programmarketing und der Abonnementvertrieb im Pay TV, wirkt sich die Expansion in diesen vor- oder nachgelagerten Markt auf die publizistische Einflußsphäre des Unternehmens nicht wesentlich aus. Die Unternehmerischen Aktivitäten der Fernsehveranstalter in diesen Märkten dürfen daher bei der Ermittlung ihrer Meinungsmacht keine Rolle spielen.
Dazu im Einzelnen § 1 C. III. 1. Sehr viel weitergehend dagegen Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 20; Renck-Laujke, ZUM 2000, 105 (111 ff.). 1525
1526
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Ein Teil der Literatur 1527 sieht die Märkte für technische Dienstleistungen "mangels inhaltlich-publizistischer Nähe zum Fernsehen" als von vomherein nicht medienrelevant verwandt an. Für diese würde vielmehr die Sonderregelung des § 53 RStV gelten. Dem kann nicht gefolgt werden. Auch wenn die der Fernsehveranstaltung vor- bzw. nachgelagerten Märkte selbst in der Regel kein merkliches publizistisches Wirkungspotential besitzen, so kann doch nicht ausgeschlossen werden, daß bei entsprechenden Engpässen auf den vor- bzw. nachgelagerten Märkten Unternehmen, die auf diesen Märkten agieren, einen nicht vernachlässigbaren Einfluß auf das publizistische Angebot im Fernsehen und damit eine mittelbare Meinungsmacht erlangen. Dies haben nicht zuletzt die Rundfunkgesetzgeber selbst mehrfach zum Ausdruck gebracht 1528. Auch der Verweis auf§ 53 RStV vermag nicht zu überzeugen. § 53 RStV hat den Zugang zu den für entgeltfinanzierte Dienste erforderlichen, technischen Dienstleistungen zum Gegenstand, nicht indes den Zugang zum bundesweiten Fernsehen wie § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Die Märkte für technische Dienstleistungen können demzufolge nicht ohne weiteres als nicht medienrelevant verwandt eingestuft werden. Vielmehr sind sie für die Rundfunkkonzentrationskontrolle beachtlich, da sie unter bestimmten Umständen Bedeutung für die publizistische Vielfalt im Fernsehen gewinnen können und§ 53 RStV keine abschließende Sonderregelung zu § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV darstellt.
(2) Diagonal integrierte Märkte
Bei diagonalen Cross Ownerships ist zwischen den intermediären und den sonstigen diagonalen Cross Ownerships zu unterscheiden. Bei einer intermediären Cross Ownership ist das diversifizierte Unternehmen auf mehreren Märkten der Massenkommunikation aktiv 1529• Uneinheitlich wird beurteilt, ob die publizistischen Wirkungen der intermediären Cross Ownership für den publizistischen Wettbewerb und das Informations- und Unterhaltungsangebot in den Medien gefährlich sind oder nicht vielmehr zumindest auch Vorteile mit sich bringen 1530. Ungeachtet dessen besteht breiter Konsens, daß sich die Zusammenfassung der Art nach verschiedener Massenmedien in einem Unternehmen, die jedes für sich einen nicht unerheblichen Einfluß auf die öffentliche Meinung besitzen, auf die Meinungsmacht des Unternehmens auswirkt 1531 . Ist ein Unternehmen im Fern1527 Neft, ZUM 1998, 458 (464). Zustimmend BeucheriLeyendeckerlvon Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. ll; in diese Richtung auch Hartstein I Ring I Kreile I Dörr I Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 18. 1528 Etwa in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StVBB; § lO Abs. 1 Satz 4 Nr. I BremLMG; § 25 Abs. 1 Satz 3 HmbMedG; § 17 Abs. I Satz 4 Nr. I, Abs. 6 HPRG; § 8 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 LRG Nds.; § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LRG RP; §59 Abs. 1 Satz 4 Nr. I LRG Saarland. Vgl. hierzu§ I C. III. l. a) sowie§ 3D. li. 3. e) (a. E.). 1529 Zur Unterscheidung zwischen diagonaler und intermediärer Eigentumskonzentration bereits § I B. I. 1530 Vgi. bereits zu diesem Streit unter § 1 C. III. 2. b) a. E. 1531 Dazu schon unter§ 1 C. III. 2. b).
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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sehen und zugleich etwa in der Presse oder im Hörfunk aktiv, so ist sein publizistischer Einfluß auf die öffentliche Meinung stärker, als wenn das Medienunternehmen ausschließlich über seine Fernsehprogramme publizistisch tätig wäre. Seine in der Presse oder im Hörfunk gründende Meinungsmacht kann bei der Ermittlung der Meinungsmacht nach § 26 RStV nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Soweit ein Unternehmen nicht nur über seine Fernsehprogramme, sondern auch über andere Massenmedien, die selbst über einen nicht nur unerheblichen Einfluß auf die Bildung der öffentlichen Meinung verfügen, auf den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß einwirken kann, sind seine Aktivitäten auf diesen anderen Medienmärkten mitzuberücksichtigen. Andere Märkte der Massenkommunikation sind sonach als medienrelevante verwandte Märkte im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV einzustufen, wenn sie eine eigene relevante Meinungsmacht besitzen. Zu diesen intermediär integrierbaren, im Rahmen der Cross OwnershipBetrachtung zu berücksichtigenden, medienrelevanten verwandten Märkten zählen vor allem die Märkte der traditionellen Massenkommunikation wie zum Beispiel Tageszeitungen, Publikumszeitschriften und Hörfunk. 1532 Die Einordnung des Hörfunks und der Tagespresse als medienrelevanter verwandter Markt scheitert auch nicht an der zur Zeit vorwiegend lokalen bzw. regionalen Strukturierung des Hörfunk- bzw. Pressemarkts 1533. Allerdings bedarf die publizistische Vielfalt eines besonderen Schutzes vor einer überwiegenden multimedialen Meinungsmacht naturgemäß nur dann, wenn sich die Verbreitungsgebiete der eigentumsmäßig verbundenen Medienangebote zumindest im wesentlichen decken. So setzen auch die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen stets voraus, daß das betroffene Rundfunkprogramm für das Gebiet ausgestrahlt wird, in dem der betroffene Verleger mit seinen Tageszeitungen bzw. sonstigen Medien marktbeherrschend ist 1534. Demzufolge sind die für die Cross Ownership-Betrachtung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV geographisch relevanten, medienrelevanten verwandten Märkte die bundesweiten Märkte 1535 .
Die sonstigen diagonalen Cross Ownerships, das heißt die Expansion in Märkte, die weder unter dem Blickwinkel der Beschaffung noch der Distribution mit dem Markt der Fernsehveranstaltung unmittelbar verbunden sind und auch nicht die Veranstaltung anderer Massenmedien betreffen, lassen dagegen die publizistische Einflußsphäre des Unternehmens regelmäßig unberührt 1536. Steht ein Geschäfts1532 So auch im Ergebnis Hartstein I Ring I Kreile I Dörr I Stettner; Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 19; Renck-Laujke, ZUM 2000, 105 (111 f.). 1533 In diese Richtung aber Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 11. 1534 Vgl. etwa § 21 Abs. 1 StVBB; § 25 Abs. 2 HmbMedG; § 17 Abs. 8 HPRG; § 8 Abs. 7 LRG Nds.; § 29 Abs. 4 LRG NRW; § 16 Abs. 8 Satz 3, 2. HS LRG RP; § 60 Abs. 5 LRG Saarland; § 17 Abs. 1 TRG; § 12 Abs. 3 LRG SH. 1535 Hieraus folgt, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV hinsichtlich Verflechtungen von Fernsehund Hörfunkveranstaltern in der Praxis kaum zur Anwendung kommen wird (§ 1 D. II. 2.). V gl. hierzu auch Reueher I Leyendecker /von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 11. 1536 Vgl. § 1 C. 111. 2. a).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
feld mit dem Markt der Programmveranstaltung in keinem direkten Zusammenhang, verändert seine Integration die Möglichkeit des Medienunternehmens, auf die öffentliche Meinung Einfluß zu nehmen, nicht oder zumindest nicht signifikant. Diagonal integrierte Märkte sind daher in aller Regel keine medienrelevanten verwandten Märkte, es sei denn, es liegt ein Fall intermediärer Konzentration vor. Hieraus folgt, daß es für die Rundfunkkonzentrationskontrolle unerheblich ist, ob sich ein Unternehmen, das Fernsehen veranstaltet, daneben auch an Telefongesellschaften, Cali-Centern oder sonstigen Dienstleistern auf dem Telekommunikationssektor beteiligt. Diese im weitesten Sinn im Bereich der Individualkommunikation anzusiedelnden Märkte stehen mit dem Markt der Fernsehveranstaltung weder unter dem Aspekt der Produktion noch des Absatzes in irgendeiner Beziehung. Zwar könnten diese Unternehmerischen Tätigkeiten dem Wortlaut nach als "medienrelevant" eingestuft werden, da auch sie sich auf Einrichtungen beziehen, die der Übermittlung von Inhalten, mithin Kommunikationszwecken dienen. Dennoch sind sie nicht medienrelevant im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, da sie über keinen relevanten Einfluß auf die Bildung der öffentlichen Meinung verfügen. Vielmehr ermöglichen sie lediglich ohne eine eigene redaktionelle Tatigkeit und damit auch ohne jeden inhaltlichen Einfluß die individuelle Kommunikation ihrer Nutzer mit anderen. Berücksichtigt man den Regelungszweck von Cross Ownership Beschränkungen sind die Märkte der Individualkommunikation sonach keine medienrelevanten verwandten Märkte im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. In der Regel sind diagonal integrierte Märkte sonach nur dann medienrelevant verwandt, wenn sie die Veranstaltung anderer Massenmedien betreffen, die selbst einen nicht zu vernachlässigenden Einfluß auf die öffentliche Meinung besitzen. Märkte im Bereich der Individualkommunikation sind für die Vielfaltssicherung und damit für die Rundfunkkonzentrationskontrolle irrelevant, da sie keine Meinungsmacht des Unternehmens begründen, mithin nicht medienrelevant im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sind. (3) Neue Medien und Online-Dienste
Da die Grenze zwischen Individual- und Massenkommunikation zunehmend verfließt, stellt sich hier das vielfach diskutierte Problem einer sachgerechten Behandlung der neuen Medien 1537 • 1537 Kontrovers diskutiert wird, inwieweit die sogenannten neuen Medien wie etwa CDROM, electronic press, Fernsehtext, Online Dienste, video on demand, near video on demand, pay per view oder pay per channel Rundfunk im Sinne der Verfassung sind. Die einfachgesetzlichen Definitionen von Rundfunk sind für den verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff nicht maßgeblich, zumal dieser nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts schon prinzipiell nicht abschließend definierbar, sondern dynamisch ist, da er von den tatsächlichen Veränderungen des von Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG geschützten Sozialbereichs abhängt, BVerfGE 83, 238 (302). Beispielhaft aus der kaum mehr überschaubaren Debatte Ricker/ Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. B, Rdnr. 33 ff., 55 ff.; Janik, AfP 2000, 7; Jarass,
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
353
Es bietet sich an, die Differenzierung heranzuziehen, auf die sich Bund und Länder im Jahre 1996 bei der Regulierung der elektronischen Informations- und Kornmunikationsdienste im Mediendienste-Staatsvertrag der Länder bzw. im Teledienstegesetz des Bundes geeinigt haben 1538 . Demnach ist im Spannungsbereich zwischen Individual- und Massenkommunikation zwischen Telediensten und Mediendiensten zu unterscheiden. Die Teledienste neigen eher der Individualkommunikation zu und werden daher der Regelungszuständigkeit des Bundes zugesprochen 1539, wohingegen bei den Mediendiensten die meinungsbildenden, massenkommunikativen Elemente überwiegen, so daß diese in den Regelungsbereich der Länder fallen 1540. Zu den Mediendiensten sind beispielsweise das Teleshopping, Near-Video-on-Demand oder Videotext zu rechnen. Zu den Telediensten zählen zum Beispiel die Elektronische Post, das Telebanking, Videokonferenzen, reine Datendienste wie etwa Verkehrs-, Wetteroder Börsendienste und Elektronische Buchungsdienste 1541 .
Folgt man dem hier vertretenen Ansatz, sind die Teledienste, bei denen der individualkommunikative Charakter überwiegt und kein relevanter publizistischer Einfluß des Anbieters auf die Nutzer festzustellen ist, von vornherein aus der Cross AfP 1998, 133; Bullinger; AfP 1996, I; Hoffmann-Riem, AfP 1996, 9; Pieper/Wiechmann, ZUM 1995, 82; Scherer; AfP 1996, 213; Hesse, A., BayVBI. 1997, 132 (135); Renck-Laujke, BayVBI. 1997, 237 (zum Teleshopping); mit neuen interessanten Ansätzen Schu/z, ZUM 1996, 487 (488 ff., 491 ff.). Zur Unterscheidung von Individual- und Massenkommunikation vor dem Hintergrund der Digitalisierung Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BTDrucks. 13/ 11380), S. 6; Hoffmann-Riem / Vesting, MP 1994,382. 1538 § 2 des Staatsvertrags über Mediendienste (Mediendienste-Staatsvertrag) vom 27. Juni 1997 (GV. NW 1997, 158); § 2 des Gesetzes über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz - TDG), Artikel 1 des Gesetzes zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz IuKDG) vom 22. Juli 1997 (BGBI. 1997 I S. 1870). Zur Abgrenzung im Einzelnen Paschke, Medienrecht, Rdnr. 88 ff; Bleisteiner; Verantwortlichkeit im Internet, S. 76 ff., 114 ff. m. w. N.; Wimmer/Michael, Online-Provider, S. 34ff.; von Heyl, ZUM 1998, 115; Hesse, A., BayVBI. 1997, 132 (135f.); kritisch Martenczuk, ZUM 1999, 104 (107f.). Zur politischen Diskussion, die dem Bund-/Ländergespräch vom 1. Juli 1996 (Kreile, NJW 1997, 1329 (1333)) vorangegangen ist, Ring, ZUM 1996, 448 (451 f.). Zur rechtlichen Natur der zwischen Bund und Länder getroffenen Koordinationsvereinbarung § 4 C. I. 1. Dazu grundlegend Bullinger/ Mestmäcker; Multimediadienste, S. 141 sowie Kröger/Moos, AfP 1997, 675; Bleisteiner; Verantwortlichkeit im Internet, S. 88. 1539 Nach Bullinger wegen der Bundeszuständigkeit für das Recht der Wirtschaft bzw. Telekommunikation, Art. 74 Nr. II und Nr. 7 GO, Bullinger, ZUM 1996, 749 (756). 1540 Die Länder differenzieren hier noch einmal zwischen den gewöhnlichen Mediendiensten, die im Mediendienstestaatsvertrag geregelt werden und daher zulassungsfrei sind (§ 4 MDStV), und den sogenannten rundfunkähnlichen Mediendiensten, die in den Geltungsbereich des Rundfunkstaatsvertrags fallen und daher prinzipiell einer Iandesrechtlichen Zulassung bedürfen (§ 20 Abs. 2 RStV). Zu den rundfunkähnlichen Mediendiensten Kreile, NJW 1997, 1329 (1333). 1541 § 2 Abs. 2 TDG. Vgl. Kreile, NJW 1997, 1329 (1333). Zu den Internet-Diensten im Einzelnen Bleisteiner; Verantwortlichkeit im Internet, S. 29 ff. 23 Tschon
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
Ownership-Betrachtung auszunehmen. Selbst wenn ein Unternehmen, das Fernsehen veranstaltet, zugleich der führende Anbieter etwa im Bereich des Telebanking oder der Verkehrsinformationsdienste ist, so resultiert aus dieser Verflechtung keine nennenswerte Auswirkung auf die Position des Unternehmens im publizistischen Wettbewerb. Geschäftsfelder wie der Betrieb von Elektronischen Buchungsoder Wetterdiensten sind keine medienrelevanten verwandten Märkte, da sie keinen mehr als nur unerheblichen Einfluß auf die öffentliche Meinung haben. Bei der Ermittlung der Meinungsmacht des Unternehmens sind daher dessen Aktivitäten auf diesen Märkten nicht zu berücksichtigen. Komplizierter ist die Situation bei den Mediendiensten und vor allem bei den Online-Diensten 1542• Dies liegt nicht zuletzt daran, daß sich Online-Dienste als solche nicht ohne weiteres in eine der bekannten Kategorien einordnen lassen. Je nach der konkret angebotenen Leistung fungiert ein Online-Dienst entweder als Teledienst, als Mediendienst oder gar als Rundfunk oder zumindest rundfunkähnliches Medium 1543 • Online-Dienste lassen sich auch nicht generell entweder der Individual- oder der Massenkommunikation zuordnen 1544. Auch im Hinblick auf§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist die Stellung der Online-Dienste nicht abschließend geklärt. Vielfach werden die Online-Dienste ohne weitere Begründung als medienrelevanter verwandter Markt angesehen 1545 . Dieser Auffassung kann nicht ohne weiteres gefolgt werden. Unabhängig von der Frage, ob Online-Dienste nun als Teledienst, Mediendienst oder Rundfunk, ob sie als Form der Individual- oder der Massenkommunikation einzustufen sind, fehlt es doch bislang an einem merklichen publizistischen Einfluß der Online-Provider auf die öffentliche Meinung. Dies liegt - ungeachtet der beachtlichen Zuwachsraten - zuvorderst an der im Vergleich zu anderen Massenmedien immer noch relativ geringen Reichweite der Online-Dienste 1546. Bislang partizipiert nur 1542 Zur Regulierung von Online-Diensten allgemein Eberle, Online-Dienste, S. 153; Kreile, NJW 1997, 1329 (1332ff.). 1543 Scherer, AfP 1996,213 (217f.); Kreile, NJW 1997, 1329 (1332f.); Jarass, AfP 1998, 133 (138 f., 141). Vgl. zur politischen Diskussion Bericht aus der AfP 1996, 49. 1544 Scherer, AfP 1996,213 (217f.). 1545 Kreile, NJW 1997, 1329 (1334); Hess, AfP 1997,680 (683); Schellenberg, RundfunkKonzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 44. Zur Situation der von Rundfunkveranstaltern betriebenen Online-Angebote in Deutschland Schröter/Ewald, MP 1996,478. 1546 Nach Daten des Marktforschungsunternehmens MMXI Europe waren im August 2000 in Deutschland knapp 9 Mio. Nutzer für etwa 6,5 Stunden monatlich am Netz. Anders als OS-Amerikaner und Japaner, die zumindest jeden zweiten Tag online sind, surfen Deutsche dabei nur jeden dritten Tag. Demgegenüber sind nach Daten der AGF I GfK Fernsehforschung sowie der Media Analyse Hörfunk und Fernsehen tagtäglich genutzte Medien. Das Zeitbudget für Fernsehen lag im Jahr 2000 pro Kopf bei über 3 Stunden täglich, für den Hörfunk sogar bei fast 2,5 Stunden, beides mit steigender Tendenz. Dabei wurde im Jahr 2000 in knapp 90% aller Haushalte in Deutschland über 5,5 Stunden täglich fern gesehen. Daten aus Media Perspektiven, Mediensituation 2000, S. 68, 70 sowie http://www.it-news.de/0011/ 10936.html.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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ein geringer Teil der Bevölkerung an den Angeboten der Online-Dienste. Die Online-Dienste verfügen demzufolge schon von daher über keinen nennenswerten publizistischen Einfluß auf die öffentliche Meinung, der dem der traditionellen Massenmedien vergleichbar wäre. Solange sich dies so verhält, kommt es auf den Streit 1547, ob ein Online-Provider eher dem Setreiber einer technischen Zugangseinrichtung gleicht, der ohne einen eigenen publizistischen Einfluß auf den Nutzer der Einrichtung lediglich dessen individuelle Kommunikation mit anderen ermöglicht, oder doch eher dem Veranstalter eines rundfunkähnlichen Programms, der durch die Selektion der über den Online-Dienst angebotenen Informationen, Plattformen und sonstigen Kommunikationsangebote eine redaktionelle Tatigkeit ausübt und damit auch über einen gewissen publizistischen Einfluß auf den einzelnen Nutzer verfügt, nicht an. Ungeachtet der Frage nach der individual-psychologischen Wirkung des Online-Providers auf den einzelnen Nutzer, die selbst für den Bereich des Rundfunks bislang nicht hinreichend nachgewiesen werden kann 1548, fehlt es derzeit jedenfalls an einem relevanten publizistischen Einfluß der OnlineDienste auf die Bildung der öffentlichen Meinung 1549• Online-Dienste sind daher derzeit noch keine publizistisch relevanten, den traditionellen Massenmedien in ihrer gesamtgesellschaftlichen Funktion und Wirkung vergleichbaren Medien 1550. Zumindest gegenwärtig stellt der Online-Bereich demnach keinen medienrelevanten verwandten Markt im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV dar. Selbst wenn ein Unternehmen Fernsehprogramme veranstaltet und zugleich auch OnlineDienste betreibt, kann demzufolge seine marktstarke Stellung im Online-Bereich - zumindest zur Zeit - rundfunkkonzentrationsrechtlich nicht gegen ihn verwendet werden, insbesondere nicht zur Absenkung der für ihn geltenden Marktanteilsgrenze führen. Dies schließt aber nicht aus, daß Online-Dienste nicht vielleicht in Zukunft, das heißt wenn sich die Nutzung von Online-Diensten auf breiter Basis durchsetzt, zu den medienrelevanten verwandten Märkten gezählt werden müssen. dd) Zwischenergebnis Das Regelungsziel von Cross Ownership Beschränkungen ist, die publizistische Vielfalt in den Medien zu sichern. Es ist daher nur dann gerechtfertigt, bei der Ermittlung der Meinungsmacht eines Unternehmens dessen Aktivitäten außerhalb des Fernsehens zu berücksichtigen, wenn die Diversifikation unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung der Meinungsvielfalt von Bedeutung, mithin publizistisch relevant ist. 1547 Vgl. statt vieler Eberle, Online-Dienste, S. 153 ff.; Scherer, AfP 1996, 213; Holznagel, ZUM 1996, 864 sowie bereits Engel, Medienordnungsrecht, S. 70 ff. 1548 Vgl. § 1 C. 11. 1. 1549 Schulz, ZUM 1996,487 (493). 1550 Vgl. § 1 C. II. 2.
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Von diesem Ansatz her können zu den medienrelevanten verwandten Märkten nur die Geschäftsfelder zählen, deren Integration den möglichen Einfluß des Unternehmens auf die öffentliche Meinung verstärkt. Darunter fallen zunächst die Märkte der traditionellen Massenkommunikation wie etwa Presse und Hörfunk, die selbst über ein nicht vernachlässigbares publizistisches Wirkungspotential verfügen. Zu den medienrelevanten verwandten Märkten sind ferner die der Fernsehveranstaltung vor- und nachgelagerten Märkte zu rechnen, soweit sie aufgrund ihrer Schlüsselposition einen merklichen Einfluß auf die Programmgestaltung im Fernsehen besitzen. Dies ist derzeit im Bereich des Fernsehens vor allem für den Markt für Film- und Sportrechte anzunehmen. Bei der Bestimmung der Meinungsmacht sind demnach sämtliche intermediären Cross Ownerships des Unternehmens zu berücksichtigen, soweit sie Massenmedien betreffen, die selbst eine nicht unerhebliche Wirkung auf die öffentliche Meinung besitzen, sowie alle vertikalen Cross Ownerships, die vor- oder nachgelagerte Märkte betreffen, die einen merklichen (mittelbaren) Einfluß auf die redaktionelle Gestaltung der Fernsehprogramme ausüben. Andere Cross Ownerships lassen demgegenüber die publizistischen Wirkungsmöglichkeiten des Unternehmens unberührt und dürfen daher bei der Ermittlung der Meinungsmacht des Unternehmens, namentlich für die Höhe der zulässigen Marktanteilsgrenze keine Rolle spielen. Da sie im Hinblick auf die Bildung der öffentlichen Meinung neutral sind, sind sie für die Vielfalts- und damit für die Rundfunkkonzentrationskontrolle unbeachtlich. Keine in diesem Sinne medienrelevanten Märkte sind demnach neben den Märkten im Bereich der Individualkommunikation der Markt für Teledienste und zumindest derzeit noch der Markt für Online-Angebote. Auch wenn diese Märkte dem Wortlaut des Gesetzes nach noch zum Kreis der berücksichtigungsfähigen, da medienrelevanten verwandten Märkte gezählt werden könnten, verlangt der Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nach der hier vertretenen Ansicht eine entsprechend einschränkende Auslegung des Begriffes der Medienrelevanz. Dieser ist dabei nicht abstrakt nach technischen Kriterien und theoretisch denkbaren Wirkungspotentialen festlegbar, sondern vielmehr von den Veränderungen im Realbereich abhängig und daher dynamisch zu verstehen. Wenig nachvollziehbar erscheint, bei der Frage nach dem Vorliegen eines medienrelevanten verwandten Marktes auf die Beteiligungshöhe des jeweiligen Fernsehveranstalters abzustellen 1551 . Weder der Regelungszweck des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV noch seine Entstehungsgeschichte und erst recht nicht sein Wortlaut bieten hierfür einen Anhaltspunkt.
b) Geringfügige Unterschreitung
Die Stellung der Medienunternehmen auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten wird allerdings erst dann relevant, wenn das Unternehmen im Fernseh155 1
So indes Renck-Laujke, ZUM 2000, 105 ( 112).
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zuschauermarkt einen Marktanteil von 30% nur geringfügig unterschreitet. Nur dann ist zu prüfen, ob das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat, oder eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, daß der hierdurch erzielte Meinungseinfluß dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30 % im Fernsehen entspricht. Anders als der Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte hat der Terminus der Geringfügigkeit im rundfunkrechtlichen Schrifttum bereits zu heftigen Kontroversen geführt, die indes noch nicht vor Gericht ausgetragen worden sind 1552 . Die Kontroversen setzen an verschiedenen Punkten an. Zunächst ist umstritten, ob der Begriff der Geringfügigkeit überhaupt quantifizierbar ist oder ob er nicht vielmehr normativ verstanden werden muß, mithin rein qualitativ auszufüllen ist 1553 . Damit eng verbunden ist die Frage, ob sich die Geringfügigkeit der Unterschreitung nur vom konkreten Einzelfall her beurteilen läßt oder ob eine quantitative Grenze abstrakt bestimmt werden kann, die erst überschritten sein muß, bevor § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV greift 1554. Der letztgenannte Streitpunkt hat zu einem internen Konflikt der durch den Dritten Runclfunkstaatsvertrag neu geschaffenen Organe der Landesmedienanstalten, der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) und der Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM), geführt. Wahrend die Kommission die Ansicht vertritt, eine quantitative Grenze könne die Entscheidung über die Geringfügigkeit der Unterschreitung im Einzelfall nicht ersetzen 1555 , macht die KDLM geltend, daß zur Ope1552 Bork, K&R 1998, 183 m. w. N.; Neft, ZUM 1998, 458 (463); Kuch, ZUM 1997, 12 (15); Stock, Konzentrationskonztrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrafs, S. 36; Hartstein/Ring / Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 13; Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienhereich, Pressemitteilung 10/98 vom 23. November 1998 sowie Pressemitteilung 09/98 vom 12. november 1998, Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten, Grundsatzbeschluß vom 7. November 1998 in der Sache Discovery, ZUM 1998, 1054 (dazu Kühler, MP 1999, 379 (382 f. ). 1553 Giani in Institut für Europäisches Medienrecht, Einschaltquoten, S. 55 f.; a. A. ohne weitere Begründung Neft, ZUM 1998, 458 (462f.); ebenso Hartstein! Ring/ Kreile / Dörrl Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 10. 1554 Für eine abstrakt-generell bestimmte Grenze Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten, Grundsatzbeschluß vom 7. November 1998 in der Sache Discovery; Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 36; Hess, AfP 1997, 680 (684). Dagegen für eine individuelle Festlegung im Einzelfall Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienhereich, Pressemitteilung 10/98 vom 23. November 1998 und bereits andeutungsweise Pressemitteilung 09/98 vom 12. November 1998; Hartstein/ Ring I Kreile I Dörr/ Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 10. Unentschieden Kuch, ZUM 1997, 12 (15). 1555 Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienhereich, Pressemitteilung 10/98 vom 23. November 1998 und bereits andeutungsweise Pressemitteilung 09/98 vom 12. November 1998. In die Einzelfallentscheidung über die Geringfügigkeit der Unterschreitung sollen nach Ansicht der KEK zudem - im Wege einer Gesamtbeurteilung - neben dem Zuschauermarktanteil auch qualitative, strukturelle Merkmale des jeweiligen Rundfunkveranstalters miteinfließen. So auch Kühler, MP 1999, 379 (382 f.).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
rationalisierbarkeit der rundfunkstaatsvertragliehen Vorschriften und zum Schutz der Rundfunkveranstalter eine abstrakt bestimmte Grenze erforderlich sei 1556 .
Innerhalb der Befürworter einer abstrakt definierten Aufgreifschwelle besteht allerdings Uneinigkeit über die Höhe der Geringfügigkeitsschwelle. Vertreten werden Margen zwischen 0,9% und 3% absolut, mithin zwischen etwa 3 % und 10% bezogen auf den prinzipiell ausschlaggebenden Marktanteil von 30 %. Kuch 1557 hält es für möglich, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV Unternehmen mit einem Zuschauermarktanteil von 28,5% erfaßt. Kreile 1558 hält unter Verweis auf die Praxis im Zivilrecht eine Unterschreitung um 3 % absolut jedenfalls für nicht mehr geringfügig. Eine Geringfügigkeit könne dagegen bei einer Abweichung um 3% bis 5 % bezogen auf den Schwellenwert von 30% Zuschauermarktanteil, das heißt bei einer absoluten Abweichung von 0,9% bis 1,5% angenommen werden. Noch weiter gehen Bork, Beucher; Leyendecker und von Rosenberg, die eine geringfügige Unterschreitung der 30% - Grenze nur dann annehmen wollen, wenn der Zuschauermarktanteil des Unternehmens um maximal 0,9% absolut abweicht 1559. Neftl5f>O stimmt dem zu und betont, daß jedoch äußerstenfalls die erlaubte Untergrenze bei maximal 28,5 % Zuschauermarktanteil liegen könne. Nach Stock 1561 kann bei "geringfügig" nur an maximal 2% bis 3 % gedacht werden. Nicht klar wird, ob sich diese auf den kritischen Zuschauermarktanteil von 30% beziehen oder aber absolut gemeint sind, das heißt ob nach Ansicht Stocks für medienrelevant diversifizierte Unternehmen die kritische Grenze auf 29,1% bzw. 29,4% oder aber auf 27% bzw. 28% abzusenken ist. 1562
Weiterhin besteht Streit, ob der KEK bzw. der KDLM bei der Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Geringfügigkeit ein Beurteilungsspielraum zusteht, mithin der von den Landesmedienanstalten festgesetzte Grenzwert der uneingeschränkten Kontrolle der Verwaltungsgerichte unterliegt oder nur eingeschränkt justitiabei ist 1563 • Es ist zu untersuchen, welcher der Positionen gefolgt werden kann. Dazu ist im Wege der sprachlichen, entstehungsgeschichtlichen, systematischen und teleolo1556 Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten, Grundsatzbeschluß vom 7. November 1998 in der Sache Discovery, ZUM 1998, 1054 (dazu etwa Notiz aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. II. November 1998, S. 18). Zustimmend Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 36; Hess, AfP 1997, 680 (684); Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner; Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 13. 1557 Kuch, ZUM 1997, 12 (15). 1558 Kreile in Institutfür Europäisches Medienrecht, Einschaltquoten, S. 61. 1559 Bork, K&R 1998, 183 (187); Beucher/Leyendeckerlvon Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 10. Zustimmend Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner; Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 13, 16. 1560 Neft, ZUM 1998,458 (463). 1561 Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, s. 36. 1562 Überblick über den Diskussionsstand in Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner; Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 11 . 1563 Hess, AfP 1997, 680 (684); dazu noch im Einzelnen unter§ 3D. III. 5. c).
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giseben Interpretation zu ermitteln, wann eine nur geringfügige Unterschreitung im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV vorliegt. aa) Grammatikalische Auslegung Im allgemeinen Sprachgebrauch meint "geringfügig" "unbedeutend" bzw. "nicht ins Gewicht fallend" 1564. Hieraus leitet Bork ab, daß eine Abweichung von 3% absolut, das heißt 10% bezogen auf den Zuschauermarktanteil von 30%, keine zu vernachlässigende Größe sei. Der Wortlaut lege nahe, eine Marge von I 0% als nicht mehr geringfügig zu betrachten 1565 . Der Begriff der "Geringfügigkeit" spricht für eine restriktive Auslegung des Allwendungsbereichs der Cross Ownership Beschränkung. Da der Unternehmerische Handlungsspielraum umso weiter ist, je enger der Begriff der Geringfügigkeit verstanden wird, legt der Wortlaut des Normtextes daher eine eher unternehmensfreundliche Interpretation nahe. Es würde jedoch die Wortlautgrenze des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sprengen, wenn man aus dem Begriff der Geringfügigkeit feste Prozentzahlen ableiten oder auch nur ausschließen wollte. Insoweit kann der Ansicht Borks daher nicht gefolgt werden. Dem Wortlaut kann lediglich entnommen werden, daß die Cross Ownership Beschränkung nur in relativ eng begrenztem Umfang zur Anwendung gelangen soll. bb) Genetische Auslegung Für eine restriktive Interpretation spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. So setzte sich in den Verhandlungen letztlich der Begriff der "geringfügigen Unterschreitung des Zuschauermarktanteils" gegen den Terminus des "geringeren Zuschauermarktanteils" durch, der dem § 26 Abs. 2 Satz 2 RStVeinen weiteren Anwendungsbereich eröffnet hätte 1566. Bedeutsam erscheint ferner, daß der für die Feststellung der vorherrschenden Meinungsmacht maßgebliche Schwellenwert von 30% stark umstritten war. Die diskutierten Marktanteilsgrenzen variierten zwischen 20% und 35% 1567 . Nachdem die Extremwerte bald vom Tisch waren, folgte eine harte Auseinandersetzung zwischen den Befürwortern eines Zuschauermarktanteils von 25 % und denen, die für eine Obergrenze von 30 % eintraten 1568. Die heftige Kontroverse um diese 5 Pro1564 1565
1566
s. 36.
Duden, Bedeutungswörterbuch, ad geringfügig. Bork, K&R 1998, 183 (184). Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags,
1567 Eberle, epd/KuR v. 6. Mai 1995, S. 4 (7); Engels, ZUM 1996, 44 (53); Bork, K&R 1998, 183 (184). Vgl. bereits§ 3D. 111. l. a), 1568 Für einen Zuschauermarktanteil von 25% noch Die Landesmedienanstalten, Lübecker Beschlüsse, S. 485.
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zentpunkte zog sich über zwei Jahre hin, bis sich schließlich im Juli 1996 die 30%-Grenze durchsetzte 1569. Betrachtet man Art und Dauer der hitzigen Debatte, wird klar, daß den zuletzt strittigen fünf Prozentpunkten außerordentliche Bedeutung zugemessen wurden. Die Bedeutung dieser fünf Prozent war so enorm, daß sogar eine erhebliche Verzögerung des Gesetzgebungsprozesses in Kauf genommen wurde. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß fünf Prozentpunkte absolut keinesfalls als geringfügig angesehen werden können. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kann die kritische Grenze daher unter keinen Umständen auf einen Zuschauermarktanteil von 25 % und darunter absenken. Ein Teil der Literatur 1570 vertritt, daß eine größere Geringfügigkeitsmarge beispielsweise von 3% (absolut) die hart erkämpfte 30 %-Grenze wieder aufweichen würde. Dies sei von den Gesetzgebern ersichtlich nicht gewollt gewesen. Geringfügigkeit sei daher eher in der Größenordnung von 0,9 % und 1,5% (absolut) anzusiedeln1571. Die Notwendigkeit einer über die 5% hinausgehenden Einengung der erlaubten Abweichung auf 0,9 % bis 1,5% kann der Entstehungsgeschichte aber nur schwerlich entnommen werden. Vor allem kann der Argumentation nicht gefolgt werden, ein Geringfügigkeitswert von 3 % würde die Marktanteilsgrenze von 30% wieder aufweichen. Die 30 %-Grenze des § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV gilt für die horizontale Konzentration im Fernsehen. Die Absenkung des Schwellenwerts auf 27% gilt nur für die marktübergreifende Eigentumskonzentration und kann sonach den für das intramediäre Unternehmenswachstum geltenden Grenzwert schon von daher nicht relativieren. Da auch die Gesetzesbegründung Art und Höhe der Geringfügigkeit offen läßt, kann aus der Entstehungsgeschichte demnach lediglich abgeleitet werden, daß der Begriff der Geringfügigkeit prinzipiell restriktiv zu interpretieren ist und ein Grenzwert von 5 % absolut in jedem Falle jenseits der tolerablen Geringfügigkeitsgrenze liegt. cc) Systematische Auslegung Bei der Interpretation des Begriffs der "Geringfügigkeit" ist ferner die Stellung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV im Rahmen der Vorschriften zur Sicherung der Meinungsvielfalt im Rundfunk sowie im Gesamtzusammenhang der Rechtsordnung zu berücksichtigen. Die systematische Stellung der Cross Ownership Beschränkung innerhalb der Vorschriften zur Sicherung der Meinungsvielfalt spricht für eine restriktive Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. 1569 Zu den Verhandlungsschritten im Detail Bork, K&R 1998, 183 (184). Vgl. auch Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 36. 1570 Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 36; Bork, K&R 1998, 183 ( 184); ähnlich auch Neft, ZUM 1998, 458 (463). 157 1 Bark, K&R 1998, 183 (184).
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Die vorherrschende Meinungsmacht eines Unternehmens wird auch dann vermutet, wenn ein Unternehmen keine 30% Zuschauermarktanteil besitzt, sofern die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV vorliegen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist sonach die Ausnahmevorschrift zu § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV, nach dem prinzipiell erst bei Überschreiten der 30 %-Grenze eine überwiegende Meinungsmacht vermutet wird. § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV wiederum konkretisiert den Begriff der vorherrschenden Meinungsmacht, wie er im zweiten Halbsatz des § 26 Abs. 1 RStV verankert ist. Dieser seinerseits stellt die Ausnahme zum Grundsatz dar, daß jedes Unternehmen in Deutschland eine unbegrenzte Anzahl von bundesweiten Fernsehprogrammen veranstalten darf ("es sei denn, daß .. ."). Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist sonach eine Ausnahmevorschrift im doppelten Sinne. Als solche muß sie grundsätzlich eng ausgelegt werden. 1572 In einer eingehenden Analyse hat Bork untersucht, ob sich aus der Verwendung des Begriffes "geringfügig" in anderen Normzusammenhängen eine Interpretationshilfe für die Geringfügigkeit im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ergibt. Der Begriff der Geringfügigkeit findet sich etwa im Bau- und Entschädigungsrecht, im Immissionsschutz- und Atomrecht, aber auch im Prozeß- und Sozialhilferecht 1573 .
Zunächst sondert Bork Vorschriften aus, die seines Erachtens für die Auslegung der Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages von vomherein nicht in Betracht kommen 1574 . Darunter fallen beispielsweise § 1 Abs. 2 Nr. 1 Jugendarbeitsschutzgesetz ("geringfügige Hilfeleistungen"), § 40 Abs. 2 Satz 3 Personenbeförderungsgesetz ("geringfügige Fahrplanänderung") und § 64 Bundesentschädigungsgesetz ("geringfügige Benachteiligung"). Bork legt nicht offen, warum diese Normen seiner Ansicht nach von vomherein auszuscheiden sind. Vergleicht man sie mit den nicht ausgesonderten und im Folgenden analysierten Geringfügigkeitsvorschriften, wird deutlich, daß es Bork auf die Quantifizierbarkeit der Geringfügigkeit ankommt. So untersucht Bork etwa § 155 Abs. 3 Nr. 1 BauGB ("geringfügige Bodenwerterhöhung"), § 92 Abs. 2 ZPO ("verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung") oder§ 8 Abs. 1 Satz 1 Flurbereinigungsgesetz ("geringfügige Änderungen des Flurbereinigungsgebietes"). Mit der Auswahl der von ihm weiter untersuchten Normen wendet sich Bork somit bereits Bork, K&R 1998, 183 (184). §§ 18 Abs. 2, 23 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ("geringfügige Abweichungen" ; "geringfügiges Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen"); § 85 Abs. I Nr. 2 Bundessozialhilfegesetz ("geringfügige Mittel"); § 67 a Abs. 2 Bundesimmissionsschutzgesetz ("geringfügige Zusatzbelastung"). Zu § 64 Bundesentschädigungsgesetz; § 92 Abs. 2 ZPO, § 155 Abs. 3 Nr. I BauGB und § 8 Abs. I Satz I Flurbereinigungsgesetz sogleich im Folgenden. Vgl. auch §§ 390 Abs. 5, 471 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. 383 Abs. 2 StPO ("Einstellung wegen Geringfügigkeit"); § 326 Abs. I Nr. 3 StGB i. V. m. § 9 a Abs. 2 Satz 2 AtG i. V. m. §§ 4 Abs. 4 Nr. 2, 45, 46 Str!SchV ("geringfügig radioaktiv"). Kritisch hierzu Kühler; MP 1999, 379 (383). 1574 Bork, K&R 1998, 183 (184f.). 1572
1573
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implizit gegen die These Gianis 1575 , der den Geringfügigkeilsbegriff rein normativ ausgefüllt sehen will. Auch wenn einiges für die Quantifizierbarkeit der Geringfügigkeilsschwelle des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sprechen mag, lassen sich dennoch keine systematischen Gründe finden, aus denen sich zwingend ergibt, daß "geringfügig" im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht auch nur normativ verstanden werden könnte. Auf dieser Untersuchungsgrundlage wendet sich Bork 1516 der Frage zu, ob die Interpretation der anderen Geringfügigkeitsvorschriften Aufschluß darüber gibt, ob bei der Ermittlung der Geringfügigkeit auf feste Grenzwerte zurückgegriffen werden kann oder ob auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt werden muß. Nach ausführlicher Analyse kommt er zu dem Ergebnis, daß die Geringfügigkeit prinzipiell nach Maßgabe des Einzelfalls beurteilt wird. Nur ausnahmsweise würden in anderen Normzusammenhängen bei der Subsumtion der "Geringfügigkeit" feste Grenzwerte herangezogen. Schließlich prüft Bork, ob bei den Normen, bei deren Subsumtion abstrakt-bestimmte Grenzwerte berücksichtigt werden, ein normübergreifender Konsens in Bezug auf die Höhe der Geringfügigkeit ermittelt werden kann. Im Ergebnis stellt er fest, daß die Grenzwerte zwar stark variieren, insgesamt aber zum größten Teil unter 5 % (bezogen auf den jeweiligen Leitwert) bleiben. Hieraus folgert er, daß auch die Geringfügigkeitsmarge des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bei maximal 1,5% absolut liegen kann 1577 .
Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die systematische Stellung der Cross Ownership Beschränkung im Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag für eine restriktive Auslegung der "Geringfügigkeit" spricht. Nach der hier vertretenen Ansicht läßt die systematische Interpretation aber die Fragen unbeantwortet, ob die Geringfügigkeit der Marktanteilsunterschreitung quantifizierbar ist, ob sich die Quantifizierung am Einzelfall oder aber an festen Grenzwerten orientieren muß und in welcher Größenordnung der Grenzwert anzusiedeln ist. dd) Teleologische Auslegung Da Wortlaut, Genese und Normzusammenhang nur relativ wenig Interpretationshilfe leisten können, kommt der teleologischen Auslegung ein besonderes Gewicht zu. Wie bereits wiederholt festgestellt, verfolgt die Cross Ownership Beschränkung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV den Zweck, die pluralistische Vielfalt im Rundfunk als eine der Grundbedingungen der Entfaltung des Einzelnen und der Funktionsflihigkeit einer freiheitlich-demokratischen Ordnung zu sichern 1578 • Dazu will sie 1575 Giani in Institut für Europäisches Medienrecht, Einschaltquoten, S. 55 f. Dagegen der Ansicht Borks zustimmend Neft, ZUM 1998, 458 (462f.). 1576 Bark, K&R 1998, 183 (185). 1577 Bark, K&R 1998, 183 (185). 1578 Vgl. § 2 E. I. und§ 2 E. I. 2.
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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verhindern, daß ein Einzelner über die Veranstaltung von Fernsehprogrammen einen ungleichgewichtigen publizistischen Einfluß auf die öffentliche Meinung erlangt, sei es durch die Verbindung der Meinungsmacht verschiedener Medien oder aber durch die Verknüpfung der Meinungsmacht als Programmveranstalter mit der indirekten Meinungsmacht über Schlüsselstellungen in den der Programmveranstaltung vor- oder nachgelagerten Märkten, beispielsweise als Rechtehändler oderBetreibereiner digitalen Plattform 1579. Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob der Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die Bestimmung eines einheitlichen, abstrakt bestimmten Schwellenwerts zuläßt. Die konkrete Abfassung einer Cross Ownership Beschränkung stößt auf die Schwierigkeit, daß sich die Wirkung der einzelnen Medien schon generell nicht quantifizieren läßt 1580. Erst recht entzieht sich die Relation des Einflußpotentials der einzelnen Massenmedien untereinander einer präzisen sozialwissenschaftliehen Beschreibung. Auch wenn die Meinungsmacht eines Unternehmens sowohl durch intermediäre als auch durch vertikale Cross Ownerships mit Schlüsselmärkten der Programmveranstaltung generell verstärkt wird 1581 , kann doch keine mathematische Formel angegeben werden, in der das Verhältnis zwischen der Meinungsmacht als Fernsehveranstalter und der als Presseverleger, Rechtehändler o.ä. ausgedruckt werden könnte. Diesem Umstand haben die Rundfunkgesetzgeber Rechnung getragen, indem sie der Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages keine numerisch bestimmte Aufgreifschwelle vorgegeben haben. Stattdessen einigte man sich auf den Begriff der "geringfügigen Unterschreitung", der der entscheidenden Behörde einen gewissen Konkretisierungsspielraum für den Einzelfall eröffnen sollte. Führt man sich dariiberhinaus die Vielfalt der möglichen Cross Ownerships, die in den Anwendungsbereich des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV fallen, vor Augen 1582 , läßt sich nur noch schwer vorstellen, daß ein einheitlicher Grenzwert für alle Arten und Formen marktübergreifender Eigentumskonzentration bestimmt werden könnte, der allen denkbaren Ausprägungen von Cross Ownership gleichermaßen gerecht wird. Ungeachtet der Quantifizierungsproblematik läßt sich beispielsweise die Meinungsmacht im Bereich der Tagespresse wohl kaum mit dem publizistischen Einfluß durch das Betreiben digitaler Plattformen gleichsetzen. Die Festlegung eines einheitlichen Grenzwerts, zum Beispiel einer Abweichungsmarge von 0,9 % (absolut), würde jedoch den publizistischen Einfluß einer Marktbeherrschung im Bereich der digitalen Plattformen als zumindest ähnlich gewichten wie eine marktbeherrschende Stellung in der Tagespresse. 1579 1580 158 1 1582
V gl. bereits ausführlich § 2 E. I. I. e) und § 2 E. I. 2. Vgl. § I C . I. und§ 1 C.II. Vgl. §3D. 111. 3. a) cc) sowie bereits§ 1 C. 111. Vgl. §3D. 111. 3. a).
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Es würde dem Regelungszweck der Cross Ownership Beschränkung nicht gerecht, wenn man ihre Anwendung an einem abstrakt bestimmten Schwellenwert festmachte, der undifferenziert für alle Arten von Cross Ownerships gilt. Vielmehr muß das Höchstmaß der zulässigen Abweichung in Abhängigkeit von der Art des integrierten medienrelevanten verwandten Marktes bestimmt werden. Ungeachtet dessen kann jedoch eine maximal erlaubte Abweichung festgelegt werden, das heißt ein Wert, innerhalb der sich sämtliche, in Abhängigkeit von dem jeweiligen integrierten medienrelevanten verwandten Markt bestimmten Geringfügigkeitsmargen bewegen müssen. Diese maximal erlaubte Abweichung entspricht dem Grenzwert, der für die Cross Ownership gilt, die die Meinungsmacht des Unternehmens am intensivsten verstärkt. Welche Cross Ownership das ist, entscheidet sich nach der publizistischen Bedeutung des integrierten medienrelevanten verwandten Marktes. In Betracht kommen unter den gegenwärtigen Bedingungen insoweit vor allem Presse, Hörfunk und der Lizenzmarkt Die entscheidende Frage ist sonach, bis zu welchem Zuschauermarktanteil im Fernsehen es publizistisch, das heißt im Hinblick auf eine ungestörte und unmanipulierte Bildung der öffentlichen Meinung noch hingenommen werden kann, die marktbeherrschende Wettbewerbsposition desselben Unternehmens in Presse, Hörfunk oder auf dem Lizenzmarkt vollständig zu vernachlässigen. Beriicksichtigt man die Gesetzgebungsgeschichte des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, muß der Zuschauermarktanteil dabei in jedem Falle über 25 %, mithin zwischen 25 % und 30% liegen 1583 . Hat sich die KEK bzw. die KDLM in einem Fall auf einen solchen Grenzwert festgelegt, entfaltet dieser für andere Cross Ownerships eine gewisse Indizwirkung. Geht man beispielsweise davon aus, daß im Vergleich zu anderen medienrelevanten verwandten Märkten die marktbeherrschende Stellung in der Tagespresse am publizistisch einflußreichsten ist und daß eine solche dominierende Wettbewerbsposition spätestens dann bei der Ermittlung der vorherrschenden Meinungsmacht einbezogen werden muß, wenn das Unternehmen einen Zuschauermarktanteil von 28,5% im bundesdeutschen Fernsehen erlangt, können die Schwellen für andere Cross Ownerships nicht mehr jenseits der Marge von 1,5% (absolut) liegen. Ein Unternehmen, das neben seinem Engagement im bundesweiten Fernsehen im Bereich der elektronischen Navigationssysteme marktbeherrschend ist, kann demnach rundfunkkonzentrationsrechtlich nicht belangt werden, wenn sich sein Zuschauermarktanteil unter 28,5 % bewegt.
Erst recht gilt dies für gleichgelagerte Cross Ownerships. So ist es ausgeschlossen, daß die Cross Ownership Beschränkung bei einem Unternehmen, das im Fernsehen und im Rechtehandel aktiv ist und im Fernsehen einen Zuschauermarktanteil von 29 % erreicht, vollständig unberiicksichtigt bleibt, während sie bei einem anderen Unternehmen, das ebenfalls Fernsehveranstalter und Rechtehändler ist, aber über nur 27 % Zuschauermarktanteil verfügt, zur Anwendung gelangt. 1583
Siehe§ 3D. III. 3. b) bb).
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Ein marktübergreifender Grenzwert würde sonach Sinn und Zweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht gerecht und wäre wohl auch nicht im Sinne der Verfasser des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Vielmehr muß die Geringfügigkeitsschwelle in Abhängigkeit vom publizistischen Wirkungspotential des integrierten medienrelevanten verwandten Marktes bestimmt werden. Sie hängt folglich von der Art der zu beurteilenden Cross Ownership ab. Dabei müssen die marktspezifischen Grenzwerte allerdings in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. So kann die erlaubte Abweichung bei einem Markt von publizistisch erstrangiger Bedeutung nicht höher sein als die bei einem Markt, der nur relativ wenig Einfluß auf die Bildung der öffentlichen Meinung besitzt. Darüberhinaus entfaltet ein einmal festgelegter Grenzwert eine gewisse Bindungswirkung gegenüber künftigen, ähnlich gelagerten Fällen. Der Quantifizierung von Geringfügigkeilsmargen steht der Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV indes nicht entgegen. Die Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk ist nicht nur Sache des Gesetzgebers und der mit der Durchsetzung des Rundfunkrechts betrauten Behörden, sondern auch Aufgabe der Rundfunkveranstalter, die in ihrer Funktion für den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß zu schützen sind. Dies schließt eine gewisse Rechts-, Investitions- und Planungssicherheit mit ein 1584. Die im privaten Rundfunk engagierten Unternehmen sind in ihrem Vertrauen auf eine gleichmäßige Durchsetzung der Rundfunkordnung zu schützen. Auch wenn das Vertrauen der Rundfunkveranstalter in eine Rechtslage, die die Bildung oder Ausübung vorherrschender Meinungsmacht erlauben würde, nicht geschützt wird, so müssen die Rundfunkveranstalter dennoch willkürliche Ungleichbehandlungen bei der Konkretisierung des vom Gesetzgeber gewählten Ordnungsrahmens nicht hinnehmen. Der Nachweis einer willkürlichen Ungleichbehandlung wäre den Rundfunkveranstaltern aber nahezu unmöglich, wenn schon bei dem Kriterium der "Geringfügigkeit" eine ausschließlich normative Betrachtung genügen würde. Darüberhinaus bezweckt § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV als Instrument präventiv-stimulierender Struktursteuerung, durch gezielte Anreize Rundfunkveranstalter zur Wahl von Unternehmens- und Marktstrukturen zu bewegen, die die vorherrschende Meinungsmacht eines einzelnen Rundfunkveranstalters von vomherein unwahrscheinlich machen 1585 • Dieses Ziel würde jedoch offenkundig verfehlt, wenn die betroffenen Unternehmen den Anreiz, ihr untemehmerisches Verhalten so auszurichten, daß die hieraus resultierenden Marktstrukturen dem Ziel umfassender Vielfaltssicherung möglichst umfassend Rechnung tragen, gar nicht frühzeitig erkennen könnten. Klare, quantitativ bestimmte Grenzwerte dienen sonach nicht nur der Eingren1584 Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (297). Vgl. dazu § 4C. V. 2. 1585 Dazu im Einzelnen § 2 D. II.2.
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
zung des Unternehmerischen Aktionsradius in den Medien, sondern auch einer effektiven Konzentrationskontrolle im Interesse einer bereits im präventiven Bereich einsetzenden und dabei wirksamen Sicherung des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses. Teilweise wird vertreten, die Gesetzgeber hätten mit § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV den starren Grenzwert von 30% in § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV auf Fälle ausweiten wollen, in denen die Marktanteilsgrenze unterschritten wird, in denen aber aus anderen Gründen eine vorherrschende Meinungsmacht des Unternehmens anzunehmen ist 1586. Sinn und Zweck der Cross Ownership Beschränkung sei demnach, "gleichgelagerte Fälle auch gleichzubehandeln: die Gleichbehandlung soll im Interesse der Meinungsvielfalt nicht ohne weiteres an starren Grenzwerten scheitern" 1587 . Aus dem so verstandenen Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV will Bark eine Geringfügigkeilsgrenze von etwa 0,9% (absolut) abgeleitet wissen 1588 . Dem kann nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat die Problematik der starren Grenzwerte, namentlich die Schwierigkeit ihrer Justitiabilität angesichts der den Zuschauermarktanteilsmessungen notwendig zugrundeliegenden, sozial-empirischen Erhebungsmethoden gesehen und insoweit berücksichtigt, als er sich genau aus diesem Grunde gegen starre Schwellenwerte und für eine in beide Richtungen offene Beweislastregelung in Form einer gesetzlichen Vermutung entschieden hat. Das Überschreiten der 30 %-Grenze zwingt die KEK nicht, eine vorherrschende Meinungsmacht anzunehmen. Ebensowenig muß die KEK das Überschreiten der kritischen Schwelle abwarten, wenn sie der Auffassung ist, daß das Unternehmen bereits schon vorher über eine vorherrschende Meinungsmacht verfügt. Der Sinn der Cross Ownership Beschränkung kann folglich nicht im Ausgleich starrer Grenzwerte liegen, da der Rundfunkstaatsvertrag solche gar nicht vorsieht1589. Erst recht erscheint es zumindest äußerst gewagt, aus dieser teleologischen Interpretation eine eindeutige, quantitativ festlegbare Marge von 0,9% abzuleiten.
Eine ausschließlich normative Bestimmung der Geringfügigkeitsschwelle würde dem Regelungszweck der Cross Ownership Beschränkung als Instrument der präventiv-stimulierenden Vielfaltssicherung nicht gerecht. Der Regelungszweck schließt daher quantifizierte Grenzwerte nicht generell aus, wohl aber einen einheitlichen, für alle Arten und Formen von Cross Ownerships gleichermaßen geltenden Grenzwert. Die Geringfügigkeilsschwelle muß stets in Abhängigkeit von dem jeweils integrierten medienrelevanten verwandten Markt bestimmt werden. Hat sich die Kommission in einem Fall für die Anwendung der Malusregelung entschieden und damit implizit eine Geringfügigkeitsmarge anerkannt, so entfaltet diese jedoch eine gewisse Bindungswirkung nicht nur für gleichgelagerte Fälle, sondern auch für der Art nach andere Cross Ownerships.
1586 1587 1588 1589
Neft, ZUM 1998,458 (463); Bork, K&R 1998, 183 (186f.). Bork, K&R 1998, 183 (186f.). Bork, K&R 1998, 183 (186f.). Zur Vermutungsregelung und dem Fehlen starrer Grenzwerte§ 3D. III. I. a).
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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ee) Zwischenergebnis Die Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kann nicht auf alle Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Begriff der "Geringfügigkeit" auftun, eine befriedigende Antwort bereitstellen. Wortlaut wie auch vor allem die Stellung im Gesetz machen deutlich, daß der Anwendungsbereich des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV im Allgemeinen wie auch der Begriff der Geringfügigkeit im Besonderen restriktiv auszulegen sind. Sinn und Zweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV schließen eine rein normative Bestimmung der Geringfügigkeit aus. Vielmehr haben die zuständigen Behörden bzw. die sie kontrollierenden Gerichte klar quantifizierte Schwellenwerte festzulegen. Diese können, berücksichtigt man die Entstehungsgeschichte der Cross Ownership Beschränkung, in keinem Falle über 5 % absolut, das heißt über knapp 17 % bezogen auf den kritischen Zuschauermarktanteil von 30% liegen. Unternehmen, die im nationalen Fernsehen einen Marktanteil von unter 25 % besitzen, werden von § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach nur im absoluten Ausnahmefall erlaßt, nämlich wenn die KEK eine vorherrschende Meinungsmacht trotz Nichtüberschreitens der kritischen Marktanteilsgrenzen vermutet 1590• Darüberhinaus läßt sich kein einheitlicher, für alle Ausprägungen der Cross Ownership gleichermaßen geltender Grenzwert bestimmen. Die von der KEK zu bestimmenden Grenzwerte hängen vielmehr von der Art der Cross Ownership, mithin von der Art des integrierten medienrelevanten verwandten Markts ab. Ein marktübergreifender Grenzwert, der in gleicher Weise für alle Cross Ownerships gilt, wird dem Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht gerecht. Der Grenzwert bestimmt sich sonach zunächst von den Umständen des Einzelfalls her. Er wirkt sich aber auf nachfolgende, ähnlich gelagerte Fälle aus, da die Unternehmen Anspruch auf willkürfreie Gleichbehandlung haben. Ferner strahlt er auch auf die Grenzwerte aus, die für andere Cross Ownerships gelten, da die Schwellenwerte in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen müssen. Maßgeblich ist dabei die publizistische Bedeutung, das heißt der Einfluß des integrierten medienrelevanten verwandten Marktes auf die öffentliche Meinungsbildung. Das Gesetz macht jedoch keine eindeutige Aussage zur Höhe der Geringfügigkeitsmargen im Einzelnen. Es erscheint zu weit gehend, aus dem Gesetzestext, Normzusammenhang oder Regelungszweck exakte Schwellenwerte entnehmen zu wollen 1591 • Losgelöst von den Umständen des Einzelfalls und nur von den theoretischen Grundlagen ausgehend, erscheint jeder Wert zwischen 25 % und 30 % prinzipiell rechtlich vertretbar. Für die Praxis entscheidend ist daher weniger die Frage nach der "rechtmäßigen" Höhe der Geringfügigkeitsgrenze als vielmehr die Frage, wer befugt ist, über die Höhe der Geringfügigkeitsmarge letztverbindlich zu entscheiden. Auf diesen 1590 1591
Dazu § 3 D. III. 1. a). So aber im Ergebnis Bork, K&R 1998, 183 (187).
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
besonderen Punkt soll aus systematischen Gründen zum Schluß eingegangen werdeni592. Ungeachtet der Frage nach der richtigen Aufgreifschwelle ist zu berücksichtigen, daß bei der Ermittlung der Zuschauermarktanteile stets eine Sicherheitsmarge berücksichtigt werden muß, wenn die sozial-empirischen bzw. statistischen Erhebungen eine justitiable Grundlage für den Vollzug des Rundfunkkonzentrationsrechts darstellen sollen 1593 . Vorgeschlagen werden Sicherheitsmargen zwischen 2% und 3 % (absolut) 1594• Demnach würden die von Bark, Kuch und Kreile vorgeschlagenen Grenzwerte von 0,9% bis 1,5 % die zu berücksichtigende Sicherheitsmarge nicht annähernd kompensieren. Selbst bei einer erlaubten Abweichung von 1,5 %, müßte dem Unternehmen sonach ein Zuschauermarktanteil von über 30% (mindestens 30,5%) nachgewiesen werden, wenn dessen Wettbewerbsposition auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten Berücksichtigung finden soll.
4. Eingreifkriterien Während die Aufgreifkriterien des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV vor allem von Art und Struktur der integrierten Märkte abhängen, entscheidet sich das Eingreifen der Cross Ownership Beschränkung nach unternehmensspezifischen Kriterien. So ist die Meinungsmacht eines Unternehmens in anderen medienrelevanten verwandten Märkten zum einen dann zu berücksichtigen, wenn das Unternehmen auf einem solchen marktbeherrschend ist, zum anderen dann, wenn sein Meinungseinfluß insgesamt dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30% im Fernsehen entspricht. a) Marktbeherrschung auf einem medienrelevanten verwandten Markt, § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. RStV Die erste Alternative der Cross Ownership Beschränkung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beschränkt sich auf die marktübergreifende Betrachtung von jeweils zwei Märkten. Das Unternehmen muß demnach im bundesweiten Fernsehen einen Zuschauermarktanteil von annähernd 30% erreicht haben und zugleich in einem zweiten, medienrelevanten verwandten Markt marktbeherrschend sein. Mit dem Begriff der marktbeherrschenden Stellung knüpft § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. RStV an einen wettbewerbsrechtlichen Terminus an. Nicht abschließend geklärt ist, ob und inwieweit im Rahmen des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auf die wettbewerbsrechtlichen Auslegungskriterien des § 22 GWB zurückzugreifen ist 1595. Legt man der Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. RStV die WettbewerbsSiehe § I A. I. 3. Engel, ZUM 1995, Sonderheft, S. 653 (665 f.). Zum Problem der Justitiabilität der Marktanteilsmessungen §3D. III. I. b). 1594 Engel, ZUM 1995, Sonderheft, S. 653 (665f.) m. w. N. 1595 Zur Marktbeherrschung im Sinne des Wettbewerbsrechts § 3 C. III. 3. 1592 1593
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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rechtlichen Grundsätze zugrunde, wäre eine Gesamtbetrachtung von Marktstruktur- und Marktverhaltenskriterien entscheidend. Zu herlieksichtigen wären sonach die Finanzkraft des Unternehmens, sein Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, seine Verflechtung mit anderen Unternehmen, die Marktzutrittsbarrieren der (potentiellen) Konkurrenz, seine Umstellungsflexibilität sowie die Ausweichmöglichkeiten der jeweiligen Marktgegenseite. Wichtigstes Strukturkriterium bliebe der Marktanteil, für den § 22 Abs. 3 Satz I Nr. I GWB die kritische Grenze auf ein Drittel festlegt. Eine beherrschende Stellung wäre daher vor allem dann anzunehmen, wenn das Unternehmen in dem medienrelevanten verwandten Markt einen Marktanteil von mindestens einem Drittel aufweist. Auch wenn der Wortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV den Rückgriff auf die zu § 22 GWB entwickelten Parameter nahelegt, steht die unterschiedliche Zwecksetzung von Konzentrations- und Rundfunkkonzentrationsrecht einer undifferenzierten Übertragung der wettbewerbsrechtlichen Auslegungskriterien auf das Rundfunkkonzentrationsrecht entgegen. So kann die im Wettbewerbsrecht nach dem Bedarfsmarktkonzept erfolgende Marktabgrenzung dem kommunikationspolitischen Zweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht in allen Fällen gerecht werden. So würde bei einem undifferenzierten Rückgriff auf die wettbewerbsrechtliche Praxis im Bereich des rein werbefinanzierten Rundfunks die eigentliche Programmveranstaltung von vomherein aus dem Anwendungsbereich des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV herausfallen, da dieser nach Ansicht des Bundeskartellamts mangels Entgeltlichkeit keinen relevanten Markt darstellt 1596. Damit würde eine der typischen Formen der intermediären Cross Ownership, die Verflechtung von Fernsehen und Hörfunk, von vomherein unberiicksichtigt bleiben, was weder vom Gesetzgeber so gewollt war noch Sinn und Zweck der Regelung entspricht. Dariiberhinaus vertritt ein Teil des rundfunkrechtlichen Schrifttums, daß die wettbewerbsrechtliche Marktabgrenzung aus kommunikationspolitischem Blickwinkel zu eng sei 1597 . So sei es nicht sachgerecht, zur Ermittlung der publizistischen Meinungsmacht eines Unternehmens zwischen dem Markt der Tagespresse und dem der Zeitschriften zu differenzieren. Eine marktbeherrschende Stellung im wettbewerbsrechtlichen Sinne entspricht daher einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht ohne weiteres. Der Begriff der Marktbeherrschung im Sinne des Rundfunkrechts ist eigenständig zu bestimmen. Seine Interpretation kann zwar von den Kriterien des Wettbewerbsrechts ausgehen. Sie muß jedoch der kommunikationspolitischen Zwecksetzung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV Rechnung tragen und die wettbewerbsrechtlichen Determinanten entsprechend modifizieren 1598 . Problematisch Siehe dazu bereits § 3 C. III. I. Schellenberg, Rundfunk-Konzentrationsbekämpfung im Rechtsvergleich, S. 44 f.; Kuch, ZUM 1997, 12 (15). 1598 Unter Zurückstellung der hier vorgetragenen Bedenken und daher im Ergebnis anderer Ansicht Neft, ZUM 1998,458 (464); Beucher/Leyendecker /von Rosenberg, Mediengesetze, 1596
1597
24 Tschon
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§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership
ist dabei, daß der Rundfunkstaatsvertrag - anders als das GWB in § 22 GWB keine spezifischen publizistischen Kriterien vorgibt, anhand derer sich die marktbeherrschende Stellung im rundfunkrechtlichen Sinne ermitteln läßt 1599.
b) Gesamtbetrachtung der Meinungsmacht, § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV Die vorherrschende Meinungsmacht eines diversifizierten Unternehmens, das keinen Zuschauermarktanteil von 30 % im bundesdeutschen Fernsehen erreicht, ist nach der zweiten Alternative des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV dann zu vermuten, wenn sein Meinungseinfluß dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30 % im Fernsehen entspricht. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach einer Gesamtbeurteilung der Aktivitäten des Unternehmens im Fernsehen und auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten. § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV eröffnet der Aufsichtsbehörde damit die Möglichkeit, bei der Ermittlung der Meinungsmacht des Unternehmens dessen Positionen und Betätigungen auf mehr als zwei Märkten einzubeziehen. Damit erfaßt das Gesetz erstmalig Cross Ownerships, die sich über drei oder mehr Märkte hinweg erstrecken, und stellt klar, daß auch solche konglomeraten Cross Ownerships einer besonderen Vielfaltskontrolle unterliegen.
Unklar ist jedoch, ob und anhand welcher Maßstäbe eine solche Gesamtbeurteilung zu erfolgen hat 1600• Zum Teil wird bezweifelt, daß ein solch "entsprechender" Einfluß überhaupt festgestellt werden könne 1601 . Auch wird kritisiert, daß, selbst wenn man einen solchen ermitteln könnte, dieser kaum quantifizierbar wäre 1602. Hält man § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV sonach nicht schon von vornherein für nicht handhabbar, so ist offensichtlich, daß er zumindest gravierende Operationalisierungsprobleme mit sich bringt, die momentan auf der KEK als dem sachlich zuständigen Organ der Landesmedienanstalten lasten 1603 . § 26, Rdnr. 12; Renck-Laufke, ZUM 2000, 105 (113); Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 17. 1599 So auch Hess, AfP 1997, 680 (683); Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934 (946); Lehr, ZUM 1995,667 (670). 1600 Kritisch insoweit Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 36; Renck-Laufke, ZUM 2000, 105 (113); Neft, ZUM 1998, 458 (464); Hess, AfP 1997, 680 (683). Ein Präzisierungsversuch findet sich in Beucher/Leyendecker/ von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 13 sowie in Hartstein/Ring/Kreile/Dörr!Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26, Rdnr. 22. 1601 Hess, AfP 1997, 680 (683). 1602 Hess, AfP 1997,680 (683). 1603 Nichtsdestoweniger wurde die Formulierung bereits von dem baden-württembergischen Landes-mediengesetz übernommen, vgl. § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV wegen eines Verstoßes gegen das Erfordernis rechtsstaatlicher Klarheit und Bestimmtheit noch ausführlich unter § 4 V. VI. 3.
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5. Wertungsspielraum der Landesmedienanstalten
Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist die vorherrschende Meinungsmacht eines Unternehmens zu vermuten, wenn das Unternehmen einen medienrelevanten verwandten Markt beherrscht oder sein Meinungseinfluß insgesamt dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30% im Fernsehen entspricht. Die Rechtsfolgenseite des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eröffnet der Behörde sonach keinen Ermessensspielraum. Den zuständigen Landesmedienanstalten bzw. der KEK könnte indes ein Wertungsspietraum auf der Tatbestandsseite eingeräumt sein. Es ist daher im Folgenden der Frage nachzugehen, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV der KEK Beurteilungsspielräume eröffnet 1604. Dazu soll zunächst darauf eingegangen werden, was unter einem Beurteilungsspielraum zu verstehen ist und wann ein solcher im Allgemeinen angenommen werden kann. Sodann ist danach zu fragen, ob sich im Bereich des Rundfunkrechts besondere verfassungsrechtliche Grenzen für Wertungsspielräume der Verwaltung ergeben. Vor diesem Hintergrund kann dann die Frage beantwortet werden, ob die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages der KEK einen nur eingeschränkt justitiablen Beurteilungsspielraum eröffnet. a) Grundlagen
Beurteilungsspielräume sind Wertungsspielräume auf der Tatbestandsseite einer Norm, die von der Verwaltung auszufüllen sind und bei denen die rechtliche Beurteilung der Verwaltung auch für das gerichtliche Verfahren maßgeblich ist, sich die gerichtliche Überpriifung sonach auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt 1605 • Das Prinzip der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG und Art. 19 Abs. 4 GG verlangt eine hinreichende Kontrolldichte und prinzipiell das Letztentscheidungsrecht der Gerichte für den Bereich der Rechtsanwendung 1606. Die Unbestimmtheit eines Rechtsbegriffs allein begrundet einen Beurteilungsspielraum der Verwaltung ebensowenig wie sein Prognosecharakter. Grundsätzlich ist die Anwendung von Rechtsbegriffen sonach gerichtlich uneingeschränkt überpriifbar. Ein Beurteilungsspielraum, der den Gerichten weitgehend entzogen ist, kann nur ausnahmsweise anerkannt werden. 1607 1604 Zur Differenzierung zwischen Beurteilungs- und Ermessensspielräumen statt vieler Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rdnr. 26ff.; Schmalz, Allgemeines Verwaltungsrecht, Teil 5.3, Rdnr. 118. 1605 Zu Beurteilungsspielräumen allgemein Sieckmann, DVBI. 1997, 101. 1606 BVerfGE 88,40 (56ff.); 84,34 (53); 84, 59 (77). 1607 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rdnr. 36; Schmalz, Allgemeines Verwaltungsrecht, Teil 5.3, Rdnr. 119 ff. 24*
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In der Rechtsprechung haben sich hierzu anerkannte Fallgruppen entwickelt 1608. Gemein ist diesen, daß eine Einschätzungsprärogative der Verwaltung vor allem bei unvertretbaren und an sich nicht wiederholbaren Wertentscheidungen anerkannt wird. Hierunter fallen höchstpersönliche Prüfungsentscheidungen, "soweit sie auf der Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit der Prüfungssituation beruhen"1609, Eignungsbeurteilungen im Beamtenverhältnis 1610, wertende Beurteilungen pluralistisch besetzter, weisungsfreier Gremien 1611 oder auch Entscheidungen, die von einer Prognose abhängen, die letztlich von der Behörde aufgrund deren besonderer Sachkunde und nicht von den Gerichten vorgenommen werden soll1612_ b) Inhaltswirksame Beurteilungsspielräume Die Ausfüllung der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV fällt in den Zuständigkeitsbereich der KEK bzw. der KDLM als deren Überprüfungsinstanz. Beide sind Organe der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt, einer Anstalt des öffentlichen Rechts und staatlichen Behörde im weiteren Sinne 1613. Von Verfassungs wegen ist der Rundfunkgesetzgeber gehalten, einen bestimmenden Einfluß des Staates auf das Programm von Rundfunkveranstaltern und damit jegliche politische Instrumentalisierung des Rundfunks zu verhindem 1614. Wie die Vielfalt im Rundfunk gewährleistet werden soll, muß dabei im wesentlichen der Gesetzgeber entscheiden. Die Entscheidung hierüber darf er nicht der Verwaltung überlassen, auch nicht der Sache nach durch nicht hinreichend bestimmte Normierungen. So darf er sich etwa nicht darauf beschränken, nur allgemein gehaltene Grundsätze für die Verwaltung aufzustellen 1615. Ihm ist es auch verwehrt, den Landesmedienanstalten Handlungs- und Wertungsspielräume zu eröffnen, die es ermöglichen, daß "sachfremde, insbesondere die Meinungsvielfalt beeinträchtigende Erwägungen Einfluß auf die Entscheidung über den Zugang pri1608 Vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rdnr. 37 ff.; Schmalz, Allgemeines Verwaltungsrecht, Teil5.3, Rdnr. 124ff. 1609 BVerwGE 8, 273 (275); 57, 130 (136); BVerwG, DÖV 1981, 62; 1984, 804; JZ 1982, 760. 1610 BVerwGE 68, 109 (110); BVerfGE 39, 334 (354). 1611 BVerwGE 39, 203 (203 f.); 59, 213; 62, 330. 1612 BVerwGE 64, 238 (242). Ein solcher wurde beispielsweise für § 8 a LMedG BW (in der Fassung v. 24. November 1997, B.-W. GBI. 1997, 483) anerkannt, VG Stuttgart, ZUM 1998,177. 1613 Vgl. §3D. I. 1614 BVerfGE 12, 205 (263); 57, 295 (320); 73, 118 (152); 74, 297 (324); 83, 238 (296, 322, 330); 90, 60 (88). Vgl. zum Gebot der Staatsfeme Hoffmann-Riem, Kommunikationsund Medienfreiheit, Rdnr. 18; Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks, S. 22 ff., sowie bereits unter § 2 E. I. 1. d) 1615 BVerfGE 57,295 (321, 327). Vgl. auch BVerfGE 57, 295 (326).
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vater Interessenten zum Rundfunk gewinnen können" 1616. Zu diesen zählt das Bundesverfassungsgericht vor allem Beurteilungsfreiräume, die eine inhaltliche Bewertung des Programms notwendig machen oder deren Ausfüllung sich mittelbar auf den Programminhalt auswirkt 1617 . Dem liegt die Befürchtung zugrunde, daß derartige Wertungsfreiräume bereits im Vorfeld als Druckmittel wirken und eine "Selbstzensur" fördern können. Derart inhaltswirksame Beurteilungsspielräume sind demzufolge mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG unvereinbar. Weder der Begriff der "medienrelevanten verwandten Märkte" noch der der "Geringfügigkeit" beziehen sich auf den Inhalt der Rundfunkprogramme. Ebensowenig macht der Terminus der "marktbeherrschenden Stellung" sowie des "entsprechenden Einflusses" eine inhaltliche Bewertung der von dem betroffenen Unternehmen veranstalteten Fernsehprogramme erforderlich. Würde § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV der zuständigen Landesmedienanstalt einen Beurteilungsspielraum einräumen, wäre dieser sonach nicht schon deshalb verfassungswidrig, weil er den Landesmedienanstalten einen inhaltswirksamen Wertungsfreiraum eröffnete. c) Beurteilungsspielräume im Rahmen des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV
Ob der Landesmedienanstalt respektive der KEK tatsächlich ein verwaltungsgerichtlich nur begrenzt kontrollierbarer Beurteilungsspielraum zusteht, entscheidet sich sonach nach den allgemeinen Grundsätzen unter Maßgabe des einzelnen unbestimmten Rechtsbegriffs. Ausfüllungsbedürftig sind zum einen der Begriff der "medienrelevanten verwandten Märkte". Zu klären ist ferner, wann eine Unterschreitung der 30 %-Grenze als "geringfügig" anzusehen ist. Auch die Begriffe der "marktbeherrschenden Stellung" sowie des "entsprechenden Einflusses" bedürfen der Konkretisierung. Einen Beurteilungsspielraum bergen diese unbestimmten Rechtsbegriffe nur, wenn ihre Ausfüllung eine besondere Sachkunde erfordert, die außerhalb des rechtlich erfaßbaren Bereichs liegt, insbesondere wenn die Beurteilungssituation unvertretbar und nicht wiederholbar ist oder ein Gericht über keine adäquaten Erkenntnismöglichkeiten verfügt 1618 . Der Begriff der medienrelevanten venvandten Märkte erfordert eine dynamische Betrachtung, die die Meinungsrelevanz der Märkte feststellt, die mit der Fernsehveranstaltung im Wege der Cross Ownership verbunden sind. Diese schließt jedoch eine gerichtliche Überpriifung nicht aus. Insbesondere sind dies betreffende Erkenntnislücken des Gerichts nicht unausräumbar. Ob ein Markt "medienrelevant verwandt" ist, kann sonach uneingeschränkt gerichtlich kontrolliert werden. Auch die Feststellung der " Geringfügigkeit" setzt prinzipiell keine von subjektiven Vorstellungen beeinflußte, ihrer Natur nach unvertretbare Bewertung qualita1616 1617 1618
BVerfGE 73, 118 (183). BVerfGE 90, 60 (89); 73, 118 (182 f .). BVerfG, DVBI. 1991, 801 (802). Vgl. § 1 A. I. 3. a).
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tiver Maßstäbe voraus. Vielmehr stellt sie zuvorderst eine quantitative Einordnung dar, bei der der Verwaltung zwar ein gewisser Konkretisierungsspielraum nicht aber ein nicht justitiahier Beurteilungsspielraum zusteht 1619 . Die Entscheidung, ob die Unterschreitung der 30 %-Marke "geringfügig" ist, ist keine unvertretbare, nicht nachholbare oder notwendig höchstpersönlich zu treffende Feststellung. Auch der Begriff der Geringfügigkeit birgt sonach keinen den Gerichten im wesentlichen entzogenen Beurteilungsfreiraum der Verwaltung. Nichts anderes kann für das Eingriffskriterium der marktbeherrschenden Stellung gelten, dem auch im Wettbewerbsrecht keine beurteilenden Elemente zugestanden werden. Bei der nach § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV geforderten Gesamtbetrachtung ist der publizistische Einfluß zu ermitteln, der dem entspricht, den ein Unternehmen mit einem Zuschauermarktanteil von 30 % im bundesdeutschen Fernsehen besitzt ("entsprechender Meinungseinjluß"). Die Problematik des Begriffs liegt in seiner (fehlenden) Kontrolldichte. Auch er schließt jedoch eine gerichtliche Kontrolle nicht von vomherein aus. Die Unbestimmtheit von Normen allein indiziert keinen Beurteilungsspielraum der Behörde. Nur die fehlende Bestimmbarkeil in Verbindung mit unauflöslichen Aufklärungsdefiziten bei Gericht legen eine Beurteilungssituation und damit eine nur eingeschränkte gerichtliche Überprüfung nahe. Auch der "entsprechende Meinungseinfluß" ist demnach gerichtlich voll überprüfbar. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eröffnet den Landesmedienanstalten und deren Organe demzufolge keinen Beurteilungsspielraum. Die bei der Anwendung der Cross Ownership Beschränkung vorzunehmenden Bewertungen und Prognosen der KEK unterliegen der uneingeschränkten Kontrolle der Verwaltungsgerichte.
IV. Zusammenfassung Die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern unterliegt rundfunkrechtlichen Bindungen. Diese ergeben sich zum einen aus den Landesmediengesetzen, zum anderen aus § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Dabei stellt die im Rundfunkstaatsvertrag verankerte Cross Ownership Beschränkung keinen von den Landesmediengesetzen auszufüllenden Mindestrahmen dar, sondern vielmehr eine abschließende Sonderregelung für Cross Ownerships von Veranstaltern bundesweiter Femsehprogramme, das heißt von Programmen die sich ihrem Gesamtcharakter nach an ein Publikum in ganz Deutschland richten und im ganzen Bundesgebiet empfangbar sind oder zumindest sein sollen. Die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen erfassen sämtliche sonstigen Cross Ownerships, namentlich alle Cross Ownerships im Hörfunkbereich. 1619
Hess, AfP 1997, 680 (684); OVG Bremen, DVBI. 1991, 1270 (1271).
D. Rundfunkrechtliche Bindungen der Cross Ownership
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Die Durchsetzung aller Cross Ownership Beschränkungen obliegt den Landesmedienanstalten. Als deren Organ fungiert die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK), die allerdings ausschließlich für die Konzentrationskontrolle im bundesweiten Fernsehen zuständig ist. In den Landesmediengesetzen findet sich eine variantenreiche, föderale Vielfalt an Rundfunkordnungen. Der traditionelle Kern der meisten Landesrundfunkordnungen sind Kumulationsbeschränkungen, flankiert von Beteiligungsgrenzen und binnenpluralen Anforderungen organisatorischer Art. Ein Teil der Landesmediengesetze sieht die wettbewerbsrechtliche Fusionskontrolle als Vorschaltverfahren vor. Dabei lassen die neueren Landesmediengesetze und anstehenden Gesetzgebungsvorhaben einen Trend zum Abbau und zur Lockerung der landesmediengesetzlichen Konzentrationsregelungen erkennen. Im Mittelpunkt der Cross Ownership Kontrolle auf Landesebene steht in erster Linie die intermediäre Verflechtung von Hörfunk und Presse, namentlich auf der lokalen Ebene. Betroffen sind in der Hauptsache die Presseverleger. Die Beschränkung vertikaler Cross Ownerships, namentlich der Verflechtung von Rundfunkveranstaltern und Rechtehändlern oder Netzbetreibern hat eine nur marginale Bedeutung. Gleiches gilt für die intermediäre Konzentration jenseits von Hörfunk und Presse. Zentrales Steuerungsinstrument der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Kontrolle sind Beteiligungsbeschränkungen, namentlich das Verbot der im übrigen ganz überwiegend zugelassenen Alleinveranstaltung von Rundfunkprogrammen. Weiterhin treten Cross Ownership Beschränkungen in Form von Inkompatibilitätsregelungen, Kumulationsverboten, Sendezeitbeschränkungen, Beweisregeln sowie Verpflichtungen auf, die die innere Organisation der Rundfunkveranstalter betreffen, ergänzt von Programmzulieferungsbeschränkungen, die allerdings keine Cross Ownership Beschränkungen im eigentlichen Sinne darstellen. Seit dem Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist nunmehr auch im bundesweiten Fernsehen die Alleinveranstaltung von Rundfunkprogrammen prinzipiell zulässig. Zentraler Bezugspunkt der Rundfunkkonzentrationskontrolle im bundesweiten Fernsehen ist nach § 26 RStV die vorherrschende Meinungsmacht eines Unternehmens, die vermutet wird, wenn das Unternehmen bestimmte Zuschauermarktanteilsgrenzen überschreitet. Das Zuschauermarktanteilsmodell wirft eine Vielzahl prinzipieller Probleme sowie Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung auf. Den nicht unerheblichen Operationalisierungsproblemen trat der Gesetzgeber entgegen, indem er auf die Verankerung starrer Grenzwerte verzichtete und sich stattdessen mit einer Beweislastumkehr begnügte. Darüberhinaus flexibilisierte er die Norm durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese räumen der KEK gerade bei der Einbeziehung anderer Märkte im Rahmen der nach§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV erforderlichen Cross Ownership-Betrachtung einen nicht unerheblichen Spielraum bei der Norminterpretation ein. Dieser ist jedoch gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar.
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Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages eröffnet der KEK keinen Beurteilungsfreiraum. Die Cross Ownership Beschränkung im Rundfunkstaatsvertrag ist nicht wie die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen vornehmlich auf die Verflechtung von Rundfunk und Presse fixiert. Vielmehr wendet sie sich prinzipiell gegen jede Art der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien, namentlich auch die ökonomisch besonders wichtigen, vertikalen Verflechtungen. Sie wirkt damit der Bildung konglomerat strukturierter, diagonal wie vertikal diversifizierter Medienunternehmen entgegen, die auf den Medienmärkten national wie international stetig an Bedeutung gewinnen 1620. Bei der Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen der Cross Ownership Beschränkung ist vor allem der Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zu berücksichtigen. Demnach können zu den medienrelevanten verwandten Märkten nur die Geschäftsfelder gerechnet werden, deren Integration in das Unternehmensportfolio das publizistische Wirkungspotential des Unternehmens, das heißt dessen möglichen Einfluß auf die öffentliche Meinung verstärkt. Dazu zählen vor allem die Märkte der traditionellen Massenkommunikation, die selbst über ein nicht vernachlässigbares publizistisches Wirkungspotential verfügen, wie Presse und Hörfunk. Bei der Ermittlung der Meinungsmacht des Unternehmens sind ferner Märkte zu berücksichtigen, die der Fernsehveranstaltung vor- oder nachgelagert sind, soweit sie aufgrund ihrer Schlüsselposition für den Markt der Programmveranstaltung einen merklichen Einfluß auf die redaktionelle Gestaltung der Fernsehveranstalter besitzen. Für die Rundfunkkonzentrationskontrolle irrelevant bleiben dagegen die Märkte im Bereich der Individualkommunikation, der Teledienste wie zumindest derzeit auch der Markt für Online- und Internet-Dienste. Die KEK kann einen Fall ferner nur dann aufgreifen, wenn der Zuschauermarktanteil eines diversifizierten Unternehmens die kritische Schwelle von 30 % nur geringfügig unterschreitet. Die maximal erlaubte Abweichung bestimmt sich dabei nach dem aus publizistischer Sicht einflußreichsten medienrelevanten verwandten Markt. Sinn und Zweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV schließen ein rein qualitativnormatives Verständnis von Geringfügigkeit aus. Zum Schutz der Rundfunkveranstalter wie auch der sicherzustellenden pluralistischen Vielfalt im Rundfunk müssen die Geringfügigkeilsmargen quantitativ festgelegt werden. Dabei kann jedoch kein einheitlicher, für alle Arten von Cross Ownerships gleichermaßen geltender Schwellenwert bestimmt werden. Die Geringfügigkeilsschwelle ist vielmehr in Abhängigkeit von der konkreten Cross Ownership, das heißt von der Art des integrierten medienrelevanten verwandten Marktes zu definieren. Dabei entfalten einmal festgelegte Grenzwerte jedoch eine Bindungswirkung für gleichgelagerte Fälle, da die Unternehmen Anspruch auf willkürfreie Behandlung haben. Ferner 1620
Vgl. § 1 d. I. I. Nachweise unter Fußnote 317.
E. Ergebnis
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strahlt er auch auf die Grenzwerte aus, die für Cross Ownerships mit anderen medienrelevanten verwandten Märkten gelten, da die Schwellenwerte in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen müssen. In keinem Falle kann über § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die kritische Marktanteilsgrenze indes auf 25 % oder darunter absinken. Bei den Eingreifkriterien sind noch viele Fragen offen. Nach der hier vertretenen Ansicht muß der Begriff der marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV im Lichte der kommunikationspolitischen Zwecksetzung des Rundfunkrechts ausgelegt und damit eigenständig bestimmt werden. Trotz der offenkundigen Anlehnung an Termini des Wettbewerbsrechts kann nicht undifferenziert auf die dort geltenden Auslegungsgrundsätze und -kriterien zurückgegriffen werden. Diese können vielmehr nur den Ausgangspunkt der Norminterpretation darstellen. Problematisch ist, daß der Rundfunkstaatsvertrag zu der sonach erforderlichen rundfunkrechtlich eigenständigen Bestimmung der marktbeherrschenden Stellung keine spezifischen publizistischen Kriterien vorgibt. Die zweite Alternative des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt klar, daß sich die vorherrschende Meinungsmacht des Unternehmens nicht nur aus zwei Märkten ergeben kann, sondern vielmehr auch aus der marktübergreifenden Betrachtung von drei und mehr Märkten. Unklar ist indes, anhand welcher medienspezifischen Kriterien die Gesamtbeurteilung der Aktivitäten des Unternehmens erfolgen kann, die die Grundlage für die Ermittlung darstellen soll, ob der Meinungseinfluß des Unternehmens dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30 % im Fernsehen entspricht.
E. Ergebnis Die Cross Ownership Beschränkungen der deutschen Rechtsordnung finden ihre normative Grundlage in den Landesmediengesetzen und im Rundfunkstaatsvertrag der Länder. Ihr regulatorisches Umfeld ergibt sich aus den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts, des Verfassungsrechts und des nationalen Wettbewerbsrechts. Das europäische Gemeinschaftsrecht befaßt sich mit der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltem, wenn diese den Wettbewerb auf dem Gebiet der Gemeinschaft zu verzerren droht und wenn ihre Kontrolle durch nationale Bestimmungen Barrieren für die freie Niederlassung von Runclfunkveranstaltern in der Gemeinschaft schafft. Die Cross Ownership Kontrolle von Seiten der Europäischen Gemeinschaft ist sonach wirtschaftlich ausgerichtet und greift daher nur dann ein, wenn wirtschafts-, namentlich wettbewerbspolitische Gefahren zu befürchten sind. Der Schutz kommunikationspolitischer Interessen ist allenfalls ein Nebenprodukt der Sicherung eines funktionierenden Wirtschaftslebens in der Gemeinschaft. Demokratie- und kulturstaatliche Aspekte, insbesondere
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die Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk begründen kein Ziel und damit auch keine Regelungskompetenz der Europäischen Gemeinschaft, sind aber bei deren Tätigkeit zur Erreichung anderer Vertragsziele zu berücksichtigen. Der Schutz der Niederlassungsfreiheit hat bislang noch keine Regelung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern notwendig gemacht. An den von der Europäischen Gemeinschaft gesetzten Ordnungsrahmen stoßen Cross Ownerships derzeit daher nur im Bereich des europäischen Wettbewerbsrechts. Mißbrauchs- und vor allem Fusionskontrolle setzen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien gewisse äußerste Schranken. Beide lassen dabei die diagonal-intermediäre Konzentration weitgehend unberührt, da diese aus wettbewerbspolitischer Sicht typischerweise ungefährlich ist, und wenden sich nahezu ausschließlich gegen die Bildung oder Intensivierung vertikaler Verflechtungen. So verbietet Art. 86 EG, daß ein Unternehmen seinen Konkurrenten den Zugang zu einem von ihm beherrschten Markt abschneidet oder unangemessen erschwert, wenn der Markt, auf dem die Konkurrenz stattfindet, von dem Markt existenziell abhängt, der von dem Unternehmen beherrscht wird. Die europäische Fusionskontrolle greift bei marktübergreifenden Zusammenschlüssen in den Medien nur selten ein, da ihre Aufgreifkriterien nicht auf die Verhältnisse der Medienwirtschaft passen. Letztlich erfaßt die europäische Fusionskontrolle nur Zusammenschlüsse von Branchenriesen und hinterläßt sonach erhebliche Schutzlücken, zumal das kommunikationspolitisch nicht ungefährliche interne Unternehmenswachstum von den Vorgaben des europäischen Wettbewerbsrechts unberührt bleibt. In der Vergangenheit wurde die europäische Fusionskontrolle vor allem dann aktiv, wenn Unternehmen, die zuvor auf verschiedenen, in einer Wertschöpfungskette stehenden Märkten führend tätig waren, durch die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens ihre Marktmacht auf weitere vor- oder nachgelagerte Märkte ausweiten wollten. Besonders sensibel zeigte sich die Europäische Kommission bei der vertikalen Verflechtung von Programmressourcen und Programmveranstaltung. Die europarechtlichen Vorgaben setzen Cross Ownerships sonach zwar Grenzen. Aus kommunikationspolitischem Blickwinkel bleiben aber angesichts der weitgehenden Nichterfassung der diagonal-intermediären Cross Ownerships, der Vernachlässigung des internen Unternehmenswachstums und der für den Bereich der Medienwirtschaft zu hohen Aufgreifkriterien der Fusionskontrollverordnung nicht unerhebliche Schutzlücken. Ähnliche Schutzlücken ergeben sich, wenn man die Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern durch das nationale Wettbewerbsrecht betrachtet. Auch die nationale Wettbewerbsaufsicht befaßt sich mit der Problematik der Cross Ownership in erster Linie im Hinblick auf vertikale Verflechtungen und läßt darüberhinaus das interne Unternehmenswachstum gänzlich unberührt. Anders als das europäische Wettbewerbsrecht enthält die nationale Fusionskontrolle allerdings medienspezifische Aufgreifkriterien und hinter-
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läßt sonach keine der europäischen Zusammenschlußkontrolle vergleichbaren Schutzlücken. Zudem kommen die nationalen Wettbewerbshüter grundsätzlich schneller zur Annahme einer marktbeherrschenden Stellung, da diese von Gesetzes wegen bereits bei einem Marktanteil von einem Drittel vermutet wird, wohingegen dies auf europäischer Ebene regelmäßig erst ab einem Marktanteil von mindestens 40% der Fall ist. Dafür ist die europäische Wettbewerbsaufsicht dichter, was die Rezipientenmärkte im Medienbereich angeht, da das Bundeskartellamt anders als die Europäische Kommission Zuschauermärkte im werbefinanzierten Rundfunk nicht anerkennt und die Eigentumskonzentration auf diesen sonach von vornherein unberücksichtigt läßt. Diese Schutzlücken aus kommunikationspolitischer Sicht sind jedoch keine Regelungsdefizite des Wettbewerbsrechts, da sie nicht Folge einer unzulänglichen Ausgestaltung des wettbewerbliehen Ordnungsrahmens sind, sondern vielmehr in logischer Konsequenz aus dem Regelungszweck des Wettbewerbsrechts resultieren, der einer dem Rundfunkrecht vergleichbaren demokratie- und kulturstaatlichen Zielsetzung entbehrt. Das Wettbewerbsrecht kann daher das medienspezifische Sonderrecht auch und gerade im Hinblick auf die marktübergreifende Eigentumskonzentrationskontrolle nicht ersetzen. Das Verfassungsrecht setzt der Cross Ownership weitere, allerdings ebenfalls nur weit gesteckte Grenzen. So verbietet die Rundfunkfreiheit lokale "Doppelmonopole" in Rundfunk und Presse. Im übrigen muß der Gesetzgeber gegen Cross Ownerships nur dann vorgehen, wenn die Zusammenballung multimedialer Meinungsmacht oder die über die vor- und nachgelagerten Märkte erzielte mittelbare Meinungsmacht Einzelner die ausgewogene Informations- und Meinungsvielfalt in und über die Medien gefährdet. Die Verfassung verlangt keine strikte publizistische Gewaltenteilung und auch keine Trennung der Programmveranstaltung von den vor- oder nachgelagerten Märkten der Programmbeschaffung oder Distribution, namentlich des Rechtehandels oder des Netzbetriebs. Bei der Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration bewegen sich die rundfunkrechtlichen Cross Ownership Beschränkungen sonach in einem Feld, das sich anderen Regelungen schon vom Ansatz her weitgehend verschließt. Sie besitzen daher eine zentrale Bedeutung bei der Regulierung der marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien. Die Cross Ownership Beschränkungen der deutschen Rechtsordnung ergeben sich aus den Landesmediengesetzen und § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Die bereits im rechtstatsächlichen Befund hervorgetretenen Unterschiede zwischen diagonalintermediärer und vertikal-konglomerater Cross Ownership haben damit ihre Entsprechung und Fortsetzung in der rechtlichen Normierung gefunden. Die klassische Form der Cross Ownership, die intermediäre Verflechtung namentlich von Hörfunk und Presse, ist das gedankliche Leitbild der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen. Diese wollen zuvorderst den Gefahren multimedialer Meinungsmacht wehren, die sich in erster Linie im
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lokalen Bereich aktualisieren. Hauptadressaten der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen sind daher die Presseverleger, insbesondere die örtlichen Zeitungsmonopolisten. Dabei arbeitet die landesmediengesetzliche Cross Ownership Kontrolle vor allem mit Beteiligungsbeschränkungen und binnenpluralen Auflagen. Cross Ownership Beschränkungen finden sich ferner in Gestalt von Inkompatibilitätsregelungen, Kumulationsverboten, Sendezeitbeschränkungen und Beweisregeln. Ergänzt werden die Cross Ownership Beschränkungen von Programmzulieferungsbeschränkungen. Insgesamt ist die traditionelle Art der Cross Ownership sonach von einem relativ dichten Netz an Cross Ownership Beschränkungen umfangen, das allerdings zunehmend gelockert wird. Die im Rundfunkstaatsvertrag verankerte Cross Ownership Beschränkung hat dagegen auch und gerade die neue Erscheinungsform der marktübergreifende Eigentumskonzentration in den Medien, die vertikal-konglomerate Cross Ownership, im Auge. Deren Kontrolle ist weniger ein Problem der lokalen als vielmehr der nationalen Ebene und aktualisiert sich dabei vor allem im Fernsehen, weniger im Hörfunk. Sie hat daher zu Recht eine eigenständige Normierung gefunden, die auf das bundesweite Fernsehen beschränkt ist und sich dabei von dem traditionellen Regelungskonzept der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Kontrolle deutlich abhebt. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV tritt zwar auch den publizistischen Risiken multimedialer Meinungsmacht entgegen. Darüberhinaus hat er aber auch die Gefahren im Visier, die sich aus der konglomeraten Struktur von Medienkonzernen ergeben. Insbesondere will § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV einer vorherrschenden Meinungsmacht wehren, die daraus resultiert, daß Medienunternehmen Schlüsselpositionen auf den der Programmveranstaltung vor- oder nachgelagerten Märkten besetzen und dadurch einen indirekten Einfluß auf die Programme konkurrierender Fernsehveranstalter gewinnen.
Adressaten des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sind sonach weniger die Presseverleger als vielmehr die vertikal wie diagonal hoch diversifizierten Medienkonglomerate, deren Unternehmenswachstum vor allem darauf zielt, die Wertschöpfungskette im Medienbereich möglichst umfassend abzudecken, und die hierüber national wie international erheblich an Marktanteil und damit an Bedeutung in den Medienmärkten gewonnen haben. Allerdings besitzt § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eine insgesamt nur geringe Eingriffsintensität. Sein materieller Regelungsgehalt erschöpft sich in einer Malusregelung, die die erlaubte Zuschauermarktanteilsgrenze zu Lasten intermediär und vertikal diversifizierter Unternehmen geringfügig, in jedem Falle um nicht mehr als 5 % absolut absenkt. Die "medienrelevanten verwandten Märkte" werden daher erst und nur dann berücksichtigt, wenn ein Unternehmen einen Zuschauermarktanteil von schon fast 30 % erreicht hat. Dabei bezieht sich die Malusregelung auf kein gesetzliches Verbot, sondern auf eine widerlegbare gesetzliche Vermutung. Sie betrifft damit ausschließlich die Beweisebene. Darüberhinaus führt § 26 Abs. 2
E. Ergebnis
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Satz 2 RStV nur ganz ausnahmsweise zur Aufgabe von Beteiligungen. Typischerweise hat sie lediglich die Einrichtung von Programmbeiräten zur Folge. Im Ergebnis wirkt die im Rundfunkstaatsvertrag verankerte Cross Ownership Beschränkung der intermediären und vertikalen Verflechtung in den Medien daher nur marginal entgegen. Obschon Cross Ownership Beschränkungen sonach der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern im Prinzip einen engeren Rahmen stecken könnten als etwa das Wettbewerbsrecht, haben die Rundfunkgesetzgeber dieses Potential bislang nur bedingt genutzt. Die spezifische Schärfe der Cross Ownership Beschränkungen tritt noch am deutlichsten auf der Rechtsfolgenseile zu Tage. So beschränken Cross Ownership Beschränkungen nicht nur das äußere, sondern auch und vor allem das interne Wachstum von Medienunternehmen. Diese intensive Eingriffsmöglichkeit kommt in der Praxis allerdings kaum zum Tragen, da der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Cross Ownership Beschränkungen, namentlich im Bereich des bundesweiten Fernsehens, relativ eng gehalten hat. In ihrer Wirkung bleiben die Cross Ownership Beschränkungen daher nicht selten hinter den allgemeinen Restriktionen der Cross Ownership zurück. So scheiterten die marktübergreifenden Gemeinschaftsvorhaben zur Einführung des digitalen Pay-TV auch nicht an den vielfaltssichernden Cross Ownership Beschränkungen, sondern vielmehr an den wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Europäischen Kommission.
§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen am Beispiel des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV In den vorangegangenen Kapiteln wurde vor dem Hintergrund der historischen, ökonomischen und publizistischen Grundlagen der marktübergreifenden Bigenturnskonzentration von Rundfunkveranstaltern die charakteristischen Kennzeichen von Cross Ownership Beschränkungen herausgearbeitet. Anschließend wurden die Cross Ownership Beschränkungen und die sonstigen rechtlichen Bindungen der Cross Ownership vorgestellt. Im Folgenden soll nun nach den rechtlichen Grenzen der Cross Ownership Beschränkungen gefragt werden. Dies soll am Beispiel der ersten und bislang einzigen Cross Ownership Beschränkung für das bundesweite Fernsehen erfolgen, § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Auch die Zulässigkeil der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen wurde lange Zeit kontrovers diskutiert. Die Debatte fand ihren Höhepunkt in den achtziger Jahren und ihren vorläufigen Abschluß im dritten, vierten und vor allem sechsten Rundfunkurteil des Bundesverfassungsgerichts 1621 . In diesen Entscheidungen bestätigte das Bundesverfassungsgericht die prinzipielle Verfassungskonformität der in den Landesmediengesetzen verankerten Cross Ownership Beschränkungen. Auf eine Wiedergabe der bereits wiederholt dargestellten Diskussion um die Zulässigkeil der landesmediengesetzlichen, in erster Linie auf die klassische Form der intermediären Cross Ownership gerichteten Cross Ownership Beschränkungen wird daher im Rahmen dieser Untersuchung verzichtet1622. Auf einzelne Argumentationsmuster der damals geführten Debatte wird eingegangen, soweit sie für die aktuelle Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV fruchtbar gemacht werden können 1623.
A. Kontrollmaßstab Idealtypisch ist die gesamte Rechtsordnung ein einziges begrifflich-logisches System, in dem die einzelnen Rechtsbegriffe und Rechtsregeln durch einen inneren Zusammenhang zu einer großen Einheit verbunden sind 1624. Entsprechend dieser 1621 BVerfGE 57, 295- FRAG; 73, 118- Niedersachsen; 83,238- Nordrhein-Westfalen. 1622 Zur Verfassungsmäßigkeit der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen etwa Degenhan, ZUM 1987, 595; Bullinger, AöR 108 (1983), 161 ; Bismark, AfP 1982, 135; Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 187 ff. 1623 Vgl. vor allem unter§ 4 C. III. 3. 1624 Von Savigny, Römisches Recht, S. XXXVI, 10.
B. Vereinbarkeil mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft
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im Interesse der Rechtssicherheit anzustrebenden Einheit der Rechtsordnung sind die einzelnen Rechtssätze so auszulegen, daß logische Widersprüche vermieden und Zielkonflikte der verschiedenen Normen und Interessen zu dem bestmöglichen, gerechten und schonenden Ausgleich gebracht werden. Die einzelnen Normen müssen sich nach Sinn und Zweck in den Kontext gleich- und höherrangiger Normen einfügen 1625 • Zu prüfen ist daher, ob sich § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV mit höherrangigem Recht vereinbaren läßt. Als Norm im Range einfachen Landesrechts muß sie sich an den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts sowie an den nationalen Verfassungsbestimmungen messen lassen 1626.
B. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft Das Gemeinschaftsrecht beansprucht gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten einen Anwendungsvorrang 1627 . Auch wenn das Gemeinschaftsrecht durch nationale Behörden oder Gerichte vollzogen wird, bleibt es beim Vorrang des Gemeinschaftsrechts 1628 .
I. Niederlassungsfreiheit, Art. 43 EG Der Europäischen Gemeinschaft ist aufgegeben, einen Raum ohne Binnengrenzen zu schaffen, in dem Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital frei zirkulieren können. Dazu ist sie befugt wie verpflichtet, Hindernisse für den grenzüberschreitenden Verkehr zu beseitigen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV macht die Fernsehtätigkeit von Unternehmen, die bereits auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten tätig sind, von besonderen Voraussetzungen abhängig. Es ist zu untersuchen, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV dem freien Personenverkehr in der Gemeinschaft zuwiderläuft. In Betracht kommt eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit 1629• 1625 Zippelius, Rechtsphilosophie, §§ 2 II, 30 II. Zur Rangordnung der Normen siehe Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 641 ff., Hill, Gesetzgebung, S. 23 f. 1626 Zum Rang der Cross Ownership Beschränkungen§ 3D. I. 1627 EuGH - Costa/ENEL v. 15. Juli 1964, Rs. 6/64, Slg. 1-1964, 1251; BVerfGE 22, 293; 73, 339; 75, 223; Streinz, Europarecht, Rdnr. 179; Lenz-Hetmeier, EGV-Kommentar, Art. 249, Rdnr. 22 ff. Zum Streit um die eigenständige Rechtsnatur des Gemeinschaftsrechts EuGH- Costa/ENEL v. 15. Juli 1964, Rs. 6/64, Slg. 1-1964, 1251, S. 1269 (Rdnr. 8 und 9); Streinz, Europarecht, Rdnr. 180 ff.; Schweitzer I Hummer, Europarecht, Rdnr. 849 f. Zur Diskussion um Anwendungs- und Geltungsvorrang Streinz. Europarecht, Rdnr. 200; vgl. auch Geiger, EUV /EGV, Art. 10 EG, Rdnr. 32. 1628 Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 153. Vgl. auch Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 69. 1629 Zur Niederlassungsfreiheit im Rundfunk allgemein Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 110ff.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
1. Anwendungsbereich
Die Niederlassungsfreiheit will es jedem Angehörigen eines Mitgliedstaates ermöglichen, sich dauerhaft in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft niederzulassen. Dazu garantiert sie jedem das Recht, sich in einem anderen Mitgliedstaat unter denselben Bedingungen anzusiedeln wie ein dortiger Inländer, außer Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit rechtfertigen eine Ungleichbehandlung 1630• Die Veranstaltung von Fernsehprogrammen ist eine selbständige Erwerbstätigkeif, mit der private Anbieter auf eigene Rechnung und eigenes Risiko am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnehmen. Private Fernsehveranstalter stehen sonach unter dem Schutz des Art. 43 EG, zumal sich der Anwendungsbereich des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht auf rein innerstaatliche Sachverhalte beschränkt 1631 . So können die Zulassungsbeschränkungen auch Medienunternehmen betreffen, die im Eigentum von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten stehen. Die rundfunkrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen und damit auch § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV behindern sonach potentiell die freie Niederlassung des Einzelnen innerhalb der Gemeinschaft und müssen sich daher an Art. 43 EG messen lassen. Demgegenüber wird der freie Dienstleistungsverkehr von § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht berührt. Die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen stellt zwar eine Dienstleistung dar, die Zulassungsvoraussetzungen betreffen jedoch nur jene Femsehveranstalter, die sich auf Dauer in dem Land niederlassen, für das sie die Fernsehlizenz beantragen. Die Ausstrahlung der Fernsehprogramme erfolgt daher nicht nur vorübergehend grenzüberschreitend. Die Dienstleistung wird vielmehr dauerhaft außerhalb des Heimatstaates des kommerziellen Anbieters erbracht. 1632
2. Diskriminierungsverbot
Die Malusregelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV enthält keine offene Diskriminierung, da sie nicht nach der Staatsangehörigkeit des Bewerbers differenziert. Sie trifft deutsche Staatsangehörige und die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gleichermaßen. Verboten sind aber nicht nur offene, sondern auch verschleierte Diskriminierungen. Regelungen enthalten verschleierte Diskriminierungen, wenn sie zwar nicht an der Staatsangehörigkeit anknüpfen, wohl aber an einen Umstand, der regelmäßig nur bei Angehörigen anderer Mitgliedstaaten vorliegt. § 26 Abs. 2 Art. 46 Abs. I EG (Ordre-Public-Klausel). Dazu bereits im Einzelnen unter§ 3 A. I. 2. b). Zur Freistellung nach Art. 45 EG ebenfalls dort. 1632 Zum Verhältnis Niederlassungs-, Dienstleistungsfreiheit und nationales Rundfunkkonzentrationsrecht bereits unter § 3 A. I. 2. c). 1630 1631
B. Vereinbarkeil mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft
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Satz 2 RStV würde Angehörige anderer Mitgliedstaaten etwa dann versteckt diskriminieren, wenn die Einbeziehung anderer medienrelevanter verwandter Märkte im Ergebnis nahezu ausschließlich die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten treffen würde. Dies ist nach Ansicht der Europäischen Kommission etwa dann der Fall, wenn Unternehmen anderer Mitgliedstaaten, die sich in Deutschland zum Zwecke der Rundfunkveranstaltung niederlassen wollen, bereits auf den Medienmärkten anderer Mitgliedstaaten aktiv sind und diese Tatigkeit bei der Ermittlung der Erreichung der medienkonzentrationsrechtlichen Schwellenwerte mitberiicksichtigt wird, so daß die ausländischen Unternehmen die kritischen Grenzen schneller erreichen und hierdurch eher an der Zulassung und damit an ihrer Niederlassung gehindert werden als ihre deutsche Konkurrenz 1633 . § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV greift ein, wenn das Unternehmen im bundesweiten Fernsehen einen Zuschauermarktanteil von nahezu 30 % erreicht und in anderen medienrelevanten verwandten Märkten eine marktbeherrschende Stellung oder einen publizistischen Einfluß besitzt, der dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30 % im bundesweiten Fernsehen entspricht. Sowohl die Ermittlung des Zuschauermarktanteils als auch die Bewertung der Marktposition des Unternehmens in anderen medienrelevanten verwandten Märkten hängen weder unmittelbar noch mittelbar von der Tätigkeit des Unternehmens auf den Medienmärkten in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ab. Entscheidend ist allein das publizistische Wirkungspotential des Unternehmens in den deutschen Medienmärkten, insbesondere im bundesweiten Fernsehen. Darüberhinaus deuten die Wettbewerbsstrukturen auf den deutschen Medienmärkten darauf hin, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die Handlungsspielräume gerade der ausländischen Medienkonzerne weitgehend unberührt läßt. Von der Cross Ownership Regelung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages sind die deutschen Medienhäuser sehr viel stärker als ihre ausländischen Wettbewerber betroffen, da zumindest gegenwärtig die Aktivitäten ausländischer Medienkonzerne auf den medienrelevanten verwandten Märkten in Deutschland noch eher gering sind. Insbesondere der Markt der deutschen Tagespresse, aber auch etwa der Programmrechtehandel in Deutschland sind überwiegend in deutscher Hand 1634 . Die Malusregelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV knüpft weder offen noch verdeckt an der Staatsangehörigkeit der Unternehmen an und enthält daher auch keine nur verschleierte Diskriminierung von ausländischen Unternehmen. Mangels einer Ungleichbehandlung bedarf es sonach keiner Rechtfertigung der Regelung aus Griinden der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, Art. 46 Abs. 1 EG (Ordre-Public-Klausel) 1635 . 1633 Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 88. Zur verdeckten Diskriminierung aufgrund einer von Gesetzes wegen angeordneten Cross Ownership vgl. Entscheidung der Europäischen Kommission v. 26. Juni 1997 - VTM, ABI. 1997 Nr. L 244, 18; bestätigt in EuG - Vlaamse Televisie Maatschappij /Kommission v. 8. Juli 1999, Rs. T-266/97, Tz. 12. 1634 Vgl. § 1 D. l.
25 Tschon
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
3. Beschränkungsverbot Ungeachtet ihrer nicht diskriminierenden Natur könnte § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV dennoch eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellen. Hierzu ist zunächst zu klären, ob, und wenn, inwieweit Art. 43 EG ein über das Gebot der Inländergleichbehandlung hinausgehendes allgemeines Beschränkungsverbot enthält. Verbietet die Niederlassungsfreiheit nicht nur Diskriminierungen, sondern sämtliche Formen von Behinderungen der Niederlassung, ist zu ermitteln, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eine solche Behinderung darstellt.
a) Beschränkungsverbot und Rundfunkkonzentrationsrecht Vorab ist zu klären, was im gemeinschaftsrechtlichen Sprachgebrauch unter einem Beschränkungsverbot zu verstehen ist. Der Begriff der Beschränkung wird als Oberbegriff für Diskriminierungen und sonstige Behinderungen verwendet 1636• Ein Beschränkungsverbot verbietet nicht nur die offene oder versteckte Ungleichbehandlung von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten. Es verlangt darüberhinaus, 1635 Ob und inwieweit die Sicherung einer pluralistischen Vielfalt im Rundfunk und andere kulturpolitische Zielsetzungen einen Grund der öffentlichen Ordnung darstellen, der diskriminierende Vorschriften rechtfertigen kann, ist umstritten. Der Europäische Gerichtshof ließ in der Entscheidung Bond van Adverteerders diesen Punkt explizit offen, EuGH- Bond van Adverteerders v. 26. Aprill988- Rs. 352/85, Slg. I1988, 2085 (Rdnr. 36). In einer anderen Entscheidung konnten zumindest die vorgebrachten kulturpolitischen Argumente die im Streit stehende Diskriminierung nicht rechtfertigen, EuGH- Kornmission/Belgien v. 16. Dezember 1992 - Rs. C-211/91, Slg. I- 1992, 6757 (Rdnr. 7ff.). Nicht jede kulturpolitische Zielsetzung kann sonach als Schutzgut des Ordre public geltendgemacht werden. Umgekehrt ist der Entscheidung indes auch nicht zu entnehmen, daß die Ordre-Public-Klausel kulturelle Rechtsgüter generell nicht umfaßt. Allerdings läßt das Gesamtbild der Rechtsprechung eine überaus restriktive Auslegung des Art. 46 Abs. l EG im Hinblick auf kulturelle, namentlich kommunikationspolitische Interessen erkennen, Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. Apri11996, Teil I, Kap. VII, Unterkap.l. Weite Teile der Literatur und Verfassungsrechtsprechung betrachten demgegenüber die Pluralismussicherung in den Medien als konstituierenden Bestandteil der öffentlichen Ordnung, etwa Jarass, EuR 1986, 75 (85); Bömer, ZUM 1985, 577 (585 f.); Degenhan, EuGRZ 1983, 205 (214); Gulich, Grenzüberschreitender Rundfunk, S. 116; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 143; Herrmann, Rundfunkrecht, § 8, Rdnr. 58; zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insoweit unter § 2 E. I. 1. a). Dem pflichtet neuerdings auch die Europäische Kommission bei, die lange Zeit einen Zusammenhang zwischen Pluralismus und den Schutzgütern des Art. 46 Abs. l EG geleugnet hat, Entscheidung der Europäischen Kommission v. 26. Juni 1997 - VTM, ABI. 1997 Nr. L 244, 18; noch ablehnend dagegen Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 63 f.; der ablehnenden Haltung im Ergebnis zustimmend Reich, Rundfunkrecht und Wettbewerbsrecht, S. 224 (227); Roth, ZUM 1989, 101 (107, 109). 1636 Troberg, EU-lEG-Vertrag, Art. 52 EG, Rdnr. 46.
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daß auch unterschiedslos auf In- und Ausländer anwendbare Vorschriften sich auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht und am Maßstab der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen lassen müssen. Enthält Art. 43 EG ein über das Gebot der Inländergleichbehandlung hinausgehendes allgemeines Beschränkungsverbot, kann ein Mitgliedstaat einer Person, die den Schutz der Niederlassungsfreiheit genießt, eine Bestimmung, die deren Niederlassung innerhalb der Gemeinschaft erschwert, nicht entgegenhalten, es sei denn zwingende Gründe des öffentlichen Interesses gebieten diese Regelung, die zur Erreichung ihres Normziels geeignet und auch angemessen ist (Immanenzvorbehalt) 1637 . Dabei darf dem von der Regelung verfolgten öffentlichen Interesse jedoch nicht schon durch andere Vorschriften des Mitgliedstaates hinreichend Rechnung getragen worden sein und die Regelung keine gemeinschaftsrechtlich bereits harmonisierte Materie betreffen. Ob und inwieweit den Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit ein über das Diskriminierungsverbot hinausgehendes, allgemeines Beschränkungsverbot zu entnehmen ist, wird kontrovers diskutiert. Nach der traditionellen Ansicht erschöpft sich der Regelungsgehalt des Art. 43 EG im Gebot der Inländergleichbehandlung 1638• Neben Wortlaut und historischen Geiinden macht diese Auffassung vor allem geltend, daß sich derjenige, der sich zur Ausübung einer Tätigkeit in einem anderen Staat niederläßt und anders als der Dienstleistende seine Leistung nicht nur voriibergehend in dem anderen Staate erbringt, in die Wirtschaft des anderen Staates eingliedern und damit grundsätzlich auch deren Regelungen unterwerfen muß. Die heute im Vordringen begriffene Ansicht geht dagegen von einem über das Diskriminierungsverbot hinausgehenden, allgemeinen Beschränkungsverbot aus 1639. Sie stützt sich darauf, daß der Europäische Gerichtshof im Rahmen des Produktenverkehrs, beginnend mit der Dassonville- und Cassis de Dijon-Entscheidung, den Anwendungsbereich der entsprechenden Grundfreiheiten kontinuierlich ausgeweitet hat und in mittlerweile ständiger Rechtsprechung den Vorschriften über den Waren- und Dienstleistungsverkehr ein allgemeines Beschränkungsverbot entnimmt 1640. Der notwendige Gleichlauf der Grundfreiheiten erfordere, auch im 1637 Zum Verhältnis von Immanenzvorbehalt und Ordre-Public-Vorbehalt auf Rechtfertigungsebene etwa EuGH - Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland v. 4. Dezember 1986, Rs. 205/86, Slg. 1-1986, 3755, EuGH - Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda v. 25. Juli 1991, Rs. C-288/89, Slg. 1-1991, 4007. Dazu insgesamt Everling, DB 1990, 1853 (1854f.). 1638 Etwa Everling, DB 1990, 1853 (1857f.); Hailbronner, JuS 1991,917. 1639 Für ein allgemeines Beschränkungsverbot vor allem Bleckmann, Europarecht, Rdnr. 1142; Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573; Steindorff, ZHR (150) 1986, 687; Blumenwitz, NJW 1989, 621; Sack, JuS 1990, 352 (355); Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rdnr. 1175; Troberg, EU- / EG-Vertrag, Art. 52 EG, Rdnr. 60. Vermittelnd Streinz, Europarecht, Rdnr. 678. 1640 EuGH- Dassonville v. II. Juli 1974, Rs. 8/74, Slg. 1-1974, 837; EuGH - Cassis de Dijon v. 20. Februar 1979, Rs. 120/78, Slg. 1-1979, 649. Auch der Dienstleistungsfreiheit entnimmt der Europäische Gerichtshof in mittlerweile ständiger Rechtsprechung ein ent25*
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Bereich der Niederlassungsfreiheit ein entsprechendes allgemeines Behinderungsverbot anzunehmen. Letzterer Ansicht ist zuzugeben, daß die Herstellung eines Raums ohne Binnengrenzen nicht nur die Beseitigung von Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit verlangt, sondern prinzipiell den Abbau sämtlicher Hindernisse für den freien Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr. Der Europäische Gerichtshof hat daher schon mehrmals auch nichtdiskriminierende nationale Regelungen für mit Art. 43 EG unvereinbar erklärt 1641 . Andererseits können die im Rahmen des Produktenverkehrs entwickelten Auslegungsgrundsätze nicht undifferenziert auf den Personenverkehr übertragen werden. So betont auch der Europäische Gerichtshof immer wieder den Unterschied zwischen der Waren- und Dienstleistungsfreiheit auf der einen und der Niederlassungsfreiheit auf der anderen Seite. Im Ergebnis ist daher der vermittelnden Auffassung des Europäischen Gerichtshofs der Vorzug zu geben. Dieser hält hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit zwar prinzipiell an dem (bloßen) Diskriminierungsverbot und damit an dem Gewährleistungsgefälle zwischen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit fest, erkennt jedoch ausnahmsweise dann ein allgemeines Beschränkungsverbot an, soweit es um Bestimmungen geht, die die freie Standortwahl und damit den Kern der Niederlassungsfreiheit selbst betreffen 1642 • Der Differenzierung liegt der berechtigte Gedanke zugrunde, daß erst die freie Standortwahl die Voraussetzungen für die Ausübung der Niederlassungsfreiheit legt. Hinsichtlich des Marktzugangs muß der Einzelne daher vor jeder ungerechtfertigten Behinderung geschützt werden. Ist dem Berechtigten indes erst einmal die Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat ermöglicht worden, so ist es ihm zumutbar, sich in die Rechtsordnung des Mitgliedstaates seines selbstgewählten Standorts einzufügen. Ab diesem Zeitpunkt genügt es, ihn nur noch vor ungerechtfertigten Diskriminierungen zu schützen. Anders als bei der Dienstleistungsfreiheit ist bei der Niederlassungsfreiheit die Gefahr, durch die Regelung des Herkunfts- und zugleich durch die des Empfangsstaates der Dienstleistung, respektive der Niederlassung in Anspruch genommen zu werden, gering. Auch von daher ist das Gewährleistungsgefälle zwischen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sonach legitim, soweit es sich auf personenbezogene Anforderungen und Regelungen bezieht, die nicht den Kern der Niederlassungsfreiheit, die freie Standortwahl, betreffen. 1643
Da§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV den Zugang von Unternehmen zum bundesweiten Fernsehen regelt, mithin die freie Standortwahl selbst betrifft, ist er sonach an sprechendes allgemeines Beschränkungsverbot, EuGH - van Einsbergen v. 3. Dezember 1974, Rs. 33174, Slg. 1-1974, 1229; EuGH- Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland v. 4. Dezember 1986, Rs. 205/84, Slg. 1-1986, 3755. 1641 EuGH - Klopp v. 12. Juli 1984, Rs. 107/83, Slg. 1-1984,2971 (dazu Troberg, EU-/ EG-Vertrag, Art. 52 EG, Rdnr. 45); EuGH- Dai1y Mai! v. 27. September 1988, Rs. 81/87, Slg. 1-1988, 5483; EuGH- Kraus v. 31. März 1993, Rs. 19/92, Slg. 1-1993, 1663 (Rdnr. 32). 1642 Zustimmend Gundel, ZUM 2000, 1046 (1053 f.). 1643 EuGH - Daily Mai! v. 27. September 1988, Rs. 81/87, Slg. 1-1988,5483 (Rdnr. 16). Dazu Knobbe-Keuk, DB 1990, 2573 (2579); Sack, JuS 1990, 352 (355); Streinz, Europarecht, Rdnr. 678.
B. Vereinbarkeil mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft
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dem der Niederlassungsfreiheit inhärenten allgemeinen Beschränkungsverbot zu messen. Demnach ist die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages mit Art. 43 EG nur dann vereinbar, wenn sie durch zwingende Griinde des Allgemeininteresses, denen nicht schon durch andere Rechtsvorschriften des jeweiligen Staates ausreichend Rechnung getragen wurde, gerechtfertigt und dariiberhinaus auch verhältnismäßig ist. Eine Berufung auf den immanenten Vorbehalt des Art. 43 EG ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Marktzugangsregelung einen von der Gemeinschaft bereits hannonisierten Regelungsbereich betrifft 1644. Eine Hannonisierung der Medienzugangs- und Medieneigentumsregelungen wurde zwar schon angedacht, bislang jedoch noch nicht realisiert 1645 • § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist daher nicht schon deshalb mit den Vorgaben der Niederlassungsfreiheit nicht unvereinbar. Im Folgenden ist sonach zu priifen, ob sich § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auf einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses stützen kann und überdies auch geeignet und erforderlich ist, das verfolgte, im öffentlichen Interesse liegende Ziel zu erreichen. Auf eine Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit kommt es nicht an, da die Ordre-Public-K/ausei des Art. 46 Abs. I EG nach ihrem Wortlaut ("Sonderregelung") auf nichtdiskriminierende Vorschriften keine Anwendung findet und sich ein "Erst recht"-Schluß verbietet 1646. Eine Rechtfertigung aus Gründen des Umgehungsschutzes kommt hier nicht in Betracht, da § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht darauf zielt, zu verhindern, daß sich ein Fernsehveranstalter im Ausland niederläßt, um sich den Vorschriften zu entziehen, die für ihn gelten würden, wenn er im Gebiet des Mitgliedstaates ansässig wäre, für das er sein Programm veranstaltet 1647 • Die Cross Ownership Beschränkung zählt sonach nicht zu den Regelungen, die der einzelne Mitgliedstaat erlassen darf, um die Umgehung seiner Rechtsvorschriften zu verhindern.
b) Zwingender Grund des Allgemeininteresses § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellte eine verbotene Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, wenn er nicht durch zwingende Griinde des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 144. Zum umstrittenen Vorhaben einer europäischen Medienkonzentrationsrichtlinie § 3 A. 11.3. 1646 Streinz, Europarecht, Rdnr. 694; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 141; a. A. Gulich, Grenzüberschreitender Rundfunk, S. 109. 1647 Zur Rechtfertigung nationaler Regelungen aus Gründen des Umgehungsschutzes EuGH- Vereniging Veronica Ornroep Organisatie v. 3. Februar 1993, Rs. C-148/91, Slg. 11993, 487 (519ff.); EuGH -TV 10 SA v. 5. Oktober 1994, Rs. C-23 /93, EuZW 1995, 60 (Rdnr. ZOff.). Zur Umgehung bei anderen Dienstleistungen EuGH - van Binsbergen v. 3. Dezember 1974, Rs. 33/74, Slg. 1-1974, 1299 (Rdnr. 13). 1644
1645
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Die "zwingenden Gründe des Allgemeininteresses" sind ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Ausfüllung den Mitgliedstaaten ein, vom Europäischen Gerichtshof voll überprüfbarer Konkretisierungsspielraum zusteht. Der Gerichtshof kontrolliert dabei, ob die Maßnahme ein legitimes Regelungsziel verfolgt oder aber protektionistischen Interessen Rechnung trägt 1648. Unter die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses fallen zum Beispiel der allgemeine Verbraucherschutz1649, die Erhaltung des historischen und künstlerischen Erbes eines Landes 1650 oder auch die bestmögliche Verbreitung von Kenntnissen über das nationale kulturelle Erbe 1651 . In seinen den Rundfunk betreffenden Entscheidungen hat der Europäische Gerichtshof, im Einklang mit der von der Europäischen Kommission vertretenen Auffassung, kulturpolitische Zielsetzungen prinzipiell als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt und hierunter auch die Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk und die Erhaltung einer bestimmten Programmqualität gefaßt1652. Damit folgt der Europäische Gerichtshof der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser rechnet die Pluralismussicherung in den Medien zu den Zielen, die eine Ausnahme von dem in Art. lO Abs. 1 EMRK verankerten Grundsatz der freien Meinungsäußerung rechtfertigen 1653. Wie die vorangegangenen Ausftihrungen ergeben haben, will § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die publizistische Vielfalt im Rundfunk gewährleisten 1654. Die Cross Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 145. EuGH - Kommission I Bundesrepublik Deutschland v. 4. Dezember 1986, Rs. 205 I 84, Slg. 1-1986, 3755 (Rdnr. 30); EuGH- Kommission/Italien v. 26. Februar 1991, Rs. C180/89, Slg. 1-1991, 709 (Rdnr. 20); EuGH- Kommission/Griechenland v. 26. Februar 1991, Rs. C-198/89, Slg. 1-1991,727 (Rdnr. 21). 1650 EuGH - Kommission/Italien v. 26. Februar 1991, Rs. C-180/89, Slg. 1-1991, 709 (Rdnr. 20). 1651 EuGH- Kommission/Frankreich v. 26. Februar 1991, Rs. C-154/89, Slg. 1-1991, 659 (Rdnr. 17). 1652 EuGH - Stichling Collectieve Antennevoorziening Gouda v. 25. Juli 1991, Rs. C288/89, Slg. 1-1991, 4007 (Rdnr. 22f. und 27) (dazu Degenhart, JZ 1992, 1125 (1126f.); Kugelmann, AtP 1992,49 (49f.)); EuGH- Kommission/Niederlande v. 25. Juli 1991, Rs. C353/89, Slg. 1-1991,4069 (Rdnr. 3 und 29f.); EuGH- Vereniging Veronica Ornroep Organisatie v. 3. Februar 1993, Rs. C-148/91, Slg. 1-1993, 487 (Rdnr. 9); EuGH- TV 10 SA v. 5. Oktober 1994, Rs. C-23/93, EuZW 1995, 60 (= EuGRZ 1994, 565) (Rdnr. 18f.); EuGH Familiapress v. 26. Juni 1997, Rs. C-368/95, Slg. 1-1997, 3689 (Rdnr. 18). Zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im kulturellen Bereich zusammenfassend Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April 1996, Teil I, Kap. VII, Unterkap. I. Zur Ansicht der Europäischen Kommission Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, s. 66f., 73. 1653 Vgl. dazu noch im Einzelnen unter§ 4 B. II. 3. 1654 Zum Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bereits ausführlich unter § 2 E. sowie unter§ 3D. III. 3. a) cc) und dd). 1648
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B. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gerneinschaft
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Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages dient sonach der Pluralismussicherung in den Medien und damit nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses.
c) Verhältnismäßigkeit
Entscheidend ist demzufolge, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verhältnismäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist eine Regelung im Allgemeinen dann verhältnismäßig, wenn sie geeignet ist, um das von ihr verfolgte Ziel zu erreichen, und dabei nicht weiter geht, als es zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist 1655 • Es kommt sonach darauf an, ob die im Rundfunkstaatsvertrag verankerte Cross Ownership Beschränkung geeignet und erforderlich ist, um ein pluralistisches Rundfunkwesen in Deutschland zu sichern. Bevor § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auf seine Eignung und Erforderlichkeil überprüft wird, ist jedoch zunächst der kontrovers diskutierten Frage nachzugehen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht schon von vomherein ausschließt, ausländische Medienunternehmen nationalen Vielfaltsanforderungen zu unterwerfen. aa) Nationale Vielfaltssicherung und ausländische Medienunternehmen Zu prüfen ist, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV schon allein deshalb unverhältnismäßig ist, weil er auch ausländische Medienkonzerne nationalen Vielfaltsanforderungen unterwirft. Dies entnimmt ein Teil des rundfunkrechtlichen Schrifttums den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs anläßlich der Überprüfung des niederländischen Rundfunkgesetzes 1656. In den Entscheidungen Stichring Collectieve Antennevoorziening Gouda und Konunission/Niederlande vorn 25. Juli 1991 überprüfte der Europäische Gerichtshof die Zulässigkeit des niederländischen Rundfunkgesetzes Mediawet. Dieses knüpfte die Weiterverbreitung von ausländischen Rundfunkprogrammen an bestimmte Auflagen, sofern diese Werbung für das niederländische Publikum enthielten. So wurde verlangt, daß die Organisationsstruktur dieser ausländischen Fernsehveranstalter den gleichen Anforderungen genügt, die für niederländische Rundfunkveranstalter gelten. Dies zielte letztlich darauf, die Werbeeinnahmen im Fernsehen der niederländischen, ehemaligen Werbernonopolistin Stichting Etherreclarne (STER) zu sichern und diese vor ausländischer Konkurrenz zu schützen 1657• Gerechtfertigt wurden die Auflagen jedoch vor allem mit kulturpolitischen Zielen, namentlich mit der Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk. Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 147 rn. w. N. EuGH - Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda (Mediawet I) v. 25. Juli 1991, Rs. C-288/89, Slg. 1-1991, 4007 und EuGH- Konunission/Niederlande (Mediawet II) v. 25. Juli 1991, Rs. C-353/89, Slg. 1-1991, 4069 (Rdnr. 31). Zu den Stimmen aus der Literatur Fußnote 1659. 1657 Zum Verhältnis zwischen Protektionismus und kulturellen Interessen Europäische Kommission, Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätig1655
1656
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Der Gerichtshof entschied, daß die Sicherung einer pluralistischen Vielfalt im Rundfunk die vorgesehenen gesetzlichen Auflagen nicht rechtfertige. Insbesondere könnten aus den Zielen nationaler Kulturpolitik keine zwingenden Vorgaben für die Struktur ausländischer Fernsehveranstalter abgeleitet werden. Zwischen deren Organisation und dem von der niederländischen Regierung verfolgten kulturpolitischen Ziel der Pluralismussicherung bestünde kein notwendiger Zusammenhang. Die Sicherung pluralistischer Vielfalt im Rundfunk könne vielmehr auch durch Regelungen hinreichend geschützt werden, die auf die nationalen Rundfunkveranstalter beschränkt seien 1658 . Nach Ansicht des Gerichtshofs gingen die angefochtenen medienrechtlichen Regelungen daher über das Maß hinaus, das für die Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk erforderlich war, waren mithin unverhältnismäßig.
Hieraus leitet ein Teil des Schrifttums ab, daß pluralismussichemde Vorschriften stets dann unverhältnismäßig seien, wenn sie sich gegen Angehörige anderer Mitgliedstaaten richten 1659. Nationale Vielfaltsanforderungen könnten nur zu Lasten der nationalen Rundfunkveranstalter ergehen. Nationale Vielfaltsanforderungen zu Lasten ausländischer Rundfunkveranstalter seien nie erforderlich, um das nationale Rundfunkwesen zu erhalten und zu fördern, zumal wenn ausländische Veranstalter diese nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten erfüllen könnten. Es gelte das Herkunftslandsprinzip. Demnach unterliege ein Rundfunkveranstalter, der nach den Vorschriften, die in seinem Herkunftsland gelten, rechtmäßig ausstrahlt, nicht zusätzlich den Vielfaltsanforderungen seines Empfangslandes. Die Gegenposition bestreitet, daß der Gerichtshof pluralismussichemde Vorschriften generell für unverhältnismäßig hält, soweit sie auch ausländische Veranstalter betreffen 1660 . Letzterer Ansicht ist zuzustimmen. Der Gerichtshof hat die Sicherung eines pluralistischen Rundfunkwesens ausdrücklich als zwingenden Grund des Allgemeininteresses anerkannt 1661 . Ist demnach den Mitgliedstaaten prinzipiell gestattet, den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr zum Zwecke der Pluralismussicherung einzuschränken, kann nicht jede nationale Vielfaltsanforderung zu Lasten ausländischer Rundfunkveranstalter von vomherein unverhältnismäßig sein. Erst recht muß dies in Bezug auf den der Niederlassungsfreiheit immanenten Vorbehalt gelten. Anders als dem Rundfunkveranstalter, der seine Leistung nur keit der Europäischen Gemeinschaft, Dok. KOM (96) 160 endg. v. 17. April 1996, Teil I, Kap. VII, Unterkap. I. 1658 EuGH - Stichling Collectieve Antennevoorziening Gouda v. 25. Juli 1991 , Rs. C288189, Slg. I-1991, 4007 (Rdnr. 24). 1659 Bremer/ Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 99 f.; in diese Richtung Kugelmann, AfP 1992, 49 (50). 1660 Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 67 f.; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 148 f. 1661 EuGH - Stichling Collectieve Antennevoorziening Gouda v. 25. Juli 1991 , Rs. C288 I 89, S1g. 1-1991, 4007 (Rdnr. 22 f. und 27); EuGH- Kommission I Niederlande v. 25. Juli 1991, Rs. C-353189, Slg. 1- 1991,4069 (Rdnr. 29f.); EuGH - Vereniging Veronica Ornroep Organisatie v. 3. Februar 1993, Rs. C-148 191, Slg. 1-1993,487 (Rdnr. 9); EuGH- TV 10 SA v. 5. Oktober 1994, Rs. C-23 193, EuZW 1995,60 (Rdnr. 18). Vgl. § 4 B. I. 3. b).
B. Vereinbarkeil mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft
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vorübergehend grenzüberschreitend erbringt, ist dem sich in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft niederlassenden Rundfunkveranstalter sehr viel eher zuzumuten, sich der Rechtsordnung des Mitgliedstaates seines neuen Standorts anzupassen, zumal die Gefahr, sowohl der Regelung des Herkunfts- als auch der des Empfangsstaates der Dienstleistung doppelt unterworfen zu sein, im Fall der dauerhaften Niederlassung im Ausland ungleich geringer ist. Der Rundfunkveranstalter ist demzufolge, unabhängig von seiner Staatszugehörigkeit, den Zulassungsvoraussetzungen des Mitgliedstaates unterworfen, von dem aus er senden will. Nationale Vielfaltsanforderungen können sonach auch gegen ausländische Fernsehveranstalter wirken. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist nicht schon deshalb unverhältnismäßig, weil er der Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk dient und sich dabei nicht auf die deutschen Fernsehveranstalter beschränkt. bb) Eignung Im Folgenden ist sonach zu untersuchen, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV geeignet ist, das von ihm verfolgte Ziel der Pluralismussicherung im Rundfunk zu erreichen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß den Mitgliedstaaten bei der Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeil der Regelungen ein Beurteilungsspielraum zusteht. Dieser ist bedeutend größer als der im Rahmen der Ordre-Public-Klausel, da der Art. 43 EG immanente Vorbehalt - anders als Art. 46 Abs. 1 EG - keine Vermutung der Rechtswidrigkeit der die Niederlassungsfreiheit berührenden Regelung beinhaltet. Ferner ist zu berücksichtigen, daß im Rahmen der Niederlassungsfreiheit ein großzügigerer Maßstab anzuwenden ist als im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit1662. So kann der einzelne Staat bei der Festlegung subjektiver Zulassungsvoraussetzungen das für sein Territorium gewollte Schutzniveau festlegen. Ausgangspunkt der Analyse muß daher die Feststellung sein, daß die deutschen Rundfunkgesetzgeber mit Erlaß des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zu erkennen gaben, daß sie die Cross Ownership Beschränkung, das heißt eine Medienzugangs- und Medieneigentumsregelung für grundsätzlich geeignet halten, eine pluralistische Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten. Damit folgen die deutschen Gesetzgeber dem von der US-amerikanischen und deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit wie auch der Europäischen Kommission geteilten Ansicht, daß der für eine freiheitlich-demokratische Ordnung unabdingbare, gesellschaftliche Pluralismus eine publizistische Vielfalt im Rundfunk voraussetzt, die wiederum eine möglichst breite Streuung des Medieneigentums und einen funktionsfähigen ökonomischen Wettbewerb unter den Medieneigentümern zur Voraussetzung hat 1663 •
§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist daher nur dann zur Vielfaltssicherung im Rundfunk ungeeignet, wenn der Eignungsprognose der nationalen Gesetzgeber - unter Be1662 1663
Streinz, Europarecht, Rdnr. 702. Dazu bereits im Einzelnen unter§ 2 E. I. 1. a) und§ 2 B.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
rücksichtigung deren breiten Beurteilungsfreiraums bei Regelungen, die weder direkt noch indirekt an der Staatsangehörigkeit ihrer Adressaten anknüpfen - substantielle Bedenken entgegenstehen, die an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs oder Stellungnahmen der Europäischen Kommission festgemacht werden können. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV selbst lag weder der Europäischen Kommission noch dem Europäischen Gerichtshof bislang zur Entscheidung vor. Die Zweifel an seiner Eignung, die Vielfalt im Rundfunk zu sichern, können sich daher nur aus den prinzipiellen Erwägungen des Gerichtshofs bzw. der Kommission zur pluralismussichemden Wirkung von Cross Ownership Beschränkungen oder Medienkonzentrationsregelungen ergeben. Der Europäische Gerichtshof hatte bislang noch nicht zu überprüfen, ob Medienzugangsregelungen wie Cross Ownership Beschränkungen geeignet sind, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten. Die einzigen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zur Sicherung pluralistischer Vielfalt durch Regelungen des Medienrechts stellen die beiden bereits oben vorgestellten Entscheidungen zum niederländischen Rundfunkrecht dar1664 . Diesen lassen sich jedoch keine Aussagen über die vielfaltssichernde Wirkung von Cross Ownership Beschränkungen entnehmen. Zwar stellte der Gerichtshof in diesem Zusammenhang fest, daß weder die Verpflichtung, die technischen Anlagen einer inländischen Institution zur Ausstrahlung der Rundfunkprogramme zu benutzen, noch die Weiterverbreitungsvoraussetzungen, die an der Organisation der ausländischen Fernsehveranstalter anknüpften, geeignet seien, die pluralistische Vielfalt im niederländischen Rundfunk sicherzustellen. Beide Vorschriften betrafen jedoch keine Medieneigentums- oder Medienzugangsregelungen. Vielmehr bezogen sich die Regelungen ausschließlich auf die Werbung und damit auf Fragen der Programmfinanzierung. Aus der vom Gerichtshof festgestellten fehlenden vielfaltssichernden Wirkung der dargestellten Werbebeschränkungen kann daher nicht abgeleitet werden, daß der Gerichtshof auch Medienkonzentrationsbestimmungen wie die vorliegende Cross Ownership Beschränkung für ungeeignet hält, den Pluralismus in den audiovisuellen Medien zu gewährleisten.
Nach Ansicht der Europäischen Kommission läßt sich die publizistische Vielfalt anband der Anzahl der Medieneigentümer bestimmen. Sie stellte explizit fest, daß "die Konzentration der Kontrolle des Zugangs zu den Medien auf einige wenige grundsätzlich eine Gefahr für die Informationsvielfalt" darstelle bzw. die Wahrscheinlichkeit der Informationsvielfalt mit der Zunahme der Anzahl der Medieneigentümer steige 1665. Die Kommission erkennt sonach einen Zusammenhang zwischen Medieneigentum und publizistischem Angebot an und muß bei konsequenter Anwendung des Gedankens die Regulierung des Medieneigentums und Medien1664 EuGH - Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda v. 25. Juli 1991 , Rs. C288/89, Slg. 1-1991, 4007 und EuGH- Kommission/Niederlande v. 25. Juli 1991, Rs. C353/89, Slg. 1-1991,4069. Dazu im Einzelnen§ 4 B. I. 3. c) aa). 1665 Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 19.
B. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft
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zugangs für ein prinzipiell geeignetes Instrument halten, die publizistische Vielfalt in den Medien zu sichern. Hierfür spricht ferner, daß in dem Entwurf einer europäischen Medienkonzentrationsrichtlinie Beschränkungen von Cross Ownerships vorgesehen waren 1666 . Auch von Seiten der Kommission stehen der Eignungsprognose der nationalen Gesetzgeber in Bezug auf§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach keine prinzipiellen Bedenken entgegen. In der Entscheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofs und auch in der der Europäischen Kommission lassen sich demzufolge keine Anhaltspunkte finden, die der Eignungsprognose der nationalen Gesetzgeber zuwiderlaufen. Es kann daher angenommen werden, daß aus europäischer Sicht § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht prinzipiell ungeeignet ist, eine publizistische Vielfalt im Rundfunk herzustellen. cc) Erforderlichkeit § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist aber nur dann verhältnismäßig, wenn er auch erforderlich ist, um die publizistische Vielfalt im Rundfunk sicherzustellen, mithin nicht weiter geht, als es zum Zwecke der Vielfaltssicherung notwendig ist. Insbesondere darf der Gesetzgeber über kein weniger intensives Mittel verfügen, mit dem er die publizistische Vielfalt im Rundfunk gleich effektiv erreichen könnte. Um die Erforderlichkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beurteilen zu können, muß zunächst die Eingriffsintensität der Cross Ownership Beschränkung ermittelt werden. Dazu ist auf die Erkenntnisse zuriickzugreifen, die bei der Darstellung des ordnungsrechtlichen Rahmens von Cross Ownerships gewonnen worden sind 1667. Der materielle Regelungsgehalt des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV erschöpft sich in einer Malusregelung. Diese senkt die erlaubte Zuschauermarktanteilsgrenze von 30 % auf einen Schwellenwert ab, der geringfügig unter den kritischen 30% liegt, in keinem Falle bei oder unter 25 % 1668 . Dabei bezieht sich die Malusregelung auf keine starre Ausschlußvorschrift oder ein gesetzliches Verbot, sondern lediglich auf eine widerlegbare gesetzliche Vermutung, das heißt auf eine Beweislasturnkehr. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV betrifft sonach ausschließlich die Ebene der Beweisführung, § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV. Auch die Rechtsfolgebetrachtung läßt den relativ geringen Wirkungsgrad des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV erkennen. Im Ergebnis wird die Cross Ownership Beschränkung nur ganz ausnahmsweise zur Aufgabe von Beteiligungen, sei es im Fernsehen oder auf anderen medienrelevanten Märkten, führen. In aller Regel hat sie aus Griinden der Verhältnismäßigkeit lediglich die Einrichtung von Programmbeiräten zur Folge, deren publizistische Wirksamkeit nicht unbestritten ist und die für sich genommen zu keiner breiteren Eigentumsstreuung in den Medien 1666 1667 1668
Vgl. § 3 A. II. 3. Im Einzelnen § 3 D. 111 .. Dazu§ 3D. III. 3. b).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
führt 1669• Darüberhinaus läuft § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ebenso wie § 26 Abs. 2 Satz l RStV ins Leere, wenn man der Ansicht folgt, die ein Unternehmen gänzlich aus der Konzentrationskontrolle herausnimmt, sobald es binnenplurale Vorkehrungen trifft, etwa aufgrund § 26 Abs. 5 RStVeinen Programmbeirat einrichtet 1670• § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist sonach ein vergleichsweise mildes Instrument zur Bekämpfung der Vielfaltsgefahren, die in der marktübergreifenden Eigentumskonzentration im Medienbereich liegen.
Die Cross Ownership Beschränkung wäre nur dann unverhältnismäßig, wenn der Gesetzgeber über ein Mittel verfügen würde, das in die Rechte der Veranstalter weniger intensiv eingreift als § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, dabei aber den Gefahren für die pluralistische Vielfalt, die sich typischerweise aus Cross Ownerships ergeben, mindestens gleich wirksam entgegentritt. Nach der Auffassung Holzkämpers sind Cross Ownership Beschränkungen schon allein deshalb unangemessen, weil der Gesetzgeber statt ihrer inhaltliche Programmstandards hätte aufstellen können, die die Rundfunkveranstalter typischerweise weniger belasten als struktursteuernde Medienzugangsregelungen. Die Sicherung der Meinungsvielfalt könne eine Effektuierung der Inhaltskontrolle durch die zuständigen Behörden erfordern, nicht aber die Einrichtung von Zugangsbeschränkungen 1671 • Ob die mit der Durchsetzung inhaltlicher Programmanforderungen verbundenen Maßnahmen in Anbetracht des nicht unerheblichen Eingriffs in die redaktionelle Autonomie der Rundfunkveranstalter im Vergleich zu struktursteuernden Vorkehrungen das stets mildere Instrument darstellen, ist zu bezweifeln 1672 • In jedem Falle aber ist die programmbezogene Mißbrauchskontrolle nicht ebenso effektiv wie die präventive Strukturkontrolle 1673 • Die programmliehe Vielfaltskontrolle würde der gerade vom Bundesverfassungsgericht wiederholt betonten Notwendigkeit nicht gerecht werden, Tendenzen zur Bildung vorherrschender Meinungsmacht bereits im Vorfeld von Störungen des publizistischen Gesamtangebots zu begegnen 1674• Inhaltliche Programmstandards würden lediglich eine nachträgliche Kontrolle bereits geschehener Fehlentwicklungen ermöglichen, die gerade im publizistischen Bereich gegenüber einer bereits konzentrierten Meinungsmacht nur wenig Erfolg verspricht. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist daher nicht schon deshalb unangemessen, weil der Gesetzgeber auch inhaltliche Programmanforderungen aufstellen kann. Vgl. § 3D. III. 1. c) bb). Vgl. §3D. III. 1. c) bb) a. E. 1671 Holzkämper, ZUM 1994, 114 (116). 1672 Vgl. in diese Richtung auch Degenhart, AfP 1995, 548 (550). 1673 Vg1.§2D. II.l. 1674 BVerfGE 57,295 (323); 73, 118 (160); zuletzt im DSF-Beschluß BVerfG, NJW 1997, 1147 (1147). Vgl. dazu bereits ausführlich unter§ 2 D. II. 1. und§ 3 B. II. 2. 1669
1670
B. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft
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Es ist auch kein Instrument der präventiven Strukturkontrolle ersichtlich, das bei gleicher Effektivität weniger intensiv in die Rechte der Rundfunkveranstalter eingreift als die Cross Ownership Beschränkung des Rundfunkstaatsvertrages, wobei dies weniger an der praktischen Wirksamkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV liegt als vielmehr an dessen unangreifbar niedrigen Eingriffsintensität Weder in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs noch in der Entscheidungspraxis der Europäischen Kommission lassen sich Erwägungen finden, von denen auf die Unangemessenheit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV geschlossen werden könnte. Die Cross Ownership Beschränkung nimmt sonach keinen Eingriff vor, der weiter geht als unmittelbar erforderlich. 4. Zusammenfassung
Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages begrenzt den Zugang diversifizierter Medienunternehmen zum deutschen Fernsehmarkt und muß sich daher an dem der Niederlassungsfreiheit immanenten Beschränkungsverbot messen lassen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt indes keine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar, da er weder offen noch versteckt nach der Staatsangehörigkeit seiner Adressaten differenziert, durch einen anerkannt zwingenden, im Allgemeininteresse liegenden Grund, nämlich die Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk, gerechtfertigt ist und dabei auch nicht weiter geht, als die Vielfaltssicherung es unmittelbar verlangt.
II. Rundfunkfreiheit, Art. 10 EMRK Anders als die meisten nationalen Verfassungen enthalten die Griindungsverträge der Europäischen Union keinen Grundrechtskatalog. Die Grundrechte zählen jedoch zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, an die die Europäische Gemeinschaft gebunden ist und deren Wahrung der Gerichtshof sicherzustellen hat, Art. 6 Abs. 2 EU 1675. Der Europäische Gerichtshof geht dabei im Rahmen einer wertenden Rechtsvergleichung von den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie von den Hinweisen aus, die die völkerrechtlichen Verträge über den Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluß die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind. Zu diesen zählt vor allem die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)I676. 1675 Siehe dazu bereits § 3 A. I. 2. e). Zu den Überlegungen über ein Grundrecht der Medienfreiheit in einer angerlachten Grundrechtscharta für die Europäische Union Stock, ZUM 2000, 533. 1676 EuGH - Hauer v. 13. Dezember 1979, Rs. 44/79, Slg. 1-1979, 3727 (Rdnr. l7ff.); EuGH- National Panasonie v. 26. Juni 1980, Rs. 136/79, S1g. 1-1980, 2033 (Rdnr. 19);
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Die in den Mitgliedstaaten übereinstimmend anerkannten Grundrechte sind sonach Bestandteil des gemeinschaftlichen Primärrechts 1677 . In der Gemeinschaft wird daher keine Maßnahme oder Regelung als Rechtens anerkannt, die mit der Beachtung der so gewährleisteten Menschenrechte unvereinbar ist 1678 . Zu untersuchen ist zunächst, ob hieraus folgt, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nur dann gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, wenn er sich mit den Grundrechten der Gemeinschaft vereinbaren läßt. Sodann ist der Frage nachzugehen, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV in den Schutzbereich eines der gemeinschaftsrechtlich anerkannten und gewährleisteten Grundrechte eingreift und, falls ja, gerechtfertigt ist.
1. Anwendungsbereich Maßnahmen und Regelungen der Europäischen Gemeinschaft müssen mit den Grundrechten, wie sie in den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und den von diesen abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen, namentlich der Menschenrechtskonvention, statuiert sind, vereinbar sein 1679 . Den Gemeinschaftsgrundrechten unterliegen ferner die nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten, soweit sich diese aus der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht durch die Mitgliedstaaten ergeben 1680. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist weder eine Vorschrift, die von der Europäischen Gemeinschaft erlassen wurde, noch wurden mit ihm gemeinschaftsrechtliche Vorgaben umgesetzt. Vielmehr stellt er eine nationale Regelung der deutschen Bundesländer dar, die der wirksamen Sicherung der publizistischen Vielfalt im bundesdeutschen Fernsehen dient und auf das Territorium der Bundesrepublik Deutschland begrenzt ist. Mit dem Zugang zum Fernsehen betrifft die Cross Ownership Beschränkung eine Materie, die die Europäische Gemeinschaft bislang ungeregelt gelassen hat. Es besteht daher kein offenkundiger Bezug des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zum Gemeinschaftsrecht Fraglich ist, inwieweit sich das nationale Recht der Mitgliedstaaten auch dann an den Gemeinschaftsgrundrechten messen lassen muß, wenn es nicht Ergebnis gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen der Mitgliedstaaten ist. Der Europäische Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, daß er prinzipiell nicht befugt sei, nationale Regelungen, die keinen expliziten Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweisen, auf deren Vereinbarkeil mit der MenschenrechtskonEuGH- Regina v. 10. Juli 1984, Rs. 63/83; Slg. 1-1984, 2689 (Rdnr. 22); EuGH- Johnston v. 15. Mai 1986, Rs. 222/84, Slg. 1- 1986, 1651 (Rdnr. 18). 1677 Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. !54. 1678 EuGH- Farniliapress v. 26. Juni 1997, Rs. C-368/95, Slg. 1-1997, 3689 (Rdnr. 24 f.). 1679 Weber. A., JZ 1989,965 (971). 1680 EuGH - Kleusch v. 25. November 1986, Rs. 201-202/85, Slg. 1-1986, 3477 (Rdnr. 8 ff.); EuGH - Wachauf v. 13. Juli 1989, Rs. 5/88, Slg. 1- 1989, 2609 (Rdnr. 19). Dazu etwa Kühling, EuGRZ 1997, 296 (298 f.).
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vention zu überprüfen 1681 Angesichts seiner nur begrenzten Kontrollbefugnisse bei der Auslegung und Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention müsse er die Vorgaben der Menschenrechtskonvention nur dann heranziehen, wenn die zu prüfende nationale Regelung im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ergangen sei. Allerdings zählt der Europäische Gerichtshof zu diesen im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ergangenen Regelungen auch alle Bestimmungen, die geeignet sind, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit zu behindern, soweit sich der erlassende Mitgliedstaat für deren Rechtfertigung auf die Ordre-Public-Klauset stützt 1682 • Eine Rechtfertigung nach Art. 46 EG komme nur dann in Betracht, wenn auch die Auslegung der Ordre-Public-Klausel im Einklang mit den Gemeinschaftsgrundrechten stehe. Hieraus wird der Schluß gezogen, daß auch nichtdiskriminierende Regelungen der Mitgliedstaaten an den Gemeinschaftsgrundrechten zu messen sind, sofern und soweit sie geeignet sind, gegen ein in den Grundfreiheiten begründetes, allgemeines Beschränkungsverbot zu verstoßen 1683 • Dafür spricht, daß auch nichtdiskriminierende Vorschriften einem Rechtfertigungszwang gegenüber der Gemeinschaft unterliegen, wenn sie geeignet sind, die gemeinschaftsrechtlich gewährten Grundfreiheiten unzulässig zu beschränken. Zwar beruft sich der Mitgliedstaat in diesem Falle auf keinen ausdrücklich festgeschriebenen Vorbehalt wie den Ordre-PublicVorbehalt, jedoch ist der den Grundfreiheiten immanente Vorbehalt nicht weniger verbindlich. Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages differenziert weder offen noch versteckt nach der Staatsangehörigkeit der Unternehmen und bleibt daher vom Ordre-Public-Vorbehalt unberührt. Sie begrenzt jedoch den Zugang diversifizierter Medienunternehmen zum deutschen Fernsehen und muß sich daher an dem der Niederlassungsfreiheit immanenten Beschränkungsverbot messen lassen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist sonach nur dann zulässig, wenn er durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses geboten ist und dabei auch nicht weiter geht, als dieser unmittelbar fordert. Die Cross Ownership Beschränkung unterliegt sonach einem Rechtfertigungszwang gegenüber der Gemeinschaft, da sie möglicherweise ein unzulässiges Hindernis für den 1681 EuGH -Ruti1i/Minister des Inneren v. 28. Oktober 1975, Rs. 36175, S1g. I-1975, 1219 (Rdnr. 32); EuGH- Dernire1 v. 30. September 1987, Rs. 12/86, S1g. I-1987, 3719 (Rdnr. 28); EuGH - Cinetheque v. 11. Juli 1985, Rs. 60-61 I 84, S1g. 1-1984, 2605 (Rdnr. 26); EuGH- ERT v. 18. Juni 1991, Rs. C-260/89, Slg. 1-1991, 2925 (Rdnr. 42). Zustimmend Kühling, EuGRZ 1997, 296 (302 f.). 1682 EuGH- ERT v. 18. Juni 1991, Rs. C-260/ 89, Slg. 1-1991, 2925. Vgl. zur entsprechenden Entwicklung im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit EuGH - Familiapress v. 26. Juni 1997, Rs. C-368/95, Slg. 1-1997,3689. 1683 Kühling, EuGRZ 1997, 296 (298f.); Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 153; Petersen, Rundfunkfreiheit, S. 183f.; Martin-Nrez de Nanclares, ZUM 1992, 607 (6ll f.); Langenfe ld!Zimmermann, ZaöRV 1992,259 (305).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
freien Personenverkehr in der Gemeinschaft darstellt. Sie zählt demzufolge zu den Regelungen, die im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ergangen sind, und ist daher auf ihre Vereinbarkeit mit den Gemeinschaftsgrundrechten zu überprüfen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV macht die Fernsehtätigkeit von Unternehmen, die bereits auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten tätig sind, von besonderen Voraussetzungen abhängig. Hierin könnte ein unzulässiger Eingriff in die Rundfunkfreiheil der Veranstalter liegen. Zu prüfen ist, ob und inwieweit die Rundfunkfreiheit gemeinschaftsrechtlich gewährleistet wird.
2. Schutzbereich
Während ein Teil der Literatur 1684 vertritt, daß die Sicherung eines Mindeststandards an Medienvielfalt ein Fundamentalprinzip funktionierender demokratischer Ordnungen darstelle und als solches in den Verfassungsordnungen sämtlicher Mitgliedstaaten verankert sei, hat der Europäische Gerichtshof die Rundfunkfreiheit als ein von den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten getragenes Grundrecht bislang noch nicht explizit anerkannt. Allerdings hat der Gerichtshof in seinen Rundfunkurteilen mehrfach auf die Geltung der Europäischen Menschenrechtskonvention, vor allem auf die in Art. 10 EMRK verankerte Meinungsfreiheit verwiesen 1685 . Die Auslegung und Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention ist in erster Linie Sache des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) 1686. Der Europäische Gerichtshof sieht sich nicht an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebunden 1687 . Er will die Menschenrechtskonvention und ihre Interpretation durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte lediglich als Quelle der eigenen Rechtsfindung herangezogen wissen. Nichtsdestoweniger hat der Europäische Gerichtshof noch keine eigene Konzeption der Rundfunkfreiheit entwickelt. Vielmehr orientiert sich der Europäische Gerichtshof gerade in jüngerer Zeit immer deutlicher an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte 1688 . Vorbehaltlich der vom Wagner, AtP 1992, 1 (2). EuGH - Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda v. 25. Juli 1991, Rs. C288/89, Slg. 1-1991, 4007 (Rdnr. 23); EuGH- Kommission/ Niederlande v. 25. Juli 1991, Rs. C-353/89, Slg. 1-1991,4069 (Rdnr. 30). 1686 Zum am 3. November 1998 neu geschaffenen EGMR, der die Europäische Kommission für Menschenrechte und den bisherigen EGMR ersetzt hat, Meyer-Ladewig I Petzold, NJW 1999, 1165. 1687 Vgl. etwa EuGH, EuZW 1993, 766 f. - Otto BV /Postbank. Vgl. auch EuGH Hoechst v. 21. September 1989, Rs. 46/87 und 227/88, Slg. 1-1989, 2859 (Rdnr. 18); EuGH - Dow Chemical lberica v. 17. Oktober 1989, Rs. 97-99/87, Slg. 1-1989,3165 (Rdnr. 15); EuGH- Orkem v. 18. Oktober 1989, Rs. 374/87, Slg. 1-1989, 283 (Rdnr. 30). 1688 EuGH - Familiapress v. 26. Juni 1997, Rs. C-368/95, Slg. 1-1997, 3689 (Rdnr. 26); Kühling, EuGRZ 1997, 296 (297); Kult, AtP 1993,430 (430). 1684 1685
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Europäischen Gerichtshof in Anspruch genommenen eigenständigen Interpretationsbefugnis ist daher ein Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 10 EMRK zu werfen. Demnach schützt Art. 10 EMRK die freie Meinungsäußerung, einschließlich des Rechts zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen 1689. Darüberhinaus verbürgt Art. 10 EMRK die Rundfunkfreiheit 1690• Ob Art. 10 EMRK dem Einzelnen ein individuelles Recht auf die Zulassung als Rundfunkveranstalter gewährt, ist noch offen, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hierzu noch nicht ausdrücklich Stellung genommen hat. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Sache Informationsverein Lentia die Lizenzverweigerung gegenüber privaten Rundfunkveranstaltern als Eingriff in die Rundfunkfreiheit gewertet, was die Gewährleistung eines subjektiven Rechts auf Rundfunkveranstaltung nahelegt 1691 • Der Europäische Gerichtshof rekurrierte in der Familiapress-Entscheidung explizit auf dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dabei stellte er fest, daß pluralismussichemde Normen zwar von der Kommunikationsfreiheit verlangt würden, nichtsdestoweniger gleichzeitig in diese eingriffen, da sie die kommunikativen Freiheiten der Kommunikatoren und damit zugleich auch die der (potentiellen) Rezipienten beschränkten 1692• Auch wenn sich die Entscheidung nicht auf den Rundfunk, sondern auf die Presse bezieht, legt die allgemeine Formulierung und der Verweis auf das Lentia-Urteil nahe, daß der Europäische Gerichtshof den Eingriffscharakter pluralismussichernder Vorschriften auch für den Bereich des Rundfunks anerkennt 1693 . Dies indiziert ein aus Art. 10 EMRK gewährleistetes Recht des Einzelnen auf Zulassung als Rundfunkveranstalter, das im übrigen von der Ansicht der Europäischen Kommission gestützt wird. Demach besitzt ein Rundfunk- und Fernsehunternehmen das in Art. 10 Abs. I EMRK begründete, individuelle Recht, in dem Staat Programme auszustrahlen, in dem es nieder- und zugelassen ist 1694. 1689 Art. 10 Abs. 1 Satz I und 2 EMRK. Dazu insbesondere EGMR - Autronic v. 22. Mai 1990, Ser. A 178, 1 (hierzu Ricker, NJW 1991, 602). 1690 EGMR- Informationsverein Lentia v. 24. November 1993, Ser. A 276, 13 (=EuGRZ 1994, 549) (§ 27); vgl. auch EGMR - Groppera v. 28. März 1990, Ser. A 173, 1 (20 ff., §§ 48f., 50). Vgl. auch Engel, AfP 1994, 185 (186). Das hieraus resultierende "Gewährleistungsgefä11e" zwischen gemeinschafts- und grundgesetzlicher Rundfunkfreiheit problematisierend Eberle, AfP 1993,422 (426f., 429). 1691 EGMR- Groppera v. 28. März 1990, Ser. A 173, I(§ 55)); EGMR- Autronic v. 22. Mai 1990, Ser. A 178, I (§ 47); EGMR - Informationsverein Lentia v. 24. November 1993, Ser. A 276, 13 (§ 27). So auch Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 117 ff.; Herrmann, Rundfunkrecht, § 8, Rdnr. 9; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 154m. w. N.; Binder, EuGRZ 1986, 209 (210); Astheimer, Rundfunkfreiheit, s. 49, 54. 1692 EuGH - Familiapress v. 26. Juni 1997, Rs. C-368/95, Slg. 1-1997, 3689 (Rdnr. 26). 1693 Kühling, EuGRZ 1997, 296 (301). Demgegenüber sieht Kuli in der Fernsehrichtlinie die bloße Ausgestaltung einer Medienfreiheit, Kuli, AfP 1993, 430 (430). Zum Unterschied zwischen Ausgestaltung und Eingriff bereits unter § 2 E. III. 4.
26 Tschon
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Was ein Eingriff im Einzelnen voraussetzt, ist nicht abschließend geklärt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unterscheidet zwischen dem Eingriff in ein Menschenrecht (interference) und der Verletzung desselben (violation). Er verneint einen Eingriff, wenn der sachliche Schutzbereich des Menschenrechts das angegriffene staatliche Verhalten nicht umfaßt oder wenn der Schutzbereich nur in ganz geringfügiger, zu vernachlässigender Weise berührt wird 1695 .
§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beschränkt den Zugang diversifizierter Medienunternehmen zum deutschen Fernsehen, indem er die zulässige Marktanteilsgrenze von 30% zu deren Lasten absenkt. Er greift somit in deren subjektives, von Art. lO EMRK gewährleistetes Recht ein, Fernsehprogramme zu veranstalten. Geht man von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus, liegt in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach ein nicht vernachlässigbarer Eingriff in die Rundfunkfreiheit kommerzieller Programmveranstalter.
3. Schrankenvorbehalt
Der Eingriff kann durch den Schrankenvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 EMRK oder nach teilweise vertretener Ansicht auch nach Art. lO Abs. 1 Satz 3 EMRK gerechtfertigt sein. a) Allgemeiner Schrankenvorbehalt, Art. 10 Abs. 2 EMRK
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist ein Eingriff in die Rundfunkfreiheit dann gerechtfertigt, wenn er auf einer hinreichend bestimmten Norm beruht, die einem der in Art. I 0 Absatz 2 EMRK genannten Ziele dient und "notwendig in einer demokratischen Gesellschaft" ist 1696. 1694 Im Ergebnis ebenso zur subjektiven Veranstalterfreiheit in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Astheimer, Rundfunkfreiheit, S. 136 f.; Binder, EuGRZ I986, 209 (210); Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. I55; a. A. Petersen, Rundfunkfreiheit, S. 255 ff. Zur Ansicht der Kommission Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. I4. Juni I984, S. 130. 1695 Vgl. etwa EGMR v. 28. August 1986, Ser. A 104, I (26f., §§50-53). 1696 Zur Notwendigkeit EuGH- Farniliapress v. 26. Juni I997, Rs. C-368/95, Slg. 1-1997, 3689 (Rdnr. 26); EGMR - Handyside v. 7. Dezember 1976, Ser. A 24, I (§§ 48 f.); EGMRSunday Times v. 26. April I979, Ser. A 30, I (§§ 45 ff.); EGMR- Young, James & Webster v. I3. August 198I, Ser. A 44, I (§§ 59ff.); EGMR - Si1ver v. 25. März 1983, Ser. A 61, 1 (§§ 84ff.); EGMR- Malone v. 2. August I984, Ser. A 82, 1 (§§ 65ff. und§ 81); EGMRBarthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, I (§§ 43 ff.); EGMR- Gillow v. 24. November 1986, Ser. A 109, 1 (§§ 48 ff.); EGMR- Leander v. 26. März 1987, Ser. A 116, I (§§ 49 ff.). Zu den Zielen des Art. 10 Abs. 2 EMRK EGMR- Barthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, I (§ 45). Zum Gebot der gesetzlichen Grundlage EGMR- Sunday Times v. 26. April 1979, Ser. A 30, I (§ 49); EGMR- Silver v. 25. März I983, Ser. A 6I, I (§§ 86ff.); EGMR- Gillow v. 24. November 1986, Ser. A 109, I (§§ 49ff.); EGMR- Leander v. 26. März 1987, Ser. A
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Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages dient der Vielfaltssicherung. Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte fallt die Gewährleistung eines breiten und vielfältigen Informationsangebots im Interesse der Öffentlichkeit unter den "Schutz der Rechte anderer"1697. Die Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk ist demnach ein Ziel im Sinne des Art. 10 Abs. 2 EMRK und kann daher prinzipiell einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit der Veranstalter rechtfertigen. Die Zulässigkeit von § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kann daher grundsätzlich auf den allgemeinen Schrankenvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 EMRK gestützt werden. Es kommt sonach darauf an, ob der in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV liegende Eingriff in die Rundfunkfreiheit der privaten Fernsehunternehmer in einer demokratischen Gesellschaft .,notwendig" ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist ein Eingriff in diesem Sinne notwendig, wenn ein "dringendes soziales Bedürfnis" für das staatliche Tatigwerden besteht1698 und dessen Verfolgung im Verhältnis zu dem angestrebten Ziel steht 1699. Entscheidend ist im Kern eine Interessenahwägung zwischen dem mit dem Eingriff verfolgten öffentlichen Interesse auf der einen und den von dem Eingriff betroffenen individuellen Interessen auf der anderen Seite 1700. Dabei steht den den Eingriff vornehmenden Mitgliedstaaten ein Beurteilungsspielraum zu 1701 , der indes gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar ist 1702. 116, 1 (§§ SOff.); EGMR - Groppera v. 28. März 1990, Ser. A 173, 1 (§ 68); EGMRAutronic v. 22. Mai 1990, Ser. A 178, 1 (§57). Zur Bestimmtheit EGMR- Sunday Times v. 26. April 1979, Ser. A 30, I (§ 49); EGMR- Silver v. 25. März 1983, Ser. A 61, 1 (§§ 87f.); EGMR- Barthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, 1 (§ 45); dazu noch ausführlich unter§ 4 C. VI. 1697 EGMR- Groppera v. 28. März 1990, Ser. A 173, I (§§ 69 f.); vgl. auch EGMR- Autronic v. 22. Mai 1990, Ser. A 178, I (§ 52). Zustimmend Petersen, Rundfunkfreiheit, S. 27ff.; Holznagel, Rundfunkrecht in Europa, S. 158; vgl. auch Kühling, EuGRZ 1997,296 (301). 1698 EGMR- Handyside v. 7. Dezember 1976, Ser. A 24, 1 (§ 48); EGMR - Sunday Times v. 26. April 1979, Ser. A 30, 1 (§ 59); EGMR- Barthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, 1 (§55); EGMR- Müller v. 24. Mai 1988, Ser. A 133, 1 (§ 38); EGMR- Informationsverein Lentia v. 24. November 1993, Ser. A 276, 1 (§ 39). 1699 EuGH- Familiapress v. 26. Juni 1997, Rs. C-368/95, Slg. I-1997, 3689 (Rdnr. 27); EGMR - Handyside v. 7. Dezember 1976, Ser. A 24, 1 (§ 49); EGMR - Young, James & Webster v. 13. August 1981, Ser. A 44, I (§ 63); EGMR- Barthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, I (§55). Dariiberhinaus muß die einzelne Maßnahme zutreffend und ausreichend begründet sein, EGMR- Handyside v. 7. Dezember 1976, Ser. A 24, 1 (§§ 48 f.); EGMR- Sunday Times v. 26. April 1979, Ser. A 30, 1 (§ 59); EGMR - Barthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, 1 (§55); EGMR- Müller v. 24. Mai 1988, Ser. A 133, I (§ 32); EGMRGroppera v. 28. März 1990, Ser. A 173, I(§ 72). 1700 Engel, ZUM 1988, 512 (524). 1701 Sog. margin of appreciation. Vgl. etwa EGMR- Handyside v. 7. Dezember 1976, Ser. A 24, 1 (§ 48); EGMR - Sunday Times v. 26. April 1979, Ser. A 30, I (§ 65); EGMRBarthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, I (§58); EGMR- Müller v. 24. Mai 1988, Ser. A 133, 1 (§ 33). 26*
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Maßgeblich ist sonach, ob die cross ownership-beschränkende Malusregelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV unter Berücksichtigung der Bedeutung des von ihr verfolgten öffentlichen Interesses den individuellen Interessen der Rundfunkveranstalter und Rezipienten hinreichend Rechnung trägt, namentlich die Sendefreiheit der betroffenen Rundfunkveranstalter und die Empfangsfreiheit der Rezipienten nicht unangemessen beschränkt. Ausgangspunkt der Überlegungen muß dabei Art und Gewicht des von § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verfolgten öffentlichen Interesses sein 1703 . § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV knüpft den Rundfunkzugang von Unternehmen, die im Fernsehen und zugleich auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten aktiv sind, an besondere Voraussetzungen. Damit soll zum einen den publizistischen Gefahren begegnet werden, die einer zusammengeballten, multimedialen Meinungsmacht innewohnen. Zum anderen will die Cross Ownership Beschränkung verhindern, daß ein Unternehmen sein publizistisches Wirkungspotential über seine Fernsehprogramme mit seinen mittelbaren Einflußmöglichkeiten aufgrund seiner Wettbewerbsposition auf einem vor- oder nachgelagerten Schlüsselmarkt kombiniert und darüber zu einem ungleichgewichtigen Einfluß auf die Bildung der öffentlichen Meinung gelangt, der sich aus einer nur isolierten Betrachtung des Fernsehmarktes nicht ablesen ließe. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bezweckt sonach, die Vielfalt in den Medien vor den publizistischen Risiken einer vorherrschenden Meinungsmacht Einzelner oder partikularer Gesellschaftsgruppen zu schützen, die ihren Grund in der Bildung intermediärer oder vertikaler Cross Ownerships hat. Diese Sicherung eines breiten, pluralistischen Informations- und Meinungsangebots im Fernsehen ist staats- wie kulturpolitisch von erstrangiger Bedeutung, da das Fernsehen ein herausragendes, gesamtgesellschaftliches Wirkungspotential besitzt, das es in eine ihrer Art nach einzigartige Schlüsselrolle für die Integration und Sozialisation des Einzelnen innerhalb einer modernen, funktional-ausdifferenzierten Gesellschaft rückt 1704• Der wirksame Schutz der publizistischen Vielfalt wird als Grundbedingung eines funktionsfähigen Kommunikationsprozesses in einer offenen Gesellschaft angesehen 1705 • Ihm wird daher eine schlechthin konstituierende Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen wie auch für die Aufrechterhaltung einer freiheitlich-demokratischen Ordnung zugesprochen. Da in einer demokratischen Gesellschaft die Sicherung einer publizistischen Vielfalt sonach ein Schutzgut von oberster Priorität darstellt, dient § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV demzufolge einem demokratie- und kulturstaatlichen Ziel ersten Ranges. 1702 EGMR- Barthold v. 25. März 1985, Ser. A 90, I (§ 55); EGMR- Autronic v. 22. Mai 1990, Ser. A 178, I (§ 61); EGMR - Informationsverein Lentia v. 24. November 1993, Ser. A 276, I (§ 35). 1703 Zum Regelungszweck von Cross Ownership Beschränkungen allgemein§ 2 E., insbesondere § 2 E. I. 2. Zum Regelungsgehalt des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV im Einzelnen unter §3D. 111., zusammenfassend unter§ 4 B. I. 3. c) cc). 1704 Vgl. dazu ausführlich unter § I C. II. 2. 1705 Vgl. § 2 E. I. l. a).
B. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft
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Nichtsdestotrotz wäre die Cross Ownership Beschränkung "in einer demokratischen Gesellschaft" nicht "notwendig", wenn sie den individuellen Rechten der Fernsehveranstalter und Rezipienten nicht hinreichend Rechnung trüge. Die Rechte der kommerziellen Anbieter werden durch § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nur marginal eingeengt. Auch wenn diversifizierte Fernsehveranstalter infolge der Cross Ownership Beschränkung prinzipiell schon früher als andere Programmveranstalter mit rundfunkrechtlichen Sanktionen rechnen müssen und ihr unternehmenscher Handlungsspielraum daher tendenziell stärker eingeengt ist als der von Fernsehveranstaltern, die auf keinem medienrelevanten verwandten Markt tätig sind, greift § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bei näherer Betrachtung nur äußerst selten und wenn, dann auch nur wenig intensiv in die Rechte der Veranstalter von Fernsehprogrammen ein 1706. So beinhaltet § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV anders als die meisten landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen kein striktes gesetzliches Verbot. Der materielle Regelungsgehalt der Cross Ownership Beschränkung erschöpft sich vielmehr in einer Malusregelung auf Beweisebene, deren Anwendungsbereich erst dann eröffnet ist, wenn das Unternehmen die allgemein geltende, kritische Grenze von 30 % Zuschauermarktanteil schon fast erreicht hat. Den betroffenen Unternehmen bleibt es zudem unbenommen, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen, deren Teil die Cross Ownership Beschränkung ist. Darüberhinaus wird § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, selbst wenn er einmal zur Anwendung kommt, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig allenfalls zur Einrichtung eines Programmbeirats führen, nicht dagegen zu entflechtungsähnlichen Folgen wie der Reduktion von Beteiligungen. Angesichts ihrer insgesamt nur geringen Regelungsintensität greift die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages sonach in die Rechte der Fernsehveranstalter nicht unangemessen ein. Gleiches gilt für die Interessen der Rezipienten. Selbst wenn § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV letztlich zum Widerruf von Fernsehlizenzen eines diversifizierten Unternehmens führte, käme der Rezipient zwar nicht mehr in den Genuß eines oder einiger Programme dieses meinungsmächtigen Unternehmens. An deren Stelle rückten jedoch Programme anderer Veranstalter. Die Empfangsfreiheit der Rezipienten beinhaltet nicht das Recht auf Empfang eines bestimmten Programms. Zudem wird nach allgemeiner Ansicht mit der Verbreiterung der Eigentümerbasis eine Belebung des publizistischen Wettbewerbs und eine qualitative Verbesserung des Informations- und Meinungsangebots verbunden, von der die Rezipienten letztlich profitieren 1707 . Die Interessen der Rezipienten werden von Cross Ownership Beschränkungen daher nicht betroffen. Demzufolge verfolgt die Cross Ownership Beschränkung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV mit der Sicherung der publizistischen Vielfalt ein gewichtiges, demo1706 Vgl. zu den parallelen Überlegungen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit § 4 B. I. 3. c) cc). 1101 Vgl. § 2 E. I. l. a).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
kratie- und kulturstaatlich begründetes Interesse. Dabei läßt sie die individuellen Rechte der Rezipienten unberührt und schränkt- in ihrer aktuellen Fassung- auch die der Fernsehveranstalter nicht unangemessen ein. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beinhaltet sonach einen Eingriff in die Rechtssphäre der Femsehveranstalter, der "notwendig in einer demokratischen Gesellschaft" und daher vom Schrankenvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 EMRK gedeckt ist.
b) Rundfunkklause I, Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK
Nach Art. 10 Abs. I Satz 3 EMRK können die Staaten ein Genehmigungsverfahren für den Rundfunk vorsehen. In den Genuß der nach Art. I 0 EMRK gewährleisteten Rechte kommt im Rundfunk daher nicht jeder, sondern nur der staatlich Zugelassene. Der Regelungsgehalt der Rundfunkklausel wird uneinheitlich beurteilt. Wahrend ein Teil des Schrifttums aus Art. I 0 Abs. I Satz 3 EMRK einen Totalvorbehalt für die Rundfunkordnung entnimmt, insbesondere den Erlaß des Rundfunkorganisationsrechts nicht auf die Ziele des Art. 10 Abs. 2 EMRK beschränkt wissen will, mißt die Gegenansicht der Rundfunkklausel eine rein verfahrensrechtliche Bedeutung bei 1708• Nach der letzteren Auffassung sind die materiellen Regelungen des Rundfunkkonzentrationsrechts trotz Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK an den Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 2 EMRK zu messen. Der Rundfunkvorbehalt betreffe ausschließlich den formalen Akt der Genehmigung, könne aber keine materiellen Einschränkungen der Rundfunkveranstalterfreiheit rechtfertigen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV wäre demzufolge sowohl an der Rundfunkklausei als auch an dem allgemeinen Schrankenvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 EMRK zu messen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nimmt in der Diskussion eine vermittelnde Position ein. Demnach muß das nationale Lizenzierungsverfahren für das Rundfunkwesen sowohl den Anforderungen der Rundfunkklausel genügen als auch denen des allgemeinen Schrankenvorbehalts 1709• Die Rundfunkklausel habe dariiberhinaus aber auch einen eigenständigen Regelungsgehalt. So könne Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK Eingriffe legitimieren, die keines der in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannten Ziele verfolgen 1710. Nichtsdestoweniger müßten auch 1708 Für den Totalvorbehalt Hoffmann-Riem, Europäisierung des Rundfunks, S. 201 (207 ff.); ders., Erosionen des Rundfunkrechts, S. 53 f.; Bullinger, AfP 1985, 257 (263). Für eine rein verfahrensrechtliche Bedeutung der Rundfunkklausel Engel, ZUM 1988, 511 (524f.); ders., ZRP 1988, 240 (243f.); Binder, DV 1982, 34 (37); Europäische Kommission, Grünbuch Fernsehen ohne Grenzen, Dok. KOM (84) 300 endg. v. 14. Juni 1984, S. 133 f.; wohl auch v. Mangoldt/ Klein I Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 15. 1709 EGMR- Groppera v. 28. März 1990, Ser. A 173, 1 (§ 61); vgl. auch EGMR- Autronic v. 22. Mai 1990, Ser. A 178, 1 (§52). 1710 EGMR- Informationsverein Lentia v. 24. November 1993, Ser. A 276, 1 (§ 32).
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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die nach Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK rechtfertigbaren Eingriffe "im Lichte der übrigen Anforderungen des Art. 10 Abs. 2 EMRK" betrachtet werden, mithin auf einem Gesetz beruhen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein 17 ll. Der Streit kann im Hinblick auf§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV unentschieden bleiben, da nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Sicherung pluralistischer Vielfalt im Rundfunk ein Ziel im Sinne des allgemeinen Schrankenvorbehalts darstellt und damit eine Einschränkung der Rundfunkfreiheit von Programmveranstaltern im Interesse der Informationsvielfalt der Öffentlichkeit rechtfertigen kann 1712 .
4. Zusammenfassung Die Cross Ownership Beschränkung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist mit der Rundfunkfreiheit vereinbar, wenn man den Leitlinien der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 10 EMRK folgt, die für den Europäischen Gerichtshof zwar nicht verbindlich sind, dennoch weitgehend befolgt werden. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt einen Eingriff in die vom Straßburger Gerichtshof implizit anerkannte Veranstalterfreiheit privater RundfunkanbieteT dar. Der Eingriff läßt sich sowohl nach Art. 10 Abs. I Satz 3 EMRK als auch nach Art. 10 Abs. 2 EMRK rechtfertigen, da er die Sicherung pluralistischer Vielfalt im Rundfunk zum Ziel hat, für die demokratische Gesellschaft notwendig ist und sich dabei in den Grenzen der Verhältnismäßigkeit hält.
C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht Cross Ownership Beschränkungen müssen ferner mit den Vorgaben des nationalen Verfassungsrechts vereinbar sein. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist nur dann verfassungsgemäß, wenn den Bundesländern das Recht zusteht, die Cross Ownership in den Medien zu regeln. Zudem muß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auch materiell verfassungskonform sein. Er darf weder ungerechtfertigt in eine grundrechtlich gewährleistete Freiheitssphäre eingreifen noch gegen sonstiges höherrangiges Recht verstoßen, namentlich nicht willkürlich, unverhältnismäßig oder unbestimmt sein.
1711 Vgl. EGMR - Informationsverein Lentia v. 24. November 1993, Ser. A 276, 1 (§§ 34 ff.). 1712 EGMR- Groppera v. 28. März 1990, Ser. A 173, 1 (§§ 69f.); vgl. auch EGMR- Autronic v. 22. Mai 1990, Ser. A 178, 1 (§ 52).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
I. Regelungskompetenz § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist nur dann formell verfassungsgemäß, wenn die Regulierung von Cross Ownerships in den Kompetenzbereich der Landesgesetzgeber fällt. Ob die Länder zur Beschränkung der marktübergreifenden Konzentration in den Medien kompetent sind, wird uneinheitlich beantwortet.
1. Grundsatz der Länderkompetenz, Art. 30, 70 Abs. 1 GG Die Länder haben das Recht zur Gesetzgebung, soweit die Verfassung keine besondere Gesetzgebungsbefugnis für den Gesamtstaat vorsieht, Art. 30, 70 Abs. 1 GG 1713 . Im Interesse des föderalistischen Staatsaufbaus und der wirksamen Teilung der Gewalten ist der Bund zur Gesetzgebung grundsätzlich nur dann berufen, wenn ihm das Grundgesetz eine bestimmte Materie ausdrücklich zur Regelung zuweist 1714.
Im Folgenden sind die Kompetenzgrundlagen näher zu beleuchten, die dem Bund die Befugnis geben könnten, Cross Ownership Beschränkungen zu erlassen. In Betracht kommen insoweit vor allem die Bundeskompetenz wegen des Mißbrauchs wirtschaftlicher Machtstellungen, Art. 74 Nr. 16 GG, die Kompetenz des Bundes für das Recht der Wirtschaft, Art. 74 Nr. 11 GG, sowie die Bundeskompetenz für Telekommunikation nach Art. 73 Nr. 7 GG, die Presserechtsrahmenkompetenz des Bundes nach Art. 75 Nr. 2 GG sowie eine Bundeszuständigkeit kraftNaturder Sache. 2. Konkurrierende Bundeswirtschaftskompetenz, Art. 74 Nr. 11 und Nr. 16 GG Der Bundesgesetzgeber wäre konkurrierend regelungsbefugt, wenn Cross Ownership Beschränkungen den Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen 17 15 zum Gegenstand hätten oder zum Recht der Wirtschaft 1716 zählten. 1713 Entgegen dieser Systematik übertrifft in der Praxis die rechtsetzende Tätigkeit des Bundes die der Länder nach Zahl und Gewicht, Hili, Gesetzgebung, S. 61. Eine Aufzählung der den Ländern verbliebenen Materien findet sich bei Schneider. Gesetzgebung, Rdnr. 167. 1714 BVerfGE 12, 205 (229), 92, 203 (238). Zu den historischen Wurzeln des Enumerationsprinzips Badura, Staatsrecht, Teil F, Rdnr. 27. Die Länder können ihre Verantwortung auch nicht auf den Bund überwälzen. Die Kompetenzordnung des Grundgesetzes ist nicht disponibel, BVerfGE 4, 115 (139) (ständige Rechtsprechung); vgl. auch Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (207). Auch die im Jahre 1996 zwischen Bund und Länder geschlossene "Koordinationsvereinbarung" über die Regulierung der Informations- und Kommunikationsdienste ist daher von keiner rechtlichen Bedeutung. Sie ist vielmehr als politische Absichtserklärung aufzufassen, vgl. § 23 Abs. 2 MediendiensteStaatsvertrag. Zur Koordinationsvereinbarung grundlegend Bullinger I Mestmäcker. Multimediadienste, S. 141; vgl. auch Bleisteiner, Verantwortlichkeit im Internet, S. 88. 111s Art. 74 Nr. 16 GG. 1716 Art. 74 Nr. 11 GG.
C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht
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Die wirtschaftspolitische Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Nr. 11 GG wird für die Wettbewerbspolitik durch die speziellere Bestimmung des Art. 74 Nr. 16 GG konkretisiert 1717. Soweit andere Kompetenzgrundlagen den Gesetzgeber zur Schaffung besonderer Wettbewerbsordnungen für bestimmte Wirtschaftssektoren ermächtigen, tritt Art. 74 Nr. 16 GG als allgemeinere Kompetenznorm zurück.
Cross Ownership Beschränkungen setzen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien Grenzen, indem sie den Zugang diversifizierter Fernsehveranstalter besonderen Zulassungsanforderungen unterwerfen. Zunächst ist zu ob ganz allgemein das Rundfunkkonzentrationsrecht, das den Medienzugang und damit das Medieneigentum regelt und dabei ganz überwiegend an ökonomische Parameter wie Marktanteile anknüpft, heute als wirtschaftsrechtliche Materie zu begreifen ist, zumal die Öffnung des Rundfunksektors für private Anbieter mittlerweile zu einer weitgehenden Kommerzialisierung des Rundfunks geführt hat. Anschließend ist der Frage nachzugehen, ob, wenn man schon die Regulierung des intramediären Wettbewerbs im Rundfunk den Rundfunk- und damit den Landesgesetzgebern zuweist, nicht zumindest der in seinen Wirkungen über den Bereich des Rundfunks hinausweisende, marktübergreifende Wettbewerb von Medienunternehmen gesondert zu behandeln und der Bundeswirtschaftskompetenz zuzuordnen ist. a) Rundfunkkonzentrationsrecht als Teil des Wirtschaftsrechts
Vorab ist zu klären, was unter "Recht der Wirtschaft" zu verstehen ist. Das Recht der Wirtschaft umfaßt die Gesamtheit aller Normen, die sich auf die Produktion und Distribution von Wirtschaftsgütern beziehen, das heißt das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regeln 1718. Eine Materie ist daher nicht schon dann Teil des Wirtschaftsrechts, wenn sie mit der Erzielung von Einnahmen verbunden oder mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird 1719. Rein ordnungsrechtliche Materien zählen nicht zum Recht der Wirtschaft 1720. Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen Wirtschafts- und Ordnungsrecht ist allerdings nicht möglich 1721 • Ordnungsrechtliche Bestimmungen können den Annex eines wirtschaftsrechtlich regulierten Sachgebiets darstellen 1722 . Die wirtschaftlichen Aspekte können aber auch nur Rand- und Folgeerscheinungen eines im 1717 Zur Bundeskompetenz für das Recht der Wirtschaft allgemein Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 15 I 1 a. 1718 BVerfGE 8, 143 (148f.); 28, 119 (146). 1719 BVerfGE 28, 119 (147). 1720 Vgl. BVerfGE 13, 367 (371 f.) ; anders aber BVerfGE 8, 143 (148). 1721 Ipsen, Staatsrecht, Rdnr. 474. So auch BVerfGE 8, 143 (149). Vgl. insoweit bereits § 2 E. III. 3. 1722 BVerfGE 8, 143 (149); 28, 119 (146).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Kern gefahrenabwehrrechtlichen Sachverhalts sein 1723 . Bei Materien im Spannungsverhältnis verschiedener Gesetzgebungsbereiche kommt es daher auf den Schwerpunkt der zu erlassenden Regelung an. Dieser ist anhand einer historischen, genetischen, systematischen und teleologischen Interpretation der Vorschrift zu ermitteln 1724. Das Rundfunkkonzentrationsrecht weist eine sachliche Nähe zu ordnungs- wie auch zu wirtschaftsrechtlichen Materien auf1725 . So besitzen die rundfunkkonzentrationsrechtlichen Bestimmungen einen entscheidenden Einfluß auf die ökonomischen Rahmenbedingungen kommerzieller Rundfunkveranstalter und bestimmen damit deren Wettbewerbsposition. Sie sind sowohl einzel- wie gesamtwirtschaftlich von hoher Bedeutung 1726. Auch knüpfen sie zumeist an ökonomischen Kriterien wie Marktanteilen oder dem Begriff der Marktbeherrschung an und ähneln insoweit den Konzentrationsregelungen des allgemeinen Wettbewerbsrechts. Es wäre jedoch zu kurz gegriffen, aus dieser Abhängigkeit von ökonomisch definierten Kriterien und der rein faktischen Bedeutung des Rundfunkkonzentrationsrechts für den Wirtschaftsverkehr dessen Zugehörigkeit zum Recht der Wirtschaft ableiten zu wollen. Vielmehr muß auch hier der Regelungszweck des Rundfunkkonzentrationsrechts berücksichtigt werden. Das Rundfunkkonzentrationsrecht will in seinem Kern nicht den ökonomischen, sondern den publizistischen Wettbewerb unter den Rundfunkanbietern schützen 1727 • Der ökonomische Wettbewerb wird nur insoweit geschützt, als er Grundbedingung eines funktionierenden publizistischen Wettbewerbs ist. Das Rundfunkkonzentrationsrecht zielt sonach nicht auf die Steuerung und Förderung des ökonomischen Wettbewerbs an sich, sondern auf die Sicherung der staats- wie kulturpolitisch gebotenen, pluralistischen Vielfalt im Rundfunk. Das Rundfunkkonzentrationsrecht weist damit Bezüge zu staatsverfassungs- wie kulturrechtlichen Überlegungen auf, die dem eigentlichen Wirtschaftsrecht abgehen 1728. Selbst wenn man den Rundfunk als kommerzielles Gut und die Veranstaltung von privatem Rundfunk als Dienstleistung qualifiziert, läßt sich das Rundfunkkonzentrationsrecht wegen seiner demokratie- und kulturstaatlichen Ausrichtung nicht als Teil des Wirtschaftsrechts einstufen. Sinn und Zweck, aber auch Wortlaut und die traditionelle Zuordnung des Rundfunkrechts zu BVerfGE 28, 119 (147). Roth, ZHR 152 (1988), 165 (168); Kühler, Medienverflechtung, S. 91; Badura, Staatsrecht, Teil F, Rdnr. 28; Maunz/Dürig-Maunz, Art. 74, Rdnr. 12m. w. N. Vgl. auch BVerfGE 8, 143 ( 148 ff.); 28, 119 (146 ff.). Zu den Grenzen der gegenständlichen Kompetenzabgrenzung l.adeur, ZUM 1998, 261 (262ff.). 1725 Vgl. bereits§ 2 E. III. 3. 1726 Zur wirtschaftlichen Bedeutung bereits§ 1 B. 1727 Zum Unterschied zwischen ökonomischem und publizistischem Wettbewerb noch im Einzelnen unter§ 4 C. II. I. c). 1728 Hoffmann-Riem, AöR llO (1985), 528 (543); Grimm, VVDStRL 42, 46 (68ff.). Vgl. § 3 C. I. 1723
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C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht
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den Materien des Kultur- und Sicherheitsrechts 1729 sprechen dafür, daß das Rundfunkkonzentrationsrecht und damit auch Cross Ownership Beschränkungen wie § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV trotz ihrer mannigfachen wirtschaftlichen Implikationen keine Regelungen sind, die das Wirtschaftsleben oder die wirtschaftliche Betätigung der kommerziellen Rundfunkanbieter als solche zum Gegenstand haben. Ihr materieller Schwerpunkt liegt vielmehr im Gefahrenabwehrrecht Die wirtschaftlichen Konsequenzen für Rundfunkveranstalter und Rundfunkmarkt sind lediglich Folgeerscheinungen einer im Kern ordnungsrechtlichen Regelung. Hierfür spricht auch, daß die Landesmedienanstalten in keinem Bundesland der Aufsicht der Wirtschaftsministerien unterstehen. In Bayern ist die Bayerische Landeszentrale für neue Medien dem Kultusministerium zugeordnet 1730. Regelmäßig wird die Aufsicht von den Ministerpräsidenten respektive von deren Staatskanzleien ausgeübt1731 .
Trotz der weitgehenden Kommerzialisierung des Rundfunksektors und der hohen wirtschaftlichen Bedeutung gerade des Rundfunkkonzentrationsrechts ist das Rundfunkrecht nicht Teil des Rechts der Wirtschaft und das Rundfunkkonzentrationsrecht keine Materie, die den Mißbrauch wirtschaftlicher Machtstellungen zum Gegenstand hat 1732• b) Regulierung des marktübergreifenden Wettbewerbs
Das Rundfunkkonzentrationsrecht ist demnach prinzipiell dem Ordnungsrecht und der Rundfunkhoheit der Länder zuzuordnen. Im rundfunkrechtlichen Schrifttum finden sich Überlegungen, die zumindest jene rundfunkkonzentrationsrechtlichen Normen hiervon ausnehmen wollen, die in ihrer Wirkung über den Rundfunk hinausweisen. So differenziert eine Ansicht zwischen der Kontrolle des intramediären und der Kontrolle des marktübergreifenden, namentlich des intermediären Wettbewerbs1733. Demnach können Konzentrationsbestimmungen, die auch Märkte 1729 Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 167; Hesse, K., Verfassungsrecht, Rdnr. 244; WittigTerhardt, AtP 1986, 298 (298); Dörr, ZUM 1996, 617 (625); Stock, JZ 1997, 583 (585). Ausnahmen bilden insoweit Art. 74 Nr. 13 GG und Art. 75 Nr. 1a GG. Vgl. auch BVerfGE 12, 205 (228 f.). Zum Zweck der Einordnung als kulturrechtliche Materie Grimm, VVDStRL 42, 46 (70). Zur Historie Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 73 ff. 1730 § 19 BayMG. 1731 Vgl. etwa § 78 LMedG BW; § 42 BremLMG; § 65 LRG Nds.; § 66 LRG NRW; §53 LRG RP; § 72 LRG Saarland; § 36 SächsPRG. 1732 Vgl. auch BVerfGE 57, 295 (323). Zustimmend im Ergebnis Roth, ZHR 152 (1988), 165 (167); Wittig-Terhardt, AfP 1986, 298 (301); Hadamik, AfP 1989, 643 (644); Stock, AfP 1989,627 (630); Buchholtz, ZUM 1998, 108 (114); vgl. auch Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (205 ff.); Brenner, ZUM 1998, 877 (878 ff.). 1733 Mestmäcker, GRUR Int. 1983, 553 (553); Wagner, RuF 1990, 165 (167); 5. Hauptgutachten der Monopolkommission 1984, BT-Drucks. 10/1791, Tz. 598. In diese Richtung auch Kühler, NJW 1987,2961 (2966); ders., Medienverflechtung, S. 90f.
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außerhalb des Rundfunks betreffen, von der Rundfunkkompetenz der Länder nicht gedeckt sein. Beschränkungen der marktübergreifenden Konzentration könnten nur vom Bundeswirtschaftsgesetzgeber erlassen werden. Der Rundfunkgesetzgeber sei auf die Regulierung der intramediären Konzentration im Rundfunk beschränkt. Zum Teil wird überdies vertreten, daß zumindest der intermediäre Wettbewerb zwischen Rundfunk und Presse durch die auf Art. 74 Nr. 16 GG gestützte Pressefusionskontrolle abschließend geregelt sei. Cross Ownership Beschränkungen der Länder begegneten sonach, zumindest soweit sie die Presse betreffen, kompetenziellen Bedenken 1734 • Nach anderer Ansicht ist über die Sicherung der pluralistischen Vielfalt in den einzelnen Medien hinaus auch die Gewährleistung der medienübergreifenden Meinungsvielfalt Sache des Mediengesetzgebers 1735 . Die Bundeswirtschaftskompetenz sei keine "medienübergreifende Superkompetenz" 1736 • Die Regelungskompetenz der Länder umfasse alle Tätigkeiten, die mit der Veranstaltung und Verbreitung von Rundfunk zusammenhingen, beginnend bei der Beschaffung und Produktion der Sendungen über deren Zusammenstellung und Veranstaltung bis hin zur Verbreitung der Programme 1737 • Sie erfasse daher auch die Stufen wirtschaftlichen Handelns, die der Rundfunkveranstaltung vor- bzw. nachgelagert sind 1738 . Aber nicht nur im vertikalen, auch im intermediären Bereich müsse die Bundeswirtschaftskompetenz hinter die Rundfunkkompetenz der Länder zurücktreten 1739• Gegen die Ansicht, die die Cross Ownership Kontrolle, namentlich die Regulierung des intermediären Wettbewerbs zwischen Presse und Rundfunk dem Bundeswirtschaftsgesetzgeber überantworten will, spricht zunächst, daß die Pressefusionskontrolle von Anfang an nicht als Regelung gedacht war, die alle ökonomischen wie publizistischen Wettbewerbsbeziehungen der Presse und zur Presse abschließend mitregeln sollte. So wurde schon bei der Einführung der Pressefusionskontrolle die Notwendigkeit eines medienspezifischen Sonderkonzentrationsrechts für die Presse propagiert, das von den pressespezifischen GWB-Regelungen weder vorweggenommen noch durch diese ausgeschlossen sein sollte. Obschon die Pressefusionskontrolle vereinzelt mißverständlicherweise mit einer publizistischen Stoßrichtung belegt wird, ihre Einführung ursprünglich durchaus medienpolitisch motiviert war und auch die publizistisch begrüßenswerte Folge hatte, daß sich die zuvor stürmische Pressekonzentration erkennbar verlangsamte, besteht heute Einigkeit, daß die pressespezifischen Bestimmungen des GWB objektiv wie nach Hess, AfP 1997, 680 (683). Scholz, AfP 1983,261 (264f.); Roth, ZHR 152 (1988), 165 (169); Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (207); Stock, AfP 1989, 627 (630). In diese Richtung auch Seemann, DV 1985, 413 (432f.). 1736 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (207). 1737 Jarass, Kartellrecht und Landesrundfunkrecht, S. 19; Engels, ZUM 1996,44 (45). 1738 Engels, ZUM 1996,44 (45). 1734
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Roth, AfP 1986, 287 (294); Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (207).
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dem Willen ihres Gesetzgebers nur der Bekämpfung wirtschaftlicher, nicht der Verhinderung publizistischer Macht dienen 1740. Nichts anderes gilt für die jüngst eingeführte Rundfunkfusionskontrolle. Die Medienfusionskontrolle paßt die materiellen Eingriffskriterien der allgemeinen Fusionskontrolle den besonderen Strukturen in den Medienmärkten an. Dabei setzt sie ausschließlich am wirtschaftlichen Wettbewerb der Medienunternehmen an und sieht auch keine besonderen, publizistischen Kriterien vor. Nicht zuletzt aus kompetenziellen Gründen sind demokratie-, sozial- oder kulturstaatliche Erwägungen zur Sicherung der Informations-, Meinungs- und kulturellen Vielfalt bei der Abfassung der Kontrollbestimmungen nicht miteingeflossen 1741 . Nicht zuletzt deshalb bleiben die - für den ökonomischen Wettbewerb in der Regel ungefährlichen - intermediären Wettbewerbsbeziehungen vom allgemeinen Konzentrationsrecht weiterhin weitgehend unberiihrt 1742 . Vor allem aber spricht gegen die Auffassung, die die Cross Ownership Kontrolle dem Rundfunkgesetzgeber entzogen sehen will, weil dieser auf die Regulierung des Rundfunksektors beschränkt sei, daß Cross Ownership Beschränkungen keineswegs in den Wettbewerb auf Märkten außerhalb des Rundfunks eingreifen. Cross Ownership Beschränkungen wirken sich vielmehr ausschließlich auf die Lizenzierung, das heißt auf die Wettbewerbspositionen im Rundfunk aus. Ihre Besonderheit besteht nur darin, daß sie diese, auf den Bereich des Rundfunks beschränkten, Folgen von einer marktübergreifenden Betrachtung abhängig machen. So macht § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die Lizenz für ein bundesweites Fernsehprogramm von der Meinungsmacht des kommerziellen Fernsehanbieters und auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten abhängig. Besteht über die verschiedenen Märkte hinweg eine vorherrschende Meinungsmacht des Anbieters, führt § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zur Ablehnung des Lizenzantrags und im äußersten Falle zum Entzug bereits erteilter Lizenzen. Die Cross Ownership Beschränkung greift damit steuernd in den Wettbewerb im bundesweiten Fernsehen ein, hindert Unternehmen jedoch nicht am Wettbewerb auf den medienrelevanten verwandten Märkten. Soweit sich rundfunkrechtliche Folgen, die sich aus § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ergeben, auf angrenzende Märkte wie Presse oder Rechtehandel auswirken, stellen diese Effekte lediglich Reflexe des gesetzgebensehen Handeins zur Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk dar. 1740 BGHZ 76, 55 (64 ff.)- Springer-Eibe-Wochenblatt; BVerfG, NJW 1986, 1743; Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 24ff., 149; Tettinger; Kartellrecht im Verfassungsrecht, S. 147 (151); Immenga/Mestmäcker-Mestmäcker; Vor § 23, Rdnr. 55, 58; Langen/ Bunte-Ruppelt, § 36, Rdnr. 46 f. Vgl. auch Entwurf der Bundesregierung vom 11. Dezember 1974, RegE 1974, S. 5 I. Sp. und S. 10. Zu Hintergrund und Regelungsgehalt der dritten Kartellrechtsnovelle Spieler; Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 20ff.; Groß, ZUM 1996, 917 (926ff.); Möschel, JZ 1984,493 sowie bereits§ I D. I. 2. Dazu insgesamt Papier; Der Staat 1974, 399. Dessen ungeachtet wird vertreten, daß das GWB die Meinungsvielfalt besser sichern könne als die auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG beruhende medienspezifische Gesetzgebung, Mestmäcker; Recht und ökonomisches Gesetz, S. 262. 1741 Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 495 m. w. N. 1742 Vgl. § 3 C. IV. und§ 3 C. V.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Es ist sonach Sache der Länder, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern und zu diesem Zweck die Wettbewerbsbedingungen für den privaten Rundfunk festzulegen. Dabei ist die Rundfunkhoheit der Länder nicht auf das intramediäre Unternehmenswachstum im Rundfunk beschränkt. Cross Ownership Beschränkungen sind daher nicht deshalb dem Regelungsbereich des Bundes zuzuweisen, weil sie die Landesmedienanstalten verpflichten, auch intermediäre und vertikale Verflechtungen zu berücksichtigen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV fällt demzufolge nicht in die konkurrierende Regelungskompetenzdes Bundes für die Wirtschaft.
3. Sonstige Kompetenzzuweisungen an den Bund
Nachdem sonach weder das Rundfunkkonzentrationsrecht allgemein noch die Cross Ownership Beschränkungen im Besonderen dem Regelungsbereich des Bundes zuzuweisen sind, stellt sich die Frage, ob nicht zumindest einzelne Cross Ownerships der Gesetzgebungskompetenz der Länder entzogen sind. a) Bundeskompetenzfür die Telekommunikation, Art. 73 Nr. 7 GG
Nach Art. 73 Nr. 7 GG steht dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Telekommunikation zu 1743 . Im Bereich des Rundfunks beschränkt sich die Kompetenz für die Telekommunikation auf den sendetechnischen Bereich des Rundfunks, das heißt auf die technischen Voraussetzungen, deren Regelung für einen geordneten Ablauf des Sendebetriebs und -empfangs unerläßlich ist 1744• Die Bundeskompetenz für die Telekommunikation umfaßt die Zuteilung bestimmter Wellenbereiche an die Sender, die Festlegung von Sendestandorten und Sendestärken nach funktechnischen Gesichtspunkten, die Überwachung der vergebenen Frequenzen, die innere Organisation des Trägers sendetechnischer Anlagen und die Vorsorge, daß die Ausstrahlung und der Empfang der Sendungen nicht durch andere Fernmeldeanlagen und elektrische Einrichtungen gestört werden bzw. daß diese selbst den allgemeinen Funkverkehr nicht stören. Dabei hat das Fernmeldewesen eine dienende Funktion gegenüber dem Rundfunkt745.
1743 Hesse, K., Verfassungsrecht, Rdnr. 239. Bis 1994 war Art. 73 Nr. 7 GG noch als Bundeskompetenz für das "Fernmeldewesen" formuliert. 1744 BVerfGE 12, 205 (225, 227); Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 25 f. Zum Verhältnis von Rundfunk- und Telekommunikationshoheit Gabriel-Bräutigam, Rundfunkkompetenz und Rundfunkfreiheit, S. 45 ff.; dies., Rundfunkkompetenz und Fernmeldekompetenz, S. 103 ff. 1745 BVerfGE 12,205 (227). Zum Umfang der Kompetenz BVerfGE 12,205 (238).
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Die Aufspaltung der Regelungsmacht zwischen Netz und Nutzung wird systematisch, historisch und auch genetisch begründet 1746 . Dabei steht die Fernmeldehoheit des Bundes einer landesrundfunkrechtlichen Beschränkung der vertikalen Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltung und Sendetechnik unter Vielfaltsaspekten jedoch nicht entgegen. Vertikale Cross Ownership Beschränkungen knüpfen zwar tatbestandsmäßig an der Wettbewerbsposition auf anderen Märkten als dem Rundfunk an, rechtfertigen jedoch ausschließlich Eingriffe in den Wettbewerb im privaten Rundfunk 1747 . Das Telekommunikationsrecht des Bundes schließt daher nicht aus, daß sich eine Cross Ownership Beschränkung wie § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auf Verflechtungen zwischen Veranstaltungs- und Distributionsebene bezieht. Dies gilt nicht weniger im Hinblick auf das Teledienstegesetz 1148 des Bundes, das zum Teil auch auf die Bundeskompetenz für die Telekommunikation gestützt wurde 1749. Auch dieses Bundesgesetz, das den Zugang zu den Telediensten regelt, trifft keine abschließende Regelung im Hinblick auf die Verflechtung von Rundfunkveranstaltern und Anbietern von Telediensten. Es entfaltet daher keine Sperrwirkung gegenüber § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Zum einen regelt § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV lediglich den Zugang zum Rundfunk und nicht den zu den Telediensten. Zum anderen sind nach richtiger Ansicht die Teledienste von vomherein nicht zu den medienrelevanten verwandten Märkten im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zu zählen 1750•
Demzufolge schließt auch die Bundeskompetenz für die Telekommunikation die Befugnis der Landesgesetzgeber, Cross Ownership Beschränkungen wie den § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zu erlassen, nicht aus, nicht im Hinblick auf die Verflechtung von Rundfunkveranstaltung und -distribution und erst recht nicht in Bezug auf Cross Ownerships zwischen Rundfunkveranstaltern und Anbietern von Telediensten. b) Presserechtsrahmenkompetenz, Art. 75 Nr. 2 GG
Der Bund hat das Recht, Rahmenregelungen über die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse zu erlassen. Auch dies steht der Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV jedoch nicht entgegen. Zum einen steht die Presserechtsrahmenkompetenz des Bundes schon grundsätzlich Iandesrechtlichen Beschränkungen der intermediären Verflechtung von Rundfunk und Presse nicht entgegen, solange 1746 BVerfGE 12, 205 (228 f., 230 ff., 236). Angesichts der Konvergenz von Individualund Massenkommunikation wird die Trennung der Fernmeldehoheit des Bundes von der Rundfunkhoheit der Länder jedoch zunehmend kritisiert, vgl. etwa Hoffmann-Riem, AöR II 0 (1985), 528 (544 f.). 1747 Vgl. § 4 C. I. 2. b). 1748 Vgl. Fußnote 1538. 1749 Bullinger/Mestmäcker, Multimediadienste, S. 144ff. Kritisch hierzu Manenczuk, ZUM 1999, 104 (l06f.). mo Dazu im Einzelnen§ 3D. III. 3. a) cc) (3).
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§ 4 Rechtliche Zu1ässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
sich diese auf den Zugang zum privaten Rundfunk beschränken 1751 . Zum anderen hat der Bundesgesetzgeber ungeachtet mehrerer Anläufe noch keine Rahmenregelung für die Presse erlassen 1752. In diesem Zusammenhang bemerkenswert ist jedoch, daß Groß Anfang der Achtziger Jahre den Erlaß eines Presserechtsrahmengesetzes propagierte, in dem er eine Cross Ownership Beschränkung, nämlich die Inkompatibilität von verlegerischer Betätigung und Rundfunkveranstaltung festgeschrieben sehen wollte 1753. 4. Bundeskompetenz kraft Natur der Sache
Ungeachtet der im Grundgesetz enumerativ aufgeführten Gesetzgebungskompetenzen des Bundes erkennt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung das Bestehen ungeschriebener Bundeszuständigkeiten an. Da diese nur ausnahmsweise in Betracht zu ziehen sind, müssen sie restriktiv interpretiert werden 1754. Zu diesen ungeschriebenen Bundeszuständigkeiten zählt die Bundeskompetenz kraft Natur der Sache. Diese natürliche Bundeszuständigkeit ergibt sich aus dem allgemeinen, im Wesen der Dinge begrundeten Rechtssatz, wonach Sachgebiete, die ihrer Natur nach eigenste, der partikularen Gesetzgebungszuständigkeit der einzelnen Teilstaaten a priori entriickte Angelegenheiten des Gesamtstaats sind, nur vom Gesamtstaat geregelt werden können 1755. Cross Ownership Beschränkungen zählen nicht zu den Regelungsmaterien, die kraft Natur der Sache begriffsnotwendig vom Gesamtstaat geregelt werden müssen. Insbesondere ergibt sich eine Bundeskompetenz für das Rundfunkrecht weder aus der physikalischen Überregionalität der Funkwellen 1756 noch aus der überregionalen Aufgabe einer nationalen Repräsentation des Staates nach innen ("Selbstdarstellung der Nation vor der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland")1757. Auch der Gedanke, daß die Pflege kontinuitätsbewahrender Tradition über den Rundfunk nur vom Gesamtstaat zu leisten sei, kann keine natürliche Regelungsbefugnis des Gesamtstaates begriinden 1758. Vgl. zu diesem Grundgedanken bereits unter§ 4 C. I. 2. b) und§ 4 C. I. 3. a). Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 66. Kompetenzgrundlage für die Pressefusionskontrolle ist Art. 74 Nr. 16 GG, nicht Art. 75 Nr. 2 GG, Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 27. 1753 Groß, DuR 1982, 16 (26f.). 1754 Hili, Gesetzgebung, S. 60. 1755 BVerfGE 3, 407 (421); 12, 205 (251); 11, 89 (98f.); 11, 6 (17). In der US-amerikanischen Terminologie spricht man von "implied powers". Vgl. Hili, Gesetzgebung, S. 60. 1756 BVerfGE 12, 205 (251); dazu etwa Dörr, ZUM 1996, 617 (625f.); Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. B, Rdnr. 230 f. 1757 BVerfGE 12, 205 (242, 252). 1758 BVerfGE 12, 205 (252). 1751
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Engel 1759 vertritt die Ansicht, daß bei mangelnder Bestimmtheit der Zulassungskriterien aus der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen der einzelnen Länder eine natürliche Bundeskompetenz resultiere. Angesichts der Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV könnte demnach die Annahme einer natürlichen Regelungszuständigkeit des Bundes gerechtfertigt und § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach als verfassungswidrig einzustufen sein. Der Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die mangelnde Bestimmtheit rundfunkrechtlicher Zulassungsregelungen begründet allenfalls deren Verfassungswidrigkeit und damit die Unwirksamkeit bzw. Aufhebbarkeil der Verwaltungsentscheidungen, die auf diesen Normen beruhen. Sie kann jedoch nicht den Grund einer gesamtstaatlichen Verantwortlichkeit des Bundes für das Rundfunkkonzentrationsrecht bilden. Landesrechtliche Unterschiede in der Regulierung und Entscheidungspraxis zur Cross Ownership sind Ausdruck föderaler Vielfalt und nicht allein deshalb als widersprüchlich zu qualifizieren. Soweit es bundesweiter Regelungen bedarf, etwa im Hinblick auf das bundesweite Fernsehen, stellen die Formen föderaler Kooperation ein geeignetes Instrumentarium bereit. Auch die zum Teil erforderliche, bundesweite Zusammenarbeit der Länder in Rundfunkangelegenheiten indiziert keine zwingende Zuordnung der Materie zum Gesamtstaat. Auch wenn in beiden Fällen am Ende Regelungen von bundesweiter Geltung stehen, so besteht doch ein entscheidender Unterschied zwischen einer Regelung, auf die sich die Länder in föderaler Kooperation geeinigt haben, und einer Regelung, die der Bund trifft 1760.
§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV gehört folglich keiner Materie an, die sich unmittelbar aus dem Wesen oder der verfassungsmäßigen Organisation des Bundes ergibt und daher gleichsam selbstverständlich dem Gesamtstaat zuzuordnen ist.
5. Gebot der Bundestreue
Bei der Ausübung ihrer Kompetenzen sind Bund und Länder verpflichtet, ein Mindestmaß an Rücksicht aufeinander zu nehmen und die Regelungen des jeweils anderen zu respektieren 1761 . Ihnen obliegt ein ständiges wechselseitiges Bemühen um ein gutes bundesfreundliches Verhältnis zwischen Gesamtstaat und Gliedstaaten. Da die bundesstaatliche Ordnung auf dieses existentiell angewiesen ist, kommt dem Gebot der Bundestreue eine fundamentale Bedeutung für die bundesstaatliche Ordnung des Grundgesetzes zu. Es ist daher ein Prinzip von Verfassungsrang 1762. Aus dem Gebot der Bundestreue leitet das Bundesverfassungsgericht Verhaltenspflichten für Bund und Länder ab, die über die in der Verfassung ausdrücklich normierten Pflichten hinausgehen. Zu diesen Pflichten zur gegenseitigen Information, Abstimmung und Zusam-
Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (562) m. w. N. Vgl. auch BVerfGE 12, 205 (252). 1761 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (207f.). Zur Unterscheidung von Kompetenzqualifikation und Kompetenzausübung etwa Jarass, Kartellrecht und Landesrundfunkrecht, S. 39ff. 1762 Dazu kritisch Hesse, K., Verfassungsrecht, Rdnr. 269 f. 1759 1760
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menarbeit 1763 kommen Einschränkungen des politischen Stils und des "procedere" untereinander hinzu sowie Beschränkungen der verfassungsrechtlich verankerten Kompetenzen 1764•
Verstoßen die Länder gegen das Gebot, sich bundesfreundlich zu verhalten, so ändert auch das formelle Bestehen ihrer Regelungsbefugnis nichts an der Verfassungswidrigkeit ihres Verhaltens. Allerdings liegt in der Inanspruchnahme einer grundgesetzlich eingeräumten Kompetenz an sich keine Verletzung der Pflicht zur Bundestreue. Sie ist erst und nur dann verfassungswidrig, wenn die Inanspruchnahme der Kompetenz im konkreten Fall mißbräuchlich ist oder gegen prozedurale Anforderungen des Gebots der Bundestreue verstößt 1765 . Wegen der engen Verzahnung von publizistischer Vielfaltssicherung und ökonomischen Rahmenbedingungen im privaten Rundfunk gewinnt das Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme und Bundestreue im Bereich des Rundfunkkonzentrationsrechts besondere Relevanz 1766. In Bezug auf§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist jedoch weder eine mißbräuchliche Ausübung der Rundfunkhoheit erkennbar noch eine Verletzung der im Interesse der bundesstaatliehen Ordnung nötigen prozeduralen Erfordernisse. Auch unter dem Aspekt der Kompetenzausübung ergeben sich sonach keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
6. Zusammenfassung Mangels einer besonderen Kompetenzzuweisung an den Bund bleibt es sonach beim Primat der Landesgesetzgebung 1767 . Nur die Länder sind befugt, Cross Ownership Beschränkungen zu erlassen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist formell verfassungskonform.
1763 BVerfGE 12, 205 (255ff.); 13, 54 (75f.); 14, 197 (215); 43, 291 (348f.); 61, 149 (205); 73, 118 ( 197). 1764 BVerfGE 12,205 (255); 34,9 (20f.; 38f.; 44f.). 1765 BVerfGE 81, 310 (337); 12,205 (255); 14, 197 (215); 61, 149 (205). 1766 Engels, ZUM 1996, 44 (46); Ladeur; ZUM 1998, 261 (264f.). Zur Bedeutung der Bundestreue für die Weiterverbreitung in Kabelnetzen Jarass, ZUM 1994, 319 (332 f.). Zur Verzahnung von Eigentümervielfalt und publizistischer Vielfalt § 2 E. I. I. a). Zum Unterschied zwischen ökonomischem und publizistischem Wettbewerb noch unter § 4 C. II. 1. c). 1767 Art. 30, 70 GG. Zur Bedeutung des Ausgestaltungscharakters des Rundfunkrechts (vgl. § 2 E. 111. 4.) in diesem Zusammenhang Gersdorf, Neue Dienste, S. 167 ff. Dessen ungeachtet steht es dem Bundesgesetzgeber natürlich frei, im Wege der Verfassungsänderung seine Kompetenz zum Erlaß bundesein-heitlicher Rundfunkkonzentrationsregelungen zu begründen, Scholz, AfP 1983, 261 (265).
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II. Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG Es stellt sich sonach die Frage nach der materiellen Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Überprüfung ist die Rundfunkfreiheit Insoweit ist zunächst zu ermitteln, an welchem Kontrollmaßstab Cross Ownership Beschränkungen zu messen sind.
1. Kontrollmaßstab Geht man mit dem Bundesverfassungsgericht davon aus, daß Cross Ownership Beschränkungen Gesetze sind, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten und nicht einschränken, bestimmt sich ihre Verfassungsmäßigkeit nicht nach der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG, sondern ausschließlich danach, ob sich der Gesetzgeber in den Grenzen des ihm in Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG eingeräumten Gestaltungsspielraums gehalten hat 1768. Ob eine eigenständige Normenkategorie von Ausgestaltungsgesetzen anzuerkennen ist, gehört zu den umstrittensten Fragen bei der Interpretation des Art. 5 Abs. l Satz 2, 2. Alt. GG und ist zugleich die entscheidende Weichenstellung bei der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeil rundfunkrechtlicher Normen. Dieses Kernproblem des Rundfunkorganisationsrechts soll daher im Folgenden eingehend analysiert werden. a) Ausgestaltungsgesetze als eigenständige Normenkategorie
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und einem nicht unbeachtlichen Teil des rundfunkrechtlichen Schrifttums schränken die Rundfunkgesetze - und damit auch die Cross Ownership Beschränkungen - die Rundfunkfreiheit nicht ein, sondern gestalten diese vielmehr aus 1769. Demnach reduzieren die Ausgestaltungsgesetze den Schutzumfang der Rundfunkfreiheit nicht zugunsten anderer, nicht kommunikationsbezogener Schutzgüter. Vielmehr konkretisieren sie die Substanz der Rundfunkfreiheit und bereiten damit erst die Grundlage für deren reale Entfaltung und praktische Wirksamkeit 1770. Die Ausgestaltungsgesetze heben sich sonach deutlich von den Schrankengesetzen ab 1771 • 1768 Zur Differenzierung zwischen Ausgestaltungs- und Schrankengesetzen ausführlich unter § 2 E. III. 4. 1769 Zu den Befürwortem einer kategorial eigenständigen Ausgestaltungsbefugnis des Rundfunkgesetzgebers zählen neben dem Bundesverfassungsgericht und Landesverfassungsgerichten wie etwa dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof die "Traditionalisten" im rundfunkrechtliehen Schrifttum wie etwa Badura, Bethge, Hoffmann-Riem, Jarass, Kübler oder Gersdoif(genaue und weitere Fundstellen in Fußnote 761). 1770 Zum Ausgestaltungsmodell, seinen Grundannahmen und der dogmatischen Konstruktion im Einzelnen bereits unter§ 2 E. I. l. (insbesondere§ 2 E. I. l. c). 1771 Zu den Unterschieden zwischen Ausgestaltungs- und Schrankengesetzen unter § 2 E. III. 4.
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Zugleich entziehen sie sich damit dem klassischen Eingriffs-Schema. Allsgestaltungsgesetze finden sich dabei nicht nur im Rahmen der Rundfunkfreiheit, sondern auch in anderen Schutzbereichen 1772 . Bestritten wird jedoch, daß das Rundfunkwesen ein Bereich ist, der einer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber zugänglich ist 1773 . Der Einzelne bedürfe keiner inhaltlichen Bestimmung durch den Gesetzgeber, damit der Schutz der Rundfunkfreiheit für ihn Wirklichkeit gewinnen könne. Der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit könne allein durch Rückgriff auf vorrechtliche, natürliche und soziale Gegebenheiten abgesteckt werden. Rein tatsächlich könne der Einzelne ohne weiteres Rundfunk veranstalten, das heißt über elektromagnetische Wellen oder Kabel Inhalte an ein disperses Publikum verbreiten. Er brauche hierzu den Gesetzgeber ebensowenig wie eine bestimmte rechtliche Ordnung. Die Rundfunkfreiheit sei daher nicht ausgestaltungsbedürftig. Mangels einer Ausgestaltungsbefugnis des Rundfunkgesetzgebers könne es in Bezug auf Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG keine kategorial eigenständig zu betrachtenden Ausgestaltungsgesetze geben. Vielmehr seien auch in diesen - nach der Gegenauffassung nur ausgestaltenden - Normen Eingriffe in die Rundfunkfreiheit der privaten Anbieter zu sehen. Auch inhaltliche Programmstandards, Zugangs- und Konzentrationsregelungen enthielten erhebliche Belastungen für die kommerziellen Rundfunkveranstalter. Zwischen den sogenannten Ausgestaltungsgesetzen und den Schrankengesetzen bestünde daher kein qualitativer Unterschied. Spätestens seit der Zulassung privaten Rundfunks sei dem Einzelnen die Freiheit gewährt worden, Rundfunk zu veranstalten. Der so eröffnete Freiheitsraum könne nicht wieder beliebig eingeschränkt werden, auch nicht unter Verweis auf eine angebliche Ausgestaltungsbefugnis des Rundfunkgesetzgebers. Auch bei den Kernmaterien der Rundfunkordnung wie dem Konzentrations- und dem Programmrecht genieße der Gesetzgeber keinen besonderen Gestaltungsspielraum. Die sogenannten Ausgestaltungsgesetze seien letztlich Schrankengesetze und daher nur dann verfassungsgemäß, wenn sie den Anforderungen des Art. 5 Abs. 2 GG gerecht würden 1774. 1772 So hat der Gesetzgeber beispielsweise Inhalt und Schranken des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums zu bestimmen, das dem Einzelnen erst im Folgenden als subjektives Recht zugeordnet wird, Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. (dazu etwa BVerfGE 58, 300 (331); v. Mangoldt/ Klein I Starck-Depenheuer, Art. 14, Rdnr. 29 ff., 35 ff.). Vergleichbare Rechtskonstruktionen finden sich auch beim Schutz von Ehe und Familie und bei der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit, Art. 6 Abs. I GG und Art. 9 Abs. 3 GG (dazu etwa Hesse, K., Verfassungsrecht, Rdnr. 303; Pieroth/ Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 209 ff.;Jarass, AöR (110) 1985,363 (390, 393)). 1773 Zu den Gegnern einer kategorial eigenständigen Ausgestaltungsbefugnis des Rundfunkgesetzgebers zählen etwa Klein, Bullinger, Degenhart, Herzog, Scholz, Starck, GabrielBräutigam und Herrmann (genaue und weitere Fundstellen in Fußnote 761). Zur Ausgestaltungsbedürftigkeit von Schutzbereichen allgemein Pieroth/ Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 209 ff., vgl. auch Rdnr. 217 f. 1774 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 25; v. Mangoldt/ Klein/ Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 217.
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Nach der Wechselwirkungstheorie des Bundesverfassungsgerichts komme es sonach letztlich auf eine Abwägung der im Widerstreit stehenden Interessen im Einzelfall an 1775. Cross Ownership Beschränkungen seien daher nur dann verfassungskonform, wenn im konkreten Fall das Schutzgut der Rundfunkfreiheit, das heißt das öffentliche Interesse an einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk, und das von dem Gesetz zu schützende Rechtsgut wie etwa der Schutz der Unternehmerischen Interessen der privaten Rundfunkveranstalter, zu einem Ausgleich gebracht werden können, der beiden Interessen hinreichend Rechnung trägt 1776 • Art. 5 Abs. 2 GG setzt darüberhinaus die Allgemeinheit der die Rundfunkfreiheit einschränkenden Gesetze voraus 1777 . Charakterisches Kennzeichen allgemeiner Gesetze ist, daß sie im Interesse des Gemeinwohls oder zur Sicherung der Rechte Dritter ergehen, sich nicht gegen einen bestimmten Meinungsträger richten und weder die Äußerung und Verbreitung bestimmter Meinungen, noch den Prozeß freier Meinungsbildung als solchen beeinträchtigen 1778 . Schutzgut des Gesetzes kann daher nur eines sein, dessen Schutz in der Rechtsordnung nicht von dem Wert oder Unwert der zu beschränkenden Meinungsäußerung bzw. des zu reglementierenden Progranuns abhängt. Der qualifizierte Schrankenvorbehalt führt für die Gegner einer kategorial eigenständigen Ausgestaltungsbefugnis des Rundfunkgesetzgebers zu einem Folgeproblem. Die für das Rundfunkrecht typischen Zugangs- und Konzentrationsbestimmungen diskriminieren zwar keine bestimmten Meinungen oder Inhalte. Sie sind daher sachlich allgemein. Da sie sich ausschließlich gegen private Rundfunkanbieter und im Falle von Cross Ownership Beschränkungen nur gegen diversifizierte Rundfunkveranstalter richten, wurden in der Literatur jedoch schon Zweifel an der persönlichen Allgemeinheit des Rundfunkkonzentrationsrechts geäußert 1779 • Konsens besteht, daß die Programmstandards, die ebenfalls zu den traditionellen Kernmaterien des Rundfunkrechts zählen, nicht allgemein in diesem Sinne sein können 1780• Bei konsequenter Fortführung des Gedankens müßten sonach gerade die typischen Bestinunungen des Rundfunkrechts ungeachtet ihres konkreten Inhalts schon allein ihrem Wesen nach von vomherein als verfassungswidrig eingestuft werden 178 1. Dies würde dem Rundfunkrecht jedoch dessen sachliche Substanz entziehen und wird daher ganz überwiegend abgelehnt. Auch die Gegner von Ausgestaltungsgesetzen im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG halten die für das Rundfunkrecht typischen Ordnungsund Verfahrensvorschriften, namentlich die inhaltlichen Anforderungen an das Programm, ms BVerfGE 20, 162 (176f.); 7, 198 (208ff.); 35,202 (223f.). BVerfGE 7, 198 (210)- Lüth. 1777 Der Schutz der Jugend und der Ehrenschutz sind in dem hier interessierenden Zusammenhang in der Regel unerheblich. Zum Begriff der allgemeinen Gesetze v. Mangoldtl Klein I Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 178 ff. ; Maunz I Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 249 ff. Zur Historie Wolf, Medienfreiheit und Medien unternehmen, S. 331 ff. 1778 BVerfGE 7, 198 (209f.)- Lüth; 74,297 (343); BVerfG, EuGRZ 1987,261 (271). 1779 Holzkämper, ZUM 1994, 114 (115), der dabei allerdings unzutreffend Kriterien der persönlichen mit denen der sachlichen Allgemeinheit vermischt. Vgl. auch BVerfGE 74, 297 (343); Ruck, AöR 117 (1992), 543 (553). Zur persönlichen Allgemeinheit allgemein BVerfG, EuGRZ 1987,261 (271); (kritisch) v. MangoldtiKieiniStarck-Starck, Art. 5, Rdnr. 181. 1780 Ruck, AöR 117 (1992), 543 (557f.). 1781 Mit Ausnahme von Bestimmungen zum Schutze der Jugend oder der persönllichen Ehre, Art. 5 Abs. 2, Alt. 2 und Alt. 3 GG. 1776
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aber auch die Zugangs- und Konzentrationsregelungen für unabdingbar und sind daher letztlich gezwungen, den qualifizierten Schrankenvorbehalt entgegen dessen Wortlaut teleologisch zu reduzieren und als einfachen Gesetzesvorbehalt zu interpretieren 1782 .
Den Gegnern einer kategorial eigenständigen Ausgestaltungsbefugnis des Runclfunkgesetzgebers wird entgegengehalten, daß sie der besonderen Ambivalenz der Rundfunkfreiheit nicht gerecht werden. Die Rundfunkordnung habe keine Grundrechtskollision zu lösen, sondern den speziellen Fall einer grundrechtsinternen Kollision. Die Rundfunkfreiheit selbst enthalte zwei Aspekte, die in einem Spannungsverhältnis zueinander stünden: den objektiv-rechtlichen Aspekt der Pluralismussicherung im Dienste demokratie- wie kulturstaatlicher Zielsetzungen auf der einen Seite und die subjektiven Rechte der Rundfunkveranstalter auf der anderen. Dem Recht der Öffentlichkeit auf ein breites und ausgewogenes Informations- und Meinungsangebot stünde die Freiheit des einzelnen Veranstalters gegenüber, das Programm nach seinen eigenen publizistischen wie ökonomischen Interessen auszurichten und zu verbreiten. Dieser Widerstreit lasse sich jedoch nicht über eine Interessenabwägung auflösen, da die Rundfunkfreiheit der kommerziellen Anbieter nicht der Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk "im übrigen" gegenübergestellt und gegen diese abgewogen werden könne, weil die Rundfunkfreiheit der Veranstalter selbst im Dienste der Vielfaltssicherung stünde und nur um derentwillen gewährt werde 1783 . Der Zielkonflikt könne daher nicht im Wege der klassischen Kollisionslösung, sondern nur über eine politisch-gestaltende Entscheidung des Gesetzgebers aufgelöst werden. Die Rundfunkfreiheit bedürfe aus diesem Grunde einer normativen Ausgestaltung. Die für die Ausgestaltungsbedürftigkeit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG im Kern entscheidende Frage ist demnach, ob die privaten Rundfunkveranstalter eine schützenswerte Rechtsposition besitzen, die sich dem objektiv-rechtlichen Ziel einer effektiven Pluralismussicherung im Rundfunk entgegensetzen läßt. Damit kommt es darauf an, ob und in welchem Umfang die Verfassung die Freiheitssphäre der Rundfunkveranstalter schützt. Auch dies wird kontrovers diskutiert und ist daher im Folgenden genauer zu beleuchten. b) Originäre Veranstalterfreiheit
Die Frage nach der Ausgestaltungsbefugnis des Rundfunkgesetzgebers läßt sich nicht beantworten, ohne auf den Meinungsstreit um Art und Umfang des verfas1782 Vgl. etwa Klein, Rundfunkfreiheit, S. 109ff., Schmitt Glaeser; Kabelkommunikation, S. 215 f.; Gabriel-Bräutigam, ZUM 1991,466 (471, 474). 1783 Zum Verhältnis zwischen individuellen Veranstalterrechten und objektiv-rechtlicher Vielfaltssicherung nach der vom Bundesverfassungsgericht geprägten, institutionellen Deutung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG bereits unter § 2 E. I. 1. c. und noch ausführlich unter § 4 C. li. 1. b.
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sungsrechtlichen Schutzes von Rundfunkveranstaltern einzugehen. Hier stehen sich zwei Grundauffassungen gegenüber. aa) Objektiv-institutionelle Grundrechtsdeutung Folgt man dem Bundesverfassungsgericht und dem ihm nahestehenden Schrifttum, wird die Freiheitssphäre des einzelnen Rundfunkveranstalters nur unter Maßgabe der Rundfunkgesetze gewährleistet 1784. Es fehlt demnach an einem vorpositiv feststehenden, verfassungsunmittelbaren Recht, Rundfunk zu veranstalten. Das individuelle unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG stehende Recht, Rundfunk zu veranstalten, erhält seine inhaltliche Substanz erst mit Thtigwerden des Gesetzgebers. Es entsteht daher erst durch und zugleich nur in den Grenzen der einfach-gesetzlich geschaffenen Rundfunkordnung. Eine Einschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Rundfunkfreiheit der privaten Anbieter durch Normen des Rundfunkrechts ist nicht denkbar, weil verfassungsrechtlicher und einfach-gesetzlicher Schutz notwendig gleichlaufen. Direkt aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG erwächst dem einzelnen Veranstalter keine Rechtsposition, die er dem Rundfunkgesetzgeber entgegenhalten könnte 1785• Dieser Interpretation der Rundfunkfreiheit liegt die Vorstellung zugrunde, daß sich die Veranstaltung von Rundfunk nicht darin erschöpft, Informationen und andere publizistische Inhalte zu beschaffen, redaktionell aufzubereiten und anschließend über elektromagnetische Wellen oder andere technische Hilfsmittel an ein disperses Publikum zu verbreiten. Die Veranstaltung von Rundfunk sei mehr als nur die Gesamtheit der unternehmefischen Aktivitäten von Rundfunkanbietern, die "Freiheit der Berichterstattung über den Rundfunk" mehr als der Schutz der unternehmefischen Tätigkeit von Rundfunkveranstaltern. Der Schutzbereich der Rundfunkfreiheil könne nicht allein durch Rückgriff auf vorrechtliche, natürliche und soziale Gegebenheiten bestimmt werden, insbesondere nicht losgelöst von dem teleologischen Kontext der Rundfunkfreiheit Schon aus dem systematischen Zusammenhang folge, daß die Veranstaltung von Rundfunk nur deshalb den Schutz der Veifassung genieße, weil sie einen zentralen Beitrag zur gesellschaftlichen Meinungsbildung leiste ("dienende Freiheit"). Die Programmtätigkeit der Rundfunkveranstalter werde daher nur in ihrer Funktion für 1784 Nachweise in Fußnote 761. Obzwar sich das Bundesverfassungsgericht einer Stellungnahme zur originären Veranstalterfreiheit bislang explizit enthalten hat (BVerfGE 57, 295 (318)), legt seine vorwiegend objektiv-rechtliche Argumentation jedoch nahe, daß der Einzelne keinen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf ungestörte Rundfunkveranstaltung besitzen soll. Ebenso in der Interpretation der bundesverfassungsgerichtliehen Rechtsprechung BremerI Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 41 f.; Kult, AfP 1981, 378 (380f.). 1785 Dies nicht erkennend und damit die zentrale Bedeutung des hier skizzierten, verfassungstheoretischen Streits für die Cross Ownership Kontrolle verkennend Bender; CrossMedia-Ownership, S. 147.
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den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß geschützt 1786. Die privaten RundfunkanbieteT stünden unter dem Schutz der Verfassung nur in ihrer Funktion für die Aufrechterhaltung des Rundfunks als neutraler Plattform für die umfassende, politische wie kulturelle Selbstdarstellung und das "Selbstgespräch" der Gesellschaft 1787 . Die Verfassung gewährleiste die Rundfunkfreiheit daher in erster Linie im Interesse der Funktionsfähigkeit des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses und damit der freien und umfassenden Meinungsbildung in der Gesellschaft und nicht im subjektiv-individuellen Interesse der Rundfunkveranstalter als den Trägern der Rundfunkfreiheit Die Rundfunkfreiheit verfolge somit einen Zweck, der weiter gehe als der Schutz der Kommunikatoren. Sie schütze nicht zuvorderst die publizistischen und Unternehmerischen Freiräume der Rundfunkveranstalter, sondern den als gesellschaftseigene Gesamtveranstaltung zu verstehenden Rundfunk in dessen Vermittlungsfunktion für den gesamtgesellschaftlichen Diskurs. Hieraus folge, daß die Rundfunkveranstalter auch nicht in der Wahrnehmung eigener Interessen, sondern vielmehr in der treuhänderischen Wahrnehmung von Interessen der Allgemeinheit geschützt würden 1788 • Die subjektive Rundfunkfreiheit der Veranstalter stehe demzufolge unter dem Vorbehalt des objektiv-rechtlichen Gehalts der Rundfunkfreiheit und werde daher nur im Rahmen der vom Gesetzgeber zu schaffenden positiven Rundfunkordnung gewährleistet. bb) Subjektiv-freiheitliche Grundrechtsdeutung Die Gegenansicht lehnt diese in erster Linie institutionelle Deutung der Rundfunkfreiheit, bei der die Bedeutung des Rundfunks als Wirtschaftsfaktor und Erwerbsgrundlage der einzelnen Rundfunkveranstalter gegenüber seiner Funktion als Institution der Gesellschaft in den Hintergrund tritt 1789, ab. Stattdessen geht sie von einem verfassungsunmittelbaren Recht des Einzelnen aus, Rundfunkprogramme zu veranstalten, und verneint die Ausgestaltungsbedürftigkeit der Rundfunkfreiheit 1790• 1786 Vgl. dazu bereits unter § 2 E. I. 1. c). Zum gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß und seiner für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und die freiheitlich-demokratische Ordnung schlechthin konstituierenden Bedeutung § 2 E. I. I. a). 1787 BVerfGE 83, 238 (315); vgl. auch BVerfGE 87, 181 (196). Der Terminus des "Selbstgesprächs" stammt von Jarass, demnach der Rundfunk eine Art "Selbstgespräch der Gesellschaft'' ermöglichen soll, Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 189. Vgl. auch bereits§ 2 E. I. I. b). 1788 BVerfGE 83, 238 (300). Vgl. auch Ruck, AöR 117 (1992), 543 (562). Kritisch zu einer besonderen Inpflichtnahme der Rundfunkveranstalter Bethge, NJW 1987, 2982 (2983). 1789 Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 32 ff. 1790 Nachweise in Fußnote 761. Eine vennittelnde Position nimmt Jarass ein, der zwar eine originäre Gründungs- und Betätigungsfreiheit des Einzelnen annimmt, diese jedoch durch die Ausgestaltungskompetenz des Gesetzgebers weitgehend überlagert sieht, Jarass,
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Der Einzelne besitze ein der Gesetzgebung vorausliegendes Grundrecht auf Rundfunkveranstaltung 1791 • Dem am Individualrechtsschutz orientierten System des Grundgesetzes folgend und entsprechend dessen allgemeiner, liberal-freiheitlich angelegter Grundrechtsdogmatik sei auch die Rundfunkfreiheit zuvorderst als Individualgrundrecht, mithin als subjektives Freiheits- und Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe zu verstehen 1792 • Als solches ergebe es sich unmittelbar aus der Verfassung und nicht erst nach Maßgabe ausgestaltender Gesetze. Diese originäre Veranstalterfreiheit stehe weder grundsätzlich (Griindungsfreiheit) noch ihrem Umfang nach (Betätigungsfreiheit) zur Disposition des Gesetzgebers 1793 • Jedes Gesetz, ungeachtet ob es rundfunkorganisatorischer Natur sei oder nicht, stelle einen Eingriff in diese vorpositiv feststehende, von der Verfassung unmittelbar geschützte Freiheitssphäre des Einzelnen dar. Für die subjektiv-freiheitliche Grundrechtsinterpretation wird angeführt, daß der Verfassung eine Sonderstellung der Rundfunkfreiheit, namentlich die im öffentlichen Interesse liegende Notwendigkeit eines über-individuellen Schutzes der Vermittlungsfunktion des Rundfunks nicht entnommen werden könne 1794 . Die Rundfunkfreiheil sei lediglich die verstärkende Wiederholung und Fortentwicklung der Meinungsfreiheit. Die Freiheiten des Art. 5 Abs. I Satz 1 GG und des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stellten letztlich nur verschiedene Erscheinungsformen einer umfassenderen, allgemeinen Kommunikationsfreiheit dar, die einheitlich und entsprechend der für Art. 5 Abs. I Satz I GG allgemein anerkannten Interpretation zuvorderst als Freiheit von staatlicher Lenkung und Behinderung zu deuten sei 1795 • Der objekAöR (llO) 1985, 363 (391 f.); Jarass/Pieroth-ders., Art. 5, Rdnr. 40. Ähnlich Selmer, AfP 1985, 14 (15). 1791 Von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 106. 1792 Ricker!Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. B, Rdnr. 91, 132ff.; Bremer/Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 31, 60; v. Mangoldt/ Klein/ Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 68. Zur Individualorientierung des Grundgesetzes Kirchhof Mittel staatlichen Handelns, Rdnr. 30. Zur liberalen Grundrechtstheorie allgemein Böckenförde, NJW 1974, 1529 (l530ff.). 1793 Scholz, AfP 1983, 261 (264); ders., JZ 1981, 561 (566). So zumindest zur Betätigungsfreiheit Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 25. 1794 Koch spricht sogar von einem nur "vordergründigen Streit um angebliche dogmatische Besonderheiten der Rundfunkfreiheit" , Koch, ZRP 1981, 237 (238). 1795 Klein, Rundfunkfreiheit, S. 32ff.; Hernnann, Rundfunkrecht, § 7, Rdnr. 16ff.; BremerI Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 29ff., v. Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 8ff., 109; Maunz, BayVBI. 1977, 526 (526f.); im Ergebnis auch Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 643 ff. Anderer Ansicht (aliud-Verhältnis zwischen der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und der Medienfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 31; Altemativkommentar-ders., Art. 5 Abs. l, 2, Rdnr. ll8 ff., 120; Badura, Rundfunkgesetzgebung, S. 27 ff. ; Wolf, Medienfreiheit und Medienunternehmen, S. 32 ff.; ähnlich Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 162 f., 165 ff., 186ff., 237ff. und Schulz, ZUM 1996, 487 (488f.). Zur Kontroverse um das Verhältnis zwischen Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und Art. 5 Abs. 1 S. 2. GG insgesamt Bonner KommentarDegenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 38 ff.; Papier, Der Staat 1974, 399 (401 ff.).
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tiv-rechtliche Gehalt der Rundfunkfreiheit erschöpfe sich in der Absicherung dieser subjektiven Freiheitsrechte der Rundfunkveranstalter 1796. Die vornehmlich subjektiv-freiheitliche Interpretation der Rundfunkfreiheit beruht in ihrem Kern auf dem Gedanken, daß sich die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG zu gewährleistende pluralistische Vielfalt im Rundfunk gleichsam automatisch aus einem funktionierenden Wettbewerb unter den Rundfunkveranstaltern ergebe und daher die gewünschte Vielfaltssicherung in einer effektiven Wettbewerbssicherung aufgehe. Der publizistische Wettbewerb unter Rundfunkveranstaltern funktioniere nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie der ökonomische Wettbewerb in anderen Wirtschaftssektoren 1797 . Er gewährleiste die Leistungsfähigkeit des Rundfunkmarktes und sonach auch die bestmögliche Sicherung der publizistischen Vielfalt. Ebenso wie sich in den ökonomischen Systemen die Überlegenheit der Marktwirtschaft gegenüber der Planwirtschaft erwiesen habe, seien auch im Rundfunk die besten Ergebnisse nur dann zu erzielen, wenn der Staat einen freien Wettbewerb der Rundfunkveranstalter zulasse, auf die Selbststeuerungskraft des Rundfunkmarkts vertraue und sich darauf zurückziehe, die äußeren Rahmenbedingungen des Wettbewerbs festzulegen 1798. Die Sicherung eines funktionsfähigen Wettbewerbs unter den Rundfunkveranstaltern genüge, um einen funktionierenden publizistischen Wettbewerb zu gewährleisten 1799 . Zusätzliche Sicherungen seien prinzipiell nicht erforderlich. Insbesondere müsse der Gesetzgeber kein besonderes Rundfunksystem ausgestalten. Besonders prägnant formuliert dies Bullinger 1800 , der allen Interpretationen eine Absage erteilt, die darauf abstellen, "anstelle einer freien Meinungsmarktwirtschaft eine planhafte öffentliche Meinungspflege zu setzen, die jeder förderungswürdigen, wenn auch weder durchsetzungskräftigen noch durchsetzungswichtigen Meinung notfalls kompensatorisch das ihr gebührende Gewicht verschaffen müßte". Es stünde außerhalb der Macht des Gesetzgebers zu erkennen und zu bewerten, wann der von ihm geforderte Zustand der Ausgewogenheit und hinreichenden Sicherung pluralistischer Vielfalt erreicht sei 1801 . Vielfaltssicherung und Rundfunksystem könnten und sollten nicht das Produkt eines von Staats wegen zu konzipierenden und durchzuorganisierenden Entwurfs 1796 Klein, Rundfunkfreiheit, S. 48 ff.; Bremer/ Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 30. 1797 Die Terminologie ist dabei nicht einheitlich. Statt vom publizistischen Wettbewerb wird teilweise auch vom Meinungswettbewerb oder politischen Wettbewerb gesprochen, vgl. Engel, Offene Rundfunkordnung, S. 511. 1798 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 54f. Vgl. auch Engel, AfP 1994, 185 (190); Wolf, Medienfreiheit und Medienunternehmen, S. 411 ff. 1799 Gabriel-Bräutigam, Rundfunkkompetenz und Rundfunkfreiheit, S. 120 ff. 1800 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (198). 1801 Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 31 f.
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darstellen 1802. Sobald es die technischen Rahmenbedingungen zuließen, müsse an Stelle der traditionellen staatlichen Organisation einer statischen "Meinungsausstellung" das dynamische Modell eines offenen publizistischen Wettbewerbs treten 1803 . Diese Argumentation weist dabei deutliche Parallelen zu der in der US-amerikanischen Verfassungsgerichtsbarkeit entwickelten Doktrin vom "marketplace of ideas" auf. Demnach solle das First Amendment 1804, die verfassungsrechtliche Grundlage des US-amerikanischen Medienrechts, einen freien Markt der Ideen sicherstellen, auf dem sich die Ansicht mit dem höchsten Wahrheitsgehalt und Wert durchsetzen könne. Der Wahrheitsgehalt eines Gedankens erweise sich in dessen Kraft, sich im Wettbewerb mit anderen Ideen auf einem Markt der Meinungen durchzusetzen 1805 . Dieser Marktplatz der Meinungen lebe von der kompetitiven Tätigkeit seiner Teilnehmer. Der Staat habe erst und nur dann einzugreifen, wenn der Wettbewerb der Ideen versage. Nach der Theorie vom "marketplace of ideas" legt die Sicherung einer pluralistischen Vielfalt daher eher das Unterlassen staatlicher Regulierungen nahe. Dagegen betrachtet die bundesdeutsche Verfassungsgerichtsbarkeit die Regulierung des Rundfunksektors nicht als Notanker, sondern vielmehr als die unentbehrliche Grundlage einer effektiven Vielfaltssicherung. Insoweit steht die Rechtsprechung der US-amerikanischen Verfassungsgerichtsbarkeit im krassen Gegensatz zu der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. 1806
Nach dieser Auffassung unterscheidet sich die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen daher nur graduell von anderen Dienstleistungen. Der Rundfunk wird zuvorderst als Wirtschaftsgut und der Rundfunksektor als Wirtschaftsmarkt begriffen. Demzufolge ist nach dieser Ansicht der publizistische Wettbewerb keine gegenüber dem ökonomischen Wettbewerb selbständige Größe, sondern 1802 Kuli, AfP 1985, 265 (269); Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungsund Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 31. 1803 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (193ff.); Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 31 f. 1804 Siehe Fußnote 516. 1805 Grundlegend insoweit das Statement von Justice Holmes in Abrams v. United States, 250 U.S. 616, 630 (1919) (Holmes, J, joined by Brandeis, J., dissenting): ,,But when men have realized that time has upset many fighting faiths, they may come to believe the very foundations of their own conduct that the ultimate good desired is better reached by free trade in ideas - that the best test of truth is the power of the thought to get itself accepted in the competition of the market, and that truth is the only ground upon which their wishes safely can be carried out". In Red Lion Broadcasting Co. v. FCC, 395 U.S. 390 (1969) wird ein "uninhibited marketplace of ideas in which truth will ultimately prevail, rather than to countenance monopolization ofthat market, whether it be by govemment itself or a private licensee" verlangt. Vgl. auch Dennis v. United States, 341 U.S. 494, 584 (1951) (Douglas, J., dissenting). Zum Hintergrund bereits unter§ 2 B. 1806 Grimm, Rundfunkrechtsprechung in Amerika und Deutschland, S. 529 (538); Bender, Cross-Media-Ownership, S. 184ff. Vgl. dazu bereits Fußnote 631.
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geht vielmehr im ökonomischen Wettbewerb auf1807 • Die- als planwirtschaftlich kritisierte 1808 - staatliche Steuerung des Rundfunkwesens mit den Mitteln der Gesetzgebung sei für eine lebendige publizistische Vielfalt sogar eher kontraproduktiv. Publizistische Vielfalt entstünde nur trotz, nicht aber mittels staatlicher Steuerung. cc) Gemeinsamkeiten und Differenzen Beiden Auffassungen ist gemein, daß sie als Ziel der Rundfunkfreiheit die Sicherung einer publizistischen Vielfalt, in der alle relevanten gesellschaftlichen Meinungen und Strömungen zum Ausdruck kommen, anerkennen und dieser eine elementare Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und für die Aufrechterhaltung einer freiheitlich-demokratischen Ordnung zumessen. Nur ganz vereinzelt wird vertreten, daß eine so definierte medienpolitische Zielvorstellung überspannt sei. So meint Starck, daß eine publizistische Vielfalt, in der alle wichtigen Meinungen und Strömungen der Gesellschaft vertreten seien, staats- und kulturpolitisch zwar erstrebenswert sei, jedoch nicht alles, was für die demokratische Ordnung gut und wichtig sei, zu einem staatlichen Ziel und einer staatlichen Verpflichtung erhoben werden könne 1809•
Uneinig sind sich die beiden Ansichten lediglich darin, welche Mittel einzusetzen sind, um diese pluralistische Vielfalt herzustellen. Die Ansicht, die Art. 5 Abs. l Satz 2, 2. Alt. GG vornehmlich subjektiv-freiheitlich interpretiert, geht davon aus, daß der ökonomische und publizistische Wettbewerb von konkurrierenden Programmanbietern gleichsam von selbst zu einem entsprechend breiten und ausgewogenen Informations- und Meinungsangebot im 1807 Hopprru1nn, Meinungswettbewerb als Entdeckungsverfahren, S. 178; Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 210, 262; ders., Recht und ökonomisches Gesetz, S. 257 ff., 260; ders., GRUR lnt. 1983, 553 (559); Bremer/ Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 69 ff.; Bullinger in Engel, Offene Rundfunkordnung, S. 511; Kantzenbach, Verhältnis von publizistischem und ökonomischem Wettbewerb, S. 78 (78ff.); lmmenga, AtP 1989, 621 (623); Koch, DB 1982, 1757 (1758); ders. , ZRP 1981, 237 (239); Greiffenberg, Konzentrationskontrolle, S. 326ff.; in diese Richtung auch Niewiarra, ZUM 1993, 2 (5); Kult, AtP 1981, 378 (382). Anderer Ansicht BVerfGE 57,295 (323); 31,314 (325); Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 76ff.; Europäische Kommission, Grünbuch Pluralismus und Medienkonzentration, Dok. KOM (92) 480 v. 23. Dezember 1992, S. 19; Schwartz, AtP 1993, 409 (418ff.); Ladeur, RuF 1990, 5 (14); Kiefer; MP 1995, 109 (llOff.); Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (300); Engels, ZUM 1996, 44 (51); Stock, Rundfunkrecht und Wirtschaftsrecht, S. 35; Spieler, Fusionskontrolle im Medienbereich, S. 26 (bezogen auf die Presse). 1808 Koch, DB 1982, 1757 (1758); Engel, AtP 1994, 185 (190). Vgl. auch Fäßler; AtP 1995,542 (543). 1809 Von Mangoldt/Klein/Starck-Sta rck, Art. 5, Rdnr. 7.
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Rundfunk führt. Die Rechtsordnung könne sich daher im wesentlichen darauf beschränken, diesen Wettbewerb unter den Rundfunkveranstaltern aufrechtzuerhalten und zu sichern. Die "natürliche" Organisationsform des Rundfunkwesens sei daher ein an marktwirtschaftliehen Grundsätzen ausgerichtetes Rundfunksystem, in dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk und damit auch das duale System letztlich Ausnahmen von der Regel darstellten. Auch im Rundfunk sei dem öffentlichen Interesse noch am besten durch die Gewährung größtmöglicher individueller Freiheitsräume gedient. Da die im öffentlichen Interesse liegende Pluralismussicherung sonach in dem wirksamen Schutz der Handlungsspielräume der Rundfunkveranstalter aufgehe und sich mit dem effektiven Schutz der Rundfunkanbieter die zu gewährleistende Informations- und Meinungsvielfalt im Rundfunk gleichsam von selbst einstelle, sei ein über den Schutz der Kommunikatoren hinausweisender und sich teilweise sogar gegen deren individuelle Interessen wendender überindividueller Schutz der Kommunikation bzw. des Kommunikationsprozesses als solchem nicht zu rechtfertigen. Demgegenüber nimmt die objektiv-institutionelle Auffassung an, daß sich die publizistische Vielfalt im Rundfunk nur über einen von einer politischen Entscheidung getragenen, durchkonzipierten, gesetzlichen Ordnungsrahmen herstellen und sichern läßt. Für die umstrittene Frage nach dem Bestehen einer originären Veranstalterfreiheit und damit nach der Ausgestaltungsbedürftigkeit der Rundfunkfreiheit ist demnach entscheidend, ob erwartet werden kann, daß ein funktionierender ökonomischer Wettbewerb im Rundfunk die allgemein angestrebte, publizistische Vielfalt im Rundfunk hinreichend effektiv sichert. Die der allgemeinen Grundrechtsdogmatik entsprechende subjektiv-freiheitliche Interpretation der Rundfunkfreiheit wäre vorzuziehen, wenn die von Art. 5 Abs. l Satz 2, 2. Alt. GG geforderte Pluralismussicherung, das heißt die für den gesellschaftlichen Kommunikationsprozeß notwendige Breite und Qualität des Informations- und Meinungsangebots durch einen effektiven Schutz der Grundrechtsträger, mithin der Rundfunkveranstalter gewährleistet werden kann. Dazu ist zunächst zu klären, was genau unter ökonomischem Wettbewerb bzw. publizistischer Vielfalt zu verstehen ist, was beiden gemein ist und worin sie sich unterscheiden.
c) Publizistische Vielfalt und ökonomischer Wettbewerb
In der Marktwirtschaft wird unter ökonomischem Wettbewerb das Prinzip begriffen, nach dem voneinander unabhängige Anbieter bzw. Nachfrager versuchen, mit anderen Wirtschaftssubjekten Verträge abzuschließen, wobei ihr Erfolg vom Einfluß rivalisierender Anbieter bzw. Nachfrager abhängt 1810• ISJO Zum (nicht allgemeingültig definierbaren) Begriff des Wettbewerbs Langen/BunteBunte, Einführung, Rdnr. 63 ff.
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Idealtypisch erfüllt der Wettbewerb dabei vornehmlich drei Funktionen 1811 . Wettbewerb soll die Produktion und damit das Angebot an Gütern an den Präferenzen der Käufer ausrichten, und hierdurch eine optimale Allokation der Produktionsfaktoren in effiziente Verwendungen gewährleisten (Steuerungsfunktion). Dadurch soll er letztlich den technischen Fortschritt fördern und das Sozialprodukt steigern (Anreizfunktion). Zugleich soll er damit für eine leistungsgerechte Verteilung des Einkommens sorgen und dadurch eine erhöhte soziale Wohlfahrt erzielen (Verteilungsfunktion). Daß der ökonomische Wettbewerb diese Zielvorstellungen erreichen kann, hat seinen Grund in der sogenannten Selbststeuerungskraft ökonomischer Märkte. In wirtschaftlichen Märkten steuern dem eigennützigen Antrieb des einen der Egoismus seiner Konkurrenten, Abnehmer und Lieferanten gegen. Hierdurch hält sich der Markt insgesamt selbst in Balance und steuert sich ständig selbst 1812 . In Folge dieser kontinuierlichen Selbststeuerung werden die Unternehmen fortlaufend stimuliert, neue Produkte und Dienstleistungsformen zu entwickeln und sich immer wieder neu an die sich wandelnden Marktverhältnisse und die sich verändernden Kundenwünsche anzupassen. Dadurch werden die Bedürfnisse der Nachfrager optimal befriedigt und die Produktionsfaktoren innerhalb eines Wirtschaftssystems optimal alloziert. Die Selbststeuerungskraft des ökonomischen Wettbewerbs führt sonach zu bestmöglichen Marktergebnissen. Erst wenn ein Unternehmen eine Marktstärke erreicht hat, bei der es auf das Verhalten der anderen Marktteilnehmer keine Rücksicht mehr nehmen muß und seine Unternehmensstrategien unabhängig von den Parallelangeboten seiner Konkurrenz und den Bedürfnissen seiner Abnehmer verfolgen kann, stößt die Selbststeuerungskraft des Marktes an ihre Grenzen. An diesem Punkt ist das korrigierende Eingreifen des Staates gefordert. Im Wege der staatlichen Wettbewerbsaufsicht muß er dafür Sorge tragen, daß die Marktmacht des Unternehmens auf ein verträgliches Maß zuriickgeführt und hierdurch die Selbststeuerungskraft des Marktes und damit die Funktionsfähigkeit des ökonomischen Wettbewerbs wiederhergestellt wird 18 13 • Funktionierte der publizistische Wettbewerb nach den gleichen Mechanismen wie der ökonomische und wären ideale Märkte aus ökonomischer Sicht daher auch ideale Märkte aus publizistischer Sicht, so würde der publizistische Wettbewerb im ökonomischen Wettbewerb aufgehen und folglich der Schutz eines funktionsfähigen ökonomischen Wettbewerbs unter den Rundfunkveranstaltern ausreichen, um 1811 Vgl. Schmidt, K.-E., ZUM 1997,472 (474f.); Kiefer, MP 1995, 109 (110); Langen/ Bunte-Bunte, Einführung, Rdnr. 66; Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 143. 1812 Engel, Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (226). 1813 Zur Wettbewerbsaufsicht allgemein Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 77; Schmidt, R., Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsverwaltungsorganisation, Wirtschaftsförderung, Rdnr. 142 ff.
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eine pluralistische Vielfalt im Rundfunk, wie sie die Verfassung fordert, zu gewährleisten. Dies setzt zunächst voraus, daß der freie Markt der Ideen über eine Selbststeuerungskraft verfügt, wie sie die ökonomischen Märkte besitzen. Doch schon an diesem Punkte erscheinen ökonomischer und publizistischer Wettbewerb nur wenig vergleichbar. So kann schon bezweifelt werden, ob man auf dem Markt der Meinungen und Ideen von "Produktion" und "Absatz" sprechen kann. Vor allem aber besteht keine quantifizierbare "Nachfrage" nach Meinungen 1814. Fehlt es aber an einer solchen, fehlt es im Markt der Meinungen an einer Angebot-Nachfrage-Relation, die das für den ökonomischen Wettbewerb schlechthin konstituierende Element darstellt. Ein "Anbieter" von Meinungen kann kein positives oder negatives Marktsignal empfangen, an dem er sein künftiges Wettbewerbsverhalten ausrichten kann. Andererseits ist der "Meinungsproduzent" allerdings auch von keinem "intellektuellen Konkurs, bedroht 1815. Auf dem Markt der Meinungen und Ideen findet sonach nicht die für den ökonomischen Wettbewerb typische Auslese der Besten statt, zumal es an einem objektiven Maßstab für die Qualität oder den Wert einer Meinung fehlt 1816. Der Meinungsmarkt entzieht sich daher schon grundsätzlich einer Effizienzkontrolle 1817. Dies führt zu dem letztlich entscheidenden Argument gegen eine Kongruenz von ökonomischem und publizistischem Wettbewerb: Ein funktionierender publizistischer Wettbewerb zeichnet sich nicht dadurch aus, daß sich in ihm die "beste" Idee durchsetzt. Ein idealer publizistischer Wettbewerb besteht vielmehr dann, wenn aus ihm ein möglichst umfassendes Nebeneinander von mehrheitsfähigen und auch nicht mehrheitsfähigen Ideen resultiert, in dem sich die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit wiederspiegelt und der Einzelne seine informationeile Ausgangsbasis findet, die es ihm ermöglicht, sich zu orientieren, das für ihn Wichtige herauszufiltern und auf dieser Grundlage seine Einstellungen und Ansichten zu bilden und zu entwickeln 1818. Anders als Wirtschaftsgüter zielen die "Produkte" auf dem Meinungsmarkt, das heißt die Meinungen und Ideen nicht auf die Verdrängung anderer Meinungen, sondern auf ihre bloße Existenz im Bewußtsein der Gesellschaft1819. Die Verbreitung von Meinungen trägt ihren Zweck in sich selbst und 1814 Engel, Medienordnungsrecht, S. 49; ders., AfP 1994, 185 (188). 1815 Engel, Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (236); ders., AfP 1994, 185 (188). Als einziges quantifizierbares Kriterium kommt in der heutigen Medienpraxis die Ein-
schaltquote in Betracht. Allerdings erscheint es höchst problematisch, die Qualität und damit die Medienpräsenz einer Idee ausschließlich von deren Massenattraktivität abhängig machen zu wollen. 1816 Engel, Medienordnungsrecht, S. 49; ders., Medienrechtliche Konzentrationsvorsorge, S. 221 (235f.); ders., AfP 1994, 185 (188). In diese Richtung auch Hendriks, ZUM 1988,
209 (213). 1817 Engel, Offene Rundfunkordnung, S. 513. 1818 Vgl. BVerfGE 35, 202 (222). 1819 Anderer Ansicht Buchholtz, ZUM 1998, 108 (110); Engel, Medienordnungsrecht, S. 18.
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nicht in der Befriedigung spezifischer Bedürfnisse ihrer "Abnehmer". Charakteristikum eines vollkommenen publizistischen Wettbewerbs ist daher eine inhaltliche Vielfalt von möglichst unterschiedlichen Informationen, Meinungen und Zielrichtungen, nicht eine möglichst hohe Anzahl von sich im wesentlichen ähnelnden, konkurrierenden und dabei gegenseitig verdrängenden publizistischen Produkten. Dementsprechend ist das Leitziel der Rundfunkfreiheit auch nicht die Aufrechterhaltung oder Förderung eines intellektuellen Wettbewerbs von Ideen und Meinungen auf der Suche nach einer wie immer auch gearteten, objektiven "Wahrheit" 1820. Der Rundfunkfreiheit geht es nicht um das kämpferische Gegeneinander von Meinungen und Informationen und den publizistischen Wettbewerb zur optimalen Befriedigung individueller Informationsbedürfnisse 1821 . Nicht der publizistische Wettbewerb als ergebnisoffenes Entdeckungsverfahren wird verfassungsgerichtlich geschützt, sondern der Pluralismus im Sinne einer ausgewogenen Repräsentanz gesellschaftlich relevanter Meinungen und Gegenständen in den Rundfunkprogrammen1822. Ziel des Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG ist die Gewährleistung eines bestimmten, statisch-harmonisch ausbalancierten Ordnungszustands im Interesse der freien individuellen wie öffentlichen Meinungsbildung, der sich dadurch auszeichnet, daß der Rundfunk einen umfassenden Überblick über die verschiedenen gesellschaftlichen Ereignisse, Meinungen und Strömungen bietet 1823. Demzufolge schützt das Rundfunkrecht auch nicht den dynamischen Prozeß, in dem sich Meinungen herausbilden und als stärkere durchsetzen. Vielmehr soll es diesem geradezu entgegenwirken, indem es gewährleistet, daß gerade den Mindermeinungen ein angemessener Raum bei der Darstellung und Verbreitung über den Rundfunk sicher bleibt und die "Überrepräsentanz" einer Meinung verhindert wird. Der Begriff des "publizistischen Wettbewerbs" ist daher eher mißverständlich 1824. Das mit der Vorstellung eines funktionierenden publizistischen Wettbewerbs gemeinte medienpolitische Ziel kommt in dem Begriff der "publizistischen Vielfalt" besser zum Ausdruck, da dieser der mehr statischen als dynamischen Natur der von der Rundfunkfreiheit angestrebten Zielvorstellung eher gerecht wird 1825 . In diese Richtung auch Ladeur; RuF 1990, 5 (14 ff.). So aber Bullinger; AöR 108 (1983), 161 (193ff.); ders. , AfP 1983, 319 (324); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 55; Engel, Medienordnungsrecht, S. 17 f. 1822 Engel, ZUM 1993, Sonderheft, S. 557 (569); a. A. von Wallenberg, WuW 1991, 963 (969). 1823 Ebenso Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 68. 1824 Exemplarisch insoweitBuchho ltz, ZUM 1998, 108 (112f.). 1825 Kiefer bringt das in der Formulierung zum Ausdruck, die Sicherung pluralistischer Vielfalt sei anders als der Schutz eines funktionsfähigen ökonomischen Wettbewerbs nicht prozeß-, sondern ergebnisorientiert, Kief er; ZUM 1995, 58 (66). Stammler formuliert: "Bezugspunkt der publizistischen Wettbewerbsordnung ist inhaltliche Vielfalt, Bezugspunkt der wirtschaftlichen Wettbewerbsordnung ist das freie Spiel der wirtschaftlichen Marktkräfte", Stammler; ZUM 1995, 104 (109). 1820 1821
C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht
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Ökonomischer Wettbewerb und publizistischer Wettbewerb weisen sonach wesentliche Unterschiede auf. Die in den wirtschaftlichen Märkten wirkenden Gesetzmäßigkeiten lassen sich nicht ohne weiteres auf den Markt der Meinungen und Ideen übertragen. Während ein funktionierender ökonomischer Wettbewerb durch eine möglichst hohe Anzahl von sich ähnelnden, konkurrierenden Produkten gekennzeichnet ist, besteht ein vollkommener publizistischer Wettbewerb dann, wenn aus ihm ein ausbalancierter Ordnungszustand resultiert, der sich durch eine inhaltliche Vielfalt von möglichst unterschiedlichen Informationen, Meinungen und Zielrichtungen auszeichnet. Ideale Märkte aus ökonomischer Sicht sind daher nicht notwendig ideale Märkte aus publizistischer Sicht. Die Sicherung des ökonomischen Wettbewerbs unter den Rundfunkveranstaltern führt infolgedessen nicht deshalb ohne weiteres zu einer effektiven Vielfaltssicherung, weil publizistischer und ökonomischer Wettbewerb identisch seien.
d) Vielfalt durch Wettbewerb
Ökonomischer Wettbewerb und publizistische Vielfalt sind sonach gedanklich zu trennen. Dies schließt jedoch nicht von vomherein aus, daß in der Praxis - ungeachtet der theoretischen Unterschiede zwischen ökonomischem und publizistischem Wettbewerb - ein funktionierender ökonomischer Wettbewerb unter Rundfunkveranstaltem zu Marktergebnissen führt, die einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk gleich oder zumindest nahe kommen. Es ist daher zu untersuchen, ob sich ein Pluralismus im Sinne einer ausgewogenen Repräsentanz aller gesellschaftlich relevanten Meinungen in den Rundfunkprogrammen einstellen würde, wenn sich der Staat darauf beschränkte, die Rundfunkveranstalter vor staatlichen Eingriffen zu schützen, und den Rundfunk im übrigen dem freien Spiel der Kräfte, das heißt der Mechanik des sich selbst steuernden wirtschaftlichen Wettbewerbs unter den Rundfunkveranstaltern überließe. Geht man davon aus, daß auch heute noch die technischen Gegebenheiten im Rundfunk, namentlich die beschränkte Anzahl an Übertragungsfrequenzen, und die finanziellen Marktzutrittsbarrieren eine ausreichend breite Basis an kommerziellen Programmveranstaltern ausschließen, so fehlt es an den notwendigen Voraussetzungen für einen funktionsfähigen ökonomischen Wettbewerb im Rundfunk. Es besteht Einigkeit, daß eine Freigabe des Rundfunks an die Gesetzmäßigkeiten des Marktes zu keiner publizistischen Vielfalt führen kann, solange sich der Rundfunk in dieser sogenannten Sondersituation befindet. Unumstritten ist daher, daß ein effektiver Wettbewerbsschutz die von Verfassungs wegen geforderte publizistische Vielfalt im Rundfunk nicht hinreichend sichern kann und eine über-individuelle Ausgestaltung des Rundfunkwesens nötig ist, solange diese Sondersituation währt. Umstritten ist allerdings, ob diese technische wie finanzielle Sondersituation des Rundfunks derzeit noch besteht. Dafür wird angeführt, daß auch heute noch die 28 Tschon
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Artikulation als Rundfunkveranstalter nur für einen verschwindenden Teil der Bevölkerung möglich sei, da der enorme Kapitalaufwand, den die Veranstaltung von Rundfunk erfordere, von den wenigsten aufgebracht werden könne. Anders als bei den anderen Kommunikationsgrundrechten wie etwa dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, das von jedermann wahrgenommen und ausgeübt werden könne, schaffe der für die Veranstaltung von Rundfunk charakteristische komplexe Organisationsbedarf auch nach Überwindung der technischen Frequenzknappheit ungewöhnlich hohe Zugangsbarrieren. Faktisch könne die subjektive Rundfunkfreiheit daher nur von dem Teil der Gesellschaft ausgeübt werden, der über die entsprechende wirtschaftliche Macht und damit in der Regel ohnehin bereits über gesellschaftlichen Einfluß verfüge. Würde die Rundfunkfreiheit entsprechend der allgemeinen Grundrechtsdogmatik in erster Linie als Veranstalterfreiheit aufgefaßt, wäre sie das Grundrecht eines exklusiven Kreises weniger. Das Rundfunksystem wirke dann letztlich "als Verstärker strukturell verankerter Chancenungleichheit"_l826
Die heute wohl überwiegende Ansicht geht dagegen davon aus, daß die Sondersituation im Zuge der technologischen Entwicklung der letzten Jahre überwunden sei 1827 . Dabei verweist sie- unter Relativierung der Bedeutung der finanziellen und organisatorischen Marktzutrittsbarrieren 1828 - vor allem auf die Erweiterung der Übertragungsmöglichkeiten über Breitbandkabel, Satellit und Digitaltechnik. Demnach ist die alles entscheidende Kernfrage, ob ein funktionierender ökonomischer Wettbewerb unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen und unabhängig vom womöglichen Bestehen einer Sondersituation zu einer pluralistischen Vielfalt im Rundfunk führen kann 1829 . Ob unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen des Fernsehens von der Freigabe des Wettbewerbs ein publizistisches Angebot erwartet werden kann, das den Anforderungen des Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG gerecht wird, zählt zu den umstrittensten Punkten im heutigen Rundfunkkonzentrationsrecht 1826 Hoffmann-Riem, ZRP 1976, 291 (295); Ruck, AöR 117 (1992), 543 (546). Dazu kritisch Pestalozza, NJW 1981,2158 (2161 f.). 1827 Statt vieler Mestmäcker; Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 27; Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (124); Engel, Medienordnungsrecht, S. 75; Pestalozza, NJW 1981, 2158 (2160ff.); Scholz, AfP 1983, 261 (261); ders., AfP 1995, 357 (358); Stammler; ZUM 1995, 104 (106); Bismark, AfP 1982, 135 (135); Koch, ZRP 1981, 237 (237); 11. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/81, S. 860ff., Tz. 8; Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 31; VPRT, Medienordnung 2000 plus, Teil I, 1.3 und 2; v. Mangoldt/ Klein/ Starck-Starck, Art. 5, Rdnr.l08, 114. 1828 Möschel, JZ 1984,493 (500); Bismark, AfP 1982, 135 (141); Maunz!Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 221. 1829 Mit Rücksicht auf die zu prüfende Norm, § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, beschränkt sich die folgende Analyse auf die Lage im Fernsehen.
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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Wahrend das Bundesverfassungsgericht und mit ihm ein nicht unbeachtlicher Teil des Schrifttums 1830 davon ausgehen, daß die Selbststeuerungskraft der Märkte und Eigengesetzlichkeiten des ökonomischen Wettbewerbs nicht in der Lage sind, eine publizistische Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten, nimmt die Gegenposition1831 an, daß auch im Fernsehen langfristig eine Korrelation zwischen der Freiheitlichkeit des Marktes und der Ausdifferenzierung seiner Produkte zu erwarten sei. Demnach komme es nur in der ersten Marktphase, mithin bei der Entstehung des Marktes zu einer vorübergehenden Homogenisierung der Produkte. Würde der Wettbewerb im Fernsehen jedoch wie in der Presse ganz freigegeben, namentlich die wettbewerbsverzerrenden Privilegien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgehoben und die Sonderregulierung für den Rundfunk abgebaut oder zumindest dem allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Reglement angepaßt, würde sich der Programmarkt von selbst inhaltlich ausdifferenzieren und ein publizistisches Angebot entstehen, das den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG gerecht werde 1832. Für die Beantwortung dieser zentralen Frage des Rundfunkkonzentrationsrechts muß zunächst an die im rechtstatsächlichen Befund aufgezeigten, wesentlichen Rahmenbedingungen des heutigen Fernsehens erinnert werden 1833. Demnach wird das publizistische Informations- und Meinungsangebot im Fernsehen heutzutage von den regelmäßig analog ausgestrahlten, terrestrisch oder über Kabel verbreiteten Free TV-Programmen dominiert, die auch den Prototyp des gegenwärtigen Rundfunkrechts darstellen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, daß die Grundlage des gegenwärtigen Privatfernsehens die Werbefinanzierung ist, die die Fernsehveranstalter zwingt, ein massenattraktives Programm auszustrahlen 1834. Der Zwang zur Massenattraktivität beruht darauf, daß sich das Medium Fernsehen als Werbeplattform vor allem für wenig erklärungsbedürftige Konsumgüter eignet und hier insbesondere dann, wenn der Verbraucher mehr emotional als kognitiv angesprochen werden soll 1835. Die wichtigste Werbekundschaft der Fernsehanbieter ist daher die Markenartikelindustrie 1836. Diese wiederum ist aufgrund 1830 BVerfGE 12, 205 (226, 260); 31, 314 (325); 57, 295 (322f.); 83, 238 (296); 90, 60 (87). Vgl. auch Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 68 sowie bereits ausführlich unter§ 2 E. I.
I. c). 1831 Besonders prägnant etwa Witte und Hoppmann in Engel, Offene Rundfunkordnung, S. 516; Koch, DB 1982, 1757 (1757f.); Scholz, AfP 1995, 357 (358f.); VPRT, Medienordnung 2000 plus, Teil III; Pestalozza, NJW 1981, 2158 (2163). In diese Richtung auch die vom sog. "Jederrnannsfunk" von Bullinger; AöR 108 (1983), 161 (172ff.); ders. , AfP 1983, 319 (320ff.). Vgl. auch Zuleeg, ZUM 1997,778 (782); Bismark, AfP 1982, 135 (142); Noam, Einfluß von Marktstruktur und Eintrittsschranken auf die Vielfalt, S. 220. 1832 Koch, DB 1982, 1757 (1757 f.); Scholz, AfP 1995, 357 (358). 1833 Vgl. § I D. I. I. 1834 Wieland, Ökonomie im Rundfunk, S. 98 f. 1835 Im Fernsehen wird daher hauptsächlich für Food, Personal Care und Getränke geworben,/P Deutschland, Television 2000, S. 127. Vgl. bereits Fußnote 170 und§ I B. II. I. 28*
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
der von ihr vertriebenen Produkte und der Tausender-Kontakt-Preise daran interessiert, daß das Programm, in dem ihr Werbespot eingebettet ist, eine möglichst breite Schicht potentieller Konsumenten anspricht 1837 . Sie wählt daher bevorzugt Programme mit hoher Einschaltquote, mithin die Sender mit der höchsten Reichweite und Durchdringung. Dieser Zusammenhang von Medienwirkung und Werbefinanzierung ist der Grund, daß sich im Fernsehen anders als in der Presse mit einer besonderen Zielgruppenbindung kein Wettbewerbsvorteil erzielen läßt. Zugleich verbirgt sich hier das tragende Argument gegen die These, daß sich über eine effektive Sicherung des Wettbewerbs unter den Fernsehveranstaltern ein hinreichender Schutz der publizistischen Vielfalt im Fernsehen gewährleisten ließe. Dieser Punkt ist im Folgenden näher auszuführen. Dazu ist zunächst ein kurzer Exkurs in die Grundlagen der Medienökonomie notwendig: Medienprodukte finanzieren sich im Allgemeinen über die Werbung und den Vertrieb, das heißt über die Erlöse aus dem Werbegeschäft und dem Verkauf. Dabei kann das Medienunternehmen, etwa der Verleger einer Zeitschrift, idealtypisch zwischen zwei Strategien wählen. Entweder er versucht sein Produkt im Massengeschäft zu etablieren oder aber im zielgruppenorientierten Markengeschäft. Im Geschäft mit der Masse wirbt der Verleger im Werbemarkt mit den hohen Verkaufszahlen seines Presseerzeugnisses, also damit, daß die Zeitschrift dem Werbekunden eine hohe Anzahl an Werbekontakten, mithin an potentiellen Kunden vermitteln kann (z. B. "Bild") 1838 . Entscheidet sich der Unternehmer dagegen für die zweite Strategie, ist sein Verkaufsargument gegenüber der Werbewirtschaft nicht die Höhe der verkauften Auflage, sondern die passende Zielgruppenbindung, das heißt daß der Leserkreis der Zeitschrift mit der für den Werbekunden attraktiven Konsumentengruppe weitgehend übereinstimmt 1839 . So kann es für eine Hersteller von Rasenmähern effektiver sein, in einer Gartenzeitschrift wie "Mein schöner Garten" zu werben als in einer hochauflagigen Illustrierten wie der "Hörzu", da die Gartenzeitschrift letztlich mehr Gartenbesitzer und damit insgesamt mehr potentielle Kunden des Rasenmäher-Herstellers erreicht als die Programmzeitschrift, der Werbekunde sonach trotz der niedrigeren Verkaufsauflage der Gartenzeitschrift wegen der geringeren Streuverluste aufgrund der besonderen Zielgruppenbindung einen höheren Erfolg erzielt. 1836 Zu den größten Werbekunden im deutschen Fernsehen zählen Firmen wie Procter+Gamble, Ferrero, Henkel oder Kraft Jacobs Suchard. Daten aus IP Deutschland, Television 2000, S. 127. Vgl. dazu bereits unter§ 1 B. II. 1. 1837 Zu Begriff und zentraler Bedeutung des Tausender-Kontakt-Preises unter§ I B. II. I. 1838 Kroeber-Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten, Teil 3 C II 3 c), ad Quantitative Reichweite. 1839 Kroeber-Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten, Teil 3 C II 3 c), ad Qualitative Reichweite.
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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Der auf dem Markt durchsetzbare Werbepreis bestimmt sich sonach nicht nur nach der Verkaufsauflage, sondern auch nach der Zielgruppenbindung bzw. den zu erwartenden Streuverlusten. Die Spezialisierung ist daher einer der zwei möglichen Wege zum finanziellen Erfolg eines Medienprodukts. Sie ist der Grund, daß auch nicht massenattraktive, dafür aber auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtete Zeitschriften rentabel wirtschaften können und der Zeitschriftenmarkt eine starke Segmentierung aufweist, die auch hoch spezialisierte Zeitschriften wie "Wild und Hund" oder Oldtimer-Magazine zuläßt, die nicht selten gewinnträchtiger sind als die Zeitschriften im Massengeschäft Ob das Medienerzeugnis der Massen- oder der Markenstrategie folgt, schlägt sich in dessen Form, Inhalt und Preis nieder. Zielt der Verleger einer Zeitschrift darauf, im Massengeschäft erfolgreich zu sein, das heißt eine möglichst hohe Verkaufsauflage zu erreichen, darf er den Verkaufspreis für die einzelne Zeitschrift nicht zu hoch schrauben ("TV Today"). Dagegen ist der Leser von Markenzeitschriften regelmäßig bereit, auch einen höheren Preis zu zahlen ("PC Online"). Dafür müssen Markenmagazine sowohl von der Qualität des Papiers als auch von der Qualität der gebotenen Berichte, Fotos und Reportagen her den spezifischen Anforderungen ihrer Zielgruppe entsprechen. Beispielsweise kann ein Reise- oder Fotomagazin ("GEO") nicht mit derselben Herstellungstechnik produziert werden wie ein auf das Massengeschäft ausgerichtetes Blatt der Yellow-Press ("Giücksrevue"). Die größten Unterschiede zwischen Massen- und Markenerzeugnissen zeigen sich jedoch in ihrem redaktionellen Inhalt. So ist ein Massenblatt nur dann erfolgreich, wenn es seinen Lesern möglichst massenattraktive Beiträge bieten kann und dabei auch eine gewisse inhaltliche Breite aufweist. Ein Markenmagazin ist dagegen vom Geschmack der Allgemeinheit unabhängig. Sein kommerzieller Erfolg hängt davon ab, die Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse seiner abgegrenzten Zielgruppe exakt zu erfassen und zu bedienen. Nicht zuletzt deshalb sind die Magazine im Markengeschäft um eine weitaus engere Beziehung zu ihren Lesern bemüht als die hochauflagigen Massenblätter, was sich in dem durchschnittlich höheren Abonnementanteil niederschlägt. Demgegenüber werden die Massenblätter ganz überwiegend "über die Theke" verkauft, weshalb auch dem Titelblatt im Massengeschäft eine weitaus höhere Bedeutung zukommt als bei spezialisierten Zeitschriften.
Wendet man sich nun dem Fernsehgeschäft zu, so zeigt sich die fernsehspezifische Besonderheit, daß unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen des Fernsehens einem Fernsehveranstalter diese Wahl zwischen Marken- und Massengeschäft nicht offen steht. Im Fernsehen erlauben die derzeitigen Gegebenheiten, namentlich die in der Medienwirkung begründete Abhängigkeit von der Konsumgüter- und Markenartikelindustrie, allein das Geschäft mit der Masse. Mit der zielgenauen Ansprache einer bestimmten Konsumentengruppe ist im heutigen Fernsehgeschäftganz überwiegend kein Wettbewerbsvorteil verbunden 1840. Die aktuell 1840 Anders ist die Situation im Hörfunk, wo sich demzufolge eine gewisse Verspartung eingestellt hat. Vgl. Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 103 (vgl. auch Tab. B 40).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
maßgeblichen Erfolgsfaktoren im Fernsehen sind die technische Reichweite, die Einschaltquote und ein massenattraktives Programm. Daß sich im Fernsehen Spezialisierung und inhaltliche Ausdifferenzierung nicht lohnen, bestätigt die Marktentwicklung in den Femsehmärkten 1841 • Regional oder gegenständlich ausdifferenzierte Femsehprogramme, das heißt Sparten- und Lokalprogramme können sich kaum durchsetzen, da aufgrund der Zielgruppenorientierung bzw. geringeren Reichweite der Programme zu wenig Werbekunden Interesse bekunden. Das auf breiter Front gestartete Vorhaben eines Netzes an lokalen, von den örtlichen Verlagshäusern in den Verbreitungsgebieten ihrer Zeitungen betriebenen Fernsehsendem wurde daher schon bald aufgegeben 1842 . Zielgruppenorientierte Vollprogramme wie etwa der Frauenkanal tm3 mußten ihre Zielgruppenorientierung bis zur Unkenntlichkeit aufweichen, eine ganze Reihe an den Betrieb gar gänzlich einstellen 1843 . Programme für Minderheiten und gesellschaftliche Randgruppen wurden gar nicht erst gestartet. Die derzeitige Fernsehlandschaft wird von den bundesweit ausgestrahlten Vollprogrammen beherrscht, die die höchste Reichweite besitzen und nahezu ausnahmslos auf eine Zielgruppenorientierung verzichten. Die Analyse der medienökonomischen Grundlagen des Fernsehgeschäfts und die zu beobachtenden Marktentwicklungen lassen daher den Schluß zu, daß sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, vor allem solange es bei der ausschließlichen Werbefinanzierung im kommerziellen Fernsehen bleibt, auch künftig nur die Sender mit der höchsten Reichweite und dem massenattraktivsten Programm ökonomisch werden tragen können. Die Mechanismen des ökonomischen Wettbewerbs, namentlich die Gesetzmäßigkeilen in der Werbefinanzierung zwingen alle Veranstalter gleichermaßen zur Ausstrahlung massenattraktiver Vollprogramme und lassen eine inhaltliche Ausdifferenzierung und breitgefächerte Zielgruppenorientierungder Fernsehsender nicht zu 1844• Die Finanzierung der Fernsehsender steht damit einer regionalen Vielfalt lokaler Femsehstationen, wie sie in der Tagespresse existiert, ebenso entgegen wie einer gegenständlichen Vielfalt von Spartensendem, das heißt einer Segmentierung wie im Zeitschriftenmarkt 1845 . 1841
1.1.
So auch Stammler; ZUM 1995, 104 (110) m. w. N. Zu den Einzelheiten unter§ 1 D.
1842 Dazu bereits ausführlich § 1 A. I. 3. a) und § I D. I. 1. Zu den Problemen des Ballungsraumfernsehens Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. 13/10650), S. 109. 1843 Zu den wenigen erfolgreich operierenden Spartenkanälen zählen die Musikkanäle (VH I, MTV, VIVA). Vgl. Hoffmann-Riem/Vesting, MP 1994, 382 (385) sowie bereits§ I D. I. 1. und Fußnote 296. Zu den Problemen der Spartenkanäle wegen der Werbefinanzierung Pressenotiz aus dem Handelsblatt v. 3. August 1998, S. 14. 1844 So auch im Ergebnis Stammler; ZUM 1995, 104 (110). 1845 In der Tagespresse bestehen zwar viele lokale Zeitungsmonopole, mithin bezogen auf die einzelne Ortschaft bzw. Region keine große publizistische Vielfalt. Bezogen auf das Bundesgebiet bestehen aber immerhin 135 publizistische Einheiten und damit zumindest eine regionale Vielfalt, die im Fernsehbereich keine Entsprechung findet. Zur Marktstruktur in der Tagespresse§ 1 D. I. 2. Zur Struktur des Zeitschriftenmarktes § 1 D. I. 3.
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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Ließe der Gesetzgeber im Fernsehen einen freien Wettbewerb wie in der Presse zu, führte der ökonomische Wettbewerb aus den dargestellten strukturellen Gründen zu keiner inhaltlichen Ausdifferenzierung der Programme und damit zu keiner publizistischen Vielfalt, wie sie die Verfassung fordert. Es würde keine Vielzahl von Sendem entstehen, die wie in der Presse eine jeweils andere Zielgruppe mit Information und Unterhaltung versorgt und damit in ihrer Gesamtheit ein breites publizistisches Angebot offeriert. Vielmehr würde unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen die Überlassung des Fernsehens an die Gesetze des Marktes - auch bei einer erheblichen Zunahme der Übertragungsfrequenzen - lediglich zu einer Vervielfachung inhaltlich weitgehend identischer Vollprogramme führen, die alle gleichermaßen auf Massenattraktivität bedacht und auf die für die Konsumgüterindustrie attraktive Zielgruppe der 14- bis 49jährigen ausgerichtet sind 1846. Die einheitliche Fokussierung der werbefinanzierten Sender auf das junge Publikum der 14- bis 49jährigen, das als zahlungskräftig und konsumfreudig gilt, wirft überdies das kommunikationspolitische Problem auf, daß sich damit das gesamte publizistische Angebot im Fernsehen "veijüngt" und die Informations- und Unterhaltungsbedürfnisse knapp der Hälfte der Bevölkerung unbeachtet gelassen oder allenfalls am Rande mitberücksichtigt werden. 1847
Zum Teil wird vertreten, daß sich die Anfänge dieser Entwicklung schon heute beobachten lassen. Aufgrund der Werbefinanzierung würden sich bereits derzeit die ausgestrahlten Programme weitgehend ähneln, nahezu austauschbar sein 1848• 1846 Dies gilt nicht nur für das Verhältnis der kommerziellen Veranstalter untereinander, sondern auch in Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Eine Studie der Unternehmensberatung Booz • Alen & Hamilton schließt daraus, daß sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk, um sich vom kommerziellen Rundfunk abzugrenzen und seiner öffentlichen Aufgabe gerecht werden zu können, nicht aus Werbeerlösen finanzieren sollte, Booz • Allen & Hamilton, Public Service Television, lnsights 1998, Vol. 4/lssue 2. In diese Richtung auch lmmenga, AfP 1989, 621 (623 f.; 626); 11. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/81, S. 860ff., Tz. 6, 30; Holznagel, ZUM 1991, 263 (268); vgl. auch Notiz aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v. 7. Februar 1998, S. 14. Anderer Ansicht Koch, DB 1982, 1757 (1763). 1847 Kiefer, ZUM 1995, 58 (60, 62). Die gezielten Bemühungen der privaten Sender um das junge Publikum zeigen bereits Wirkung. So ergab die bereits erwähnte Studie von Booz • Allen & Hamilton, daß in dem Segment der 14- bis 29-jährigen 72 %der Befragten eine deutliche Präferenz für das Privatfernsehen zeigen, nur 9 % dagegen eine ftir die öffentlich-rechtlichen Programme. Bei den über 50-jährigen rangiert demgegenüber das öffentlichrechtliche Fernsehen (38 %) noch vor dem privaten mit 16 %, Booz • Allen & Hamilton, Public Service Television, Insights 1998, Vol. 4/Issue 2, p. 3. Zur verfassungsrechtlichen Problematik im Allgemeinen bereits unter § 2 E. II. 2. c. 1848 Zur inhaltlichen Homogenisierung aufgrund der Werbefinanzierung Booz • Allen & Hamilton, Public Service Television, lnsights 1998, Vol. 4/lssue 2 (vgl. bereits Fußnote 1846); Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 79; Röper nach Krakies, ZUM 1996, 953 (956f.); Wiedemann mit Verweis auf die Situation in den Vereinigten Staaten von Amerika in Engel, Offene Rundfunkordnung, S. 516. Zu den heute wenigstens noch zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehprogrammen bestehenden Programmunterschieden Krüger, V., MP 2000, 278.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Die Überwindung der Frequenzknappheit und die damit verbundene Erweiterung der Übertragungskanäle hätten allenfalls zu einem "More of the Same", nicht jedoch zu einer inhaltlichen Ausdifferenzierung der Programme geführt. Insgesamt würden die publizistischen Bedürfnisse heute nur noch einseitig und damit unzureichend befriedigt. Die in der Literatur 1849 wiederholt angestellte Vision von einem "Jedermannsfunk", in dem die Bedeutung der Vollprogramme schwindet und eine Vielzahl interessierter gesellschaftlicher Gruppen ihren jeweils eigenen Kanal betreiben und dadurch eine Flut unterschiedlichster Programmangebote produzieren, hat sich in der Praxis aufgrund der aufgezeigten Rahmenbedingungen und strukturellen Besonderheiten des Fernsehgeschäfts in jedem Falle nicht realisiert. Die Werbefinanzierung im Fernsehen führt sonach zu einer nicht individuell, sondern strukturell bedingten Angleichung der Programmstrukturen, die von der zunehmenden Überwindung der Frequenzknappheit unberiihrt bleibt. Demzufolge kann unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen auch ein intakter ökonomischer Wettbewerb im Fernsehen, das heißt ein funktionierendes Konkurrenzsystem einer Vielzahl von Fernsehveranstaltern, die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG geforderte Breite und Qualität des Informations- und Meinungsangebots im Fernsehen nicht hinreichend gewährleisten 1850. Unter den derzeitigen Konditionen würde sich die angestrebte publizistische Vielfalt nicht als natürliches Ergebnis des Meinungskampfes miteinander konkurrierender Programmanbieter einstellen. Würde der Gesetzgeber sich auf den Schutz des Wettbewerbs unter den Rundfunkveranstaltern beschränken, wäre vielmehr mit gravierenden Störungen des publizistischen Angebots zu rechnen. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Fernsehveranstaltung erscheint die Position des Bundesverfassungsgerichts daher sachgerecht, daß ein den Eigengesetzlichkeiten des ökonomischen Wettbewerbs überlassenes Fernsehen nicht fähig wäre, ein publizistisch befriedigendes Gesamtangebot hervorzubringen1851. Die als vergesellschaftet kritisierte 1852 Rundfunkfreiheit geht nicht in der Addition der individuellen Veranstalterfreiheiten auf. Die Rundfunkfreiheit will einen Ordnungszustand gewährleisten, der sich, wenn man die medienökonomischen Grundlagen des Fernsehgeschäfts und die Entwicklungen im Fernsehmarkt beriicksichtigt, nicht allein aus dem effektiven Schutz eines funktionsfähigen öko1849 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (172ff.); ders., AfP 1983,319 (320ff.); Bismark, AfP 1982, 135 (142). 1850 Ebenso im Ergebnis 11. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/81, S. 860 ff., Tz. 27 ff.; Kübler; MP 1999, 379 (384); Mailänder, Konzentrationskontrolle zur Sicherung von Meinungsvielfalt, S. 150ff., 158; Hendriks, ZUM 1988, 209 (213); in diese Richtung auch Brenner, ZUM 1998, 877 (882); a. A. Koch, DB 1982, 1757 (1763). 1851 BVerfGE 57, 295 (323); 31, 314 (325). Kritisch dazu Bremer/Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 33. 1852 Von Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 73.
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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nomischen Wettbewerbs unter den Fernsehveranstaltern ergibt. Die Sicherung einer pluralistischen Vielfalt im Rundfunk setzt daher Vorkehrungen voraus, die über den Schutz der Rundfunkveranstalter hinausgehen 1853 . Aufgrund ihrer dienenden Funktion bedarf die Rundfunkfreiheit folglich einer ausgestalteten Rundfunkordnung, um Wirklichkeit gewinnen zu können. Ungeachtet der "merkwürdigen Gebrochenheit" des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG 1854 ist die objektiv-institutionelle Interpretation der Rundfunkfreiheit sonach gerechtfertigt. Davon unberührt bleibt, daß sich mit einer Änderung der äußeren Rahmenbedingungen der Fernsehveranstaltung auch die Interpretation des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG verändern kann. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die mittel- bis langfristig zu erwartende Ablösung des werbefinanzierten Fernsehens durch das entgeltfinanzierte digitale Bezahlfernsehen 1855 .
e) Umgestaltung der Rundfunkordnung
Demnach ist § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV keine Norm, die in eine originäre Rundfunkfreiheit der Fernsehveranstalter eingreift, sondern vielmehr eine die Rundfunkfreiheit ausgestaltende Regelung. Er ist daher nicht an Art. 5 Abs. 2 GG, sondern ausschließlich an Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG zu messen. Fraglich ist aber, ob sich etwas anderes aus dem ebenfalls kontrovers diskutierten Aspekt der "Umgestaltung" ergibt. Umstritten ist insoweit, ob Gesetze, die die Rundfunkordnung nicht erstmalig ausgestalten, sondern reformieren, ebenfalls ausschließlich daran zu messen sind, ob der Gesetzgeber mit ihnen seinen Gestaltungsauftrag verfehlt oder die Grenzen seines Gestaltungsspielraums überschritten hat. Ein Teil des rundfunkrechtlichen Schrifttums 1856 spricht Ausgestaltungsgesetzen, die einmal einfachgesetzlich eingeräumte Freiheitsräume der Veranstalter beschränken und damit in das einfachgesetzlich bestimmte, subjektive Grundrecht des einzelnen Rundfunkveranstalters eingreifen, eine bedingte Eingriffsqualität zu. Verwiesen wird dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den das verfassungsrechtliche Eigentum ausgestaltenden Inhaltsbestimmungen. Demnach seien Inhaltsbestimmungen, Legal- und Administrativenteignungen zwar prinzipiell eigenständige Rechtsinstitute. Dies schließe jedoch nicht aus, daß eine Inhaltsbestimmung nicht auch eine Legalenteignung beinhalten könne, wenn sie subjektive Rechte entziehe, die der Einzelne aufgrund alten Rechts ausgeübt habe 1857 . Gesetze, die eigentumsrelevantes einfaches Recht reformieren, hätten 1853
So auch im Ergebnis Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks,
s. 287 (294).
Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 193. A. A. Brenner, ZUM 1998, 877 (882). Zum digitalen Fernsehen bereits § I D. II. 3. 1856 Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; ders., Rundfunkrecht neben Wirtschaftsrecht, S. 74; Ruck, AöR 117 ( 1992), 543 (550). 1857 BVerfGE 45, 297 (332); 52, 1 (28); 58, 300 (331 f.); dazu etwa Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 182f.; Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 899. 1854 1855
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
sonach einen "Doppelcharakter" 1858 • Dieselbe Regelung sei für den Neueigentümer eine Inhaltsbestimmung und für den Alteigentümer eine Legalenteignung. Ebenso wie im Eigentumsrecht Änderungen des eigentumsrelevanten einfachen Rechts demnach für die Zukunft ausgestaltende Inhaltsbestimmungen, für die Vergangenheit aber in das Eigentum eingreifende Legalenteignungen darstellen können, könne in rundfunkrechtlichen Reformgesetzen ein gesetzlicher Eingriff in einmal begründete, rundfunkrechtliche Altrechte liegen. Dieser sei auf seine Verhältnismäßigkeit hin zu überprüfen 1859• Allerdings seien auch diese in rundfunkrechtliche Altrechte eingreifenden Ausgestaltungsgesetze in keinem Fall der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG unterworfen 1860. Das Bundesverfassungsgericht hat noch keine ausdrückliche Feststellung zum Problem der Umgestaltung getroffen. Allerdings hat es betont, daß die Ausgestaltung durch den Gesetzgeber an die Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden sei, nicht nur bei der Gestaltung der Rundfunkordnung selbst, sondern auch bei der Änderung oder Aufhebung derselben 1861 . Hieraus könnte geschlossen werden, daß die Änderung rundfunkrechtlicher Normen nicht anders als deren erstmalige Gestaltung und Aufhebung stets nur dem einen Rechtmäßigkeitsmaßstab unterliegen sollen, der für die Verfassungsmäßigkeit von Ausgestaltungsgesetzen gilt, das heißt Art. 5 Abs. l Satz 2, 2. Alt. GG. Einziger Bezugspunkt wäre demnach die bessere oder zumindest gleichwertige Sicherung der Rundfunkfreiheit 1862• Folglich wäre der Gesetzgeber bei der Umgestaltung der Rundfunkordnung nicht mehr und nicht weniger gebunden als bei deren erstmaliger Ausgestaltung. Entscheidend erscheint, daß der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht davon unberührt bleiben kann, ob den Rundfunkveranstaltern in der Vergangenheit subjektive Rechtspositionen entstanden sind oder nicht. Auch wenn nach der hier vertretenen Ansicht und mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein originäres Recht des Einzelnen auf die Veranstaltung von Rundfunk abzulehnen ist1863 , kann daraus nicht gefolgert werden, daß jede Modifikation einmal begründeter subjektiver Rechte der Rundfunkveranstalter wie die Neudefinition der Rechte und Pflichten von Rundfunkveranstaltern behandelt werden kann, bei der der Gesetzgeber, ungebunden von seinen vorherigen Entscheidungen, jedes Mal von Neuern beginnen, mithin von einer tabula rasa ausgehen darf. Ware der Gesetzgeber bei der Reformierung der Rundfunkordnung nicht anders und vor allem nicht stärker gebunden als bei deren erstmaliger Ausgestaltung, liefe der Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 183. Nach Hoffmann-Riem ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung allerdings nur dann vorzunehmen, wenn und soweit das Gesetz eine bestandsgeschützte Position beeinträchtigt. Ein solcher Bestandsschutz bedürfe indes einer gesonderten Regelung und liege daher nur im Ausnahmefall vor, Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34. 1860 Ruck, AöR 117 (1992), 543 (551). 1861 BVerfGE 74, 297 (334). 1862 BVerfGE 74, 297 (334). 1863 Dazu im Einzelnen§ 4 C. II. 1., insbesondere§ 4 C. Il. 1. b). 1858
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C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht
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Schutzgehalt der zwar nicht verfassungsunmittelbaren, aber doch einfachgesetzlich bestimmten, subjektiven Rundfunkfreiheit privater Rundfunkveranstalter gegen Null. Der Rundfunkveranstalter wäre auch nach der einfachgesetzlichen Konkretisierung seines subjektiven Rechts auf Rundfunkveranstaltung gegenüber dem Gesetzgeber nicht mehr und nicht minder geschützt wie zuvor. Eine derartige Reduzierung der subjektiven Rundfunkfreiheit kann man der Verfassung - auch unter Beriicksichtigung der zu Recht vornehmlich objektiv-rechtlichen Deutung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG - nicht entnehmen. Allerdings vermag die Annahme einer bedingten Eingriffsqualität der die Rundfunkfreiheil ausgestaltenden Normen auch nicht zu überzeugen, zumal das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung zum Doppelcharakter von eigentumsrelevanten Reformgesetzen im Jahre 1991 aufgegeben hat und seitdem definierende, abstrakt-generelle Eigentumsbestimmungen ausnahmslos als Inhaltsbestimmungen qualifiziert, unabhängig davon, ob diese in die Altrechte von Eigentümern eingreifen oder nicht 1864• Auch erscheint die These inkonsequent, ein rundfunkrechtliches Reformgesetz könne in die Rundfunkfreiheit eingreifen, ohne zugleich der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG unterworfen zu sein. Andererseits ist die Annahme, umgestaltende Rundfunkgesetze würden den Anforderungen der Schrankentrias unterliegen, nicht weniger problematisch. So wäre eine Verschärfung der inhaltlichen Programmstandards dann nicht mehr möglich, da diese mangels Allgemeinheit von vomherein verfassungswidrig wären. Dies aber wäre weder vom Gesetzgeber bei der erstmaligen Ausgestaltung der Rundfunkordnung so gewollt, noch im Interesse einer effektiven Sicherung pluralistischer Vielfalt im Rundfunk sinnvoll. Infolgedessen ist eine vermittelnde Auffassung sachgerecht. Diese geht zunächst davon aus, daß die Normen der Rundfunkordnung ihren ausgestaltenden Charakter auch dann nicht verlieren, wenn sie die vormals begrundeten subjektiven Rechte der Rundfunkveranstalter ändern. Ihre Verfassungsmäßigkeit bestimmt sich demzufolge ausschließlich nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG und nicht nach der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG. Der Gesetzgeber ist jedoch nichtsdestotrotz bei der Umgestaltung der Rundfunkordnung strengeren Bindungen unterworfen als bei deren erstmaliger Ausgestaltung. So müssen rundfunkrechtliche Reformgesetze ebenso wie lnhaltsbestimmungen, die das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum neu definieren, durch "Griinde des öffentlichen Interesses unter Beriicksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein" 1865 • Die rechtliche Besonderheit umgestaltender Rundfunkgesetze besteht sonach nicht in ihrer Rechtsnatur, sondern darin, daß sie ausnahmsweise einer Verhältnismäßigkeitspriifung unterliegen, obwohl sie eigentlich in keine grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre eingreifen, diese vielmehr nur konkretisieren. BVerfGE 83, 201 (211). BVerfGE 83, 201 (212) zu Art. 14 GG. Dazu etwa Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 183 f. und noch unter§ 4 C. V. 2. 1864 1865
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Für die Verfassungsmäßigkeit der Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages folgt hieraus, daß sie auch dann, wenn sie die Rundfunkordnung nicht erstmalig ausgestaltete, sondern vielmehr umgestaltete, in jedem Falle nicht in die Rundfunkfreiheit eingreift und sonach als Ausgestaltungsgesetz ausnahmslos an Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG zu messen ist. Ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV reformierenden Charakter hat oder nicht, spielt nur für die Frage eine Rolle, ob die Cross Ownership Beschränkung auf ihre Verhältnismäßigkeitüberprüft werden muß, und ist daher erst dort zu erörtem 1866 . f) Zwischenergebnis
Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG schützt den Rundfunk in dessen Funktion für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung in der Gesellschaft, das heißt in dessen Bedeutung für den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß. Es besteht daher Einigkeit, daß das Ziel der Rundfunkfreiheit darin besteht, im Rundfunk ein breites Angebot an Informationen und Meinungen zu gewährleisten, in dem der Einzelne alle gesellschaftlich relevanten Standpunkte, Entwicklungen und Strömungen finden kann, um sich an diesen zu orientieren, das für ihn Wichtige herauszufiltern und zur Grundlage seiner persönlichen Meinungsbildung in politischen wie außerpolitischen Dingen zu machen. Dieser von der Rundfunkfreiheit angestrebte Ordnungszustand wird gemeinhin mit dem Terminus der "Meinungsvielfalt" oder auch "publizistischen Vielfalt" umschrieben. Zum Teil wird auch nicht unmißverständlich von "publizistischem Wettbewerb" gesprochen. Dieser angestrebte Zustand publizistischer Vielfalt ist mit demjenigen eines funktionierenden ökonomischen Wettbewerbs zwischen Meinungsträgem nicht identisch und wird auch nicht ohne weiteres durch einen funktionierenden ökonomischen Wettbewerb unter Fernsehveranstaltern erreicht: Publizistische Vielfalt und ökonomischer Wettbewerb sind nicht identisch. Der ökonomische Wettbewerb ist ein dynamischer Prozeß, der durch seine Selbststeuerungskraft zu optimalen Marktergebnissen auf den Wirtschaftsmärkten führt. Dem publizistischen Wettbewerb fehlt dagegen eine entsprechende Selbststeuerungskraft Anders als der ökonomische Wettbewerb zeichnet sich ein vollkommener publizistischer Wettbewerb auch nicht dadurch aus, daß sich in ihm die qualitativ "beste" oder "wahrste" Idee durchsetzt, zumal es an einem Maßstab für die Qualität einer Meinung fehlt. Ein idealer publizistischer Wettbewerb wird vielmehr durch ein möglichst umfassendes Nebeneinander von mehrheitsfähigen und auch nicht mehrheitsfähigen Meinungen gekennzeichnet, in dem sich die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit widerspiegelt und der Einzelne seine informationeile Ausgangsbasis findet. Entscheidend ist nicht, daß ein intellektueller Wettbewerb von Ideen und Meinungen auf der Suche nach einer wie auch immer gearteten, objekti1866
Dazu § 4 C. V. 2.
C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht
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ven "Wahrheit" aufrechterhalten wird, sondern vielmehr der Schutz eines harmonisch ausbalancierten Ordnungszustands im Sinne einer ausgewogenen Repräsentanz aller gesellschaftlich relevanten Meinungen und Gegenstände. Dabei setzt die Sicherung eines funktionierenden publizistischen Wettbewerbs voraus, daß gerade den Meinungen, die untergehen würden, wenn man den Markt der Meinungen und Ideen sich selbst überlassen würde, ein angemessener Raum im Rundfunk verbleibt. Der publizistische Wettbewerb geht daher nicht im ökonomischen auf. Publizistischer und ökonomischer Wettbewerb sind vielmehr wesentlich verschieden. Das mit der Vorstellung eines funktionierenden publizistischen Wettbewerbs gemeinte medienpolitische Ziel kommt in dem Begriff der "publizistischen Vielfalt" besser zum Ausdruck, da dieser der eher statischen als dynamischen Natur der von der Rundfunkfreiheit angestrebten Zielvorstellung besser gerecht wird. Publizistische Vielfalt wird auch nicht durch einen funktionierenden ökonomischen Wettbewerb unter Fernsehveranstaltern gewährleistet. Dies gilt unstrittig, solange sich der Rundfunk - nicht zuletzt aufgrund der Frequenzknappheit - in einer Sondersituation befindet, die einen funktionierenden ökonomischen Wettbewerb von vornherein nicht zuläßt. Dies gilt aber auch unabhängig von einer eventuell noch bestehenden Sondersituation. Denn unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen kann ein sich selbst überlassener ökonomischer Wettbewerb unter den Fernsehveranstaltern zu keinem inhaltlich ausdifferenzierten Angebot an Meinungen und Inhalten im Fernsehen führen, das die Informationsbedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen optimal befriedigt. Vielmehr macht die ausschließliche Werbefinanzierung des Fernsehens eine Zielgruppenorientierung und damit Segmentierung des Programmarktes wirtschaftlich weitgehend unmöglich, da sie alle Programmanbieter gleichermaßen zu massenattraktiven Programmen zwingt, was sich nicht zuletzt in den vergangeneo wie gegenwärtigen Marktentwicklungen bestätigt. Überließe man den Fernsehmarkt den Gesetzen des Marktes, käme es zu keiner inhaltliche Ausdifferenzierung im Fernsehen, auch wenn der ökonomische Wettbewerb unter den Programmanbietern funktionierte. Auch ein effektiver Wettbewerbsschutz würde daher die publizistische Vielfalt im Fernsehen nicht hinreichend gewährleisten. Es ist daher keineswegs lediglich eine Frage der politischen Entscheidung, ob die Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk dem ökonomischen Wettbewerb überlassen werden kann oder nicht 1867 . Zur Sicherung eines publizistischen Angebots, das "die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung" 1868 bringt, kann sich der Gesetzgeber daher nicht darauf beschränken, die subjektive Freiheitssphäre der Fernsehveranstalter zu schützen und den freien Wettbewerb unter den kommerziellen Anbietern aufrechtzuerhalten. Die publizistische Vielfalt im Fernsehen fordert 1867 So aber Bremer I Esser I Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 91. Schlagwortartig ließe sich das so zusammenfassen: Eine Vielzahl (an Kanälen) ist für eine Vielfalt (an Programmen) erforderlich, aber nicht hinreichend. 1868 BVerfGE 57, 295 (323).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen vielmehr Vorkehrungen, die über den individuellen Schutz der Fernsehveranstalter hinausgehen. Sieht man die Rundfunkfreiheit sonach als dienende Freiheit, das heißt in der Pflicht, eine publizistische Vielfalt im Rundfunk zu gewährleisten, so bedarf die Rundfunkfreiheit zu ihrer realen Entfaltung besonderer gesetzlicher Regelungen. Die Rundfunkfreiheit ist daher ausgestaltungsbedürftig. Folgt man der allgemeinen Ansicht, die die Rundfunkfreiheit in den Dienst der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung in der Gesellschaft stellt und als übergeordnetes Leitziel des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG die Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk ansieht, und der hier entwickelten Auffassung, daß ökonomischer Wettbewerb und publizistische Vielfalt nicht identisch sind und der ökonomische Wettbewerb unter Fernsehveranstaltern aufgrund der medienökonomischen Zusammenhänge die publizistische Vielfalt im Fernsehen auch nicht sicherstellen kann, ist ein originäres Grundrecht des Einzelnen auf Rundfunkveranstaltung abzulehnen, dessen Inhalt allein durch Rückgriff auf vorrechtliche, natürliche und soziale Gegebenheiten bestimmt wird, das heißt losgelöst von dem teleologischen Kontext der Rundfunkfreiheit Die Veranstaltung von Rundfunk erschöpft sich nicht darin, publizistische Inhalte zu beschaffen, redaktionell aufzubereiten und anschließend über elektromagnetische Wellen an ein disperses Publikum zu verbreiten, das heißt nicht in der objektiv beobachtbaren Dienstleistung der Rundfunkveranstalter. Die Veranstaltung von Rundfunk und damit auch die Rundfunkveranstalter stehen vielmehr nur dann unter dem besonderen Schutz der Verfassung, soweit sie der Meinungsbildung dienen, mithin Teil des übergreifenden gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses sind, der sich aber, zumindest im Fernsehen, nur über eine ausgestaltete Rundfunkordnung erreichen läßt. Infolgedessen ist derzeit, zumindest in Bezug auf das Fernsehen, die vornehmlich objektiv-rechtliche, institutionelle Interpretation des Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG legitim, die die Veranstalterrechte unter den Vorbehalt des objektivrechtlichen Gehalts der Rundfunkfreiheit und damit unter den Vorbehalt der vom Gesetzgeber zu schaffenden positiven Rundfunkordnung stellt. Die von der Verfassung gewährleistete subjektive Rundfunkfreiheit der Veranstalter kann daher nur unter Maßgabe und in den Grenzen der zur Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk erlassenen Gesetze gewährleistet sein. Diese konkretisieren die Rundfunkfreiheit und können daher von vomherein nicht als Normen qualifiziert werden, die in die Rundfunkfreiheit eingreifen. Für § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV folgt hieraus, daß er als rundfunkkonzentrationsrechtliche Zugangsregelung zur zu Recht eigenständig zu betrachtenden Kategorie der Ausgestaltungsgesetze zu zählen ist 1869 • Als Norm, die den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG ausgestaltet, ist die Cross Ownership Beschrän1869
Vgl. § 2 E.l. 2.
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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kung nicht an der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG zu messen, sondern vielmehr erst und nur dann verfassungswidrig, wenn er die Grenzen des dem Rundfunkgesetzgeber über Art. 5 Abs. l Satz 2, 2. Alt. GG eröffneten Gestaltungsspielraums verletzt. Unerheblich ist insoweit, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV in rundfunkrechtliche Altrechte von Veranstaltern eingreift oder nicht. 2. Verfehlung oder Überschreitung des Gestaltungsauftrages Zu untersuchen ist sonach, ob der Gesetzgeber mit Erlaß des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV seinen Verfassungsauftrag verfehlt oder seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat 1870. Im Ergebnis muߧ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zu einer besseren oder zumindest gleichwertigen Sicherung der pluralistischen Vielfalt im Rundfunk führen 1871 . Dabei ist zu beachten, daß der ausgestaltende Rundfunkgesetzgeber bei der Wahl der zur Erfüllung seines Verfassungsauftrages erforderlichen Mittel einen sehr weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum genießt 1872. Dieser ist nur ganz ausnahmsweise auf Null reduziert 1873 . Allerdings ist der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers auch nicht unbegrenzt. Der Gesetzgeber ist vielmehr nach Art. l Abs. 3 GG an die Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG gebunden, die das Bundesverfassungsgericht in seinen Rundfunkurteilen präzisiert hat 1874 • Das Bundesverfassungsgericht hat damit für die Ausgestaltungsgesetzgebung einen eigenständigen Rechtmäßigkeitsmaßstab entwickelt. Dabei hat es sich bislang allerdings auf die Klärung einiger Grundsatzfragen beschränkt. Auch in der Literatur blieben die an Ausgestaltungsgesetze zu stellenden Anforderungen und Maßstäbe bislang eher unpräzise 1875• Die dogmatische Konstruktion der Rechtmäßigkeitskontrolle von Ausgestaltungsgesetzen weist daher noch erhebliche Lücken auf. 1870 Die hier zu untersuchende Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums beim Erlaß von Cross Ownership Beschränkungen ist von der Frage zu unterscheiden, inwieweit die Verfassung den Gesetzgeber verpflichtet, Cross Ownership Beschränkungen zu erlassen, (zur Gestaltungspflicht siehe bereits§ 3 B. II.). 1871 BVerfGE 74, 297 (334). 1872 BVerfGE 57, 295 (321); SO, 290 (332). 1873 So insbesondere Badura, Rundfunkgesetzgebung, S. 45 ff., 78 f., Bethge, Zulassung von Rundfunkveranstaltern, S. 72, 146f.; Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 39; Alternativkornmentar-Ho.ffmann-Riem, Art. 5 Abs. I, 2, Rdnr. 143; Kühler, Medienverflechtung, S. 84f. 1874 BVerfGE 74, 297 (334) sowie vor allem BVerfGE 57, 295 (321, 326); 73, 118 (157, 166); 83, 238 (308, 329). 1875 Vgl. etwa Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34f.; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (S47ff.); Lehr, ZUM 1995, 667 (668); Maunz/Dürig-Herzog, Art. 20, Rdnr. 53; Sachs- Sachs, Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 99. Ausdrücklich offengelassen in Jarass, AöR (110) 1985, 363 (392 f.).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Aus den Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit von Ausgestaltungsgesetzen lassen sich zusammenfassend folgende Kriterien entwickeln: Ausgestaltungsgesetze sind nur dann verfassungskonform, wenn sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Sicherung einer funktionsfähigen Rundfunkordnung und damit der Rundfunkfreiheit dienen. Der Gesetzgeber darf mit der Regelung sonach ausschließlich die Rundfunkfreiheit ausgestalten wollen (Beschränkungsverbot ). Er darf mit der Regelung keine anderen Zwecke verfolgen, insbesondere nicht zum Schutze anderer, nicht kommunikationsbezogener Rechtsgüter die Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk hintanstellen. Er darf demnach nicht in die Rundfunkfreiheit eingreifen. Beschränkt er die Rundfunkfreiheit, anstau sie nur auszugestalten, überschreitet er die Grenzen seiner Gestaltungsbefugnis 1876• Der Gesetzgeber verfehlt seinen von der Verfassung auferlegten Gestaltungsauftrag, wenn die Regelung ungeeignet ist, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern (abstrakte Eignung). Dies beinhaltet vor allem, daß das Gesetz nicht in offensichtlichem Widerspruch zu den Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit stehen darf, die das Bundesverfassungsgericht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG entwickelt hat 1877 • Im Zusammenhang mit§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV interessieren hier vor allem das Gebot kommunikativer Chancengleichheit 1878 sowie das Verbot einer unangemessenen Belastung privater Rundfunkveranstalter 1879• Ferner muß das ausgestaltende Rundfunkgesetz auch konkret zu einer zumindest gleichwertigen Sicherung der Rundfunkfreiheit führen (konkrete Eignung) 1880• Dem Gesetzgeber wird sonach eine positive Folgeprognose abverlangt. Ungeeignet ist die Ausgestaltung, wenn sie, unter Beriicksichtigung des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers, zu keinem gegenüber dem Status Quo mindestens äquivalenten publizistischen Angebot führt 1881 . a) Beschränkungsverbot
Der Gesetzgeber verstößt gegen seinen Verfassungsauftrag, wenn er die Rundfunkfreiheitnicht nur ausgestaltet, sondern beschränkt 1882• Für die Differenzierung BVerfGE 57, 295 (321). Vgl. Ruck, AöR 117 (1992), 543 (549). Dazu§ 4 C. II. 2. a). Zu den Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts § 2 E. I. 1. d) und § 2 E. I. 1. e). 1878 Vgl. dazu bereits§ 2 E. I. 1. e). Hierzu im Folgenden unter§ 4 C. II. 2. c). 1879 BVerfGE 83, 238 (308); 73, 118 (157); dazu Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (549); Jarass, AöR ( 110) 1985, 363 (391 f.). Hierzu im Einzelnen unter§ 4 C. II. 2. b). 1880 BVerfGE 74, 297 (334). 1881 Jarass, AöR (110) 1985, 363 (391 f.); Ruck, AöR 117 (1992), 543 (550). Dazu§ 4 C. II. 2. d). 1876 1877
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zwischen Ausgestaltung und Beschränkung ist auf die Ausführungen zu den Besonderheiten ausgestaltender Normen zu verweisen 1883. Demnach haben Schrankengesetze den Ausgleich kollidierender Rechtsgüter zum Gegenstand, während Ausgestaltungsgesetze ausschließlich der Sicherung einer von der Verfassung vorgegebenen Funktion verpflichtet sind. Ausgestaltungsgesetze dürfen daher kein anderes Ziel als die Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk verfolgen1884. So wäre es mit den Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG nicht vereinbar, wenn der Inhalt des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auf eine wirtschaftspolitische, namentlich beschäftigungs- oder standortpolitische Zielsetzung schließen ließe. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verfolgt jedoch keinen wirtschaftspolitischen Zweck. Vielmehr dient er ausschließlich der Sicherung publizistischer Vielfalt im Rundfunk. Zumindest ist er entsprechend verfassungskonform zu lesen 1885. Der Runclfunkgesetzgeber hat daher mit Erlaß der Cross Ownership Beschränkung nicht gegen das Beschränkungsverbot verstoßen und ist insoweit in den Grenzen seines Gestaltungsspielraums geblieben.
b) Verbot der unangemessenen Belastung kommerzieller Anbieter In seinem vierten und sechsten Rundfunkurteil stellte das Bundesverfassungsgericht fest, daß der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschreite, wenn er an den privaten Rundfunk Anforderungen stelle oder diesem Strukturen abverlange, die dessen "Veranstaltung in hohem Maße erschweren, wenn nicht ausschließen würden" 1886. Die Cross Ownership Beschränkung wäre daher verfassungswidrig, wenn sie die kommerziellen Rundfunkveranstalter "unangemessen belastet" 1887. Zu priifen ist, wann eine unangemessene Belastung der Rundfunkveranstalter anzunehmen ist. Ausgangspunkt der Erwägungen muß die Rechtsposition der Rundfunkveranstalter im dualen System sein. Hierzu ist auf die bereits gewonnenen Erkenntnisse zuriickzugreifen 1888. Demnach steht Rundfunkanbietern kein originäres, der Gesetzgebung vorausliegendes Grundrecht auf Rundfunkveranstaltung zu. Sie besitzen kein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf die Freihaltung ihrer untemehBVerfGE 57, 295 (321). Vgl. Ruck, AöR 117 (1992), 543 (549). Vgl. § 2 E. III. 4. Prägnant etwa Hoffnumn-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34. 1884 BVerfGE 57, 295 (326); 73, 118 (166); 74, 297 (334). Dazu bereits unter§ 2 E. III. 4. 1885 Zur verfassungskonformen Auslegung und dem Spannungsverhältnis zum Gebot richterlicher Zurliekhaltung allgemein v. Mangoldt/Klein/ Starck-Starck, Art. I, Rdnr. 205 ff. 1886 BVerfGE 73, 118 (157); 83, 238 (308). 1887 Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (549). 1888 Vgl. § 4 C. II. I. b). 1882 1883
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
merischen Spielräume als Rundfunkveranstalter, nur begrenzt von den Regelungen zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Wettbewerbs. Die Rundfunkveranstalter genießen den besonderen Schutz der Verfassung nicht als an der Erzielung und Maximierung von Gewinn orientierte Wirtschaftsunternehmen, sondern ausschließlich in ihrer Funktion für den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß, das heißt in ihrer treuhändensehen Stellung im Dienste der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung über den Rundfunk. Zugleich folgt hieraus, daß der Gesetzgeber an Rundfunkveranstalter prinzipiell weitergehende Anforderungen stellen darf als an Unternehmen, die dem Gebot der Vielfaltssicherung nicht unterworfen sind. Diese dürfen aber nicht so weit gehen, daß die Veranstaltung privater Rundfunkprogramme praktisch unmöglich wird, da nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Grundgesetz die Veranstaltung von privaten Rundfunk als prinzipiell zulässig erachtet 1889. Läßt das Grundgesetz privaten Rundfunk grundsätzlich zu, kann es nicht zugleich dem Gesetzgeber das Recht geben, Bedingungen an die Veranstaltung von Rundfunk zu knüpfen, die die Veranstaltung privaten Rundfunks vollkommen oder auch nur nahezu unmöglich machen würden1890. Geschützt ist sonach der private Rundfunk als Teilsystem der dualen Rundfunkordnung. Dies bedeutet jedoch nicht, daß der einzelne Rundfunkveranstalter davor geschützt ist, daß ihm durch die gesetzlichen Vielfaltsanforderungen die wirtschaftliche Grundlage zum Betrieb seines Rundfunkprogramms entzogen wird. Der einzelne Rundfunkveranstalter genießt keinen Bestandsschutz 1891 . Demzufolge bezieht sich das Verbot der unangemessenen Belastung der Runclfunkveranstalter nicht auf die individuelle Ebene, sondern vielmehr auf das private Rundfunksystem als Teilsystem der dualen Rundfunkordnung. Eine unangemessene Belastung der Rundfunkveranstalter ist folglich nicht schon dann anzunehmen, wenn die Regelung dem einzelnen kommerziellen Anbieter die Tätigkeit als Runclfunkveranstalter unmöglich macht. Sie liegt erst dann vor, wenn die Regelung dem privaten Rundfunk als solchem den Boden entzieht 1892 . § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt das private Rundfunksystem als Teil der dualen Ordnung nicht ansatzweise in Frage. Unabhängig von seiner Wirkung auf die einzelnen Rundfunkveranstalter enthält § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV demzufolge keine unangemessene Belastung kommerzieller Rundfunkanbieter.
1889 1890 1891 1892
BVerfGE 73, 118 (157). BVerfGE 73, 118 (157); 83, 238 (308). Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 40. Anderer Ansicht Ruck, AöR 117 (1992), 543 (550).
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c) Gebot der kommunikativen Chancengleichheit
Dem Auftrag an den Gesetzgeber, den Rundfunk im Interesse eines ungestörten gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses vor dem einseitigen Einfluß einer partikularen gesellschaftlichen Gruppe zu schützen, wird entnommen, daß der Gesetzgeber verpflichtet sei, eine gewisse kommunikative Chancengleichheit herzustellen 1893. Für den Zugang zum Rundfunk bedeutet dies, daß das Rundfunkrecht eine gleiche Chance der Bewerber sicherstellen soll 1894. Cross Ownership Beschränkungen wie § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV benachteiligen diversifizierte Fernsehveranstalter gegenüber deren Konkurrenz, indem sie deren Zugang zum Rundfunk an besondere Voraussetzungen knüpfen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV könnte daher wegen der Verletzung kommunikativer Chancengleichheit verfassungswidrig sein. Allerdings leitet das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit in diesen Fällen, ungeachtet des engen Zusammenhangs zwischen kommunikativer Chancengleichheit und der Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht, nicht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG, sondern allenfalls aus Art. 3 Abs. 1 GG ab 1895. Auf die Frage nach der Wahrung des Gebots kommunikativer Chancengleichheit wird daher im Rahmen des Willkürverbots eingegangenl896. d) Konkrete Eignung zur Sicherung der Rundfunkfreiheit
Ausgestaltungsgesetze müssen geeignet sein, die Rundfunkfreiheit zu sichern1897. Geeignet sind sie dann, wenn sie für die publizistische Vielfalt im Rundfunk wenigstens irgendwie förderlich sind 1898. Die Verfassung verlangt nicht, daß die vom Gesetzgeber gewählte Gestaltung die publizistische Vielfalt im Rundfunk verbessert. Die Gestaltung darf das publizistische Gesamtangebot aber weder schmälern noch verschlechtern. Das einzelne Rundfunkgesetz ist daher ungeeignet, die Rundfunkfreiheit zu sichern, wenn es von den Betroffenen nicht befolgt werden kann oder aller Wahrscheinlichkeit nach von der überwiegenden Mehrzahl der Normadressaten mißachtet werden wird 1899. Eine in der Regelung angelegte 1893 Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 12 ff.; Herrmann, ZUM 1991, 325 (327). Vgl. auch Degen/um, ZUM 1987, 595 (598). Zum Gebot, vorherrschender Meinungsmacht entgegenzuwirken, BVerfGE 12, 205 (262); 31,314 (325f.); 57,295 (322); 73, 118 (153) sowie bereits unter§ 2 E. I. 1. e. 1894 BVerfGE 57,295 (327); 73, 118 (192f.). 1895 Vgl. BVerfGE 57, 295 (327); 83, 238 (337). 1896 Siehe § 4 C. IV. 2. 1897 BVerfGE 74, 297 (334).
1898 Zum Gebot der Geeignetheil allgemein Jakobs, DVBI. 1985, 97 (99); Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 64; Sachs- Sachs, Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 150f.; Iarass/PierothJarass, Art. 20, Rdnr. 84. 1899 Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 64.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Dysfunktionalität führt demzufolge zum Verstoß gegen Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG und damit zur Verfassungswidrigkeit der Norm 1900. Entscheidend ist sonach, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV geeignet ist, die Vielfalt im Rundfunk zu sichern. Dies verlangt eine Folgeprognose des Gesetzgebers 1901 . Dabei reichen allgemeine Erwägungen nicht aus, um eine bestimmte Ausgestaltung der Rundfunkordnung zu rechtfertigen. Vielmehr müssen sich Ausgestaltungsgesetze auf konkrete Gründe stützen können, aus denen resultiert, daß sie der zumindest gleichwertigen Sicherung der Rundfunkfreiheit dienen 1902. Ferner ist zu berücksichtigen, daß dem Gesetzgeber bei der erforderlichen Prognose eine Einschätzungsprärogative zusteht, die auch von Seiten des Bundesverfassungsgerichts zu beachten ist. Darüberhinaus hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß die gleichwertige Sicherung der publizistischen Vielfalt nicht "mit letzter Gewißheit" erreicht werden muß. Es genüge, wenn sie mit einer "hinreichenden Wahrscheinlichkeit" erlangt werde 1903 . Ausgangspunkt der Folgebetrachtung muß der Regelungsgehalt des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sein, für dessen genauen Inhalt auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen werden kann 1904• Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages eine nur geringe Regelungsintensität aufweist. Ihr materieller Regelungsgehalt erschöpft sich in einer Malusregelung, die die erlaubte Zuschauermarktanteilsgrenze zu Lasten intermediär und vertikal diversifizierter Unternehmen geringfügig, in jedem Falle um nicht mehr als 5 % absolut absenkt 1905 . Diecross ownership-spezifische Malusregelung bezieht sich dabei auf kein gesetzliches Verbot, sondern auf eine gesetzliche Vermutung, mithin eine Beweislastumkehr von Gesetzes wegen. Sie betrifft sonach ausschließlich die Beweisebene. Zugleich folgt hieraus, daß sie als Teil der gesetzlichen Vermutung widerlegbar ist. Die Rechtsfolgenanalyse 1906 hat ergeben, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur im absoluten Ausnahmefall zur Aufgabe von Beteiligungen führt. Typischerweise hat sie allenfalls die Einrichtung von Programmbeiräten zur Folge, deren publizistische Wirksamkeit strittig ist und die selbst zu keiner breiteren Eigentümerstreuung in den Medien führt. Darüberhinaus wird vertreten, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV gänzlich ins Leere läuft, wenn ein Unternehmen schon zuvor, etwa Vgl. BVerfGE 83, 238 (329). Morand, Gesetzgebungsmethodik, S. ll (15). Zu den generellen Problemen der Wirksamkeitskontrollevon Gesetzen allgemein vgl. Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 154. 1902 BVerfGE 74, 297 (334). Vgl. auch Lehr, ZUM 1995, 667 (668); Ruck, AöR 117 (1992), 543 (549). 1900 1901
Zur Konzentrationskontrolle BYerfGE 57, 295 (323 f.). Ygl. § 3 D. III. und zusammenfassend in § 4 B. I. 3. c) cc) sowie auch unter § 4 B. II. 3. a). 1905 Dazu§ 3D. III. 3. b). 1903
1904
1906
Ygl. §3D. III. 1. c) cc).
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wegen § 26 Abs. 5 RStV, binnenplurale Vorkehrungen getroffen hat, da es dadurch aus der Konzentrationskontrolle herausfiele. Angesichts dieser nur geringen Eingriffsintensität wird teilweise daran gezweifelt, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV überhaupt fähig sei, der fortschreitenden intermediären und vertikalen Verflechtung in den Medien wirksam entgegenzutreten 1907 • Kritisiert wird, daß die "medienrelevanten verwandten Märkte" erst und nur dann Berücksichtigung finden, wenn ein Unternehmen einen Zuschauermarktanteil von schon fast 30% erreicht habe 1908 • Selbst den führenden, vertikal wie diagonal hoch diversifizierten Medienkonzernen Beeteismann und Kirch seien unter diesen Voraussetzungen noch Spielräume für eine Expansion im bundesdeutschen Fernsehen verblieben 1909• Eine weitere marktübergreifende Konzentration werde durch § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach nicht verhindert. Teilweise wird § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sogar das Etikett einer Alibi-Regelung angeheftet 1910. Die insoweit geäußerte Kritik läßt sich jedoch nicht dahingehend deuten, daß sich § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV schon prinzipiell nicht zur Vielfaltssicherung eigne und aus diesem Grunde verfassungswidrig sei. Vielmehr zielen die kritischen Stimmen darauf, daß die erlassene Cross Ownership Beschränkung ein richtiger und längst fälliger Schritt hin zu einer branchenübergreifenden Konzentrations- und Vielfaltsprüfung im Medienbereich sei, in ihrer konkreten Fassung aber nicht weit genug gehe 1911 • Es besteht daher zu Recht ein breiter Konsens in Lehre und Praxis, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kein prinzipiell untaugliches Mittel ist, die publizistische Vielfalt sicherzustellen. Die Absenkung der zulässigen Marktanteilsgrenze zu Lasten vertikal und intermediär integrierter Unternehmen, die aufgrund ihrer Stellung auf anderen medienrelevanten verwandten Märkten über eine Meinungsmacht verfügen, die zu dem publizistischen Einfluß des Unternehmens über die hauseigenen Sender hinzutritt, stellt sich - wenn auch nicht sehr stark - der Entwicklung entgegen, daß die Medien in der Hand nur weniger Medienunternehmen liegen. Damit wird der vorherrschenden Meinungsmacht Einzelner entgegengetreten. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kann keine Dysfunktionalität angelastet werden. Auch ist von § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV keine Verschlechterung der von Verfassungs wegen geforderten publizistischen Vielfalt zu erwarten. Die Cross Ownership Beschränkung ist 1907 Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 101 f. ; ders., MP 1996, 610 (618); Dörr, NJW 1997, 1341 (1345); Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 35 f. 190& Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 35 f.; Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 101 ; ders., MP 1996,610 (618). Vgl. auch Dörr, NJW 1997, 1341 (1345) sowie bereits unter§ 3D. III. l. a). 1909 Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 79. 1910 Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 101 f.; ders. , MP 1996,610 (618). 1911 Röper, Wirtschaftliche Folgen des neuen Rundfunkstaatsvertrags, S. 101.
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daher prinzipiell geeignet, einen Beitrag zur Funktionsfähigkeit des verfassungsrechtlich geschützten, gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses zu leisten und damit zu einer wenigstens äquivalenten Sicherung der publizistischen Vielfalt zu führen. Der vom Rundfunkgesetzgeber angenommenen Eignung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, die Informations- und Meinungsvielfalt zu fördern, stehen sonach keine Bedenken entgegen, zumal wenn man die gesetzgebensehe EiDschätzungsprärogative bei der Eignungsprognose beriicksichtigt. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist geeignet, die Rundfunkfreiheit zu sichern. Auch insoweit hat der Rundfunkgesetzgeber seinen Gestaltungsauftrag nicht verfehlt.
3. Zusammenfassung § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist als Bestimmung, die die Rundfunkordnung ausbzw. umgestaltet, an Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG zu messen. Der Gesetzgeber hat mit Erlaß des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV weder seinen Verfassungsauftrag verfehlt noch seinen Gestaltungsspielraum überschritten. Die Cross Ownership Beschränkung ist demzufolge mit den Vorgaben der Rundfunkfreiheit vereinbar.
111. Verletzung anderer Freiheitsrechte § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beriihrt auch die Berufsausübung und das Eigentum kommerzieller Rundfunkveranstalter. Soweit die Cross Ownership Beschränkung dem marktübergreifenden Unternehmenswachstum von Presseverlegern Grenzen setzt, sind überdies die Vorgaben der Pressefreiheit zu beriicksichtigen. Es ist daher zu untersuchen, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV mit Art. 12 Abs. I GG, Art. 14 GG und Art. 5 Abs. I Satz 2, I. Alt. GG zu vereinbaren ist.
1. Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG Art. 12 Abs. I GG kann nur dann zur Verfassungswidrigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV führen, wenn § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV den Schutzbereich der Berufsfreiheit beriihrt. Die Berufsfreiheit sichert dem Einzelnen das Recht zu, eine frei gewählte und frei ausgeübte Tatigkeit zur Grundlage seiner Daseinsgestaltung zu machen. Im Kern will sie die freie Entscheidung eines jeden schützen, wie er sich die materiellen Voraussetzungen seiner Lebensführung beschaffen will 1912• 1912 Schmidt, R., Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsverwaltungsorganisation, Wirtschaftsförderung, Rdnr. 22; Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 80; ders., Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 41. Vgl. B VerfGE 30, 292 (334 f. ).
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Seinem Wortlaut nach differenziert Art. 12 Abs. I GG zwischen der freien Wahl und der freien Ausübung eines Berufs. Berufswahl und Berufsausübung hängen eng miteinander zusammen. Art. 12 Abs. 1 GG ist daher als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit mit einem einheitlichen Schutzbereich zu verstehen, das geschlossen unter dem einen Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG steht 1913 . Beruf ist dabei jede erlaubte, nicht nur vorübergehend ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient 1914. Dies umfaßt "das Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb", soweit dieses Bestandteil einer beruflichen Tätigkeit ist 1915 . Die Wettbewerbs- und Unternehmensfreiheil geht sonach in der Berufsfreiheit auf, die wiederum das in Art. 2 Abs. l GG geschützte Grundrecht auf wirtschaftliche Entfaltung verdrängt1916. Die Veranstaltung kommerzieller Fernsehprogramme ist eine privatwirtschaftliehe Tätigkeit, mit der sich Wirtschaftssubjekte unter Entfaltung unternehmenscher Initiative, Einsatz von Kapital und Übernahme unternehmenscher Risiken vor allem auf dem Programm- und Werbemarkt präsentieren und versuchen, sich zum Zwecke der Gewinnerzielung gegenüber anderen Rundfunkveranstaltern durchzusetzen. Kommerzielle RundfunkanbieteT üben sonach eine berufliche Tätigkeit aus und genießen folglich den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG 1917 . Ein Teil der Literatur hält Art. 12 Abs. l GG für von der Rundfunkfreiheit als dem spezielleren Grundrecht verdrängt 1918. Verwiesen wird auf die Parallele im Verhältnis zwischen Berufsfreiheit und Pressefreiheit. Dort wird nach herrschender Meinung 1919 die
1913 BVerfGE 7, 377 (401); dazu etwa Schmidt, R., Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsverwaltungsorganisation, Wirtschaftsförderung, Rdnr. 25. 1914 Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Rdnr. 43; ders., Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 80; Pieroth!Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 810ff.; Schmidt, R., Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsverwaltungsorganisation, Wirtschaftsförderung, Rdnr. 26. 1915 BVerfGE 32, 311 (317); 46, 120 (137). 1916 Hieraus folgt, daß für die Beschränkung der Wettbewerbsfreiheit unter Berufstätigen allein der Gesetzesvorbehalt aus Art. 12 Abs. l Satz 2 GG maßgeblich ist. Art. 2 Abs. l, 2. Halbsatz findet keine Anwendung, v. Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 34 ff. Vgl. auch Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. l u. 2, Rdnr. 940 und bereits § 3 C. I. 1917 BVerfG v. 17. Februar 1998-1 BvF l /91, ad B II l a, abgedr. in ZUM 1998, 240 (zum Urteil insg. Lenz, ZUM 1999, 757; Diesbach, ZUM 1998, 554; Lauktien, ZUM 1998, 253; zusarnrnenfassend Bundesregierung, Medienbericht '98 (BT-Drucks. I 3 I 10650), S. 173f.); Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12, Rdnr. 165ff.; Bismark, AfP 1982, 135 (139); Badura, Rundfunkgesetzgebung, S. 48 m. w. N. 1918 Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 25; ders., Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 25, 27; v. Mangoldt/Klein/ Starck-Manssen, Art. 12, Rdnr. 273; a. A. Bethge, Zulassung von Rundfunkveranstaltem, s. 95. 1919 Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 940; v. Mangoldt/Klein/ Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 262; a. A. Maunz /Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 142 (vgl. aber Rdnr. 182); Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12, Rdnr. 161 ff.
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Pressefreiheit als das speziellere Grundrecht angesehen, das nicht nur die publizistische, sondern auch die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Presse umfassend schützt. Die Berufsfreiheit des Presseverlegers wird folglich nicht durch Art. 12 Abs. I GG, sondern durch Art. 5 Abs. I Satz 2, I. Alt. GG geschützt. Die Grenzen der verlegerischen Berufsfreiheit richten sich daher auch nicht nach der für Art. 12 GG entwickelten Schrankendogrnatik, sondern nach der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG. Gleiches müsse für Runclfunkveranstalter gelten. Dagegen ist einzuwenden, daß der Freiheitsgehalt der Berufsfreiheit im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit als Rundfunkveranstalter schon allein deshalb nicht in Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG mitenthalten sein kann, weil die Berufsfreiheit ein originäres Abwehrrecht des Einzelnen garantiert, wohingegen die Rundfunkfreiheit ein solches nur unter Maßgabe ausgestaltender Gesetze einräumt. Der aus Art. 12 Abs. I GG resultierende Schutz kann daher nicht in dem aus Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG aufgehen. Art. 12 Abs. I GG kann nicht in Gesetzeskonkurrenz stets und vollständig verdrängt sein. Vielmehr stehen Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG und Art. I2 Abs. I GG in Idealkonkurrenz zueinander 1920.
Da § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV den Zugang diversifizierter Medienunternehmen zum bundesweiten Fernsehen beschränkt und damit deren berufliche Betätigung von besonderen Voraussetzungen abhängig macht, liegt in der Cross Ownership Beschränkung demzufolge ein Eingriff in die Berufsfreiheit Hoffmann-Riem vertritt, daß Bestimmungen, die die Rundfunkordnung ausgestalten, auch im Hinblick auf die Berufsfreiheit als (bloße) Inhaltsbestimmungen zu qualifizieren seien1921. Demnach konkretisierten sie lediglich das Berufsbild des privaten Rundfunkveranstalters und sind daher auch nicht an dem Gesetzesvorbehalt des Art. I2 Abs. I Satz 2 GG zu messen. Dem ist entgegenzuhalten, daß bei der Berufsfreiheit anders als im Rahmen der Rundfunkfreiheit unstrittig ein originäres Recht auf freie Berufstätigkeit und -wahl besteht, das nicht über fixierte Berufsbilder definiert ist. Jede Fixierung eines Berufsbilds stellt sonach einen Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit dar und nicht nur eine Ausgestaltung desselben 1922.
Demnach wäre § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV prinzipiell nur dann verfassungskonform, wenn er die in Art. 12 Abs. I Satz 2 GG verankerten Grundsätze über die Beschränkung der Berufsfreiheit beachtete. Zu diesen zählt vor allem eine abgestufte Verhältnismäßigkeitsprüfung. Nach der sogenannten Stufentheorie 1923 des Bundesverfassungsgerichts muß das Gewicht des öffentlichen Interesses, das den Eingriff in die Berufsfreiheit rechtfertigen soll, urnso 1920 Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, 2, Rdnr. 142; Badura, Rundfunkgesetzgebung, S. 47 ff.; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 942; Maunz/Dürig-Scholz, Art. 12, Rdnr. I6I ff.; wohl auch Bismark, AfP I982, 135 (139). 1921 Hoffmann-Riem, Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kornmunikation und der Medien, Anrn. 27. 1922 BVerfGE 7, 377 (402f.); Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 833; Jakobs, DVBI. 1985, 97 ( 100). 1923 Dazu insg. Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 80; Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 846 ff.; Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 3, Rdnr. 25 ff.; Schmidt, R., Wirtschafts-
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schwerer wiegen, je intensiver sich der Eingriff auf die berufliche Betätigung des Einzelnen auswirkt. Das Gericht unterscheidet dabei zwischen Berufsausübungsregelungen, subjektiven und objektiven Berufswahlregelungen. Da die Stufen fließend ineinander übergehen, ist allerdings nicht die Qualifikation als Berufsausübungsregelung, subjektive oder objektive Berufswahlregelung entscheidend, sondern vielmehr die Intensität des Eingriffs insgesamt 1924•
Zu berücksichtigen ist jedoch, daß in Anbetracht der Einheit der Rechtsordnung die Berufsfreiheit nicht zur Verfassungswidrigkeit von Regelungen führen kann, die der Rundfunkgesetzgeber in Vollzug seines in Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG begründeten Gestaltungsauftrags rechtmäßig erlassen hat, wenn dieser sich dabei in den Grenzen seines Gestaltungsspielraums gehalten hat. Die Berufsfreiheit wird in ihren subjektiv-rechtlichen Inhalten durch die Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG überlagert 1925 . Art. 12 Abs. l Satz 2 GG kommt infolgedessen bei Normen, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten, nicht zum Tragen, auch wenn diese tatbestandlieh in die Berufsfreiheit der Rundfunkveranstalter eingreifen 1926 . Rundfunkspezifische Organisationserfordernisse können "nicht unter Berufung auf Art. 12 GG überspielt werden" 1927 • § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV steht demzufolge schon allein deshalb nicht im Widerspruch zu den Vorgaben der Berufsfreiheit, weil er eine zulässige Ausgestaltung der Rundfunkordnung darstellt.
politik, Wirtschaftsverwaltungsorganisation, Wirtschaftsförderung, Rdnr. 27 ff.; v. Mangold! I Klein/Starck-Manssen, Art. 12, Rdnr. 120ff. 1924 Pierothl Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 852 ff. 1925 Bethge, Zulassung von Rundfunkveranstaltem, S. 112 ff. ; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 942; Badura, Rundfunkgesetzgebung, S. 47 ff.; Grimm, VVDStRL 42, 46 (72); Hoffmann-Riem, Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 9; Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 142; Maunz/DürigScho/z, Art. 12, Rdnr. 161 ff.; Bröcker/Neun, ZUM 1998, 766 (778); wohl auch Bismark, AfP 1982, 135 (139). Vgl. auch Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 71. 1926 Hieraus erklärt sich, daß das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen zum Rundfunkorganisations- und Rundfunkkonzentrationsrecht Art. 12 GG stets ungeprüft ließ. Zu bemerken ist jedoch, daß vor diesem Hintergrund das jüngst ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Kurzberichterstattung grundrechtsdogmatisch nicht unproblematisch erscheint (Nachweis in Fußnote 1917). In diesem argumentiert das Gericht schwerpunktmäßig mit Art. 12 GG (und nur ergänzend mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG) und kommt überdies zum Schluß, daß die zu prüfende rundfunkrechtliche Regelung mit der Rundfunkfreiheit zu vereinbaren sei, nicht jedoch ohne weiteres mit den Vorgaben der Berufsfreiheit Allgemein zum Recht der Kurzberichterstattung Paschke, Medienrecht, Rdnr. 305 ff. Kritisch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Kurzberichterstattung Monopolkommission im 12. Hauptgutachten der Monopolkomrnission: Marktöffnung umfassend verwirklichen, 1998, Anm. 481. 1927 Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 942. Vgl. auch Grimm, VVDStRL 42, 46 (70).
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2. Eigentumsgarantie, Art. 14 GG
Die Verfassung garantiert die Freiheit des Eigentums. Damit will sie dem Einzelnen die wirtschaftliche Basis und den vermögensrechtlichen Freiheitsraum sichern, die ihm eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung ermöglichen 1928 • Es besteht folglich ein enger Zusammenhang zwischen dem Recht auf Eigentum und der Garantie persönlicher Freiheit 1929. In seinem Kern zeichnet sich der rechtliche Gehalt des Eigentums dementsprechend durch seine Privatnützigkeit 1930 und die Verfügungsbefugnis des Eigentümers aus 1931 . Im Folgenden ist zu untersuchen, ob die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages mit den Vorgaben der Eigentumsfreiheit zu vereinbaren ist. a) Eröffnung des Schutzbereichs
Hierzu muß zunächst geklärt werden, ob die in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV vorgesehene Zugangsbeschränkung eine schutzfähige Eigentumsposition betrifft. Das Grundgesetz setzt den Begriff des Eigentums voraus, definiert ihn nicht. Auch wenn die Reichweite des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes ursprünglich stets vom bürgerlichen Recht her bestimmt wurde 1932, besteht heute Einigkeit, daß sich der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff nicht mit dem des Zivilrechts deckt 1933. Art. 14 GG schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater 1934• Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff geht sonach über den des bürgerlichen Rechts hinaus. Inhalt und Umfang des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes bestimmen sich vielmehr vorrangig nach der Abwehrfunktion der Eigentumsgarantie. So formulierte der Bundesgerichtshof1935 prägnant: 1928 BVerfGE 24, 367 (389); 31, 229 (239); 50, 290 (340); 53, 257 (290). Dazu v. Mango!dt/K!ein/Starck-Depenheuer. Art. 14, Rdnr. 12. 1929 BVerfGE 42, 64 (76 f.); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 150. 1930 Unter Privatnützigkeit wird verstanden, daß der im Eigenturn stehende Gegenstand einem Rechtsträger zugeordnet wird, in dessen Hand er als Grundlage privater Initiative und in dessen eigenverantwortlichem privaten Interesse von Nutzen sein soll, BVerfGE 50, 290 (339); 61, 82 (108). Dazu etwa von Münch-Bryde, Art. 14, Rdnr. 61. 1931 BVerfGE 50, 290 (339); 52, 1 (30); 82, 6 (16); 83, 209 (210f.); 84, 382 (384); 88, 366 (384); 89, 1 (6). 1932 Vgl. BVerfGE 1, 264 (278 f.); 11,64 (79); 19, 354 (370). 1933 § 903 BGB. Grundlegend BVerfGE 58, 300 (335); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 149ff.; Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 84; Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 899ff.; Schmidt, R., Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsverwaltungsorganisation, Wirtschaftsförderung, Rdnr. 35. 1934 BVerfGE 61, 82 (108 f.). 1935 BGHZ 6, 270 (278).
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"Wenn die staatliche Enteignung nach dem ganzen Vermögen des Bürgers greift, muß die Eigentumsgarantie und der Eigentumsschutz auch das ganze Vermögen des Bürgers decken. Sie müssen daher folgerichtigerweise auf jedes vermögenswerte Recht bezogen werden, gleichgültig, ob es dem bürgerlichen oder dem öffentlichen Recht angehört. Geschützt ist nicht nur das Eigentum im weitesten Sinne als Rechtseinrichtung, sondern jedes vorhandene einzelne vermögenswerte Recht."
Zu den schutzfähigen Eigentumspositionen zählt demnach prinzipiell jedes vermögenswerte Recht, gleichgültig, ob es auf privatrechtliehen oder öffentlich-rechtlichen Normen beruht 1936. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beschränkt den Zugang diversifizierter Medienunternehmen zum bundesweiten Fernsehen, indem er die Zulassung vertikal bzw. diagonal integrierter Fernsehveranstalter von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig macht. Zu untersuchen ist, ob die Inhaberschaft einer solchen Zulassung eine verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsposition darstellt.
Die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG bezieht prinzipiell auch öffentlich-rechtliche Rechtsstellungen mit ein. Damit wird nicht zuletzt der zunehmenden Verflechtung von Staat und Wirtschaft sowie der Tatsache Rechnung getragen, daß viele berufliche Betätigungen nur noch auf Basis subjektiv-öffentlicher Rechte ausgeübt werden können 1937. Allerdings bedarf es nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen einer differenzierenden Betrachtung. Demnach kommt es darauf an, ob die öffentlich-rechtliche Rechtsposition "derjenigen eines Eigentümers so nahe kommt, daß Art. 14 GG Anwendung finden muß" 1938. Ein subjektives öffentliches Recht genießt demnach den Schutz des Art. 14 GG nur dann, wenn es seinem Träger eine Rechtsstellung verschafft, die der eines Sacheigentümers gleicht. Sie muß so verfestigt sein, daß ihre ersatzlose Entziehung durch den Staat dem rechtsstaatliehen Gehalt der Verfassung widersprechen würdei939. Leitendes Differenzierungskriterium ist dabei, ob sich das subjektiv-öffentliche Recht "als Äquivalent eigener Leistung erweist oder auf staatlicher Gewährung beruht" 1940. Von zentraler Bedeutung ist ferner, ob die vermögenswerte Rechtsposition ihrem Träger privatnützig zugeordnet worden ist, das heißt ob der Rechtsträger das Recht zur Grundlage seiner privaten Initiative machen und im eigenverantwortlichen Interesse nutzen können soll 1941 . Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 156. BSGE 5, 40. Dazu Weber. W., AöR 91 (1966), 382 (396). 1938 BVerfGE 18, 392 (397). 1939 Vgl. BVerfGE 40, 65 (83). 1940 BVerfGE 14, 288 (294); 18, 392 (397). 1941 BVerfGE 53, 257 (290). Zu weiteren, in diesem Zusammenhang nicht fruchtbar zu machenden Differenzierungskriterien BVerfGE 69, 272 (298 ff.); dazu Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 158f. Vgl. Fußnote 1930. 1936 1937
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Die Rechtsposition lizenzierter Rundfunkveranstalter wird maßgeblich von deren treuhändenscher Bindung an das öffentliche Interesse an einem funktionierenden gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß und damit an der Gewährleistung einer freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im und über den Rundfunk bestimmt 1942 . Die Zulassung als Rundfunkveranstalter wird den kommerziellen Anbietern nicht zuvorderst zu deren eigennützigem Gebrauch zugeordnet. Vielmehr wird sie diesen zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe erteilt, da der Rundfunk eine der Allgemeinheit verpflichtete Veranstaltung und die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen in diesem Verständnis eine öffentliche Aufgabe darstellt 1943 . Der Rundfunklizenz fehlt sonach das für den Eigentumsschutz zentrale Element der Privatnützigkeit. Ihre Erteilung verschafft dem Rundfunkveranstalter daher auch keine Rechtsposition, die der eines Sacheigentümers vergleichbar ist. Das aus ihr erwachsende subjektiv-öffentliche Recht, ein Rundfunkprogramm zu veranstalten, steht folglich nicht unter dem Schutz der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie. So hat auch das Bundesverfassungsgericht, das sich bei der Ausweitung des Eigentumsschutzes auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen auch im übrigen als eher zurückhaltend zeigt 1944, in keiner seiner Entscheidungen, die sich mit der Verfassungsmäßigkeit von Zugangsbeschränkungen zum Rundfunk befaßten, Art. 14 GG diskutiert. Von der durch die Zulassung begründeten öffentlich-rechtlichen Position der Rundfunkveranstalter, die von Art. 14 GG nicht geschützt wird, sind jedoch die privatrechtliehen Vermögenspositionen zu unterscheiden, die der Rundfunkveranstalter auf der Grundlage der öffentlich-rechtlichen Gestattung durch Einsatz von Kapital und persönlicher Leistung gebildet hat 1945 . Dieses "eigentumsgeschützte Substrat" fällt ohne weiteres in den Schutzbereich des Art. 14 GG 1946. So kann bei der Entziehung einer Vereinsüberwachungskompetenz des Technischen Überwachungsvereins zwar nicht für die entzogene Kompetenz Entschädigung verlangt werden 1947 • Es kommt jedoch eine finanzielle Kompensation für den auf der Grundlage einer solchen Kompetenz aufgebauten und unterhaltenen Betrieb in Betracht, soweit dieser durch den Entzug der Überwachungskompetenz wertlos geworden ist 1948 .
1942 BVerfGE 83,238 (300). Vgl. auch Ruck, AöR 117 (1992), 543 (562). Zur verfassungsrechtlichen Stellung lizenzierter Rundfunkveranstalter im Einzelnen unter§ 4 C. II. 1. b). 1943 BVerfGE 12,205 (243); 31,314 (327). Dazu ausführlich Faller, AfP 1981,430. 1944 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 158. 1945 Ossenbühl unterscheidet insoweit zwischen nicht eigentumsgeschützter "Staatsfunktion" und von Art. 14 GG umfaßtem "Funktionsvollzugspotential", Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 159. 1946 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 159; vgl. auch Weber. W., AöR 91 (1966), 382 (401). 1947 Vgl. BGHZ 25, 266. 1948 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 159.
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Soweit ein Unternehmen auf Grundlage der erteilten Rundfunklizenz mit persönlicher Leistung und Kapitaleinsatz einen Betrieb aufgebaut und unterhalten hat, der ohne die Lizenz wertlos würde, stellen diese Betriebsmittel vermögenswerte Positionen dar, die unter dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG stehen. Nicht geschützt ist allerdings das Vennögen als solches 1949. Ferner ist zu berücksichtigen, daß Art. 14 GG nur vermögenswerte Rechtspositionen schützt, wenn diese zum Zeitpunkt des Eingriffs bereits konkret bestanden haben. Für eine freiheitlich-soziale Wirtschaftsordnung ist die privatnützig-vermögensrechtliche Zuordnung des eigenen Markterfolgs prägend. Art. 14 GG schützt sonach das am Markt rechtmäßig Erworbene 1950. Anders als die Berufsfreiheit schützt die Eigentumsfreiheit nicht die individuelle Erwerbs- und Leistungstätigkeit als solche, sondern vielmehr die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögensgüter. In der vielzitierten Formulierung des Bundesverfassungsgerichts wird dies folgendermaßen zusammengefaßt: "Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Erworbene, das Ergebnis der Betätigung, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst". 1951
Die Eigentumsgarantie umfaßt daher keine bloßen Marktchancen, Erwerbsaussichten oder Gewinnerwartungen, es sei denn diese haben sich bereits zu Anwartschaften verfestigt. Das Marktrisiko hat der Unternehmer zu tragen 1952. Demnach schützt Art. 14 Abs. I GG zwar die privatrechtliehen Vermögenspositionen, die der Rundfunkveranstalter auf Grundlage der Lizenz unter Einsatz seiner Arbeitsleistung und seines Kapitals aufgebaut hat, nicht aber die in§ 26 Abs. 1 RStV begründete Aussicht, im Rahmen zulässiger Meinungsmacht eine unbegrenzte Anzahl von bundesweit ausgestrahlten Fernsehprogrammen veranstalten zu dürfen, mithin solche eigentumsgeschützten Positionen bilden zu können. Demzufolge betrifft § 26 Abs. 3 RStV keine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ist sonach nur insoweit eröffnet, als es um die privatrechtliehen Vermögenspositionen geht, die von kommerziellen Anbietern auf der Grundlage der Rundfunklizenz gebildet worden sind, soweit diese zum Zeitpunkt der Eigentumsbeschränkung bereits konkret bestanden haben. Unter dem Schutz der Eigentumsgarantie stehen demnach zum Beispiel das PrivateigenScholz/Tremml, Staatshaftungs- und Entschädigungsrecht, S. 130. BVerfGE 30, 292 (334 f.). Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß erst durch die sichere Aussicht, über das Ergebnis der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit nach Belieben verfügen zu dürfen, die Bereitschaft ausgelöst wird, unternehmefische Risiken auf sich zu nehmen (Anreizfunktion), Schmidt-Preuß, DVBI. 1993, 236 (239). 1951 BVerfGE 30, 292 (335). 1952 Schmidt-Preuß hebt hervor, daß der Unternehmer daher auch dann nicht gegen die Folgen betriebswirtschaftlicher Ineffizienz oder Mißmanagements geschützt ist, wenn deren Umfang durch staatliche Maßnahmen potenziert wurde, Schmidt-Preuß, DVBI. 1993, 236 (239). 1949 1950
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
turn des Rundfunkveranstalters an den Betriebsmitteln des Senders ebenso wie die mit seiner Unternehmerischen Tätigkeit verbundene Inhaberschaft von Forderungen, Urheber- und Markenrechten.
b) Eingriff
Es schließt sich die Frage an, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV in den soeben aufgezeigten Schutzbereich des Art. 14 Abs. I GG eingreift. Dabei ist zu beriicksichtigen, daß sich die Eigentumsgarantie durch eine intensive Normprägung auszeichnet1 953. Der Gesetzgeber übt eine Doppelfunktion aus. Zum einen hat er nach Art. 14 Abs. I Satz 2 GG die Grenzen des Eigentums zu bestimmen, zum anderen hat er das Eigentum zugunsten anderer Verfassungsgüter einzuschränken und unterliegt dabei den Beschränkungen des Art. I4 Abs. 3 GG. Nach der friiheren Eigentumsdogmatik schlugen die das Eigentum definierenden Inhaltsbestimmungen in entschädigungspflichtige, weil das Eigentum entziehende Enteignungen um, wenn sie sich als für den Betroffenen übermäßig belastend erwiesen 1954. Der sogenannte Naßauskiesungsbeschluß des Bundesverfassungsgerichts führte zu einer (Re-)Formalisierung des Enteignungsbegriffs und damit zum Wechsel zu einer formalen Abgrenzung zwischen definierenden Inhaltsbestimmungen und entziehenden Enteignungen 1955 . Demnach kann der Gesetzgeber drei Arten von eigentumsrelevanten Vorschriften erlassen: Inhaltsbestimmungen, Legalenteignungen und Administrativenteignungen. Diese bilden jeweils eigenständige Rechtsinstitute und sind daher deutlich voneinander zu unterscheiden1956. Es ist zu untersuchen, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eine solche eigentumsrelevante Vorschrift ist, mithin eine Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. I Satz 2 GG oder eine Enteignung darstellt. Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 894. Vgl. dazu bereits § 4 C. II. 1. a. Materielle Abgrenzung nach der Sonderopfertheorie (grundlegend BGHZ 6, 270 (280)) bzw. Schweretheorie (vgl. BVerwGE 5, 143 (145); 15, I (2); BGHZ 57, 359 (365); 60, 126 (132)). Dazu etwa Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 170ff.; Scholz/Tremml, Staatshaftungs- und Entschädigungsrecht, S. 126. 1955 BVerfGE 58, 300 (318ff.)- Naßauskiesung. Das Anspruchsinstitut der "ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen" wurde vom Bundesverfassungsgericht in der "Pflichtexemplarentscheidung" entwickelt, BVerfGE 58, 137. Nachdem der Bundesgerichtshof lange Zeit an seinen materiellen Abgrenzungstheorien (vgl. Fußnote 1954) festgehalten hat, hat er den formalen Enteignungsbegriff des Bundesverfassungsgerichts nun ebenso anerkannt wie das Anspruchsinstitut der "ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen", BGHZ 120, 38 Arkadendienstbarkeit; BGH, NJW 1993, 1255; NJW 1993, 2095. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat sich dem angeschlossen, BVerwG, NJW 1990, 2572; BVerwGE 77, 295 (297f.); 81 , 329 (340ff.). Heute besteht daher Einigkeit, daß Inhaltsbestimmungen und Enteignungen nicht materiell, sondern formal abzugrenzen sind. 1956 BVerfGE 58, 300 (330 f.). 1953
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Ausgangspunkt der folgenden Analyse muß erneut der Regelungsgehalt des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sein 1957. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beinhaltet eine Malusregelung zu § 26 Abs. 2 Satz l RStV, der die Beweislast für das Bestehen vorherrschender Meinungsmacht umkehrt. Die vorherrschende Meinungsmacht wiederum ist der zentrale Ausschlußgrund für die Erteilung von Rundfunklizenzen und Unbedenklichkeitsbestätigungen1958. Sie kann auch zum Widerruf bereits erteilter Lizenzen führen, der allerdings abgewendet werden kann, wenn sich das Unternehmen mit der KEK auf bestimmte vielfaltsfördernde Maßnahmen einigt und diese ordnungsgemäß durchführt 1959. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist demnach eine abstrakt-generelle Beweisregelung, die keine konkrete Eigentumsposition entzieht, auch nicht teilweise 1960. Die Cross Ownership Beschränkung beinhaltet keinen geziehen, konkret-individuellen Zugriff des Gesetzgebers auf das Eigentum der Fernsehveranstalter. Sie stellt daher keine Enteignung und damit auch keinen Eingriff in die Eigentumsfreiheit der Fernsehanbieter dar. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV könnte aber eine Inhaltsbestimmung des Eigentums der Rundfunkveranstalter enthalten. Dazu müßte er die Rechten und Pflichten hinsichtlich solcher Rechtsgüter festlegen, die als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind 1961 . Als betroffene, verfassungsrechtlich geschützte Eigentumspositionen kommen allenfalls die auf Grundlage der Rundfunklizenz gebildeten, privatrechtliehen Vermögenspositionen der Rundfunkunternehmen in Betracht, soweit diese bei Erlaß des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bereits bestanden haben 1962 . § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV selbst regelt ausschließlich die Beweislage für die vorherrschende Meinungsmacht, die ein Element des Tatbestandes darstellt, der in letzter Konsequenz zum Widerruf von Rundfunklizenzen und damit zur Wertlosigkeit der unter dem Schutz der Eigentumsgarantie stehenden Vermögenspositionen der Rundfunkveranstalter führen kann 1963 . Diese mittelbare Folge für das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum von Fernsehveranstaltern führt jedoch nicht dazu, daß die Beweislastvorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV selbst zu einer eigentumsrelevanten Vorschrift transformiert. Die Cross Ownership Beschränkung füllt auf Beweisebene ein Tatbestandselement einer eigentumsrelevanten Vorschrift aus. Sie selbst legt jedoch keine Rechte und Pflichten des Eigentümers fest. Sie stellt sonach auch keine Inhaltsbestimmung des Eigentums dar. 1957 Vgl. § 3 D. III. und zusammenfassend in § 4 B. I. 3. c) cc) sowie auch unter § 4 B. II. 3. a). 1958 § 26 Abs. 3 RStV. Vgl. dazu im Einzelnen§ 3D. III. l. c) aa). 1959 § 26 Abs. 4 RStV. Vgl. dazu im Einzelnen§ 3D. III. l. c) bb). 1960 Zur Problematik des Begriffs des "teilweisen" Entzugs ausführlich Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 178 f. (Fußnote 65). 1961 Lege, NJW 1993, 2565; Scholz/Tremml, Staatshaftungs- und Entschädigungsrecht, s. 125 ff., 133 f. 1962 Vgl. § 4 C. III. 2. a). 1963 § 26 Abs. 4 Satz 3 RStV.
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§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt daher weder eine Enteignung, das heißt einen Eingriff in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit noch eine Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Art. 14 Abs. 1 GG spielt für die Verfassungsmäßigkeitdes § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach keine Rolle. Eigentumsrechtliche Fragen stellen sich allerdings im Zusammenhang mit dem in § 26 Abs. 4 Satz 3 RStV vorgesehenen entschädigungslosen Widerruf der Rundfunkzulassung1964. Da dies kein cross ownership-spezifisches Problem ist, soll es nachfolgend nur kurz angerissen werden. § 26 Abs. 4 Satz 3 RStV stellt keine Administrativenteignung dar, sondern vielmehr- dem § 17 Atomgesetz vergleichbar - eine Inhaltsbestimmung des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums 1965 . Als solche beinhaltet er keinen Eingriff in das Eigentum der Fernsehveranstalter und ist daher auch nicht an Art. 14 Abs. 3 GG zu messen. Als Inhaltsbestimmung des Eigentums ist er nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch nur dann verfassungskonform, wenn er verhältnismäßig und nicht willkürlich ist1966 Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zu beachten, daß der in der Inhaltsbestimmung liegende Eingriff in die Altrechte der Eigentümer diese nicht unangemessen belasten darf. Der Gesetzgeber muß der Eigenart des vermögenswerten Rechts ebenso gerecht werden wie dessen Bedeutung für den betroffenen Rechtsträger 1967. Er hat der Privatnützigkeit des Eigentums ebenso Rechnung zu tragen wie auch dessen SozialgebundenheiL Die Verfassungswidrigkeit einer Inhaltsbestimmung aufgrund einer solchen unangemessenen Belastung der Alteigentümer kann allerdings dadurch abgewendet werden, daß die Belastung durch finanzielle Kompensationsleistungen oder andere Überleitungsregelungen auf ein Maß reduziert wird, das diesem zurnutbar ist 1968. Würde§ 26 Abs. 4 RStVeine unzumutbare Belastung der Rundfunkveranstalter beinhalten, wäre er allerdings auch dann verfassungswidrig, wenn dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs Genüge getan werden könnte, da es im Rundfunkstaatsvertrag an einer solchen Ausgleichs- oder sonstigen Überleitungsregelung fehlt.
3. Pressefreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. GG § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV erfaßt auch Verflechtungen zwischen Fernsehen und Presse. Soweit er sich zu Lasten der Presse auswirkt, könnte er mit den Vorgaben der Pressefreiheit unvereinbar sein 1969• 1964 Zum ·Widerruf der Rundfunkzulassung allgemein Beucher/Leyendecker/von Rosenberg, Mediengesetze, § 26, Rdnr. 16. 1965 Vgl. Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 186. 1966 Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 178; Pieroth/ Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 928 f. 1967 Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 930ff. 1968 BVerfGE 58, 137 - Pflichtexemplare. Zur Zumutbarkeit allgemein Jakobs, DVBI. 1985, 97 (99 f.). 1969 Zur herausragenden Bedeutung der Presse in einem freiheitlich-demokratischen Staat BVerfGE 20, 162 (174f.); 52,283 (296); 66, 116; Faller, AfP 1981,430 (433).
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Die Pressefreiheit schützt alle im Wege der Massenvervielfältigung hergestellten und verbreiteten Druckerzeugnisse, die an ein disperses Publikum adressiert sind 1970. Der verfassungsrechtliche Schutz ist unabhängig von der Bewertung der Qualität, Richtigkeit oder Seriosität der mit dem Druckerzeugnis verbreiteten Inhalte 197 1. Er umfaßt alle pressespezifischen Tätigkeiten von der Informationsbeschaffung bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen 1972 . Dabei beschränkt er sich nicht auf die eigentliche publizistische Tätigkeit, sondern umfaßt auch die dieser zugrundeliegende, Unternehmerische oder sonstige wirtschaftliche Betätigung des Verlegers 1973 . Anders als bei der Rundfunkfreiheit steht bei der Pressefreiheit die negatorische Abwehrfunktion unstrittig im Vordergrund. Neben dem subjektiven, staatsgerichteten Abwehrrecht enthält die Pressefreiheit aber auch eine objektiv-rechtliche Wertentscheidung zugunsten einer freien Presse 1974. Das Institut der freien Presse garantiert eine Presse, die nach privatwirtschaftliehen Grundsätzen in privatwirtschaftlicher Organisation arbeitet 1975 •
Die Pressefreiheit wurde mehrfach bemüht, um die Verfassungswidrigkeit von Beschränkungen des Zugangs der Presse zum Rundfunk zu belegen 1976 • Die Kontroversen entzündeten sich in den achtziger Jahren beim Erlaß der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen, die zuvorderst die Verflechtung von lokaler Tagespresse und lokalem Hörfunk regelten 1977 . Zu prüfen ist, ob sich die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argumente für die Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV fruchtbar machen lassen. Ausgangspunkt der Argumentation ist, daß die Veranstaltung von Rundfunkprogrammen die Freiheitssphäre der Presseverleger berühre, weil Rundfunkwerbung die Werbung in den Printmedien substituiere und die hieraus resultierenden Einbußen im Werbeaufkommen die Existenz der Presseverleger gefährde 19 7 8 . Rund1970 Dem entspricht der Begriff der Presse, wie ihn die Landespressegesetze definieren (Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 567; Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. l, 2, Rdnr. 129) und wie ihn die Medienwissenschaft verwendet (Maletzke, Grundbegriffe, S. 36). Die publizistische Praxis beschränkt den Begriff dagegen häufig auf die gedruckten Periodika, mithin auf Zeitschriften und Zeitungen. 197 1 BVerfGE 34, 269 (283); vgl. auch Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 67. 1972 BVerfGE 10, 118 (121); 50, 234 (240f.); vgl. auch BVerfGE 20, 162 (176). Dazu Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, 2, Rdnr. 133 ff. 1973 Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 67. 1974 Faller, AfP 1981,430 (433). 1975 BVerfGE 20, 162 (175); vgl. auch BVerfGE 10, 118 (1 2 1); 62, 230 (243). Dazu Papier, Der Staat, 1974, 399 (411) mit umfangreichen Verweisen; Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 187. 1976 Degenhart, ZUM 1987, 595 (600, 598f.); Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 189; nur in engen Grenzen Bismark, AfP 1982, 135 (142); Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (162ff.); Kühler; Medienverflechtung, S. 93. 1977 Dazu im Einzelnen unter§ 3D. II. 1978 11. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12 I 81, S. 860 ff., Tz. 12, 16; Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (470ff.); Kantzenhach, Monopolkommission, S. 147f.; Lanzrath, Wettbewerb der Medien, S. 190f.; Salje, Medienordnung als Wettbewerbsordnung, S. 115 (136); Degenhart, ZUM 1987, 595 (598 f.); Kühler; Medienverflech30 Tschon
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funkrechtliche Zugangsbeschränkungen zu Lasten der Presse seien ein Eingriff in die Pressefreiheit, da wegen der existenziellen Bedrohung der Presse durch die elektronischen Medien die Expansion der Verlage in andere Medienbereiche in einem unmittelbaren Zusammenhang mit deren Pressetätigkeit stünde. Zum Schutze der Presse müsse deren ungehinderter Zugang zu den elektronischen Medien gewährleistet sein. Cross Ownership Beschränkungen seien demzufolge ein unzulässiger Eingriff in die Rechte der Presseverleger und gefährdeten zugleich das Institut der freien Presse an sich. Soweit Cross Ownership Beschränkungen auch die Presse beträfen, müßten sie sich daher am Schrankenvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 GG messen lassen. Von diesem Ansatz her wurden mehrere Thesen entwickelt. Diese lassen im wesentlichen drei Argumentationsmuster erkennen. Zum ersten wird geltendgemacht, die Existenzbedrohung der Presse durch die elektronischen Medien verlange nach einem privilegierten Zugang der Presse zum Rundfunk. Demnach verletzen Cross Ownership Beschränkungen ganz generell die Pressefreiheit. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sei folglich nichtig. Zum zweiten wird vertreten, die Pressefreiheit garantiere den Presseverlegern einen zumindest chancengleichen Zugang zum Rundfunk. Auch nach dieser Auffassung sind Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten von Presseverlegern von vomherein ausgeschlossen. Die dritte Argumentationslinie stellt auf den objektiv-rechtlichen Gehalt der Pressefreiheit ab. Demnach sind Cross Ownership Beschränkungen zumindest insoweit unzulässig, als sie das Institut der freien Presse gefährden. Diese drei Grundthesen sollen nun im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV näher untersucht werden.
a) Privilegierter Zugang der Presse zum Rundfunk
Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages wäre, soweit sie zu Lasten der Presse geht, verfassungswidrig, wenn sich aus der Pressefreiheit ein Anspruch der Verleger auf privilegierten Zugang zum Rundfunk ergäbe. Aus dem Gebot kommunikativer Chancengleichheit ergibt sich ein prinzipielles Privilegierungsverbot zugunsten partikularer gesellschaftlicher Gruppen beim Zugang zum privaten Rundfunk 1979. Nach einem Teil des rundfunkrechtlichen Schrifttums macht die Pressefreiheit eine Ausnahme zugunsten der Presseverleger tung, S. 93; ders., NJW 1987,2961 (2965 ff.); ders., Regelungsprobleme der Medienverflechtung, S. 43 (50f.); Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 188. Zur tatsächlichen Entwicklung§ 1 B. II. 2. Vgl. auch§ I A. I. 2. 1979 Zum Gebot kommunikativer Chancengleichheit bereits unter§ 4 C. II. 2. c) und§ 2 E. I. 1. e) sowie noch ausführlich unter § 4 C. IV. 2. Dazu etwa Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 59ff.
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erforderlich 1980. Den Presseverlegern stehe ein privilegierter Zugangsanspruch zum Rundfunk zu, da ihnen von Seiten des Rundfunks eine erhebliche Konkurrenz auf den Werbemärkten erwachse, die sich in einem steten Abfluß der Werbebudgets von den Druck- zu den elektronischen Medien niederschlage 1981 . Auch in den Rezipientenmärkten gewännen die elektronischen Medien zunehmend an Attraktivität. Es sei mit einer funktional zu verstehenden Pressefreiheit unvereinbar, die Presse von der elektronischen Verbreitung von Inhalten, die traditionell über die Presse verbreitet und nun lediglich elektronisch aufbereitet würden, auszuschließen oder zumindest zu behindern. Cross Ownership Beschränkungen hinderten Presseverleger, auf die technologische Fortentwicklung der Medien und die hieraus resultierenden Änderungen im Mediennutzungsverhalten der Rezipienten und Umschichtungen auf dem Programmarkt zu reagieren. Letztlich ginge es hier nicht um den Aufbau multimedialer Machtpositionen, sondern um die Erhaltung publizistischer Wirkungsmöglichkeiten der traditionellen Medienunternehmen 1982 • Cross Ownership Beschränkungen verhinderten diese erforderliche, kompensierende Beteiligung der Presse am Rundfunk und stellten daher unzulässige Eingriffe in die Pressefreiheit dar 19 83 . Dem wird zu Recht entgegengehalten, daß ein Presseunternehmen keinen Schutz vor Wettbewerb, auch nicht vor intermediärem Wettbewerb beanspruchen kann 1984• In einer marktwirtschaftliehen Ordnung besteht kein "subjektives verfassungskräftiges Recht eines Geschäftsmannes auf die Erhaltung des Geschäftsumfanges und die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten" 1985 • Den Presseverlagen steht kein bestimmter, in der Pressefreiheit begründeter und deshalb entschädigungsfähiger Anteil am Zuschauer- oder Werbemarkt zu. Die Pressefreiheit räumt den Unternehmen lediglich die Möglichkeit ein, sich als Presseverleger frei zu betätigen, belastet mit allen Unternehmerischen Risiken. Sie verleiht den Verlegern keine entschädigungsfähige Konzession. Auch wenn das Institut der freien Presse nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. GG einen gewissen Schutz seiner finanziellen Grundlagen genießt, so kann hieraus nicht abgeleitet werden, daß die Verfassung die einzelnen Presseunternehmen umfassend gegen auszehrenden Wettbewerb 1980 BDZV. MP 1985, 769, 771; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 854 m. w. N. Vgl. auch IAnzrath, Wettbewerb der Medien, S. 188 ff. 1981 IAnzrath, Wettbewerb der Medien, S. 190f.; Degenhart, ZUM 1987, 595 (599). Zur tatsächlichen Entwicklung der Werbebudgets§ 1 B. II. 2. a). 1982 Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 195; Degenhart, ZUM 1987, 595 (600f.); Bonner Komrnentar-ders., Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 438; vgl. auch Kult, AfP 1985, 265 (269); IAnzrath, Wettbewerb der Medien, S. 194. 1983 Degenhart, ZUM 1987, 595 (600). 1984 BVerfGE 24, 236 (251); 73, 118 (192f.); Bullinger. AöR 108 (1983), 161 (183f.); ders., AfP 1983, 3 19 (322, 323, 327); Gotthold, ZHR 148 (1984), 465 (472); Bismark, AfP 1982, 135 (142); a. A. Koch, ZRP 1981 , 237 (243); Mook, WuW 1986, 777 (782f.; 784 f.); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 59 ff. 1985 BVerfGE 24,236 (251).
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schützen wolle 1986. Eine auf dem Gedanken der Kompensation beruhende Beteiligung der Presse am Rundfunk kann politisch sachgerecht sein 1987 • Sie ist jedoch nicht von Verfassungs wegen geboten 1988. Die Pressefreiheit gewährleistet daher kein Presseprivileg 1989 • Der Schutzbereich der Pressefreiheit umfaßt sonach nicht die Expansion der Presseverlage in andere Medienmärkte, auch nicht in Anbetracht der finanziellen Einbußen in den Werbemärkten. In einer marktwirtschaftliehen Ordnung besitzt kein Unternehmen, auch kein Verlag einen individuellen Anspruch auf Erhaltung seines Geschäftsumfanges oder auf Schutz gegen Substitutionswettbewerb.
b) Chancengleicher Zugang der Presse zum Rundfunk
Allerdings stellt sich die Frage, ob die Pressefreiheit den Verlegern nicht zumindest das Recht garantiert, zu gleichen Bedingungen wie andere private Anbieter zum Rundfunk zugelassen zu werden. Die Pressefreiheit gewährleistet den chancengleichen Zugang aller zur Presse. Dies gilt nicht anders für den Rundfunk, soweit private Anbieter überhaupt zugelassen werden 1990, jedoch nicht aus dem Schutzgehalt der Presse heraus, sondern aus dem der Rundfunkfreiheit bzw. des Gleichbehandlungsgebots 1991 • Ob Cross Ownership Beschränkungen die Presse gerechtfertigt oder aber willkürlich benachteiligen, ist daher eine Frage der Gestaltungsfreiheit des Rundfunkgesetzgebers bzw. eine Frage des Willkürverbots, keine Frage der Pressefreiheit. Wird das Gebot kommunikativer Chancengleichheit nicht hinreichend beachtet, verletzt die Cross Ownership Beschränkung Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG oder Art. 3 Abs. 1 GG, nicht aber Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. GG. Auch insoweit genießt die Presse daher im Vergleich zu anderen kommerziellen Rundfunkanbietern keinen besonderen Schutz. Auch unter dem Aspekt der Wahrung einer kommunikativen Chancengleichheit im Rundfunk steht die Pressefreiheit der Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV folglich nicht entgegen. 1986
Bismark, AfP 1982, 135 (142); Kübler; Medienverflechtung, S. 93.
Nicht zuletzt aus diesem Grunde genossen die Zeitungsverlage gerade in der Anfangszeit des Privatfernsehens eine faktische Privilegierung bei der Vergabe der Rundfunklizenzen, Röper; MP 1989, 533 (534). 1988 Bullinger; AöR 108 (1983), 161 (183f.). 1989 Roth, ZHR 152 (1988), 165 (177); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 59f.; Stammler, AfP 1987, 659 (664); Kübler; Medienverflechtung, S. 93. Vgl. auch BVerfGE 73, 118(191ff.). 1990 Bullinger; AöR 108 (1983), 161 (185). 199 1 Dies außer Acht lassend und daher im Ergebnis anderer Ansicht Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 189; Bismark, AfP 1982, 135 (142). 1987
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c) Existenzgefährdung des Instituts der freien Presse Objektiv-rechtlich schützt Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. GG die institutionelle Eigenständigkeil der Presse. Die Garantie des Instituts der freien Presse will die "Bewahrung und Erhaltung des gedruckten Wortes als eines für unser kulturelles Selbstverständnis unverzichtbares Mediums zwischenmenschlicher Verständigung und öffentlicher Meinungsbildung" gewährleisten 1992 . Der Bestand der Presse wird in seiner Funktion für den gesamtgesellschaftlichen Prozeß der freien und umfassenden Meinungsbildung über die gedruckten Medien und dessen Bedeutung für das freiheitlich-demokratische Gemeinwesen geschützt 1993 • Der Schutz der Presse als Institution gewinnt an Bedeutung, wenn der Bestand einer vielfältigen Presse existentiell gefährdet wird. Die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. GG gewährt zwar keinen Bestandsschutz für den einzelnen Presseverleger und dient grundsätzlich auch nicht der Gewährleistung wirtschaftlicher Interessen 1994. Jedoch kann die von der Institutsgarantie sicherzustellende publizistische Unabhängigkeit der Presse nicht losgelöst von den wirtschaftlichen Grundlagen der Presse betrachtet werden. Die Institutsgarantie beinhaltet daher den Schutz eines Mindeststandards an finanzieller Fundierung 1995 • So wäre die objektiv-rechtliche Gewährleistung der Pressefreiheit verletzt, wenn der Presse die finanzielle Basis genommen würde, der sie zur Erfüllung ihrer publizistischen Aufgabe bedarf, insbesondere wenn der private Rundfunk der Presse die Einnahmequellen in einem für deren Bestand und Funktionsfähigkeit existenzbedrohlichen Umfang entzöge 1996 . So macht Lerche geltend, eine Benachteiligung der Presse durch Cross Ownership Beschränkungen gefährde die Funktionsfähigkeit der Presse, die auch im Zeitalter der elektronischen Medien ein für eine freiheitliche Ordnung unentbehrliches Medium darstelle 1997 . § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV beschränkt zwar den Zugang von mit Presseunternehmen verflochtenen Fernsehveranstaltern, sein Regelungsgehalt erschöpft sich jedoch in einer Malusregelung auf Beweisebene, die erst dann zum Zuge kommt, wenn das Unternehmen auf dem Fernsehmarkt fast 30 % der Zuschauer erreicht und überdies in der Presse marktbeherrschend bzw. einen vergleichbar starken 1992 Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (295); ders .. NJW 1987, 2961 (2965); Stammler, AfP 1987,659 (660). 1993 Stammler, AfP 1987, 659 (660); Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 189; Jöst, Verhältnis von Presse und Rundfunk, S. 44 ff. 1994 Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. I 04 f.; Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. 1 u. 2, Rdnr. 529; Kühler, Medienverflechtung, S. 93.
1995 BVerfGE 20, 162 (175); 25, 256 (268). Vgl. auch BGHZ 19, 392 (398f.); 51, 236 (248); 76, 55 (68). Ebenso Kühler, Medienverflechtung, S. 93. 1996 BVerfGE 57, 295 (324). So auch insbesondere Degenhart, ZUM 1987, 595 (600); Kühler, Medienverflechtung, S. 93; Bismark, AfP 1982, 135 (139); Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. !88f. 1997 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 42.
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publizistischen Einfluß besitzen muß 1998 . § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV entzieht der Presse folglich weder kurz- noch langfristig deren existentielle, wirtschaftliche Grundlagen. Er gefährdet den Bestand und die Funktionsfähigkeit der Presse als wichtigem, verfassungsrechtlich geschützten Institut im Dienste der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung nicht annähernd. Die in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verankerte Cross Ownership Beschränkung verletzt die Pressefreiheit daher auch nicht in deren objektiv-rechtlichem Gehalt. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt sonach keinen Eingriff in den Schutzbereich der Pressefreiheit dar. Den Presseunternehmen steht ein individuelles Abwehrrecht gegen Cross Ownership Beschränkungen generell ebensowenig zu wie gegen § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV im Besonderen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt auch keine nachhaltige Gefährdung des Instituts der freien Presse dar. Unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit stehen § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen.
IV. Willkürverbot, Art. 3 Abs. 1 GG Der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz beschränkt sich nicht auf das Verbot sachlich nicht gerechtfertigter Ungleichbehandlung von Normadressaten. Vielmehr bindet das Willkürverbot auch den Gesetzgeber selbst 1999 . Dabei hängt das Gleichbehandlungsgebot als allgemeines Postulat der Gerechtigkeit auch nicht vom gesetzgebensehen Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre ab. Das Willkürverbot verpflichtet den Staat bei jeglicher staatlichen Tätigkeit. Auch ein in der Verfassung begriindeter Gestaltungsauftrag entbindet den Gesetzgeber nicht von seiner Pflicht, nicht willkürlich zu handeln2000• Das Willkürverbot bindet sonach auch den in keine Freiheitssphäre eingreifenden, sondern diese nur ausgestaltenden Gesetzgeber2001 . Materiell verpflichtet das Gleichbehandlungsgebot, wesentlich Gleiches nicht ungleich, wesentlich Ungleiches nicht gleich zu behandeln. Differenzierungen müssen auf einem sachlichen Grund beruhen. Der Gesetzgeber verstößt daher gegen das Willkürverbot, wenn er einen Teil der Normadressaten anders behandelt als andere, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede der Art und dem Gewicht nach bestehen, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten 2002. Vgl. §3D. III. und zusammenfassend in§ 4 B. I. 3. c) cc) sowie unter§ 4 B. II. 3. a). Art. 3 i. V. m. Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG. Vgl. BVerfGE 78, 232 (248); 55, 72 (89 f.); 65, 141 (148). 2ooo So auch Holzkämper; ZUM 1994, 114 (115). 2001 BVerfGE 57, 295 (327); 83, 238 (337). Zu den Ausnahmen BVerfGE 83, 238 (336 f.), dazu noch im Einzelnen unter § 4 C. IV. 2. Ebenso löst, Verhältnis von Presse und Rundfunk, s. 34. 2002 BVerfGE 74, 9 (24). 1998 1999
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Im Falle der Gleichbehandlung ist das Willkürverbot erst dann verletzt, wenn die Unterschiede der geregelten Sachverhalte für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise so erheblich sind, daß ihre Außerachtlassung als willkürlich bezeichnet werden muß2003 . Im Hinblick auf § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kann das Willkürverbot unter vier Aspekten berührt sein. Zum ersten könnte erwogen werden, ob der Gesetzgeber nicht schon allein dadurch Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, daß er mit dem Rundfunkrecht Rundfunkunternehmen Konzentrationsbeschränkungen unterwirft, die für Unternehmen anderer Branchen nicht gelten. Zum zweiten wäre das Gleichbehandlungsgebot verletzt, wenn Cross Ownership Beschränkungen diversifizierte Unternehmen ungerechtfertigt benachteiligten, das heißt das Gebot kommunikativer Chancengleichheit verletzten. Zum dritten könnte § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV mit der generellen Erfassung aller medienrelevanten verwandten Märkte vertikal und intermediär integrierte Unternehmen willkürlich gleichsetzen. Schließlich ist der Frage nachzugehen, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV systemwidrig ist.
1. Willkürliche Benachteiligung von Rundfunkunternehmen durch rundfunkspezifisches Sonderrecht
Seit den Anfangen des privaten Rundfunks wird kontrovers diskutiert, warum gerade die Veranstaltung von Rundfunk besonderen Regelungen unterliegt, während andere Bereiche der Wirtschaft ausschließlich der Wettbewerbsaufsicht der allgemeinen Kartellbehörden unterliegen 2004. Vertreten wird, daß eine Sonderregulierung des Rundfunks schon vom Ansatz her verfehlt sei, da zwischen dem publizistischen Wettbewerb im Rundfunk und dem ökonomischen Wettbewerb auf anderen Wirtschaftsmärkten kein qualitativer Unterschied bestehe. Der publizistische Wettbewerb gehe im ökonomischen auf2005 • Bestes Beispiel sei der an marktwirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichtete Wettbewerb in der Presse, der zu einem insgesamt befriedigenden publizistischen Angebot führe, ohne daß dies das Resultat einer besonderen medienrechtlichen Regulierung sei2006• Der Sektor Rundfunk dürfe nicht anders als die Presse behandelt werden, zumal diese, wie auch das Bundesverfassungsgericht bereits ausdrücklich feststellte, nicht anders als der Rundfunk für die Meinungsbildung in einer freiheitlichen Gesellschaft von schlechthin konstituierender Bedeutung sei2007 . BVerfGE 78, 232 (248). Engel, Medienordnungsrecht, S. 74f.; Bismark, AfP 1982, 135 (140, 143). In diese Richtung auch Koch, ZRP 1981,237 (240). Pointiert insoweit Fäßler, AfP 1995,542 (543). 2005 Nachweise in Fußnote 1807. 2006 Niewiarra, ZUM 1993, 2 (5); Pestalozza. NJW 1981, 2158 (2163). In diese Richtung auch Zmeck, AfP 1995, 545 (545 f.). 2007 BVerfGE 20, 162 (174f.); 52, 283 (296); 66, 116. Vgl. bereits§ 4 C. III. 3. c). 2003 2004
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a) Historie und individual-psychologische Suggestivkraft des Rundfunks Das Bundesverfassungsgericht befaßte sich bereits im ersten Rundfunkurteil mit der Frage, ob sich eine besondere staatliche Regulierung im Sektor Rundfunk nicht schon deshalb verbiete, weil eine solche in der Presse nicht existiere, die Ungleichbehandlung von Presse und Rundfunk folglich gegen das Gleichbehandlungsgebot verstoße 2008 . Neben historischen Gründen führte es als Argument für die stärkere ordnungspolitische Kontrolle des Rundfunks dessen individual-psychologische Suggestivkraft ins Feld. So betonte es, daß mit dem Fernsehen aufgrund der "stärkeren Intensität des optischen Eindrucks und der Kombination von Bild und Ton ein weitaus stärkerer Eingriff in die private Sphäre" verbunden sei als mit der Presse2009. Das Fernsehen stelle mit seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft eine bedeutende Kraft dar, die einer besonderen Kontrolle bedürfe2010. Der Verweis auf die Unterschiede in der Geschichte des Presse- und des Rundfunkrechts kann die Ungleichbehandlung von Presse und Fernsehen heute nicht rechtfertigen. Auch die im Vergleich zur Presse gesteigerte, individual-psychologische Wirkung des Fernsehens auf den Rezipienten eignet sich nicht als Legitimationsgrundlage rundfunkrechtlichen Sonderrechts, da ihr Bestehen bislang weder eindeutig empirisch nachgewiesen werden konnte, noch innerhalb der kommunikationswissenschaftlichen Grundlagenforschung einheitlich angenommen wird2011 . Zwar stützt eine nicht unerhebliche Anzahl an Studien und Einzelbefunden die Vermutung einer besonderen individual-psychologischen Wirkung des Fernsehens auf den Rezipienten. Es finden sich jedoch nicht weniger Analysen und Untersuchungen, die eine solche Wirkung für unwahrscheinlich oder zumindest nicht ausreichend belegt halten. Hieraus entsteht ein Argumentationsdefizit, das - insbesondere im Hinblick auf die über das Rundfunkkonzentrationsrecht möglichen, gravierenden Einschränkungsmöglichkeiten des Unternehmerischen Handlungsspielraums - durch die selektive Präsentation sozialwissenschaftlicher Einzelbefunde ebensowenig kompensiert werden kann wie durch eine rein normative Argumentation. Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, daß die Geltungskraft von Normen nicht unerheblich von dem Befolgungswillen ihrer Adressaten abhängt. Dieser bestimmt sich ganz wesentlich nach der Einsicht der Normadressaten in die Berechtigung BVerfGE 12, 205 (261). Vgl. auch BVerfGE 57, 295 (323). BVerfGE 35, 202 (226 f.). 201o BVerfGE 90, 60 (87); 35, 202 (227). Zustimmend für den Bereich des klassischen Rundfunks Kresse, ZUM 1996, 59 (68). 2011 Vgl. § I C. II. 1. Zu den generellen Grenzen der Bedeutung der Sozialwissenschaft für die Gesetzgebung siehe Morand, Gesetzgebungsmethodik, S. 11 (22 ff.); vgl. auch Kaase in Die Landesmedienanstalten, Zuschauerrnarktanteile, S. 53. 2oos
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des Beachtungsanspruchs der Norm. Jede Norm muß daher so angelegt sein, daß die von ihr Betroffenen prinzipiell bereit sind, dieser zu folgen 2012. Das System rundfunkrechtlicher Regulierung auf die nur in Teilen der Medienwirkungsforschung akzeptierte, individual-psychologische Suggestivwirkung des Fernsehens zu stützen, kann diesem Gebot nicht gerecht werden. Ungeachtet dessen, daß sich die vom Bundesverfassungsgerichts unterstellte individual-psychologische Suggestivkraft des Fernsehens durchaus auf Erkenntnisse aus der Medienwirkungsforschung stützen kann, erscheint die individualpsychologische Wirkung auf den Rezipienten als Legitimationsbasis für die Sonderregulierung des Rundfunks demnach kaum tragkräftig2013 , vor allem aber angesichts der unbestrittenen, gesamtgesellschaftlichen Bedeutung des Rundfunks überflüssig2014. Im Interesse einer effektiven Normdurchsetzung ist der Suggestivwirkung des Rundfunks folglich eine allenfalls komplementäre Bedeutung für die Rechtfertigung rundfunkspezifischen Sonderrechts beizumessen.
b) Sondersituation des Rundfunks
Das Bundesverfassungsgericht rechtfertigte die im Vergleich zur Presse strengere ordnungspolitische Kontrolle im Rundfunk jedoch von Anfang an nicht nur mit der individual-psychologischen Wirkung des Fernsehens. Sein zentraler Legitimationsansatz war ursprunglieh vielmehr, daß in der Presse eine verhältnismäßig hohe Anzahl von selbständigen publizistischen Einheiten konkurrieren, die sich "nach ihrer Tendenz, politischen Färbung und weltanschaulichen Grundhaltung" unterscheiden. Demgegenüber schränke die technisch bedingte Knappheit an Übertragungsfrequenzen ebenso wie der für die Veranstaltung von Rundfunk erforderliche, außerordentlich hohe Kapitalbedarf den Kreis der potentiellen Rundfunkveranstalter von vomherein stark ein 2015 . Die enormen technischen wie finanziellen Marktzutrittsbarrieren führten zu einer Sondersituation des Rundfunks, die andere Mittel zur Sicherung der verfassungsrechtlich gewährten Medienfreiheit notwendig mache als die, die für den Bereich der Presse ergriffen worden seien. An der Rechtsprechung zur Sondersituation des Rundfunks hielt das Bundesverfassungsgericht unter zunehmendem Widerspruch aus dem Schrifttum2016 über Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 54. So auch im Ergebnis Stammler, ZUM 1995, 104 (106f.). A. A. Bender, Cross-MediaOwnership, S. 349; in diese Richtung argumentierend auch Kaase, Zuschaueranteile, S. 17 (20 ff., 42 ff., 50 ff.), der aber selbst eingesteht, dass der von ihm gewählte individual-psychologische Ansatz für die juristische Regulierungsdiskussion von nur beschränktem Nutzen ist, Kaase in Die Landesmedienanstalten, Zuschauermarktanteile, S. 53. 2014 Zur gesamtgesellschaftlichen Wirkung des Fernsehens im Einzelnen unter § I C. II. 2. 201s BVerfGE 12, 205 (261 ); 31, 314 (326). Dazu etwa Holznagel, ZUM 1996, 16 ( 18). 2016 Statt vieler Klein, Rundfunkfreiheit, S. 75ff.; Bremer/ Esser/Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 93; Engel, Medienordnungsrecht, 2o1 2 2013
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zwei Jahrzehnte fest. Die Kritik verschärfte sich, als sich mit der Eröffnung neuer Übertragungswege über Kabel und Satellit und der Ausweitung der Übertragungskapazitäten insbesondere durch die Digitaltechnik die Überwindung der technischen Frequenzknappheit abzeichnete2017 . Die Legitimation rundfunkspezifischen Sonderrechts wurde als nicht mehr zeitgemäß, sogar als willkürlich kritisiert2018 . Das Bundesverfassungsgericht reagierte Anfang der achtziger Jahre. In seinem dritten Rundfunkurteil stellte es fest, daß auch bei dem langfristig absehbaren Wegfall der technisch und finanziell bedingten Sondersituation gesetzliche Vorkehrungen im Rundfunkbereich gerechtfertigt bleiben würden. Damit verabschiedete sich das Gericht von der Sondersituation als dem zentralen Legitimationsgrund für die Notwendigkeit rundfunkspezifischen Sonderrechts2019 . c) Rundjunifreiheit als dienende Freiheit
An die Stelle der Sondersituation des Rundfunks setzte das Bundesverfassungsgericht die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit2020. Demnach ist eine besondere Regulierung des Rundfunksektors deshalb gerechtfertigt, weil der Rundfunk aufgrund seines einzigartigen Einflusses auf den Prozeß der politischen Willensbildung und auf die kommunikative Entfaltung des Einzelnen einer besonderen Kontrolle bedürfe und seine Funktion für den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß nur einfachgesetzlich abgesichert werden könne2021 . Insbesondere könne der Rundfunk seiner Aufgabe für die freie individuelle wie öffentliche Meinungsbildung nicht gerecht werden, wenn man ihn den Gesetzmäßigkeiten des ökonomischen Wettbewerbs überließe. Das "freie Spiel der Kräfte" könne die freie und umfassende Meinungsbildung über den Rundfunk nicht hinreichend gewährleisten2022. S. 74f.; Scholz. AfP 1983, 261 (264, 261); Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. I, 2, Rdnr. 216ff.; Bismark, AfP 1982, 135 (141 f.); Koch, DB 1982, 1757 (1757). Vor allem der finanzielle Legitimationsansatz wurde kritisiert, Möschel, JZ 1984, 493 (500); Bismark, AfP 1982, 135 (141); Maunz/Dürig-Herzog, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 221. 2017 Zum Streit, ob die Sondersituation heute noch besteht, Fußnote 1827. 201s Bremer!Esser/Hoffm.ann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 31; VPRT, Medienordnung 2000 plus, Teil III, 1.1; Koch, ZRP 1981, 237 (240); vgl. auch Pestalozza, NJW 1981, 2158 (2163); Zmeck, AfP 1995, 545 (546); Stammler; ZUM 1995, 104 (106). Kritisch dazu Groß, ZUM 1996,365 (368). 2019 Das Bestehen der Sondersituation spielt heute demnach nur noch für den Umfang der Rundfunkregulierung eine Rolle, nicht aber für deren grundsätzliche Notwendigkeit, BVerfGE 57,295 (322). Zustimmend Hesse, A., BayVBI. 1997, 132 (134f.). 202o Allerdings stellte das Bundesverfassungsgericht die Rechtfertigung der rechtlichen Sonderbehandlung des Mediums Rundfunk damit nicht auf eine gänzlich neue Basis, sondern entwickelte eine bereits im ersten Rundfunkurteil angelegte Argumentation fort, Grimm, Rundfunkrechtsprechung in Amerika und Deutschland, S. 529 (533). 2o21 BVerfGE 57, 295 (322). Vgl. auch BVerfGE 73, 118 (1 2 1 f., 123 f., 154). Dazu§ 2 E. I. I. c).
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Die Auffassung und Argumentation des Bundesverfassungsgerichts wurde bereits ausführlich dargestellt und hinterfragt. Für die Einzelheiten kann daher auf die bereits gewonnenen Erkenntnisse verwiesen werden2023 . Im Ergebnis bleibt festzustellen, daß sich nach der hier vertretenen Ansicht nicht zuletzt aus der systematischen Stellung im Gesetz ergibt, daß die Rundfunkfreiheit eine publizistische Vielfalt im Rundfunk sicherstellen soll, die dem Einzelnen ein breites Angebot an Informationen und Meinungen gewährleistet, in dem dieser alle gesellschaftlich relevanten Standpunkte, Entwicklungen und Strömungen erkennen und sich an diesen orientieren kann, um das für ihn Wichtige herauszufiltern und zur Grundlage seiner persönlichen Meinungsbildung in politischen wie außerpolitischen Dingen zu machen. Dieser angestrebte Ordnungszustand ist mit dem Zustand funktionierenden ökonomischen Wettbewerbs unter Rundfunkveranstaltern weder identisch noch wird er durch einen solchen ohne weiteres erreicht. Der publizistische Wettbewerb geht daher nicht im ökonomischen Wettbewerb der ProgrammanbieteT auf, zumindest nicht im Fernsehen. Grund hierfür sind die gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Fernsehveranstaltung, insbesondere die ausschließliche Werbefinanzierung der Fernsehprogramme. Die Werbefinanzierung zwingt die Fernsehveranstalter zu massenattraktiven Programmen. Auf der Basis der Werbefinanzierung sind spezialisierte Spartenkanäle ebensowenig rentabel zu betreiben wie Regionalsender. Die Werbefinanzierung schließt sonach eine Zielgruppenorientierung und Spezialisierung der Sender und damit eine inhaltliche Ausdifferenzierung und Segmentierung des Programmarktes weitestgehend aus. Aus medienökonomischen Gründen würde daher unter den derzeitigen Bedingungen auch ein funktionierender Wettbewerb unter Fernsehveranstaltern zu keinem inhaltlich ausdifferenzierten Angebot an Meinungen und Inhalten im Fernsehen führen, das die Informationsbedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen optimal befriedigt. Vielmehr wäre mit einer Vielzahl von vor allem national ausgerichteten Vollprogrammen zu rechnen, die sich alle gleichermaßen an dem für die Werbewirtschaft attraktive Publikum der 14- bis 49-jährigen orientieren und dabei zum Zwecke möglichst hoher Einschaltquoten ohne Ausnahme auf massenattraktive Programmelemente setzen würden, das heißt vornehmlich auf Sport, Spannung (das heißt Krimis) und Erotik. 2024
Auch der effektivste Wettbewerbsschutz könnte daher keine publizistische Vielfalt im Fernsehen erreichen, da die medienökonomischen Zusammenhänge dem entgegenstehen. Zur Erreichung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk bedarf es daher besonderer Ordnungsvorschriften, die dem demokratie- und kulturstaatlichen Auftrag der Rundfunkfreiheit Geltung verschaffen. Der Erlaß spezifischer Sonderregelungen für das Fernsehen ist sonach nicht nur gerechtfertigt, sondern unter den derzeitigen Bedingungen sogar notwendig. 2o22
(87).
BVerfGE 12, 205 (226, 260); 31, 314 (325); 57, 295 (322f.); 83, 238 (296); 90, 60
2023 Zur Argumentation des Bundesverfassungsgerichts § 2 E. I. 1. (zu Einzelaspekten unter§ 2 E. II. 1., § 2 E. III. 4. und§ 3 B.). Zur Kritik an der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und zur eigenen Position unter § 4 C. II. 1., zusammenfassend unter § 4 C. II. 1. f). 2024 Vgl. oben§ 4 C. II. I. d).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Die Ungleichbehandlung von Fernsehen und Presse ist infolgedessen ebenso gerechtfertigt wie die Differenzierung zwischen Fernsehen und anderen Bereichen der Wirtschaft allgemein. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verstößt nicht schon allein deshalb gegen das Gleichbehandlungsgebot, weil er die Fernsehveranstalter einer medienspezifischen Konzentrationsregelung unterwirft, die über die allgemeine Wettbewerbskontrolle hinausgeht. Der Vollständigkeit halber ist der Legitimationsansatz Kühlers zu erwähnen2025 . Kübler rechtfertigt die Ungleichbehandlung von Presse und Rundfunk mit den Unterschieden in der Distribution von Presse- und Rundfunkprodukten2026 . Dagegen spricht jedoch, daß bei konsequenter Fortführung des Gedankens auch unentgeltlich verteilte Anzeigenblätter einer besonderen ordnungspolitischen Kontrolle unterliegen müßten, während Abonnement-Kanäle wie etwa Premiere der Vielfaltskontrolle entzogen wären. Die distributiven Unterschiede greifen daher als Grund für die Sonderregulierung des Rundfunksektors nicht durch.
2. Willkürliche Benachteiligung diversifizierter Unternehmen durch Cross Ownership Beschränkungen Allerdings kann aus der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Sonderrechts für Fernsehveranstalter nicht geschlossen werden, daß jede Art fernsehspezifischen Sonderrechts gerechtfertigt sei. Willkürliche Ungleichbehandlungen innerhalb des vom Gesetzgeber gewählten Organisationsmodells muß der Rundfunkveranstalter nicht hinnehmen. So wäre § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verfassungswidrig, wenn er marktübergreifend tätige Unternehmen ohne sachlichen Grund schlechterstellte als nicht diversifizierte Unternehmen. Zunächst ist davon auszugehen, daß ein freiheitlicher Meinungsbildungsprozeß in einem privaten Rundfunksystem voraussetzt, daß prinzipiell jedermann unter den gleichen Bedingungen Zugang zum Rundfunk erhält. Es gilt das Gebot kommunikativer Chancengleichheit2027 • Der Gesetzgeber hat für die wegen des limitierten Angebots an verfügbaren Übertragungskanälen erforderliche Auswahl der Bewerber um eine Rundfunkzulassung Grundsätze festzulegen, die sich an objektiven, sachgerechten Kriterien ausrichten und die Chancengleichheit der Bewerber gewährleisten 2028 . Dabei ist jedoch zu beachten, daß Art. 3 Abs. I GG keine AusKühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (294). Während in der Presse im Regelfall ein Erwerbsakt des Rezipienten die Beziehung zum Kommunikator begründet, bezieht der Zuschauer bzw. Zuhörer im Rundfunk die Programme regelmäßig unentgeltlich. Seine eigentliche Leistung erbringt der Rundfunkveranstalter anders als der Presseverleger nicht an den Rezipienten, sondern ausschließlich an den Werbekunden. 2027 BVerfGE 73, 118 (193); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 31. Zum Gedanken der kommunikativen Chancengleichheit im Einzelnen etwa Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 12 ff. Hieraus entwickelte Degenhart das Gebot wirtschaftlicher Chancengleichheit, Degenhart, ZUM 1987, 595 (598), zustimmend Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 190. Dazu bereits§ 4 C. II. 2. c) sowie§ 2 E. I. l. e). 202s BVerfGE 57, 295 (327). 2025 2026
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sage über das prinzipiell zu wählende Kontrollsystem trifft, mithin ob die Sicherung der Meinungsvielfalt über eine binnenpluralistische oder aber eine außenpluralistische Kontrolle erreicht werden muß2029 . Das Gleichbehandlungsgebot bestimmt auch nicht die Kriterien, nach denen Stand und Entwicklung der publizistischen Vielfalt zu bemessen sind2030 • Das Willkürverbot besagt nur, daß der Rundfunkgesetzgeber das Kriterium, das er in den Grenzen seines Gestaltungsspielraums rechtmäßig gewählt hat, gleichmäßig anwenden muß und nicht ohne sachlichen Grund verlassen darf2031 • Der Gesetzgeber verstößt sonach nur dann gegen das Gleichbehandlungsgebot, wenn er eine Gruppe von Zulassungsbewerbern im Vergleich zu anderen Zulassungsbewerbern anders behandelt, obwohl zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede bestehen, die die ungleiche Behandlung rechtfertigen können2032 • § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verschärft die kritische Marktanteilsgrenze zu Lasten von Unternehmen, die bereits auf medienrelevanten, der Fernsehveranstaltung verwandten Märkten tätig sind. Die Andersbehandlung dieser diversifizierten Unternehmen indiziert einen Gleichheitsverstoß, da der Gesetzgeber damit nur ihnen den Zugang zum bundesweiten Fernsehen erschwert. Es ist daher der Frage nachzugehen, ob es einen sachlichen Grund für die von den Rundfunkgesetzgebern getroffene Differenzierung zwischen medienrelevant diversifizierten und nicht medienrelevant diversifizierten Unternehmen gibt. Dabei ist zwischen den intermediär und den vertikal integrierten Unternehmen zu unterscheiden.
a) Intermediär integrierte Unternehmen
Schon seit den achtziger Jahren wird kontrovers diskutiert, ob die Presseverleger einen Anspruch auf chancengleichen Zugang zum Rundfunk besitzen oder nicht vielmehr strengeren Zugangsvoraussetzungen unterworfen werden können als andere Bewerber2033 . Die in diesem Punkte bestehende Meinungsvielfalt reicht vom Anspruch der Presse auf absolute Gleichbehandlung über die Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen, die den Zugang der Presse zum Rundfunk unter erschwerten Voraussetzungen zulassen, bis hin zu Cross Ownership Beschränkungen, die die Presse vom Rundfunk komplett ausschließen: So vertritt Lerche2034 , daß der Zugang zum privaten Rundfunk nicht davon abhängig sei, ob der Lizenzbewerber über eine wirtschaftlich oder gesellschaftlich einflußreiche Position verfüge oder finanziell privilegiert sei. Ebensowenig könne es daher von Relevanz BVerfGE 83, 238 (336). BVerfGE 83, 238 (336 f.). 2031 BVerfGE 83, 238 (337). 2032 BVerfGE 83, 238 (337); 55, 72 (88). 2033 Vgl. auch § 4 C. III. 3. b). Zur Frage des zunächst geltendgemachten privilegierten Zugangsrechts der Presse bereits unter § 4 C. III. 3. a). 2034 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 32 f. 2029
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sein, ob das Unternehmen Möglichkeiten außerhalb des Rundfunks besitze, auf die öffentliche Meinungsbildung Einfluß zu nehmen. Vor allem aber gebe es keinen sachlichen Grund, der den generellen Ausschluß einer ganzen gesellschaftlichen Gruppe wie der Presse rechtfertigen könne. Vielmehr würde gerade der Ausschluß der Presse die zu gewährleistende gleichgewichtige Vielfalt der Meinungen im Rundfunk verzerren, da die Presse einer der wesentlichen Meinungsträger in der Gesellschaft sei2035 . Eine derart weitgehende Cross Ownership Beschränkung wäre demzufolge in jedem Falle willkürlich und im übrigen auch unverhältnismäßig2036 . Schon kritischer äußert sich Bullinger2037 zur Beteiligung der Presse am Rundfunk. Seiner
Ansicht nach ist eine Beteiligung der Presse am Rundfunk zumindest solange bedenklich, wie im Rundfunk noch ein Oligopol besteht. Nach Auffassung der Monopolkommission2038 ist es sachlich gerechtfertigt, marktbeherrschenden Presseverlegern den Zugang zum Rundfunk zu versagen, wenn und soweit sich das Verbreitungsgebiet ihrer Zeitungen bzw. Zeitschriften mit dem Sendebereich des Rundfunkprogramms decken. Insoweit treffe die Verleger eine Art funktionsbezogene Inkompatibilität. Demnach wären alle überregional tätigen Verlage von der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen pauschal und die Mehrzahl der örtlichen Verleger von einer Beteiligung an den örtlichen Fernseh- und vor allem Hörfunkstationen ausgeschlossen. Die Monopolkommission griff damit eine Anregung Mestmäckers2039 aus dem Jahre 1978 auf, der schon damals eindringlich vor einer Homogenisierung der Meinungen durch ein Verlegerfernsehen und vor einer Verdoppelung von Meinungsmacht warnte und daher empfahl, lokalen Zeitungsmonopolisten die Beteiligung an Rundfunkstationen in ihrem Verbreitungsgebiet zu verwehren und Gemeinschaftsunternehmen von Zeitungsverlegern sowie marktbeherrschende Medienkonglomeraten vom Rundfunk generell auszuschließen. Auch Hoffmann-Riem 2040 hält Cross Ownership Beschränkungen zumindest dann für sachlich gerechtfertigt, wenn sie Verflechtungen von Rundfunk und Presse im seihen Verbreitungsgebiet zum Gegenstand haben und zu "problematischen Einflußnahmen zwischen verschiedenen Mediensektoren [ ... ] oder übermäßiger Abhängigkeit von Zulieferungsunternehmen im Rundfunkbereich" führen. Vor allem zu Beginn der achtziger Jahre sprach sich ein Teil der Literatur2041 für die Zulässigkeil eines generellen Verflechtungsverbots aus, stieß dabei allerdings auf den 2035 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 42. In diese Richtung auch Degenhart, AfP 1995, 548 (550); Zmeck, AfP 1995, 545 (548); löst, Verhältnis von Presse und Rundfunk, s. 53. 2036 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 34; ebenso Scholz, AfP 1983,261 (265f.); Bismark, AfP 1982, 135 (140); Koch, ZRP 1981,237 (243). 2037 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (175). 2038 11. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/81, S. 860 ff., Tz. 21. Zum Vorschlag der Monopolkommission statt vieler Bismark, AfP 1982, 135; Koch, DB 1982, 1757; Kohl/Weilhächer, ZRP 1981, 243. Kritisch zum Herausgreifen der Presse Bismark, AfP 1982, 135 (143); Koch, ZRP 1981, 237 (240); Kohl/Weilhächer, ZRP 1981, 243 (249). Zustimmend dagegen Bullinger, AfP 1983, 319 (327). 2039 Allerdings wollte Mestmäcker die Beschränkung der intermediären Verflechtung von Presse und Rundfunk im Wettbewerbsrecht angesiedelt sehen, Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 201 ff., 210 (vgl. bereits§ 3 C. V. 2. a). 2040 Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 87. 2041 Kühler, Medienverflechtung, S. 105 f. (kritisch hierzu Degenhart, AöR 109 (1984), 140 (143)) (fallengelassen in Kühler, NJW 1987, 2961 (2966); ders., Konzentrationskontrolle
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deutlichen Widerspruch nicht nur des überwiegenden rundfunkrechtlichen Schrifttums, sondern auch und vor allem des Bundesverfassungsgerichts2042 .
Die Notwendigkeit pressespezifischer Beschränkungen beim Zugang zum Rundfunk wird dabei regelmäßig auf ein ganzes Konglomerat an Gründen gestützt2043 . Diese lassen sich in zwei Gruppen bündeln. Zum einen wird die sachliche Rechtfertigung von Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten der Presse auf Gründe wirtschaftlicher Art gestützt2044• So wird argumentiert, Cross-Promotion, unternehmensinterne Quersubventionierung und die Möglichkeit zu Kombinationstarifen bei dem Verkauf von Werbeflächen verschaffe intermediär integrierten Unternehmen erhebliche Wettbewerbsvorteile und damit auch einen ungerechtfertigten Vorsprung im publizistischen Wettbewerb. Die zweite Gruppe stellt auf die publizistischen Gefahren intermediärer Cross Ownerships ab. Die Verflechtung von Presse und Rundfunk lasse eine Homogenisierung der redaktionellen Inhalte befürchten. Gemeinschaftsunternehmen der Presseverleger im Rundfunk könnten zu einer gegenseitigen Schonung der Verleger auf den Pressemärkten führen. Auch sei ein Verlust an intermediärer Kritik zu befürchten. Vor allem aber gefährde die Zusammenballung multimedialer Meinungsmacht den Prozeß der freien und umfassenden Meinungs- und Willensbildung. Das unternehmerisch gebündelte Einflußpotential von Presse und Rundfunk verfestige und potenziere bestehende Machtpositionen auf den Medienrnärkten. Besonders deutlich werde die Gefahr auf lokaler Ebene. Dort hätten die örtlichen Zeitungsverleger ihre marktbeherrschende Stellung in der lokalen Tagespresse über die intermediäre Verflechtung von Presse und Rundfunk nun auch in die Rundfunkmärkte ausgeweitet und genössen damit in Bezug auf die Berichterstattung über lokale Ereignisse weiterhin eine Alleinstellung. Zu untersuchen ist, ob und, falls ja, inwieweit die genannten Gründe eine Benachteiligung der Presse, das heißt Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten der Presse rechtfertigen können. des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (317f.)); Groß, DuR 1982, 16 (26f.). Vgl. zuletzt Herrmann, ZUM 1991, 325 (333). 2042 BVerfGE 83, 238 (313); 73, 118 (175). Ebenso Klein, Rundfunkfreiheit, S. 56ff.; Degenhart, ZUM 1987,595 (598 ff.); Bonner Kommentar-ders., Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 438, 716; Scholz, AfP 1983, 261 (262ff.; 265); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 37ff., 47 ff.; Liegmann, Zugang zum privaten Rundfunk, S. 193. Zur Ansicht des Bundesverfassungsgerichts bereits unter § 3 B. Il. 2043 Kühler, Medienverflechtung, S. 93 ff., 21, 103, 105 f.; Mestmäcker, Medienkonzentration und Meinungsvielfalt, S. 214ff.; 217f.; 11. Sondergutachten der Monopolkommission, MP Dokumentation 12/81, S. 860ff., Tz. 2, 4, 11, 14, 18; vgl. auch Groß, DuR 1982, 16 (27). 2044 Zu den ökonomischen Vor- und Nachteilen von Cross Ownerships allgemein unter § 1 B. II. 2.
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§ 4 Rechtliche Zu Iässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Die angeführten ökonomischen Gründe greifen nicht durch. Dies gilt vor allem für den Aspekt der Quersubventionierung. Diese mag zwar zu gewissen Verzerrungen des ökonomischen Wettbewerbs unter den Rundfunkveranstaltern führen . Sie wirkt sich jedoch nicht an sich negativ auf die publizistische Vielfalt im Rundfunk aus. Vielmehr kann sie sogar publizistisch vorteilhaft wirken, da durch sie auf dem Markt auch Programme fortbestehen können, die nicht die Gunst des Massenpublikums finden und sich daher wirtschaftlich eigentlich nicht tragen können. Die unternehmensinterne Subventionierung von Programmen kann sonach ein insgesamt breiteres Programmspektrum zur Folge haben, das aus publizistischer Sicht weniger eine Gefahr als vielmehr einen Vorzug darstellt2045 . Auch die sonstigen Wettbewerbsvorteile intermediär integrierter Unternehmen können Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten der Presse nicht rechtfertigen. Die Analyse der mikroökonomischen Auswirkungen intermediärer Cross Ownerships hat vielmehr ergeben, daß sich die theoretischen Wettbewerbsvorteile der intermediären Konzentration in der Praxis bislang in keinem Umfang realisiert haben, der es rechtfertigen könnte, die Presse beim Zugang zum Rundfunk schlechterzustellen 2046. Dies gilt für den prognostizierten Know-how-Transfer und die sonstigen Synergieeffekte ebenso wie für die anvisierten Kostenvorteile. Nicht zuletzt deshalb haben sich von den klassischen Verlagshäusern bislang nur wenige und diese auch nur vergleichsweise zurückhaltend im Privatfernsehen engagiert2047. Der noch stärkste Wettbewerbsvorteil intermediär integrierter Unternehmen liegt in der Cross-Promotion2048 . Er allein kann eine relevante pressespezifische Zugangsbeschränkung jedoch kaum rechtfertigen. Entscheidende Bedeutung kommt sonach den publizistischen Gefahren der intermediären Cross Ownership zu. Betrachtet man die Erkenntnisse der Medienwirkungsforschung2049, die Ergebnisse der Analyse der medienökonomischen Grundlagen2050 sowie nicht zuletzt die Medienrealität, wie sie sich heute darstellt, erscheint die Gefahr einer relevanten, intermediären Homogenisierung der publizistischen Inhalte eher gering. Ihrer Wirkung, Zielgruppe und infolgedessen ihrem Inhalt nach bestehen zwischen Fernsehen und Presse erhebliche Unterschiede. Wirkt das Fernsehen über seine audiovisuelle Ansprache auf den Rezipienten vor allem auch emotional ein, sprechen die Druckmedien die kognitive Ebene ihrer Leser an. Ist das Fernsehen auf ein massenattraktives Programm angewiesen, das möglichst die junge Konsumentenschicht anspricht, rechnen sich die Produkte der Vgl. Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 38 f. Dazu ausführlich unter § I B. II. 2. 2047 Zum insgesamt zurückhaltenden Engagement der Verleger im Fernsehen bereits unter § 1 D. II. 2. 2048 Vgl. dazu im Einzelnen§ 1 B. li. 2. b). 2049 Dazu im Einzelnen unter § 1 C. II. 1. a. E. 2050 V gl. § 4 C. II. 1. d). 2045
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Presse auch mit spezialisierten Inhalten und mit der Ausrichtung auf eine Vielzahl unterschiedliehst definierter, eng abgegrenzter Zielgruppen. Der kommerzielle Betrieb eines Fernsehsenders und die erfolgreiche Führung einer Zeitung bzw. einer Zeitschrift richten sich folglich nach einer wesentlich anderen ökonomischen Sachlogik, so daß schon allein deshalb auch in Zukunft grundlegende programmliehe Unterschiede bestehen bleiben werden. Der tragende Grund für Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten der Presse liegt letztlich in den publizistischen Gefahren, die sich aus der Zusammenballung publizistischer Wirkungspotentiale zu einer multimedialen Meinungsmacht ergeben. Hierfür spricht nicht nur, daß auch das Bundesverfassungsgericht die Gefahr einer "multimedialen Meinungsmacht" als das zentrale Argument für intermediäre Cross Ownership Beschränkungen ansieht2051 . Entscheidend ist vielmehr, daß die Analyse der kommunikationswissenschaftliehen Grundlagen ergeben hat, daß - ungeachtet der Kontroversen im Detail - außer Streit steht, daß sich die Verflechtung von Presse und Rundfunk zum Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung nicht neutral verhält2052. Das publizistische Wirkungspotential eines Medienunternehmens, das Fernsehen veranstaltet, ist größer, wenn es darüberhinaus auch noch in der Presse tätig ist2053 . Berücksichtigt man die übergeordnete Zielsetzung der Rundfunkfreiheit, die Sicherung einer publizistischen Vielfalt im Interesse der individuellen Entfaltung des Einzelnen und der Aufrechterhaltung einer freiheitlich-pluralistischen Ordnung, erscheint es nur schwer vertretbar, den publizistischen Einfluß von Fernsehveranstaltern in der Presse bei der Ermittlung ihrer Meinungsmacht gänzlich unberücksichtigt zu lassen. So wäre es kaum nachvollziehbar, wenn etwa der Springer-Verlag als einer der führenden Verlage in der bundesdeutschen Presselandschaft bei der Erteilung neuer Fernsehlizenzen und der dazu notwendigen Ermittlung der Meinungsmacht nicht anders behandelt würde als ein Unternehmen, das in der Automobilproduktion oder Stromversorgung führend ist. Das publizistische Wirkungspotential von Unternehmen außerhalb des Rundfunks kann nicht ohne weiteres mit - für die Vielfaltskontrolle grundsätzlich irrelevanten - Unternehmerischen Größen wie Finanzkraft, Distributionsstärke oder Kundenstamm gleichgesetzt werden2054 . Vielmehr muß die Meinungsmacht der Fernsehveranstalter auf anderen Medienmärkten (vor allem in der Presse) bei der Vielfaltskontrolle miteinbezogen und im Ergebnis zugangserschwerend berücksichtigt werden2055 . BVerfGE 73, 118 (175); vgl. § 2 E. I. 2. und§ 2 E. I. I. e). Vgl. § I C. 111. 2. 2053 Umstritten ist allerdings, wie die Erweiterung der Meinungsmacht des Unternehmens zu bewerten ist. Nach herrschender Ansicht wird die Verflechtung von Presse und Rundfunk als tendenziell für die publizistische Vielfalt gefährlich qualifiziert. Dazu bereits im Einzelnen unter § 1 C. 111. 2. Vgl. auch Engel, Medienordnungsrecht, S. 78. 2054 Anderer Ansicht Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 32 f. 2055 So ohne nähere Begründung im Ergebnis auch Holzkämper; ZUM 1994, 114 (117). 2051
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Dabei stellt die Schlechterstellung von Unternehmen, die nicht nur über das Fernsehen, sondern auch über andere Massenmedien die Bildung der öffentlichen Meinung beeinflussen können, keine Ausnahme vom Grundsatz kommunikativer Chancengleichheit dar. Vielmehr ist sie gerade Ausdruck des Gebots, daß in einer freiheitlich-pluralistischen Ordnung jeder grundsätzlich den gleichen Raum zur kommunikativen Entfaltung besitzen soll und einer vorherrschenden Meinungsmacht partikularer gesellschaftlicher Gruppen oder einzelner Personen zu wehren ist2056. Für sich genommen stellen intermediäre Cross Ownership Beschränkungen sonach keine willkürlichen Benachteiligungen diagonal diversifizierter Medienunternehmen dar. Die aus intermediären Cross Ownerships resultierende multimediale Meinungsmacht bildet einen sachlichen Grund dafür, daß intermediär integrierte Unternehmen nicht den gleichen Zugangsanspruch zum Rundfunk besitzen wie andere Unternehmen. Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten diagonal, aber nicht intermediär diversifizierter Rundfunkveranstalter, bei denen die Bildung einer multimedialen Meinungsmacht ja ausgeschlossen ist, wären daher sachlich nicht zu rechtfertigen. So wären Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten von Betreibern von Telediensten, Online-Diensten oder Telekommunikationsunternehmen folglich verfassungswidrig. Zu beachten ist allerdings, daß angesichts der fast schon zu vernachlässigenden ökonomischen Vorteile und der insgesamt nicht übermäßig hohen publizistischen Gefabrlichkeit der intermediären Cross Ownership die "sonstige" Meinungsmacht des Unternehmens für die Zulassung als Fernsehveranstalter nur im Ausnahmefall von ausschlaggebender Bedeutung sein darf. Im Regelfall muß sich die Zulassungsfähigkeit eines Bewerbers nach dessen Stellung im Fernsehen richten, nicht nach dessen Unternehmensstärke auf anderen Medienmärkten. Sachlich gerechtfertigt ist, daß die Heranziehung der Meinungsmacht in anderen Medien zu einer Eingrenzung der Programmtätigkeit des intermediär diversifizierten Unternehmens im Rundfunk führt. Kaum rechtfertigbar wäre dagegen, einem Unternehmen wegen dessen "sonstiger" Meinungsmacht (im Zeitschriftenmarkt, der Tagespresse o. ä.) den Zugang zum Rundfunk von vornherein zu verwehren.
§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV schließt weder die Presse noch andere Medienunternehmen pauschal von der Veranstaltung bundesweiter Fernsehprogramme aus. Der Regelungsgehalt der Cross Ownership Beschränkung erschöpft sich in einer Malusregelung auf Beweisebene, die erst dann greift, wenn das Unternehmen die allgemein geltende Marktanteilsgrenze von 30 % nur geringfügig unterschreitet, das heißt im Jahresdurchschnitt in jedem Falle mehr als ein Viertel des bundesweiten Zuschauermarkts erreicht, und darüberhinaus entweder auf einem anderen medienrelevanten verwandten Markt beherrschend ist oder über einen publizistischen Einfluß verfügt, der dem eines Fernsehveranstalters mit 30% Zuschauer2056
Vgl. bereits§ 2 E. I. 1. e).
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marktaoteil entspricht2057 . Sie schränkt die intermediäre Tatigkeit von Fernsehveranstaltern sonach nur in absoluten Spitzenbereichen ein und erschöpft sich im wesentlichen darin, intermediäre Verflechtungen zu verhindern, bei denen die ausgeprägte publizistische Vormachtstellung des Unternehmens in mehreren Medienbereichen evident ist. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV setzt der intermediären Cross Ownership von Fernsehveranstaltern mit Presseverlagen und anderen Medienunternehmen folglich nur gewisse äußerste Grenzen. Die in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV liegende Schlechterstellung von Presseverlagen und anderen Medienunternehmen beruht daher auf einem sachlichen Grund. Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages stellt keinen Verstoß gegen das Gebot kommunikativer Chancengleichheit dar.
b) Vertikal integrierte Unternehmen Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten von Unternehmen, die über mehrere, der Art nach verschiedene Kanäle der Massenkommunikation auf die Bildung der öffentlichen Meinung publizistisch Einfluß nehmen können, sind sonach prinzipiell sachlich gerechtfertigt. Im Folgenden ist zu fragen, ob nicht aber Cross Ownership Beschränkungen, die sich gegen vertikal integrierte Rundfunkveranstalter richten, das Gleichbehandlungsgebot verletzen. Verglichen mit der immer wieder aufs Neue auflebenden Debatte um den chancengleichen Zugang der Presse zum Rundfunk wird die Frage nach dem chancengleichen Zugang vertikal integrierter Unternehmen nur wenig diskutiert. Dies verwundert umso mehr, als die fortschreitende Konzentration auf den Fernsehmärkten nicht zuletzt auf der zunehmenden vertikalen Verflechtung und dem Trend zur Bildung umfassender Medienkonglomerate beruht2058 . Die gängigen Argumente für Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten intermediär integrierter Unternehmen lassen sich auch nicht ohne weiteres auf die Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten vertikal diversifizierter Unternehmen übertragen 2059 . So kann weder der Verlust intermediärer Kritik noch die intermediäre Homogenisierung von Prograrnminhalten die Schlechterstellung vertikal diversifizierter Unternehmen begründen. Nichtsdestoweniger ist die Ungleichbehandlung vertikal integrierter Fernsehveranstalter im Ergebnis sachlich gerechtfertigt. Der tragende Grund für die Differenzierung zwischen vertikal integrierten Fernsehveranstaltern und anderen Programmanbietern liegt in den massiven ökono2057 Zum materiellen Regelungsgehalt des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStVausführlich unter§ 3D. III. und zusammenfassend in § 4 B. I. 3. c) cc). sowie unter§ 4 B. II. 3. a). 2058 Zur Markt- und Konzentrationsentwicklung und der wachsenden Bedeutung der konglomerat strukturierten Medienkonzerne im Fernsehmarkt § I D. I. I. 2059 Zu den herkömmlichen Argumentationsmustern § 4 C. IV. 2. a). 31 *
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mischen Wettbewerbsvorteilen, die mit der vertikalen Konzentration eines Unternehmens verbunden sind. Wie die Analyse der ökonomischen Wirkungen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration in den Medien ergeben hat, sind im Fernsehen die vertikale Integrationsfähigkeit und die Möglichkeit zur Mehrfachverwertung publizistischer Inhalte die entscheidenden Schlüsselqualifikationen der Medienkonzerne heute2060. Die Integration von der Programmveranstaltung voroder nachgelagerten Schlüsselmärkten hat maßgeblichen Einfluß auf die Wettbewerbsposition der Unternehmen im Fernsehen. Ein derart vertikal diversifiziertes Unternehmen kann seine Unternehmerischen Handlungsspielräume auf dem Veranstaltermarkt mit seinen mittelbaren Einflußmöglichkeiten auf andere Programmveranstalter über seine Schlüsselposition auf dem vor- oder nachgelagerten Markt kombinieren. So kann das Unternehmen seine unmittelbare Meinungsmacht über seine eigenen Fernsehprogramme durch seine mittelbare Meinungsmacht über die Programme anderer Veranstalter, beispielsweise als deren zentraler lnhaltszulieferer verstärken. Zugleich können Newcomer nicht mehr mit einem diskriminierungsfreien Zugang zu den Programmressourcen des im Veranstaltungsmarkt konkurrierenden, vertikal integrierten Unternehmens rechnen. Demzufolge liegt in der vertikalen Verflechtung zwischen Fernsehveranstaltung und Lizenzhandel eine der entscheidenden Marktzutrittsbarrieren für neue Fernsehveranstalter und damit zugleich einer der Hauptgrunde für die fortgeschrittene intramediäre Konzentration und die Oligopolisierung im Fernsehmarkt Die Konzentration auf dem Markt für Programminhalte schlägt sonach auf den Veranstaltungsmarkt durch. Die vertikale Konzentration ist daher eine der bestimmenden Größen für den Wettbewerb im Fernsehen, die sich unmittelbar auf den publizistischen Wettbewerb unter den Fernsehveranstaltern und damit auf das publizistische Angebot im Fernsehen auswirkt. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, bei der Ermittlung des publizistischen Wirkungspotentials eines Zulassungsbewerbers dessen Positionen auf den vor- und nachgelagerten Märkten mitzuberiicksichtigen. Prinzipiell besteht daher ein sachlicher Grund für Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten vertikal diversifizierter Fernsehveranstalter. Allerdings kann dies nur für Cross Ownership Beschränkungen gelten, die sich auf vertikale Cross Ownerships beschränken, die publizistisch von Bedeutung sind206 1. Cross Ownership Beschränkungen sind daher nur zu Lasten vertikal diversifizierter Fernsehveranstalter zulässig, die auf vor- oder nachgeschalteten Märkten agieren, die einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Programmentscheidungen und die redaktionelle Autonomie der Fernsehveranstalter haben. Dagegen 2060 Europäisches Medieninstitut, Entwicklung der Meinungsvielfalt und der Konzentration im privaten Rundfunk, S. 127 (183, 177); Kiefer, ZUM 1995, 58 (61, 65); Paschke/Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (110). Dazu und zum Folgenden bereits ausführlich unter § 1 B. II. 2. 2061 Dazu bereits im Einzelnen unter§ 1 C. III. I.
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verstieße es gegen das Willkürverbot, den Zugang vertikal verflochtener Fernsehveranstalter zu beschränken, die ausschließlich auf Märkten agieren, die keine Schlüsselfunktion für die Veranstaltung von Fernsehprogrammen und damit auch keinen maßgeblichen mittelbaren Einfluß auf den Fernsehmarkt besitzen. So wäre die Benachteiligung eines Femsehveranstalters, der mit einem Produzenten von Videofilmen verflochten ist, ebensowenig gerechtfertigt wie die Zugangsbeschränkung des Inhabers eines Multiplex-Kinos. Der Wortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV läßt Spielraum für eine entsprechend verfassungskonforme Auslegung. Demnach kann der Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte derart einschränkend gelesen werden, daß er nur jene vor- oder nachgeschalteten Märkte umfaßt, die von zentraler Bedeutung für die Veranstaltung von Fernsehprogrammen sind. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist auch insoweit nicht willkürlich. c) Zwischenergebnis
Intermediäre und vertikale Cross Ownership Beschränkungen sind nicht von vomherein willkürlich. Die publizistischen Einflußmöglichkeiten außerhalb des Rundfunks dürfen bei der Ermittlung der Meinungsmacht und damit bei der Erteilung von Rundfunkzulassungen ebensowenig unberücksichtigt bleiben wie Wettbewerbspositionen auf Märkten, die eine Schlüsselfunktion für die Veranstaltung von Fernsehprogrammen besitzen. Auch die im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehene besondere Zugangsbeschränkung für Femsehveranstalter, die auch auf medienrelevanten verwandten Märkten tätig sind, stellt keine Verletzung des Gebots kommunikativer Chancengleichheit dar. Die Differenzierung zwischen solcherart diversifizierten Fernsehveranstaltern und anderen Veranstaltern von Fernsehprogrammen ist sachlich gerechtfertigt.
3. Willkürliche Gleichbehandlung vertikal und intermediär integrierter Unternehmen durch § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV Das Willkürverbot wird nicht nur durch sachlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen verletzt. Auch willkürliche Gleichsetzungen der Art nach verschiedener Sachverhalte können zur Verfassungswidrigkeit führen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV setzt für Femsehveranstalter, die auf medienrelevanten verwandten Märkten agieren, die zulässige Marktanteilsgrenze herab. Er erfaßt intermediäre Cross Ownerships ebenso wie vertikale. Es ist der Frage nachzugehen, ob die Gleichsetzung von vertikal integrierten Fernsehveranstaltern und intermediär verflochtenen Veranstaltern das Willkürverbot verletzt. Das Willkürverbot ist erst und nur dann verletzt, wenn die Unterschiede der geregelten Sachverhalte für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrach-
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tungsweise so erheblich sind, daß ihre Außerachtlassung als willkürlich bezeichnet werden muß2062. Vertikal integrierte Fernsehveranstalter und intermediär verflochtene Fernsehanbieter stellen wesentlich unterschiedliche Normadressaten dar. Besitzen intermediär verflochtene Fernsehveranstalter publizistische Einflußmöglichkeiten über verschiedene Massenmedien, sind vertikal integrierte Fernsehveranstalter monomedial auf das Fernsehen ausgerichtet. Intermediäre Cross Ownerships sind für den Prozeß der öffentlichen Meinungsbildung stets relevant, vertikale Cross Ownerships nur dann, wenn der integrierte vor- oder nachgelagerte Markt einen bestimmenden Einfluß auf die Fernsehveranstaltung ausübt2063 . Intermediäre Cross Ownerships werden beschränkt, da aus der Zusammenballung multimedialer Meinungsmacht unmittelbare Gefahren für den publizistischen Wettbewerb resultieren, deren Nachweis allerdings auf nicht unerhebliche Probleme stößt. Vertikale Cross Ownership Beschränkungen werden dagegen kontrolliert, um den mittelbaren, aber deutlich nachweisbaren Gefahren für das publizistische Angebot und damit für die publizistische Vielfalt im Fernsehen zu wehren, die sich aus ökonomischen Schlüsselpositionen auf den der Fernsehveranstaltung vor- bzw. nachgelagerten Märkten ergeben. Das Willkürverbot ist verletzt, wenn § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV diese unterschiedlichen Sachverhalte ohne sachlichen Grund gleichbehandelt. Den Wortlaut zugrundelegend könnte der Schluß naheliegen, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV tatsächlich beide Formen der Cross Ownership gleich behandelt, da die Cross Ownership Beschränkung sowohl für die vertikale als auch für die intermediäre Cross Ownership die kritische Marktanteilsgrenze gleichermaßen auf einen Schwellenwert absenkt, der geringfügig unter dieser liegt. Zu beachten ist jedoch, daß der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, alle Besonderheiten des zu regelnden Sachverhalts in deren Verschiedenartigkeit zu berücksichtigen. Typisierungen und Pauschalisierungen sind prinzipiell zulässig, soweit sie sich nicht einen atypischen Fall als Leitbild wählen2064. Darüberhinaus ist zu bedenken, daß dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zukommt. Der Gesetzgeber muß nicht die unter mehreren möglichen Lösungen zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste wählen2065 • Zwar umfaßt der Begriff der .,medienrelevanten verwandten Märkte" sowohl die unmittelbar meinungsrelevanten Märkte der sonstigen Massenkommunikation als auch die vertikal integrierbaren Märkte, die nur mittelbar publizistisch relevant sind. Auch hätte der Gesetzgeber zur besseren Unterscheidung zwischen vertikaler und diagonaler Cross Ownership zwei inhaltlich verschiedene Cross Ownership Beschränkungen erlassen können. Die Typisierung allein ist jedoch nicht verfassungswidrig. Vielmehr läßt der unbestimmte Begriff der Medienrelevanz ebenso wie der der 2062 2063 2064
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BVerfGE 78, 232 (248). Vgl. § 1 C. III. 1. b). Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 63. BVerfGE 78,232 (248); 31, 314 (353).
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Geringfügigkeit einen lnterpretationsspielraum, der bei der Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV Differenzierungen zwischen vertikalen und intermediären Cross Ownerships gestattet2066• § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zwingt zu keiner unterschiedslosen Behandlung vertikal und diagonal diversifizierter Unternehmen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV setzt die vertikale und die intermediäre Cross Ownership sonach nicht ungerechtfertigt gleich. Auch insoweit ist das Willkürverbot nicht verletzt. 4. Systemwidrigkeit von Zugangsbeschränkungen
Abschließend soll auf den im rundfunkrechtlichen Schrifttum erhobenen Vorwurf eingegangen werden, daß Zugangsbeschränkungen wie § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV schon allein deshalb system- und damit verfassungswidrig seien, weil die privaten Rundfunkveranstalter nicht nur einer Zugangskontrolle unterliegen, sondern darüberhinaus auch zur Wahrung einer gleichgewichtigen Programmvielfalt verpflichtet sind und damit gewissen binnenpluralistischen Grundanforderungen genügen müssen2067 . Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß der Gesetzgeber, wenn er sich für die Öffnung des Rundfunksektors für private Anbieter entschieden habe, aus Gründen der Systemgerechtigkeit entweder für eine binnenpluralistische oder aber für eine außenpluralistische Ordnung entscheiden müsse, die kommerziellen Rundfunkanbieter aber nicht beiden Vielfaltskontrollen gleichzeitig unterwerfen dürfe2068 . Das Gebot der Systemgerechtigkeit beruht auf dem Gedanken, daß Normen nicht schon mit Einhaltung der von der Verfassung gesetzten Verfahrensregeln Rechtsqualität erlangen, sondern erst dann, wenn sie den fundamentalen Grundsätzen materieller Gerechtigkeit nicht widerstreiten2069. Gesetze dürfen daher den elementaren Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit nicht klar zuwiderlaufen2070. Der Gesetzgeber hat infolgedessen bei der Normgestaltung bestimmte, aus Gründen der Rechtsstaatlichkeil gebotene Mindestanforderungen zu beachten. Zu diesen elementaren Ordnungsprinzipien zählt die Einheit der Rechtsordnung. Demnach darf die Rechtsordnung nicht in sich widersprüchlich sein und auch innerhalb der einzelnen Rechtsmaterien muß sich die einzelne Norm in den inneren Zusammenhang der Gesamtregelung einfügen2071 . Das Normensystem muß krasse Abweichungen vermeiden und in sich folgerichtig, das heißt systemgerecht sein. Ein Verstoß gegen den Gedanken der Systemgerechtigkeit indiziert eine Verletzung des Gleichheitsgebots2072. 2066 Zu der insoweit gebotenen Interpretation im Einzelnen unter § 3 D. III. 3. 2067 Holzkämper; ZUM 1994, 114 (116). 2068 Grundlegend Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 17 ff., 20 ff., 29. Zur binnenpluralistischen und außenpluralistischen Steuerung § 2 D . li. l. 2069 BVerfGE 54, 53 (67 f.). 2070 Schneider; Gesetzgebung, Rdnr. 55. 2071 Schneider; Gesetzgebung, Rdnr. 58 f. 2on BVerfGE 34, 103 (115) m. w. N.
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Nach dieser Auffassung muß der Gesetzgeber nach seiner Entscheidung für eines der beiden Modelle zur Vielfaltssicherung die Konsequenzen dieser Entscheidung gegen sich gelten lassen (" Veifassungskonsequenz aus organisatorisch gesetzten Grundvorgaben ")2073 . Er sei verpflichtet, das einmal gewählte Modell konsistent zu verwirklichen. Er dürfe keine Regelungen treffen, "die sich nur irgendwie zwischen den Polen von Außen- und Innenpluralismus [ ... ] bewegen"2074. Insbesondere stehe es nicht im freien Ermessen des Gesetzgebers, den einmal eröffneten Freiheitsraum unter Berufung auf seine Gestaltungskompetenz und der insgesamt vielfaltsfördernden Natur der erlassenen Regelungen beliebig zu beschränken und in die Pflicht zu nehmen. Der dem Rundfunkgesetzgeber eingeräumte Gestaltungsspielraum lasse nicht den Schluß zu, der Gesetzgeber dürfe beliebig zwischen außen- und binnenpluralistischen Elementen kombinieren. Im Ergebnis sieht diese Auffassung die Gestaltungsmacht des Rundfunkgesetzgebers sonach im wesentlichen auf die Wahl zwischen außen- und binnenpluralistischer Vielfaltskontrolle beschränkt. Demzufolge könnte der Gesetzgeber kommerzielle Anbieter einer außenpluralistischen Konzentrationskontrolle unterwerfen oder aber binnenplurale Vorkehrungen wie die Einhaltung inhaltlicher Programmstandards oder die Einrichtung von Programmbeiräten einfordern, in jedem Falle aber nicht beides gleichzeitig2075 . Das Bundesveifassungsgericht ist der in der Literatur geforderten Pflicht des Gesetzgebers zur Modellkonsistenz zu Recht ausdrücklich entgegengetreten 2076. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers erschöpft sich nicht in der Wahl zwischen außen- und binnenpluralistischer Organisation mit der anschließenden Verpflichtung, das jeweils gewählte Modell konsistent zu realisieren. Vielmehr steht es dem Gesetzgeber prinzipiell frei, außen- und binnenpluralistische Elemente zu kombinieren, solange dabei insgesamt die Freiheitlichkeil des Rundfunkwesens gewährleistet ist 2077 . Demzufolge ist es erlaubt, dem außenpluralistisch organisierten privaten Rundfunk- gleichsam ergänzend- binnenpluralistische Vorkehrungen abzuverlangen. Hierfür spricht vor allem, daß die Ausgestaltung der Rundfunkordnung durch den Gesetzgeber kein Selbstzweck ist. Sie dient der Gewährleistung einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk im Interesse der Sicherung des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses und damit der freien individuellen und öffent2073 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 27, allerdings den eigenen Standpunkt selbst relativierend (vgl. Lerche, a. a. 0., S. 24 f.). 2074 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 16. Ebenso Kuli, AfP 1985,265 (267). 2075 Holzkämper; ZUM 1994, 114 (116). 2076 B VerfGE 83, 238 (296, 316); zustimmend etwa Kübler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (296). 2077 Degenhart sieht hierin dagegen eine - von ihm befürwortete - prinzipielle Absage des Bundesverfassungsgerichts an das Konsequenzgebot, Bonner Kommentar-Degenhart, Art. 5 Abs. I u. 2, Rdnr. 840ff., 638. Dies kann der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts jedoch in dieser Allgemeinheit nicht entnommen werden.
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liehen Meinungsbildung in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft. Zumindest im Fernsehen stellt sich diese pluralistische Vielfalt nicht ohne weiteres mit einem funktionierenden ökonomischen Wettbewerb unter den Programmanbietern ein, da sie einer anderen Sachlogik folgt als der ökonomische Wettbewerb. Solange aber die Konkurrenz unter den Fernsehveranstaltern aufgrund der strukturellen Besonderheiten des Fernsehgeschäfts ein hinreichend breites publizistisches Angebot im Fernsehen nicht gewährleisten kann, bedarf es sowohl binnen- wie außenpluralistischer Steuerungsansätze, um die von Verfassungs wegen geforderte publizistische Vielfalt sicherzustellen. Eine nur binnenpluralistische Kontrolle würde der Verpflichtung, der Konzentration von Meinungsmacht möglichst effektiv und sonach bereits präventiv zu begegnen, nicht gerecht2078 . Eine nur außenpluralistische Konzentrationskontrolle würde dem Gebot nicht hinreichend Rechnung tragen, daß im Rundfunk alle bedeutsamen Meinungen zum Ausdruck kommen und alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens angemessen berücksichtigt werden müssen, mithin eine bestimmte inhaltliche Breite des publizistischen Angebots sichergestellt sein muß2079 . Der Gesetzgeber ist verpflichtet, Vielfaltssicherungen von hoher Effektivität und größtmöglicher Praktikabilität zu schaffen 2080 . Dieser Verpflichtung würde er nicht gerecht, wenn sich sein Gestaltungsspielraum in der Wahl zwischen der außen- und binnenpluralistischer Organisation des Rundfunkwesens erschöpfte. Die rundfunkrechtlichen Zugangsbeschränkungen und mit ihnen § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sind sonach nicht deshalb systemwidrig, weil die Fernsehveranstalter darüberhinaus auch binnenpluralen Anforderungen unterliegen. Die Kombination binnen- und außenpluralistischer Elemente ist verfassungsrechtlich nicht nur zulässig, sondern sogar geboten.
5. Zusammenfassung Das rundfunkspezifische Sonderrecht zu Lasten von Unternehmen, die sich im Rundfunk betätigen, ist sachlich gerechtfertigt, da die Rundfunkfreiheit der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung in der Gesellschaft dient und der Schutz des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses besondere Ordnungsvorschriften notwendig macht. Auch die Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten vertikal und intermediär diversifizierter Rundfunkveranstalter sind prinzipiell nicht willkürlich, da die mit intermediären Cross Ownerships verbundene multimediale Meinungsmacht ebenso wie die sich im publizistischen Wettbewerb niederschlagenden, ökonomischen Wettbewerbsvorteile der vertikalen Cross Ownership eine Sonderbehandlung der intermediär und vertikal diversifizierten Rundfunkveranstalter rechtfertigen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV behandelt 2078 2079 2080
BVerfGE 73, 118 (160). Dazu bereits § 2 E. I. 1. e. Vgl. auch§ 2 D. II. I. BVerfGE 57, 295 (323). Vgl. § 2 E. I. 1. d). Engels, ZUM 1996,44 (49). Vgl. § 2 E. I. I. e).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
vertikal und intermediär integrierte Rundfunkunternehmen auch nicht willkürlich gleich, sondern läßt in seiner Interpretation Differenzierungen zwischen diesen der Art nach verschiedenen Normadressaten zu. Die Cross Ownership Beschränkung ist auch nicht systemwidrig, obwohl die kommerziellen Anbieter sowohl der außenpluralistischen Rundfunkkonzentrationskontrolle als auch zugleich binnenpluralen Anforderungen unterliegen, da der Gesetzgeber zu keiner Modellkonsistenz verpflichtet ist und sonach binnen- und außenpluralistische Elemente kombinieren darf. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt sonach keine Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Willkürverbots dar. Die ihm zugrundeliegenden Wertungen sind nicht "bar jeder sachlich zureichenden Begriindung"2081 , sondern beruhen auf sachlich vertretbaren Griinden.
V. Verhältnismäßigkeit, Art. 20 Abs. 3 GG Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit resultiert "im Grunde bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruch des Bürgers gegenüber dem Staat von der öffentlichen Gewalt jeweils nur insoweit eingeschränkt werden dürfen, als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerläßlich ist"2082. Er stellt einen kennzeichnenden Grundsatz des Rechtsstaats dar und ergibt sich sonach nicht zuletzt aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzip2083. Als übergreifende Leitregel staatlichen Handeins besitzt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Verfassungsrang und zieht damit auch dem Wirken des Gesetzgebers Grenzen2084. Materiell besagt er, daß die Freiheitssphäre des Einzelnen nicht über Gebühr eingeschränkt werden darf. Demnach muß bei einem Gesetz, das in eine grundrechtlich geschützte Freiheit eingreift, der Grund des Eingriffs ein hinreichendes Gewicht haben und das vom Gesetzgeber gewählte Mittel zur Erreichung des von ihm verfolgten Ziels geeignet, erforderlich und dem Betroffenen zurnutbar sein2085 . Fände das Verhältnismäßigkeitsgebot auf§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV Anwendung, käme es sonach darauf an, ob die Cross Ownership Beschränkung geBVerfGE 31, 314 (353). BVerfGE 19,342 (348ff.); 35, 382 (401); 61, 126 (134); 76, 1 (50f.). Vgl. auch von Münch, Staatsrecht, Rdnr. 370m. w. N. 2083 BVerfGE 61, 126 (134); 69, I (35); 76, 256 (359). Vgl. auch Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 52; Sachs-Sachs, Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 146. 2084 BVerfGE 6, 389 (439); 16, 194 (201 f.); 17, 108 (117f.); 17, 306 (313f.); 19, 342 (348f.); 20,45 (49f.); 23, 127 (133) m. w. N. (ständige Rechtsprechung). Vgl. auch SachsSachs, Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 148; Zum Prinzipiencharakter des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Jakobs, DVBI. 1985, 97 (99). 2085 Zusammenfassend von Münch-von Münch, Vorb. Art. 1-19, Rdnr. 55; Leibholz/ Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, Art. 20, Rdnr. 776. 2081
2082
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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eignet, erforderlich und darüberhinaus auch angemessen ist, um das öffentliche Interesse an einer effektiven Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk zu verwirklichen. 1. Übermaßverbot und Ausgestaltungsvorbehalt
Fraglich ist jedoch, ob sich § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV überhaupt am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen muß. Nach der hier vertretenen Auffassung schränkt die Rundfunkordnung die Rundfunkfreiheit nicht ein, sondern gestaltet diese aus. Die Rundfunkgesetze konkretisieren lediglich die Substanz der verfassungsrechtlich geschützten Rundfunkfreiheit2086. Wenn die Rundfunkgesetze aber in keine grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre eingreifen, kommt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit an sich nicht zum Tragen2087 . Dem wird von einem nicht unerheblichen Teil der Literatur widersprochen2088 . Dabei ist allerdings zu präzisieren, daß sich der Streit nicht eigentlich um die Verhältnismäßigkeit als Rechtmäßigkeilsmaßstab für die Rundfunkfreiheit ausgestaltende Gesetze dreht. Letztlich geht es "nur" um die Gebote der Erforderlichkeil und Proportionalität, da Einigkeit besteht, daß Gesetze, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten sollen, nur dann ihrem verfassungsrechtlichen Gestaltungsauftrag gerecht werden, wenn sie sich zur Sicherung publizistischer Vielfalt im Rundfunk eignen2089 • Der Streit dreht sich sonach letztlich ausschließlich um die Anwendbarkeit des Übermaßverboti090.
Die in diesem Punkte bestehende Meinungsvielfalt läßt zwei Grundauffassungen erkennen. Nach der einen Ansicht2091 gilt das Übermaßverbot auch für das nur ausgestaltende Rundfunkrecht. Der verfassungsrechtliche Gestaltungsauftrag entbinde den 2086 So die Formulierung von Gersdorf. Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 31. 2087 Gersdorf. Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 28 ff.; Paschke I Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 ( 100); Paschke, Medienrecht, Rdnr. 245; allgemein Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 28. 2088 Bullinger. AöR 108 (1983), 161 (208); ders., AfP 1983, 319 (326); Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 25ff., 37f.; Bremer!Esser!Hojfrluznn, Rundfunk in der Verfassungsund Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 44 f. Vermittelnd Hojfrluznn-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; Ruck, AöR 117 ( 1992), 543 (550). 2089 Anderenfalls sind sie nach Art. 5 Abs. l Satz 2, 2. Alt. GG verfassungswidrig, vgl. § 4 c. li. 2. d). 2090 Zum Unterschied zwischen VerhältnismäßigkeilSgrundsatz und Übermaßverbot siehe Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 28. Kritisch zu dieser terminologischen Differenzierung Jakobs, DVBl. 1985, 97 (100). 2091 Bullinger. AöR 108 (1983), 161 (208); ders., AfP 1983, 319 (326); Bremer/Esser/ Hojfrluznn, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 44 f.; Maunz/Dürig-Herzog, Art. 20, Rdnr. 51 (mit Einschränkungen); Eberle nach Gabriel-Bräutigam, ZUM 1991, 466 (467f.); in diese Richtung auch Jarass I Pieroth-Jarass, Vorb. vor Art. l, Rdnr. 33.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Gesetzgeber nicht von seiner Verpflichtung, von übermäßigen Eingriffen in die Rechte Einzelner abzusehen. Nicht nur die wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen, auch die medienrechtlichen Vielfaltssicherungen könnten nicht schrankenlos zulässig sein. So dürften die rundfunkrechtlichen Sicherungen der publizistischen Vielfalt nicht beliebig addiert werden. Sie dürften in Umfang und Wirkung nicht über das unmittelbar Erforderliche hinausgehen. Die Rundfunkgesetze seien nur in dem Umfang verfassungsmäßig, als die Gewährleistung der pluralistischen Vielfalt sie zwingend erfordere. Entscheidend sei insoweit die jeweils bestehende, hinreichend konkretisierte Gefahr für den Pluralismus im Rundfunk. Der Gesetzgeber müsse das für die Abwehr dieser konkreten Gefahr genügende und zugleich geringsterforderliche Mittel ergreifen. Insbesondere dürfe er eine vergleichsweise geringe Verbesserung der pluralistischen Vielfalt in den Medien nicht mit gravierenden Belastungen der Rundfunkveranstalter erkaufen 2092. Allerdings sei zu beachten, daß die Grenzen der Erforderlichkeil und Angemessenheil für den parlamentarischen Gesetzgeber flexibler seien als für die Exekutive. Dem Gesetzgeber stehe eine ungleich größere, wenn auch nicht unbegrenzte Einschätzungsprärogative zu2093 . Argumentativ beruft sich die Ansicht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses habe wiederholt betont, die gesetzliche Ausgestaltung dürfe allein der Gewährleistung, nicht aber der Beschränkung der Rundfunkfreiheit dienen2094. Hiermit habe das Gericht nicht nur die von den Rundfunkgesetzen verfolgbaren Regelungszwecke limitiert, sondern auch das Übermaßverbot als Grenze des Rundfunkrechts vorgeben wollen2095. Zudem habe das Gericht festgestellt, daß der Gesetzgeber ausgestaltende Regelungen allein zum Zwecke der Vielfaltssicherung erlassen dürfe und dabei allgemeine Erwägungen nicht "konkrete Gründe ersetzen [können], aus denen sich ergibt, daß gesetzliche Maßnahmen, welche die Rundfunkfreiheit berühren, der besseren oder zumindest gleichwertigen Sicherung dieser Freiheit dienen" 2096. Hieraus wird abgeleitet, daß es konkreter Gründe bedürfe, um den Erlaß und damit die Erforderlichkeil von ausgestaltenden Regelungen zu rechtfertigen. Damit habe das Bundesverfassungsgericht klargestellt, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch auf die Ausgestaltung der Rundfunkordnung Anwendung finde 2097. Zum selben Ergebnis kommen die Vertreter einer vornehmlich subjektiv-freiheitlichen Interpretation der Rundfunkfreiheit, die eine eigenständige Ausgestaltungsbefugnis des Rundfunkgesetzgebers schon vom Grundsatz her ablehnen, da diese die Normen des Bullinger. AöR 108 (1983), 161 (209). Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (208f.); ders., AfP 1983,319 (326). 2094 BVerfGE 57, 295 (321). 2095 Bullinger, AöR 108 (1983), 161 (208); ders., AfP 1983, 319 (326). 2096 BVerfGE 74, 297 (334). 2097 Bremer/ Esser/ Ho.ffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 44 (Fußnote 120). 2092 2093
C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht
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Rundfunkrechts als Eingriffe in die vorpositiv bestehende Rundfunkfreiheit der kommerziellen Anbieter und folglich schon von da her dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterworfen ansehen. 2098
Die Gegenposition2099 hält die Anwendung des Übermaßverbots auf die Normen des Rundfunkrechts für mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG unvereinbar, wenn man diese als Bestimmungen ansieht, die die Rundfunkfreiheit ausgestalten und nicht einschränken. Die Befürworter einer Anwendung des Übermaßverbots gingen letztlich von einer schutzwürdigen subjektiven Rechtsposition der Rundfunkveranstalter aus, die in ihrer Schutzrichtung dem öffentlichen Interesse an der Sicherung einer publizistischen Vielfalt in den Medien gegenläufig sei. Dies entspreche aber gerade nicht der dogmatischen Konstruktion, die den Ausgestaltungsgesetzen zugrunde liege. Demach werde die Rundfunkfreiheit in erster Linie im Interesse freier und umfassender Meinungsbildung gewährleistet und nicht im subjektiven Interesse der Rundfunkveranstalter2100 • Anders als im Rahmen des klassischen Eingriffs-Schemas müsse sich die verfassungsrechtliche Überpriifung von Ausgestaltungsgesetzen sonach nicht am Schutz der individuellen Freiheit des einzelnen Rundfunkveranstalters orientieren, sondern an der Sicherung der Funktion des Rundfunks im Rahmen des gesamtgesellschaftlichen, über den einzelnen Kornrnunikator hinausweisenden Kommunikationsprozesses, der sich in dem (einfach-) gesetzlich bestimmten Organisationsmodell vollziehe 2101 . Rundfunkveranstalter würden demnach nicht in der Wahrnehmung eigener Interessen, sondern vielmehr in der treuhändensehen Wahrnehmung von Interessen der Allgemeinheit geschützt2102. Die Rechte der kommerziellen Veranstalter stünden sonach unter dem Vorbehalt der Erreichung des objektiv-rechtlichen Normziels der Vielfaltssicherung und auch nur um derentwillen unter dem Schutz der Verfassung. Der Schutz der Rundfunkveranstalter könne daher von vomherein nicht im Widerstreit mit dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Vielfaltssicherung stehen. Der vom Übermaßverbot angestrebte, angemessene Ausgleich konfligierender Interessen mache im Rahmen der Rundfunkfreiheit daher keinen Sinn2103. 2098 Lerche, Presse und privater Rundfunk, S. 25 ff., 37 f.; Bremer/ Esser/ Hoffmann, Rundfunk in der Verfassungs- und Wirtschaftsordnung Deutschlands, S. 44 (Fußnote 120); weitere Nachweise in den Fußnoten 1773 und 761. Zum Streit um das Ausgestaltungsmodell insgesamt § 4 C. II. I. a). 2099 Gersdorf. Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 28 ff.; Paschke/ Plog, Fortschritte bei der Konzentrationskontrolle?, S. 99 (100); allgemein Badura, Staatsrecht, Teil C, Rdnr. 28; v. Mangoldt/Klein/Starck-Starck, Art. 5, Rdnr. 106. Ebenso im Prinzip, wenn auch mit Einschränkungen Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; ders., Öffentliches Wirtschaftsrecht der Kommunikation und der Medien, Anm. 19f.; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (550). 21oo Dazu und zum Folgenden bereits im Einzelnen unter§ 4 C. II. I. b). 2101 Ruck, AöR 117 (1992), 543 (549f.). 2102 BVerfGE 83, 238 (300). Vgl. auch Ruck, AöR 117 (1992), 543 (562). 2103 Besonders deutlich Gersdorf. Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 30f.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
Letzterer Ansicht ist beizupflichten. Geht man davon aus, daß Rundfunkgesetze die Rundfunkfreiheit ausgestalten, verwirklichen und damit erst den Boden für die subjektive Rundfunkfreiheit der Rundfunkveranstalter legen, fehlt es an den für eine Erforderlichkeits- und Angemessenheitsprüfung notwendigen widerstreitenden Interessen. Versteht man die Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit, laufen das öffentliche Interesse an einer umfassenden Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk und das subjektive Interesse der Rundfunkveranstalter, Programme im Dienste der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu veranstalten, parallel. Die subjektive Rundfunkfreiheit der Rundfunkveranstalter kann keinen Gehalt haben, der sich dem objektiv-rechtlichen Ziel der Rundfunkgesetze, das heißt der Gewährleistung eines umfassenden publizistischen Angebots, in einer Abwägung entgegensetzen ließe2104. Die ausgestaltende Natur der Rundfunkgesetze verschließt sich daher einer Überprüfung am Maßstab der Erforderlichkeit und Angemessenheit. Gegenteiliges läßt sich auch nicht aus den zitierten Passagen 2105 der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung schließen. Dem Beschränkungsverbot kann nicht entnommen werden, daß die Ausgestaltungsgesetze dem Verhältnismäßigkeilsprinzip unterfallen müssen. Vielmehr läßt die hier besonders deutliche Differenzierung zwischen Ausgestaltungs- und Schrankengesetzgebung eher vermuten, daß der auf Schrankengesetze unstreitig anzuwendende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerade nicht auf die von diesen zu unterscheidenden Ausgestaltungsgesetze anwendbar sein soll. Auch aus dem fünften Rundfunkurteil kann nicht abgeleitet werden, daß das ausgestaltende Rundfunkrecht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen hat. Die Passage bezieht sich ausschließlich auf die Eignung zur Vielfaltssicherung, nicht auf eine etwaige Erforderlichkeil ausgestaltender Regelungen.
Das Übermaßverbot ist auf Ausgestaltungsgesetze demzufolge nicht anwendbar, da es an den für eine Erforderlichkeits- und Angemessenheitsprüfung notwendigen widerstreitenden Interessen fehlt. Ausgestaltende Rundfunkgesetze dienen ausschließlich der Verwirklichung der Rundfunkfreiheit und bringen eben gerade nicht kollidierende Interessen zum Ausgleich wie die Schrankengesetze, die im Dienste öffentlicher Interessen individuelle Freiheiten Einzelner beschränken. Die Verfassungsmäßigkeit von Cross Ownership Beschränkungen wie dem § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV hängt daher prinzipiell nicht davon ab, ob diese zur Sicherung einer umfassenden publizistischen Vielfalt im Rundfunk erforderlich und auch insgesamt angemessen sind. 2. Übermaßverbot und Umgestaltung
Zu überlegen ist jedoch, ob dieser Grundsatz nicht einzuschränken ist. Gestaltet der Gesetzgeber die Rundfunkordnung nicht nur aus, sondern darüberhinaus auch 2104
2105
Zu Güterahwägungen allgemein Jakobs, DVBI. 1985,97 (100). BVerfGE 57, 295 (321); 74, 297 (334).
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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um, setzt er an die Stelle seiner alten Vielfaltsvorstellungen neue Konzepte, die die publizistische Vielfalt im Rundfunk sicherstellen sollen. Definiert der Gesetzgeber bei seiner Reform der Rundfunkordnung bereits bestehende Rechte und Pflichten der Rundfunkveranstalter neu und verkürzt dadurch zuvor eingeräumte Rechtspositionen der Veranstalter, könnten die auf der vorherigen Gesetzeslage basierenden, subjektiven Rechte der Rundfunkveranstalter den Gegenpol zu dem öffentlichen Interesse an einer effektiven Vielfaltssicherung bilden, dessen Fehlen der Grund dafür ist, daß das Übermaßverbot im Rahmen von Ausgestaltungen im Regelfall nicht anwendbar ist2106•
Für die Anwendbarkeit des Übermaßverbots auf umgestaltendes Rundfunkrecht lassen sich gute Gründe anführen. Zum einen sind aus Gründen der Rechtsstaatlichkeil auch Rundfunkveranstalter in ihrem Vertrauen auf den Fortbestand einer Rechtslage zu schützen2107. Auch wenn kommerzielle Rundfunkanbieter ob ihrer treuhändensehen Stellung nur in ihrer Funktion für den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß geschützt werden, bedürfen sie nichtsdestoweniger eines gewissen Mindeststandards an Planungs-, Rechts- und Investitionssicherheit2 108• Gerade die angestrebte, effektive Sicherung einer funktionierenden Meinungsbildung im und über den Rundfunk macht einen gewissen Vertrauensschutz der Rundfunkveranstalter notwendig. So hat auch das Bundesverfassungsgericht betont, daß sich die subjektiv- und objektivrechtlichen Elementen der Rundfunkfreiheit gegenseitig bedingen und stützen sollen2109• Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, daß alle subjektiven Rechte, die die Rundfunkgesetze dem einzelnen Rundfunkveranstalter einräumen, Manifestationen und Konkretisierungen der subjektiv-rechtlichen Seite der Rundfunkfreiheit darstellen, mithin Grundlage und Boden des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Einzelnen auf Rundfunkveranstaltung sind2110. Diese verfassungsrechtliche Dimension der subjektiven Rechtspositionen der Rundfunkveranstalter läßt sich nur schwer mit der Ansicht vereinbaren, daß einmal entstandene rundfunkrechtliche Altrechte bei neuerlichen Ausgestaltungen der Rundfunkordnung 2106 Zur Unanwendbarkeit des Übermaßverbotes wegen des Mangels an widerstreitenden Interessen ausführlich unter § 4 C. V. 1. 2107 Das Vertrauen der Unternehmen wird dabei allerdings auch nur in den Grenzen der Freiheitssphäre geschützt, die den Rundfunkveranstaltern von der Rundfunkordnung eingeräumt wird. Nicht geschützt wird das Vertrauen in eine Rechtslage, die den Veranstaltern die Bildung und Ausübung vorherrschender Meinungsmacht gestatten würde, Kühler, Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (296f.). Zum Vertrauensschutz allgemein Badura, Staatsrecht, Teil D, Rdnr. 53. 2108 BVerfGE 83, 238 (300). Zur treuhändensehen Stellung der Rundfunkveranstalter § 4 C. II. 1. b) aa). 2109 BVerfGE 57, 295 (319f.). In BVerfGE 74,297 (323) wird noch prägnanter von einer gegenseitigen "Durchdringung" gesprochen. 211o Dazu bereits§ 4 C. II. 1. b).
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
unberücksichtigt bleiben sollen, namentlich ohne weiteres wieder entzogen werden können. Das entscheidende Argument für eine Anwendung des Übermaßverbots auf ausgestaltende Regelungen, die in einmal gewährte Rechtspositionen der Rundfunkveranstalter eingreifen, findet sich, wenn man einen Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Eigentumsgarantie wirft. Denn die Frage nach der Verhältnismäßigkeit ausgestaltenden Rundfunkrechts zeigt deutliche Parallelen zur Problematik der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG. Nach der heutigen Eigentumsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts ist zwischen Inhaltsbestimmungen und Enteignungen zu unterscheiden2111 • Anders als Enteignungen greifen Inhaltsbestimmungen nicht in das Eigentum ein, sondern gestalten dieses lediglich aus 2112. Nichtsdestoweniger unterliegen sie einer modifizierten Verhältnismäßigkeitsprüfung, soweit sie subjektive Rechte entziehen oder verkürzen, die der Einzelne aufgrund alten Rechts ausgeübt hat. Inhaltsbestimmungen, die Altrechte entziehen oder verkürzen, sind daher nur dann verfassungsgemäß, wenn sie durch einen Grund des öffentlichen Interesses gerechtfertigt sind und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinreichend Rechnung tragen. Ob die Inhaltsbestimmung erforderlich und angemessen ist, bestimmt sich nach einer Abwägung zwischen dem individuellen Interesse des Alteigentümers am Fortbestand seines Rechts einerseits und dem Gewicht des verfolgten öffentlichen Interesses andererseits. Neben Art und Intensität der Beschränkung kommt es dabei nicht zuletzt auf das schutzwürdige Vertrauen des Alteigentümers auf den Fortbestand der Rechtslage an2113 . Im Ergebnis gewinnen an dieser Stelle die zur Bestimmung der Rechtsnatur eigentumsrelevanter Normen nunmehr ganz überwiegend abgelehnten materiellen Abgrenzungstheorien wieder Gewicht2114 • Ist die Inhaltsbestimmung nicht erforderlich oder unzumutbar, führt dies jedoch nicht ohne weiteres zu ihrer Nichtigkeit. Vielmehr kann die unangemessene Belastung der Alteigentümer durch Entschädigungs- oder sonstige Ausgleichsregelungen zu deren Gunsten abgefangen werden. Erst wenn dies nicht mehr möglich ist, führt die Unverhältnismäßigkeil der Inhaltsbestimmung zu deren Verfassungswidrigkeit2 115 • 2111 Zur früheren Eigentumsdogmatik, namentlich der materiellen Abgrenzung zwischen Inhaltsbestimmung und Enteignung bereits im Einzelnen unter§ 4 C. III. 2. b). 2112 Anders als in seiner früheren Rechtsprechung nimmt das Bundesverfassungsgericht auch nicht mehr an, daß Inhaltsbestimmungen, die die Altrechte von Eigentümern verkürzen, sowohl ausgestaltender als auch eingreifender Natur seien. Auch in diesen Fällen bewahren die Inhaltsbestimmungen ihre Rechtsnatur als reine Ausgestaltungsgesetze. Dazu HoffmannRiem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (550). Dazu bereits im Einzelnen unter§ 4 C. II. 1. e). 2113 Zum Vertrauensschutz von Alteigentümern von Münch-Bryde, Art. 14, Rdnr. 64. 2114 BVerwGE 94, 1 (11); BGH, DVBI. 1996, 671 (673); DVBI. 1997, 45 (46); vgl. auch Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 189 f. 2115 BVerfGE 83, 201 (212f.). Dazu etwa Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 183 f.
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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Überträgt man diese bei den reformierenden Eigentumsinhaltsbestimmungen geltenden Grundsätze auf die Parallelproblematik bei den reformierenden Rundfunkgesetzen, bedeutet dies, daß rundfunkrechtliche Ausgestaltungsregelungen dem Übermaßverbot jedenfalls dann nicht unterliegen, wenn es keine rundfunkrechtlichen Altrechte gibt, die durch die neuen Bestimmungen verkürzt oder gar entzogen werden könnten. Haben die alten Rundfunkgesetze dagegen solche subjektiven Rechtspositionen eingeräumt, müssen diese bei der Umgestaltung der Rundfunkordnung berücksichtigt werden. Die Entziehung oder Einschränkung einmal gewährter subjektiver Rechtspositionen führt nicht dazu, daß die umgestaltenden Regelungen ihre Rechtsnatur als Ausgestaltungsgesetze der Rundfunkfreiheit verlieren und sich zu verfassungsrechtlichen Eingriffen in die Rundfunkfreiheit wandeln 2116. Sie hat jedoch zur Folge, daß sich die umgestaltenden Normen trotz ihres nur ausgestaltenden Charakters am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen müssen. Materiell entscheidend ist letztlich die Abwägung zwischen den individuellen Interessen der von der Umgestaltung betroffenen Rundfunkveranstalter am Fortbestand ihrer Rechte und dem öffentlichen Interesse an einer effektiven und umfassenden Vielfaltssicherung. Ob das mit der umgestaltenden Regelung verfolgte konkrete Vielfaltsziel die Verkürzung der Rechtsposition des Rundfunkveranstalters rechtfertigen kann, hängt nicht zuletzt von der Schwere der Rechtsbeeinträchtigung des Veranstalters ab. Von Bedeutung ist darüberhinaus, ob und inwieweit der Rundfunkveranstalter auf den Fortbestand seines Rechts vertraute und vertrauen durfte, das heißt sein Vertrauen den Schutz der Rechtsordnung genoß. Ergibt die lnteressenabwägung, daß die konkrete rundfunkrechtliche Umgestaltung nicht erforderlich oder den Rundfunkveranstaltern unzumutbar ist, ist danach zu fragen, ob die unangemessene Belastung der Rundfunkveranstalter durch Ausgleichsregelungen abgefangen werden kann. Erst wenn die Beeinträchtigung der rundfunkrechtlichen Altrechte jenseits dieser Zumutbarkeitsschwelle liegt, wirkt sich die Unverhältnismäßigkeil der Inhaltsbestimmung auch auf die Rechtsposition der Rundfunkveranstalter aus, die in keinen rundfunkrechtlichen Altrechten betroffen sind. Denn erst dann und nur dann ist das die Rundfunkordnung reformierende Rundfunkgesetz wegen des Verstoßes gegen das Übermaßverbot verfassungswidrig. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, daß der Rundfunkgesetzgeber von Verfassungs wegen verpflichtet ist, die Rundfunkordnung im Dienste der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung auszugestalten und gegebenenfalls erforderliche Veränderungen und Nachhesserungen vorzunehmen2117 . Prinzipiell vollzieht sich die Ausgestaltung der Rundfunkordnung sonach entschädigungslos. Die Heranziehung des Übermaß2116 Anderer Ansicht Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; Ruck, AöR 117 (1992), 543 (550f.). 2117 Zur dienenden Natur der Rundfunkfreiheit BVerfGE 57, 295 (319, 320); 74, 297 (323); 83, 238 (295). Zur Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers BVerfGE 83, 238 (330).
32 Tschon
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
verbotesdarf nicht dazu führen, daß die Ausgestaltung der Rundfunkordnung generell entschädigungspflichtig wird. Der Verhältnismäßigkeitsausgleich muß folglich die Ausnahme von der Regel darstellen. Grundsätzlich kann er daher nur dann geboten sein, wenn die Umgestaltung die Inhaber rundfunkrechtlicher Altrechte in einer atypischen Lage übermäßig und besonders schwer trifft2118 •
Der Gestaltungsspielraum des Rundfunkgesetzgebers ist bei der Umgestaltung der Rundfunkordnung sonach stärker eingeschränkt als bei deren erstmaliger Ausgestaltung. Die These von der Nichtanwendbarkeit des Übermaßverbots im Bereich der rundfunkspezifischen Ausgestaltung ist folglich nicht ausnahmslos haltbar. Gänzlich ausgeschlossen ist das Übermaßverbot nur bei der erstmaligen Ausgestaltung der Rundfunkordnung2119 . Trifft die Ausgestaltung auf bereits bestehende subjektive Rechtspositionen, kommt das Übermaßverbot, wenn auch in abgeschwächter Form, zur Anwendung. Umgestaltungen, die Altrechte von Rundfunkveranstaltern verengen oder verkürzen, sind daher nur dann verfassungskonform, wenn sie zur Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk erforderlich und auch insgesamt angemessen sind2120 . Steht dem Gesetzgeber ein Instrument zur Verfügung, das für die Rundfunkveranstalter milder, dabei aber im Hinblick auf die zu sichernde Vielfalt im Rundfunk gleich effektiv ist, ist die getroffene Umgestaltung demzufolge unzulässig. Für die vorliegende Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kommt es sonach darauf an, ob die Cross Ownership Beschränkung
des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages die Rundfunkordnung reformiert und dabei einmal begründete, rundfunkrechtliche Altrechte von Fernsehveranstaltern verkürzt.
Die Cross Ownership Beschränkung war Teil der materiell-, organisations- und verfahrensrechtlichen Totalrevision des deutschen Rundfunkkonzentrationsrechts im Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, die die Rechte und Pflichten der Rundfunkveranstalter bei der Zulassung zum bundesweiten Fernsehen grundlegend neu definierte2121 • § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV besitzt sonach einen nicht nur aus-, sondern auch umgestaltenden Charakter. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV entzog den Fernsehveranstaltern jedoch keine bereits begründeten, rundfunkrechtlichen Altrechte. Zwar bestand nach der vorherigen 2118 Vgl. zur parallelen Problematik in Art. 14 Abs. I S. 2 GG Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 187. 2119 Ebenso Ruck, AöR 117 (1992), 543 (550). 212o In diese Richtung auch Hoffmann-Riem und Ruck, die jedoch nur die "bestandsgeschützten" Altrechte der Rundfunkveranstalter als geschützt ansehen wollen, wobei der Begriff des Bestandsschutzes in diesem Zusammenhang unkonkret bleibt, Hoffmann-Riem, Kommunikations- und Medienfreiheit, Rdnr. 34; Ruck, AöR 117 ( 1992), 543 (551 ). 2121 Hess, AfP 1997, 680ff., 777ff.; Kreile, CR 1998, 24; ders., NJW 1997, 1329; Neft, ZUM 1998, 458; Kuch, ZUM 1997, 12; Dörr, MP 1996, 621; Clausen-Muradian, ZUM 1996, 934. Dazu bereits§ I A. I. 3. c) und§ 3D. III.
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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Rechtslage noch keine Cross Ownership Beschränkung auf Bundesebene, dennoch war mit dem Erlaß der Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages keine Einschränkung rundfunkrechtlicher Altrechte verbunden. Dies ist letztlich darauf zurückzuführen, daß das bis dahin geltende Beteiligungsmodell den im bundesweiten Fernsehen engagierten Unternehmen insgesamt weniger Handlungs- und Expansionsspielraum gelassen hatte als das neue Zuschauermarktanteilsmodell. So war es nach dem alten Rundfunkkonzentrationsrecht praktisch ausgeschlossen, daß ein einzelnes Medienunternehmen 30 % des Zuschauermarkts erreicht und damit auch nur annähernd in die Nähe der kritischen Marktanteilsgrenze rückt2122 • Bei seinem Inkrafttreten war daher kein bundesdeutscher Fernsehveranstalter von der Cross Ownership Beschränkung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV betroffen. Der Erlaß der Cross Ownership Beschränkung verkürzte infolgedessen keine einmal gewährten Rechtspositionen von Fernsehveranstaltern. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist infolgedessen nicht am Übermaßverbot zu messen. Die Cross Ownership Beschränkung stellt zwar eine Umgestaltung der Rundfunkordnung dar, hat dabei jedoch die rundfunkrechtlichen Altrechte der Fernsehveranstalter unberührt gelassen.
3. Zusammenfassung Das die Rundfunkfreiheit ausgestaltende Rundfunkrecht ist grundsätzlich nicht dem Übermaßverbot unterworfen. Eine Ausnahme gilt für rundfunkrechtliche Bestimmungen, die die Rundfunkordnung nicht erstmalig aus-, sondern vielmehr reformierend umgestalten und dabei bereits entstandene subjektive Rechtspositionen von Rundfunkveranstaltern verkürzen oder gar ganz entziehen. Auf diese umgestaltenden rundfunkrechtlichen Bestimmungen ist das Übermaßverbot modifiziert anwendbar. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt zwar eine Umgestaltung der Rundfunkordnung dar, mit ihm war jedoch keine Beeinträchtigung rundfunkrechtlicher Altrechte verbunden. Er ist daher nicht auf seine Erforderlichkeil und Proportionalität hin zu überprüfen. Ergänzend sei festzustellen, daß selbst wenn man § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV am Übermaßverbot messen würde, dieser nicht verfassungswidrig wäre. Wagt man das individuelle Interesse der Fernsehveranstalter am Fortbestand der Rechtslage gegen das öffentliche Interesse an einer umfassenden und effektiven Vielfaltssicherung ab, so muß man zu dem Ergebnis gelangen, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die Fernsehveranstalter nicht unzumutbar belastet. Zum einen stellt § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eine nur sehr schwache Einschränkung der marktübergreifenden Eigentumskonzentration im Medienbereich dar, zum anderen kann bezweifelt werden, daß die Fernsehveranstalter auf den Fortbestand einer nur hori2122 So hatte zum damaligen Zeitpunkt kein Unternehmen einen Marktanteil von mehr als 20 %, Kühler; Konzentrationskontrolle des bundesweiten Rundfunks, S. 287 (311 ). 32*
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
zontalen Konzentrationskontrolle vertrauen durften. Im übrigen sei auf die Erwägungen zur Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV im Rahmen des Art. 43 EG und des Art. 10 EMRK verwiesen2123 .
VI. Bestimmtheit, Art. 20 Abs. 3 GG Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit muß jede allgemeinverbindliche Norm den Tatbestand und dessen rechtliche Bedeutung mit einem Mindestmaß an Bestimmtheit festlegen 2124. Das Erfordernis rechtsstaatlicher Klarheit und Bestimmtheit nach Inhalt, Zweck und Ausmaß beschränkt sich nicht auf Normen, die in die grundrechtlich geschützte Freiheitssphäre Einzelner eingreifen. Das Bestimmtheitsprinzip gilt für alle Akte staatlicher Gewalt, mithin auch für Gesetze, die grundrechtliche Freiheiten nur ausgestalten und nicht beschränken2I25. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zeichnet sich durch die Anhäufung einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe aus. Schon bei den Aufgreifkriterien lassen die Begriffe des "medienrelevanten verwandten Marktes" und der "geringfügigen Unterschreitung" weite Interpretationsspielräume. Noch mehr Deutungsmöglichkeiten gestatten die Eingreifkriterien der Cross Ownership Beschränkung. Dies gilt vor allem für die zweite Alternative des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV. Es bedarf daher der näheren Untersuchung, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV dem Gebot rechtsstaatlicher Bestimmtheit hinreichend Rechnung trägt.
1. Bestimmtheitsgrundsatz und Funktionsgerechtigkeit Zunächst ist davon auszugehen, daß es dem Gesetzgeber grundsätzlich erlaubt ist, sich bei der Abfassung von Normen Generalklauseln und unbestimmter Rechtsbegriffe zu bedienen, da die Vielzahl und Vielgestaltigkeit der denkbaren Sachverhalte und Verhaltensweisen eine kasuistische Regelung aller Fälle regelmäßig ausschließt2126. Die Kategorie der "unbestimmten Rechtsbegriffe" umfaßt dabei nicht jene Begriffe, die dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügen. Vielmehr zählen zu ihr alle normativen Begriffe, deren genauer Inhalt und Umfang sich erst im konkreVgl. § 4 B. l. 3. c) cc) und§ 4 B. II. 3. a). BVerfGE I, 16 (45); 5, 25 (31); 21, 73 (79); 25, 213 (227); 37, 132 (142). Kritisch zur eigenständigen Bedeutung des Bestimrntheitsprinzips neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Pieroth/Schlink, Staatsrecht, Rdnr. 312; weniger ablehnend Jakobs, DVBI. 1985, 97 (100). 2125 BVerfGE 73, 118 (163 f.); 83, 238 (322). Vgl. Gersdorf. Chancengleicher Zugang zum digitalen Fernsehen, S. 29. 2126 BVerfGE 4, 352 (358); 11, 234 (237); 21, 73 (79); 28, 175 (183); 32, 346 (364); 37, 201 (208); 56, 1 (12). Dazu etwa Degenhart, Staatsrecht, Rdnr. 302. 2123
2124
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ten Einzelfall erschließt, wenn Verwaltung und Rechtsprechung die vom Gesetzgeber eröffneten Wertungsspielräume auf den konkreten Regelungsgegenstand beziehen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls ausfüllen2127. Unbestimmte Rechtsbegriffe bezwecken, daß sich der Gesetzgeber selbst entlasten und zugleich die materielle Qualität der Normen durch Rückgriff auf anderweitigen Sachverstand steigern kann. Allerdings können sich hieraus auch Vollzugsdefizite ergeben, die der materiellen Qualität der Regelung abträglich sind2128 . Die Grenze zulässiger Unbestimmtheit findet sich im Grundsatz der Wesentlichkeit. Demnach hat der Gesetzgeber die für das Gemeinwesen "wesentlichen" normativen Fragen selbst zu entscheiden2129. So darf der Gesetzgeber die entscheidenden Grundfragen des zu regelnden Rechtsbereichs nicht dem Ermessen der Verwaltung überlassen und sich so der Entscheidung über das Ob und Wie der Regulierung mittels einer vagen Generalklausel entziehen 2130. Der Grad der hiernach erforderlichen Regelungsdichte2131 läßt sich nicht allgemein festlegen. Vielmehr bestimmt er sich nach Rang und Adressatenkreis der zu setzenden Norm sowie den Besonderheiten des zu regelnden Tatbestandes 2132 . Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Norm sind dabei umso höher, je schwerer ihre Auswirkungen wiegen2133 . Für eine hohe Normierungsdichte sprechen das Gebot rechtsstaatlicher Bestimmtheit und Vorhersehbarkeit sowie die unmittelbare, demokratische Legitimation des Gesetzgebers, für eine niedrige Regelungsdichte die Verständlichkeit und Überschaubarkeit der Norm sowie die Flexibilität der Norm im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit der zu regelnden Sachverhalte2134 . An die Normierung dürfen dabei keine unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. So kann eine Norm nicht als zu unbestimmt und daher verfassungswidrig qualifiziert werden, wenn der von ihr zu normierende Sachbereich einer präziseren begrifflichen Umschreibung nicht zugänglich ist. 2127 BVerfGE 8, 274 (326); 13, 153 (161); Schneider, Gesetzgebung, Rdnr. 72; Hili, Gesetzgebung, S. 120f. 212s Hili, Gesetzgebung, S. 114. 2129 Wesentlichkeilstheorie des Bundesverfassungsgerichts, vgl. etwa BVerfGE 33, 303 (345); 34, 165 (192); 45,400 (417); 47,46 (48); 40,237 (249). Dazu etwa Degenhart, Staatsrecht, Rdnr. 294 f. 2130 BVerfGE 6, 32 (42); 56, I (12f.); 57, 295 (321, 326); 73, 118 (182 f.). 2131 Regelungsdichte umschreibt das Verhältnis zwischen Abstraktion und Konkretisierung, Hili, Gesetzgebung, S. 108. Von der Frage nach der notwendigen Normierungsdichte ist die Frage zu unterscheiden, ob und inwieweit der Gesetzgeber der Verwaltung einen Beurteilungsspielraum eingeräumt hat. Wie bereits festgestellt, ist § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zwar relativ unbestimmt, eröffnet den Landesmedienanstalten jedoch keinen Beurteilungsfreiraum. Dazu im Einzelnen unter§ 3D. III. 5. c. 2132 BVerfGE 56, 1 (13). 2133 BVerfGE 56, 1 (13); vgl. auch BVerfGE 48, 210 (222). 2134 Hili, Gesetzgebung, S. 109.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Der im Kern entscheidende Gesichtspunkt für die Bestimmung der erforderlichen Regelungsdichte ist das jeder Norm inhärente Ziel der Funktionsgerechtigkeit2135. Diese setzt zum einen voraus, daß die gesetzliche Anordnung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß so bestimmt ist, daß sie von den Verwaltungs- und Justizbehörden ohne Willkür gehandhabt werden kann. Zum anderen muß die Norm von den betroffenen Kreisen so verstanden werden können, daß diese ihr Verhalten daran ausrichten können. Das staatliche Handeln muß für den Einzelnen voraussehbar und berechenbar sein2136 • Dem Bestimmtheitsgebot wird daher nicht Genüge getan, wenn der Regelungsgehalt nicht hinlänglich zum Ausdruck kommt, die Norm unklar, mißverständlich oder in sich widersprüchlich ist. Es kommt demzufolge darauf an, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV adressatengerecht und anwendungsgeeignet ist. Dabei ist zu bedenken, daß angesichts der insgesamt nur schwachen Regelungskraft des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV2137 die Bestimmtheitsanforderungen an die Cross Ownership Beschränkung nicht überspannt werden dürfen, zumal die Vielgestaltigkeit der möglichen Cross Ownerships mit der sich überschlagenden technischen Entwicklung und Generierung immer neuer Kommunikationsformen den Einsatz unbestimmter Rechtsbegriffe nahelegt, wenn nicht sogar fordert.
2. Funktionsgerechtigkeit der Aufgreifkriterien des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV Zunächst ist zu untersuchen, ob die Aufgreifkriterien der Cross Ownership Beschränkung dem Gebot rechtsstaatlicher Bestimmtheit hinreichend Rechnung tragen. Der Begriff der "medienrelevanten verwandten Märkte" ist weitgefaßt. Seinem Wortlaut nach erfaßt er jeden Markt, der für Informations- oder Kommunikationsmittel gleich welcher Art irgendwie von Bedeutung ist und einen unmittelbaren oder auch nur mittelbaren Zusammenhang mit der Veranstaltung von Fernsehprogrammen aufweist2138. Da der Begriff eine Neuschöpfung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist, kann er (noch) auf keine Konkretisierung durch die Praxis in Verwaltung und Rechtsprechung zurückgreifen. Nichtsdestoweniger lassen sich Bedeutung und Umfang des Begriffs aus seiner Entstehungsgeschichte, der Gesetzesbegründung, dem systematischen Zusammenhang und vor allem vom Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV her präzisieren2139. Demnach können medienrelevante verwandte Märkte nur die Märkte sein, die einen nicht uner2135 2136 2137 2138
2139
Hili, Gesetzgebung, S. 96 m. w. N. BVerfGE 21, 73 (79); 52, 1 (41); 56, 1 (12). Vgl. §3D. III. und zusammenfassend in§ 4 B. I. 3. c) cc) sowie unter§ 4 B. II. 3. a). Vgl. dazu im Einzelnen§ 3D. III. 3. a) aa). Vgl. §3D. III. 3. a).
C. Vereinbarkeit mit nationalem Verfassungsrecht
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hebliehen Einfluß auf den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß haben. Damit beschränkt sich § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV auf die Kontrolle von intermediären Verflechtungen sowie von vertikalen Cross Ownerships, bei denen der integrierte vor- oder nachgeschaltete Markt über einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Programmgestaltung im Fernsehen verfügt, mithin in eine Schlüsselfunktion für die Programmgestaltung im Fernsehen geriickt ist. Auch wenn gerade im Hinblick auf die vertikale Konzentration erhebliche Wertungsspielräume bleiben, die erst noch durch Entscheidungen der KEK bzw. nötigenfalls der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ihre genauere Konturierung erfahren müssen, ist der Begriff der medienrelevanten verwandten Märkte sonach hinlänglich adressatengerecht und anwendungsgeeignet, zumal die Vielgestaltigkeit der potentiell relevanten Cross Ownerships eine sehr viel präzisere, begriffliche Umschreibung fast schon ausschließt. Der Terminus der medienrelevanten verwandten Märkte trägt dem Erfordernis rechtsstaatlicher Klarheit und Bestimmtheit sonach hinreichend Rechnung2 140• Gleiches gilt im wesentlichen für den Begriff der "geringfügigen Unterschreitung ". Dem Wortlaut und der Stellung im Gesetz läßt sich lediglich entnehmen, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV restriktiv auszulegen ist2141 • Eine Konkretisierung des Begriffs ist jedoch möglich, wenn man die Entstehungsgeschichte und vor allem den Regelungszweck der Norm mitheranzieht2 142• Demnach ist eine Unterschreitung jedenfalls dann nicht mehr geringfügig, wenn das Unternehmen einen Zuschauermarktanteil von insgesamt nicht mehr als 25 % besitzt. Im übrigen muß der Begriff der Geringfügigkeit in Abhängigkeit von dem verflochtenen Markt bestimmt werden. Auch wenn demzufolge mit der Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV weiterhin Unwägbarkeilen verbunden sind und auch der Begriff der geringfügigen Unterschreitung mehr noch als der der medienrelevanten verwandten Märkte dringend einer weiteren Präzisierung durch die KEK bzw. KDLM, die Verwaltungsgerichte und gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht bedarf, können die diversifizierten Fernsehveranstalter dennoch den Regelungsgehalt der Cross Ownership Beschränkung im wesentlichen erkennen und ihr Verhaften daran ausrichten. Auch insoweit kann § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht vorgeworfen werden, dem Gebot rechtsstaatlicher Bestimmtheit nicht gerecht geworden zu sein2143•
2140 Anderer Ansicht Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. E, Rdnr. 57 a und 57 b. Kritisch auch Monopolkommission in ihrem 12. Hauptgutachten: Marktöffnung umfassend veiWirklichen, 1998, Anm. 554. 2141 Vgl. §3D. III. 3. b) aa) und§ 3D. III. 3. b) cc). 2142 Vgl. §3D. III. 3. b) bb) und§ 3 D. III. 3. b) dd). 2143 Anderer Ansicht Monopolkommission in ihrem 12. Hauptgutachten: Marktöffnung umfassend veiWirklichen, 1998, Anm. 554.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
3. Funktionsgerechtigkeit der Eingreifkriterien des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV Zu prüfen bleibt, ob die Eingreifkriterien der Cross Ownership Beschränkung dem Erfordernis rechtsstaatlicher Bestimmtheit hinreichend Rechnung tragen. Mit dem Eingreifkriterium der "marktbeherrschenden Stellung" auf einem medienrelevanten verwandten Markt lehnt sich der Rundfunkstaatsvertrag an die Terminologie des Wettbewerbsrechts an 2144• Damit kann zu seiner Konkretisierung auf die Inhalte des § 19 GWB und die in der Praxis entwickelten Auslegungsgrundsätze zu § 19 GWB zurückgegriffen werden. Eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des Wettbewerbsrechts, die regelmäßig bei einem Marktanteil von einem Drittel angenommen wird, indiziert sonach eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des Rundfunkrechts. Allerdings können die wettbewerbsrechtlichen Auslegungsgrundsätze aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung von Rundfunk- und Wirtschaftsrecht nicht undifferenziert auf § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV übertragen werden. So würde das im Wettbewerbsrecht geltende Bedarfsmarktkonzept zu Marktabgrenzungen führen, die aus kommunikationspolitischer Sicht zumindest zum Teil in Frage zu stellen wären. Überdies wären marktbeherrschende Stellungen auf den Rezipientenmärkten im werbefinanzierten Hörfunk und Fernsehen von vornherein unberücksichtigt zu lassen, wenn man den Leitlinien des Wettbewerbsrechts undifferenziert folgte, da diese nach der Entscheidungspraxis des Bundeskartellamts keine echten Märkte darstellen. Der rundfunkrechtliche Begriff der marktbeherrschenden Stellung muß daher eigenständig interpretiert und dabei die wettbewerbsrechtliche Deutung des Begriffs der marktbeherrschenden Stellung den Erfordernissen des Rundfunkrechts angepaßt werden. Welcher Art die kommunikationsspezifischen Kontrollparameter sein können, ist jedoch unklar. Den Begriff der marktbeherrschenden Stellung hat der Gesetzgeber nicht weiter präzisiert, namentlich keine publizistisch relevanten Faktoren aufgeführt, die eine Marktbeherrschung im rundfunkrechtlichen Sinne indizieren. Auch ein Blick in das übrige Rundfunkkonzentrationsrecht hilft nicht weiter. Die vorherrschende Meinungsmacht wird maßgeblich über den Zuschauermarktanteil bestimmt. Mit welchen Argumenten sich die auf dem Zuschauermarktanteil beruhende gesetzliche Vermutung entkräften läßt, hat der Gesetzgeber ebenso offen gelassen wie die Frage, mit welchen Gründen die KEK die vorherrschende Meinungsmacht eines Fernsehveranstalters schon unterhalb der kritischen Schwelle von 30 % rechtfertigen kann. Bei näherer Betrachtung läßt der Begriff der marktbeherrschenden Stellung sonach noch viele Fragen offen. Der Rundfunkgesetzgeber hat zu seiner Konkretisierung weder konkrete Wert- und Zielbestimmungen vorgegeben noch geeignete 2144
Dazu bereits unter§ 3 D. 111. 4. a).
C. Vereinbarkeil mit nationalem Verfassungsrecht
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Abwägungskriterien bestimmt, wie es der Bundesgesetzgeber im GWB gemacht hat. Doch allein daraus, daß er es verabsäumt hat, Auslegungskriterien für die Marktbeherrschung festzulegen, die sich an dem demokratie- und kulturpolitischen Ziel des Rundfunkrechts, der Vielfaltssicherung, orientieren und einen gegenüber dem Wettbewerbsrecht eigenständigen, kommunikationsspezifischen Gehalt aufweisen, kann nicht schon gefolgert werden, daß § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV das rechtsstaatlich geforderte Mindestmaß an Bestimmtheit vermissen läßt. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, daß allein die Anknüpfung an die Begrifflichkeit des § 19 GWB dem Terminus der marktbeherrschenden Stellung hinreichend bestimmte Konturen verleiht. Dafür spricht auch, daß der Begriff der marktbeherrschenden Stellung auch in die Cross Ownership Beschränkungen der Landesmediengesetze Eingang gefunden und dort ungeachtet der Unterschiede zwischen Rundfunk- und Wettbewerbsrecht zu keinen Anwendungsproblemen geführt hat. Allerdings bezieht sich der Begriff der marktbeherrschenden Stellung in den Landesmediengesetzen - anders als im Rundfunkstaatsvertrag - auf sachlich wie auch räumlich durch das Gesetz präzise definierte Märkte, deren Qualität als relevante Märkte unstrittig ist2145 .
Kritischer stellt sich die Situation dagegen bei der zweiten Alternative der Cross Ownership Beschränkung dar. Nach § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV ist eine vorherrschende Meinungsmacht des Unternehmens auch dann zu vermuten, wenn bei einer geringfügigen Unterschreitung der 30 %-Marke eine Gesamtbeurteilung der Aktivitäten des Unternehmens im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, daß das Unternehmen einen Meinungseinfluß besitzt, der "dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 vom Hundert im Fernsehen entspricht". Entscheidend ist sonach, wie sich der Meinungseinfluß eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30% definiert. Dies führt zu der bereits aufgeworfenen Frage zurück, an welchen Kontrollparametern jenseits des Zuschauermarktanteils sich Meinungsmacht festmachen läßt. Blickt man in die kommunikationswissenschaftliche Grundlagenforschung, wird schnell ersichtlich, daß sich zumindest derzeit keine eindeutigen und allgemein anerkannten Indikatoren ausmachen lassen, die zweifelsfrei auf den publizistischen Einfluß eines einzelnen Unternehmens schließen lassen2146 • Unbestritten ist lediglich, daß das Fernsehen als solches eine gesamtgesellschaftliche Wirkung hat, die ihrer Art nach einzigartig ist und ein eminentes Einflußpotential in sich birgt, das das Fernsehen zu einer gesellschaftlichen Institution macht, die für die Integration 2145 So nehmen Bremen und Harnburg in ihren Cross Ownership Beschränkungen Verleger in die Pflicht, die bei den Tageszeitungen in Bremen, Bremerhaven oder Harnburg marktbeherrschend sind, § 10 Abs. 4 BremLMG; § 25 Abs. 2 HmbMedG. Schleswig-Holstein macht seine Cross Ownership Beschränkung für Verleger davon abhängig, ob diese Tageszeitungen oder Zeitschriften verlegen, die für Schleswig-Holstein bestimmt sind und dabei eine Gesamtauflage von jeweils mehr als 100 000 oder zusammen mindestens ISO 000 Exemplaren pro Jahr aufweisen,§ 12 Abs. 3 LRG SH. 2146 Vgl. § 1 C.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen
und Sozialisation in unserer modernen, funktional ausdifferenzierten Gesellschaft von zentraler und gleichzeitig unikaler Bedeutung ist2147 . Jenseits dessen ist jedoch nahezu alles höchst umstritten. So läßt sich schon die oft behauptete, aber nie bewiesene individual-psychologische Suggestivkraft des Fernsehens auf den Einzelnen nicht zweifelsfrei feststellen 2148 . Illusorisch erscheint vor diesem Hintergrund, den Einfluß eines einzelnen Fernsehprogramms feststellen, noch unrealistischer, diesen quantifizieren zu wollen. So wird zu Recht daran gezweifelt, daß die verlangte Gesamtbeurteilung zur Feststellung eines derart "entsprechenden" Einflusses überhaupt möglich sei 2149. Der Gesetzgeber hätte den Begriff des "entsprechenden Meinungseinflusses" angesichts der mit diesem verbundenen gravierenden Unklarheiten zumindest präzisieren müssen, um diesen einer Anwendung durch die Landesmedienanstalten und Gerichte zugänglich zu machen. Dazu hätte er die von ihm als sachgerecht empfundenen Auslegungskriterien im Gesetz selbst oder aber zumindest in der Gesetzesbegrundung normativ bestimmen müssen. So aber bleibt völlig im Dunkeln, was unter einem Meinungseinfluß zu verstehen ist, der dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30% im Fernsehen entspricht. Da die Gesamtbeurteilung der Unternehmerischen Aktivitäten auch auf mehr als zwei Märkte gestützt werden kann, ist es für Unternehmen mit einem Zuschauermarktanteil von etwa 25 % nicht mehr annähernd vorhersehbar, wann sie in den Anwendungsbereich der Cross Ownership Beschränkung fallen. Die Steuerungsfunktion des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV läuft folglich leer, da die Unternehmen nicht erkennen können, ob sie nun trotz ihrer Beteiligungen in anderen medienrelevanten verwandten Märkten im Fernsehen weiter expandieren können, ob sie sich im Fernsehen nunmehr zurückhaltend verhalten sollten, dafür aber ihre anderen Beteiligungen auf den medienrelevanten verwandten Märkten ausbauen können oder aber ihnen nun jedes weitere Engagement im Medienbereich versagt ist, sie beispielsweise auch davon Abstand nehmen sollten, das bestehende Oligopol anderer Unternehmen im Lizenzhandel aufzubrechen2150. § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV kann sonach von dem betroffenen Kreis von Unternehmen nicht derart verstanden werden, daß diese ihr Verhalten danach ausrichten könnten. Das Eingreifen der KEK ist für diese Unternehmen auch nicht mehr ansatzweise voraussehbar und berechenbar. Zugleich stellen sich kaum überwindbare Operationalisierungsprobleme für die vollziehenden Landesmedienanstalten und die zu deren Überprüfung berufenen Gerichte. Das Eingreifkriterium des "entsprechenden Meinungseinflusses" ist demnach ebensowenig adressatengerecht wie anwendungsgeeignet Weder kann der RegeDazu bereits im Einzelnen unter § 1 C. II. 2. Vgl. dazu im Einzelnen § 1 C. II. 1. Zur Bedeutung der Suggestivkraft für die Legitimation rundfunkspezifischen Sonderrechts § 4 C. IV. 1. 2149 Stock, Konzentrationskontrolle nach der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags, S. 36; Neft, ZUM 1998, 458 (464); Hess, AfP 1997, 680 (683). 2150 Zur Steuerungsfunktion von Cross Ownership Beschränkungen § 2 D. II. 2. 2147
2148
D. Ergebnis
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lungsgehalt der zweiten Alternative in einer Weise erfaßt werden, daß die betroffenen Unternehmen ihr Verhalten daran ausrichten könnten, noch ist die Regelung so bestimmt, daß gewährleistet ist, daß sie ohne Willkür vollzogen und überpriift werden kann. Die zweite Alternative der Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages entspricht demzufolge nicht dem Erfordernis rechtsstaatlicher Bestimmtheit2151 . War das Fehlen konkretisierender Auslegungskriterien im Hinblick auf das erste Eingreifkriterium des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zwar zu beanstanden, letzten Endes aber verfassungsrechtlich unschädlich, führt es im Hinblick auf das zweite Eingreifkriterium des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, das ganz überwiegend auf diese nicht definierten und vielleicht auch gar nicht definierbaren, kommunikationsspezifischen Kontrollparameter abstellt, zu dessen Verfassungswidrigkeit
4. Zusammenfassung Nach der hier vertretenen Auffassung entspricht § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV den Vorgaben des Bestimmtheitsprinzips, mit Ausnahme des Kriteriums des "entsprechenden Meinungseinflusses" in § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV, dem keine hinreichend deutlichen Konturen abzugewinnen sind. Im Hinblick auf seine zweite Alternative ist § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV mit den Vorgaben der Verfassung nicht vereinbar. Der insoweit bestehende Verfassungsverstoß führt aber nicht zur Verfassungswidrigkeit der Cross Ownership Beschränkung als ganzer, da der Rest der Bestimmung auch ohne das zu unbestimmte und daher verfassungswidrige Kriterium des "entsprechenden Meinungseinflusses" eine sinnvolle Regelung ergibt und daher aufrechterhalten werden kann2152 •
D. Ergebnis Mit Ausnahme seiner zweiten Alternative ist § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach sowohl mit den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts als auch mit denen des nationalen Verfassungsrechts vereinbar und damit zulässig. Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist mit den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts vereinbar. Sie schränkt die in Art. 43 EG gewährleistete Niederlassungsfreiheit nicht unzulässig ein und steht auch nicht im Widerspruch zu den Vorgaben der Rundfunkfreiheit nach Art. 10 EMRK. Aus europäischer Sicht stellt die Cross Ownership Beschränkung zwar einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit der Fernsehveranstalter dar. 2151 2152
Ebenso im Ergebnis Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, Kap. E, Rdnr. 57 b. Dazu allgemein Degenhart, Staatsrecht, Rdnr. 524.
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§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen
Dieser ist jedoch gerechtfertigt, da er zur Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk notwendig und auch sonst verhältnismäßig ist. Aus Sicht des nationalen Verfassungsrechts stellt § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV hingegen keinen Eingriff, sondern vielmehr eine Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit dar. Er ist daher nicht an der Schrankentrias des Art. 5 Abs. 2 GG zu messen, sondern mit den Vorgaben der Rundfunkfreiheit schon dann vereinbar, wenn sich der Gesetzgeber bei seiner Abfassung in den Grenzen des ihm in Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG eröffneten Gestaltungsspielraums gehalten hat. Die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ist mit den Vorgaben der Rundfunkfreiheit vereinbar, wenn man sie verfassungskonform auslegt. So beinhaltet sie bei entsprechender Auslegung weder eine Beschränkung der Rundfunkfreiheit noch eine unangemessene Belastung der kommerziellen Rundfunkanbieter. Sie verstößt nicht gegen das Gebot kommunikativer Chancengleichheit und stellt auch kein zur Vielfaltssicherung prinzipiell untaugliches Mittel dar. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verletzt auch nicht das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot. Seine Differenzierungen sind vielmehr sachlich gerechtfertigt. So ist das rundfunkspezifische Sonderrecht nicht an sich willkürlich, obwohl es nur die Rundfunkunternehmen in die Pflicht nimmt, da der von Verfassungs wegen geforderte Schutz des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses besondere Ordnungsvorschriften für den Rundfunk erfordert. Verfassungsrechtlich bedenklich ist die Cross Ownership Beschränkung auch nicht deshalb, weil sie diversifizierte Rundfunkveranstalter einseitig belastet, da die aus intermediären Cross Ownerships folgende multimediale Meinungsmacht ebenso wie die enormen ökonomischen Wettbewerbsvorteile vertikaler Cross Ownerships eine Sonderbehandlung der intermediär und vertikal diversifizierten Rundfunkveranstalter rechtfertigen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV setzt vertikale und diagonale Cross Ownerships nicht ungerechtfertigt gleich und ist auch nicht systemwidrig, obschon die kommerziellen Anbieter der außenpluralistischen Konzentrationskontrolle und zugleich binnenpluralen Anforderungen unterliegen, da der Gesetzgeber zu keiner Modellkonsistenz verpflichtet ist.
Trotz seiner umgestaltenden Natur muß sich § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht am Übermaßverbot messen lassen, da er sich auf rundfunkrechtliche Altrechte der Rundfunkveranstalter nicht ausgewirkt hat. Ebensowenig unterliegt die Cross Ownership Beschränkung der im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG entwickelten, abgestuften Verhältnismäßigkeitsprüfung, auch wenn private Fernsehveranstalter prinzipiell den Schutz der Berufsfreiheit genießen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV greift weder in die nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumssphäre der Fernsehveranstalter ein noch in die Pressefreiheit der Verleger. Da die Cross Ownership Beschränkung des Dritten Rundfunkänderungsstaatsvertrages auch zu Recht in der Kompetenz der Landesgesetzgeber ergangen ist, ist § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sonach prinzipiell verfassungsgemäß, sofern man die Grundsätze einer verfassungskonformen Auslegung beachtet. Dies gilt jedoch
D. Ergebnis
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nicht, soweit sich die Cross Ownership Beschränkung auf das Kriterium des "entsprechenden Meinungseinflusses" in § 26 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. RStV stützt. Dieses Eingreifkriterium ist zu unbestimmt und daher verfassungswidrig. Für die rechtlichen Bindungen von Cross Ownership Beschränkungen allgemein ergibt sich hieraus, daß Cross Ownership Beschränkungen nur dann zulässig sind, wenn sie vom Landesgesetzgeber erlassen worden sind. Die materielle Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen bestimmt sich im wesentlichen nach vier Erwägungen: Von vomherein sachlich nicht zu rechtfertigen und damit unzulässig sind Cross Ownership Beschränkungen, die diversifizierte Unternehmen von der Veranstaltung von Rundfunk ganz ausschließen2153 • Ebenfalls unzulässig sind Cross Ownership Beschränkungen, die nicht geeignet sind, die pluralistische Vielfalt im Rundfunk zu sichem2154 . Bei der Folgeprognose im Rahmen der Niederlassungsfreiheit ist die Einschätzungsprärogative der Mitgliedstaaten zu beachten. Ungeeignet, die Vielfalt im Rundfunk zu sichern, sind Cross Ownership Beschränkungen ferner, wenn sie im Widerspruch zu den objektiven Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit stehen, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seinen Rundfunkurteilen präzisiert hat2155 . Ferner kommt es für die Vereinbarkeit mit europäischem Recht stets2156, für die mit nationalem Verfassungsrecht nur bei der Verkürzung rundfunkrechtlicher Altrechte 2157 darauf an, ob die Cross Ownership Beschränkung auch erforderlich ist, um die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern, und dariiberhinaus auch insgesamt angemessen ist. Entscheidend ist hierbei im Ergebnis eine Abwägung zwischen den individuellen Interessen der betroffenen Rundfunkveranstalter am Fortbestand ihrer Rechte und dem öffentlichen Interesse an einer effektiven und umfassenden Vielfaltssicherung. Neben diesen vier zentralen Erwägungen - kein Cross Ownership Verbot, Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit - ist ferner zu beachten, daß Cross Ownership Beschränkungen weder den privaten Rundfunk als Teil der dualen Ordnung2158 noch das Institut der freien Presse als solches 21 59 in Frage stellen dürfen. Dariiberhinaus haben die Cross Ownership Beschränkungen die rechtsstaatlich gebotenen Mindestanforderungen an die Normgestaltung zu beachten, namentlich das Bestimmtheitsgebot2160 und das Willkürverboe 161 .
2153 2154 2155 2156 2157 2158 2159 2160 216 1
§4 §4 §4 §4 §4 §4 Vgl. § 4 Vgl. § 4 Vgl. § 4 Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. V gl. Vgl.
C. IV. 2. B. l. 3. c) bb), § 4 B. II. 3. a), § 4 C. II. 2. d). C. II. 2. a), § 4 C. II. 2. b) und§ 4 C . II. 2. c). B. I. 3. c) cc), § 4 B. II. 3. a). C. V. zuvor. C. II. 2. b). C. 111. 3. c). C. VI. C. IV. 3.
Ergebnisse der Untersuchung in Thesen § 1 Rechtstatsächliche Grundlagen 1. Der private Rundfunk war ein Kind der Presseverleger (§ 1 A. I. 2., § 1 A. I. 3. a)). Die Diskussion um die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern war daher zu Beginn von einem bimedial-intermediären Ansatz geprägt. Mit den fundamentalen Umbrüchen in der Medienlandschaft und der Formierung diagonal wie vertikal hoch diversifizierter Medienkonglomerate erschienen neue Formen der Cross Ownership. Heute lassen sich zwei Grundtypen an Cross Ownerships feststellen, die rechtstatsächlich ebenso wie rechtlich erhebliche Unterschiede aufweisen: die diagonal-intermediäre Cross Ownership und die vertikal-konglomerate Cross Ownership. 2. Die herkömmliche Form der Cross Ownership ist die diagonal-intermediäre Verflechtung, namentlich von Rundfunk und Presse. Sie findet sich zuvorderst bei den traditionellen Verlagshäusern (§ 1 D. II. 2.). Heute spielt sie nur noch auf lokaler Ebene und hier vor allem im Verhältnis von Tagespresse und Hörfunk eine Rolle, da sich die Presseverleger schon bald aus dem Fernsehgeschäft zuriickgezogen oder es bei kleineren Finanzbeteiligungen belassen haben (§ 1 A. I. 3. a), § 1 A. I. 3. b)). Prototyp des intermediär diversifizierten Medienunternehmers ist daher der örtliche Zeitungsmonopolist, der lokale Hörfunkbeteiligungen hält. 3. Die neuere und im Vordringen begriffene Art der Cross Ownership ist die vertikal-konglomerate Cross Ownership. Diese ist vor allem bei den hoch diversifizierten, international ausgerichteten Medienmischkonzernen anzutreffen, die einen neuen Typus von Medienunternehmen darstellen, der mit den Presseverlegern als den klassischen Meinungsmachern nicht mehr viel gemein hat und die marktübergreifende Medienkonzentrationskontrolle mit grundlegend neuen Fragestellungen konfrontiert. Die Vertikal-konglomerate Cross Ownership tritt in erster Linie im Fernsehen und hier vor allem auf nationaler Ebene auf. Von zentraler Bedeutung im Fernsehgeschäft ist die Mehrfachverwertung von Programminhalten. Das besondere Interesse der Konglomerate gilt daher der Verknüpfung von Programmveranstaltung und Programmressourcen. Leitbild der vertikalen Cross Ownership Kontrolle ist daher die Verflechtung von Fernsehveranstaltern und Programmzulieferem (§ 1 D. II. 1.).
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4. Die ersten Cross Ownership Beschränkungen der deutschen Rechtsordnung aus den achtziger Jahren beschränkten sich zumeist auf die lokale Ebene und richteten sich zuvorderst gegen intermediäre Verflechtungen. Der typische Normadressat von Cross Ownership Beschränkungen war daher lange Zeit der örtliche Zeitungsverleger (§ I A. I. 2. a. E.). Die vertikal-konglomeraten Unternehmensstrukturen der Mediengroßkonzerne blieben von der Cross Ownership Kontrolle bis 1997 weitgehend verschont. Erst§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV wandte sich dem Problem der Vertikal-konglomeraten Cross Ownership im Fernsehen zu(§ I A. I. 3. c. ). 5. Der Rundfunksektor gilt als expansiver Wachstumsmarkt mit einer Schlüsselrolle für Standort und Beschäftigung in Deutschland. Er besitzt eine wirtschaftspolitische Bedeutung ersten Ranges. Da sein Auf- und Ausbau nicht von staatlicher Seite, sondern nur von der Wirtschaft finanziert werden kann, hat der Staat ein gesamtwirtschaftliches Interesse an einer starken nationalen Medienindustrie. Die mit der strikten Unterbindung konglomerater Unternehmensstrukturen verbundenen Wettbewerbsnachteile könnten die internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Medienwirtschaft schwächen. Zu rigide Cross Ownership Beschränkungen tragen daher die Gefahr in sich, den Aufbau eines leistungsfähigen Rundfunkmarkts in Deutschland zu verzögern, wenn nicht sogar unmöglich zu machen. Das gesamtwirtschaftliche, standort- und beschäftigungspolitische Interesse des Staates an einer starken Medienindustrie steht Cross Ownership Beschränkungen daher prinzipiell entgegen(§ I B. III.). Für das Fernsehen erweist sich der Verweis auf den internationalen Wettbewerb bei näherer Betrachtung indes als nur bedingt begründet, da das Fernsehen in dem durch Kultur- und Sprachgrenzen vielfach unterteilten und im Vergleich zu den Vereinigten Staaten von Amerika weitaus heterogeneren Europa eine im Wesen nationale Sache bleibt. 6. Die europäische Politik ist das Problem der marktübergreifenden Medienkonzentration bislang eher zögerlich angegangen(§ I B. III., § I A. II. 2.). Eine europäische Medienkonzentrationsrichtlinie, die Beschränkungen der Cross Ownership vorsieht, wird schon seit nahezu zehn Jahren diskutiert. Allerdings wirkt die europäische Wettbewerbspolitik immer stärker auf den deutschen Rundfunk ein, was sich zuletzt im digitalen Bezahlfernsehen zeigte (§ I D. li. 3.). Denn mit der zunehmenden Kommerzialisierung des Rundfunks rückt das Problem der Medienkonzentration immer mehr in das Visier der Europäischen Gemeinschaft. Auch die Gemeinschaft mißt dem Rundfunksektor eine zentrale Rolle für den Wirtschaftsstandort Europa zu. Ungeachtet der zunehmenden Sensibilität der Gemeinschaft für die kulturellen Belange und Pluralismussicherung in den Mitgliedstaaten stehen die Impulse von europäischer Ebene zuvorderst unter dem Zeichen der Standortförderung und Beschäftigungspolitik. Die Europäische Gemeinschaft folgt damit letztlich der US-amerikanischen, technologie- und industriepolitischen Strategie des "Information Superhighway" (§ I A. II.).
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7. Die intermediäre Cross Ownership bietet den Verlegern die Möglichkeit, vorhandene Unternehmensressourcen konsequent auszunutzen und den Abfluß der Werbeetats aus den Print- in die elektronischen Medien partiell abzufangen. Sie ermöglicht Quersubventionierung und Cross Promotion. Ob sie darüberhinaus Synergieeffekte eröffnet, namentlich Know-how-Transfers, ist umstritten. Intermediäre Cross Ownerships sind daher strategisch, nicht aber unbedingt operativ vorteilhaft(§ 1 B. II. 2.). Dagegen bringen vertikale Cross Ownerships offenkundig enorme Wettbewerbsvorteile. Die Abdeckung der Wertschöpfungskette und Mehrfachverwertung publizistischer Inhalte durch eine vertikale Diversifikation gerade in den Bereich des Rechtehandels ist für Fernsehveranstalter heute von nahezu existentieller Bedeutung(§ 1 B. II. 2.). 8. Unter der Meinungsmacht eines Rundfunkveranstalters ist nicht die - nicht ausreichend belegbare - individual-psychologische Suggestivwirkung des Rundfunks auf den Einzelnen zu verstehen. Mit publizistischem Einfluß des Rundfunks wird vielmehr dessen unbestrittene gesamtgesellschaftliche Wirkung umschrieben. Insbesondere das Fernsehen besitzt einen bedeutenden, einzigartigen Einfluß auf die öffentliche Meinung und damit auf die Strukturen und Entwicklungen in der Gesellschaft. Es ist eine "Instanz der Selektion und Sinngebung" und dient dem Einzelnen als zentrale Orientierungshilfe in einer funktional ausdifferenzierten Gesellschaft(§ I C. li.). 9. Intermediäre Cross Ownerships erweitern die Meinungsmacht der Rundfunkveranstalter merklich. Dies wird überwiegend als kommunikationspolitisch gefährlich eingestuft (§ 1 C. III. 2.). Sonstige diagonale Cross Ownerships, namentlich mit Unternehmen der Individualkommunikation, sind publizistisch dagegen nicht von Bedeutung. Die vertikale Expansion in Märkte erweitert die Meinungsmacht der Veranstalter indes nur dann, wenn der vor- oder nachgelagerte Markt eine Schlüsselfunktion für die Programmveranstaltung und damit einen nicht unerheblichen Einfluß auf das publizistische Angebot im Rundfunk hat. Gewinnt ein Unternehmen über seine Tätigkeit auf einem solchen Schlüsselmarkt Einfluß auf seine Konkurrenten im Veranstaltungsmarkt, erlangt er eine mittelbare Meinungsmacht über deren Programme, die zu seinen unmittelbaren Wirkungsmöglichkeiten über seine eigenen Kanäle hinzutritt. Die vertikale Diversifikation ist sonach nur dann publizistisch relevant, wenn sie einen Schlüsselmarkt betrifft. Als solcher kommt heute allenfalls der Markt für Film- und Sportrechte in Betracht(§ 1 C. III. 1.). 10. Aufgrund der intensiven Konzentrationsimpulse herrscht auf allen relevanten Medienmärkten eine mittlere bis hohe Konzentration (§ 1 B. II. 1., § 1 D. 1.). Grund hierfür sind die starke Fixkostenbasierung des Mediengeschäfts und die Gesetzmäßigkeiten der Werbefinanzierung.
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Il. Der deutsche Zeitschriftenmarkt orientiert sich am nationalen Markt und ist inhaltlich stark ausdifferenziert(§ I D. I. 3.). Die Tagespresse weist eine regionale Vielfalt auf. Anders als der Zeitschriftenmarkt ist die Tagespresse vorwiegend lokal strukturiert. Konzentrationsrechtlich problematisch ist die anhaltende Expansion der Ein-Zeitungs-Kreise(§ I D. I. 2.). I2. Im deutschen Fernsehen besteht ein enges Oligopol aus den zwei Medienkonglomeraten Bertelsmann und Kirch sowie den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (§ I D. I. 1.). Es wird von den national ausgerichteten, werbefinanzierten, terrestrisch und in der Regel analog ausgestrahlten Vollprogrammen geprägt. Sparten- und Regionalsender konnten sich mit wenigen Ausnahmen nicht durchsetzen, da die Werbefinanzierung und die hieraus folgende Abhängigkeit von der Markenartikelindustrie massenattraktive Fernsehprogramme mit hoher Reichweite notwendig macht. Im Fernsehen besteht daher weder eine inhaltliche Vielfalt wie im Zeitschriftenmarkt noch eine regionale wie in der Tagespresse(§ 1 D. I. 1.).
§ 2 Rechtliche Qualität der Cross Ownership Beschränkung 1. Cross Ownership Beschränkungen sind Instrumente des medienspezifischen Sonderrechts für den Rundfunk, die die marktübergreifende Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern zum Zwecke der Vielfaltssicherung, mithin im Dienste einer demokratie- und kulturstaatlichen Zielsetzung begrenzen(§ 2 F.). 2. Cross Ownership Beschränkungen knüpfen am marktübergreifenden, internen oder externen Unternehmenswachstum an. Das horizontal-intramediäre Unternehmenswachsturn lassen sie unberiihrt. Das marktübergreifende Unternehmenswachstum kann diagonal oder vertikal, muß nicht notwendig intermediär oder lokal sein. Verflechtungen innerhalb der elektronischen Medien wie die Verflechtung von Hörfunk und Fernsehen genügen(§ 2 A. I.,§ 2 A. III.). 3. Cross Ownership Beschränkungen setzen eine integrierende Eigentumskonzentration verschiedener unternehmenscher Einheiten voraus, erfassen weder bloße Kooperationen noch strategischen Allianzen (Medieneigentumsregelung) (§ 2 A. II.). 4. Cross Ownership Beschränkungen sind Teil des medienspezifischen Sonderrechts für den Rundfunk, da sie als materielle Zulassungsvoraussetzung in das Lizenzierungssystem für den privaten Rundfunk eingebettet sind (Medienzugangs- I Medienkonzentrationsregelung). Ihr gemeinsamer Ausgangs- wie steter Bezugspunkt ist sonach der Rundfunk(§ 2 D. 1.). 33 Tschon
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5. Sie sind Instrument der außenpluralistischen Struktursteuerung im Rundfunk. Sie sind daher darauf aus, durch gezielte Anreize die privaten Rundfunkveranstalter zu stimulieren, Unternehmensstrukturen zu wählen, die die vorherrschende Meinungsmacht eines einzelnen Unternehmens von vomherein unterbinden (präventiv-stimulierende Wirkung)(§ 2 D. II. 2.). 6. Der binnenpluralistische Steuerungsansatz eignet sich für den privaten Rundfunk nur bedingt, da die binnenpluralistische Vielfaltskontrolle regelmäßig erst dann greift, wenn es aus kommunikationspolitischer Sicht bereits zu spät ist. Eine an der Qualität der Programme anknüpfende binnenpluralistische Steuerung ist bedenklich, da sie letztlich auf eine staatliche Inhaltskontrolle hinausläuft. Eine an der inneren Organisation der Sender anknüpfende binnenpluralistische Steuerung ist in Reinform systemwidrig. Die binnenpluralistische Steuerung kann daher nur von kompensatorischer Bedeutung sein(§ 2 D. II. !.). 7. Die für die freiheitlich-demokratische Ordnung und Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen wichtige öffentliche Meinungsbildung bedarf einer publizistischen Vielfalt im Rundfunk, da dieser, namentlich das Fernsehen, eine einzigartige Bedeutung für den Kommunikationsprozeß in der Gesellschaft besitzt. Diese publizistische Vielfalt erfordert eine breite Streuung des Rundfunkeigentums. Letztlich verlangt sonach die Erhaltung der pluralistischen Gesellschaft eine niedrige Konzentration im Rundfunk(§ 2 E. I. I. a)). 8. Für Cross Ownership Beschränkungen typisch ist deren kommunikationspolitische Ausrichtung. Ziel der Cross Ownership Beschränkungen ist, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern. Begrenzungen der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern sind daher nur dann Cross Ownership Beschränkungen, wenn sie das marktübergreifende Unternehmenswachsturn zum Zwecke der Pluralismussicherung beschränken(§ 2 D. 1., § 2 E., § 2 B., § 2 C.). 9. Pluralismussicherung meint dabei den Schutz des Rundfunks in dessen Funktion für den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß. Der Rundfunk soll ein ausgewogenes Forum für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung bieten. Er soll eine neutrale Plattform für die Selbstdarstellung und das "Selbstgespräch" der Gesellschaft sein2162 . Rundfunk ist weniger als Dienstleistung des Rundfunkveranstalters an den Rezipienten zu begreifen, als vielmehr als gesellschaftseigene Institution (§ 2 E. I. I. b.). Ziel der Cross Ownership Beschränkungen ist daher, daß der Rundfunk einen möglichst umfassenden Überblick über die verschiedenen, in der Gesellschaft bestehenden Standpunkte, Zustände und Entwicklungen vermittelt, in dem sich der Einzelne orientieren, das für ihn Wichtige herausfiltern und zur Grundlage seiner persönlichen Meinungsbildung machen kann. 2162
Formulierung nach Jarass, Freiheit der Massenmedien, S. 189.
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10. Die Pluralismussicherung dient dabei zum einen dem Schutz des demokratisch verfaßten Willensbildungsprozesses (demokratiestaatliche Komponente). Zum anderen bezweckt sie die Gewährleistung eines ausreichend breiten Angebots an Informationen und Meinungen auch in den "politikfernen" Lebensbereichen, in dem der Einzelne seine informationeHe Ausgangsbasis findet, der er zu seiner Orientierung, Integration und Sozialisation in einer pluralistischen, funktional-ausdifferenzierten Gesellschaft bedarf (kulturstaatliche Komponente)(§ 2 E. II.). 11. Kultur in diesem Sinne ist als Inbegriff der Äußerungen, Lebensformen, Werteinstellungen und Verhaltensweisen in einer Gesellschaft zu verstehen. Die kulturelle Verantwortung des Rundfunks wurzelt in der Kulturstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland. Diese nimmt den Staat kulturell in die Pflicht, verwehrt ihm dabei aber zugleich, seinen Kulturauftrag aus einer bestimmten Kulturidee heraus wahrzunehmen und den Kultur-, namentlich den Rundfunksektor entsprechend durchzunormieren (§ 2 E. II. 1. ).
12. Die kulturpolitische Zwecksetzung gilt auch für die Cross Ownership Beschränkungen. Sie ist nicht weniger bedeutsam als das staatspolitische Ziel, die Wiedergabe eines ausgewogenen politischen Meinungsbilds im Rundfunk sicherzustellen. Den Rundfunk auch nur vorrangig von seiner Funktion für den Prozeß der politischen Meinungsbildung her begreifen zu wollen, ist wirklichkeitsfremd und nicht sachgerecht. Vor allem das Fernsehen hat seinen enormen Einfluß auf die Gesellschaft gerade im außerpolitischen Bereich. Die von ihm geprägten Wertvorstellungen, Leitbilder, Plausibilitätsstrukturen und Lebensmodelle machen sich im rein gesellschaftlich-kulturellen Bereich mindestens so stark bemerkbar wie im Bereich der politischen Willensbildung (§ 2 E. II. 2.). 13. Die Gewährleistung dieser umfassend zu verstehenden publizistischen Vielfalt verlangt, den Rundfunk vor dem einseitigen Einfluß Einzelner zu bewahren (Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht) und eine kommunikative Chancengleichheit herzustellen. Einzelne Bevölkerungsgruppen dürfen kommunikativ weder politisch noch kulturell ausgegrenzt werden. Eine "massenmedial vermittelte Einheitskultur" ist mit dem Ziel der Vielfaltssicherung nicht zu vereinbaren 2163 . Eine kommunikative Ausgrenzung droht heutzutage vor allem durch die in der Werbefinanzierung begrundete Fokussierung der Fernsehprogramme auf das Publikum der 14- bis 49-jährigen (§ 2 E. II. 2. c), § 2 E. I. 1. e)). Soweit die Cross Ownership Beschränkungen diagonal-intermediäre Verflechtungen begrenzen, schützen sie den intermediären Wettbewerb vor den Gefahren multimedialer Meinungsmacht Richten sie sich gegen die vertikalen Cross 2163
33*
Steiner; VVDStRL42, 7 (32f.). Vgl. Fußnote 719.
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Ownerships, haben sie dagegen den intramediären Wettbewerb unter den Rundfunkveranstaltern im Visier(§ 2 E. I. 2.). 14. Trotz ihrer wirtschaftlichen Bedeutung verfolgen Cross Ownership Beschränkungen keinen wirtschaftspolitischen Regelungszweck, da Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG eine Instrumentalisierung des Rundfunkrechts zur Verwirklichung wirtschaftspolitischer Zielvorstellungen verbietet. Cross Ownership Beschränkungen dürfen als Ausgestaltungsgesetze ausschließlich der Vielfaltssicherung dienen. Der rundfunkrechtliche Handlungs- und Regelungsbedarf bestimmt sich daher allein vom Aspekt der Pluralismussicherung und nicht vom Gesichtspunkt eines funktionsfähigen Wirtschaftsmarktes her(§ 2 E. III. 4.).
§ 3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Cross Ownership 1. Aus dem nationalen Verfassungsrecht ergibt sich kein generelles Verbot weder der intermediären noch vertikalen Cross Ownership. Die Rundfunkfreiheit verlangt eine strikte publizistische Gewaltenteilung ebensowenig wie eine Trennung der Ebene der Rundfunkveranstaltung von der der Programmbeschaffung oder Distribution, namentlich des Rechtehandels (§ 3 B. II. 1., § 3 B. III.). 2. Der Gesetzgeber ist nicht generell verpflichtet, Cross Ownership Beschränkungen zu erlassen. Sein allgemeiner Gestaltungsauftrag verdichtet sich erst dann zu einer konkreten Regelungspflicht, wenn die Zusammenballung multimedialer Meinungsmacht oder die über die vor- und nachgelagerten Märkte erzielte mittelbare Meinungsmacht Einzelner die publizistische Vielfalt gefährdet. Konkret hat das Bundesverfassungsgericht eine verfassungsrechtliche Regelungspflicht bislang nur bei den intermediären Cross Ownerships festgestellt. Demnach verbietet die Rundfunkfreiheit lokale "Doppelmonopole" in Rundfunk und Presse. Für die intermediären Cross Ownerships auf überregionaler Ebene sowie die vertikalen Cross Ownerships hat das Bundesverfassungsgericht demgegenüber zwar einen Regelungsbedarf, bislang aber noch keine Regelungspflicht des Gesetzgebers angenommen (§ 3 B. II. 2., § 3 B. III.). 3. Der Europäischen Gemeinschaft geht es bei der Kontrolle der Medienkonzentration - nicht zuletzt aus kompetenziellen Griinden - in erster Linie um die Umsetzung des gemeinschaftlichen Binnenmarktkonzepts und den Schutz eines funktionierenden Wettbewerbs in der Gemeinschaft. Im Zentrum europäischer Überlegungen steht der Rundfunk als Wirtschaftsgut Die europäische Cross Ownership Kontrolle ist daher wirtschaftlich ausgerichtet. Sie greift nur dann ein, wenn Wirtschafts-, namentlich wettbewerbspolitische Gefahren drohen. Der Schutz kommunikationspolitischer Interessen ist nur Nebenprodukt der Sicherung eines funktionierenden Wirtschaftslebens in der Gemeinschaft.
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Demokratie- und kulturstaatliche Aspekte wie die Vielfaltssicherung sind von der Gemeinschaft zwar zu beachten, begründen aber kein Ziel und damit auch keine Regelungskompetenz der Gemeinschaft(§ 3 A. I.). Das Gemeinschaftsrecht zielt folglich zuvorderst auf die Erweiterung und Sicherung der Unternehmerischen Handlungsspielräume der ProgrammanbieteT und die Internationalisierung und Kommerzialisierung des Rundfunksektors. Dazu unterstützt es den marktorientierten Um- und Abbau der kommunikationspolitisch begründeten Sicherungen des nationalen Medienrechts. Im Einklang mit dieser Grundausrichtung läßt das europäische Recht die weniger wettbewerbs- als vielmehr kommunikationspolitisch bedenkliche Cross Ownership weithin unbeschränkt. Soweit es die Cross Ownership eingrenzt, befaßt es sich zuvorderst mit der vertikalen Diversifikation. Intermediäre Cross Ownerships bleiben von ihm weitgehend unberührt(§ 3 A. IV.). 4. Die kulturellen Aspekte des Rundfunks schließen ein Tätigwerden der Europäischen Gemeinschaft nicht aus (keine Bereichsausnahme). Der Gemeinschaft ist aber nicht aufgegeben, den Pluralismus im Rundfunk zu sichern. Auch die Kulturkompetenz berechtigt die Gemeinschaft nicht, Maßnahmen zur Vielfaltssicherung zu ergreifen(§ 3 A. I. 1., § 3 A. I. 2. a)). 5. Mit der Errichtung des Gemeinsamen Marktes sind Cross Ownerships an sich nicht unvereinbar. Ein Handlungsbedarf für die Europäische Gemeinschaft ergibt sich erst dann, wenn nationale Cross Ownership Beschränkungen die freie Niederlassung innerhalb der Gemeinschaft behindern und die Barrieren nur durch eine gemeinschaftsweite Regelung überwunden werden können. Ob ein Harmonisierungsbedarf besteht, ist umstritten. Eine Medienkonzentrationsrichtlinie zum Schutze der Niederlassungsfreiheit ist bis dato nicht ergangen (§ 3 A. li.). 6. An den europäischen Ordnungsrahmen stoßen Cross Ownerships daher derzeit nur im Bereich des europäischen Wettbewerbsrechts. Die europäische und die nationale Wettbewerbsaufsicht kommen weitgehend zu den gleichen Ergebnissen(§ 3 A. III., § 3 C.). 7. So ist bei der Ermittlung des sachlichen Referenzmarktes nach übereinstimmender Auffassung zwischen Programmbeschaffung, -Veranstaltung und -distribution zu unterscheiden. Die Beschaffungs- und Vertriebsmärkte spalten sich nach den allgemeinen Grundsätzen in eine kaum überschaubare Vielzahl von Einzelmärkten (§ 3 A. Ill. 1. a) cc) und dd)). Medienspezifische Besonderheiten ergeben sich auf der Ebene der Programmveranstaltung. Hier agieren die Veranstalter auf zwei Märkten. Der Rezipientenmarkt ist ein eigenständig zu betrachtender Markt, auf dem Rundfunkveranstalter mit ihren Informations- und Unterhaltungsangeboten um möglichst viele Rezipienten konkurrieren (wobei das Bundeskartellamt im rein werbe-
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finanzierten Rundfunk im Gegensatz zur europäischen Wettbewerbsaufsicht und zur hier vertretenen Auffassung den Rezipientenmarkt als eigenen Markt ablehnt). Auf dem Werbemarkt bieten die Rundfunkveranstalter der Wirtschaft Werbeplattformen an und stehen sonach im Wettbewerb um Werbeerlöse (§ 3 A. III. 1. a) aa) und bb), § 3 C. III. 1.). Beide Märkte sind medienspezifisch. Die Konvergenz der Basistechnologien hat derzeit noch keinen medienübergreifenden Gesamtmedienmarkt hervorgebracht, auf den bezogen die Wettbewerbsposition der einzelnen Akteure sinnvoll bestimmt werden könnte. Für die Marktabgrenzung ist nicht der Stand der technischen Entwicklung maßgeblich, sondern die funktionelle Austauschbarkeil der Programmleistungen aus Sicht der Marktgegenseite, das heißt die Wahrnehmung und das Nutzungsverhalten der Masse der Rezipienten (§ 3 A. III. 1. a) aa) (3), § 3 C. III. l.). In beiden Märkten ist ferner zwischen terrestrischen, Kabel- und Satellitenprogrammen zu unterscheiden sowie zwischen dem rein werbefinanzierten und dem Bezahlfernsehen. Unerheblich ist dagegen, ob die Übertragung analog oder digital erfolgt, sowie die Rechtsform und das inhaltlich-publizistische Profil der Sender(§ 3 A. III. 1. a) aa), § 3 C. III. 1.). Der Marktbegriff des Wettbewerbsrechts deckt sich mit dem des Rundfunkrechts, wie er dem Begriff der Cross Ownership zugrundeliegt, dabei zum größten Teil (§ 3 A. III. 1. a) ee)). 8. Der für das europäische Wettbewerbsrecht räumlich relevante Markt ist in erster Linie der nationale Medienmarkt, aber auch der, der durch den gemeinsamen Sprach- oder Kulturraum verbunden ist. Ein gemeinschaftsweiter Markt besteht dagegen regelmäßig nicht, da die Rundfunkprogramme noch ganz überwiegend national ausgerichtet sind(§ 3 A. III. 1. b)). Für die nationale Wettbewerbskontrolle sind die lokalen, regionalen, landesund bundesweiten Märkte relevant. Damit unterliegt das nationale Fernsehen potentiell der nationalen und europäischen Fusionskontrolle, wobei letztere gegebenenfalls vorgeht(§ 3 C. III. 2.). 9. Marktbeherrschend ist ein Unternehmen, wenn es sich dem anonymen Wettbewerbsdruck entziehen und unabhängige Marktstrategien verfolgen kann. Dies bestimmt sich aus einer Kombination von Marktstruktur- und Marktverhaltenskriterien. Marktbeherrschung wird auf europäischer Ebene ab einem Marktanteil von etwa 40% vermutet, auf der nationalen bereits ab einem Drittel. Das europäische Wettbewerbsrecht ist damit tendenziell großzügiger. Beim Beherrschungsgrad sind auch die intermediären und vertikalen Wettbewerbsbeziehungen der betroffenen Unternehmen zu herlieksichtigen (§ 3 A. III. 1. c), § 3 C. III. 3.). Auf europäischer Ebene bleibt die von der Kulturverträglichkeitsklausel geforderte Einbindung kommunikationspolitischer Belange abzuwarten. Auf natio-
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naler Ebene hat das Bundeskartellamt sowohl den Bertelsmann-Konzern als auch die Kirch-Gruppe als im Fernsehen marktbeherrschend qualifiziert (§ 3 A. III. I. c ), § 3 C. III. 3.). 10. Die nationale wie auch die europäische Mißbrauchsaufsicht trifft ein diversifiziertes Unternehmen, wenn es seine marktbeherrschende Stellung auf einen angrenzenden Markt zu übertragen sucht, der von dem beherrschten Markt existentiell abhängt, und dazu seinen Wettbewerbern den Zugang zu dem von ihm beherrschten Markt abschneidet oder zumindest unangemessen erschwert. Da diese Übertragung bestehender Marktmacht vor allem vertikal funktioniert, betreffen die besonderen Verhaltensanforderungen nahezu ausschließlich vertikal integrierte Veranstalter. Intermediäre Cross Ownerships bleiben von der Mißbrauchskontrolle regelmäßig unberührt(§ 3 A. III. 2. b), § 3 C. IV.). Die Erlangung einer - kommunikationspolitisch bedenklichen - marktbeherrschenden Stellung ist dabei nicht untersagt. Das Mißbrauchsverbot greift erst, wenn sich der marktbeherrschende, marktübergreifend integrierte Rundfunkveranstalter wettbewerblieh anstößig verhält(§ 3 A. III. 2. a), § 3 C. IV.). Die Anstößigkeit des Verhaltens bernißt sich nach wettbewerbliehen Kriterien. Der Einfluß der Kulturverträglichkeitsklausel bleibt abzuwarten. Die Diversifikation für sich genommen ist nicht mißbräuchlich. Die Bildung von Cross Ownerships - für sich betrachtet - hält sich im Rahmen des zulässigen Leistungswettbewerbs (§ 3 A. III. 2. b), § 3 C. IV.). 11. Die Diversifikation selbst ist nur dann verboten, wenn sie auf einem Zusammenschluß beruht, der geeignet ist, eine marktbeherrschende Stellung der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen zu begründen oder zu verstärken. Cross Ownerships unterliegen der Wettbewerbsaufsicht nicht, solange sie auf ausschließlich internes Unternehmenswachstum zurückzuführen sind (§ 3 C. V. 2. a), § 3 A. III. 3. b) aa)). Die Erteilung einer Rundfunklizenz ist einem Zusammenschluß nicht gleichzustellen. Die Nichterfassung internen Unternehmenswachstums mag kommunikationspolitisch nicht unproblematisch sein, ergibt sich jedoch zwingend aus Ziel und Systematik des Wettbewerbsrechts (§ 3 C. V. 2. a)). 12. Der Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrolle beschränkt sich in den Medien auf Zusammenschlüsse der Branchenriesen, da die Schwellenwerte der Fusionskontrollverordnung auf die Umsätze der Industrieproduktion zugeschnitten sind. Soweit sie greift, ist sie der nationalen Fusionskontrolle vorrangig. Den nationalen Medienbehörden ist es aber vorbehalten, von der Europäischen Kommission genehmigte Zusammenschlüsse zum Schutze kommunikationspolitischer Interessen zu untersagen(§ 3 A. III. 3. b)). Die bisherigen Untersagungen marktübergreifender Zusammenschlüsse in den Medien waren darauf gerichtet, bereits vorher marktbeherrschende Unterneh-
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men daran zu hindern, durch einen Zusammenschluß ihrer Konkurrenz den Zugang zu den von ihnen beherrschten Märkten systematisch abzuschneiden oder zumindest erheblich zu erschweren, um dadurch in vor- oder nachgelagerte Märkte zu expandieren. Im Mittelpunkt standen auch hier die vertikalen Cross Ownerships. Besonders sensibel zeigt sich die Kommission bei Verflechtungen mit Programmzulieferern. Auch in der Entscheidungspraxis zur Fusionskontrolle hat sich die Kulturverträglichkeitsklausel bislang nicht explizit bemerkbar gemacht(§ 3 A. III. 3. c)). 13. Nicht zuletzt wegen der medienspezifischen Absenkungen hinterlassen die Aufgreifkriterien der nationalen Fusionskontrolle keine Schutzlücken wie die europäischen. Cross Ownerships, die aus marktübergreifenden Zusammenschlüssen resultieren, können sich nur ganz ausnahmsweise auf die Toleranzklausel stützen (§ 3 C. V. 2. c)). Das Bundeskartellamt geht gegen marktübergreifende Zusammenschlüsse dann vor, wenn durch diese Substitutionswettbewerb gezielt beseitigt, Wettbewerber systematisch von ihren Versorgungs- bzw. Absatzkanälen abgeschnitten oder erhebliche Abschreckungs- und Entmutigungseffekte bei der Konkurrenz hervorgerufen werden. Auch die nationale Fusionskontrolle trifft zuvorderst Unternehmen, die schon vor dem marktübergreifenden Zusammenschluß marktbeherrschend waren und ihre Marktmacht auf angrenzende Märkte ausweiten wollen(§ 3 C. V. 3. a)). Eine trotz der Marktbeherrschung überwiegende Verbesserung der Wettbewerbssituation durch marktübergreifende Zusammenschlüsse, ist allenfalls für die lokalen Rundfunkmärkte sowie bei der Erschließung neuer Medienmärkte denkbar, sofern der Marktzutritt über die Kapazitäten eines einzelnen Medienunternehmens hinausgeht. Verbesserungen der kommunikationspolitischen Situation sind insoweit irrelevant(§ 3 C. V. 3. b)). Die Erteilung einer Ministererlaubnis ist faktisch ausgeschlossen. Das öffentliche Interesse an einer effektiven Vielfaltssicherung kann die Genehmigung eines Zusammenschlusses nicht rechtfertigen, der aus Wettbewerbliehern Gesichtspunkt zu untersagen ist(§ 3 C. V. 3. c)). 14. Das nationale und europäische Wettbewerbsrecht lassen der Cross Ownership, insbesondere der intermediären sonach relativ viel Raum. Die Wettbewerbskontrolle setzt nicht selten an einem Punkt ein, an dem es aus kommunikationspolitischer Sicht bereits zu spät ist. Die Mißbrauchsaufsicht wirkt nicht präventiv. Die Fusionskontrolle läßt das interne Unternehmenswachstum unberührt und beschränkt sich bei den marktübergreifenden Zusammenschlüssen im wesentlichen auf die Kontrolle von bereits vorher marktbeherrschenden Unternehmen. Beide Steuerungsinstrumente lassen die intermediären Cross Ownerships weitgehend unbeschränkt. Die europäische Fusionskontrolle ist darüberhinaus nur bei Großfusionen anwendbar.
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Diese Schwächen des Wettbewerbsrechts bei der Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern stellen indes keine Regelungsdefizite des Wettbewerbsrechts dar, da sie ihren Grund nicht in der unzulänglichen Ausgestaltung des gegenwärtigen wettbewerbliehen Ordnungsrahmens haben, sondern sich vielmehr zwingend aus der Zielsetzung und, was das nationale Wettbewerbsrecht angeht, dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Wettbewerbsrechts ergeben. Zweck des Wettbewerbsrechts ist nicht, die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern. Anders als das Rundfunkrecht entbehrt das Wettbewerbsrecht einer demokratie- und kulturstaatlichen Dimension. Auch eine effektiv ausgestaltete, an die Marktverhältnisse im Rundfunk angepaßte und konsequent durchgesetzte Wettbewerbskontrolle muß daher nicht notwendig zu kommunikationspolitisch befriedigenden Ergebnissen führen. Eine effektive Cross Ownership Kontrolle kann daher nur im medienspezifischen Sonderrecht erfolgen(§ 3 C. 1., § 3 C. VI.,§ 3 A. IV.). 15. Obschon Cross Ownership Beschränkungen die zentralen Hebel zur Kontrolle der marktübergreifenden Eigentumskonzentration von Rundfunkveranstaltern sind, haben die Rundfunkgesetzgeber dieses Potential bislang nur bedingt genutzt. Zumindest was das bundesweite Fernsehen angeht, verschärfen die Cross Ownership Beschränkungen die allgemeinen Restriktionen der Cross Ownership derzeit nur unwesentlich(§ 3D. IV.). 16. Es ist zwischen den Cross Ownership Beschränkungen aus den einzelnen Landesmediengesetzen und der Cross Ownership Beschränkung aus Rundfunkstaatsvertrag zu unterscheiden. Dabei stellt letztere nicht einen von den landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen auszufüllenden Mindesteahmen dar, sondern vielmehr eine abschließende Sonderregelung für das bundesweite Fernsehen. Bundesweite Fernsehprogramme sind dabei alle Programme, die sich ihrem Gesamtcharakter nach an ein Publikum in ganz Deutschland richten und im ganzen Bundesgebiet empfangbar sind oder sein sollen. Die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen erfassen alle übrigen Cross Ownerships, namentlich alle die den Hörfunk betreffen. Die damit begonnene Entwicklung eines eigenständigen Fernsehrechts und Lösung von der traditionellen Gleichbehandlung von Fernsehen und Hörfunk ist aufgrund der unterschiedlichen ökonomischen Strukturen, Wirkungs- und Gefahrenpotentiale sachgerecht und sollte fortgesetzt werden(§ 3D. I.). 17. Die Durchsetzung aller Cross Ownership Beschränkungen obliegt den Landesmedienanstalten. Als deren gemeinsames Organ fungiert die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, die allerdings nur für das bundesweite Fernsehen zuständig ist(§ 3D. I.). 18. In den Landesmediengesetzen findet sich eine variantenreiche, föderale Vielfalt an Rundfunkordnungen. Traditioneller Kern der Landesrundfunkordnun-
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gen sind Kumulationsbeschränkungen, ergänzt von Beteiligungsgrenzen und binnenpluralistischen Auflagen. Die Rundfunkordnungen lassen in der Regel die Alleinveranstaltung von Programmen zu. Beteiligungsbeschränkungen treffen in der Regel nur die Voll- und Informationsprogramme. Binnenpluralistische Sicherungen sind vor allem dann vorgeschrieben, wenn die außenpluralistische Vielfaltssicherung nicht hinreichend gewährleistet scheint. Zum Teil ist die wettbewerbsrechtliche Fusionskontrolle als Vorschaltverfahren vorgesehen. Die landesmediengesetzlichen Kontrollbestimmungen werden zunehmend gelockert (§ 3 D. II. 1.). 19. Das gedankliche Leitbild der landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen ist die intermediäre Verflechtung von Hörfunk und Presse auf lokaler Ebene. Sie richten sich demzufolge in erster Linie gegen die örtlichen Presseverleger. Die Beschränkung vertikaler Cross Ownerships spielt keine große Rolle. Gleiches gilt für die sonstigen intermediären Cross Ownerships (§ 3D. II. 2.). Ungeachtet ihrer Gemeinsamkeiten auf Tatbestandsseite (§ 2 ), divergieren die Cross Ownership Beschränkungen auf der Rechtsfolgenseite erheblich. In keinem Bundesland schließen die landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen die Presse vom Rundfunk generell aus. Hauptinstrument der Cross Ownership Kontrolle auf Landesebene sind Beteiligungsbeschränkungen. So wird im Allgemeinen der marktstarken Lokalpresse die Einzelveranstaltung von dort ausgestrahlten Programmen verwehrt und ihr Anteil an Kapital, Stimmrechten und Sendezeit innerhalb der Anbietergemeinschaft begrenzt. Ferner bestehen Cross Ownership Beschränkungen in Form von Inkompatibilitätsregelungen, Kumulationsverboten, Sendezeitbeschränkungen, Beweisregelungen sowie organisatorischen Verpflichtungen. Ergänzt werden sie von Programmzulieferungsbeschränkungen. Die klassische Cross Ownership ist sonach von einem relativ dichten Netz an Cross Ownership Beschränkungen umfangen, das allerdings zunehmend gelockert wird (§ 3 D. II. 3.). 20. Das Zuschauermarktanteilsmodell für das bundesweite Fernsehen wirft eine Vielzahl prinzipieller sowie operationaler Probleme auf. Letzteren begegnete der Gesetzgeber, indem er auf die Verankerung starrer Grenzwerte verzichtete und sich stattdessen mit einer Beweislastumkehr begnügte. Darüberhinaus flexibilisierte er die Norm durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe. Diese räumen der KEK nicht unerhebliche Interpretationsspielräume ein, die jedoch gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar sind. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV eröffnet der KEK keinen Beurteilungsspielraum (§ 3D. III. 5., § 3D. III. 1.). 21. Anders als die (meisten) landesmediengesetzlichen Cross Ownership Beschränkungen beinhaltet § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV kein gesetzliches Verbot. Sein materieller Regelungsgehalt erschöpft sich in einer Malusregelung,
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die die kritische Marktanteilsgrenze zu Lasten diversifizierter Unternehmen geringfügig absenkt. Dabei bezieht sich die Malusregelung auf kein gesetzliches Verbot, sondern auf eine widerlegbare gesetzliche Vermutung, das heißt ausschließlich auf die Beweisebene. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV führt aus Gründen der Verhältnismäßigkeit typischerweise zur Einrichtung von Programmbeiräten, nur ganz ausnahmsweise zur Aufgabe von Beteiligungen. Mithin hat § 26 Abs. 2 Satz 2 RStVeine insgesamt nur geringe Eingriffsintensität (§ 3D. III. 1. a), § 3D. III. I. c), § 3D. III. 3.). 22. Hauptadressaten des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sind die hoch diversifizierten Medienkonglomerate, die auf den Medienmärkten, vor allem im Fernsehen national wie international stetig an Bedeutung gewinnen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV zielt daher weniger auf die intermediäre als vielmehr auf die vertikal-konglomerate Cross Ownership (§3D. III. 2.). 23. Zu den medienrelevanten verwandten Märkten können nur die Geschäftsfelder gerechnet werden, deren Integration in das Unternehmensportfolio das publizistische Wirkungspotential des Unternehmens verstärkt, da Cross Ownership Beschränkungen das Ziel haben, die publizistische Vielfalt zu sichern. Bei der Ermittlung der Meinungsmacht eines Unternehmens dürfen dessen Aktivitäten außerhalb des Fernsehens daher nur dann berücksichtigt werden, wenn die Diversifikation unter dem Aspekt der Vielfaltssicherung von Bedeutung, mithin publizistisch relevant ist(§ 3D. III. 3. a)). Medienrelevant verwandt sind folglich die Märkte der traditionellen Massenkommunikation, die selbst über ein nicht vernachlässigbares publizistisches Wirkungspotential verfügen, wie Presse und Hörfunk. Ferner sind die Märkte medienrelevant verwandt, die der Fernsehveranstaltung vor- oder nachgelagert sind, soweit sie aufgrund ihrer Schlüsselstellung für den Markt der Programmveranstaltung einen merklichen Einfluß auf die redaktionelle Gestaltung der Veranstalter besitzen. Irrelevant sind dagegen die Märkte im Bereich der Individualkommunikation, der Teledienste sowie zumindest derzeit auch der Online- und Internet-Dienste(§ 3D. III. 3. a)). 24. Der Begriff der "Geringfügigkeit" legt eine restriktive Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nahe. Sinn und Zweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV schließen eine rein qualitativ-normative Bestimmung der Geringfügigkeit aus. Zum Schutz der Rundfunkveranstalter wie auch der sicherzustellenden pluralistischen Vielfalt im Rundfunk müssen die Geringfügigkeilsmargen quantitativ festgelegt werden(§ 3D. 111. 3. b)). Dabei kann jedoch kein einheitlicher; für alle Arten von Cross Ownerships gleichermaßen geltender Schwellenwert bestimmt werden. Die Geringfügigkeilsschwelle ist vielmehr in Abhängigkeit von der konkreten Cross Ownership, das heißt von der Art des integrierten medienrelevanten verwandten Marktes zu definieren. Ein marktübergreifender Grenzwert, der in gleicher
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Weise für alle Cross Ownerships gilt, wird dem Regelungszweck des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht gerecht(§ 3D. III. 3. b) dd)). Der Grenzwert bestimmt sich sonach zunächst von den Umständen des Einzelfalls her. Dabei entfalten einmal festgelegte Grenzwerte jedoch eine Bindungswirkung für gleichgelagerte Fälle, da die Unternehmen einen Anspruch auf willkürfreie Behandlung haben. Ferner strahlt er auch auf Grenzwerte aus, die für andere Cross Ownerships gelten, da die Schwellenwerte in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen müssen(§ 3D. III. 3. b) dd)). Nach der Entstehungsgeschichte kann die kritische Marktanteilsgrenze in keinem Falle auf 25% oder darunter absinken. Darüberhinaus läßt die Norminterpretation jedoch keine eindeutige Aussage zur Höhe der Geringfügigkeitsmargen zu (§ 3 D. III. 3. b) bb) und ee)). Aus Gründen der Justitiabilität ist eine Sicherheitsmarge zu berücksichtigen(§ 3D. III. 3. b) ee)). 25. Der Begriff der marktbeherrschenden Stellung im Sinne des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV muß im Lichte der kommunikationspolitischen Zwecksetzung des Rundfunkrechts ausgelegt und damit eigenständig bestimmt werden. Es kann nicht undifferenziert auf die im Wettbewerbsrecht geltenden Auslegungsgrundsätze und -kriterien zurückgegriffen werden. Problematisch ist, daß der Rundfunkstaatsvertrag zur eigenständigen Bestimmung der marktbeherrschenden Stellung keine spezifisch publizistischen Kriterien definiert (§ 3 D. III. 4. a)). 26. Die zweite Alternative des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt klar, daß sich die vorherrschende Meinungsmacht des Unternehmens auch aus mehr als zwei Märkten ergeben kann. Unklar ist indes, anhand welcher medienspezifischen Kriterien die geforderte Gesamtbeurteilung der Aktivitäten des Unternehmens erfolgen soll(§ 3D. III. 4. b).
§ 4 Rechtliche Zulässigkeit von Cross Ownership Beschränkungen am Beispiel des§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV l. Cross Ownership Beschränkungen sind vom Landesgesetzgeber zu erlassen. Ihrem Schwerpunkt nach sind sie Normen des Gefahrenabwehrrechts, nicht des Wirtschaftsrechts. Anders als das Recht der Wirtschaft haben sie eine demokratie- und kulturstaatliche Stoßrichtung. Es ist insoweit auch nicht zwischen intra- und intermediärem Konzentrationsrecht zu differenzieren (§ 4 c. 1.).
2. Für die materielle Zulässigkeil von Cross Ownership Beschränkungen sind zum einen die Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts, vor allem die
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Niederlassungsfreiheit und Art. 10 EMRK entscheidend, zum anderen das nationale Verfassungsrecht, namentlich die Rundfunkfreiheit, das Gleichbehandlungs- und Bestimmtheitsgebot, gegebenenfalls auch die Eigentumsgarantie, die Pressefreiheit und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es gelten folgende allgemeine Leitlinien: Cross Ownership Beschränkungen dürfen den Zugang diversifizierter Unternehmen zum Rundfunk nicht ganz ausschließen (§ 4 C. IV. 2.). Unzulässig sind ferner Cross Ownership Beschränkungen, die nicht geeignet sind, die pluralistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern(§ 4 B. I. 3. c) bb), § 4 B. ll. 3. a), § 4 C. II. 2.). Überdies kommt es für die Vereinbarkeil mit europäischem Recht stets (§ 4 B. I. 3. c) cc), § 4 B. II. 3. a)), für die Vereinbarkeil mit dem Grundgesetz nur bei der Verkürzung rundfunkrechtlicher Altrechte (§ 4 C. V. 2.) darauf an, ob die Cross Ownership Beschränkung auch erforderlich ist, um die publizistische Vielfalt im Rundfunk zu sichern, und ferner auch insgesamt angemessen. Darüberhinaus dürfen Cross Ownership Beschränkungen weder den privaten Rundfunk an sich(§ 4 C. Il. 2. b)) noch das Institut der freien Presse (§ 4 C. III. 3. c)) in Frage stellen. Darüberhinaus müssen sie die rechtsstaatlich gebotenen Mindestanforderungen an die Normgestaltung beachten, wie das Bestimmtheilsgebot (§ 4 C. VI.) und das Willkürverbot (§ 4 C. IV.). 3. Cross Ownership Beschränkungen begrenzen den Zugang diversifizierter Veranstalter zum Rundfunk. Sie müssen sich an dem der Niederlassungsfreiheit immanenten Beschränkungsverbot messen lassen. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, der weder offen noch versteckt nach der Staatsangehörigkeit seiner Adressaten differenziert, beschränkt die Niederlassungsfreiheit nicht unzulässig, da er durch einen anerkannt zwingenden, im Allgemeininteresse liegenden Grund, nämlich die Sicherung einer pluralistischen Vielfalt im Rundfunk, gerechtfertigt ist und dabei auch nicht weiter geht, als die Vielfaltssicherung unmittelbar verlangt(§ 4 B. 1.). 4. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV verletzt die europäische Rundfunkfreiheit nicht, wenn man die Leitlinien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 10 EMRK zugrundelegt. Er stellt zwar einen Eingriff in die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anerkannte Veranstalterfreiheit privater RundfunkanbieteT dar. Dieser ist jedoch nach Art. 10 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, da er die Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk zum Ziel hat, für die demokratische Gesellschaft notwendig und auch sonst verhältnismäßig ist(§ 4 B. II.). 5. Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. GG schützt den Rundfunk in dessen Funktion für die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung in der Gesellschaft, das heißt in dessen Bedeutung fur den gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozeß. Das Ziel der Rundfunkfreiheit besteht darin, im Rundfunk ein breites Angebot an Informationen und Meinungen zu gewährleisten, in dem der Ein-
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zeine alle gesellschaftlich relevanten Standpunkte, Entwicklungen und Strömungen finden kann, um sich an diesen zu orientieren, das für ihn Wichtige herauszufiltern und zur Grundlage seiner persönlichen Meinungsbildung zu machen ("publizistische Vielfalt I publizistischer Wettbewerb") (§ 4 C. II. 1. b) cc), § 2 E. I. 1. c). 6. Publizistische Vielfalt und ökonomischer Wettbewerb sind nicht identisch. Der publizistische Wettbewerb geht nicht im ökonomischen auf (§ 4 C. II. 1. c)). Der ökonomische Wettbewerb ist ein dynamischer Prozeß, der durch seine Selbststeuerungskraft zu optimalen Marktergebnissen auf den Wirtschaftsmärkten führt. Dem publizistischen Wettbewerb fehlt eine entsprechende Selbststeuerungskraft Anders als der ökonomische Wettbewerb zeichnet sich ein vollkommener publizistischer Wettbewerb auch nicht dadurch aus, daß sich in ihm die qualitativ "beste" oder "wahrste" Idee durchsetzt, zumal es an einem Maßstab für die Qualität einer Meinung fehlt. Ein idealer publizistischer Wettbewerb wird vielmehr durch ein möglichst umfassendes Nebeneinander verschiedener Meinungen gekennzeichnet, in dem sich die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit widerspiegelt und der Einzelne seine informationeHe Ausgangsbasis findet. Entscheidend ist nicht, daß ein intellektueller Wettbewerb von Ideen und Meinungen auf der Suche nach einer wie auch immer gearteten, objektiven "Wahrheit" aufrecht- und offengehalten wird, sondern vielmehr der Schutz eines harmonisch ausbalancierten Ordnungszustands im Sinne einer ausgewogenen Repräsentanz aller gesellschaftlich relevanten Meinungen und Gegenständen. Dabei setzt ein funktionierender publizistischer Wettbewerb voraus, daß gerade jenen (Minder-)Meinungen ein angemessener Raum im Rundfunk verbleibt, die verdrängt würden, wenn man den Markt der Meinungen und Ideen sich selbst überlassen würde. Das mit einem "funktionierenden publizistischen Wettbewerb" gemeinte medienpolitische Ziel kommt in dem Begriff der "publizistischen Vielfalt" besser zum Ausdruck, da dieser der mehr statischen als dynamischen Natur der von der Rundfunkfreiheit angestrebten Zielvorstellung eher gerecht wird(§ 4 C. II. 1. c)). 7. Publizistische Vielfalt wird auch nicht durch einen funktionierenden ökonomischen Wettbewerb unter Fernsehveranstaltern gewährleistet. Dies gilt unstrittig, solange sich der Rundfunk in einer Sondersituation befindet, die einen funktionierenden ökonomischen Wettbewerb von vornherein nicht zuläßt (§ 4 C. II. 1. d)). Dies gilt aber auch unabhängig von einer eventuell noch bestehenden Sondersituation. Denn unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ist es ausgeschlossen, daß ein sich selbst überlassener ökonomischer Wettbewerb unter Fernsehveranstaltern zu einem inhaltlich ausdifferenzierten Angebot an Meinungen und Inhalten im Fernsehen führt, das die Informationsbedürfnisse aller Bevölkerungsgruppen optimal befriedigt. Dem liegt zugrunde, daß die Werbe-
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finanzierung des Fernsehens alle Femsehanbieter gleichermaßen zu massenattraktiven Programmen zwingt. Die Analyse der medienökonomischen Grundlagen des Fernsehgeschäfts ergibt, daß die Werbefinanzierung im Fernsehen anders als in der Presse eine Zielgruppenorientierung und damit inhaltliche Ausdifferenzierung des Programmangebotes wirtschaftlich weitgehend unmöglich macht. Im Fernsehen funktioniert allein das Geschäft mit der Masse. Dies zeigen nicht zuletzt die jüngsten Marktentwicklungen (§ 4 C. II. 1. d)). Überließe man den Fernsehmarkt den Gesetzen des Marktes, käme es daher zu keiner inhaltlichen Ausdifferenzierung der Programme, selbst wenn der ökonomische Wettbewerb unter den Programmanbietern funktionierte. Auch ein effektiver Wettbewerbsschutz würde weder zu einer gegenständlichen Vielfalt wie im Zeitschriftenmarkt noch zu einer regionalen Vielfalt wie in der Tagespresse führen. Es würde keine Vielzahl von Sendem entstehen, die wie in der Presse eine jeweils andere Zielgruppe mit Information und Unterhaltung versorgt und damit in ihrer Gesamtheit ein breites publizistisches Angebot offeriert. Würde das Fernsehen derzeit den Gesetzen des Marktes überlassen, würde hieraus - auch bei einer erheblichen Zunahme der Übertragungsfrequenzen - lediglich eine Vervielfachung inhaltlich weitgehend gleicher Vollprogramme resultieren, die alle gleichermaßen auf Massenattraktivität bedacht und auf die für die Werbeindustrie attraktive Zielgruppe der 14- bis 49jährigen ausgerichtet sind. Vielzahl und Vielfalt sind nicht identisch. Es ist daher keineswegs eine Frage der nur politischen Entscheidung, ob die Vielfaltssicherung dem ökonomischen Wettbewerb überlassen werden kann(§ 4 C. II. 1. d)). 8. Zur Sicherung eines publizistischen Angebots, das die für die freiheitliche Demokratie konstitutive Meinungsvielfalt zur Darstellung bringt, kann sich der Gesetzgeber daher nicht darauf beschränken, die subjektive Freiheitssphäre der Fernsehveranstalter und den Wettbewerb unter diesen zu schützen. Vielmehr erfordert die publizistische Vielfalt im Fernsehen unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen Vorkehrungen, die über den individuellen Schutz der Veranstalter hinausgehen. Die Rundfunkfreiheit bedarf als dienende Freiheit zu ihrer realen Entfaltung besonderer gesetzlicher Regelungen. Sie ist demzufolge ausgestaltungsbedürftig (§ 4 C. II. 1. f), § 4 C. II. 1. d)). 9. Der Einzelne hat daher kein originäres Grundrecht auf Rundfunkveranstaltung, dessen Inhalt losgelöst vom teleologischen Kontext der Rundfunkfreiheit allein durch Rückgriff auf vorrechtliche, natürliche und soziale Gegebenheiten bestimmt werden kann. Die Veranstaltung von Rundfunk erschöpft sich nicht darin, publizistische Inhalte zu beschaffen, redaktionell aufzubereiten und anschließend über elektromagnetische Wellen zu verbreiten. Der Rundfunk und die Rundfunkveranstalter stehen vielmehr nur insoweit unter dem besonderen Schutz der Verfassung, als sie der Meinungsbildung dienen, mithin Teil des übergreifenden gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses sind, der
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sich, zumindest im Fernsehen, nur über eine ausgestaltete Rundfunkordnung erreichen läßt(§ 4 C. II. 1. f), § 4 C. II. 1. b)). Zumindest für das Fernsehen ist die vornehmlich objektiv-institutionelle Interpretation des Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG daher legitim. Die subjektive Rundfunkfreiheit der Veranstalter wird nur unter Maßgabe und in den Grenzen der zur Vielfaltssicherung erlassenen Rundfunkgesetze gewährleistet. Diese konkretisieren die Rundfunkfreiheit und können daher von vomherein nicht in die Rundfunkfreiheit eingreifen(§ 4 C. II. 1. f), § 4 C. II. 1. b)). 10. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist zur eigenständig zu betrachtenden Kategorie der Ausgestaltungsgesetze zu zählen. Als Ausgestaltungsgesetz ist er nur dann verfassungswidrig, wenn der Rundfunkgesetzgeber mit ihm seinen Verfassungsauftrag verfehlt oder seinen von Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG abgesteckten Gestaltungsspielraum überschritten hat. Unerheblich ist insoweit, ob § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV in rundfunkrechtliche Altrechte von Rundfunkveranstaltern eingreift oder nicht, da auch umgestaltende Ausgestaltungsgesetze nicht in die Rundfunkfreiheit eingreifen(§ 4 C. II. 2., § 4 C. II. 1. e)). II. Ausgestaltungsgesetze sind verfassungskonform, wenn der Gesetzgeber mit ihnen keine anderen Regelungszwecke als die Pluralismussicherung verfolgt (Beschränkungsverbot). Die Regelung darf den Zielvorgaben der Rundfunkfreiheit nicht widersprechen, wie sie das Bundesverfassungsgericht entwickelt hat (abstrakte Eignung). Sodann muß das ausgestaltende Rundfunkgesetz auch konkret geeignet sein, die publizistische Vielfalt im Rundfunk mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu sichern, das heißt zu einer zumindest gleichwertigen Sicherung der Rundfunkfreiheit führen (konkrete Eignung). Dem Gesetzgeber wird sonach eine positive Folgeprognose abverlangt (§ 4 C. II. 2.). § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist mit Art. 5 Abs. I Satz 2, 2. Alt. GG vereinbar. Die Cross Ownership Beschränkung beinhaltet bei verfassungskonformer Auslegung weder eine Beschränkung der Rundfunkfreiheit noch eine unangemessene Belastung der privaten Rundfunkanbieter. Sie verstößt nicht gegen das Gebot kommunikativer Chancengleichheit und ist auch kein zur Vielfaltssicherung prinzipiell untaugliches Mittel (§ 4 C. II. 2., § 4 C. II. 3.). I2. Die Sonderregulierung des Rundfunks ist nicht an sich willkürlich, da der Schutz des gesamtgesellschaftlichen Kommunikationsprozesses besondere Ordnungsvorschriften für den Rundfunk erfordert. Das rundfunkspezifische Sonderrecht kann mit historischen Gründen und vor allem der individual-psychologischen Suggestivkraft nicht hinreichend gerechtfertigt werden. Die Sondersituation wurde als Legitimationsansatz fallengelassen (§ 4 C. IV. I.). 13. Cross Ownership Beschränkungen sind auch nicht deshalb willkürlich, weil sie diversifizierten Rundfunkveranstaltern den Zugang zum Rundfunk einseitig erschweren, da deren publizistischen Einflußmöglichkeiten außerhalb des
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Rundfunks bei der Ermittlung der Meinungsmacht ebensowenig unberücksichtigt bleiben dürfen wie deren mittelbare Meinungsmacht auf vor- oder nachgelagerten Schlüsselmärkten. Pauschale Ausschlüsse läßt das Willkürverbot jedoch nicht zu (§ 4 C. IV. 2.). Ökonomische Gründe können besondere Beschränkungen der intermediären Cross Ownership nur bedingt rechtfertigen, da intermediäre Cross Ownerships nur eingeschränkt mit operativen Vorteilen verbunden sind. Der noch am ehesten feststellbare Synergieeffekt liegt in der Cross Promotion. Dagegen sind die Vorteile aus Know-how-Transfer, Quersubventionierung und das Bestehen spezifischer Größenvorteile durchaus strittig oder aus publizistischer Sicht unbedenklich. Auch die intermediäre Homogenisierung der redaktionellen Inhalte ist aufgrund der medienökonomischen Rahmenbedingungen nicht zu befürchten. Der tragende Grund für eine Schlechterstellung intermediär diversifizierter Rundfunkveranstalter liegt in der Zusammenballung publizistischer Wirkungspotentiale zu einer multimedialen Meinungsmacht (§ 4 C. IV. 2. a)). Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten diagonal, aber nicht intermediär diversifizierter Rundfunkveranstalter sind daher nicht zu rechtfertigen, da bei ihnen eine multimediale Meinungsmacht ausgeschlossen ist. Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten von Betreibern von Telediensten oder Unternehmen der Individualkommunikation wären folglich verfassungswidrig (§ 4 C. IV. 2. a)). Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten vertikal diversifizierter Unternehmen sind sachlich nur dann gerechtfertigt, wenn diese über ihr Engagement in vor- oder nachgelagerten Schlüsselmärkten einen nicht unerheblichen Einfluß auf die redaktionelle Autonomie ihrer Konkurrenz im Veranstaltungsmarkt ausüben können und sich die vertikale Cross Ownership hierdurch auf das publizistische Angebot im Fernsehen auswirkt. Dies ist heute noch am ehesten für den Film- und Sportrechtehandel anzunehmen(§ 4 C. IV. 2. b)). 14. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV behandelt vertikal und intermediär diversifizierte Rundfunkveranstalter auch nicht willkürlich gleich, sondern läßt in seiner Interpretation Differenzierungen zwischen diesen der Art nach verschiedenen Normadressaten zu. Er ist auch nicht systemwidrig, da der Gesetzgeber nicht zur Modellkonsistenz verpflichtet ist(§ 4 C. IV. 3., § 4 C. IV. 4.). 15. Ausgestaltendes Rundfunkrecht ist prinzipiell nicht am Übermaßverbot zu messen, da es bei Ausgestaltungsgesetzen an den für die Abwägung erforderlichen, konfligierenden Interessen fehlt(§ 4 C. V. 1.). 16. Eine Ausnahme gilt für reformierende Ausgestaltungsgesetze, die bereits entstandene Rechte von Rundfunkveranstaltern verkürzen. Auf diese ist das Übermaßverbot aus Griinden des Vertrauensschutzes, der verfassungsrechtlichen Qualität der subjektiven Rundfunkrechte der Veranstalter und mit Blick auf die ähnlich gelagerte und vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Proble34 Tschon
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matik der ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen modifiziert anwendbar. Der Gestaltungsspielraum des Rundfunkgesetzgebers ist bei der Umgestaltung der Rundfunkordnung sonach stärker eingeschränkt als bei deren erstmaliger Ausgestaltung(§ 4 C. V. 2.). Demnach sind ausgestaltende Rundfunkgesetze, die Altrechte der Rundfunkveranstalter entziehen oder verkürzen, nur dann verfassungsgemäß, wenn sie zur Sicherung der publizistischen Vielfalt im Rundfunk erforderlich und angemessen sind. Steht dem Gesetzgeber ein Instrument zur Verfügung, das für die Altrechteinhaber milder, dabei aber gleich effektiv ist, ist das Gesetz unzulässig. Entscheidend ist im Kern die Abwägung zwischen dem individuellen Interesse des Rundfunkveranstalters am Fortbestand seines Rechts und dem öffentlichen Interesse an einer effektiven und umfassenden Vielfaltssicherung. Zu berücksichtigen ist vor allem Art und Schwere der Beeinträchtigung des rundfunkrechtlichen Altrechts sowie, ob und inwieweit der Veranstalter auf den Fortbestand seines Rechts vertraute und vertrauen durfte. Ist die konkrete Umgestaltung nicht erforderlich oder unzumutbar, führt dies jedoch nicht ohne weiteres zu ihrer Nichtigkeit. Vielmehr kann die unangemessene Belastung durch Entschädigungs- oder sonstige Ausgleichsregelungen abgefangen werden. Erst wenn dies nicht mehr möglich ist, führt die Unverhältnismäßigkeit der Umgestaltung zu deren Verfassungswidrigkeit und wirkt sich damit auch auf die Rundfunkveranstalter aus, die in keinem rundfunkrechtliehen Altrecht betroffen sind(§ 4 C. V. 2.). Der Verhältnismäßigkeitsausgleich muß jedoch die Ausnahme von der Regel bleiben. Er ist nur dann geboten, wenn die Umgestaltung die Inhaber rundfunkrechtlicher Altrechte in einer atypischen Lage übermäßig und besonders schwer trifft(§ 4 C. V. 2.). Trotz seiner umgestaltenden Natur muß sich § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV nicht am Übermaßverbot messen lassen, da er rundfunkrechtliche Altrechte unberührt gelassen hat(§ 4 C. V. 2.). 17. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV genügt den Erfordernissen rechtsstaatlicher Bestimmtheit, mit Ausnahme seiner zweiten Alternative, der keine hinreichend deutlichen Konturen abzugewinnen sind. Ohne die Vorgabe kommunikationsspezifischer Kontrollparameter bleibt im Dunkeln, was unter einem Meinungseinfluß zu verstehen ist, der dem eines Unternehmens mit einem Zuschauermarktanteil von 30% im Fernsehen entspricht. Für Unternehmen mit einem Zuschauermarktanteil von etwa 25 % ist das Eingreifen der Cross Ownership Beschränkung nicht ansatzweise voraussehbar und berechenbar. Für die KEK und die Gerichte stellen sich insoweit unüberwindbare Operationalisierungsprobleme (§ 4 C. VI.). 18. Cross Ownership Beschränkungen unterliegen der abgestuften Verhältnismäßigkeitsprüfung des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nicht, da die Berufsfreiheit
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nicht zur Verfassungswidrigkeit von Regelungen führen kann, die der Rundfunkgesetzgeber in Vollzug seines Gestaltungsauftrags rechtmäßig erlassen hat (§ 4 c. 111. l.). 19. Die Rundfunkveranstalter stehen unter dem Schutz des Art. 14 GG nur, soweit sie in privatrechtliehen Vermögenspositionen betroffen sind, die sie auf der Grundlage ihrer Rundfunklizenz gebildet haben, wenn jene zum Zeitpunkt der Eigentumsbeschränkung bereits konkret bestanden haben. Keine eigentumsschutzfahige Position ist mangels Privatnützigkeit die öffentlich-rechtliche Inhaberschaft der Rundfunkzulassung. Ebenfalls nicht eigentumsrechtlich geschützt ist das Vermögen als solches(§ 4 C. III. 2. a)). § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV ist nicht eigentumsrelevant Er stellt keine Enteignung und auch keine Inhaltsbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar, da er lediglich die Beweislage für ein Tatbestandselement einer eigentumsrelevanten Vorschrift regelt(§ 4 C. III. 2. b)). 20. Cross Ownership Beschränkungen zu Lasten der Presse sind mit den Vorgaben der Pressefreiheit vereinbar. Die wirtschaftliche Bedrohung der Presse durch den Rundfunk gibt der Presse keinen Anspruch auf einen privilegierten Zugang zum Rundfunk, da in marktwirtschaftliehen Ordnungen kein Unternehmen einen Anspruch auf Erhaltung seines Geschäftsumfanges oder auf Schutz gegen Substitutionswettbewerb besitzt. Die Frage nach einem chancengleichen Zugang der Presse zum Rundfunk ist keine Frage der Pressefreiheit. Cross Ownership Beschränkungen verletzten die Pressefreiheit erst dann, wenn sie der Presse deren existentielle, wirtschaftliche Grundlagen entzögen und damit Bestand und Funktionsflihigkeit der freien Presse gefährdeten. § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV stellt keine solche nachhaltige Gefahrdung des Instituts der freien Presse dar(§ 4 C. III. 3.). 21. Mit Ausnahme seiner zweiten Alternative ist§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV sowohl mit den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts als auch mit denen des nationalen Verfassungsrechts vereinbar und damit zulässig(§ 4 D.).
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Ausblick Das Phänomen der Cross Ownership und die Frage nach Art, Umfang und Grenzen ihrer Kontrolle berühren eine durch das Ineinandergreifen kommunikationswissenschaftlicher, rechtlicher und ökonomischer Aspekte vielschichtige und tatsächlich wie rechtlich komplizierte Thematik, die sich in einem Spannungsfeld staats-, kultur- und wirtschaftspolitischer Interessen bewegt. Diese läßt sich nicht isoliert von der Frage behandeln, ob und inwieweit eine medienspezifische Konzentrationskontrolle heutzutage überhaupt noch erforderlich respektive zulässig ist. Die Beantwortung dieser Frage wiederum rüttelt an den Fundamenten des traditionellen Rundfunkrechts und hat darüberhinaus massive einzel- wie gesamtwirtschaftliche Konsequenzen. Nicht zuletzt deshalb ist die rechtliche Diskussion ausnehmend medienpolitisch gefärbt. Medienrechtliche und medienpolitische Erwägungen gehen oft fließend ineinander über und erschweren so den rechtlichen Diskurs. Dieser stößt zudem auf das Problem, daß das Medienordnungsrecht vielerorts an sozialwissenschaftliehen Begriffen und Befunden anknüpft, die schon für sich in der jeweiligen Fachwissenschaft kontrovers diskutiert werden. Nicht selten werden deshalb fehlende empirische Erkenntnisse durch eine normative Argumentation kompensiert. Neben dem Wechselspiel von sozial-empirischen Annahmen, ökonomischen Prognosen und rechtlich-normativen Wertungen schafft auch der kontinuierliche technologische Wandel weitere Unsicherheiten. Dieser bringt immer neue Kommunikationsangebote hervor und generiert dadurch permanent neue Markt- und Unternehmensstrukturen, auf die sich das Medienrecht immer wieder neu einzustellen hat. Die insoweit geforderte Flexibilität und Reagibilität des Mediengesetzgebers wiederum steht in einem Spannungsverhältnis zu dessen Aufgabe, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der den Medienunternehmen Rechts- und Investitionssicherheit gibt und zugleich den Interessen der Rezipienten dauerhaft Rechnung trägt.
Im Kern entscheidend in dieser wie skizziert schwierigen Debatte um Grundlage, Legitimität und Notwendigkeit intramediärer wie marktübergreifender Medienkonzentrationskontrollen ist letztlich die Frage, ob die im ökonomischen Wettbewerb wirkenden Marktkräfte als Garanten oder aber als Gefahren für die zu sichernde pluralistische Vielfalt in den Medien zu qualifizieren sind. Die Untersuchung hat ergeben, daß aufgrund der medienökonomischen Zusammenhänge die Gesetzmäßigkeilen des ökonomischen Wettbewerbs die publizistische Vielfalt im Fernsehen nicht gewährleisten können. Die Werbefinanzierung zwingt zu massenattraktiven Programmen und verhindert eine inhaltliche Vielfalt wie in der Presse. Aufgrund der medienökonomischen Unterschiede zwischen Fernsehen und Presse ist der gängige Vergleich mit der Presse unvollkommen.
Ausblick
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Die Überwindung der technischen Frequenzknappheit allein führt sonach zu keiner inhaltlichen Ausdifferenzierung des Programmangebots2164 . Vielmehr bringt der ökonomische Wettbewerb, eingezwängt in das Korsett der Werbefinanzierung, eine sich mehrende Vielzahl inhaltlich sich weitgehend annähernder Programme hervor, die alle gleichermaßen auf das Massenpublikum und hier vor allem auf die für die Werbung attraktive Klientel der 14- bis 49-jährigen zugeschnitten sind. Hervorzuheben ist dabei, daß dies nicht situativ oder individuell, sondern strukturell bedingt ist. Die drohende und teilweise bereits eingetretene Gleichförmigkeit des Programmangebots ist nicht Folge fehlender Sensibilitäten bestimmter Medienunternehmer oder persönlich-individueller Machtstrategien, sondern Resultat medienökonomischer Sachlogik. Die Hauptgefahr für die pluralistische Vielfalt ist heute demzufolge auch nicht so sehr darin zu sehen, daß einzelne Individuen den Rundfunk gezielt instrumentalisieren und mit ihrem medialen Manipulationspotential die "breite Masse" suggestiv für ihre jeweiligen politischen wie wirtschaftlichen Interessen mobilisieren könnten, wie einstmals Medienmogule wie ein William Randolph Hearst oder ein Alfred Hugenberg. Die aktuellen Vielfaltsgefahren liegen weniger im manipulativen Einfluß Einzelner als vielmehr in dem allgemeinen wirtschaftlichen Druck, der unter den derzeitigen Rahmenbedingungen zu einer einheitlichen Ausrichtung des Programmangebots auf die breite Masse und zu einer einheitlichen Fokussierung auf das junge, konsumfreudige Publikum führt. Hieraus folgt, daß die publizistischen Bedürfnisse heute nur noch einseitig und damit unzureichend befriedigt, breite Teile der Bevölkerung kommunikativ ausgegrenzt werden. Kommunikationspolitisch problematisch ist dabei, genau genommen, nicht, daß die Sender massenattraktives und "junges" Programm senden, sondern vielmehr daß sie (aus eigenem Antrieb) keine Sendungen für Minderheiten, gesellschaftliche Randgruppen oder für unter Werbeaspekten wenig attraktive, wie etwa ältere oder einkommensschwache Bevölkerungsschichten ausstrahlen. Ein wichtiger Indikator für den Stand der publizistischen Vielfalt im Fernsehen ist daher das Quantum an Zielgruppen- und Minoritätsprogrammen im Gesamtangebot Zugleich ist es das am deutlichsten erkennbare Differenzierungsmerkmal des publizistischen Wettbewerbs gegenüber dem ökonomischen Wettbewerb. Ein funktionierender publizistischer Wettbewerb verlangt nach einer inhaltlichen Ausdifferenzierung des Informations- und Unterhaltungsangebots und damit nach einer ganz überwiegenden Anzahl an verschieden ausgerichteten, aufgemachten und eine jeweils andere Zielgruppe bedienenden Programmen. Ein funktionsfähiger ökonomischer Wettbewerb setzt dies nicht voraus. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen steht er dem sogar entgegen. Will man die hinreichend gleichmäßige Versorgung der Gesellschaft mit Informations- und Unterhaltungsangeboten unter Ausnutzung der Gesetzmäßigkeilen 2164 So aber etwa Bismark, AfP 1982, 135 (143). Wie hier Dörr. MP 1996, 621 (626); Ladeur; RuF 1990,5 (19); ähnlich auch Kiefer; ZUM 1995, 58 (67).
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Ausblick
ökonomischen Wettbewerbs erreichen, muß ein System geschaffen werden, in dem die Veranstaltung von Zielgruppen-, Sparten- und Lokalsendem rentabel wird und die Marktzutrittsbarrieren so niedrig sind, daß neue, namentlich auch kleinere Unternehmen in das Fernsehgeschäft einsteigen können. Dabei ist zunächst an die an den elektronischen Medien von je her interessierten, aber im Fernsehen von den internationalen, hoch diversifizierten Medienkonglomeraten weitgehend verdrängten großen Verlage der Tages- und Zeitschriftenpresse zu denken. Zu dem Kreis potentieller Programmveranstalter zählen aber auch die lokalen Zeitungsverleger, von denen sich die meisten nach ersten Versuchen schon bald aus dem Lokalfernsehen zurückziehen mußten, sowie alle Unternehmen und Interessengruppen, die ein Interesse an der Veranstaltung von Fernsehprogrammen haben könnten, wie etwa die Kirchen, Wirtschafts- und Umweltverbände, Fußballvereine, Menschenrechtsvereinigungen etc.
Medienpolitische Leitvorstellung muß sein, die Ausweitung der Übertragungskapazitäten in eine Vielzahl formal wie inhaltlich unterschiedliehst gestalteter, aufgemachter und ausgerichteter Programme umzusetzen. Es ist ein publizistisches Angebot anzustreben, das - vergleichbar mit der Situation im Zeitschriftenmarkt nicht nur eine Mehrzahl politisch unterscheidbarer Sender in sich aufnimmt, sondern auch Zielgruppenprogramme mannigfaltigster Art und Couleur bietet, wie zum Beispiel Sender, die sich Wirtschafts-, Freizeit- oder ökologischen Themen widmen, Programme, die sich schwerpunktmäßig an Frauen, Kinder oder Senioren richten, bis hin zu Musik-, Sport- und Lifestylekanälen, Spielfilm-, Informations-, Dokumentations-, Lokal- und Regionalprogrammen etc. Dies setzt voraus, daß es den Programmanbietern möglich ist, durch die Ansprache bestimmter Zielgruppen Werbepreise zu verlangen, deren Höhe sich nicht allein nach der Einschaltquote richtet, sondern auch nach der Bindung einer bestimmten Zielgruppe. Wie im Zeitschriftenmarkt muß sich der wirtschaftliche Erfolg des Senders auch nach der Fähigkeit zur zielgenauen Ansprache seines Publikums bestimmen, nicht nur nach seiner Breitenwirkung. Die Sender dürfen nicht - wie heute alle - ausschließlich auf die effektive Erfassung des Massenpublikums angewiesen sein. Eine solche Stabilisierung der Rezipienten-Sender-Bindung läßt sich nur über ein (auch) entgeltfinanziertes System erreichen, wie es im übrigen in der Presse besteht, und damit im Vorantreiben des digitalen Pay TV. Nur das digitale Bezahlfernsehen ermöglicht die anzustrebende Vielzahl von Zielgruppenprogrammen, aus denen der einzelne Rezipient die seinen Interessen gemäßen Programme auswählen kann und mit seinem Entgelt dem Anbieter das Marktsignal gibt, an dem dieser die bestehenden publizistischen Bedürfnisse erkennen und sein künftiges Programm ausrichten kann. Dabei stellt sich jedoch das Problem, daß aufgrund der enormen Kapitalintensität der Zutritt zum Markt des digitalen Pay TV außerordentlichen schwer, für die bezeichneten ,,kleineren" Anbieter derzeit faktisch ausgeschlossen ist. Die medienpolitische Strategie war bislang, die kostenintensive Installierung und den Betrieb
Ausblick
535
digitaler Plattformen den finanzstarken Medienkonzernen zu überlassen, die im werbefinanzierten Fernsehen die maßgeblichen Wettbewerber sind und daher ein Eigeninteresse an der Einführung des digitalen Bezahlfernsehens verfolgen. Dies ist indes in letzter Konsequenz bedenklich, wenn nicht sogar in sich widersprüchlich. So ist problematisch, daß die Medienpolitik den kostenintensiven Auf- und Ausbau des digitalen Bezahlfernsehens gerne den bereits im Fernsehen tätigen Medienunternehmen überlassen würde, gleichzeitig aber diesen aus Gründen der Vielfaltssicherung den neutralen Betrieb der digitalen Plattformen vorschreiben will und damit genau die Maßnahmen zum Vorwurf macht, die diese zur Amortisation ihrer Investitionen benötigen. Denn eine Investition, die mit einem derart hohen Einsatz von sachlichen und finanziellen Ressourcen wie Unternehmerischen Risiko verbunden ist, ist nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn das frühzeitige Engagement andere Wettbewerber von dem erschlossenen Markt nicht nur kurzfristig abhält. Widersprüchlich ist daher, die programmveranstaltende Medienindustrie zu - als medienpolitisch begrüßenswert eingestufte - Investitionen in den Aufbau digitaler Plattformen zu ermuntern, die Verwirklichung der mit den getätigten Investitionen verfolgten Ziele aber für kommunikationspolitisch bedenklich zu erklären. Hält man digitale Plattformen in der Hand fernsehveranstaltender Medienkonzerne für in der Tendenz vielfaltsgefährdend, muß man schon die Investitionen dieser Konzerne in den Aufbau digitaler Plattformen ablehnen, nicht erst deren Betrieb. Es sollte daher über neue Strategien nachgedacht werden. An dieser Stelle kann keine abschließende Stellungnahme dahingehend erfolgen, wer statt der fernsehveranstaltenden Medienkonzerne die für das digitale Fernsehen notwendige Infrastruktur bereitstellen soll. Jedoch erscheinen unter dem Aspekt der Vielfaltssicherung letztlich nur zwei Wege gangbar: Der erste, weniger attraktive und politisch kaum durchsetzbare Weg wäre eine Finanzierung über öffentliche Mittel, so wie früher der Ausbau des Kabelsystems oder wie heute die Förderung der offenen Kanäle nach § 40 RStV über die Rundfunkgebühr finanziert wurden bzw. werden2165 . Dafür spräche indes, daß das Fernsehen im Lichte des Kommunikationsrechts, das die tragende Grundlage der Vielfaltskontrolle darstellt, eine gesamtgesellschaftliche Institution ist. Der Gedanke liegt daher nicht fern, daß, wenn das Fernsehen als Einrichtung zu betrachten ist, die in erster Linie der Allgemeinheit und erst in zweiter Linie den Fernsehunternehmen dient, auch die Allgemeinheit die Kosten seiner Fortentwicklung tragen soll, zumal diese mit erheblichen standort- und beschäftigungspolitischen Konsequenzen verbunden ist, die wiederum im Interesse der Allgemeinheit liegen. Die zweite Alternative, die jedoch näher untersucht werden müßte, wäre, private Unternehmen zum Aufbau und Betrieb der für das digitale Bezahlfernsehen erforderlichen Infrastruktur zu motivieren, die selbst nicht auf dem Veranstaltungsmarkt 2165 Vgl. für eine Subventionierung aus allgemeinen Steuermitteln Immenga, AtP 1989, 621 (624).
536
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tätig sind und daher nicht in Gefahr kommen, konkurrierende Fernsehanbieter bei der Nutzung der Plattform zu benachteiligen. Zu denken wäre hierbei an finanzkräftige Partner wie die Energieversorger, Telekommunikations-, Technologieunternehmen oder auch an die Konzerne des Einzelhandels. Am Ende muß jedenfalls ein diskriminierungsfreier Betrieb digitaler Plattformen gewährleistet sein und eine Infrastruktur stehen, die es privaten Unternehmen oder Personen ermöglicht, ein Fernsehprogramm mit weit weniger Kapitaleinsatz zu veranstalten als heute2166. Würde es glücken, die Marktzutrittsbarrieren im Fernsehen derart abzusenken und auf diese Weise eine breite Palette an inhaltlich unterschiedlichen Zielgruppenprogrammen zu schaffen, wären die Privilegien des öffentlichen Rundfunks nicht mehr zu rechtfertigen. Sobald das kommerzielle Fernsehen eine ähnlich starke Segmentierung aufweist wie heute etwa der Zeitschriftenmarkt, mithin viele unterschiedliche Spartensender jeweils andere Zielgruppen mit Information und Unterhaltung versorgen, wäre der öffentlich-rechtliche Rundfunk in seiner derzeitigen, alle Gesellschaftsgruppen gleichermaßen erfassenden und dafür finanziell gut ausgestatteten Form überholt. Allerdings ist die Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erst vor dem Hintergrund einer über das digitale Bezahlfernsehen verwirklichten publizistischen Vielfalt inhaltlich verschiedener Programme zu überdenken. Kommunikationspolitisch keinen Sinn macht es, die bestehenden Privilegien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die diesen - auch nur bedingt - vor dem Wettbewerb und dem damit verbundenen Zwang zur Massenattraktivität schützen und damit der Vielfaltssicherung dienen, gleichsam als Vorleistung zu lockern, in der Hoffnung, daß ein sich "frei" entwickelnder Markt den angestrebten Ordnungszustand publizistischer Vielfalt von selbst verwirklichte. Zwar könnte eine Schwächung bzw. ein Rückzug des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durchaus den ökonomischen Wettbewerb im Fernsehen beleben. Wie bereits dargelegt, würde er aber kein breiteres Informations- und Unterhaltungsangebot hervorbringen. Überließe man den Fernsehmarkt in seiner heutigen Verfassung den Gesetzen des Marktes, wäre vielmehr aufgrund der medienökonomischen Zwangsläufigkeilen ein einseitiges publizistisches Angebot und eine kommunikative Ausgrenzung breiter Bevölkerungsschichten zu befürchten. Nichtsdestoweniger muß aber auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Interesse an der Entwicklung eines solchen Zukunftsmarkts haben, da die Gesetzmäßigkeilen der Werbefinanzierung auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen zunehmend zur Massenattraktivität und damit zur Angleichung ihrer Programmstrukturen an die privater Anbieter zwingen. Unterscheiden sich die öffentlich-rechtlichen Programme aber nur noch graduell von denen kommerzieller Veranstalter, wird ihre Existenzberechtigung angesichts der erhobenen Rundfunkgebühren in der öffentlichen Diskussion immer stärker in Frage gestellt werden und langfristig politisch nicht mehr durchsetzbar sein.
Gesellschaftspolitisch hängt die Frage nach der Notwendigkeit von Cross Ownership Beschränkungen eng mit der Frage nach dem Bestehen und der Durch2166
s. 4.
Vgl. insoweit auch Bundesregierung, Digitaler Rundfunk (BT-Drucks. 13/ 11380),
Ausblick
537
setzbarkeit nationaler staats- und kulturpolitischer Wertvorstellungen zusammen. Diese werden durch die fortschreitende Vemetzung und Internationalisierung der Kommunikations- und Transportwege, die hieraus resultierende Globalisierung der Wirtschaftsmärkte und den zunehmenden Verlust der Steuerungsfahigkeit der Nationalstaaten immer stärker in Frage gestellt. Nicht selten wird bereits der Begriff der bürgerlichen Freiheit mit dem der ökonomischen Freiheit gleichgesetzt. Ein Bürger sei dann frei, wenn er ökonomisch frei handeln könne2167 . Staats- und kulturpolitische Zielvorstellungen wirken in dieser über weite Strecken ökonomisierten Diskussion wie überholte Anachronismen, zumal sich in einer pluralistischen Gesellschaft die gemeinsamen, den Staat tragenden, staats- und kulturpolitischen Werte nur schwer fassen lassen. Nichtsdestoweniger erscheint es problematisch, das Ökonomische als das allen anderen gesellschaftlichen Subsystemen übergeordnete Prinzip anzusehen und das Bestehen wie die Berechtigung von Werten nicht ökonomischer Art schlichtweg zu negieren. Wichtig ist, weder die nicht ökonomischen Leitvorstellungen als Hindernisse für Entwicklung und Fortschritt zu begreifen noch die Verfolgung ökonomischer Interessen mit dem Untergang politischer, sozialer, kultureller oder gar sittlicher Werte gleichzusetzen. Beide Seiten sind vielmehr als sich wechselseitig befruchtende Gegenpole in einer Diskussion zu verstehen, die auf ständigen Konsens und kontinuierliche Veränderung und Erneuerung angelegt ist. Hierzu ist jedoch erforderlich, zunächst die Existenz wie Berechtigung beider Pole vom Grundsatz her zu akzeptieren und bereit zu sein, die Strukturprinzipien und Gesetzmäßigkeiten des jeweils anderen kennenzulernen und anzuerkennen. Bei diesem Brückenschlag sind alle gefordert: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, nicht zuletzt auch die Jurisprudenz. Ob er den geforderten Akteuren letztlich gelingen wird, wird sich gerade bei der marktübergreifenden Kontrolle der elektronischen Medien erweisen. Man darf gespannt sein.
2167 Vgl. etwa Rolf-E. Breuer; Offene Bürgergesellschaft in der globalisierten Weltwirtschaft, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 4. Januar 1999, S. 8 f., Guehenno, Das Ende der Demokratie, München 1994.
Anhang Cross Ownership Beschränkungen aus den Landesmediengesetzen Normative Grundlagen § 24 Abs. 2 Satz 3 LMedG BW Art. 25 Abs. 7 und Abs. 9 BayMedG § 21 StVBB § 10 Abs. 4 BremLMG §§ 25 Abs. 2, 38 Abs. 2 HmbMedG §§ 17 Abs. 8, 18 HPRG § 39 Abs. 2 RundfG M-V §§ 8 Abs. 7, 22 LRG Nds.
§ 29 Abs. 4 LRG NRW § 16 Abs. 8 LRG RP §§ 50 Abs. 2 Nr. 6, 60 Abs. 5 LRG Saarland §§ 8 Abs. 2, 6 Abs. 3 Nr. 4 SächsPRG § 29 MedienG LSA § 12 Abs. 6 LRG SH §§ 17 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4, 18 TRG
Legende XXX XXX XXX XXX
Allgemeine Regelungen Alleinveranstaltung I Beteiligungsgrenzen Abgestufte Beteiligung Landesspezifische Besonderheiten
o.ä.
Oder ein "sonstiger maßgeblicher Einfluß"
XXX Anstehende Novellierungen
Anhang
539
I. Regelungssystem Bundesland I Gesetz
Pro Veranstalter .••
AJicio..
Wll'8lllllllltu
grds. unbegrenzte Anzahl an Programmen Ausnahme: vorherrschende Meinungsmacht, § 24 I • vermutet, wenn nicht jedem privaten Programm in einem Verbreitungsgebiet das Programm eines anderen Veranstalters gleicher Art und Anzahl gegenübersteht, § 24 II I • öffentlich-rechtlicher Rundfunk miteinzubeziehen, § 24 II 2 • widerlegbar durch Beteiligungsreduzierung bzw. binneopluralistische Vorkehrungen (Sendezeit für Dritte, Programmbeirat), §§ 24 III 1, 26
(+)
Rundfunk in öffentlich-rechtlicher Bayern Art. 25 BayTrägerschaft - grds. nur 1 Programm in Hörfunk und Fernsehen (jeMedG weils) pro Verbreitungsgebiet, Art. 25 VI I V. 24. 11. 1992, zuletzt + Ausnahme: • I Rundfunkprogramm eines anderen Anbietcrs im überwiegengeändert am den Teil des Verbreitungsgebiets, 25.7.2000 es sei denn vorherrschende Meinungsmacht entsteht, Art. 25 VI I • plurale Anbietergemeinschaft und I oder Stimmrechtsbeschränkungen und I oder verbindliches Programmschema und -richtlinien und I oder Programmbeirat, Art. 25 VI2, V 2 - gegebenenfalls Beteiligungsgrenzen, Art. 25 Vill
(+)
grds. unbegrenzte Anzahl an Programmen Ausnahme: vorherrschender Einfluß auf die Meinungsbildung, § 19 II
(+)
BadenWürttemberg §§ 12 ff., 23 ff. LMedGBW V. 19. 7. 1999, zuletzt geändert am 19. 12. 2000
Berlinl Brandenburg §§ 19 ff. StVBB V. 29. 2. 1992, zuletzt geändert am 3.11.1998 Bremen §§ 7 ff., 18 BremLMG v. 22. 6. 1993, zuletzt geändert am 1. 6. 1999
Novellierung deneil in den Parwmenten
- unbegrenzte Anzahl an Programmen in Hörfunk und Fernsehen (jeweils) mit regionalem oder lokalem Schwerpunkt(§ 10 V) darunter nur I Voll- oder Informationsprogramm pro Verbreitungsgebiet, § 10 I I - an Voll- oder Infonnationsprogramm keiner mehr als SO% o.ä., das heißt keine mehrheitliche Beteiligung I Alleinveranstaltung, § 10 II
(-)
bei Voll- und Informationsprogrammen mit regionalern oder lokalem Schwerpunkt, § 10 II
540 Bundesland/ Gesetz
Anhang Pro Veranstalter...
Harnburg §§ 22 ff., 7 HmbMedG V. 20. 4. 1994, zuletzt geändert am 19. 7. 2000
- unbegrenzte Anzahl von Programmen in Hörfunk und Fernsehen (jeweils), außer: - bei Beteiligung an Landesweitem Programm in Hörfunk oder Fernsehen (jeweils) voll > 50% m{JJ(. 1 weitere Beteiligung von 25 %bis III{JJ(. 50% (jeweils) und 1 weiteres Programm VOll m{JJ(. 25 % (jeweils), § 2511, 2 + weiterverbreitete Landes-Programme sind miteinzubeziehen, § 25 I 3 - max. I Programm in Hörfunk und Fernsehen (jeweils) pro Teilgebiet in Hamburg, § 38 I I (= Regionalsender) + Kette aus zusammengeschalteten Regionalsendern zustimmungspflichtig, § 38 I 2 - an Regionalsender keiner mehr als 25% der Stimmrechte und 25% der Sendezeit hinsichtlich der Regionalprogramme, das heißt keine mehrheitliche Beteiligung/ Alleinveranstaltung, § 38 II - ggf. kartellbehördliche Unbedenklichkeitserklärung beizubringen, § 26 li
Hessen §§ 4 ff., 12 ff., 15 ff. HPRG V. 25. I. 1995, zuletzt geändert am 22. 12. 2000
- unbegrenzte Anzahl von Programmen in Hörfunk und Fernsehen (jeweils), außer + Veranstalter des landesweiten Hörfunk-Voll programms nach § 12 I I : max. 2 weitere Hörfunkfrequenzen, § 12 I 3 - landesweites Hörfunk-Vollprogramm nach§ 12 I I + Anbietergemeinschaft von mindestens 10 Personen, davon keiner mehr als 15%, das heißt keine mehrheitliche Beteiligung/ Alleinveranstaltung, § 16 II + regionale Fenster für mind. 4 Regionen, § 12 IV I, 2 - regionale Fernsehprogramme + Anbietergemeinschaft I keine Alleinveranstaltung, § 17 I + möglichst mit Produktions-, Zeitungs- und lokalen Unternehmen,§ 17 I 2, sowie Interessenten mit kulturellen Programmbeiträgen, § 17 IV + nur I Programm pro Region, § 12 V 2 + Mindestvorgaben für regionale Berichterstattung I Sendezeit, § 12 V 5 - bundesweites Fernsehprogramm + landesweites Fensterprogramm für Hessen, § 12 IV 3 (ggf. Befreiung)
Alleinveranstaltung (-) bei Hörfunkoder Fernsehprogrammen für Teilgebiet in Hamburg, §§ 36,38 II
(-)
bei landesweitem HörfunkVollprogramm und regionalen Fernsehprogrammen, §§161,171
Anhang Bundesland/ Gesetz MecklenburgVorpommern §§ 8 ff., 22 ff. RundfG M-Y V. 21. 3. 2000
Pro Veranstalter... - max. 3 landesweite Programme
in Hörfunk und Fernsehen (jeweils), darunter max. I Yollprogramm, I Spartenprogramm und I ausschließlich digital verbreitetes Programm, § II III I - max. 3 lokale Programme in Hörfunk und Fernsehen (jeweils), darunter max. 2 Vollprogramme befristet bis zum 31. 12. I0, § II VI + für lokale Fernsehprogramme beschränkbar auf Kabel, § II VI
541 AlleinVeranstaltung (+)
Niedersachsen §§ 7 ff. LRG Nds. V. 9. 11. 1993, zuletzt geändert am 15. 12.2000
- max. 2 Programme in Hörfunk und Fernsehen (jeweils) bundes-und landesweit (jeweils) darunter nur 1 Voll- oder Informationsprogramm pro Yerbreitungsgebiet, § 8 II 1, V - an Voll- oder Informationsprogramm bundes- oder landesweiter Art keiner mehr als 50% o.ä., das heißt keine mehrheitliche Beteiligung/ AlleinVeranstaltung, § 8 ill - bei Beteiligung an Voll- oder Informationsprogramm bundes-oder landesweiter Art von 25 % - < 50 % o.ä. max. 2 weitere Beteiligungen an Voll- oder Informationsprogrammen zu max. < 25% o.ä., § 8 IV - ggf. kartellbehördliche Unbedenklichkeitserklärung beizubringen, § I 0 III
NordrheinWestfalen §§ 4 ff., 23 ff. LRGNRW V. 24. 8. 1995, zuletzt geändert am 25. 4. 1998
- unbegrenzte Anzahl an Programmen (-) in Hörfunk und Fernsehen (jeweils) bei Lokallandesweit (Grenze: vorherrschende Meinungsmacht), programmen §6I I binnenplurale Vorkehrungen, namentlich Programmbeirat, bei landesweiten Programmen v.a. bei Majorität eines der Beteiligten, § 6 I - Zwei-Säulen-Modell für den lokalen Rundfunk
Rhein landPfalz §§ 5 ff., 16 ff. LRGRP V. 28. 7. 1992, zuletzt geändert am 30. 11.2000
- unbegrenzte Anzahl an Programmen binnenplurale Auflagen bei Verstoß gegen Vielfa1tsanforderungen, § 16 IV (Programmbeirat/ Programmrichtlinien; Sanktion: bis hin zu Entzug der Zulassung) Vorrang von AnbieteTgemeinschaften vor EinzelVeranstaltern bei Erteilung der Zulassung, § 12 I
(-)
bei bundesund Iandesweiten Voll- und Informationsprogrammen
•
•
•
(+)
542 Bundesland I Gesetz
Anhang
Pro Vcraastaltel:
Saarland
- max. 2 Programme in Hörfunk und Fernsehen (jeweils) §§ 48 ff. LRG landesweit Saarland darunter nur I Voll- oder Informationsprogramrn, V. 18. 12. 1998, §59 I zuletzt - bei Beteiligung an Voll- oder Informationsprogramm geändert am im Landesweiten Fernsehen 22. 11. 2000 von 25 % - < 50 % o.ä. ma.x. 2 weitere Beteiligungen an Voll- oder Informationsprogrammen zu ma.x. < 25% o.ä., § 5911 • muß erst recht für Beteiligungen über 50 % gelten - entsprechend für saarländische Programme mit überwiegend identischem Verbreitungsgebiet, § 61
......... AJieiD. (+)
Sachsen §§ 5 ff. SächsPRG V. 27. 6. J99 J, zuletzt geändert am 1. I. 2001
- grds. unbegrenzte Anzahl an Programmen in Hörfunk und Fernsehen (jeweils) Ausnahme: vorherrschender Einfluß auf die Meinungsbildung, § 7 II I - binnenpluraleAuflagen wie v.a. Programmbeirat wenn einziger privater Hörfunk- bzw. Fernsehveranstalter in Sachsen, § 8 I I + Ausnahme: Veranstaltergemeinschaft, § 8 I 2 - kartellbehördliche Unbedenklichkeitserklärung beizubringen, § 8 III
(+)
SachsenAnhalt §§ 4 ff., 19 ff. MedienG LSA V. 31. 7. 2000
- max. 2 Programme in Hörfunk und Fernsehen (jeweils) darunter nur I Vollprogramm, § 20 III I - binnenplurale Auflagen wie v.a. Programmbeirat wenn einziger privater Hörfunk- bzw. Fernsehveranstalter in Sachsen-Anhalt, § 20 IV I + Ausnahme: Veranstaltergemeinschaft ohne vorherrschenden Einfluß eines Einzelnen, § 20 IV 2 - inhaltlich mind. lande weit ausgerichtet, § 20 II + regionale Fenster erlaubt bis zu 25 % Sendezeit, § 20 II 3, 4 - lokales Fernsehen + Prograrnmbeirat, § 43 III + regionale und landesweite Verbreitung des Lokalprogramms im Rahmen einer Veranstaltergemeinschaft zulässig, § 43 IV • keine Mehrfach-Beteiligung an Veranstaltergemeinschaften, § 43 IV 3 - ggf. kartellbehördliche Unbedenklichkeitserklärung beizubringen, § 4 Abs. 6 Satz 2
(+)
543
Anhang Bundesland/ Gesetz
Pro~
..
....
.
..
SchleswigHolstein §§ 9 ff., 22 LRGSH V. 7. 12. 1995, zuletzt geändert am 15. 12.2000
- max. 3 Programme (-) in Hörfunk und Fernsehen Ueweils) bei Hörfunklandesweit programmen, darunter nur 2 Vollprogramme, § 12 III § 10 I 3 + Ausnahme, v.a. bei bes. binnenpluralistischen Maßnahmen wie Prograrnrnbeirat, § 12 V - Fernsehen: Alleinveranstaltung zulässig,§ 10 I 2 -Hörfunk: + Veranstaltergemeinschaft von mind. 3 Beteiligten,§ 10 I 3 + an Voll- oder Informationsprogramm keiner mehr als 50% o.ä., das heißt keine mehrheitliche Beteiligung/ Alleinveranstaltung, § 10 I 4 - bei Beteiligung an Vollprogramm landesweiter Art von 25 %- < 50 % o.ä. max. 1 weitere Beteiligung an landesweitem Vollprogramm zu 25%- < 50% o.ä. oder ma.x. 3 weitere Beteiligungen an landesweiten Vollprogrammen zu < 25% o.ä., § 12 IV + Ausnahme, v.a. bei bes. binnenpluralistischen Maßnahmen wie Programmbeirat, § 12 V
Thüringen §§ 4 ff., 14 ff. TRG v.4. 12.1996
- grds. max. I Voll- und I Spartenprogramm in Hörfunk und Fernsehen Ueweils) pro Verbreitungsgebiet, §§ 17 I Nr. I, 6 II Nr. 7 (one-man-/ one-show) - ggf. kartellbehördliche Unbedenklichkeitserklärung beizubringen, § 17 IV
(+)
Anhang
544
II. Inkompatibilitätsregelungen zur Beschränkung von Cross Ownerships • keine cross ownership-spezifischen lnkompatibilitätsregelungen zur Beschränkung intermediärer oder vertikaler Cross Ownership in Baden Württemberg, Bayern, Berlin I Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen Inkompatibilität wegen intermediärer Verflechtung
Inkompatibilität wegen vertikaler Verflechtung
Saarland §50 Abs. 2 Nr. 6LRG Saarland V. 18. 12. 1998, zuletzt geändert am 22. 11. 2000
keine Zulassung von Verlegern von Tageszeitungen (bzw. Mehrheitsgesellschafter an diesen), leitenden Angestellten bei Verlagen von Tageszeitungen, Tochtergesellschaften, die in mehr als einem Drittel Besitz von Verlegern von Tageszeitungen sind, sofern Tageszeitungen marktbeherrschend, als Einzelveranstalter, § 50 II Nr. 6 (nur formal Inkompatibilitätsregelung; materieil Kombination aus Beteiligungs- und Sendezeitbeschränkung)
(-)
Sachsen § 6 III Nr. 4 SächsPRG V. 27. 6. 1991, zuletzt geändert am l. l. 200 I
(-)
Bundesland I Gesetz
keine Zulassung von Betreibern von Kabelanlagen, § 6 III Nr. 4
Anhang
545
111. Kumulationsverbote zur Beschränkung von Cross Ownerships • keine cross ownership-spezifischen Kumulationsverbote zur Beschränkung intermediärer oder vertikaler Cross Ownership in Baden Württemberg, Berlin I Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommem, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Bundesland/ Gesetz
Pro Veranstalter...
Mehrfacheigentum an Rundfunkprogrammen und Presse verboten: Bayern wenn Rundfunkveranstalter zugleich Verleger periodisch erscheinender Art. 25 Abs. 7, l. Alt. und Druckwerke mit MA von > 50% an der Gesamtdruckauflage der periodisch erscheinenden Druckwerke Abs. 9 mit meinungsrelevantem Inhalt im Verbreitungsgebiet des RundfunkBayMedG V. 24. )J. 1992, programms und im überwiegenden Teil des Verbreitungsgebiets kein Rundfunkprogramm eines anderen, von dem Verleger unabhängizuletzt gen Anbieters empfangbar oder sonst eine vorherrschende Meinungsgeändert am macht des Verlegers besteht, Art. 25 VII I. Alt., VI l 25. 7. 2000 + Ausnahme: binnenplurale Vorkehrungen, Art. 25 VII 2. Alt., V 2 (dazu noch unter Pkt. VII) Mehrfacheigentum an landesweiten und lokalen Hörfunkprogrammen verboten: entweder I landesweites UKW-Programm oder I oder mehrere Lokal- I Regionalprogramme, Art. 25 IX + Ausnahme: Ausnahmebewilligung, Art. 25 IX 2 SchleswigHolstein § 12 Abs. 6 LRGSH V. 7. 12. 1995, zuletzt geändert am 15. 12. 2000
35 Tschon
Mehrfacheigentum an mehr als zwei landesweiten Rundfunkprogrammen und Presse verboten: wenn Verleger I Verbreiter von Tageszeitungen oder Zeitschriften, die für Schleswig-Holstein bestimmt sind, mit marktbeherrschender Stellung bei Tageszeitungen oder Zeitschriften in Schleswig-Holstein bei einer Gesamtauflage von jeweils mehr als I00 Tsd. oder zus. mehr als 150 T d. Exemplaren jährlich, § 12 VI I Mehrfacheigentum an mehr als zwei landesweiten Rundfunkprogrammen und Programmzulieferem verboten: wenn Inhaber I Händler von Programmverwertungsrechten (Programmzulieferer), der mehr als 25% des Gesamtprogramms zuliefert, § 12 VI 4
546
Anhang IV. Beteiligungsbegrenzung zur Beschränkung von Cross Ownerships
• keine cross ownership-spezifischen Beteiligungs- und Sendezeitbegrenzungen zur Beschränkung intermediärer oder vertikaler Cross Ownership in Baden Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen Bundesland/ Gesetz Berlin/ Brandenburg § 21 StVBB V. 29. 2. 1992, zuletzt geänden am3.11. 1998
Puaivlqilillllel'le Verleger von Tageszeitungen
im Priat- oder IOIIIIip Me-
Eappmentun
an der Gesamtdruckaunage der Tagespresse schwerpunktmäßig in Berlin und Brandenburg
landesweites Programm mit landesbezogener Ausrichtung
max. < 25% der Kapital- und Stimmrechtsanteileo.ä., § 21 II
an der Gesamtdruckaunage der Tagespresse schwerpunktmäßig in Berlin verbreitet
Stadt-/ regionales Programm mit Schwerpunkt Berlin
max. < 35% der Kapital- und
MAvon > 35%
an der Gesamtdruckaunage der Tagespresse schwerpunktmäßig in Brandenburg verbreitet
landesweites Programm mit Schwerpunkt Brandenburg
max. < 35% der Kapital- und Stimmrechtsanteileo.ä., § 2111 I
MAvon > 35%
an der GesamtLokalprogramm druckaunage in Brandenburg der Tagespresse im Verbreitungsgebiet des Lokalprogramms
max. < 35% der Kapital- und Stimmrechtsanteileo.ä., § 21JV I
f.npaemenl
clialbenlicb
MAvon > 25%
RlllldtUnt
BeleilipDpbepaiZIIIII
verbreitet
Verleger von Tageszeitungen
MAvon > 35%
Stimmrecht~an-
teile o.ä., § 21 1111
Bremen § 10 Abs. 4 BremLMG V. 22. 6. 1993, zuletzt geänden am I. 6. 1999
Verleger von Tageszeitungen
mit marktbeherr- bei Tageszeitunsehender Stelgen in Bremen lung oder Bremerhaven
Regionales Voll- - nicht Einzelveranstalter, oder Fensterprogrammoder § IOIV I lnforrnationspro- - max. 25% gramm der Stimmrechtsanteile, § IOIV I
Harnburg § 38 Abs. 3 HmbMedG V. 20. 4. 1994, zuletzt geänden am 19. 7. 2000
Verleger
mit marktbeherr- bei Tageszeitunsehender Stelgen lung in Harnburg
bei Regionalsen- max. 20% der Stimmder I Programm furTeilgebiet rechtsanteile, § 38 111 Hamburgs
mitMA von> 20%
an der Gesamtaunage der periodisch erscheinenden Druckwerke im jeweiligen Teilgebiet des Regionalsenders und für dieses Gebiet bestimmt
....... t'o.
-
Hes.en I§ 17 Ab. 2, 3 HPRG V. 25. I. 1995, zuletzt geändert am 22. 12.2000
Anhang
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Zeitungsunternehmen und Unternehmen, an denen Zeitungs-
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bei regionalem Fernsehprogramm
max.49% der Kapital- und Stimmrechtsanteile insgesamt, § 17 II
bei regionalem Fernsehprogramm unter Beteiligung von Zeitungs- und sonstigen Unternehmen
49% (wohl Redaktionsversehen, muß wohl max. 49% heißen) der Kapital- und Stimmrechtsanleite (wohl insgesamt), § 17 111
unternehmen zu
mehr als 25% beteiligt sind
Unternehmen aus Fernsehproduktion/medienrelevanten verwandten Märkten Hessens
..................
547
Niedersachsen § 8 Abs. 7 LRGNds. v. 9. I L 1993, zuletzt geändert am 15. 12.2000
Verleger von Tageszeitungen
mit marktbeherr- bei Tageszeitunsehender Stelgen im Verbreilung tungsgebiet des Voll- oder lnformationsprogramms
Vollprogramm oder lnforrnationsprogramm
max. < 25% der Kapitaloder Stimmrechtsanteile, § 8 VII
NordrheinWe tfalen § 29 Abs. 4 LRGNRW V. 24. 8. 1995, zuletzt geändert am 25. 4. 1998
Verleger von Tageszeitungen
mit Lokalausgabe im Verbreitungsgebiet
Lokalfunk
- geringe Beteiligung an Veranstaltergemeinschaft
RheinlandPfalz § 16Ab . 8 LRGRP V. 28. 7. 1992, zuletzt geändert am 30. II. 2000
- Verleger von Tageszeitungen - Inhaber von Senderechten ftir lnforrnationsprogramme
35*
- zus. max.
75% der Kapital- und Stimmrechtsanteile an der Betriebsgesellschaft, § 291V 2 - ggf. pro rata Beteiligung der Tagespresseverleger entspr. ihres Marktanteils an der lokalen Tagespresse
mit marktbeherr- - bei Tageszeisehender Steltungen im lung Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms - bei Senderechten ftir lnforrnationsprogramme im Verbreitungsgebiet des Rundfunk programms
Programme I Re- - max. 25% gionalfensterder Stimmprogramme, rechtsanleite § 16 Vlll3, 2. o.ä., HS. in Femse§ 16 VIII I hen und Hörfunk - max. 35% mit Ausnahme der Kapital des bundesweirechtsanleite o.ä., ten Fernsehens §16Vllll
Anhang
548 Bundesland I GI! Ct/
Pa«ivlcgitimicrte
Engagement
Saarland §§50 Abs. 2 Nr. 6,60 Abs. 5 LRG Saarland V. ]8. 12. 1998, LU Ietzt geändert am 22. II. 2000
- Verleger von Tageszeitungen (bzw. Mehrheitsgesellschafter an diesen) - leitende Angestellte bei Verlagen von Tageszeitungen - Gesellschaften, die in mehr als einem Drittel Besitz von Verlegern von Tageszeitungen sind
mit marktbeherrsehender Stellung (§ 22 GWB)
SachsenAnhalt § 29 Abs. 2 MedienG LSA V. 31. 7. 2000
Verleger periodisch erscheinender Druckwerke
mit marktbeherr- im Verbreitungssehender Stelgebiet des Rundlung funkprogramms
lokales Fern- < 20% der Kapisehprogramm tals- oder Stimmrechtsanteile, § 29111
Verbreitung lokaler Fernsehprogramme
lokales Fern- < 25 %der Kapisehprogramm tals-oder Stimmrechtsanieile insgesamt, § 29 II 2
SchleswigHolstein § 12 Abs. 6 LRG SH v. 7. 12. 1995, zulcllt geändert am 15.12.2000
Betreiber von Kabelanlagen
Verleger I Verbreiter von Tageszeitungen oder Zeitschriften, die für SchleswigHolstein bestimmt sind,§ 12 VI I
Inhaber von Pro-
bei Tageszeitungen im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms
alle Programme
bei 2 Iandesweiten Pro-
grammen
Betciligungsbegrcnzung - nicht Einzel veranstalter, § 50 II Nr. 6 - max. ein Drittel der Stimmrechtsanieile o.ä., § 60 V - bei n~~hträglieher Uberschreitung der Schwelle Rückflihrung binnen Jahresfrist, §60V2
max. 25% der Kapitals- oder Stimmrechtsanteile o.ä., § 12 VI
Zu Iieferung von mehr als 25% des Gesamtprogramms
rechten (Programmzulieferer), § 12 VI 4 Verleger von Tageszeitungen
Engagement im Rundfunk
mit marktbeherr- bei Tageszeitunsehender Stelgenoder Zeitlung schriften in Schleswig-Holstein bei Gesamtaunage von jeweils mehr als I00 Tsd. oder zus. mehr als 150 Tsd. Exemplaren jährlieh
grammverwertungs-
Thüringen § 17 I Nr. 3 und4 TRG V. 4. 12. 1996
im Print- oder sonstigen Medienbcrcich
- mit marktbeherrschender Stellung, so daß kein I wesentlicher Wettbewerb
existiert, § 17 I Nr. 3
- sonstige marktbeherrsehende Stellung, außer Beteiligung an Anbietergemeinschaft max.l5 %, § 171 Nr. 4
bei Tageszeitungen im wesentlichen Teil desiVerbreitungsgebiet(s) des Rundfunkprogramms
Voll- oder In- - nicht Einzel verforrnationsanstalter programm - nicht Beteiligung an Anbietergemeinschaft, außer im Falle des § 17 I Nr. 4 v. max.l5%
Anhang
549
V. Sendezeitbegrenzungen zur Beschränkung von Cross Ownerships
• keine cross ownership-spezifischen Sendezeitbegrenzungen zur Beschränkung intennediärer oder vertikaler Cross Ownership in Baden Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Berlin und Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen Bundesland I Gesetz
Passivlegitimierte
Engagement
Bremen § 10 Abs. 4 BremLMG V. 22. 6. 1993, zu Ietzt geänden am l. 6. 1999
Verleger von Tageszeitungen
mit marktbeherrschender Stellung
bei TageszeitunRegionales Vollgen in Bremen oder oder Bremerhaven Fensterprogrammoder Informationsprogramm
falls bei Anbietergemeinschaft Sendeanteile bestimmt: max. 25 % der Gesamtsendezei t und der Informationssendezeit, § I0 IV2
Harnburg § 38 Abs. 2 HmbMedG V. 20. 4. 1994, zuletzt geänden am 19. 7. 2000
Verleger
mit marktbeherrschender Stellung
bei Tageszeitungen in Harnburg
bei Regionalsender I Programm für Teilgebiet Harnan der Gesamtauf- burgs Iage der periodisch erscheinenden Druckwerke im jeweiligen Teilgebiet des Regionalsenders und für dieses Gebiet bestimmt
max. 20 % der Sendezeit, § 38 111
Niedersachsen § 8 Abs. 7 LRG Nds. V. 9. II. 1993, zuletzt geänden am 15. 12.2000
Verleger von Ta- mit marktbegeszeitungen herrschender Stellung
bei Tageszeitungen im Verbreitungsgebiet des Voll- oder lnformationsprogramms
Vollprogramm oder lnforrnationsprogramm
falls bei Anbietergemeinschaft Sendeanteile bestimmt: max. 25 % der Gesamtsendezeil und der Informationssendezeil o.ä., § 8 Vll2
Rheinland-Pfalz § 16 Abs. 8 LRGRP V. 28. 7. 1992, zuletzt geänden arn 30. II. 2000
- Verleger von Tageszeitungen - Inhaber von Senderechten für lnformationsprogramme
- bei Tageszeitungen - im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms - bei Senderechten für lnformationsprogramme im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms
Programme IRegionalfensterprogramme, § 16 VIII 3, 2. HS. in Fernsehen und Hörfunk mit Ausnahme des bundesweiten Fernsehens
falls bei Anbietergemeinschaft Sendeanteile bestimmt: max. 25 % der Gesamtsendezeil und der Informationssendezeit, § 16 Vlll3
mitMA von> 20%
mit marktbeherrschender Stellung
im Print- oder sonstigen Medienbereich
Engagement im Rundfunk
Sendezeithegrentung
Anhang
550 Bundesland/ Gesetz
Passivlegitimicne
Engagement
Eopgancol im
Sendezeitbegrenzung
bei Tageszeitungen im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms
alle Programme
- max. ein Drittel der Sendezeit, § 60 V I - bei nachträglicher Überschreitung der Schwelle Rückftihrung binnen Jahresfri st, § 60 V 2
bei periodisch erscheinenden Druckwerken, die ftir das Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms bestimmt sind
lokale, regionale Programme und Fensterprogramme
grundsätzlich max. ein Drittel der Sendezeit, § 811
- bei 2 Iandesweiten Programmen - analog ftir Fensterprogramme, § 12 Vl3, 2. Halbsatz
falls bei Anbietergemeinschaft Sendeanteile bestimmt: max. 25 % der Gesamtsendezeit und der Informationssendezeit, § 12 Vl3
im Print- oder
SODStiaen Medienbereich
Saarland §§50 Abs. 2 Nr. 6, 60 Abs. 5 LRG Saarland V. 18. 12. 1998, zuletzt geändert am 22. II. 2000
- Verleger von mit marktbeTageszeitunherrschender Stellung (§ 22 gen (bzw. Mehrheitsge- GWB) sellschafter an diesen) - leitende Angestellte bei Verlagen von Tageszeitungen - Gesellschaften, die in mehr als einem Drittel Besitz von Verlegern von Tageszeitungensind
Sachsen § 8 II SächsPRG V. 27. 6. 1991, zu Ietzt geändert am I. I. 2001
Verleger periodisch erscheinender Druckwerke
Schleswig-Holstein § 12Abs.6 LRGSH V. 7. 12. 1995, zuletzt geändert am 15. 12. 2000
Verleger I Vermit marktbebreiter herrschender von TageszeiStellung tungenoder Zeitschriften, die ftir Schleswig-Holstein bestimmt sind, § 12 Vl3
bei Tageszeitungenoder Zeitschriften in Schleswig-Holstein bei Gesamtauftage von jeweils mehr als I00 Tsd. oder zus. mehr als 150 Tsd. Exemplaren jährlieh
Inhaber von Programm verwertungsrechten (Programmzulieferer}, § 12 Vl4
Zulieferung von mehr als 25 % des Gesamtprograrnms
mitMA von > 20 %
Rundfunk
551
Anhang
VI. Programmzulieferungsbegrenzungen • keine Beschränkungen der Programmzulieferung etc. in Baden-Wüntemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommem, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein • keine Cross Ownership Beschränkung im engeren Sinne Engagement
im Print- oder sonstigen Medienbereich
Programm
Beschränkung der Programmzulieferung
Bundesland/ Gesetz
Passivlegitimierte
Hessen § 18 HPRG V. 25. I. 1995, zuletzt geändert am 22. 12.2000
Verleger periodisch erscheinender Druckwerke
mit MAvon an Gesamtauflage periodisch erscheinender >20% Druckwerke, die für das Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms bestimmt sind, im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms
Zulieferung von max. 50 alle Programmemit % der Lokal-/ Regionalbeiträge, § 18 regionalen und lokalen Beiträgen
Niedersachsen § 22 LRG Nds. V. 9. II. 1993, zuletzt geändert am 15. 12.2000
Verleger von TageszeiIungen
mit marktbeherrsehender Stellung
bei Tageszeitungen im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms
alle ProZulieferung von max. 25 grammemit % der Lokal-/ Regionalbeiträge, § 22 Satz I regionalen und lokalen Beiträgen
Sachsen § 8 Abs. 2 SächsPRG V. 27. 6. 1991, zuletzt geändenam I. I. 2001
Verleger periodisch erscheinender Druckwerke
bei periodisch erscheinenmitMA von>20% den Druckwerken, die für das Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms bestimmt sind
lokale, re-soll Zu Iieferung I Gestalgionale Protung von max. Drittel gramme des Lokal-/ und FenRegional-/ Fenstersterproprogramms, § 8 I! I gramme - Ausnahme: Ausnahmebewilligung, §803
SachsenAnhalt § 29 Abs. I MedienG LSA V. 31. 7. 2000
Verleger periodisch erscheinender Druckwerke
alle Proan Gesamtdruckauflage mitMA gramme mit von>20% periodisch erscheinender regionalen Druckwerke und lokalen des im Verbreitungsgebiet Beiträgen die Rundfunkprogramms, für das Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms bestimmt sind, § 29 I I
Verleger Thüringen periodisch § 18TRG V. 4. 12. 1996 erscheinender Druckwerke
an Gesamt(druck?)auflage mitMA von>20% periodisch erscheinender Druckwerke, die für das Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogrammsbestimmt sind, im Verbreitungsgebiet des Rundfunkprogramms
alle Programmemit regionalen und lokalen Beiträgen
Zulieferung von max. 50% der Lokal-/ Regional beiträge, § 29 I I
Zulieferung von max. 50 % der Lokal-/ Regionalbeiträge, § 18 Satz I
Anhang
552
VII. Sonstige Cross Ownership Beschränkungen • binnenpluralistische Maßnahmen zur Beschränkung von Cross Ownerships darüberhinaus als nachträgliche Auflage bei Verstößen gegen Vielfaltsanforderungen im Rahmen der Programmaufsieht auch in anderen Bundesländern, z. B. in Rheinland-Pfalz (§ 16 IV LRG RP) Bundesland I Gesett
Passivlegitimierte
Bayern An. 25 Abs. 7, 2. All. BayMcdG v. 24. II. 1992, zuletzt geänden am 25. 7. 2000
Verleger periodisch erscheineoder Druckwerke
binnenplurale Vorkehrungen wie plurale Anbietergemeinan der Gesamtdruckaufla- schaft u./ o. Stimmrechtsbege der periodisch erschei- schränkungen u./ o. verbindlineoden Druckwerke mit ches Programmschema und meinungsrelevantem Inrichtlinien u./ o.Prorammbeirat, halt im Verbreitungsgebiet An. 25 VII 2. All., V 2 des Rundfunkprogramms • Ausnahme: Rundfunkprogramm eines anderen Anbieters im überwiegenden Teil des Verbreitungsgebiets empfangbar, An. 25 VII I. All., VI I (vgl. Pkt. lll)
Baden-Wüntemberg § 24 Abs. 2 Satl 3 LMedG BW v. 19. 7. 1999,zuletztgeändert am 19. 12. 2000
Unternehmen auf medienrelevan-
marktbeherrschend oder nach Gesamtbetrachtung Meinungsmacht wie ein Unternehmen, dessen Programmen keine gleichanigen Programme gleicher Anzahl gegenüberstehen
Vermutung vorherrschender Meinungsmacht • Malusregelung, § 2411 3 • widerlegbar durch Beteiligungsreduzierung bzw. binneopluralistische Vorkehrungen (Sendezeit für Dritte, Programmbeirat), §§ 24 111 I, 26
Harnburg § 25 Abs. 2 HmbMedG v. 20. 4. 1994. zuletzt geändert am 19. 7. 2000
Verleger von Tageszeitungen in Harnburg
marktbeherrschend
Veranstaltung landesweiter Hörfunk- oder Fernsehprogramme
MecklenburgVorpommern § 44 Abs. 2 RundfG M-V V. 21. 3. 2000
- RundfunkveranBeteiligung stalter an Zeitungsunternehmen - Personen, die an Rundfunk- oder Zeitungsunternehmen beteiligt sind,§ 39 II
ten verwandten
Märkten
Engagement im Printoder sonstigen Medienbereich mit MA von
Beschränkung im Rundfunk
> 50%
mit
Beteiligung von mehr als 50% nur unter der Auflage vielfaltssichernder Maßnahmen (Programmbeirat/ Fensterprogramme), § 25 II keine Nutzungsberechtigung am offenen Kanal, §§ 43, 44 II (keine Gelegenheit, eigene Beiträge in Hörfunk bzw. TV lokal oder regional zu verbreiten) (keine echte Cross Ownership Beschränkung, da keine Medieneigemumsregelung)
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