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German Pages 244 [245] Year 2006
SONJA H E I N E
Condictio sine datione
Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.
Neue Folge • Band 53
Condictio sine datione Zur Haftung aus ungerechtfertigter Bereicherung im klassischen römischen Recht und zur Entstehung des Bereicherungsrechts im BGB
Von Sonja H e i n e
Duncker & Humblot • Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 25 Alle Rechte vorbehalten © 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 3-428-11974-6 978-3-428-11974-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 © Internet: http://www.duncker-humblot.de
Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit hat im Sommersemester 2005 der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albrecht Ludwig Universität in Freiburg im Breisgau als Dissertation vorgelegen. Ihr Entstehen verdankt sie vor allem anderen der geduldigen Fürsorge meines verehrten Lehrers Prof. Dr. J. G. Wolf, der die Anregung zu der Arbeit gab und meine Beschäftigung mit der condictio sine datione vom ersten Tag an begleitete. Professor Wolf verdanke ich aber noch weit mehr als dies. Seine Seminare, Vorlesungen und Übungen waren es, die mich nicht nur mit dem Römischen Recht bekannt gemacht, sondern in die Rechtswissenschaft überhaupt eingeführt haben. Es war die Digestenexegese bei Professor Wolf, die mich im dritten Semester für das juristische Denken begeisterte und an der Wahl dieses Studienfaches festhalten ließ. In den vielen Jahren als Hilfskraft und Assistentin an seinem Lehrstuhl war Professor Wolf mir stets ein väterlicher Lehrer. Dankbar bin ich in besonderer Weise auch dem 2004 verstorbenen Prof. Peter Birks, der sich während meines Studiums am Brasenose College in Oxford meiner angenommen und mich mit der Art und Weise vertraut gemacht hat, in der sich das angelsächsische Recht mit den römischen Rechtsquellen befasst. Mein besonderer Dank gilt schließlich Herrn Dr. Hans-Jörg Roth, der mir stets ein geduldiger und kenntnisreicher Diskussionspartner war und nie den Glauben an die Vollendung dieser Arbeit verloren hat. Freiburg, im Juni 2006 Sonja Heine
Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung
13
I. Gegenstand der Untersuchung
13
II. Forschungsstand
13
III. Aufbau der Untersuchung
17 Erster Teil
Condictio sine datione
20
1. Abschnitt Das vermeintliche Leistungserfordernis §2
20
Cicero Pro Roscio Comoedo IV, 13 und V, 14
21
§ 3, Negotium contractum als Kondiktionsvoraussetzung? D 12.6.33 Iul 39 dig
26
§4
Negotium contractum als Kondiktionsvoraussetzung? D 12.1.32 Cels 5 dig
40
§5
Ergebnisse
53 2. Abschnitt Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
§6
55
Condictio ohne datio beim Sklavenerwerb I.
D 12.1.31.1 Paul 17 ad Plaut = D 19.1.24.1 Iul 15 dig
56 56
II. D 45.3.39 Pomp 22 ad Quintum Mucium
70
III. Ergebnisse
78
§7
Unberechtigte Fruchtziehung bei Papinian
78
§8
Die condictio pretii bei Julian
§9
Die Einordnung der condictio bei Julian/Pomponius
§ 10 Ergebnisse
85 93 109
Inhaltsverzeichnis
10
3. Abschnitt Das allgemeine Prinzip
111
§ 11 D 12.5.6 Ulp 18 ad Sab
111
§12 D 12.5.6-eineSonderregel?
123
I. Amotiorei
124
II. Fundi deiectio (mit einem Exkurs zur condictio possessionis) III. Zusammenfassung
128 138
§13 D 12.5.6-derpalingenetischeKontext
139
§14 Das allgemeine Prinzip und seine Anwendungsfalle
147
§15 Zusammenfassung und Ausblick
150
I.
Der Anwendungsbereich der außervertraglichen condictio
150
II. Die Grundlage der condictio
152
III. Die Herausbildung von Fallgruppen
154
Zweiter Teil Das Bereicherungsrecht des BGB §16 Das Bereicherungsrecht der Redaktionsvorlage I.
Franz von Kübels Ausgangspunkt
II. Die Tatbestandsvoraussetzungen der condictio indebiti III. Die Nichtleistungskondiktion §17 Die Änderungen der Ersten Kommission I.
Der Ausgangspunkt der Kommission
II. Windscheids Einfluß: Die Lehre von der Voraussetzung
156 158 159 161 163 166 167 170
III. Die Bereicherung ohne Willen
172
IV. Das Rechtsgrundverständnis der Ersten Kommission
173
§ 18 Die Reaktionen auf den Ersten Entwurf. I.
Die Kritik Lenels
II. Die Umarbeitung des Bereicherungsrechts im Reichsjustizamt § 19 Die Beschlüsse der Zweiten Kommission I.
Die Abkehr von den tradierten Kondiktionstatbeständen
II. „Durch Leistung oder in sonstiger Weise"
174 175 176 180 182 183
Inhaltsverzeichnis III. Das Rechtsgrundverständnis der Zweiten Kommission §20 Die Entstehung des § 816 BGB I.
Die ,Vorläufer 1
11 185 187 188
II. Der gutgläubige Erwerb von Immobilien und seine Rechtsfolgen nach dem Ersten Entwurf III. Die Ausgangslage bei Mobilien
189 192
IV. Die Haftung des unentgeltlichen Erwerbers nach dem Zweiten Entwurf V. Erbschein und Bereicherungsausgleich
194 197
VI. Die Vereinheitlichung durch Jacubezky und die Aufnahme des § 822 BGB §21 Zusammenfassung
202 204
Anhang
207
Quellenverzeichnis Literaturverzeichnis
221 227
§ 1 Einleitung
I. Gegenstand der Untersuchung Gegenstand der Untersuchung ist die Frage nach dem Anwendungsbereich der condictio als Bereicherungsklage. 1 Es gehört zu den Grundüberzeugungen der romanistischen Wissenschaft, daß das römische Recht bis auf wenige Ausnahmen, von denen die condictio furtiva die prominenteste ist, nur Leistungskondiktionen gekannt hat. So bemerkt etwa Fritz Schwarz zu Beginn seiner Untersuchung über die Grundlage der condictio : „Es versteht sich, daß alle Fälle »zufalliger Bereicherung 4, einer Bereicherung ,in sonstiger Weise4, beiseite bleiben; daß sie in klassischer Zeit nicht Gegenstand einer condictio sein konnten, darf als ausgemacht gelten/ 42 Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, diese Auffassung zu widerlegen. Denn die Quellen enthalten zwar nur wenige, bei näherer Untersuchung aber doch eindeutige Fragmente, in denen klassische und auch schon frühklassische Juristen ohne weiteres eine condictio gewähren, ohne daß eine Leistungsbeziehung welcher Art auch immer zwischen den Beteiligten erkennbar wäre.
II. Forschungsstand 1. Die Literatur der letzten 50 Jahre behandelt die Frage, ob die condictio als Bereicherungsklage neben den Leistungsfallen auch auf Nichtleistungsfalle Anwendung fand, so gut wie nicht. Im Vordergrund der wissenschaftichen Betrachtungen stand und steht die Frage nach der »Grundlage4 der condictio , der causa condictionis , die man den in großer Zahl überlieferten Leistungsfallen
1 Dieser Begriff bezeichnet die außervertragliche Anwendung der condictio und impliziert nicht die moderne Beschränkung auf die noch vorhandene Bereicherung. Dazu und zur Entwicklung der klassischen condictio aus dem Legisaktionenverfahren Käser , RPrl 593, Kaser/Hackl , RZ 111 f., 311 f., zuletzt Saccicio , Si certum petetur
(2002). 2
Schwarz, Die Grundlage der condictio im klassischen Römischen Recht (1952) 2.
14
Condictio sine datione und das Bereicherungsrecht des BGB
und ihren zum Teil sehr fein ziselierten Unterarten zu entnehmen sucht.3 Ob indessen die Suche nach der alles verbindenen Grundvoraussetzung der condictio als Bereicherungsklage erfolgreich sein kann, wenn ein Teilbereich, nämlich der Bereicherungsausgleich in Nichtleistungsfällen, von vornherein außer Betracht bleibt, darf bezweifelt werden. Zu dieser Frage aber gelangte man gar nicht mehr, nachdem sich einmal die Überzeugung gefestigt hatte, daß das römische Recht mit Ausnahme der condictio furtiva keine Nichtleistungskondiktionen kannte.4 Den Grundstein für diese Auffassung hat Pflüger mit seiner Untersuchung zu Ciceros Rede Pro Roscio Comoedo gelegt.5 Cicero behandelt in dieser Gerichtsrede der Reihe nach die Kondiktion aus datio, expensilatio und stipulatio und verwirft sie ein um das andere Mal. Eine Bereicherung in sonstiger Weise scheint mit diesem Katalog nicht vereinbar und weil Pflüger ihn für abschließend hält, leugnet er folgerichtig, daß die condictio auch in diesen Fällen angestrengt werden konnte. Nur unter der Voraussetzung einer datio zwischen den Parteien komme eine Bereicherungskondiktion in Betracht. In den wenigen Digestenstellen, die mit diesem Ergebnis nicht vereinbar sind, müsse demzufolge Justinian entweder die datio gestrichen oder die condictio eingefügt haben.6 Auf Pflüger folgte Siber 7, auf den sich wiederum Schwarz berief 8, und im wesentlichen wird bis heute an dieser Lehre festgehalten. 9 Eine Modifikation ergab sich nur insoweit, als man statt einer datio schon ein negotium contractum genügen ließ. Dabei handelt es sich nach der allgemeinen Meinung um einen bereicherungsrechtlichen Terminus technicus, nämlich das „von einem
3
So die bereits genannte Monographie von Schwarz. Das Thema fand in den frühen fünfziger Jahren besondere Beachtung, vgl. die Sammelrezension von Kaden, in: SZ 71(1954) 555 ff. Zuletzt zum Thema Hähnchen, Die causa condictionis (2003). 4
Eine Ausnahme bildet Santoro mit seinen Studi sulla condictio, in: APal 32 (1971) 181 ff. 5
Pflüger, (1904). 6
Ciceros Rede pro Q. Roscio Comoedo rechtlich beleuchtet und verwertet
„Sie sind samt und sonders interpoliert", Pflüger, Pro Roscio (1904) 17 ff.
7
Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung II, Römisches Privatrecht (1928) 212 f. 8 9
Grundlage der condictio (1952) 222 m. A. 18.
Vgl. etwa die großen Lehrbücher von Käser, RPr I 594; HonselUMayer-Maly/Selb, Römisches Recht4, aufgrund des Werkes von Jörs/Kunkel/Wenger (1987) 352; Miquel, Derecho privado romano (1992) 342; Guarino, Diritto privato romano10 (1994) 976 f.
§ 1 Einleitung
15
gültigen Geschäftswillen getragene Zusammenwirken der Parteien". 10 Die Lehre stützt sich dabei auf D 12.6.33 Iul 39 dig, einen Text, in dem Julian unter Berufung auf ein fehlendes negotium contractum die Kondiktion verweigert. Fälle, die hierzu nicht passen, werden zu Ausnahmefallen erklärt. Dies gilt insbesondere für die berühmte condictio Iuventiana in D 12.1.32 Cels 5 dig, wo Celsus die condictio gewährt, obwohl es erklärtermaßen an einem negotium contractum fehlt. Die condictio furtiva, die dem Eigentümer auch ohne rechtsgeschäftlichen Kontakt die Kondiktion seiner Sache vom Dieb erlaubt, gilt ohnehin als Sonderfall, der eigenen Regeln unterliegt. Eine Sondermeinung vertritt D'Ors, der zwar einerseits daran festhält, daß jede außervertragliche condictio eine datio voraussetzt, zugleich aber den Begriff datio nicht als Rechtsgeschäft, sondern als den Realakt des Eigentumsübergangs auffaßt. 11 Mit diesem datio-Begriff und der Hilfsüberlegung, daß jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung Eigentum übergehe, weil der Kläger, indem er die Klage erhebe, auf das Eigentum verzichte, gelingt es ihm, sämtliche Kondiktionsfalle einschließlich der condictio furtiva zu Kondiktionen nach datio zu machen. 2. In der neueren Literatur fallt auf, daß Pflügers These von nahezu niemandem mehr überprüft wurde, insbesondere auch nicht von Schwarz. 12 Texte, die sich mit Pflügers Lehre nicht erklären lassen, übergeht Schwarz stillschweigend. Ganz anders dagegen die Romanistik des späten 19. Jahrhunderts, der noch völlig geläufig war, daß die Quellen neben den Dationsfallen auch „zahlreiche Nichtdationsfalle [haben], in denen zweifellos die condictio eingreift" 13 . Erst
10
Käser, RPr I 594; Schwarz, Grundlage der condictio (1952) 10 ff.
11
Zuerst in seinen Observaciones sobre el ,Edictum de rebus creditis', SDHI 19 (1953) 134 ff., deutsch zusammengefaßt in RE Suppl. X (1965) 1151 ff. Zu seiner Lehre auch Kaden, SZ 71 (1954) 565 f. 12 Das rügt schon Kaden in seiner Sammelrezension, SZ 71 (1954) 570. Genauso pauschal wie Schwarz beschränkt auch Simonius, Zur Frage einer einheitlichen „causa condictionis", in: FS Lewald (1953) 171 A. 42a, die condictio auf rechtsgeschäftliche Zuwendungen: „Ein ,titre légal', der daneben als rechtmäßiger Grund einer Bereicherung ohne datio anerkannt wird, kommt für das klassische Kondiktionsrecht nicht in Betracht." Ähnlich auch Wunner, GS Kunkel (1984) 597, und zuletzt Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 80. 13 V. Koschembahr-Lyskowski, Die Condictio als Bereicherungsklage im klassischen römischen Recht II (1907) 133. Vgl. die Übersicht bei Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts II 9 (1906) 871 ff. m. A. 2-7, insb. A. 4. Neuerdings wieder Liebs, The Histoiy of the Roman Condictio up to Justinian, in: Essays for Tony Honoré (1986) 171 f.
16
Condictio sine datione und das Bereicherungsrecht des BGB
Santoro hat sich in seinen ,Studi sulla condictio 0 4 diesen Fällen wieder zugewandt. Seine Untersuchung hat jedoch mit Ausnahme der ausfuhrlichen Rezension von D'Ors 1 5 und jüngst der Monographie von Saccoccio16 in der Literatur kaum Widerhall gefunden. Santoro hat erkannt, daß es in den Quellen einige Texte gibt, die sich auch dann nicht in das Schema ,condictio nach datio' einfügen lassen, wenn man etwa mit der Figur der gestreckten oder nachträglich sich vollendenden datio arbeitet. 17 Er erklärt sie damit, daß ihre Autoren einer allgemeinen republikanischen Bereicherungslehre gefolgt seien, die auch Nichtdationsfalle umfaßt habe. Aus D 12.5.6 Ulp 18 ad Sab ergebe sich, daß es die veteres zur Begründung einer condictio genügen ließen, daß irgendetwas ex iniusta causa apud aliquem sei. An diesem Grundsatz habe auch in klassischer Zeit noch ein Teil der Juristen festgehalten, vor allem Sabinus, Cassius, Aristo, Celsus und Marcian. Daneben stünden die Anhänger der maßgeblich von Julian geprägten »modernen' Theorie, die die republikanischen Voraussetzungen allein nicht mehr habe ausreichen lassen, sondern zusätzlich eine datio zwischen den Parteien gefordert habe. Die neue, wenn auch herrschende datio-Lehre sei also unter den klassischen Juristen umstritten gewesen und habe im übrigen nicht getaugt, alle außervertraglichen Kondiktionsfalle zu erfassen. Santoros Ergebnisse überzeugen nicht ohne weiteres. Die von ihm konstatierte Polarisierung der klassischen Juristen in Anhänger der veteres-Lehre und solche der datio-Lehie ist nicht nachweisbar. Santoro begründet sie neben der Schlüsselstelle D 12.6.33 für die datio-Lehre vor allem damit, daß uns nur von einigen Juristen überhaupt Nichtdationsfalle überliefert sind. Da die rechtsgeschäftlichen Bereicherungsfalle im Rechtstatsächlichen einfach wesentlich häufiger sind, ist dieser Befund allerdings nicht sehr ergiebig. 18 Angesichts der Überlieferungsgeschichte unserer Quellen ist es auch methodisch anfechtbar, aus der Tatsache, daß wir nur von einigen Juristen Nichtdationsfalle kennen, schließen zu wollen, andere hätten in solchen Fällen keine condictio gewährt: woher wissen wir, daß die von den Kompilatoren ausgewählten Bruchstücke
14
Annali Palermo 32(1971) 181-512.
15
Replicas Panormitanas IV. Sobre la supuesta „condictio" sin „datio", in: Iura 25, (1974) 1flf., die Arbeit ist noch von Frezza besprochen worden, SDHI 38 (1972) 345 ff 16
Si certum petetur (2002).
17
So die allgemeine Meinung in Fällen der usucapio und consumptio. Gegen diese Begrifflichkeit schon Bauer, Ersitzung und Bereicherung im klassischen römischen Recht (1988) 45 f., 158 ff. 18 Daß die Dationsfalle die große Masse der Kondiktionsfalle ausmachen, hat schon v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907) 133, beobachtet.
§ 1 Einleitung
17
insoweit repräsentativ sind? Zudem paßt Julian selbst nicht in das Bild einer gespaltenen Juristenschaft: Santoro sieht in ihm den Begründer der datio-Theorie und Überwinder der alten Lehre, doch gerade er gewährt in D 12.1.31.1 = D 19.1.24.1 - und nicht nur dort - eine condictio sine datione. Um seine Theorie aufrecht erhalten zu können, muß sich Santoro deshalb mit Interpolationsannahmen und gewagten Konstruktionen behelfen. An der Anfechtbarkeit der Thesen Santoros ändern auch die Modifikationen nichts, die seine Lehre jüngst durch Saccoccio erfahren hat. 19 Auch er ist der Auffassung, daß es eine alte, auf die veteres zurückgehende Lehre gegeben habe, nach der auch Nichtleistungsfalle kondizierbar gewesen seien. Anhänger dieser Lehre seien in erster Linie Sabinus, Cassius und später Celsus gewesen. Schon die prokulianische Schule habe allerdings einen Eigentumsübergang, eine datio , als Voraussetzung der condictio gefordert. Julian habe diesen Ansatz weiterentwickelt, den strengen ¿toio-Begriff gelockert und das negotium contractum zur Kondiktionsvoraussetzung erhoben. Anders als Santoro und die überwiegende Lehre versteht Saccoccio das negotium contractum indessen nicht rechtsgeschäftlich sondern im Sinne eines objektivierbaren Beziehung zwischen zwei Vermögensmassen, weshalb in Julians Lehre zugleich eine Weiterentwicklung republikanischen zu sehen sei, wie sich etwa an der von ihm gebilligten Entscheidung D 12.1.31.1 = D 19.1.24.1 zeige. Gaius habe schließlich mit der Entwicklung eines neuen Vorstellung vom Vertrag die Julianische Lehre überwunden. 20
III. Aufbau der Untersuchung Die vorliegende Arbeit nimmt Santoros Untersuchung zum Ausgangspunkt, die datio-Lehre zu überprüfen. Auch Santoro löst sich nicht völlig von ihr, sondern schreibt sie Julian und der moderneren Strömung der Juristen zu. Dabei beruft auch er sich pauschal auf die bereits mehrfach erwähnte Schlüsselstelle D 12.6.33 Iul 39 dig, ohne den Text aber einer genaueren Exegese zu unterziehen.
19 20
Si certum petetur (2002), der sich ausdrücklich auf Santoro beruft, 110 A. 42.
Im gaianischen re obligari sieht Saccoccio den Abschluss einer Entwicklung eines Systems der auf ein certum gerichteten condictio , die er in seiner Monographie aufzeigt, Si certum petetur (2002) 11 f. Die Entwicklungsstufen seines Systems schließen darum überwiegend, auch noch für Celsus und die von ihm als julianisch identifizierte Lehre, die vertraglichen Anwendungsfalle der condictio mit ein. In den Kapiteln zu Ulpian und zur justinianischen Epoche stellt Saccoccio die zunehmende Entwicklung und Verfestigung von einander getrennten Kondiktionstatbeständen fest, 515 ff. und 549 ff.
18
Condictio sine datione und das Bereicherungsrecht des BGB
In einem ersten Abschnitt werden wir deshalb zunächst untersuchen, ob sich den immer wieder als Beleg bemühten Quellen zum vermeintlichen datio-Erfordernis überhaupt eine verallgemeinerungsfahige Aussage zu den Voraussetzungen der condictio entnehmen läßt. Das Ergebnis wird sein, daß dies nicht der Fall ist: Weder Ciceros Gerichtsrede Pro Roscio Comoedo noch die Digestenfragmente, in denen ein negotium contractum erwähnt wird, zwingen zu der Annahme, daß die klassischen Juristen die condictio als Bereicherungsklage nur in Leistungsfällen zuließen. Davon ausgehend wenden wir uns im zweiten Abschnitt denjenigen Stellen zu, in denen die Juristen zwar eine condictio gewähren, in denen aber von einer wie auch immer gearteten Leistungsbeziehung zwischen den Beteiligten keine Rede sein kann. Es sind freilich nur wenige Fälle, etwa zum fehlgegangenen Sklavenerwerb oder zur unberechtigten Fruchtziehung. Auch die condictio pretii Afrikans gehört hierher, ebenso wie der Bereicherungsausgleich nach Konsumtion. Wir werden feststellen, daß die condictio sine datione schon bei Sabinus und Cassius zu finden ist und erstaunlicherweise mehrfach bei Julian, der doch gerade das Leistungserfordernis postuliert haben soll. A l l diesen Fällen ist gemeinsam, daß die Kondiktion dann eingreift, wenn der Kondiktionsgegenstand grundlos an den Kondiktionsschuldner gelangt ist. Das gilt auch für die Leistungskondiktionen und es stellt sich die Frage, ob die römischen Juristen diesen Gedanken nicht schon in dieser Abstraktheit selbst formuliert haben. D 12.5.6 Ulp 18 ad Sab enthält - wie Santoro festgestellt hat - eine derart allgemeine Aussage, nämlich daß kondiziert werden kann, was sich ex iniusta causa apud aliquem befindet. Der dritte Abschnitt wird zeigen, daß wir nicht gezwungen sind, diesen Satz weniger allgemein zu verstehen, als er sich liest. Weder die Wortwahl des Fragments noch der palingenetische Kontext zwingen zu einem einengenden Verständnis - im Gegenteil, gerade für Sabinus, der den Satz, vermittelt durch Ulpian, überliefert, läßt sich eine allgemeine Bedeutung überaus wahrscheinlich machen. Wir können deshalb mit guten Gründen annehmen, daß die berühmte Grundlage der condictio, die von der Literatur schon seit langem im Fehlen der causa retinendi gesehen wird, bereits von den veteres als solche formuliert wurde und sowohl Dations- als auch Nichtdationsfälle einschließlich der condictio furtiva umfaßte. Zur besseren Handhabung haben sich für die häufigsten Anwendungsfälle Fallgruppen herausgebildet, die der Subsumtion leichter zugänglich waren, als das abstrakte Prinzip. Die condictio indebiti ist hierfür das prominenteste Beispiel. Mit diesem Befund schließt der romanistische Teil der Arbeit. In einem zweiten Teil soll die Gesetzgebungsgeschichte der Bereicherungsvorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch betrachtet werden. Denn die gesetzliche Regelung deckt sich in erstaunlichem Maße mit der von uns ermittelten Quellenlage: sie normiert ein allgemeines Prinzip, das in zwei grundsätzlich verschiedene Kon-
§ 1 Einleitung
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diktionsarten ausgeformt wird und kennt daneben einzelne Fallgruppen. Dieses Ergebnis ist indessen erstaunlich weit von dem entfernt, was die Romanistik jener Zeit für quellengemäß hielt. Man erkannte zwar in der Rechtsgrundlosigkeit den verbindenden Gedanken des Bereicherungsrechts, bezweifelte jedoch, ob die klassischen Juristen dies schon selbst so gesehen hätten, und hielt die klassischen Fallgruppen für abschließende, getrennt nebeneinander und unabhängig voneinander bestehende Tatbestände, zu denen freilich auch die Nichtleistungskondiktion gehörte. Die Hintergründe, die den Gesetzgeber bewogen haben, sich von dieser - vermeintlich historischen - Vorstellung abzuwenden, sollen zum Schluß beleuchtet werden.
Erster Teil
Condictio sine datione 1. Abschnitt
Das vermeintliche Leistungserfordernis Die noch immer allgemeine Meinung in der Romanistik geht dahin, daß das römischen Recht keine außervertragliche condictio ohne vorausgegangene Leistung oder Zuwendung gekannt habe. Nur das, was der Bereicherte zuvor durch eine willentliche Zuwendung, in der Regel durch eine datio, vom Leistenden erhalten habe, könne er, sofern die übrigen Kondiktionsvoraussetzungen gegeben seien, zurückfordern. 1 Diese Lehre wird nicht mehr in Frage gestellt oder überprüft, obwohl es einige Fragmente gibt, die nicht in dieses Bild passen. In diesem Abschnitt wollen wir uns zunächst dem Ursprung der datioLehre zuwenden und denjenigen Texten, die sie zu stützen scheinen. Es war H. H. Pflüger, der die These begründete, das römische Recht habe neben der condictio furtiva die Kondiktion nur zur Rückabwicklung von Leistungen zugelassen. Zu diesem Zweck stützt er sich nicht auf juristische Quellen, sondern auf eine Passage aus Ciceros Rede Pro Roscio Comoedo als der „reineren Quelle des klassischen Rechts", in der sämtliche Kondiktionsvoraussetzungen abschließend dargestellt würden. 2 Dieses Vorgehen ist jedoch angesichts der Natur der Quelle problematisch. Cicero verfaßte eine Gerichtsrede, von der juristische Genauigkeit und Vollständigkeit allenfalls insoweit erwartet werden kann, als es seinem Mandanten nützte. Nach dem Sachverhalt aber stand ein außervertraglicher Anwendungsfall der condictio nicht zur Diskussion, so daß Cicero keinen Anlaß hatte, auf die uns interessierenden Fragen einzugehen
(§ 2).
In den Digesten wiederum wird die datio, die willentliche Übereignung, als Kondiktionsvoraussetzung nirgends ausdrücklich postuliert. In zwei Fragmenten ist im Zusammenhang mit der condictio allerdings von negotium contrahere die
1
Vgl. nur Käser, RPr I 594; Guarino , Diritto Privato Romano10 (1994) 976 f.
2
Pro Roscio 100.
§ 2 Cicero Pro Roscio Comoedo IV, 13 und V, 14
21
Rede, womit das Leistungserfordernis ausgedrückt zu sein scheint. Schon die Analyse der Begrifflichkeit wird zeigen, daß damit eine allgemeine Kondiktionsvoraussetzung nicht gemeint ist. Die eine der beiden Stellen, D 12.6.33 Iul 39 dig, behandelt darüber hinaus den Sonderfall der condictio incerti von Impensen und läßt sich schon deshalb nicht verallgemeinern (§ 3). Und auch in dem zweiten Fragment, D 12.1.32 Cels 5 dig, hat negotium contrahere keineswegs die Bedeutung »leisten4 (§ 4).
§ 2 Cicero Pro Roscio Comoedo IV, 13 und V, 14 Zwei Stellen aus der nur bruchstückhafi erhaltenen3 Gerichtsrede Ciceros für den Schauspieler Roscius handeln von den unterschiedlichen Gründen, aus denen mit der condictio geklagt werden kann: Pro Roscio Comoedo IV, 13; V, 14 Iam duae partes causae sunt confectae; adnumerasse sese negat, expensam tulisse non dicit, cum tabulas non récitât. Reliquum est, ut stipulatum se esse dicat; praeterea enim quem ad modum certam pecuniam petere possit, non reperio. Pecunia petita est certa; cum tertia sponsio facta est. Haec pecunia necesse est aut data aut expensa lata aut stipulata sit. Datam non esse Fannius confitetur, expensam latam non esse codices Fanni confirmant, stipulatam non esse taciturniam testium concedit.4
3
Der überlieferte Teil enthält die Beweisführung, wobei auch hier Anfang und Ende fehlen. Nicht erhalten sind die Einleitung, der Sachverhalt und der Epilog, vgl. Fuhrmann, Marcus Tullius Cicero, Sämtliche Reden I (1970) 177. Die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten spielen für die hier zu besprechende Passage jedoch keine Rolle. Zu den unterschiedlichen Deutungen ausführlich Stroh, Taxis und Taktik (1975) 104 ff. 4
Lit. (Auswahl): v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts V (1841) 573 ff.; v. Bethmann-Hollweg, Der Civilprozeß des gemeinen Rechts in geschichtlicher Entwicklung II (1865) 804 ff.; Bekker, Die Aktionen I (1871) 98 ff.; Baron, Die Condictionen (1881) 138 ff.; v. Mayr, Die condictio des römischen Privatrechts (1900) 46 ff.; Greenidge, The legal procedure of Cicero's time (1901, Nachdruck 1971) 542 ff.; Pflüger, Pro Roscio (1904); Kübler, Berliner philologische Wochenschrift 25 (1905) 664 ff.; Robbe, SDHI 7 (1941) 54 ff.; Schwarz,, Grundlage der condictio (1952) 281 ff.; Wieacker, Cicero als Advokat (1965); Fuhrmann, Marcus Tullius Cicero, Sämtliche Reden 1 (1970) 177 ff.; Albanese,, APal 32 (1971) 127 ff.; Stroh, Taxis und Taktik (1975) 104 ff., 310 f. m. w. N.; Saccoccio, Si certum petetur (2002) 142 ff.; Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 70 ff.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
Der Kläger Fannius verlangt von Ciceros Mandanten Roscius eine bestimmte Summe Geldes. Nach Cicero kann seine Klage nur dann Erfolg haben, wenn es sich bei der Klagsumme um pecunia data, expensa lata oder stipulata handelt. An diesen Voraussetzungen fehlt es: Fannius gibt selbst zu, eine entsprechende Summe nicht ausgezahlt zu haben, eine Buchung lassen seine Hausbücher nicht erkennen und den Abschluß einer Stipulation kann er mangels Zeugen nicht beweisen. I. Die Klage, die Fannius erhoben hat, ist die actio certae creditae pecuniae oder condictio, deren intentio Cicero in IV, 11 wiedergibt: SI PARET HS 50 000 DARI.5 Von den drei möglichen Klaggründen, die Cicero erwähnt, pecunia data aut expensa lata aut stipulata, sind die beiden letzteren eindeutig vertraglicher Natur: die condictio ist die richtige Klageform, um aus einem Literalkontrakt oder einer Stipulation vorzugehen. Unter pecunia data schließlich fallt das Darlehn und damit die dritte Vertragsart, aus der mit der condictio geklagt wird. Vom mutuum selbst spricht Cicero allerdings nicht, sondern nur allgemein davon, daß mit der condictio ausgezahltes Geld, pecunia data, zurückverlangt werden kann. Wegen dieser allgemeinen Formulierung vermutet Pflüger, daß Ciceros Aufzählung der Kondiktionsgründe abschließend sei und auch die außervertraglichen Anwendungsfalle umfasse, denn schließlich bestehe auch die Leistung einer Nichtschuld in der Hingabe einer bestimmten Geldsumme.6 Aus Ciceros Rede ergebe sich daher, daß die condictio auch als Bereicherungsklage stets eine datio vorausgesetzt habe. Dem ist die Literatur im wesentlichen bis heute gefolgt. 7 II. Diese Schlußfolgerung ist allerdings nicht zwingend, worauf schon Duquesne hinweist,8 und daß die Aufzählung der Klaggründe nicht vollständig
5 Anders Stintzing, Beiträge zur römischen Rechtsgeschichte 1 (1901) 9 ff., 14 ff., der zwischen der actio certae credtitae pecuniae und der condictio trennt und eine Klage aus der a.c.c.p. annimmt, ebenso Robbe 59, v. Oven, TR 22 (1954) 289. Gegen eine Gleichsetzung der beiden Klagen auch Albanese 127 ff. Dagegen schon Pflüger 6 ff. und zuletzt Saccoccio 149 f. und Hähnchen 44 ff. 6
15 f. Ebenso entgegen Pflüger auch schon v. Savigny 573, nach dem die adnumeratio auch „die Auszahlung eines Indebitum und ähnliche Fälle umfaßt". 7 Vgl. nur Käser, RPr I 594 A. 6.: „Cie. p. Rose. com. 5, 14 pecunia data deckt Darlehn und grundlose Zahlung." Ebenso Schwarz 282, 285, Wieacker 13, Donatuti, Causae (1951) 39, v. Lübtow, Condictio (1952) 85. Anders jedoch Hähnchen 73, die das Fallbezogene von Ciceros Ausfuhrungen betont. Nach Saccoccio 151 ff., 160 f.sind die genannten Klaggründe abschließend und gehen auf Quintus Mucius Scaevolas Vorstellung des re obligari zurück. 8 NRH 32 (1908) 220, der vor allem darauf abhebt, daß aus der Rechtslage zu Zeiten Ciceros nichts für das klassische Recht gefolgert werden könne.
§ 2 Cicero Pro Roscio Comoedo IV, 13 und V, 14
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ist, zeigt sich schon daran, daß die condictio furtiva unerwähnt bleibt. 9 Für Cicero bestand im übrigen keine sachliche Notwendigkeit, auf die außervertraglichen Anwendungsfalle einzugehen, denn ein außervertraglicher Anspruch des Fannius kam nach der Lage des Prozesses überhaupt nicht in Betracht. 1. Die Vorgeschichte des Prozesses reicht weit zurück. Fannius und Roscius hatten eine Gesellschaft gegründet, in die Fannius einen seiner Sklaven eingebracht hatte. Roscius, ein berühmter Schauspieler seiner Zeit, hatte ihn zum Schauspieler ausgebildet und man teilte die Gagen, die der Sklave einspielte, bis er etwa 15 Jahre 10 vor diesem Verfahren von einem gewissen Flavius getötet wurde. Die Streitigkeiten zwischen den beiden Teilhabern beruhen auf der Auseinandersetzung der Gesellschaft und der Abwicklung der aus ihr resultierenden Ansprüche. Von Roscius zum cognitor bestellt, strengte Fannius zunächst für die Gesellschaft einen Schadensersatzprozeß gegen den Schädiger Flavius an, der allerdings nicht mit einem Urteil endete.11 Zugleich hat sich Roscius hinter seinem Rücken mit Flavius außergerichtlich geeinigt und wurde von ihm mit einem Grundstück abgefunden. Als Fannius etwa drei Jahre vor dem jetzigen Prozeß davon erfuhr, verlangte er von Roscius, an dieser Abfindung beteiligt zu werden, und strengte ein formliches Verfahren gegen ihn an. Auch dieser Prozeß wurde nicht zuende geführt, weil sich die Parteien auf ein privates Schiedsverfahren einließen.12 Arbiter dieses Schiedsverfahrens war der iudex des jetzigen Prozesses, C. Piso. Auf seine Veranlassung einigten sich die Parteien dahin, daß Roscius an Fannius 100 000 Sesterzen für seine bisherige Mühe als Prozeßvertreter zahlt und umgekehrt Fannius die Hälfte von dem, was er noch von Flavius erhalten sollte, an Roscius abführen wird. Roscius hat daraufhin 50 000 Sesterzen gezahlt. Die anderen 50 000 klagt Fannius jetzt ein.
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Diese Auffälligkeit erklärt Pflüger 15 f. damit, daß Cicero nur von der actio certae creditae pecuniae spreche, die als furtiva nicht möglich sei, weil es sich bei der condictio fiirtiva immer um eine condictio rei gerade der gestohlenen Sache handele; die. a.c.c.p. dagegen sei auf die Auszahlung einer Geldsumme gerichtet. Anders Savigny 574 f. u. Schwarz 285: der Diebstahlsfall sei nach Lage der Sache nicht in Betracht gekommen. Das gilt allerdings auch für die ungerechtfertigte Bereicherung, s. sogleich. 10
v. Bethmann-Hollweg 806, 808 vermutet entgegen der Lesart der Handschriften vier Jahre. Für die Problemlage ist das nicht wesentlich. 11
Warum, bleibt unklar. Stroh 134 f. vermutet, daß Fannius der Schuldbeweis nicht gelungen sein könnte. 12 Ob es sich um eine actio pro socio oder eine actio furti handelte, bleibt unklar. Daß das arbitrium n e b e n dem Prozeß erging, ist mit Stroh 115 ff. die wahrscheinlichere Version, letztlich aber für unsere Frage unwichtig.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
2. Fannius macht also die zweite Rate der Zahlungsverpflichtung geltend, die Roscius im Rahmen des früheren arbitrium eingegangen war. Diese Schuld aber ist unbedingt eine vertragliche, und weil Fannius sie mit der condictio einklagt, müßte es sich deshalb um ein Darlehn, einen Hausbuchvertrag oder eine Stipulation gehandelt haben. Andere vertragliche Verbindlichkeiten scheiden aus, und wenn Cicero sagt: praeterea enim quem ad modum certam pecuniam petere possit, non reperio, ist damit genau das ausgedrückt. 13 Ein Grund, warum sich diese Ausführungen nicht auf die vertraglichen Klagegründe der condictio beschränken sollten, ist nicht auszumachen.14 Von den drei Vertragsarten wiederum kommt das Darlehn nach dem Sachverhalt nicht in Betracht. Ob Fannius Stipulation oder Litteralkontrakt geltend macht, muß bei der bruchstückhaften Überlieferung der Rede offen bleiben. Cicero beruft sich für beide Varianten auf einen Mangel an Beweisen: Fannius habe weder seine Hausbücher vorgelegt noch habe er Zeugen für den Abschluß einer Stipulation beibringen können. 15 In beiden Fällen sind Ciceros Argumente dürftig, wenn man bedenkt, daß das arbitrium, auf das die Verpflichtung zurückgeht, von demselben Mann veranlaßt wurde, der jetzt als iudex dem Prozeß
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Vorsichtiger, aber im Ergebnis ebenso Hähnchen 72. Anders nur Kübler 668 ff., nach dem Fannius die Klage auf eine deliktische Bereicherung stützt, und Huvelin, Études sur le furtum dans le très ancien droit romain (1915) 469. 14
Nur auf Darlehn beziehen pecunia data v. Bethmann-Hollweg 816, Bekker 99 [anders SZ 25 (1904) 391], Baron 156, Greenidge 547, H Krüger,, SZ 21 (1900) 421, Fuhrmann 178, Stroh 104, Albanese 129, Behrends,, Mél. Wolodkiewicz I (2000) 106 und Freese in seiner englischen Übersetzung, Cicero VI, Pro Quinctio, Pro Roscio Amerino, Pro Roscio Comoedo, De lege agraria contra Rullum (1967) 286 A. b. Auch nach v. Mayr 73 hat Cicero nur das Darlehn gemeint, dies aber deshalb, weil die außervertraglichen Anwendungsfalle der condictio einschließlich der condictio furtiva erst später aufgekommen seien. Ähnlich Liebs, History of the condictio (1986) 166 f. und Zimmermann, The Law of obligations (1990, Nachdruck 1992) 836 f., die jedoch die condictio furtiva schon den republikanischen Juristen zuschreiben. 15 Weil Cicero am ausfuhrlichsten auf den Hausbucheintrag eingeht, vermutet Fuhrmann 178 Litteralkontrakt, ebenso Saccoccio 147. Wieacker 13 hingegen meint, die Klage sei auf ein Schuldversprechen gestützt. Schwarz 287 ff. nimmt an, daß es sich um eine Novationsstipulation gehandelt haben muß, da Fannius sonst mit der actio ex stipulatu hätte vorgehen müssen. Die Frage ist seit jeher umstitten, vgl. nur Pflüger 103 ff m. w. N. Zum Litteralkontrakt zuletzt ausfuhrlich Behrends, Mél. Wolodkiewicz I (2000)55 ff.
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vorsteht und den Verpflichtungsgrund genau kennt. Cicero wird den Prozeß daher wohl verloren haben.16 III. Wir halten für unsere Zwecke fest, daß in dem konkreten Verfahren nur vertragliche Ansprüche in Rede standen. Es gibt deshalb keinen sachlichen Grund, die Aufzählung Ciceros auf sämtliche denkbaren Klagegründe der condictio, vertragliche wie außervertragliche, zu beziehen. Tut Pflüger es dennoch, so ist dies anfechtbar, weil er außer acht läßt, daß es sich bei dem Text nicht um eine Juristenschrift sondern um eine Gerichtsrede in foro handelt. Aufgabe des Gerichtsredners aber ist es, den iudex, für gewöhnlich einen juristischen Laien, eher zu überreden als zu überzeugen, 17 wobei lehrbuchartige Rechtsausführungen gewiß nicht im Vordergrund stehen.18 Vollständigkeit und juristische Genauigkeit können allenfalls dort erwartet werden, wo es dem Mandanten nützt. 19 Ein verläßliches Auskunftsmittel für klassische Rechtszustände ist die Gerichtsrede aber selbst dann nicht, denn im Interesse seiner Partei schreckt Cicero auch vor falschen Rechtsausführungen nicht zurück. 20 Dabei lassen die Verzerrungen und Ungenauigkeiten nicht auf die mangelnde juristische Ausbildung Ciceros schließen, sondern zeigen die Rolle des Anwalts und die ihr immanente Parteilichkeit.
16 Vgl. Wieacker 12: „hoffnungsloser Fall". Zum ganzen ausführlich Stroh 107 ff., der als materiellen Grund der Klage einen weiteren Vertrag vermutet, den Roscius und Fannius noch vor dem arbitrium geschlossen haben sollen, 112 ff. 17 Wieacker (1999) 171 ff. 18
15 ff. Ein Beispiel bietet D 5.1.76 Alf 6 dig, dazu Roth, Alfeni Digesta
Vergleichbare Zweifel auch bei Bekker, SZ 25 (1904) 390 f.; Hähnchen 73.
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Wie hier Bekker 98 f. Planvolle Unvollständigkeit vermutet auch H. Krüger, SZ 21 (1900) 421. 20
So im zweiten Teil, nach der förmlichen Widerlegung möglicher Ansprüche aus Stipulation oder Litteralkontrakt, wo Cicero ausführt, daß Roscius auch aus der actio pro socio nichts schulde. Das Grundstück, daß er von Flavius erhalten habe, entspreche nämlich lediglich seinem Anteil und sei, anders als von Fannius behauptet, auch nicht Gemeinschaftseigentum der Gesellschafter geworden. Es bestehe kein Unterschied zur Erbengemeinschaft, bei der jeder Erbe ebenfalls seinen Anteil für sich verfolgen könne, XVII 52-XVIII 56. Diese Parallele ist schlicht falsch, die Gesellschafter waren stets verpflichtet, alle auf die Gesellschaft bezogenen Einnahmen untereinander auszugleichen. Vgl. dazu Wieacker 14, Fuhrmann 181. - Mit der erhobenen Klage im eigentlichen Sinn haben die Ausführungen des zweiten Teils nichts zu tun, sie dienen nur der moralischen Rechtfertigung des Roscius, wie Cicero selbst betont, V, 15. A. A. jedoch Baron 170 ff., der annimmt, mit der condictio konnte auch eine Forderung aus societas geltend gemacht werden; ähnlich v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907) 325, 327 ff.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
Für die Voraussetzungen der außervertraglichen Anwendungsfälle der condictio gibt Ciceros Rede Pro Roscio Comoedo nichts her. Pecunia data erfaßt in jedem Fall das Darlehn und zu weiteren Erörterungen hatte Cicero keinen Anlaß. Daß die römischen Juristen die Gewährung der condictio als Bereicherungsklage seit jeher an das Vorliegen einer datio geknüpft hätten, läßt sich dem Text nicht entnehmen.
§ 3 Negotium contraction als Kondiktionsvoraussetzung? D 12.6.33 Iul 39 dig Wenden wir uns den juristischen Quellen zu. Auch in D 12.6.33 ist von der »Leistung4 als Kondiktionserfordernis nicht die Rede, wenn auch der Text häufig in diesem Sinn verstanden wird, zumal nämlich Julian die condictio deshalb versagt, weil es an einem negotium contractum zwischen den Parteien fehle. 21 Die Exegese wird jedoch zeigen, daß dem Fragment eine allgemeine Kondiktionsvoraussetzung nicht entnommen werden kann. D 12.6.33 Iul 39 dig Si in area tua aedificassem et tu aedes possideres, condictio locum non habebit, quia nullum negotium inter nos contraheretur: nam is, qui non debitam pecuniam solvent, hoc ipso aliquid negotii gerit: cum autem aedificium in area sua ab alio positum dominus occupat, nullum negotium contrahit. sed et si is, qui in aliena area aedificasset, ipse possessionem tradidisset, condictionem non habebit, quia nihil accipientis faceret, sed suam rem dominus habere incipiat. et ideo constat, si quis, cum existimaret se heredem esse, insulam hereditariam fulsisset, nullo alio modo quam per retentionem impensas servare posse.22
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Schon Pflüger, Pro Roscio (1904) 33 sah in diesem Fragment das Bild des klassischen Rechts unter der byzantinischen Tünche hervorleuchten. Die wenigsten Autoren machen sich allerdings die Mühe, den Text einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen, vgl. v. Mayr, Die Condictio des römischen Privatrechts (1900) 174 f.; De Villa, Studi Sassaresi 10 (1932) 139 f.; Kaden, SZ 71 (1954) 570; Käser, RPr I 594; Benöhr, Das sogenannte Synallagma in den Konsensualkontrakten des klassischen römischen Rechts (1965) 66 m. A. 30. Pika, Ex causa furtiva condicere im klassischen römischen Recht (1988) 13 A. 26; Meincke, SZ 88 (1971) 173 m. A. 185; Hallebeek, TR 63 (1995) 263 f. Ebenso auch Santoro, Studi (1971) 9 m. A. 6, 75, 148 m. A. 184, 264 m. A. 54. Lediglich auf die frühere Literatur verweisen Wunner, Gedächtnisschrift für Wolfgang Kunkel (1984) 597 und Krampe, Mel. Fritz Sturm (1999) 274 A. 19. 22
Lit.: Trampedach, SZ 17 (1896) 104 ff.; v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio I (1903) 94 ff., II (1907) 219 ff., 242 ff; Pflüger, SZ 18 (1897) 87; ders., Pro Roscio (1904) 33 ff; ders., Eigentumserwerb (1937) 77 f.; ders., Festgabe Paul Krüger (1911)
§ 3 D 12.6.33 Iul 39 dig
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Die Stelle behandelt die Bauführung auf fremdem Grund. Erhält der Eigentümer das bebaute Grundstück wieder, findet eine condictio nicht statt, weil es anders als bei einer Zahlung auf Nichtschuld zwischen Eigentümer und Bauherr an einem negotium contractum fehlt. Dabei ist unerheblich, auf welche Weise der Bauführer den Besitz an dem Grundstück verliert, ob er gewaltsam vom Eigentümer vertrieben wird oder das Grundstück freiwillig an ihn herausgibt. Auch in diesem Fall scheitert die condictio daran, daß der Eigentümer nichts zu eigen erhält, sondern lediglich beginnt, eine ihm ohnehin gehörende Sache zu besitzen. Aus diesem Grunde kann auch ein Erbschaftsbesitzer Aufwendungen für die Abstützung eines Hauses nur durch Ausübung eines Zurückbehaltungrechts geltend machen. I. Der letzte Satz 23 stellt klar, worum es geht: erörtert wird, auf welche Weise der Bauführer auf fremdem Grund Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann. 24 Jedenfalls steht ihm ein Zurückbehaltungsrecht zu, und nur für den Fall, daß die Retention unterblieben ist, stellt sich die Frage nach einer condictio. Julian knüpft die Gewährung der Klage an das Vorliegen eines negotium contractum zwischen den Parteien und verwirft sie, weil es bei der Bauführung auf fremdem Grund daran fehle. Hintergrund dieser Entscheidung ist die sachenrechtliche Regel superficies solo cedit. Getrenntes Eigentum an einem Grundstück und den darauf befindlichen Bauwerken kennt das römische Recht nicht; das Eigentum an dem Bauwerk fallt mit Errichtung automatisch an den Grundeigentümer, unabhängig davon wer das Bauwerk mit wessen Material errichtet. 25 Gelangt der Eigentü45 ff.; Betti, Bull. 28 (1915) 54 ff.; Ehrhardt, Justa causa traditionis (1930) 58; J.-P. Levy, Les impenses dotales en droit romain classique (1937) 171 f.; Nardi, Studi sulla ritenzione in diritto romano I (1947) 428 ff.; Dawson, Unjust enrichment (1951) 51 f.; Fuchs, Iusta causa traditionis in der Romanistischen Wissenschaft (1952) 238 ff.; v. Lüttow, Condictio (1952) 146; Schwarz, Grundlage der condictio (1952) 11 f., 192 f.; Donatuti, Causae (1953) 49 f.; Niederländer, Bereicherungshaftung (1953) 15 UD'Ors, SDHI 19 (1953) 143 ff.; v. Oven, TR 22 (1954) 293 ff; Chevallier, RH 33 (1955) 386 f., 392 ff; Grosso, II sistema dei contratti3 (1963) 36; Wunner, Contractus (1964) 89 ff; Bürge, Retentio im römischen Sachen- und Obligationsrecht (1989) 15 f.; Schanbacher, TR 60 (1992) 18 f.; Harke, Argumenta Iuventiana (1999) 139 f.; Saccoccio, Si certum petetur (2002) 278 ff; Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 27 ff. 23
Beseler, TR 10 (1930) 225, will nur ihn und auch nur ab si quis gelten lassen und streicht den Rest wegen sprachwidriger Tempora. Zur früheren Textkritik zusammenfassend Nardi 429, van Oven 294 f. A. 46. 24
Nach Naber, Mnemosyne 20 (1892) 105 handelt die Stelle vom Ausschluß der condictio possessionis: wer einem anderen nur den Besitz verschafft, bewirke nichts, weshalb auch nichts kondiziert werden könne. Dagegen schon Trampedach 104 f. 25
Gai II, 73. Vgl. Käser, RPr 1429 f.; Bürge 18 ff
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
mer später wieder in den Besitz seines Grundstücks, so erwirbt er deshalb nichts weiter als die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit, denn Eigentümer des Hauses war er bereits mit dessen Errichtung geworden. 26 In den Vorgang der Besitzerlangung durch den Eigentümer kann deshalb kein negotium contrahere hineingelesen werden, auch wenn sie auf einer einverständlichen Besitzübertragimg beruht. 27 II. Weil Julian die condictio mit der Begrüngung quia nullum negotium inter nos contraheretur versagt, sieht die Literatur in dem negotium (contractum) eine allgemeine Kondiktionsvoraussetzung. Im Regelfall bestehe es in einer datio, der rechtsgeschäftlichen Übereignung des Kondiktionsgegenstandes; daran fehle es bei Bauführung auf fremdem Grund, weshalb der Jurist die Kondiktion versage. 28
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Betti 56. Nach D'Ors 144 scheitert die für die condictio notwendige datio an der Verschiedenheit des zugewendeten Objekts: der Bauführer ist allenfalls Eigentümer des verbauten Materials, der Grundstückseigentümer wird dagegen Eigentümer des Hauses. 27
Anders Niederländer 16, der possessionem tradere als aliquid negotii auffaßt, das jedoch die condictio nicht auslöse, weil es nicht zu einem Eigentumsübergang führe. Ähnlich schon Levy 171. Bei einer gewaltsamen Vertreibung durch den Eigentümer fehlt schon der äußere Anknüpfungspunkt für ein Geschäft zwischen den Parteien. 28
So Donatuti 50, v. Lübtow 146, Schwarz 192 f., Grosso 36, Wunner 91 f., Meincke 173, Käser, RPr I 594 f., Honsell/Mayer-Maly/Selb, Rom. Recht 352, zuletzt Harke 139 und SZ 121 (2004) 680. Nach Schanbacher 18 gelte dies zumindest für die condictio rei. Mitursächlich für dieses Verständnis mag der Verweis des Juristen auf die indebiti solutio sein, dazu sogleich bei A. 37. Auch nach Bürge 16 scheitert die Klage an den Prozeßvoraussetzungen der condictio. Ebenso Saccoccio 280 ff, der in dem negotium zugleich die Grundlage der condictio sieht, 281. Etwas vorsichtiger Chevallier 387, 395 und van Oven 294 f., 299 ff, nach dem Julian mit diesem Kriterium den Anwendungsbereich der condictio gegen ausufernde Tendenzen auf Leistungsfalle zurückdrängen wolle. D'Ors 146 hält die mit negotium contractum argumentierenden Begründungen insgesamt für kompilatorisch, erklärt die Versagung der condictio jedoch ebenfalls mit der fehlenden datio. Auch Pflüger, Eigentumserwerb 78, streicht noch [quia - et ideo]; in seinem Aufsatz Festgabe Krüger 46 f. versteht er unter negotium eine Eigentumsübertragung gegen Rückgabeversprechen, die nicht zustandegekommen sei; in diesem Sinne sei das negotium eine datio. Ähnlich Pernice, Labeo III 245 f. und Trampedach 114, die das Erfordernis des negotium zwar für eine doktrinäre Sonderanschauung Julians halten, darin aber ebenfalls eine Rückerstattungsvereinbarung sehen. Schwarz 12 f. versteht unter dem negotium contractum das von einem relevanten Geschäftswillen getragene Zusammenwirken der Parteien, das sich langsam zur materialen Einigung über die Knüpfung eines obligatorischen Bandes hin entwickelt, ihm folgend Käser, RPr I 594 und offenbar Bürge 15 f. Nach Betti 62 und Saccoccio 289 ist damit eine objektivierbare Beziehung zwischen zwei Vermögensmassen gemeint.
§3 D 12.6.33 Iul 39dig
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Der juristische Sprachgebrauch stützt dieses Verständnis indessen nicht: In den juristischen Quellen erscheint negotium in Verbindung mit contrahere insgesamt 21 mal, 29 nirgends aber negotium contractum als feststehende Wendung. Mit negotium contrahere bezeichenen die Juristen durchweg den Abschluß eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts, eines bindenden Vertrages. 30 Meist wird die Wendung benutzt, wenn abstrakt vom Abschluß eines Vertrages die Rede ist; 31 gelegentlich gebrauchen die Juristen die allgemeine Formulierung aber auch als variatio für den konkreten Vertragstyp, von dem gerade die Rede ist. 32 Negotium contrahere umfaßt dabei alle Arten von Verträgen, den Kauf gleichermaßen wie die locatio conductio, das Mandat oder die societas 33 und bloße pacta 34 ebenso wie die Stipulation. 35 Es handelt sich damit durchaus 29
Das VIR Bd. IV 92 s.v. negotium verweist auf 24 Fundstellen, wobei allerdings in drei Fragmenten contrahere jeweils zweimal vorkommt. 30
Heumann/Seckel, Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts9 (1914), s. v. negotium 1 b). Die Zweiseitigkeit betont auch Grosso 40. Auf die rege neuere Diskussion zum römischen Kontraktssystem braucht nicht näher eingegangen zu werden, vgl. dazu statt vieler die Zusammenfassung bei Burdese, Labeo 38 (1992) 200 ff.; für unsere Frage interessiert nur die Bedeutung der Wendung negotium contrahere. Zur Bedeutung von contrahere auch Wunner, Contractus (1964) [rez. Wolf, Iura 17 (1966) 214 ff.], der allerdings die Kombination negotium contrahere nicht untersucht und auch D 12.6.33 nur daraufhin prüft, ob die solutio indebiti ein contractus sei, 89 ff. Auch Melillo, Contrahere, pascisci, transigere (1994) 130 ff. verzichtet auf eine Analyse der einschlägigen Digestenstellen. 31
So in D 2.14.1.3 Ulp 4 ad ed (Conventionis verbum generale est ad omnia pertinens, de quibus negotii contrahendi transigendique causa consentiunt qui inter s agunt...), D 44.7.57 Pomp 36 ad Qu Muc (In omnibus negotiis contrahendis, sive bona fide sint sive non sint, si error aliquis intervenit,... nihil valet quod acti sit...), D 50.17.5 Paul 2 ad Sab (In negotiis contrahendis alia causa habita est furiosorum, alia eorum qui fari possunt...), D 26.8.14 Iul 31 dig (Non multum interest, afuerit tutor, cum negotium contraheretur, an praesens ignoraverit, quäle esset quod contrahebatur)\ ebenso auch D 15.4.4 Ulp 10 ad ed, D 45.1.5pr Pomp 26 ad Sab. Kein Vertragsabschluß liegt dem iudicium tutelae zugrunde, wie D 44.7.5.1 Gai 3 aur klarstellt; zweifelhaft war die Einordnung des precarium, D 43.26.14 Paul 13 ad Sab. 32
D 30.70.2 Gai 18 ad ed prov (statt mandatum), D 19.2.35pr Air 8 quaest (locatio conductio), D 18.1.8pr Pomp 9 ad Sab (emptio venditio), D 46.3.35 Alf 2 dig a Paul epit (mutuum bzw. depositum), D 44.7.16 Iul 13 dig (commodatum bzw. depositum). Auch in D 12.1.32 Cels 5 dig bedeutet der Ausdruck mutuum, dazu § 4 III. 33 Auf sie bezieht sich D 44.7.2 = Gai III, 136 neben der emptio venditio, der locatio conductio und dem Mandat. 34
So im Zusammenhang mit der condictio ob rem, vgl. D 12.6.2pr Ulp 16 ad Sab: Si quis sie solvent, ut si apparuisset esse indebitum vel Falcidia emerserit, reddatur, repetitio locum habebit: negotium enim contractum est inter eos. Ahnlich auch D23.3.50pr Afr 8 quaest: Quae fundum in dote habebat, divortio facto cum in
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
um einen Oberbegriff, freilich nicht um einen bereicherungsrechtlichen Terminus technicus.36 Negotium contrahere bedeutet nichts weiter als ,einen Vertrag abschließen4. Daß negotium contrahere auch in D 12.6.33 nicht »leisten4 meint, zeigt der Fortgang des Textes, der mit der Deutung der Literatur nur schwer vereinbar ist. In dem zur Illustration angefügten Parallelfall bezeichnet Julian nämlich die Leistung auf Nichtschuld, die unproblematisch eine condictio auslöst, nur als aliquid negotii. Doch die solutio indebiti ist ein wirksames Übereignungsgeschäft, so daß ihre Bezeichnung als ,eine Art 4 negotium geradezu falsch wäre, wenn negotium ein bereicherungsrechtlicher Oberbegriff wäre, der insbesondere die datio mitumfaßt. 37 Versteht man unter negotium contrahere dagegen wie auch sonst den Abschluß eines bindenden Vertrages, ist die solutio {indebiti) mit den Worten von Gaius tatsächlich nur eine Art Geschäft, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere. 38 III. Der Bauführer auf fremdem Grund kann seine Aufwendungen also nicht kondizieren, weil sich die Verpflichtung zum Ersatz von Aufwendungen nicht aus einem Vertrag, ja nicht einmal aus aliquid negotii ergibt. Diese Entschei-
matrimonium rediret, pacta est cum viro, uti decem in dotem acciperet et fundum sib restitueret, ac datis decem, priusquam fundus ei restitueretur, in matrimonio decessi illud ex bonafide est et negotio contracto convenit, ut fundus, quasi sine causa penes maritum esse coeperit, condicatur. Zu den pacta wohl auch D 24.1.49 Marcel 1 7 dig. 35
D45.1.83pr Paul 72 ad ed.
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In diesem Sinne aber vor allem Käser, RPr I 594 und zuletzt auch Hähnchen 27 m. A. 78, wenn sie weitere Quellen nennt, die „im Zusammenhang mit der condictio von einem negotium [sprechen]44 und dabei übersieht, daß der Gebrauch des Wortes negotium nicht zur Terminologie der gewährten Klage gehört, sondern lediglich eine Ausdrucksvariante für die dem Sachverhalt zugrundeliegende Vertragsform bildet. In den von ihr genannten Texten D 12.6.2pr Ulp 16 Sab und D 23.3.50pr Afr 8 quaest geht es jeweils um pacta, deren Nichterfüllung der gewährten Kondiktion zugrundeliegen. 37
Das übersehen Harke 139, van Oven 294, Niederländer 16, v. Lübtow 146, Wunner 91, die negotium mit datio gleichsetzen. Donatuti 50 trennt zwischen übereignendem Geschäft (negotium) und Eigentumsübergang (datio). Nach Schanbacher 18 f. ist mit aliquid negotii gestum ein auf Eigentumsverschaffung lediglich hinzielendes Handeln gemeint, wie es für die intentio der c.certae creditae pecuniae im Unterschied zur condictio certae rei ausreiche. Doch D 12.6.33 behandelt die condictio incerti, s. sogleich. 38
Gai III, 91 a. E. Den Zusammenhang sieht bereits Fuchs 239 f. Das aliquid übergeht Betti 62 (ebenso schon Bull. 25 (1912) 69 f.), wenn er die indebiti solutio mit dem negotium contractum gleichsetzt, ebenso Grosso 36. Der von D'Ors 144 und anderen betonte Widerspruch zwischen Gaius und Julian besteht nicht. Dagegen auch Wunner 89 ff.
§3 D 12.6.33 Iul 39 dig
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dung Julians erhellt sich aus der Exegese derjenigen Fragmente, in denen die Juristen die Kondiktion von Impensen zulassen und denen wir uns im folgenden zuwenden wollen. 39 1. Im palingenetischen Kontext von D 12.6.33 findet sich der erste von drei überlieferten Fällen, in denen Aufwendungsersatz kondiziert werden kann. D 30.60, dessen Tatbestand in D 30.58 wiedergegeben wird, geht nach Lenel unserem Text unmittelbar voran. 40 Der Digestentext lautet im Zusammenhang: D 30.58 Pap 9 resp Domus hereditarias exustas et heredis nummis extructas ex causafideicommissi post mortem heredis restituendas viri boni arbitratu sumptuum rationibus deductis et aedificiorum aetatibus examinatis respondi, D 30.59 Ulp 33 ad ed si modo nulla culpa eius incendium contigisset. D 30.60 Iul 39 dig Quod si nulla retentione facta domum tradidisset, incerti condictio ei competet, quasi plus debito solvent. Papinians Sachverhalt, der auch Julians Entscheidung zugrunde liegt, ist folgender: Ein Eibe hatte zur Erbschaft gehörige, abgebrannte Häuser mit eigenen Mitteln wieder aufgebaut. Die Hausgrundstücke sollen nach seinem Tod einem Dritten als Fideikommiß herausgegeben werden. Seine Erben können bei Übergabe der Häuser an den Fideikommissar diese Aufwendungen nach unparteiischem Ermessen abziehen, sofern der Erbe am Ausbruch des Feuers schuldlos war. Aus dem Juliantext ergibt sich der praktische Weg, auf dem dieser Abzug bewirkt werden kann. Die Häuser können zurückbehalten werden, bis der entsprechende Betrag ersetzt wird. Ist die Retention unterblieben, so steht eine condictio incerti zu, weil der Sachverhalt einer Zuvielzahlung vergleichbar sei. Der Erblasser hat per Fideikommiß ein Hausgrundstück hinterlassen, das sein Erbe bis zu seinem Tod noch nutzen durfte. In dieser Zeit brennt das Haus ohne Verschulden des Erben ab und er errichtet es neu. Der Umfang der sächlichen Herausgabepflicht aus dem Fideikommiß richtet sich nach dem Zustand von Haus und Grundstück am dies cedens, d. h. beim Tod des Erben. Der Fideikommissar hat deshalb einen Anspruch auf Übereignung des wiedererrichteten Hauses. Allerdings wäre der Erbe nicht verpflichtet gewesen, das Haus wieder
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Daß Impensen durchaus in manchen Fällen kondiziert werden konnten, übersieht Hähnchen 28, wenn sie „die Nichtgewährung der condictio durch Julian" schlicht damit erklärt, das römische Recht habe keinen über das Retentionsrecht hinausgehenden Verwendungsersatz gekannt. 40
Lenel, Paling. 1419 Nr. 551.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
zu errichten, denn das Risiko zufalliger Verschlechterung bis zum dies cedens trägt der Fideikommissar, wie Ulpian klarstellt. 41 Indem der Fideikommisssar nun das neu erbaute Haus erhält, bekommt er gleichsam mehr, als ihm zustehen sollte, weshalb Julian den Erben des Erben eine condictio gewährt, die er als incerti bezeichnet. Wegen der Erwähnung der condictio incerti ist der Text vielfach angegriffen worden. 42 Diese Verdächtigungen sind jedoch unbegründet, denn die Klage auf Aufwendungsersatz knüpft nicht an eine Verpflichtung zur Rückgabe oder Rückübereignung einer Sache an, sondern an eine Ersatzpflicht. 43 D 30.58 zeigt den komplizierten Berechnungsweg: es ist nicht einfach der Wert des verbauten Materials zu erstatten - dafür brauchte es nicht das arbitrium eines bonus vir sondern es ist eine Schätzung vorzunehmen, bei der der Zeitpunkt der Aufwendungen zu berücksichtigen ist. Der Text spricht insoweit anschaulich von ,den Altern der Häuser4 (aedificorum aetatibus examinatis). Treitschke 44 erklärt den Plural mit der Notwendigkeit einer doppelten Prognose: zum einen muß festgestellt werden, wie alt das alte Haus schon gewesen ist und wieviel länger es wohl noch hätte stehen können. Zum anderen muß in Anrechnung gebracht werden, wie lange der Erbauer selbst noch die Möglichkeit hatte, das von ihm errichtete Haus abzuwohnen, wie alt also auch das neue Haus bei der Übergabe schon gewesen ist. Die Berechnung des Aufwendungsersatzes erfordert jedenfalls eine individuelle Schätzung, die im Klagewege im Rahmen der condictio certi mit ihrer quanti ea res ert-Klausel nicht erfolgen kann. Wie Käser nachgewiesen hat, konnten in ihre Kondemnation nur diejenigen Posten mit einbezogen werden, die jedem Kläger gleichermaßen zugute gekommen wären. 45 Eine solche schematische Betrachtung ist aber, wie unser Beispielsfall zeigt, bei
41
D 30.59. Nur wenn der Erbe schuldhaft das Feuer verursacht hätte, wäre er zur Wiedererrichtung des Hauses verpflichtet gewesen. 42 Vgl. nur D'Ors 145 und Schwarz 201, die die Existenz einer c. incerti ablehnen. Der Begriff,incerti' wird von der Literatur nahezu einhellig als justinianisch gestrichen, s. dazu sogleich. Ehrhardt 58 A. 31 hält die Stelle insgesamt für interpoliert. 43
Trampedach 115. Ebenso van Oven 295 und Dawson 51 f., 160 A. 16. Nach Pflüger, SZ 18 (1897) 87, Pro Roscio 34, Eigentumserwerb 77 und Festgabe Krüger 56, soll der Retentionsgegenstand, also das Haus selbst, kondiziert werden können; ihm folgend Betti 56. Dagegen schon H. Krüger, SZ 21 (1900) 425 ff. 44
Otto/Schilling/Sintenis, Das Corpus iuris civilis (romani) ins Deutsche übersetzt III, (1831, Neudruck 1984) 249 A. 54. 45
Quanti ea res est (1935) 120 ff.; ders. y RPr I 499 m. A. 7; ebenso Medicus, Id quod interest (1962) 262 f.; Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozeßrecht (1996) 317 m. A. 39.
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Aufwendungen gerade nicht möglich, so daß es schon formeltechnisch ausgeschlossen ist, daß sich der Ersatzberechtigte der condictio certae rei bediente.46 Die Kondiktion von Impensen war damit an die Zulassung der condictio incerti geknüpft, deren Existenz zumindest der Sache nach heute kaum noch bestritten wird. 4 7 J. G. Wolf 4 8 hat ihre Formel im Anschluß an Giffard 49 wie folgt rekonstruiert: Quidquid paret Nm Nm Ao Ao dare facere oportere, eius iudex Nm Nm Ao Ao dumtaxat X sestertiorum milia c. s. n. p. a. 50 Die taxatio dieser Formel gestattet die notwendige individuelle Schätzung ohne weiteres. 51 Der Sache nach sind die Einwände gegen die Erwähnung der
46
Auch D 12.6.33 handelt damit von der condictio incerti. Diesen Zusammenhang sehen nur wenige: Trampedach 105 (»condictio rei4 ist ein Versehen, vgl. 114), v. Koschembahr-Lyskowski II 219, Dawson 160 A. 16, Liebs, Essays for Tony Honoré (1986) 173, und auch Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998) 417 A. 47. 47
Vgl. nur Käser, RPr I, 599 f., Zimmermann, The Law of Obligations (1990, Neudruck 1992) 856, der allerdings die condictio liberationis als einzigen Fall der condictio incerti anerkennt, Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998) 105 ff.; Grzimek, Studien zur Taxatio (2001) 9 ff., gegen die Kritik bei Honseil, SZ 92 (1975) 337 f. Anders noch Santo ro, Studi (1971) 16 m. A. 3, für die condictio cautionis unter Verweis auf die im Index Interpolationum Genannten und Saccoccio 184 f., für den die Klassizität der c. incerti „continua a non avere dalla sua parte ragioni suffcientemente convincenti", freilich ohne sich mit der neueren Literatur oder den Quellen auseinanderzusetzen. Zur Entwicklung der romanistischen Lehre Wolf, Causa Stipulationis (1970) 156 ff., zur älteren Literatur v. Koschembahr-Lyskowski, Cond. II (1907) 79 ff. Zunächst ging der Streit nur um die Fassung der Formel. Mit Trampedachs Untersuchung wurde zunächst der Begriff condictio incerti pauschal den Kompilatoren zugeschrieben. Mit Pflüger, SZ 18 (1897) 75 ff., und v. Mayr, Condictio 215 ff. setzte die Verwerfung der condictio incerti insgesamt ein. Gegen diese schon H. Krüger, SZ 21 (1900) 418 ff., 424 ff. und Stintzing, Beiträge zur römischen Rechtsgeschichte (1901) 23 ff. 48
Causa stipulationis (1971) 195 ff; ihm folgend Wacke, TR 40 (1972) 259.
49
Zuletzt RIDA 4 (1950) 499 ff.
50
Ebenso bei Pika 12; Käser, Labeo 22 (1976) 24 f. Umstritten bleibt, ob zur Individualisierung der Klagforderung der Formel eine praescriptio vorangestellt werden mußte. Käser, RPr I 600 m. A. 66, hält dies für unerläßlich (anders jedoch in Labeo 22 (1976) 25), Wolf Causa stipulationis (1970) 200 f. A. 43, zumindest nicht für ausgeschlossen, wenn auch nicht durch Quellen belegt. Vgl. auch Sotty, Scritti Guarino V (1984) 2485 f., Wacke, TR 40 (1972) 260, Selb, Formeln mit unbestimmter intentio iuris (1974) 40 ff. Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 117 A. 554. Zu den früheren, z. T. bereits auf Savigny, System des heutigen römischen Rechts V (1841) 617, zurückgehenden Formel Vorschlägen vgl. die Zusammenstellung bei Wolf 190 ff.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
condictio incerti in D 30.60 daher unbegründet und auch die auf Trampedach zurückgehende, pauschale Verwerfung der Bezeichnung incerti 52 hält einer näheren Überprüfung nicht stand. Trampedach hält die justinianische Inteipolation der condictio „incerti" allein schon deshalb terminologisch für naheliegend, weil sie „nur in der Hälfte der Stellen, in welchen sie nach der Auffassung der Compilatoren vorhanden sein müßte, nämlich in 14 von 28, thatsächlich mit dem Zusatz „incerti" benannt ist." 53 Statistische Erhebungen dieser Art sind jedoch kein Indiz, zumal unerklärlich bleibt, warum den Kompilatoren die Hälfte der Stellen entgangen sein soll. 54 Zudem ist nicht einzusehen, warum die klassischen Juristen die Fälle der condictio incerti jedesmal als solche hätten bezeichnen müssen, wo sie dies doch bei der condictio auf certa res oder certa pecunia auch nicht tun. Und wenn Ulpian Julian zitiert, ohne das im Original vorhandene incerti zu übernehmen, ist das nicht weiter anstößig, wenn sich aus der Sachlage oder aus der Umschreibung der condictio ihre Natur als incerti ohnehin ergibt. 55 Schließlich kann Trampedach nur noch das Argument der 51
Daß die Klage damit von vornherein auf Geld ging, bedeutet nicht, daß es sich um eine condictio certaepecuniae gehandelt hat, so aber v. Koschembahr-Lyskowski II 248. Zur taxatio zuletzt ausführlich Nörr, SZ 112 (1995) 51 ff. 52 Statt vieler H. Krüger, SZ 21 (1900) 422; v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907) 45 ff; Wolf Causa stipulations (1970) 157; Käser, RPr I 599 m. A. 62; Pika 12; dagegen Kipp, RE IV, 1 (1900) 856; Stintzing, Beiträge zur römischen Rechtsgeschichte (1901) 34; van Oven, TR 22 (1954) 305 f.; Wache, TR 40 (1972) 260; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998) 409 f. Zweifelnd auch Girard, Manuel élémentaire de droit romain8 (1929) 654 f. A. 3. Von der Echtheit des Begriffs geht offenbar auch Zimmermann aus, The Law of Obligations (1990, Neudruck 1992) 856 A. 142. Die Verdächtigungen gegen die Bgrifflichkeit sind im Wesentlichen motiviert durch Trampedachs Überlegungen zur Formel der condictio incerti, SZ 17 (1896) 126 ff Er kommt zu dem Ergebnis, daß sich ihre Fallgruppen mit der Formel auf dare oportere und quanti ea res est erfassen lassen, so „daß es zur classischen Zeit einen Unterschied zwischen der sog. condictio incerti und der condictio von certa res überhaupt nicht gab." Damit sei die Annahme nahegelegt, daß die Bezeichnung incerti bei den Konditionen interpoliert ist, 135. Doch wie wir gesehen haben, ist dieser Ausgangspunkt nicht haltbar, denn die quanti ea res es/-Kl au sei der condictio certae rei erlaubt, anders als Trampedach 132, 134 meint, gerade keine Schätzung des Interesses. 53
SZ 17 (1896) 136.
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Die „Eile", mit der die Kompilatoren vorgingen, ist jedenfalls keine befriedigende Erklärung; so aber Trampedach 148. Dies gilt umso weniger, als sie auch bei Julian zwei von sieben Stellen übersehen hätten, obwohl sie sich doch bemüht haben sollen, gerade ihm, den Trampedach 113 f. als den eigentlichen Schöpfer der condictio incerti ausmacht, das incerti in den Mund zu legen, 147 f. 55
Anders Trampedach 136 f. zu D 39.5.2.3-4 lui 60 dig = D44.4.7pr-1 Ulp 76 ad ed; die Texte handeln von der condictio liberationis, die Julian in § 3 als incerti condictio ne ... , ut mihi acceptum faciat stipulationem bezeichnet, was bei Ulpian im pr. als
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»Eleganz der Sprache' vorbringen, mit dem er incerti durchweg verdächtigt und allenfalls incerta gelten lassen will. 5 6 Keiner dieser Einwände vermag die Annahme einer systematischen Interpolation Justinians zu rechtfertigen. Im Gegenteil: daß der Begriff incerti im Codex nirgends auftaucht, 57 spricht ganz entschieden gegen kompilatorische Eingriffe. 2. Wir halten also fest, daß Impensenersatz allenfalls im Wege der condictio incerti erlangt werden kann. Julian begründet die Gewährung der condictio incerti in D 30.60 damit, daß die Übergabe des Hauses ohne Abzug der Impensen ein quasi plus debito solvere darstelle. Dieselbe Begründung erscheint auch bei Marcian in der zweiten Stelle zur condictio impensarum, die einen ganz ähnlichen Fall behandelt: D 12.6.40.1 Marci 3 reg Si pars domus, quae in diem per fideicommissum relicta est, arserit ante diem fideicommissi cedentem et eam heres sua impensa refecerit, deducendam esse impensam exfideicommisso constat et, si sine deductione domum tradiderit, posse incerti condici, quasi plus debito dederit. Wieder ist ein Haus fideikommissarisch hinterlassen worden. Es brennt vor dem dies cedens teilweise ab und der Erbe baut es mit eigenen Mitteln wieder auf, ohne diese Aufwendungen bei der Herausgabe des Hauses abzuziehen.58 Marcian entscheidet ebenso wie Julian, daß die Impensen mit der condictio incerti eingeklagt werden können, weil ein quasi plus debito dare vorliege. In beiden Fällen war der Erbe zur Übereignung des Hauses an den Fideikommissar verpflichtet 59 und hat diese Verbindlichkeit gleichsam übererfüllt, indem
condictio ..., ut me liberet erscheint. Die abweichende Wiedergabe bei Ulpian erscheint auch Stintzing, Beiträge zur römischen Rechtsgeschichte (1901) 26 nicht anstößig. 56
1 48 f. Das soll auch für die actio incerti, etwa ex stipulatu gelten. „Schließlich ist das Unclassische, weil Inelegante des Ausdrucks ,certi' und »incerti4 doch nicht abzuleugnen." 57
Das haben auch Trampedach 149 und v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907) 45 ff., bemerkt, allerdings ohne ihren Interpolationsverdacht in Frage zu stellen. 58 Aus dieser Abzugsmöglichkeit schließt v. Koschembahr-Lyskowski I 98 ff., daß zu dem Fideikommiß offenbar noch Geld gehört haben muß, mit dem der Erbe die Kosten decken konnte, da er sie von dem Haus nicht abziehen kann. Gehörte zum Fideikommiß kein Geld, soll der Erbe das ganze Haus kondizieren können, um von seinem Retentionsrecht wieder Gebrauch machen zu können. Deducere wird jedoch stereotyp zur Bezeichnung der Abzugsmöglichkeit gebraucht und läßt keine Rückschlüsse auf die Art und Weise der Durchführung zu. Wie der Abzug vorgenommen wurde, ergibt sich aus D 30.58 mit D 30.60, s.o. 1. 59
Zum Fideikommiß als obligatio vgl. Betti 55; Käser, RPr I 759 f.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
er mehr übertrug, als dem Begünstigten eigentlich zustand. Zwar hatte dieser einen Anspruch auf Herausgabe des Hauses in seinem jetzigen Zustand und hat deshalb nicht in corpore zuviel erhalten; wohl aber hätte er den Wert der Impensen ausgleichen müssen.60 Der entscheidende Unterschied dieser Fälle zu unserem Haupttext, D 12.6.33, liegt auf der Hand: der Erbe war während der Errichtung des Gebäudes Eigentümer des Grundstücks und wurde damit auch zunächst Eigentümer des Hauses. Das Hausgrundstück mußte er zwar übereignen, allerdings nicht in dem verbesserten Zustand, in den er es selbst gebracht hatte. Mit der Übereignung des wiedererichteten Hauses hat er daher gleichsam mehr geleistet als er mußte, weshalb er das quasi plus debitum, den Wert seiner Aufwendungen im Zeitpunkt der Klage, kondizieren kann. Der Bauführer auf fremdem Grund dagegen haftet mit der rei vindicatio vom Zeitpunkt der Errichtung an auf Herausgabe von Grundstück und Haus, das von Anfang an dem Grundstückseigentümer gehörte. Eine eigene Nutzungsbefugnis bis zu einem Stichtag hat der Bauführer nicht, einen dem dies cedens vergleichbaren Zeitpunkt gibt es nicht, so dass ein quasi plus debitum solvere wie beim Fideikommiß ausgeschlossen ist. Die Entscheidung in D 30.60 ist deshalb mit der Versagung der condictio in D 12.6.3361 durchaus vereinbar und gleiches gilt für D 12.6.40.1. Kondizierbar sind Impensen nur dann, wenn sie dem Bereicherten im Rahmen der Erfüllung einer Verbindlichkeit gleichsam als Übererfüllung zugeflossen sind. 62 3. Wenden wir uns der dritten Stelle zur condictio impensarum zu, die die Dotalimpensen behandelt:
60
Diese nur wertmäßige aber nicht gegenständliche Zuvielleistung wird durch quasi = ,wie wenn4 ausgedrückt. Anders Schwarz 200 f., der ,weil' übersetzt und eine Interpolation annimmt, denn ,quasi = weil4 sei in der Sprache der Klassiker immer verdächtig. Daß bei einem Fideikommiß anders als bei einem Damanationslegat eine Überzahlung kondiziert werden konnte, war anerkannt, vgl. Gai II, 283: Item quisque ex fideicommisso plus debito per errorem solvent, repetere potest; at id quod ex causa falsa per damnationem legati plus debito solutum sit, repeti non potest. 61
Aus der palingenetischen Abfolge erklärt sich auch, warum Julian in D 12.6.33 die indebiti solutio nochmals aufgreift, ebenso Trampedach 105. Während die Fälle des quasi plus debito solvere sich im weiteren Sinne als indebitum begreifen lassen, ist dies bei der Bauführung aus fremdem Grund nicht der Fall. Dort erfolgt die Bereicherung durch originären Eigentumserwerb, so daß sich auch die condictio nicht als Leistungskondiktion erklären läßt. Anders v. Koschembahr-Lyskowski I 95, Pflüger, SZ 18(1897) 86 f.: D 12.6.33 handle von einer „condictio wegen eines indebitum". 62
v. Koschembahr-Lyskowski 1101, II 243 f. Ähnlich auch Pflüger, Pro Roscio 35, der die Verwendung von quasi allerdings damit begründet, daß das Grundstück kondiziert wird, um den Impensenersatz mittelbar zu erzwingen. Eine condictio incerti lehnt er ab.
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D 25.1.5.2 Ulp 36 ad Sab Si dos tota soluta sit non habita ratione inpensarum, videndum est, an condici possit id, quod pro impensis necessariis compensari solet. et Marcellus admittit condictioni esse locum: sed et si plerique negent, tarnen propter aequitatem Marcelli sententia admittenda est. Der Ehemann kann nach beendeter Ehe die dos solange zurückhalten, bis ihm jedenfalls die notwendigen Verwendungen auf die Dotalsachen ersetzt worden sind. Macht er von diesem Retentionsrecht keinen Gebrauch, stellt sich die Frage, ob er seine Aufwendungen kondizieren kann. Die Frage war nicht unumstritten, wie Ulpian berichtet. Viele (plerique) lehnen die condictio ab, doch Marcell gewährt eine entsprechende Kondiktion und Ulpian schließt sich ihm aus Gründen der aequitas an. Der Kontroversenbericht verwundert, denn bei Julian (D 30.60) und Marcian (D 12.6.40.1) war davon nichts zu erkennen. Wie der Erbe im Fall des Fideikommisses sieht sich auch der Ehemann einem obligatorischen Anspruch ausgesetzt, mit der die Frau die Rückgabe der dos zu einem bestimmten Stichtag fordern kann. Wenn er seine Aufwendungen nicht im Wege der Retention geltend macht, leistet auch er gleichsam mehr als er müßte. Entsprechend den von Julian und Marcian entschiedenen Fällen würde man auch hier ohne weiteres die Gewährung einer condictio incerti erwarten. 63 Die abweichende Meinung der plerique erklärt sich möglicherweise aus der besonderen Funktion der dos. 6* Sie war ein Beitrag zum ehelichen Unterhalt und sollte darüber hinaus die Ehefrau nach beendeter Ehe absichern und ihre Wiederverheiratung erleichtern. Erklärtes Ziel der augusteischen Ehegesetze war die Bekämpfung der Ehelosigkeit, was sogar zu einer Ehepflicht der 2050jährigen Frauen und der 25-60jährigen Männer führte. Wurde eine Ehe geschieden oder starb der Mann, stand der Frau bis zur Wiederverheiratung
63
Die Parallele und die Definition auch dieser Klage als condictio incerti (indebiti) findet sich bereits bei Czylharz, Das römische Dotalrecht (1870) 290. Anders GonzálezPalenzuela Gallengo, Las impensas en el Derecho Romano clásico (1997) 184, die aus der vollständigen Zahlung der dos schließt, es läge kein ,plus' vor. Auch das fideikommissarisch geschuldete Haus ist aber gegenständlich als ganzes geschuldet, s. o. 2. 64
,La pecularidad del instituto dotal4 wird auch von González-Palenzuela Gallengo, Las impensas en el Derecho Romano clásico (1997) 184 angeführt, weshalb mit Ausnahme von Marcell die condictio erst justinianisch sein soll. - Einen anderen Ansatz verfolgt Lévy 172: Die Dotalgegenstände seien mit der Scheidung automatisch Eigentum der Frau (so auch Söllner, Zur Vorgeschichte und Funktion der actio rei uxoriae (1969) 46 ff., 65 ff.; ablehnend Käser, RPr I 334), weshalb die plerique die Kondiktion aus dem gleichen Grunde wie in D 12.6.33 versagt hätten. Ulpian gewähre den Aufwendungsersatz billigkeitshalber.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
lediglich eine Zwischenfrist zu. 65 Der Wiederverheiratung ist es aber nicht förderlich, wenn die Frau noch mit Rückforderungsprozessen überzogen werden kann, nachdem ihr die Mitgift erstattet worden war. W i l l sie ihre dos in die neue Ehe einbringen, wäre diese in ihrem Bestand ungesichert und in der Folge wohl auch die Wiederverheiratung erschwert. 66 Aus diesem Grunde mögen einige Juristen gezögert haben, eine Klage auf Impensenersatz bei Dotalgegenständen zuzulassen.67 Ulpian und Marcell dagegen gewähren eine condictio gegen die Frau, allerdings nicht ohne weiteres. Die Frage scheint schon zu Marcells Zeiten umstritten gewesen zu sein und Ulpian macht deutlich, daß die condictio nur ausnahmsweise propter aequitatem zusteht. Im Falle notwendiger Verwendungen wäre ihre Versagung nämlich eine besondere Härte, denn diese Aufwendungen verringern die dos automatisch: impensae necessariae dotem ipso iure minuunt. 68 Das plus debito solvere liegt hier auf der Hand, weshalb beide Juristen die condictio incerti dennoch zulassen. IV. Wir halten also fest: Nur wenn der Verwender zum Zeitpunkt seiner Aufwendung eine eigene Nutzungsberechtigung an dem verbesserten Gegenstand hatte, den er später herauszugeben verpflichtet war, gewähren ihm die Juristen eine condictio incerti und auch das nicht immer ohne Zögern. 69 Im Recht der 65
Vgl. nur Käser, RPr I 319 f. m. w. N.
66
Dem entspricht das öffentliche Interesse am Erhalt der dos, vgl. D 23.3.2 Paul 60 ad ed: Rei publicae interest mulieres dotes salvas habere, propter quas nubere possunt. Ähnlich auch D 24.3.1 Pomp 15 ad Sab. Hierzu Söllner, Zur Vorgeschichte und Funktion der actio rei uxoriae (1969) 113. 67
v. Koschembahr-Lyskowski II 246 erklärt das Zögern der Juristen damit, daß der Ehemann nur eine Art treuhänderischer Berechtigung an der dos habe, auch wenn er de iure ihr Eigentümer ist. 68
Vgl. D 25.1.5pr Ulp 36 ad Sab; D 33.4.1.4 Ulp 19 ad Sab. Sie verringern den Wertbetrag der dos, ohne die Zugehörigkeit der Dotalgegenstände zur Mitgift zu ändern. Diese Differenz zwischen der dos als solcher und der Summe ihrer Gegenstände wird, wie auch unser Text bestätigt, regelmäßig im Retentionswege geltend gemacht, Käser, RPr I 339 f. Allenfalls bei einer in Geld bestehenden Mitgift hätte sich die Minderung sofort an der Geldsumme vollziehen können, weshalb es hier nicht um eine solche dos gehen kann, vgl. schon Czylharz, Das römische Dotalrecht (1870) 289. 69
Diese uneinheitliche Regelung des Aufwendungsersatzes setzt auch D 12.6.51 Pomp 6 ad Qu Muc voraus, wenn es dort heißt: Ex quibus causis retentionem quidem habemus, petitionem autem non habemus, ea si solverimus, repetere non possumus. Pomponius' Ablehnung der condictio bezieht sich keineswegs auf sämtliche Fälle, so daß ein Widerspruch zu D 30.60 nicht besteht. Eine Klassikerkontroverse zwischen Pomponius und Julian läßt sich mit dem Text nicht begründen, so aber Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998) 418 f.
§3 D 12.6.33 Iul 39 dig
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Fideikommisse scheint die Klage anerkannt gewesen zu sein und wird stereotyp damit begründet, es handele sich um ein quasi plus debito solvere/dare. Schon bei den Dotalimpensen war sie dagegen umstritten. 70 Diese Rechtslage bildet den Hintergrund zu Julians Entscheidung in unserem Haupttext D 12.6.33 und seiner Bindung der condictio an ein negotium contrahere. Nur wenn wenigstens ein aliquid negotii vorlag, wenn die Impensen im Rahmen einer schuldrechtlichen Verpflichtung gleichsam zu einer Übererfüllung fuhren, konnte der Verwender kondizieren. 71 In die bloße Wiedererlangung des eigenen Hauses aber kann - mag sie auch einverständlich erfolgt sein - keine Vereinbarung hineingelesen werden, deren Übererfüllung die condictio auslösen könnte. Wer lediglich seine eigene Sache zu besitzen anfangt, dem wird nicht erfüllt. Treffen daher Impensenersatz und Vindikationsklage zusammen, können die Aufwendungen nur im Retentionswege geltend gemacht werden. 72 Dem Scheinerben und Bauführer auf fremdem Grund verweigert Julian deshalb die Kondiktion. Für den Bauführer wird diese Entscheidimg bei Paulus bestätigt. Auch er verweist ihn auf sein Zurückbehaltungsrecht, das mit Hilfe der exceptio doli geltend gemacht wird: 7 3
70 Nicht hierher gehört D 24.1.19.1 Ulp 32 ad Sab, so aber Pflüger, Pro Roscio 38 f., Festgabe P. Krüger 48; Misera, Der Bereicherungsgedanke bei der Schenkung unter Ehegatten (1974) 226 A. 63. Die dort gewährte condictio ist nicht auf Impensenersatz gerichtet, weil die mit dem Geld des Mannes erworbene Ancilla nicht zur dos gehört. Zu diesem Text Wache, Actio rerum amotarum (1963) 16 ff. 71
Warum nur in diesen Fällen kondiziert werden kann, wissen wir nicht, v. Koschembahr-Lyskowski I 96, 101 f. begründet den Ausschluß der Impensenkondiktion gegenüber dem Vindikationsberechtigten damit, daß dieser wissen soll, wieviel er aufopfern muß, um seine Sache zurückzuerlangen. Wo der Ersatzverpflichtete nur ein obligatorisches und kein dingliches Recht auf seiner Seite habe, stünden sich dagegen „gewissermaßen zwei Forderungen gegenüber, welche teilweise kompensiert werden können." 72
Ebenso v. Koschembahr-Lyskowski I 101, II 243; Betti 57. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998) 416 f. A. 47. In dem in A. 69 bereits erwähnten Pomponiustext D 12.6.51 Pomp 6 ad Qu Muc (Ex quibus causis retentionem quidem habemus, petitionem autem non habemus, ea si solverimus, repetere non possumus) ist dies entgegen v. Koschembahr-Lyskowski I 94 allerdings nicht ausgesprochen, da der Text nur die Position des Verwenders behandelt und die Nichtexistenz der Klagemöglichkeit bereits voraussetzt, vgl. Betti 57 A. 4. 73
Ebenso, aber komplizierter ausgedrückt D 6.1.48 Pap 2 resp: Sumptus in praedium, quod alienum esse apparuit, a bonafide possessore facti neque ab eo qui praedium donavit neque a domino peti possunt, verum exceptione doli posita per officium iudicis aequitatis ratione servantur, scilicet si fructuum ante litem contestatam perceptorum summam excedant: etenim admissa compensatione superfluum sumptum meliore
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
D 44.4.14 Paul 3 resp Paulus respondit eum, qui in alieno solo aedificium extruxerit, non alias sumptus consequi posse, quam possideat et ab eo dominus soli rem vindicet, scilicet opposita doli mali exceptione. V. Für die Frage der Voraussetzungen der condictio im allgemeinen läßt sich D 12.6.33 daher nicht fruchtbar machen und schon gar nicht läßt sich mit dem Fragment die These stützen, das römische Recht habe nur Leistungskondiktionen gekannt. Das ist schon deshalb nicht möglich, weil das Fragment die condictio incerti betrifft, die sicher jünger ist als die condictio certae rei bzw. certae pecuniae. Es ist methodisch zumindest fragwürdig, aus der Versagung dieser Klage Rückschlüsse auf die Voraussetzungen der viel älteren, auf dare oportere gerichteten condictio certae rei zu ziehen. 74 Gewichtiger ist indessen, daß Julian die condictio (incerti) nicht aus allgemeinen bereicherungsrechtlichen Erwägungen heraus versagt. Negotium contrahere hat keine spezifische kondiktionsrechtliche Bedeutung; es heißt nicht »leisten4 sondern ,einen Vertrag abschließen, eine Vereinbarung treffen*. Wenn Julian dem Bauführer keine condictio gewährt, weil es an aliquid negotii fehlt, so bezieht er sich damit auf die besonderen Regeln des Impensenersatzes: eine condictio impensarum kommt nur in Betracht, wo zwischen den Parteien eine schuldrechtliche Verpflichtung auf Übereignung eines bestimmten Gegenstandes bestand, dessen Wert der Schuldner zuvor durch die Aufwendungen gemehrt hatte, so dass er mit der Übereignung dieses Gegenstandes seine Schuld gleichsam übererfüllte; an einer solchen Situation aber fehlt es bei der Bauführung auf fremdem Grund.
§ 4 Negotium contractum als Kondiktionsvoraussetzung? D 12.1.32 Cels 5 dig Von negotium contrahere im Zusammenhang mit der condictio ist nicht nur in D 12.6.33 die Rede, sondern auch in dem oft besprochenen Fragment D 12.1.32. Celsus zögert hier, eine condictio zu gewähren, weil ein negotium nicht zustandegekommen sei, und begründet seine ausgewogene Lösung mit
praedio facto dominus restituere cogitur. Zu diesem Mechanismus Bürge 25 ff. Die exceptio war nur bei der Vindikation nötig, denn bei der Herausgabe des fideikommissarisch hinterlassenen Hauses wurden die Aufwendungen im Rahmen der extraordinaria cognitio berücksichtigt, bei der Herausgabe der Dotalsachen gestattete das bonae ßdei iudicium der actio rei uxoriae die Anrechnung. 74
Ähnlich Liebs, History of the condictio (1986) 172.
§ 4 D 12.1.32Cels5 dig
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einer auf bonum et aequum gestützten Wertentscheidung. Für die romanistische Wissenschaft belegt darum auch dieser Text, daß die außervertragliche condictio abgesehen vom Fall des Diebstahls grundsätzlich eine Leistung erforderte. Dies sei mit negotium contrahere gemeint und Celsus verzichte wegen der Besonderheiten des Falles nur ausnahmsweise darauf. Doch auch in D 12.1.32 bezeichnet negotium contrahere keine allgemeine Kondiktionsvoraussetzung. Celsus gewährt zwar eine condictio ohne datio oder eine sonstige Leistungsbeziehung, doch hegt für den Juristen nicht darin die Schwierigkeit des Falles. D l 2.1.32 Cels 5 (?) dig 75 Si et me et Titium mutuam pecuniam rogaveris et ego meum debitorem tibi promittere iusserim, tu stipulatus sis, cum putares eum Titii debitorem esse, an mihi obligaris? subsisto, si quidem nullum negotium mecum contraxisti: sed propius est ut obligari te existimem, non quia pecuniam tibi credidi (hoc enim nisi inter consentientes fieri non potest): sed quia pecunia mea [quae]76 ad te pervenit, eam mihi a te reddi bonum et aequum est.77
75
Das 5. Buch der celsinischen Digesten behandelt nach Lenel die Ediktsrubriken Si servitus vindicetur, Familiae erciscundae, De interrogationibus in iure faciendis, A exhibendum und De religiosis et sumptibus funerum. D 12.1.32 ist hier nur schwer einzuordnen, weshalb Lenel einen Schreibfehler vermutet und das Fragment in Buch 6 unter Si certum petetur stellt, Paling. I 134 Nr. 42 m. A. 2. Dagegen Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 83 A. 357 und Krampe, Mel. Fritz Sturm I (1999) 273 f., der jedoch betont, daß die Stelle sachlich zu den im 6. Buch behandelten Kondiktionsthemen gehört, und vermutet, daß Celsus diese Diskussion bereits im 5. Buch begonnen habe. 76
Quae fehlt in F 2S. Nach Schulz, Einführung in das Studium der Digesten (1916) 12, ist F 2 überlegen, auch wenn eine byzantinische Konjektur nicht auszuschließen ist. Jakobs, SZ 91 (1974) 218 erklärt den letzten Satz als sprachlich nicht gelungene Kürzung oder Verwischung eines Zeilenausfalls. Die Begründung ist allerdings alles andere als unvollständig, sondern betont die tragenden Erwägungen durch ihren parallelen Aufbau. S. dazu unten III 2. 77
Lit.: v. Salpius, Novation und Delegation (1864) 110; Pflüger, Pro Roscio (1904) 96 ff.; ders. Eigentumserwerb (1937) 114 f.; Pringsheim, SZ 52 (1932) 151; Beseler, SZ 47 (1927) 364; Rabel, Scr. Ferrini IV (1949) 218 f. Donatuti, Causae (1951) 136 ff.; Endemann, Der Begriff der delegatio im klassischen römischen Recht (1959) 29 f., 53 ff.; v. Lübtow, Condictio (1952) 38 f.; ders., Die Entwicklung des Darlehnsbegriffs im römischen und im geltenden Recht (1965) 47 ff.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952) 12 f., 245 ff., 304 f.; D'Ors, SDHI 19 (1953) 146 f.; Ziletti, La dottrina deirerrore nella storia di diritto romano (1961) 97 ff.; Watson, SDHI 29 (1963) 285 ff.; Raber, TR 33 (1965) 63 ff.; Wolf, Causa stipulationis (1970) 88 f. A. 27; Santoro, Studi (1971) 96 ff.; Sacconi, Ricerche sulla delegazione in diritto romano (1971) 74 f.; D 'Ors, Iura 25 (1974) 21 ff.; Jakobs, SZ 91 (1974) 216 ff.; Hausmaninger, ANRW II 15 (1976)
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
Tu bittet sowohl Ego als auch Titius um ein Darlehn. Ego weist daraufhin seinen Schuldner an, Tu zu promittieren, doch Tu hält den Promittenten für einen Schuldner des Titius. Celsus erörtert, ob Tu Ego verpflichtet ist. Er zögert zunächst, weil Tu kein negotium mit Ego abgeschlossen habe, hält es dann aber doch für angemessener, Tu haften zu lassen. Zwar fehle es an einer Kreditierung, da dies eine Übereinstimmung zwischen den Parteien voraussetze. Aber Egos Geld sei an Tu gelangt und es sei billig und gerecht, daß Ego es von Tu zurückerhalte. I. Die condictio Iuventiana 78 ist in der Literatur oft besprochen worden und zuletzt sind Harke und Saccoccio ausführlich auf sie eingegangen. An ihrer Klassizität bestehen heute keine Zweifel mehr. 79 Uneins ist die Romanistik dagegen schon über den Sachverhalt, ganz abgesehen von der Einordnung der Entscheidung des Juristen. 1. Den Irrtum des Tu über die Person des Anweisenden konnte man sich lange nur so erklären, daß die Stipulation den Namen des seinen Schuldner anweisenden Gläubigers Ego nicht genannt hat und also abstrakt, nämlich ohne Bezug auf das Deckungsverhältnis, gewesen sein muß. 80 Wie J. G. Wolf betont, ist diese Deutung jedoch alles andere als wahrscheinlich, denn der Name des
402 f.; Cerami, SDHI 44 (1978) 168 ff. und APal 38 (1985) 204 f.; Scarano Ussani, Valore e storia (1979) 278 f.; Käser, Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode (1986) 278 ff. (Neufassung des Aufsatzes in Labeo 26 (1980) 24 ff); Hallebeek, RIDA 32 (1985) 247 ff; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990) 68; Harke, Argumenta Iuventiana (1999) 137 ff; Krampe, Mel. Fritz Sturm I (1999) 273 ff; Fuenteseca, El problema de la relaciön entre novatio y delegatio desde Roma hasta las codificaciones europeas (2000) 105; Lopez-Barajas Mira, Labeo 46 (2000) 191 ff; Saccoccio, Si certum petetur (2002) 431 ff; Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 83 ff Aus der älteren Literatur Glück, Ausführliche Erläuterungen der Pandekten XII, 1 (1809) 24 f.; Richelmann, Der Einfluß des Irrthums auf Verträge (1837) 28 ff; Hembach, Die Lehre von dem creditum nach den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten (1849) 153 f.; Zitelmann, Irrtum und Rechtsgeschäft (1879) 559; Huschke, Die Lehre des römischen Rechts vom Darlehn (1882) 51 ff 78 Dem Ursprung dieser Bezeichnung ist Hallebeek 248 nachgegangen: 1774 wird sie für eine Relation in Marburg von J.L. Conradi verwendet, deren genauer Titel lautet: De Juventiana condictione, quae est in L. 32. D. de rebus creditis, vgl. Glück 26 A. 70. Richelmann 28 und Zitelmann 559 bezeichnen das Fragment auch als lex aurea. 79
Zur früher verbreiteten Textkritik statt aller Pringsheim 151; Pflüger, Eigentumserwerb 115 und zusammenfassend Santoro 104 ff 80 So Röbel 218; Schwarz 246; Endemann 29 f.; v. Lübtow, Darlehnsbegriff 48; Watson 285 f.
§4 D 12.1.32 Cels5 dig
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Anweisenden dürfte dann überhaupt nicht gefallen sein. 81 Tu wird daher einfach „die Namen derer, die er um ein Darlehn angegangen ist, verwechselt" haben.82 2. Daneben wird aus der Wendung quia pecunia mea ad te pervenit häufig geschlossen, daß der Schuldner des Ego die Summe Tu nicht nur versprochen sondern auch gezahlt habe.83 Der Sachverhalt berichtet allerdings nichts von einer Zahlung, sondern spricht nur vom Abschluß der Stipulation. Pecunia mea läßt sich außerdem ohne weiteres auf den Geldwert beziehen und meint dann ,mir zustehendes Geld 4 . 8 4 Daß dieses Verständnis auch hier zugrundezulegen ist, ergibt sich aus dem von den Parteien beabsichtigten Geschäft. Intendiert war ein Anweisungsdarlehn zwischen Ego als Darlehnsgeber und Tu als Darlehnsnehmer, vermittelt durch den Schuldner des Tu. Ein solches Anweisungsdarlehn mittels delegatio solvendi ist uns mehrfach bezeugt,85 zur Begründung einer Darlehnsforderung zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger reichte aber auch eine Verpflichtungsanweisung aus. 86 Wie Harke gezeigt hat, fungiert der Angewiesene bei der Darlehnsabrede als Erklärungsbote des Delegaten. Seine anweisungsgemäße Stipulation genügt zugleich der 81
Vgl. Lopez-Barajas Mira 191 f.
82
Wolf 88 A. 27. - Nicht mit dem Text vereinbar ist der Sachverhalt, wie ihn sich Käser 279 m. A. 82 vorstellt: Tu lasse sich statt vom Schuldner des Ego vom Schuldner des Titius versprechen, weil er den Namen des Titius mit dem des Ego verwechsele; bezahlt werde die Darlehnssumme dagegen vom Schuldner des Ego. Der Text spricht indessen eindeutig von einer Stipulation des debitor meus, vgl. auch Horak, SZ 118 (2001)428 m. A.21. 83
Von einer Zahlung auf die Stipulation gehen u. a. aus: Santoro 98, 116 ff; D Vrs 21 f.; Cerami, SDHI44 (1978) 169 u. APal 38 (1985) 204; Scarrano Ussani 206; Käser 278 f.; D 'Ors 21 f.; Fuenteseca 105 und Hallebeek 249 f., der sich auf die Basiliken und Accursius (Gl. zu stipulatus sis: et tandem habuisti) stützt. Peters in Behrends/ Knütel/Kupisch/Seiler, Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung III (1999) fugt in seine Übersetzung „[nach Auszahlung des Geldes]" ein, von einer Zahlung geht auch Saccoccio 443 aus. In der älteren Lit. auch schon Heimbach 153; Zitelmann 559; Glück 25. Auch Kabel 219 hält eine Zahlung auf die Stipulation für wahrscheinlich, will dem Ego zuvor aber eine actio in factum zugestehen. 84 So Flume 68; Jakobs 218; Krampe 275, Harke 143, Hähnchen 86; ebenso Watson 286. Schon Accursius schreibt in der Glosse zu pecunia mea ,mihi debita'. Vgl. auch D 50.16.213.1 Ulp 1 reg: ,Aes alienum' est, quod nos aliis debemus: ,aes suum' est, quod alii nobis debent. 85
Es handelt sich um ius singulare, vgl. D 12.1.15 Ulp 31 ad ed, D 17.1.34pr Afr 8 quaest. 86
Gröschler, Die tabellae-Urkunden aus den pompejanischen und herkulanensischen Urkundenfunden (1997) 331 f.; Hähnchen 86. Anders Santoro 113 ff. und insbes. 305 ff.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
für das mutuum erforderlichen Zuwendung der Darlehnsvaluta, wie D 39.5.21.1 Cels 28 dig verdeutlicht 87 : Sed si debitorem meum tibi donationis immodicae causa promittere iussi, an summoveris donationis exceptione necne, tractabitur. et meus quidem debitor exceptione te agentem repellere non potest, quia perinde sum, quasi exactam a debitore meo summam tibi donaverim et tu illam ei credideris. ,.. 88 Uns interessiert der zweite Satz des Fragments. Allgemein und losgelöst von dem konkreten Sachverhalt illustriert Celsus Funktion und Wirkungsweise der delegatio promittendi: mit dem Versprechen des Schuldners gegenüber dem Anweisungsempfanger ist die Situation so anzusehen, als habe zunächst der Schuldner seine Schuld dem Anweisenden gegenüber beglichen, darauf der Anweisende an den Anweisungsempfanger gezahlt und dieser wiederum dem Schuldner dargeliehen. Am Ende dieser Kette fingierter Zahlungen steht dem Anweisungsempfanger gegen den Schuldner eine klagbare Forderung zu, die der anweisungsgemäßen Stipulation bei der delegatio promittendi entspricht. Anders als bei der delegatio solvendi erfolgt bei der Verpflichtungsanweisung keine tatsächliche Zahlung sondern der Geldbetrag, auf den sich die Anweisung bezieht, befindet sich weiterhin bei dem angewiesenen Schuldner. Das Modell des Celsus trägt dem Rechnung, indem es im Zuwendungsverhältnis eine Kreditgewährung des Anweisungsempfangers an den Schuldner unterstellt. 89 Damit ist der Kreis geschlossen und es ergibt sich zugleich, daß Valuta- und Deckungsverhältnis von der Erfüllung der Stipulation im Zuwendungsverhältnis unabhängig sind. Bereits mit Abschluß der Stipulation gelten die Leistungen im Valuta- und Deckungsverhältnis als bewirkt. Die Zahlung auf die Stipulation, im Modell also die Rückzahlung der Darlehnsvaluta, betrifft allein den angewiesenen Schuldner und den Anweisungsempfanger und hat keine Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen zu dem Anweisenden. Dieses Modell läßt sich dem Sachverhalt unseres Haupttextes D 12.1.32 ohne weiteres unterlegen, so daß eine Zahlung des Schuldners an Tu, von der der Text nicht spricht, auch nicht unterstellt werden muß 9 0 Im Sinne des Anweisungsrechts ist pecunia mea im Valutaverhältnis bereits dann an Tu gelangt, als 87 Enneccerus, Rechtsgeschäft, Bedingung und Anfangstermin (1889) 134; Sacconi 75; Harke 138. 88
Zu diesem Text Harke 89 f.
89
Das übersieht v. Lübtow 51, wenn er die dritte vorgestellte Zahlung streicht. Saccoccio 442 f. hält das Modell für eine Übertragung für zu komplex. 90
Den Abschluß der Stipulation lassen ausreichen v. Salpius 110; Huschke 51; Pflüger, Pro Roscio 98; v. Lübtow, Darlehnsbegriff 48 f. und Condictio 39; Schwarz 247; Endemann 30; Sacconi 75 A. 58; Harke 138 m. w. N., Hähnchen 86.
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die Stipulation abgeschlossen wurde. 91 Eventuelle Mängel im Deckungs- oder Valutaverhältnis können wie bei der delegatio solvendi allenfalls zu einer Rückabwicklung innerhalb des gestörten Verhältnisses fuhren. Da die Zahlung als zwischen den Parteien des jeweiligen Verhältnisses erfolgt gilt, kann eine fehlerhafte oder fehlende causa auch nur in diesem Verhältnis geltend gemacht werden. 92 Die anweisungsgemäße Stipulation zwischen dem Schuldner und dem Anweisungsempfanger bleibt von solchen Mängeln unberührt. In D 12.1.32 bestehen deshalb an der Wirksamkeit der abgeschlossenen Stipulation keine Zweifel, auch wenn Celsus dies nicht ausdrücklich mitteilt. 93 Mit ihrem Abschluß ist der angewiesene Schuldner von seiner Schuld gegenüber Ego freigeworden, 94 weshalb sich die Haftungsfrage auf die Parteien des Valutaverhältnisses Tu und Ego beschränkt: an mihi obligaris 95
91 Sacconi 75. Die Stelle kann auch nicht als Beleg für die sog. Durchgangstheorie herangezogen werden, so aber Rabel 219; v. Lübtow, Darlehnsbegriff 50; Santoro 118 ff.; D'Ors 21 ff. und Käser 279. Da die Verpflichtung des Debitors dem Anweisungsempfanger gegenüber ausreicht und er wie ein Darlehnsnehmer steht, gibt es keine individualisierbare Geldmenge, auf die sich der Durchgangserwerb beziehen könnte. Zudem läßt sich mit der Durchgangstheorie nicht erklären, wie das Geld in unserer Stelle - wenn es denn gezahlt wurde - Eigentum des Tu werden konnte, denn bei ihrer Anwendung müßte wegen des Dissenses im Valutaverhältnis Ego Eigentümer des Geldes geworden sein, vgl. Harke 140. Santoro geht deshalb auch von einer condictio gegen den Nichteigentümer aus, 121 ff. Gegen die Durchgangstheorie auch Jakobs 218 f., Flume 68, Kupisch, zuletzt in Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik (1999) 437 ff. Zu pecunia pervenit allgemein Harke 87 f. 92
Der Irrtum des Tu im Valutaverhältnis muß deshalb keine Zweifel an einer „verdadera delegatio" aufkommen lassen. So aber D *Ors 21. 93
Vgl. Harke 139.
94
Diese Befreiung hat man sich im Anschluß an Wolf 88 f. A. 27 so vorzustellen: Nahm die Stipulation auf die Schuld dem Deleganten Ego gegenüber Bezug, dann erlosch sie durch Novation. War die Stipulation abstrakt (was zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen ist, s. o. I. 1.), dann war der Schuldner entweder durch eine exceptio geschützt, wenn es sich um eine Verbindlichkeit stricti iuris handelte, oder es fand seine anweisungsgemäße Verpflichtung gegenüber dem Delegatar im Rahmen des bonae fidei iudicium Berücksichtigung. Ebenso Harke 139; Schwarz 246 f. Anders Watson 286, der bei der delegatio von einer ipso iure Befreiung ausgeht, ebenso Endemann 30, 35. Weil hier aber auch eine Befreiung ope exceptionis in Betracht komme, leugnet Watson, daß D 12.1.32 überhaupt von einer delegatio handelt. 95
Diesen Mechanismus übersieht Raber 64, der meint, Celsus untersuche, w e m Tu verpflichtet werde. Ähnlich auch Hähnchen 83: „Das rechtliche Problem ist, mit welcher Klage bzw. aus welchem Klagegrund und von wem der Leistende Ego ,sein Geld* erlangen kann".
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
II. Die Schwierigkeiten des Textes liegen nicht in der Art und Weise, wie die Darlehnsvaluta ausgekehrt werden sollte, sondern allein in dem Irrtum des Tu über die Person des Anweisenden.96 Hätte Tu sich nicht über die Person des Anweisenden geirrt, wäre zweifellos entsprechend dem von Celsus entwickelten Modell ein Anweisungsdarlehn zustandegekommen und Tu würde dem Ego mit einer condictio auf die Darlehnssumme haften. So aber hat Celsus zunächst Zweifel, ob Tu verpflichtet ist, denn der Irrtum auf Seiten des Tu führte zum Dissens über die Person des Vertragspartners des geplanten mutuum. 97 Ego dachte, mit Tu zu kontrahieren, und Tu dachte, sein Darlehnsgeber sei Titius. Die Klage, um die es geht, kann nur die condictio sein, bei der eben zu untersuchen ist, wie sich der Dissens auswirkt. 98 Die Problematik ergibt sich aus dem von den Parteien gewählten Weg der Auskehrung des Darlehns. Statt der direkten Auszahlung der Darlehnsvaluta wurde dem Darlehnsnehmer eine entsprechende Summe angewiesen. Die delegatio des Schuldners sollte an die Stelle einer datio von Ego an Tu treten und wäre ein vollwertiger Ersatz für die eigentlich notwendige traditio ex causa credendi der Darlehnsvaluta gewesen.99 Hier ist der Schuldner zwar angewiesen worden und diese Anweisung hat auch dazu geführt, daß Tu Gläubiger der Stipulation geworden ist. Sein Irrtum über die Person des Anweisenden bewirkt aber, daß er den Ego nicht als Anweisenden erkennt. Unter diesen Umständen kann die Delegation die Qualität eines 96
Das betont schon v. Salpius 110. Anders Ziletti 99 f., nach dem Celsus nur untersucht, ob durch Verpflichtungsanweisung überhaupt ein mutuum begründet werden kann und schließlich eine Verpflichtung aus Darlehn bejaht. An der Frage des Irrtums seien nur die Kompilatoren interessiert gewesen, 103. Dagegen schon Santoro 112 f. 97
Cerami, APal 38 (1985) 204 sieht schon in dem Irrtum die ratio dubitandi, doch steht mit der Feststellung des Irrtums allein noch nicht fest, warum die Verpflichtung des Tu zweifelhaft sein könnte. 98
Celsus nennt die Klage nicht ausdrücklich, aber die spätere Abgrenzung zum Darlehn erklärt sich nur dann, wenn es sich um eine condictio handelt, die eben auch aus anderen Gründen gewährt werden kann, vgl. Harke 139. Anders Hallebeek 252 ff., 254, der von einer actio in id quodpervenit ausgeht. Ebenso v. Lübtow, Condictio 39. 99 S. o. I. 2. Zwischen der delegatio solvendi und der delegatio obligandi besteht kein funktioneller Unterschied, denn auch bei einer delegatio solvendi tritt die delegatio als solche an die Stelle der datio. Harke 84 ff., insbes. 87 ff., 91, hat nachgeweisen, daß jedenfalls Celsus und Ulpian die Leistung im Valutaverhältnis auch bei der Zahlungsanweisung nicht mit der Figur eines sachenrechtlichen Durchgangserwerbs erklären. Der sachenrechtliche Eigentumsübergang bleibt auf das Zuwendungsverhältnis beschränkt, in den Kausalverhältnissen werden lediglich die R e c h t s f o l g e n von dationes ausgelöst, vgl. auch Kupisch in Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik (1999) 437 ff., 440 ff. Dann aber kann die Zahlung auch durch ein Zahlungsversprechen ersetzt werden mit der Folge, daß solvit qui reum delegat auch für die Verpflichtungsanweisung gilt.
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Dationssurrogats nicht erreichen. 100 Sie führt nur dazu, daß Tu die für den Realkontrakt mutuum notwendige ,Sache4, das Geld, zugeflossen ist. Sie bewirkt aber kein wirksames Geschäft oder wie Celsus sagt, kein negotium contractum. III. Celsus entscheidet dennoch für eine Verpflichtung des Tu, aber nicht weil er sich über eine fehlende Kondiktionsvoraussetzung hinwegsetzt oder von einer ,zusammengesetzten datio i}0 ] ausgeht. Mit dem negotium contractum meint er ebensowenig wie Julian eine allgemeine Kondiktionsvoraussetzung im Sinne einer Leistung; 102 vielmehr ist hier, wie sonst auch, 103 der schuldrechtliche Vertrag gemeint, das Darlehn. 104 Zwischen dem Darlehn und der datio zu differenzieren, ist in der Sachverhaltskonstellation von D 12.1.32 nicht möglich, denn sowohl die Darlehnsabrede als auch die im Valutaverhältnis anzunehmende datio der Darlehnsvaluta leiden an demselben Fehler, dem Dissens. Würde Celsus den Dissens über die Person des Anweisenden für ausnahmsweise unbeachtlich halten und den Fall so behandeln, als läge eine wirksame datio vor, 1 0 5 dann müßte er konsequenterweise auch die Darlehnsklage gewähren: denn der Dissens bezog sich ja nur auf die Person des Anweisenden, nicht auf das Geschäft als solches. Diese Möglichkeit aber scheidet aus, denn ein Darlehn kann nicht zustande kommen nisi inter consentientes. Das mutuum als Realkontrakt verlangt wie jeder Vertrag eine Übereinkunft 106 - ebenso wie jede
100
Ähnlich Cerami, APal 38 (1985) 204 f.
101
Heimbach 158. Der Irrtum verhindere nicht die Einordnung der anweisungsgemäßen Stipulation als zusammengesetzte datio - „allein ein Creditum kommt nicht zu Tage." Von einer wirksamen datio geht auch Pflüger, Pro Roscio 98, aus. Dann aber bestünde keine ratio dubitandi und wäre der Fall unproblematisch. 102
So aber zuletzt Harke 139 f.; Krampe IIA.
103 Yg] di e Untersuchung zum Sprachgebrauch in den übrigen Fragmenten mit derselben Wendung, oben § 3 II. 104
Ebenso Richelmann 30 A. 48, Schwarz 13, Raber 64. Als Rechtsgeschäft versteht auch Santoro 110 f. und 117 das negotium. 105
So Harke 143 f. Celsus stelle nur ausnahmsweise geringere Anforderungen, weil sich der ordo rei gestae des Anweisungsrechts doch fast vollständig verwirklicht habe. Die Rechtsfolgen einer Leistung im Valutaverhältnis seien gegeben. 106
Daß jede vertragliche Haftung einen Konsens voraussetzt, auch der Realkontrakt, hat schon Pedius herausgestellt: ...ut eleganter dicat Pedius nullum esse contractum, nullam obligationem, quae non habeat in se conventionem, sive re sive verbis fiat, D 2.14.1.3 Ulp 4 ad ed.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
Übereignung durch traditio - und es genügt nicht, daß dem potentiellen Darlehnsnehmer die Darlehnsvaluta auf irgend eine Weise zufließt. 107 1. Weil aber kausale Übereignung und Abschluß des Vertrages beim Darlehn eine Einheit sind, kann die Alternative zur RückZahlungsverpflichtung aus Darlehn schon konstruktiv keine Leistungskondiktion sein. 108 Tu ist nicht durch das Dationssurrogat Delegation rechtsgeschäftlich bereichert, sondern wegen des Dissenses hat die Verpflichtungsanweisung nur in tatsächlicher Hinsicht eine Vermögensverschiebung bewirkt. Die condictio zum Ausgleich dieser Vermögensverschiebung ist deshalb eine Nichtleistungskondiktion. Celsus stützt sie auf den allgemeinen Gedanken der rechtsgrundlosen Vorenthaltung, 109 wenn er seine Entscheidung damit begründet, daß pecunia mea ad tepervenit. 110 Mit der Stipulation des angewiesenen Schuldners hat der Anweisungsempfänger Tu ,das Geld 4 , ist also die pecunia des Anweisenden an den Anweisungsempfänger
107
Raber 66. Eine Ausnahme, „indem das Darlehn fast die Natur eines Vertrages ablegt und sich einer durch Leistung, res, bedingten obligatio ex lege nähert", kommt nicht in Betracht, so aber Richelmann 29 f. 108
So auch v. Lübtow, Condictio 39, der deshalb eine condictio überhaupt ablehnt und eine actio in id quod pervenit annimmt. Donatuti 137 spricht dem Ego jede Klage ab, ebenso Beseler 364: der Schuldner sei durch die weisungsgemäß eingegangene Stipulation gegenüber Ego frei geworden. Wegen des Dissenses könne er dem Tu allerdings eine exceptio doli entgegenhalten, sollte dieser aus der Stipulation klagen. Mit der actio mandati hafte der Schuldner außerdem Ego auf Herausgabe des aus der Ausführung der weisungsgemäßen Stipulation erlangten, also auf Wiedereinräumung der ursprünglichen Schuld. Doch bei Celsus ist von der Einbeziehung des Schuldners in die Rückabwicklung der gescheiterten Darlehnsgewährung nirgends die Rede. 109
Dieser Gedanke findet seinen allgemeinen Ausdruck in D 12.5.6 Ulpl8 ad Sab: Perpetuo Sabinus probavit veterum existimantium id, quod ex iniusta causa apud aliquem sit, posse condici: in qua sententia etiam Celsus est. Zu D 12.5.6 und seiner allgemeinen Bedeutung ausführlich unten 3. Abschnitt, §§11-13. Wie hier Pernice, Labeo III (1892) 218; Cerami, SDHI 44 (1978) 169 und APal 38 (1985) 205; Scarano Ussani 106 f. m. A. 13. Schon nach Faber, Rationalia Tom. II (1626) 72, ist die condictio diejenige „quae ex iure gentium competit adversus omnes qui non ex iusta causa possident ut scriptum est in D 25.2.25." Im Ergebnis auch Santoro 128 ff., der in der von Celsus gewährten condictio allerdings eine Klage des Eigentümers gegen den Nichteigentümer sieht. 110
Ebenso Krampe 274, Saccoccio 448 f.. Die Ausdrucksweise legt nicht etwa einen Zusammenhang mit dem An Weisungsrecht nahe, wie Harke 143 gestützt auf D 24.1.3.12 Cels bei Ulp 32 ad Sab zu glauben scheint. Pervenire bedeutet nichts anderes, als daß etwas in jemandes Vermögen gelangt ist und wird von den Juristen in einem ganz allgemeinen Sinne verstanden. Als Beispiel diene Ulpians Version des allgemeinen Bereicherungssatzes, D 12.7.1.3 Ulp 43 ad Sab: Constat id demum posse condici alicui, quod vel non ex iusta causa ad eum pervenit vel redit ad non iustam causam.
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gelangt. Dafür fehlt es an einer iusta causa, denn die Darlehnsabrede, die dem Tu einen Behaltensgrund hätte verschaffen können, ist nicht zustande gekommen.111 Ego kann kondizieren. 2. Auch wenn es sich also um eine Nichtleistungskondiktion handelt, weist die Ausdrucksweise nicht darauf hin, daß Celsus „die bestehende Dogmatik zugunsten einer anderen Wertung vernachlässigt." 112 Aus der Einleitung der Antwort mit propius est läßt sich dies jedenfalls nicht folgern. 113 Die Juristen verwenden den Ausdruck, in unterschiedlicher Funktion, häufiger in ihren Entscheidungsbegründungen: 114 er kommt vor bei der typisierenden Auslegung von Verträgen 115 und Testamenten116 oder bei der Subsumtion unter Rechtssätze117, die zum Teil zunächst ausgelegt und interpretiert werden müssen 118 . Allen Fällen gemeinsam aber ist, daß die dargestellte Lösung immer die sachlich richtige ist, 1 1 9 der zwar manchmal eine Streitfrage zugrunde liegt, die häufig aber auch zwingend ist. Die Wendung leitet stets eine entschiedene Stellungnahme des Juristen ein, die nur auf den ersten Blick vorsichtig angedeutet scheint und die sich nie über anerkannte Rechtssätze und Argumentationsmuster hinwegsetzt. Celsus' Wortwahl spricht darum ganz entschieden dafür, daß auch er sich im Rahmen der hergebrachten Dogmatik bewegt und sich nicht über anerkannte Kondiktionsvoraussetzungen hinwegsetzt.
111
Pflüger, Eigentumserwerb 115, nimmt deshalb eine condictio causa data causa non secuta an, ihm folgend D 'Ors 23 und jüngst im Ergebnis Hähnchen 86 A. 376. Dagegen schon Raber 66 ff., Schwarz 247. 112
Harke 140.
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So aber Harke 140. Daß Celsus vorsichtig abwägt, schließt auch Krampe 214 aus der Wendung propius est, ut, ebenso Horak, SZ 118 (2001) 429. 114
Es sind 20 Stellen belegt, von denen sich allein 7 bei Neraz finden, 3 weitere bei Proculus. 115
So D 34.5.13.2 Iul Hb sing de ambig; D 19.1.38.2 Cels 8 dig; D45.1.140pr Paul 3 ad Ner; die Auslegung konkreter Geschäfte betreffen D 17.1.36.2 Iav 7 ex Cass und D 50.16.125 Proc5 epist. 116
D 30.124 Ner 5 membr; D 34.2.21pr Pomp 6 ad Sab; D 36.1.24 Iul 39 dig.
117
D41.3.29 Pomp 22 ad Sab; D43.16.1.35 Ulp 69 ad ed; D43.26.5 Pomp 29 ad
Sab. 118 D 15.3.18 Ner 7 membr; D 19.1.31pr Ner 3 membr; D22.1.25.1 Iul 7 dig; D 23.3.67 Proc 7 epist; D 28.5.55 Ner 1 membr; D 41.1.14.1 Ner 5 membr; D 50.6.6.10 Call 1 decogn. 119 Ebenso Greiner, D 19.1.31pr.
Opera Neratii (1973) 89 f. und 109 zu D 15.3.18 und
1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordeis
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Dem steht auch nicht entgegen, daß für Celsus die Gewährung der Kondiktion bonum et aequum entspricht. Daraus hat man zwar geschlossen, es handele sich um eine Ausnahmeentscheidung, mit der der Jurist aus Billigkeitserwägungen unmittelbar in das ius civile eingreift. 120 Doch mit bonum et aequum spielt Celsus nicht auf die besonderen Umstände des Falles an, sondern verweist auf den materialen Grund der Klage. Die condictio als Bereicherungsklage erklärt sich letztlich aus dem Gerechtigkeitsgedanken, wie man bei Papinian ganz ähnlich lesen kann: Haec condictio ex bono et aequo introducta, quod alterius apud alterum sine causa deprehenditur, revocare consuevit. nx Indem Celsus den materialen Grund der außervertraglichen condictio anführt, erreicht er einen vollkommen parallelen Aufbau seiner Entscheidung. Denn auch bei der Ablehnung der condictio aus Darlehn, greift er auf deren materialen Grund, den Konsens, zurück. Während die Darlehnskondiktion auf der vertraglichen Übereinkunft beruht, gründet die Bereicherungskondiktion auf dem bonum et aequum} 11 Indem Celsus beides betont, macht er den fundamentalen Unterschied zwischen der condictio als Vertragsklage und der condictio als Bereicherungsklage deutlich, auch wenn es sich um ein und dieselbe Klagformel handelt. Das Scheitern des beabsichtigten Darlehns führt zwar zu eben derselben Klage, die auch das wirksame Darlehn begründet hätte, doch die Grundlage ist eine andere: ein Vertrag ist nicht zustande gekommen, eine Bereicherung dagegen schon. Celsus setzt sich damit nicht über die geltende Dogmatik hinweg, sondern argumentiert mit den ihr zugrunde liegenden Wertungen. 123
120
So zuletzt Harke 140, 143 f. Ähnlich auch Hausmaninger 403 m. A. 1, Scarano Ussani 107, Hähnchen 87. Jakobs 218 schließt aus der Anführung des bonum et aequum, daß Celsus sich seiner Sache „nicht allzu sicher" gewesen sei. Nach Krampe 274 handelt es sich um eine typisch celsinische Argumentation, ebenso Saccoccio 450 ff. 121 D 12.6.66 Pap 8 quaest. Vgl. auch D 12.6.65.4 Paul 17 ad Plaut: Quod ob rem datur, ex bono et aequo habet repetitionem: veluti si dem tibi, ut aliqiud facias nec feceris. Santoro 129 f. verweist auf D 12.6.14 Pomp 21 ad Sab (Nam hoc natura aequum est neminem cum alterius detrimento fieri locupletiorem.) und D 50.17.206 Pomp 9 ex var lect (Iure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem.); ihm folgend D 'Ors 23 f., der deshalb ,bonum et' streichen will, weil es diese Texte nicht nennen. Mit D 12.6.14 und D 50.17.206 setzt auch schon Faber, Rationalia Tom. II (1626) 72 den Text in Verbindung. 122
Ähnlich CeramU APal 38 (1985) 205 m. A. 409 und SDHI 44 (1978) 171 ff., der die Rückführung der außervertraglichen condictio auf das bonum et aequum allerdings für spezifisch celsinisch hält. 123
Es handelt sich gerade nicht um ein eigenes, wenn auch nachvollziehbar und transparent gemachtes Werturteil des Juristen Celsus, so aber Harke 144, 148 f. Das bonum et aequum dient nicht der originären Entscheidungsbegründung, sondern ist die hinter dem angewandten Rechtsinstitut der ungerechtfertigten Bereicherung stehende
§ 4 D 12.1.32 Cels 5 dig
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IV. In dieser Koinzidenz von scheiterndem Geschäft und gleichwohl gültigem Erwerb der Darlehnsvaluta liegt die Schwierigkeit und das Außergewöhnliche des Falles, und vor diesem Hintergrund erhellt sich auch die ratio dubitandi. Denn im Zweipersonenverhältnis ist eine solche Konstellation nicht denkbar. Dort ist die Rückabwicklung eines gescheiterten Darlehns geklärt und dort entsteht die condictio nicht in demselben Moment, in dem das Geld dem anderen Teil zufließt, so daß die im Zweipersonenverhältnis entwickelten Lösungen nicht übertragen werden können. Genau darin liegt das anfangliche Zögern des Juristen begründet, ob Tu Ego überhaupt verpflichtet ist. Die prominenteste Fallgruppe eines gescheitereten Darlehns im Zweipersonenverhältnis ist die Darlehnsgewährung mit fremdem Geld. In § 9 werden wir diese Konstellation genauer untersuchen, 124 so daß hier wenige Bemerkungen genügen. Der entscheidende Unterschied zur Dreieckskonstruktion von D 12.1.32 besteht darin, daß in diesem Fall zunächst ein sachenrechtlicher Erwerbsakt dazwischentreten muß, der die Kondiktion auslöst. Denn die bloße Übergabe fremden Geldes bewirkt nichts, mag sie auch von einer Darlehnsabrede begleitet sein: Der Realkontrakt mutuum besteht aus der traditio ex causa credendi der nummi und scheitert deshalb gleichzeitig mit der Übereignung des Geldes an dem Grundsatz nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet. Vom Empfanger des fremden Geldes kann deshalb zunächst vindiziert werden; erst mit Konsumtion des Geldes, mit dessen untrennbarer Vermischung, ist er einer condictio ausgesetzt. Beim gescheiterten Darlehn im Zweipersonenverhältnis lautet Entscheidung deshalb zunächst: keine condictio, weil das Geschäft nicht zustandegekommen ist. Erst später, nach der dazwischentretenden Konsumtion, entsteht die condictio, weil der Empfänger jetzt durch den Eigentumserwerb grundlos bereichert ist. 1 2 5 Will man den Fall des gescheiterten Anweisungsdarlehns entsprechend lösen, kommt man über die erste Stufe - keine condictio weil das Darlehn gescheitert ist - nicht hinweg, denn einen zeitlich nachfolgenden Erwerbstatbestand wie die
Grundentscheidung der Rechtsordnung, die Celsus bemüht, um seine Subsumtion nachvollziehbar zu machen. Anders als Harke 151 meint, verläßt er das bestehende Normensystem gerade nicht. 124 Zusammen mit der Darlehnsgewährung durch den Pupill und durch den fitriosus. Nach unserer Meinung gelten für alle Konstellationen dieselben Regeln: die condictio, die gegen den Empfanger nach Konsumtion des Geldes gewährt wird, ist stets die Bereicherungskondiktion, die allein auf dem originären Eigentumserwerb durch Konsumtion beruht. 125
Die Konsumtion von Geld bewirkt originären Eigentumserwerb an den Münzen und führt nicht etwa zu einer »gestreckten4 oder »geheilten4 datio, vgl. Bauer, Ersitzung und Bereicherung im klassischen römischen Recht (1988) 158 ff.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
Konsumtion gibt es hier nicht. Vor der Folie des gescheiterten Darlehens im Zweipersonenverhältnis stellt sich deshalb die Frage nach einer Verpflichtung überhaupt, an mihi obligaris, quia nullum negotium mecum contraxisti. Die Versagung einer condictio wäre allerdings kein akzeptables Ergebnis, weshalb Celsus die stufenweise Betrachtung des Falles sogleich verwirft. Anders als beim Zweipersonenverhältnis lassen sich die Berufungsgründe der Kondiktion nicht äußerlich trennen. Der Fall muß in seiner Gesamtheit betrachtet werden und dann ergibt sich, daß zwar die Voraussetzungen für ein Darlehn nicht vorliegen, daß aber g l e i c h z e i t i g ein Erwerb auf Kosten des Ego stattgefunden hat, der die condictio als Bereicherungsklage auslöst. V. Als Ergebnis bleibt festzuhalten: Die ratio dubitandi in D 12.1.32 ergibt sich vor der Folie des vertrauten Zweipersonenverhältnisses, bei dem die condictio, wenn das Darlehn scheitert, allenfalls durch die spätere Konsumtion der nummi ausgelöst wird. In dem von Celsus untersuchten Sachverhalt gibt es dagegen keine nummi und keine Konsumtion. Was es jedoch gibt, ist ein vergleichbares Ergebnis, das unmittelbar aus der Verpflichtungsanweisung auf Schuld folgt. Eine stufenweise Betrachtung, wie sie im Zweipersonenverhältnis möglich und geboten ist, fuhrt hier nicht weiter, was die Frage des Juristen auslöst. Die von Celsus gewährte condictio ist dabei kein neuer Billigkeitsbehelf eigener Art und auch keine direkt aus der „Generalidee des Rechts" 126 abgeleitete Einzelfallentscheidung. Mit dem fehlenden negotium contractum ist auch keine Tatbestandsvoraussetzung für die außervertragliche condictio gemeint, denn die Schwierigkeiten des Juristen liegen nicht in den Voraussetzungen oder dem Anwendungsbereich der Bereicherungskondiktion. Der Fall offenbahrt nur die Doppelnatur der condictio als vertraglichem und außervertraglichem Rechtsbehelf in besonderer Weise: wegen des Dissenses im Valutaverhältnis ist das Scheitern ihrer vertraglichen und der Auslöser für ihre außervertragliche Anwendung in ein und demselben Vorgang begründet. Im Zweipersonenverhältnis ist eine solche Konstellation nicht denkbar, so daß sich das dort entwickelte Lösungsmuster der stufenweisen Betrachtung als unbrauchbar erweist. Daß aber eine condictio auch ohne vorangegangene datio zustehen kann, war für Celsus keine Neuerung, sondern Voraussetzung seiner Entscheidung. 127
126 127
v. Lübtow, Condictio 39.
Als gewöhnliche condictio sine causa sehen sie auch Richelmann 30 A. 48 und Sacconi75.
§ 5 Ergebnisse
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§ 5 Ergebnisse Im ersten Abschnitt haben wir diejenigen Texte untersucht, die immer wieder als Beleg für die gängige Lehre herangezogen werden, das römische Recht habe nur Leistungskondiktionen gekannt. Die Exegesen haben gezeigt, daß sich ihnen eine solche Regel nicht entnehmen läßt. Der Cicerotext, Pro Roscio Comoedo IV, 13 und V, 14, auf den sich seit Pflügers Monographie diese Lehre stützt, ist als parteiische Gerichtsrede für die juristische Dogmatik unergiebig. Cicero hat zugunsten seines Mandanten in einer Fallkonstellation argumentiert, in der außervertragliche Rückforderungsansprüche nicht zur Debatte standen. Er versucht, den iudex zu überreden und referiert kein Lehrbuch. Von ihm dürfen wir daher keine dogmatisch vollständige Darstellung der condictio in ihren vertraglichen und außervertraglichen Anwendungsfällen erwarten. Aus seiner Aufzählung ad usum processus, mit der condictio könne pecunia data aut stipulata aut expensilata zurückgefordert werden, folgt deshalb nicht, daß es eine Bereicherungskondiktion ohne datio nicht gegeben habe. Den Digesten läßt sich ebenfalls keine Beschränkung der condictio auf Leistungsfälle entnehmen. Zwar argumentieren Julian und Celsus in zwei offenbar schwierigen Fallkonstellationen damit, daß es an einem negotium contrahere zwischen den Parteien fehle. Julian verweigert deswegen die Klage, während Celsus sie gewährt. Daraus kann indessen nicht gefolgert werden, das negotium contractum - ein Begriff, der als solcher in den Quellen nicht vorkommt - sei eine Kondiktionsvoraussetzung, über die sich Celsus anders als Julian lediglich hinwegsetzt. Zum einen handelt es sich bei dem Begriff nicht um einen bereicherungsrechtlichen Terminus technicus; vielmehr bedeuten die Worte nichts anderes als das, was sie sagen, nämlich ,einen Vertrag abschließen'. Zum anderen geben die beiden Fragmente ein derartiges Verständnis nicht her: Julian behandelt in D 12.6.33 Iul 39 dig ein Sonderproblem der condictio incerti, nämlich die Kondiktion von Impensen, und nur darauf bezieht sich seine Argumentation. Weil die condictio incerti aber deutlich jünger als die althergebrachte condictio eines certum ist und die Klagformel auch ganz anders lautet, ist es bedenklich, von den Voraussetzungen der condictio incerti auf die der condictio certi schließen zu wollen. Dies gilt umsomehr, als die Versagung der condictio incerti durch Julian in D 12.6.33 noch auf einem Sonderproblem des Impensenersatzes beruht. 128
128 Die Kondiktion von Impensen kam nur in Betracht, wenn sie ein quasi plus debitum darstellten, vgl. oben § 3 III 2.
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1. Teil, 1. Abschnitt: Das vermeintliche Leistungserfordernis
Auch D 12.1.32 Cels 5 dig, die sogenannte condictio Iuventiana, zwingt nicht zu der Annahme, die condictio habe grundsätzlich eine Leistungsbeziehung vorausgesetzt. Celsus behandelt den Fall, dass die traditio der Darlehnsvaluta durch eine Verpflichtungsanweisung auf Schuld substituiert wird. In dieser speziellen Konstellation erwirbt der Delegatar und vermeintliche Darlehnsnehmer die Valuta, obwohl der Abschluss des Darlehnsvertrages scheitert. Und weil der Darlehnsvertrag infolge Dissenses nicht zustande kommt, die Zuwendung der Valuta aber wirksam ist, greift die condictio als Bereicherungsklage ein. Diese Besonderheit ist es, auf die Celsus sein Augenmerk richtet und nicht die Rechtsfolge, daß die Bereicherungsklage außerhalb jeder Leistungsbeziehung zwischen den Parteien erwächst. Als Ergebnis halten wir fest: Keine der als Beleg bemühten Stellen - die von der Literatur fast durchweg ohne nähere Untersuchung und meist nur fragmentarisch herangezogen werden - zwingt zu dem Schluß, der Anwendungsbereich der condictio als Bereicherungsklage sei auf Dationsfalle oder Konstellationen mit zumindest leistungsähnlichem Charakter beschränkt gewesen. Eine solche Regel läßt sich den Quellen nicht entnehmen. Wir können lediglich feststellen, daß die überwiegende Zahl der überlieferten Kondiktionsfälle die Abwicklung von Leistungsverhältnissen betrifft, für die die Juristen wie etwa im Fall der condictio indebiti auch Sonderregeln entwickelt haben. Daneben finden sich aber auch immer wieder Texte, in denen die Juristen die condictio gewähren, obwohl eine wie auch immer geartete Leistungsbeziehung nicht auszumachen ist. Diese Stellen wollen wir im folgenden untersuchen.
2. Abschnitt
Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen Im ersten Abschnitt haben wir gezeigt, daß das Leistungserfordernis nirgends positiv formuliert wird. Cicero ist für die Dogmatik unergiebig und die Negotienlehre hat sich als Trugbild erwiesen, denn weder D 12.6.33 noch D 12.1.32 beschreiben mit negotium contrahere eine Kondiktionsvoraussetzung. 1 D 12.1.32 behandelt, wie wir sahen, sogar einen Fall der Nichtleistungskondiktion. Im folgenden wenden wir uns weiteren Nichtleistungsfallen zu. Allzu viele sind es nicht, sonst wären sie wohl auch nicht so nachhaltig aus dem Blickfeld der Wissenschaft geraten. Sie sind jedoch eindeutig in dem Sinne, daß sich die Bereicherung nicht auf eine willentliche Zuwendung oder eine andere Leistungsbeziehung zurückfuhren läßt, und sie lassen sich für die frühe wie die späte Klassik gleichermaßen nachweisen. In § 6 werden zwei auf Sabinus und Cassius zurückgehende Entscheidungen zum fehlgegangenen Sklavenerwerb besprochen, denen später Julian, Pomponius und Paulus ohne Zögern folgen. In § 7 untersuchen wir ein Papinian-Fragment, in dem es um die kondiktionsrechtliche Abwicklung unberechtigter Fruchtziehung geht. Von Julian wiederum stammt die condictio pretii nach Verfügung eines Nichtberechtigten: geht die vom Nichteigentümer veräußerte Sache unter, kann der ehemalige Eigentümer den Wert kondizieren, ohne daß eine Leistungsbeziehung zwischen ihm und dem Nichtberechtigten bestanden hätte. Dieser Text wird in § 8 untersucht. In § 9 schließlich behandeln wir die Fragmente D 12.1.12 Pomp 6 ex Plaut und D 44.7.24 Pomp lib sing reg. Sie betreffen die condictio nach Konsumtion und zeigen, daß Julian und Pomponius die condictio wie selbstverständlich zu den Klagen zählen, die ohne rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen den Parteien entstehen.
1
Zur Verwendung von negotium contrahere genauer oben § 3 II.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
§ 6 Condictio ohne datio beim Sklavenerwerb Von Sabinus und Cassius sind zwei Entscheidungen erhalten, in denen von einer datio oder einer anders gearteten Leistungsbeziehung zwischen den Kondiktionsparteien keine Rede sein kann. Pomponius, Paulus und Julian haben sie in D 45.3.39 und D 12.1.31.1 = D 19.1.24.1 überliefert. Im Folgenden wollen wir diese Texte insbesondere darauf untersuchen, wie die späteren Juristen mit der vorgefundenen Lösung umgegangen sind.
I. D 12.1.31.1 Paul 17 ad Plaut = D 19.1.24.1 lui 15 dig Betrachten wir zunächst die Doppelüberlieferung D 12.1.31.1 = D 19.1.24.1 aus Paulus' Schrift ad Plautium und den Digesten Julians:2 D 12.1.31.1 Paul 17 ad Plaut Servum tuum imprudens a füre bona fide emi: is ex peculio, quod ad te pertinebat, hominem paravit, qui mihi traditus est. Sabinus Cassius posse te mihi hominem condicere: sed si quid mihi abesset ex negotio quod is gessisset, invicem me tecum acturum. Et hoc verum est: nam et Iulianus ait videndum, ne dominus integram ex empto actionem habeat, venditor autem 2
D 19.1.24.1 Iul 15 dig Servum tuum imprudens a füre bona fide emi: is ex peculio quod ad te pertinebat hominem paravit, qui mihi traditus est. Posse te eum hominem mihi condicere Sabinus dixit, sed si quid mihi abesset ex negotio quod is gessisset, invicem me tecum acturum de peculio. Cassius veram opinionem Sabini rettulit, in qua ego quoque sum.
Lit.: Cujaz, Tom. III, 864 f.; Faber, Rationalia II (1626) 65 ff.; Witte, Die Bereicherungsklagen des gemeinen Rechts (1859) 312 ff.; Voigt, Ueber die condictiones ob causam und ueber causa und titulus im Allgemeinen (1862) 675 ff., 747 f.; Windscheid, Zwei Fragen aus der Lehre von der Verpflichtung wegen ungerechtfertigter Bereicherung (1878) = Gesammelte Reden und Abhandlungen (1904) 311 f.; Pflüger, Pro Roscio (1904) 81 ff.; Schulz, SZ 27 (1906) 132 ff.; v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio II (1907) 226 ff.; Beseler, Beiträge zur Kritik der römischen Rechtsquellen 3 (1913) 182 (zu D 12.1.31.1) Huvelin, Études sur le furtum dans le très ancien droit romain (1915) 635 ff.; Longo, Archivio Giuridico 100 (1928) = Ricerche Romanistiche (1966) 380 ff.; Ehrhardt, Justa causa traditionis (1930) 63 ff.; Schönbauer, FS Koschaker II (1939) 397 f.; Donatuti , Causae (1951) 109 ff.; Burdese , Riv. dir. comm. 51,1 (1953) 273 ff.; Benöhr, Das sogenannte Synallagma in den Konsensualkontrakten (1965) 66 f.; Santoro, Studi 61 ff.; Frezza, SDHI 38 (1972) 348 f.; D'Ors , Iura 25 (1974) 10 ff.; Buti, Studi sulla capacité patrimoniale dei „servi" (1976) 58 ff.; Reduzzi Merola, Servo parère (1990) 116 ff.; Ernst, Fg. Flume (1998) 13 f.; Saccoccio, Si certum petetur (2002) 195 ff. Zur Textkritik im einzelnen im Laufe der Untersuchung.
§ 6 Condictio ohne datio beim Sklavenerwerb
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condicere possit bonae fidei emptori. Quod ad peculiares nummos attinet, si extant, vindicare eos dominus potest, sed actione de peculio tenetur venditori, ut pretium solvat: si consumpti sint, actio de peculio evanescit. Sed addicere debuit Iulianus non aliter domino servi venditorem ex empto teneri, quam si ei pretium solidum et quaecumque, si cum libero contraxisset, deberentur, dominus servi praestaret. [Idem dici debet, si bonae fidei possessori solvissem, si tarnen actiones, quas adversus eum habeam, praestare domino paratus sim.] 1. Ego hat guten Glaubens einen fixrtiven Sklaven vom Dieb gekauft. 3 Diesem Sklaven war von seinem Dominus ein Pekulium eingeräumt worden, über das er noch verfügte. Mit Mitteln dieses Pekuliums, das - wie er selbst - noch seinem Dominus gehörte, kaufte er seinerseits einen Sklaven, der Ego übereignet 4 wurde. Sabinus, Cassius, Julian und Paulus gewähren dem Dominus eine condictio gegen Ego auf Herausgabe dieses mit Mitteln des Pekuliums erworbenen Sklaven, lassen Ego aber im Gegenzug zur Abgeltung möglicher Schäden aus der Geschäftsführung des servus alienus mit der actio de peculio haften. D 19.1.24.1 bricht damit ab. Bei Paulus erfahren wir aber, daß Julian nach der Anführung der Autoritäten Sabinus und Cassius den Fall weitergesponnen hat. Er hält einen alternativen Lösungsweg für möglich, bei dem der Dominus aus dem Kauf seines Sklaven, des servus alienus , gegen den venditor mit der Kaufklage vorgehen und der venditor seinerseits von Ego den ihm übereigneten Sklaven kondizieren kann. Julian fahrt fort, daß darüber hinaus der Dominus vor Konsumtion des aus dem Pekulium gezahlten Geldes dieses vindizieren könne, dem Verkäufer dann aber mit der actio de peculio hafte. Paulus nimmt diese Überlegungen auf und merkt an, daß der Dominus gezwungen sei, den 3
Imprudens ist hier gleichbedeutend mit nichtwissend und hat neben bonafide keine eigene Bedeutung, vgl. zuletzt Reduzzi Merola 117 und Saccoccio 198, der es darum streichen will. 4
Aus dem Text ergibt sich zwingend, daß Ego Eigentümer des homo geworden ist, denn sonst käme eine cond. indebiti des Verkäufers, wie Julian sie vorschlägt, nicht in Betracht. Es handelt sich um einen der vielen Fälle, in denen mancipare durch tradere ersetzt worden ist, vgl. Heumann/Seckel s. v. mancipare. Ebenso schon Beseler 182 und Burdese 274; anders Huvelin 642 und Saccoccio 198.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
gesamten Kaufpreis vorzuleisten, bevor er gegen den Verkäufer ex empto vorgehen könne. Nach dem letzten Satz soll das gleiche gelten, wenn der Verkäufer bereit ist, dem Dominus seine Klagen gegen den bonae fidei possessor Ego abzutreten. 2. Julian referiert zwei unterschiedliche Wege, wie der Dominus an den (von seinem Sklaven gekauften) Sklaven gelangen kann: entweder verlangt er dessen Herausgabe direkt vom bonaefidei possessor Ego oder es findet eine Abwicklung über Eck, nämlich über den venditor, statt. Wir beschäftigen uns zunächst mit der Direktkondiktion des Dominus gegen den bonaefidei possessor Ego. Sabinus und Cassius gewähren dem Dominus gegen den bonaefidei possessor eine condictio: er kann den Sklaven, den sein servus mit Mitteln des Pekuliums, also mit seinem Geld bezahlt hat, von Ego herausverlangen. Dem schließen sich Julian und Paulus ohne Zögern an. Julians Zustimmung zu dieser Direktkondiktion wird in der Literatur allerdings vielfach verdächtigt und eine kompilatorische Interpolation sowohl des Schlußsatzes von D 19.1.24.1 als auch des nam et Iulianus in D 12.1.31.1 angenommen.5 Dies ist schon deshalb wenig wahrscheinlich, weil die beiden Texte aus zwei verschiedenen Massen stammen, fr. 24.1 aus der Sabinus- und fr. 31.1 aus der Ediktsmasse.6 Die Überlieferung in D 19.1.24.1 ist eindeutig, und daß Julian eine alternative Abwicklung vorschlägt, schließt nicht aus, daß er der tradierten zugestimmt hat. 7 Gerade die vorsichtige Formulierung videndum ne spricht dafür, daß er
5
Die Kompilatoren hätten eine Klassikerkontroverse getilgt, vgl. Santoro 64, 70; Lenel, Paling. I 1175 A. 1; Huvelin 637; Longo 381; Ehrhardt 64 A. 12; Burdese 273; Benöhr 67 A. 33 und wohl auch Schulz 132 f. m. A. 4. An eine Itp. des Schlußsatzes von fr. 24.1 glaubt schon Pampaloni, Archivio giuridico 55 (1895) 504 A. 15. Schönbauer 397 f. versucht eine Harmonisierung, indem er ne < v endito r> integram [ex empto] actio nem habeat, autem condicere possit bonae fidei emptori lesen will, dagegen schon Donatuti 110 A. 337. Auch Windscheid 312; v. Koschembahr-Lyskowsfa 227, 229; Pflüger 83; Donatuti 111 unterstellen, daß Julian die condictio zwischen dem Dominus und dem bonaefidei possessor anders begründet haben muß, als Sabinus und Cassius, kommen jedoch anders als Santoro ohne die Annahme kompilatorischer Veränderungen aus. Santoro meint zudem, auch Paulus habe die sabinianische Lösung abgelehnt, weshalb er das hoc verum est in fr. 31.1 ebenfalls für verdorben erklärt, 70, 75. Von einer Kontroverse geht auch Käser, Gnomon 35 (1963) 480 aus. 6
So schon Santoro 69.
7
Ebenso v. Koschembahr-Lyskowski
227, 229 u. Frezza 348 f.
§ 6 Condictio ohne datio beim Sklavenerwerb
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seine eigenen Überlegungen vor dem Hintergrund einer gesicherten und allgemein gebilligten Lösimg des Problems anstellt.8 a) Sabinus und Cassius entscheiden, daß der Eigentumserwerb des bonae fidei possessor Ego im Verhältnis zum wahren Dominus nicht kondiktionsfest ist. Zwar ist der Sklave vom venditor in Erfüllung des Kaufvertrages dem Ego manzipiert worden; er muß ihn aber herausgeben. Vor dem Hintergrund der Regeln über den Sklavenerwerb leuchtet dies unmittelbar ein; 9 denn hätte der Verkäufer seinem Vertragspartner, dem servus alienus , den Sklaven manzipiert, wäre Ego keinesfalls Eigentümer geworden; der servus hätte ihn vielmehr seinem Dominus erworben. Dies ergibt sich aus einer mehrfach überlieferten Regel. Bei Gai II, 91-92 etwa heißt es: 10 De his autem servis, in quibus tantum usumfructum habemus, ita placuit, ut quidquid ex re nostra vel ex opens suis adquirunt id nobis adquiratur; quod vero extra eas causas, id ad dominum proprietatis pertineat: itaque si iste servus heres institutus sit legatumve quod ei datum fuerit, non mihi, sed domino proprietatis adquiritur. Idem placet de eo, qui a nobis bona fide possidetur, sive liber sit sive alienus servus: quod enim placuit de usufructuario, idem probatur etiam de bonae fidei possessore: itaque quod extra duas istas causas adquiritur, id vel ad ipsum pertinet, si liber est, vel ad dominum, si servus est. Entsprechend den Erwerbsregeln für den Nießbrauchssklaven kann der servus alienus seinem bonaefidei possessor erwerben, allerdings nur wenn der Erwerb ex operis des Sklaven geschieht oder die Gegenleistung aus dem Vermögen des bonaefidei possessor erbracht wird 1 1 . Im übrigen bleibt es bei dem Grundsatz, daß er seinem Dominus erwirbt. 12
8
In diese Richtung weist auch Paulus' Kritik, vgl. unten 4. Wie hier bereits Voigt 677 A. 603. 9
Mit diesen Vorschriften erklärt bereits Faber 65 f. die hier gewährte condictio , ebenso Voigt 748. Auch Huvelin 641 f., Ehrhardt 63 f., Benöhr 66 A. 31 und Reduzzi Merola 117 sehen einen Zusammenhang. 10
Nahezu gleichlautend noch einmal Gai III, 163-165 und Ulp Reg 19, 21. Vgl. außerdem D 7.1.21 Ulp 17 ad Sab, D 41.1.23pr Ulp 43 ad Sab, D 41.1.19 Pomp 3 ad Sab. 11
Dies gilt auch bei Furtivität des servus alienus , wie Julian klarstellt, D 41.1.39 Iul 3 ex Minie: Etiam jurtivus servus bonaefidei emptori adquirit, quod ex re eius stipulatur aut per traditionem aeeepit. Grundlegend Salkowski , Zur Lehre vom Sklavenerwerb (1891) 116 ff., Buckland , The Roman Law of Slavery (1908) 342 ff.; Krüger , Erwerbszurechnung kraft Status (1979) 67 ff. 12
Anders Ehrhardt 64 A. 11, der den Erwerb des Dominus von der Inbesitznahme des servus und seines peculium abhängig macht und zuvor einen Schwebezustand
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Da der Kaufpreis - wie der Text ausdrücklich sagt - ex peculio, das dem Dominus gehörte, gezahlt wurde, hätte der bonae fidei possessor Ego das Eigentum an dem Sklaven nicht erworben, wenn ihn der Verkäufer dem servus alienus manzipiert hätte. Ego hat den Sklaven nur deshalb zu eigen, weil er ihm vom Verkäufer direkt übereignet worden ist und die dargestellte Regel nicht Platz griff. 13 Weil der Eigentumserwerb jedoch den Regeln über den Sklavenerwerb zuwider läuft, ist er dem Dominus gegenüber nicht gerechtfertigt: vom bonaefidei possessor wird dem Dominus die eigentlich ihm zustehende Kaufsache vorenthalten. Der einfachste und im Zweipersonenverhältnis zugleich einzige Weg, dem Dominus einen Ausgleich zu verschaffen, ist die Bereicherungskondiktion, 14 und die Juristen zögern nicht, diese auch zu gewähren. Mit den vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten und den sich daraus ergebenden Konsequenzen hat dies nichts zu tun. 15 Eine datio oder ein Dationssurrogat ist nicht ersichtlich 16 und offensichtlich kommt es für die Gewährung
annimmt. Von einem Schwebezustand sprechen die Quellen indessen nur, solange noch nicht feststeht, aus wessen Vermögensmasse der Erwerb getätigt wird, vgl. D 7.1.12.5 Ulp 17 ad Sab; D 7.1.25.1 Ulp 18 ad Sab und die übrigen bei Ehrhardt genannten Stellen. Davon zu trennen ist die Frage nach dem Erwerb der possessio zugunsten des Dominus, vgl. D 41.1.54.4 Mod 31 ad QM. 13
Das verkennt Huvelin 642, der deshalb eine deliktische, der condictio furtiva nachgebildete Besitzkondiktion annimmt. Wie hier schon Faber 65. 14 Ebenso Santoro 76; v. Koschembahr-Lyskowski 228 A. 1; Pernice, Labeo III (1892) 217 f. m. A. 4 und Saccoccio 204, allerdings ohne offenzulegen, warum der homo in Wahrheit dem Dominus zusteht. Auch Cujaz 865, Faber 66 linke Spalte und Voigt 677 A. 603, 748 verstehen die Direktkondiktion als condictio sine causa. Eine condictio furtiva, wie v. Mayr, Die Condictio des römischen Privatrechts (1900) 416 m. A. 1, annimmt, scheidet hingegen aus, denn weder ist der homo furtiv noch Ego ein Jur, dagegen schon Bas. 23.1.31.1 Scholion 4, Huvelin 643, Benöhr 66 A. 29. 15
Frezza 349. Anders Ehrhardt 64, der als causa der condictio des Dominus gegen den bonaefidei possessor die emptio venditio zwischen dem servus furtivus und dem Veräußerer des homo ansieht. Mit dem Kaufvertrag läßt sich jedoch nur eine condictio (indebiti) des venditor begründen, nicht jedoch eine Kondiktion des an diesem Geschäft unbeteiligten Dominus. Diese Schwierigkeit überwindet Witte 313, indem er unterstellt, es werde lediglich auf den Akt der Abtretung verzichtet, weshalb es sich technisch um eine utilis condictio indebiti handle. Ebenso, jedenfalls für Julian auch Windscheid 312 und Pflüger 83, gefolgt von Donatuti 111. 16
Ebenso Saccoccio 204. Anders Benöhr 66 f., der das negotium contractum im Sinne der Negotienlehre darin sehen will, daß der servus durch die Zahlung des Pekuliargeldes die Kaufforderung seinem wahren Dominus erworben habe, die Leistung indes an den bonaefidei possessor gelangt und ausnahmsweise als wirksame Erfüllung anzusehen sei. Doch selbst wenn die Leistung an den Nichtberechtigten den venditor befreit haben sollte (warum?), entstünde dadurch kein ,von einem gültigen Geschäftswillen getragenes erlaubtes Zusammenwirken4 zwischen dem berechtigten
§ 6 Condictio ohne datio beim Sklavenerwerb
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der condictio darauf auch nicht an. Die auf Sabinus zurückgehende condictio findet ihre Rechtfertigung allein in den allgemeinen sachenrechtlichen Regelungen des Sklavenerwerbs, die hier wegen der direkten Übereignung des Sklaven an den Scheindominus Ego nicht zur Anwendung kamen. b) Das räumt auch Santoro ein, allerdings nur, soweit es sich um die Entscheidung von Sabinus und Cassius handelt. 17 Julian dagegen könne die Direktkondiktion nicht gewährt haben, denn entsprechend der von ihm, wie Santoro glaubt, begründeten Negotienlehre müsse einer condictio immer ein negotium contractum in Form einer datio zugrunde gelegen haben. 18 Der Text habe deshalb ursprünglich einen dritten Lösungsweg enthalten, den die Kompilatoren gestrichen hätten. Mit Hilfe weiterer Paulustexte lasse sich dieser Lösungsweg jedoch rekonstruieren: 19 Der palingenetische Zusammenhang von D 12.1.31.1 mit D 15.1.48 ergebe, daß der julianschen Lösung eine Delegation zugrundeliege.20 Julian habe die condictio deshalb gewährt, weil er den servus als Deleganten und den bonaefidei possessor als Delegatar angesehen habe. Die Manzipation an den Scheindominus sei eine Leistung erst des venditor an den servus und dann eine Leistung des servus an den bonae fidei possessor , so daß durch den servus eine datio des Dominus an den Scheindominus vorliege. Demzufolge müsse Julian in einem ausgefallenen Teil danach differenziert haben, ob der Eigentumserwerb des bonaefidei possessor auf Veranlassung des servus zustandegekommen sei oder nicht. D 17.1.22.9 Paul 32 ad ed belege, daß das direkte Vorgehen des dominus gegen den bonaefidei possessor von einer solchen Anweisung des servus abhängig sei. Paulus dagegen habe diese, von den Kompilatoren gestrichene Distinktion abgelehnt, weil ein gestohlener Sklave mit der libera peculii administratio auch die Fähigkeit zur Delegation verliere und die Direktkondiktion damit ausscheide.21
Dominus und dem nichtberechtigten bonaefidei possessor. Wie Julians Überlegungen im Fortgang von fr. 31.1 zeigen, steht dem Dominus außerdem die actio empti weiterhin zu und er hat die Wahl, ob er gegen den venditor oder gegen den bonaefidei possessor vorgehen soll; ebenso schon Voigt 677 A. 603. Zur sog. Negotienlehre im übrigen oben §§3,4. 17
Santoro 76 ff.
18
Santoro 74 f.
19
Santoro 70 ff.
20
Santoro 74 f.
21
D 15.1.48 Paul 17 ad Plaut lautet: Libera peculii administratio non permanet neque in fugitivo neque in subrepto neque in eo de quo nesciat quis vivat an mortuus si § 1. Cui peculii administratio data est, delegare debitorem suum potest. - Diese Konstruktion geht letzlich auf Pflüger 84 ff. zurück, der sie jedoch Sabinus und Cassius unterlegt und schon Julian unterstellt, er habe die Direktkondiktion wegen der fehlenden Delegationsfahigkeit des servus verworfen. Ihm folgend Donatuti 111. Auch D'Ors 12,
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Für diese Deutung fehlt indessen jeder Anhaltspunkt. Daß schon ihr Ansatz, die sogenannte Negotienlehre, nicht trägt, haben wir gesehen.22 D 12.1.31.1 und D 19.1.24.1 lassen darüber hinaus von einer delegatio nichts erkennen, 23 und aus dem palingenetischen Zusammenhang der beiden Paulusstellen D 12.1.31.1 und D 15.1.48 folgt nicht, daß die dort behandelten Fragen auch bei Julian in einem sachlichen Zusammenhang gestanden haben müssen. Gegen die von Santoro unterstellte umfangreiche Kürzung spricht aber vor allem, daß die Texte aus verschiedenen Massen stammen und ein Motiv für eine kompilatorische Kürzung nicht zu erkennen ist. 24 Eine Delegation scheitert darüber hinaus an sachlichen Gründen, denn der servus alienus ist nicht Schuldner des bonae fidei possessor, sondern hält diesen lediglich für seinen Dominus: zwischen beiden kann im Rechtssinne kein Valutaverhältnis bestehen, um dessen Tilgung willen der servus den Verkäufer zur direkten Manzipation hätte auffordern können. 25 Auch die von Santoro bemühte Paulusstelle stützt seine Konstruktion nicht: D l 7.1.22.9 Paul 32aded Fugitivus meus cum apud fiirem esset, pecuniam adquisiit et ex ea servos paravit eosque Titius per traditionem a venditore accepit. Mela ait mandati actione me consecuturum, ut restituat mihi Titius, quia servus meus mandasse Titio videbatur, ut per tradtitionem acciperet, si modo rogatu servi hoc fecerit: quod si sine voluntate eius venditor Titio tradiderit, tunc posse me ex empto agere, ut mihi eos venditor traderet, venditoremque per condictionem a Titio repetiturum, si servos tradiderit Titio quos non debuerit, cum debere se existimaret.26
17 unterstellt, daß die direkte Kondiktion nur möglich sei, wenn der Sklave den Verkäufer veranlaßt habe, an den bonaefidei possessor zu manzipieren, da nur dann der Dominus als dans angesehen werden könne, und hält den Ausfall eines Textstücks für möglich. 22
Oben §§ 3,4, insbes. §§ 3 II, 4 III.
23
Sie wäre nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich um eine Anweisung zur Ubereignung und nicht zur Zahlung handeln würde, wie D'Ors 12 f. meint. Der Schuldgegenstand muß nicht Geld sein, wie D 12.6.26.12 Ulp 26 ad ed und D 46.2.4 Ulp 5 ad Sab belegen. D'Ors 13 nimmt anstelle einer Delegation an, daß die Manzipation an den bonaefidei possessor infolge der KaufVerhandlungen des servus mit dem venditor erfolgte und deshalb dem Dominus als datio zuzurechnen sei. 24 25
Insoweit selbstwidersprüchlich Santoro 69 und 73 f. Wie hier Saccoccio 200, 206.
Ebenso v. Koschembahr-Lyskowski Frezza 348 nicht zu erblicken.
232. Eine Delegation des servus vermag auch
26 Vgl. zu diesem Text im wesentlichen die unter A. 2 genannten. Auch hier ist von einer Manzipation der servi durch den venditor auszugehen, vgl. nur Santoro 70 f.
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Ein Fugitivus, dessen gegenwärtiger Besitzer bösgläubig ist, kauft zwei andere Sklaven mit Geld, das er nach seiner Flucht erworben hat. Diese Sklaven werden einem Dritten, Titius, manzipiert. Mela entscheidet, daß die Klagemöglichkeiten des wahren Dominus gegen Titius davon abhängen, ob diesem die Sklaven mit oder ohne Willen des Fugitivus übereignet wurden. Hat der Fugitivus Titius um die Empfangnahme gebeten, kann der Dominus mit der actio mandati gegen Titius vorgehen. Wurden sie sine volúntate des Fugitivus an Titius übereignet, steht dem Dominus die actio empti gegen den Verkäufer zu, der die Sklaven wiederum mit der condictio indebiti von Titius herausverlangen kann. Santoro geht davon aus, daß Julian ebenso wie Mela danach unterschieden haben müsse, ob die Übereignung an den bonae fidei possessor auf Weisung des servus erfolgt sei oder nicht. Fehle es an einer solchen Weisung, bleibe nur die Abwicklung über Eck. Aber Melas Entscheidung ist auf unseren Fall nicht übertragbar: Die Kaufsache ist hier, bei Mela, nämlich an einen unbeteiligten Dritten geliefert worden, 27 dem durch einen fremden Sklaven n i e hätte erworben werden können. Der Dominus muß sich die Übereignung der Sklaven an Titius allerdings dann als Erfüllung des Kaufvertrages entgegenhalten lassen, wenn Titius zum Leistungsempfang ermächtigt worden war, 28 was auch durch einen Sklaven geschehen konnte. Eine solche Empfangsermächtigung ist ein mandatum und erlaubt dann den direkten Durchgriff des Dominus auf Titius, von dem die Sklaven mit der actio mandati herausverlangt werden können. 29 Die Schwierigkeit der Stelle liegt darin, daß der Fugitivus ein solches Empfangsmandat offenbar nicht ausdrücklich erteilt hat. 30 Um dem Dominus
27
Das betont auch D'Ors 14. Anders Reduzzi Merola 112 und Huvelin 633 f., die Titius mit dem für gleichsetzen. 28
Vgl. Käser, RPr I 265, 637. Der Satzteil si modo rogatu servi hoc fecerit kann nach dem Kontext nur auf Titius bezogen werden. Auf den venditor bezieht ihn Huvelin 633 A. 2 und verdächtigt den so konstruierten Subjekts Wechsel der Interpolation, ihm folgend Santoro 72 m. A. 14. Wie hier verstehen Buti 108 und D'Ors 14 den Text. Horak , Rationes decidendi (1969) 142, streicht ab si modo und unterstellt, daß der Fugitivus die Sklaven an Titius weiterverkauft habe. 29 Anders Horak , Rationes decidendi (1969) 142, nach dem die ordnungsgemäße Erfüllung des Auftrags durch Entgegennahme der Leistung eine Herausgabepflicht im Innenverhältnis ausschließe. Doch das würde den Auftrag zu einer Schenkung machen. Hierzu Buti 108 f. A. 83, Reduzzi Merola 115. 30
Warum das Mandat bis zur ratihabitio des Dominus unwirksam sein sollte, ist nicht erkennbar, so aber Horak , Rationes decidendi (1969) 142, gegen ihn Buti 108 f. A. 83. Zum Auftrag durch einen Sklaven Käser RPr I 262, Buckland , The Roman Law of Slavery (1908) 272 A. 2.
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die vertragliche, bei Verurteilung sogar infamierende 31 actio mandati direkt gegen Titius zu verschaffen, läßt Mela indessen die bloße Bitte des Sklaven genügen: servus meus mandasse Titio videbatur ... si modo rogatu servi hoc fecerit? 2 Geschah die Leistung an Titius hingegen ohne Willen des Fugitivus, fehlt jede Anknüpfungsmöglichkeit für die actio mandati, so daß der Durchgriff ausgeschlossen ist und es für den Dominus bei der actio empti gegen den venditor bleibt. Die von Mela vorgenommene Distinktion erklärt sich folglich aus den Voraussetzungen der actio mandati: ohne eine Weisung des Sklaven ist sie nicht denkbar. 33 Aus den spezifischen Voraussetzungen der actio mandati läßt sich für die Voraussetzungen der außervertraglichen Kondiktion aber nichts herleiten. 34 c) Santoros Deutungsversuch zeigt, daß sich eine Leistungsbeziehung in D 12.1.31.1 = D 19.1.24.1 nicht hineinlesen läßt, ohne den Texten Gewalt anzutun. Sie belegen vielmehr, daß die condictio ohne einen Kontakt zwischen den Kondiktionsparteien auskommt. Wir haben gesehen, daß sich die Direktkondiktion nur vor dem Hintergrund der Regelungen des Sklavenerwerbs erklären läßt. Da der Erwerb ex re des Dominus getätigt wurde, hätte er ihm zufließen müssen und nicht dem bonae fidei possessor. Wäre die Kaufsache nicht 31 Vgl. Cie. p. Rose. 39, 113; dazu Käser, SZ 73 (1956) 228 m. A. 46, D 3.2.6.5 Ulp 6 ad ed und Const. C 4.35.21. 32
Das übersieht Santoro 72 m. A. 15 und 74 A. 17, wenn er den Teil quia-aeeiperet als für die Argumentation unnötige Glosse streicht, in der lediglich festgestellt würde, daß die rogatio des Fugitivus den Tatbestand des Mandats erfülle. Gerade das ist offensichtlich nicht der Fall, sonst bedürfte es keiner Fiktion (videbatur). Daß rogare ein auslegungsbedürftiges Geschehen umschreibt, ergibt sich auch aus D 3.5.41(42) Paul 32 ad ed: Si servi mei rogatu negotia mea suseeperis, si dumtaxat admonitus a servo meo id feceris, erit inter nos negotiorum gestorum actio: si vero quasi mandatu servi, etiam de peculio et de in rem verso agere te posse responsum est. Mit der Frage der stillschweigenden Mandatserteilung hat D 17.1.22.9 entgegen Huvelin 639 f. nichts zu tun, denn Mela gewährt die actio mandati gerade nur dann, wenn ein rogare des Fugitivus vorlag, daß als Mandatserteilung ausgelegt werden kann. 33 Die Distinktion kann daher kaum mit Horak, Rationes decidendi (1969) 142, als „abschreckendes Beispiel konstruierender Jurisprudenz" bezeichnet werden. Erst recht kann sie nicht erst Paulus zugeschrieben, so Reduzzi Merola 115, oder einfach gestrichen werden, so Huvelin 639 f. und Donatuti, Bull. 33 (1923) 195. 34
So aber Santoro 73: „Analogamente si deve pensare che si argomentasse nel testo da sui e stato tratto D 12.1.31.1." Ebenso schon Pflüger 85, Donatuti 111 und wohl auch Burdese 274 A. 20. Eine condictio nach dem Muster von D 12.1.31.1 und D 19.1.24.1 kommt in D 17.1.22.9 nicht in Betracht, weil die Zuordnungsregel des Sklavenerwerbs dann keine Rolle spielt, wenn an einen Dritten geleistet wird, dem durch den Sklaven unter keinen Umständen hätte erworben werden können, so auch D'Ors 14.
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dem bonae fidei possessor direkt manzipiert worden, hätte der Dominus sie vindizieren können. An die Stelle dieser Vindikation läßt Sabinus eine Kondiktion treten. 35 Für Sabinus ist mit der Gewährung dieser direkten Kondiktion das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien befriedigend gelöst. Lediglich der Vollständigkeit halber wird hinzugefügt, daß der bonaefidei possessor mit einer actio negotiorum gestorum de peculio gegen den Dominus des bei ihm dienenden Sklaven vorgehen kann, falls ihm durch dessen Handeln ein Schaden entstanden sein sollte. 36 3. Sabinus und ihm folgend Cassius beschränken sich bei ihrer Lösung auf das Verhältnis zwischen dem Schein- und dem wahren Dominus. Ansprüche gegen den venditor werden nicht diskutiert und spielen für ihre Lösung auch keine Rolle. 37 Über die vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien scheint sich erst Julian Gedanken zu machen, wenn er alternativ eine Abwicklung über Eck vorschlägt: der Dominus soll auch aus dem Kauf gegen den venditor vorgehen und mit der actio empti von diesem den Sklaven verlangen können. Da der Verkäufer mit seiner Übereignung an den bonaefidei possessor
35 Insoweit zutreffend D 'Ors 18, der in der Konsequenz seiner Lehre eine datio ex eventu annimmt. 36
Quod is gessisset auf den servus zu beziehen, ist zwar nicht sprachlich, jedoch sachlich zwingend: es ist keine Rede von einem Pekulium oder irgendwelchen Geschäften des erworbenen homo, vgl. Benöhr 67 A. 26, ebenso das Scholion Nr. 5 des Stephanus zu Bas. 23.1.31.1 gegen Theophilus. Stephanus nennt auch Beispiele für einen solchen Schaden, etwa Aufwendung für einen Makler (proxeneta\ Urkundenschreiber (tabellio ) oder Zahlungen an einen Pächter öffentlicher Einkünfte (publicanus). Vgl. auch Kreller , SZ 59 (1939) 404. - Ebenso wie die Handlungen eines freien Scheinsklaven faßte man also auch die eines servus alienus bonafide serviens als Geschäftsführung zugunsten des Scheindominus auf, vgl. schon Accursius in der Glossa ordinaria. Zur Geschäftsführung des Uber homo bonafide serviens vgl. die Darstellung bei Seiler , Der Tatbestand der negotiorum gestio im römischen Recht (1968) 94 ff. Fr. 31.1 und 24.1 bestätigen Seilers Ergebnis, daß Freiwilligkeit nicht notwendiges Element der negotiorum gestio war, denn Sabinus gewährt die actio neg. gest. nur mit der Einschränkung de peculio , während der Tatbestand der Geschäftsführung offensichtlich erfüllt ist. Daß die Juristen wegen der fehlenden Freiwilligkeit des Scheinsklaven nur eine actio utilis (so Partsch , Studien zur Negotiorum Gestio 1(1913) 97 f.) oder in factum (so noch Talamanca , Labeo 17 (1971) 224 ff.) hätten gewähren können und deren Tilgung erst auf die Kompilatoren zurückgehe, läßt sich angesichts der eindeutigen, verschiedenen Massen entstammenden Doppelüberlieferung wohl nicht halten. 37 Zur Frage der vindicatio nummorum sogleich. Daß der servus mit seiner Zahlung kein Eigentum übertragen konnte, spielt dann keine Rolle, wenn man Konsumtion des Geldes annimmt. Die Vindikation des Pekuliargeldes ist dann nicht mehr möglich.
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Ego an den Falschen geleistet hat, steht diesem die condictio indebiti auf Rückübereignung zu. Dieser von Julian vorgeschlagene Lösungsweg ist keineswegs unpraktisch. Zwar sind zwei Prozesse nötig, die den Dominus letzten Endes nicht besser stellen als das direkte Vorgehen gegen den bonae fidei possessor. Dennoch kann die Vertragsklage für den Dominus günstiger sein. Ist nämlich der Sklave bei dem bonae fidei possessor in der Zwischenzeit etwa gestorben, fiele der Dominus mit der direkten condictio aus. 38 Der venditor dagegen haftet für custodia, 39 so daß der Dominus gegen ihn auch bei zufalligem Untergang vorgehen könnte. 40 4. Julian stellt darüber hinaus fest, daß der Dominus auch die aus dem Pekulium gezahlten nummi vindizieren kann, solange sie bei dem Verkäufer noch unterscheidbar vorhanden sind. 41 Da der Dominus seinem Sklaven das Pekulium eingeräumt hat, haftet er im Gegenzug de peculio auf den Kaufpreis, jedoch nur, solange der Verkäufer das ihm übergebene Geld noch nicht konsumiert hat. Denn mit Konsumtion entfallt die actio de peculio, weil der venditor nach anerkanntem Recht das ihm Zustehende erhalten hat. 42 Der servus alienus konnte das Geld nicht wirksam übereignen, was sich auch aus der dem Dominus zustehenden vindicatio ergibt. Weil er aber weiterhin auf sein Pekulium zugreifen konnte, erklärt die Literatur diesen Befund mit Hilfe von D 15.1.48pr Paul 17 ad Plaut 43 : die Übereignung sei am Wegfall der libera peculii administratio gescheitert. 44 Dieses nach Alter und Regelungsgehalt um-
38
Da die condictio auf eine certa res, den Homo, gerichtet ist, wirkt zufälliger Untergang befreiend, Käser RPr I 513 f. 39 Käser RPr I 551, 508 m. A. 39; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Rom. Recht 308. Die Lieferung an den Scheindominus fallt unter den im Text geschilderten Umständen wohl kaum unter culpa. 40 In der günstigeren Kontraktsklage sieht auch v. Koschembahr-Lyskowski Motiv für die Abwicklung über Eck. 41
Zum Begriff der Konsumtion unten § 9 II 1.
42
Zur Erfüllungswirkung bei der Konsumtion s.u. § 9 III 3 a).
229 das
43
Libera peculii administratio non permanet neque in fiigitivo neque in subrepto neque in eo, de quo nesciat quis, vivat an mortuus sit. 44
So schon das Scholion Nr. 6 zu Bas. 23.1.31.1. Vgl. Burdese 275 m. A. 21, Benöhr 67 m. A. 38, Saccoccio 210 und vor allem Santoro 66 f. Einen Zusammenhang zwischen den Texten sieht bereits Lenel, Paling. I 1175 A. 3. - Aus dem Wegfall der libera peculii administratio folgt jedenfalls nicht, daß auch das Pekulium als solches eingezogen ist, denn daß das Pekulium noch besteht, stellt der Text gleich zu Beginn klar; vgl. Buti 59 f. gegen v. Koschembahr-Lyskowski 230, Longo 381.
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strittene Rechtsinstitut45 braucht indessen nicht bemüht zu werden. Der Text betont, daß der bona fide serviens furtiv war und das Geschäft mit Münzen tätigte, die aus dem von seinem Dominus eingeräumten Pekulium stammten. War der servus furtiv, waren es aber auch die zu seinem Pekulium gehörenden nummi , so daß der Eigentumsübergang an der Furtivität der Geldstücke scheiterte. Julian hat damit alle möglichen Klagen des Dominus vorgestellt: ihm steht die Direktkondiktion gegen den Scheindominus zu, er kann aus Kauf gegen den venditor vorgehen und er hat die Vindikation, da der Sklave kein Eigentum an dem Kaufpreis übertragen konnte. Seine Ausführungen brechen an dieser Stelle ab, zum Verhältnis dieser Klagen untereinander äußert er sich nicht. Dies veranlaßt Paulus zu einer ergänzenden Bemerkung: Julian hätte noch hinzufügen müssen, daß der Dominus nur dann ex empto vorgehen kann, wenn er seinerseits voll erfüllt und der Verkäufer den Kaufpreis erhält. 46 Praktisch bedeutet das, daß der Dominus die (zuvor) unwirksame Zahlung seines Sklaven genehmigen muß, bevor er auf Erfüllung des Kaufvertrages klagen kann, so daß ein Nebeneinander von Vindikation und Kaufklage ausscheiden.47 Paulus' Kritik ist allerdings keine grundlegende, er vermißt bei Julian lediglich einen klarstellenden Hinweis. Denn auch wenn sich Julian zu der Konkurrenz von vindicatio nummorum und actio empti nicht ausdrücklich äußert, läßt dies nicht den Schluß zu, daß er beide Klagen nebeneinander zugelassen hätte. Dies ist schon deshalb wenig wahrscheinlich, weil er die vindicatio nummorum mit der actio de peculio des Venditors verknüpft: Quod ad peculiares nummos attinet, si extant, vindicare eos dominus potest, sed actione de peculio tenetur venditori, ut pretium solvat: si consumpti sint, actio de peculio evanescit. Dieser Zusammenhang legt nahe, daß auch Julian die Vindikation des Geldes nur für den Fall der zuvor erfolgten Direktkondiktion des Sklaven diskutiert. Denn die actio venditi de peculio steht dem Verkäufer nur zu, wenn der Käufer die Kaufsache bereits erhalten hat, in der Regel durch Leistung des Verkäu-
45
Vgl. nur Buti 48 ff., Brinkhof \ Een Studie over het Peculium in het klassieke Romeinse recht (1978) 96 ff, 122 ff., Roth , Alfeni Digesta (1999) 76 ff. 46 Vgl. D 21.1.57pr Paul 5 quaest: ...nam et si ex empto dominus agat, nisi pretium totum solvent , nihil consequitur. Diesen Zug-um-Zug-Mechanismus übersieht Schulz 133. Hierzu Benöhr 67 m. A. 36 u. 68. 47
Saccoccio 211 f. Das übersieht Ernst 14, wenn er Paulus im Anschuß an Benöhr 56 unterstellt, er habe in offenbar oberlehrerhafter Manier daraufhinweisen wollen, daß der Dominus auch den Ersatz etwaiger Transportkosten schulde.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
fers. 48 Aus Sicht des venditor ist es jedoch gleich, ob der Dominus den Sklaven über die Direktkondiktion vom bonaefidei possessor Ego bekommen hat oder durch seine Leistung: 49 hat der Dominus den Sklaven, kann der Verkäufer mit der actio de peculio Zahlung des Kaufpreises verlangen, wenn die erste Zahlung durch den servus alienus unwirksam war und der Dominus deshalb die nummi vindiziert hat. 5. Vereinfachen wir den Fall wieder, indem wir die Konsumtion des Geldes unterstellen. 50 Der Dominus kann dann wählen, ob er mit der Kondiktion gegen den bonaefidei possessor vorgeht oder mit der Kaufklage gegen den venditor. 5] Wählt er die eine Klage, stellt sich die Frage, wie die andere erlischt. Zivile Konsumtion 52 scheidet aus, da der Klagegrund nicht eadem res ist: die condictio hat ihren Grund in der Übereignung an den bonaefidei possessor, wodurch die Regeln des Sklavenerwerbs umgangen wurden, während die actio empti auf dem von dem servus alienus abgeschlossenen Vertrag beruht. Gleichwohl steht fest, daß der Dominus nur auf dem einen oder anderen Wege vorgehen kann. Hat er den Sklaven vom bonaefidei possessor Ego kondiziert, kann er nicht mehr mit der actio empti gegen den venditor durchdringen, auch wenn dessen Übereignung an den bonaefidei possessor ihn nicht befreit hat. 53 Denn gegen den venditor auf das zu klagen, was er schon hat, ist dolos und
48
Vgl. Käser RPr I 552, 530 m. A. 20; Benöhr 49 ff.; HonselUMayer-Maly¡Selb, Rom. Recht 309 für die Kaufklage. Zumindest muß der Verkäufer die Kaufsache in verzugsbegründender Weise angeboten haben. Zwar ist der Haftungsgrund der actio de peculio die Einräumung des Pekuliums, jedoch kann der Vertragspartner eines Sklaven mit ihr nicht mehr erreichen als mit der gewöhnlichen Geschäftsklage auch. 49
Diesen Mechanismus übersieht Ehrhardt 65, wenn er meint, der Verkäufer erhalte mit der condictio indebiti gegen den bonaefidei possessor und der actio de peculio gegen den Dominus zuviel. Beides zugleich steht ihm gerade nicht zu, der Verkäufer kann mit der actio de peculio erst vorgehen, wenn der Dominus zuvor direkt kondiziert hat und damit so steht, als sei ihm vom Verkäufer erfüllt worden. Dann aber kann der Verkäufer mit der condictio indebiti gerade nicht mehr gegen den bonaefidei possessor Ego vorgehen. 50
Damit hat der venditor das Seine erhalten, wie wenn ihm vom servus wirksam übereignet worden wäre, vgl. D 12.1.19.1 Iul 10 dig. Dazu unten § 13 III 1, 3 a. 51
So schon das Stephanus in Bas. 23.1.31.1 sch. 6. Anders Burdese 273; Benöhr 67 A. 38. 52 So die Bezeichnung von Levy, Die Konkurrenz der Aktionen und Personen im klassischen Römischen Recht I (1918) 56 ff., mit der er die ipso zwre-Konsumtion und die Klagenkonsumtion aufgrund der exceptio rei iudicatae vel in iudicium deductae zusammenfaßt. Hierzu Kaser/Hackl, RZ 306. 53
Anders Benöhr 66 f., Schulz 133.
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fuhrt im bonae fidei iudicium zum Prozeßverlust. Daß die römischen Juristen Konkurrenzen dieser Art tatsächlich so gelöst haben, zeigt D 30.84.5 Iul 33 dig Qui servum testamento sibi legatum, ignorans eum sibi legatum, ab herede emit, si cognito legato ex testamento egerit et servum acceperit, actione ex vendito absolví debet, quia hoc iudicium fidei bonae est et continet in se doli mali exceptionem ... Die Stelle betrifft zwar die umgekehrte Konstellation, daß der Verkäufer den Kaufpreis einklagt, sie illustriert aber, daß die ex fide 6owa-Klausel dem iudex gestattet, auch außerhalb des Vertragsverhältnisses liegende Umstände zu berücksichtigen. 54 6. Der letzte Satz in D 12.1.31.1 [Idem dici debet t si bonaefidei possessori solvissem, si tarnen actiones, quas adversus eum habeam, praestare domino paratus sim.] ist gewiß nicht echt. 55 Neben formalen Einwänden - der Subjektswechsel stört - ist er inhaltlich mit Julians Lösung über Eck nicht in Einklang zu bringen. Wir sahen einen möglichen Vorteil, mit der actio empti vorgehen zu können, in der Haftung des Verkäufers für Zufall. Könnte sich der venditor mit der Abtretung seiner condictio indebiti befreien, ginge dieser Vorteil verloren und ein zufalliger Untergang der Kaufsache in der Hand des bonaefidei possessor wieder zu Lasten des Dominus. Die Abtretung der Kondiktion würde die Absicht der julianschen Alternativlösung in ihr Gegenteil verkehren. Sie ist auch nicht interessengerecht, denn schließlich hat der venditor an den Falschen geleistet, so daß er deijenige ist, der für den zufalligen Untergang der Kaufsache einzustehen hat. 56 Daß ihm der Irrtum nicht vorgeworfen werden kann, weil er den bonae fidei possessor für den Dominus des servus alienus hielt,
54
Der umgekehrte Fall ist kaum denkbar. Ist der bonaefidei possessor nicht mehr im Besitz des homo, haftet er ohnehin nicht mehr mit der condictio ; für eine perpetuatio obligationis besteht kein Anlaß, s. o. 3. Die einzige Konstellation, in der sich der Dominus eine exceptio doli entgegenhalten lassen müßte, wenn er vom bonae fidei possessor kondizieren will, ist die, daß er vom venditor im Wege des Schadensersatzes voll befriedigt worden wäre, ohne daß dieser zuvor den weiterhin bei dem bonae fidei possessor aufhältigen Sklaven kondiziert hätte - was einen in geschäftlichen Dingen sehr ungeschickten venditor voraussetzt. 55 Ebenso Beseler 182; Benöhr 67 f. A. 42, Saccoccio 198 f. Bereits ab sed addicere debuit Julianus streichen Santoro 64 ff.; Ehrhardt 65; Micolier , Le pécule et la capacité patrimoniale (1932) 528 A. 25; Schulz 133. 56
hält.
Anders Ehrhardt 65, der den Verkäufer auf Kosten des Dominus für schutzwürdig
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
entlastet ihn nicht. Er hätte sich auch in diesem Fall wirksam von seiner Schuld befreien können, wenn er an den servus manzipiert hätte. 57 Für unsere Zwecke bleibt festzuhalten: Die direkte Kondiktion des Dominus gegen den bonae fidei possessor Ego ist eine Nichtleistungskondiktion, denn eine datio ist im Verhältnis dieser beiden Beteiligten nicht erfolgt. Mit Hilfe der condictio wird lediglich ausgeglichen, was dem bonaefidei possessor entgegen den Regeln des Sklavenerwerbs zugefallen ist, die aufgrund der direkten Manzipation nicht greifen konnten.
II. D 45.3.39 Pomp 22 ad Quintum Mucium Auch im folgenden Text wird ein den Regeln des Sklavenerwerbs zuwider laufender Erwerb mithilfe der condictio ausgeglichen. Das Fragment behandelt spiegelbildlich die soeben betrachtete Konstellation. D 45.3.39 Pomp 22 ad Qu Muc Cum servus, in quo usum fructum habemus, proprietatis domino ex refructuarii vel ex operis eius nominatim stipuletur, adquiritur domino proprietatis. Sed qua actione fructuarius reciperare possit a domino proprietatis, requirendum est. Item si servus bona fide nobis serviat et id, quod nobis adquirere poterit, nominatim domino suo stipulates fuerit, ei adquiret: sed qua actione id reciperare possumus, quaeremus. Et non sine ratione est, quod Gaius noster dixit, condici id in utroque casu posse domino.58 Ein Nießbrauchssklave erwirbt eine ausdrücklich auf den Namen seines Dominus geschlossene Stipulation auch dann seinem Herrn, wenn die Gegen-
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An einen Sklaven konnte manzipiert werden, vgl. Käser RPr I 414 m. A. 14. Daß der Sklave dabei seinen Gewalthaber in der Formel namentlich nennen mußte, darf bezweifelt werden. Die von Käser angeführte Gaiusstelle III, 167, betrifft den Fall, daß ein gemeinschaftlicher Sklave nur einem seiner Herren erwerben will. 58
Mit dem Sachproblem beschäftigen sich Voigt, Ueber die condictiones ob causam und ueber causa und titulus im Allgemeinen (1862) 747; Asher, ZRG 5 (1866) 88 ff.; Baron, Die Condictionen (1881) 5 f.; Salkowski, Zur Lehre vom Sklavenerwerb (1891) 190 f.; v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio I (1903) 131; Pflüger, Pro Roscio (1904) 77 ff.; Dulckeit, Erblasserwille und Erwerbswille (1934) 27 ff.; Donatuti, Causae (1951) 141 f.; Reggi, Liber Homo Bona Fide Serviens (1958) 52 ff.; Honoré , Gaius (1962) 1 ff.; Käser, Gnomon 35 (1963) 480; Mayer-Maly, Mél. Plodzien, Roczniki teologicznokanoniczne 10 (1963) 55 ff. (zusammengefaßt in TR 32 (1964) 98 f.); Santoro, Studi 79ff.; D'Ors , Iura 25 (1974) 18 ff. Der weitaus größte Teil der Lit. befaßt sich ausschließlich mit textkritischen Fragen und dem Gaius noster - Zitat. S. dazu im folgenden.
§ 6 Condictio ohne datio beim Sklavenerwerb
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leistung aus dem Vermögen des Nießbrauchers stammt (ex re fructuarii) oder in Arbeitsleistungen des Sklaven bestand (ex operis). Gefragt ist nach der Klageart, mit der der Nießbraucher das Erlangte herausverlangen kann. Dieselbe Frage stellt sich, wenn ein servus alienus namens seines Dominus stipuliert, obwohl er seinem bonae fidei possessor hätte erwerben können. Pomponius schließt sich in der Entscheidung Gaius noster an: die richtige Klage sei in beiden Fällen die condictio. 1. Der Text ist vielfach verdächtigt worden, 59 wird aber neuerdings mit Ausnahme von Santoro und D'Ors wieder für echt gehalten.60 Sprachliche Einwände tragen nicht. 61 Dulckeit und D'Ors führen deshalb auch inhaltliche Gründe an, mit denen sie den zweiten Fall streichen wollen. 62 Es sei ausgesprochen unwahrscheinlich, daß ein servus alienus bonafide serviens, der sich über die wahren Eigentumsverhältnisse nicht im klaren sei, eine Stipulation ausdrücklich auf den Namen seines wahren Dominus abschließt, weshalb der Fall dem klassischen Juristen nicht zugeschrieben werden könne. Unmöglich ist diese Konstellation indessen nicht, wenn sie auch einen rechtsunkundigen Sklaven voraussetzte: der servus alienus dürfte nicht gewußt haben, daß er keine Stipulation auf den Namen eines Dritten abschließen kann, und müßte aus Zufall den Namen seines wahren Dominus genannt haben.63 Denkbar wäre 59 Vgl. LeneL, Paling. II 72 A. 4; Dulckeit 27 ff.; Donatuti 141 f.; Kunkel, Herkunft und Stellung der römischen Juristen (1952) 187 A. 341 ; Reggi 52 f.; Grosso, Usufrutto e figure affini nel diritto romano (1958) 225; Käser 480, ders., Gaio nel suo tempo - Atti del simposio romanistico (1966) 44; Mayer-Maly 60; Pugsley, RH 41 (1994) 362, und die bei Santoro 81 A. 32 Nachgewiesenen. 60
Honoré 1; Liebs, (1977) 339 A. 101 und Lyskowski, Condictio Juristen, (2. Aufl. 1908) 94.
ANRW II 15 (1976) 295; Nörr, ebd. 511 A. 64; Wieacker SZ 94 früher schon Pernice, Labeo III 218 A. 5, v. KoschembahrI (1903) 131; Fitting, Alter und Folge der Schriften der röm. 3, 34; Bonfante, Corso di diritto romano III (Neudruck 1972)
61 Der Wechsel von Modus und Tempus im zweiten Fall rechtfertigt nicht ohne weiteres seine Streichung. Ein Bedingungssatz im Potentialis, bei dem im Nachsatz Futur steht, ist ohne weiteres möglich, vgl. Kühner/Stegmann, Ausführliche Grammatik der lateinischen Sprache II 4 (1962) 393 ff. Die Variante des Ausdrucks im Vergleich zum ersten Fall ist kein Interpolationsindiz; anders Santoro 82 f. Bei possumus anstelle von possimus wird es sich um einen bloßen Kopistenfehler handeln. Zu id in utroque casu vgl. Mayer-Maly 61; Honoré 1 A. 3, die Wendung findet sich etwa auch bei Gai III, 179. Der letzte Satz ist jedenfalls „linguistically impeccable and ... a clear rule as to the application of the classical condictio" (Honoré 1), die Angriffe gegen ihn beruhen demzufolge zumeist auf der verdächtigen Wendung Gaius noster. 62 63
Dulckeit 28; D Ors 19 f.
Vgl. D 45.1.38.17 Ulp 49 ad Sab. - Daneben wird mit guten Gründen vertreten, daß die bonafides entgegen des sprachlichen Bezuges nicht vom servus alienus,
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
auch, daß der Sklave veräußert worden ist, die Veräußerung aber nicht wirksam war, was der Sklave nicht weiß. Aus alter Gewohnheit stipuliert er weiterhin auf den Namen seines ,alten4 Dominus. Das in fr. 39 aufgeworfene Problem ist jedenfalls nur für den servus usufructuarius und den bona fide serviens denkbar. Pomponius stellt die beiden Fälle abstrakt und vollkommen parallel gefaßt nebeneinander. Da auch sonst der Nießbrauchssklave und der servus alienus häufig gemeinsam behandelt werden 64 und die Libri ad Q. Mucium 65 anerkanntermaßen Lehrcharakter haben, 66 darf das darin zum Ausdruck kommende Vollständigkeitsstreben nicht verwundern. Die strenge Form, bei der die Wiederholung der Frage ein Kunstgriff ist, spricht gerade für die Echtheit des Textes. 67 In der Literatur findet der Text vor allem wegen des Gaius noster-Zitets immer wieder Beachtung. Dieselbe Formulierung findet sich nur in drei weiteren - justinianischen - Texten, die eindeutig auf den Institutionenautor Gaius verweisen 68. Aus diesem Grunde glaubte man lange, daß auch das Gaius noster
sondern lediglich von seinem Scheindominus zu fordern ist, wodurch die Schwierigkeiten entfielen. Zu dieser Deutung des bonafide servire Salkowski 154; Buckland, The Roman Law of Slavery (1908) 331; Beseler SZ 43 (1922) 554 u. SZ 44 (1924) 392 f.; Perozzi, Istituzioni di diritto romano I (1928) 299 A.1; Dulckeit 25; Betti, Istituzioni di diritto romano I (1928) 461; zuletzt Krüger, Erwerbszurechnung kraft Status (1979) 96 m. A. 32. Auch Pernice, Labeo II l 2 (1895) 374 läßt die Gesinnung und Meinung des Unfreien selbst zurücktreten und verlangt Gutgläubigkeit nur vom dienenden homo liber. Dem entsprechen Texte wie D 21.1.43.3 Paul 1 ad ed cur: Si sevus meus bonafide tibi serviens fugerit vel sciens se meum esse vel ignorans, fugitivus est, nisi animo ad me revertendi id fecit. Danach kann offenbar ein tibi bonafide servire mit der Kenntnis des Sklaven von den wahren Eigentumsverhältnissen zusammenfallen. Reggi 44, der die bonafides immer auf den Dienenden beziehen will, muß deshalb zu Interpolationsannahmen greifen. Bonafide servire ist demzufolge wohl am ehesten als Chiffre für das Rechtsverhältnis eines servus alienus zu verstehen, und nicht als Tatbestandsvoraussetzung, als die es ja ohnehin nicht vollständig wäre: die Möglichkeit, durch den fremden Sklaven zu erwerben, hat der bonaefidei possessor nämlich nur, wenn er eine iusta possessio an dem Sklaven hat, wie sie bei Schenkungen unter Ehegatten etwa verneint wird, vgl. Salkowski 146 ff. 64
Vgl. nur Gai II, 91 f.; den Zusammenhang betonen auch Baron 6 und Reggi 53 A. 171, der allerdings qui bonafide possidetur lesen will. 65
Zum Titel Liebs, St. Volterra V (1971) 72 ff.
66
Vgl. Nörr, ANRW II 15 (1976) 548; Liebs,, aaO 74.
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Anders Mayer-Maly 60, der die erste Frage sed qua actione wegen der „sehr störenden Wiederholung" streichen will. Ebenso schon Lenel, Paling. II 72 Nr. 285 A. 4. 68
I 4.18.5, clmp 6, c Omnem 1.
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in D 45.3.39 aus der Feder der Kompilatoren stammen müsse.69 Doch noster verwenden die Juristen öfter bei der Nennung eines anderen Juristen, so daß eine justinianische Veränderung eher fernliegt. 70 Darum ist anzunehmen, daß das Zitat Gaius noster von Pomponius selbst stammt, wobei zu klären bleibt, welchen Juristen er damit meint. Ein Gaius wird in den Digesten in drei weiteren Stellen angeführt, wobei sich aus dem Zusammenhang ergibt, daß jeweils C. Cassius Longinus gemeint ist. 71 Gaius der Institutionenautor wird dagegen von den klassischen Juristen überhaupt nicht zitiert. Dies legt nahe, daß es sich auch in fr. 39 um Cassius handelt 72 . Die neuere Literatur nimmt dennoch überwiegend an, Pomponius habe als einziger Klassiker den Autor der Institutionen zitiert. 73 Mit lediglich 69
So noch Düll, SZ 93 (1976) 14 und zuletzt Pugsley, RH 41 (1994) 362, der glaubt, Gaius und Pomponius seien dieselbe Person. 70
Hierzu Asher 93 ff.; Mayer-Maly 57 f. m.A. 13; Honoré 4 ff.
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Zwei Zitate entstammen Iavolens libri ex Cassii, D 35.1.54pr Iav 2 ex Cass und D 46.3.78 Iav 11 ex Cass. Da Iavolen Gaius, den Institutionenautor, nicht mehr erlebt haben kann, beziehen sie sich auf den Autor des von ihm kommentierten Werkes. Nicht ganz so eindeutig ist die Identifizierung des Gaius in D 24.3.59 aus Julians libri ad Urseium Ferocem, denn es ist zumindest nicht ausgeschlossen, daß Julian den Institutionenautor schon gekannt hat. Allerdings referiert er unmittelbar zuvor die Meinung von Sabinus und fügt lediglich hinzu Gaius idem . Da Sabinus und Cassius auch sonst häufig zusammen angeführt werden - ausweislich der Palingenesie in 56 von 143 Cassius-Zitaten - und Julian jedenfalls erheblich älter als der Institutionenautor gewesen sein muß, ist hier ebenfalls ein Verweis auf Cassius anzunehmen. Ebenso schon Lenel, Paling. I 116 Nr. 65, ausführlich Honoré 2 f. 72
Für Cassius auch Santoro 92 und wohl auch Wagner, Studien zur allgemeinen Rechtslehre des Gaius (1978) 241 ; zuvor schon Asher 99 f.; Buckland, The Roman Law of Slavery (1908) 350 A. 1; Pernice, Labeo I (1883) 85 A. 18, III (1892) 218 A. 5; Voigt 747; Salkowski 190 f.; Bonfante, Corso di diritto romano III (Neudruck 1972) 94; Pescaniy Gaio nel suo tempo - Atti del simposio romanistico (1966) 83 f. A. 4; Kipp, Geschichte der Quellen des röm. Rechts4 (1919) 125 A. 1, wenn er auch wie Krüger, Geschichte der Quellen und Litteratur 2 (1912) 190 A. 1, eine Interpolation für wahrscheinlicher hält. 73
Honoré 1 ff.; Mayer-Maly 61 ff.; Robleda, Gaio nel suo tempo - Atti del simposio romanistico (1966) 142; Liebs, Handbuch der Lateinischen Literatur der Antike 4 (1997) 145; ders., ANRW II 15 (1976) 295; Nörr, ebd. 511 A. 64; wohl auch Diôsdi, ebd. 606 A. 5. Außerdem Wieacker SZ 81 (1964) 402 und SZ 94 (1977) 339 A. 101 (anders - itp. - noch FS Schulz II (1951) 103 A.l); Stanojevic, Gaius noster (1989) 4 ff. u. RH 45 (1998) 349 f.; und schon früher Dernburg, Die Institutionen des Gaius (1869) 103; Kariowa, Röm. Rechtsgeschichte I (1885) 720 A. 2; v. Mayr, Die Condictio des römischen Privatrechts (1900) 150 A.1; v. Koschembahr-Lyskowski, Condictio I (1903) 131 A. 2; Fitting, Alter und Folge der Schriften der röm. Juristen2 (1908) 3, 34. Zweifelnd Litewski, SZ 108 (1991) 457.
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quellen- und textgeschichtlicher Betrachtung lassen sich jedoch keine eindeutigen Indizien gewinnen. Schon Mayer-Maly hat daraufhingewiesen, daß erst die Analyse der Sachfrage ein einigermaßen fundiertes Urteil in dieser Frage erlaubt, 74 so daß wir diesen Punkt zunächst zurückstellen. 2. Nach den Regeln des Sklavenerwerbs fällt dem Nießbraucher jeder Erwerb zu, den der Nießbrauchssklave ex re fructuarii oder ex operis suis tätigt. Das gilt auch für Stipulationen. Läßt sich ein servus usufructuarius also ex re des Nießbrauchers oder ex operis suis stipulieren, erwirbt er diese Stipulation dem Usufruktuar. Entsprechendes gilt für den bonae fidei possessor eines servus alienus. 75 Gleichzeitig bleibt es jedoch bei dem Grundsatz alteri stipulari nemo potest, praeterquam si servus domino ,filius patri stipulatur. 76 Schließt daher der Nießbrauchssklave eine Stipulation ausdrücklich für seinen Dominus ab, so ist sie wirksam und berechtigt den Dominus, unabhängig davon, aus wessen Vermögen die Gegenleistung stammt: Servum fructuarium ex re domini inutiliter fructuario stipulari, domino ex re fructuarii utiliter stipulari 11. Zugunsten des Dominus bleibt durch den Sklaven ein Erwerb entgegen den Regeln des Sklavenerwerbs möglich, umgekehrt nicht. Der Dominus hat in unserem Fall die Klage aus der Stipulation also erworben. Nach den Regeln des Sklavenerwerbs müßte sie jedoch dem Nießbraucher oder - im zweiten Fall - dem bonaefidei possessor zustehen, denn aus dessen Vermögen stammte die Gegenleistung. Außer Frage steht deshalb, daß der Dominus das durch die Stipulation Erlangte herausgeben muß, und auch der Text untersucht nur, welche Klage einschlägig ist. Gaius noster gewährt eine condictio gegen den Dominus und Pomponius übernimmt diese Lösung. Schon die begründungslose Anführung der Ansicht seines Gewährsmannes spricht dafür, daß Pomponius sich ihm vorbehaltlos anschließt. Aus der Formulierung et non sine ratione est, quod Gaius noster dixit hat man jedoch gefolgert, Pomponius habe die condictio nicht ohne
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A.a.O. 58.
75
Anders nur dann, wenn der Dominus lediglich quiritischer Eigentümer ist und ein anderer den Sklaven in bonis hat: Dum tarnen sciamus: si alterius in bonis sit servus, alterius ex iure Quiritium, ex omnibus causis ei soli per eum adquiritur, cuius in bonis est (Gai II, 88). Ebenso Gai III, 166. 76
D 45.1.38.17 Ulp 49 ad Sab.
77
D 45.3.22 Ner 2 resp; ebenso D 41.1.37.5 lui 44 dig und D 7.1.25.3 Ulp/Iul 18 ad
Sab.
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Bedenken übernommen. 78 Der Ausdruck non sine ratione schwächt die Berechtigung der vorgefundenen Lösung indessen nicht ab, sondern bestätigt sie noch: es handelt sich um die Stilfigur der Litotes, mit der das durch die Verneinung seines Gegenteils umschriebene Wort besonders betont wird. 7 9 Non sine ist ein verstärktes cum. 80 In der Tat kommt auch nur eine condictio in Betracht und sind andere Rechtsbehelfe nicht ersichtlich. 81 Wie im oben besprochenen Fall kann sie ihren Grund nicht in einer datio oder einer Leistung zwischen den Parteien haben.82
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Nach Santoro 86 erhelle die Ausdrucksweise „le difficolta superate per approdare alla soluzione proposta"; Salkowski 191 schließt, die condictio in fr. 39 könne noch nicht allgemein anerkannt gewesen sein; ähnlich Buckland , The Roman Law of Slavery (1908) 350 m. A. 1. 79
So die Definition der Litotes bei dem Grammatiker Servius zu Verg. Aen. I, 77: litotes fit, quotienscunque minus dicimus et plus significamus per contrarium intelligentes . Zur abstrakten Erfassung der Figur in der Antike Volkmann , Die Rhetorik der Griechen und Römer2 (1885, Neudruck 1965) 434 f. Vgl. allgemein zur Litotes Leuman/Hofinann/Szantyr , Lateinische Grammatik II (1965) 778. 80 Auch cum ratione bedeutet entschiedenen Beifall, vgl. D 41.2.24 Iav 14 epist: ... dicitur, summa scilicet cum ratione . Zu diesem Text Eckardt , Iavoleni Epistulae (1978) 208 ff. - Die Verwendung des Ausdrucks non sine ratione in den Quellen bestätigt den grammatischen Befund. Er kommt bei den Juristen häufiger vor, so daß es sich ersichtlich um eine feststehende Wendung handelt. Das VIR s.v. ratio IV A 2 weist unter sine ratione insgesamt 21 Fundstellen nach, die alle eine Verneinung aufweisen, einmal durch neque (D 17.1.34.1 Air. 8 quaest), zweimal durch nec (D 18.5.1.7 Paul 5 quaest; D 36.3.1.2 Ulp 79 ad ed) und im übrigen durch non. Vor African und Maecian ist non sine ratione bei den Juristen nicht belegt. In Verbindung mit esse liest man non sine ratione noch achtmal, immer bei Ulpian. Meist gebraucht er es in Verbindung mit sententia , wenn er sich ausdrücklich der Entscheidung eines älteren Juristen anschließt oder eine vorgefundene, gefestigte Ansicht billigt. In fünf Stellen werden die Gewährsleute ausdrücklich angeführt, in zwei weiteren lassen sie sich erschließen: D 7.1.7.4 Ulp 17 ad Sab (Pegasus); D 14.4.9.2 Ulp 29 ad ed (Pomponius); D 16.2.13 Ulp 66 ad ed (Labeo); D 37.4.17 Ulp 35 ad Sab (Marcell); Fr. vat. 81 Ulp 17 ad Sab (Papinian); D 28.5.94 Ulp 5 ad Sab (Celsus?); D 42.4.7.11 Ulp 59 ad ed (Labeo?). Kritik oder Zweifel sind dabei nicht erkennbar, es handelt sich vielmehr um die unbedingte Zustimmung zu einer bereits ausgearbeiteten Lösung. 81
Daß das dem Nießbrauch zugrundeliegende Rechtsverhältnis für die Beurteilung des Falles keine Rolle spielt, ergibt sich aus dem Parallelfall des bonafide serviens , bei dem es ein solches gar nicht gibt. So aber Baron 6, wie hier dagegen Salkowski 190, Santoro 84. 82
Ebenso Pernice , Labeo III (1892) 218 A. 5; Salkowski 190; v. KoschembahrLyskowski 131; Santoro 84, 92 und schon Voigt 744, 747, wenn er den Bereicherungsvorgang im Unterschied zu dem durch Rechtsgeschäft „als einfache juristische Handlung des Bereicherten oder als juristisches Ereigniss" begreift. Auch
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Der Sklave ist bloßes Erwerbsmittel und vermittelt keinen rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen dem Dominus und seinem Besitzer. Sein Handeln hat nur dazu geführt, daß es der Dominus ist, der entgegen der einschlägigen Zuordnungsregel des Sklavenerwerbs aus der Stipulation vorgehen kann. 83 Dem Nießbraucher gegenüber ist er an der Stipulationssumme nicht berechtigt, auch wenn er die Rechtsmacht hat, sie einzuziehen.84 Fr. 39 behandelt damit genau spiegelbildlich die Konstellation, die D 12.1.31.1 = D 19.1.24.1 zugrunde liegt. Dort hat der bonaefidei possessor erworben, obwohl der Erwerb eigentlich dem wahren Dominus hätte zufallen müssen, während es hier der Dominus ist, dem auf Kosten des Nießbrauchers und des bonaefidei possessor die Stipulation erworben wird. Das Sachproblem ist in beiden Fällen dasselbe: es hat ein Erwerb entgegen den Regeln des Sklavenerwerbs stattgefunden, und es wird in beiden Fällen mit demselben Rechtsbehelf gelöst: der condictio. 3. Wir kehren zur Gaius noster-Frage zurück. Aus D 12.1.31.1 und D 19.1.24.1 erfahren wir, daß Cassius das Sachproblem vertraut war 85 und daß er es mit Hilfe der condictio löste. 86 Paulus und Julian führen ihn neben Sabinus
Donatuti 141 f. sieht keine Grundlage für eine datio, hält den Schlußsatz jedoch für interpoliert und geht von einem prätorischen Rechtsbehelf aus. 83 Diesen Mechanismus verkennt Pflüger 78, wenn er eine actio de peculio vel in rem verso nach dem Vorbild der actio mandati bzw. negotiorum gestorum annimmt und die Vermögensvermehrung des Dominus mittels einer verkürzten delegatio konstruiert: „es ist, als wäre der Sklave Delegant und Delegatar in einer Person: Delegant im eigenen Namen, Delegatar im Namen seines Herrn." Gegen dieses Kunstgebilde, das allein von dem Bemühen getragen ist, die condictio ohne datio zu umgehen, Santoro 84 f. Ähnlich aber D'Ors 19, der den stipulierenden Sklaven als dans ansieht, der dem Nießbraucher die condictio erwirbt. 84
Ebenso Salkowski 190; Dulckeit 29; v. Koschembahr-Lyskowski The Roman Law of Slaveiy (1908) 350.
131; Buckland,
85 Auch zur Frage der stipulatio servorum sind uns einige Belege von Cassius erhalten, worauf schon Asher 99 f. hinweist; ebenso Santoro 91 A. 61. 86
Diesen Zusammenhang übersieht Santoro 93 ff., wenn er zur Klärung der Identität des Gaius noster D 45.3.32 Paul 9 ad Plaut heranzieht: Si, cum duorum usus fructus esset in servo, et is servus uni nominatim stipulatus sit ex ea re, quae ad utrosque pertinet, Sabinus ait, quoniam soli obligatus esset, videndum esse, quemadmodum alte ususarius partem suam recipere possit, quoniam inter eos nulla communio iuris esset Sed verius est utili communi dividundo iudicio inter eos agi posse. Der Text erwähnt weder Cassius noch die condictio, weshalb ihn Santoro erst mit überzogenen Interpolationsannahmen als Beleg tauglich machen muß, 94 f. Die Entscheidung zu streichen und durch eine condictio zu ersetzen, besteht kein Anlaß. Jedenfalls zu Ulpians Zeiten ist die actio communi dividundi utilis für Streitigkeiten unter
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als Autorität an, was sie selbst der Notwendigkeit eineir expliziten Begründung enthebt. Wenn nun auch Pomponius in fr. 39 für dasselbe Rechtsproblem sich auf einen Gewährsmann beruft, den er Gaius nennt, liegt nahe, daß es dieselbe anerkannte Autorität ist, nämlich Gaius Cassius Longinus. 87 Bei Gaius, dem Institutionenautor, ist schon zweifelhaft, ob er sich mit dem Problem überhaupt befaßt hat. 88 Jedenfalls aber hat er in klassischer Zeit nie eine solche Anerkennung erfahren, daß man seinen Namen als Chiffre für ein Sachargument benutzt hätte 89 - man hat ihn schlicht nicht zur Kenntnis genommen.90 Es spricht darum alles dafür, daß mit Gaius noster Gaius Cassius Longinus gemeint ist und nicht der Institutionenautor.
Nießbrauchern gängig, vgl. D 10.3.7.7 u. 10 Ulp 20 ad ed, und war wohl auch im Edikt proponiert, vgl. Drosdowski , Das Verhältnis von actio pro socio und actio communi dividundo im klassischen römischen Recht (1998) 27 f. Warum sie nicht schon auf Sabinus zurückgehen soll, ist nicht ersichtlich, zumal sie eine sachgerechte Lösung ermöglicht; vgl. auch D 'Ors 20 f. Der gemeinsame Nießbrauch an einem Sklaven ist mit dem Miteigentum, das eine echte Gemeinschaft erzeugt, nicht unmittelbar vergleichbar. Er führt aber immerhin zu Mitbesitz an dem Nießbrauchssklaven und die Ausgleichsprobleme sind ähnlich, wenn der Sklave einen Erwerb tätigt. Es liegt deshalb nahe, im Falle des Nießbrauchs die actio communi dividundo als utilis heranzuziehen. Sie stellt ein entwickeltes Ausgleichssystem zur Verfügung, indem sie eine Verrechnung zwischen den Parteien ermöglicht und dem iudex ein weites Ermessen einräumt. Es besteht kein Bedürfiiis, auf den allgemeinen Rechtsbehelf der condictio zurückzugereifen. In unseren Fällen D 12.1.31.1 = D 19.1.24.1 und D 45.3.39 bestand diese Möglichkeit nicht, denn es fehlte am Mitbesitz, auf den es nach D 10.3.7.3 Ulp 20 ad ed für das iudicium utile entscheidend ankommt. Zur analogen Anwendung der Teilungsklage beim Nießbrauch auch Berger, Zur Entwicklungsgeschichte der Teilungsklage im klassischen römischen Recht (1912) 38 ff. mit allerdings zweifelhafter Chronologie. 87
Ebenso Buckland, The Roman Law of Slavery (1908) 350 A. 1.
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Er hat zwar die Regeln des Sklavenerwerbs mehrfach allgemein und ausführlich dargestellt, weshalb Mayer-Maly 62 f. schließt, mit Gaius noster müsse der Institutionenautor gemeint sein. Nach der Quellenlage hat er sich mit der Frage des fehlgegangenen Sklavenerwerbs allerdings nicht befasst, wie wohl auch sein Interesse an der condictio als Bereicherungsklage eher gering war. Das gibt auch Mayer-Maly 63 zu, weshalb er annimmt, Gaius müsse irgendwo, etwa im 7. Buch ad ed prov , das uns nicht erhalten ist, stärker ins Detail gegangen sein. 89
Zur Entscheidungsbegründung durch Autorität vgl. Schulz, Principles of Roman Law (1936) 183 ff; Horak , Rationes decidendi (1969) 171 ff. 90
Allgemein zum Gaiusproblem, statt vieler, Diösdi, ANRW 11,15 (1976) 605 ff.
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m . Ergebnisse Wir halten fest: Die zwei in diesem Kapitel untersuchten Texte geben eine alte, auf Sabinus und Cassius zurückgehende Entscheidung wieder, die die uneingeschränkte Billigung der späteren Juristen fand. Ihre Zustimmung hätte nicht deutlicher formuliert werden können: Julian schließt sich der opinio Sabini in D 19.1.24.1 mit den Worten in qua ego quoque sum an, Paulus konstatiert in D 12.1.31.1 et hoc verum est und Pomponius betont ihre Richtigkeit in D 45.3.39 mit der Litotes non sine ratione. In beiden Fällen aber wird eine condictio gewährt, die sich mit der gängigen datio-Lehre nicht erklären läßt. Die Sachverhaltskonstellation ist spiegelbildlich und das juristische Problem in beiden Stellen dasselbe: die condictio dient zum Ausgleich eines Erwerbes auf Kosten eines anderen, der sich weder durch eine datio noch sonst auf Veranlassung des Klägers vollzieht. Die Regeln des Sklavenerwerbs führen zu einem ungerechtfertigten Ergebnis, das darum korrigiert werden muß: nach bonum et aequum mit der condictio. Allein äußere Umstände ermöglichen den Erwerb, der aufgrund der sachenrechtlichen Zuordnungsregeln eigentlich dem anderen Teil hätte zufallen müssen - modern gesprochen wird in den Zuweisungsgehalt eines Rechts eingegriffen. Ein Problem war diese condictio ohne datio für die Juristen indessen nicht, vielmehr handelte es sich um allgemein anerkanntes Recht, jedenfalls seit der Zeit von Sabinus und Cassius.
§ 7 Unberechtigte Fruchtziehung bei Papinian In D 12.6.55 handelt Papinian von Rechtsverhältnissen, die entstehen, wenn ein bösgläubiger Besitzer Rechtsfrüchte zieht. Daß es in diesem Fall im Verhältnis zum Dominus an einer Zuwendung oder sonstwie gearteten Leistungsbeziehung fehlt, liegt auf der Hand. D 12.6.55 Pap 6 quaest Si urbana praedia locaverit praedo, quod mercedis nomine ceperit, ab eo qui solvit non repetetur, sed domino erit obligatus. Idemque iuris erit in vecturis navium, quas ipse locaverit aut exercuerit, item mercedibus servorum, quorum operae per ipsum fuerint locatae. Nam si servus non locatus mercedem ut domino praedoni rettulit, non fiet accipientis pecunia. Quod si vecturas navium, quas dominus locaverat, item pensiones insularum acceperit, ob indebitum ei tenebitur, qui non est liberatus
§ 7 Unberechtigte Fruchtziehung bei Papinian
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solvendo. Quod ergo dici solet praedoni fructus posse condici, tunc locum habet, cum domini fructus fuerunt. 91 Der Text behandelt drei unterschiedliche Fallgestaltungen. Zunächst vermietet der praedo ihm nicht gehörende Grundstücke und kassiert den Mietzins. Der Jurist stellt fest, daß in diesem Fall die Mieter ihre Zahlungen nicht zurückfordern können, sondern der praedo statt dessen dem wahren Eigentümer verpflichtet ist. Gleiches gilt für den Pachtzins oder den Lohn, wenn ein praedo fremde Schiffe verpachtet oder mit ihnen Frachtlohn erwirtschaftet oder wenn er fremde Sklaven vermietet. Wenn jedoch ein nicht vermieteter fremder Sklave dem praedo seinen Lohn wie seinem Eigentümer überbringt, macht er ihn nicht zum Eigentümer. Zieht der praedo schließlich das Entgelt aus Mietverträgen ein, die noch der wahre Eigentümer abgeschlossen hat, so haftet er den Mietern, die durch ihre Zahlung nicht frei geworden sind. Das Fragment schließt mit einem regelartigen dictum , wonach von einem praedo die Früchte kondiziert werden können, freilich nur, wenn esfructus domini gewesen seien. I. Die Früchte, um die es geht, sind sogenannte Rechtsfrüchte oder fructus civil es, also solche, die erst durch rechtsgeschäftliches Handeln wie Vermietung oder Verpachtung aus der Sache gewonnen und nicht von ihr selbst hervorgebracht werden. Der Frachtlohn für Schiffe, von dem Papinian an anderer Stelle schreibt: non natura pervenit, sed iure percipitur, 92 ist in den Quellen ein geläufiges Beispiel, ebenso der Mietzins für Gebäude und der Lohn eines vermieteten Sklaven.93 Die Rechtsfrüchte teilen das Schicksal der Sachfrüchte insoweit, als sie ausschließlich dem Fruchtziehungsberechtigten zustehen. In unserem Text geht es um einen praedo , also einen bösgläubigen Eigenbesitzer
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Lit.: Betti , ATor 55 (1919/1920) 103 ff.; Lange, Das kausale Element im Tatbestand der klassischen Eigentumstradition (1930) 91; Solazzi , L'Errore nella condictio indebiti (1939) 74 f.; Voci , Modi di acquisto della proprieta (1952) 153 f.; Bremer , Leistung an einen Nichtberechtigten im klassischen Römischen Recht (1970) 19ff.; Santoro , Studi (1971) 255 ff; D'Ors, Iura 25 (1974) 37 ff. 92
D 6.1.62 Pap 6 quaest. Die Stelle stammt aus demselben Buch wie unser Text. Ob es hier tatsächlich um die rei vindicatio geht, wie Lenel, Paling. I 822, vermutet, oder ob beide Texte noch zur Diskussion um die hereditatis petitio gehören, kann offen bleiben. Die Verwendung des Wortes praedo scheint jedoch eher auf einen Zusammenhang mit der hereditatis petitio hinzudeuten, s. u. A. 95. In D 6.1.62 ist zudem vom Erben und vom Erblasser die Rede. 93
Vgl. nur D 5.3.29 Ulp 15 ad ed: Mercedes plane a colonis acceptae loco sunt fructuum. Operae quoque servorum in eadem erunt causa, qua sunt pensiones: item vecturae navium et iumentorum. Das übersieht Santoro 258 f., wenn er die weiteren Beispiele streicht. Unser fr. 55 ist ersichtlich ein Lehrstück, wofür auch das verallgemeinernde Fazit am Ende spricht, so daß die Reihung der Beispiele gerade für die Echtheit des Textes spricht.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
möglicherweise einer Erbschaft oder eines Erbschaftsgegenstandes. 94 Ein solcher praedo war in keinem Falle fruchtziehungsberechtigt, 95 so daß sich an seinem Beispiel die unterschiedlichen Rückforderungskonstellationen gut zeigen lassen. Fest steht, daß dem praedo der Ertrag nicht verbleiben darf, was Papinian bei seiner Erörterung voraussetzt. In den einzelnen Varianten geht es ausschließlich darum, wem gegenüber der praedo zur Herausgabe der empfangenen Gelder verpflichtet ist. II. Papinian unterscheidet drei Fälle: im ersten hat der bösgläubige Besitzer das Rechtsgeschäft, das zur Entstehung der Rechtsfrüchte führt, selbst abgeschlossen (1.), im letzten Fall war es der Dominus (3.) und im mittleren Fall weder der eine noch der andere, denn es geht um den Lohn eines servus non locatus (2.). 1. Hat der praedo selbst die Verträge abgeschlossen, empfangt er die Zahlungen aufgrund eigenen Rechts. Er ist Verpächter des Grundstücks oder Vermieter des Sklaven, so daß ihm im Verhältnis zu seinem Vertragspartner auch die Gegenleistung zusteht. Daß er eine fremde Sache vermietet oder verpachtet hat, spielt im Verhältnis zum conductor keine Rolle und ist ohne Einfluß auf die Wirksamkeit der abgeschlossenen Verträge. 96 Indem seine Vertragspartner an ihn zahlen, werden sie frei, so daß sie auf keinen Fall zur Rückforderung berechtigt sind. Weil dem praedo der Zins wirksam gezahlt worden ist, hat er die Rechtsfrüchte im eigentlichen Sinn gezogen. Da sie ihm so wenig wie Sachfrüchte verbleiben dürfen, haftet er aber dem Eigentümer: domino erit obligatus. 97
94
Vgl. nur D 5.3.25.3 Ulp 15 ad ed: Quod autem ait senatus ,eos qui bona invasissentloquitur de praedonibus, id est de his qui, cum scirent ad se non pertinere hereditatem, invaserunt bona, scilicet cum nullam causam haberent possidendi. Von den im VIR, s. v. praedo, aufgeführten 53 Stellen (ohne Doppelzählung eines Textes) bezeichnet praedo 39 mal den ,bösgläubiger Erbschaftsbesitzer 4, häufig im Gegensatz zum bonaefidei possessor. 95 Anders dagegen der bonaefidei possessor, der nur dann Füchte zu ersetzen hat, wenn er bereichert ist, vgl. D 5.3.40.1 Paul 20 ad ed: Praedo fructus suos non facit, sed augent hereditatem. Ideoque eorum quoque fructus praestabit. In bonaefidei autem possessore hi tantum veniunt in restitutione quasi augmenta hereditatis, per quos locupletior factus est. 96
Jedenfalls solange der Dominus sein Eigentumsrecht nicht geltend macht und seine Sache vom conductor vindiziert. Der Verpächter schuldet lediglich ein ungestörtes frui licere, vgl. D 19.2.9pr und § 6 Ulp 32 ad ed. 97
Betti 105.
§ 7 Unberechtigte Fruchtziehung bei Papinian
81
Der Text nennt die einschlägige Klage nicht und die Literatur geht häufig nicht weiter darauf ein. 98 Bremer und D'Ors vermuten eine rei vindicatio oder actio negotiorum gestorum , während Santoro eine actio utilis oder in factum annimmt. Die rei vindicatio scheidet sicher aus, hat doch der praedo das Eigentum an dem Geld erlangt. 99 Beide Autoren haben sich offenbar von den Rechtsverhältnissen bei Sachfrüchten leiten lassen, die mit Trennimg durch den praedo an den Eigentümer der Muttersache fielen und darum tatsächlich vindiziert werden konnten. 100 Doch in unserem Fall geht es um Rechtsfrüchte und wir haben gesehen, daß die Pächter und Mieter die Forderung des praedo wirksam erfüllt haben: verschaffen sie ihm das Eigentum an dem Geld, kommt die rei vindicatio nicht mehr in Betracht. Der Dominus verfolgt nicht die Herausgabe einer ihm gehörenden Sache, denn die nummi gehören sofort mit der Zahlung dem praedo. Die alternativ erwogene actio negotiorum gestorum überzeugt gleichfalls nicht, weil bei einem praedo , der sich widerrechtlich die Stellung eines Eigenbesitzers anmaßt, alle Voraussetzungen der Klage fehlen. 101 Es bleibt die allgemeine condictio aus rechtsgrundloser Vorenthaltung, die Santoro zugunsten einer actio utilis oder in factum nur deshalb ablehnt, weil es an der vermeintlichen Voraussetzung des negotium contractum fehle. 102 Doch diese Voraussetzung ist, wie wir sahen, ein modernes Konstrukt: es gab sie nicht, 1 0 3 und die condictio ist zum Ausgleich der Interessen zwischen Dominus und praedo geradezu prädestiniert. 104 Denn der praedo hat eine allein dem Dominus zustehende Erwerbsmöglichkeit genutzt und auf diese Weise zwar den gezahlten Zins zu eigen erworben, der ihm aber materialiter im Verhältnis zum Dominus nicht zusteht. Daß die Juristen zum Ausgleich derartiger Eingriffe die condictio gewährten, haben wir bereits im vorigen Kapitel gesehen und wird von Papinian am Ende unseres Textes bekräftigt: praedoni fructus posse con-
98
Solazzi 153 f. und Lange 91 erörtern nur die Wirksamkeit der Zahlungen der conductores , erwähnen aber die Haftung gegenüber dem Dominus nicht. Bremer 20 nennt in Klammern die rei vindicatio , dazu sogleich. 99
Was Bremer 20 und D 'Ors 38 selbst betonen.
100
Die Sachfrüchte teilten auch die Furtvität der Muttersache, so daß der Eigentümer auch mit der condictio furtiva vorgehen konnte, vgl. D 41.3.4.19 Paul ad ed für die Wolle eines gestohlenen Schafes. 101
D'Ors 38f.
102
264, wobei er unterstellt, Papinian sei ein Anhänger dieser Lehre gewesen.
103
S. o. §§3,4.
104
Daß es sich um eine condictio handelt, folgt nicht zuletzt aus dem Schlußsatz des Fragmentes, der die condictio ausdrücklich nennt, s. u. III.
82
1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
dici. Von einem wie immer gearteten Leistungsverhältnis zwischen dem kondizierenden Dominus und dem praedo kann auch in diesem Fall keine Rede sein. 105 2. Papinian setzt seine Erörterung mit dem Fall fort, daß ein servus non locatus einem Dritten Dienste geleistet und dafür den üblichen Lohn erhalten hat. Der Sklave ist tätig geworden, ohne daß eine locatio condueño des Dominus oder des praedo zugrunde gelegen hätte; vielmehr hat er sich selbst verdungen. Überbringt er seinen Lohn dem praedo, so verschafft er ihm nicht das Eigentum an dem Geld, denn dieses ist schon in dem Augenblick, in dem es dem Sklaven übergeben worden ist, Eigentum des Dominus geworden. Zugunsten des praedo greift auch keine Sonderregel ein, nach der ein Sklave ausnahmsweise das, was er für seine Dienste erhält, einem anderen als seinem wahren Herrn erwerben kann; vielmehr wirkt aller Erwerb zugunsten des Dominus. 106 Papinian begnügt sich mit der Feststellung, daß der praedo das Geld nicht zu eigen erhalten hat und geht auf die Abwicklung dieses Falles nicht weiter ein. Besondere Schwierigkeiten wirft sie auch nicht auf, denn es greifen die üblichen Rechtsbehelfe gegen den bösgläubigen Besitzer ein. Ist das Geld noch unterscheidbar vorhanden, kann es der Dominus vindizieren, ist es verbraucht, kann er es kondizieren. Daneben wird ihm die condictio furtiva zugestanden haben, denn der praedo hat wissentlich fremdes Geld entgegen genommen. Das eigentliche Problem der Erstattung gezogener Rechtsfrüchte stellt sich in dieser Variante nicht, denn weil der Dominus ipso iure Eigentümer des Geldes geworden ist, hat er selbst die Früchte gezogen. 107 3. Bleibt der dritte Fall, daß der Dominus selbst die Miet- und Pachtverträge abgeschlossen hat. Wenn die Vertragspartner jetzt an den praedo zahlen, zahlen sie an den Falschen, denn mit ihm verbindet sie kein Vertragsverhältnis. Dem praedo gegenüber stellt ihre Leistung ein indebitum dar, sie werden nicht frei und können ihre Zahlung daher zurückverlangen. Im Text heißt es dazu ob indebitum ei tenebitur. Die Klage, mit der die conductores vorgehen können, ist jedoch nicht die condictio indebiti, sondern die
105
Wie hier im Ergebnis schon Betti 108.
106
Eine solche Erwerbsmöglichkeit kommt nur zugusten des Nießbrauchers oder des bonaefidei possessor in Betracht, vgl. Gai II, 91 und oben o. § 6 I 2 a. Diesen Mechanismus übersehen Santoro 263 und Betti 109 f., die Eigentum der Besteller annehmen. 107
War der praedo Erbschaftsbesizer, konnte das ihm abgelieferte Geld auch bei der hereditatis petitio veranschlagt werden. Die Haftung des bösgläubigen Erbschaftsbesitzersrichtete sich nach dem SC Iuventianum, vgl. D 5.3.20.6 Ulp 15 ad ed.
§ 7 Unberechtigte Fruchtziehung bei Papinian
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condictio fiirtiva. m Denn der praedo weiß, daß er die Verträge nicht geschlossen und keine Inkassoermächtigung hat. Wer jedoch wissentlich eine Nichtschuld in Empfang nimmt, begeht ein furtum und erlangt kein Eigentum an dem gezahlten Geld. 1 0 9 Die Zahlung der Pächter und Mieter hat sie daher nicht nur nicht befreit, sondern dem praedo auch kein Eigentum an dem Geld verschafft. Den conductores steht daher außerdem die rei vindicatio zu, solange die nummi noch unvermischt vorhanden sind. Ob die zumindest mißverständliche Klausel ,ob indebitum ' von Papinian selbst stammt, ist deshalb zweifelhaft. 110 III. Das Fragment ist sorgfältig konstruiert, 111 wobei Papinian seine drei Fallvarianten danach unterscheidet, wer Eigentümer des gezahlten Geldes geworden ist: Im ersten Fall ist es der praedo , im zweiten der wahre Dominus und im dritten verbleibt das Eigentum bei den zahlenden Vertragspartnern. 112 Die Exegese hat gezeigt, daß nur dann, wenn der bösgläubige Besitzer selbst einen
108 Ebenso Lange 91, Voci 153 f., und Bremer 22 unter Berufung auf die Glossa ordinaria. Anders Solazzi 75, der von einer condictio indebiti ausgeht. 109
D 47.2.43pr Ulp 41 ad Sab: Falsus creditor, hoc est is, qui se simulat creditorem, si quid acceperit, furtum facit nec nummi eius fient ;vgl. auch D 13.1.18 Scaev 4 quaest: Quoniam furtum fit, cum quis indebitos nummos sciens acceperit. Zu beiden Texten Bremer 4 ff. - Ob ein Nichtgläubiger wirklich in jedem Falle, in dem er wissentlich eine Nichtschuld entgegennimmt, ein furtum begeht, kann an dieser Stelle offen bleiben. Es sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen der Empfanger zwar bösgläubig, aber nicht böswillig ist, vgl. die Beispiele bei Solazzi 74. Hier allerdings geht es um einen praedo , also einen bösgläubigen Eigenbesitzer, so daß auch die subjektive Seite des TwrfMm-Tatbestandes gegeben ist. 110
Der Einschub könnte dadurch motiviert sein, daß die Konsumtion von solvendi causa gezahlten nummi , an denen der Gläubiger bei Zahlung noch kein Eigentum erlangt hat, in der Regel zur Schuldbefreiung führt, etwa wenn der Schuldner mit fremdem Geld zahlt, vgl. nur D 12.1.19.1 Iul 10 dig, unten genauer § 13 III 3 a. Hier kommt die Solutionswirkung der Konsumtion jedoch nicht in Betracht, da die conductores gerade nicht Schuldner des praedo sind. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß es sich um einen späteren, allerdings voijustinianischen Einschub handelt, der die Kompilatoren veranlaßt hat, das Fragment in den Titel D 12.6 einzustellen. Ein sachlicher Zusammenhang mit der condictio indebiti fehlt jedenfalls. - Anders Santoro 159 f., der gestützt auf die Worte ob indebitum annimmt, daß der praedo mit der Annahme des Geldes kein furtum begeht, und der Text insgesamt eine Abhandlung über die Voraussetzungen der c. indebiti der Pächter enthält: im ersten Fall scheitere sie daran, daß ihre Zahlung ein debitum darstellt, im zweiten Fall scheitere sie an der fehlenden datio und im dritten greife sie schließlich durch. Ihm folgend D 'Ors 39 f. 111 112
Das betont auch Bremer 23.
Das übersieht Solazzi 75, der mit den weiteren Beispielen des ersten Falles auch den zweiten streicht, da es dem Juristen darauf angekommen sei, wer die Verträge abgeschlossen hat. Gegen die Echtheit des zweiten Falles auch D 'Ors 40.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Vertrag abschließt, dessen Gegenleistung die Juristen zu den fructus civiles zählen, er diese Früchte im Rechtssinne zieht. Eine auf Herausgabe von Früchten gerichtete Kondiktion des wahren Berechtigten kommt folglich nicht schon dann in Betracht, wenn der praedo das Entgelt in den Händen hält, denn dies war in allen drei Varianten gleichermaßen der Fall. Es müssen vielmehr zusätzlich die zugrundeliegenden Vertragsverhältnisse betrachtet werden, denn nur wenn das Geld eigentlich dem Dominus zugestanden hätte, jedoch dem nichtberechtigten Fruchtzieher wirksam übereignet wurde, hat dieser die Früchte im technischen Sinne selbst gezogen und können sie alsfructus civiles kondiziert werden. In den übrigen Fällen fordert der Eigentümer lediglich seine Sache heraus. Genau diesen Zusammenhang drückt Papinian in seinem Schlußsatz aus, 113 wenn er den offenbar feststehenden Rechtssatz praedoni fructus posse condici dahin präzisiert, daß dies nur dann gelte, wenn esfructus domini fuerunt. Auffallend ist in diesem Schlußsatz das Perfekt fiierunt und der Genitiv domini. Daß mit dem Genitiv nicht das Eigentum des Dominus gemeint sein kann, ist nach Papinians Ableitung klar. Denn im zweiten Fall ist der Dominus Eigentümer der Früchte geworden und es ist gerade nicht die spezifisch auf den Ersatz der Früchte gerichtete Kondiktion, mit der er gegen den praedo vorgehen kann. Ähnlich wie pecunia mea und aes suum im Lateinischen nicht zwangsläufig Eigentum bedeuten, 114 sind unter fructus domini die dem Dominus z u s t e h e n d e n Früchte zu verstehen. Mit dem Perfekt fiierunt drückt der Jurist im übrigen aus, daß nur solche Früchte a l s F r ü c h t e kondiziert werden können, die dem Dominus in eben dem Zeitpunkt zustanden, in dem sie an den praedo gelangten und in dessen Eigentum übergingen. Eine Fruchtkondiktion im eigentlichen Sinne kann der Dominus also nur dann erheben, wenn ein bösgläubiger Besitzer das Eigentum an Rechtsfrüchten erlangt, die eigentlich dem Dominus zustanden.115 Nur dann hat der bösgläubige Besitzer die
113 Bremer 23 geht auf den Schlußsatz, als für den Zweck seiner Untersuchung irrelevant, nicht ein; Lange 91 A. 4 schließt ein Glossem nicht aus. Doch Santoro 260 f. m. A. 50 hat gezeigt, daß es eine Eigenheit Papinians ist, in den quaestiones allgemeine Rechtssätze zu überprüfen. 114 S. nur o. zu D 12.1.32 Cels 5 dig, wo pecunia mea auch nur ,mir zustehendes Geld' heißt, § 4 I 2. Einen Zusammenhang mit D 50.16.213.1 Ulp 1 reg („Aes alienum" est, quod nos aliis debemus; „aes suum " est, quod alii nobis debent.) stellt schon Betti 111 her. Ablehnend Santoro 262 f. 115
Anders Betti 111, der den letzten Satz ausschließlich auf die dritte Fallgruppe bezieht und darin die condictio indebiti ausgedrückt sieht, die den conductores deshalb zustehe, weil sie mit ihrer Zahlung zwar Eigentum übertragen hätten, jedoch von ihrer Schuld nicht frei geworden seien.
§ 8 Die condictio pretii bei Julian
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Früchte im technischen Sinne selbst gezogen und nur dann handelt es sich im eigentlichen Sinne um eine Kondiktion von Früchten. In den drei von Papinian unterschiedenen Fällen ist diese Voraussetzung nur im ersten erfüllt, weshalb auch nur dort die spezifische condictio fructuum eingreift. 116 Neuland betritt Papinian mit der Gewährung dieser Kondiktion nicht. Im Gegenteil, es ist offenbar ein anerkannter Rechtssatz, daß die Früchte vom bösgläubigen Besitzer kondiziert werden können. Papinian geht es nur darum, den relativ engen Anwendungsbereich dieses Satzes klarzustellen: eine solche Fruchtkondiktion kommt nur dann in Betracht, wenn der praedo Eigentümer der Früchte geworden ist, sie also im eigentlichen Sinne selbst gezogen hat und nicht schon dann, wenn er sie aus welchen Gründen auch immer in Händen hält.
§ 8 Die condictio pretii bei Julian In D 12.1.23 begegnet uns eine weitere Entscheidung, in der die condictio gewährt wird, ohne daß von einer datio oder einer anderen Leistungsbeziehung zwischen den Parteien die Rede ist: D l 2.1.23 Afr 2 quaest Si eum servum, qui tibi legatus sit, quasi mihi legatum possederim et vendiderim, mortuo eo posse te mihi pretium condicere Iulianus ait, quasi ex re tua locupletior factus sim. 117
116
Auch Santoro 263 bezieht die Verallgemeinerung auf eine Kondiktionsmöglichkeit des Dominus, die jedoch in keinem der geschilderten Fälle eröffnet sei. Nach ihm sei mit der Wendung domini fiierunt die Eigentumsstellung des Dominus gemeint, an der es in jedem der Fälle fehle. Warum Papinian dann aber nicht schreibt, daß Früchte kondiziert werden, wenn es fructus domini sunt, vermag Santoro 266 nicht befriedigend zu erklären mit der Vermutung, daß hier ein Stück über die zwischenzeitliche Konsumtion der Früchte ausgefallen sei. Außerdem übersieht er, daß der Dominus im zweiten Fall tatsächlich Eigentümer der nummi geworden ist. 117
Lit.: Glück, Ausführliche Erläuterung der Pandecten 13/1 (1811) 192 ff.; Voigt, Ueber die condictiones ob causam und ueber causa und titulus im Allgemeinen (1862) 748 f.; v. Mayr, Die Condictio des Römischen Privatrechts (1900) 413 fF.; v. Koschembahr-Lyskowski, Cond. II 223 ff.; Pflüger, Pro Roscio 32 f, 50 ff., 87 ff.; ders., Eigentumserwerb 125; Betti, ATor 51 (1915/1916) 1042 f.; Riccobono, APal 3/4 (1917) 252 f.; Ehrhardt, Justa causa traditionis (1930) 42 f.; Siber, Studi Riccobono III (1936) 252 f.; Sanfilippo, Condictio indebiti I (1943) 64 f.; Donatuti, Causae 133 f.; v. Lübtow, Condictio 74 ff.; D'Ors, SDHI 19 (1953) 142 f.; Käser, FS Felgentraeger (1969) 278; v. Oven, TR 22 (1954) 295 ff.; Liebs, Essays for Tony Honoré (1986) 171; Flume, Ges. Schriften I (1988) 247 ff. [=FS Niedermeyer (1953) 103 ff.]; Wimmer, Besitz und
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Der Sachverhalt ist einfach: Jemand besitzt und verkauft einen Sklaven, der ihm vermeintlich vermacht wurde; der Sklave stirbt. Julian entscheidet, daß der wahre Legatar das pretium kondizieren könne, denn der Verkäufer sei gleichsam aus seinem Vermögen bereichert. I. Das Vermächtnis war ersichtlich ein Vindikationslegat, denn es geht um einen Anspruch des wahren Legatars Tu gegen den Scheinlegatar Ego. Ansprüche zwischen dem Legatar und dem Scheinlegatar kommen bei einem Damnationslegat nicht in Betracht* hier wäre es der Erbe, der einerseits den an den Falschen übereigneten Sklaven zurückfordern könnte und andererseits dem wahren Legatar auf Erfüllung des schuldrechtlichen Anspruchs haftete. 118 Der Scheinlegatar hat eine fremde Sache verkauft, deren Übereignung keinen Eigentumserwerb des Käufers bewirkte, so daß der wahre Legatar die Kaufsache zunächst vindizieren konnte. Erst mit dem Tod des Sklaven erlosch die Vindikationsmöglichkeit, so daß der wahre Legatar gegen den Käufer nicht länger vorgehen konnte. Wird die Eviktion unmöglich, haftet aber auch der Verkäufer dem Käufer nicht mehr für den Rechtsmangel der Kaufsache. 119 Der Kaufpreis bliebe ihm ungeschmälert erhalten, wenn der wirkliche Legatar nicht kondizieren könnte. Da der Verkäufer den Erlös aber für die Sache eines anderen erhalten hat, ist er gleichsam auf dessen Kosten grundlos bereichert, weshalb Julian ihn mit der condictio pretii haften läßt. 1 2 0 Eine condictio nach datio ist diese Kondiktion nicht; der wahre und der vermeintliche Legatar hatten keinerlei Kontakt miteinander. Viele Autoren erklären den Text deshalb für interpoliert, weil es eine condictio ohne datio nicht gegeben haben kann. 121 Indessen ist kein Grund ersichtlich, an der Echtheit des
Haftung des Vindikationsbeklagten (1995) 99 f.; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998) 173 f.; Schermaier, SZ 115 (1998) 557; Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 78 ff. 118
In diesem Sinne Müller-Ehlen maier 55 m. A. 33. 119
173, Wimmer 99, Liebs 171, D'Ors 142, Scher-
Das betont Liebs 171.
120
Der quasi-Satz stellt den materiellen Grund der condictio heraus, eine Beschränkung auf die noch vorhandene Bereicherung enthält er nicht. So aber Siber, Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung II, Römisches Privatrecht (1928, Neudruck 1968) 220, der die Begründung deshalb den Kompilatoren zuschreibt; dagegen schon Niederländer, Die Bereicherungshaftung im klassischen römischen Recht (1953) 173. 121
Pflüger, Eigt. 125, Pro Roscio 88, Ehrhardt 42 f., v. Oven 297. Auch Schwarz, Grundlage der Condictio 199 A. 26, erklärt die condictio ohne Exegese unter Verweis auf Pflüger und Beseler, SZ 47 (1927) 364 für justinianisch. Donatuti 133 nimmt im Anschluß an Pflüger statt der condictio eine actio in factum an, ebenso Betti 1042, Siber
§ 8 Die condictio pretii bei Julian
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Textes zu zweifeln. 122 Julian läßt offensichtlich genügen, daß der Verkäufer das pretium dem wahren Berechtigten gegenüber ohne Grund gleichsam aus dessen Vermögen erlangt hat (quasi ex re tua locupletior factus sim). Ihrer Funktion nach setzt die condictio damit den Eigentumsschutz fort, indem das pretium an die Stelle der Sache tritt. 1 2 3 II. Zu klären bleibt, was das pretium ist - der durch den Veräußerer erzielte Kaufpreis oder der Wert des veräußerten Gegenstandes.124 Der Wortlaut ist offen, pretium ist in beiden Bedeutungen belegt. Überwiegend wird angenommen, daß mit dem kondizierbaren pretium der Kaufpreis gemeint sei - wohl einfach deshalb, weil die Sache »verkauft 4 wurde. 125 Doch diese Interpretation ist kaum wahrscheinlich. D 12.1.23 ist nämlich nicht die einzige Stelle, in der ein pretium kondiziert wird - wenn auch offenbar die einzige, in der keine Leistungsbeziehung zwischen den Parteien besteht. In den übrigen Stellen steht die Rückabwicklung einer donatio mortis causa oder eines indebitum für den
253 m. A. 34, v. Lübtow 75. Sanfilippo 64 f. unterstellt eine actio utilis; ähnlich wohl auch Niederländer, Die Bereicherungshaftung im klassischen römischen Recht (1953) 3. Eine Interpolation vermutet auch Ehrhardt 43. 122
Das betont schon Kaden, SZ 71 (1954) 570, ebenso v. Koschembahr-Lyskowski 224 f. Selbst Pflüger, Pro Roscio 32, kann keine sprachlichen Mängel feststellen. Für die Echtheit der Kondiktion auch Käser 278, Flume 250, Liebs 171, Müller-Ehlen 173, Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im römischen Recht (1968) 26, Schermaier 557, Hähnchen 79 und D'Ors 142 f., der jedoch den quasi-Satz streicht. Vgl. auch C 4.51.1. Zur weiteren Textkritik im Verhältnis zu D 3.5.48 Afr 8 quaest unten III. 123
Ebenso Hähnchen 80 f. im Anschluß an Jacobi, IherJb 4 (1861) 189 f. Ähnlich auch v. Koschembahr-Lyskowski 223, Riccobono 253. Für eine condictio sine causa auch schon Glück 193, Voigt 748. Nach Käser 278 ist diese condictio eine fortschrittliche Schöpfung Julians. 124
Dieser Frage gehen nur Siber 251 ff. und Flume 248 f. nach. Flume spricht sich für »Kaufpreis 4 aus mit dem pauschalen Argument, daß die Bedeutung »Wert* eine abstrahierende Argumentation voraussetze, die zwar dem modernen Juristen ohne weiteres geläufig sei, nicht aber dem antiken. 125
Die meisten Autoren unterstellen die Bedeutung Kaufpreis ohne weitere Überlegungen, so Käser 278, v. Oven 296, Liebs 171, Müller-Ehlen 173 und Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im römischen Recht (1968) 26, Niederländer, Die Bereicherungshaftung im klassischen römischen Recht (1953) 3, 173, Schermaier 557, Hähnchen 79, 81. Auch Peters in Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler Corpus Iuris Civilis, Text und Ubersetzung III (1999) übersetzt „Kaufpreis"; anders noch Schneider in Otto/Schilling/Sintenis, Das Corpus juris civilis in's Deutsche übersetzt II (1831): „Werth", ebenso in der Übersetzung zu C 4.51.1. Für die Bedeutung »Wert4 auch v. Lübtow 75, gegen ihn Wimmer 100 A. 451.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Fall in Frage, daß der Schuldner inzwischen über die Sache verfügt hat. Für diese Texte aber läßt sich die Bedeutung ,Wert' sicher nachweisen. 1. Betrachten wir zunächst die Fälle der Schenkung auf den Todesfall: D 39.6.19 Iul 80 dig Si filio familias res mortis causa data fuerit et convaluisset, donator actionem de peculio cum patre habet: at si pater familias, cum mortis causa donationem accepisset, in adoptionem se dederit, res ipsa a donatore repetitur. nec huic similis est is, qui rem, quam mortis causa acceperat, alii porro dederit: nam donator huic non rem, sed pretium eius condiceret. Wenn einem Haussohn eine Sache auf den Todesfall geschenkt wurde, kann der wieder genesene Schenker mit der actio de peculio gegen den Vater vorgehen. Auch wenn ein pater familias, der eine auf den Todesfall geschenkte Sache empfangen hat, sich später adoptieren läßt, kann der Schenker die Sache selbst zurückverlangen. Anders verhält es sich, wenn der Beschenkte sie an einen anderen weitergegeben hat: in diesem Fall haftet er dem Schenker mit der condictio nicht auf die Herausgabe der Sache sondern auf das pretium. Die donatio mortis causa war in der Regel so ausgestaltet, daß der Beschenkte die Zuwendung sofort erwarb, sie aber mit der condictio ob rem herausgeben mußte, wenn der Schenker der drohenden Todesgefahr entronnen war. 1 2 6 Auch D 39.6.19 hegt diese Konstruktion zugrunde. Julian untersucht zunächst, welche Auswirkungen es hat, wenn der Beschenkte von Anfang an nicht gewaltfrei war oder erst zum Zeitpunkt der Rückforderung unter fremder Gewalt stand. War der Beschenkte ein Haussohn, konnte der Schenker die Sache nicht vom filius kondizieren, weil dieser nicht rechtsfähig war. Hatte er jedoch - wie üblich - ein Pekulium, haftete der pater familias mit der actio de peculio auf Herausgabe des geschenkten Gegenstandes. Der Schenker konnte die Sache selbst auch herausverlangen, wenn der Beschenkte ursprünglich gewaltfrei war und sich in der Zwischenzeit in fremde Gewalt begeben hatte. Durch die Adoption 1 2 7 erleidet der Gewaltfreie zwar eine capitis deminutio und wird im Rechtssinne Kind des Annehmenden. Dennoch bleibt es Julian zufolge auch hier bei der Haftung auf die geschenkte Sache selbst. 128
126
Vgl. Käser, RPr I 764.
127
Im Fall einer Person sui iuris genauer durch die Arrogation, vgl. Käser, RPr I
347 f. 128
Der Text läßt die Klage unerwähnt. Da die Rückforderungsmöglichkeit erst zu einem Zeitpunkt entsteht, in dem der Beschenkte gewaltunterworfen ist, müßte es, wenn ihm ein Pekulium eingeräumt worden ist, ebenfalls die actio de peculio sein. Anders Betti 1032, der für das Entstehen der Schuld auf den Zeitpunkt der Schenkung abstellt
§ 8 Die condictio pretii bei Julian
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Diesen Fällen stellt Julian die Konstellation gegenüber, daß der Beschenkte vor Genesung des Schenkers über die Sache verfügt hat. Da er Eigentümer der Sache war, ist die Übereignung wirksam, so daß der Schenker nicht mehr auf die Sache zugreifen kann. An die Stelle der Kondiktion der res läßt Julian deshalb die Kondiktion des pretium treten. Der Text läßt allerdings offen, ob die Sache überhaupt entgeltlich veräußert wurde. Es heißt nur, daß der Beschenkte die Sache übereignet hat (dederit). Da das pretium aber in jedem Fall, also auch bei unentgeltlicher Veräußerung, kondiziert werden kann, muß hier mit pretium der Wert der Sache gemeint sein. 129 Vom »Wert4 der Sache ist auch die Rede in D 39.6.39 Paul 17 ad Plaut: Si is, cui mortis causa servus donatus est, eum manumisit, tenetur condictione in pretium servi, quoniam seit posse sibi condici, si convaluerit donator. Hier hat der Empfanger den ihm mortis causa geschenkten Sklaven freigelassen. Wenn Paulus ihn mit der condictio auf das pretium haften läßt, obwohl feststeht, daß er keinen Gegenwert erhalten hat, kann pretium nur ,Wert' meinen. 1 3 0 Diese strenge Haftung ist deshalb gerechtfertigt, weil der auf den Todesfall Beschenkte damit rechnen mußte, die Sache wieder herausgeben zu müssen, wenn die Todesgefahr vorüberging. 131
und eine direkte Haftung des Gewalthabers in solidum annimmt, ebenso Amelotti, La donatio mortis causa in diritto romano (1953) 152. 129
So versteht auch Siber 251 f. den Begriff pretium, hält jedoch die condictio pretii anstelle von condicio rei für interpoliert. 130 131
Vgl. Siber 251.
Anders Betti 1019 ff., der die Haftung des Kondiktionsschuldners auf den Wert aus der perpetuatio obligationis erklärt. Die Differenzierung zwischen der condictio rei und der condictio pretii, wie sie etwa in D 39.6.19 zutage trete, sei nachklassisch und aus der Ablösung des Formularprozesses durch das Kognitionsverfahren zu erklären. Die auf das pretium gerichtete Kondiktion sei stets interpoliert, da das Objekt der Klage mit dem Gegenstand der Ubereignung zu klassischer Zeit immer übereingestimmt haben müsse, aaO 1031 f. Ihm folgen Amelotti, La donatio mortis causa in diritto romano (1953) 151 ff. und neuerdings Rodriguez Diaz, Algunos aspectos de la donatio mortis causa en el derecho romano (2000) 90 f. m.w.N. Für eine perpetuierte Kondiktion auch Simonius, Die donatio mortis causa im klassischen römischen Recht (1958) 176 f. - Die Fälle der donatio mortis causa lassen sich mit Hilfe der perpetuatio obligationis allerdings nicht erklären, denn die Rückgabeverpflichtung aus der condictio ob rem besteht zum Zeitpunkt der Verfügung (Weiterveräußerung oder Freilassung) noch nicht: sie ist nicht aufschiebend bedingt, sondern sie entsteht erst, wenn der Schenker der Todesgefahr entronnen ist. Wenn der Beschenkte die Sache in diesem entscheidenden Zeitpunkt aber nicht mehr hat, kann er von vornherein nicht auf Rückerstattung der Sache haften. Kommt die condictio rei nicht zur Entstehung, gibt es aber auch für eine
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2. Durfte der Kondiktionsschuldner dagegen berechtigterweise davon ausgehen, die Sache behalten zu dürfen, haftete er nicht. Bei der Schenkung auf den Todesfall ist diese Konstellation nicht denkbar, wohl aber bei der Leistung auf eine Nichtschuld dagegen schon. Deshalb unterscheidet Paulus zwischen dem gutgläubigen und dem bösgläubigen Kondiktionsschuldner in D 12.6.65.8 Paul 17 ad Plaut Si servum indebitum tibi dedi eumque manumisisti, si sciens hoc fecisti, teneberis ad pretium eius, si nesciens, non teneberis, sed propter operas eius liberti et ut hereditatem eius restituas. Wertersatz wird nur geschuldet, wenn der Kondiktionsschuldner im Moment der Freilassung 132 von der Nichtschuld wußte. Handelte er gutgläubig, hat er nur die aus der Freilassung selbst erwachsenden Vorteile herauszugeben. 133 Ein Ulpian-Text schließlich behandelt den Fall, daß der gutgläubige Kondiktionsschuldner den ihm nichtgeschuldeten Sklaven unter Wert veräußert hat:
perpetuatio obligationis keinen Ansatzpunkt. Zweifel an der Lösung mit Hilfe des Perpetuationsgrundsatzes schon bei Flume 251 f. 132 Hat er schon die Nichtschuld wissentlich in Empfang genommen, beging er ein furtum. Der Text befaßt sich jedoch mit der Haftung aus der condictio indebiti, was Gutgläubigkeit im Zeitpunkt des Erwerbs des Sklaven voraussetzt.
133 Hier ist die Annahme einer perpetuatio obligatonis, die Betti 1019 ff. als Erklärung bemüht (s.o. A. 131), zwar möglich, aber nicht zwingend: Wenn selbst die Haftung des Diebes bei Untergang der gestohlenen Sache nicht immer fortdauerte, muß dies auch für den venditor sciens gelten. Hatte nämlich der Dieb die Herausgabe der Sache vorher angeboten, dauerte nicht einmal die condictio furtiva fort, D 13.1.8pr Ulp 27 ad ed: In re furtiva condictio ipsorum corporum competit: sed utrum tamdiu, quamdiu exstent, a vero et si desierint esse in rebus humanis? et si quidem optulit für, sine dubio nulla erit condictio: si non optulit, durat condictio aestimationis eius: corpus enim ipsum praestari non potest. Die perpetuatio obligationis scheint allein vom Verzug abzuhängen: endet er mit dem Angebot des Schuldners, endet auch die Haftung des Diebes. Ulpian gebraucht zudem den Begriff aestimatio (und nicht pretiuml), um die Haftung auf den Sachwert infolge Perpetuierung der Klage zu bezeichnen. - Daß die Haftung auf das pretium außerdem nicht auf die Fälle der Bösgläubigkeit, in denen überhaupt nur eine perpetuatio obligationis denkbar ist, beschränkt war, zeigt der nächste Text, D 12.6.26.12: auch vom Gutgläubigen kann kondiziert werden, allerdings nur, wenn er einen Erlös erzielt hat, dazu sogleich. Dieser Fall läßt sich mit dem Perpetuationsgrundsatz nicht mehr erklären. Nach Wimmer 94 ff greift der Perpetuationsgrundsatz auch nicht beim Vindikationsbeklagten in D 6.1.17pr Ulp 16 ad ed: Iulianus libro sexto digestorum scribit, si hominem, qui Maevii erat, emero a Titio, deinde cum eum Maevius a me peteret, eundem vendidero eumque emptor occiderit, aequum esse me pretium Maevio restituere.
§ 8 Die condictio pretii bei Julian
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D 12.6.26.12 Ulp 26 ad ed ... et interdum licet aliud praestemus, inquit [seil. Celsus], aliud condicimus: ut puta... hominem indebitum, et hunc sine fraude modico distraxisti, nempe hoc solum reiundere debes, quod ex pretio habes ... 1 3 4 Auch hier ist - wie schon zuvor - mit pretium der Wert des Sklaven und nicht dessen Kaufpreis bezeichnet, denn anders läßt sich die Präposition ex nicht erklären. Ex ist hier gleichbedeutend mit de und bezeichnet einen Ursprung oder Anteil. 1 3 5 Daß damit keine Beschränkung auf die noch vorhandene Bereicherung gemeint ist, hat schon Flume klargestellt: 136 Der Text spricht nicht von einer inzwischen eingetretenen Entreicherung des Kondiktionsschuldners, sondern besagt, daß „Leistung und Rückgewähr ein aliud zun} Gegenstand haben". 1 3 7 Quod ex pretio habes beschränkt die Haftung auf das, was der Kondiktionsschuldner aus oder von dem Wert des Sklaven erhalten hat, nämlich auf den geringeren Kaufpreis (modico distraxisti) III. War in den soeben betrachteten Fällen die Kondiktion des pretium stets auf Wertersatz gerichtet, 139 so wird auch in unserem Haupttext D 12.1.23 der 134
Zu dem ganzen Celsus-Zitat und der condictio operarum zuletzt Harke, Argumenta Iuventiana (1999) 95 ff. Auch hier geht die Kondiktion auf Wertersatz. 135
Heumann/Seckel, Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts9 (1914) s.v. ex 1): ,aus\ Vgl. auch Kühner/Stegmann, Ausführliche Grammatik der Lateinischen Sprache I 4 (1962) 501, 504 ff.; Kalb, Spezialgrammatik zur selbständigen Erlernung der römischen Sprache3 (1971) 238, auch zum Verhältnis zu de. 136 248, ihm folgend Harke, Argumenta Iuventiana (1999) 97 A. 391, gegen Niederländer, Die Bereicherungshaftung im römischen Recht (1953) 6. v. Lübtow, Condictio 54, liest zwar ebenfalls eine Beschränkung auf die noch vorhandene Bereicherung, hält dies aber zugunsten der klassischen Lösung, die stets eine Haftung auf den objektiven Sachwert vorgesehen habe, für interpoliert. 137
Flume 248.
138
Flumes 248 Übersetzung ,was du als Kaufpreiserlös hast* verkennt die spezifische Bedeutung von ex. Unstimmig Harke, Argumenta Iuventiana (1999) 97 A. 391, der ,was du a u s dem Kaufpreiserlös hast4 übersetzt, obwohl er eine Beschränkung auf die noch verhandene Bereicherung ablehnt. 139
In diesem Sinne läßt sich auch D 39.6.37.1 Ulp 15 ad leg Iul et Pap verstehen, wenn auch die Bedeutung von pretium hier nicht eindeutig ist: Iulianus ait: si quis servum mortis causa sibi donatum vendiderit et hoc vivo donatore fecerit, pretii condictionem donator habebit, si convaluisset et hoc donator elegerit. alioquin et ipsum servum restituere compellitur. Der Schluß mit der Wahlmöglichkeit des Schuldners ist verdorben, vgl. nur Simonius, Die donatio mortis causa im klassischen römischen Recht (1958) 177 ff. Weitergehend Rodriguez Diaz, Algunos aspectos de la donatio mortis causa en el derecho romano (2000) 89 ff., die jedoch die condictio pretii im Anschluß an Betti, ATor (1915/1916) 1019 ff. insgesamt den Kompilatoren zuweist.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Legatar den Wert kondiziert haben. Dann aber läßt sich die Echtheit unseres Textes auch nicht mehr mit dem Verweis auf D 3.5.48 bezweifeln, wie dies Pflüger getan hat: weil Afrikan dort die actio negotiorum gestorum, nicht aber die condictio gewährt habe, müsse die condictio des Legatars in D 12.1.23 interpoliert sein. 140 Doch für das Nebeneinander der beiden Klagen bestand wohl ein Bedürfiiis. D 3.5.48 Afr 8 quaest Si rem quam servus venditus subripuisset a me venditore, emptor vendiderit eaque in rerum natura esse desierit, de pretio negotiorum gestorum actio mihi danda sit, ut dari deberet, si negotium, quod tuum esse existimares, cum esset meum, gessisses: ... 141 Der Sachverhalt ist dem von D 12.1.23 ähnlich. Der Schuldner ist gutgläubig in den Besitz einer fremden Sache gelangt, über die er verfügt hat: Er hat einen Sklaven gekauft, der seinen Dominus zuvor bestohlen hatte. Veräußert der Käufer die vom Sklaven gestohlene Sache gutgläubig, nämlich in der Annahme, sie gehöre ihm, so haftet er nach ihrem Untergang dem Eigentümer der gestohlenen Sache (und Verkäufer des Sklaven) mit der actio negotiorum gestorum. Auch diese Klage geht auf das pretium, wobei hier nur der erzielte Kaufpreis gemeint sein kann, weil der Geschäftsführer stets nur das Erlangte herausgeben muß. 1 4 2 Im Umfang der Haftung liegt auch nicht das Problem der Stelle; problematisch ist vielmehr die Zulässigkeit der Geschäftsführungsklage, wenn der negotiorum gestor gar nicht weiß, daß er ein fremdes Geschäft führt. Indem Afrikan die Klage gewährt, obwohl es am Fremdgeschäftsführungswillen fehlt, setzt er sich über anerkannte Grundsätze der negotiorum gestio
140
Pflüger, Pro Roscio 50 ff., 88. Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im römischen Recht (1968) 26 f., ders., Iuris professio - Festgabe für Max Käser (1986) 256 zweifelt demgegenüber an der Echtheit der Geschäftsführungsklage, ihm folgend Käser 278 A. 6, ebenso auch schon Riccobono 249. Unentschieden D'Ors 143. Niedermeyer, FS Schulz I (1951) 445 A. 2, 447 A. 2 erklärt sowohl die Kondiktion als auch die Geschäftsführungsklage für byzantinisch, v. Mayr 415 unterstellt zur Harmonisierung von fr. 23 und fr. 48 im Kondiktionsfall bösgläubigen Besitz und nimmt eine condictio Jurtiva an. v. Koschembahr-Lyskowski 226 vermutet eine Entwicklung: die für den Kläger günstigere actio negotiorum gestorum sei Julian wegen des fehlenden Fremdgeschäftsführungswillens noch verschlossen und erst zu Afrikans Zeiten möglich gewesen. 141 Der Fortgang der Stelle betrifft die Gewährung der actio negotiorum gestorum contraria, wenn ein Scheinerbe Legate mit eigenen Mitteln erfüllt; dazu Müller-Ehlen 171 ff. u. 198 ff. Dort auch zur früher verbreiteten Textkritik. Lenel, Paling. II 27 Nr. 95, vermutet einen Zusammenhang mit D 19.1.30pr Afr 8 quaest. 142
Käser,KPx 1589.
§ 9 Die Einordnung der condictio bei Julian/Pomponius
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hinweg. 143 Tut er dies, obwohl er selbst im zweiten Buch seiner Quaestionen (D 12.1.23) Julians Lösungsweg der condictio pretii referiert, so reichte ihm offenbar das gängige Instrumentarium nicht aus, um stets ein sachgerechtes Ergebnis zu erzielen. Unzulänglich wäre die condictio pretii nämlich dann, wenn sich mit ihr nur der Wert abschöpfen ließe, der Nichtberechtigte aber durch seine Geschäftstüchtigkeit einen deutlich höheren Kaufpreis erzielt hat. Um dem wahren Berechtigten auch diesen, den Wert übersteigenden Erlös zukommen zu lassen, käme nur die actio negotiorum gestorum in Betracht. Beide Klagen ergänzten sich also sinnvoll, und sie nebeneinander zuzulassen, bestünde durchaus ein Bedürfiiis. 144 IV. Die condictio pretii in D 12.1.23 wird also auf Wertersatz gerichtet gewesen sein und nicht der Abschöpfung des erzielten Kaufpreises gedient haben. Letzten Endes aber kommt es für unsere Zwecke auf diese Frage nicht an, denn hier interessiert nur die Rechtsnatur der condictio. Wir halten fest, daß die von Julian gewährte Kondiktion nicht auf einer datio beruht. Der Jurist läßt vielmehr genügen, daß der Kondiktionsschuldner das pretium des untergegangenen Gegenstandes auf Kosten des wahren Berechtigten erlangt hat. Eine Leistungsbeziehung hat er offenbar nicht vorausgesetzt.
§ 9 Die Einordnung der condictio bei Julian/Pomponius Die folgende Doppelüberlieferung enthält nicht nur einen weiteren Fall der condictio ohne datio, sondern zeigt auch, daß die klassischen Juristen die condictio ganz selbstverständlich zu den Klagen zählten, die keinen rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen den Parteien erforderten. D 12.1.12 Pompó ex Plaut Si a furioso, cum eum compotem mentis esse p u t a r e s , pecuniam quasi mutuam a c c e p e r i s eaque in rem t u a m versa fuerit, condictionem furioso adquirí Iulianus ait: nam ex quibus causis ignorantibus nobis actiones adquiruntur, ex isdem etiam furioso adquirí.
D 44.7.24 Pomp lib sing reg Si a furioso, cum eum compotem mentis esse p u t a r e m , pecuniam quasi mutuam a c c e p e r i m eaque in rem meam versa fuerit, condictio furioso adquiritur: nam ex quibus causis ignorantibus nobis actiones adquiruntur, ex isdem etiam furiosi nomine incipit agi posse: veluti cum servus eius
143
Müller-Ehlen 202 f. Zum Fremdgeschäftsführungswillen vgl. auch Käser, RPr 1 588; Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im römischen Recht (1968) 325. 144 Für alternative Konkurrenz auch schon Voigt 748 A. 694; Mayer-Maly, (1969) 427.
SZ 86
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item si is qui servo crediderat furere coeperit, deinde servus in rem domini id verterit, condici furiosi nomine posse.
et si alienam pecuniam credendi causa quis dederit, deinde furere coeperit et consumpta sit ea pecunia, condictionem furioso adquiri.
stipulatur, cum furtum ei fit, aut damnum ei dando in legem Aquiliam committitur, aut si forte, cum creditor fuerat, fraudandi eius causa debitor alicui rem tradiderit. idemque erit, si legetur ei vel fideicommissum ei relinquatur. (1) Item si is, qui servo a l i e n o crediderat, furere coeperit, deinde servus in rem domini id quod mutuum acceperat verterit, furioso condictio adquiritur. (2) Item si alienam pecuniam credendi causa quis dederit, deinde compos mentis esse desierit, postea consumpta ea furioso condictio adquiritur. (3) Et qui negotia furiosi gesserit, negotiorum gestorum ei obligatur. 145
I. Pomponius referiert in beiden Fragmenten Julian mit denselben Entscheidungen. Im Ausgangsfall hat ein unerkannt Geisteskranker Geld dargeliehen. Wenn der Empfanger das Geld seinem Vermögen zuschlägt, steht dem fiiriosus die condictio zu. Denn aus denselben Gründen, aus denen Geschäftsfähige ohne ihr Wissen eine Klage erwerben, erwerbe sie auch einfiiriosus. Nur fr. 24 nennt Beispiele für weitere Klagen dieser Art: auch aus Stipulationen, die Dritte gegenüber einem Sklaven des Geschäftsunfähigen eingegangen sind, stehe dem fiiriosus die Klage zu; ebenso wenn er bestohlen oder ihm ein unter die lex Aquilia fallender Schaden zugefügt wurde oder wenn einer seiner Schuldner 145
Lit.: Heimbach, Die Lehre von dem Creditum nach den gemeinen in Deutschland geltenden Rechten (1849) 188; Pflüger, Eigentumserwerb 115 f.; Beseler, SZ 47 (1927) 364; Sanfllippo, Condictio indebiti I (1943) 50 ff.; DonatutU Causae (1951) 140 f.; v. Lübtow, Condictio (1952) 41 ff.; Schwarz, Grundlage der condictio (1952) 242 ff.; D'Ors, SDHI 19 (1953) 141 f.; Burdese, Riv. dir. comm. 51,1 (1953) 283 ff.; Chevallier, RH 33 (1955) 400 ff.; Käser, TR 29 (1961) 213 ff.; Wache,, Bull. 79 (1976) 67 ff.; Wunner, Gedächtnisschrift f. W. Kunkel (1984) 603 f.; Bauer, Ersitzung und Bereicherung im klassischen römischen Recht (1988) 160 ff.; Schanbacher, TR 60 (1992) 20 f. In vielen Abhandlungen dienen die Stellen lediglich als Beleg für die Wirkung der consumptio nummorum, vgl. Voigt, Ueber die condictiones ob causam und ueber causa und titulus im Allgemeinen (1862) 751 ff.; Pflüger, Pro Roscio 36 ff.; Fuchs, Iusta causa traditionis in der Romanistischen Wissenschaft (1952) 232 A. 52; ders., Mel. Meylan I (1963) 133; Hasler, Studien zu Wesen und Wert des Geldes in der römischen Kaiserzeit von Augustus bis Severus Alexander (1980) 36 A. 18; MüllerEhlen, Hereditatis petitio (1998) 81 f.; Saccoccio, Si certum petetur (2002) 292 ff.
§ 9 Die Einordnung der condictio bei Julian/Pomponius
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eine Sache an einen Dritten weitergegeben hat, um die Vollstreckung zu vereiteln; und gleiches gelte, wenn dem Geschäftsunfähigen ein Legat oder ein Fideikommiß ausgesetzt wurde. Im weiteren Verlauf decken sich die Texte wieder. Der Darlehnsfall wird variiert: derfiiriosus erwirbt auch dann die condictio, wenn er noch geschäftsfähig war, als er dem Sklaven das Darlehn gewährte, jedoch geisteskrank war, als der Sklave das Geld auf das Vermögen seines Dominus verwendete. Die condictio steht ihm ebenso zu, wenn er als Geschäftsfähiger fremdes Geld dargeliehen hat, aber geisteskrank wurde, bevor das Geld konsumiert wurde. Nur fr. 24 erwähnt noch, daß dem fiiriosus auch mit der actio negotiorum gestorum gehaftet wird, wenn jemand seine Geschäfte führt. II. Die Texte behandeln systematisch Klagemöglichkeiten des fiiriosus. 146 Fr. 24 überliefert den Pomponius-Text offenbar vollständig und enthält einen umfangreichen Katalog, während fr. 12 von den Kompilatoren vermutlich gekürzt und - der Einordnimg in den Digestentitel D 12.1 entsprechend - auf die Fälle der condictio beschränkt worden ist. 1 4 7 1. Der Ausgangsfall betrifft die Kreditierung durch einen Geisteskranken. Der fiiriosus ist geschäftsunfähig und kann selbst keinen wirksamen Darlehnsvertrag abschließen. Mit der Hingabe des Geldes ist darum nichts bewirkt, so daß die Münzen für denfiiriosus vindiziert werden können, solange sie der Empfänger noch unterscheidbar bei sich aufbewahrt. Das ändert sich, wenn der Empfanger das Geld konsumiert. 148 Mit der Konsumtion erlischt die Vindikation und erwirbt derfiiriosus die condictio }A9
146
Derfiiriosus klagt freilich nicht selbst, sondern für ihn prozessiert sein curator, Kaser/Hackl, RZ 207, 217; die Texte sprechen demzufolge auch nur davon, daß dem fiiriosus die Klagen ,erworben4 werden oder in seinem Namen geklagt werden kann. Soweit im folgenden gesagt wird, dem furiosus stehe die Klage zu oder er könne klagen, ist seine materiell-rechtliche Stellung gemeint, nicht deren prozessuale Durchsetzung. 147 Der unterschiedliche Überlieferungsumfang der Texte könnte sich damit erklären, daß die beiden Texte aus verschiedenen Massen stammen, fr. 24 aus der Sabinus-Masse und fr. 12 aus der Ediktsmasse, wenn nicht schon Pomponius selbst für die Kürzungen verantwortlich ist. 148 Aus dem Fortgang von fr. 12 und D 44.7.24.2 ergibt sich, daß in rem vertere hier consumere meint, vgl. Bauer 160 A. 48. 149
Denselben Mechanismus sehen wir in D 12.1.11.2 Ulp 26 ad ed bei der Kreditierung von gestohlenem Geld und in Inst. 2.8.2 und Gai II, 82 bei der Darlehnsgewährung durch einen Pupill.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Konsumtion ist eine Form des originären Eigentumserwerbs, bei der das fremde Geld mit dem eigenem ununterscheidbar vermischt wird. 1 5 0 Der fiiriosus verliert durch diesen Realakt sein Eigentum an den nummi} 51 Der Erwerb der condictio ist eine Folge der Konsumtion und kann also nicht auf eine datio zurückgeführt werden. 152 Die fehlende datio ist für Julian auch kein Problem, denn wie die Begründung zeigt, zählt sie offenbar nicht zu den notwendigen Voraussetzungen der außervertraglichen condictio: die condictio steht dem furiosus deshalb zu, weil er alle Klagen erwirbt, die ignorans auch ein Geschäftsfähiger erwirbt. Ignorans bedeutet hier nicht bloß ,ohne Wissen4, sondern ,ohne jeden rechtsgeschäftlichen Kontakt 4 . Zwar wird auch die condictio indebiti gewissermaßen »unwissentlich4 erworben, da der Leistende vom Bestehen der Schuld ausgeht. Daß diese Unwissenheit nicht gemeint ist, ergibt sich indes aus den in fr. 24 angeführten Beispielen, die ausnahmslos Klagen betreffen, die der Berechtigte ohne seine Mitwirkung erwirbt: 153 Die Klage aus Stipulation, die ein Sklave sich versprechen läßt, erwirbt sein Dominus aus statusrechtlichen Gründen, weil
150
Zuletzt Bauer 154 ff., ebenso Wache 64 ff., 124 ff., Hasler 42 ff., Fuchs, Mel. Meylan I (1963) 135 ff. , Saccoccio 322 (anders noch 301 A. 42 a. E.) und früher Heimbach 199 ff. Vgl. auch Käser, RPr I 430 f., der Konsumtion hier allerdings noch mit Ausgeben gleichsetzt. Das ist mit den Quellen, insbesondere auch D 12.1.19.1, nicht vereinbar und auch von Käser später aufgegeben worden, Labeo 26 (1980) 59 A. 157. Den Mechanismus der consumptio nummorum illustriert D 46.3.78 Iav 11 ex Cass: Si alieni nummi inscio vel invito domino soluti sunt, manent eius cuius juerunt: si mixti essent, ita ut discerni non possent, eius fieri qui accepit in libris Gaii scriptum est... Da dieser Text die nummi als mixti und nicht als consumpti bezeichnet, wird vielfach ein eigenes Rechtsinstitut der commixtio nummorum unterstellt, vgl. nur Bauer 153. Es handelt sich indessen um den einzigen Text mit dieser Wortwahl, während die Konsumtionsstellen zahlreich sind. Warum soll hier nicht ausnahmsweise der tatsächliche Vorgang, der sich hinter dem Begriff »Konsumtion4 verbirgt, beschrieben sein, wie die Formulierung mixti ita ut nahelegt? Der Konsument wird Eigentümer, weil das Geld seiner Ununterscheidbarkeit wegen nicht mehr vindiziert werden kann. Im Verlust der Vindikationsmöglichkeit liegt aber auch das Wesen der Konsumtion, wie D 40.7.3.9 Ulp 27 ad Sab zeigt, wo Ulpian den statuliber in dem Moment frei werden läßt, in dem die Münzen sie consumpti fuerint, ut nullo casu avelli possint (s. zu diesem Text auch unten III 3 b). Wie hier schon Siemsen, Giebt es nach gemeinem Recht eine Bereicherungsklage gegen den durch specificatio, avulsio oder commixtio nummorum Bereicherten (1897) 45 ff. Zum Begriff consumptio näher Bauer 157 A. 33 m.w.N. 151
So auch Sanfilippo 52; Chevallier 396.
152
Ebenso Bauer 163, Schanbacher 21. Im übrigen unterstellt die Literatur mit Konsumtion eine Heilung der datio, dazu unten III. 153 So schon Schwarz 244 f., der die Beispielkette allerdings ebenso wie die Kondiktion desfiiriosus streicht. Dazu sogleich.
§ 9 Die Einordnung der condictio bei Julian/Pomponius
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der Sklave zwar geschäftsfähig, nicht aber rechtsfähig ist. 1 5 4 Auf die Kenntnis oder den rechtsgeschäftlichen Willen des Dominus kommt es dabei nicht an. Das gleiche gilt für die actio legis Aquiliae und die actio furti, die ihren Grund ausschließlich in der deliktischen Schädigung haben. Auch die Rechte aus einer Gläubigerverkürzung durch den Schuldner fallen dem Gläubiger automatisch zu. 1 5 5 Die erbrechtlichen Klagen aus Legat und Fideikommiß schließlich entstehen mit dem Erbfall. 156 Begründung und Beispielreihe zu streichen, wie Schwarz es w i l l , 1 5 7 geht nicht an. Daß sie von Pomponius stammen, wird vielmehr durch eine Note Marcells zu einem Fragment aus Pomponius' Uber singularis regularum bestätigt, dem auch unser fr. 24 entstammt: 158 D 28.1.16 Pomp lib sing reg Marcellus notat: furiosus quoque testamenti factionem habet, licet testamentum facere non potest: ideo autem habet testamenti factionem, quia potest sibi adquirere legatum vel fideicommissum: nam etiam compotibus mentis personales actiones etiam ignorantibus adquiruntur. In dem notierten Text behandelte Pomponius die testamenti factio. 159 Mit diesem Begriff werden bestimmte persönliche Fähigkeiten des Testators und des Bedachten beschrieben. Der Erblasser muß testierfahig sein, während für die Bedachten ausreichend ist, daß sie aus einem Testament erwerben können. Diese testamenti factio haben darum auch der Taube oder der nach dem Tode
154
Vgl. Käser, RPr 1286.
155
Welcher vollstreckungsrechtliche Rechtsbehelf gemeint ist, bleibt unklar. Dem Duktus des Textes folgend handelt es sich um eine K1 a g e des furiosus. Nach Lenel, Edictum Perpetuum3 (1927, 3. Neudruck 1985) 438 ff. war eine solche Klage im Edikt allerdings nicht proponiert, die Rechtsverheißung des Prätors habe sich vielmehr auf die restitutio in integrum ob fraudem beschränkt. Diese und die sich daraus ergebende actio recissoria geltend zu machen, sei in klassischer Zeit darüber hinaus dem curator bonorum vorbehalten gewesen. Gegen letzteres jedoch Ankum, De Geschiedenis der „Actio Pauliana" (1962) 48 ff. unter Berufung auf Cicero ad Atticum 1,1,3. Zur Gläubigerbenachteiligung bei der Vollstreckung vgl. auch Käser, RPr I 251 f. 156
Das Nebeneinander von Legat und Fideikommiß zeigt, daß ein Damnationslegat gemeint sein muß, vgl. Lenel, Paling. II 86 A. 3. 157
A.a.O. 244 f. Die Beispiele verdächtigt auch Käser 215 A 158. Dagegen schon D'Ors 141. 158
Ebenso Burdese 285 m. A. 50.
159
Dazu Käser, RPr I 682 ff.
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des Erblassers Geborene, wie Pomponius ausführt. 160 Marcell fügt den von Pomponius Genannten noch denfiiriosus hinzu: obgleich er nicht testierfahig ist, hat er die testamenti /actio des Begünstigten, da er aus Legat oder Fideikommiß klagen kann. Das aber kann der fiiriosus deshalb, weil diese persönlichen Klagen auch den Geschäftsfähigen ohne ihr Wissen erworben werden. Es liegt nahe, daß Marcell zu seiner Note durch fr. 24 veranlaßt wurde. 161 Die Erwerbsmöglichkeiten des juriosus vor Augen, vermißt er seine Erwähnung bei der Abhandlung der /actio testamenti. Der Hinweis in fr. 24, daß der /uriosus auch die Klagen aus Legat und Fideikommiß erwirbt, wird daher ebenso von Pomponius stammen, wie die Begründung, daß diese Klagen ohne jeden rechtsgeschäftlichen Kontakt erworben werden. 162 2. Kehren wir zu unseren beiden Fragmenten fr. 12 und fr. 24 zurück: Es folgen zwei Varianten des Darlehnsfalls, mit denen Pomponius seine Abhandlung über die Klagmöglichkeiten des /uriosus fortsetzt. Anders als im Ausgangsfall ist in der ersten Variante ein Darlehn zustandegekommen. Der Sklave, dem is das Darlehn gewährt hat, ist geschäftsfähig und is war es im Zeitpunkt der Darlehnshingabe auch. Die Darlehnsabrede ist wirksam und das Geld ex iusta causa tradiert, mithin übereignet worden. Eigentümer des Geldes ist der Dominus des Sklaven. Eine Klage aus dieser Darlehnsgewährung hat is gleichwohl nicht erworben, weil der Sklave weder ein peculium hat, noch institor ist oder etwa iussu domini gehandelt hat. 1 6 3 Eine Klage gegen den Dominus kann er nur dadurch erwerben, daß der Sklave die Darlehnsvaluta in rem domini vertiert. Für diesen rein tatsächlichen Akt aber kommt es auf das Fortbestehen der Geschäftsfähigkeit auf Seiten des Darlehnsgebers nicht an. Mit der Version erwirbt der /uriosus vielmehr die condictio aus dem mutuum als Versionsklage gegen den Dominus - ohne Zutun und ebenso wie er sie erworben hätte, wenn er nicht geisteskrank geworden wäre. 1 6 4
160
Außerdem diejenigen, die für einen anderen erwerben, wie der servus alienus und derfilius familias. 161
Das übersieht Schwarz 245 A. 52, wenn er auch die Note streicht. Einen Zusammenhang vermutet dagegen Lenel, Paling. II 86 A. 3. 162
Zu der Wendung actiones ignorantibus adquirere vgl. auch D 31.77.3 Pap 8 resp: ...nam et ignorantes adstringunturfideicommisso, quibus ignorantibus emolumentum ex testamento quaeritur. 163
Zu den Anwendungsfallen der actio de in rem verso und zum Begriff des versum Chiusi, Die actio de in rem verso im römischen Recht (2001) 49 ff., 119 ff. 164
Anders Käser 215 f., der den Fall so erklärt, daß das Darlehn unmittelbar dem Eigenvermögen des Herrn zugeführt werden sollte und vom Scheitern des Darlehnskontrakts ausgeht, weil der Darlehnsgeber im entscheidenden Augenblick des in rem vertere geisteskrank ist. Auf die Versionsklage beziehen den Fall v. Lübtow 41 f.
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In der zweiten Variante kommt kein Darlelm zustande. Die Abrede ist zwar gültig, aber das mutuum verlangt ebenso die Übereignung der Valuta. Sie scheitert, weil das Geld fremd ist. 1 6 5 M i t der Konsumtion erwirbt der Darlehnsnehmer das Geld aber zu eigen. Daran ändert nichts, daß der Darlensgeber inzwischen geisteskrank ist; der Eigentumsübergäng durch Konsumtion hätte ebenso stattgefunden, wenn er nicht krank geworden wäre. Der furiosus erwirbt die condictio, wie der Gesunde sie erworben hätte. Ebenso wenig wie im Ausgangsfall handelt es sich hierbei allerdings um eine Darlehnskondiktion; die condictio entsteht vielmehr aus ungerechtfertiger Bereicherung. III. Kondiktionsauslösendes Moment ist im Ausgangsfall wie in der zweiten Varinate der allein sachenrechtliche Erwerbsakt der Konsumtion. Anders dagegen die Literatur, die der consumptio nummorum neben der sachenrechtlichen zugleich auch schuldrechtliche Wirkungen beilegt und darum mit der Kondiktion des furiosus große Schwieirgkeiten hat: Ganz überwiegend wird nämlich angenommen, daß die Konsumtion fremden Geldes zu einer »gestreckten4, »nachträglich vollendeten4, »zusammengesetzten4 oder »geheilten4 datio führt. 166 Die datio eines Geschäftsunfähigen zu heilen, sei jedoch unmöglich, 167 weshalb die Kondiktion des furiosus vielfach als mit dem klassischen Recht unvereinbar gestrichen 168 oder zu einem Billigkeitsrechtsbehelf erklärt wird 1 6 9 .
und Schwarz 243 im Anschluß an Beseler 364; im Ergebnis ebenso Niederländer, Bereicherungshaftung im klassischen römischen Recht (1953) 49. 165
Die
Zur Darlehnsgewährung mit fremdem Geld genauer unten bei III 1 und 2.
166
Vgl. die Nachweise bei Bauer 158 f., außerdem Wacke, Mel. Wolodkiewicz (2000) 1030. 167
Allenfalls in der zweiten Variante käme eine derartige Heilung in Betracht, weil derfiiriosus hier bei der Zahlung noch geschäftsfähig war, das Darlehn also nicht an der iusta causa gescheitert ist, sondern nur an der Fremdheit des Geldes. Nach dem Text ist seine Stellung gleich der eines Gesunden, so daß eine ,HeilungsWirkung* der datio auch ihm zugute kommen müßte. Zwischen dem Ausgangsfall und der zweiten Variante wird jedoch nicht differenziert. 168
So Beseler 364, Donatuti 140, v. Lübtow 41 f., Schwarz 243. Siber, Naturalis obligatio (1925) 47 A. 1 streicht cum-putares und erklärt die Klage zur condictio furtiva. Nach Wunner 604 hat Julian dem furiosus die Kondiktion auf der Grundlage eines erweiterten datio-Begriffs zugesprochen, da er „dem Empfanger gegenüber den Anschein zielgerichteten Handelns eines Geschäftsfähigen" zu erzeugen vermochte. Daß die Textkritik eher auf grundsätzlichen Überzeugungen als auf handfesten Indizien beruht, betont D Ors 142. 169
So Käser 214 f. Dagegen Bauer 162. Wacke 67 f. hält die Kondiktion offenbar für echt. Nach Saccoccio 303 ff. habe Julian noch nicht zwischen der condictio als Darlehnsklage und als außervertraglichem Rechtsbehelf unterschieden. Im übrigen bestehe auch kein Widerspruch zu D 12.6.33, da das nach seiner Ansicht von Julian als
100
1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
Daß diese Argumentation mit unseren beiden Texten D 12.1.12 und D 44.7.24 nicht vereinbar ist, haben wir gesehen. Doch auch die übrigen Quellen stützen sie nicht: keinem Text läßt sich entnehmen, daß mit Konsumtion die zunächst gescheiterte Übereignung wirksam würde (1.). Wird fremdes Geld darlehnshalber hingegeben, löst die spätere Konsumtion vielmehr auch dann eine Bereicherungskondiktion aus, wenn die Parteien geschäftsfähig waren (2.). Dem entspricht, daß es auch in anderen Fallkonstellationen nicht die Konsumtion selbst ist, die schuldrechtliche Wirkungen entfaltet. Soweit mit Konsumtion bestimmte Rechtsfolgen eintreten, handelt es sich im Fall der Solution um eine Billigkeitsentscheidung und in D 40.7.3.9 Ulp 27 ad Sab um eine zwingende Folge des Bedingungsrechts (3.). 1. Schon Bauer hat gezeigt, daß die Vorstellung von der Konsumtion als einer geheilten datio nicht der Quellenlage entspricht. 170 Insbesondere D 12.1.19.1 enthält dafür keinen Beleg: D 12.1.19.1 lullOdig 1 7 1 Si pupillus sine tutoris auctoritate crediderit aut solvendi causa dederit, consumpta pecunia condictionem habet vel liberatur non alia ratione, quam quod facto eius i n t e l l e g i t u r ad eum qui acceperit pervenisse: quapropter si eandem pecuniam is, qui in creditum vel in solutum acceperat, alii porro in creditum vel in solutum dederit, consumpta ea et ipse pupillo obligatur vel eum a se liberabit et eum cui dederit obligatum habebit vel se ab eo liberabit. nam omnino qui alienam pecuniam credendi causa dat, consumpta ea habet obligatum eum qui acceperit: item qui in solutum dederit, liberabitur ab eo qui acceperit. Betrachten wir zunächst nur die Darlehnsgewährung und stellen die Solution zurück. 172 Handelt der Mündel ohne die Zustimmung seines Tutors, scheitert das mutuum an seiner beschränkten Geschäftsfähigkeit ebenso wie die Darlehnshingabe durch den fiiriosus an dessen Geschäftsunfähigkeit, weil beide kein Eigentum übertragen können. Erst mit Konsumtion entsteht eine Kondiktion. 1 7 3 Es sei nämlich so anzusehen (intellegere), als ob das Geld durch eine Handlung des Pupills an den Empfänger gelangt wäre.
Kondiktionsvoraussetzung geforderte negotium contrahere in der objektiven Beziehung zweier Vermögenssphären bestehe. 170
159 ff. Dagegen auch schon Duquesne, NRH 32 (1908) 222.
171
Zu diesem Text vgl. im wesentlichen die in A. 145 Genannten, außerdem Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 76 ff. 172 Dazu unten 3. a). Das soll nicht heißen, daß die Behandlung der causa solvendi nicht julianisch sei, wie zumeist angenommen wird, vgl. nur Chevallier 396 A. 58, Käser 209 A. 132, Saccoccio 310. 173
Ebenso Inst. 2.8.2 und Gai II, 82.
§ 9 Die Einordnung der condictio bei Julian/Pomponius
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Julian bedient sich einer Fiktion: nach Konsumtion wird der Fall genauso behandelt, als ob der Eigentumsübergang auf einem facere des Pupills beruhte. Mit dieser Argumentation ist die Vorstellung einer Heilung oder nachträglichen Vollendung der unwirksamen Übereignung nicht vereinbar, denn Fiktion und wirksames Geschäft schließen sich logisch aus. 174 Wenn die Konsumtion des Geldes ausreichen würde, die Übereignung wirksam werden zu lassen, bedürfte es des intellegere nicht: Die Konsumtion führt nicht zu einer datio, sondern wird nur - was die rechtlichen Folgen angeht - wie eine solche behandelt. 175 Der Jurist bedarf der Fiktion nicht, um den Ausgangsfall entscheiden zu können, denn die Kondiktion des Pupills wirft keine größeren Schwierigkeiten auf als die des furiosus. Ihre Funktion erschließt sich vielmehr aus dem Fortgang der Stelle, denn gibt der Empfanger das Geld des Pupills an einen Dritten weiter und konsumiert es erst dieser, stellt sich die Frage, wer von wem kondizieren kann. Mit derselben Fiktion (quapropter) erklärt sich, daß jeder von seinem vermeintlichen Vertragspartner kondiziert: der rein tatsächliche Vorgang der Konsumtion wird demjenigen zugerechnet, der ihn ermöglicht hat. 1 7 6 Indem Julian die Konsumtion so behandelt, als sei das Geld facto eins, i.e. des Zahlenden, in das Eigentum des Empfängers gelangt, stellt er klar, daß derjenige aktivlegitimiert ist, der dem Empfanger die occasio consumptionis verschafft hat. 1 7 7 Der Text schließt deshalb mit dem regelartigen Diktum, daß immer derjenige, der fremdes Geld darleiht, nach dessen Konsumtion den Empfänger zum Schuldner hat. Der Text ist insgesamt sorgfaltig konstruiert: 178 von der Darlehnsgewährung durch den Pupill führt Julian den Leser über die Weitergabe desselben Geldes an einen Dritten zu der Verallgemeinerung, wer bei einer Darlehnsgewährung mit fremdem Geld von wem kondizieren kann; durch die stufenweise Erweiterung des Falles und die Fiktion leuchtet das Ergebnis - Abwicklung in den Zahlungsverhältnissen - unmittelbar ein, ohne daß der Jurist dafür eine Begrün174 Das verkennt Schanbacher 21, wenn er meint, die gelungene Ubereignung bestehe in der Zurechnung des Eigentumserwerbs durch Konsumtion. Daß es sich um eine Fiktion handelt, übersehen auch Chevallier 396 f., Burdese 284, Wunner 603, Kaden, SZ 71 (1954) 574. 175
Vgl. Bauer 163.
176
Das übersieht Wacke 61 m. A. 47, wenn er in dem facto eius intellegitur eine Mündigkeitsfiktion des Pupills sieht. Auch Voigt ISA f. A. 704 bezieht non alia ratione nur auf die Zahlung des Pupills. Wie hier Saccoccio 322. 177 178
So die treffende Formulierung bei Bauer 163. Ähnlich auch Saccoccio 319 ff.
Dem entspricht auch die ständige Parallele zur Solution. Dies verkennt Käser 209 A. 132, wenn er diese Wiederkehr unter Verweis auf die frühere Interpolationenkritik als »pedantisch4 abtut. Dagegen schon Wacke 59.
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1. Teil, 2. Abschnitt: Condictio ohne datio bei den klassischen Juristen
dung gibt. Julian gibt damit allgemein anerkanntes Recht wieder, denn Paulus/Pomponius und Ulpian/Papinian entscheiden in gleicher Weise. 179 Eine Begründung für die Abwicklung in den Zahlungsverhältnissen liefern indessen weder Paulus noch Ulpian und gibt auch die Fiktion nicht her. 1 8 0 Es handelt sich offenbar um eine feststehende Regel. 181 Festzuhalten bleibt jedenfalls, daß Julian mit Hilfe der Fiktion die Parteien des Kondiktionsverhältnisses bestimmt 182 und von einer nachträglichen Heilung der unwirksamen Übereignung nicht die Rede ist. Die Kondiktion beruht auf demselben Gedanken wie in unseren Haupttexten D 12.1.12 und D 44.7.24: Weil die Konsumtion originären Eigentumserwerb bewirkt, greift die condictio ein, wenn diese Vermögensverschiebung grundlos erfolgte. 2. Indem die Literatur eine geheilte datio annimmt, kommt sie zu ungereimten Ergebnissen, was die Rechtsnatur der durch Konsumtion ausgelösten condictio angeht. Dem fiiriosus könne - wenn überhaupt - nur eine Bereicherungskondiktion zustehen, aber auch dem Pupill wird überwiegend nur die außervertragliche condictio zugesprochen. 183 Hat dagegen ein voll Geschäftsfähiger
179
Vgl. nur D I2.1.13pr-§1 Ulp 26 ad ed und D 46.1.56.2 Paul 15 quaest zur Darlehnsgewährung mit fremdem Geld. - Die Verwendung einer Fiktion ist eine stilistische Eigenart Julians und begegnet auch an anderer Stelle, wo es sich um eine bekannte und geklärte Rechtsfrage handelt, vgl. D 39.2.42 lul 58 dig zum Forderungserwerbs durch Gewaltunterworfene. Hierzu Bund, Untersuchungen zur Methode Julians (1965) 145 f. 180
Zur Fallanknüpfung mittels Fiktion vgl. Bund, aaO 123 ff., Harke, Argumenta Iuventiana(1999) 29. 181
Daß der Zahlende dem Empfanger die occasio consumptionis verschafft hat, ist eine zutreffende Beobachtung, jedoch keine Begründung; so aber Bauer 163. Zwingend ist das Ergebnis nicht. Es wäre auch denkbar, dem Eigentümer des Geldes die Kondiktion zu ermöglichen, der schließlich auch bis zur Konsumtion von jedem Besitzer das Geld vindizieren könnte. Doch die Kondiktion steht selbst dem Dieb zu, der fremdes Geld darleiht, D 12.1.13pr Ulp 26 ad ed. Vielleicht wollte man einen Gleichlauf zwischen Rückforderung und Solutionswirkung erreichen, vgl. Heimbach 189. Dem entspräche der parallele Aufbau des Fragments. Die Schuldbefreiung nach Konsumtion war ähnlich unumstritten wie die Festlegung der Kondiktionspartner bei der Kreditierung mitfremdem Geld, s. u. 3 a). 182
Sie ist deshalb auf alle Fälle der unwirksamen Zahlung credendi übertragbar, vgl. Bauer 162. 183
causa
Vgl. nur Käser 209 und Wacke 62 m. w. N., Labruna, Rescriptum divi pii (1962) 103, Zimmermann, The law of obligations (1990, Nachdruck 1992) 840, Kaden, SZ 71 (1954) 576 und Schwarz 240 ff., der allerdings die Kondiktion des furiosus streicht. Die unterschiedliche Behandlung des Pupills und des furiosus erklärt er damit, daß dem Pupill nur das ius alienandi fehle, er im übrigen aber beschränkt geschäftsfähig sei,
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fremdes Geld gezahlt, wird nach Konsumtion generell von einer Konvaleszens des Darlehns ausgegangen. Die Einigung wirke fort und die fehlende Übereignung werde mit Konsumtion geheilt. 184 Es könne deshalb mit der condictio aus Darlehn geklagt werden. Doch die Konsumtion heilt nicht und eine reconciliatio mutui n5 ist nirgends belegt. Das verwundert, denn man würde doch eine entsprechende Klarstellung in den zahlreichen Stellen zur Kreditierung mit fremdem Geld erwarten. Dort aber heißt es nur nascitur condictio 186, condictio adquiritur, 187 habet condictionem oder habet obligatum eum qui accepit m. Während diese Ausdrucksweise bestenfalls offen genannt werden kann, ist die Heilung oder das nachträgliche Entstehen des Kontraktes mit der Argumentation von D 12.1.12 und D 44.7.24 unvereinbar. Denn die condictio steht dem Geisteskranken deshalb zu, weil sie auch nobis ignorantibus erwachsen würde. Danach ist es für die Rechtsfolgen der Konsumtion unerheblich, ob die Darlehnsgewährung an der Geschäftsfähigkeit oder an der fehlenden Verfügungsbefugnis des Tradenten scheitert. Auch Julian behandelt in D 12.1.19.1 beide Fälle gleich. 189 Daß auch dem voll Geschäftsfähigen in vergleichbaren Fällen die condictio n i c h t aus Darlehn zusteht, bestätigt zudem Paulus:
242 f. Dagegen schon Niederländer, Die Bereicherungshaftung im klassischen römischen Recht (1953) 14 A. 8. Für eine Darlehnskondiktion des Pupills zuletzt Schanbacher 20. Pflüger 115 f. nimmt für den Pupill und den Juriosus gleichermaßen eine condictio causa data causa non secuta an. 184
So v. Lübtow 40, Schwarz 244 m. A. 49, Wache 70, Fuchs,, Mel. Meylan I 131 f., Wunner 608 und schon Voigt 754 f. A. 704 u. 757; ebenso aber auch Bauer 158 A. 38. Käser 205 ff. hält die Quellenlage für uneinheitlich. Die Basilikenscholien sehen in der condictio nach Konsumtion einen eigenen Klagetyp, die condictio de bene depensis\ dazu Chevallier 403 f., Gömez Royo, Estudios de derecho romano en memoria de Benito M. a Reimundo Yanes I (2000) 391 ff. Ähnlich offenbar auch Hähnchen, Die causa condictionis (2003) 76 f. A. 323. 185
So die Ausdrucksweise der Glosse; vgl. Chevallier 380 ff.
186
D 46.1.56.2 Paul 15 quaest.
187
D 12.1.12 Pomp 6 ex Plaut = D 44.7.24 Pomp lib sing reg.
188
D 12.1.19.1 Iul 10 dig. Vgl. auch D 46.3.19 Pomp 21 ad Sab (