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German Pages [504] Year 2007
CARL EINSTEIN U N D SEIN J A H R H U N D E R T
D E U T S C H E S F O R U M FÜR
KUNSTGESCHICHTE
C E N T R E A L L E M A N D D ' H I S T O I R E DE
L'ART
UWE F L E C K N E R
C A R L EINSTEIN UND SEIN J A H R H U N D E R T FRAGMENTE EINER INTELLEKTUELLEN
Akademie Verlag
BIOGRAPHIE
INHALT
Vorwort und Dank
1
EINLEITUNG Carl Einsteins Weg durch ein Jahrhundert Oder: Wie schreibt man die Geschichte der Kunst seiner Gegenwart? »Wir alle machen nur Fragmente ... «
5
Die Geburt der Kunstgeschichte aus dem Geist der Kritik
9
VOM FRÜHWERK ZUR »NEGERPLASTIK« Das kritische Brot der frühen Jahre Ästhetische Reflexion und Begriffsbildung in Carl Einsteins ersten Schriften zur Kunst Der Wille zur Form
15
Arbeit am Begriff: Fiedler - Hildebrand - Wölfflin
28
Maillol, Lehmbruck & Co. Carl Einstein als Kritiker, Theoretiker und Historiker der Skulptur Auf der Suche nach klassischem Ausdruck
37
Das Bezwingen des Raums
46
Exkurs: Benno Elkan porträtiert Carl Einstein
59
Afrikanische Skulptur und kubische Raumanschauung
69
A U F DEM WEG ZUR » K U N S T DES 2 0 . J A H R H U N D E R T S « Der Solipsist und sein Kritiker Wassily Kandinskys Werk im Urteil Carl Einsteins Der »Blaue Reiter« und die vergleichende Kunstgeschichte Zerschlagene Fenster Malerei der negativen Ästhetik
87 91 93
Die Malerei ist gerettet Carl Einstein über die französische Figuration des frühen 20. Jahrhunderts Moïse Kisling oder Die Konsolidierung der Malerei Gescheiterte Klassik
99 113
Das Wirkliche durch prägnante Sachlichkeit zertrümmert Carl Einstein und die kritische Weltsicht von Dadaismus und Verismus Der Dichter greift in die Politik Das korrigierte Meisterbild Keine Flucht aus der Zeit: Schlichter - Dix - Grosz Malerei als Bürgerkrieg
123 130 136 155
ENTWURF EINES J A H R H U N D E R T S »Schauend ändert man Menschen und Welt« Carl Einstein schreibt die »Kunst des 20. Jahrhunderts« Grundriß der Epoche Kunstgeschichte als Weltentwurf
159 162
Der impressionistische Schreiber Julius Meier-Graefe und Carl Einstein: Ein Paragone kunsthistorischer Modelle Wohin treiben wir? Die Angst vor dem Gegenstand Impressionismus in der Kritik Aufruhr des Lichts Zwei Autoren, zwei Weltbilder
167 172 175 182 185
Moderne aus zweiter Hand Die deutsche Malerei in Carl Einsteins »Kunst des 20. Jahrhunderts« Weltanschauung statt Anschauung Der Fall Kirchner Eine kritische Freundschaft: Carl Einstein und Max Beckmann
189 194 204
Das Jahrhundert des Kubismus Carl Einstein über die Kunst von Picasso, Braque, Léger und Gris Wahrheit der Anschauung
215
Kubismus als subjektiver Realismus
221
Wege im Kubismus: Picasso - Braque - Léger
226
Exkurs: Juan Gris widmet Carl Einstein ein Bild
246
»... dichtend erschafft man Realität«
250
Das zerschlagene Wort Kunstkritik des Kubismus und »kubistische« Kunstkritik im Werk von Pierre Reverdy, Guillaume Apollinaire und Carl Einstein Kubismus als literarische Form
257
Bildnerische Poesie und synthetische Kritik
259
»Et moi aussi je suis peintre«
267
Umbildung des Sehens, Umbildung des sprachlichen Äquivalents
281
E T H N O L O G I E DER A V A N T G A R D E Der Tod des Kunstwerks Carl Einstein kritisiert das Berliner Museum für Völkerkunde Das Artefakt im Museum
293
Zwischen Ästhetik und Ethnologie
300
»... eine schattenhafte, sehr begrenzte, sagen wir ästhetische Unsterblichkeit«
303
Ethnologie als Kunstgeschichte, Kunstgeschichte als Ethnologie
304
Ein Weltbild wird gesammelt Carl Einstein berät Gottlieb Friedrich Reber »... in herzlicher Freundschaft«
309
Der Sammler und die Seinen: Picasso - Braque — Gris — Léger
315
Umwertung aller ästhetischen Werte
325
Der Kampf visueller Erfahrungen Surrealistische Bildrhetorik und fotografischer Essay in Carl Einsteins Zeitschrift »Documents« Ein intellektuelles Abenteuer
331
Visuelle Wahlverwandtschaften
334
Einstein findet einen Stein
342
Die Übermacht der Bilder
351
Rückkehr ins Mythische Carl Einstein und die Kunst des Surrealismus Ein dämonischer Klassizismus
357
Die Halluzination der Dissidenten: Miró, Masson, Arp, Klee
365
Revolte gegen den Tod
390
EPILOGE: S C H E I T E R N U N D EXIL Carl Einstein und einige seiner Leser Zur Rezeption der »Kunst des 20. Jahrhunderts« im Nationalsozialismus Im Kampf um die Moderne
399
Der rückwärtsgewandte Prophet
402
»Man endete als Emigrant...« Carl Einstein im Exil Ein Intellektueller verläßt Deutschland
415
Die neue Heimat wird Exil
419
»... immer in einer fremden Sprache leben«
422
ANHANG Anmerkungen
427
Bibliographie
467
Register
489
Abbildungsnachweis
493
VORWORT UND DANK
»Eines Tages besuchte ich Karl Einstein. Nach dem Läuten erhob sich ein bedeutsames Planschen, und in großen patschenden Sprüngen kam etwas herangestapft. Die Tür flog sperrangelweit auf, und in völliger Nacktheit erschien strahlend Karl Einstein. Dann rettete er die Situation mit folgenden Worten. >Ach, Sie sind es.< Die Tür klappte zu. >Ich glaubte, es sei eine Dame.Blauen Vogel< einsenden lassen?« 1 Mit keinem Wort geht der Maler indes darauf ein, ob er einen Abdruck des Textes befürwortet, und schickt das Manuskript an Marc weiter. Carl Einstein, der schon einige literarische und essayistische Werke in Zeitschriften wie Die Opale, Hyperion, Der Demokrat, Die Gegenwart oder Pan veröffentlicht hat, scheint den beiden Freunden immerhin dem Namen nach bereits bekannt zu sein. Nur wenige Tage später antwortet Marc, daß er vom eingeschickten Text außerordentlich beeindruckt sei: »Das Manuskript von Einstein scheint mir sehr interessant, wirklich voll Reichtum und Können.« Eine Aufnahme des Textes in das Jahrbuch jedoch hält der Künstler solange für verfrüht, bis auch die persönliche Bekanntschaft mit dessen Urheber geschlossen sei: »Für's 1. Heft
ist es doch nicht möglich; wir müssen ihn persönlich kennenlernen und mehr von ihm lesen.« 2 Einstein wird von den beiden Herausgebern auf die zweite Ausgabe des Almanachs vertröstet - die bis ins Frühjahr 1914 zwar vorbereitet, aber niemals erscheinen wird - , und der Schriftsteller bleibt für einige Monate mit den Künstlern in gelegentlichem Briefkontakt. 3 Als Herausgeber der Zeitschrift Neue Blätter, in der er literarische Werke von Autoren wie Paul Claudel, Theodor Däubler oder Emile Verhaeren gemeinsam mit Reproduktionen nach Zeichnungen und Graphiken von Künstlern wie Ernst Barlach, Wilhelm Lehmbruck oder Henri Matisse veröffentlicht hat, bittet er im April 1912 seinerseits um ihre Mitarbeit: »Einstein schrieb mir auch«, so Marc unter dem Datum des 23. April an Kandinsky, »ich hab 2 Zeichnungen hingeschickt und Beiträge in einiger Feme versprochen.« 4 Im Mai 1912 erscheint der Almanach dann ohne einen Text von Einstein, doch Kandinsky läßt durch den Verlag immerhin ein Rezensionsexemplar auch an die Neuen Blätter schicken. 5 Die Frage, was den Kritiker dazu bewogen haben mochte, einen seiner Aufsätze an die Herausgeber des Almanachs zu schicken, ist nicht eindeutig zu beantworten. Franz Marc hielt sich seit Ende De-
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zember 1911 für einige Wochen in Berlin auf, um für die Münchner Künstlergemeinschaft Ausstellungsmöglichkeiten zu erkunden; neben Begegnungen mit den Künstlern der »Brücke« verhandelte der Maler dabei auch mit einflußreichen Galeristen wie Herwarth Waiden und Paul Cassirer, der zudem lange Jahre hindurch als Geschäftsführer der Berliner Sezession gewirkt hatte und im Dezember 1912 ihren Vorsitz übernehmen sollte. Es ist anzunehmen, daß es Cassirer war, der den jungen Schriftsteller auf das Vorhaben der beiden Künstler aufmerksam gemacht und ihn dazu ermutigt hatte, einen Beitrag für das gerade entstehende Jahrbuch einzuschicken. Marc und Kandinsky jedenfalls rechnen den jungen Schriftsteller ohne Zögern zum Kreis um den von ihnen skeptisch beäugten Berliner Kunsthändler, und noch im März 1913 spricht Einstein in München vor, um die Künstler zur Teilnahme an der alljährlichen Sommerausstellung der Sezession zu bewegen: »Es war letzthin allerdings«, berichtet Marc ein wenig ungehalten dem Maler und Freund August Macke, »der Herr Carl Einstein als >Abgesandter< Cassirers hier in München, um für die Ausstellung zu werben, hat sich aber in der Kühle unseres Empfanges etwas erkältet.« 6 Einstein arbeitete in diesen Jahren wiederholt als Mittelsmann für Paul Cassirer.7 Und spätestens im Frühjahr 1913 hatte er mit dem Galeristen auch formal einen Vertrag abgeschlossen, der ihn als »Bevollmächtigten« des Kunstsalons auftreten ließ. 8 Offenbar war es seine Aufgabe, im Namen des Kunsthändlers Kontakte zu jüngeren Künstlern zu knüpfen und damit eine Brücke zwischen den ästhetischen Positionen der Berliner Sezession und neueren Tendenzen zu schlagen. Zweifellos auf seine Anregung hin veranstaltete nun auch der Kreis um Franz Pfemfert einige seiner AktionsAbende im Kunstsalon Paul Cassirer, und Einstein bemühte sich zunächst darum, einer weiteren Zersplitterung der fortschrittlichen Kräfte in Berlin entgegenzuwirken. Ein bislang unbeachteter Brief vom 24. Januar 1913 an den Maler Wilhelm Morgner, dem Vorsitzenden der seit 1910 abgespaltenen Neuen Sezession, dokumentiert dieses kulturpolitische Engagement des jungen Autors, dem es dar-
um zu tun war, die beiden Fraktionen miteinander zu versöhnen: »Mein Freund Paul Cassirer hat die Präsidentenschaft der Sezession angetreten. Ich bin fest überzeugt, daß es nicht schwer fallen wird ihn zu veranlassen, die Kunst in der Sezession im April in ihren besten Vertretern zu zeigen. Der Kampf, der bisher zwischen der Berliner Sezession und der neuen Richtung stattfand, muß im Interesse beider beigelegt werden, denn alle diese Streitigkeiten, die teilweise aus persönlicher Gereiztheit entsprangen, führten nur zu einer Bildung immer kleinerer Grüppchen, die für sich nichts im Interesse der Künstler erreichen könnten.« 9 Daß Einstein zu Beginn des Jahres 1912 einen seiner Texte an Kandinsky geschickt hat und um Aufnahme in den Almanach bat, ist als ein indirektes - wenn auch nur vorübergehendes - Bekenntnis zur Kunst dieses Malers zu werten. Der Autor steht mit seiner künstlerischen Wertschätzung in dieser Zeit ebenfalls in einer noch ungeklärten Position an der Schwelle von Moderne und Avantgarde, von Sezession und aktuellem Neubeginn. Gewiß hatte der Autor eine Auswahl der bereits in diesen frühen Jahren heftig umstrittenen Werke Kandinskys in der Ausstellung der Neuen Sezession gesehen, die in Berlin seit November 1911 geöffnet hatte (Abb. 50).w Es ist darüber hinaus belegt, daß sich Einstein schon recht bald nach Erscheinen von Kandinskys theoretischem Hauptwerk Über das Geistige in der Kunst mit der metaphysischen Ästhetik des Malers auseinandergesetzt hat. 11 Die Lektüre der Abhandlung allerdings hat sogleich zu einem Abwenden von der Kunst Kandinskys geführt; zu einer Kritik, die Einstein in den folgenden Jahren in immer schärfere Worte fassen sollte. Auch die Zurückweisung seines Beitrags für das Jahrbuch der Münchner Künstler hat vermutlich ihren Teil dazu beigetragen, daß Einstein bereits im Sommer 1912 in seinen Bemerkungen zum heutigen Kunstbetrieb durchblicken ließ, er zöge die kritische Beschäftigung mit dem Theoretiker Kandinsky derjenigen mit dem Maler vor: »Von Kandinsky verlange ich zunächst Metaphysik als solche; dann brauchen wir wahrscheinlich auch nicht über seine Bilder reden.« 12
DER
In den Nachlässen von Marc und Kandinsky haben sich keinerlei Spuren vom eingereichten Manuskript des Autors erhalten, und doch können wir einen zu Lebzeiten Einsteins unpublizierten Aufsatz durch seine besondere thematische Ausrichtung mit einiger Sicherheit als den zurückgewiesenen Beitrag zum Blauen Reiter identifizieren. Im Archiv der Berliner Akademie der Künste befindet sich ein undatierter Text, der Antike und Moderne betitelt ist und in fünf kurzen Kapiteln das besondere Geschichtsmodell seines Autors entwirft: Historie wird hier als »schöpferische Leistung« der Gegenwart betrachtet, ein dementsprechend gewandeltes Menschen- und Weltbild wird erläutert, das - auf der eher assoziativen Grundlage der Theorien Kants, Nietzsches und Bergsons - einer neuen Auffassung von Kunst und Literatur zugrunde gelegt wird.13 Gegen eine materialistische oder evolu-
S O L IΡ S IS Τ
UND
SEIN
KRITIKER
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tionistische Deutung der Welt setzt der Autor, der einige Semester Philosophie, Altphilologie, Geschichte und Kunstgeschichte an der Berliner Universität absolviert hat, auf die übergeschichtliche Verknüpfung von antikem und modernem Denken und damit auf die elementare Gegenwart anthropologischer Konstanten, wie sie in Mythos und Religion zum Ausdruck kommen. Der Literatur wird die Aufgabe zugewiesen, »gültige Gestalten und Ereignisse zu erdichten«, um mit ihnen die »geistigen Gesetze« menschlichen Empfindens und Handelns jenseits aller modernen Subjektivität und Psychologie symbolhaft erfahrbar zu machen. Einstein nennt dabei Friedrich Hölderlin, Stefan George und - mit besonderer Zustimmung - Paul Claudel als diejenigen Autoren, die der Gegenwart den rechten Weg gewiesen hätten. Für die zeitgenössische Bildende Kunst folgt aus den hier ausgesprochenen
50
Wassily Kandinsky:
Komposition IV, 1911, Öl auf Leinwand, 159,5x250,5
cm,
Düsseldorf, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen
90
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DEM
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ZUR
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BIUIKB !·!.· DK. CACHET
51 Vincent van Goghs »Porträt Paul Gachet«, 1890, und Utagawa Kuniyoshis »Zwei chinesische Krieger der Han-Dynastie« (Ausschnitt), 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, Doppelseite aus dem Almanach »Der Blaue Reiter«, 1912
Gedanken nicht etwa ein Nachbilden klassizistischhistorisierender Ideale, sondern - ganz im Gegenteil - ein Hinwenden zu den überdauernden Gesetzen der Kunst, die allerdings nicht eingehender charakterisiert werden. Mit ihrer Hilfe könne der Maler wie der Bildhauer symbolische Bildprägungen hervorbringen, in denen Kunst und Mythos zu lebendiger Einheit finden. Einstein skizziert hier eine ästhetische Theorie, die Ausdruck einer von vielen Künstlern und Intellektuellen des frühen 20. Jahrhunderts geteilten modernen Verlusterfahrung ist und von der Sehnsucht nach einer »ungebrochenen vollkommenen Ganzheit« von Kunst und Leben getragen wird. 14 In wenigen Zeilen erläutert der Autor die Entwicklung der Kunst der Gegenwart vom Impressionis-
JAPAMSCHER HOLZSCHNITT (Bapnent)
mus bis zum Kubismus, die Einstein in seinem Aufsatz als eine Geschichte der Rückkehr zu den einfachen bildnerischen Grundformen anlegt: »Cézanne ging über die nur farbigen Teile des impressionistischen Sehens hinaus und ergriff mit einziger Durchdringlichkeit den Tiefenraum, als das gründliche Moment der optischen Darstellung. Er bezeichnete jede Form als abgeleitet von einfachen Gebilden, der Kugel, dem Zylinder, dem Kubus; eine Lehre, die Picasso unbeirrbar weiter trieb.« 15 Die systematische Erforschung wesentlicher Gestaltungselemente durch die Maler und Bildhauer der Moderne habe, so fährt Einstein fort, zwangsläufig zu einer Neubewertung antiker Kunst geführt. Erst auf der Rezeptionsgrundlage der Werke von
DER
Cézanne und Picasso - der an dieser Stelle übrigens zum ersten Mal im Werk Einsteins genannt wird könne etwa die ägyptische Skulptur endlich als autonome künstlerische Hervorbringung verstanden werden, als eine »elementare Kunst«, die niemals auf »Surrogate, Unsachlich-literarisches oder Umschreibungen« zurückgegriffen habe.16 Ergibt sich schon aus dem idealistischen Grundton des Aufsatzes, der den Mythos und die »geistigen Gesetze« als Voraussetzung aller Künste unterstreicht, eine gewisse Nähe zu den Theorien aus dem Künstlerkreis des Blauen Reiters - und insbesondere zu denen Kandinskys - , so zeigt der Text darüber hinaus, daß Einstein ganz offensichtlich genaue Kenntnisse vom Publikationsvorhaben der Münchner Maler hatte, als er seinen Aufsatz um den Jahreswechsel 1911-1912 niederschrieb. Der Autor muß gewußt haben, daß Marc und Kandinsky sich mit ihrem Almanach zum Ziel gesetzt hatten, vergleichende Kunstgeschichte zu betreiben und - beispielsweise - Kinderzeichnungen neben der Kunst der Ägypter abbilden wollten, chinesische Malerei neben Werken von Henri Rousseau und volkstümliche Bilderbögen neben Arbeiten Picassos.17 Einsteins Argumentation macht es sich daher ebenfalls zur Aufgabe, die Kunst verschiedener kulturgeschichtlicher Epochen so miteinander zu konfrontieren, daß seine Leser aus der Gegenüberstellung von antiker und moderner Kunst auf die Gemeinsamkeiten der künstlerischen Äußerungen jenseits geschichtlicher Entwicklungen schließen konnten. Besonders deutlich wird dies im Vergleich der Malerei Vincent van Goghs mit der Skulptur der Ägypter; ein Vergleich, bei dem Einstein den »rhythmischen Flächenstil« als das verbindende ästhetische Wesensmerkmal herausarbeitet. Der Autor entwickelt dabei in seinem Text ähnliche Argumentationsstrategien wie der Almanach mit seinen unkommentierten, gleichwohl aber augenfälligen Vergleichsabbildungen von Werken verschiedener Künstler und Epochen (Abb. 51J.18 Mit dem Aufsatz Antike und Moderne deutet sich im Werk des jungen Carl Einstein ein Interesse an der Beschäftigung mit solchen Artefakten an, die außerhalb des klassischen kunsthistorischen Kanons angesiedelt sind; eine Beschäftigung, die 1915
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mit seinem grundlegenden Buch zur afrikanischen Skulptur einen ersten Höhepunkt erfahren sollte.19 Bei der Lektüre von Kandinskys und Marcs Almanach, für den der frühe Aufsatz zweifellos bestimmt war, hat der Autor dann eine komparative Bildregie wahlverwandtschaftlicher Werke aus unterschiedlichen Kulturen und Stilhöhen kennenlernen können, die er in wichtigen späteren Publikationen, vor allem in der Zeitschrift Documents von 19291930, selbst meisterhaft beherrschen sollte.
Zerschlagene
Fenster
Wann Wassily Kandinsky und Carl Einstein auch persönlich Bekanntschaft geschlossen haben, wissen wir nicht. Doch in den ersten Jahren nach der 1921 erfolgten Rückkehr Kandinskys aus Moskau, wo er den größten Teil der Kriegsjahre verbracht hatte, finden sich gelegentliche Hinweise darauf, daß der Maler und der Kritiker in Berlin - und später in Weimar - gesellschaftlich miteinander verkehrt haben, ja, Einstein spricht ausdrücklich von seiner »Freundschaft« mit Kandinsky.20 Im Sommer 1923 bricht er zu einer Reise nach Weimar auf und besucht dort Kandinsky, Klee und Gropius am Bauhaus; selbst eine Berufung Einsteins an die Weimarer Kunstschule ist offensichtlich einige Zeit im Gespräch gewesen.21 Als Einstein 1925 zusammen mit Paul Westheim den Europa-Almanach herausgibt, eines der bedeutendsten publizistischen Unternehmen der Weimarer Republik, und darin Gedichte, Prosa und Essays sowie Reproduktionen nach Werken der bedeutendsten Künstler der Gegenwart versammelt, darf Kandinskys Beitrag selbstverständlich nicht fehlen.22 Trotz seiner Freundschaft äußert sich Einstein in den wichtigsten biographischen Zeugnissen dieser Zeit, in den Briefen an seine Freundin Tony SimonWolfskehl, stets kritisch über den mehr als zwanzig Jahre älteren Künstler und dessen Werk. Ablehnend spricht er hier beispielsweise von »Kandinskyscher Mystik« und verurteilt unverfroren dessen »mit Occultistentruc« entstandene Malerei als »dekorativ«.23 Auch seine Weigerung, ans Wei-
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Wassily Kandinsky: Im Blau, 1925, Öl auf Karton, 80 χ 110 cm, Düsseldorf, Kunstsammlung Nordrh ein - Westfalen
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marer Bauhaus zu gehen, begründet Einstein mit der metaphysischen Grundhaltung, die er in der Kunst der dortigen Maler ausgemacht haben will: »Darum gehe ich auch nicht zu den Weimarer Transcendenten. Wo die Metaphysik anfängt - wird mir übel. [...] Man muss so lange real bleiben als man kann. Lediglich Ableben darf daran hindern. Au fond ist Kandinsky eine Taube, die Seele spinnt. Seine Frau ist doch sehr steinersche Suggestion. Der Mährchenknabe Klee ist besser. Aber das sind Romantiker mit karierter Blume und starkem Flair für Mode, zumindest für das Angenehme.« 24 Schlüsselbegriff für die Geringschätzung der Kunst von Kandinsky ist hier das sarkastische Bild der »karierten Blume«. In Anspielung auf das Motiv der »Blauen Blume« in der Dichtkunst der deutschen Romantik diskreditiert Einstein mit diesem Ausdruck die abstrakt-geometrische Kompositionsweise des Malers, dessen Formensprache sich seit
Beginn der zwanziger Jahre von einer organischen hin zu einer konstruktiven Abstraktion gewandelt hatte. Seit Frühjahr 1922 bereitete Einstein seine epochemachende Kunst des 20. Jahrhunderts vor, ließ sich dazu von zahlreichen Künstlern über ihre Werke und ihren Werdegang unterrichten und versammelte an seinem Arbeitsplatz eine Fülle fotografischer Reproduktionen. 25 Wir können also auch unabhängig von der guten Bekanntschaft mit dem Maler eine genaue Kenntnis der Werkentwicklung Kandinskys voraussetzen und Einsteins kritische Bemerkung auf dessen aktuelle künstlerische Produktion beziehen. Am 5. Dezember 1926 feierte Kandinsky seinen sechzigsten Geburtstag und sollte dazu von seinem Freund ein eher zweifelhaftes Geschenk erhalten. Bereits in das Oktoberheft der Zeitschrift Das Kunstblatt ließ Einstein einen Aufsatz einrücken, der als Hommage an den Künstler gedacht war und der
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doch die Vorbehalte seines Verfassers nicht verber-
Autor dabei den gleichsam moralischen Anspruch
gen konnte (Abb. 52).
der abstrakten Kunst hervor: »Kandinsky befand
26
In seiner typischen herme-
tischen Sprache skizziert Einstein zunächst den
die Objekte zu leicht, die heute wieder in arrivier-
künstlerischen Aufbruch Kandinskys, den er als
ter, schmeichelnder Sachlichkeit ernüchternd sich
»Aufruhr der Seele« schildert, als einen leiden-
rächen.« 2 9 Insgesamt kommt der Autor allerdings
schaftlich bewegten Lebensabschnitt, der darin
zu einer durchaus zwiegespaltenen Bewertung der
endet, daß der Künstler eine Gestaltungsmethode
Kunst seines Freundes. Zwar sei Kandinsky mutig
entwickelt, mit der er »geistige Gegenstände« zur
dem eigenen inneren Drängen gefolgt und habe
Anschauung bringen kann. Für Einstein ist Kan-
manche traditionelle künstlerische Vorgabe über-
dinskys Kunst ein Art von »Gottersatz«, sie ist ein
wunden, doch unabhängig von der historischen Be-
»Kampf gegen entgottete positive Objekte, gegen
deutung dieser Kunst merkt Einstein ebenfalls an,
den Handel der natures mortes«. Der Autor betont
daß er die vermeintlich vollständige Aufgabe des
das Revolutionäre dieser künstlerischen Tat, die
Welt- und Gegenstandsbezugs für eine Schwäche
vor allem auf die Kunst in Mittel- und Osteuropa
der Malerei Kandinskys hält. Den weltanschau-
ihre Wirkung nicht verfehlt habe; allein in Berlin,
lichen Gehalt seiner künstlerischen Visionen, von
so Einstein mit Blick auf die unerbittliche Kritik der
denen sich der Maler nicht nur eine Veränderung
Vorkriegsjahre, sei die Malerei Kandinskys nicht
des Menschenbildes, sondern auch »apokalyp-
angemessen wahrgenommen worden. 27
tischen Hereinbruch, metaphysische Dimension,
Der kurze Text, der seine Thesen in aphoristischer Kürze vorträgt, nimmt das Werk Kandinskys zum Anlaß einer pointierten kunsttheoretischen Auseinandersetzung mit der abstrakten Kunst. Ein-
Niederkunft des Absoluten« erhofft habe, verkennt Einstein indessen nicht. Doch zweifelnd fragt der Kritiker: »Ob seine Bilder zu solcher Kunde genugsam befreit sind?« 30
stein schildert die Rivalität von Abstraktion und gegenständlicher Repräsentation und macht deutlich, daß er die Kunst Kandinskys und die Kunst der
Malerei
der negativen
Ästhetik
Neuen Sachlichkeit letztlich als zwei einander spiegelbildlich bedingende Richtungen, als »Schalen
Einstein hatte mit diesem Text gewiß versucht, das
einer Waage« sieht. Der Kritiker, der in seiner Kunst
schroffe Urteil zu mildern, dem er Werk und Werde-
des 20. Jahrhunderts
gang Kandinskys in seiner Kunst des 20.
das Figurative in der deut-
Jahrhun-
schen Kunst der Nachkriegszeit ausdrücklich als
derts unterzogen hatte. Der Kritiker und Theore-
Antwort auf die Werke von Kandinsky und Klee be-
tiker, der mit diesem schon im Frühjahr 1926
zeichnet hat, schildert die Reaktion einer jüngeren
erschienenen Buch zum Historiker der Avantgarde
Künstlergeneration gegen die Errungenschaften der
wird, widmet seinem Freund darin einen der läng-
abstrakten Malerei: »Kandinsky, ein Wagemutiger;
sten monographischen Abschnitte überhaupt. Zu
er schlug Fenster ein, die heute von neuem verglast
Beginn schildert Einstein die Polarität von eigen-
werden; noch oft werden diese Scheiben zerklirren,
gesetzlicher künstlerischer Form und realistischer
noch oft wird Aufruhr in Umkehr ermüden. Spiel
Welterfassung als eines der ästhetischen Grund-
des Generationswechsels, wobei die Jüngeren recht
probleme der Malerei der Moderne und leitet aus
oft als vorsichtig Müde sich erweisen.« 28
diesem Konflikt den Ursprung der Kunst Kandin-
Die kunsthistorische Situation in Deutschland zur Mitte der zwanziger Jahre illusionslos überblickend kommt Einstein nicht umhin, bei diesem Kampf den gegenwärtigen Sieg der Künstler der Neuen Sachlichkeit einzuräumen. Mit einer Anspielung auf das biblische Buch Daniel hebt der
skys ab. Der Künstler habe erkannt, daß der motivische Anlaß mit dem geistigen Gehalt eines Werkes keineswegs identisch sei, und die Abstraktion in dessen Werk wird daher nicht als artistischer Selbstzweck sondern als Folge subjektiver Erfahrungenbewertet: »Dies war Erlebnis: die Scheidung
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gungen auffällt. Seinen schriftstellerischen Grundsätzen treu wird dabei allerdings keines der Bilder Kandinskys zum Gegenstand nachbildender Werkbeschreibung. Der Autor versucht vielmehr, durch die besondere stilistische Gestaltung seiner kritischen Äußerungen im Leser eine entsprechende Vorstellung von den Werken des Künstlers wachzurufen. Bestimmt wird der Text von einer ganzen Reihe von Schlüsselwörtern, mit denen Einstein die Kunst Kandinskys charakterisiert: »Unmittelbarkeit des Selbst« lesen wir da, »geistige Empfindung« und »seelische Notwendigkeit«, aber auch »qualvoll stürmische Halluzination« und »Verlust gesehener Welt«, »kreisendes Selbstgespräch« und »Autismus«. Es ist interessant zu sehen, wie der Autor aus dem gleichsam religiösen Respekt vor der Vollkommenheit göttlicher Schöpfung die ästhetische Skepsis Kandinskys ableitet, der sich mit seinen Werken jeder imitatio naturae verweigert habe: »Die Welt sei da - wozu sie nochmals bilden in eitlem Wettbewerb mit Gott, wobei man schwächlicher Kopist bleibe, der ihrer Schönheit nie gerecht werde.« 32 An die Stelle der Nachahmung der Natur setze Kandinsky die Gestaltung innerer Visionen, seine Werke werden als farbige Emanationen seelischer oder geistiger Erlebnisse bezeichnet, die ihren Ursprung im empfindenden Subjekt haben und sich dem Einfluß der gegenständlichen Welt zu entziehen suchen:
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Wassily
Kandinsky: Entwurf
zu
»Auf Weiss II«, 1922, Aquarell
und Tinte auf
Papier, 46,5 χ 41,5
cm,
Paris, Musée
national
d'art
moderne
zwischen zufälligem Gegenstand und notwendig verspürtem innern, untrennbaren Inhalt. Unter dem Auftrieb nackten optischen Solipsismus zerstoben die Dinge; Objektzerfall.«31 Einstein zeichnet kurz die Anfänge von Kandinskys künstlerischer Arbeit nach, der sich mit seinen Werkreihen der »Improvisationen«, »Impressionen« und »Kompositionen« um 1910 von der Münchner Jugendstilmalerei befreit habe. In den koloristischen Experimenten dieser Gemälde aber seien »Motiv und innere Farbform« noch nicht vollständig voneinander gelöst. Dem Werk der nachfolgenden Jahre widmet Einstein eine mehrseitige Passage, in der er sprachlich immer wieder aufs neue ansetzend zu Formulierungen gelangt, die umeinander zu kreisen scheinen und in denen die Häufung adjektivischer Beifü-
»Bei Kandinsky setzte ein Protest ein, der eine Generation bezeichnet: die Entdinglichung, der Versuch, unmittelbar nackt seelisches Geschehen darzustellen. Man verschmäht metaphorischen Ausdruck, strebt Unmittelbarkeit des Selbst an und zerfällt um dessenwillen mit abbildbarer Dingwelt; eine Angst überwältigt diese Künstler, daß jedes Ding nur Hinderung der Seele ist; asketisch wendet man sich gegen das abbildbare Sujet, man versucht aus sich die wesentlichen Formen und weiter die dem entsprechenden Formgegenstände zu erzwingen, damit das Bild nur Ausströmen gereinigter Seele sei; Verchristlichung der Optik - das Visuelle wird zum inneren Gegenstand.«33 Ausführlich wird das Werk Kandinskys vor dem Hintergrund idealistischer Philosophie untersucht;
DER
Vergleiche zur Literatur Arthur Rimbauds und August Stramms werden gezogen, die Farbtheorie des Künstlers wird erläutert und aus der Vorläuferschaft der französischen Romantik und des Impressionismus kunsthistorisch abgeleitet. Doch in die wertfreien Erläuterungen mischt sich immer wieder bittere Kritik. Der schwergewichtigste Vorwurf, mit dem Einstein der Malerei des Freundes begegnet, ist der eines artistischen Solipsismus, eines Weltverlusts, den er als »Diktatur dinglosen Erlebens und Schauens« sowie als »negative Ästhetik« brandmarkt.34 Das bildnerische Konzept Kandinskys muß in den Augen des Kritikers scheitern, da der Maler versucht habe, die Gattungsbindungen der Bildenden Kunst abzustreifen und eine absolute, eine unbedingte Gestaltung zu erreichen, für die - trotz aller theoretischen Bemühungen des Künstlers keine allgemeingültigen Formgesetze gefunden
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KRITIKER
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werden: An die Stelle eines gegenständlichen Realismus habe Kandinsky lediglich einen »psychologischen Realismus« gesetzt. Mit einer Ausnahme, der Winterlandschaft / von 1909, die das fauvistisch beeinflußte Frühwerk Kandinskys repräsentiert, beschränkt sich Einstein bei der Reproduktion von dessen Werken auf Gemälde der Jahre 1919 bis 1921 sowie auf das Aquarell Entwurf zu »Auf Weiß II« vom Dezember 1922, dem er als Farbtafel einen prominenten Rang innerhalb der Abbildungen seines kunsthistorischen Kompendiums einräumt (Abb. 53).35 Auffallend ist, daß der Autor kein einziges Werk aus der Periode des »Blauen Reiters« ausgewählt hat und solchen Gemälden den Vorzug gibt, die unmittelbar vor Arbeitsbeginn des Buches entstanden sind und - ganz offensichtlich - in Einsteins Augen das Schaffen Kandinskys exemplarisch vertreten. Die insgesamt
54 Wassily Kandinsky: Im Grau, 1919, Öl auf Leinwand, 129x 176 cm, Paris, Musée national d'art moderne
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DES
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sechs ganzseitigen Tafeln zeigen beinahe ausschließlich Hauptwerke des Künstlers, die sich heute in den Museen von Sankt Petersburg, Paris oder New York befinden. Einstein hat die Illustrationen für das Kandinsky gewidmete Kapitel - wie für die anderen Kapitel seines Buches auch - mit sicherer Hand ausgewählt. Die Reproduktionen zeigen die Vielfalt seines Wirkens in dieser kurzen, aber hochinteressanten Übergangsphase nach dem Ersten Weltkrieg, sie zeigen eine Zeit des Suchens und des Neubeginns, in der sich ein stilistischer Wandel von der organischen zur konstruktiven Abstraktion abzeichnet. Das 1919 datierte Gemälde Im Grau steht dabei unter den abgebildeten Werken als ein spätes Zeugnis der vor dem Krieg entwickelten Ausdrucksmöglichkeiten. Weitgehend abstrahierte Bildelemente, denen aber noch immer die Erinnerung an landschaftliche Versatzstücke eingeschrieben ist, schließen sich zu einem Färb- und Formwirbel zusammen, der noch nicht die »tektonische, rationale Bildgeometrie« der nachfolgenden Jahre aufweist (Abb. 54).36 Geometrisch-konstruktive Elemente greifen vereinzelt in die Kompositionen der nur wenig später entstandenen Gemälde Auf Weiß I von 1920 (St. Petersburg, Russisches Museum) und Weißes Zentrum ein, die nicht nur chronologisch die Schwelle zu Kandinskys Kunst der zwanziger Jahre markieren. Quadrat-, Zacken- und Streifenmuster legen in diesen Werken einen rein abstrakten Bildsinn über die Formenwelt organischer und landschaftlicher Abbreviaturen (Abb. 55).37 Höhe- und Schlußpunkt der stilistischen Entwicklung dieser Jahre, wie sie in Einsteins Buch anhand nur weniger Reproduktionen nacherzählt wird, ist dann das Gemälde Bunter Kreis ν on 1921, das bereits souverän über die neu erarbeiteten bildnerischen Möglichkeiten verfügt und programmatisch auf die reifen Werke der Jahre am Bauhaus vorausweist (Abb. 56).38 Einstein jedoch setzt gegen diese vom eigenen Bildmaterial gleichsam objektiv berichtete Werkentwicklung hin zur konstruktiv-geometrischen Abstraktion ein scharfes negatives Urteil. Der Kritiker erkennt die Leistung auch dieser Werke nicht an, er spricht ihnen den Rang künstlerischer Erfindung ab
und sieht in ihnen allenfalls ein dekoratives Arrangement von Formen und Farben: »Es scheint aber, daß sein späteres Verwenden geometrischer Formen, die bestimmten Farben und deren ausstrahlender Bewegung entsprechen sollen, geringere Erfindung kündet denn ein Topf des Chardin oder eine Frucht des Braque.« 39 Die strenge Ablehnung gründet sich dabei auf ästhetische Überzeugungen, die Einstein nicht nur an dieser Stelle offen ausspricht. Dem Autor ist es keineswegs darum zu tun, Kandinskys Malerei aus einer unvoreingenommenen kunsthistorischen Sicht zu bewerten; er befragt Künstler und Werk nach ihrer Stellung in einem ästhetischen System, das für Einstein auf anthropologisch-menschenbildlichen Fundamenten errichtet ist und noch immer Züge einer gattungstheoretischen Hierarchie besitzt, wie der Reflex auf die nach akademischer Doktrin ohnehin niedrig anzusetzenden Stilleben von Chardin und Braque deutlich belegt. Am Ende seines Kapitels über Kandinsky wird der Autor noch einmal grundsätzlich: »Sinn aller Kompositionen ist ihr Eindringen in die uns gebotene Welt, die ohne jene unverständlich, geradezu unbenutzbar bliebe; denn man komponiert letzten Endes aus biologischem Bedürfnis. Kandinsky verbleibt in Elementen, die er reizvoll gruppiert; er übersieht jedoch, daß die Dinge erst Sinn erhalten durch menschliche Schöpfung, und daß sie für den Maler erst Wert haben, wenn sie Signale und Zeichen der Raumerfahrung sind. Der Bildgegenstand selber schreibt kaum die Form vor, sondern ist Ergebnis tätigen Formvorstellens; und dies erst zeigt völligere Kraft, wenn der Gegenstand durch subjektiv formales Vorstellen besiegt und neu geschaffen wird. Hier werden biologische Bedürfnisse befriedigt, Selbstbehauptung gegenüber göttlich gebotener Schöpfung gewiesen.« 40 Mit seiner Bemerkung über das »tätige Formvorstellen« zeigt der Autor, das sein anthropologischer Kunstbegriff, den er in der Kunst des Kubismus und - einige Jahre später - im Surrealismus verwirklicht sieht, und damit auch seine entschiedene Ablehnung gegenstandsloser Kunst auf einer Radikalisierung der sensualistischen Ästhetik Konrad Fiedlers beruhen, dessen Theorien Einstein bereits während
DER
S O L IΡ S IS Τ
UND
SEIN
KRITIKER
97
55
Wassily Kandinsky:
Weißes Zentrum, 1921, Öl auf Leinwand, 118,7x 136,5 cm, New York, The Solomon R. Guggenheim Museum 56
Wassily Kandinsky:
BunterKreis, 1921, Ol auf Leinwand, 138 χ 180 cm, New Haven, Yale University Art Gallery
98
AUF
DEM
WEG
ZUR
»KUNST
DES
SO.
J A H R H U N D E R T S «
seines Berliner Studiums kennengelernt hatte. Auf
denfalls ohne eine einzige Abbildung nach Werken
dem Gedanken einer aktiven, ja, visionären künst-
Kandinskys erscheinen. Ganz offensichtlich hatte
lerischen Vorstellung gründend fordert ein sol-
der Künstler die Einwilligung in die Reproduktion
ches Konzept den Künstler zwar auf, in seinen
seiner Gemälde zurückgezogen. 42 Und noch Jahre
Werken die bloße Nachahmung der ihn umgeben-
später zeigt sich Kandinsky nicht versöhnt. In
den Welt aufzugeben, seine Arbeit hingegen bleibt
einem Brief an Galka Scheyer entwirft der Maler im
zuletzt doch an den Zugriff auf die Wirklichkeit, an
Juli 1934 ein Zerr- und Spottbild Einsteins als
den erkenntnisstiftenden Anspruch der Kunst ge-
»Kunsthistoriker mit so tiefen trüben Tiefen, daß
bunden.
man nichts mehr sehen kann«. 4 3
Auf Kandinskys Reaktion angesichts des harten
Kandinsky wird hier für einen kurzen Augen-
und - kunsthistorisch betrachtet - ungerechten Ur-
blick zum Kritiker des Kritikers, und sein böses
teils können wir nur indirekt schließen. Es hat sich
Wort von den »trüben Tiefen« zeigt, daß er durch-
ein Brief Einsteins an den Maler erhalten, in dem
aus verstanden hat, daß Einsteins kunsthistorisches
er 1926 um Fotomaterial nach neueren Werken bit-
Werk jenseits aller positivistischen Objektivität
tet und zugleich um Verständnis für seine unum-
auf einem ganz besonderen Konzept gründet. Ein-
wundene Kritik wirbt: »Ich hoffe, Sie sind mir
stein folgt bei seiner Bewertung der Bildenden
wegen der Kunstgeschichte nicht geradezu böse
Kunst einem ästhetisch-anthropologischen Ge-
und respektieren den aufrichtigen Ernst, womit ich
schichtsmodell, das er in zahlreichen Aufsätzen
Ihre Produktionen behandelt habe.« 4 1 Doch der
entworfen und in seiner Kunst des 20.
Künstler war sehr wohl und zurecht böse auf den
materialreich ausgearbeitet hat. In ihm wird die
Kritiker, der sich noch wenige Jahre zuvor als sein
kubistische Raumauffassung zur Grundlage einer
Freund bezeichnet hatte: Voller Hohn notiert Kan-
visionären, die Wirklichkeit, das Welt- und Men-
dinsky am Rand des Schreibens nur ein einziges
schenbild umgestaltenden Kunst. 4 4 Auch gegen-
Wort (»Ernst«). Kandinskys Antwort ist leider nicht
über Kandinsky, dem Freund, dessen abstrakte
Jahrhunderts
überliefert, aber daß er nach der Lektüre des Buches
Bildsprache in diesem System keinen Ort finden
noch dazu bereit gewesen wäre, weitere Reproduk-
konnte, bleibt Einstein seinen Uberzeugungen treu
tionen zur Verfügung zu stellen, kann bezweifelt
und fällt ein kompromißloses Urteil. Das Werk
werden. Als 1928 die zweite Auflage von Einsteins
Kandinskys mußte ihm folgerichtig als künstle-
Kunst
rische Weltflucht erscheinen, der Maler selbst als
des 20. Jahrhunderts
veranstaltet wurde,
mußte das Buch - bei kaum verändertem Text - je-
Solipsist.
D I E M A L E R E I IST G E R E T T E T C A R L E I N S T E I N ÜBER DIE F R A N Z Ö S I S C H E F I G U R A T I O N DES FRÜHEN 2 0 . J A H R H U N D E R T S
Moïse Kisling oder Die der Malerei
Konsolidierung
Auf dem Weg zu seiner Kunst des 20. Jahrhunderts begegneten Carl Einstein die Ausdrucksformen der zeitgenössischen Malerei und Skulptur in ihrer ganzen Vielfalt und Widersprüchlichkeit. Und auch sein Werdegang als Kunstkritiker ist keinesfalls als eine geradlinige Entwicklung zu verstehen, die zielgerichtet in der Apologie des Kubismus mündete. Immer auch hat sich der Autor in seinen Schriften zur Kunst mit solchen Werken beschäftigt, die vor, neben und nach dem Kubismus den Alltag des europäischen Kunstlebens in seinem Jahrhundert ausmachten. Der weitaus größte Teil seiner bis 1926 erschienenen Aufsätze befaßt sich daher auch mit jenen Künstlern, die ihren Ausdruck unabhängig von den Formanalysen der Kubisten in der gegenständlichen Auseinandersetzung mit den Motiven des Menschen, der Landschaft oder des Stillebens suchten. Auf seinen Reisen nach Paris hat Einstein schon vor dem Ersten Weltkrieg einen guten Überblick über die aktuellen Tendenzen der Kunst gewinnen können, und lange Zeit bevor er sich in seinem kunsthistorischen Hauptwerk ausführlich auf die Künstler der kubistischen Abstraktion einläßt
oder ihnen Beiträge in deutschen und französischen Zeitschriften widmet, schreibt der Kritiker beinahe ausschließlich über Werke der figurativen Kunst. Auf deutscher Seite gilt sein Interesse dabei insbesondere den veristischen Malern und Zeichnern, die - wie er selbst - in den Wirren der letzten Kriegsjahre und der unmittelbaren Nachkriegszeit zu politischem Engagement gefunden hatten; in Frankreich sind es die Werke von Künstlern wie Moïse Kisling, Maurice Utrillo oder André Derain, in deren Dienst er seine kunstkritischen Aufsätze der frühen zwanziger Jahre stellt. Insbesondere Moïse Kisling, mit dem der Autor einige Jahre in engster Freundschaft verbunden ist, und dessen Werke er dem deutschen Publikum 1922 in einer kleinen Monographie - der ersten zu Kisling überhaupt - zugänglich macht, gehört zum Kreis jener Persönlichkeiten, die Einstein schon in den Jahren vor Ausbruch des Krieges in Paris kennengelernt hat und ihm den Eintritt in die künstlerischen und intellektuellen Zirkel der französischen Metropole erleichtert haben. Ivan Göll, auch er ein guter Bekannter des Autors, hat die Aufnahme der fremden Künstler und Schriftsteller durch die französischen Künstler euphorisch beschrieben: »Karl Einstein, Rudolf Levy, George Grosz haben es erfah-
100
57
Robert Hommage
1914, Öl auf
Delaunay: à
Bléríot,
Leinwand,
250 χ 250 cm,
Basel,
Öffentliche Kunstsammlung, Kunstmuseum
AUF
DEM
WEG
ZUR
»KUNST
DES
20.
J A H R H U N D E R T S «
ren, was Pariser Künstlertum bedeutet: Herzen und
gibt auch - und vor allem - Aufschluß über das
Gläser, die von roten Säften überfließen. Zwischen
frühe kritische Interesse Einsteins an Werken der
Montmarte und Montparnasse liegt heute Europa. « 1
figurativen Malerei in Frankreich.
Wann Einstein und der 1910 von Krakau nach Pa-
Im Dezember 1919, und nachdem der Erste Welt-
ris übersiedelte Kieling nähere Bekanntschaft mit-
krieg die guten Beziehungen des Schriftstellers zu
einander schlossen, konnte allerdings bislang nicht
den Künstlern und Kollegen in der französischen
beantwortet werden. Doch ein neu entdeckter Auf-
Hauptstadt für bittere Jahre unterbrochen hat, be-
satz vermag nun nicht nur diese eher nebensäch-
zeichnet Einstein den Maler in einem Brief an
liche biographische Lücke zu schließen, sondern
Tristan Tzara als seinen »intimen Freund« und
DIE
MALEREI
IST
GERETTET
101
bittet um dessen aktuelle Anschrift. 2 Zwischen
1914, um eine Freundschaft zu schließen, die in den
Künstler und Kritiker sollte aber erst einige Monate
Jahren nach dem Krieg weit wichtigere kritische
später ein reger Briefwechsel einsetzen, in dem Ein-
Früchte tragen sollte.
stein, in der märkischen Diaspora, um Reproduk-
Doch bevor sich Einstein in seiner Rezension
tionen neuerer Werke nachsucht und sich mit Kie-
ausgesprochen zustimmend über das Werk des jun-
ling über die Aktivitäten gemeinsamer Freunde wie
gen Kisling äußert, leitet er seinen Beitrag zunächst
André Derain, Florent Fels, Max Jacob oder André
mit einer Klage ein, die in der Geschichte der Salon-
Salmon verständigt. 3 Immer wieder erkundigt sich
literatur zum festen Bestand kritischer Verdikte ge-
Einstein auch nach den neuesten literarischen und
hört: Eine »Unsumme gänzlich stagnierender Kunst
kunstkritischen Veröffentlichungen, und der hilfs-
oder Unkunst« versperre seiner Ansicht nach den
bereite Maler schickt Zeitschriften wie die
Blick auf die wenigen maßgeblichen Werke, die Ein-
d'aujourd'hui,
L'Esprit nouveau
Cahiers
oder Littérature
an
stein in den Gemälden und Skulpturen orphisti-
Einsteins damaligen Wohnsitz in Frohnau bei Ber-
scher und (post-)kubistischer Künstler erkennt, für
lin. 4 Aber auch belletristische Schriften wie Guil-
die er aber keineswegs nur wohlwollende Worte
laume Apollinaires Calligrammes
findet.7 Im Gegenteil: Die ausgestellten Werke von
von 1918 oder
Fernand Crommelyncks Le cocu magnifique
von
Robert Delaunay, die in unmittelbarer stilistischer
1921, sowie André Salmons Buch L'Art vivant von
Nähe zu futuristischen Vorbildern stünden und von
1920, das ihn über neue Entwicklungen innerhalb
Einstein daher unter den Bezeichnungen »Synchro-
der französischen Kunst unterrichten konnte, ge-
mismus« oder »Simultanismus« geführt werden,
langen auf diese Weise in Einsteins Bibliothek.
bieten dem Autor Anlaß zu heftiger Kritik. Mit Blick
Im Postskriptum eines Briefes vom 11. Dezember 1920 möchte Einstein von seinem Freund schließlich wissen, ob ihm noch unmittelbar vor Ausbruch des Krieges eine kritische Würdigung bekannt geworden sei, die der Autor über Kielings Werke verfaßt hatte: » Avez-vous lu encore une chose avant la guerre que j'ai publiée sur vous?« Der hier ange5
sprochene Text kann erst jetzt mit einem lange Zeit übersehenen Aufsatz identifiziert werden, eine der
auf Werke wie die 1914 ausgestellte Hommage
à
Blériot, in der Delaunauy die Bewegungen von Flugzeugen und Propellern vor der nur angedeuteten Pariser Stadtlandschaft in ein abstraktes Gefüge farbiger Formen überführt hat (Abb. 57), erläutert Einstein sein Verständnis einer Kunst, die er als Verrat an den Errungenschaften des Kubismus brandmarkt: »Delaunay übersetzte die kubistische Formel von
wenigen Kritiken übrigens, die Einstein über die
der optischen Bewegung ins Anekdotische. Er be-
zahlreichen Pariser Kunstsalons geschrieben hat.
zeichnete diesen Truc als Simultanismus; das heißt,
Unter dem Titel Ausklänge
auf
er versucht im Bild die Veränderung der Dinge, ihre
hat der Kriti-
zeitliche Funktion darzustellen; und verwebt die
der Hypermoderne
dem Pariser Salon der Unabhängigen
ker seinen Beitrag im März 1914 in die Zeitschrift
starren Körper in die Bewegungen des Lichts, der
Zeit im Bild einrücken lassen, in der bereits ein Jahr
Farbe, des Psychologischen, und vor allem in den
zuvor seine Studien über Wilhelm Lehmbruck, Ari-
Zusammenhang der Anekdote. Er gibt die schwan-
stide Maillol und Paul Claudel erschienen sind. 6
kenden Türme, um die Depeschen und Aeroplane
Auf höchst polemische Weise verleiht Einstein hier
und Städte sausen, er malt die Assoziationen, die
seinem Urteil über einige Werke Ausdruck, die auf
diesen Dingen gleichzeitig sind; sie heißen New-
dem Salon des Indépendants gezeigt wurden. Wie
York, London und so fort.« 8
wir aus der Lektüre der Kritik erfahren werden, kann zu dieser Zeit allerdings noch nicht von einer engeren Vertrautheit zwischen Maler und Schriftsteller gesprochen werden, und so bleibt den beiden nur die kurze Zeit bis zur Mobilmachung im August
Auch die Werke Sonia Delaunays und insbesondere das von ihr gemeinsam mit dem Dichter Blaise Cendrars 1913 veröffentlichte Leporello La Prose du Transsibérien
et de la petite Jehanne
de France sto-
ßen in diesem Zuammenhang auf die entschiedene
102
AUF DEM WEG ZUR »KUNST DES 2 O . JAHRHUNDERTS«
Ablehnung des Kritikers (Abb. 58). Über das typographische Experiment des »simultanen Buches« heißt es in seinem Salonbericht verständnislos: »Dies wird auf einer Rolle von oben nach unten gelesen, schillert wie das Posterieur eines Mandrills und ist aus den ausgeschnittenen Buchstaben Pariser Zeitungen zusammengesetzt.« 9 Im Gegensatz zur enthusiastischen Aufnahme, die Robert Delaunays Gemälde seit seinem Beitrag zur Wanderausstellung des »Blauen Reiters« 1912 bei progressiven Künstlern, Kritikern und Sammlern in Deutschland gefunden hatten, beurteilt Einstein die Arbeit des Pariser Malers keineswegs als eine folgerichtige Weiterentwicklung kubistischer Ansätze. 10 Auffallend ist die besondere Heftigkeit seiner Ablehnung, die auch vor unsachlichen Invektiven nicht haltmacht. Delaunay wird als »etwas hohler Kopf« abgekanzelt, seine Malerei als »ungemeine Kraftprotzerei«, und die um ihn versammelten Künstler werden als eine selbstgefällige Gruppe »mondainer Maler« bezeichnet, die vom »Damenschneider« Paul Poiret protegiert würde. 11 Es ist nicht ausgeschlossen, daß Einstein, der zu dieser Zeit enge Kontakte zum Berliner Kunsthändler Paul Cassirer unterhielt, mit seinem scharfen Angriff eigentlich dessen Konkurrenten treffen wollte, den Galeristen Herwarth Waiden, der bereits seit einiger Zeit und mit aller Macht die Werke Delaunays in Deutschland durchzusetzen versuchte. Doch Einstein deutet zumal die ästhetischen Grundlagen an, auf denen seine rückhaltlose Verurteilung der orphistischen Werke beruht. Die im obigen Zitat angesprochene Simultaneität der Formen, die Suggestion von Färb- und Lichtbewegungen, der beständige Wandel der Gegenstände und die in ihnen eingeschriebene Zeitlichkeit führt der 58
Autor offenkundig auf aktuelle lebensphilosophi-
Sonia
Delaunay
und Blaise
Cendrars:
sche Theorien zurück: »Vielleicht ist an all diesen
Transsibérien
Dingen die Philosophie Herrn Bergsons nicht ganz
La prose du
et de la petite
Jehanne
de France, 1913, und
Buch-
Schabionendruck auf Papier, 195,6x35,6
(Ausschnitt),
cm Paris,
Musée national d'art moderne
unschuldig«, heißt es dort weiter, und in der Tat sind die Überlegungen des französischen Philosophen für die Kunst Delaunays von nicht geringem Einfluß gewesen. 12 Henri Bergson hatte in seiner 1907 erstmals veröffentlichten und schon 1912 ins Deutsche über-
DIE
MALEREI
IST
GERETTET
103
setzten Erkenntnislehre L'Évolution créatrice versucht, die tradierten Gegensätze von Idealismus und Realismus zu überwinden. Er gründete seine Theorien dabei vor allem auf das intuitive Versenken in eine Wirklichkeit, die ständigen Veränderungen unterworfen sei und daher vom menschlichen Intellekt nicht angemessen erfaßt werden könne. Sein gegen die modernen Naturwissenschaften formulierter Zeitbegriff einer fließenden Dauer (»durée«), sowie insbesondere seine Vorstellungen von einem Lebensimpuls (»élan vital«), der zu immer neuen und immer wieder zerfallenden Hervorbringungen treibe, wurden von vielen Künstlern und Schriftstellern vom Expressionismus bis hin zum späteren Surrealismus begeistert aufgenommen. Einstein aber lehnt in seiner Kritik jeden Versuch ab, »durch Hinzufügen philosophischer Ideologien die Malerei zu verjüngen und sie zu besonderer menschlicher Bedeutung zu erheben«; er sieht in der Art und Weise, wie Delaunay die Theorien des französischen Philosophen bei der Gestaltung seiner Werke in Färb- und Formzerlegungen umsetzt, lediglich ein »Symptom der Auflösung«. 13 Neben diesen Werken gilt sein kritisches Wort aber vor allem der Arbeit jener Künstler, die Einstein unter der Rubrik »Postkubismus« zusammenfaßt. Der Autor betont zunächst ganz zurecht, daß die führenden Kubisten auch in diesem Jahr keine Werke zum Salon des Indépendants eingereicht hätten. Lediglich Albert Gleizes und Jean Metzinger, die in seiner Kritik ansonsten keine weitere Rolle spielen, seien mit allerdings wichtigen Werken vertreten. Hatte Einstein die Gemälde Delaunays noch mit einiger Ausführlichkeit betrachtet, so fällt sein Text nun in den typischen Jargon der Salonkritiker. Seine weitgehend negativen Urteile begründet der Autor kaum noch, er versucht hingegen, die Werke der so zahlreich auftretenden Künstler mit jeweils nur wenigen knappen Worten - und gleichsam im Vorübergehen — zu charakterisieren. Auch Einsteins Künstlerliste ist lang, und so erwähnt er unter den Salonteilnehmern beispielsweise die Maler Roger de la Fresnaye (»zeigt in seinen Stilleben entschieden Geschmack, aber wohl nicht mehr«), Raoul Dufy, Diego Rivera, Kees van Dongen (»stellt einen
Rekord an Kitsch auf«), André Dunoyer de Segonzac, Othon Friesz und André Lhote (»der in der leichtsinnigsten Weise den Kubismus zu kompromittieren versucht«), aber auch die Bildhauer Ossip Zadkine, Elie Nadelmann sowie Alexander Archipenko (»zu sehr der gezeichneten Fläche unterworfen«). 14 Neben Archipenko, von dem Einstein zwei farbig gefaßte Plastiken abbildet, die im Salon für einiges Aufsehen gesorgt hatten, Médrano 77 von 1913 (New York, Solomon R. Guggenheim Museum) und Carrousel Pierrot aus dem gleichen Jahr (Abb. 59), gilt dabei die einzige ein wenig ausführlichere Be-
59 Alexander Archipenko: Carrousel Pierrot, 1913, Gips, bemalt, Höhe 60 cm, New York, The Solomon R. Guggenheim Museum
104
60 Moïse Kisling: Nu devant la glace, 1914, Öl auf Leinwand, 91 X 73 cm, Paris, Privatbesitz
AUF
DEM
WEG
ZUR
»K U N S T
DES
2 O . J A H R H U N D E R T S «
trachtung dem späteren Freund Moïse Kisling. Des-
Autor Kisling als einen österreichischen Künstler
sen Gemälde werden im Gegensatz zu allen ande-
bezeichnet, der als Ausländer von der Hängekom-
ren ausgestellten Kunstwerken uneingeschränkt ge-
mission der Ausstellung benachteiligt worden sei:
lobt. Daß Einstein zu dieser Zeit bereits mit dem
»Die besten Dinge gibt unter all diesem zweifel-
Werk aber noch nicht mit Person und Werdegang
los der Österreicher Kisling. Dafür klebte man auch
des Malers vertraut war — er hatte zuvor zumindest
seine Bilder in die höchsten und dunkelsten Ecken.
einige Stilleben und Porträts in Berlin gesehen und
Der französische Chauvinismus blüht recht heiter
ihnen eine »ruhig ausdrucksvolle Plastizität«, be-
in diesem Salon und wird gerade von den Unbe-
ziehungsweise eine »ruhige, gutgeteilte
Form« 15
be-
scheinigt - , zeigt sich bereits in der Tatsache, daß der
gabten als unlauteres Mittel benutzt, talentvollen Fremden das Ausstellen zu verleiden.« 16
DIE
Doch Einstein hat die Bilder des talentvollen Fremden auch in diesen höchsten und dunkelsten Ecken entdeckt. Kisling stellte im Salon, auch wenn sein Kritiker dies nicht eigens erwähnt, drei Gemälde aus: Neben einem heute nicht mehr identifizierbaren Frauenakt und dem Gemälde Nu devant la glace von 1914 war auch das Aktbild Majama zu sehen, das Einstein in seinem Bericht durch eine großformatige Reproduktion besonders hervorhebt (Abb.60-61).'17 Kielings Kompositionen sind aus
MALEREI
IST
GERETTET
105
farbigen Flächen großzügig aufgebaut; diagonale Formen deuten als perspektivische Kürzel ein komplexes Raumgefüge an, in das die bildbeherrschenden Aktfiguren gleichsam eingespannt sind. Die Gemälde weisen dabei durchaus gewisse Einflüsse kubistischer Malerei auf, etwa in der abgestuften Schattierung farbiger Teilflächen, doch sind sie vor allem durch eine beruhigte Form charakterisiert, wie sie der Maler in seinem späteren Werk zu geschlossenen, voluminösen Körperformen weiter-
61 Moïse Kisling: Majama, um 1913-1914, Öl auf Leinwand, Maße und Verbleib unbekannt
106
AUF
DEM
WEG
ZUR
»KUNST
DES
2 0 . J A H R H U N D E R T S «
entwickeln wird. Entsprechend würdigt Einstein die bildnerischen Leistungen dieser Gemälde und zielt dabei insbesondere auf das konstruktive Element im anatomischen Aufbau und auf eine sichere Farbgebung: »Kieling zeigt Akte, die ich zum Begabtesten und Gründlichsten der neueren Malerei zähle. Seine Farbe ist fest, satt und solid; die Körper konstruiert er nach dem Organismus, ohne an Form einzubüßen.« 18 Mit »fest, satt und solid« sind bereits einige der Stichworte genannt, die Einstein bei der Beurteilung der Werke Kislings, aber auch anderer ñgurativer Maler, immer wieder verwenden wird, und die gemeinsam mit der Kategorie des Konstruktiven durchaus als späte Reflexe seines Begriffs des Tektonischen verstanden werden können. Wenn der Kritiker schließlich andeutungsweise darauf zu sprechen kommt, daß Kisling auf gelernte Bildformeln verzichte und seine Werke grundsätzlich von jeder außerkünstlerischen Idee freihalte, überträgt der Leser diese Bemerkungen unwillkürlich auf Robert Delaunay, dem Einstein das genaue Gegenteil bescheinigt hatte: Kisling habe es nämlich verstanden, so lesen wir weiter, »sich vor dem leeren Schema, der dilettantischen Ideologie zu bewahren«. 19 Der Kritiker hat damit schon früh ein erstes und entschiedenes Urteil über die Kunst seines späteren Freundes gefällt. Erst nach 1920 jedoch kann er sich durch den intensiven brieflichen Austausch, aber auch durch einige persönliche Begegnungen in Paris, Berlin und Südfrankreich gründlicher mit der Arbeit Kislings vertraut machen. Der Maler schickt gelegentlich neue Werke und vor allem Reproduktionen nach Deutschland, gemeinsame Publikations- und Ausstellungspläne werden geschmiedet. Einstein wiederum wünscht sich den Künstler als Illustrator für eine seiner Erzählungen, der bereits 1918 veröffentlichten Novelle Die Mädchen auf dem Dorfe, und bietet sich als Vermittler in kunsthändlerischen Angelegenheiten an. Doch die meisten dieser Vorhaben scheitern aufgrund der prekären wirtschaftlichen Lage der noch jungen und von der Inflation niedergedrückten Weimarer Republik. 20 Als Zeichen persönlicher Verbundenheit
widmet Einstein dem Maler bereits 1921 »in alter Freundschaft« sein Buch über Afrikanische Plastik, das er mit einer ausführlichen Dedikation sowie einer angeblich in Kairo gezeichneten Karte afrikanischer Stammesgebiete versehen und nach Paris geschickt hat (Abb. 62J.21 Die nähere Bekanntschaft mit Künstler und Werk führt in diesen Jahren selbstverständlich auch zu einer differenzierteren Beurteilung der Gemälde Kislings. An der Auseinandersetzung mit dessen neueren Arbeiten ließ Einstein den Freund unmittelbar teilhaben. In seinen Briefen kommt er immer wieder auf seine Eindrücke zu sprechen und scheut dabei nicht davor zurück, dem Maler auch ganz praktische Ratschläge zu erteilen. Stets begegnet er der Arbeit Kislings jedoch mit größter Hochachtung. Einstein formuliert sein Urteil in oft scharfem Kontrast zur Bewertung der deutschen Kunstproduktion jener Jahre und bescheinigt dem Freund »une main bien ferme, ordonnante et purement honnête«. 22 Als Kritiker bewundert er den unbeirrt auf den Gegenstand gerichteten bildnerischen Zugriff des Malers, der weder intellektuellen noch stilistischen Moden folge. Überzeugt von einer ganz außergewöhnlichen künstlerischen Entwicklung, stellt Einstein die Begabung des Freundes über die der anderen Maler der jungen Generation: »Franchement«, heißt es beispielsweise im Februar 1921, »entres les jeunes vous avez la plus grande force le plus ferme talent inné«. 23 Auffallend ist bei all diesen Bemerkungen, daß Einstein auf der Solidität der Begabung Kislings besteht und sich mit dieser malerisch-handwerklichen Kategorie - wie schon 1914 - gegen die Zerfalls- und Auflösungstendenzen der avantgardistischen Kunst gleichsam anzustemmen scheint. Kaum einmal läßt Einstein auch kritische Töne verlauten. Er beurteilt das Kolorit des Malers gelegentlich als nicht genügend ausgearbeitet, ja, sogar als ein wenig banal.24 Doch daran, daß der Freund mit seinen bisherigen Werken grundsätzlich auf einem guten Wege sei, der schließlich zu größtem Erfolg führen werde, zweifelt der Autor nicht einen Augenblick. Einstein beschwichtigt den oft verzagten Maler und ermuntert ihn zu konzentrierter
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it t-Der blutige Ernst< wird von
Juni 1919 beigesetzt werden kann, hält Einstein
Carl Einstein geschrieben und George Grosz ge-
77
Conrad
Felixmüller:
Porträt Nina
Einstein,
1919, Feder auf Maße und
Papier,
Verbleib
unbekannt, Abbildung
aus
»Die Aktion«,
1919
128
AUF OEM WEG ZUR »KUNST DES 2 O . JAHRHUNDERTS»
Vsr biutin rn$t
HERAUSGEBER
CARL E I N S T E I N GROSZ
zeichnet. Die Namen beider Herausgeber verbürgen tödliche Wirkung.«18 Doch nicht nur als Revolutionär und politisch-dadaistischer Publizist steht Einstein in direkter Gegnerschaft zur jungen Weimarer Republik. Sein Theaterstück Die schlimme Botschaft, mit dem Einstein 1921 »an allem rüttelt, was dem Bürger und Unbürger heilig ist«, wird beschlagnahmt, Autor und Verleger werden wegen Gotteslästerung zu einer Geldstrafe verurteilt.19
78
George Grosz:
Der blutige Ernst, 1919, Tusche und Collage auf Papier, 56 χ 59,5 cm, Verbleib
unbekannt
Einsteins dadaistische Texte, die ausnahmslos in der unmittelbaren Nachkriegszeit entstehen, sind von kompromißloser Polemik und ätzender Wortwahl geprägt. Ihre Aufgabe ist die politische Attacke in einer Situation tiefgreifender gesellschaftlicher Umbrüche. Angegriffen werden insbesondere die seit der Proklamation der Republik regierenden Sozialdemokraten (»Ihr habt die Revolution verraten!«). 20 Enttäuscht über den Verlauf der Revolu-
tion und verzweifelt angesichts der politischen Kompromisse, unter deren Druck das politische System der Nachkriegszeit mehr und mehr restaurative Züge annimmt, richtet sich sein Kampf gegen Nationalismus, gegen Kriegsgewinnler und Ausbeuter, gegen Spießertum und Kapitalismus: »Man schaffe den Besitz ab«, fordert der Autor 1919 in der Zeitschrift Die Pleite, und hat neben der gesellschaftlichen Utopie auch das Selbstverständnis der Künstler und Intellektuellen im Blick, »damit Denken, Malen, Schreiben nicht mehr Hurerei ist«. 21 Unmißverständlich ruft Einstein zur Bildung der Diktatur des Proletariats auf, er beschwört die klassenlose Gesellschaft, in deren »kommunistischer Gemeinschaft« auch den Intellektuellen eine neue Rolle zugewiesen sei. 22 Doch gerade die Schriftsteller und Künstler müssen sich in den Texten Einsteins heftige Anwürfe gefallen lassen. Hatten viele
DAS
WIRKLICHE
Kollegen seiner Ansicht nach während des Krieges die beschämende Aufgabe nationaler Propaganda und Kriegsverherrlichung erfüllt (»Dem Dichter ist bitteres Elend Vorwand zur Phrase«), so wirft er ihnen nun vor, sich mit ästhetischen Mitteln am Scheitern der Revolution und an der Unterdrückkung des Proletariats mitschuldig zu machen. 23 Zwar hat die Sekundärliteratur dem politischen Engagement Einsteins bereits zahl- und materialreiche Studien zugedacht, die Frage nach der Politisierung seiner kunstkritischen Arbeit aber wurde bislang eher beiläufig gestellt. Der Kritiker erhebt seine Stimme indes mitten aus den politischen Auseinandersetzungen der Nachkriegsjahre mit einem Text, der unter der Überschrift Zur primitiven Kunst eine deutliche Sprache spricht, und den er im Frühjahr 1923, was bislang unbekannt geblieben ist, noch einmal in die kommunistische Zeitung Das Wort in leicht gekürzter Fassung einrücken läßt. Ohne ausdrücklich auf seine Studien zur afrikanischen Skulptur einzugehen, und dem kundigen Leser nur durch den Titel der essayistischen Skizze nahegelegt, knüpft der Autor hier an seine Überlegungen zur »primitiven«, zu einer unentfremdeten außereuropäischen Kunst an, deren vermeintlich autorlosen Kunstwerke ein ideales Gegenbild zur europäischen Kunst bilden, die »in den Prozeß differenzierter Kapitalisierung verstrickt« sei. 24 Einstein hatte ja schon 1915, als sein bahnbrechendes Buch zur Negerplastik erschien, auf die fundamentalen Unterschiede zwischen westlicher und afrikanischer Kunst hingewiesen und aus den Artefakten der fremden Kultur einen neuen Realitätsbegriff für die künstlerische Produktion in Gegenwart und Zukunft gewonnen.25 Im Unterschied zur europäischen Kunst sind die Objekte des art nègre seiner Ansicht nach nicht das Ergebnis philosophisch-metaphysischer Überlegungen, sie wurzeln vielmehr in »unmittelbar gegebener Natur« und werden daher als Werke eines »formalen und religiösen Realismus« bezeichnet, als Werke eines »mythischen Realismus«, der nicht aus subjektiver artistischer Schöpfung entsteht, sondern seine bildnerische Form gleichsam zwangsläufig und objektiv annimmt.26 Nach dem Krieg rechnet Einstein nun
DURCH
P R Ä G N A N T E
S A C H L I C H K E I T
Z E R T R Ü M M E R T
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SÄT IR ISCHE WOG Η Ε Ν SC H HI FT H E IÂS SC E Β Efi: CARI- EIN ST BIN
L*i> M o r g * > i t ( c p n
¡WILLIGE!
Das
Geheimnisvollsie uηd Unerklärlichste was je gezeigt wurde
mit der bürgerlichen »Fiktion ästhetisierender Revolte« ab und bricht folglich auch mit der eigenen unpolitischen Haltung der Jahre vor 1914. Verurteilt wird nun die affirmative Funktion eines Kunstbetriebs, der die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung des Kaiserreichs dadurch unterstützt hatte, daß er die revoltierenden Kräfte in ästhetische Ausdrucksformen umlenkte. Einstein fordert demgegen-
79 »Der blutige Ernst«, Umschlag des sechsten Hefts, 1919
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gäbe gestellt sehen, die Forderung nach radikalen gesellschaftlichen Veränderungen mit den ästhetischen Erkenntnissen in Einklang zu bringen, die er im Laufe seines Frühwerks gewonnen hatte. Allein aus diesem Konflikt heraus kann die weitere kunstkritische und -historische Arbeit des Autors verstanden werden. Daß sich Einstein in den zwanziger Jahren mehr und mehr der Kunstgeschichte zuwendet, ist daher weniger als Flucht aus der Zeit, als resignativer Rückzug angesichts der gescheiterten kommunistischen Revolution in Berlin und der blutig niedergeworfenen Münchner Räterepublik zu verstehen. Vielmehr handelt es sich dabei um den Versuch, den von ihm immer wieder beschworenen »Umbau« des Menschen und der Welt durch die Kunst auf die Grundlage neuer Gestaltungsprinzipien zu stellen, die nicht allein einem künstlerisch-stilistischen Wandel verhaftet bleiben, sondern zu einem neuen Welt- und Geschichtsbild führen sollen. Der historische Entwurf, den Einstein insbesondere in seiner Kunst des 20. fahrh underts vorlegen wird, ist dabei gleichermaßen auf ästhetische wie auf gesellschaftliche, auf anthropologische wie auf ethnologische Einsichten gegründet; seinen unmittelbaren künstlerischen Ausdruck findet er in der Kunst des Kubismus.
Das korrigierte
LA WË
80
HFVREtlSE
George
und John
Grosz
Heartfield:
La vie
heureuse
(Dr. Karl
Einstein
gewidmet),
1920,
Collage, Maße und
Verbleib
unbekannt
(Dr
Kar! Einstein gewidmet)
Orom-Heartfietd
moni.
über nun eine gesellschaftliche Verantwortung von Künstler und Kunstwerk, er fordert eine »primitive«, eine »kollektive« Kunst, in der nicht länger das Individuum sondern die Masse das Subjekt künstlerischen Handelns sei: »Jedes Kunstwerk ist ein Stück von reaktionärem Snobismus, prähistorisch, wenn es nicht dem sozialen Umbau sich einordnet, von wo aus allein es Sinn erhält.« 27 Carl Einstein wird sich in seiner Auseinandersetzung mit der Bildenden Kunst fortan vor die Auf-
Meisterbild
Das durchaus zwiegespaltene Selbstverständnis Einsteins am Beginn der zwanziger Jahre, die Konflikte eines Schriftstellers, dessen Hoffnungen auf einen revolutionären Umsturz zerschlagen waren, lassen sich am besten anhand eines dadaistischen »Porträts« zeigen, das George Grosz und John Heartfield weniger dem Menschen Carl Einstein als vielmehr seiner ästhetisch-politischen Grundhaltung gewidmet haben. Auf der Ersten Internationalen DadaMesse, die beide Künstler zusammen mit Raoul Hausmann im Sommer 1920 in der Berliner Kunsthandlung Dr. Otto Burchard veranstalteten, wurde auch eine Collage ausgestellt, die La vie heureuse betitelt und dem natürlich keineswegs promovierten »Dr. Karl Einstein« zugeeignet war (Abb. 80).
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Irgendwo in dem mit Gemälden, Fotomontagen, Plakaten und Objekten aller Art überladenen dadaistischen Gesamtkunstwerk, an dem die meisten Künstler beteiligt waren, die sich in Deutschland, Frankreich und der Schweiz mit den Zielen der dadaistischen Bewegung identifizierten, konnte der Besucher auch das kleine »korrigierte Meisterbild« entdecken, als das die Collage von Grosz und Heartfield im Katalogfaltblatt der Ausstellung, und damit an prominentem Ort, ausgewiesen war.28 Das heute verschollene, vielleicht zerstörte Blatt stellt uns vor einige Rätsel. Auf eine Reproduktion nach Pablo Picassos Gemälde Tête de jeune fille von 1913, ein Werk, das im Ersten Weltkrieg von den französischen Behörden aus dem Besitz des »feindlichen Ausländers« Daniel-Henry Kahnweiler beschlagnahmt wurde, haben die Künstler Textund Bildfragmente montiert (Abb. 81J.29 Das dieser Verfremdung buchstäblich zugrundeliegende Werk wird damit in seiner ästhetischen wie inhaltlichen Aussage erheblich verändert. Grosz und Heartfield sind dabei behutsam und mit einem äußerst knappen Einsatz der künstlerischen Mittel vorgegangen. Um lediglich acht Bild- und Textelemente haben die beiden Künstler die bestehende Komposition erweitert. Sie konzentrieren sich dabei, wie schon Picasso beim Entwurf seines Gemäldes, auf das kompositorische Zentrum des Gesichts und fügen die ergänzenden Papierschnipsel sorgfältig in das bestehende Form- und Liniengerüst ein. Nicht eine ikonoklastische Zerstörung ist dabei ihr Ziel gewesen, nein, die Komposition wird - trotz der besonders von Grosz vielfach bekundeten Ablehnung Picassos - in ihrer ruhigen Ausgeglichenheit respektiert, sie wird formal wie motivisch erweitert und nicht etwa polemisch demontiert. Entstanden ist dabei ein wenn auch kleines, wohl im Format einer Postkarte angelegtes Kunstwerk eigenen Rechts und eigenen künstlerischen Ranges. Die lineare Konstruktion des Vorbilds und seine zum Teil nur grundierte Leinwand bleiben weiterhin sichtbar, und noch immer ist das künstlerische Thema des Originals, die Gestaltung eines Kopfes, für den Betrachter mühelos erkennbar. Die Stirn des Mädchens wird nun allerdings von der
Fotografie eines repräsentativen Gebäudes gebildet, eines Schlosses oder einer größeren Villa, das allerdings bislang nicht identifiziert werden konnte. Durch seine Plazierung in der Komposition darf es aber als Gedanken- oder Erinnerungsbild interpretiert werden und gibt dem Betrachter möglicherweise einen Hinweis auf den Ort, an dem das »glückliche Leben« des neuen Titels geführt wird. Im rechten Winkel dazu ist der Schriftzug »Vollendete Kunst« an eine der wichtigen Senkrechten des
81 Pablo Picasso: Tête de jeune fille, 1913, Öl auf Leinwand, 55 χ 38 cm, Paris, Musée national d'art moderne
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Gemäldes angelegt worden, und der Betrachter kann das Gelesene einerseits - und ironisch - auf das Meisterwerk Picassos beziehen, andererseits und nicht weniger ironisch - auf die Collage selbst, die sich ja nichts geringeres vorgenommen hat, als das in sich bereits vollendete Werk zu »korrigieren«. Gekontert wird diese ruhige Vertikale durch zwei Gestaltungselemente, die ein diagonales Kreuz über die Komposition legen. Ein schmaler schwarzer Balken, der über den linken Bildrand hinausreicht und die auf weißem Grund eingetragene schwarze Diagonale bei Picasso begleitet, weist dabei den in Fraktur gesetzten Schriftzug »Noske« auf. Nicht nur der zeitgenössische Betrachter identifizierte diesen Namen ohne weiteres mit dem sozialdemokratischen Politiker Gustav Noske, unter dessen Befehl im Januar 1919 der Spartakistenaufstand in Berlin niedergeschlagen wurde und der nach dem Kapp-Putsch im März 1920 als Reichswehrminister zurücktreten mußte. Das zweite dieser Elemente wird von der Fotografie eines Soldaten gebildet, der kopfüber als zentrale Rechteckform ins Bild ragt, die eine neue und bei Picasso nicht zu findende kompositorische Gegenrichtung anbietet. An seinem unteren Ende lesen wir den Namen »Grosz«, der aus Lettern unterschiedlicher Schrifttypen zusammengesetzt ist. Rechts im Blatt ist eine kleine Rundform mit dem Bild eines Glasauges aufgeklebt worden; ein Bildelement, das einige Male in Werken der Berliner Dadaisten verwendet wurde, an prominenter Stelle etwa auf den Visitenkarten von Raoul Hausmann, Richard Huelsenbeck und John Heartfield.30 Begleitet wird dieses Motiv von der bislang ungedeuteten Angabe »A 67«, die wohl für das Spandauer Infanterie-Regiment 67 stehen dürfte, das Regiment Generals Hans von Seeckt, der im März 1920 Chef der Heeresleitung der Reichswehr wurde. Seinen unteren Abschluß findet die Komposition mit dem Ausschnitt der Augenpartie eines Mannes, der durch seine Brille als Betrachter ausgewiesen ist, vielleicht als Typus des Kunstkritikers, vielleicht als Carl Einstein selbst. Es ist sinnvoll, die kleine, leider verlorengegangene Collage in aller Ausführlichkeit zu betrachten, denn in ihr finden wir gleichsam eine kritische
Rezeption des Schriftstellers, formuliert durch die Berliner Dadaisten. Doch was lernen wir mit ihrer Hilfe über Einsteins kunstkritische Arbeit, über seine künstlerischen Ansichten und das in ihnen verankerte Verhältnis von ästhetischer und politischer Revolte? Aus dem kubistischen Gemälde, das mit seinem flächenhaften Aufbau in enger stilistischer Nachbarschaft zu den Collagen des frühen synthetischen Kubismus steht, ist durch das Hinzufügen strenger geometrischer Bildelemente ein Werk geworden, das nach dem Vorbild der russischen Revolutionskunst Gestaltungsmerkmale der konstruktivistischen oder suprematistischen Malerei aufnimmt. Mit seinen Anspielungen auf den preußischen Militarismus schlägt das Blatt dabei nicht zuletzt einen unüberhörbaren gesellschaftskritischen Ton an, und seine dahingehend politisierte Thematik tritt mit der abstrakten Komposition in ein durchaus konfliktreiches Verhältnis. Die künstlerische Absicht der Collage ist nur dann richtig zu verstehen, wenn wir sie im größeren Zusammenhang der kunstpolitischen Debatten ihrer Zeit betrachten, insbesondere vor dem Hintergrund der sogenannten »Kunstlump-Affäre«, an der Grosz und Heartfield federführend beteiligt sind. Im März 1920 nämlich, und damit nur wenige Monate vor der Berliner Ausstellung, veröffentlicht Oskar Kokoschka, der seit kurzem als Professor an der Dresdner Akademie wirkt, einen sehr eigenwilligen Appell, in dem er auf die Gefährdung von Kunstwerken durch die gewaltsamen Auseinandersetzungen von Arbeitern und Reichswehr hinweist. In der Tat hatte sich im Zusammenhang mit dem Kapp-Putsch am 15. März 1920 bei einem Schußwechsel eine Kugel in die Dresdner Galerie im Zwinger verirrt und das Gemälde Bathseba am Springbrunnen (1635) von Peter Paul Rubens beschädigt. Kokoschka begeht nun in den Augen von Grosz und Heartfield den unverzeihlichen Fehler, nicht etwa zu einem Ende der überaus blutigen Kämpfe aufzurufen, sondern von den Kontrahenten in süffisantem Ton zu fordern, ihre »kriegerischen Übungen« an einem Ort auszutragen, »wo menschliche Kultur nicht in Gefahr kommt«.31 Die Berliner Dadaisten reagieren empört und greifen den Maler
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in einem Aufsatz heftig an. Unter dem beleidigenden Titel Der Kunstlump lassen sich Grosz und Heartñeld zu einer bilderstürmenden Polemik hinreißen, in der sie die Kunst der Vergangenheit und insbesondere den Besitz alter und neuer Meister in Museen wie in Privatsammlungen als Teil einer überlebten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu entlarven suchen. Sie glauben im Namen der Arbeiterschaft zu sprechen, als sie die kulturellen Werte des Bürgertums ohne jedes Wenn und Aber verwerfen und beispielsweise der Kunst der Alten Meister jede lebendige Bedeutung absprechen: »Wir begrüßen mit Freude, daß die Kugeln in Galerien und Paläste, in die Meisterbilder der Rubens sausen, statt in die Häuser der Armen in den Arbeitervierteln.« 32 In der damit entfachten Debatte treffen die Künstler allerdings auf unerwarteten Widerstand, da die Kunstkritiker kommunistischer Zeitungen nichts vom linksradikalen » Vandalismus« der beiden Dadaisten wissen wollen und die historische Rolle des Proletariats als legitimen Erben bürgerlicher Kultur hervorheben. 33 Doch Grosz und Heartfield stoßen mit ihrer polemischen Attacke noch weiter vor und nutzen die Gelegenheit zu einem grundsätzlichen Angriff auch auf die Kunst der Moderne. Die Werke von Vincent van Gogh, Henri Rousseau und, wie könnte es anders sein, des »Kunstlumps« Oskar Kokoschka werden in ihrer Stellungnahme ausdrücklich als Spekulationsobjekte bürgerlicher Sammler angeprangert, und von diesen Vorwürfen bleibt auch die avantgardistische Malerei nicht verschont (Abb. 82). Mit einem höhnischen Seitenhieb auf Marcel Duchamps Gemälde Nu descendant un escalier von 1912 fragen die Autoren: »Was soll uns ein futuristisches Gemälde >Damenhut bewegt sich die Treppe abwärts< in einer butterarmen Zeit?« 34 Wieland Herzfelde, der Bruder Heartfields, nimmt im Sommer 1920 die radikale Kritik an den Werken moderner Kunstrichtungen in seiner Einführung zur Berliner Ausstellung noch einmal auf und bezeichnet Impressionismus, Expressionismus, Kubismus und Futurismus ohne Umschweife als »Verleugnungsversuche des Tatsächlichen«. 35
Vergleichen wir indes die »korrigierten Meisterbilder«, die auf der Ersten Internationalen DadaMesse zu sehen waren, dann zeigt sich, daß die künstlerische Kritik der Berliner Dadaisten bei weitem nicht so pauschal vorgetragen wurde, wie die unversöhnliche Verurteilung moderner und zeitgenössischer Kunst in ihren Texten vermuten läßt. Neben der Bearbeitung von Picassos Tête de jeune fille war dort nämlich eine zweite Collage zu sehen, mit der die beiden Künstler ihre Ablehnung der
82 Marcel Duchamp: Nu descendant un escalier, 1912, Ol auf Leinwand, 146x89 cm, Philadelphia Museum of Art
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die naive Bildwelt des Künstlers paraphrasieren. Zuletzt wird der Kopf des Malers mit einer Fotografie Raoul Hausmanns überklebt, und das Selbstporträt damit in ein groteskes Bildnis des Dadaisten umgewandelt. In der Collage La vie heureuse
haben Grosz und
Heartfield ein anderes Ziel verfolgt. Die kubistische Komposition wurde, wie wir gesehen haben, weitgehend respektiert und durch politische Motive
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erweitert. Mit ihrer Widmung an Carl Einstein, um dessen Wertschätzung des Kubismus sie wissen, machen die Künstler darauf aufmerksam, daß sie den unaufgelösten Widerspruch von künstlerischer Ambition und Zeitkritik, von Kunst und Revolte als Wesensmerkmale der ästhetischen Überzeugungen Einsteins ansehen. Das Werk nimmt damit geradezu die Züge eines intellektuellen Porträts an und entspricht in dieser Tendenz dem »korrigierten« Gemälde Rousseaus, das durch die Intervention mit Schere und Klebstoff zum dadaistischen Porträt Raoul Hausmanns wird. Absicht der Künstler dürfte es dabei gewesen sein, den Freund durch sein kryptisches »Porträt« auf die erkannten Widersprüche hinzuweisen, ihn zu einer eindeutigen Haltung aufzufordern und zu veranlassen, in den kunstpolitischen Debatten dieser Zeit unmißverständlich Partei für ihre kommunistische Position zu ergreifen. Es ist jedoch keinerlei Kommentar Einsteins zu seinem »Porträt« bekannt geworden, und auch zur »Kunstlump-Affäre« hat sich der Kritiker öffentlich nicht geäußert; lediglich die unentfremdete Komposition Picassos nimmt er 1929 - vielleicht als späte Rehabilitierung des Bildes - an zentraler Stelle
Gemälde von Henri Rousseau am Beispiel eines seiner Selbstbildnisse deutlich machen (Abb.
83-84).
Es ist auffallend, daß Grosz und Heartfield dieses Porträt - anders als im Fall des kubistischen Gemäldes - keineswegs als durchkomponiertes Meisterwerk gelten lassen. Die Darstellung des Malers vor 83 George Grosz und John Heartfield: Henri Rousseau Selbstbildnis, 1920, Collage, Maße und Verbleib unbekannt
der Pariser Stadtlandschaft wird durch ihre künst-
in seine Pariser Zeitschrift Documents
auf. 36 Über
die durchaus geschätzte Kunst Kokoschkas schreibt Einstein in den frühen zwanziger Jahren allerdings nicht mehr, auch wenn er ihn an einer Stelle in der Maske des »Wiener Rembrandt« als Vorbild expressionistischer Malerei auftreten läßt - freilich ohne seinen Namen ausdrücklich zu erwähnen. 37
lerischen Eingriffe zerstört, der Aufbau des Gemäl-
Aus den in diesen Jahren erschienenen Aufsät-
des ebenso wie sein Sujet durch die eingeklebten
zen können wir gleichwohl die Haltung Einsteins
Elemente ins Lächerliche gezogen, wobei die moti-
zur Rolle der Kunst im politischen Kampf der Nach-
vischen Zugaben - Korbsessel und Spitzendeck-
kriegszeit in ihrer ganzen Komplexität herauslesen.
chen, Haus und Reklametafel (»Leibniz Cakes«) -
Einerseits ist bereits 1919 in einer Verlagsanzeige
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der Zeitschrift Der blutige Ernst davon die Rede, daß »Schönschreibereien und Formvergötzung« angesichts der verzweifelten politischen Situation nicht länger gerechtfertigt seien. Auch wenn die Autorschaft dieses Verdikts nicht gesichert ist, so können wir dennoch davon ausgehen, daß Einstein die hier zum Ausdruck gebrachte Auffassung zumindest gebilligt hat.38 Und in anderen Texten, etwa im Aufsatz De l'Allemagne, den Einstein 1921 für die Pariser Zeitschrift Action geschrieben hat, finden wir scharfe Formulierungen, mit denen das Versagen der zeitgenössischen deutschen Literatur und Kunst, ihr politisches wie ästhetisches Scheitern, kategorisch behauptet wird. Insbesondere über die Kunst der Expressionisten müssen die französischen Leser der Zeitschrift erfahren, daß die in ihrem Land erkannten Formprobleme in Deutschland kaum wahrgenommen würden, und daß der Einschnitt des Krieges keineswegs zu dem auch - und gerade - in der Kunst notwendigen Umbruch geführt hätte: »La manière de l'expressionnisme allemand offrait une netteté d'affiche. Ses couleurs mécaniques faisaient bailler les esprits cultivés mais son déséquilibre brutal remplissait d'aise les hommes nouveaux. Le procédé tourne naïvement autour des problèmes de l'espace, qu'il ne soupçonne pas, et se plaît à enfler des effets vulgairement littéraires. Des affiches à métaphysique de camelote. L'expressionnisme allemand est une peinture de fauves attardés et surfaits. Nous continuons à faire de la peinture expressionniste comme avant la guerre, avec, peut-être, un peu plus de routine. Mais c'est de l'art de seconde main.« 39 Doch andererseits hält Einstein an den vor dem Krieg gewonnenen ästhetischen Erkenntnissen fest, wenn er - anders als Grosz und Heartfield - der deutschen Kunst das Vorbild des Kubismus entgegenhält: »Le cubisme brisa quelques vieux trucs d'ateliers; l'expressionnisme allemand par contre, se plaît à broyer des tubes de couleurs sans dégager aucune clarté spirituelle.«40 Einstein hat 1922 in einem zu Lebzeiten unveröffentlichten Aufsatz, der ursprünglich für die von El Lissitzky und Ilja Ehrenburg in Russisch, Deutsch und Französisch herausgegebene Zeitschrift Vesc'-
Gegenstand-Objet geschrieben wurde, das Verhältnis von politischer und ästhetischer Revolution eingehend untersucht.41 Die Zielsetzung jeder Revolution sei es, Geschichte und Überlieferung zu durchbrechen, und sie stimme darin mit der Zielsetzung ästhetischer Umbrüche überein, bei denen die überlebten Konventionen der Kunst zerstört werden sollen. Der Gegenstand, worunter Einstein mit Blick auf den Titel der Zeitschrift einerseits reale Dinge versteht, den er andererseits aber als Metapher etwa für das »Ich« bürgerlicher Ideologien einsetzt, wird als Akkumulation von Gedächtnis und Tradi-
84 Henri Rousseau: Moi-même (Portrait-paysage], 1890, Öl auf Leinwand, 143 xllO cm, Prag, Národní Galerie
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tion betrachtet. Ausführlich beschreibt Einstein die sozialen, philosophischen und kulturellen Folgen revolutionärer »Entdinglichung«. 42 Einmal mehr sieht der Autor in der Kunst des Kubismus eine Möglichkeit, die Wiedergabe des Gesehenen durch den künstlerischen Akt des Sehens selbst als vornehmstes Ziel der Kunst zu ersetzen. Nicht etwa das »Erinnern der Gegenstände«, sondern ein aktives, gleichsam gestaltendes Sehen wird als Ziel revolutionärer Kunst bestimmt: »Seit den Kubisten wagt man die Bildkonvention zu Gunsten des Raumschaffens zu zerstören. Man stellte fest, daß nicht das Abbild wichtig, vielmehr der Sehakt, der unter dem gegenständlich Interessanten und dem technischen Malmittel zu konventionellem Truc abgestorben war; man beschränkte sich nicht mehr auf Untersuchung der Form als einem Mittel gegenständlicher Klärung; man wagte das Sehen als schöpferische Tätigkeit zu fassen.« 43 Mit dem Begriff des schöpferischen Sehens, aber auch mit der Vorstellung vom Sehen als einem »totalen Akt«, einem Akt, der dem Bild »Totalität« verbürge, knüpft Einstein an seine frühen Texte zur Kunst an. Er verbindet nun die idealistischen Grundlagen seiner Ästhetik mit den radikalen und eben auch gesellschaftlich motivierten Zielen der Kunst; das passive, den Bestand von Erinnerung und Tradition sichernde Sehen müsse seiner Ansicht nach durch einen »selbständigen subjektiven Sehakt« ersetzt werden.44 Nicht die Ablösung eines Stils durch einen anderen ist damit als Ziel ästhetischer Umbrüche bestimmt, sondern die grundsätzliche Veränderung künstlerischen Wahrnehmens; nicht Revolution oder Kunst lautet die Maxime, die der Autor aus seinen Überlegungen ableitet, sondern Revolution durch Kunst. Und so ist es zuletzt dieser emphatischen Kunstauffassung geschuldet, daß sich Einstein, der 1920 von Tristan Tzara immerhin unter die Präsidentenschar der dadaistischen Bewegung gezählt wird, von den unmittelbaren parteipolitischen Zielen der Berliner Dadaisten ebenso rasch abwendet wie von den skandalträchtigen Aktionen eines »dadaïsme de brasserie«.45 Die formale Revolution des Kubismus, die abstrakten Wahrnehmungs- sowie Darstellungsstrategien
dieser Kunst gewinnen in den Schriften des Autors seit Mitte der zwanziger Jahre eine eindeutige Vorherrschaft und drängen die mit realistischen Mitteln betriebene Revolution der Dadaisten in seiner Wertschätzung zurück. Als Kritiker aber wird er bis weit in die zweite Dekade des neuen Jahrhunderts hinein die Kunst seiner Weggefährten und ihre Entwicklung hin zu einer veristischen Form der Neuen Sachlichkeit aufmerksam verfolgen.
Keine Flucht aus der Zeit: Schlichter - Dix - Grosz In der ersten Hälfte der zwanziger Jahre widmet Carl Einstein beinahe seine ganze Arbeitskraft der im Frühjahr 1922 begonnenen Kunst des 20. Jahrhunderts. Neben einigen wenigen und stets recht kurzen Essays und Prosaskizzen, neben vereinzelten Schriften zur außereuropäischen Kunst entsteht in dieser Zeit nur selten einmal ein genuin kunstkritischer Text, der dann allerdings zumeist in monographischer Form den Werken französischer oder deutscher Gegenwartskünstler gilt. Bis 1926, dem Erscheinungsjahr des kunsthistorischen Hauptwerks, erscheint lediglich ein Dutzend dieser konzisen, nur wenige Seiten umfassenden Aufsätze, und es fällt auf, daß die Beiträge zur deutschen Kunst in dieser entscheidenden Werkphase ausschließlich solchen Zeitgenossen gelten, die - wie Einstein selbst - in den unmittelbaren Nachkriegsjahren dem Kreis der Berliner Dadaisten verbunden waren.46 Die deutschen Maler und Zeichner, über die Einstein in Zeitschriftenartikeln und Katalogbeiträgen schreibt, Rudolf Schlichter, Otto Dix und George Grosz, teilen mit ihrem Kritiker die enttäuschten Hoffnungen auf einen politischen Neuanfang, sie teilen insbesondere seine radikale Sicht auf die gesellschaftlichen Mißstände der gerade erst gegründeten Weimarer Republik. Bereits im April 1920 veröffentlicht Einstein in der Zeitschrift Das Kunstblatt seinen ersten kunstkritischen Aufsatz nach Kriegsende. Der Text beschäftigt sich mit dem Werk Rudolf Schlichters, der im Jahr zuvor von Karlsruhe nach Berlin gekommen
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war. Offenbar hatte Paul Westheim, der Herausgeber der Zeitschrift, darum gebeten, den Künstler in der Metropole vorzustellen, um so die erste Einzelausstellung Schlichters publizistisch vorzubereiten, die Otto Burchard dem jungen Künstler in seiner Berliner Galerie nur einen Monat später ausrichten wird: »Es ist meine Aufgabe, auf den sehr begabten Rudolph Schlichter hinzuweisen«, schreibt Einstein gegen Ende seines Artikels, »möge er jetzt seine Arbeiten dem Publikum zugänglich machen.« 47 Über die persönlichen Begegnungen von Künstler und Kritiker sind wir kaum unterrichtet. Zwar plante Schlichter, auch die Bekanntschaft mit Einstein in seinen Erinnerungen literarisch festzuhalten, aber zur Ausführung dieses Teils der Memoiren ist es leider nicht gekommen.48 Wir können jedoch davon ausgehen, daß Schlichter, der noch im selben Jahr maßgeblich an der Ersten Internationalen Dada-Messe beteiligt sein wird, unter diejenigen Künstler und Intellektuellen zu zählen ist, die in den frühen zwanziger Jahren zu Einsteins wahrlich nicht kleinem Bekanntenkreis gehören. George Grosz jedenfalls erinnert sich an die gemeinsamen Ausschweifungen, bei denen die Berliner Freunde auch in das Restaurant von Max Schlichter gerieten. In einem Brief an Walter Mehring heißt es rückblickend über den Bruder und Förderer des Künstlers: »Er war ein gutmütiger, lieber Mensch, und wie oft haben wir uns früher, als er noch >Willys< am Kurfürstendamm hatte, auf seine Kosten toll- und vollgefressen und gesoffen - frage nur mal den Einsteinkarle, der schmiß damals ein dinner, das nicht von Pappe war (bezahlt wurde natürlich nie).« 40 Seinen Text über Rudolf Schlichter hat Einstein dann allerdings doch recht nüchtern abgefaßt. Der Autor beginnt, wie er es oft tat, mit einer allgemein gehaltenen Betrachtung über die künstlerische Situation der Zeit. Angegriffen wird dabei insbesondere die Kunst des Expressionismus, dem Einstein als »niederer Spielart französischen Kunstgewerbes« die dekorativen Tendenzen eines überlebten Akademismus vorwirft. Mit einem Seitenhieb auf den Dramatiker und Kritiker Hermann Bahr, der 1916 mit seinem Essay Expressionismus eine sehr
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eigenwillige literarisch-philosophische Auseinandersetzung mit dieser Kunstrichtung vorgelegt hatte und zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keineswegs verstorben war, wie Einstein polemisch unterstellt, attackiert der Autor Themen und Ausdrucksformen des deutschen Expressionismus: »In Frankreich gab es weniger Expressionism, sondern einen Maler Matisse. Bei den Franzosen machte man Malereien, bei uns in Ermangelung der Malerei eine Richtung; die deutsche Seele tobte sich zur platten Befriedigung des verstorbenen Hermann Bahr in Exotik aus. Hat Matisse öfters unter anderm gute Dekorationen gemalt, so die Expressionisten längst antiquierte Akademie, verpalauter Gipsakt. Nackte Frauen als Schmücke dein Heim war im XVIII. Jahrhundert erledigt.«50 Wie wir sehen, haben die Kriegs- und Revolutionserlebnisse auch Einsteins Sprache radikalisiert. Eine kühne Semantik, grammatikalische Inversionen und ein harter, an den eigenen Gedichten der Kriegsjahre geschulter Duktus beherrschen nun immer kompromißloser die literarische Gestalt seiner Schriften. So kennzeichnet er im folgenden beispielsweise die Anleihen deutscher Künstler an den Werken Oskar Kokoschkas oder auch des Kubismus in einem unnachahmlichen Stil, der die Aussage seiner kritischen Urteile entscheidend unterstützt und ihnen schneidende Schärfe verleiht: »Klotzten die Exstaten auf, wovon jeder mehr oder weniger den Wiener Rembrandt anborgt; dann verspätete Kubisten, die eher um der Groteske als räumlicher Entscheidung wegen kuben.« 51 Folgt man den Ausführungen des Kritikers, dann kann es die Aufgabe aktueller Kunst nur sein, uneingeschränkt gegen die ästhetischen Übereinkünfte der Vergangenheit aufzubegehren. Einsteins Text schlägt dabei durchaus ikonoklastische Töne an: »Heute ist Kunst soweit wertvoll, als Form zerstört wird.« Und die Malerei habe in der zeitgenössischen Kunst nur dann einen Sinn, lesen wir einige Zeilen weiter, »wenn sie kunstzerstörend orientiert ist«.52 Den ästhetischen Bruch mit der Überlieferung sieht Einstein, wie könnte es anders sein, in den Werken des französischen Kubismus vollzogen, der mit seiner Auffassung des Bildraums dort
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1931 in einem bislang unbekannten Brief an Will Grohmann, daß Einstein diese »passive Angelegenheit« als »aufgewärmten Louis Philipp und durchaus reaktionär« verwirft. 54 Wie wird nun die Kunst Rudolf Schlichters beurteilt, der trotz einer kurzen kubistisch und futuristisch beeinflußten Werkphase keinesfalls zu den großen formalen Neuerern der Kunst des 20. Jahrhunderts gerechnet werden kann? Im Atelier des Künstlers hatte Einstein, das macht die Lektüre seines Aufsatzes deutlich, Werke höchst unterschiedlicher Stil- und Ausdrucksformen gesehen. Die künstlerische Sprache des jungen Schlichter war seit seiner Studienzeit in Karlsruhe in einem ständigen Umbruch begriffen, und Impulse aller nur denkbaren avantgardistischen Strömungen wechselten einander in diesen Jahren nach jeweils nur wenigen ausgeführten Werken ab. Einstein stellt diese Tatsache beiläufig fest und weist darauf hin, daß die unterschiedlichen Anregungen der zeitgenössischen europäischen Kunst nicht ohne Einfluß auf das Werk Schlichters geblieben seien. Doch er erkennt zugleich das Charakteristische einer »starken, repertoirereichen Begabung«, die sich noch nicht zu starrer Manier verfestigt habe und daher »Abstraktes und Gegenständliches, Kalligraphie und Erzählung« gleichermaßen umfasse. 55 Sein Augenmerk schenkt der Kritiker zunächst den narrativen oder illustrierenden Zeichnungen, von denen eine kleine Auswahl seinem Text beigegeben ist (Abb. 85).56 Einstein versucht, das Verhältnis zu bestimmen, das die eigentümliche, zwischen
85 Rudolf Lyncher, um
Schlichter: 1918-1919, Technik, Maße und Verbleib unbekannt, Abbildung aus Carl Einsteins »Rudolph Schlichter«, 1920
einen schöpferischen Neuanfang gewagt habe, wo
Stilisierung und Gegenstandsbezeichnung oszillie-
die Stilrichtungen in Deutschland letztlich noch
rende Linienführung dieser Blätter mit ihren oft
immer dem Prinzip der Naturnachahmung ver-
kolportagehaften Sujets eingeht. Der Linie wird ein
pflichtet blieben. Einstein politisiert den ästheti-
schönheitlicher Eigenwert zugeschrieben, auch
schen Diskurs, wenn er den Expressionismus der
wenn sie stets als Darstellungsmittel einer figurati-
Vor- und Nachkriegszeit mit entsprechendem Vo-
ven Szenerie eingesetzt sei, die Einstein nicht zu
kabular aburteilt: »War es Picasso, Braque und
unrecht mit den populären Bildwelten des Films in
Derain möglich, tatsächlich Formeln neuer Raum-
Verbindung bringt: »Schlichter bediente sich reiner
beziehung zu beginnen, bei uns gab man eher senti-
Kalligraphie, auf der andern Seite erinnern viele sei-
mentale Umschreibung, wo man oft durch Format
ner Arbeiten an Kino, so gegenständlich sind sie.« 57
über das Reaktionäre der Nachahmung hinweg-
Der Autor streift kurz die abstrahierenden Farbver-
täuschte.«
Und über die Neue Sachlichkeit heißt
suche der Kriegsjahre, bei denen er ein zurückhal-
es mit nahezu gleicher Wortwahl noch im März
tendes Kolorit bemerkt (»Abstrakte Bilder vollzie-
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Rudolf
Schlichter:
Phänomen-Werke, 1919-1920, Collage mit Stoff und auf
Deckfarben, Aquarell
Papier,
61,7x46,6 Frankfurt Privatbesitz
cm, am
Main,
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stellten Dinge in ihrer Gegenständlichkeit eingehend zu erforschen: »Schlichter, früher unbekümmert folgerichtig dem Abstrakten folgend, geht jetzt dem Gegenständlichen minutiös veristisch nach. « 59 Einem der Hauptwerke der dadaistischen Jahre von Rudolf Schlichter schenkt der Kritiker in diesem Zusammenhang seine höchste Aufmerksamkeit. Einstein studiert eingehend eine Collage, die er im Atelier des Künstlers gesehen hatte, und auch wenn er das Blatt und die auf ihm dargestellte Szene nicht eigentlich beschreibt, so entwirft er doch ein eindrückliches Bild des Kunstwerks, das ihn ganz offensichtlich in besonderem Maße fasziniert hat: »Ein Kokottenbild steht in seinem Atelier: Haare werden durch Haare, Anzugstoff durch Anzugstoff dargestellt. Der Hintergrund geklebt; Häuser aus Zeitschriften, usf. Die ideelichen Verbindungen, Auszeichnungen des Dargestellten werden eingeklebt. Der Maler benutzt Geformtes des maschinellen Lebens.« 60
87 Pablo Picasso: Violon accroché au mur, 1913, Öl und Sand auf Leinwand, 65 χ 46 cm, Bern, Kunstmuseum
hen sich in kühlen zarteren Tönen«), sowie den Einsatz der Farbe in den gegenständlichen Arbeiten Schlichters, die keiner systematischen Farbtheorie verpflichtet sei, sondern zur Dramatisierung der dargestellten Handlungen diene (»Erzähltes färbt erregt, brutal auf«).58 Einstein resümiert die Werkentwicklung des Künstlers und leitet damit zum eigentlichen Thema des kurzen Aufsatzes über, das der Text unabhängig von seinem monographischen Ansatz und anhand der Stichworte »Nachahmung«, »Realism«, »Gegenständliches« und »Verismus« diskutiert. Die Intention der aktuellen Arbeiten des Künstlers sei es nämlich, lesen wir da, die darge-
Wir können nach dieser Charakterisierung von Sujet und Technik das Werk eindeutig identifizieren. Es handelt sich um die großformatige Collage Phänomen-Werke von 1919-1920, die Schlichter nur wenige Wochen später in der Berliner Galerie Otto Burchards erstmals öffentlich ausstellt und die anschließend auch auf der Ersten Internationalen Dada-Messe zu sehen sein wird (Abb. 86).Weltanschauung< statt geklärter Anschauung«). 2 6 Einstein verwirft die deutsche Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in Bausch und Bogen und nimmt nur einige wenige Maler - zumindest teilweise - von seiner herben Kritik aus: Ernst Ludwig Kirchner beispielsweise wird »die schnittige Kraft dieses oft hinreißenden Künstlers« zugestanden, Oskar Kokoschka wird in einigen Porträts bescheinigt, »die glückhafte Identität von lebendigem Vorbild und dauerndem Bildnis« erreicht zu haben, und von Max Beckmann heißt es, er habe trotz aller formalen Schwächen versucht, eine »Summe der Modernen zu erzwingen«. 27 Eine besondere Stellung innerhalb der deutschen
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Malerei kommt im historischen Grundriß der Kunst des 20. Jahrhunderts
allein Paul Klee sowie den
Künstlern des »Blauen Reiters« zu, denen der Autor erst in der Ausgabe von 1931 ein eigenes Kapi-
IM PROPYLÄEN VERLAG
in erster Versuch, Klärung in das Chitos der Kunst unserer Zeit zu bringen, dal Wertvolle vom Wertlosen zu ¡meiden, Absichten und Scie der modernen Malerei und PUstik aufzuzeigen, Ut Citri Einsteins Werk iDie Kunst des 20. Jahrhunderts,. Wer die Kunst unserer Zeit teahrhafi verstehen will, lese dieses Budi! Es erschien soeben in zweiter Auflage! 208 Seiten Text, 387 Abbildungen, zo Kupfertiefdruck - Tafeln und la mehrfarbigen Tafeln. — Preis in Halbleinen 48 M, in Hatbleder γιΜ.
tel widmet. 28 Ihr Rang wird vor allem durch die Tatsache bestimmt, daß es diesen Künstlern »um Wichtigeres als nur um Malerei ging, nämlich um eine Umbildung der seelischen Struktur«. 29 Damit fügt sich der »Blaue Reiter« in das postulierte kunsthistorische Modell der europäischen Malerei von der kubistischen Revolution zur surrealistischen Vision. Paul Klee, den der Verfasser als den bedeutendsten deutschen Künstler seiner Zeit würdigt, wird dabei von Einstein genau jene Rolle zugewiesen, die im Frankreich der zwanziger Jahre die Surrealisten zu spielen übernommen hatten. Klee sei es
Angesichts der ästhetischen Errungenschaften der französischen Kunst von Picasso bis Masson ist es nicht verwunderlich, wenn die Bewertung von 104
Verlagsanzeige
der zweiten
Auflage
der »Kunst 20.
Jahrhunderts«
(mit Paul Klees Erfinderin
des
»Die
Nestes«,
1925), Abbildung »Der
des
aus
Querschnitt«, 1928
Futurismus, Expressionismus und Konstruktivismus in Einsteins historiographischem Modell der Moderne weitaus zurückhaltender ausfällt. Spiegelt seine von Auflage zu Auflage kritischer werdende
gelungen, begründet Einstein die außerordentliche Stellung dieses Künstlers, »über ästhetische Probleme hinaus zu gegenständlicher Erfindung vorzudringen und die Figuren seines inneren Bildens in die Wirklichkeit einzuführen und somit mit jener zu konkurrieren.« 30 Die Kunst des 20. Jahrhunderts
ist weniger als
Haltung zur Kunst des russischen Konstruktivis-
eine reihende Nacherzählung historischer Fakten
mus einerseits die zunehmende Desillusionierung
und Werkanalysen charakterisiert, sondern viel-
angesichts der politischen Entwicklungen in der
mehr als ein auch kunsttheoretisch durchdachtes
»SCHAUEND
ÄNDERT
MAN
MENSCHEN
UND
165
WELT«
und in seiner Darstellung durchkomponiertes histo-
CARL
risches Großmodell, das den Weg der Kunst von der formalen Selbstbesinnung um 1900 über die revo-
EINSTEIN
DIE KUNST
lutionäre Raumauffassung des Kubismus bis hin zu den neuen Mythologien des Surrealismus nachzeichnet. Entscheidend für ein umfassendes Ver-
2 0 . JAHR HUNDERTS
ständnis des Kunsthistorikers Carl Einstein ist zumal, daß seine Betrachtung der Moderne die engen Grenzen des Ästhetischen sprengt und eben auch jene Umwälzung des Welt- und Menschenbildes einschließt, den die Kunst in den ersten Jahrzehnten des gerade vergangenen Jahrhunderts herausgefordert hat. Wird der Mensch in der Malerei des Impressionismus als »Stilleben« aufgefaßt, als mo-
S C H O N IN 3. A U F L A G E FAST EIN NEUES WERK
tivischer »Anlaß zur farbigen Sensation«, so stellt sich die Kunst des Surrealismus der Aufgabe, Ausdruck psychischer Prozesse zu sein und eine meta-
Völlig' neu
morphotische Bildkraft zu entwickeln, deren figür-
bearbeitet,
zeigt
dieser
Band
der
, , P r o p y l ä e n • K u n s t g e s c h i c h t e " ' In ü b e r 4 0 0 z . T . mehrfarbigen
liche Neu- und Umbildungen »die eigene ver-
Z.eit1 in
harrende Gestalt« überwinden, »die uns in allzu
Abbildungen
Das Werk
unsere
die
Kunst
unserer
führt nun wieder wirklich
Tage,
fast
jeder
neu
bis
aufgetauchte
K ü n s t l e r n a m e v o n B e d e u t u n g findet s i c h In i h m : •
enges Geschick bindet«. 31 Welch verändernde Kraft der Verfasser damit der künstlerischen Äußerung beigemessen hat, zeigt sich nicht zuletzt darin, daß
A r p , D u C h a m ρ - V i Hon, E r n s t , G i a c o m e t t i ,
Jean-
neret,
Malé-
La
Fresnaye,
LJssîtzky,
Lurçat,
wllech, Massen, Miró, MohoÈy-Nagy,
Mondrlan,
sein Verständnis der Kunst durchaus den Gedanken
R o u x , S e h l e m m e r , S c h w i t t e r s . V o n d e n in f r ü h e *
einer »gegenseitigen Anpassung von Bild und Welt«
mit neuen Arbeiten vertreten; Archlpenko, B a r -
einschließt. 32 Stellt die Kunst des 20.
Grosz,
re η A u s g a b e n g e w ü r d i g t e n K ü n s t l e r n s i n d
lach, B e c k m a n n , Braque, Chagall, Dix, Feininger,
Jahrhunderts
Resümee kubistischer Weltanschauung dar, so gerät
Carl Einstein zieht in der Kunst des 20.
Kokoschka,
Matisse,
andere.
f a r b i g e n A b b i l d u n g e n in Hai b lei η e n 4 8 M a r k , In H a l b l e d e r S 2 M a r k , in j e d e r g u t e n B u c h h a n d l u n g
Beschwörung einer visionären und halluzinativen
schen und Welt.« 33
Klee,
Preis mit 1 7 0 Seiten T e x t und 4 1 0 z. T . m e h r -
dem Autor die dritte Auflage seines Buches zur
Grundsätzlich gilt: »Schauend ändert man Men-
Kandinsky,
Ν aide, P i c a s s o und viele
bei ihrem ersten Erscheinen ein programmatisches
Kunst, zum Manifest eines neuen Weltentwurfs.
viele
zu h a b e n ! • Georges B r a q u e , Stil leben
DER
1930
P R O P Y L Ä E N
- VERLAG
Jahrhun-
Geist der Kritik. Dabei ist auffallend, das seine
derts die Summe einer langen und tiefdringenden
kunstschriftstellerische Arbeit vor solche Heraus-
Beschäftigung mit der künstlerischen Produktion
forderungen gestellt ist, die den Problemen der
seiner Zeit. Als Kunsthistoriker steht er vor dem
Maler und Bildhauer des 20. Jahrhunderts durchaus
Problem, die Kunst seines Jahrhunderts aus einer
vergleichbar sind. Das darstellerische Ziel seiner
Distanz heraus betrachten zu wollen, die er, der
Abhandlung ist es, die Fragmentierung des gegen-
Zeitgenosse, nicht hat und nicht haben kann. Ein-
ständlichen Vorwurfs - in seinem Fall: der Kunst-
105
Verlagsanzeige
der dritten
Auflage
der »Kunst
des
stein versucht, die kunstkritischen Urteile aus ihrer
geschichte - zu überwinden und die aus der Be-
journalistischen Aktualität zu lösen und in eine
20.
trachtung der Kunstwerke gewonnenen Erkennt-
(mit Georges
historische Gesamtdarstellung des Jahrhunderts zu
nisse in ein sinnstiftendes Ganzes zu fügen. Nach
überführen; er betreibt - wie zuvor Julius Meier-
den kunstkritischen und -historischen Etüden der
Graefe - die Geburt der Kunstgeschichte aus dem
Jahre nach 1910 strebt Einstein in seinem Haupt-
Jahrhunderts«
»Stilleben«. Abbildung
Braques 1930), aus
»Omnibus.
Almanach
auf das Jahr
1932«
166
ENTWURF
EINES
J A H R H U N D E R T S
werk zur monumentalen Form, strebt zu einer Kom-
den Anforderungen einer Kunstgeschichtsschrei-
position, in der die Brüche und Widersprüche der
bung der Moderne mit einer eigenwilligen und den
Moderne sehr wohl sichtbar bleiben sollen und den-
wechselnden Gegenständen jeweils angemessenen
noch dazu beitragen, ein durchaus gültiges und re-
Sprache genüge zu tun. Nicht immer ist die Grenze
präsentatives Bild des Jahrhunderts zu entwerfen:
von Literatur und Geschichtsschreibung bei Ein-
Aus dem Kunstkritiker Einstein ist durch die Arbeit
stein eindeutig zu ziehen, sein Buch ist zuallererst
an der Kunst des 20. Jahrhunderts
endgültig ein
Kunsthistoriker geworden.
ein eigenwillig durchformter Prosatext, der Stilmittel des literarischen Expressionismus und Kubis-
In seinen Briefen an die Freunde in Deutschland
mus aufnimmt. Die besondere und nur ihm eigene
und Frankreich wurde Einstein dennoch nicht
Sprachgestalt des Buches, die es dem Leser nicht
müde, sich über den Brotberuf des Kunstschrift-
leicht macht, hat darüber hinaus die Rezeption Carl
stellers zu beklagen. Das Schreiben über Kunst, so
Einsteins in seiner und in unserer Zeit stark beein-
Einstein noch bis in die Jahre des Exils, halte ihn
trächtigt.
von den Prosaschriften und Gedichten fem, die zu
Um die Kunst des 20. Jahrhunderts
in ihrer histo-
verfassen er als seine eigentliche Berufung ansah:
riographischen Bedeutung verstehen zu können,
»Die bildenden Kunstschmarren«, schreibt Einstein
muß der Text zunächst in einen kritischen Vergleich
zum Beispiel im Januar 1923 an Tony Simon-Wolfs-
mit der deutschen Kunstgeschichtsschreibung nach
kehl, »das ist meine Rente. Die andern Sachen pu-
der Jahrhundertwende gezogen werden, und das
bliziere ich kaum.« 3 4 Tatsächlich wird sein litera-
heißt in erster Linie mit den Schriften von Julius
risches Tun immer aufs neue von der Arbeit an
Meier-Graefe als ihrem prominentesten Vertreter.
kunstkritischen oder -historischen Texten unter-
Sodann wird Einsteins historische Bewertung aus-
brochen, und insbesondere die über die Jahre und
gewählter Künstler - Picasso, Braque, Gris und
Jahrzehnte verschleppte Fortsetzung seines epoche-
Léger, aber auch Beckmann oder Kirchner - ein-
machenden Romans Bebuquin
gehend untersucht. Der Blick muß darüber hinaus
oder die
Dilettanten
des Wunders endet im Fragment. Sein kunsthistorisches Hauptwerk, die Kunst des 20. Jahrhunderts,
die Einstein im Frühjahr 1922 be-
gann und ihn mit ihren beiden Neuauflagen die gesamten zwanziger Jahre hinweg beschäftigen sollte (Abb. 104-105),
ist in letzter Konsequenz nur aus
diesem Grundkonflikt heraus wirklich zu verstehen. Der Verfasser hat Kategorien des literarischen Schreibens in seine wissenschaftliche und theoretische Darstellung übernommen und hat versucht,
auf Einsteins bildrhetorische Strategien gerichtet werden, da das eigentümliche Verhältnis von Text und Bild Aufschluß über den besonderen Charakter seiner Auffassung vom Beruf des Kunsthistorikers, seiner Möglichkeiten und Methoden verspricht. Schließlich soll - und muß - die Sprache Einsteins mit der Sprache solcher Schriftsteller verglichen werden, die sich, wie Pierre Reverdy und Guillaume Apollinaire, ebenfalls mit Werken der Bildenden Kunst beschäftigt haben.
DER I M P R E S S I O N I S T I S C H E
SCHREIBER
J U L I U S M E I E R - G R A E F E U N D C A R L E I N S T E I N : EIN P A R A G O N E KU N S T H I S T O R I S C H ER M O D E L L E
Wohin treiben wir? Der Kunstkritiker und -historiker Julius MeierGraefe ist für viele Künstler und Kunstinteressierte des späten Kaiserreichs unbestreitbar - und doch nicht immer unbestritten - Wort- und Meinungsführer gewesen (Abb.106).1 Bis zum Ersten Weltkrieg, und für viele eher gemäßigte Anhänger der Moderne auch über dieses so einschneidende Datum hinaus, haben seine Schriften das Kunstverständnis einer ganzen Generation geprägt und insbesondere dazu beigetragen, der französischen Malerei des 19. Jahrhunderts in Deutschland zur Anerkennung zu verhelfen. 2 Künstler und Schriftsteller, Kunsthistoriker und Sammler haben seine Werke studiert, und viele von ihnen haben begeistert Zeugnis von dem Einfluß abgelegt, den das kunstkritische Urteil des Autors und seine idealistische Auffassung der Kunst- und Kulturgeschichte auf sie genommen haben. Der Maler Friedrich Ahlers-Hestermann beispielsweise erinnert sich an die befreiende Wirkung, die von der Lektüre der 1904 erstmals und noch unvollständig vorgelegten Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst auf die jungen Künstler ausgegangen ist, die zu Beginn des neuen Jahrhunderts nach Auswegen aus der Enge gründerzeitlicher Ästhetik
suchten: »Lebendig war es, was er schrieb, und so konnte es fruchtbar werden, lebendig wurden die Künstlermenschen, die er schilderte; und ihre Bilder, aus kühlem musealen Bann erlöst, hingen plötzlich statt unter fahlem Oberlicht in unseren Herzen.« 3 Und Wilhelm Worringer läßt seine Leser wissen, daß die jahrzehntelange Beschäftigung mit den Schriften Meier-Graefes tiefe Spuren in das eigene Kunstverständnis gegraben habe: »Gibt es doch ganze Kapitel Kunstgeschichte, die wir alle durch seine Augen gesehen haben - auch wenn wir glaubten, es wären unsere eigenen.« 4 Zwar konnte Meier-Graefe seine durchaus fortschrittlichen Vorstellungen von einer Erneuerung der Kunst nicht immer reibungslos gegen den Widerstand konservativ oder national gesinnter Kreise behaupten. Die Auseinandersetzung des Künstlers mit der von ihm gesehenen Welt und die autonome Farbgestaltung, das »Malerische«, sollten dem Kritiker zufolge zu vollkommener Einheit und damit gleichsam zu einer neuen Klassik versöhnt werden, wie er sie in den Werken von Eugene Delacroix und Hans von Marées mustergültig verwirklicht sah. Doch mit den avantgardistischen Herausforderungen von Fauvismus und Kubismus wurden schließlich kurz vor Ausbruch des Krieges auch die Gren-
168
ENTWURF
EINES
J A H R H U N D E R T S
Meier-Gräfe. >Wohin treiben wir?< fragte er mit einem Hinblick auf die Kunst der Gegenwart und kam dann zu einem geradezu vernichtenden Urteil. Zwar das 19. Jahrhundert hat noch einmal eine große Kunst gesehen, und das Zeitalter der Impressionisten kann sich als gleichwertig neben die beste Epoche der Vergangenheit stellen. Diese Delacroix, Cézanne, Renoir, Manet, van Gogh und in Deutschland Marées und Leibi, das waren noch universelle Künstler, die Ewigkeitswerte schufen; aber mit ihrem Wegtreten von der Bühne kam die Barbarei, die absolute Unfähigkeit, das Nichts.« 6
106
Lovis Corinth: Porträt Julius Meier-Graefe, 1917, Öl auf Leinwand, 90 χ 70 cm, Paris, Musée d'Orsay
zen sichtbar, die der Modernität der eigenen Kunstanschauung gesetzt waren. Daß der Kritiker mit den neuesten Tendenzen der Künstler um Matisse und Picasso nicht schritthalten konnte, nicht schritthalten wollte, wurde spätestens während einer Vortragsreise offenkundig, bei der Meier-Graefe in Bremen, Berlin und München sich und seinem Publikum die Frage stellte: »Wohin treiben wir?« 5 Über die Wirkung, die der nur kurze Zeit später auch im Druck erschienene Vortrag auf eine erstaunte Zuhörerschaft nicht verfehlen konnte, sind wir recht gut durch einen Zeitungsartikel unterrichtet, den ein ungenannter Verfasser am 7. Januar 1913 in den Berliner Börsen-Courier einrücken ließ: »Einen sehr eigenartigen Vortrag hielt gestern abend im Kunstsalon von Paul Cassirer Herr Julius
Ausführlich berichtet der Rezensent von der unerbittlichen Kultur- und Zeitkritik, mit der MeierGraefe dieses »Nichts« gebrandmarkt hat. Der Vortragende habe den zeitgenössischen Werken ihren Kunstcharakter rundheraus abgesprochen, denn »jeder Droschkenkutscher wird demnächst seinen Futuristen und Kubisten über dem Sofa hängen haben, jeder Kommis über Impressionisten und Expressionisten reden«; artistische Probleme hätten jedes »höhere Ideal« abgelöst, der Künstler trage seine Wunden wie ein Bettler zu Markte, und seine Kunst sei zu akademischer Attitude erstarrt: »Keine Kraft zur Reaktion, unaufhaltsame Verdumpfung und Verstumpfung der Masse. Man zerstört nicht mehr wie früher Götterbilder, man zerstört das Göttliche selbst.« 7 Und der ungenannte Verfasser hält schließlich, und nicht ohne Anspielung auf die flammenden Reden Zarathustras, die Verwunderung des Publikums fest, das bislang in der Person Meier-Graefes durchaus einen Verteidiger der modernen Kunstrichtungen zu sehen gewohnt war: »Also sprach der neue Bußprediger, oder vielmehr er las seine wohlerwogenen Worte vom Blatt ab und er ließ sein zahlreiches Auditorium, das aus Kunstenthusiasten, Malern und Literaten bestand, in grenzenloser Verblüffung zurück.« 8 Daß Carl Einstein, der in diesen Jahren eng mit der Galerie Cassirer verbunden war, diesem Ereignis als einer der erwähnten Kunstenthusiasten und Literaten beigewohnt hat, darf durchaus als gewiß angenommen werden. Beim Hören des Vortrage, der übrigens inmitten der Sammlung Gottlieb Friedrich Rebers gehalten wurde, die im Januar 1913 bei
DER IMPRESSIONISTISCHE
SCHREIBER
169
Cassirer zu sehen war, mußte dem erst siebenundzwanzigjährigen Schriftsteller bewußt werden, daß seine allmählich Kontur gewinnenden ästhetischen Überzeugungen in schärfstem Gegensatz zu den Ansichten Meier-Graefes standen. Der junge Dichter, der die Entwicklungsgeschichte
der
modernen
Kunst gelesen hatte und Meier-Graefes Kenntnisse - wie wir am Beispiel Maillols gesehen haben - für seine eigene kunstkritische Arbeit nutzen konnte, hatte bereits erste Aufsätze zur Kunst verfaßt und 1912 die Zeitschrift Neue Blätter
herausgegeben,
die, wie es in einem bislang unbekannten Brief an Arnold Schönberg heißt, der »modernen Kunst rücksichtslos dienen« sollte. 9 Im zweiten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts begann Einstein dann eine immer tiefer schürfende und bald ganz eigenständige Beschäftigung mit den Werken seiner avantgardistischen Zeitgenossen. Mit Henri Matisse stand Einsteinbeispielsweise schon im Herbst 1911 in Verbindung, da er dessen Zeichnungen in seiner Zeitschrift veröffentlichen wollte. 10 Und auch die kubistischen Wagnisse Picassos waren ihm zu dieser Zeit bereits vertraut: In seinem Aufsatz Antike
und Mo-
derne, den Einstein aller Wahrscheinlichkeit nach im Januar 1912 den Herausgebern des Almanachs Der Blaue Reiter zur Verfügung gestellt hatte, bezeichnet er den Pariser Maler als Vollender der Kunst Cézannes. 11 Die kulturkritische Bußpredigt, die sich Einstein im Kunstsalon Paul Cassirer anhören mußte, beklagt vor allem die gegenwärtige Vereinzelung des
keit und einen Mangel an Persönlichkeit vor, da ihr
Künstlers, seine unüberbrückbare Entfremdung von
künstlerisches Vermögen zu willkürlichem Arti-
der Gesellschaft, sie beklagt den unvermittelten Ab-
stentum verkommen sei: »Ich sehe nur Rezepte,
bruch der Traditionen, aus denen das große 19. Jahr-
wenn ich durch die Pariser Ausstellungen gehe,
hundert gelebt hatte, beklagt, daß der heutige Künst-
Schulen ohne Lehrer, Herden ohne Kopf.« 1 2 Hinter
ler nicht länger aus innerer Notwendigkeit schaffe
den Ausdrucksmitteln des Kubismus wittert er
sondern aus theoretischem und materiellem Kalkül.
einen neuen Akademismus, wobei er Robert Delau-
Die Rede des Kritikers mündet in eine vernichtende
nays Gemälde Tour Eiffel,
und auch ethisch begründete Aburteilung der zeit-
Herbst 1911 in der Berliner Sammlung von Bern-
das sich bereits seit
genössischen Kunst und insbesondere des Kubis-
hard Koehler befand, als Beispiel anführt, ohne je-
mus. Anders etwa als Wilhelm Hausenstein, der in
doch Künstler und Werk beim Namen zu nennen
eben diesen Jahren trotz einiger Vorbehalte das un-
(Abb. 107).13 Meier-Graefe zieht dabei die kubisti-
bedingt Zeitgemäße und Folgerichtige kubistischer
schen Landschafts- und Figurenbilder samt und
Kunst herausstreicht, wirft Meier-Graefe den Künst-
sonders in einen polemischen Vergleich mit der
lern der französischen Avantgarde Oberflächlich-
Salonmalerei und schreibt:
107
Robert
Tour Eiffel,
Delaunay: 1910-1911,
Öl auf
Leinwand,
Maße
unbekannt,
1945
zerstört
(ehemals
Berlin,
Sammlung Bernhard
Koehler)
170
ENTWURF
EINES
JAHRHUNDERTS
3)te£ftüffl WOCHENSCHRIFT FÜR POUTIK, LITERATUR, KUNST IV. JAHR HERAUSGEGEBEN VON FRANZ PFEMFERT NR 17
V E R L A G ï DIE A K T I O N '
BERLIN-WILMERSDORF
HEFT 3 0 PFG.
108
Georg Tappert: Neue Secession, 1914, Holzschnitt, Titelseite der Zeitschrift »Die Aktion«, April 1914
»Routine ist das Vergessen des Zwecks über dem Mittel. Sie ist nicht weniger blöde, ob sie einem erhabenen oder einem niedrigen Vorbild entlehnt wird, bleibt dasselbe, ob sie eine flaue Apotheose Kaiser Wilhelms, ein gelecktes nacktes Frauenzimmer oder einen taumelnden Eiffelturm, ein aus Dreiecken konstruiertes Gesicht darstellt.« 14 Gerade das Menschenbild dieser Kunst, die Dissoziation des Körpers in den Form- und Farbfacet-
ten des analytischen Kubismus stößt auf die entschiedene Ablehnung des Autors. Die Auflösung der menschlichen Gestalt in geometrische Grundformen, so müssen wir lesen, beruhe allein auf willkürlichen und zudem rein gedanklichen Entscheidungen, auch scheine für jeden aufmerksamen Betrachter hinter der kubistischen Oberfläche nichts weiter auf als die krude Wirklichkeit des Naturvorbilds: »Ich sehe immer noch durch den Kubus hindurch auf den Kubisten, erkenne eine öde Philistervisage, die trotzalledem akademische Nase, das treue Auge, die geschwungene Locke.« 15 Einstein hat zu dieser Kritik nicht unmittelbar Stellung bezogen. Zwar hat der Kritiker bereits 1913 auf das Werk von Picasso als dem »stärksten der heutigen Künstler« aufmerksam gemacht und dabei gerade dessen Anspruch betont, die gewandelte Auffassung vom menschlichen Körper und eine neue Raumanschauung in gültigen Bildlösungen festzuhalten. 16 Doch erst im Frühjahr 1914, anläßlich einer mit Ludwig Rubiner öffentlich geführten Debatte, finden wir einen Reflex auf die Berliner Rede Meier-Graefes. Unter dem programmatischen Titel Maler bauen Barrikaden hatte Rubiner in der Zeitschrift Die Aktion einen Aufsatz erscheinen lassen, der seine Thesen zur politischen und gesellschaftlichen Aufgabe des Künstlers vorträgt.17 Der engagierte und seinem Kontrahenten durchaus nahestehende Schriftsteller hatte den Aufsatz als Reaktion auf einen Text verfaßt, mit dem Einstein nur wenige Wochen zuvor den Katalog zur sechsten Ausstellung der »Neuen Sezession« in der Berliner Neuen Galerie eingeleitet hatte. Hier vertrat Einstein die Auffassung, daß der Künstler das streitbare Geschäft getrost der Kunstkritik überlassen möge, und daß politisches Interesse oft genug als Ersatz für künstlerisches Vermögen anzusehen sei: »Ich schätze es, daß diese Ausstellung von jeder Kunstpolitik frei blieb. Freude an Politik ist nicht selten ein Zeichen mangelnder Begabung. Es werden keine Zugeständnisse eingeräumt, noch wird eine Polemik zwischen Maler und Maler herbeigeführt, die stets Tatsachen und Dinge verschiebt und verdunkelt. Polemik ist Angelegenheit der Kritik.« 18
DER
I M P R E S S I O N I S T I S C H E
171
S C H R E I B E R
Rubiner spielt in seiner Antwort deutlich auf diese Passage an, wenn er davon spricht, daß eine
357
DIE
358
AKTION'
Ausstellung immer auch »wirkliche Polemik« sei und politisches Engagement durchaus ein Indiz »höchster Begabung«. 19 Doch nur wenigen Lesern dürfte zunächst der Bezug zu Einstein deutlich geworden sein. Der Name des eigentlichen Adressaten seines Textes fällt nur an einer einzigen Stelle, an der Rubiner - übrigens zustimmend, aber ohne jede Quellenangabe - aus dem umstrittenen Vorwort zitiert. 20 Ausführlich entwickelt der Verfasser seine Ansichten einer gesellschaftlich verpflichteten Kunst und wendet sich in seinem Beitrag, der mit expressionistischen Graphiken von Wilhelm Morgner, Karl Schmidt-Rottluff, Georg Tappert und anderen illustriert ist, insbesondere gegen die Vereinnahmung der Künstler durch die Bedürfnisse bürgerlicher Repräsentation oder durch den Kunsthandel (Abb. 108-109).
Um so bitterer mußte es ihn
enttäuschen, daß Einstein sich gegen das politische Engagement der Maler und Bildhauer ausspricht,
StAiMt-RiXUtf: ist: wenn Oeniefkns, und
pörung Luft: »Ich habe soeben den fürchterlichen
sein
Fähigsten hielt, auch für den wertvollsten Urteiler, daß der Freund gekniffen hat, bloß weil Maler ma-
ihm
aus die
'Λ\·!| d e r
Beziehun-
gen. G e w o h n h e i t e n , d i e W e l l des Ausruhens
und mit harten Worten macht Rubiner seiner EmFall erlebt, daß ein Freund, den ich bisher für den
von dèe
Imitation
Weh
der
Tradition,
erschüttert
und
Dekoration
wird.
Und niemand wird hoffentlich Itoth albern g e n u g zur
( "l.g;£;n.n¿
Geschmacks. gewerfjc,
Geschmack
ist
atso
quemlichkeit wirklich
das
eine
Über
nicht
sei
eine
gehört
Siehe
zum
Angelegenheit
den
Geschmack
streiten,
denn
es
nicht ; v e r n ü n f t i g e r w e i s e
setEt
man
des
Kunstder
Be-
kann
man
verlohnt
sich
sich
auf Hin
t r i n k t a HS t h m .
vom
Ende
rj
ankommt
—
Schöpfung, Intensität Moment kannte
und
kniffenheit
Daß Ludwig Rubiner gegen Ende seines Aufsatzes nun ausgerechnet Meier-Graefe, auch wenn er dessen Einschätzung des Kubismus nicht teile, als den »einzigen mutigen und unbedingten Mann«
einfach
mit
Sehweistn
verschiedener
ist
ZU
—
Ich
habe
„verschie-
daß
ein
sten
und d e m s e l b e n z e i t l i c h e n u n d z u s a m m e n h a n g l o s e n
daB
Matena]
malen
stecken,
verpflichtet es
sehe",
ist. ist
denn
und j e d e r einer anderen
Impressionismus, aber
nicht
erst
oder
eine
„Wie
Ecke ich
Erscheinung
Abet Ein
sofort
vor
dem es
den
ich
für
den
gekniffen
Kunsthändler
Feigheit w i l l e n l o s es
—• v o r
be-
da9
sie
nicht
die
deutsehe
fürchterlichen
den
auch
Freund
und
Seheck
die
im
Ge-
dem,
was
forderten.
soeben Freund,
und
Dinge, Wenn
der
Quali-
A b e r d a s sind s o
wären.
Vieldeutigkeit
hielt, der
wirkliche
anutltert
selbstverständliche
wiederholen
wieder
d e n e S e h w e i s e " b e d e u t e t , d a ü alfe M a l e r ih e i n e m
Maler,
Jede
Sehen
Raumwerit, jede S p u r von
Organischen
täten d e r tExpressionisten.
oder alteren
versdiiedenen
Daseiendert
der Vollendung die sogenannten
heit ist Willenlosigkeit.« 21
Sonden]
und
nicht aufs S c h a f f e n .
jedes des
deutsch,·
zu fun m i t
Vorhandenen
frieden sind, u n d d e n e n e s nur noch aufs
D i e S e e e s s i o n e n h a b e n n i c h t s zu t u n m i t j ü n g e r e n Generationen.
son-
Kunstwerken Be-
len und Kunsthändler reiche Leute sind. Aber Feig-
auch nichts
Jahrhunderts,
reitliegenden
nicht
Durchrütielung, Umstürzung, Änderung der Weft.
neunzehnten
a l l e r Z e l t e n ; n ä m l i c h zu j e n e n , d i e mit d e m
oder man
Sie haben
des
d e r n g e h ö r t zu alfen m i n d e r w e r t i g e n
ist
Fall
erlebt,
b i s h e r für d e n wertvollsten hat, bfoS reiche
FähigUrteiler,
weil,
Leute
Maler
sind.
Willenfosigkeit.
Volk
sind
die
Deutschen,
bezeichnet, der »seit hundert Jahren in deutscher Sprache zur Kunst spricht«, mußte nun wiederum Einstein als persönlichen Affront empfinden. 22 Und so konzentriert sich der Brüskierte bei seiner Ant-
Pikasso nichts?« Einstein nimmt das Lob Rubiners
wort, neben der hochinteressanten Debatte über den
auf und wendet es - wohl auch in Erinnerung an die
Wert der Kunst von Delaunay, die in unserem Zu-
Berliner Rede Meier-Graefes — gegen den Kritiker,
sammenhang unberücksichtigt bleiben muß, auf die
dem er die Befähigung zum Erfassen größerer kunst-
Schelte über den großen Gegner. In seinem Brief
historischer Zusammenhänge rundheraus abspricht:
den Einstein nur eine Woche
»Es heißt doch nicht unbedingt zur Kunst sprechen,
später ebenfalls in Die Aktion einrücken ließ, fragt
wenn man, wie dieser Meier-Gräfe, vor Begeisterung
er voller Hohn und Spott: »Aber warum für Meier-
geschwollene Backen bekommt, falsch wertet
an Ludwig Rubiner,
Gräfe? diesen Typ des impressionistischen Schrei-
(Greco, Marées usw.) und die Besinnung verliert.
bers? Glauben Sie wirklich, er verstehe nur von
Das ist mir peinliche Impressionistenschreiberei,
109 Karl SchmidtRottluff: Zwei Frauen, 1914, Holzschnitt, Abbildung aus »Die Aktion«, April 1914
172
ENTWURF
EINES
J A H R H U N D E R T S
die mir im Einzelfall ertrinkt.«23 Doch dies sollte beileibe nicht sein letzter und schon gar nicht sein schwerwiegendster Angriff auf »Meier-Greco« sein.24
Die Angst vor dem
Gegenstand
Der Einbruch des Ersten Weltkriegs und die gesellschaftliche Neuordnung der Nachkriegszeit zwischen Revolution und Tradition haben auch zu einschneidenden Veränderungen auf dem Gebiet der Bildenden Kunst und der Kunstkritik geführt. Der Rückkehr zur Ordnung in der französischen Kunst steht nun die künstlerisch wie politisch wenig einheitliche Neue Sachlichkeit auf deutscher Seite gegenüber, und auch die Rolle moderner Kunst im gesellschaftlichen Leben sowie der Transfer künstlerischer Werte zwischen den Ländern ist nach 1918 einer Reihe von Revisionen unterzogen. Die avantgardistischen Kunstströmungen wurden bereits während des Krieges verstärkt für den Verfall kultureller Werte - und damit zuletzt für den Krieg selbst - verantwortlich gemacht. Diesseits und jenseits des Rheins wurde der Einfluß der Kunst des jeweils anderen Landes als verderblich angesehen und nicht nur in ohnehin nationalen Kreisen beklagt.25 In Deutschland wurde die »wesensfremde« Ausrichtung der Künste am Vorbild der französischen Moderne kritisiert, während in Frankreich eine Kunst wie der Kubismus als Import deutschjüdischer Kritiker und Händler betrachtet wurde. Neben der eigentlich avantgardistischen Kunst, vielfach jedoch auch ununterscheidbar mit ihr verflochten, entstanden während der zwanziger Jahre in beiden Ländern deutlich revisionistische Tendenzen der Rückbesinnung auf vormoderne Werte und akademische Überlieferungen. Die künstlerische Produktion, die aus diesem Aufbegehren gegen Fauvismus, Expressionismus, Kubismus und Futurismus hervorgegangen ist, und deren Kennzeichen ein Wiederbesinnen auf klassische Figuration und auf eine oft genug nationale Ikonographie war, ist lange Zeit allerdings kaum einmal in den Blick einer entwicklungsgeschichtlich orientierten Kunstgeschichtsschreibung geraten.26
Unter dem Titel Unsere Kunst nach dem Kriege hat Julius Meier-Graefe 1923 einen Aufsatz verfaßt, in dem er seine kulturkritischen Bedenken der Vorkriegsjahre bestätigt sieht und die bittere Kritik an den Ausdrucksformen der Kunst des 20. Jahrhunderts in womöglich noch schärferen Formulierungen wiederholt. Bei dieser Gelegenheit jedoch widerruft der Kritiker sogar seine Ansichten von der Malerei des Impressionismus, wenn er dieser Kunst eine »Flucht ins Licht«, eine »Entartung des Bildhaften« vorwirft, bei der sich die Welt »in farbigen Dunst« aufgelöst habe; der geistige und moralische Verfall Europas habe schon lange Zeit vor dem Krieg eingesetzt, und selbst der enorme Fortschritt in der Kunst des 19. Jahrhunderts deute bereits auf die »kommende Katastrophe« voraus.27 Folgt man dem Autor, so hat die deutsche Kunst, so haben ihre größten Vertreter angesichts des sich abzeichnenden Niedergangs versucht, einen Sonderweg zu beschreiten: »Gerade Deutsche haben die Tragik der entmenschten Kunst erlebt und mit Leidenschaft gegen sie gestritten. Entweder gelang ihnen eine so ungeheure Erhellung der verborgenen deutschen Mystik, daß plötzlich unser ganzer Legendenwald magisch erstrahlte, und dann wurde die Mystik zu einem Denkmal, an dem keiner vorbeikam, ohne im Innersten getroffen zu werden, aber dessen phänomenale Art jeden Gedanken an aktive Beteiligung der Masse ausschließt. Oder der Griff eines Genies reißt zu sich, was der Mangel an Tradition der Masse versagt, und dann scheint ein begnadeter Mensch fähig, mit einem Werk den Vorsprung glücklicherer Völker einzuholen und zu überbieten. Dann wird an dem einen Deutschen der drohende Irrweg der übrigen Welt erkannt.« 28 Meier-Graefe kritisiert die vorgebliche gestalterische Beliebigkeit avantgardistischer Kunst, die in ihren Deformationen die Aufgabe preisgebe, ein gültiges Welt- und Menschenbild zu formen, und leitet daraus seine Ablehnung der modernen Kunstströmungen ab: »Impressionismus, Expressionismus, Kubismus, Futurismus, so verschieden alle diese Richtungen sein mögen, haben eins gemein: Die Angst vor dem Gegenstand.«29 Angegriffen wer-
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den in diesem Zusammenhang in erster Linie die deutschen Epigonen der französischen Malerei, die sich auf jede Neuerung um der Neuerung willen eingelassen hätten und in ihrem Bestreben den falschen Vorbildern innerhalb der französischen Kunst gefolgt wären, anstatt sich der eigenen Tradition zu verpflichten und ihr Tun in den »tieferen Gründen der Rasse« zu verankern. Der Autor versteigt sich dabei zu einem auch politisch motivierten Werturteil, das beinahe die gesamte deutsche Avantgarde in Bausch und Bogen verwirft: »Die meisten Deutschen glauben der zeitgenössischen Forderung mit hemmungsloser Hingabe an Aktualitäten zu genügen. Willkommener als je ein großer französischer Meister waren ihnen die Experimente der Pariser Doktrinäre. Delacroix ist noch heute in Deutschland eine dunkle Größe [...]. Dagegen wird man in jedem deutschen Nest einen Kubisten finden. Diese Jugend freute sich bei uns wie überall über den Einbruch in die Tradition, weil sie der Tradition nie zu folgen vermochte. Bei dem Zusammenbruch konnte sie nur gewinnen. Es ist kein Zufall, daß der Kubismus in Paris von Ausländern dekretiert wurde. Diese spielten hier die Rolle der Juden im Bolschewismus.« 30 Die Ausfälle Meier-Graefes sind nicht unwidersprochen hingenommen worden. Und Carl Einstein, der zu eben diesen »Ausländern« gehört, die sich in Paris für die Kunst des Kubismus eingesetzt haben, schlägt kurze Zeit später mit einer Gegenschrift zurück, die nicht weniger unversöhnlich ist als die seines Herausforderers. In scharfer, provokativer Wortwahl wirft Einstein dem Kritiker vor, den Untergang der Kunst nach dem Krieg »bespenglert« zu haben, ohne tatsächliche Sachkenntnis der aktuellen Malerei und Skulptur, ihrer Formprobleme und ihrer ästhetischen Grundlagen zu besitzen; und er tut insbesondere die Unterstellung, der Erfolg des Kubismus sei auf-wie Einstein ironisch formuliert - »landfremde Elemente« zurückzuführen, kurzerhand und mit harten Worten als »kunstpolitische Hitlerei« ab.31 Doch Einsteins Gegenangriff ist nicht allein dadurch motiviert, daß sich der Autor in der Philippika seines Kontrahenten persönlich attackiert sah.
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Auch Einstein hatte sich unter dem Eindruck des Krieges gewandelt. Die schmerzlichen Erfahrungen des Frontsoldaten hatten - wie bei vielen anderen Künstlern und Intellektuellen auch - zu einer Politisierung geführt, die ihren unmittelbaren Ausdruck schon sehr bald im Engagement des Autors im Brüsseler Soldatenrat und im Spartakusbund fand. Die zuvor noch unbestimmte weltanschauliche Haltung Einsteins, die vor 1914 zwischen Stilkunstbewegung, Neukantianismus und Nietzsche-Rezeption, der Verehrung Stefan Georges und einem Renouveau catholique in der Nachfolge Paul Claudels oder Charles Péguys oszillierte, wurde unter dem Eindruck der europäischen Katastrophe überwunden, und seine ästhetischen Auffassungen wurden zumal im dadaistischen Milieu der Berliner Nachkriegsjahre radikalisiert. Einstein war ganz offensichtlich von Paul Westheim dazu aufgefordert worden, Stellung gegen den Aufsatz Meier-Graefes zu beziehen: »Eben bat mich das Kunstblatt«, verrät er im Juni 192 3 seiner Frankfurter Freundin Tony Simon-Wolfskehl, »dem Meier-Gräfe eines auszuwischen.« 32 Und nur wenige Tage später meldet er, salopp aber zutreffend, daß er diesem Wunsch wohl nur allzu gern nachgekommen sei: »Gestern Meier-Gräfe angepöbelt.«33 Der Autor nutzt die vielgelesene Zeitschrift als Forum für eine grundsätzliche Abrechnung mit dem ungeliebten Kunstkritiker und zieht dessen Urteilsvermögen insgesamt in Zweifel: »Unkenntnis, tatsächliche Unkenntnis heutiger Kunst, Mangel an Durchdringen der Seherlebnisse, summarisch aufgeregte Leichtfertigkeit und lehrerhaftes Zensieren, all dies plauscht aus jedem Satz des etwas sehr Zuhausegebliebenen.« 34 Und vor allem anderen die begriffliche Unscharfe, die Einstein in den nicht weniger polemisch gefärbten Zeilen des »undisziplinierten Journalisten« aufgespürt haben will, wird immer aufs neue gegen den Autor aufgerufen: Das Wort von der »Angst vor dem Gegenstand« wird zitiert, doch Meier-Graefe habe nicht begriffen, daß man es hier mit einem der entscheidenden künstlerischen Probleme der Moderne zu tun habe; das »Bildhafte«, die »Difformierung des Bildhaften« als zentrale Punkte der Argumentation bleiben seiner
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Ansicht nach im Schlagwort stecken, Darstellungs-
Werke der für ihn dabei vorbildlichen Künstler,
probleme der »Raum- und Formauffassung« wür-
allen voran Picasso und Paul Klee, tut Meier-Graefe
den nicht berücksichtigt, das Verhältnis von Form
mit wenigen Randbemerkungen ab und bekämpft
und Bildgegenstand, der zugrundegelegte Tradi-
die angeblich zerstörerische Wirkung der in ihnen
tionsbegriff nicht definiert. Einsteins Attacke fällt
erprobten Ausdrucksmittel: »Wenn Kunst bildhaf-
insgesamt so vernichtend aus, daß sich der Autor
tes Gebäude der Menschheit sein soll, kann die fort-
noch im Rückblick über die ausbleibende Reaktion
schreitende Difformierung des Bildhaften, auch
des Angegriffenen wundert. In einem Brief an Will
die geniale Difformierung, nur Zersprengung der
Grohmann, in dem der Verfasser die Situation der
Menschheit bedeuten.« 3 6 Picasso wird vorgewor-
Kunstkritik in Deutschland unbarmherzig skizziert,
fen, willkürlich zwischen verschiedenen Gestal-
schreibt Einstein am 21. März 1931: »Ich habe
tungsmöglichkeiten zu schwanken, seine Kunst
Meier-Graefe in einem Kunstblatt von [19]23 der-
baue ganz auf eine flüchtige Aktualität, und Phä-
massen auf den Kopf gegeben, ich hätte einen Men-
nomene wie der Einsatz vorgefundener Materialien
schen erschossen, wenn er mich so behandelte.
im Gemälde könnten sich allenfalls in Berlin durch-
Aber solche Dinge enden immer mit einem guten
setzen, nicht aber im kultivierten Frankreich: »In
Abendbrot. Das ist Deutschland.« 3 5
Paris gaben die Kubisten ein rein abstraktes Pro-
Womit aber hatte Meier-Graefe die Empörung seines Widersachers provoziert? Lesen wir heute die Thesen des Kritikers zur Kunst der Nachkriegszeit aus einiger historischer Distanz, so muß doch zunächst einmal festgestellt werden, daß der Text läßt man den Widerwillen gegen die künstlerischen Äußerungen der meisten Zeitgenossen und die
gramm und gaben es nachher wieder auf. Picasso malt morgens Kuben, nachmittags Quell-Nymphen im Stil von Fontainebleau.« 3 7 Vor allem aber der Kunst Paul Klees, deren metamorphotische Ausdruckskraft Einstein nur wenige Jahre später als richtungsweisend würdigen wird, steht MeierGraefe verständnislos gegenüber:
überzogene Stimmlage einmal außer acht - zumin-
»In dem Gewebe eines Klee spinnt sich ein see-
dest einige kritische Beobachtungen bietet, von de-
lischer Anlaß sein kurioses Gehäuse, nicht um eine
nen wir wissen, daß Einstein sie im Grunde teilte:
Architektur zu erfinden, sondern um die Seele
Die vorgebliche Belanglosigkeit und das Epigonen-
irgendwie unterzubringen. Die Wohnungsnot ist
hafte der künstlerischen Produktion vieler Maler
groß. Ein Hampelmann kann Gelenke hergeben, ein
und Bildhauer in Deutschland wird hier ebenso zur
chiffrierter Hampelmann aus Borneo oder gekrit-
Sprache gebracht wie die bürgerliche Indienst-
zeltes Zeug von negerhafter Herkunft. Irgendeine
nahme einstmals revolutionärer künstlerischer Vor-
der hundert und aberhundert Formen, die sich auf
stöße. Einsteins Gegenschlag mußte allerdings um
die Netzhaut eines musikalisch Empfindsamen set-
so heftiger ausfallen, da er, als Kunsthistoriker, der
zen, kann an dem Gehäuse mitbilden, auch der
gerade im Begriff war, seine Kunst des 20.
Jahrhun-
Wunsch, kein bürgerliches Talmi bauen zu wollen,
derts zu entwerfen, aus dem vielleicht gemeinsa-
auch die übertriebene Verachtung aller Patente und
men Befund grundsätzlich andere ästhetische Fol-
Wiederholungen, auch leichtes Lächeln über den
gerungen zog. Wo Meier-Graefe der deutschen Künstlerschaft
Unsinn, an dem Europa scheitert, auch die Karikatur aus der Kinderfiebel.« 38
den zwischen den Zeilen freilich nur angedeuteten
Einstein läßt in seiner Streitschrift die Gelegen-
klassischen Ausgleich von griechischer Geschlos-
heit, auf diese und andere Invektiven mit kunst-
senheit und gotischer Expressivität sowie das hu-
theoretischen und -historischen Argumenten zu
manistische Ideal der Malerei eines Hans von
antworten, ungenutzt verstreichen. Sarkastisch hebt
Marées empfiehlt, setzt Einstein auf die erkennt-
er stattdessen das Vergebliche einer sachlichen Aus-
niskritische Funktion der Kunst, wie er sie im Ku-
einandersetzung mit Meier-Graefe hervor, dessen
bismus exemplarisch erfüllt sieht. Und gerade die
»schwächlicher Angriff«, dessen »Oberflächlich-
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keit und Unkenntnis« sich zuletzt gegen den Kritiker
ästhetische Fragestellungen als Leitgedanken ein-
selbst kehren würden.
Daß er seinen Kontrahenten
zelner Epochen geltend zu machen. Der Unter-
nicht auf dem Feld journalistischer Tageskritik
suchung ist zunächst ein entwicklungsgeschicht-
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schlagen will sondern auf dem historisch bedeut-
licher Überblick von den frühchristlichen Mosaiken
sameren der Kunstgeschichte, deutet sein Text
bis zur Kunst des Rokoko vorangestellt, den Meier-
allerdings dennoch an. Mit Blick auf die
Entwick-
Graefe unter dem Thema der »Entstehung des Ma-
Kunst spricht Ein-
lerischen« auf nur wenigen Seiten abhandelt. Die
stein davon, daß Meier-Graefes Urteil »bei alter
europäische Malerei von David bis Delacroix, von
plauschend-geschwellter Dickbändigkeit« in der
Turner bis Courbet, bildet den Hauptteil des ersten
»peripherischen Sensation« stecken bliebe, und er
Bandes, wobei der Autor schließlich der Gattung
lungsgeschichte
der modernen
wirft dabei mit einem Seitenhieb auf die besonde-
der Landschaftsmalerei eine besondere Stellung ein-
ren Verdienste seines Gegners die Frage auf: »Wann
räumt, da von ihr entscheidende Anregungen für
hätte er den Impressionism als eine geschlossene
die Kunst der Moderne ausgegangen seien.
geistige, optische und literarische Haltung zu schildern gewußt?« 40 Die tatsächliche und über einen rhetorischen Schlagabtausch hinausgehende Auseinandersetzung mit der epochalen kunsthistorischen Monographie Meier-Graefes bleibt damit dem nicht weniger epochalen Gegenentwurf der Kunst des 20. Jahrhunderts
vorbehalten.
Den weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts, und mit ihm seinen zweiten Band, unterteilt MeierGraefe in drei Abschnitte, die jeweils ein ästhetisches Prinzip dieses widersprüchlichen Säkulums zugewiesen bekommen. Unter dem Stichwort »Kameraden der Realität« werden mit Künstlern wie Menzel oder Slevogt, Manet oder Degas, zunächst diejenigen Maler vorgestellt, denen die Hinwendung zu Themen und Motiven ihrer unmittelbaren
Impressionismus in der Kritik
Gegenwart gemeinsam sei. Diese Maler werden im folgenden Abschnitt mit der Kunst des deutschen
Als Carl Einstein im Frühjahr 1922 die Arbeit an seiner Kunst des 20. Jahrhunderts
Idealismus konfrontiert, wobei Hans von Marees
aufnahm, lagen die
ausführlich als »der einzige, der den Titel Künstler
beiden ersten Bände von Meier-Graefes Publikation
in vollem Umfange trägt«, als der »deutscheste
bereits seit einigen Jahren in revidierter Fassung
Künstler« seit der Renaissance gefeiert wird. 42 Ab-
vor. Ursprünglich 1904 erschienen und teilweise
geschlossen wird der zweite Band mit einem Kapi-
auf Vorarbeiten zurückgreifend, die schon gegen
tel zum französischen Impressionismus, dessen oft
Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sind, wurde
kontroverse Einschätzung sich allerdings durch das
das Werk gründlich überarbeitet und 1914, sowie in
gesamte Werk zieht und von Meier-Graefe immer
dritter Auflage 1920, neu herausgebracht. Doch erst
und immer wieder — und auf geradezu selbstquäle-
mit Erscheinen des dritten Bandes, der »Die Kunst
rische Weise - erörtert wird.
unserer Tage« umfaßt, konnte das Unternehmen
Nach einem kurzen Seitenblick auf die Skulptur
1924 abgeschlossen werden; gerade rechtzeitig also,
unternimmt es der dritte Band, das komplexe Ver-
um auf Einsteins Buch noch Einfluß nehmen zu
hältnis der Moderne zur Tradition des französi-
können. 4 1
schen Klassizismus, zur Antike und zur »großen«
Julius Meier-Graefe hat die Malerei des 19. JahrEntwicklungsge-
Chavannes und Maillol, aber auch Renoir, Cézanne
Kunst gestellt und durch
oder Lehmbruck werden hier als Vertreter einer Art
hunderts ins Zentrum seiner schichte
der modernen
Komposition zu untersuchen: Künstler wie Puvis de
einige Ausblicke ins frühe 20. Jahrhundert ergänzt.
von Gegenbewegung charakterisiert, die sich und
Folgt seine Abhandlung grundsätzlich chronologi-
ihre Kunst gegen die »auflösenden Tendenzen« des
schen Ordnungskriterien, so setzt der Verfasser doch
Impressionismus gestemmt hätten. 43 Der Abschnitt
stets thematische Akzente, um damit ausgewählte
über Cézanne bereitet dabei schon die Kritik am
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Kubismus vor, die im Anschluß unter dem Titel »Der neue Rationalismus« vorgetragen wird. Neben Picasso werden hier Vincent van Gogh, Gauguin und Matisse als Künstler einer Moderne besprochen, die in eine Vielzahl subjektiver Positionen zerbrochen sei. Es ist höchst aufschlußreich, daß es dem Verfasser nicht mehr gelingt, diese so unterschiedlichen Künstler durch ein sinnfälliges Schlagwort zu verbinden. Meier-Graefe kann - und will - die tiefe Resignation nicht verbergen, von der sein kritisches Urteil über die Kunst der Zeitgenossen gezeichnet ist. Auch das letzte Kapitel, es behandelt vor allem die deutsche Malerei der ersten Dezennien des neuen Jahrhunderts, ist davon geprägt: »Die Kunst«, lautet das mehr als skeptische Fazit, »ist zur Kapitulation bereit oder hat sie bereits vollzogen.« 44 Die große historische Leistung Meier-Graefes ist es gewesen, der französischen Kunst in Deutschland den Weg zu bahnen und versucht zu haben, Moderne und Tradition miteinander zu versöhnen. 45 Seine erklärte Absicht war es, die Kunstgeschichtsschreibung aus ihrer seit Hegel betriebenen theoretisch-philosophischen Suche nach den allgemeingültigen Gesetzen künstlerischer Entwicklung zu lösen und an ihrer Stelle eine komparatistische Kunstgeschichte des Sehens zu begründen: »Man kann der Kunst nur durch vergleichende Betrachtung persönlich näher kommen.« 46 Vor allem den Deutschen warf er den Irrtum vor, »Kunst zu denken, statt zu betrachten«. 47 In seinem Hauptwerk hat Meier-Graefe die Erfahrungen einer jahrelangen Auseinandersetzung mit Gemälden und Skulpturen niedergeschrieben und die Evolution insbesondere der Malerei im 19. Jahrhundert anhand solcher Werke nachgezeichnet, in denen das »Malerische« - wir würden heute sagen: die Autonomie der Farbe als Gestaltungsmittel - über das Inhaltlich-Literarische eines Kunstwerks dominiert. Betreten wir das überwältigende Panorama, das Meier-Graefe in den drei stattlichen Bänden der Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst vor unseren Augen aufgebaut hat, und das hier nur im Überblick vorgestellt werden konnte, so stellen wir fest, daß um uns herum die Protagonisten einer Moderne versammelt sind, deren Beitrag die Kunst-
geschichte vor allem bis zur Jahrhundertwende geprägt hat. Die künstlerischen Leistungen seiner Gegenwart mußte hingegen der Leser, der das abgeschlossene Werk 1924 in Händen hielt, weitgehend vermissen. Zwar richtete der Verfasser seinen kritischen Blick auf einige der wichtigsten Vertreter zeitgenössischer Kunst, doch war er trotz dieser meist polemischen Exkurse ganz offensichtlich nicht dazu bereit, die Kunst des Fauvismus oder Expressionismus, geschweige denn des Kubismus oder Futurismus, mit einer Untersuchung zu würdigen, die in der Eindringlichkeit der Betrachtung seiner Analyse der Kunst des 19. Jahrhunderts auch nur nahe gekommen wäre. Aber nicht nur das persönliche Geschmacksurteil des Autors hat eine grundlegende Untersuchung der Werke von Matisse, Picasso, Klee oder Beckmann verhindert: Die avantgardistischen Kunstströmungen des noch jungen Jahrhunderts markieren einen epistemologischen Bruch, vor dem Meier-Graefes Methode entwicklungsgeschichtlicher Darstellung versagen mußte. Dies ist nun der historische Augenblick, in dem Carl Einstein die Bühne der Kunstgeschichte betritt. Eine Generation jünger als sein Kontrahent beginnt er das historiographische Unternehmen der Kunst des 20. Jahrhunderts mit der kritischen Hinwendung zu Künstlern, die bei Meier-Graefe für das traurige Ende der Geschichte stehen. Das Verdienst Einsteins kann aber nicht allein darin begründet sein, daß der Autor in seiner Untersuchung weiter in der eigenen Zeit vorangeschritten ist und aufgrund des jüngeren Lebensalters einen »moderneren« Kanon aufgestellt hat. Um die grundsätzlichen Unterschiede zu verstehen, die Einsteins Vorgehensweise von derjenigen des älteren Kollegen trennt, müssen wir zunächst solche Passagen miteinander vergleichen, in denen sich beide Autoren mit ein und derselben Epoche befassen, nämlich mit der Epoche des Impressionismus. Die Summe der Lebensleistung Meier-Graefes ist Einstein sehr wohl bekannt, auch wenn er, wie wir gesehen haben, nicht müde wird, sie dem wenig geschätzten Antagonisten streitig zu machen. Und so liegt es nahe, daß Einstein beim Verfassen seines einleitenden Kapitels, das er den impressionisti-
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Edouard
Manet:
Le gamin (L'enfant au
chien),
um 1861, Öl auf
Leinwand,
92 χ 72 cm, Privatbesitz
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sehen »Vorbedingungen« der jüngsten Kunst widmet, auf die Darstellung des Vorgängers zurückgegriffen hat. Die Auffassung vom Impressionismus, die Meier-Graefe in seinem Werk mit oft unscharfer Begrifflichkeit vertritt, ist nicht leicht zu resümieren. Wenig einheitlich stellt es sich dar, wie der Autor die Künstler und Werke dieser Richtung beurteilt. Maler wie Manet, Renoir oder Cézanne, die er überaus schätzte, werden nicht zum Kreis um Pissarro und Monet gezählt und - ohne methodische Bedenken - in eigenen und weit voneinander entfernt liegenden Kapiteln abgehandelt. Auch sind sämtliche der drei Bände mit kritischen Ausführungen zum Nutzen und Nachteil des Impressionismus für die Geschichte der Kunst durchzogen. Zeichnet man die Konturen von Meier-Graefes Beurteilung dieser Stilrichtung nach, so ergibt sich ein durchaus widersprüchliches Bild. Die Eroberung der Farbe feiert der Autor zunächst als einen Akt vitaler Befreiung von akademischen Doktrinen. An den Traditionen Italiens und Spaniens geschult, habe Manet nach künstlerischen Mitteln gesucht, um die lebendige Fülle der ihn umgebenden Welt darstellen zu können: »Farbe ist das Ziel seines Empfindens; ein Farbiges, dem gelingen könnte, das zuckende Leben, das er in sich und um sich fühlt, das nach Gestaltung verlangt, zu sammeln. Die Linie reicht dazu nicht aus.« 48 Nicht unbeeinflußt von den lebensphilosophischen Weltanschauungen der Jahrhundertwende, die an die Stelle begrifflicher Spekulation Anschauung und Einfühlung in Erfahrungstatsachen setzten, beschwört Meier-Graefe den Gestaltungswillen des Malers, der sich und seine Kunst dem andrängenden Leben ausgeliefert sieht. Der Künstler wird getrieben von der »leidenschaftlichen Sehnsucht nach einem in Farben zu bannenden Leben«; er hält seine Visionen in Figuren von »strotzender Vitalität« fest, wie der Verfasser am Beispiel von Manets Gemälde Le gamin (L'enfant au chien) formuliert (Abb. 1 IO).49 Meier-Graefe erläutert die Bedeutung von Farbe und Farbkomposition: Gegen die bloße Naturnachahmung habe der Künstler den »farbigen Wert« gesetzt, gegen eine skulpturale Modellierung aus Licht und Schatten das »Flächige«. 50 Und damit habe
Manet - auf den Schultern von Delacroix - der Malerei sämtliche Stilmittel ausgetrieben, die ihr nicht eigen sind, und sei so zum bedeutendsten Künstler seiner Generation geworden. Doch bereits im Werk des späten Manet kündigt sich ein stilistischer Wandel an, den Meier-Graefe als äußerst problematisch empfinden mußte. In der Auseinandersetzung mit der Freilichtmalerei der sechziger und siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts bricht der Künstler mit den Traditionen seiner eigenen »altmeisterlichen Zeit«.51 Er wendet sich zeitgenössischen Themen sowie einer Naturerfassung zu, die durch keinerlei historisches Vorbild gesichert sei: »Draußen an der Seine tummelt sich sein Freund Claude Monet. Da geht Neues vor, ein Neues, das Manet selbst geweckt hat, die Identifizierung des Zeitgenössischen, aber nicht in spanischem Mantel, ohne Verkleidung, in strahlendem Sonnenlicht. Da winkt Befreiung von der königlichen Last der Alten und die Möglichkeit einer nie formulierten Symbolik. Da bedarf es nicht künstlicher Widerstände, um ein Ziel des Schaffens zu finden. Die Natur steht selber da, rein, neu, gewaltig, ohne jede Brücke und lockt zum Sprung.« 52 Der erregende Eindruck, eine aufgehellte Palette und vor allem die flüchtige Faktur der nun entstehenden Werke gefährden demnach die Auseinandersetzung mit dem Bild des Menschen und der Welt, von der die frühen Gemälde des Künstlers geprägt gewesen seien. An ihre Stelle tritt, so MeierGraefe unter anderem mit Blick auf das Gemälde La rue Mosnier aux paveurs, ein rein visuell motiviertes Angebot an den Betrachter (Abb. III).53 Noch immer ist der Kritiker von der hohen Qualität der Malweise Manets fasziniert, noch immer wird dieser als genialer Maler charakterisiert, seine Darstellungen aber erscheinen nun gelegentlich ohne innere Notwendigkeit, ja, sie drohen »banal und stillos« zu werden.54 Meier-Graefe, der noch wenige Seiten zuvor zustimmend berichtet hatte, daß dem Maler sämtliche Gattungen - seien es Landschaften, seien es Bildnisse - zu Stilleben gerieten, sieht in der malerischen Virtuosität des späten Manet ein »souveränes Dandytum« am Werk, das die Idealität des Bildgegenstands vermissen lasse:
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»Manets Doktrin hat nur ein einziges Wort: Geschwindigkeit. Den Eindruck so schnell wie möglich auf die Leinwand bringen, gleichviel woher er kommt, gleichviel was daraus wird. Schießen ohne zu zielen. Gelingt's, so ist es gut; gelingt es nicht, fängt man von neuem an. Sonst nichts. Ein Impressionismus verwegenster Art, Courbets Instinktmalerei zum Prinzip erhoben.« 55 Fordert bereits der »impressionistische« Manet kritische Einwände heraus, so mußten die Vorbehalte gegenüber solchen Malern, die Meier-Graefe zum engeren Kreis der Impressionisten rechnet, noch weitaus deutlicher ausfallen. Das entsprechende Kapitel der Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst hebt mit einer allgemeinen Klage über den Kulturverfall der Gegenwart an und macht in
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bester idealistischer Tradition deutlich, daß es sich beim Impressionismus nicht etwa um eine Weltanschauung sondern um ein maltechnisches Verfahren handelt, das die Kunst auf bloßes Farbempfinden reduziert.56 Die kürzeste - und doch schärfste Definition dieser Stilrichtung gibt Meier-Graefe allerdings erst im Kapitel über den »Impressionismus in der Plastik« seines dritten Bandes, wenn er davon schreibt, daß es sich nicht im wörtlichen Sinne um eine Kunst handelt, die Eindrücke verarbeitet, sondern »um den im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ad absurdum geführten Rationalismus einer ganz bestimmten Gruppe französischer Maler, die sich von ihrer geistigen Verfassung bestimmen ließen, gewisse Entwicklungstatsachen eindeutig auszubeuten und die Hingabe des schöp-
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Edouard
La rue Mosnier
Manet: aux
paveurs,
1878,
Öl auf
Leinwand,
64 χ 80 cm, Cambridge, Fitzwilliam
Museum
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ferischen Organs an die Physiologie allen anderen
gen, bleibt der rote Faden der ganzen Entwicklung.
künstlerischen Bedingungen voranzustellen«. 57
Ein Dekorateur gesellt sich zu Gestaltern.« 6 1 Der
Vor dem Hintergrund einer solchen Auffassung
Kunsthistoriker äußert sich dennoch anerkennend
des Impressionismus wundert es nicht, daß Meier-
über die Landschaften der sechziger sowie siebzi-
Graefe den Künstlern dieser ganz bestimmten
ger Jahre und widmet ihnen eindrückliche Bildbe-
Gruppe - Monet, Pissarro, Sisley und Guillaumin -
schreibungen, in denen dem Leser insbesondere
jede Befähigung zur Porträt- und Figurenmalerei
Monets Farbwahl und -komposition nahegebracht
abspricht. Ihr bevorzugter Gegenstand sei die Land-
werden (Abb. 112). Und noch in den Werken bis
schaft, denn Wesen und Charakter eines Menschen
etwa 1890 werden die »Pinselhiebe« und der »Far-
könne die impressionistische Manier nicht erfassen,
bentumult« hingenommen, mit denen sich der Ma-
da sie allein dem »Effekt einer Beleuchtung« nach-
ler als würdiger Nachfolger Courbets erweise. 62
Die Vorgehensweise des Impressionismus
Doch in den späten Landschaften des Künstlers,
wird schließlich als »willkürliche Beschreibungs-
strebe.
in den Serien der Kathedralen und Seerosen, der
58
methode« interpretiert, künstlerische Genialität sei
Stadtansichten von London und Venedig, werde
in dieser Kunst durch »passives Hinhalten des Au-
schließlich der unselige Einfluß von Turner und
ges« ersetzt. 59 Die innere Widersprüchlichkeit der
Whistler übermächtig und führe zu einem Absturz
ästhetischen Reflexionen Meier-Graefes wird voll-
ins »farbige Nichts«. 63 Meier-Graefe erinnert sich
ends deutlich, wenn man bedenkt, daß er einerseits
daran, daß er den starken Eindruck, den die siebzehn
der Entwicklung des »Malerischen« den höchsten
Gemälde der Kathedralen 1895 in der Pariser Gale-
künstlerischen Rang zuspricht, andererseits von der
rie Durand-Ruel auf ihn gemacht hätten (Abb.
Kunst fordert, ein charakteristisches Bild des Men-
114), in der Beschäftigung mit der einzelnen Lein-
schen zu entwerfen. Seine Auffassungen werden
wand nicht mehr nachvollziehen konnte:
damit letztlich noch immer durch den unversöhnten Gegensatz von Form und Inhalt geprägt, aus dem heraus sowohl die klassizistische wie auch die romantische Kunst des späten 18. und 19. Jahrhunderts ihre Werke entwickelt hatte. Meier-Graefe versucht, den historischen Ort in-
113-
»Man sah, wo die Wirkung herkam, erkannte die Kathedrale, die große Form, die eine farbige Beleuchtung noch größer und schöner erscheinen läßt, d.h. eine Form, die nicht Monet, sondern Rouen gehört, der er nicht als Schöpfer, sondern als Beleuchter, als Dekorateur gegenüberstand. [...] Die
nerhalb der Entwicklungsgeschichte der Moderne
Einfalt des jungen Menschen, der sich eines An-
zu bestimmen, an dem die Eroberung des »Maleri-
blicks erfreute und ihn ohne schöpferische Kraft,
schen« in einen nur noch artistisch gerechtfertigten
aber schlicht und mit Anstand, mit einem hoch
Selbstzweck umschlägt. Und er findet diesen Bruch,
entwickelten Geschmack wiedergab, ist dem Vir-
der zugleich das Ende der eigenen ästhetischen wie
tuosentum eines Machers gewichen, der die Un-
weltanschaulichen Gefolgschaft markiert, in der
ökonomie und die ungeheuerliche Prätention be-
Kunst von Claude Monet. Einerseits habe sich der
geht, siebzehn ungereifte Gedanken statt eines
Maler große Verdienste um die Erforschung einer
Werkes hinzustellen.« 6 4
modernen Färb- und Lichtwahmehmung erworben
Den neuen, offenen Werkbegriff, der in der Se-
und auf die Möglichkeiten einer »Immaterialisie-
rialität der späten Gemälde des Künstlers zum Aus-
rung der Natur durch systematische Harmonie« hin-
druck kommt und sich gegen eine handwerkliche
gewiesen, andererseits werde die virtuose Farbbe-
Vollendung akademischer Provenienz wendet, läßt
handlung vor allem im Spätwerk des Künstlers zu
Meier-Graefe mithin nicht gelten. Die Gemälde aus
einem sinn- und zweckfreien Ästhetizismus. 60 Apo-
Monets reifem Spätwerk zielen, dieser Ansicht
diktisch kennzeichnet der Autor den künstlerischen
nach, lediglich auf einen sinnlichen, weniger auf
Werdegang Monets: »Der schon in der Jugend auf-
einen geistig-intellektuellen Nachvollzug durch
tretende Hang zu dem Flächigen um der Fläche we-
den Betrachter; die subjektive Farbauffassung des
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Künstlers lasse eine verbindliche diskursive Beur-
fasser - unwillkürlich und ohne die nicht geringe
teilung durch die kunstinteressierte Öffentlichkeit
Tragweite seiner Kritik zu erkennen - eines der
nicht länger zu. Monet habe damit die ästhetischen
Hauptprobleme moderner Kunst. Seine Ablehnung
Übereinkünfte der Moderne aufgekündigt. Zwar
des Spätwerks von Monet faßt der Autor in Worte
sei in der nicht-akademischen Gattungstheorie der
von geradezu heideggerscher Metaphorik: »Das Un-
Gegenwart eine Malerei denkbar, die »eine Kathe-
deutliche wird zum Träger der Deutbarkeit. Nur, was
drale wie einen Teller mit Erdbeeren und Pfirsichen
treibt uns, irgend etwas zu deuten?« 66 Meier-Graefe
behandelt«, doch gründe diese Lizenz auf der Auf-
kann diese Frage nicht beantworten. Der Verlust
fassung von einer Künstlerpersönlichkeit, die der
des Bildgegenstands entzieht seiner idealistischen
Kunst unabhängig vom dargestellten Gegenstand
Kunstdeutung jedes methodische Fundament; für
den Stempel des eigenen Weltbildes aufdrücke. Kurz
den Impressionisten ist die Auseinandersetzung
und gut: Die zeitgenössische Kunst »duldet dun-
mit der Welt zum bloßen »Lichtproblem« gewor-
stige Farben, nicht dunstige Anschauung«. 65
den, für seine ästhetische, ja, nahezu moralische
l'Auxerrois,
Mit der grundsätzlichen Kritik an den Bilder-
Verurteilung ist entscheidend, daß der Künstler,
Ol auf Leinwand,
serien Claude Monets und an der vorgeblichen Un-
wie Faust dem Teufel, »seine Seele dem Licht ver-
bestimmtheit ihrer Werkaussage benennt der Ver-
schrieb«. 67 Die Erklärungsbedürftigkeit des moder-
112
Claude
Monet:
Saint-Germain1867,
79 χ 98 cm, Berlin, Alte
Nationalgalerie
182
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EINES
J A H R H U N D E R T S
Autor selbstverständlich auch andere Werke der Kunstliteratur zu Rate gezogen, und insbesondere aus den Künstlerschriften des späten 19. Jahrhunderts begegnen uns hier so manches Zitat und nicht wenige Anspielungen, doch das vielgelesene Werk seines Kontrahenten hat er - in Zustimmung wie in Ablehnung - auf außergewöhnliche Weise herangezogen. Wie stellt nun Einstein selbst die Kunst des Impressionismus dar, und wie beurteilt er sie? Und vor allem: Wie reagiert sein Text auf die Ausführungen Meier-Graefes? In der Kunst des 20. Jahrhunderts wird die Entwicklung des Impressionismus nicht als Geschichte künstlerischen Verfalls erzählt, sondern als zwangsläufige Folge eines von den Anforderungen der Zeit überwundenen Akademismus. Einstein stellt seinem Kapitel »Die Vorbedingungen« in nur wenigen atemraubenden Sätzen eine Zustandsbeschreibung der Kunst des 19. Jahrhunderts voran. Bereits in den allerersten Zeilen seines Buches ist zu lesen, daß der »zu lang aufgesattelte Schönheitsbetrieb, der in den Bezirken feiger, professoraler Malerei abgenutzt war«, angesichts moderner Welterfahrung ausgedient hätte. In seiner unnachahmlichen und auch hier polemisch gefärbten Prosa verwirft Einstein die überkommenen Gestaltungsmittel der akademischen Kunst, verwirft seine kompositorischen wie stilistischen Möglichkeiten: »Das klassische Maß war zu Mäßigkeit und Mangel an Begabung verkommen, und die Ewigkeit stiller Größe hatte zu lange blöd gelächelt.« 68 nen Kunstwerks wird am Beispiel der späten Bilder Monets zwar beschrieben, die ästhetischen Konsequenzen aber, die mit dem »offenen Kunstwerk« (Umberto Eco) in der Moderne untrennbar verbunden sind, erkennt Meier-Graefe nicht.
Aufruhr des 113 Claude Monet: La cathédrale de Rouen, le portail (temps gris), 1892-1894, Öl auf Leinwand, 100 x 65 cm, París, Musée d'Orsay
Lichts
Der ausführliche Exkurs zum Begriff des Impressionismus bei Julius Meier-Graefe war notwendig, weil nur so deutlich werden kann, auf welcher Grundlage Carl Einstein sein Einleitungskapitel zur Kunst des 20. Jahrhunderts verfaßt hat. Zwar hat der
Die historische Aufgabe der Impressionisten sei es gewesen, fährt der Verfasser fort, gegen akademische Konventionen aufzubegehren und den befreiten Blick auf eine nunmehr unverstellte Natur zu richten. Mit diesem künstlerischen Paradigmenwechsel geht notwendigerweise eine Veränderung auch der stilistischen Mittel einher; in der Bildsprache des Impressionismus wird die malerische Faktur eines jeden Kunstwerks offen dargelegt, die Werkgenese und das auch psychische Engagement des Künstlers bleiben, so Einstein, für den Betrachter jederzeit nachvollziehbar. Gemeinsam mit der überwundenen Ikonographie akademischer Kunst sei auch deren starre Linearität aufgegeben worden,
DER
I M P R E S S I O N I S T I S C H E
S C H R E I B E R
183
und die Natur werde nun mit Hilfe von »flächigen und biegsamen Zeichen« unmittelbar ins Bild gesetzt. Auch deutet Einstein bereits in seiner Einleitung an, daß er die Künstler des Impressionismus als Vorläufer und Wegbereiter der avantgardistischen Strömungen des 20. Jahrhunderts betrachtet: »Mit dem Impressionismus rückte Aufruhr heran, und bisher gewisse Formschemen wurden aufgelöst. Man empörte sich gegen die philologisch hochstapelnden Nachbeter und ihre Erbschaft und bekämpfte die akademisch billige Ausbeutung der klassischen Überlieferung. Vom Impressionismus aus begann von neuem der kräftige Aufruhr gegen den Klassizismus, der später mit heftigerem Entschluß fortgesetzt wurde.« 6 9 Einstein charakterisiert den Impressionismus keineswegs, wie es noch Meier-Graefe aus seinem evolutionistischen Geschichtsverständnis heraus tun mußte, als Niedergang einer künstlerischen Hochblüte, der die Malerei des 19. Jahrhunderts ein ganzheitliches Menschen- und Weltbildes zu verdanken hätte. Ihm gilt die neue Malweise als unvermeidliche Reaktion darauf, daß eine veränderte kulturgeschichtliche Situation, die er auch an literarischen, philosophischen und naturwissenschaftlichen Beispielen erläutert, diesen Anspruch der Kunst längst als Illusion entlarvt und die Vorstellung vom Menschen und seiner Lebenswelt in eine Vielzahl von Fragmenten zerschlagen hatte. Methodisch sind damit Ursache und Wirkung eines ästhetischen Befundes vertauscht, den beide Autoren im übrigen durchaus teilen.
lage neuerer optischer Erkenntnisse das Gesehene in »farbiger Atomistik« zerlegen wollten:
Selbstverständlich sind es auch im Urteil Ein-
»Die starren Bild- und Dingeigenschaften zer-
steins die besonderen Auffassungen des Lichts
schmelzen nun im Licht. Das Dauernde wird ge-
und der Farbe, die den ästhetischen Kern des
löst. Lokalfarbe und Valeur vergehen im farbig
Impressionismus ausmachen. Der Autor erläutert,
direkten Licht; der Umriß wird durch die Bewe-
ohne sich auf konkrete Kunstwerke zu beziehen
gung des Lichts gelöst. Die Plastik geschlossener
oder diese gar zu beschreiben, wie die Maler dieser
Körper zerschmilzt in den feinen Schwingungen
Epoche den Gegenstand - sein Volumen, seinen
der Farbteile. [...] Wie die Physiker die bezie-
Umriß, seine materielle Dauer - in der Farbge-
hungsreichen Vorgänge untersuchten, statt bei
staltung gleichsam auflösen. Weder die Lokalfar-
angeblich festen Körpern zu verharren, so fixierte
bigkeit des französischen Klassizismus, noch die
der Impressionismus die Lichtbeziehung, und die
dramatische Farbregie der Romantik konnte diese
Dinge selber galten für nichts anderes denn farbige
Maler demnach zufriedenstellen, die auf der Grund-
Rapports.« 7 0
114 Claude Monet: La cathédrale de Rouen (harmonie brune), 1892-1894, Öl auf Leinwand, 107x 73 cm, Paris, Musée d'Orsay
184
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Ausdrücklich auf Claude Monet gemünzt ist Ein-
Einstein ist fest davon überzeugt, daß mit den
steins Vergleich impressionistischer Gegenstands-
impressionistischen Stilmitteln und insbesondere
zergliederung mit der milieutheoretischen Philoso-
mit einer Abkehr von der Linie, die »einst wie eine
phie Hippolyte Taines: »Unter Taines Analyse«, so
Schattenseele vom vergänglichen Körper gelöst«
schreibt er, »war der Mensch ein >Symptom des
worden war, das Ende der Kunst ihrer idealistischen
Milieus< geworden, unter der Analyse Monets wird
Bestimmung nach erreicht ist: »Der platonisieren-
der Gegenstand eine farbige Äußerung des Lichtes,
den Ästhetik, der Lehre von ewigen, unabhängigen,
ein Ereignis des Lichtes - ein Symptom.« 7 1 Der zer-
statischen Formen, werden Eindrucksmomente und
schlagene Gegenstand, die Fragmente der Wirklich-
subjektive Erregung entgegengestellt.« 75
keit bestimmen die künstlerischen Entscheidungen
Dem einleitenden Kapitel seiner Kunst
des
der Impressionisten. Das Bild wird durch den stets
20. Jahrhunderts
sichtbaren Pinselstrich in einzelne Farbpartikel zer-
gang des Buches wichtige Aufgabe zugewiesen, den
legt, formale Abbreviaturen bestimmen die Wieder-
Impressionismus als diejenige Kunstform zu be-
ist die für den Argumentations-
gabe des Naturvorbilds. An die Stelle der künstleri-
schreiben, die mit den Konventionen idealistischer
schen Repräsentation eines als unveränderlich
Ästhetik gebrochen und die Kunst auf die Grund-
angenommenen Daseins tritt nun der Versuch, den
lage einer neuen, vom Einfluß moderner Naturwis-
flüchtigen Augenblick zu bannen. Das impressioni-
senschaft, Philosophie und Psychologie geprägten
stische Gemälde hält damit einerseits die Natur als
Weltanschauung gestellt hat. Der Leser soll so
»schwankendes Sichereignen« fest und andererseits
auf die radikalen Positionen der Kunst des frühen
den momentanen »Seelenzustand« des Künstlers. 72
20. Jahrhunderts - und das heißt vor allem: auf den
Auch im Rückgriff auf die Psychoanalyse erkennt
Kubismus - vorbereitet werden. Auffallend ist, daß
Einstein, daß der Impressionismus auf das grund-
Einstein den Impressionismus tatsächlich als Um-
sätzlich gewandelte Menschenbild der Moderne
bruch, als »Aufruhr« und »Revolte« charakterisiert
antwortet. Der Betrachter eines impressionistischen
und ihn damit nicht länger ans Ende der Kunst-
Gemäldes wird so zum »Reizempfänger«, der durch
geschichte des vergangenen Jahrhunderts, sondern
aktive Mitarbeit die Eindrücke von Licht und Farbe
an den Beginn der avantgardistischen Bewegungen
zum Bild ergänzt; die Gemälde selbst werden damit
des eigenen Jahrhunderts rückt.
zu »Kreuzungspunkten seelischer Funktionen«. 7 3 Der Verfasser bezieht sich auf Friedrich Nietzsche ebenso wie auf Sigmund Freuds Lehre von den psychischen Instanzen, wenn er betont, daß das Wesen des Menschen, sein Charakter und seine Seele, nicht länger als feste anthropologische Größen anzusehen sind:
Der Verfasser ist jedoch weit davon entfernt, die Kunst des Impressionismus ausschließlich zustimmend zu würdigen. Seine Kritik trifft insbesondere die fehlende bildnerische Durchdringung der Raumbezüge, die Einstein, der Verfechter kubistischer Theorien, als Grundlage einer jeden zeitgemäßen Bildenden Kunst voraussetzt. Dem
»Der Mensch verspürte sich selbst nicht mehr als
Impressionismus fehle damit die Fähigkeit, das
rationale Einheit, sondern als sich veränderndes
Gesehene in ein vielschichtiges Bildgefüge zu
Aggregat, das Reize empfängt, verarbeitet und wei-
überführen, das dem ebenso vielschichtigen Aufbau
tergibt. Begriff und Seele waren zu Funktionen
der Gegenstände entspräche: »Allerdings drohte
gelockert. Das Bewußte galt nur noch als schwache
Gefahr«, schränkt Einstein seine historische Wert-
Spitze der seelischen Prozesse, und die Gesetze
schätzung des Impressionismus dementsprechend
wurden als Arbeitshypothesen eingeschätzt. [...]
ein, »daß unter dem Zwang der koloristischen Licht-
Die kompakte Seele und ihre abstrakten Funktionen
formel das komplexe Bild, vor allem das Volumen,
gerieten nun ins Reich der Antiquitäten, und an
die primären Raumzeichen verlorengingen. « 7 6 Dem
ihre Stelle traten einzelne Komplexe, deren ge-
Impressionismus wie dem Neoimpressionismus ver-
schichtliche Bildung man aufspürte.« 74
danke die Kunstgeschichte zwar einen unverstellten
DER IMPRESSIONISTISCHE SCHREIBER
Zugriff auf die Natur, die Analyse des Lichts und des Sehens im Medium der Farbe sowie die gleichsam naturwissenschaftliche Zergliederung der Erscheinungsbilder von Mensch und Landschaft. Doch zu einem komplexen Zusammenschluß der dabei fragmentierten Bildelemente, zu einer »stabileren Bildstruktur« und einer »tektonischen Gestalt« sollten erst Maler wie Degas, Renoir und Cézanne sowie in ihrer Nachfolge - vor allem die maßgeblichen Künstler des 20. Jahrhunderts vordringen.77
Zwei Autoren,
zwei
Weltbilder
Wie wir sehen, ist Einsteins Kritik am Impressionismus nicht allzu weit entfernt von Meier-Graefes Verdikt, das den Künstlern um Claude Monet die Fähigkeit abgesprochen hatte, ein gültiges Menschen· und Weltbild zu formen. Doch bei übereinstimmendem Befund könnte die Wertung der beiden Autoren unterschiedlicher kaum ausfallen: Beklagt Meier-Graefe kulturkritisch den Verlust der Einheit von geistigen Werten und idealer Gestaltung, so faßt Einstein das impressionistische Experiment als ganz unvermeidlichen und willkommenen Neubeginn auf, der sich den ästhetischen Herausforderungen der Moderne mit all ihren Brüchen und Widersprüchen zukunftsweisend stellt. Ist der Leser, der beide Kunstgeschichten miteinander vergleicht, auf diese nahezu spiegelverkehrte Entsprechung erst einmal aufmerksam geworden, dann lassen sich bei einer ganzen Reihe von Einzelbeobachtungen mühelos weitere solcher argumentativer Pendants entdecken. Beide Autoren erkennen in der impressionistischen Wahrnehmung die »Physiologie des Lichtes« (Meier-Graefe), beziehungsweise die »physiologische Lehre von Farbreizen« (Einstein). Gilt sie dem einen als verselbständigtes Mittel ohne Zweck und ohne weltanschaulichen Gehalt, so versteht sie der andere - ganz im Gegenteil - als Reaktion auf einen durch die Naturwissenschaften veränderten Wirklichkeitsbegriff. 78 Eine ähnlich spiegelbildliche Argumentation erfahren auch die stilbildenden Maltechniken des Impressionismus: Den »hübschen,
185
wohlverteilten Flecken und Fleckchen« (MeierGraefe) im Werk von Monet werden die farbigen »Teile und Teilchen«, die »visuellen Abkürzungen« (Einstein) einer Malerei gegenübergestellt, die ihre Naturerfassung auf die Grundlage neuerer physikalischer Erkennisse stellt.79 Hier wird dem ansonsten wenig geschätzten Neoimpressionismus ein »dekorativer Wert« (Meier-Graefe) zugebilligt, dort werden die »weibisch teppichhaften Dekors« (Einstein) dieser Kunst verachtet.80 Beschreibt der eine der Autoren - beispielsweise - die malerischen Abbreviaturen Monets als Beweis »ungereifter Gedanken« (Meier-Graefe), dann nimmt der andere die impressionistische Malerei vor dem irrigen »Vorwurf der Skizzenhaftigkeit« (Einstein) in Schutz. 81 Kritisiert der eine — wiederum: beispielsweise deren »farbiges Nichts« (Meier-Graefe), dann hält der andere diesem Urteil entgegen, daß es der »in seinem Besitzsinn beleidigte Bürger« sei, der gegen den »malerischen Nihilismus« (Einstein) impressionistischer Kunst protestiere.82 Ungezählt sind die Übereinstimmungen der beiden Autoren in der ästhetischen Diagnose des Impressionismus, doch ihre Bewertung ist so unterschiedlich wie der Stil, in dem das jeweilige Urteil vorgetragen wird. Die große Zahl der Entsprechungen und eine kunstkritische Einschätzung, die auffälligerweise stets zum entgegengesetzten Schluß kommt, lassen keinen Zweifel daran, daß Einstein seinen Text in bewußter Auseinandersetzung, ja, in Konfrontation mit dem Werk des Vorgängers geschrieben hat. Nicht wenige seiner Stellungnahmen zur Kunst des Impressionismus sind programmatisch gegen die ästhetische Überzeugung des Kontrahenten gerichtet; nicht wenige erscheinen im Text gleichsam als invertierte Zitate aus dem auf diese besondere Weise vorbildlich gewordenen Buch. Und auch wenn der Verfasser viele Reflexionen vorträgt, die unabhängig von der Lektüre des Vor- und Gegenbildes entstanden sind, so läßt sich andererseits kaum ein kritischer Einwurf MeierGraefes finden, dem Einstein in seiner Kunst des 20. Jahrhunderts nicht widersprochen hätte. Der Kunsthistoriker hat, so will es scheinen, alle wichtigen Kritikpunkte Meier-Graefes - die Abkehr von
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idealistischer Ästhetik und das Zerstören des Bildgegenstands, die analytische Farbgestaltung und ihre naturwissenschaftlichen Grundlagen - in seiner Wertung gleichsam systematisch in ihr Gegenteil verkehrt, um so die Distanz zu markieren, die ihn, den Avantgardisten, vom Vertreter einer älteren Generation trennt. Bereits den Zeitgenossen mußte daher auffallen, daß die beiden Autoren das gemeinsame Ziel, eine Kunstgeschichte der Moderne zu verfassen, auf entgegengesetzten Wegen zu erreichen suchten. Nicht ohne Ironie heißt es in einem Aufsatz Rudolf Grossmanns, der 1928 in Kunst und Künstler erschien: »Die Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst Julius Meier-Graefes und Karl Einsteins >Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts< wollten in die allgemeine Verwirrung Klärung bringen. Sie tun dieses vor allem, indem sie in bezug auf Beurteilung der Entwicklung und der Künstler fast in allen Punkten voneinander abweichen.« 83 Andererseits darf nicht unbemerkt bleiben, daß Einstein der Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst auch so manche Anregung für sein Urteil über einzelne Künstler verdankt. Seine Quelle aber hat der undankbare Autor - man möchte sagen: selbstverständlich - auch in diesen Fällen nicht preisgegeben. So wird zum Beispiel Auguste Renoir, »der Optimist« (Meier-Graefe), der »glückliche Optimist« (Einstein), von beiden Autoren übereinstimmend als ein Künstler beschrieben, der die Erinnerung an die Antike mit der französischen Tradition verbunden habe.84 Wird auf der einen Seite im Werk von Cézanne der »Dualismus Gotik und Antike« (Meier-Graefe) beobachtet, dann wird daraus auf der anderen Seite ein »Dualismus von einfacher Struktur und komplizierter, malerischer Technik« (Einstein). 85 Heißt es hier, die Pinselschrift des jungen, nach Ausdruck ringenden Cézanne sei »mehr Hauen als Malen« (Meier-Graefe), dann werden dessen Frühwerke dort als »ungeschlacht« (Einstein) charakterisiert. 86 Doch auch jetzt gilt zumeist die Regel, daß die übernommenen kunstkritischen Beobachtungen durch ihre Adaption in die Kunst des 20. Jahrhunderts vollständig neu bewertet werden: Urteilt der ältere Autor beispielsweise, daß van Gogh von »dunklem Trieb«
und »Instinkt« gesteuert werde und »in blindem Taumel« male (Meier-Graefe), dann greift ihn sein Kontrahent als einen jener »überalterten Kritiker« an, die dem Künstler ein bewußt kalkuliertes Arbeiten absprechen wollen und ihn samt seiner Malerkollegen »auf dem Niveau triebhafter Jagdhunde halten möchten« (Einstein).87 Es wäre jedoch wenig angemessen, das argumentative Verfahren Carl Einsteins als bloße Neubewertung der von Meier-Graefe kritisierten Phänomene zu kennzeichnen. Einstein nimmt eine radikale Umwertung der geschichtlichen Rolle des Impressionismus vor und akzentuiert folgerichtig dessen Aufbegehren gegen die Überlieferungen der Kunstgeschichte. Die Maler um Claude Monet stehen damit am Beginn einer neuen kunsthistorischen Zeitrechnung; ganz notwendig ist ihre Kunst gegen die »Wiederholung ewiger Regeln«, gegen die Erstarrungen ebenso wie gegen die Erfolge des 19. Jahrhunderts gerichtet: »Jede Revolte enthält zunächst Destruktives, Kritik und Zerstörung.« 88 Erst durch den Niederbruch der Tradition wird ein modernes Rezeptionsverhalten möglich, das zu den historischen Errungenschaften des Impressionismus gehört. Immer aufs neue betont Einstein, und auch das unterscheidet seine Theorien grundlegend von den Auffassungen des Vorgängers, die Aufgabe des Betrachters in der Moderne. Absichtsvoll habe der Impressionismus dort mit der aktiven, gleichsam mitgestaltenden und vollendenden Leistung seiner Adressaten gerechnet, wo das geschlossene Bild klassizistischer oder akademischer Kunst in formaler Vollendung unabhängig vom betrachtenden Blick bestehen könne. In Analogie zum Künstler, der seine Gemälde aus einzelnen Farbelementen zusammenfügt, übernimmt der Betrachter »produktiv ein Stück Malerei« und schließt diese Elemente im schauenden Nach Vollzug zusammen. 89 Der Impressionismus hat damit, wie Einstein erkennt, eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Kunst des 20. Jahrhunderts geschaffen: »Der Betrachter sollte den Mangel an komplexer und statischer Form durch die synthetische Mischung der Farbteile im Auge, also durch eigenes Verbinden und gesteigerte Mitarbeit ersetzen. Hier
DER IMPRESSIONISTISCHE
beginnt die bewußte Einschaltung des weiterbildenden Beschauers, die später noch lange mitwirkt.« 90 Einstein folgt hier - wie so oft - der Wahrnehmungstheorie Konrad Fiedlers, die er aus dem Zusammenhang einer allgemeinen Erkenntniskritik auf die Kunst des Impressionismus überträgt. Der Philosoph hatte das Flüchtige menschlicher Wahrnehmung hervorgehoben, »ein Kommen und Gehen, ein Auftauchen und Verschwinden, ein Sichbilden und Sichauflösen von Empfindungen, Gefühlen, Vorstellungen«, und hatte deshalb das Sehen als aktive menschliche Leistung gewürdigt. Fiedler schrieb 1887 in seiner Abhandlung vom Ursprung der künstlerischen Tätigkeit, daß »die Licht- und Farbempfindungen, die er seinem Auge verdankt« und aus denen er sein Vorstellungsbild »zusammenwebt«, die einzige materielle Grundlage des Menschen darstellten, um ein Bewußtsein der Wirklichkeit zu erlangen.91 Einstein deutet demgemäß an, daß er das Sehen nicht nur als physiologischen sondern als geistigen Vorgang auffaßt, und folgt darin ebenfalls Fiedler, der die künstlerische Wahrnehmung als »durch den ganzen handelnden Menschen vollzogenes Sehen« bezeichnet hat.92 Richtet Einstein das einleitende Kapitel seiner Kunst des 20. Jahrhunderts in den zustimmenden wie in den ablehnenden Passagen an den Beobachtungen aus, die Meier-Graefe in seiner epochalen kunsthistorischen Darstellung mitgeteilt hat, so endet die Konfrontation der einzelnen Befunde und Bewertungen mit eben jenen Abschnitten, in denen der Impressionismus als gemeinsames Thema behandelt wird. Die Konfrontation mit Meier-Graefe aber endet damit nicht. Einsteins größtes Interesse gilt den künstlerischen Strömungen der Avantgarden, dem Fauvismus und Expressionismus, dem Kubismus und - in der dritten Auflage seines Buches - dem Surrealismus; sie gilt damit solchen Manifestationen der Kunst des 20. Jahrhunderts, vor denen Meier-Graefe schweigt oder die er, gleichsam als lästige Pflicht, mit wenigen polemischen Sätzen abtut. Sein kritisches Urteil über diese Strömungen, ihre kunsthistorische Bewertung und theoretische Einbettung formuliert Einstein daher ohne Rück-
SCHREIBER
187
sichtnahme auf die Ausführungen seines Vorgängers; aber noch immer ist jedes seiner Worte gegen die Kunstkritik der Jahrhundertwende und ihren prominentesten Vertreter gerichtet. Meier-Graefe hat den kubistischen Künstlern vorgeworfen, sie hätten »Bilderrätsel« geschaffen, »reine Rhythmen, frei von jeder sinnfälligen Bedeutung«, er hat den Kunstcharakter der »kaleidoskopartigen Würfelgebilde« rundheraus in Abrede gestellt und in den Werken des Kubismus ein Menetekel für den Verfall europäischer Kultur gesehen.93 Mit diesen und anderen Invektiven manifestiert nach den frühen Provokationen nun auch die Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst seine grundsätzliche Gegnerschaft zu einer Avantgarde, die zu vertreten, ja, der anzugehören für Einstein selbstverständlich ist. Die tiefe Kluft, die sich zwischen den beiden Schriftstellern auftut, ist jedoch nicht allein auf die Bewertung der modernen und zeitgenössischen Kunst beschränkt. Insbesondere die methodischen Unterschiede der beiden kunsthistorischen Modelle machen deutlich, daß Einstein seine Auffassung der Kunstgeschichtsschreibung an eine reflektierte Vorgehensweise gebunden hat, die auf sprachskeptischen Vorbehalten gründet. Einstein schreibt, wie wir es im Kapitel zum »kubistischen« Sprachverständnis des Autors noch eingehender untersuchen werden, mit seinen Beiträgen gegen die »durch Billigkeit betäubende Paraphrase« an.94 Zwar findet sich anläßlich seiner verstreuten sprachtheoretischen Überlegungen kein ausdrücklicher Hinweis auf Meier-Graefe, doch die langen und wortreichen Bildbeschreibungen in dessen Monographie lassen keinerlei Zweifel daran aufkommen, daß der Kunstschriftsteller zu denjenigen gehört, die Einsteins Ansicht nach das Kunstwerk »mit Umschreibungen verhüllt und vermauert« hätten.95 In der Kunst des 20. Jahrhunderts wird der Leser hingegen nur ganz selten einmal eine Beschreibung finden, da ihr Autor darauf vertraut hat, die stilistischen Eigenarten der in Rede und im Blick stehenden Kunstwerke durch eine stilistisch jeweils vergleichbare Sprachgestaltung seines Textes zu evozieren. Doch Meier-Graefe beschreibt in seiner Abhandlung nicht nur das einzelne Kunstwerk, er versetzt
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sich - und den Leser - psychologisierend in die Per-
hunderte hinweg kritisch gegeneinander abzuwä-
son des jeweiligen Künstlers und unterfüttert so
gen. Die Kunst der Gegenwart, allem voran Kubis-
Fakten und Ekphrasis mit literarischer Fiktion. Er-
mus und Surrealismus, nehmen den Dialog mit
gebnis ist eine Romantisierung oder Heroisierung
Werken vergangener Kulturepochen auf und helfen
der Künstlerbiographie, die sich unverkennbar in
dem heutigen Betrachter, seine Sicht auf die Dinge
die Tradition der Vitenliteratur seit Vasari einreiht.
zu verändern und damit schließlich auch das eigene
Einstein wiederum vermeidet es, und dies in be-
Weltbild, ja, die eigene Welt umzuformen.
wußter Abkehr von den Übereinkünften älterer
Einstein konnte seine Kunst des 20.
Jahrhunderts
Kunstliteratur, die Lebens- und Werkgeschichte der
nicht verfassen, ohne auf die Darstellung des älte-
Künstler in linearer Folge nachzuerzählen, und er
ren Kollegen zurückzugreifen, der zudem als vor-
kennzeichnet diese Entscheidung - jedenfalls bei
züglicher Kenner des Impressionismus ausgewie-
einigen Künstlern - dadurch, daß er seinen mono-
sen war. Seine Abhandlung mußte demnach zur
graphischen Kapiteln das Datengerüst der Künst-
Entwicklungsgeschichte
lerviten in nüchterner tabellarischer Form voran-
spannungs- und konfliktreiches Verhältnis treten.
stellt, um so geradezu programmatisch jede Literari-
Die zahlreichen Anleihen aus dem in eben diesem
sierung des rein Biographischen zu verweigern.
der modernen
Kunst in ein
Sinne »vorbildlichen« Buch und selbst noch die
Carl Einstein und Julius Meier-Graefe haben die
radikale Umwertung des Gelesenen zeigen, daß Ein-
Darstellung der Kunst ihrer Zeit auf den Funda-
stein die Kompetenz Meier-Graefes erkannt und -
menten unterschiedlicher Weltbilder errichtet. Ihre
zumindest stillschweigend - für seine eigenen Aus-
Auffassungen vom Verlauf der Kunstgeschichte, das
führungen genutzt hat. Respektiert hat der Autor die
historische Modell, das sie ihren Werken zugrunde
Beobachtungen und Werturteile seines Gegenspie-
gelegt haben, machen noch einmal unmißverständ-
lers jedoch nicht. Mit der Kunst des 20.
lich deutlich, daß die intellektuelle Distanz zwi-
derts hat Einstein seinen Vorgänger in die Schran-
schen den beiden Autoren nicht allein durch einen
ken gefordert und gehofft, ihm die kunsthistorische
Generationenkonflikt zu erklären ist. Die
Entwick-
Meinungsführerschaft streitig machen zu können.
Kunst ist als Doku-
Sein Kompendium ist gegen die idealistische Kunst-
ment eines evolutionären Geschichtsverlaufs ge-
geschichtsschreibung der Jahrhundertwende ge-
schrieben, das sein Modell von Aufstieg, Blüte und
schrieben, gegen die »peinliche Impressionisten-
lungsgeschichte
der modernen
Jahrhun-
Verfall den großen Vorbildern idealistischer Ge-
schreiberei«, die Meier-Graefe in seinen Augen
schichtsschreibung verdankt. Ihr Verfasser urteilt
idealtypisch repräsentiert. 97 Der Wettstreit der Au-
im Bewußtsein, einer Verfallszeit anzugehören, kul-
toren ist damit auch jenseits aller persönlichen
turkritische Töne färben seine Darstellung. Und
Rivalität zum Paragone kunsthistorischer Weltbil-
zuletzt findet er sich sogar dazu bereit, das Ende der
der geraten. Über die Herrschaft des evolutionisti-
Kunst als eine unter vielen Kultur- und Ausdrucks-
schen Kunstverständnisses, das an den Errungen-
formen ins Auge zu fassen. 96 Für Einstein hingegen
schaften einer gemäßigten Moderne festhalten will
ist Geschichte das Produkt einer vom Standpunkt
und die letztlich vormoderne Einheit von geistigen
der Gegenwart aus rückwärtsgewandten Schau. Im-
Werten und idealer bildnerischer Gestaltung be-
mer wieder betont er die anthropologisch-ästheti-
schwört, bricht die unerbittliche Polemik der Kunst
schen Konstanten einer Kunst, die es dem Kunst-
des 20. Jahrh underts wie das Jüngste Gericht hinein.
historiker möglich machen, Werke archaischer oder
Auf die Waagschalen seines kritischen Urteils hat
»primitiver« Kulturen mit der Kunst der Moderne
Einstein die Werke so unterschiedlicher Künstler
zu vergleichen, Form- und Farbgestaltung, Raum-
wie Kandinsky und Kieling, Beckmann und Braque,
und Menschendarstellung über die Zeiten und Jahr-
Kirchner und Picasso gelegt.
MODERNE AUS ZWEITER HAND D I E D E U T S C H E M A L E R E I IN C A R L E I N S T E I N S » K U N S T D E S 2 0 . J A H RH U Ν D E R T S «
Weltanschauung
statt
Anschauung
Carl Einstein hat mit dem rhetorischen Einsatz von polaren Gegensätzen für seine Kunst des 20. Jahrhunderts einen einfachen, aber äußerst wirkungsvollen Darstellungsmodus gefunden, aus dem heraus er zahlreiche seiner Stellungnahmen zur Kunst der Moderne entwickelt. Künstler ebenso wie Kunstrichtungen werden von ihm, vor allem in den eher theoretisch zugeschnittenen Einleitungen der einzelnen Buchkapitel, durch kontrastierende Argumentation gegeneinander aufgeboten, und insbesondere der ein ums andere mal durchbuchstabierte Vergleich von deutscher und französischer Kunst bestimmt das Urteil des Historikers, das freilich meistens zugunsten der jenseits des Rheins entstandenen Werke ausfällt. Auch und gerade das Kapitel »Die Deutschen« lebt 1926 von der entschiedenen Konfrontation, mit der Einstein gleich zu Beginn den deutschen Impressionismus gegen die entsprechende Kunst der Franzosen stellt, Corinth und Liebermann gegen Cézanne und Monet, sodann den Expressionismus gegen Fauvismus und Kubismus, Pechstein und Schmidt-Rottluff gegen Picasso und Braque. Knüpft der Autor damit an eine reiche kulturanthropologische Traditionslinie
innerhalb der europäischen Kunstkritik an, die für die Rezeption deutscher Kunst in Frankreich mit den Schriften Germaine de Staël-Holsteins einsetzt und über Charles Baudelaire und Guillaume Apollinaire bis in seine unmittelbare Gegenwart hineinreicht, so bemüht er sich doch auffallenderweise gerade darum, sein Urteil nicht, oder doch nur in wenigen Ausnahmen, mit Hilfe nationaler oder gar völkerpsychologischer Stereotypen zu fällen, sondern auf der solideren Grundlage stilistischer Beobachtungen. 1 Meisterhaft skizziert der Autor am Beginn seines Kapitels zunächst auf einer knappen Buchseite die unterschiedlichen künstlerischen Prinzipien des deutschen und französischen Impressionismus. Spiegelbildlich inszenierte Begriffspaare erläutern dem Leser die grundsätzlich andere Herangehensweise, das jeweils besondere Verhältnis von Gegenstand und Form, das die Künstler in beiden Ländern auf so charakteristische Weise kennzeichnet und voneinander trennt: Dem »Beschreiben« deutscher Impressionisten wird die »technische Ordnung«, die »Methode« der französischen Maler vorgehalten, dem »sentimentalen Naturalismus« ein eher »logisches Entwickeln von Optik und Handwerk«; das Hinwenden zur »Wirklichkeit«, die »vertrauten Ge-
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J A H R H U N D E R T S
genstandsmerkmale« einer positivistisch ausge-
Künstler und ihr freier Umgang mit dem Motiv
richteten deutschen Kunst werden mit dem »selb-
würden seiner Auffassung nach von den Berliner
ständigen Kolorismus« der analytisch arbeitenden
Malern (»korrekte Kunstbeamte, die wie aus preußi-
Franzosen, mit ihrer »willkürlichen Zusammen-
schem Pflichtgefühl Farbenfreude versuchten«)
setzung und Abkürzung der Dingmerkmale« ver-
nicht erreicht. 4 Zwar hätten sich die Berliner, anders
glichen, das »funktionale Objektganze« deutscher
als ihre Münchner Kollegen, ganz richtig zur Wahl
Bildvorstellung mit dem »geordneten Gewirke far-
einfacher Bildmotive entschlossen, doch die alther-
biger Flecke« in der französischen Malerei. 2
gebrachte Naturnähe ihrer Malerei verhindere ge-
Einstein führt das unterschiedliche Kunstver-
rade jenen Reichtum an künstlerischer, zumal farbi-
ständnis in Deutschland und Frankreich zwar nicht
ger Invention, der die großen Vertreter des franzö-
ausdrücklich auf die politisch-geographische Ver-
sischen Impressionismus auszeichne:
faßtheit der beiden Staaten zurück, doch seine Be-
»Die technische Freiheit dem Objekt gegenüber,
merkungen lassen keinen anderen Schluß zu ziehen
die Monet, Cézanne und Seurat logisch entwickelten,
übrig, als daß französischer Zentralismus und deut-
haben die rasch konservativen, formal ärmlichen
scher Regionalismus für die wesentlichen Merk-
Berliner nie gewonnen. [...] Malend schwächte, vul-
male der in diesen Ländern entstandenen künstle-
garisierte und vergraute man die Farben der Pariser,
rischen Überlieferung verantwortlich sind. Konnte
deren weite Kühnheit kaum verstanden wurde, saß
die Kunst in Frankreich dank einheitlicher und ver-
ehrbar vor dem Motiv und gehörte geschätzter
bindlicher Traditionsbildung zu universeller Gel-
Künstlervereinigung an. « 5
tung finden, die auch international wirksam wurde, so zerfiel die im zweifachen Wortsinn provinzielle deutsche Kunst in einzelne Kunstlandschaften, in lokale Künstlergruppen und Malschulen, die miteinander wetteiferten. Gegen den Impressionismus süddeutscher Künstler, die Courbets malerische Konzeptionen in Deutschland bekannt gemacht hatten, habe sich demzufolge ein »preußischer« Impressionismus durchsetzen können, dessen bedeutendster Vertreter, Lovis Corinth, die vorbildlichen Strategien der französischen Maler sofort in nervöse Empfindung und einen gesteigerten individuellen Ausdruckswillen überführt habe. Der Autor formuliert hier bedeutende Einsichten in die Mechanismen eines bi-nationalen Kunsttransfers; er gibt das einfache kunsthistorische Erklärungsmodell von Einfluß und Nachahmung auf und ersetzt es durch einen dynamischen Begriff künstlerischer Übernahme, bei dem auch die Bedeutungsverschiebungen berücksichtigt werden, die beim Wechsel ästhetischer Werte von einer Ausgangs- in eine Rezeptionskultur zu verzeichnen sind. 3
Mit seinen kritischen Einlassungen zum »preußischen« Impressionismus legt Einsteins Text die Grundlage, auf der die nachfolgende historische Entwicklung der Malerei in Deutschland am Beginn des 20. Jahrhunderts verstanden werden soll. In dichten, gelegentlich hermetisch formulierten kunsttheoretischen Passagen charakterisiert der Autor, ohne konkrete Beispiele zu nennen, den weiteren Verlauf der Kunstgeschichte im eigenen Land. Die Abkehr vom Grundsatz künstlerischen Nachahmens, von dem hier die impressionistische Malerei trotz aller stilistischen Errungenschaften noch immer gekennzeichnet war, sowie eine Konzentration auf die »aktiven Kräfte des Sehens« bestimmen seiner Darstellung nach die sich anschließende Epoche deutscher Kunst. 6 Der Verfasser versucht, die unterschiedlichen stilistischen Entwicklungen der Malerei vor einem einheitlichen kunsttheoretischen Hintergrund abzuhandeln; er betont damit die gemeinsamen ästhetischen Voraussetzungen, die der zeitgenössischen deutschen Kunst trotz aller Aufsplitterung in kon-
Allein Max Liebermann und Lovis Corinth wer-
kurrierende Richtungen und individuelle künstle-
den von der schärfsten Kritik ausgenommen, mit
rische Leistungen zugrunde liegen. Jedenfalls ist
der Einstein den deutschen Impressionismus über-
bemerkenswert, daß Einstein es auf diesen Seiten
zieht. Die bildnerische Autonomie französischer
seines Buches sorgfältig vermieden hat, verabre-
MODERNE
dete Stil- und Schulbegriffe zu verwenden, und
AUS
ZWEITER
HAND
191
genossen allein auf das »persönliche Erlebnis«, auf
eher verallgemeinernd von der »neudeutschen
»unmittelbare Subjektivität«, ja, auf »selbstische
Malerei« oder den »jungen Deutschen« spricht. Der
Willkür« zurück. 10
»Blaue Reiter« wird demgemäß erst in den ent-
Fehlt den Kunstwerken der Gegenwart daher
sprechenden monographischen Abschnitten des
jene religiöse und gesellschaftliche Verbindlichkeit,
Kapitels ausdrücklich beim Namen genannt, das
mit der die symbolhaften Bilder im Mittelalter aus-
»billige und leere Wort« vom Expressionismus wo
gestattet waren, so fehlt es ihnen auch an der »zwin-
immer möglich umgangen. 7 Für seine Leser bedeu-
genden Formkraft«, die in den Gemälden und
tet dies, daß sie die ästhetischen Reflexionen des
Skulpturen des deutschen Expressionismus oft
Autors mühsam auf einzelne Künstler, Werke und
genug durch »poetisches Taumeln«, durch »mythi-
Kunstrichtungen übertragen müssen. Was Einstein
sche Kosmogonie oder Philosopheme« ersetzt wür-
beispielsweise als einen Konflikt zwischen »freiem
den. 11 Auf der Suche nach allgemeingültigen Aus-
Bilderzeugen« und »Erfinden neuer Bildgegen-
drucksformen, bei denen das individuelle Schicksal
stände« schildert, als »Dualismus zwischen unmit-
und die persönliche Empfindung in einen objek-
telbarem Bedürfnis nach freierer Schöpfung und
tiven geistigen Zusammenhang eingegliedert wer-
Sujet«, zwischen »direkterer Darstellung« und
den könnten, greife die deutsche Kunst, so Einstein,
»formdiktierender Wirkung« durch das Motiv, kann
eher zu einer literarisch-philosophischen als zu
- und muß - eben auch als antagonistisches Kräfte-
einer visuellen Absicherung (Abb. 115-116).12
spiel der Kunst des »Blauen Reiters« auf der einen
Verfasser stellt sein Urteil hier deutlich in die
sowie des Expressionismus auf der anderen Seite
Nachfolge Charles Baudelaires, der bereits im
verstanden werden. 8
19. Jahrhundert die deutsche Malerei als »art phi-
Insgesamt jedoch verbinde die Werke deutscher Maler und Bildhauer - und dies wird wiederum in kategorialer Abgrenzung von der französischen Moderne erläutert - , daß ihnen trotz aller stilistischen Unterschiede ein besonderes Verhältnis zur Realität gemeinsam sei. Die deutschen Künstler streben danach, heißt es, der vorhandenen Welt über die Arbeit an der Form hinaus eine bildnerische Nachschöpfung an die Seite zu stellen, da sie ansonsten befürchten müßten, das für sie »entscheidende Gefühl von Welt und Wirklichkeit« zu verlieren. 9 Anders als die Künstler in Frankreich könnten ihre deutschen Kollegen die eigene Arbeit dabei nicht auf eine stetig gewachsene und einheitliche nationale Kunsttradition gründen. Hatten zahlreiche Autoren, unter ihnen Wilhelm Worringer und Paul Westheim, die gotischen Wurzeln des Expressionismus beschworen, so spricht Einstein der neueren deutschen Kunst die Teilhabe an dieser Tradition ausdrücklich ab; weder den »Kolorismus der alten Deutschen«, also der Künstler um Dürer oder Holbein, noch die »Ausdruckskraft frühgotischer Werke« läßt er als vorbildlich gelten, sondern führt den künstlerischen Zugriff seiner Zeit-
Der
losophique« bezeichnet hatte und ihr vorhielt, weltanschaulich-didaktische Interessen über die eigentlich ästhetischen Ziele der Kunst gestellt zu haben. 13 In Deutschland wie in Frankreich hatte die Reaktion auf die bildnerischen Analysen des Impressionismus schließlich zu einem Wandel künstlerischer Überzeugungen und stilistischer Möglichkeiten geführt. Einstein kennzeichnet die Färb- und Formenwahl der expressionistischen Maler als ein »lyrisches Mittel«, das auf Gefühl und Instinkt, aber auch auf die Kenntnis komplementärer Farbkontraste gestützt sei. 14 In der Nachbarschaft zur Kunst des französischen Fauvismus entwickele der Expressionismus eine »flächenhafte Einordnung der Gegenstände«, doch mit der so gewonnenen bildnerischen Freiheit drohe zugleich die Gefahr »kunstgewerblicher Dekoration«. 15 Einstein erinnert an die letztlich philosophischen Voraussetzungen einer künstlerischen Haltung, bei der die Wahl der Gestaltungsmittel nicht länger vom Blick aufs Motiv sondern von einer subjektiv-idealistischen Vorstellung des Individuums abhängt. Kant und Nietzsche werden ausdrücklich als die philosophischen Väter einer anthropozentrischen Kunst
192
115 Emil Nolde: Pfingsten, 1909, Öl auf Leinwand, 87 χ 107 cm, Berlin, Neue Nationalgalerie
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EINES
J A H R H U N D E R T S
genannt, bei der das persönliche Empfinden dik-
durchaus widersprüchliches Bei- und Nebenein-
tiert, welche Elemente aus der äußeren Welt ins
ander von Ausdrucksformen. Ihre bildnerische Pro-
Kunstwerk übernommen würden:
duktion schwanke zwischen »kunstgewerblicher
»Kunst erschien als ein Mittel, den Menschen in
Umschreibung, dem stilisierten Objekt und dem
die Mitte zu stellen. Der Mensch paßte sich nicht
Ausdruck freier Vorstellung«, zwischen »Tektonik
der Natur an, aus ihr wurde bewußt nur das ge-
und poetisierendem Gefühl«, zwischen »Lyrik und
wählt, was dem Empfinden entsprach. Man möchte
Natur«. 17 Die alles entscheidende
ästhetische
sich an Kantisches oder noch mehr an Nietzsches
Schwäche aber, wie der Autor wieder einmal mit
subjektiv lyrisches Ubermenschentum,
Blick auf den französischen Kubismus formuliert,
diesen
mißglückten Versuch zu Monumentalität, erinnern.
sei das expressionistische Verharren in einer be-
Ekstatisch bestätigte man den alten Glauben, daß
tont zweidimensionalen Bildauffassung, die zeit-
Form und Farbe vom Menschen kommen.« 16
gemäße Raumvorstellungen weder bewältigen kann
Die Werke des Expressionismus oder besser, so
noch will und als lediglich artistische Übung keine
Einsteins Vorbehalt, die Werke der nach unter-
autonomen Bildwelten hervorbringt, sondern sich
schiedlichen Zielen strebenden künstlerischen
stets der Konkurrenz der Gegenstände unterwirft:
Richtungen, die unter diesem Begriffsbehelf zu-
»Jedoch, da kaum eine eigengesetzliche, wirklich-
sammengefaßt werden, zeigen ein komplexes und
keitsunabhängige Raumform geschaut wird, geraten
MODERNE
AUS
ZWEITER
HAND
193
diese Bilder leicht zu stilistischen Deformationen, die sich noch allzusehr mit Motiven der Wirklichkeit vergleichen.« 1 8 Der Expressionismus ist mit seiner Betonung von Fläche und Lokalfarbigkeit, mit seinem introspektiven statt sinnlichen Zugriff auf das Wirkliche, jedenfalls dieser Auffassung nach, zwangsläufig als eine Kunst zu charakterisieren, die gegenüber dem Kubismus als zweitrangig einzustufen sei. Picasso und seine Pariser Mitstreiter hatten bildkünstlerische Antworten auf die aktuellen Raumprobleme gefunden und damit, so die Hoffnung Einsteins, das Weltbild der Gegenwart auf geradezu erkenntniskritische Weise umgestürzt. Der Autor spricht hier ein folgenschweres ästhetisches Glaubensbekenntnis aus, das im weiteren Verlauf seines Buches für die weitgehende Geringschätzung und Ablehnung der allermeisten expressionistischen Künstler verantwortlich sein wird. Gegen Ende seiner theoretischen Einleitung faßt Einstein seine Thesen zur deutschen Kunst, zu ihren formalen Grenzen ebenso wie zu ihrem fatalen Hang zu philosophischer Transzendenz, noch einmal zusammen, und erneut nimmt seine Argumentation dabei die Alterität der französischen Kunst, insbesondere des Kubismus, zu Hilfe: »Die jungen Deutschen gingen gänzlich von zweidimensionaler Erfindung aus, waren Koloristen und ornamentierten; denn Ornament und Farbe
Versucht die deutsche Kunst des frühen 20. Jahr-
sind bequeme Gefäße zweidimensionaler Formen.
hunderts zwischen Vision und Natur einen Aus-
Man reproduzierte geradezu zweidimensionale
gleich zu finden, dann, so Einstein weiter, fehle es
Sensation. Damit war man ins Dekorative gebun-
ihr an künstlerischer Freiheit und formaler Kom-
den, dessen Billigkeit man später vermeiden will;
petenz; sie verausgabe sich beim Ersinnen »senti-
denn die Vitalität optischen Erlebens wird durch
mentaler Konzeption« sowie »allzu gewichtiger
die >Tiefe< des Raumerlebens und deren Einbezie-
Inhaltsbedeutung« und vernachlässige daher not-
hen und zwingende Gestaltung bestimmt. [...] Der
wendigerweise die formale Bewältigung der selbst-
artistische Dualismus des Deutschen kommt aus
gestellten Themen. 2 0 Motivische Originalität treffe
dem Scheiden zwischen Innerem und sensuellem
auf einen bildnerischen Eklektizismus, und wir
Erlebnis, und so droht Verarmung des Sinnlichen.
haben es hier mit einem ästhetischen Befund zu
Der Romane gliedert in Bild und Natur, er differen-
tun, der den deutschen Expressionismus angesichts
ziert das ästhetisch Formale, während der Deutsche
kubistischer Werke, deren Verhältnis von innovati-
ein traumhaft geistiges Schauen der Natur zum Bild
ver Gestaltung und traditionellem Sujet geradezu
schaffen will [...]. Man schweifte vielleicht zu sehr
entgegengesetzt aufgefaßt ist, vielleicht nicht nur
in unbestimmter >Weltanschauung< statt geklärter
in den Augen Einsteins als eine Moderne aus zwei-
Anschauung. « 1 9
ter Hand einstufen muß. Bei der monographischen
116 Karl SchmidtRottluff: Gespräch vom Tod, 1920, Öl auf Leinwand, 101 χ 87 cm, München, Staatsgalerie moderner Kunst
194
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EINES
J A H R H U N D E R T S
Beschäftigung mit den deutschen Künstlern seines
»mit kaum überraschendem Kolorismus« begonnen
Jahrhunderts wird dieser zweifach antithetische
habe und »wohl am engsten dem Heimatlichen ver-
Vergleich von Form und Inhalt, von Kubismus und
bunden blieb«; bei Otto Müller versänken die mei-
Expressionismus zum Wasserzeichen oft scharfer
sten Werke »in magerer Süßlichkeit von Blau und
und gelegentlich ungerechter Urteile; Urteile, die
Grün und eintönig stiller Linienführung« (Abb.
nicht nach Maßgabe kunsthistorischer Objektivität
118J.21 Über Max Pechstein heißt es, er besitze »das
sondern mit Blick auf ein vorgefaßtes und ästhe-
gefährliche Geschick, jedes erworbene Gut eklek-
tisch-erkenntniskritisch bestimmtes Kunstverständ-
tisch gefällig zu popularisieren«, er bleibe »in weit-
nis gefällt werden.
117-
spurig dekorativer Skizze hängen« und seine Arbeit münde zuletzt in »konventionellem Allerweltshandwerk«; Lyonel Feininger hingegen wird be-
Der Fall
scheinigt, seine aus »geschliffenen Kristallen« auf-
Kirchner
gebauten Flächen wenn auch zögernd am Vorbild Carl Einstein hat in das Kapitel »Die Deutschen« seiner Kunst des 20. Jahrhunderts
nicht weniger als
zweiundzwanzig Maler aufgenommen, ihre Werke reproduziert und in monographischen Essays besprochen. Einige der Künstler - Erich Heckel, Otto Müller, Max Pechstein, Lyonel Feininger, Carl Hofer, Paula Modersohn-Becker, August Macke, Otto Dix und Jules Pascin, der »zeichnende Kosmopolit«, der nur wenige Jahre in Deutschland arbeitete - werden mit kurzen Texten von nicht einmal einer Seite Länge abgespeist, einige andere Willi Baumeister, Heinrich Nauen, Rudolf Levy und Hans Purrmann - sind nur mit einzelnen, unkommentierten Abbildungen vertreten, und wiederum andere - Emil Nolde, Karl Schmidt-Rottluff, Emst Ludwig Kirchner, Franz Marc, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Kokoschka, George Grosz und Max Beckmann - sind Gegenstand einer durchaus umfassenden, wenn auch nicht immer ausgewogenen Darstellung geworden.
der Kubisten ausgerichtet zu haben, doch »Formwissen und kühnes Wagen« hielten dabei kaum stand (Abb. 119-120).22
Bei Carl Hofer, auch er in
den Augen Einsteins ein Eklektiker, möge man die »edle Ängstlichkeit, seine eckige Flucht vor dem Süßen« schätzen, doch der Künstler leide darunter, daß er »kaum eigene Entdeckung« aufzuweisen habe; und die Malerin Paula Modersohn-Becker schließlich verbinde »den herben Kitsch nordischer Gefühlsingerei zaghaft mit saftigen Gauguineffekten« und nutze, in ihren besten Werken, liebevoll und in »fraulicher Anempfindsamkeit« ein »nicht allzu wertvolles, sekundäres Gut, das ihr zuströmt« (Abb.
121-122).23
Doch auch die ausführliche Betrachtung anderer Künstler führt nicht, oder doch nur in wenigen Ausnahmen, zu günstigeren Urteilen. So setzt Einsteins monographischer Parcours bei Emil Nolde ein, genauer gesagt mit der Ellipse »Barbarische Magie«. 24 Schlagwortartig soll sein Werk damit charakteri-
In den kürzesten seiner Unterkapitel, die wie
siert werden, und mit einem metaphorischen Pau-
kunstkritische Pflichtübungen anmuten, macht sich
kenschlag wird so der Grundton angestimmt, den
der Autor kaum einmal die Mühe, seine knappen
der Verfasser auf den folgenden Seiten bei der Be-
Urteile zu begründen. Mit einigen kargen Lebens-
oder besser Verurteilung des norddeutschen Ex-
daten und wenigen an der französischen Salonkritik
pressionisten immer aufs neue abwandeln wird. Der
geschulten Sätzen von meist aphoristischer Kürze
Werdegang des Malers wird kurz skizziert, wichtige
kennzeichnet er die Kunst der ausgewählten Maler
Werke werden genannt, einige von ihnen abgebildet
und überläßt es dem Leser, die oft negativen Be-
(Abb. 123).25 Mit scharfen, verletzenden Worten wer-
wertungen anhand der Bildbeigaben und - wichti-
den der thematische Pathos seiner Gemälde, ihre
ger noch — anhand der vorausgegangenen theoreti-
als unwürdig eingeschätzte Religiosität und ein
schen Erwägungen zu überprüfen. Erich Heckel
angeblich unverstandener Exotismus gegeißelt;
wird, beispielsweise, als »Idylliker« abgetan, der
große formale Schwächen werden konstatiert, die
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195
zu einer durch und durch belanglosen Malerei ge-
die Einstein in seiner Kunst des 20.
führt hätten: »Bei Nolde braut nordische Sage, un-
untersucht, bilden bei der mehr als kritischen Dar-
geschlachter Bibelmythus, bäurisch nachgeschaut,
stellung des Buches eine Ausnahme. Mit George
vermischt mit farbig grobem Raffinement.« 26
Jahrhunderts
Grosz und Max Beckmann ist der Autor über einige
Differenzierter wird da schon Franz Marc als Ver-
Jahre hinweg eng befreundet; sie und ihre Werke
treter des »Blauen Reiters« beurteilt. Sei sein Freund
kurzerhand zum Gegenstand rücksichtsloser Ab-
Kandinsky wohl nicht über »subjektiven Lyrismus«
urteilung zu machen, dürfte sogar für den selbst-
hinausgekommen, so habe der leider allzu früh
bewußten, ja, wohl nicht ganz zu unrecht als arro-
im Krieg gefallene Maler sich in seinen Tierbildern
gant geltenden Verfasser schwierig sein. Ausführ-
doch immerhin mit den Raum- und Formproble-
lich widmet er sich ihrem Werk, ausführlich be-
men der französischen Avantgarde auseinander-
gründet er seine gerade bei Beckmann nicht immer
gesetzt, wenn er dabei auch nur zu einem »instink-
zweifelsfreie Wertschätzung ihrer Arbeit. 29 Und im
tiv stilisierenden Kubismus« vorgedrungen sei
Fall von Ernst Ludwig Kirchner, dem Einstein wahr-
(Abb. 124).
Differenzierter beurteilt werden auch
scheinlich niemals persönlich begegnete, ist es die
Paul Klee (»Die Kleesche Welt, humoristisches
uneingeschränkt positive Bewertung, die diesem
Gegenspiel von Wahrnehmung und gedichteter
Künstler und seinem Werk im Kapitel »Die Deut-
27
Form, weist erheblich reichere Gestaltung auf als die
schen« zu einer bemerkenswerten Sonderstellung
erregten Ornamente Kandinskys«) und Oskar Ko-
verhilft.
koschka (»Ein Maler, der zwischen originellem Einfall, besonderer seelischer Deutung und altem Gestaltenerbe ruhelos treibt«), dessen Werke, Landschaften, Figurenbilder und Porträts, in großzügiger Auswahl abgebildet werden und so das vielschichtige Urteil auch visuell nachvollziehbar machen (Abb.
125-126).2a
Dabei gestalteten sich die Kontaktaufnahme des Kunsthistorikers zu Kirchner und das Vorhaben, ein Kapitel über seine Werke in die Kunst 20. Jahrhunderts
des
einzurücken, anfänglich als denk-
bar schwierig. Im November 1922, während der inhaltlichen Konzeption seines Buches also, hatte Einstein offenbar brieflich angefragt, ob der Künst-
Drei Künstler jedoch aus der großen und wenig
ler, wie viele andere auch, Unterlagen über sein
einheitlichen Gruppe der deutschen Zeitgenossen,
Leben und Werk sowie Abbildungsvorlagen zur Ver-
117 Erich Heckel: Mädchen mit Laute, 1913,01 auf Leinwand, 72 χ 79 cm, Berlin, Brücke-Museum 118 Otto Müller: Drei Mädchen im Profil, um 1918, Leimfarbe auf Rupfen, 71 χ 91 cm, München, Staatsgalerie moderner Kunst
196
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und zeitweiligen Leiter des Jenaer Kunstvereins Eberhard Grisebach geschickt hatte, bestätigt die bedenklichen Beweggründe, mit denen der Künstler seine Mithilfe beim Zustandekommen des Buches zunächst verweigerte: »Kirchner erhielt ein Angebot eines jüdischen Kunstschriftstellers Einstein, er wolle über ihn schreiben, er solle ihm Material schicken. Du hättest sehen sollen, mit welchem Stolz er sagte, das habe ich nicht nötig, ich habe zum Glück andere Leute, die mich besser kennen und über mich schreiben werden.« 31
119 Max Pech stein : Der Sohn des Künstlers, 1917, Öl auf Leinwand, Maße und Verbleib unbekannt
fügung stellen könne. Wir wissen aus einem überlieferten Brief an Gustav Schiefler, den Kirchner auf den 29. November 1922 datiert hat, daß er zunächst keinesfalls dazu bereit war: »Ist vielleicht ein gewisser Einstein, Schriftsteller bei Ihnen gewesen? Dieser hat mich neulich um Photos gefragt. Ich habe aber abgelehnt, weil dieser Jude stets gegen die deutsche Malerei geschimpft hat, jetzt aber mit Schreiben eines Buches darüber Geld machen will. So ein Kerl nimmt die Abbildung natürlich, wo er sie findet.« 30 Der Künstler war bekanntermaßen sehr vorsichtig bei der Vergabe von Reproduktionsgenehmigungen und achtete sorgfältig darauf, die kunstkritische Rezeption seines Werkes, so gut es gehen mochte, zu kontrollieren. Doch die antisemitisch eingefärbten Ressentiments, die hier zur Sprache drängen, lassen sich damit weder erklären noch entschuldigen. Ein Brief, den Helene Spengler, die fürsorgliche Davoser Freundin, bereits einige Tage zuvor an ihren Schwiegersohn, den Philosophen
Daß Einstein, der gescholtene Kerl, seine Kunst schließlich besser kennen und beschreiben würde als so mancher seiner Hagiographen, sollte Kirchner freilich erst bei der Lektüre der Kunst des 20. Jahrhunderts erfahren. Zuvor aber ließ er sich schließlich doch dazu bewegen, mit Autor und Verleger des Buches einen Vertrag abzuschließen, in dem Art und Verwendung der Illustrationen geregelt war. Als die Herausgabe des bereits seit langem vorgesehenen Kompendiums im Mai 1925 jedoch noch immer nicht erfolgt war, bemühte sich Kirchner darum, die erteilte Zusage zurückzuziehen. 32 Auch wenn entsprechende Dokumente nicht erhalten sind, so können wir dennoch davon ausgehen, daß zwischen Autor, Verleger und Künstler ein zäher Briefwechsel über diese Frage geführt wurde, in dessen Verlauf Einstein offenkundig seine Wertschätzung des heiklen Künstlers zum Ausdruck brachte und - wenn auch vergeblich einen weiteren Aufsatz über sein Werk in Aussicht stellte. Unter dem Datum des 27. Oktober 1925 heißt es entsprechend in Kirchners Tagebuch: »Einsteins Artikel habe ich abgelehnt. Ich konnte diese Schimpferei auf Brücke nicht dulden, trotzdem er mir die größten Schmeicheleien sagt, drum.« 33 Nun forderte der Künstler, daß ihm der Wortlaut von Einsteins Text vor Überlassen des Copyrights seiner Werke eingereicht werden müsse, und der latente Konflikt zwischen Künstler und Autor brach offen aus. Die Erstausgabe von Einsteins kunsthistorischem Hauptwerk mußte letztlich ohne jede Abbildung nach Gemälden, Graphiken oder Zeichnungen des Künstlers erscheinen, und an ihrer Stelle wurde eine Notiz abgedruckt - die einzige Fußnote im ge-
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197
samten Buch übrigens - mit der sein Verfasser das Fehlen der erwünschten Reproduktionen erläuterte und das Ansinnen des Künstlers entschieden als Zumutung und Zensurmaßnahme zurückwies: »Die Wiedergabe von Werken Kirchners ist leider nicht möglich, da die Genehmigung des Künstlers nur unter der jedes freie Urteil unterbindenden Bedingung zu erlangen war, daß ihm der Text zur Zensur vorgelegt würde.« 3 4 Argwohn und gegenseitiges Mißtrauen verhinderten dergestalt einen kollegialen Dialog, aus dem heraus vermutlich mindestens ein weiterer interessanter Aufsatz geschrieben worden wäre. Und so konnte die Verwunderung Kirchners nicht größer sein, als er nach Erscheinen des Buches ein Exemplar der Kunst des 20. Jahrhunderts
in Händen hielt
und darin einen Text fand, der seinen Erwartungen eben deshalb nicht entsprechen konnte, weil über die eigenen Werke außerordentlich sachkundig und voller Zustimmung berichtet wurde. Kirchners Reaktion auf diese überraschende Lektüre ist überliefert. In einem Brief vom 15. August 1927, wiederum an Gustav Schiefler, läßt er sich aus schweizerischem Blickwinkel über den lamentablen Zustand der Kunstkritik in Deutschland aus und führt schließlich ausgerechnet Einsteins Kompendium, seine Sprache und sein Urteilsvermögen als einzige Ausnahme an:
sche sagt, meist richtig ist. Die Unbestechlichkeit seines Urteils ist vorbildlich. Wir haben keinen Deutschen, der so schreiben könnte, das ist doch sehr schlimm.« 3 5 Kirchners Meinung über den Schriftsteller hatte sich demzufolge gewandelt, auch wenn er dessen Bevorzugung der französischen Zeitgenossen natürlich nicht teilen mochte. Die zweite Auflage des
»Warum in Deutschland heute die Kunst so
Buches konnte daher 1928 mit acht ganzseitigen
schwer daran ist, liegt meiner Meinung nach daran,
Abbildungen und sogar einer Farbtafel erscheinen,
daß es auch heute nur noch ganz wenig Menschen
wozu der Künstler ein Aquarell, Schloßplatz
gibt dort, die sich wirklich sachlich und gründlich
den von 1925 (Künzelsau, Sammlung Würth), als
Dres-
mit ihr beschäftigen; keiner von den Kritikern und
Original nach Berlin schicken mußte. Dem Leser
Schreibern hat drüben eine Ahnung von Technik
wurde damit eine kleine, aber repräsentative Aus-
und Form. So wird Aufsatz und Vorrede immer mit
wahl von Gemälden und Graphiken vom Frühwerk
sentimentalem Geschwätz und Personalien gefüllt,
bis in die unmittelbare Gegenwart geboten. 3 6
weil man einfach nichts anderes weiß; das fängt bei
Warum die Ausgabe letzter Hand, in der Einstein
dem Reichskunstwart an und geht bis zum kleinsten
1931 seinen Text über Kircher zudem erheblich
Winkelschreiber. Sich vom Künstler belehren zu
kürzte, dann wieder ohne Reproduktionen und
lassen, dazu sind die Herren zu eingebildet, der
noch einmal mit der peinlichen Fußnote heraus-
Einzige, dessen Buch über die Moderne sachlich
kommen mußte, ist allerdings ebenso wenig be-
ist, ist heute Einstein, dessen Kunst des 20sten
kannt wie nachvollziehbar.
Jahrhunderts erstklassig ist. Leider kennt dieser Mann nur die Franzosen genau und die Deutschen fast gar nicht, wenn auch das, was er über Deut-
Was aber war an seiner Darstellung so sachlich, erstklassig und unbestechlich, daß der Künstler dem Schriftsteller eine ebenso einzigartige Stellung
120 Lyonel Feininger: Brücke III, 1917, Öl auf Leinwand, 80,5 χ 100 cm, Köln, Museum Ludwig
198
121
Carl Ho fer:
Seefahrers
Heimkehr
(Das Mahl des
Matrosen},
1922, Öl auf
Leinwand,
116,5 χ 89,5 cm, Museum 122
Paula Becker:
Goldfischglas,
Köln, Ludwig
ModersohnKind
mit
1906-1907,
Öl auf
Leinwand,
106,5 χ 54,5 cm, München,
Staatsgalerie
moderner
Kunst
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J A H R H U N D E R T S
innerhalb der deutschen Kunstkritik zuschrieb wie Einstein wiederum Kirchners Werk in der neueren Geschichte der deutschen Malerei? Gerade durch die heftige Ablehnung vieler deutscher Künstler und insbesondere seiner ehemaligen Weggefährten der Künstlergemeinschaft »Die Brücke«, mit denen sich Kirchner schon 1913 überworfen hatte, konnte der Maler den von ihm beanspruchten internationalen Rang bestätigt sehen. Hatte er vor seiner Lektüre des Buches die Dresdner Kollegen noch in Schutz genommen (»Es ist wirklich traurig, daß so etwas in Deutschland herauskommt, und man begreift, daß diese Künstler so niedergeschlagen sind und daß sie nichts mehr machen«), so zeigte er sich schließlich voller Zustimmung, ja, Hochachtung für
das scharfe Urteil des Kunsthistorikers.37 Außerdem konnte er in der Kunst des 20. Jahrhunderts eine gründliche Analyse der eigenen Arbeit nachlesen, die ihm zeigen mußte, daß ihr Verfasser sein Werk und die Absichten seines Wirkens nicht nur anerkennend besprochen, sondern auch nach sorgfältig ausgewählten ästhetischen Kriterien untersucht und historisch eingeordnet hatte. Einstein hat die Leistungen nicht nur der »Brücke« mit harten Worten abgetan, anderen Künstlern wiederum ist er unentschiedener gegenübergetreten, aber nur Kirchner allein, und allenfalls noch Grosz und Beckmann, wird ein bildnerisches Vermögen zugesprochen, das eben nicht im bloß eklektizistischen Nacheifern französischer Errungenschaften besteht.
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Die Kunst der »Brücke« kennzeichnet Einstein durch einen ästhetischen Befund, der mit den Begriffen seiner frühen kunstkritischen Schriften, die vor dem Krieg und damit in zeitlicher Nähe zur damaligen Malerei von Heckel, Schmidt-Rottluff und Kirchner entstanden waren, in auffallender Weise übereinstimmt. Hatte er in seiner Kunstkritik um und nach 1910 eine Rückkehr zur »großen Form«, zur Flächigkeit und Tektonik des Bildaufbaus gefordert und bei heute weitgehend vergessenen Künstlern erfüllt gesehen, so diagnostiziert er als Autor der Kunst des 20. Jahrhunderts diese Absicht rückblickend auch in den Werken der Dresdner Gruppe. Freilich kann er nun auf die Vorläufer und Anreger dieser Art künstlerischer Neubesinnung hinweisen, auf Maler wie Vincent van Gogh, Ed vard Munch oder Paul Cézanne sowie auf die unbekannten Meister der afrikanischen und ozeanischen Kunst, von denen die Künstler der »Brücke« nicht nur seiner Auffassung nach die entscheidenden bildnerischen Impulse empfangen hatten.38 Wenn der Kunsthistoriker den Anspruch der Maler um Ernst Ludwig Kirchner erläutert, indem er ihr künstlerisches Programm, zustimmend diesmal, gegen die Errungenschaften der französischen Moderne abwägt, dann tritt sein Darstellungsmodus komparatistischer Argumentation noch einmal deutlich zutage:
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»Diese Maler versuchten das große, freie Bild. Gegen das beschreibende Malen stellten sie wie die Pariser Fauves und vorher van Gogh die harmonischen oder entgegenspielenden Beziehungen weiter Farbflächen. Gegen das Staffeleibild setzte man, nach Architektur verlangend, den Wunsch zum großen Bild; einfache Körper, flächig hingesetzt. Statt Bericht über Gesehenes zeigte man die Dinge als Zeichen inneren freien Ausdrucks. Wie bei den Fauves gehen die Ursprünge auf die impressionistische Technik zurück, die das farbige Element gegenüber der Linie verselbständigte. Was hier zerteilt wurde, will man zu vereinfachter Großheit flächig zusammenfassen.«39 Doch Einstein läßt im weiteren Verlauf seiner Betrachtungen keinen Zweifel daran aufkommen, daß er diese Absichten nur in den seltensten Fällen als erreicht ansieht. Der jugendliche Aufbruch der Dresdner Künstlergemeinschaft sei ohne Ziel und formales Konzept geblieben, und gerade im Vergleich mit den Werken der französischen Avantgarde, mit der »Raumkühnheit« von Picasso oder der - begrifflich allerdings höchst unklar formulierten - »versucherischen Zartheit« von Braque, sei ihre Kunst als dekorativ und kunstgewerblich abzulehnen.40 Allein Kirchner wird ausdrücklich von der Kritik ausgenommen; die übrigen Maler der »Brücke« hätten hingegen über keine ausreichende
123 Emil Nolde: Die Bekehrung der heiligen Maria Aegyptica (Mitteltafel des Triptychons), 1912, Öl auf Leinwand, 105 χ 120 cm, Hamburger Kunsthalle 124 Franz Marc: Der Mandrill, 1913, Ol auf Leinwand, 91 χ 131 cm, München, Staatsgalerie moderner Kunst
200
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EINES
JAHRHUNDERTS
keit«, eine »Stilisierung aus Armut« und schließlich ein »zu enger, kaum mutiger Subjektivismus«.42 Insgesamt wird der Expressionismus der Dresdner Künstler als eine Anleihe fauvistischer und insbesondere kubistischer Stilmittel verworfen, bei der die entscheidenden bildnerischen Strategien, das visionäre Finden der Form ebenso wie das Gestalten eines zeitgemäßen Raumbegriffs, weder genutzt noch verstanden worden seien: »Man beginnt und endet in Eklektizismus, den man mit literarischer Geschwollenheit, einer Tiefe der Banalität, umgibt. Heroismus der Plakatbewegung. Nie waren diese Leute, geschichtlich gesehen, Revolteure; ihre Leistung verplattete frühere Entdeckung. [...] Eklektiker betrabten riesige Leinwände; jüngste Entdeckung wurde dionysisch verwüstet. Exotismus berauschte die sächsischen Primitiven aus optischem Vorstellungsmangel.« 43
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125 Paul Klee: ARA. »Kühlung in einem Garten der heißen Zone«, 1924, Feder und Aquarell auf Papier und Karton, 29,6 χ 20,7 cm, Basel, Öffentliche Kunstsammlung, Kunstmuseum
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gestalterische Erfindungskraft verfügt und sich in die schwache Nachahmung bereits bestehender Formensprachen geflüchtet: »Schmidt-Rottluff vergewöhnlicht grob und ehrbar fremden Kubismus, Pechstein handwerkt flink im Billigen, dort Ecke und Ornament borgend, Heckel und Müller versüßen in lockerer Haltlosigkeit Akte oder deutsche Landschaft.« 41 Die Schärfe seines Tonfalls, die kompromißlose Härte seines Urteils sind kaum noch zu überbieten, wenn Einstein auf polemische Weise die von ihm unterstellten Unzulänglichkeiten der Kunst dieser Maler zu charakterisieren versucht: Von der »grobklischierten Stilisierung« ist da die Rede, von »subjektivem Lyrismus«, von »entzücktem Freibad« und »pathetischem Reformidyll«; eine »Inflation großspuriger Farbflächen« wird konstatiert, andererseits eine »kleinbürgerliche Genügsam-
Ernst Ludwig Kirchner, der » sucherische Mensch«, wird dahingegen gleich zu Anfang des ihm gewidmeten monographischen Abschnitts als die herausragende Persönlichkeit innerhalb der »Brücke« beschrieben. 44 Und die enthusiastische Würdigung seiner Kunst läßt den Leser keineswegs ahnen, daß Einstein beim Abfassen dieses Kapitels ohne Mitwirken des mißtrauischen Künstlers auskommen mußte. Die persönlichen Konflikte hat der Autor jedenfalls ebenso wenig in sein Urteil einfließen lassen wie andererseits seine freundschaftlichen Beziehungen, etwa im Fall Ernesto de Fioris oder Wassily Kandinskys. Und so konnte Kirchner 1926 überrascht lesen, daß ausgerechnet der beargwöhnte »Jude«, der bislang über die deutsche Kunst nur geschimpft hätte, sich voller Sympathie über sein Werk äußerte: »Kirchner zeigt von Beginn an die stärkste Sensibilität, delikat schwingende Farbe, persönlich umrissene Zeichnung. Wir freuen uns, die schnittige Kraft dieses oft hinreissenden Künstlers feststellen zu dürfen.« 45 Die singuläre Bedeutung Kirchners wird damit begründet, daß er als Künstler ohne jede schematische Doktrin gearbeitet habe und voller Leidenschaft und Originalität sei; Vokabeln aus den Wortfeldern von »Freiheit«, »Ursprünglichkeit« und »Sensibilität« werden in
MODERNE
immer neuen Varianten dazu aufgeboten, Werk und
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201
tigung mit den Gegenständen, die E i n s t e i n den
Person des Malers zu charakterisieren. Der Autor
deutschen Künstlern ansonsten insgesamt vorwirft,
betrachtet auf diese Weise zunächst dessen Zeich-
sondern die tatsächlich retinale, s i n n l i c h e Emp-
nungen und Graphiken (Abb. 127), denen er in der
fänglichkeit sowie eine unvermittelte und distanz-
deutschen Kunst gerade deshalb einen besonderen
lose Umsetzung bestimmen dessen künstlerische
Rang einräumen will, weil sie sich vom Diktat des
Arbeit. Einstein findet dafür die glückliche Meta-
Bildgegenstands weitgehend zugunsten individu-
pher vom Auge als Antrieb handwerklicher Tätig-
eller Formprägung losgesagt haben:
keit: »Ursprüngliches Auge, das im gleichen Augen-
»In der Zeichnung weist Kirchner freie Ursprüng-
blick eine Hand leidenschaftlich bewegt, ohne daß
lichkeit wie kaum einer der Deutschen. Bei der
die Hand die Einbildungskraft fälscht oder auf-
Kirchnerschen Zeichnung fällt eines auf: er gibt
stutzt; somit ist Literatur vermieden, unmöglich.«
nicht Eindruck, der nachträglich stilisiert wird, son-
War die Kunst der Expressionisten nach Einsteins
47
dern Motiv erscheint ihm unmittelbar in persönlich
Urteil darum bemüht, den gegenständlichen Vor-
freier Fassung; seine Sensibilität enthält bereits die
wurf nachzubilden und pathetisch zu überhöhen,
Elemente des Spiels, ist schon von freier Figur er-
so definiert er die frühen Werke Kirchners ganz im
verbürgt.« 4 6
Gegenteil als autonome künstlerische Gebilde, die
füllt; damit ist Originalität der Person
Der Verfasser dieser u n g e w ö h n l i c h l o b e n d e n
ihren Ursprung allein in der i n d i v i d u e l l e n An-
Zeilen sieht in den Blättern Kirchners eine visuelle,
schauungsweise des Künstlers besitzen: »Man stei-
ja, eine visionäre Kraft am Werk, wie er sie an-
gert nicht Wirkliches, sondern setzt Zeichen des
sonsten beinahe ausschließlich der Kunst der Ku-
eigenen Sehens, die eigene Optik.« Ergebnis eines
bisten zugesteht. Nicht die intellektuelle Beschäf-
solchen Tuns sind keine Surrogate der wahr- und
126
Oskar Kokoschka :
Verkündigung,
1911,
Ol auf Leinwand, 82 χ 122 cm, Dortmund, Museum am Ostwall
202
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EINES
J A H R H U N D E R T S
für-wahr-genommenen Gegenstände sondern geradezu »überzeugende Äquivalente der Einbildungs-
ersten Auflage der Kunst des 20. Jahrhunderts,
kraft von überraschender Freiheit und freudiger
Lektüre an reproduzierten Bildbeispielen überprüfen könnte, schildert Einstein eine individuelle For-
chenwelten also, deren Anblick beim Betrachter
mensprache aus gebrochenen Konturen sowie kon-
dennoch die geforderten Raum- und Dingvorstel-
trastreich inszenierten Linien und Flächen, mit
Auf entsprechende Weise hat Einstein auch das
Ernst Ludwig
Kirchner:
Porträt
Botho Graef, 1915, Lithographie, 50 χ 59,3 cm
seine
Mannigfaltigkeit«; eigengesetzliche Form- und Zei-
lungen auslöst. 48
127
ten. 4 9 Und ohne daß der Leser, jedenfalls in der
denen der Maler beispielsweise jene Werke hervorgebracht hat, die schließlich in der Ausgabe von
malerische Werk des Künstlers beurteilt. Die Form
1928 in kleiner Auswahl zu sehen sein werden
seiner Gemälde sei weder pathetisch noch dekora-
(Abb. 128).50 Die Farbe spielt dabei bezeichnender-
tiv, aus »temperamentvoll schnittigen Flächen« und
weise eine nur untergeordnete Rolle, denn Einsteins
»starken Rhythmen« entwerfe er Bildgestalten, die
ästhetische Überlegungen zielen, hier wie andern-
dem Betrachter wie »lebendig erregte Organismen«
orts vom Kubismus geprägt, vornehmlich auf die
gegenübertreten. Das Raumproblem des Kubismus
bildnerische Vision von Linie, Fläche und Raum.
werde in seinen Werken durch »Richtungskontra-
Der Autor bemüht sich, die als wesentlich erkann-
ste« gelöst, die den »Kampf der Volumen« andeu-
ten Stilmittel Kirchners zu evozieren, und leitet aus
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AUS
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HAND
203
seinen Beobachtungen ab, daß sich gerade durch die
habe der Künstler, so wird argumentiert, seine in-
nicht-mimetische Auffassung der Form ein hoher
neren, subjektiven Formvorstellungen mit den
Wirklichkeitsgrad in dessen Gemälden einstelle:
äußeren Gegebenheiten der Natur unverbrüchlich
»Er vermeidet das Weiterlaufen allzu folgsamer
verbunden; aus der kriegsbedingten Krankheit habe
Kurven, unterbricht den Kontur, stellt verschiedene
er sich durch eine künstlerische Arbeit auf umfas-
charakteristische Formen gegeneinander, spitzes
sender Grundlage selbst gerettet. Und in der Rede
Dreieck gegen runde Linie. Kirchners Werke sind
von der Versöhnung des Menschen mit der Welt, die
willkürlicher, und darum vielleicht besitzen sie
der Autor diesen Werken diagnostiziert, blitzt eine
mehr Natur als die der anderen.« 51
tiefe philosophisch-anthropologische Einsicht in
Abschließend kommt der Autor kurz auf Kirch-
die Überwindung jener Kriegspsychose auf, die
ners Nachkriegswerk zu sprechen, und wir erfah-
Kirchner mit vielen Künstlern und Intellektuellen
ren, wie sonst nur aus dem Kapitel »Der Kubismus«,
der frühen Weimarer Zeit und vielleicht auch mit
daß auch für Einstein die klassische Meisterschaft
Einstein selbst teilte: »Zunehmend meistert man
im maßvollen Ausgleich von Form und Welt, von
die Einheit von Subjekt und Natur; gleichgerich-
bildnerischer Gestaltung und gegenständlichem
tete Waage, beherrschte Einheit beider Kräfte wird
Anlaß besteht (Abb. 129).52 In den Davoser Bergen
ernst erprobt.« 53
128 Ernst Ludwig Kirchner: Fünf Frauen auf der Straße, 1913, Û1 auf Leinwand, 120 χ 90 cm, Köln, Museum Ludwig 129 Emst Ludwig Kirchner: Waldinneres, 1919-1920, Öl auf Leinwand, 120 x90 cm, Berlin, Neue Nationalgalerie
204
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Die weitreichende Ablehnung der zeitgenössischen deutschen Malerei durch den Verfasser der Kunst des 20. Jahrhunderts ist demnach keineswegs einer irgendwie gearteten oder gar »jüdischen« Idiosynkrasie geschuldet, wie Kirchner unterstellt hatte, sondern ist auf ästhetischen Grundsätzen aufgebaut, die ein freies und visuell eigengesetzliches Hervorbringen der Formen, das Bewältigen moderner Raumerlebnisse sowie das Versöhnen von Mensch und Welt, von Subjekt und Objekt im Kunstwerk umfassen. Ernst Ludwig Kirchners künstlerischer Sonderweg konnte allein deshalb uneingeschränkt gewürdigt werden, weil sich in seinem Werk eben keine bloß eklektizistische Fortführung bereits erreichter, vor allem fauvistischer und kubistischer Bildlösungen zeigt, keine Moderne aus zweiter Hand, sondern eine ganz persönliche, nur ihm eigene Seh- und Sichtweise, die mit großer bildnerischer Kraft verbunden ist. Ästhetische Anschauung sowie das Vermögen, diese Anschauung in gültige Form zu übersetzen, ist, folgt man Einsteins Urteil, in den Zeichnungen, Graphiken und Gemälden des Künstlers wichtiger als die intellektuelle Weltanschauung seiner expressionistischen Weggefährten.
Eine kritische Freundschaft: Carl Einstein und Max Beckmann Der ernste, ja, dramatische Kampf eines Malers um den künstlerischen Ausgleich von Welt und Werk ist auch das Leitmotiv von Einsteins kritischer, aber auch persönlicher Auseinandersetzung mit der Kunst seines Freundes Max Beckmann. Der Schriftsteller hatte den Maler vermutlich schon während des Ersten Weltkriegs in Belgien durch Vermittlung einer Freundin kennengelernt, der dilettierenden Malerin Aga Gräfin vom Hagen, mit der Einstein noch bis 1927 zusammenleben sollte (Abb. 130). Doch erst in Beckmanns Frankfurter Jahren kam es zu einer engeren Bekanntschaft, zu einer Freundschaft zwischen den beiden Männern. 54 In Einsteins Briefen an Tony Simon-Wolfskehl wird Beckmann, den der Autor »gut leiden« könne, häufig und vol-
ler Sympathie erwähnt: »Bei aller Robustheit ist er ein zarter Knabe. Grundanständig, verquält, sehr deutsch.« 55 Auch lesen wir hier immer wieder von den Briefen, die zwischen Künstler und Schriftsteller gewechselt wurden und heute leider zum größten Teil verloren gegangen sind. Als Zeichen seiner Freundschaft hat Beckmann dem Kunsthistoriker im April 1923 auch einen Abzug seines im Jahr zuvor ausdrucksstark in Holz geschnittenen Selbstporträts (Abb. 131) geschenkt und mit einer Widmung versehen (»Meinem lieben Einstein in Erinnerung«). 56 In der Forschungsliteratur ist wiederholt versucht worden, Einstein als eine der sarkastisch karikierten Figuren auf Beckmanns Lithographie Die Ideologen von 1919 zu identifizieren, wodurch dessen Bekanntschaft mit dem politisch engagierten Schriftsteller schon für die unmittelbare Nachkriegszeit sicher belegt wäre (Abb. 132).57 Zwar hatte sich Einstein tatsächlich seit 1918 als Mitglied des Spartakusbundes und kommunistischer »Ideologe« engagiert, doch seine Identität mit der bebrillten Figur am rechten Blattrand der Lithographie ist bei genauerer Prüfung vor allem aus physiognomischen Gründen keineswegs stichhaltig. Daß der Schriftsteller gleichwohl mit einem »halben« Porträt im graphischen Werk Max Beckmanns verewigt wurde, ist der Forschung dabei allerdings entgangen: Wir sehen seinen charakteristischen kahlen Schädel mit der runden Brille im Hintergrund des Blattes Die Enttäuschten II, dem sechsten Blatt des Zyklus Berliner Reise 1922, auf dem neben Paul Cassirer und dessen Ehefrau Tilla Durieux auch Israel Ber Neumann und ein unbekannter Mann dargestellt sind, die offensichtlich allesamt mit der politischen Entwicklung in Deutschland wenig zufrieden waren (Abb. 133).5S Carl Einstein stand in seinen frühen Ausstellungskritiken dem Werk des Malers noch reserviert gegenüber. Kaum einmal erwähnte er den jungen Beckmann in seinen Besprechungen der Berliner Sezession, bezeichnete ihn 1911 allenfalls als einen Künstler, der sich vorgenommen habe, die »Erfahrungen des Berliner Impressionismus zu vereinfachen«, und der in seinen Radierungen eine Viel-
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HAND
Ρ'
205
130 Max Beckmann : Porträt Aga Gräfin vom Hagen, 1908, Ol auf Leinwand, 78,5 X 52 cm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Galerie Neue Meister
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fait künstlerischer Mittel einsetze, ohne »eine bestimmbare Form zu gewinnen«. 59 Doch mit der persönlichen Bekanntschaft Beckmanns und der damit einhergehenden guten Kenntnis seiner nach dem Krieg entstandenen Werke war der Kritiker zuletzt doch auf den »Kampf dieses Erbittert-Ernsten« aufmerksam geworden. 60 Schließlich unternimmt Einstein den waghalsigen Versuch, die Kunst seines Jahrhunderts in einer Gesamtdarstellung zu resümieren, und er widmet darin auch dem Freund ein Kapitel. Als einer von wenigen deutschen Künstlern der Gegenwart hält Beckmann den unerbittlichen kritischen Überzeugungen des Autors zumindest weitgehend stand. Kurz und bündig stellt der Kunsthistoriker seinem von einigen Hauptwerken illustrierten Text ein Urteil voran, in dem die Stellung Beckmanns in der Kunst seiner Zeit und insbesondere seine humanitäre, zeitkritische Haltung betont werden: »Beckmann gehört zu den Malern, die mehr versuchten, als eine koloristisch-schematische Gleichung hinzustellen; ein Mann, der sich in seine Zeit verbeißt, dessen Bilder einen Charakter verraten; seinen Arbeiten ist heftige Menschlichkeit abzulesen.« 61 Mit dem sezessionistisch-pathetischen Frühwerk des Malers beschäftigt sich Einstein nur beiläufig, denn bald schon habe der Krieg gezeigt, lesen wir, daß den »handfesten Katastrophen«, der »ekelhaften Wirklichkeit« nur mit radikalen künstlerischen Mitteln beizukommen sei. Auch Einstein sieht in den Erfahrungen des Krieges und der Nachkriegszeit den Ursprung einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Welt, die nur als Komödie oder Traum zu ertragen sei; »Man beobachtet, notiert Wirklichkeit; deckt auf durch Feststellung, verurteilt, weil man an Besseres glauben will; bis die Utopie verstirbt.« 62 Das Gemälde Die Nacht von 1918-1919 deutet der Kunsthistoriker sodann als ein bis fast zum Bersten gefülltes Schlüsselbild (Abb. 134), mit dem Beckmann die Ernüchterungen dieser verstorbenen Utopien psychologisierend entlarvt: »Lange hat Beckmann das Thema mit sich herumgeschleppt; 1914 radiert er es noch unbestimmt, fast harmlos mit dünnem, tastendem Strich, 1918 ist
man robuster; quälender Traum mit allen Schikanen, der Raum wird etwas verrückt; Nacht, das ist Überfall, Gewürge, Schreck; andres als der gute Mond mit Elfen und Quellenrauschen. Es zeigt sich, was der Nachbar will: einen aufhängen; natürlich auch nur im Schlaf. Massaker mit Grammophon und Pfälzer Tabak; im Traum wird eingestanden. Etwas Freud.« 63 Vergleichbar mit den Künstlern des deutschen Verismus habe sich Beckmann in seinen Werken der Nachkriegszeit den Themen unmittelbarer Gegenwart gestellt (Abb. 135). Mit Blick auf das zweite Blatt der Hölle schreibt Einstein: »Erschreckt findet man unter behelmter Laterne den Kriegskrüppel; wüste Welt quert. Beckmann streift Groszsche Themen; man ist Kind seiner Zeit; beide schätzen griffiges Heute.« 64 Darüber hinaus entspreche der Politisierung des Motivs in den graphischen Zyklen dieser Jahre ein neuer formaler Zugriff auf das Gesehene. Einstein charakterisiert die künstlerischen Qualitäten der Lithographien und entdeckt in ihnen das Stilmittel dynamischer Formen, wie sie zuvor in den Werken der Futuristen verwendet wurden: »Beckmann sprengt die Enge dekorativen Lyrismus durch zeitgemäße Katastrophe. In die weiße Fläche wird umschlossenes Gezacke gesetzt. Trotz Aktualität wird Komposition angestrebt; der Raum wankt erschüttert, man versucht etwas späte Dynamisierung; Kampf der Ecken, Kreise, Quadrate, die erregt synkopisch sich verschieben; etwas unpräzises Drama des Schwarz-Weiß.« 65 In seinen Bildern, so der Autor in Anspielung auf das Gemälde Der Traum von 1921, das in diesen Jahren dem Bildhauer Benno Elkan gehörte, dem Schwager Einsteins, werde der Wirklichkeit oft eine visionäre, eine ironisch gefärbte Realität entgegengesetzt, um auf diese Weise die fragmentierte Welt noch einmal in ein Gesamtbild zu bannen (Abb. 136). Der Autor kritisiert - wie vor ihm schon Ewald Bender oder Karl Scheffler - die oft übergroßen Formate des Malers; in ihnen sei ein künstlerischer Anspruch formuliert, den seine gelegentlich eklektizistische Malweise, die »zwischen gemilderter Moderne der Raumauffassung und oft peinlicher Akademie von Figur und Detail« schwanke, jedoch
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131
Max
Beckmann:
Selbstporträt (mit
Widmung
an Carl 1922,
Einstein), Holzschnitt,
22,2 χ 15,5 cm, Minneapolis of Arts
Institute
208
132
Max Beckmann: Die Ideologen (Die Hölle, Blatt 6), 1919, Lithographie, 71,4 χ 50,5 cm
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nicht immer erfüllen könne.66 Insgesamt beurteilt Einstein die Kunst des Freundes als Schauplatz eines noch immer unentschiedenen Kampfes, bei dem intellektuelles Konzept und malerischer Ausdruck, der Wille zu unbedingter Zeitgenossenschaft und das bildnerische Vermögen in ständigen Konflikt geraten: »Doch am großen Unternehmen enthüllt sich tragisch die leidende Unzulänglichkeit eines Menschen, dessen Geistigkeit vielleicht bedeutender ist als das mühevoll gemalte Ergebnis.«67 Im Vergleich zu anderen deutschen Künstlern, insbesondere den Expressionisten, konnte Beck-
mann mit dieser Beurteilung eigentlich noch ganz zufrieden sein, auch wenn er gewiß eine enthusiastischere Würdigung seines Werks gewünscht und erwartet hatte.68 In einer voller Ironie und Sarkasmus niedergeschriebenen Notiz, in der sich ohne Zweifel auch die Lektüre der Kunst des 20. Jahrhunderts spiegelt, bemerkt Beckmann im Januar 1927 über die soziale Stellung des Künstlers: »Die Verehrung für die kritische Autorität muss sein Leben beherrschen. Er hat sich seiner Anordnung striktestens zu fügen und niemals zu vergessen, daß die Kunst nur ein Gegenstand ist, welcher dazu
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dient, die einzig positive Leistung der kritischen Potenz zu realisieren.« 69 Und in der Tat: Nach den kritischen Zeilen, die Beckmann von der Hand seines Freundes lesen mußte, hatte sich das Verhältnis der beiden merklich abgekühlt, doch Künstler und Kunsthistoriker versuchten gleichwohl, den sachlichen Dialog über das gemeinsame Thema fortzusetzen. Carl Einstein, der sich bald nach Erscheinen des Buches an die Arbeit machte, seinen Text für eine zweite Auflage zu aktualisieren, hatte dem Maler offensichtlich bereits im Herbst 1926 mitgeteilt, daß er inzwischen auf der Internationalen Kunstausstellung in Dresden seine neueren Werke gesehen und geschätzt hatte: »Lieber Herr Einstein«, antwortet Beckmann am 28. Oktober 1926 auf ein heute leider verlorenes Schreiben, »ich freue mich herzlich, daß, dem Anschein nach, Ihre Empfindungen für meine Arbeit stärker geworden sind.« Der Künstler verspricht, einige aktuelle Fotografien zur Verfügung zu stellen, und betont, daß vorläufig jeder nach eigenem Verständnis über den »Fall Beckmann« urteilen müsse; doch für die Zukunft hofft er: »Vielleicht daß wir später doch noch einmal zu einer inneren und äußeren Conformirung unserer Ideen gelangen. « 70 Daß Beckmann tatsächlich jedoch von der zurückhaltenden Kritik des Freundes zutiefst enttäuscht war, lesen wir in einem Brief an Israel Ber Neumann, in dem der Maler seinem Galeristen im November 1926 über die erneute Annäherung mitteilt: »Von Einstein hatte ich gestern einen Brief in dem er sich begeistert über die Dresdner Bilder äußert und seine Kunstgeschichte noch einmal umstülpen will meinetwegen. - Na warten wir's ab, ich trau ihm nicht mehr über den Weg.«71 Zwar hat Einstein 1928 in der zweiten Auflage seines Buches nur unbedeutende Retuschen an einzelnen Formulierungen des Beckmann gewidmeten Kapitels vorgenommen, doch immerhin erweitert er bei dieser Gelegenheit noch einmal die Auswahl der Abbildungen und fügt vier erst kürzlich entstandene Werke des Malers hinzu, darunter auch das heute verschollene großformatige Gemälde Der Strand von 1927 (Abb. 137).72 Zu einer inhalt-
AUS
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lichen Ergänzung seines 'Textes sollte es aber erst drei Jahre später kommen, als das kunstgeschichtliche Kompendium in dritter Auflage vorgelegt wurde. Einstein schließt nun an seine Ausführungen einige Sätze zur aktuellen Auseinandersetzung des Künstlers mit dem Kubismus an; Sätze, die spätestens mit Beckmanns Umzug nach Paris im September 1929 notwendig geworden waren. Der Autor erkennt die Herausforderungen, denen sich der Maler dadurch stellt, daß er die »autonome, zwingende Bildauffassung« der Kubisten mit einer »starken Individualisierung des Motivs« verbinden will: »Eine durchaus deutsche Problemstellung, eine Bemühung, die an Gewicht und Völligkeit bei
133 Max Beckmann : Die Enttäuschten II (Berliner Reise 1922, Blatt 6), 1922, Lithographie, 47,6x38,7 cm
210
134 Max Beckmann : Die Nacht, 1918-1919, Öl auf Leinwand, 133 χ 154 cm, Düsseldorf, Kunstsammlung Nordrhein - Westfalen
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211
135 Max Beckmann: Der Nachhauseweg (Die Hölle, Blatt 2), 1919, Lithographie, 73,3 χ 48,8 cm
212
136
Max Beckmann : Der Traum, 1921, ÛI auf Leinwand, 184x87,5 cm, Saint Louis Art Museum
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weitem den schmalen Effort der Expressionisten
»Dem Motiv gegenüber will der Maler durch
übertrifft.« Und er schließt daraus: »Beckmann ver-
Deformation seine Überlegenheit bewahren. Er ver-
suchte zweifellos etwas wie eine Summe der Mo-
teidigt sich gegenüber der Umwelt durch schnit-
dernen zu erzwingen; also ein willensmäßig unge-
tige Grausamkeit am Motiv. [...] In diesen Bildern
Trotz einiger eher beiläufiger
steckt zweifellos ein bitterernster Versuch, den Kon-
stilistischer Einflüsse, die der Kunsthistoriker in
flikt von vorgefaßter Anschauung und Motiv nicht
der Rezeption kubistischer Simultandarstellung
zu vermeiden, sondern zu fast tragischer Ausein-
und des Kolorits der Werke von Georges Braque
andersetzung zu vertiefen.« 74
meiner Versuch.«
73
vermutet, bleibe Beckmanns Werk dennoch vor
Max Beckmann hat dieser Deutung zufolge die
allem den Traditionen deutscher Kunst verpflich-
Herausforderungen des Kubismus angenommen
tet. Das Verhältnis eines vorgefaßten künstlerischen
und darüber hinaus versucht, sie mit der eigenen
Konzepts zum dargestellten Gegenstand wirft da-
künstlerischen Herkunft zu versöhnen. Zollt Ein-
bei bildnerische Probleme auf, die Beckmann, wie
stein diesem Vorhaben auch den gebührenden
die Kubisten auch, durch die bewußte Verzer-
Respekt, so ändert dies doch kaum etwas an dem
rung seiner Motive zu lösen versucht. Mit Blick
noch immer nicht ungeteilt zustimmenden Urteil,
auf Werke wie das Gemälde Der Wels von 1929
das der Kunsthistoriker - wenn auch in milderer
(Abb. 138), das Einstein ebenfalls neu in den Kreis
Form - in seiner dritten Auflage der Kunst
seiner Abbildungen aufgenommen hat, beschreibt er
20. Jahrhunderts
Beckmanns eindringlichen künstlerischen Zugriff:
»leidenden Unzulänglichkeit«, sondern, versöhn-
des
wiederholt: Nicht länger von der
137 Max Beckmann: Der Strand, 1927, Öl auf Leinwand, 175 x300 cm, Verbleib unbekannt (ehemals Frankfurt am Main, Städelsches
Kunstinstitut)
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138
Max Beckmann : Der Wels, 1929, Öl auf Leinwand, 125 χ 125,5 cm, Privatbesitz
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licher, vom »noch unentschiedenen Kampf eines Menschen« ist nun zu lesen. 75 Inzwischen aber hatten sich Beckmann und Einstein ohnehin überworfen. Der Maler hatte bis zum Frühjahr 1930 gehofft, den nun in Frankreich lebenden Kunsthistoriker als Verfasser für eine Monographie über sein Werk zu gewinnen, die in einer von André Malraux herausgegebenen Reihe von Kunstbüchern im Verlag der Nouvelle Revue Française erscheinen sollte. Doch Einstein hatte sich zuletzt gegen das Vorhaben entschieden, von dem sich Beckmann eine wichtige publizistische Schützenhilfe bei seiner Eroberung von Paris erwartete.76 Vom endgültigen Bruch der Freundschaft mit Einstein zeugt ein Brief, den der gekränkte Maler unter dem Datum des l.März 1930 an seinen Galeristen
Neumann richtete: »Einstein wird das BeckmannBuch nicht schreiben. - Er hat sich als der heimtückische verschlagen dumme >Mime< erwiesen, den ich von Anfang an in ihm gesehen habe - der Fall ist erledigt und es ist gut so.« 77 Auch für Einstein scheint sich die so tiefdringend geführte Auseinandersetzung mit dem Werk des verlorenen Freundes erledigt zu haben. Sein kritisches wie kunsthistorisches Interesse ist nach der Mitte der zwanziger Jahre beinahe ausschließlich auf die Kunst des Kubismus gerichtet, in dessen Zeichnungen und Collagen, Gemälden und Plastiken er schließlich die künstlerischen Prinzipien erfüllt sah, an deren anthropologisch-ästhetischem Profil er bis in die Kunst des 20. Jahrhunderts hinein gearbeitet hat.
DAS J A H R H U N D E R T DES K U B I S M U S C A R L E I N S T E I N Ü B E R D I E K U N S T V O N P I C A S S O , B R A Q U E , LÉGER U N D G R I S
Wahrheit der
Anschauung
In der Literatur zu Leben und Werk Carl Einsteins ist vielfach darüber nachgedacht worden, wann der junge Schriftsteller das erste Mal zu Studienreisen nach Paris aufgebrochen ist, und - vor allem - wann er dort die ersten Werke kubistischer Kunst sehen konnte. Ohne daß dokumentarische Hinweise dazu vorlägen, sind seine Kontakte zur französischen Avantgarde bislang allzu bereitwillig in das erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts datiert worden, oft schon um 1907, da man den Autor so zu einem der frühesten deutschen Kenner des Kubismus zu stilisieren hoffte und seinen Roman Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders, der von 1906 bis 1909 verfaßt wurde, als »kubistisches« Sprachkunstwerk deuten wollte. Tatsächlich aber ist die kühne literarische Form des Romans einzig und allein als Steigerung, als Überbietung symbolistischer Traditionen zu verstehen, und Einsteins Widmung an das verehrte französische Vorbild (»Für André Gide«) muß in diesem Zusammenhang selbstverständlich ernst genommen werden. Auch in seinen ersten, durchaus konservativen Schriften zur Kunst, die der Autor seit 1910 veröffentlicht, kann - wie wir sehen mußten - von einer Kenntnis der avantgar-
distischen Tendenzen in Frankreich noch keinesfalls die Rede sein. Erst in jüngster Zeit konnte mit einiger Sicherheit der Beitrag identifiziert werden, den Einstein im Januar 1912 zum Abdruck in Wassily Kandinskys und Franz Marcs Almanach Der Blaue Reiter vorgesehen hatte. 1 Und in diesem Text, den wir mithin auf den Jahreswechsel 1911-1912 datieren können, findet sich die früheste nachweisbare Erwähnung Pablo Picassos und seiner Kunst. Neben vielem anderen betrachtet der Autor bei dieser Gelegenheit auch die ästhetischen Grundlagen der Malerei von Paul Cézanne und bemerkt, daß Picasso dessen Doktrin »unbeirrbar weiter trieb«.2 Die ansonsten wenig aussagekräftige Bemerkung dokumentiert immerhin eine gewisse Kenntnis der Werke beider Maler, wobei sein Reflex auf die bildnerische Analyseleistung der Kunst zeigt, daß Einstein nun bereits den frühen Kubismus Picassos im Blick hatte und nicht etwa Gemälde seiner »Blauen« oder »Rosa Periode«. Andererseits finden sich in den Schriften des Kritikers vor dem Ersten Weltkrieg keinerlei Hinweise auf die künstlerischen Beiträge der kubistischen Mitstreiter. Über die Werke von Georges Braque, Juan Gris und Fernand Léger sollte sich Einstein erst sehr viel später äußern. 3
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Museum Elberfeld, das 1911 mit Acrobate arlequin
et jeune
aus dem Jahr 1905 zum ersten Mal ein
Werk von Picasso in öffentlichen Besitz zu nehmen wagte. 5 Einsteins Kenntnis von Ausstellungen, in denen der Künstler vertreten war, können wir in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg nur in wenigen Fällen vorbehaltlos nachweisen, nämlich immer dann, wenn der Autor seinen Ausstellungsbesuch zum Anlaß einer kritischen Würdigung nahm. So dürfen wir zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, daß Einstein bereits im Sommer 1911 vier Arbeiten der »Rosa Periode« gesehen hat, die Picasso in der Berliner Sezession ausstellen ließ, erwiesen aber ist dies keineswegs (Abb. 139).6 Erst für den Herbst 1913 ist dann die nächste Gelegenheit sicher belegt, bei der Einstein neuere Gemälde Picassos betrachtet hatte. Im Oktober eröffnete in Berlin Otto Feldmanns Neue Galerie mit Werken von Picasso, Derain, de Vlaminck, Kisling und Marie Laurencin, aber auch deutsche Künstler wie Grossmann, Pechstein oder Purrmann waren dort vertreten. Der junge Kritiker, inzwischen mit der künstlerischen Situation in Paris vertraut, verfaßte die Einleitung in den Katalog zu dieser Ausstellung und nahm dies zum Anlaß, auch auf das Werk des Kubisten aufmerksam zu machen. 7 Die zweite Präsentation der Neuen Galerie im Dezember 1913, die sich vorgenommen hatte, zum ersten Mal in der deutschen Metropole »das Problem des Kubismus zur Diskussion zu stellen«, blieb dann aber, jedenfalls literarisch, von Einstein unbeachtet. 8 Die Ausstellung zeigte Werke von Picasso im Dialog mit afrikanischer Skulptur und steht damit, ohne daß Picasso zeigte bekanntlich seine kubistischen Gemälde, Zeichnungen und Collagen in der ersten Zeit nur in den Accrochagen der Galerie DanielHenry Kahnweilers, sowie in Ausstellungen außerhalb Frankreichs, da Künstler und Galerist so dar139 Pablo Picasso: La coiffure, 1906, Öl auf Leinwand, 175 χ 99,7 cm, New York, Metropolitan Museum of Art
es von der einschlägigen Forschung bislang gewürdigt worden wäre, am Anfang jenes folgenreichen Kunsttransfers, der bis weit in die zwanziger Jahre hinein größte Bedeutung für die avantgardistische Ästhetik erlangen sollte.
auf hoffen konnten, mit den im Ausland erzielten
Allerdings besprach der Kritiker zu dieser Zeit
Erfolgen auf die Pariser Kunstszene zurückzuwir-
die wichtige Berliner Herbstausstellung von 1913,
ken. 4 Museen, Salons und Galerien in Deutschland
auf der Picasso - er war zusammen mit Edvard
gehörten dabei zu den maßgeblichen Stationen auf
Munch zur Leitfigur der Schau erkoren worden -
dem Weg zu internationaler Anerkennung, und in
ein eigener Raum mit über zwanzig Gemälden ein-
der Tat war es ein deutsches Museum, das Städtische
gerichtet wurde. Von seinen spätsymbolistischen
DAS
JAHRHUNDERT
DES
KUBISMUS
217
Figurenbildern der Jahrhundertwende bis hin zu den gerade erst entstandenen kubistischen Formexperimenten reichte diese erste Retrospektive des künstlerischen Schaffens von Picasso (Abb.
140).9
Einstein erkannte sofort den Weg, den der Künstler bereits zurückgelegt hatte, und wies unmißverständlich auf den übergroßen Abstand hin, der dessen Arbeiten von den Werken einer jungen Künstlergeneration in Deutschland trennte: »Zaghaft, nach Vergangenem schauend, wagten sich die Aussteller an einen Pikasso-Saal. Welch ein Gegensatz zu den anderen Jungen; ein Bemühen, bereit zu allen Folgerungen und zu allen Opfern. Den Berliner Jungen, der, mitten im Ruhm, nach bewundernswerten, schönen Dingen, sich in den zumeist unbegriffenen Kubismus gewagt hätte, soll man mir zeigen. Der soviel gute Dinge einem Besseren, aber weit Schwierigeren, fast Unerreichbaren, geopfert hätte. Köpfeschüttelnd stehen unsere Tapetensynthetiker und Grüppchenbändiger davor. « 1 0 Auch wenn der Autor ohne Zweifel zahlreiche weitere und uns unbekannt gebliebene Gelegenheiten genutzt haben wird, um Werke der zeitgenössischen Kunst in Museen, Privatsammlungen und Ausstellungen zu sehen und zu studieren, es bleibt die Tatsache, daß sich die ersten und noch zaghaft formulierten »kubistischen« Reflexe in seinen Schriften erst seit Ende des Jahres 1911 finden lassen. Einstein hat sich dann jedoch in nur wenigen Monaten und Jahren, in Berlin ebenso wie auf seinen Pariser Reisen, eine gründliche Kenntnis der Kunst von Picasso erworben. Als junger und aufstrebender Kritiker läßt er in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs jedenfalls kaum eine Gelegenheit mehr aus, seine Kenntnisse der avantgardistischen Entwicklungen in Frankreich unter Beweis zu stellen.
wahrgenommene Revolutionierung des Raums und
Der historischen Rolle, die dem Kubismus in der
seiner künstlerischen Bewältigung mit Hilfe des be-
Geschichte der Kunst seines Jahrhunderts zukom-
reits erarbeiteten ästhetischen Vokabulars in den
m e n sollte, k o n n t e sich Einstein zu dieser Zeit
Griff zu bekommen: »Picasso suchte eine Formel,
selbstverständlich noch nicht bewußt sein. Weist er
die jeden Teil des Bildes plastisch und tektonisch
auf das Werk Picassos in seinen frühen Ausstel-
zu gestalten erlaubt.« 1 1 Wir stellen fest, daß sich der
lungskritiken hin, dann würdigt er in ihm zunächst
Kritiker in diesen Jahren intensiv mit den analyti-
den Nachfolger, Vollender u n d Ü b e r w i n d e r der
schen Gemälden des frühen Kubismus beschäftigt;
Kunst von Cézanne und bemüht sich, die durchaus
er versucht, den bildnerischen Grundsätzen dieser
140 Pablo Picasso: Mandoliniste, 1911, Öl auf Leinwand, 100,5x69,5 cm, Riehen bei Basel, Fondation Beyeler
218
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Werke nicht weniger analytisch auf den Grund zu gehen. In seinen Anmerkungen zur neueren französischen Malerei beschreibt Einstein schon 1912 sorgfältig die kompositorische Vorgehensweise des Künstlers: »Wir sind gewöhnt, Dinge plastisch vereinfacht zu sehen, gewissermaßen in der Erinnerung eine platte Photographie herzustellen. Picasso sucht die plastisch entscheidenden Punkte auf, die er nicht als farbige Momente interpretiert, vielmehr als stereometrische räumliche Gebilde. Alle diese ordnet er gegenseitig unter und bringt sie in ein System, das uns zeigt, wieviel plastischer Ausdruck in einer Erscheinung liegt. Die einzelnen Gebilde trennt er durch einfache Linien.« 12 Auffallend ist hier - und in anderen ganz ähnlichen Äußerungen - , daß Einstein sich dem kubistischen Kunstwerk außerordentlich zögernd und gleichsam tastend nähert. Die Aussagen des Autors sind nicht mehr im allzu selbstsicheren Ton seiner ersten Schriften zur Kunst verfaßt, und auch ein abschließendes kritisches Urteil wird zunächst noch nicht gefällt. Anläßlich der Berliner Herbstausstellung von 1913 räsonniert deren Rezensent über die generelle Möglichkeit, zu verbindlichen Urteilen über ein Kunstwerk zu gelangen. Auf den »leeren Streit« um die künstlerische Bedeutung Picassos will er sich daher nicht einlassen. Gleichwohl wird der Kubist als der einzige Künstler bezeichnet, der es gewagt habe, »in wichtigen Dingen auf einer Kräftigung unseres Sehens zu verharren«.13 Mit der künstlerischen Bewältigung des Raums und einem neuen Verständnis des Sehvorgangs klingen in den Texten um 1912-1913 bereits entscheidende Themen der späteren kunsthistorischen Beschäftigung mit dem Kubismus an. Absicht der bildnerischen Neuerungen Picassos ist es demzufolge, den Impressionismus und seine individualistische Wahrnehmung der Welt zu überwinden; ihre Aufgabe ist es, das Bild des Menschen und der Dinge zu einer Wahrheit zu bringen, auf die Einstein das Kunstwerk emphatisch verpflichtet: »Picasso frug sich: Wodurch werden meine Vorstellungen dieses Körpers gültig? Wie entziehe ich mich der mechanischen Gewöhnung eines verflachenden Sehens, das
in der Bequemlichkeit des Metiers unfruchtbar verdarb?« Und auch die Antwort auf diese selbstgestellten Fragen bleibt Einstein seinen Lesern nicht schuldig: »Er fand die Lösung im Kubismus.«14 Die Werke von Picasso werden nicht allein als Beispiele eines stilistischen Wandels betrachtet, ihnen wird von Einstein bereits in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg eine grundsätzlich neue und durchaus erkenntniskritisch ausgerichtete Aufgabe zugewiesen. Mit der Abkehr vom Individualismus des 19. Jahrhunderts ist in den Augen des Kritikers sogar ein erzieherisches Interesse verbunden. Die metamorphotische Kraft des Kunstwerks - und auch dies weist auf wichtige Positionen der zwanziger Jahre voraus - soll zum Wandel von Menschen- und Weltbild beitragen, denn »das Bild ist das Mittel des Malers Menschen nach der Wahrheit seiner Anschauung umzubilden«. 15 Obwohl Einstein sein kritisches Wort in dieser Zeit nur gelegentlich und gleichsam beiläufig in den Dienst des Kubismus stellt, wobei sein Buch zur Negerplastik eine ganz eigentümliche Ausnahme bildet, bezeichnet er Picasso schon im Sommer 1913 kurz und bündig als den »stärksten der heutigen Künstler«.16 Doch auch in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre veröffentlicht Einstein noch immer keinen einzigen Aufsatz, der einem der kubistischen Künstler monographisch gewidmet wäre.17 In einigen Beiträgen und auch in seinen Briefen finden wir freilich nicht wenige Hinweise auf die nachhaltige Auseinandersetzung mit einer Kunst, die das ästhetische Verständnis des Autors so entscheidend geprägt hatte. Bei seiner Beschäftigung mit den Werken anderer Künstler, etwa der Veristen, wird das Vorbild kubistischer Kunst ebenfalls auffallend häufig zur Argumentation herangezogen. In den Jahren vor Erscheinen der Kunst des 20. Jahrhunderts findet die Arbeit am Kubismus ihren bedeutendsten publizistischen Ausdruck in einem Text, den Einstein im Februar 1923 in Paul Westheims Zeitschrift Das Kunstblatt abdrucken ließ. Unter dem Titel Gerettete Malerei, enttäuschte Pompiers, in dem sich die polemische Absicht des Aufsatzes bereits unverhohlen ausspricht, liefert er eine Verteidigung kubistischer Werke, als andere Kritiker
DAS
in Deutschland und Frankreich wie Julius MeierGraefe oder Louis Vauxcelles den Kubismus bereits als eine erschöpfte Kunstform betrachteten.18 Der Aufsatz, die erste systematische Auseinandersetzung seines Verfassers mit der kubistischen Kunst, wurde bereits einen Monat zuvor in der lettischen Exilzeitschrift Laikmets in Berlin veröffentlicht, in einem Periodikum, dessen Auflage und Wirkung jedoch offenbar so gering waren, daß dieser erste Erscheinungsort der wichtigen Studie Einsteins bis heute selbst der Forschung unbekannt geblieben ist. 19 Der Autor fordert hier, wie auch in seiner nur geringfügig abweichenden deutschen Fassung, die sorgfältige kunsthistorische Unterscheidung der Leistungen von Picasso und Braque, die in der Kritik allzu oft als »siamesische Zwillinge« dargestellt würden; er fordert insbesondere die Kenntnis und genaue Betrachtung des einzelnen Kunstwerks. Hinter der unzureichenden Kritik an der kubistischen »Schule« oder »Richtung« drohe die individuelle künstlerische Äußerung zu verschwinden. Illustriert werden seine Thesen deshalb ausdrücklich mit einigen in Deutschland noch unbekannten aktuellen Gemälden von Georges Braque und Juan Gris. 20 Mit bitterem Humor empfiehlt der Autor den Betrachtern kubistischer Arbeiten, sich von vorgefaßten theoretischen Urteilen frei zu machen, und er fordert sie dazu auf, den Blick von den beigefügten Bildlegenden zum Kunstwerk selbst zu heben: »Köpfchen hoch, Augen links.« 21 Allein Daniel-Henry Kahnweiler, der Pariser Galerist und Freund, habe Einstein zufolge bereits 1920 in seiner Schrift Der Weg zum Kubismus, auf die der Verfasser in den ersten Zeilen des Beitrags anspielt, eine authentische Darstellung des Kubismus vorgelegt.22 In der Tat untersucht Kahnweiler in seinem Buch, das Quellen- und Sekundärliteratur zugleich ist, die ästhetischen Voraussetzungen aber auch die Folgen kubistischer Kunst und zeichnet die unterschiedlichen Wege nach, die Picasso, Braque und Léger bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs zurückgelegt hatten. Einsteins eigener historischer Abriß des Kubismus schöpft dankbar aus dieser Quelle, und noch bei der Lektüre der
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KUBISMUS
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Kunst des 20. Jahrhunderts stieß der zeitgenössische Leser auf ungezählte Einzelheiten, die ihm aus Kahnweilers Text bereits bekannt sein konnten. Andererseits sind in die historische Unterscheidung von »analytischem« und »synthetischem« Kubismus, die von Kahnweiler erstmals niedergeschrieben wurde, offenbar auch die intellektuellen Anregungen Einsteins eingeflossen.23 Und dem Berliner Freund hat Kahnweiler überdies anvertraut, daß er selbst dieses Begriffspaar, das die Kunstgeschichtsschreibung bis heute dazu nutzt, um die vielfältigen kubistischen Hervorbringungen wenigsten in den Umrissen zu periodisieren, für nichts weiter als »Schlagwörter« hält. 24 In seinem Aufsatz Gerettete Malerei, enttäuschte Pompiers hat sich Einstein eine konkrete Aufgabe gestellt. Es ist ihm hier darum zu tun, die sogenannten »klassizistischen« Tendenzen im Werk von Picasso, Braque und Gris der frühen zwanziger Jahre zu bewerten, die in der zeitgenössischen Literatur als Eingeständnis des Scheiterns und als tatsächliches Ende des Kubismus verstanden wurden. Der Autor betrachtet zunächst das Verhältnis der Kubisten zur französischen Maltradition und zeigt, daß die künstlerische Kritik an der »dekorativen Farbigkeit« des Fauvismus ganz notwendig zu einer Auseinandersetzung mit den Form- und Farbauffassungen von Künstlern wie Ingres oder Corot führen mußte.25 Anfangs hätten die Kubisten die bildnerische Arbeit auf Raum- und Formprobleme beschränkt und dabei die motivischen Anlässe ihrer Kunst auf einfachste Gegenstände reduziert. In den frühen Werken des Kubismus werde der Frage nach der künstlerischen Bewältigung des Bildraums nachgegangen, das Sehen werde als intellektueller Vorgang betrieben und mit dem Einfügen von Spolien der Alltagsrealität auf den Wirklichkeitszugriff der Gemälde oder Collagen aufmerksam gemacht. Als Beispiel nennt der Autor dabei das trompe-1'œil eines Nagels, der in Braques Stilleben Broc et violon von 1909-1910 (Abb. 141) an prominenter Stelle zu sehen ist und dem Blick des Betrachters einen jener Anker- und Anhaltspunkte bietet, von denen aus sich die dargestellte Dingwelt des Bildes aufschlüsseln läßt:
220
141
Georges Braque: Broc et violon, 1909-1910, Öl auf Leinwand, 117x73 cm, Basel, Öffentliche Kunstsammlung, Kunstmuseum
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DAS
»Die Kubisten wagten es, Raum und Fläche bis zur Vernichtung der billigen Gelegenheit, bequeme
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damit Volumen mit flächigen Formen suggeriert werde.« 2 9
Schönheit zu erzielen, zu klären. Als Marke, Grad-
Durch die historische Einbettung in die Über-
messer der Raumkraft, Kompaß und Abschied
lieferungen der französischen Kunst seit der Re-
klebte man Tapeten, schattierte den berühmten
naissance und dadurch, daß Einstein den Kubismus
Reißnagel auf, diese Entdeckung von Teilen der
als Methode und nicht etwa als bloß stilistisches
Wirklichkeit als Form; man klebte und erwies das
Phänomen würdigt, zielt seine Studie auf das Uni-
Fragwürdige überlieferter Technik, die keine Bibel
verselle und Überzeitliche des Kubismus und der in
ist.« 2 6
ihm behandelten erkenntniskritischen Probleme.
Die neueren Werke von Picasso, Braque und Gris, die das Urteil vom Ende ihrer Kunst provoziert hatten, bewertet der Autor als Erweiterung und Anwendung kubistischer Methoden, als eine Rückeroberung traditioneller Bildthemen, ja, geradezu als Rettung und Sieg des Kubismus: »Man ist mehr Kubist, denn je.« 2 7 Mit Gemälden wie der Canéphore
von Georges Braque oder La religieuse
von
Juan Gris reproduziert sein Aufsatz maßgebliche Bildlösungen eines aktuellen Kubismus, dem es vollkommen gelungen sei, »Anschauung und Objekt zu verschmelzen« (Abb.l42-143).
2S
Braques
Zustimmend zitiert er eine Aussage von Juan Gris, nach der das kubistische Verfahren sich nicht von anderen historischen Versuchen künstlerischer Wahrheitsfindung unterscheide (»cette méthode, c'est la méthode de toujours«). 30 Einstein hat seine Thesen in einer Zeit formuliert, in der er mit den Vorarbeiten seiner Kunst des 20. Jahrhunderts
be-
reits begonnen hatte. Und diesem umfassenden Kompendium der Malerei und Skulptur seines Jahrhunderts sollte es schließlich auch vorbehalten sein, die Summe einer langen und umfassenden Beschäftigung mit dem Kubismus zu ziehen.
Aktdarstellung stehe in der Nachfolge der französischen Figuration, für die der Text Werke des Bildhauers Jean Goujon und der neoimpressionistischen Malerei eines Georges Seurat als Beispiele anführt, doch zugleich wird das Neuartige seiner Komposition betont, die Einstein den französischen Künstlern als zukunftsweisend empfiehlt: »Der Akt des Braque ist in Farbe und Konturbehandlung überraschend neu; dieser terrakotte, blattgrüne Körper, graurosa umzeichnet, ist in braun, blauschwarz und hellterrakotten Grund gebettet. Ein Akt, dem jedes Detail zugeschnitten, anprobiert und fixiert wurde.« Auf eine illusionistische plastische Modellierung werde aber nach wie vor verzichtet, und obwohl die typischen Stilmerkmale früherer kubistischer Werke fehlen, derer sich die Epigonen dieser Kunst noch immer bedienten, müsse das Gemälde zweifelsfrei dem Kubismus zugerechnet werden: »Wer aber die Braqueschen >Mädchen mit Fruchtkorb< aufrichtig betrachtet«, wird es zu den Bildern dieser Serie nur wenig später in der Kunst des 20. Jahrhunderts
heißen, »sieht, wie die
Figur klar aus durchaus erfundenen Teilflächen gebildet ist, der Körper in die Fläche gedehnt wird,
Kubismus
als subjektiver
Realismus
Ungewöhnlich früh wurde der Kubismus, dessen Pioniere, Picasso und Braque, sich weder in Manifesten noch in theoretischen Abhandlungen äußerten, zum Gegenstand kunstkritischer und kunsthistorischer Betrachtung. Und ebenso früh wurde bereits die Meinungsführerschaft um eine angemessene Deutung dieser Kunst zwischen den Vertretern eines »orthodoxen« oder »dogmatischen« Kubismus, zu denen Kahnweiler und Einstein gehörten, und den Salonkubisten um Albert Gleizes und Jean Metzinger heftig umkämpft. 31 Selbstverständlich kannte Einstein die Schriften der beiden Maler und hatte auch die kritischen Stellungnahmen Guillaume Apollinaires und anderer Autoren studiert. Aus dem historischen Abstand einiger Jahre Schloß sich Einstein in seiner Kunst 20.Jahrhunderts
des
dann aber solchen Interpreta-
tionsversuchen an, die von Kahnweiler aber auch von Kritikern wie beispielsweise Olivier Hourcade, Maurice Raynal oder Pierre Reverdy auf der Grund-
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läge neukantianischer Theorien bereits früh skizziert worden waren. 32 Er untermauerte die eigene intellektuelle Annäherung an den Kubismus zudem durch mathematische, physiologische und philosophische Studien, las die Schriften von Bernhard Riemann, Ernst Mach, Henri Poincaré und Henri Bergson. In der Literatur wird immer wieder — und zurecht - auf den Einfluß dieser Autoren hingewiesen, die Einstein selbst in einem 1923 an Kahnweiler gerichteten Briefessay als theoretische Gewährsleute anführt (»Theoretisch am nächsten steht mir vielleicht Mach«).33
Canéphore, 1922, Öl auf Leinwand, 180,5 χ 73 cm, Paris, Musée national d'art moderne
Insbesondere aber lebt seine Beschäftigung mit dem Kubismus aus der sehr genauen Kenntnis der Werke, die Einstein im Lauf der Jahre in Ausstellungen, aber auch in einigen Galerien und Privatsammlungen gesehen hatte, und über die er sich nicht zuletzt in den Pariser Ateliers mit den Künstlern selbst freundschaftlich austauschte. Mit Braque, Gris und Léger war der Autor seit Beginn der zwanziger Jahre auch persönlich außerordentlich eng verbunden. Einstein scheute sich nicht, seine Begegnungen mit Künstlern und Kunstvermittlern zum Anlaß kritischer Texte zu nehmen, Kunstwerke dem Publikum nahezubringen oder sie polemisch zu verdammen; er besprach Ausstellungen und verriß die tagesaktuellen Äußerungen der Kritikerkollegen. Es ist daher um so auffallender, daß Einstein sich mit einer größeren Stellungnahme zur Kunst der Kubisten jahrelang zurückhielt, so als fühle er sich noch nicht erfahren genug, diese für ihn so wichtigen und prägenden Seherlebnisse zum Gegenstand einer seiner Publikationen zu machen. Der Kunsthistoriker, der heute vollkommen zurecht als einer der bedeutendsten Apologeten des Kubismus gilt, war in der Öffentlichkeit bis zur Mitte der zwanziger Jahre vor allem als Theoretiker afrikanischer Skulptur und anderer außereuropäischer Künste bekannt geworden; seine Übersetzungen der Briefe Vincent van Goghs oder der Schriften des Kritikers Gustave Coquiot, sein heftiger Angriff auf Meier-Graefe und einige wenige Texte zur Kunst des Verismus oder zu Malern wie Utrillo, Derain oder Kisling hatten ihn zwar als Kenner der zeitgenössischen Kunst ausgewiesen. Doch mit dem
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Kubismus verbanden ihn wohl nur die Freunde und Künstler, die seine Eindrücke und Gedanken angesichts der Werke teilten, denen er so viele und entscheidende Anregungen verdankte. Schlug der Leser indes im Frühjahr 1926 den soeben erschienenen sechzehnten Band der »Propyläen-Kunstgeschichte« auf, dann fand er dort als Haupt- und Kernstück des Buches ein dreißigseitiges Kapitel zum Kubismus, in dem Einstein den theoretischen Grund dieser Kunst legt und die maßgeblichen Vertreter des Kubismus in monographischen Abschnitten vorstellt. Von Picasso, Braque, Léger und Gris werden darüber hinaus an die einhundert Gemälde, Zeichnungen, Collagen und Skulpturen aus allen Werkphasen abgebildet. Bevor sich der Leser diesen Künstlern und Bildern widmen kann, ist aber zunächst eine intellektuelle Hürde zu überwinden, denn Einsteins historischtheoretische Einleitung in den Kubismus verlangt ihm wahrlich keine geringe Lektüreleistung ab. Die Entwicklung moderner Kunst vom Impressionismus zum Konstruktivismus umreißt der Autor dabei in wenigen, ebenso rasch wie treffsicher hingeworfenen Sätzen: »Eine fast überraschend logische Abwandlung der Bildauffassung seit dem Impressionismus ist festzustellen. Von Motiv und Sensation geht es über ein Verbinden von Tektonik und Gegenstand zur frei konzipierten Gestalt und bis zur Ausschaltung des Motivs.« 34 Schwieriger ist da schon die Darstellung der ästhetischen Grundsätze der Moderne zu meistern. Das Kapitel »Der Kubismus« wird mit einigen Reflexionen über das Wesen des Abbildhaften in der Bildenden Kunst eröffnet. Am Beginn des neuen Jahrhunderts, lesen wir da, habe sich jeder Maler mit der Frage konfrontiert gesehen, ob er - einem Herkules am Scheideweg gleich - den bequemen Weg der Variation überlieferter Darstellungsmöglichkeiten weitergehen wolle oder sich nicht vielmehr zur Erfindung eines »freien Bildgegenstands« entschließen müßte. Einstein schildert dieses Problem vor dem Hintergrund einer Geschichtsauffassung, die das Sprunghafte und Brüchige historischer Abläufe betont und das zyklische Modell der »Geschichte als Stetigkeit und peinliche Wieder-
holung« hinter sich läßt. Abhängig ist dieses besondere Verständnis der Kunstgeschichte von einem Begriff künstlerischer Anschauung, der nach Einsteins Ansicht dem unablässigen Wandel im Zugriff auf die wahrgenommene Welt verpflichtet ist. Die künstlerische Arbeit versteht der Kunsthistoriker als eine gleichsam erkenntnistheoretische Tätigkeit, als begriffslose philosophische Reflexion, die das Gesehene deutet und den Akt der Anschauung
143 Juan Gris: La religieuse, 1922, Öl auf Leinwand, 92 χ 60 cm, Privatbesitz
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dadurch unablässig verändern muß: Es gehe, kurz
zu tun, denn Einsteins Überzeugung, daß es sich
und gut, »nicht um Abbilden, sondern Bilden«. 3 5
bei dieser Kunst nicht um eines von vielen Stil-
Der Gegenstand, den zu erfassen ein Künstler
phänomenen der Moderne handelt, sondern um eine
sich vornimmt, sei keineswegs als starre und in sich
Form der Erkenntniskritik, ja, um einen veritablen
unwandelbare Angelegenheit zu beschreiben, und
Entwurf modernen Weltverständnisses, hat in die-
das Kunstwerk, das die vielfältigen Aspekte eines
sen Gedanken ihren theoretischen Ursprung.
Objekts auf dessen bloßes Abbild zurückführen
Der Unterschied von Gegenstand und Gestalt,
will, bleibe zwangsläufig Fragment. Einstein wendet
vom motivischen Anlaß eines Bildes zu seiner
sich gegen das Schlagwort der »Deformation«, mit
Repräsentation im Kunstwerk spricht sich am deut-
dem die Kunstkritik jedem Versuch moderner Kunst,
lichsten in der autonomen bildnerischen Bewälti-
hinter die bloße Erscheinung ihrer Motive zu kom-
gung räumlicher Vorstellungen aus. Glücklicher-
men, seit dem Impressionismus entgegengetreten
weise unterbricht Einstein nun für einen kurzen
sei: »Formerlebnis ist gerade Kritik am Gegenstand,
Moment seinen übermächtigen Gedankenstrom und
die bis zu dessen Vernichtung führen kann.« 3 6 Der
erläutert dies am konkreten Wandel vom Impres-
Autor erntet die Früchte seiner philosophischen,
sionismus zum Kubismus. Einstein vergleicht das
physiologischen und sprachtheoretischen Studien,
Verhältnis dieser Künste zur vorgegebenen Wirk-
wenn er zu einem funktionalen, von subjektiver
lichkeit und charakterisiert bei dieser Gelegenheit
Einwirkung abhängigen Vorstellen der Dingwelt
erstmals die formalen Strategien der Künstler um
gelangt, deren Unveränderlichkeit lediglich auf
und Braque. Im Gegensatz zu den Impressionisten,
»sprachlicher Gewöhnung« beruhe und eine »An-
die trotz ihrer »wirklichkeitsfremden flächigen Zer-
gelegenheit biologischen Gedächtnisses« sei. 37
legung« die Gestaltung der Form weitgehend vom
Der Theorie nach sind damit die Voraussetzungen für ein Verständnis künstlerischen Sehens als aktiver und schöpferischer Tätigkeit gegeben, das seinen Ursprung noch immer in den Schriften Konrad Fiedlers hat, den Einstein in der Kunst 20. Jahrhunderts
des
als Vorläufer und Anreger freilich
nicht nennen mag. Gegen das passive Wahrnehmen setzt der Künstler den subjektiven Sehakt, der Gegenstand wird zum »Sympton des Sehens«; die künstlerische Form ist nicht länger als Ergebnis von Abbild oder Idealisierung bestimmt, sondern als etwas Schöpferisches, das den Gegenstand eigent-
Motiv abhängig machten, hätten die Kubisten ihre Werke mit Hilfe »zweidimensionaler Anschauung« konstruiert und dabei die Raumerfahrung als »Nebeneinander flächig abgebrochener Gegenstandszeichen« gestaltet. Nicht die Wahrnehmung der bewegten Objekte, vielmehr die Bewegung des Betrachtenden selbst werde dabei im Kunstwerk anschaulich: »Das gegebene Sein, die Natur, wird aus dem Bildprozeß geschieden, leise klingt sie am Beginn und Ende; betont wird hingegen das subjektive Erlebnis, die formale Vorstellung, die das Bild bestimmt.« 4 0
lich überhaupt erst hervorbringt. 38 Das Nachah-
Der Autor erläutert, warum eine Kunst, die
mungsprinzip der Kunst wird damit geradezu in
»ohne Rücksicht auf gegenständliche Assoziatio-
sein Gegenteil verkehrt, von der imitatio
naturae
nen« zu einem komponierten Bildgefüge gelangt, in
wandelt es sich, so könnten wir sagen, zur
imitatio
dem das räumliche Erleben von Künstler und Be-
und Einstein gelangt damit zu einem ab-
trachter vollständig eingeschrieben sei, bei Publi-
soluten Begriff von Kunst, der es letztlich sogar mög-
kum und Kritik zunächst auf Ablehnung stoßen
lich sei, auf den Gegenstand einzuwirken und ihn -
mußte. Die Erinnerung an den Gegenstand als ein
visionis,
in letzter, brisanter Konsequenz - zu verändern. Der
»organisches und nutzbares Objekt« sei in kubisti-
Autor spricht ausdrücklich davon, daß der Gegen-
schen Gemälden zugunsten einer autonomen Bild-
stand selbst der neuen Seherfahrung angepaßt wer-
sprache aufgehoben, die neue Art des Raumauffas-
den könne. 39 Wir haben es hier mit einer entschei-
sens durchbreche Seh- und Alltagsgewohnheiten,
denden Passage seines Kapitels über den Kubismus
und die Orientierung in einem Leben, das als stän-
DAS
dige Wiederholung begriffen werde, wie Einstein vermutlich im Rückgriff auf Kierkegaard formuliert, sei dadurch gestört oder gar gefährdet.41 Im Gegensatz zum Expressionismus und Fauvismus, in denen das Flächige nur als Vorwand dekorativer Farbgestaltung diene - ein Werturteil, das kunsthistorisch kaum haltbar ist - , nutze der Kubismus flächige Kompositionselemente zur Wiedergabe räumlicher Erlebnisse. Die stilbildenden Farbund Formfacetten werden dabei als Bildzeichen zeitlich gestufter Β e wegungs Vorstellungen zu kompositorischer Ganzheit zusammengefügt, was Einstein im Anschluß an Theoretiker des Kubismus wie Guillaume Apollinaire oder Robert Delaunay mit dem ursprünglich futuristischen Begriff des »Simultane« bezeichnet. 42 Es wird jedoch betont, daß die außergewöhnliche Formensprache des analytischen Kubismus keineswegs das Wesentliche dieser Kunst ausmache: »Nicht der Kub entschied den Kubismus«, heißt es dazu ein wenig salopp, sondern seine ästhetischen Gestaltungsgrundsätze, die auch auf andere Weise zum Ausdruck kommen könnten. 43 Die typische Facettierung in der Komposition früher kubistischer Gemälde sei vielmehr ein vorübergehend genutztes Stilmittel auf dem Weg zu neuen Möglichkeiten, Raum und Volumen bildgerecht darzustellen. Damit zielt Einsteins Argumentation insbesondere auf die spät- und nachkubistischen Tendenzen in den Werken der führenden Kubisten, die in der zeitgenössischen Kritik als Ende des Kubismus mißverstanden wurden. Zusammenfassend versucht Einstein nun, die überaus komplexen Raum- und Zeitaspekte der kubistischen Kompositionsweise in eine Definition zu bringen, die - trotz ihrer umständlichen sprachlichen Fassung - im Grunde bis heute die kunsthistorische Auffassung dieser Kunst bestimmt: »Der Sinn des Kubismus: Verformung des dreidimensionalen Bewegungserlebnisses in zweidimensionale Form, ohne daß die Tiefe oder die Modellierung illusionstechnisch nachgebildet wird, während die Tiefendimension, d. h. die Bewegungsvorstellungen, und das Gesamt der Erinnerungsfunktionalen durchaus dargestellt werden; an die Stelle der bewegten Tiefenansicht, einer zeitge-
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drängten Bewegungsvorstellung, tritt ein Nebeneinander zweidimensionaler Formen, die dermaßen geordnet sind, daß unter Beibehaltung der Grundfläche die konstruktiven Bildteile im Zweidimensionalen die verschiedenen Ansichten eines Körpers, sein Volumen, ausgestalten, und daß somit die Erinnerungsdimension, die gerade das Volumen festhält, verformt wird, ohne daß die Bildfäche illusionistisch durchbrochen wird.« 44 Der Autor rechnet nach einem solchen theoretischen Herleiten des Kubismus mit dem Zweifel seiner Leser, ob das beschriebene künstlerische Verfahren mit dem tatsächlichen, dem natürlichen Sehvorgang übereinstimme. Um diesen Einwand zu entkräften, untersucht Einstein das Sehen als einen vielschichtigen Sachverhalt, der physiologische Anteile ebenso umfasse wie intellektuelle, und in dem sich »Vorstellungen, Empfindungen, Erinnerungen« mit dem optischen Vorgang mischen. 45 Der zentralperspektivische Blick auf die Welt, der das künstlerische, aber auch das alltägliche Sehen seit der Renaissance geprägt habe, beruhe auf mathematisch-geometrischen Prämissen und sei daher in nicht geringerem Maße als Konvention aufzufassen wie das »neue« Sehen der Kubisten. Der Vorwurf, kubistische Kunst habe zu sinnleeren Abstraktionen, zu einer Kunst ohne Gegenstände geführt, der die kubistischen Arbeiten seit 1908, seit der Kritik von Louis Vauxcelles an den »schémas géométriques« und »cubes« der Gemälde von Braque, beständig begleitet hatte, beruht der Ansicht des Autors nach auf einem vollständigen Mißverstehen der Ziele dieser Werke. 46 Um ein gegenteiliges Urteil zu begründen, bietet Einstein in der Kunst des 20. Jahrhunderts seine ganze argumentative Kraft auf und charakterisiert den Kubismus schließlich als eine realistische, auf die Darstellung des Wirklichen gerichtete Kunst, ja, als eine Kunst, die wahrheits- und wirklichkeitsgetreuer sei als jede andere künstlerische Ausdrucksform zuvor: Die Werke von Picasso und Braque hätten bis in die Gegenwart hinein »immer reichere Gegenstandsvorstellungen«, eine »völligere Sicht der Gegenstände« hervorgebracht.47 Insgesamt bewertet Einstein den Kubismus folgerichtig
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als einen »subjektiven Realismus«, als ein erkenntniskritisches Verfahren, das die »unmittelbaren Erlebnisse des Subjekts, seine Raumvorstellungen« zu künstlerischer Darstellung bringe.48 In der kunstkritischen Debatte über die historische Rolle des Kubismus, die um die Mitte der zwanziger Jahre vor allem in Frankreich geführt wurde, bezieht Einstein damit eindeutig Stellung. Einerseits wurden hier die Werke von Picasso und Braque als »associations de formes et de couleurs qui sont vraiment de la création et non plus de la représentation« (Amédée Ozenfant) eingeschätzt, andererseits wurden sie als »un art réellement plastique soucieux de la réalité des objets« (Pierre Reverdy) einer Kunst zugerechnet, der es um die künstlerische Verarbeitung des Wirklichen zu tun sei. 49 Einstein beendet die theoretische Einleitung in sein Kapitel zum Kubismus mit einer überaus skeptischen Einschätzung der künstlerischen Situation der Gegenwart, die er - wir haben es am Beispiel der veristischen Kunst gesehen - von Neuer Sachlichkeit und retour à l'ordre bestimmt sieht. Er fragt sich und seine Leser, ob der ästhetische Paradigmenwechsel, den er mit dem Kubismus zurecht verbindet, heute noch Wirklichkeit werden könne. Die erste Generation der Kubisten - Picasso, Braque, Gris und Léger - hätte dazu zwar den künstlerischen Grundstein gelegt, aber nach den bitteren Erfahrungen des Ersten Weltkriegs, in dem der »Schwung der Moderne zunächst zerschossen« sei, wäre es doch fraglich, ob der Kubismus die von ihm angestrebte Umwandlung von Seh- und Darstellungskonventionen, und damit nicht zuletzt die Veränderung von Mensch und Welt, dauerhaft bewirken könne: »Der Kubismus gab abgeänderte Formvorstellung; man mag fragen, ob diese einmal Übereinkunft wird, oder das kubistische Bild Spezialfall bleibt. Es hängt dies wohl davon ab, ob der Betrachter sich der neuen Sicht anpaßt. Ein gewisser Gegensatz zwischem üblichem und kubistischem Sehen besteht noch. Die führenden Kubisten verstanden es, ihre Formvorstellung wachsend zu bereichern, so daß ihre Form immer völligere Gegenständlichkeit erzeugte. Doch fehlte energische
Nachfolge, und vorläufig zeigt die junge Generation eher geschmackvolle Müdigkeit, Zweifel an Revolte und Neigung, in das Gewesene zurückzusinken.« 50
Wege im Kubismus:
Picasso
- Braque - Léger
Das Kapitel »Der Kubismus« ist ein vorzügliches Beispiel dafür, daß in der Kunst des 20. Jahrhunderts kunsttheoretische und kunsthistorische Aussagen einander überlagern und von ihrem Verfasser zu einem dichten Argumentationsgewebe verflochten werden. Die ästhetische Grundlegung des Kubismus erfolgt dabei auf hohem Reflexionsniveau und nutzt - auch wenn deren Quellen nicht offen dargelegt werden - vielfältige Anregungen aus anderen geistes- und naturwissenschaftlichen Disziplinen. Argumente aus der Geschichte der Kunst werden immer dort ins Feld geführt, wo Einstein seinen Gedankenvorstoß mit historischen Belegen flankieren will, ohne daß der Autor bereits in den einleitenden Passagen auf konkrete Kunstwerke zu sprechen käme. Die Aufgabe, seine theoretischen Einsichten am Werdegang der Künstler und an deren individuellen Werken zu überprüfen, hat der Autor den monographischen Abschnitten zugewiesen, die er in seinem Buch den Malern der ersten Generation kubistischer Kunst widmet. Die Reihe der Künstlerkapitel muß selbstverständlich mit Pablo Picasso beginnen. Einstein zögert nicht, den Maler, Zeichner und Bildhauer als eine proteische Figur zu bezeichnen, die sich der mythischen Gestalt gleich - durch beständige Metamorphose seinen Kritikern entzieht. 51 Der Autor beansprucht für sich, eine Perspektive historischer Distanz einzunehmen, denn rückblickend werde sich zeigen, daß es sich bei den unterschiedlichen Ausdrucksformen im Werk von Picasso um Abstufungen und nicht etwa um »Stilwandlung« handele.52 Einstein greift - stillschweigend, aber das lag für den zeitgenössischen Leser ohne weiteres auf der Hand - diejenigen unter seinen Kritikerkollegen an, die seiner Ansicht nach nicht über einen solchen historischen Weit- und Überblick verfügten, und denen Picasso beispielsweise als »caméléon de la
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peinture« (Gustave Coquiot), als ein charakterloser und zu ständig wechselnden Kunstgriffen Zuflucht nehmender Künstler galt.53 Doch zunächst betrachtet Einstein das vorkubistische Werk des Künstlers und skizziert die Entwicklung von dessen frühreifen Anfängen über die noch unter dem Einfluß des Symbolismus stehenden, ebenso sozialkritischen wie sentimentalen Figurenbilder der »Blauen Periode« bis hin zur lyrisch gestimmten Auseinandersetzung mit der Motivwelt von Zirkus und Commedia dell'arte. Schon in einigen Werken aus der Zeit kurz nach der Jahrhundertwende will Einstein die ersten Vorboten einer folgenreichen Vereinfachung von Linie, Form und Komposition entdeckt haben. Er spricht angesichts von Gemälden wie dem Arlequin accoudé von 1901 (New York, Metropolitan Museum of Art) oder den Deux arlequins von 1905 (Merion, Barnes Foundation) von »dünnflächigen Körpern mit still gleitendem Kontur«; er äußert mit Blick auf La repasseuse von 1903, daß hier bereits »etwas flacher Kontur eckt«.54 Einstein hatte dieses frühe Gemälde schon 1913 auf der Berliner Herbstausstellung gesehen und überläßt ihm nun immerhin eine der gut vierzig Tiefdrucktafeln seines Buches (Abb. 144). Beim Betrachten der ersten kubistischen Formversuche, die in Carl Einsteins Kompendium durch Werke wie L'Amitié von 1907-1908 oder Femme aux poires von 1909 repräsentiert werden, stützt sich der Autor auf Apollinaires Begriff eines »instinktiven« Kubismus (Abb. 145-146). Der französische Dichter und Kritiker hatte diesen sehr ungenauen Ausdruck im Oktober 1912 anläßlich eines Vortrage im Pariser Salon der Section d'or auf einige avantgardistische Künstler gemünzt, als er versuchte, die unterschiedlichen Ergebnisse der neueren Malerei in Frankreich mit Hilfe ästhetischer Kategorien zu ordnen. 55 Picasso selbst, aber auch Braque und Gris, werden nach dieser doch recht willkürlichen und von der Kunstgeschichte daher auch nicht bestätigten Einteilung einem »wissenschaftlichen« Kubismus zugeordnet, dessen Merkmale hingegen kaum schärfer umrissen werden. Einstein zufolge, der Apollinaires Thesen vermutlich erst bei der Lektüre von dessen 1913
erschienenem Buch Les peintres cubistes kennengelernt hatte, sei für Picassos frühkubistisches Werk einerseits ein »tektonisches Pathos« in der Nachfolge Cézannes kennzeichnend, andererseits sei in ihm erstmals der raumbildende kompositorische Zusammenschluß »wechselnder Achsen und Blickpunkte« zu finden.56 Nach Seitenblicken auf die Skulptur und die Bildgattungen von Landschaft und Porträt kommt Einstein auf diejenigen Aufgaben zu sprechen, in denen der analytische Kubismus seine wohl größten Leistungen erbracht hat, das Figurenbild und das Stilleben. Der Autor stützt seine Überlegungen zur Auffassung der menschlichen Gestalt in der kubistischen Kunst auf so hervorragende Arbeiten wie den Homme à la clarinette von 1911 (Madrid,
144 Pablo Picasso: La repasseuse, 1904, Öl auf Leinwand, 116,2 χ 72,7 cm, New York, The Solomon R. Guggenheim Museum
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145
Pablo Picasso:
L'Amitié, 1907-1908, Öl auf Leinwand, 152 χ 101 cm, Sankt Petersburg, Eremitage
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Museo Thyssen-Bornemisza), ein Werk, das er in der Sammlung seines Freundes Gottlieb Friedrich Reber gesehen hatte, und bildet mit dem im gleichen Jahr vollendeten Gemälde Le poète eines der bedeutendsten Stücke der Sammlung Alfred Flechtheims ab (Abb. 147).57 Dem Betrachter wird hier eine geradezu kristalline Struktur dunkler Linien geboten, die ein System von schattierten Farbfacetten in Braun-, Ocker- und Grautönen trägt, und nur wenige gegenständliche Reminiszenzen, Einsprengsel vor allem des Gesichts und der Hände, helfen ihm bei einer motivischen Ausdeutung des so entstandenen Raumkörpers. Das Bild des Dichters wird damit in Einsteins Kunst des 20. Jahrhunderts
zum
Dokument einer künstlerischen Haltung, in der eben nicht das Abbild des Menschen im Vordergrund steht, sondern dessen Vision durch den schauenden Künstler. Nicht die Individualität des Dargestellten oder seine äußere Erscheinung sind dieser Auslegung nach als Thema des Bildes bestimmt, sondern der Blick auf den Menschen, die künstlerische Umsetzung eben dieses Blickes. Zusammen mit anderen figürlichen Kompositionen des analytischen Kubismus wird das betrachtete Gemälde daher für den Kunsthistoriker zum wichtigsten Zeugnis des Menschenbildes seines Jahrhunderts: »Eine visuell geistige Leidenschaft wird gegen bequeme Übereinkunft, die man dreist Natur nennt, gestellt; ein denkendes Schauen isoliert sich gegen überkommene Bildauffassung. Diese Bilder sollen als konsequente eigene Bildung gesehen werden; Gestalt als tektonisches Flächenkalligramm, vielfältig gebaut. Die durch konventionelle Realität nicht durchbrochene Darstellung eines Bildgegenstandes, der nichts mit dem Realen gemein hat, der Ausdruck eines formalen Zustandes, wird höher gewertet als Verifizierung auflebende Person. Wenn das Wirkliche benutzt wird, so als gegenständliches Zeichen im bildstruktiven Formgefüge. Ich glaube, diese Stücke sind die erheblichsten und charakteristischsten Figurenbilder unserer Zeit.« 5 8 Die nach autonomen Gesetzen gestaltete Komposition freier Linien und Flächen, sowie die Raumbildung, die der Künstler mit seinem Kalligramm erreicht, bieten auch den Schlüssel zum Verständ-
146 Pablo Picasso: Femme aux poires, 1909, Öl auf Leinwand, 92 χ 73 cm, New York, Privatbesitz 147 Pablo Picasso: Le poète, 1911, Öl auf Leinwand, 131,2 χ 89,5 cm, Venedig, Peggy Guggenheim Foundation
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nis des synthetischen Kubismus. In dieser Werkp h a s e w i r d die Bildstruktur aus e i n e m A u f b a u farbiger Flächen g e w o n n e n , mit d e n e n die reduzierte Palette früherer Gemälde ü b e r w u n d e n wird. Einstein b e z e i c h n e t d i e s e n A b s c h n i t t i m Werk v o n Picasso d a h e r als »koloristischen« K u b i s m u s u n d erläutert i h n am Beispiel einiger Figurenbilder u n d Stilleben, von d e n e n w i e d e r u m eine kleine Ausw a h l in seinem Buch abgebildet ist (Abb.
148-149).
Die einzelnen Bildelemente bestehen in diesen Werk e n aus zumeist fest konturierten Formen, deren Kolorit gelegentlich d u r c h Flecken u n d Schraffuren belebt w i r d . R a u m u n d V o l u m e n e n s t e h e n n i c h t länger d u r c h das A u f e i n a n d e r t r e f f e n schattierter Facetten w i e im analytischen Kubismus, s o n d e r n d u r c h d e n Farbkontrast der h o m o g e n eingefärbten Teilflächen. Picasso habe vor allem in seinen Stillleben dieser Zeit das einmal gestellte T h e m a mit Hilfe u n t e r s c h i e d l i c h e r Techniken u n d in i m m e r n e u e n f o r m a l e n Ansätzen solange abgewandelt, bis »Stücke von tatsächlicher Meisterschaft« gelungen sind. 5 9 A m E n d e des Kapitels ü b e r Picassos k ü n s t l e r i s c h e n Werdegang schließt der Autor d e n Kreis seiner A r g u m e n t a t i o n u n d versucht, die Rückkehr des Kubisten zur figürlichen Tradition zu erklären. Mit d e n angeblich »klassizistischen« Figurenbildern, die seit etwa 1920 entstehen, habe der Künstler n a c h w e i s e n w o l l e n , daß s e i n e Arbeit k e i n e r Manier, keiner stilistischen Formel unterliege, u n d d a ß er die ü b e r l i e f e r t e n A u s d r u c k s f o r m e n der f r a n z ö s i s c h e n M a l e r e i a u s n a h m s l o s b e h e r r sche (Abb. 150). Einstein faßt das Verhältnis von K u b i s m u s u n d K l a s s i z i s m u s , d i e im Werk v o n Picasso zur gleichen Zeit b e t r i e b e n w ü r d e n u n d 148
Pablo Picasso: Arlequin jouant de ¡a guitare, 1917, Öl auf Leinwand, 97 χ 76 cm, Basel, Sammlung Maja Sacher 149 Pablo Picasso: Verre, bouquet, guitare, bouteille, 1919, Öl auf Leinwand, 103 χ 81,3 cm, Berlin, Sammlung Berggruen
d u r c h a u s n e b e n e i n a n d e r Bestand hätten, als eine Art v o n stilistischer Komplementarität auf. Figürliche u n d kubistische Gestaltungsmittel b i l d e n damit ein Formenrepertoire, über das der Künstler je n a c h b i l d n e r i s c h e r Aufgabe verfügt: »Das Klassische war niedergerissen, u n d voller Neugier vers u c h t e n u n Picasso seine Virtuosität, u m im Klassizismus d e n Gegensatz, die a n d e r e A k a d e m i e zu e r p r o b e n . « 6 0 Die s t ä n d i g e E r n e u e r u n g f o r m a l e r Lösungen w i r d dabei als wesentlicher Bestandteil
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DES
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231
150
Pablo Picasso:
Femme s'essuyant le pied, 1921, Pastell auf Papier, 66 χ 50,8 cm, Berlin, Sammlung Berggruen
232
151 Georges Braque: Viaduc à l'Éstaque, 1908, Ol auf Leinwand, 73 χ 60 cm, Monte Carlo, The Rupert Corporation
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der Künstlerpersönlichkeit von Picasso angesehen. Der Maler sei nicht dazu bereit, seine vitalistische Arbeitsweise der Geschlossenheit eines künstlerischen Œuvre zu opfern, wie sie von der Kritik gelegentlich gefordert werde. Ganz anders wiederum Georges Braque. Das künstlerische Handeln des zweiten und gleichberechtigten Schöpfers der kubistischen Malerei wird von Einstein als »reiner und einheitlicher«, allerdings auch als »umgrenzter« empfunden als das seines Kollegen und Freundes. 61 Auf die fruchtlosen Debatten um die Priorität der beiden Künstler will sich Einstein in seinem kunsthistorischen Abriß hingegen nicht einlassen, hieße es doch, das Überindividuelle des Kubismus mißzuverstehen,
wenn man nach dem Urheber einer Kunstform suchte, die Ausdruck einer ästhetischen Notwendigkeit ist und nicht etwa willkürliche Setzung einer einzelnen Künstlerpersönlichkeit. Der Autor schenkt seine Aufmerksamkeit daher vornehmlich der stilistischen Entwicklung von Braque, die den Maler auf ganz anderen Wegen zum Kubismus führen sollte. Über die Nachfolge Vincent van Goghs und der Neoimpressionisten gelangte der Künstler erst einmal in den Kreis der Fauvisten und damit in die stilistische Nähe zu André Derain. Aus der Licht- und Farbmalerei des eigenen Frühwerks sollte ihn dann die Begegnung mit dem Werk von Paul Cézanne befreien. Zeitgleich mit Picasso arbeitete der Künstler an einer Reihe von Landschaftsbildern, in denen »einfache Flächen« und »tektonisch selbständige Durchführung« den analytischen Kubismus vorbereiteten. 62 Die 1908 in Kahnweilers Pariser Galerie sowie im Salon des Indépendants erstmals gezeigten Ergebnisse dieser Auseinandersetzung mit Cézanne sollten die Kritik dazu veranlassen, und darauf weist auch Einstein hin, den Begriff des Kubismus als Spottund Schimpfwort zu prägen. Das berühmte und namenstiftende Verdikt von Louis Vauxcelles wirft dem Künstler die Deformierung des Menschenbildes sowie eine Reduktion sämtlicher Bildgegenstände auf abstrakte geometrische Grundmuster vor: »II construit des bonshommes métalliques et déformés et qui sont d'une simplification terrible. Il méprise la forme, réduit tout, sites et figures et maisons, à des schémas géométriques, à des cubes.« 63 Der Leser kann im Abbildungsteil der Kunst des 20. Jahrhunderts einige jener Werke nachschlagen, die für diesen künstlerischen Umbruch beispielhaft sind. Braques Le Viaduc de l'Éstaque, aber auch die anderen Landschaftsbilder und Stilleben seines frühen Kubismus, können - und wollen - den prägenden Einfluß der Kunst von Cézanne nicht abstreiten (Abb. 151).64 Andererseits sind sie das Ergebnis eines neuen Raumverständnisses, das über die Farbkompositionen des Vorgängers deutlich hinausweist: »Das Volumen«, skizziert Einstein in einigen knappen Worten die Gestaltungsqualitäten
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dieser Werke, »wurde nicht mit Farbe und Modellierung nachgebildet, sondern durch zerlegtes >Simultané< das Flächenmäßige kontrastierender Ansichten verarbeitet.« 65 Darüber hinaus setzt der Autor bei der Darstellung der künstlerischen Entwicklung von Braque ganz auf die argumentative Kraft der Abbildungen, die er seinem Text angehängt hat. Seine ästhetische Herleitung des analytischen und synthetischen Kubismus, die Einstein zuvor am Beipiel Picassos ausführlich erläutert hatte, wird nicht noch einmal wiederholt, doch der Leser kann die augenfälligen Analogien im kubistischen Werk der beiden Künstler anhand von nicht weniger als dreizehn Arbeiten studieren, mit denen die Kunst des 20. Jahrhunderts Braques Schaffen der Vorkriegszeit illustriert (Abb. 152-153). Im Textteil des Buches widmet sich der Kunsthistoriker dann ausführlich den Stilleben der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg. Gemälde wie die Nature morte à la bouteille de Rhum von 1918 werden dabei als reifere Weiterentwicklungen des frühen Kubismus gewürdigt; ihre Komposition sei aus »heiter beglichenen Farbflächen« aufgebaut, »konstruktive und gegebene Form« würden nun stärker miteinander verbunden, und die einzelnen Elemente werden als »stofflicher, differenzierter« beschrieben (Abb. 154).m Die Stilleben der frühen zwanziger Jahre, die Braque in ungewöhnlich gestreckten Hoch- oder Querformaten ausgeführt hat, bezeichnet der Autor rundheraus als das Beste der Malerei seiner Zeit.67 Einstein zeigt unter anderem das 1921 entstandene Gemälde La cheminée, das er ebenfalls aus der Sammlung seines Freundes Reber kannte (Abb. 155).68 Der Künstler hat auf dem hohen Bildfeld einen Kamin dargestellt, auf dessen Sims ein komplexes Stilleben aus einer Gitarre, einer Flasche oder Karaffe, einer Obstschale und allerlei Papieren arrangiert ist. Dem synthetischen Verfahren Picassos unmittelbar vergleichbar fügt sich die Komposition aus Elementen zusammen, die einerseits räumliche Ansichten der dargestellten Dingwelt in farbige Flächen übersetzen und andererseits durch ihre Kontur sowie durch die Wiedergabe von Buchstaben oder stofflichen Strukturen als unmittelbare Bildzeichen der Gegenstände verstanden
152
Georges
Braque:
à la
mandoline,
1910, Öl auf
Leinwand,
Femme
92 χ 73 cm, München,
Staatsgalerie
moderner 153
Kunst
Georges
Braque:
La mandoline,
1914,
Kohle, Gouache Collage auf 48,3x31,8 Ulmer
und
Leinwand, cm,
Museum
234
154
Georges Braque: Nature morte à la bouteille de Rhum, 1918, Öl auf Leinwand, 100 x 73 cm, Lissabon, Privatbesitz
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werden. Einstein kennzeichnet diese Art von Stillebenmalerei als ein Vollenden und Überwinden experimenteller kubisti c cher Method η, und aus seinem Kommentar wird deutlich, warum er dem Künstler nur wenige Zeilen später eine »klassische Haltung« zuschreiben wird. Der Kontrast der Farbflächen wird nun zurecht als »still« charakterisiert, ihr kompositorisches Aufeinandertreffen erscheine »verfeinert« und »verhüllt«. 69 Das Klassische in der Kunst von Braque besteht demnach in der Tatsache, daß die bildnerischen Möglichkeiter des Kubismus in seinen nach 1918 entstehenden Werken den Status avantgardistischer Experimente überwinden und sich mit den Traditionen der großen französischen Malerei eines Chardin oder Renoir verbinden konnten. Im Gegensatz zu Picasso, der immer neue Form- und Bilderfindungen in raschem Wechsel vorträgt, setze der Maler auf ein stetiges Vervollkommnen seiner Kunst, auf die Reinheit und Ausgeglichenheit von Form und Komposition. Die Bildsprache von Braque gewinnt damit kanonische Qualitäten, seine Werke brechen nicht, wie diejenigen Picassos, mit dem einmal Erreichten, sie bleiben nicht Fragment, sondern streben nach »reinerer Qualität« und »völligerem Gelingen«. 70 Zwar beschränkt sich Einsteins Versuch, das Werk des Kubisten in die Tradition der französischen Malerei zu stellen, auf einige wenige kunsthistorische Anspielungen, doch es wäre wohl der Überlegung wert, ob Braques La cheminée
in seinem ungewöhnlichen Format und
in der grundsätzlichen Disposition des hochgestellten Stillebens nicht tatsächlich von Chardins berühmtem Akademiestück Le buffet (Paris, Musée du Louvre) von 1728 angeregt worden ist.
unmittelbar vor Erscheinen der Kunst des 20. Jahrhunderts
gemalt hat:
»Braque vermeidet das tragische Fragment, das trotz allem geblähte Studie bleibt; trotz aller An-
Und so gelingen dem Autor gerade in diesen
regung, die Unvollendetes gewähren mag; er re-
Passagen seines Buches tiefe Einsichten in das
signiert nicht erst vor der Leinwand, um allzu spät
Wesen der Kunst von Picasso und Braque. Die Ge-
die Grenze zu erfahren, sondern stellt weise Be-
meinsamkeiten aber auch die auffallenden Unter-
schränkung vor den Entwurf. So gelingt ihm wie
schiede in den grundlegenden bildnerischen Auf-
kaum einem heute, Bilder zu vollenden, und dies
fassungen der beiden Maler werden anhand ihrer
frühe Bescheiden läßt seine Leinwände in voller
Werkentwicklung sorgfältig geprüft, und aus der
Kraft des Handwerks glänzen. Gestaltung und
kunsthistorischen Perspektive zieht Einstein nicht
Handwerk wägen sich ihm in klassischem Gleich-
zuletzt auch Argumente für seine Hochschätzung
gewicht. Seine Stilleben sind das Beste heutiger
eben der Stilleben und Figurenbilder, die Braque
Malerei, und die noch unbekannten Figurenbilder
155 Georges Braque: La cheminée, 1921, Öl auf Leinwand, 130 χ 74 cm, Saint Louis, Sammlung Richard K. Weill
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versprechen, daß hier das kubistische Mittel klas-
antes - enfin c'est un scientifique; mais la solution?
sisch verfestet wird.« 7 1
[...] Picasso avait compris le quatrième mouvement,
Für die ästhetischen Grundsätze des Autors in
la profondeur pour le mettre dans une toile plate -
dieser Zeit nimmt ein solches Werturteil geradezu
c'est sont des études et ne deviennent jamais des
programmatischen Charakter an. Im Gegensatz zu
tableaux malgré les éléments cubistes.« 7 3
den meisten anderen Kritikern und Kunsthistori-
Wir sehen: Carl Einstein erwartet von der Kunst
kern, die - wenn sie nicht ohnehin Gegner des
gültige Bildlösungen. Die aktuellen Arbeiten Picas-
Kubismus waren - an der Überlegenheit Picassos
sos werden als Studien bewertet, seine so viel-
keineswegs zweifelten, sieht Einstein in den Wer-
versprechenden Ansätze bleiben demnach unein-
ken von Braque reifere und zukunftsweisende For-
gelöst, Kubismus und Figuration schließen sich
mulierungen der gemeinsam mit Picasso entwickel-
nicht zum großen Wurf zusammen. Der Autor wird
ten künstlerischen Sprache. Das kubistische Form-
diese Kritik im Verlauf der zwanziger Jahre auf-
experiment wird in Braques Gemälden der frühen
geben, nachdem er in Frankreich die neueren
zwanziger Jahre in klassischer Vollendung über-
Werke von Picasso eingehender studieren konnte
wunden, während Picasso noch immer gegen die
und dabei feststellen mußte, daß der Künstler vor
eigene Kunst revoltiert.
allem in seinen Figurenbildern sehr wohl zu der
In einem Brief an den Maler Moïse Kieling
geforderten Synthese fähig war. Die Einsicht in die
spricht der Autor diese Überlegungen bereits im
»dialectique cruelle« der Arbeitsweise des wand-
Januar 1921 freimütig aus. Kisling versorgte den
lungsfähigen Malers aber bleibt bestehen und dient
Freund in der schwierigen Nachkriegszeit mit den
noch in der Kunst des 20. Jahrhunderts
neuesten Publikationen aus der Pariser Kunstwelt,
terisierung seiner künstlerischen Eigenart. 74
zur Charak-
und offensichtlich hatte er seiner letzten Sendung
Daß Einstein die Kunst von Braque nicht nur zu
in der einen oder anderen Form auch Abbildungs-
dieser Zeit besonders wertschätzt und sogar über
material beigelegt, auf dem Zeichnungen der soge-
das Werk des anderen großen Kubisten stellt, dürfte
nannten »klassizistischen« Phase im Werk Picassos
wohl auch durch das enge Verhältnis motiviert sein,
zu sehen waren. Die figürlichen Blätter kritisiert
das den Kunsthistoriker und den Maler in den
Einstein als »une petite faillite baroque«, und der
zwanziger und dreißiger Jahren miteinander ver-
Drang Picassos zu immer neuen formalen Versu-
bindet. Wir wissen nicht, wann die beiden Prota-
chen, die eigentlich dem Entwurf großer Komposi-
gonisten der Avantgarde einander zum ersten Mal
tionen im Atelier vorbehalten bleiben sollten, stößt
begegnet sind, doch bereits Ende 1923 und nach
insgesamt auf wenig Verständnis: »II faut sortir de
einigen offenbar intensiven Begegnungen in Paris
l'expériment à la Réalisation.« 7 2 Einstein vermißt
beschreibt Einstein den Künstler voller Respekt als
im Werk des Künstlers den Zusammenschluß von
eine »belle et forte personnalité«. 75 Der Abschnitt,
kubistischem Konzept und Wirklichkeitsbeobach-
der sich in der Kunst des 20. Jahrhunderts
tung, und in einem zweiten Brief, der auf Februar
Gemälden von Braque befaßt, entsteht jedenfalls im
mit den
1921 datiert werden kann, erläutert er seine Ge-
unmittelbaren Austausch von Künstler und Autor,
danken zum Verhältnis von künstlerischer For-
dessen außerordentlich zustimmendes Urteil auch
schung und Vollendung noch einmal ein wenig aus-
in den überarbeiteten und aktualisierten Auflagen
führlicher:
des Buches vorbehaltlos gültig bleibt. 76 Über die
»Ce que me prend chez Picasso, c'est la recherche de l'espace, la quatrième dimension; mais soyons nets, où sont ses solutions. C'est un chemin d'un intelligent, qui se fait mal contre son propre kitsch avec une intelligence honnête et admirable, la recherche est signée par quelques toiles touch-
Tatsache hinaus, daß Einstein als Kritiker und Kunsthistoriker bis zum Beginn der dreißiger Jahre eine ganze Reihe von wichtigen Aufsätzen und schließlich die große Monographie über Braque verfassen wird und 1933 für die Kunsthalle Basel eine Retrospektive des Künstlers kuratiert, sind die
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237
beiden schließlich auch persönliche, ja, intime Freunde geworden. 77 Ein kaum weniger freundschaftliches Verhältnis verbindet Einstein die zwanziger Jahre hindurch mit Fernand Léger. 78 Gemeinsam mit Braque, Kieling, Derain oder Gris, Kahnweiler, Ivan Göll, André Salmon oder Florent Fels gehört der Maler in dieser Zeit zum engeren Pariser Freundeskreis des Autors, in dem so manches publizistische Vorhaben geboren wird. Schon 1922 entwirft Einstein den Plan zu einem längeren utopisch-phantastischen Prosatext, der Die Automaten
heißen und mit eini-
gen Lithographien Légers erscheinen soll. 79 Weder das Buch noch seine Illustrationen können allerdings verwirklicht werden, und die einzige künstlerische Arbeit, die Léger im Auftrag des Schriftstellers unternimmt, sollte der Umschlag sein, den der Maler für den von Einstein und Paul Westheim auf das Jahr 1925 herausgegebenen Almanach
gestalten wird (Abb.
Europa-
EUROPA EUROPA EUROPA EUROPA EUROPA EUROPA
156). Und noch
1933 berät Einstein den Freund bei der Vorbereitung seiner Ausstellung im Kunsthaus Zürich. 80 Neben dem monographischen Abschnitt über Léger, der in den verschiedenen Ausgaben von Einsteins kunsthistorischem Hauptwerk erschien, ist bislang nur ein 1930 im zweiten Jahrgang der Documents
veröffentlichter Aufsatz bekannt ge-
worden, der aber bereits in Hinsicht auf die dritte Auflage der Kunst des 20. Jahrhunderts
geschrieben
und dort 1931 mit einigen Änderungen eingefügt wurde (Abb. 157).81 Der Beitrag präsentiert seinen Lesern einige aktuelle Werke Légers und bezeichnet den Maler als einen durch und durch auf das Stoffliche vertrauenden Hyliker, der sich einer Generation von Künstlern widersetze, die ihre Wahrheit in Halluzinationen und Visionen sucht: »La peinture de Léger, très éloignée des psychogrammes, est nettement tectonique.« 8 2 Eine solche Charakterisierung mußte natürlich die damit - wenn auch nicht namentlich, so doch eindeutig - angesprochenen Surrealisten zu einer Stellungnahme herausfordern. René Crevel, der Dichter und Kunstkritiker, ließ daher im Juli 1930 eine kurze Notiz in Le lisme au service de la révolution
Surréa-
einrücken, in der
er sowohl Léger und seine Gemälde als auch den
deutschen Kollegen scharf - und nicht ohne Witz in die Schranken wies. Der Autor zitiert und glossiert Einsteins Bemerkung zur Tektonik der Malerei Légers und kennzeichnet seinerseits deren unangebrachte Materialität, die vom kritisierten theoretischen Zugriff zusätzlich belastet würde: »Léger, ses
156 Fernand Léger: Umschlag des » Europa-Almanach«, 1925
238
157
Fernand
Léger:
Composition,
1929,
Öl auf
Leinwand, 73 χ 92 cm,
Verbleib Tafel aus
unbekannt, »Documents«, 1930
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clefs en fromage mou pétrifié, ses femmes de zinc, se courbent, verdissent sous les poids des couronnes ésotériques, synthétiques, standardisées, psychiques, hyliques dont les accable M. Einstein.« 83 Ein kürzerer Beitrag Einsteins, der einige Jahre zuvor über das Werk Légers an prominentem Ort erschien, wurde von der Forschung indes bisher übersehen. Während einer Parisreise lud die amerikanische Sammlerin Katherine S. Dreier, die 1920 gemeinsam mit Marcel Duchamp und Man Ray die Société Anonyme gegründet hatte, den Künstler 1924 dazu ein, seine Werke in New York zu zeigen. Die Ausstellung, die vierundzwanzig Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen umfaßte, fand schließlich im November 1925 in den Räumen der Anderson Galleries statt, und auf ausdrücklichen Wunsch des Künstlers verfaßte Einstein einen Beitrag zum begleitenden Katalog.84 Es handelte sich bei dieser Ausstellung um die erste Präsentation der Kunst von Léger in den Vereinigten Staaten und dies zu-
dem in einer Institution, die dem Bekanntwerden der europäischen Avantgarden jenseits des Atlantiks maßgebliche Dienste geleistet hatte. Braque, Picasso und Gris hatten ihre Werke bereits im Rahmen der Société Anonyme gezeigt, und bis 1939 sollten viele weitere Maler und Bildhauer folgen, die in der europäischen Kunstwelt Rang und Namen hatten. Entsprechend ernst nimmt Einstein die ihm gestellte Aufgabe, den Künstler einem noch unvorbereiteten Publikum vorzustellen. Er beginnt seinen Text mit einem Hinweis auf die normannische Abstammung von Léger, der die vom Vater (»big, strong and heavy«) geerbte, unverdorbene Kraft in seine Kunst übertragen habe. Der Form habe er zu neuer bildnerischer Einheit verholfen, heißt es dort, und das Drama des modernen Lebens sei sein bevorzugtes Bildthema geworden: »Torn from the land, Léger discovers the city, with its power, its intensity, its precision. The autos, the electrical lights, the streets of asphalt on which
DAS
the carriages pass in a gallop like troopers call forth his admiration. A synthetic vision of this force releases itself within him. He tears art away from artistic isolation. People in their breathless course rejoice in the concentrated energy which the magic of his colors gives them.« 85 Modernität, eine unbedingte Zeitgenossenschaft zeichnen seine Kunst aus, seine Werke setzen den Formen und Materialien der ihn umgebenden Welt ebenso machtvolle und ausdrucksstarke bildnerische Mittel entgegen: »A new type in plastic construction has been born with him.« 86 Einstein betont das Kollektive und Technische der Kunst von Léger, in dessen Gemälden das Architektonische, die Energie und Geschwindigkeit moderner Städte gespiegelt würden. Und der Autor wendet sich dabei direkt an ein Publikum, das den europäischen Vorstellungen eines vitalen und demokratischen Amerika entspricht, wie es im Dichter der Leaves of Grass verkörpert ist: »You Americans possess the poet Walt Whitman, the Old Continent sends you Fernand Léger.«87 Dreizehn kurze und teils aus nur einem einzigen epigrammatischen Satz bestehende Absätze bilden die sprachliche Struktur dieses ungewöhnlichen Aufsatzes, dessen Übersetzung aus dem französischen Original leider nicht immer ganz glücklich ist. Einsteins besondere Rhetorik jedoch ist unverkennbar. Mit einem harten Stakkato von immer gleichen Satzanfängen imitiert der Text ganze Passagen hindurch den Formenrhythmus der Werke von Léger: »He disciplines the capricious phantasy and brings it to balance. He procures for the forms which he creates a human existence and he makes the real more real. He makes a whole of the geometry of life in which we live and transposes it synthetically and livingly into his pictures.« 88 Der Autor schlägt nahezu futuristische Töne an, wenn er die leidenschaftlich vibrierende Form dieser Werke, die Ausdruckskraft ihrer Präzision beschwört. Logik und Rationalität lassen den Maler zum Ingenieur werden, dessen Arbeiten frei von aller Sentimentalität und doch nicht ohne Poesie seien: »The myth of the age of machinery he glorifies by his paintings.« 89
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Es ist höchst selten, daß Einstein einen seiner Texte in solchem Maß auf die zu erwartende Leserschaft zuschneidet, und wir können den Katalogbeitrag daher durchaus als eine kunstkritische Gefälligkeit betrachten, als einen Freundschaftsdienst an Fernand Léger, der gewiß auch zum »succès de curiosité« der Ausstellung beitrug, aus der heraus aber nur die Kuratorin selbst vier Arbeiten erwarb.90 Allerdings: Die eigentümliche, beinahe belletristische Komposition des Aufsatzes erfolgt auf Kosten einer kunsthistorischen und kunsttheoretischen Betrachtung des Ausgestellten. Kein Wort verliert seine Prosa über einzelne Werke, über die Entwicklung des Künstlers oder über seine Einordnung in die Kunst der Zeit; mit keinem Wort werden der Kubismus und das Verhältnis der Arbeit Légers zur Kunst von Picasso, Braque oder Gris erwähnt. Eine solche grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Werken seines Freundes sollte schließlich der Kunst des 20. Jahrhunderts vorbehalten bleiben, deren Abschnitt zu Léger zur Zeit der Ausstellung schon geschrieben sein muß, da das Buch nur wenige Monate später bereits gedruckt vorlag. In seinem kunsthistorischen Abriß setzt Einstein ebenfalls am Thema der Modernität und Aktualität im Werk des Künstlers an. Der Autor gibt zunächst zu bedenken, ob die Dynamisierung des modernen Lebens nicht auch zum ästhetischen Konzept des Kubismus beigetragen habe. Am Beispiel des bewegten Betrachters greift Einstein eine Diskussion auf, wie sie bereits im 19. Jahrhundert geführt wurde, als etwa die künstlerischen und kulturgeschichtlichen Folgen der Erfindung der Eisenbahn erörtert wurden: »Das stärkere Einbegreifen des Volumens mag mit der gesteigerten Geschwindigkeit des Autos usw. zusammenhängen; wir umreißen Körper rascher, und gleichzeitig verflachen diese in der Geschwindigkeit, der anwachsenden Kontraktion der Zeit.« 91 Die besondere Leistung von Léger sei es, das Kunstwerk aus ästhetischer Isolation befreit und eine gültige Bildsprache zur Bewältigung dieser modernen Herausforderungen gefunden zu haben. Dabei nutze er die Welt der Technik nicht allein als Sujet, sondern suche vor allem nach einem bildnerischen Ausdruck, der »mit
240
158 Fernand Léger: Nus dans ¡a forêt, 1909-1910, Öl auf Leinwand, 120 χ 170 cm, Otterlo, Rijksmuseum KröllerMiiller
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aktuellen Formen - Straße, Maschine, Dampfer usw. - in Wettbewerb tritt«; die Werke von Léger werden daher als »dekorative Synthesen aktuellen Lebens« charakterisiert. 92 Seinen historischen Uberblick über den Werdegang des Künstlers beginnt Einstein mit einigen Worten zu Légers Gemälde Nus dans la forêt, und wenn wir seine Bemerkungen wörtlich nehmen, hätten wir hier den einzigen sicheren Hinweis auf eine frühe Reise, die den jungen Schriftsteller in die französische Hauptstadt und dort in den Salon des Indépendants gefuhrt hätte: »Das erste Bild, das wir von Léger sahen, waren die >Akte in einer Landschaft (1910 bei den >IndépendantsKubismus< nennt, weit über das Malen hinausgeht. Der Kubism ist nur haltbar, wenn man seelische Aequivalente schafft.« 123 Ausführlich entwickelt Einstein dem Adressaten seine sprachtheoretischen Überlegungen, ausführlich schildert er ihm die mathematischen, physikalischen und philosophischen
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Studien, die er seiner Dichtung aber auch seiner kunsthistorischen Arbeit am Kubismus zugrundegelegt hatte. Aufbauend auf Ernst Machs Traktat Beiträge
zur Analyse
der Empfindungen,
der seit
1886 in zahlreichen Auflagen erschienen war, skizziert der Autor ein vielschichtiges Wahrnehmungsmodell, in dem das empfindende Ich keineswegs als wesenhafte Einheit, als »metaphysische Substanz«, sondern als ein instabiler und die menschliche Erkenntnis durch wechselnde Gestimmtheit beeinflußender Komplex aufgefaßt wird. Einstein spricht mithin nicht mehr vom Individuum als dem - im ursprünglichen Sinn - Unteilbaren, sondern von einem funktionsbestimmten Ich, das ständiger Veränderung unterworfen und ebenso facettenreich sei wie das kubistische Raumbild. 124 Eine solche Theorie aktiver oder schöpferischer Wahrnehmung, in die ganz offenkundig auch Anregungen von Freud und Fiedler eingeflossen sind, stiftet die notwendigen erkenntnistheoretischen Prämissen nicht nur für Einsteins Verständnis kubistischer Kunst, sondern für ein universales Bild vom Menschen und der Welt, das Zeit- und Raumerfahrungen ebenso umfaßt wie Erinnerungen oder auf das Zukünftige gerichtete Visionen, und in dem - vor allem - die »sogenannten Dinge« als Symptome von Empfindungen und Erlebnissen charakterisiert sind. 125 Einstein berichtet, daß er bereits in seinem experimentellen Roman oder die Dilettanten
Bebuquin
des Wunders mit einer noch
zaghaften literarischen Umsetzung dieser Erkenntnisse begonnen hatte, die ihm schließlich von der kubistischen Kunst bestätigt wurden. Der Autor rechnet mit ganz praktischen und auch für das alltägliche Leben durchaus gültigen Konsequenzen »kubischen Erlebens«, denn zukünftig müsse - und werde - es möglich sein, das Empfundene nicht nur in Kunst und Literatur wirklichkeitsnäher zum Ausdruck zu bringen. 126 Auf diesem theoretischen Fundament errichtet der Autor in seinem Briefessay die Grundmauern einer kubistischen Poetik, deren schriftstellerische Anwendung er uns zuletzt jedoch schuldig bleiben wird. Die über Jahre und Jahrzehnte geplante Fortsetzung des frühen Romans sollte ebenso wenig literarische Gestalt annehmen
wie die mit Juan Gris und Fernand Léger verabredeten editorischen Vorhaben. Als gestalteter Ausdruck menschlicher Erfahrung werden Kunst und Literatur damit nicht nur endgültig von jeder Verpflichtung auf das Nachahmen der Natur gelöst, ihnen wird darüber hinaus die neue Aufgabe zugewiesen, gesehene oder erlebte Wirklichkeit visionär umzubilden oder, wie
166
Juan
Gris:
es Einstein gelegentlich noch radikaler formuliert,
Guitare, carafe
diese Wirklichkeit überhaupt erst hervorzubringen.
compotier,
In den Neuausgaben der Kunst des 20.
Jahrhunderts
wird sich Einstein der Herausforderung stellen, die-
Öl auf 100x65 Bern,
et
1921, Leinwand, cm,
Kunstmuseum
252
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erheblich erweitert wurde, dann registrieren wir zunächst die auffallende Häufung von Begriffen wie »Vision« oder »Psychogramm«, »Traum« oder »Halluzination«. Wir lesen hier, wie sich Picassos künstlerisches Tun in der extatischen Gestimmtheit von Wachträumen vollzieht, in denen das Sehen schöpferisch wird und das eng geschnürte Korsett konventioneller Wahrnehmung sprengt: »Der Traum des Begabten überschreitet seherisch die Bindungen der erstarrten Wirklichkeit und enthält das aufwachsende Zukünftige.« 127 Anlaß und Aufgabe des Kunstwerks ist nicht länger die nachbildende Auseinandersetzung mit dem natürlichen Vorbild, sondern das subjektive Seherlebnis selbst mit seinen unmittelbaren schöpferischen Möglichkeiten. Der Künstler müsse zu den »halluzinativen Schichten« der eigenen Persönlichkeit vordringen, da er nur dort - und unabhängig von der ihn umgebenden Realität - die Prototypen seiner Gestaltungen finden könne. Durch künstlerische Introspektion und nicht durch den objektivierenden Blick auf die Welt, der noch die Kunst des Impressionismus und des Fauvismus kennzeichnete, gelängen dem Maler nun Visionen einer neuen kubistischen Raumauffassung, und das Kunstwerk greife verändernd in die bestehende Wirklichkeit ein.128
167
Pablo
Picasso:
Figure au bord de la mer, 1929, Öl auf
Leinwand,
130 χ 97 cm, New Museum
of Modern
York, Art
sen Aspekt seines ästhetischen Weltbildes noch sehr viel entschiedener auf die Kunst zu übertragen. Die Beschäftigung mit der sogenannten »surrealistischen« Phase im Werk von Picasso und Braque schärfte dabei seine Gedanken zur erkenntniskritischen Funktion der Bildenden Kunst und zwang ihn nach Erscheinen der Erstauflage dazu, seine bisherige Darstellung des Kubismus zu überarbeiten. Widmen wir uns dem Abschnitt zum Werk von Picasso, der 1928 in der zweiten Auflage des Buches
Das Verhältnis von Subjekt und Objekt, von Mensch und Welt, oder - um für den Bereich der Bildenden Kunst zu sprechen - von Künstler und Motiv, bleibt in diesem Text noch einigermaßen undeutlich. Auch trägt Einsteins oft genug um sich selbst kreisende Argumentation kaum zum besseren Verständnis seiner Überlegungen bei. Immer wieder wird der Autor in den späten zwanziger Jahren auf dieses Thema zu sprechen kommen, und immer aufs neue wird er versuchen, sich und seinen Lesern Rechenschaft über den komplizierten Sachverhalt abzulegen. So lesen wir beispielsweise in den Notes sur le cubisme, mit denen Einstein 1929 in den Documents den aktuellen Stand seiner Forschungen zum Kubismus in einem kurzen Essay zusammenfaßt: »Les cubistes éliminèrent d'abord le motif conventionnel, qui est situé à la périphérie des processus visuels. Le motif n'est plus une
• A S
chose objective séparée du spectateur, la chose vue participe de l'activité de ce dernier, qui la range selon la suite de ses perceptions optiques subjectives.« 129 Und so arbeitet sich der Kunsthistoriker in der tatsächlich kongenialen Auseinandersetzung mit den Werken, die Picasso und Braque in diesen Jahren hervorbringen, zu einer anthropologischen Auffassung künstlerischen Schaffens vor. Zum Themenheft »Hommage à Picasso« der Zeitschrift Documents, in dem Einstein auch zahlreiche aktuelle Werke abbilden ließ, die das Atelier des Künstlers zum Teil noch gar nicht verlassen hatten, trug der Autor einen Aufsatz über die ständige Erneuerung der Kunst von Picasso bei (Abb. 167). Die Wirklichkeit wird hier als Funktion menschlicher Gestaltung bestimmt, die nicht nur im Kunstwerk ihren Ausdruck findet: »Ce qui est identique à l'homme constitue la seule réalité immédiate, réalité qui meurt continuellement en se noyant dans l'inconscient, c'està-dire dans l'irréel, le rien. L'homme ne dispose d'aucune ressource autre que lui-même; il est donc obligé de sauter à chaque instant au delà de son ombre, de perpétuellement inventer du nouveau. Pour créer un tableu, il est nécessaire de s'aliéner soi-même, de s'évader, et l'art peut être défini comme une technique du doute, du départ, de la mort continuels. [...] Picasso justifie pleinement cette maxime selon laquelle l'homme et l'univers sont journellement créés par l'homme.«130 Die Metamorphosen von Einsteins Auffassung kubistischer Malerei lassen sich in den verschiedenen Auflagen der Kunst des 20. Jahrhunderts vorzüglich verfolgen. Hatte der Autor noch 1926 weitgehend kunsthistorisch argumentiert und den Kubismus vornehmlich aus der Reaktion auf den Impressionismus hergeleitet, so radikalisiert sich sein Konzept der Kunst von Picasso und Braque in den späteren Auflagen des Buches zusehends. In der Ausgabe letzter Hand wird er schließlich zu Erkenntnissen gelangen, nach denen anthropologische, psychoanalytische, soziologische und ethnologische Gesichtspunkte entscheidend zum Verständnis einer Kunst beitragen, deren Aufgabe es ist, durch schöpferisches Sehen auf die Realität selbst
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einzuwirken. Kurz und bündig heißt es daher 1931 in einer bereits zitierten Schlüsselstelle: »Schauend ändert man Menschen und Welt«. 131 Einstein beschäftigt sich in dieser Zeit intensiv mit den Werken von Hans Arp, Paul Klee, André Masson, Joan Miró und Gaston-Louis Roux, und in den täglichen Gesprächen mit Künstlern und Intellektuellen, die dem orthodoxen Surrealismus eines André Breton nicht folgen wollten und sich um die Zeitschrift Documents versammelten, nimmt der Autor die Rolle eines Mentors ein. Einstein beschreibt in seinen Texten der späten zwanziger Jahre, wie die Maler einer jüngeren Generation, aber auch Picasso und Braque in ihren neuesten Kompositionen, den von den Kubisten eroberten Bildraum mit visionären Gestalten besiedeln, und so wird aus dem Geist des Kubismus nach und nach eine Theorie surrealistischer Kunst geboren. In der Kunst des 20. Jahrhunderts, auch in deren dritter Auflage von 1931, in der erstmals eine systematische Untersuchung surrealistischer Kunst vorgelegt wird, verbindet Einstein kunsthistorische mit kunsttheoretischer Forschung; er betrachtet den Werdegang der zeitgenössischen Künstler und erläutert die jeweils unterschiedlichen bildnerischen Voraussetzungen ihrer Werke. Diese kunsthistorische Form der Darstellung gibt Einstein 1934 in seinem Buch über Georges Braque weitgehend auf. Auch sein Selbstverständnis als Kunsthistoriker, sein Bild der Kunstgeschichte als geisteswissenschaftlicher Disziplin, das Einstein bei dieser Gelegenheit eindringlich schildert, ist einem tiefgreifenden Wandel unterworfen. Der Autor liefert trotz des monographischen Titels, der den Leser ein wenig in die Irre führt, das Resümee einer »Weltanschauung« (Daniel-Henry Kahnweiler), das Resümee ästhetischer Uberzeugungen, für die Braque, der so sehr geschätzte Künstler, gleichsam als verläßlichster Zeuge und Gewährsmann aufgerufen wird.132 Grundlage von Einsteins Studie ist nach eigenem Bekunden vielmehr »eine Soziologie oder Ethnologie der Kunst«.133 Der Autor hat allerdings seine Publikation mit einigen Abbildungen aktueller Werke von Braque durchschossen und ihr - vor allem - einen ausführlichen Tafelteil angehängt, in
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d e m die Werkentwicklung des Künstlers gleichsam
schen U m b r u c h z u n ä c h s t in d e n Werken des Ku-
m a l c h r o n o l o g i s c h v o n 1907 bis 1931 n a c h v o l l -
b i s m u s vollzogen, der damit d e n n e u e n M y t h e n des
ziehbar wird. A u ß e r d e m w u r d e n d e n u n t e r s c h i e d -
Surrealismus, der »romantischen« Kunst, d e n Weg
lichen Vorzugsausgaben des Buches zwei Original-
ebnet:
r a d i e r u n g e n v o n Braque sowie ein m e h r f a r b i g e r S c h a b l o n e n d r u c k beigegeben (Abb.
168 Georges Braque : Nu allongé, 1933-1934, Radierung, 18 χ 25 cm, Beilage der Vorzugsausgabe von Carl Einsteins »Georges Braque«, 1934
änderung. Als Autor sieht Einstein diesen ästheti-
in e i n e m zweiten Text, e i n e m Bildessay, n o c h ein-
168-169).134
»Der K u b i s m u s erscheint mir als die wichtigste B e m ü h u n g seit J a h r h u n d e r t e n , das Wirkliche op-
Die in d e n zwanziger Jahren entwickelte Vor-
tisch verpflichtend n e u zu b e s t i m m e n ; m a n schuf
stellung, daß ein Kunstwerk dazu in der Lage sein
eine primäre A n s c h a u u n g , v e r w a n d e l t e die Kraft
müsse, in die Wirklichkeit einzugreifen u n d dabei
u n d Struktur des Sehens u n d bestimmte von n e u e m
das Bild des M e n s c h e n von sich selbst u n d der Welt
das optische Weltbild, das zu einer w i r r e n anekdo-
z u v e r ä n d e r n , w i r d 1934 e n d g ü l t i g z u m Leitge-
t i s c h e n M a s s e v o n O b j e k t e n z e r f a l l e n war. [...]
d a n k e n der k u n s t h i s t o r i s c h e n u n d -theoretischen
Schon am Kubismus u n d n o c h stärker an der roman-
Arbeit Carl Einsteins. U n m i ß v e r s t ä n d l i c h deckt er
tischen E p o c h e Braques erweist sich die ästheti-
dieses Erkenntnisinteresse am K u n s t w e r k vor sei-
sche Stilformel als u n z u r e i c h e n d , da m a n diesmal
n e n L e s e r n auf: » U n s b e s c h ä f t i g e n K u n s t w e r k e
n i c h t mit einer U m i n t e r p r e t i e r u n g sich begnügte,
lediglich soweit, als sie Mittel enthalten, das Wirk-
sondern, wir sprechen zunächst vom Kubismus, die
liche, d i e S t r u k t u r des M e n s c h e n u n d die Welt-
F u n k t i o n des Sehens selbst abänderte. Später w i r d
bilder a b z u ä n d e r n , also als Hauptfrage steht, w i e
m a n d a n n zur irrationalen Vision u n d m e t a m o r -
k ö n n e n K u n s t w e r k e e i n e m Weltbild e i n g e o r d n e t
p h o t i s c h e n Kunst gelangen u n d n e u e Objekte er-
w e r d e n oder w i e zerstören u n d überschreiten sie
schaffen, d. h. visuelle M y t h e n . « 1 3 6
dies.« 1 3 5 Nicht m e h r die Deutung der Welt ist dem-
Ausführlich widmet sich Einstein in seiner
n a c h Ziel der B i l d e n d e n Kunst, s o n d e r n ihre Ver-
Studie d e m Verhältnis von Subjekt u n d Objekt, die
• A S
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er hier als »Grenzzustände« des Erlebens und als »Grenzbegriffe« des Denkens bezeichnet. Er skizziert den kulturgeschichtlichen Weg, der von einem animistischen Naturzustand zur neuzeitlichen Trennung von Ich und Welt führen sollte. Die Bedeutung des »Primitiven« oder »Archaischen«, das uns in den kunstkritischen und kunsthistorischen Schriften des Autors immer wieder und in ungewöhnlichen Zusammenhängen begegnet, wird erst jetzt in vollem Umfang verständlich. Einstein faßt in diese Begriffe eine ursprüngliche Einheit von Mensch und Welt; eine Einheit, die erst durch die Kunst des Kubismus und des Surrealismus zurückerobert werden sollte: »Es erscheint mir als eine der Grundfälschungen der Philosophie, daß man, um die Person totgeängstigt zu einer statischen Konstante zu retten, das Ich substanzhaft verbegrifflichte und somit eine Trennung zwischen Subjekt und Objekt, äußerer und innerer Welt vollzog.« Der Blick auf die Wirklichkeit, wie er die europäische Kunstgeschichte von der Renaissance bis zum Impressionismus geprägt hatte, sollte erst durch den Verlust dieser archaischen Einheit möglich werden: »Nun definiert man das Geschaute als unabhängiges Objekt und hieraus folgte die akademische Lehre von der Nachahmung und dem stabilen Objekt; letzte Folgerung dieser Doktrin mußte ein passiver Naturalismus sein.« 137 In seinem kunsttheoretisch-erkenntniskritischen Hauptwerk, seiner summa aesthetica, denn als solche muß das Buch über Braque bezeichnet werden, erntet Einstein die Früchte einer jahrzehntelangen Arbeit im Weinberg der Kunst. Die entscheidenden Gedanken und Leitmotive seiner kritischen und historischen Schriften werden hier noch einmal aufgegriffen und weiterentwickelt, Thesen werden geklärt und Überzeugungen festgeschrieben. Auch die ungemeine Bedeutung des Raums, ein Thema, das Einstein seit seinen ersten Texten zur Kunst begleitet hatte, wird erst vor dem Hintergrund seiner Überlegungen zum Verhältnis von Subjekt und Objekt in ihrem ganzen Folgenreichtum nachvollziehbar. Der Raum wird nun als die »schwankende Kreuzung zwischen Mensch und Welt« charakterisiert, nicht etwa als ein unwandelbares und passiv
wahrzunehmendes Gegenüber, sondern als »ein Geschehen, ein Erleiden und ein Tun«. 138 Die historische Bedeutung des Kubismus bestehe darin, zu einem Raumverständnis vorgedrungen zu sein, mit dem schließlich die Trennung von Mensch und Welt überwunden werden könne: »Endlich galt es den Sprung zu wagen, nämlich Sehen und Raum nicht als fest Gegebenes zu bestaunen, nicht als Voraussetzung zu werten, sondern als Problem und Aufgabe zu verspüren. Damit mußte alles Raumhafte dem seelischen Erleben gemäß erschüttert und dynamisiert werden.« 139
169 Georges Braque: La danse, 1933-1934, Radierung, 25 χ 18 cm, Beilage der Vorzugsausgabe von Carl Einsteins »Georges Braque«, 1934
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Der Kubismus, der bereits in einigen Aufsätzen
In den Werken von Picasso, Braque, Léger und Gris
der zwanziger Jahre und insbesondere in der Kunst
werden Wirklichkeitskonventionen zerschlagen,
des 20. Jahrhunderts
als erkenntniskritisches Ver-
neue Wirklichkeiten gestiftet. Damit ist der Kubis-
fahren, als »subjektiver Realismus« beschrieben
mus, die Kunst des Jahrhunderts, als ein Realis-
wurde, nimmt in der Ästhetik Carl Einsteins und in
mus ganz besonderer Art bestimmt: »Wahrer Rea-
dem aus ihr folgenden Modell kunsthistorischer
lismus heißt: nicht Gegenstände abbilden, son-
Abläufe den Rang der einzig gültigen Ausdrucks-
dern solche erschaffen.« Das künstlerische Sehen
form der Gegenwart ein. An seinen gestalterischen
wird grundsätzlich als ein schöpferischer Akt, ja,
Möglichkeiten, an seiner Revolutionierung des
als ein Schöpfungsakt betrachtet, das Malen wird
Raums und des Sehens müssen sich fortan alle an-
wie Einsteins eigentliche Tätigkeit, das Dichten,
deren Versuche messen lassen, dem Menschen und
zur Vision neuer Wirklichkeiten, »denn dichtend
der Welt zu bildnerischem Ausdruck zu verhelfen.
erschafft man Realität«. 140
DAS Z E R S C H L A G E N E WORT K U N S T K R I T I K D E S K U B I S M U S U N D » K U B I S T I S C H E « K U N S T K R I T I K IM W E R K V O N PIERRE REVERDY, GUILLAUME APOLLINAIRE UND CARL EINSTEIN
Kubismus als literarische
Form
Die Kunst des Kubismus hat schon früh die Aufmerksamkeit der Kunstkritik erregt. Autoren wie Roger Allard oder Max Jacob, Maurice Raynal oder André Salmon haben über Werke und Ausstellungen dieser Kunst berichtet, haben versucht, die kühnen Vorstöße der kubistischen Maler und Bildhauer an ein skeptisches Publikum zu vermitteln, und haben deren Gemälde und Skulpturen mit Dichtungen sowie theoretischen Schriften begleitet. Die kunstgeschichtliche Forschung hat ihrerseits in angemessenem historischen Abstand - damit begonnen, Einfluß und Bedeutung der Kunstkritik des Kubismus zu untersuchen und für unser Verständnis der Werke von Picasso, Braque, Léger oder Gris fruchtbar zu machen. 1 Die Frage aber, ob neben der Kunstkritik des Kubismus auch von einer eigentlich »kubistischen« Kunstkritik gesprochen werden kann, von einer Kritik also, deren sprachliche Gestaltungsstrategien einen direkten Vergleich mit den kubistischen Bildkünsten zulassen, hat sich die Forschung bis heute nicht gestellt. Ist ein Gutteil der frühen Kunstkritik zum Kubismus von Dichtern geschrieben, und sind deren poetische Werke oft in einen sehr engen Zusammen-
hang mit den Werken der Maler und Bildhauer gerückt worden, so ist die Stilkategorie des cubisme littéraire gleichwohl und schon seit ihrer ersten Formulierung im Jahr 1912 nicht unumstritten. 2 Die Frage nach dem kubistischen ut pictura poesis in Werken wie Max Jacobs Le cornet à dés von 1917 oder Pierre Reverdys Les ardoises du toit von 1918 dringt tief in das Verhältnis von Literatur und Bildender Kunst, von Wort und Bild, ja, sie zielt schließlich auf die Frage, ob es grundsätzlich angemessen sei, bildkünstlerische Darstellungs- und Gestaltungsprinzipien auf die Genese und Beurteilung poetischer Werke zu übertragen. Bereits 1917, als Frédéric Lefèvre in seiner Studie La jeune poésie française Dichter wie Guillaume Apollinaire, Blaise Cendrars, Max Jacob oder Pierre Reverdy unter die literarischen Kubisten rechnete, ist - wenn auch nicht unwidersprochen - versucht worden, die Werke der literarischen Avantgarde anhand von Stilelementen zu erklären, die aus der kubistischen Bildproduktion abgeleitet wurden: »[...] essayant d'imaginer des réalisations littéraires cubistes, j'apercevais des poèmes et des proses étranges, difformes (je compare aux habitudes littéraires du passé), je voyais la syntaxe au supplice, la morphologie respectée à grand'peine; je
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contemplais des arrangements bizarres de vocables, tout à fait dépourvus de sens pour mes yeux de profane; des suites incohérentes d'idées ou de traits descriptifs; en un mot d'indéchiffrables rébus dressant entre la vision, ou la pensée, ou l'émotion (on ne sait pas!) du poète et le lecteur le mur solide d'une inviolable obscurité.« 3 Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft haben gleichwohl nicht davon abgelassen, diese »unentzifferbaren Rätsel« kubistischer Kunst und Literatur zu lösen. Gibt es bis heute auch keine überzeugende Gesamtdarstellung, die den bildnerischen Befund des Kubismus mit seinen sprachlichen Äquivalenten in ein überzeugendes Verhältnis zu setzen wüßte und etwa der Frage nachginge, was denn das Kubische der Worte sei, so können doch durchaus einige der Formkriterien benannt werden, die den Vergleich der beiden Künste rechtfertigen und damit zu ihrer gegenseitigen Erhellung beitragen.4 Nicht wenige Stilelemente des literarischen Kubismus stehen in der Nachfolge symbolistischer Dichtung. In den Gedichten und Prosastücken wird dieser Einfluß allerdings durch den Einsatz alltagssprachlicher Einsprengsel überwunden, durch eine betont moderne Semantik, die sich nicht scheut, Sprach- und Bildfragmente großstädtischen Lebens in ihre Ausdruckswelt einzugliedern, und durch den oft genug trivialen lyrischen Anlaß, der den bevorzugten Gattungen von Stilleben und Landschaft in kubistischen Gemälden zweifelsohne entspricht. Wie in der Bildenden Kunst ist dabei zu beobachten, daß auch das kubistische Sprachkunstwerk, die Prosagedichte von Max Jacob oder Pierre Reverdy ebenso wie die Verse ihrer Weggefährten, auf der analytischen Fragmentierung und synthetischen Rekonstruktion des poetischen Gegenstandes beruht, ohne daß freilich - wie in der Malerei - aus diesen stilistischen Kriterien die historische Epochenscheidung einer frühen und einer späten kubistischen Dichtung zu gewinnen wäre. Sprachlich drückt sich die Zertrümmerung des Gegenstandes in einer Abkehr von tradierter Grammatik und Interpunktion, in der elliptischen Verwendung von Satzfragmenten und der zeichenhaft
motivierten Setzung einzelner Wortsolitäre aus. Ist damit bereits der nichtmimetische, keineswegs aber gegenstandslose Zugriff von kubistischer Malerei und Literatur grundsätzlich vergleichbar, so lassen sich noch weitere Gemeinsamkeiten von sprachlicher und bildkünstlerischer Faktur festhalten. Wie in den Gemälden des synthetischen Kubismus ist auch in den Gedichten etwa von Guillaume Apollinaire oder Biaise Cendrars das Aufbrechen einer einheitlichen Oberflächentextur zu bemerken, in die literarische oder alltagssprachliche Versatzstücke geradezu objekthaft eingefügt werden. Neben der eigentlichen Sprachcollage ist dabei ein häufiger Ton- und Perspektivwechsel zu beobachten, der den poetischen Gegenstand gleichsam von allen Seiten in den Blick nimmt und zugleich, wie etwa in den poèmes-conversations Apollinaires, das lyrische Ich in ein polyphones oder polyfokales Kollektiv auflöst. Vielstimmigkeit und die kalkulierte Überwindung eines eindeutigen Betrachterstandpunktes führen dabei gelegentlich, und das nicht nur in Apollinaires vielzitiertem Gedicht Les fenêtres von 1913, zur Simultaneität unterschiedlicher Wirklichkeitsaspekte, die den orphistisch-kubistischen Stadtlandschaften von Robert Delaunay, und damit dem bildkünstlerischen Anlaß dieser Verse, unbedingt vergleichbar ist. Die Auseinandersetzung mit Gestaltungsprinzipien der Bildenden Kunst führt im literarischen Kubismus zuletzt bis hin zur Übernahme visueller Kompositionsverfahren, sei es in den Bildgedichten Guillaume Apollinaires oder Pierre Albert-Birots, sei es im Gefüge individuell angeordneter Versbruchstücke und gesetzter Leerstellen, das schon André Malraux in der sinn- und rhythmusstiftenden »disposition typographique« der Lyrik Pierre Reverdys erkannt hat. 5 Die Vertreter der literarischen Avantgarde im Frankreich des frühen 20. Jahrhunderts haben sich ausnahmslos auch mit Werken zeitgenössischer Kunst beschäftigt, sie haben Kritiken verfaßt und meist auch zu ästhetischen Grundfragen Stellung bezogen. Zeigen die »kubistischen« Schriftsteller in ihren poetischen Texten ein hohes Bewußtsein für die Darstellungsprobleme ihrer Zeit, wie sie von Dichtern und Malern gleichermaßen geteilt wer-
DAS
den, so ist zu fragen, ob und wie das Nachdenken über ästhetische Prinzipien nicht nur im Inhalt sondern auch in der Form der Kunstkritik als literarischer Gattung Gestalt angenommen hat. Am Beispiel von Pierre Reverdy, Guillaume Apollinaire und Carl Einstein, die zu den wichtigsten Verteidigern der kubistischen Kunst zu rechnen sind, soll im Folgenden versucht werden, das Verhältnis der Kunstkritik des Kubismus zur »kubistischen« Kunstkritik grundlegend zu bestimmen.
Bildnerische
Poesie und synthetische
Kritik
Die skizzierten sprachlichen Stilmittel der poésie cubiste lassen sich im Werk Pierre Reverdys geradezu idealtypisch nachweisen. 6 Der junge, 1889 in Narbonne geborene Schriftsteller übersiedelte 1910 nach Paris und traf zu einer Zeit in der französischen Hauptstadt ein, als die kubistischen Formexperimente ihre wohl intensivste Phase erreicht hatten. Schon bald stand Reverdy in engstem Austausch mit den Dichtern und Malern der Pariser Avantgarde. Erste Gedichtbände veröffentlichte er seit 1915, und im Frühjahr 1917 gründete der junge Dichter die Zeitschrift Nord-Sud, die nicht einmal zwei Jahrgänge überdauerte und dennoch als eine der bedeutendsten literarischen Zeitschriften des frühen 20. Jahrhunderts zu gelten hat. Neben seinen Gedichten, die unter anderem von Georges Braque, André Derain, Juan Gris und Pablo Picasso illustriert worden sind, erschienen seine literatur- und kunstkritischen Aufsätze in den führenden Pariser Zeitschriften. Die frühen Prosagedichte Reverdys wie beispielsweise Les poètes von 1915 erzielen ihre poetische Kraft aus einer Synthese von Bildsplittern, die ganz ohne Frage den Vergleich mit kubistischen Kompositionsprinzipien nahelegt: »Sa tête s'abritait craintivement sous l'abat-jour de la lampe. Il est vert et ses yeux sont rouges. Il y a un musicien qui ne bouge pas. Il dort; ses mains coupées jouent du violon pour lui faire oublier sa misère. Un escalier qui ne conduit nulle part grimpe autour de la maison. Il n'y a, d'ailleurs, ni portes ni fenêtres. On voit sur le toit s'agiter des ombres qui
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se précipitent dans le vide. Elles tombent une à une et ne se tuent pas. Vite par l'escalier elles remontent et recommencent, éternellement charmées par le musicien qui joue toujours du violon avec ses mains qui ne l'écoutent pas.« 7 Das Bild des Hauses scheint aufgebrochen, Innen und Außen sind ununterscheidbar ineinander verwoben, und das phantastische Spiel der Schatten weist bereits auf surrealistische Bilderfindungen in Dichtung und Malerei voraus. Die Blickführung zerfällt in die kleinteilig-genrehafte Nahaufnahme der intimen Szenerie und zugleich in eine eher landschaftliche Gesamtaufnahme, so daß von einem einheitlichen Betrachterstandpunkt keineswegs die Rede sein kann. Vor allem aber das deformierte Bild des Musikers, dessen ganz wörtlich zu nehmenden membra disiecta zu neuer, nun allein poetisch legitimierter Synthese zusammengeführt werden, ruft im Leser die Vorstellung kubistischer Porträt- und Figurendarstellungen hervor. Bildnerische Kompositionselemente hat Reverdy in so manches Gedicht seiner Sammlungen Quelques poèmes (1916), Les ardoises du toit (1918) oder La guitare endormie (1919) aufgenommen. Bis auf wenige Ausnahmen zielen die typographischen Experimente des Dichters dabei weniger auf eine motivische Ausdeutung im Sinne moderner visueller Poesie. Sein Einsatz eines ungewöhnlichen, von Leerstellen durchsetzten Zeilenumbruches ist - wie schon in Stéphane Mallarmés Un coup des dés jamais n'abolira le hasard von 1897, dem Reverdy entscheidende Anregungen verdankt - in erster Linie rhythmisch und semantisch motiviert. Lesen, oder besser, betrachten wir das Gedicht En face, das der Schriftsteller erstmals 1918 veröffentlicht hat: Au bord du toit Un nuage danse Trois gouttes d'eau pendent à la gouttière Trois étoiles Des diamants Et vos yeux brillants qui regardent Le soleil derrière la vitre Midi
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Die ungewöhnliche typographische Anordung der Versbruchstücke, ihr »système de blancs« (André Malraux), bewirkt ein zögernd-retardierendes Lesen, ein ruhiges Innehalten in der Mitte des Gedichtes, kurz bevor die Perspektive von der Naturund Gegenstandsschilderung auf das Motiv der Augen umschlägt, in denen das Gesehene sich spiegelt. Bild- und Versfragmente gehen hier, wie in zahlreichen anderen Gedichten Reverdys auch, mit dem bildhaft aufgefaßten Seitenaufbau - er ist es der den Leser en face anblickt - eine untrennbare Einheit ein. Die Komposition steuert den Leserhythmus und die syntaktische Verknüpfung; sinnfällig akzentuiert sie das poetische Bild durch den gelegentlich semantisch motivierten Zeilenbruch (»Trois gouttes d'eau pendent à / l a gouttière«). Das Gedicht, sein unverrückbares Ineinander von graphischer und poetischer Gestaltung, wird so zur literarischen nature morte,8 Pierre Reverdy hat diese Verse zusammen mit den anderen Gedichten der Sammlung Les ardoises du toit als Beispiel einer »art simple de présentation, de création« bezeichnet. 9 Daß der Dichter in einigen seiner Prosagedichte bewußt den Paragone mit kubistischen Stilleben aufgenommen hat, zeigt auch ein um das Jahr 1916 mit Juan Gris verabredetes, leider aber nicht verwirklichtes Publikationsvorhaben, in dem der poetische Text die direkte Konfrontation mit der kubistischen Kunst gesucht hätte.10 Unter dem Titel Entre les quatre murs et sur la table beabsichtigten Künstler und Poet ein Buch vorzulegen, auf dessen Seiten kubistische Stilleben in einer gemalten und einer gedichteten Fassung aufeinandertreffen sollten, ohne daß zwischen den beiden Gattungen ein bloßes Illustrationsverhältnis bestanden hätte. Von der ursprünglichen Idee legt ein Blatt Zeugnis ab, auf dem eine frühe und bereits gesetzte Fassung von Reverdys Moulin à café unmittelbar unter das entsprechende Stilleben von Juan Gris geklebt worden ist (Abb. 170).11 Bild und Text stellen sich hier dem gemeinsamen Thema auf ihre je eigene Art und Weise, sie wahren die ihnen zugehörigen Gestaltungsmittel; ihr Zugriff auf die Gegenstände der umgebenden Welt und deren Interpretation aber zeigt bei aller stilistischen Verwandt-
schaft eine deutliche Differenz von sprachlicher und bildkünstlerischer Welterfassung und läßt in der Zusammenstimmung von Gedicht und Gouache ein davon unabhängiges Drittes entstehen, das den gewählten Gegenstand über seine visuelle Erscheinung hinaus räumlich und metaphorisch steigert. Nicht nur in seinen Gedichten sondern auch in seinen kunst- und literaturkritischen Schriften zeigt Reverdy ein hohes Bewußtsein für die Zusammenhänge von Bildender Kunst und Poesie.12 In seinen programmatischen Überlegungen zu den Stilmitteln von Interpunktion und Typographie lotet der Dichter die Grenzen von Malerei und Poesie aus. Reverdy weiß, daß er sein Verfahren, das poetische Wort durch Leerstellen zu unterbrechen, durchaus auch seinen bildkünstlerischen Erfahrungen verdankt, läßt sich doch so eine durch den vers libre unbefriedigend gewordene Seitenaufteilung kompositorisch überzeugender gestalten: »Cette disposition répondait en même temps au besoin de remplir par l'ensemble nouveau la page qui choquait l'œil depuis que les poèmes en vers libres en avaient fait un cadre asymétriquement rempli. « 13 Gleichwohl ist ihm bewußt, daß der Autor mit diesem Vorgehen Gefahr läuft, seiner Dichtung ein gattungsfremdes Element einzuverleiben. Und so betont Reverdy für seine Gedichte die rein literarischen Beweggründe von neuer Typographie und Interpunktion: »Tandis que d'autres pratiquaient des dispositions typographiques dont les formes plastiques introduisaient en littérature un élément étranger, apportant d'ailleurs une difficulté de lecture déplorable, je me créais une disposition dont la raison d'être purement littéraire était la nouveauté des rythmes, une indication plus claire pour la lecture, enfin une ponctuation nouvelle, l'ancienne ayant peu à peu disparu par inutilité de mes poèmes.« 14 Auffallendes Stilmerkmal des lyrischen Werks von Pierre Reverdy und zentrales Thema seiner Poetologie ist das Phänomen einer literarischen Bildschöpfung, die ebenfalls von der zeitgenössischen Bildenden Kunst beeinflußt ist, und deren poetisches Verfahren durch und durch den Bilderfindungen des Kubismus verwandt erscheint. Als reine Hervorbringung des Geistes wird das poetische Bild
DAS
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nicht aus dem Vergleich geboren, sondern aus dem »rapprochement de deux réalités plus ou moins éloignées«. 15 Wie im synthetischen Kubismus der Jahre nach 1912 so wird auch in den nur wenig später entstandenen Gedichten Reverdys der dekomponierte Bildgegenstand zu neuer Bildwirklichkeit zusammengefügt (»ses mains coupées jouent du violon«). Wie steht es nun aber mit der Kunstkritik im Werk Pierre Reverdys? Der erste ausdrücklich der kubistischen Kunst gewidmete Aufsatz des Dichters erschien im März 1917 unter dem Titel Sur le cubisme und ist in einer historischen Situation entstanden, in der das öffentliche Erscheinungsbild dieser Kunst weniger von Picasso und Braque geprägt wurde, als vielmehr von einer heterogenen Gruppe von Nachahmern, zu denen - spätestens seit dem Skandalerfolg im Salon des Artistes Indépendants vom Frühjahr 1911 - Künstler wie Robert Delaunay, Albert Gleizes, Henri Le Fauconnier oder Jean Metzinger zu zählen sind. Reverdys Artikel macht es sich zur Aufgabe, das Publikum, aber auch die Künstler selbst, über die noch immer mißverstandenen Bemühungen des Kubismus aufzuklären und das Verständnis der neuen Kunstform auf eine theoretische Grundlage zu stellen. Erscheint der Text daher zunächst auch als eher kunsttheoretische denn als kunstkritische Stellungnahme - Künstlernamen, Ausstellungen oder konkrete Werke werden nicht genannt - , so ist seine vornehmste Aufgabe dennoch, zwischen Kunstwerk und Betrachter zu vermitteln. Im Zentrum seiner Argumentation steht dabei das Verhältnis des kubistischen Kunstwerks zur außerkünstlerischen Wirklichkeit, zum Naturvorbild: »Le cubisme est un art éminemment plastique; mais un art de création et non de reproduction ou d'interprétation.« 16 Reverdy betont nicht nur an dieser Stelle das Bildnerische, das Eigengesetzliche kubistischer Kunst und begründet gerade aus diesem Wesenszug die zunächst irritierende Darstellungsweise ihrer Gemälde, die »déformation des objets«. Entscheidend für die ungewöhnlichen Bilderfindungen des Kubismus gilt ihm der Bruch mit den Gestaltungsmitteln der Zentralperspektive und
AlWiefcìjleKr^ jv·**·^
i
damit die Abkehr von einer bloß visuellen Erscheinung des Gegenstandes im Kunstwerk: »Comme la perspective est un moyen de représenter les objets selon leur apparence visuelle, il y a dans le cubisme les moyens de construire le tableau en ne tenant compte des objets que comme élément et non au point de vue anecdotique.« 17 Pierre Reverdy gehört zu den wenigen zeitgenössischen Kritikern des Kubismus, die den entscheidenden gedanklichen
PJtr**»
170
Juan Gris
und Pierre
Reverdy:
Le moulin à café, 1915-1916,
Gouache,
Kohle und
eingeklebter
Text auf Papier, 46 X 29 cm, Madrid, Museo Nacional
Centro
de Arte Reina Sofia
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Anstoß kubistischer Weltdurchdringung aus einem Reflex auf die - wie auch immer vereinfachte und popularisierte - kantische Erkenntniskritik ableiten: »II devient alors nécessaire de préciser la différence qui existe entre l'objet et le sujet. Celui-ci est le résultat de l'emploi des moyens de création que l'on s'est acquis: C'est le tableau lui-même. Les objets n'entrant plus que comme élément on comprendra qu'il ne s'agit pas d'en donner l'aspect mais d'en dégager, pour servir au tableau, ce qui est éternel et constant (par exemple la forme ronde d'un verre, etc.) et d'exclure le reste. L'explication de la déformation des objets, que le public n'a jamais eue, est là. Elle est une conséquence et ne saurait être admise comme fantaisie arbitraire du peintre.« 18 In seinem Aufsatz Le Cubisme, poésie plastique erklärt Reverdy im Februar 1919 diese Konzeptualisierung der Bildenden Kunst aus der Übernahme poetischer Darstellungs- und Reflexionsverfahren. Entscheidende Begriffe sind dabei »dégager les rapports« und »reformation«, verstanden als das bildnerische Zusammenfügen zunächst zersetzter Objektbezüge, sowie die »art de conception«, die jeweils als nichtmimetische ästhetische Prinzipien aus der Dichtkunst abgeleitet werden. Der Kritiker beschreibt ein gestalterisches Vorgehen, das dem analytisch-synthetischen Verfahren kubistischer Kunst auf das genaueste entspricht: »Dégager, pour créer, les rapports que les choses ont entre elles, pour les rapprocher, a été de tous temps le propre de la poésie. Les peintres on appliqué ce moyen aux objets et, au lieu de les représenter, se sont servis de rapports qu'ils découvraient entre eux. Il s'ensuit une reformation au lieu d'une imitation ou d'une interprétation. C'est un art de conception: ce que fut de tout temps l'art poétique. La reformation de l'objet équivaut à la création poétique de la phrase non descriptive.« 19 Die Spannung zwischen der idealistischen Konzeption des Kubismus und seiner wenn auch gesteigerten Wirklichkeitserfassung, die Spannung zwischen autonomer Bilderfindung und Mimesis ist Thema auch derjenigen Texte, die Pierre Reverdy dem Anführer der bande à Picasso monographisch
gewidmet hat. Im Dezember 1923 wurde in ParisJournal ein Aufsatz veröffentlicht, in dem der Kritiker die revolutionären künstlerischen Leistungen Picassos herausstreicht und seiner Leserschaft zugleich die notwendigen bildsprachlichen Folgen des kubistischen Umsturzes erläutert. Der ästhetische Bruch mit den zentralperspektivischen Traditionen sei nötig geworden, da Picasso nach Gestaltungsmitteln gesucht habe, die das Kunstwerk zu einer »imitation profonde de la nature« führen. 20 In seiner Kunst werde das Akzidentielle des Naturvorbildes vom Gegenstand gelöst, um zu tieferer, zu verdichteter Wahrheit vordringen zu können. Reverdy erläutert diesen geradezu erkenntniskritischen Entwurf seiner Kubismustheorie am Beispiel der malerischen Gegenstandsanalyse der Jahre nach 1907: »De l'objet, Picasso prétendit ne dégager par conséquent que ce qui en est permanent et substantiel, ne prendre que la matière nette et écarter le sentiment qui la dénature et l'enveloppe.« Der Autor belegt dies anhand einzelner motivischer Beispiele: »La forme du verre l'arrête et non pas le reflet changeant et lumineux qui joue dans le cristal, il donne au bois de la table une forme qui la liera indissolublement au tableau. Et la délimitation particulière du papier sur le mur le fixera pour toujours à cette place précise à l'exclusion de toute autre.« 21 Vergleichen wir diese literarische Evokation eines kubistischen Stillebens mit demjenigen Gemälde, das möglicherweise den konkreten Anlaß zu Reverdys theoretischen Einlassungen geliefert hat (Abb. 171). Es wird deutlich, daß der Kritiker behutsam nachzuvollziehen versucht, wie Picasso vom Erscheinungshaften der Dinge abstrahiert und in der Gestaltung von Tisch und Glas gleichsam ihren substantiellen Kern zu erfassen versucht. Das Nature morte à la brioche von 1909 zeigt, wie alle anderen kubistischen Stilleben dieser Zeit auch, eine aus einfachen geometrischen Kompositionselementen entwickelte Bildstruktur, die sich der visuellen Erscheinung der Dinge im Raum und damit dem - im kantischen Sinne - subjektiven Blick des Künstlers nicht unterwirft. Gleichwohl ist das Bild nichts weniger als gegenstandslos aufgefaßt und will eine genaue Vorstellung von der körperlich-räumlichen
DAS
Gegenständlichkeit der Objekte im Betrachter wachrufen: »Par cet ensemble volontairement établi«, fährt Reverdy in seiner imaginären Beschreibung fort, »un aspect nouveau se trouvera créé qui constituera le sujet qu'on ne cherchera plus dès lors aveuglément dans l'objet, qui ne saurait être en tout cas que partie, mais dans le tout qui est, bien évidemment, ce qui importe le plus.« 22 Aus einer kubistischen Inversion herkömmlicher Mimesisvorstellungen erläutert Reverdy seinen Lesern die unvordenkliche und vermeintlich willkürliche Verzerrung des Bildgegenstands in den Kunstwerken Picassos und betont, daß die Anmutung realer und kubistisch gestalteter Objekte aufgrund eben dieser erkenntniskritischen Grundhaltung ganz notwendig voneinander abweichen müsse: »ce que l'on avait
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pris pendant longtemps pour une déformation fantaisiste des objets«, heißt es da, »c'était la très importante et très nouvelle mise en rapport, dans le plan artistique, d'une valeur matérielle empruntée au domaine de la réalité.« 23 Der Autor schließt seine kritische Studie zum Werk Pablo Picassos, indem er die grundlegende Bedeutung kubistischer Malerei für die Moderne herausstreicht und deutlich macht, daß der Betrachter in ihr nichts weniger als eine »esthétique entièrement nouvelle« zu sehen habe. Die hohe Wertschätzung des Künstlers und seiner Werke erfolgt allerdings nicht, ohne daß Reverdy noch einmal darauf hinwiese, daß Picasso die Bildende Kunst damit auf das höhere Reflexionsniveau der Dichtkunst gehoben habe: »On a donc quelque
171 Pablo Picasso: Nature morte à la brioche, 1909, Öl auf Leinwand, 65 χ 91 cm, Paris, Privatbesitz
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raisons de dire que son art entier et le cubisme ont été la plus haute manifestation artistique de notre époque et aussi de répéter qu'il a su rejoindre la poésie à son faîte tout en restant dans les strictes limites de l'art plastique.« 24 Fassen wir vorläufig und mit Bezug auf unsere Grundfrage zum Verhältnis von Sprache und kritischem Gegenstand zusammen, so ist zunächst festzuhalten, daß Pierre Reverdy in seinen Schriften zum Kubismus kunsttheoretisch und - gelegentlich - kunsthistorisch argumentiert. Der Kritiker unternimmt es, die ungewöhnliche Bildform kubistischer Malerei aus einem Wirklichkeitszugriff abzuleiten, der das Wesentliche (»ce qui en est permanent et substantiel«) aus den Gegenständen herauslösen und im Gemälde zu einer neuen und tiefer ausgeloteten Wirklichkeit rekonstituieren will. Auftrag des kubistischen Kunstwerks ist es mithin, einem idealistischen Wahrheitsanspruch genüge zu tun und die Darstellung des Menschen und der ihn umgebenden Dingwelt zu einer »plus grande réalité« zu führen. 25 Charakterisiert Reverdy damit gewissermaßen Aufgabe und Anspruch auch der eigenen Dichtung, so ist auffallend, daß die Sprache seiner kritischen Schriften bei aller literarischen Durchformung grundsätzlich von der Sprachgestaltung seiner Gedichte unterschieden ist. Es bleibt also zu fragen, ob die Kunstkritik, an die ganz offensichtlich andere sprachliche Anforderungen gestellt werden als an die poésie cubiste, damit nicht ganz unvermeidlich zu einer untergeordneten, einer zweitrangigen Gattung degradiert wird, zu einer Gattung also, die den ungemein hohen Wahrheitsanspruch von kubistischer Dichtung und Malerei nicht teilen kann. Reverdy ist sich dieses Gattungskonflikts durchaus bewußt gewesen, und so hat der Kritiker in der Zeit unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs Auswege gesucht und mit alternativen Kritikformen experimentiert. Im Werk des Schriftstellers ist eine kleine Gruppe kunst- und literaturkritischer Texte überliefert, in denen eben diese Kluft zwischen den formalen Errungenschaften und einer alltagssprachlichen kritischen Stellungnahme überwunden werden soll. Die ersten beiden dieser
»articles-poemes« (Etienne-Alain Hubert) erschienen im Mai 1919 in der Zeitschrift Littérature, sowie in der Anthologie Dada. Ihre hochentwickelte literarische Gestalt rechnet mit einem Leser, der mit den ästhetischen Debatten seiner Zeit eng vertraut ist und hinter der poetischen Oberfläche die aktuellen polemischen Auseinandersetzungen aufspürt.26 Formal stellen diese kritischen Gedichte Mischformen aus poème en prose und vers libre dar und zeichnen sich dadurch aus, daß sie die typographischen Neuerungen der Dichtkunst Reverdys sinnfällig übernehmen. Sie sind zudem teils als Montage aus Zitaten und Anspielungen mehrstimmig angelegt, und inhaltlich als oft rätselhaft, als geradezu hermetisch zu charakterisieren. Reverdy hat diese Sonderform literarischer Kunstkritik nach wenigen Versuchen wieder einstellen müssen. Zwar sind hier sprachlicher Duktus, Wortwahl und Versbau der hochentwickelten poetischen Struktur seiner Dichtungen ebenbürtig, allein der kritische Inhalt droht hinter der auf das äußerste verdichteten Sprachgestalt zu verschwinden und ist jedenfalls dem zeitgenössischen Publikum - und um so mehr dem heutigen Leser - nur schwer dechiffrierbar. Widmen wir uns dem dritten und letzten dieser articles-poèmes ein wenig ausführlicher. Im Juni 1919 und anläßlich einer Ausstellung neuerer Werke von Henri Matisse in der Pariser Galerie BernheimJeune hat Reverdy ein langes, als Critique synthétique (Exposition Henri Matisse) bezeichnetes Gedicht verfaßt, das sich seinen Lesern schon durch den im Titel offen dargelegten poetischen Anlaß weniger verweigert als seine hermetischen Vorgänger.27 Die eigentliche Ausstellungskritik ist in eine Rahmenhandlung eingebettet, die typographisch durch ihren Fettdruck vom übrigen Text abgesetzt ist, und in der das lyrische Ich seinen Gang durch die Pariser Stadtlandschaft und die ästhetischen Folgen des Galeriebesuchs schildert (»Et moi dehors au milieu des vitrines / Au langage des tromp e s / A l'orientation nouvelle du vent/Et de l'esprit«). Der poetische Binnentext wendet sich nun auf ganz eigentümliche Weise den ausgestellten Werken von Matisse zu:
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Ce n'est pas le vent qui agite le rideau Mais l'air qui tend la toile Et des visages qui se plissent Les persiennes fermées il fait encore clair Dans la chambre Le tapis gris COULEUR Dans le recul la forme se précise On peut toujours poser le pot de fleurs La main rétablit l'ordre L'esprit laisse une imperfection sentimentale Et nous sommes dans une autre sphère Une autre salle Sous un autre climat La note part des pins où le soleil s'accroche Combien d'autres aspects viennent de là Je pense à quelqu'un d'autre Son nom est dans la barque Et ce n'est peut-être pas seulement celui-là UNE FENETRE La vue s'étend à des miliers de kilomètres La tasse de tilleul fume trop près du bras Au milieu l'œil qui tourne le long du mur qui change A chaque pas le garçon le bord du fleuve la lisière du bois L'atmosphère est remplie de toutes ces lumières et on se trompe de porte à la sortie Le peintre est peut-être derrière l'arbre ou près du cadre Et rit Si tout à coup ce bras allait s'allonger et prendre du relief dans la pénombre Le nom restant toujours collé au ciel de lit
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Der lyrische Text stiftet einen freien Rapport von bildkünstlerischem Vorbild und sprachlicher Nachgestaltung. Seine Verse evozieren die typische Bildwelt der Werke von Matisse, indem sie Elemente von Stilleben, Landschaft, Interieur und Figurenbild miteinander in Verbindung setzen. Ergebnis ist eine assoziative semantische Textur, in die einzelne Schlüsselworte aus dem Bereich der Malerei eingewoben sind (»couleur«, »forme«, »lumière«, »cadre«), ohne daß der Text eine eindeutige, etwa kunstkritische Lesart erhielte. Der Katalog, den die Galerie Bernheim-Jeune im Mai 1919 vorgelegt hat, erlaubt es dem Kunsthistoriker sehr wohl, die Ausstellung von Matisse zumindest weitgehend zu rekonstruieren und die Œuvres récentes zu benennen, denen der Kritiker in den Galerieräumen der Rue Richepanse begegnet ist. Dem Leser des Gedichtes jedoch fällt es schwer, ein konkretes Kunstwerk zu bestimmen, das von Reverdy ausdrücklich in den Blick genommen wäre. Gelegentlich werden gleichwohl einzelne Gemälde deutlicher angesprochen (»La tasse de tilleul fume /trop près du bras«), die Anspielung auf das konkrete Werk löst sich jedoch allzu rasch im assoziativen Gesamt des Gedichtes ¡mí (Abb. 172).2B Die Kunstkritik einer solchen Critique synthétique beschränkt sich damit allerdings fast ausschließlich auf eine atmosphärisch bestimmte Evokation der Themen und Motive von Henri Matisse. Die eigentliche Ekphrasis einzelner Werke unterbleibt, ein kritisches Bewerten, eine theoretische oder historische Einordnung des Gesehenen ist ihre Sache nicht. Als einzige Ausnahme ist dabei der versteckte Hinweis zu werten, mit dem Reverdy die Malerei von Matisse zum Vorbild kubistischer Kunst erklärt. Einige Verse sprechen davon, daß von dem Gesehenen zahlreiche bildnerische Anregungen ausgegangen seien, und in ihnen hat der Dichter den Namen von Georges Braque anagrammatisch verborgen (»Je pense / à quelqu'un d'autre / Son nom est dans la barque«). 29 Zeigt der große formale Aufwand der Critique synthétique, ihre rhythmische und typographische Durchgestaltung, ihre Montage- und Bildtechnik, daß das kritische Gedicht als Sprachkunstwerk durchaus auf der Höhe
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172
Henri
Matisse:
Tête de Laurette,
1917,
Öl auf Leinwand, 92 χ 73 cm, Solothurn, Kunstmuseum
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der freien Dichtungen Reverdys steht, so muß doch zugestanden werden, daß es den Anspruch kunstkritischer Analyse und Vermittlung, die geforderte »Untersuchung, Wertung und Beeinflussung der zeitgenössischen Kunst« (Albert Dresdner), nicht erfüllt.30 Reverdys poetische Kunstkritik ist vielmehr als ein dichterischer Text von Rang aufzufassen, der seine Kraft aus den Stilmitteln der poésie cubiste schöpft und dabei selbst nicht weniger erklärungsbedürftig ist als die betrachteten Gemälde selbst. Versuchen wir ein Resümee: Pierre Reverdys essayistisches Werk ist ein vorzügliches Beispiel
der literarischen Kunstkritik der ersten Jahrzehnte des gerade vergangenen Jahrhunderts. In engem Austausch mit den führenden Künstlern des Kubismus hat er die Bedeutung und die theoretischen Grundlagen ihrer Kunst durchdrungen und hat versucht, das Werk von Picasso, Braque und Gris an sein Lesepublikum zu vermitteln. Seine hohe Aufmerksamkeit gegenüber den Gestaltungsproblemen avantgardistischer Kunst und Literatur hat ihn nicht nur zu einem der wichtigsten Vertreter des cubisme littéraire werden lassen, nein, Reverdy hat darüber hinaus — zumindest gelegentlich — versucht, seine poetologischen Einsichten auf die Kunstkritik als
DAS
literarische Gattung zu übertragen. Gerade das
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cule de la réalité«, der in diesen Werken zum Aus-
Scheitern seiner kritischen Gedichte, die der Autor
druck komme, läßt sich ein wenig sinnfälliger zur
als experimentelle Form rasch wieder aufgegeben
Charakterisierung einer Malerei verwenden, die in
hat, führt ins Zentrum des nicht wenig problemati-
der Tat das Verhältnis des Bildgegenstandes zum
schen Verhältnisses von Sprache und Gegenstand in
Naturvorbild umkehrt und sich dabei von allen
einem Werk der Kunstkritik, das sich auf der Höhe
Prinzipien wirklichkeitsnaher Nachahmung löst
der Zeit wissen will. Und so stellt sich - zuletzt -
(Abb. 173). Apollinaires Text mündet in einen be-
die Frage, ob die Sprache der Kunstkritik und die
geisterten Prosahymnus auf das Werk des jungen
Sprache des freien literarischen Kunstwerks in der
Künstlers und bietet eine Vielzahl vor allem christ-
Moderne nicht ganz notwendig und unwieder-
licher Metaphern auf, mit denen die Gemälde von
bringbar voneinander geschieden sind?
Georges Braque und der Künstler selbst in höchster Ton- und Stilart gepriesen werden: »Son esprit a provoqué volontairement le crépus-
»Et moi aussi je suis
peintre«
cule de la réalité et voici que s'élabore plastiquement en lui-même et hors de lui-même une renais-
Der Name von Guillaume Apollinaire ist wie kein
sance universelle. / Il exprime une beauté pleine de
zweiter mit der Kunst des Kubismus verbunden.
tendresse et la nacre de ses tableaux irise notre
Der kunstkritische und -theoretische Anteil des
entendement. / Un lyrisme coloré et dont les exem-
Dichters an der Formulierung einer kubistischen
ples sont trop rares l'emplit d'un enthousiasme har-
Ästhetik ist gleichwohl umstritten, und nicht nur
monieux et ses instruments de musique, sainte
Daniel-Henry Kahnweiler hat die poetischen Werke
Cécile même les fait sonner. Dans ses vallons bour-
Apollinaires seinen kunstkritischen Beiträgen ent-
donnent et butinent les abeilles de toutes les jeun-
schieden vorgezogen. Richten wir unser Augen-
esses et le bonheur de l'innocence languit sur ses
merk aber zunächst auf diejenigen Texte, die Apol-
terrasses civilisées. / Ce peintre est angélique.« 3 2
linaire als Kritiker den kubistischen Künstlern und ihren Werken gewidmet hat. Als Georges Braque im November 1908 seine
Lassen wir die Frage beiseite, ob eine solche literarische Evokation die Kunst von Braque in diesen Anfangsjahren des Kubismus treffend zu charakteri-
erste Ausstellung kubistischer Landschaften und
sieren vermag, so wird in jedem Fall die sprach-
Stilleben in der Galerie Kahnweiler veranstaltete -
künstlerische Haltung deutlich, mit der sich Apol-
eine Ausstellung, der wir durch die polemische
linaire seinem Gegenstand nähert. Es handelt sich
Kurzkritik von Louis Vauxcelles immerhin den Be-
bei diesen Zeilen um eine feierlich-hieratische
griff der »cubes« und damit den Namen der ge-
Prosa, die noch immer und unverkennbar der Tra-
samten Richtung verdanken - , da hatte der Dichter
dition symbolistischer Dichtung verpflichtet ist,
Gelegenheit, seine Einschätzung dieser Werke im
und die versucht, der Stimmung metaphorischen
Katalogvorwort niederzulegen: »Ses compositions«,
Ausdruck zu verleihen, die das betrachtete Werk
heißt es dort über die ausgestellten Gemälde, »ont
des Künstlers im Kritiker hervorgerufen haben mag.
l'harmonie et la plénitude qu'on attendait. Ses déco-
Der Autor sieht die französischen Maler seiner
rations témoignent d'un goût et d'une culture assu-
Zeit überdies in einer historischen Situation ange-
rés par son instinct. Puisant en lui-même les élé-
langt, in der sie mit den Konventionen des Impressio-
ments des motifs synthétiques qu'il représente, il est
nismus gebrochen haben und nun an der Schwelle
devenu un créateur.« 31 Mit Harmonie und Fülle,
zu einer Kunst stehen, die er als »plus noble, plus
mit Geschmack und Kultur werden dem Werk des
mesuré, mieux ordonné, plus cultivé« kennzeich-
Künstlers recht unbestimmte ästhetische Katego-
net. 33 War es im November 1908 gewiß nicht abzu-
rien unterlegt, und allein das Verhältnis der Bilder
sehen, daß es sich bei der Präsentation der Werke
zur außerkünstlerischen Wirklichkeit, der »crépus-
von Braque gleichsam um die Gründungsausstel-
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lung des Kubismus handelte, so erstaunt es doch, daß Apollinaire - anders als etwa Louis Vauxcelles in seiner entschiedenen Ablehnung des Gesehenen - das grundsätzlich Neue und Besondere der bei Kahnweiler gezeigten Kunstwerke nicht zur Sprache bringt und Maler wie Cézanne und Picasso, Matisse und Derain, ja, sogar Vallotton und Redon in einem Atemzug mit Georges Braque zu Vertretern dieser neuen, der »edleren« und »maßvolleren« Kunst erklärt. 173
Georges
Le compotier, Öl auf
Braque: 1908, Leinwand,
54 χ 85 cm, Stockholm, Moderna
Museet
Apollinaire steht in dieser Zeit in einem regen Austausch mit den kubistischen Künstlern, vor allem mit Pablo Picasso, der ihm in tiefer Freundschaft verbunden ist. Zum Werk des Freundes aber oder zum Werk von Braque finden sich in den ver-
öffentlichten Schriften des Kritikers in den Jahren bis 1913 nur gelegentliche und meist beiläufige Bemerkungen. Diese Zurückhaltung des ansonsten so produktiven Kunstkritikers liegt zunächst darin begründet, daß die erste Generation der Kubisten auf Anraten Kahnweilers kaum an Ausstellungen innerhalb Frankreichs teilnahmen und beispielsweise in den Salons der verschiedenen Künstlervereinigungen nicht vertreten waren. Apollinaire selbst bemerkt diesen Umstand bei seiner Besprechung des Herbstsalons von 1910, wenn er die Gruppe der Salonkubisten als saft- und kraftlose Epigonen kritisiert und ihren Gemälden die Werke einer begabten Künstlerpersönlichkeit entgegenhält: »L'on a u n peu parlé d'une manifestation bizarre de cubisme.
DAS
Les journalistes mal avertis ont fini par y voir de la métaphysique plastique. Mais ce n'est même pas cela, c'est une plate imitation sans vigueur d'ouvrages non exposés et peints par un artiste doué d'une forte personnalité et qui, en outre, n'a livré ses secrets à personne.« Und der Salonbericht fährt nicht fort, ohne diese Anspielung selbst aufzulösen: »Ce grand artiste se nomme Pablo Picasso.« 34 Der Dichter gibt mit diesen Zeilen nicht nur zu verstehen, daß er selbst im Gegensatz zu den geringgeschätzten Journalisten intim mit den Werken des orthodoxen Kubismus, dem »vrai cubisme«, vertraut sei, er verwendet hier, und das bereits in Abgrenzung zur Gruppe der Nachahmer um Albert Gleizes und Jean Metzinger, den Begriff des Kubismus erstmals überhaupt in seinem kunstkritischen Werk.35 Daß sich Apollinaire, von dieser und ähnlichen Marginalien abgesehen, über das kubistische Werk von Picasso und Braque nach seinem Katalogvorwort von 1908 und bis zum Erscheinen der Méditations esthétiques 1913 ausschweigt, findet zuletzt jedoch seine ganz anders geartete Begründung: Die Begegnung mit dem frühen Kubismus, vor allem mit den Werken, die im Umkreis der Demoiselles d'Avignon von 1907 (New York, Museum of Modern Art) entstanden sind, hat - wie wir noch sehen werden - Apollinaire als Kritiker aber auch als Dichter zutiefst verunsichert. Seine Kunstkritik ist nicht nur in diesen Jahren vornehmlich unter die Gattung der Ausstellungskritik zu rechnen, und so begegnen ihm auf seinen zahlreichen Promenaden durch die großen Jahresausstellungen der Pariser Künstlervereinigungen gelegentlich auch die Gemälde jener Künstler, die ihre Salonbeiträge nach dem oft genug mißverstandenen Vorbild der Werke von Braque und Picasso entworfen haben. Apollinaires kritisches Engagement ist dabei ganz notwendig auf wenige beiläufig formulierte Sätze zu einzelnen Künstlern und Werken beschränkt, die nicht selten in Gemeinplätzen verharren (»L'imagination de Metzinger nous a donné, cette année, deux toiles élégantes de tons et de dessin, qui témoignent pour le moins d'une grande culture« 36 ), und die inhaltlich wie sprachlich äußerst summarisch angelegt sind. Dem Kubis-
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mus wird dabei kaum mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den anderen Kunstformen der Zeit auch. Selten und oft zwischen den Zeilen finden sich historische oder theoretische Reflexionen zur Entstehung und zur ästhetischen Bedeutung des Kubismus eingestreut. Und seltener noch ist ein Text verfaßt worden, in dem Apollinaire zeigt, daß es ihm auch um eine prinzipielle Auseinandersetzung mit dem Kubismus zu tun ist. Mit Blick auf die Veröffentlichung seiner Méditations esthétiques sind dann Texte wie Du sujet dans ia peinture nouvelle oder Le Cubisme entstanden, in denen sich Apollinaire um die ästhetischen Grundlagen der Kunst seiner Zeit bemüht. Neben allerlei Unklarheiten und so mancher Fehleinschätzung gelingen dem Autor dabei immer auch aphoristisch verdichtete Prägungen, in denen sein intuitives Verständnis kubistischer Kunst aufblitzt: »Un Picasso étudie un objet comme un chirurgien dissèque un cadavre.« 37 Der entscheidende Beitrag Apollinaires zur kritischen Beschäftigung mit der Kunst des Kubismus aber sind und bleiben seine Méditations esthétiques,38 Als einzige kunstkritische Monographie zu Lebzeiten des Autors unter dem Titel Les peintres cubistes veröffentlicht, den Apollinaire als Untertitel ins Auge gefaßt hatte, setzt sich das Werk, und das ist seit Erscheinen des Buches im März 1913 unzählige Male beanstandet worden, aus bereits zuvor publizierten und zum Anlaß der Edition überarbeiteten Fragmenten zusammen. Ist der erste Teil der ästhetischen Betrachtungen (»Sur la peinture«) aus Texten entstanden, die beinahe ausschließlich 1912, und das heißt mit Blick auf die schon für dieses Jahr angekündigte Buchpublikation, entstanden sind, so greift der zweite Teil des Buches (»Peintres nouveaux«) auf einige sehr frühe und kaum noch aktuelle Kritiken zurück. Es kann als kunsttheoretische Hauptleistung des Buches gelten, daß Apollinaire im ersten Teil seiner Betrachtungen versucht, einen Katalog kubistischer Stilkategorien aufzustellen und den unterschiedlichen Kubismen - »cubisme scientifique«, »cubisme physique«, »cubisme orphique« und »cubisme instinctif« — einzelne Künstlerpersönlichkeiten zuzuordnen. 39 Zugleich verwundert es jedoch,
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daß der Autor es nicht unternimmt, seine intime und nun schon langjährige Kenntnis der Werke der ersten Kubistengeneration gültig zu resümieren. Dies erstaunt am meisten im Kapitel »Picasso«, mit dem Apollinaire den zweiten Teil seines Buches eröffnet. Zwar hat er seinen frühen, schon 1905 entstandenen Aufsatz zum Werk des Freundes in den Méditations esthétiques um einige Abschnitte erweitert, der Text bleibt gleichwohl eine poetischkritische Stellungnahme zum Werk der »Blauen« und der »Rosa Periode«, der einige knappe Bemerkungen zum Kubismus ohne jede Vermittlung angestückt werden. 40 Das Heterogene des Buchaufbaus, seiner formalen wie inhaltlichen Gestaltung wird gerade in diesen Passagen besonders deutlich. Greifen wir einige Sätze heraus: »Alors, sévèrement, il a interrogé l'univers. Il s'est habitué à l'immense lumière des profondeurs. Et parfois, il n'a pas dédaigné de confier à la clarté des objets authentiques une chanson de deux sous, un timbre-poste véritable, un morceau de toile cirée sur laquelle est imprimée la cannelure d'un siège. L'art du peintre n'ajouterait aucun élément pittoresque à la vérité de ces objets. La surprise rit sauvagement dans la pureté de la lumière et c'est légitimement que des chiffres, des lettres moulées apparaissent comme des éléments pittoresques, nouveaux dans l'art, et depuis longtemps déjà imprégnés d'humanité.« 41 Wir haben es demnach mit einem Versuch zu tun, die Assemblage von Bruchstücken der Alltagswelt als Gestaltungsprinzip des Kubismus zu erläutern. Apollinaire erkennt die grundsätzliche Differenz im Repräsentationsgrad von dargestelltem und collagiertem Gegenstand, von »élément pittoresque« und »objet authentique«; er erkennt vor allem, welche ästhetischen Folgen aus diesem Aufeinandertreffen für den Wahrheitsanspruch abzuleiten sind, den der synthetische Kubismus seit etwa 1912 in seinen papiers collés formuliert. Die literarische Durchformung dieser Zeilen unternimmt es gleichwohl, Sprachduktus und Stilhöhe des ursprünglichen Aufsatzes zu bewahren. Die präzise ästhetische Analyse des Collageverfahrens ist eingebettet in ein Textganzes, das in weiten Teilen
noch immer die Motivwelt des frühen, des vorkubistischen Picasso beschwört. Und so ist auch in den wenigen Sätzen, die Apollinaire seinem Text 1913 beigefügt hat, die kunstkritische Reflexion über den Kubismus hinter einer symbolistischhermetischen Sprache eher verborgen. Für das Kapitel »Picasso« gilt - wie für die Méditations esthétiques insgesamt - , daß sich der textgenetische Fragmentcharakter in einer Uneinheitlichkeit der sprachlichen und inhaltlichen Anlage des Textes spiegelt. Es ist gelegentlich versucht worden, die ungewöhnliche literarische Form - oder besser: die Formlosigkeit - der Méditations esthétiques als Gestaltungsstrategie ihres Autors auszugeben und mit den in dieser Zeit entstehenden Gedichten Apollinaires zu vergleichen. 42 Ja, bereits die Zeitgenossen haben vereinzelt versucht, die ästhetischen Betrachtungen als ein Werk der Dichtkunst aufzufassen. Maurice Raynal hat die Méditations esthétiques schon 1914 als »poème sur la peinture« bezeichnet und über ihren Verfasser erklärt, daß sein poetisches Wesen ihn davon abhalte, die Malerei selbst zu kommentieren und zu erläutern: »En général, les vrais poètes ne comprennent rien, mais ressentent tout. Aussi Guillaume Apollinaire, sorte de sensualiste mystique, ne comprend pas la peinture, mais la perçoit, l'éprouve.«43 Hat Raynal damit das Assoziative und Sensualistische der Kunstkritik Apollinaires grundsätzlich richtig erkannt, so läßt sich aber auch durch den Versuch, seine ästhetischen Betrachtungen als ein Werk der Poesie zu nobilitieren, das Zufällige und Disparate des Buches nicht leugnen. In Apollinaires Méditations esthétiques stehen essayistische, theoretische, historische und biographische Passagen unverbunden neben-, ja, gegeneinander und begründen so das Fragmentarische des Buches. Auch von einer einheitlichen Sprachgestalt ist das Werk weit entfernt. Dem getragenen Stil symbolistischer Metaphorik sind gelegentlich nüchterne ästhetische Reflexionen eingefügt, historischer Bericht steht neben literarischer Evokation. Apollinaires Betrachtungen werden den bildkünstlerischen Leistungen des Kubismus weder inhalt-
DAS
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lieh noch sprachlich gerecht, und gerade dann, wenn man Vergleiche mit dem dichterischen Werk dieser entscheidenen »Epochenschwelle« (Hans Robert Jauss) in der intellektuellen und literarischen Entwicklung Apollinaires anstellen will, zeigt sich, daß das kunstkritische Werk des Autors die gestalterischen Herausforderungen des Kubismus nicht angenommen hat. Es ist Apollinaire nicht vorzuhalten, daß er in der literarischen Gestaltung seiner Brotarbeiten - und als solche sind die journalistischen Schriften und ist letztlich auch die Kunstkritik des Autors anzusehen - nicht die gleiche Sorgfalt walten läßt wie in seinem poetischen Werk. Im Gegenteil: Gedichte wie Zone von 1912 oder Lundi Rue Christine von 1913 gehören zu den bedeutendsten Textzeugnissen der europäischen Avantgarde am Beginn des 20. Jahrhunderts, und die Beschäftigung mit den Werken kubistischer Kunst, die nicht nur zeitgleich entsteht, sondern sich vor allem vor vergleichbare Herausforderungen gestellt sieht, hat hier ihren eigentlichen Ort gefunden. 44 Apollinaires Verhältnis zum Kubismus kann nur verstanden werden, wenn man berücksichtigt, daß seine Kenntnisnahme der unvordenklichen Bilderfindungen, die seit 1907 in Picassos Atelier im Bateau-Lavoir
entstanden, zu einer nachhaltigen
Freundes auf Apollinaire gehabt hat: »Le soir dîné
Sprachskepsis führen mußte. Hat der Kritiker das
chez Picasso, vu sa nouvelle peinture: couleurs éga-
Frühwerk seines Freundes schon bald nach ihrer
les, roses de chair, de fleurs, etc., têtes de femmes
Begegnung zu Beginn des Jahres 1905 mit poeti-
pareilles et simples, têtes d'hommes aussi. Admi-
schen Ekphrasen publizistisch begleitet, so sollte
rable langage que nulle littérature ne peut indiquer,
ihm beim Anblick der ersten kubistischen Versuche,
car nos mots sont faits d'avance. Hélas!« 4 5
und das heißt zunächst in der Auseinandersetzung mit den Demoiselles
d'Avignon
Apollinaire konnte an diesem Februarabend des
und ihren Vor-
Jahres 1907 im Atelier von Picasso eine ganze Reihe
läufern, schlagartig bewußt werden, daß sich eine
von Figuren- und Kopfstudien sehen, aus denen
solche literarisch-assoziative Annäherung an das
der Maler in den folgenden Wochen und Monaten
Werk des Malers nicht bruchlos würde fortfüh-
die endgültige Fassung seiner Demoiselles
d'Avignon
ren lassen. Apollinaires Vertrautheit mit den Form-
entwickeln sollte (Abb. 174-175).
experimenten, die Picasso mit Blick auf sein großes
geometrischen Grundformen im Umriß und in der
Figurenbild betrieb, und die Sprachkrise, die diese
Binnenzeichnung, mit einer flächig angelegten Lokal-
Konfrontation ausgelöst hat, lassen sich auf den Tag
farbigkeit radikalisiert Picasso die Bildsprache der
genau datieren. Unter dem Datum des 27. Februar
Fauvisten, um sie schließlich in einem grundsätz-
Mit einfachen
1907 findet sich im Tage- und Notizbuch des Autors
lich neuen Zugriff auf die Gestaltungsprobleme von
ein Eintrag, der von der ungeheuren Wirkung Zeug-
Raum, Volumen und Figur zu überwinden. Apolli-
nis ablegt, die das Studienmaterial im Atelier des
naires Reaktion auf das Gesehene ist von tiefgrei-
174 Pablo Picasso: Les Demoiselles d'Avignon, 1906-1907, Öl auf Leinwand, 243,Β χ 233,5 cm, New York, Museum of Modern Art
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rungen vordringt. Bereits wenige Tage später überträgt Apollinaire anläßlich eines Besuches des Musée du Louvre seine Irritation auf die Malerei insgesamt: »Au Louvre vu la nouvelle salle des Rembrandt. Je ne veux plus parler de peinture, je n'y entends rien; les peintres non plus.« 46 Und dennoch: Apollinaire spricht und schreibt weiterhin über Werke der Bildenden Kunst. Über die Entwicklungen des Kubismus aber äußert er sich — wie wir gesehen haben - zunächst kaum, und seinen Versuch, die Gemälde von Braque zum Gegenstand einer literarischen Evokation zu machen, wird er im nachhinein selbst als gescheitert angesehen haben. In die Méditations esthétiques jedenfalls sind nur einige wenige Sätze des Katalogvorworts von 1908 übernommen worden. Die unüberbrückbare Kluft zwischen literarischer und bildkünstlerischer Gestaltung hat Apollinaire in einem Essay über Henri Matisse zur Sprache gebracht, der im Dezember 1907 in der Zeitschrift La Phalange erschienen ist und gleich zu Beginn die sprachkritischen Einsichten seines Autors grundsätzlich resümiert: »II n'y a pas de rapport de la peinture à la littérature, et je me suis efforcé de n'établir à cet égard aucune confusion. C'est que chez Matisse l'expression plastique est un but, de même que pour le poète l'expression lyrique.« 47
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Pablo Picasso: Buste de femme, 1906-1907, Tinte und Gouache auf Papier, 62 χ 47 cm, Berlin, Sammlung Berggruen
fender Natur und seine Verunsicherung läßt sich auf sein kunstkritisches wie auch auf sein dichterisches Werk beziehen. Angesichts der kühnen formalen Neuerungen in den Zeichnungen und Gemälden seines Freundes werden ihm das Unvermögen sprachlicher Nachgestaltung und die Grenzen literarischer Erfindung schmerzlich bewußt. Maler und Kritiker stehen in dieser Zeit in beinahe täglichem persönlichen Austausch, und so kann Apollinaire aus unmittelbarer Nähe verfolgen, wie Picasso auf seiner Suche nach einer neuen Bildsprache zu immer kompromißloseren Formulie-
Die Begegnung mit den Werken des Kubismus, die an ihnen neu gewonnenen ästhetischen Erfahrungen, vor allem aber die damit einhergehende Sprachskepsis zwingen Apollinaire in den nächsten Jahren dazu, eben diese »expression lyrique« als das maßgebende Ziel seines Schreibens zu verfolgen und sich auf sein eigentliches, sein dichterisches Werk zu konzentrieren. Es entstehen in der Folgezeit nur sehr wenige Aufsätze zur Kunstkritik und zeitgleich - und durchaus auch gedanklich parallel - zu seiner Arbeit an den ästhetischen Grundlagen der kubistischen Bildkünste, die erst in den Méditations esthétiques ihren publizistischen Niederschlag finden wird, versucht Apollinaire die Grenzen seiner poetischen Ausdrucksmöglichkeiten systematisch zu erweitern. Nur so ist es zu verstehen, daß der weite Weg, der von seiner ersten Buchpublikation L'Enchanteur pourrissant (1909) zu den
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Calligrammes (1918) führt, in so kurzer Zeit zurückgelegt werden konnte; ein Weg, auf dem sich Apollinaire vom Einfluß spätsymbolistischer Lyrik befreit und mit immer neuen Vorstößen, vom poèmeconversation bis hin zum ideographischen Experiment der Bildgedichte, in bislang unbekannte Gebiete der sprachkünstlerischen Möglichkeiten des frühen 20. Jahrhunderts vordringt. Der entscheidende Durchbruch gelingt Apollinaire mit seinem Gedicht Zone, das er im November 1912 noch in die Druckfahnen der Sammlung Alcools nachgetragen hat, und das am Beginn einer ganzen Reihe von Gedichten steht, in denen der Autor seine ästhetischen Erkenntnisse in eine »kubistische« Poetik umgewandelt hat. Das Gedicht ist in erster Linie geprägt von einer gebrochenen Perspektivität; eindeutige Zeit- und Raumbezüge sind zu simultan gültigen Facetten aufgelöst, und der Gang des lyrischen Ichs durch die Pariser Stadtlandschaft ist mit Gedankensplittern und Erinnerungsfragmenten durchsetzt. Eine solche polyfokale Textstruktur, die durch die bewußte Unterdrückung jeglicher Interpunktion noch zugespitzt wird, führt zu einer poetischen »Zerstückelung des Ichs in Raum und Zeit« (Hans Robert Jauss), und der Leser wird - ganz ähnlich wie in den kubistischen Gemälden - zu einer aktiven, den eigentlichen Sinn jeweils erst stiftenden Lektüreleistung herausgefordert. 46 Spätsymbolistische Einflüsse sind durch alltagssprachliche Einschlüsse und eine moderne Bildwelt endgültig überwunden, wie Apollinaire überhaupt in dieser Zeit Versatzstücke aus allen Bereichen sprachlicher Äußerungen, vom Zitat älterer Dichtung bis hin zur Montage zunächst poesiefremden Wortmaterials, in seine Gedichte einarbeitet. In den Werken der nächsten Jahre wird Apollinaire seine Montage- und Perspektivtechnik bis ins Äußerste treiben, und Gedichte wie Lundi Rue Christine von 1913 sind ganz zurecht als poèmesconversations bezeichnet worden: Prosaische Gesprächsfetzen werden nun aus allen Richtungen eingefangen, werden in allen Stimmlagen in den poetischen Text inkorporiert, und nicht nur das Mehransichtige und Collagenhafte der so gewonnenen Textkomposition erinnert an die Werke des
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synthetischen Kubismus, sondern auch das Aufeinandertreffen von Textpassagen unterschiedlicher Repräsentationsgrade. Anders als in den Méditations esthétiques hat das Fragmentarische, das Collagierte in den Gedichten Apollinaires eine sinnfällige Textfunktion gefunden, und die angesichts der Demoiselles d'Avignon empfundenen Unzulänglichkeiten des vorgeprägten Sprachmaterials werden durch das Zerschlagen der aristotelischen Einheit von Zeit und Ort zu überwinden gesucht. Ziel sind die »mots en liberté«, die aus dem Korsett syntaktischer und poetologischer Regeln befreiten Wörter, die sich Apollinaire um das Jahr 1913 kurzfristig vor allem vom Futurismus erhofft, und die in den nur wenig später entstehenden Bildgedichten in bis dahin ungeahnter Radikalität im Sprachkunstwerk eingesetzt werden. 49 Apollinaire hat die neu entwickelten Ausdrucksmöglichkeiten seiner Dichtkunst auch in solchen Texten genutzt, die Gattungsmerkmale von Lyrik und Kunstkritik in sich vereinen. Besonders augenfällig ist dies in einigen Gedichten, die Apollinaire der Kunst von Robert Delaunay gewidmet hat. Nehmen wir diese poèmes-critiques und ihre kunstkritische Vorgeschichte einmal etwas genauer in den Blick. Anläßlich seiner Besprechung des Salon des Indépendants von 1911 findet sich die erste ein wenig ausführlichere Erwähnung des Künstlers, in der Apollinaire bereits seiner hohen Wertschätzung Ausdruck verleiht: »Parmi les mieux doués de ces artistes, on doit saluer Robert Delaunay, dont le talent robuste a de la grandeur et de la richesse. L'exubérance qu'il manifeste garantit son avenir. Il se développe dans le dessin et dans le coloris qui sont forts et vivants. Sa Tour Eiffel a de la puissance dramatique et son métier est déjà très sûr.« 50 In den nachfolgenden Jahren wird Apollinaires kritischer Zugriff auf die Werke des Künstlers, insbesondere auf dessen Stadtlandschaften, grundsätzlicher und führt zuletzt zur Definition und Propagierung einer als Orphismus bezeichneten Kunst, die Apollinaire als »dramatisation des volumes colorés«, als »ruptures brusques de perspectives« und als »ivresse de la couleur simultanée« eindrucksvoll charakte-
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risiert. 51 Der intensive kritische wie persönliche Dialog mit Delaunay führt ganz selbstverständlich auch zur unmittelbaren Konfrontation mit dem konkreten Kunstwerk, führt zur Analyse und Ekphrasis einzelner Gemälde (Abb. 176). So heißt es 1912 in Apollinaires Kritik zum Salon des Indépendants über Delaunays Bild La Ville de Paris:
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Robert Delaunay: La Ville de Paris, 1910-1912, Öl auf Leinwand, 267 χ 406 cm, Paris, Musée National d'Art Moderne
»Voilà un franc tableau, noble, exécuté avec une fougue et une aisance auxquelles nous n'étions plus accoutumés. A gauche la Seine, Montmartre, à droite la tour Eiffel et des maisons, au centre trois corps élancés et puissants [...]. La simplicité et la hardiesse de cette composition se combinent heureusement avec tout ce que les peintres français ont trouvés de neuf et de puissant depuis plusieurs générations. Aucune prétention, aucun désir d'étonner ou d'être obscur et voilà une œuvre importante qui marque une date dans la peinture moderne.« 52 Auch jetzt gilt: Die formalen Herausforderungen der kubistisch-orphistischen Malerei werden in
Apollinaires Kunstkritik nicht durch literarische Entsprechungen adaptiert. Delaunays Werk vermag das kunstkritische Urteil des Kritikers tief zu beeindrucken, die sprachliche Fassung dieses Urteils bleibt davon indes unberührt. Apollinaire aber hat sich, wie gesagt, nicht nur auf dezidiert kunstkritische Weise mit den Werken der Bildenden Kunst seiner Zeitgenossen beschäftigt, und so hat er auch die Arbeit Robert Delaunays mit eigenen Gedichten begleitet und in ihnen eben den Ort ästhetischer Auseinandersetzung gefunden, der ihm offenkundig in seinen rein kunstkritischen Texten versagt geblieben ist. Eines der berühmtesten Gedichte von Apollinaire, Les fenêtres, ist für eine kleine Broschüre geschrieben worden, die Herwarth Waiden anläßlich einer Ausstellung der Werke Delaunays in seiner Berliner Galerie Der Sturm im Januar 1913 herausgegeben hat. Das Gedicht spielt schon in seinem Titel auf die Fensterbilder des Künstlers an; es überträgt das Kolorit der orphistischen Simultankon-
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traste in eine ganze Fülle von Farbsubstantiven und -adjektiven. Der poetische Blick auf die Stadt wird von Impressionen ferner Länder überblendet, die Vielfalt perspektivischer Bezüge spiegelt sich in der Simultaneität verschiedener Tages- und Jahreszeiten: »Vancouver / Où le train blanc de neige et de feux nocturnes fuit l'hiver/Ô Paris/Du rouge au vert tout jaune se meurt/Paris Vancouver Hyères Maintenon New-York et les Antilles / La fenêtre s'ouvre comme une orange/Le beau fruit de la lumière«. 53 Und doch bescheidet sich Apollinaire nicht damit, Motivik und Kompositionsprinzipien der Gemälde Delaunays in seine Kunst zu übertragen. Er versucht in einer Art von modernem Paragone, die Stadtlandschaften des Künstlers im Sprachkunstwerk zu überbieten und zu einer Art von Weltlandschaft zu steigern. Das Gedicht nimmt die gestalterischen Herausforderungen der simultanen Färb- und Formkomposition des Gemäldes an und versucht ein gleich- oder gar höherwertiges literarisches Gegenstück zu schaffen. Die Sprachskepsis jedenfalls scheint mit Les fenêtres und mit den anderen Gedichten dieser Zeit überwunden, und Apollinaire selbst hat in seinen neuen Versen eine »esthétique toute neuve« begründet gesehen, wie er am 30. Juli 1915 an Madeleine Pages schreibt. 54 Ebenfalls im Auftrag Herwarth Waldens ist ein kurzes, nur wenige Verse umfassendes Gedicht entstanden, mit dem Apollinaire 1913 den Rangstreit von Lyrik und Malerei nun ganz unmittelbar aufgenommen hat. 55 Das Poem ist Tour betitelt, und wurde von der Galerie Der Sturm auf einer Bildpostkarte vertrieben (Abb. 177), auf der das gleichnamige, 1945 zerstörte Gemälde Robert Delaunays aus der Sammlung Bernhard Koehler zu sehen ist: Au Nord au Sud Zénith Nadir Et les grands cris de l'Est L'Océan se gonfle à l'Ouest La Tour à la Roue S'adresse
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Àu nord «in utd Zenith natii r El lei grettdt c m de l'evt L'Oféun îi i'óucvt if gonfle Iji lour ii ta roue S\id rette Ouiiliiume Apollinaire
In nur wenigen Worten, aber dennoch treffsicher, kennzeichnet das Gedicht das simultane Kompositionsverfahren der Gemälde Delaunays, die Gleichzeitigkeit aller Richtungsangaben in den räumlichen Bezügen der Gegenstände, den Zusammenfall von Oben und Unten. Die Pariser Stadtlandschaft ist das Zentrum dieses Weltentwurfs in sechs Versen, die Hauptmotive des Gemäldes, Eiffelturm und Riesenrad, werden - gleichsam im Vorgriff auf den Surrealismus - als belebte Protagonisten aufgefaßt,
177 Robert Delaunay und Guillaume Apollinaire: Tour, Bildpostkarte, 1913, Berlinische Galerie, Hannah-Höch-Archiv
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kritik überhaupt, erfolgt nicht durch Analyse und Explikation, sie erfolgt in einer Art von literarischer Nachschöpfung, deren Gestaltungsmerkmale der Leser auf das Gemälde übertragen soll. Daß es der Dichter und nicht der Kunstkritiker ist, der zu einem tiefen Verständnis des Kubismus vordringt, spiegelt sich im übrigen auch in den Porträts, die Picasso im Lauf der Jahre von seinem Freund gezeichnet hat: Das einzige kubistische Porträt Apollinaires ist als Frontispiz seiner Gedichtsammlung Alcools vorangestellt (Abb. 178).
178 Pablo Picasso: Portrait de Guillaume Apollinaire, 1913, Kreide, Tusche und Lavierung auf Papier, 21 χ 15 cm, Privatbesitz
die sich einander zuwenden. Eine kunstkritische Beurteilung des Gemäldes, das doch der konkrete Anlaß zur Entstehung des Gedichts gewesen ist, seine kunsthistorische Einordnung aber erfolgt hier ebensowenig wie in den anderen Werken der poésie critique, und doch ist diesen Gedichten der Versuch nicht abzusprechen, zwischen Kunstwerk und Publikum zu vermitteln. Diese Vermittlungsleistung aber, und damit eines der Hauptkriterien von Kunst-
Der Schriftsteller hat in den Jahren nach 1912 sein Interesse an den ästhetischen Problemen der Bildenden Kunst schließlich so weit getrieben, daß er seinen Gedichten selbst Aufgaben visueller Repräsentation überantwortet hat. Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg entwirft der Dichter den Plan zu einer kleinen Gedichtsammlung, die den sprechenden Titel Et moi aussi je suis peintre tragen sollte.56 Das sechzehnseitige Büchlein, dessen Entwurf in der Pariser Bibliothèque Doucet erhalten ist, war dazu bestimmt, die Ergebnisse einer poetischvisuellen Versuchsreihe zusammenzutragen, in der Apollinaire die Ausdrucksmöglichkeiten des modernen Bildgedichts erforscht und neu definiert hatte. Das Figurengedicht besitzt eine lange Ahnenreihe, die sich über Barock und Renaissance bis auf die Antike zurückverfolgen läßt. Apollinaire stützt sich in seinen idéogrammes lyriques jedoch vor allem auf die typographischen Neuerungen, die gelegentlich schon am Ende des 19. Jahrhunderts bei der Anordnung des symbolistischen vers libre erprobt wurden, und die besonders im Futurismus zu ungeahnten visuellen Konfigurationen geführt hatten. Auch wenn das Buch in den Wirren des Krieges nicht mehr erscheinen konnte und mit anderen Bildgedichten erst in die 1918 vorgelegten Calligrammes aufgenommen worden ist, so dokumentiert doch schon allein der ursprünglich vorgesehene Titel, daß es Apollinaire 1914 auf die Nähe seiner Gedichte zur Bildenden Kunst und auf die Idealkonkurrenz von Dichter und Maler angekommen ist. Der Poet entwickelt in diesen Gedichten eine lyrische Gattung, in der Sprache und Form, die literarische und die typographische Gestaltung in
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ein enges und komplementäres Verhältnis zueinander eintreten.
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res verdeutlichen; ein Beispiel, das zugleich zeigt, daß sich der Autor auch in seinen Bildgedichten mit ästhetischen Themen befaßt hat. In einem Brief an
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Pablo Picasso berichtet Apollinaire am 4. Juli 1914 über diese neue Gedichtform und charakterisiert ihr poetisches Gestaltungsprinzip, nicht ohne zu
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betonen, daß er sich in ihr vom vers libre löst: »j'ai fait des poèmes encore plus nouveaux de vrais idéogrammes qui empruntent leur forme, non à une prosodie quelconque mais à leur sujet même. Ainsi ce n'est plus le vers libre, et en même temps la forme poétique est toujours renouvelée.« 57 Apollinaire hat seinem Brief ein Gedicht, La pipe et le pinceau,
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gefügt, das den skizzierten Sachverhalt demonstrie-
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ren soll, und das zugleich als Doppel- und Freundschaftsporträt von Apollinaire und Picasso betrachtet werden muß (Abb. 179). Die Verse der ersten »Strophe« zeichnen die Konturen einer Tabakpfeife nach und spielen zugleich auf das in sich gekehrte, nachdenkliche Pfeiferauchen des Schriftstellers an, dessen Ikonographie - auch und gerade in den Porträts von Picasso - nicht vom Bild der Pfeife zu trennen ist; der zweite Teil evoziert im Motiv des Pinsels die malende Hand des Künstlers, dessen Werk die Bilder dieser Welt, ihre Menschen und
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Landschaften festhält: »Je suis la forme même de la
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méditation/et finalement je ne contiens plus que
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des cendres / fumée trop lourde et qui ne peut plus que descendre // Mais la main qui te prend contient l'univers/c'est immobiliser toute la v i e / i c i naissent / tous les aspects / tous les visages / et tous les / paysages«. 58 Der Dichter, der sich gleich mit Beginn des Krie-
sehen Texte fruchtbar zu machen. In einem Ausstellungsfaltblatt, das im Januar 1917 erschienen ist, begleitet der Autor die Gemälde von Léopold
ges freiwillig zum Eintritt in die französische Armee
Survage und Irène Lagut mit Gedichten, deren
gemeldet hatte und 1916 verwundet nach Paris
handschriftlich gestalteten Textbilder ohne jede
zurückkehren mußte, macht sich schon bald nach
typographische Umsetzung abgedruckt werden. 59
der Operation seiner Kriegsverletzung wieder an
Sein wichtigster Versuch aber, Bildgedicht und
die schriftstellerische Arbeit. Noch im selben Jahr
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Kunstkritik zu einer Einheit zu verbinden, wird im
Apollinaire:
unternimmt Apollinaire erste Versuche, die in den
Mai 1917 in Pierre Albert-Birots avantgardistische
ideographischen Sprachkunstwerken entwickelten
Zeitschrift SIC eingerückt, die trotz ihres kurzlebi-
Ausdrucksmöglichkeiten auch für seine kunstkriti-
gen Erscheinens zwischen 1916 und 1918 in der
et le
Guillaume La
Brief an Pablo 14. Juli
pipe
pinceau, Picasso,
1914,
Paris, Musée
Picasso
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prend les choses avec
II se déchire en accords profonda Dos Arlequines jouent dans Io les rêves et íes actives mains Lustres or toile irieéo or Bleu Π ammo légère Tout on restant Kaone lourdes ai los Bourdons femmes striées
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P I C A S S O leur ombre aussi et d'un coup (ioni! sublimato ire
et agréables à respirer tel l'orgue que j'aime entendre rose et bleue d'un beau-ciel
Orient plein de glaciers loi des stries de fou argent des ondes «lies touchent ¡'incandesce éolat de Arlequins semblablea & Dieu on variété Fleure brillantcomme deux perles Lys je n'étais pas seuil cerclés d'or, Nouveau monde très matinal L'aventure de co vieux chova! Au soir de la pêche merveilleuse Air de petite violons au fond d e · Dans le couchant puis au bout de Regarde la tête géante ot immense L'argent sera vite remplacé par Morto pendue à l'hameçon... c'est L ' h u m i d e v o i x des a c r o b a t e s Grimaco parmi les assauts du vent Ouis les vaguee et le fracas d'uno Enfin la grotte h l'atmosphère dorée Ce saphir veiné Rois de phosphore L a danne des L e cadre bleu
Ce souvenir revit
L'hiver est rigoureux fond en murmurant, bleues après le grand cri cette sirène violon quelques brasses encore plongeon-diamant
Aussi distingués qu'un lac monstres qui palpitent fais onduler les remords montant de l ' é n o r m e mer en Amérique l'œil du masque anges rangée l'an des dieux la main verte tout notre or la danse bleue dos maisons qui s'assoupit femme bleue par la v e r t u il faut rire!
sous les arbres les bottines entre des plumes bleues dix mouches lui fait face quand il songe à toi l ' a i r a g i l e s ' o u v r a i t aussi tandis que Au milieu des r e g r e t s dans u n e v a s t e grotte, àia nage Prends les araignées roses Regrete d'invisibles piégée l'air Paisible se souleva mais sur le clavier musiques Guitare-tempête 6 gai trémolo O gai trémolo 6 gai trémolo Il ne rit pas l'artiste-pei η tre Ton pauvre étineàllemont pâle L'ombre agilo d'un soir d'été qui meurt Immense désir et l'aube émerge des eaux si lumineuses Je v i · nos yeux diamants enfermer le reflet du ciel vert et J'entendis ea voix
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Guillaume
Apollinaire: Pablo Picasso, 1917, Bürstenabzug und handschriftliche Korrekturen,
Paris,
Bibliothèque
Nationale
qui dorait les forêts tandis que vous pleuriez
L'acrobate à cheval le poète à moustaches un oiseau mort et tant d'enfants sans larmes Choses cassées des livres déchirée des couches de poussière et des aurores déferlant l Guillaume
APOLLINAIRE
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Guillaume
Apollinaire: Pablo Picasso, 1917, Abbildung aus 1917
»SIC«,
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Geschichte der visuellen Poesie des 20. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle spielt. 60 Das Gedicht ist Pablo Picasso betitelt und evoziert schon im typographischen Seitenaufbau die kubistischen Stilleben des Künstlers. Die Textur der Wörter und Sätze bildet einen dicht gefügten rechteckigen Bildgrund, aus dem weiße Formen gleichsam herausgeschnitten sind (Abb. 180-181). Ohne eindeutig erkennbar und benennbar zu sein, erinnern sie an die bruchstückhafte Gegenstandswelt der kubistischen Gemälde, an die »choses cassées«, von denen in der letzten Textzeile die Rede ist. Und doch ist das Arrangement der Buchstaben, anders als das aufgeklebte Zeitungspapier in einigen Collagen des synthetischen Kubismus, nicht nur seiner Form- und Strukturwerte wegen auf das Blatt gesetzt. Gerade in seiner literarischen Gestaltung, die den einzelnen Satz in ambivalente Bedeutungsfragmente aufsplittert und sprachliche Versatzstücke collagiert, zeigt sich die größte ästhetische Nähe des Textes zum Kompositionsverfahren der Gemälde und Klebebilder Picassos. Das Zweideutige, das Gebrochene der Satzstruktur wird durch die weitgehend fehlende Interpunktion begünstigt, ein durchgängiger oder eindeutiger Textsinn wird verweigert, und die Satztrümmer fügen sich dem Betrachter zu immer neuen Sinnfacetten zusammen. Das Werk ist als Textbild wie als Bildtext lesbar, und während das typographische Stilleben von vornherein festgestanden zu haben scheint, ist, wie die in der Pariser Bibliothèque Nationale erhaltene Korrekturfahne eindrucksvoll demonstriert, vor allem an der poetischen Durchformung lange und sorgfältig gearbeitet worden. 61 Das Gedicht reflektiert in einigen wenigen Zeilen, von denen der Textkorpus gleichsam gerahmt wird, das Verfahren kubistischer Bildfindung: »Voyez ce peintre il prend les choses avec leur ombre aussi et d'un coup d'oeil sublimatoire / Il se déchire en accords profonds [...] Choses cassées des livres déchirés des couches de poussière et des aurores déferlant!« 62 Der Hinweis auf Gegenstandsanalyse und Gegenstandssynthese im Werk Picassos bleibt gleichwohl assoziativ, und so werden die Erwartungen, die der Anfang des Bildgedichts im Leser
weckt, im weiteren Verlauf der Lektüre auch keineswegs erfüllt. Der Text fügt sich nicht zu dem literarischen Porträt, das Titel und Incipit des Gedichtes dem Leser versprechen. Inhaltlich nämlich wird einmal mehr die Färb- und Bilderwelt der »Blauen« und vor allem der »Rosa Periode« aufgerufen (»Des Arlequines jouent dans le rose et bleus d'un beauciel«), und es scheint gewiß, daß Apollinaire seinen Rückgriff auf die Zirkusmotive des Frühwerks durch den Künstler selbst legitimiert gesehen hat. Picasso arbeitet in eben dieser Zeit im Auftrag der Ballets Russes an der Ausstattung von La Parade, die im Mai 1917 in Paris Premiere hatte und in der Welt der Gaukler und Harlekine spielt. Vor allem in der Zusammenarbeit von Picasso und Léonide Massine, von »costumes cubistes« und »chorégraphie cubiste«, sieht Apollinaire dabei das Gesamtkunstwerk einer ganz neuen Ästhetik verwirklicht. Der Kritiker beurteilt die Inszenierung in seiner Einleitung zum Programmheft als eine Versöhnung von Realismus und Kubismus, für die er den folgenreichen Begriff des »sur-réalisme« prägt.63 Gleichviel ob die historische Bedeutung des Balletts damit tatsächlich erfaßt ist, Apollinaires Pablo Picasso jedenfalls markiert den Übergang vom Kubismus zum Surrealismus: Der kubistischen Sprach- und Bildkomposition steht eine Motivik gegenüber, die dem Paradoxen, dem Phantastischen verpflichtet ist. Die Gegenstände werden zu rätselhaften Konfigurationen verbunden (»Rois de phosphore sous les arbres les bottines entre des plumes bleues«), Dinge und Lebewesen verschmelzen zu poetischen Metamorphosen (»sirène violon«, »plongeon-diamant«, »guitare-tempête«). Das Gedicht droht zuletzt an eben diesem Widerspruch, an der Unvereinbarkeit von kubistischer Komposition und surrealistischer Thematik zu scheitern, und das Ziel der poésie critique, eine unverrückbare Einheit von sprachlicher Form und kunstkritischem Gegenstand zu finden, ist nicht erfüllt. Als kunstkritische Stellungnahme vermag das Bildgedicht dann auch nicht zu überzeugen, der Leser kann - anders als in den Gedichten zu Robert Delaunay - die Sprachgestaltung des Gelesenen kaum auf den behandelten Gegenstand übertragen.
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Fassen wir zusammen: Apollinaire hat die Kunst des Kubismus nicht nur in monographischen Texten und Salonkritiken besprochen, er hat darüber hinaus Stellungnahmen zu historischen und ästhetischen Aspekten dieser Kunst verfaßt. Zwar handelt es sich bei seiner Kunstkritik zumeist um Ausstellungskritik, der Autor verfügt aber gleichwohl über eine erstaunliche Fülle literarischer Zugriffe auf seinen Gegenstand und desgleichen über einen Gattungspluralismus, der vom bloß informierenden Tagesjournalismus bis zur Salon-Causerie, von der Anekdote bis zum kunsttheoretischen Essay reicht. Auffallend ist dabei, daß diese Gattungsvielfalt nicht sujetgebunden und sprachlich - wie gesagt in den allermeisten Fällen der Tradition spätsymbolistischer Dichtung verpflichtet ist. Eine »kubistische« Kunstkritik, in der die Herausforderungen kubistischer Malerei aufgenommen und sprachlich beantwortet wären, läßt sich in den kunstkritischen Werken des Dichters allerdings an keiner Stelle entdecken. Apollinaire schreibt in seinen Texten zur Kunst in eben dieser und der immer gleichen stilistischen Attitüde über den Berliner Pergamonaltar wie über die Gemälde Picassos, über die Mona Lisa wie über den italienischen Futurismus. Eine Ausnahme stellen hingegen solche Texte dar, in denen Apollinaire versucht, mit den ihm eigenen Ausdrucksmöglichkeiten einer ungebundenen Dichtkunst auf die Anregungen der zeitgenössischen Bildenden Kunst zu reagieren. Es entstehen Gedichte, in denen der Autor Strukturmerkmale des Kubismus auf die Literatur überträgt und weiterentwickelt, es entstehen darüber hinaus Werke einer poésie critique, die für sich beanspruchen, dichterische Sprachform und kunstkritischen Gegenstand in Einklang zu bringen. Herkömmliche Kunstkritik und kubistische Dichtung treten im Werk Guillaume Apollinaires auseinander, der Schriftsteller selbst zerfällt in die Rollen von Dichter und Kunstkritiker. Die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Kubismus, ein tiefes, wenn auch intuitives Verständnis dieser Kunst kann allein, und das ist ein gewiß eigentümlicher Befund, dem Dichter Apollinaire zugeschrieben werden.
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Umbildung des Sehens, Umbildung des sprachlichen
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Glasig Zerstücken zerrt tauben Hals in quere Masche. Gefetzter schwert blättrige Luft. Dein Fleisch nährt Wind. Auge blendet fremd Gestirn. Verscherbter zackt in bergigem Schrei, Gilb Wiese mit zersticktem Vorwurf. Eitrige Silbe wölkt. Zahn färbt rotgestotterten Dampf. Tropfig Denken speit lockern Herbst. Zerwesen krankt Fall; Greist Staubt Wurzelt. Griffe gegabelt jammern dir den Ast. Aufwirft Haß in kantenen Rauten. Kreise bleiche Körner, Hagelgurt. Runde träges Gift. Ersticken türmt. Als Karl Kraus dieses Gedicht im April 1917 in seiner Fackel nachdruckt, es ist Tätlicher Baum betitelt und stammt von der Hand Carl Einsteins, da geschieht dies nicht, wie heute wohl zu erwarten stünde, um die poetischen Kühnheiten, die sprachlichen Neubildungen und hermetischen Bildprägungen der zitierten Verse zu würdigen. Im Gegenteil: Kraus versieht das Gedicht mit einer bitterbösen, ja, verächtlichen Glosse. Der Autor wird als »Schwindler« und »Dilettant« herabgesetzt, seine Verse werden als »Betrug«, als eine »Frechheit ins Angesicht der Sprache« verdammt.64 Der Kritik am Gedicht verbindet sich in der Polemik die eigentümliche moralische Kritik an einem Krieg, der solche Verse nicht zu verhindern gewußt habe; Verse immerhin, die sich aus heutiger Sicht doch gerade dadurch auszeichnen, daß sie als das expressionistisch gefärbte Aufbegehren gegen die Weltkriegserfahrung zu lesen sind und eben diese Erlebund Erleidnisse zur und in die Sprache bringen:
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»Daß der Krieg«, so Kraus vernichtend, »allerorten dem Dilettantismus zur Sprache hilft, stellt ihm beiweiten kein solches Armutszeugnis aus wie: daß er dem Schwindel nicht die Zunge gelähmt und daß dieses Neugetöne derer, die am alten Ton unschöpferisch bleiben müßten, kein Ende genommen hat.« 6 5 Nun hat Karl Kraus - hier wie andernorts - auch dann recht, wenn er irrt, und in der Tat stellt dieses Gedicht eine »Frechheit ins Angesicht der Sprache« dar, ins Angesicht einer überkommenen Sprache allerdings, einer Sprache, die den Dichtern des expressionistischen Jahrzehnts nicht erst aus der Erfahrung des Krieges heraus fragwürdig erscheinen mußte; eine Frechheit mithin ins Angesicht einer Sprache, deren Krise spätestens mit Hugo von Hofmannsthals Brief des Lord Chandos von 1902 offensichtlich wurde. 66 Für Einstein jedenfalls stellt sich die neue und drängende Aufgabe, den Herausforderungen der Moderne eben jene »eitrige Silbe« entgegenzuschleudern, von der in seinem Gedicht so hermetisch die Rede ist. Und auch dem immerhin hellsichtigen Befund der Fackel, daß der Neutöner dieser Verse »am alten Ton unschöpferisch bleiben« müßte, ist durchaus zuzustimmen, ohne daß daraus freilich die literarische und moralische Aburteilung zu rechtfertigen wäre, die Kraus aus seiner kritischen Diagnose gewinnt. Der Dichter hat klug auf die polemischen Anwürfe geantwortet; klug, weil er sich nicht auf einen gewiß vergeblichen Streit mit seinem Widersacher eingelassen hat, und klug auch, weil seine Zuschrift an den Verlag der Fackel auf dem literarischen Status seiner Verse beharrt. Einstein schreibt - kurz und bündig - unter dem Datum des 6. April 1917 aus Brüssel, wohin er in die Zivilverwaltung des Generalgouvernements abkommandiert war: »In Nr. 454/456 Ihrer Druckschrift vom 1. April 1917 ist mein Gedicht >Tötlicher Baum< abgedruckt. Der Nachdruck geschah ohne Quellenangabe und widerrechtlich. Ich fordere Sie hierdurch auf mir ein Honorar von Mk 4 0 . - zuzusenden innerhalb von 8 Tagen. Hochachtend, Carl Einstein.« 67 Eine gänzlich andersartige Charakterisierung ihrer sprachlichen Gestaltungsleistung erfahren die
Werke Einsteins etwa zur gleichen Zeit in einer Würdigung seiner bisherigen Schriften, die Max Herrmann-Neiße im Oktober 1916 in Die weißen Blätter einrücken ließ. Auch hier sieht der Kritiker vornehmlich das Neue und Unvordenkliche in der Literatur Einsteins, das nun aber und anders als in der Fackel unter die »neuen Werte« gerechnet und einer Welt entgegengesetzt wird, die im Begriff sei, in den Sintfluten des Ersten Weltkriegs unterzugehen. 68 Herrmann-Neiße skizziert die literarische Programmatik der Schriften Einsteins, vor allem des schon 1912 veröffentlichten Romans Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders, mit dem der Kritiker eine »neue Epoche der Epik« beginnen sieht, und kommt zu einer überaus zustimmenden, aber durchwegs ausgewogenen Wertung dieses Hauptwerks, die auch das gelegentlich »Akrobatische« und »Anämische« des Romans nicht unberücksichtigt läßt. In diesem Zusammenhang trifft der Kritiker eine Aussage, die das Sprachgebaren des frühen Einstein auf das Vorzüglichste kennzeichnet: »Man darf ja auch nicht vergessen«, resümiert der Autor, »daß Einstein sich faktisch erst die seinem Wollen entsprechende neue Sprache schaffen mußte, daß er also gezwungen ist, manchmal gleichsam durch ein Kunststück sich selbst zu überbieten.« 69 Und ganz ähnlich, und nicht weniger enthusiastisch, läßt sich Ivan Göll im Mai 1921 vernehmen, als er seinen französischen Lesern die Prosa Einsteins mit futuristischen Metaphern vorstellt: »Carl Einstein écrit une prose toute nouvelle et encore incomprise par ses contemporains. Son style est dur comme du béton, svelte comme un pont, indéfinissable comme un gratte-ciel auc cent mille petites fenêtres.« 70 Wie ist nun eine Sprache beschaffen, die, glaubt man Max Herrmann-Neiße, wenn auch nicht voraussetzungslos, so doch ohne direktes Vorbild ist? Der grundsätzliche kompositorische Aufbau des Bebuquin zeichnet sich dadurch aus, daß er die psychologische Durchgestaltung seiner dramatis personae ebenso verweigert wie einen linearen und chronologisch motivierten Erzählverlauf. Die so entstandenen Handlungsfragmente und -brüche bieten Raum zu theoretischen, meist aphoristisch
DAS
gefaßten Reflexionen einerseits (»Erotik ist die Ekstase des Dilettanten«) und geben dem Autor andererseits die Gelegenheit, sein besonderes Augenmerk auf den gestalterischen Binnenaufbau und seine sprachliche Durchformung zu richten. 71 Dem Leser tritt der Roman zunächst als hybride Montage unterschiedlicher literarischer Gattungen entgegen, von der Parabel bis zum Gedicht, vom Essay bis zum liturgischen Wechselgesang. Ist die Sprache, mit der diese Gattungsformen gefüllt sind, auch noch nicht in dem Maße durch hermetische und neologische Kühnheiten charakterisiert wie in den späteren expressionistischen Gedichten, so zeichnet sich der Roman doch bereits durch die weitgehende gestalterische Freiheit seines Satzbaus, seines Rhythmus und seiner Wortwahl aus. Auffallend ist die Fülle adjektivischer Beifügungen, die oft Farbwerte transportieren (»Eine blaue Hutfeder Euphemias besoff sich blitzend in der grünen Chartreuse«); Dinge und Begriffe begegnen einander in unerwarteter, oft genug absurder Kombination (»Zarte Seelenblumen cachierten die Abgründe, die mit keinem Schock Sofakissen auszufüllen waren«). 72 Besonders hervorzuheben aber sind die zahllosen gewagten Bildprägungen, in denen die »stummen Dinge« (Hugo von Hofmannsthal) als beseelt erscheinen (»Bogenlampen schwangen ihre energetischen Milchkübel«), und die weniger das Objekt selbst zu schildern unternehmen als vielmehr den subjektiven Blick auf die umgebende Dingwelt, ihre Färb- und Lichtimpression und ihre metaphorische oder animistische Aufladung. 73 Am Ende des zwölften Kapitels beispielsweise finden wir einige dieser Metaphern, die Raoul Hausmann mit Blick auf den Bebuquin als »eine Art von neurotischer Semantik« bezeichnet hat: »Die Nacht färbte langsam empor, die weiße Stube opalisierte wie altes Gestein, lohende Schatten zogen über die Wände, eine kleine weiße Wolke stand vor dem Fenster, ein brennender Sonnenstrahl durchglüht sie. Bebuquins Körper verschwand in den Schatten, nur der Kopf schaute bleich inmitten der Wogen der Dämmerfarben die versinkende Wolke an. Sein Kopf, ein Gestirn, das erkaltete.« 74
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Gottfried Benn hat das Artistische dieser Sprachgestaltung rückblickend unter das Rubrum einer »absoluten Prosa« gestellt und mit André Gides Roman Paludes von 1895 aber auch mit dem eigenen Roman des Phänotyp von 1944 verglichen. In seiner Definition der unbedingten Sprachform, die mehr als nur bloßer Stilbegriff sein will, betont Benn, daß diese Form dichterischen Ausdrucks gegen die Schilderung kausaler Handlungsverläufe und gegen die psychologische Durchdringung der literarischen Figuren geschrieben sei: Die »absolute Prosa«, so lesen wir in Benns 1950 erschienenem Doppelleben, ist »außerhalb von Raum und Zeit, ins Imaginäre gebaut, ins Momentane, Flächige gelegt, ihr Gegenspiel ist Psychologie und Evolution.« 75 Ausdrücklich auf Gide und Einstein gemünzt heißt es dann: »Ihnen schwebte offenbar etwas Ähnliches vor: die Möglichkeit nämlich von geordneten Worten und Sätzen als Kunst, als Kunst an sich.« 76 Am Bebuquin seines Freundes Einstein, an einem Text mithin, der für das eigene literarische Schaffen von größter Bedeutung sein sollte, weiß Benn eigentlich nur Eines zu kritisieren, nämlich, daß der Autor in der Radikalität seines dichterischen Entwurfs nicht weit genug gegangen sei. Der Roman, so Benn 1944 in einem Brief an Friedrich Wilhelm Oelze, »schaltete auch Zeit u. Psychologie aus, aber liess die Handlung nicht fort, der Held musste noch allerlei betreiben. Das war inkonsequent. Auch dass er überhaupt noch einen Namen hatte, war paradox.« 77 Reflexionen über die mimetischen Möglichkeiten - oder besser: Unmöglichkeiten - der Sprache, Betrachtungen über das Vergebliche und die Grenzen dichterischer Schilderung ziehen sich durch Einsteins Gesamtwerk und berühren sich immer aufs neue mit den strukturell verwandten Überlegungen zur Mimesis in den Schwesterkünsten der Malerei und Skulptur. Schon 1910 und noch ganz aus der literarischen Arbeit heraus entwickelt Einstein in seinem Aufsatz über William Beckfords phantastisch-orientalische Novelle Vathek von 1786 erste Ansätze zu einer antimimetischen Ästhetik, die - wenn auch noch unausgesprochen - Gültigkeit auch für die Bildenden Künste beanspruchen
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wird. Der Autor faßt seine kritische Beschäftigung
ihre gestalterischen Folgen bilden für Einstein, und
mit dem frühen Vorbild zusammen:
mithin für den frühen Theoretiker und Apologeten
»Vathek eröffnet die Reihe der Bücher, welche
dieser Kunst, nicht nur einen kunsthistorischen
uns die Erkenntnis und Zucht der reinen Kunst
Stilbegriff, nein, sie stellen für ihn vielmehr einen
spendeten, diese in das Gebiet der abgeschlossenen
philosophischen, einen erkenntniskritischen Zusam-
Imagination verwies, und ihr die Kraft eines in sich
menhang dar, der den Geltungskreis der Bildenden
vollendeten Organismus verlieh. Damit wurde dem
Künste deutlich überschreitet:
allegorischen Charakter der Literatur ein Ende ge-
»Ich weiss schon sehr lang, dass die Sache, die
setzt; zunächst durchdrang die Gewißheit einer
man >Kubismus< nennt, weit über das Malen hinaus-
isolierten Kunst, die gesetzmäßige Willkür den
geht. Der Kubism ist nur haltbar, wenn man seeli-
Stoff.« 7 8
sche Aequivalente schafft. Die Litteraten hinken ja
Einstein stellt darüber hinaus einen kleinen Ka-
so jammerhaft mit ihrer Lyrik und den kleinen Kino-
non derjenigen Schriftsteller zusammen, die wie
suggestionen hinter Malerei und Wissenschaft her.
Beckford zu den Vertretern dieser »reinen« und
Ich weiss schon sehr lange, dass nicht nur eine Um-
»isolierten« Kunst zu rechnen sind. Die literarische
bildung des Sehens möglich ist, sondern auch eine
Leistung von Dichtern wie Charles Baudelaire oder
Umbildung des sprachlichen Aequivalents und der
Stéphane Mallarmé war es, die Sprache aus ihrer
Empfindungen. Die Litteraten glauben sehr modern
abbildenden Funktion gelöst zu haben: »Diese
zu sein, wenn sie statt Veilchen Automobile oder
Künstler erinnerten uns seit langer Zeit wieder der
Aeroplane nehmen.« 8 1
rhythmischen Anschauungskraft, der stilisierten
Mit der »Umbildung des Sehens« ist der gewiß
Sinne, der Bildhaftigkeit des Kunstwerks und sei-
entschiedenste und womöglich der entscheidende
ner konstruktiven Art. [... ] Diese Künstler befreiten
Anspruch der Kunsttheorie Carl Einsteins bezeich-
uns von der langweilenden Wörtlichkeit gegenständ-
net, mit der »Umbildung des sprachlichen Aequi-
licher Sentimentalität.« Und über das Kunstwerk
valents« desgleichen die wohl zentrale Kategorie
selbst heißt es schließlich, daß es »unreal und dicht
seines dichterischen, aber auch seines essayisti-
wie ein Kreis« sein müsse. 79 Die eigentümliche Se-
schen Schreibens. In seinem Werk war es dem
mantik dieser Sätze, und es muß bedacht werden,
Autor zunächst um das, wie er schreibt, »zerschla-
daß sie über Werke der Literatur geäußert worden
gene Wort« zu tun, um die Zerstörung eines bloß
sind, legt es durchaus nahe, ihren ästhetischen
nachahmenden Sprachgebrauchs:
Grundgehalt, die Beschwörung des Imaginativen, die in sich geschlossene kompositorische Struktur und den gegen jede Abbildlichkeit gerichteten Reflex, auf die Bildende Kunst zu übertragen.
»Die Wirklichkeit der Dichtung ist die Wortfolge. Nun aber genügt es nicht diese naturalistische Wortfolge in dichterischer Weise zu ornamentieren oder mit Metafern zu verdecken; sondern man muss, so
Eine ausdrückliche Bezugnahme, ja, eine Durch-
wie die ollen Griechen ihre geschlossene litterari-
dringung von dichterischer und bildkünstlerischer
sche Vorstellungswelt hatten oder Swift, so muss
Ästhetik ist das Generalthema der sprachkritischen
man endlich das Wort vom naturalistischen Vor-
und -philosophischen Überlegungen, die Einstein
gang ablösen, damit es nicht nur Imitation eines be-
seit 1922 bei der Arbeit an seinem Haupt- und Mei-
reits vollzogenen Vorgangs sei, also eine überflüs-
sterwerk, der Kunst des 20. Jahrhunderts,
sige Tautologie, sondern man muss Geschehnisse
angestellt
hat. In dem schon mehrfach angeführten wichtigen
durcharbeiten, so wie sie innerlich vorgestellt ver-
Briefessay, den der Autor im Juni 1923 an Daniel-
laufen.« 8 2
80
Henry Kahnweiler adressierte, hat Einstein seinem
Was die eigene Arbeit am Wort, an der Sprache
Briefpartner die theoretischen Ansätze einer kubi-
betrifft, so hat Einstein bereits mit dem noch »un-
stischen Sprachauffassung ausführlich dargelegt.
sicher und zaghaft« begonnenen Bebuquin
Die ästhetischen Grundlagen des Kubismus und
die überkommenen Zeit- und Raumvorstellungen
versucht,
DAS
zu durchbrechen und zu einer Neubestimmung des Individuums zu gelangen: »Schon vor dem Krieg«, schreibt Einstein ebenfalls im Juni 1923 an Kahnweiler, »hatte ich mir, um zu solchen Dingen zu kommen, eine Theorie der qualitativen Zeit zurecht gemacht, rein für mein Metier, dann bestimmte Anschauungen vom Ich, der Person, nicht als metaphysischer Substanz sondern einem Funktionalen, das wächst, verschwindet und genau wie der kubistische Raum komplizierbar ist usf.« 8 3 Die Nähe dieser sprach- und erkenntniskritischen Überlegungen zu ästhetischen Abbildtheorien und die Folgen für Kunstkritik und Kunstgeschichtsschreibung sind Einstein dabei stets bewußt. Seine Reflexionen sind nicht nur durch die Werke des Kubismus angeregt, sie weisen zugleich auf das Kunstwerk zurück, und die kunstkritischen Schriften werden so zum Ort einer Auseinandersetzung, die - wie die Kunst selbst - über sich selbst hinaus auf größere, grundsätzliche Zusammenhänge verweist: »Dann weg von der Deskription, d. h. eine Umbildung der Erlebnisinhalte, der Gegenstände usf. Ich sagte mir, dass ich endlich mit Hülfe meiner Kunstschreiberei darangehen dürfe, nun diese Dinge zu schreiben.« 8 4 Die experimentellen Neuerungen, zu denen sein früher Roman gelangt ist, das Durchbrechen tradierter Raum- und Zeitvorstellungen, das polyperspektivische Handlungsgefüge und eine Sprachgestaltung, die das Gegenständliche nicht länger in »langweilende Wörtlichkeit« übersetzen will, findet Einstein später in seiner Begegnung mit den etwa zeitgleich entstandenen Werken des Kubismus bestätigt. Als Dichter und Kunstkritiker ist er schließlich davon überzeugt, daß es auch mit den Möglichkeiten des geschriebenen Worts gelingen müsse, ein modernes Zeit- und Raumerlebnis so darzustellen, wie es in den Bildlösungen der kubistischen Malerei geprägt worden ist. Folgerichtig wendet sich der »cubiste littéraire«, als den ihn Kahnweiler gelegentlich bezeichnet hat, gegen die einfache verbale Gegenstandsbezeichnung und einen parataktisch reihenden Satzbau: »Aus Angst vor der Sprache geht man nicht an das Erlebnis ran, sondern setzt die Worte, die Gegen-
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stände eher als Empfindungen ausdrücken, so als ob alles auf einem seelischen Ecran, einer Filmfläche liefe; so wie bei Bergson oder den Futuristen. [...] Ist denn die Art des Erlebens, wobei ich keine psychologische Analyse verstehe, sondern das Erlebnis, dessen Symptom eben eine Gruppe von Dingen oder Zuständen ist, nicht wichtiger als die Beschreibung aneinander gereihter Zustände und müsste man nicht versuchen diese Sprache der Form der Erlebnisse anzupassen, wie man im Kubism ein bestimmtes, entscheidendes Raumgefühl übersetzte?« 8 5 Ist eine mimetische Sprachauffassung erst einmal als »überflüssige Tautologie« entlarvt, und kann der Autor folgerichtig auf die gestalterischen Möglichkeiten einer schildernden, einer beschreibenden Sprache nicht länger vertrauen, so zieht dies ganz selbstverständlich die größten Weiterungen für jede Art von kunstkritischem und kunsthistorischem Schreiben nach sich, deren Gelingen - nach überkommener Vorstellung und bis heute - in nicht geringem Maße auch von der Argumentations- und Suggestionskraft ihrer Werkbeschreibungen abhängt. Einstein ist sich der Brisanz dieser zunächst irritierenden, aber doch wohl unausweichlichen Folge seiner sprachskeptischen Reflexionen voll und ganz bewußt, und seine Umwertung aller sprachlichen und ästhetischen Werte führt in letzter Konsequenz auch zu einer Umwertung der kunstkritischen und kunsthistorischen Profession. In seinem 1934 erschienenen Buch über Georges Braque, das mit Fug und Recht als eine über den engeren Gegenstand hinausweisende kunsttheoretische Abhandlung gelten kann, und das den Anspruch hegt, neue Wege kunsthistorischer Monographie zu beschreiten, legt Einstein Rechenschaft ab über seine grundsätzlichen ästhetischen Auffassungen und die daraus folgende Neubestimmung der eigenen Tätigkeit: »Uns beschäftigen Kunstwerke lediglich soweit, als sie Mittel enthalten, das wirkliche, die Struktur des Menschen und die Weltbilder abzuändern [...]. Damit ist die Stellung des Kunsthistorikers umgestülpt. Nun gilt es, die Kunst auf ihren biologischen Sinn hin zu prüfen, also es genügt nicht, eine be-
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schreibende Geschichte zu bieten oder schulmäßig ästhetisch zu werten und Zensuren zu verteilen; eine Soziologie oder Ethnologie der Kunst muß versucht werden, wobei diese nicht mehr als Selbstzweck, sondern als lebendiges und magisches Mittel gewertet wird. Dann gewinnen Bilder wieder die Bedeutung vital arbeitender Energien. Der ästhetisch Untersuchende hingegen berührt nur die technische Ausführung, er vernachlässigt aber die Gestaltfindung und die komplex geschichtliche Situierung des Kunstwerkes.« 86 Für den Zuschnitt der eigenen Arbeit, für das Berufsprofil des Kunsthistorikers folgt daraus, daß die »Nahperspektive der Monographie« durchbrochen werden müsse, propagiere diese doch für gewöhnlich »die Apotheose des kleinbürgerlichen Ichs, worin der Bürger lustvoll erhoben sich spiegelt«.87 Die neuen Anforderungen, die Einstein an das eigene kunsthistorische Tun gerichtet sieht, resultieren aus seinen skeptischen Überlegungen zur Sprache der Dichtung und übertragen sie auf die Sprache kunsthistorischer Wissenschaft, vor allem auf die Funktion der Ekphrasis in der Analyse von Werken der Bildenden Kunst. Einstein fordert nicht etwa ein sorgfältigeres, ein tiefer eindringendes Beschreiben des Kunstwerks, er fordert den Verzicht auf das ekphrastische Schreiben überhaupt und entzieht damit dem Kunsthistoriker wie dem Kunstkritiker die so lange tradierte Grundlage seiner wissenschaftlichen oder essayistischen Tätigkeit: »Man hat die Bilder mit Umschreibungen verhüllt und vermauert. Kunstwerke ersticken in den Schlagworten und ihr Ungemeines ergreist an der üblichen Terminologie. Die durch Billigkeit betäubende Paraphrase wird sodann infektiös auf andere Monomotive mechanisch übertragen - vérole des mots - und so wuchert die Klischeemonographie, peinliches Beispiel kommerziell geschäftiger Trägheit; Namen, Zahlen und Adjektive sind auszuwechseln, der Rest paßt immer wie im ewigen Kalender.« 88 Einstein selbst wollte eben keiner jener »beschreibenden Coiffeure« und »schwächlichen Wortdekorateure« sein, die »mißkannten, daß Worte niemals ein optisches Erlebnis hinreichend und wahrhaft zu
übersetzen vermögen.« 89 Seine Skepsis formuliert sich im Angesicht einer kunstkritischen und kunsthistorischen Sprachauffassung, die sich mit dem Beschreiben des Kunstwerks zufrieden gibt, wo es doch gelte, das Kunstwerk der eigenen intellektuellen Position zu assimilieren, das Bild, wie er es nennt, »in eine eigene vorgefaßte Sicht zu zwingen«. Das Unvermögen der Sprache, ein Werk der Bildenden Kunst angemessen und sinnfällig nachzugestalten, wird auch mit einem solchen - bedenkenswerten, aber wohl auch bedenklichen - Verfahren nicht überwunden, die »hoffnungslose Kluft zwischen Rede und Bild« und damit der Anlaß der sprachskeptischen Überlegungen Einsteins wird nicht überbrückt. 90 Der Kunstkritiker und Kunsthistoriker aber sieht sich nun in einer ganz neu angelegten Rolle. Er wird aus seiner passiven, auf das Kunstwerk nur reagierenden Haltung befreit, und aktiv trägt er seine Gedanken nun an das einzelne Werk heran, unterwirft es einem, seinem ästhetischen System. Einstein resümiert die eindrucksvollen Reflexionen zur Psychologie des Kunsthistorikers und zu dessen nicht weniger bedenklichen Tendenz zu ästhetischer Flucht und zur harmonisierenden Vereinheitlichung spannungsreicher und beunruhigender historischer Verläufe: »Aufgabe der Kunstgeschichte scheint uns zu sein, über eine pure Historie der Bilder hinaus die Bedingungen zu untersuchen, woraus die Kunstwerke wachsen. Darum verurteilen wir die Kunstgeschichte als Historie der Selbstbewegung der Formen und Stile und lehnen solches ästhetisierende Verabsolutieren ab.« 91 Daß der Autor, ohne ihn zu nennen, mit diesen Zeilen zugleich einen Seitenhieb auf Heinrich Wölfflin und dessen Kunstgeschichtliche Grundbegriffe von 1915 formuliert, ist dem zeitgenössischen Leser gewiß nicht verborgen geblieben. Das Ungenügen an der »beschreibenden Geschichte«, der Verzicht auf die »betäubende Paraphrase« führen indes das kunsthistorische wie das kunstkritische Schreiben im Werk des Schriftstellers nur scheinbar in einen unauflöslichen Widerspruch. Nimmt man Einsteins Studie zur Negerplastik aus, die ebenfalls 1915 und nicht nur im gleichnamigen
DAS
Kapitel eine veritable Theorie »Kubischer Raum-
ZERSCHLAGENE
WORT
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steins Sprache, seine literarischen Stilmittel, das
anschauung« entwickelt, dann hat sich der Autor
Stakkato von Satzbau und Interpunktion, seine Vor-
erst erstaunlich spät über die Kunst des Kubismus
liebe für Neologismen und eine riskante, pole-
geäußert. Die erste ausführliche und systematische
mische Metaphorik, sowie die gelegentlich ein-
Beschäftigung mit den Werken von Picasso, Braque,
gesetzte grammatikalische Inversion von Verb und
Gris und Léger finden wir erst in der 1926 erschie-
Substantiv (»Man monumentete mit billigem Mit-
und doch liegt
tel«) sind ohne die deutsche Dichtung der ersten
die ästhetische Erfahrung kubistischer Malerei und
beiden Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts
Plastik, die Einstein noch vor dem ersten Weltkrieg
nicht denkbar. 93 Hatte Max Herrmann-Neiße schon
in Paris machen konnte, dem weitaus größten Teil
1916 mit Blick auf Einsteins frühen Roman ge-
nenen Kunst des 20. Jahrhunderts,
der Schriften des Kunstkritikers und Kunsthistori-
urteilt, daß sich der Autor »faktisch erst die sei-
kers zugrunde. Einsteins Hauptwerk, und das ver-
nem Wollen entsprechende neue Sprache schaffen
steht sich nach dem Vorausgegangenen beinahe von
mußte«, so gilt diese Beobachtung um so mehr für
selbst, bietet keine bloße Chronologie historischer
die literarische Gestaltung seiner kunstkritischen
Vorgänge, keine Beschreibung der im Lauf der Mo-
und kunsthistorischen Texte, in denen sich Einstein
derne entstandenen Werke, sondern bildet selbst
eine Sprache zwischen Dichtung und Wissenschaft
sowohl das geforderte Geschichtsmodell als auch
von Grund auf neu entwerfen mußte.
den Entwurf einer zeitgemäßen Ästhetik, die auf der Kenntnis kubistischer Kunst beruht und über den Geltungsbereich des Artistischen hinaus insbesondere ein gewandeltes Bild vom Menschen und der Welt umfaßt. Stellt die Kunst des 20.
Jahrhun-
derts damit bei ihrem ersten Erscheinen 1926 eine Programmschrift kubistischer Weltanschauung dar, so wird dem Autor die dritte Auflage seines Buches von 1931 zur Apologie einer visionären Kunst geraten, zum Manifest eines neuen Weltentwurfs, der kubistische und surrealistische Aspekte in sich vereint. Und doch ist die Kunst des 20.
tion mit dem Kubismus. Der an Kahnweiler gerichtete Briefessay legt gemeinsam mit vielen anderen insbesondere der späten Schriften ein beredtes Zeugnis davon ab, daß für Einstein der Kubismus als Ästhetik, aber auch als Weltanschauung in alle Lebensbereiche eindringt und dabei ganz notwendig auch Sprache und Dichtung verändert. Die Anforderungen, die der Autor an sein dichterisches Werk gestellt sieht, sind durchaus vergleichbar mit den Anforderungen an die Kunst des 20.
Jahrhunderts
nicht nur der Versuch einer kunsthistorischen und kunsttheoretischen Gesamtdarstellung ihres gerade erst begonnenen Säkulums, sie ist in gleichem Maße ein sprachliches Kunstwerk von Rang. Kann es sich bei seinen Ausführungen naturgemäß auch nicht um jene Form »absoluter« Prosa handeln, von der Gottfried Benn mit Blick auf Bebuquin
Noch weniger denkbar aber ist seine Sprache ohne die Kenntnis und die anhaltende Konfronta-
gesprochen
hat, so geht Einsteins Behandlung der Sprache und ihre literarische Durchformung doch deutlich über die bloßen Darstellungsprobleme einer sachlich beschreibenden oder wissenschaftlichen Abhandlung hinaus, und ist damit eben nicht, wie Benn abschätzig über die »Prosa im treudeutschen oder treueuropäischen Sinne« schrieb, »formal unproblematisch und rein inhaltlich bestimmt«. 92 Ein-
Jahrhun-
derts, gilt es doch auch hier, diachrone Vorgänge sprachlich nachzugestalten und konkrete Seherlebnisse literarisch zu verarbeiten. Die Gestaltungslösung, mit der Einstein seine Kunstgeschichtsschreibung aus der erkannten sprachskeptischen Aporie befreit, besteht in einem eigentümlichen Ineinander von beschriebenem und beschreibendem Stil. 9 4 Auf die Kunst Vincent van Goghs beispielsweise antwortet Einstein mit dem Pathos einer feierlich-getragenen Sprache (»die Erde soll zur Identität mit dem Menschen um der Barmherzigkeit willen gezwungen werden«), seine Charakterisierungen neoimpressionistischer Malerei dagegen sind von eher ornamentaler Satzführung geprägt (»horizontale Linien künden Ruhe, steigende Kurven jubeln Freude, sinkende Linien bezeichnen
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ENTWURF EINES
JAHRHUNDERTS
Trauer«).95 Werden die Gemälde Fernand Légers mit elliptischen, durch harten Rhythmus strukturierten Satzkonstruktionen evoziert (»ein energetischer, industrieller Totemismus; Mensch - Gewehr - Blatt - Karte«), so weist die literarische Durchformung des Kapitels zum deutschen Expressionismus eine Sprache auf, die in Diktion und Wortbildung etwa an die Dichtungen August Stramms denken läßt (»Dann prahlt man Kanten in grob hilfloser Herbheit«).96
bildungsmaterial veröffentlicht worden. In der Abwehr der sprachlichen wie der bildkünstlerischen Nachahmung spricht sich Einsteins Bekenntnis zu einer lebendigen künstlerischen Wirkung aus, zur »aufrührerischen Kraft« und zur »subversiven Energie« des Kunstwerks, das nicht nur Spiegel seiner Epoche ist, sondern verändernd in sie eingreift. Folgerichtig erläutert Einstein 1934 die Auswirkungen auf ein grundsätzlich gewandeltes und nicht nur kunsthistorisch bestimmtes Weltbild:
Dem eigenen Sprachverdikt, das eine tautologische Beschreibung wahrgenommener Sachverhalte nicht zulassen will, trägt Einstein in allen seinen Schriften zur Kunst und so auch bei der Abfassung seines historiographischen Hauptwerks Rechnung. In der Tat findet der Leser in der Kunst des 20. Jahrhunderts kaum einmal eine Bildbeschreibung, und doch stehen ihm die behandelten Werke und Werkgruppen stets deutlich vor Augen. Ziel der eigentümlichen sprachlichen Gestaltung des Buches ist die gleichsam indirekte Evokation des Kunstwerks, ihre Absicht ist es, die stilistischen Eigenschaften, aber auch den formalen und visionären Gehalt der Gemälde und Skulpturen im Leser durch literarische Analogien hervorzurufen. Aufgabe dieser Darstellungsstrategie ist es, eine Sprachform zu entwickeln, die Gestaltungsmerkmale der jeweils in Rede stehenden Kunst in sich aufnimmt und den Leser, den Betrachter der Abbildungen dazu auffordert, die Strukturen des Gelesenen auf das Gesehene zu übertragen. Der Text löst sich dabei vom einzelnen Kunstwerk und ist zugleich Zeugnis des Seherlebnisses, der Vision des Autors, ohne daß er zu einem »Beschreiber der Kunstwerke« würde, der, so Einstein 1934, »statt eigene Vision zu erleiden, die von anderen geformten Gesichte als stützende Geländer nützt«.97 Einsteins Sprache aber macht es sich nicht zur Aufgabe, das Kunstwerk im Medium der Sprache nachzubilden. Der Autor nimmt die erlebte, ja, erlittene Vision vielmehr zum Anlaß für ein Sprachkunstwerk eigenen Rechts und überläßt es einer aktiven Lektüreleistung, Seh- und Leseeindruck zu verbinden, denn die Kunst des 20. Jahrhunderts ist - wie viele andere Bücher und Aufsätze des Autors auch - mit vorzüglichem Ab-
»Die Geschichte nimmt ihren Beginn keineswegs in der ältesten Vergangenheit, sondern entspringt dem atmenden Heute, um ins wolkenhaft Entschwundene zurückzuströmen. Das Vergangene schimmert als Projektion des Jetzt; Auslese und Wertung der Epochen werden vom Heute, seiner Struktur und Gewalt gezeugt und geartet; somit ist nicht von einer einzigen, objektiven Geschichte zu sprechen, sondern alle jeweilige Geschichtsbildung ist Perspektive, aus dem Augenpunkt des Heute entworfen. [...] Wenn die heutige Kunst der gegebenen geschichtlichen Situation entsprechen und der Umbildung des Menschen und seiner Struktur dienen soll, so kann die aktuelle Kunst nur subversiv gedichtet sein; es gilt nicht, diese Zeit zu verhaften und Krisen abzuschwächen, sondern im Absturz der Epoche ihr Katastrophenhaftes mitzuteilen.« 98 Einsteins kunstgeschichtliche Arbeit ist nicht die eines Historikers, der unter dem Anspruch steht, eine jede künstlerische Äußerung vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsbedingungen gleichsam objektiv in den Blick zu nehmen; sein Ziel ist das eines rückwärtsgewandten Propheten, der die Vision zukünftiger Kunstentwicklung aus einem geschlossenen ästhetischen System heraus entwickelt. Wie weit Einsteins Begriff von der »Umbildung des Menschen und seiner Struktur« gefaßt ist, zeigt die Tatsache, daß er in der von ihm beobachteten ästhetischen Revolte in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zuletzt auch die tradierten Vorstellungen individueller Persönlichkeit aufgelöst sieht, und daß dem Abschied vom »hermetisch abgeschlossenen Ich« notwendigerweise auch eine Auflösung sprachlicher Übereinkünfte
DAS
folgen sollte: »Solchem Wagnis müßte endlich ein Abbruch der Grammatik entsprechen, da die sprachlichen Konventionen die Darstellung wichtiger Prozesse und Beziehungen ausschließen.« 9 9 Die Sprachauffassung des Kunsthistorikers ist damit unmittelbar den kubistischen Kompositionsprinzipien vergleichbar, die es unternommen haben, in das Welt- wie in das Menschenbild des 20. Jahrhunderts verändernd einzugreifen und die wahrund für-wahr-genommenen Dinge der eigenen Bildsprache anzuverwandeln. Das Verweigern jeglicher Ekphrasis hat dabei zur Folge, daß die am Kunstwerk beobachteten Gestaltungsmerkmale auf Stil und Struktur der kunstkritischen oder kunsthistorischen Sprache übertragen werden. Der Leistung des Autors, der seine Aufgabe nicht länger in der literarischen Nachbildung eines Kunstwerks sieht,
Z E R S C H L A G E N E
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steht dann eine schöpferische Lektüreleistung gegenüber, wie sie von Pierre Reverdy und Guillaume Apollinaire beinahe ausnahmslos für ihr dichterisches Werk veranschlagt wird. Die Facettierung räumlich-perspektivischer Vorstellungen im analytischen Kubismus, die Aufnahme unterschiedlicher Realitätsaspekte im synthetischen Kubismus finden im Werk Einsteins ihre genaue Entsprechung im Zersplittern grammatischer Formtraditionen und im Zusammenführen wechselnder Stilarten und Stilhöhen: Dichtung, Kritik und Wissenschaft sind ununterscheidbar in- und miteinander verwoben, die überkommene Sprache der Kunstgeschichte wird systematisch und unerbittlich zerstört. Nicht nur in seinen literarischen Werken, sondern auch in seinen Schriften zur Kunst ist es Carl Einstein um das »zerschlagene Wort« zu tun.
E T H N O L O G I E DER A V A N T G A R D E
DER TOD DES KUNSTWERKS CARL EINSTEIN KRITISIERT DAS B E R L I N E R M U S E U M FÜR V Ö L K E R K U N D E
Das Artefakt im
Museum
Die Geschichte der Avantgarden im frühen 20. Jahrhundert ist kaum zu verstehen, wenn man nicht zumindest einen Seitenblick auf die nachhaltige Rezeption jener Werke richtet, die zur sogenannten »primitiven« Kunst gehören und von größtem Einfluß auf die ästhetischen Umbrüche dieser Jahre gewesen sind. 1 Nicht nur in Deutschland und Frankreich waren die Künstler von den Artefakten fremder Kulturen und insbesondere von der Kunst Afrikas beeindruckt. Die Maler der »Brücke« und des »Blauen Reiters« studierten die exotischen Gegenstände ebenso wie ihre fauvistischen und kubistischen Kollegen, und sie alle nutzten deren Formensprache als Anregung für die eigene bildnerische Arbeit.2 Auch einige Kunstliebhaber begannen schon vor dem Ersten Weltkrieg damit, afrikanische und ozeanische Skulpturen zu erwerben und in die Bestände ihrer Sammlungen moderner Kunst einzugliedern; Galerien machten sich daran, die gerade erst »entdeckten« Artefakte aus aller Welt zu vertreiben und sie gelegentlich sogar gemeinsam mit Werken zeitgenössischer Künstler auszustellen. Und schließlich schrieben auch Kunstkritiker wie Guillaume Apollinaire oder
Wilhelm Hausenstein über Werke ferner Kulturen und schulten dabei den Blick auf die Kunst ihrer Zeit. Carl Einstein jedoch ging einen entscheidenden Schritt weiter. Er betrachtete die Kunst der außereuropäischen Länder nicht allein aus der Perspektive eines Kritikers avantgardistischer Malerei und Skulptur, er wurde selbst als Ethnologe tätig und widmete einen Gutteil der eigenen Arbeit den Forschungsproblemen der Völkerkunde. Nachdem bereits 1915 die bahnbrechende Monographie zur Negerplastik erschienen war, sein für lange Jahre berühmtestes Buch, sollte sich Einstein immer tiefer in ethnologische Fragen einarbeiten. Zahlreiche Bücher und Aufsätze bezeugen sein Interesse an solchen Kunstwerken, die nicht dem klassischen Themenkreis kunsthistorischer Forschung zugerechnet werden können. In den zwanziger Jahren veröffentlicht Einstein zunächst 1921 seine wichtige Abhandlung über Afrikanische Plastik, in der er unter anderem eine ganze Reihe von Werken seiner eigenen Sammlung publizierte (Abb. 182).3 Es folgen 1923 Studien zum japanischen Holzschnitt und 1926 zur ozeanischen Skulptur, es folgen Aufsätze und Rezensionen zur Kunst Afrikas, Südamerikas oder Ostasiens sowie Übertragungen
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E T H N O L O G I E
DER
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der Arbeit an der Kunst seiner Zeitgenossen. Einstein war zu der festen Überzeugung gelangt, daß das Kunstwerk und seine Geschichte mit Hilfe eines epistemologischen Rüstzeugs untersucht werden müßten, das die Tätigkeit des Kunsthistorikers mit den Methoden völkerkundlicher und kulturgeschichtlicher Forschung verbindet. In seinen Schriften zur Kunst stoßen wir daher immer wieder auf Hinweise zur gegenseitigen Erhellung von avantgardistischem Kunstwerk und völkerkundlichem Artefakt, von Kunstgeschichte und Ethnologie. Dabei ging es Einstein nicht allein darum, die Forschungsgegenstände der Völkerkunde zu gleichberechtigten Kunstwerken aufzuwerten, nein, die wichtigste methodische Folge von Einsteins Beschäftigung mit den Ausdrucksformen ferner und fremder Kulturen war eine Neubestimmung der Kunst seines eigenen Jahrhunderts. Auch das Nachdenken über die Werke avantgardistischer Maler und Bildhauer sollte für ihn fortan auf kulturwissenschaftlich-ethnologischer Grundlage erfolgen. Anhand von zwei kurzen Aufsätzen, in denen der Autor 1926 die Neugestaltung des Berliner Museums für Völkerkunde kritisch würdigte, lassen sich Einsteins methodische Einsichten vorzüglich studieren. Ihr Verfasser nutzt die willkommene Gelegenheit zu einer grundsätzlichen Kritik an der Institution des Museums und denkt über den Einfluß ästhetischer und wissenschaftlicher Präsentationsformen auf die Rezeption der ausgestellten Artefakte nach. Doch bevor wir uns diesen sammlungstheoretischen Ausführungen und der damit verbundenen Geschichtsauffassung des Kunsthistoriker zuwenden können, müssen wir zunächst 183-184).4
einen Schritt in der Geschichte dieses Museums
Und die ausdrückliche Absicht des Autors, euro-
zurücktreten und den Zustand seiner Sammlungen
päische und außereuropäische Kunst der Vergan-
vor den besprochenen Umbauten betrachten.
afrikanischer Lyrik und Legenden (Abb. 182 Unbekannter Künstler aus BelgischUrua: Figur eines Mädchens, Holz, Höhe 48 cm, Verbleib unbekannt (ehemals Berlin, Sammlung Carl Einstein], Tafel aus Carl Einsteins »Afrikanische Plastik«, 1921
genheit wie der Gegenwart gemeinsam und ohne
Das 1886 in Berlin eröffnete Museum für Völker-
kanonische Bedenken zum Gegenstand kunsthisto-
kunde in den ersten Jahren des gerade vergangenen
rischer Betrachtungen zu machen, sollte schließ-
Jahrhunderts besucht zu haben, muß eine ganz
lich 1929 in Paris zur Gründung der Zeitschrift Do-
außergewöhnliche Erfahrung gewesen sein
cuments
185-186).
führen.
Die Beschäftigung mit einem Themengebiet, das
(Abb.
Und so wollen wir uns von Karl Scheffler,
dem schärfsten Kritiker der musealen Zustände
bereits in jenen Jahren als »Weltkunst« bezeichnet
dieser Sammlung, durch das Gebäude an der da-
wurde, erfolgte allerdings nicht nur gleichzeitig mit
maligen Königgrätzerstraße führen und uns schil-
DER
ΊANZ-
TOD
DES
KUNSTWERKS
295
LIED
Bahololo
Im Dickicht kein Tur Schümm ehr Dickicht Ein BaimrUtntpf am Ufer Matter Ich tmxe fe&mbtwt betrunken Doch ich sehe mit den ritißen Die Sanne schläft Ich hin zu tanzen müde. tSi* KiMiemi
NEGER-LIEDER
Ich heimle ein Weih merrätHichen Leoparà Der Atendocuments< photographiques« bezeichnet hat, geben dem Betrachter noch heute bereits beim flüchtigen Durchblättern einen unmittelbaren Eindruck von der thematischen und methodischen Vielfalt der Zeitschrift. 2 Die Auswahl der Kunstwerke und Artefakte unterschiedlicher Zeiten und Völker, die Abfolge und das Seitenlayout der Illustrationen sowie der eigenständigen Tafeln erfolgten in ihr jedoch weder wahllos noch willkürlich. Die Herausgeber, zu denen neben Einstein auch Persönlichkeiten wie Jean Babelon vom Münzkabinett der Pariser Bibliothèque Nationale und Georges Henri Rivière vom Musée d'Ethnographie du Trocadéro, der Kunsthändler Georges Wildenstein und der Sammler Gottlieb Friedrich Reber gehörten und denen Georges Bataille als Redakteur zur Seite stand, hatten sich unter der Ägide des deutschen Kunsthistorikers dazu entschlossen, Beiträge aus allen nur denkbaren kunst- und kulturgeschichtlichen Bereichen miteinander in Dialog zu setzen.
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Dafür konnten neben deutschen und französischen Kunsthistorikern und Ethnologen insbesondere solche Schriftsteller und Künstler gewonnen werden, die sich wie Jacques Baron, Robert Desnos, Michel Leiris, Georges Limbour, André Masson, Joan Miró, Georges Ribemont-Dessaignes, Gaston-Louis Roux oder Roger Vitrac aus dem Kreis jener surrealistischen Dissidenten rekrutierten, die der orthodoxen Lehre André Bretons die Gefolgschaft aufgekündigt hatten. 3 Als editorisches Prinzip wurde der Zeitschrift eine Bildrhetorik zugrunde gelegt, bei der Gemälde und Skulpturen, Fotografien und film stills, Comics und Gebrauchsgraphik in immer neuen und überraschenden Kombinationen aufeinander trafen. In sämtlichen fünfzehn Heften, die bis Frühjahr 1931 erschienen, sind - mit der einzigen Ausnahme eines Picasso gewidmeten Sonderhefts - Artefakte untergegangener Kulturen neben Kunstwerken der Avantgarde zu sehen, Meisterwerke der Hochkultur neben Kuriosa der Trivial- oder Populärkultur. 4 Ja, es will scheinen, als hätten wir es bei diesem Layout mit einer zwingenden bildredaktionellen Umsetzung jenes surrealistischen Leitsatzes zu tun, nach dem die Begegnung von Nähmaschine und Regenschirm auf einem Seziertisch allerdings noch für zufällig angesehen wurde. 5 Doch nicht nur als dienstbares Medium der Reproduktion, sondern insbesondere auch als eigenständiges Ausdrucksmittel tritt die Fotografie dabei dem Betrachter vor Augen. Die Zeitschrift bietet eine Fülle an dokumentarischen Aufnahmen, mit denen vor allem ethnologische Beiträge kommentiert werden, wobei auffallend häufig gerade solche Abbildungen ausgewählt wurden, bei denen der völkerkundliche Gegenstand durch die fotografische Inszenierung als beseeltes Wesen in lebendige Erscheinung tritt (Abb. 214). Bedeutende Werke der surrealistischen Fotografie, Aufnahmen von Eli Lotar und Jacques-André Boiffard, richten dabei in durchaus vergleichbarer Manier einen ethnographisch-anthropologischen Blick auf die Menschen und Dinge der eigenen Gegenwart (Abb. 215-216).6 Die irritierenden Bilderwelten, die der Leser der Documents angesichts dieser Fotografien betritt, be-
gleiten auf komplementäre Weise die Aufsätze der maßgeblich mitwirkenden Autoren, wobei Georges Batailles körpergeschichtliche Studie Le gros orteil im Novemberheft 1929, die in der Tat ein faszinierendes Zusammenspiel mit den beigefügten Fotografien Boiffards bietet, durchaus als folgenreiche Pionierleistung angesehen weren kann. 7 Es ist dabei von untergeordneter Bedeutung, ob wir diese besondere bildredaktionelle Konzeption einer Persönlichkeit aus dem Kreis der Herausgeber allein zuschreiben dürfen oder doch vielmehr von einer kollektiven Urheberschaft sprechen sollten, was in Hinsicht auf die Unterschiedlichkeit der Charaktere und die oft genug zutage getretenen Rivalitäten wiederum nicht leicht fällt.8 Offenkundig setzten vor allem Einstein und Bataille mit ihren Textund Bildbeiträgen einen editorischen Zweikampf in Szene, bei dem die widerstreitenden Autoren über die einzelnen Hefte hinweg auf die Herausforderungen ihres Redaktionskollegen antworteten. 9 Die einzigen Zeugnisse jedenfalls, die uns über die Planung der Zeitschrift und die Arbeit an ihrem inhaltlichen wie gestalterischen Profil unterrichten, sind zwei Briefe, die Carl Einstein schon im August 1928 an seinen Freund Reber und dessen Ehefrau gerichtet hat. Und das in diesen Briefen ausführlich erläuterte Konzept der Zeitschrift macht die intellektuelle Führungsrolle des deutschen Kunsthistorikers und -theoretikers allerdings mehr als wahrscheinlich. Vor allem mit Blick auf die Gründung der Documents hatte Einstein den lange gehegten Wunsch, nach Paris überzusiedeln, im Frühjahr 1928 Wirklichkeit werden lassen. Der Schriftsteller berichtet den Freunden, daß in dem geplanten Periodikum »die noch nicht allzu gemis[s]brauchten Gebiete« erforscht werden sollen, und daß er nun die offensichtlich mit Reber bereits seit längerem besprochenen Themen der ersten Hefte niedergeschrieben habe. 10 Einstein schickt eine seitenlange Aufstellung vorläufiger Inhaltsverzeichnisse an den Sammler und teilt diesem mit, daß Georges Wildenstein als designierter Förderer der Publikation der vorgelegten Übersicht zugestimmt habe: »Die Wildensteins waren von unseren sommaires sehr angetan.
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214
Maurice
Beck:
Bapindi-Maske aus dem British London, Masque Sapindi — British Museum (cf. p. 48),
Tafel aus 1930
Museum,
Fotografie, »Documents«,
334
215 Jacques-André Boiffard: La bouche, Fotografie, Tafel aus »Documents«, 1930 216 Èli Lotar: Aux abattoirs de La Villette, Fotografie, Tafel aus »Documents«, 1930
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Man acceptierte diese uneingeschränkt. Ich hoffe dass die Zeitschrift einigermassen so wird, wie wir es dachten.«11 Und in der Tat: Die Zeitschrift wurde einigermaßen so, wie Einstein und Reber es gedacht und gehofft hatten. Auch wenn die später erschienenen Hefte in vielen Einzelheiten von den bereits ausgearbeiteten Entwürfen abweichen sollten, so nehmen diese doch immerhin den besonderen intellektuellen Zuschnitt der Documents im Großen und Ganzen vorweg und zeigen insbesondere, daß Einstein den ungewöhnlichen Komplementärkontrast ihrer Beiträge von vornherein beabsichtigt hatte.12 In seinem Brief an den befreundeten Sammler kündigt der Kunsthistoriker darüber hinaus an, sich auch um die graphische Gestaltung des Blattes kümmern zu wollen, denn, so lesen wir da, »die Zeitschrift muss von uns den Charakter bekom-
Visuelle
Wahlverwandtschaften
Das besondere Programm, Themen und Illustrationen aus unterschiedlichen Gebieten beziehungsreich miteinander zu verschränken, gelangte in den Documents zwar zu einer gewissen Vollkommenheit, erfunden und erprobt aber wurde das experimentelle Verfahren nicht erst für diese Zeitschrift. Begibt man sich auf die Suche nach den editorischen Vorläufern der Documents, so denkt man dabei zunächst - ganz selbstverständlich und unwillkürlich - an einige epochemachende Zeitschriften der zwanziger Jahre, deren experimentelle Bild- und Textkompositionen in enger Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Kunstformen von Collage und Montage entstanden sind. Tatsächlich aber reichen die Ursprünge dieser besonderen Gestaltungsweise sogar in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück.
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Als Wassily Kandinsky die Idee für den Almanach Der Blaue Reit er entwickelte, der im Mai 1912 erschien, teilte er dem Freund und Mitherausgeber Franz Marc als eines der wichtigsten Ziele seines Vorhabens mit, vergleichende Kunstgeschichte betreiben zu wollen. Er plane deshalb, heißt es in einem vielzitierten Brief vom 19. Juni 1911, Kinderzeichnungen mit altägyptischer Kunst zu konfrontieren, Werke der chinesischen Malerei mit Gemälden des Zöllners Rousseau oder Volkskunst mit Werken Picassos. 14 Angeregt wurde ein solches Konzept - und das ist kaum erforscht - durch eine ganze Reihe von Ausstellungen, in denen bereits im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts kultur- und epochenübergreifende Kunstvergleiche angestellt wurden, sowie durch einige bedeutende Privatsammlungen, in denen, wie später etwa bei Gottlieb Friedrich Reber, Werke verschiedener Epochen und Kulturen ganz selbstverständlich nebeneinander zu sehen waren. 15 Franz Marc hatte sich die editorischen Vorstellungen seines Freundes rasch zu eigen gemacht und erläuterte nur wenig später dem Direktor der Bayerischen Gemäldesammlungen seinerseits die komparative Absicht der von den Herausgebern angestrebten Bildregie: »Das Buch«, schreibt der Maler am 24. Oktober 1911 an Hugo von Tschudi, »soll so reich im vergleichenden Illustrationsmaterial sein, als der Wert in der Vergleichung nicht im einzelnen Bilde liegt.« 16 Betrachten wir einige Beispiele aus dem Almanach, so zeigt sich unmißverständlich, worin der Wert der durch keinerlei Text vermittelten Bildvergleiche besteht. Auch zeigt es sich, daß Der Blaue Reiter als Inkunabel einer langen Entwicklungsreihe von Publikationen gelten muß, die nicht nur bis zu den Documents reichen sollte, sondern bis weit ins 20. Jahrhundert hinein folgenreich blieb (Abb. 217-218). Auf den ausgewählten Doppelseiten, und das gilt beinahe ausnahmslos für jede Stelle, an der man den Almanach aufschlägt, stehen sich je zwei Abbildungen gegenüber, die deutlich machen, daß bereits Kandinsky und Marc über jede Epochenschwelle und jede Gattungshierarchie hinweg auf die visuelle Vergleichbarkeit von Kunstwerken aller Art vertraut haben. Da wird zum einen
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das Grabmal des Ritters Rudolf von Sachsenhausen, ein Bildwerk der Hochgotik aus dem Frankfurter Dom, gegen die Darstellung einer Kriegerfigur gesetzt, die exemplarisch für die Leistungen der Reliefkunst Benins einsteht; oder es werden Robert Delaunays kubistische Darstellung des Eiffelturms von 1911 (ehemals Berlin, Sammlung Bernhard Koehler) sowie El Grecos Gemälde Johannes der Täufervon etwa 1605 (Moskau, Puschkin-Museum) miteinander verglichen. Inszeniert wurde die überraschende Zwiesprache dieser und anderer Bilder mit der Absicht, dem Leser vor Augen zu führen, daß die formalen wie ikonographischen Aufgaben der Bildenden Kunst weit mehr von einer »inneren Notwendigkeit« (Wassily Kandinsky) abhängig seien als von der jeweils zeitgebundenen stilistischen Sprache einer Epoche oder eines Kulturraums. Die dabei ins Werk gesetzte Bildregie zielt auf die Erkenntnis überdauernder künstlerischer Werte, sie zielt auf die Einsicht in universell gültige ästhetische Konstanten, von denen auch die Werke der zeitgenössischen Kunst geprägt seien. Blättert der Leser durch die sorgfältig gestalteten Seiten des Jahrbuchs, dann wird er diese Behauptung anhand von Beispielen aus der Kunst des Mittelalters und der Moderne, der Kunst Europas sowie vieler anderer Kulturen immer aufs neue belegt sehen. In den wenigsten Fällen handelt es sich dabei um Illustrationen der in den einzelnen Textbeiträgen formulierten Gedanken, sondern vielmehr um eigenständige Abbildungen, deren rein visueller Bildsinn der Leser unabhängig vom gedruckten Text zu entziffern hat. In einem später verworfenen Vorwort haben die Herausgeber dieses Kompositionsprinzip ausdrücklich dargelegt: Der Leser des Almanachs finde auf dessen Seiten Kunstwerke abgebildet, heißt es dort, die »in einer inneren Verwandtschaft miteinander stehen, wenn auch diese Werke äusserlich fremd zu einander erscheinen.« 17 Das Konzept des Jahrbuchs Der Blaue Reiter steht damit sowohl inhaltlich wie auch in seinen gestalterischen Konsequenzen in einer überraschenden Nähe zu jenem komparatistischen Editionsprinzip, das Einstein beinahe zwei Dekaden später in seiner
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DBI.TSdU
nicht koaiervir-rt,
s e h e n Wir h i e r n i e h t
die Musik
(Gesang,
C'Ìiii e i r u e h i c n Z w e i g e d i t Κ lu;: π: h a b e n sie-b sett
E s s i n d a b e r n i c h t .'II'· Kiattste i n dieser V e r e i n i g u n g j l c i e h b - n - i t t t g t
Üte K ü n s t e ,
d i e '.Sie u n m i t t e l b a j iie.lt d e u W i l l e n s i n i p u l s e n utl Verordnen d é S u b i t o n e ids S l m e i i r d h a b e n ,
d a r Z e i t d e r a n t i k e n rcSiginscn H r r n d l u n g e n s e l b s t ä n d i g g e m n c l i t u n d e r r e i c h t e n J e t r e n n t
ei. Ii, d i e I.lIili: s i n d , d e n Wjllett t w m i t t c l l m r r i n n A u s d r u c k /.li b r i n g e n — d i e s e
••int' v e r b b l i f i e n d e V o l l k o m m e n h e i t .
••er-'-l'-'n ( i u n u r i e / e i l (Me*ik, W e r t , p f t o l isehe B'.|.eg'»l'CÌ
I n erst'-t' Lim·: h a b e n d i e Mo-.ib u n d d i e W i Ä t V u n s t
tlie h t l c h s t c E n t w i c k l u n g e r r e i c h t - iti d e r iniL-rli-Liten licit Ι ι ι ^ , ι π d i e lieber;11tlgsktirist Jiiiï V e r r u c h e , d i e U o w e j j u n g i k u n s t z u b e l e b e n , treiiets wir h e i l t e i m m e r ( . A s , u n d die- A r t
ili verstarken
m a n c h e r NVuetvi· m d e r Malerei k a n n i n s n g a r n i c h t a n d e r e b e z e i c h n e n , a l s e i n e A n n ä h e r u n g
K'Jülmee: k l a r ist, l i a w i e g e s a g t , s i e / u eelb^l;:ttdipei E x i s t e n * o l i n e S i i t w i r k u t i g d e r H a i s p l -
der Malerei a n m reinen
kiiusie nieht
Karbetispiel.
h i ¡si rite Zeit d e r \V i e d e : ν e τ β ΐ π i κ « η g d i e s e r s m i h ' i h r ' i L t e r s t r e ù t ® Kiittule gekommen,
D i e s e Mix:, d i e u n k l a r s c h o n
klarer von Skrjabin aufgefasst.
e r r e i c h t hat, müssen, in e i n e m W e r k
vereinigt
schwainges geben, das* ihm u n b e d i n g t h ö h e r e n P l l e n e n ioli^e 1ι m u s t .
217
Grabmal
des Ritters Rudolf von Sachsenhausen, Frankfurter Dom, und
Bronzerelief aus Benin,
Doppelseite aus »Der Blaue Reiter«, 1912
eon W a g n e r
formuliert
Alle E t i n s t e , ¡ ί η d e n e n j e d
w u r d e , ist h e u t e
e i n e enormi:
viel
EnUaL.jn¡
d i e S t i m n m n g einen se l í t a n i s c l t e n
Auf
eitle r i c h t i g e E k s t a s e , ein r i c h t i g e s l i e b e n i n
fie^n.m/,,
um
den
dureb
die l i a u p l k U n s t e hcrvorxebmcbtee.
Eindruck
Tries '.ijid d i e K ü n s t e , d i e bis jet7.t u n e n t w i c k e l t b l i e b e n . M'as auelh veil-
i.ihig s i n d .
G e l a n g e a b t r d i e I d e e d e s , , M y s t e r i i u n s ^ , ti li. d i e i d e e i m g a n i f e n , a o e i i n i c h t verkörpert
ist., ist d e r V e r s u c h e i n e ! t e i l w e i s e n
tiits e r s t e v e n n u r ¿ « r i
Kimstenl
ingebraclit
i n steuert! P i e m e t i t e u s : e r v e r e i n i g t d i e M u . i k
Vereinigung der
K ü n s t e {wemi a u e b
l-jueti s o l c h e n V e r s u c h a n a e h t
illií
Skrjaltin
einer der „begleitenden" K ü n s t e , mit
. . r a r b e n s p i e l " , yw-biti d a s l e l a t e i e , wie rnieh .-e ervearten íl.i euie s e h e u m e f i i r d n e t e S t e l l t u t g Ii-1.'
P i e h u 1 - m - T l p n a r c kl'". P r n m e t f i e u s r i h t a n i d e m Pririwpr Oer korrespûntiieietMÏeii
Pariser Zeitschrift verwirklichen konnte. Als Historiker der Moderne hat er den Almanach übrigens nicht nur als Programmschrift der führenden deutschen Künstlergemeinschaft des frühen 20. Jahrhunderts gewürdigt.18 Wie wir wissen, schlug der junge Theoretiker im Januar 1912 einen seiner Aufsätze - wenn auch vergeblich - zum Abdruck im Münchner Jahrbuch vor. Die Arbeit an diesem Text, der aller Wahrscheinlichkeit nach unter dem Titel Antike und Moderne im Berliner Nachlaß erhalten ist, leitete zudem eine thematische wie methodische Grenzüberschreitung im Frühwerk seines Urhebers ein. 19 Erstmals beschäftigte sich der Autor hier mit Gegenständen, die bisher außerhalb des klassischen kunsthistorischen Kanons standen und deren Erforschung die intellektuelle Biographie
Einsteins von seinem 1915 erschienenen grundlegenden Buch zur Negerplastik über zahlreiche Publikationen der zwanziger Jahre bis hin zur Gründung der Pariser Zeitschrift prägen wird. Doch nicht nur im Werk Carl Einsteins hat der Almanach seine Spuren hinterlassen. Viele andere Künstler und Kunstvermittler haben die in ihm entwickelten Ideen aufgegriffen und ihre weitreichenden Konsequenzen erkannt. Die konzeptionellen und - in ihrer Folge - die editorischen Neuerungen des Münchner Jahrbuchs, das 1914 sogar eine zweite Auflage erlebte, haben auf die Gestaltung einer ganzen Reihe von Kunst- und Kulturzeitschriften in der publizistischen Landschaft der Nachkriegszeit großen Einfluß genommen. Als die wohl wichtigste dieser Zeitschriften ist hier
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ERFAHRUNGEN
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I M ·
Der Querschnitt zu nennen, der von 1921 an zunächst als Mitteilungsheft der Galerie Flechtheim erschien und seit 1924 monatlich im Propyläen-Verlag herausgegeben wurde. 20 Neben Alfred Flechtheim dürfte es vor allem seinem Herausgeber Hans von Wedderkop zu verdanken sein, daß die Zeitschrift die Anregungen der Vorkriegszeit umgesetzt und über Themen der Kunstgeschichte hinaus auf weite Bereiche des kulturellen Lebens der Weimarer Republik ausgedehnt hat. Die eigentümliche Aufmachung der Zeitschrift wurde von den Zeitgenossen rasch bemerkt, doch für viele Leser blieb die komparative Bild- und Textregie hinter der Vielfalt der Themen und einer buntscheckigen Gestaltung zunächst verborgen. So schrieb ein Rezensent der Weltbühne im Mai 1922 eher amüsiert:
»Da gibt es zwischen ernsthaften Aufsätzen von Meier-Graefe, Friedländer, Gropius über Fragen moderner und alter Kunst plötzlich ein unanständiges Gedicht von Ringelnatz und eine Schilderung des Boxkampfes zwischen Carpentier und Dempsey; und zwischen den neuesten Bildern von Picasso, Matisse, Derain, Fiori, Grossmann, Hofer Photographien berühmter Boxer. Neben einem rührenden Bild des gicht-verkrüppelten Renoir ein ebenso rührendes Bild aus einem Chaplin-Film. Und neben dem >Meister der heiligen Sippe< der Meister des deutschen Schwergewichts Hans Breitensträter.« 21 Ausdrückliches Ziel der Zeitschrift war es, ihre Leser mit vielfältigem Bildmaterial zu versorgen und dazu Fotografien aus allen nur denkbaren Schauplätzen des kulturellen sowie gesellschaft-
218 Robert Delaunays »Tour Eiffel«, 1911, und El Grecos »Johannes der Täufer«, um 1605, Doppelseite aus »Der Blaue Reiter«, 1912
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M i n n e r u t f Niu-Otiititm
D î t K u n i i t ü i i d t f f Gudnier (Diraditi) mit
219
Hans Holbein d. /. »Adam und Eva« (Ausschnitt), 1517, und »Englisches Brautpaar beim Verlassen der Westminster-Kirche«, Tafel aus »Der Querschnitt«, 1926 220 »Männer auf Neu-Guinea« und »Der Kunsthändler Gutbier (Dresden) mit seinen Söhnen«, Tafel aus »Der Querschnitt«, 1930 221 »Ostafrikaner mit Schmucknarben und Raupenhelmfrisur« und »Neudeutsche Haartracht«, Tafel aus »Der Querschnitt«, 1930
An» f vjj'n H v U f a i m X u WfffAfefer» ,„A«lks1»ji Will VfiuT* {PrtfyttiB-VefUiji O i t a f r ü t a i w f m « S d w i K k n a r b f « und R a u ß e n h t l m i r i n i r
P^vrcrc i m Niodewutdi« H a i m t t d t i
Sfrij«
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liehen Panoramas der Zeit auszuwählen; aus den
Imerwardkreuz aus dem Braunschweiger Dom der-
»frappierenden Gegenüberstellungen« sollte dabei
gestalt mit Bild- und Textspolien konfrontiert, daß
jeweils eine Art von visueller Pointe geschlagen
dem christlichen Volto Santo
werden. 2 2 Spätestens mit der Übernahme der Zeit-
Kommentar zum Thema der zerrinnenden Zeit ab-
ein unerwarteter
schrift in den Propyläen-Verlag und mit der Profes-
genötigt wird (»Der Tod ist eine durchaus dadaisti-
sionalisierung der redaktionellen Arbeit setzte sich
sche Angelegenheit«).
in der Revue eine unverwechselbare Inszenierung
Andererseits darf die Wirkung, die der erkennt-
von Bild- und Textbezügen durch, die sie bis in die
nisstiftende Bildvergleich auf die kunsttheoretische
dreißiger Jahre hinein a u s z e i c h n e n wird. Zuge-
und -historische Forschung in dieser Zeit ausgeübt
spitzte Übereinstimmungen in Kunst und Leben
hat, keineswegs unterschätzt werden. Die Methode
werden dem Leser in meist dialogisch aufgebauten
sinnfälliger Bildkombination, die bereits u m die
Bildtafeln dargeboten, Kunstwerke verschiedener
Mitte der zwanziger Jahre nach Frankreich getragen
Epochen werden einander gegenübergestellt, Texte
wurde, konnte dort einige wichtige Publikationen
mit unvorhergesehenen Illustrationen schlaglicht-
aus dem Kreis um die Zeitschrift L'Esprit
artig beleuchtet. Dabei gelingt so manche Einsicht
entscheidend prägen; und auch die weitreichenden
in das Nachleben künstlerischer und kultureller
E x p e r i m e n t e einer kunst- u n d kulturgeschicht-
Prägungen, und gelegentlich werden auf unterhalt-
lichen Bildkomparatistik, wie sie Aby Warburg und
nouveau
same oder auch auf durchaus polemische Weise
seine Kulturwissenschaftliche Bibliothek in Ham-
gesellschaftliche Verhaltensmuster, sozialer Habitus
burg mit Hilfe einiger Ausstellungen und insbe-
und die politische Symbolsprache der Zeit entlarvt
sondere mit dem Fragment gebliebenen
(Abb.
syne-Atlas
219-221).
Mit seiner großen und auch internationalen Verbreitung hat Der Querschnitt zweifellos dazu beige-
Mnemo-
betrieben haben, m ü s s e n eindeutig in
diese Entwicklungslinie gestellt werden (Abb. 223224).24
tragen, die Ideen einer vergleichenden Bildwissen-
Nicht ohne Grund finden wir daher s o w o h l
schaft zu popularisieren und thematisch über die
Erwin Panofsky als auch Fritz Saxl in der Autoren-
engeren Grenzen der Bildenden Kunst hinauszu-
liste der Documents
treiben. Das Konzept einer Zusammenschau oft ent-
erhoffte Zusammenarbeit letztlich so gut wie keine
legener Werke und Motive kann seine Herkunft aus
editorischen Früchte trug. 25 Nach eigenen Angaben
den Anregungen des Almanachs Der Blaue
verzeichnet, auch wenn die
Reiter
hatte Einstein die von ihm außerordentlich ge-
dabei nicht verleugnen. Doch es wäre fraglos über-
schätzten methodischen Ansätze der Kulturwis-
zogen, das wachsende Interesse an gedruckten Bild-
senschaftlichen Bibliothek seit längerem aufmerk-
Dialogen allein auf diese eine Quelle zurückzufüh-
sam wahrgenommen. Und so bat er Saxl bereits im
ren und dabei die Rolle von Collage und Fotomon-
Januar 1929, also einige Monate vor Erscheinen des
tage, den genuinen Gattungen der zwanziger Jahre,
ersten Heftes seiner Zeitschrift, u m Beiträge aus
zu vernachlässigen. Ein Werk wie Hannah Höchs
dem Hamburger Kreis:
Meine Haussprüche
von 1922 kann, als eines von
ungezählten Beispielen, die Bedeutung komparatistischer Gegenüberstellungen deutlich machen, bei denen das zeitgenössische Klebebild Meisterwerke der Kunstgeschichte auf ü b e r r a s c h e n d e Weise in Szene setzt, u m aus dem Vergleich heterogener Fragmente einen eben nur im Kunstwerk denk- u n d sehbaren ästhetischen Mehrwert zu schöpfen (Abb. 222).23 Die Künstlerin hat hier, u m im Beispiel zu bleiben, das etwa 1160 entstandene
»Ich habe mit grossem Interesse Ihre Arbeiten, sowie die Veröffentlichungen Ihres Instituts, verfolgt. Es wäre mir lieb wenn zwischen Ihnen, Ihrem Institut und unserer Zeitschrift, eine Verbindung hergestellt werden könnte. Gerade Ihre Forschungsmethoden erwecken meine stärkste Teilnahme und es wäre mir lieb von Ihnen Arbeiten zu bekommen; z. B. vom Menschen als Mikrokosmus, über symbolische Körperdarstellung, über die Tierzeichen und Horoskope.« 2 6
340
222
Hannah
Meine
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Hoch:
Haussprüche, 1922, Collage,
Tusche,
Deckweiß,
Kreide, Blei- und
Farbstift
auf Karton, 32 χ 41,1 cm, Berlinische 223
Amédée
und
Ozenfant
Charles-Edouard
Jeanneret: aus und
Galerie
Montage
Fotografien
Reproduktionen, Doppelseite
»La peinture
aus
moderne«, 1925
i
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juicb
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341
lrtfcimi-tt
224 Aby Warburg: Messe, Tafel 79 aus dem »Mnemosyne-Atlas«, 1929, fotografische Reproduktion, London, Warburg Institute
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Der Herausgeber der Documents
zeigte sich mit-
worden ist (Abb. 225-226).
Frei und ohne jeden
hin bestens über die Aktivitäten der Hamburger
Textbezug sind diesen Abbildungen aktuelle Werke
Kollegen unterrichtet, und Saxl sendete bereitwillig
von der Hand Paul Klees zugeordnet worden, um
eine Auswahl bereits publizierter Schriften, unter
dem Betrachter auf diese Weise gemeinsame ästhe-
anderem Panofskys Idea von 1924, sowie ein zur
tische Merkmale vor Augen zu führen. 28 Paul Klees
Veröffentlichung vorgesehenes Manuskript nach
Gemälde Clown von 1929 (Privatbesitz) entwirft,
Paris. Außerdem erkundigte er sich seinerseits nach
wie die irische Miniatur aus dem 10. Jahrhundert,
Möglichkeiten, die französische Leserschaft über
eine flächige Körperauffassung, die durch farbige
die »allgemeine Problemstellung und Methode« der
Elemente und ornamentale Binnenzeichnung akzen-
Kulturwissenschaftlichen Bibliothek durch einen
tuiert wird; das Gemälde Kleiner Narr in Trance aus
Rezensenten der Zeitschrift in Kenntnis zu setzen.
27
dem selben Jahr (Köln, Wallraf-Richartz-Museum)
Die gemeinsam angestrebte Grenzerweiterung des
zeigt eine graphische Auflösung des körperlichen
herkömmlichen Territoriums kunst- und kultur-
Volumens, deren formale Sprache mit der zeichen-
historischer Themen und Methoden sowie ins-
haften Darstellung auf dem abgebildeten russischen
besondere die neuen Formen einer vergleichenden
Brakteaten verglichen wird.
Bildwissenschaft führten damit zwei so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Saxl und Einstein zumindest für einen kurzen intellektuellen Austausch zusammen.
Weisen diese Bildkombinationen eine erstaunliche Nähe zu denen des Münchner Jahrbuchs von 1912 auf, so belegen wiederum andere Seiten, daß auch Der Querschnitt
einen deutlichen Einfluß auf
das Seitenlayout der Zeitschrift ausgeübt hat. Im sechsten Heft von 1930 beispielsweise wird Ralph Einstein
findet
einen
von Koenigswalds Aufsatz Têtes et crânes mit einer
Stein
Bildtafel illustriert, auf der eine Maske aus NeuDas redaktionelle Konzept der Documents
auf seine
Kaledonien, ein südamerikanischer Schrumpfkopf
Vorläufer in der deutschen Publizistik vor und nach
und ein Ausschnitt aus Lucas Cranachs Judith
dem Ersten Weltkrieg zurückzuführen, bedeutet
Holofernes
und
aber keineswegs, der Zeitschrift ihr unverwechsel-
Museum) miteinander in Beziehung gesetzt werden
von etwa 1535 (Wien, Kunsthistorisches
bares Profil zu nehmen oder ihre bildwissenschaft-
(Abb. 227). Und der Textbeitrag, den Michel Leiris
liche Brisanz bestreiten zu wollen. Gewiß: Die Zeit-
unter dem Stichwort Ange für die Rubrik »Dic-
schrift ruht, was die thematische Vielfalt und den
tionnaire« der Zeitschrift verfaßt hat, zeigt die Zu-
Willen zur Konfrontation unterschiedlichster künst-
sammenstellung einer spanischen Miniatur des
lerischer und kultureller Zeugnisse betrifft, auf den
12. Jahrhunderts mit Fotografien aktueller Film-
Schultern der nicht weniger bedeutenden Anreger.
und Theaterinszenierungen (Abb.
228).29
Die Übernahme und Umsetzung der in ihnen ent-
Wir wissen nicht, ob wir die Urheberschaft die-
wickelten Bildstrategien erfolgt jedoch nicht als
ser bemerkenswerten Bildvergleiche den Autoren
bloße Imitation ihrer graphischen Syntax. Unmit-
selbst zuschreiben dürfen - was im Fall von Michel
telbare Anleihen an das im Almanach Der
Blaue
Leiris, der seit Juni 1929 als Redaktionssekretär an
Reiter oder in der Zeitschrift Der Querschnitt
aus-
der Zeitschrift mitwirkte, durchaus naheläge - , oder
geprägte Layout bleiben die Ausnahme. So werden
aber ob diese und andere Montagen in die Verant-
beispielsweise im fünften Heft von 1929 zwei
wortung der Herausgeber fallen. 3 0 Daß Einstein
kurze, anonym verfaßte Notizen, die von einer Aus-
selbst nicht nur das Abbildungsmaterial seiner
stellung irischer Psalter und dem Legat des Byzan-
Beiträge zusammengestellt hat, sondern darüber
tinisten Georges Schlumberger in der Bibliothèque
hinaus aktiv in die Art und Weise ihrer Präsentation
Nationale berichten, durch Illustrationen begleitet,
eingegriffen haben muß, zeigt im übrigen ein kurio-
denen jeweils eine halbe Druckseite eingeräumt
ses Beispiel, bei dem der Autor im Dezember 1929
DER
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ERFAHRUNGEN
343
225 Paul Klees »Clown«, 1929, und Irische Miniatur aus dem 10. Jahrhundert, Tafel aus »Documents«, 1929
trt |T«jun.
Γ Pflsil κ ι » Gilíí.f f-l(vMt
ßtKtertc .l'pr. PïDvtros iJm «ui ríe h Ritttie. Cpoqur îlirlct et iriJiieç, — CoiW, Iroii ácWunitií«frt
226 Paul Klees »Kleiner Narr in Trance«, 1929, und Russischer Brakteat, Tafel aus »Documents«, 1929
344
227 Maske aus Neu-Kaledonien, Indianischer Schrumpfkopf und Lucas Cranachs d. Ä. »Judith und Holofernes«, um 1535 (Ausschnitt), Tafel aus »Documents«, 1930
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228 Spanische Miniatur des 12. Jahrhunderts (Codex Vigiliano), Wesley Hill als Erzengei Gabriel und Bessie Love als Engel, Tafel aus 1930
»Documents«,
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Ü
Carl Einstein: Caillou ramassé sur la plage, Fotografie eines Steins mit anthropomorphen Zügen, Tafel aus »Documents«, 1929
I
229
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DER
seine Besprechung einer Exposition de sculpture moderne in der Pariser Galerie Bernheim nicht nur mit Werken von Henri Laurens, Constantin Brancusi und Jacques Lipchitz illustriert hat. Eine ganze Druckseite hat der Kunsthistoriker - und das ist so rätselhaft wie aufschlußreich - der Abbildung eines am Strand gefundenen Steins vorbehalten, der die Züge eines menschlichen Kopfes aufweist. Wir haben es hier mit einem ganz wörtlich zu nehmenden objet trouvé zu tun, das im editorischen Zusammenhang mit den Werken der französischen Avantgardisten sowie mit einem arabesken Skulpturenschmuck vom Pariser Grand Palais und einer antiken chinesischen Bronze gleichwohl eine nicht zu unterschätzende Stellungnahme zu ästhetischen Problemen der aktuellen wie älteren Bildhauerei bietet (Abb. 229).31 Mit Hilfe fotografischer Nahsicht sowie einer Licht- und Schatteninszenierung, die das anthropomorphe Gebilde durch einen träumerisch-visionären »Gesichtsausdruck« zusätzlich animiert, glie-
KAMPF
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dert Einstein den steinernen Kopf in das Bildlayout seiner skulpturalen Werkbeispiele ein. Er stellt ihm mit Brancusis Fotografie seines Ateliers einen weitgehend abstrahierten, ebenfalls liegenden Marmorkopf gegenüber, den der Bildhauer auf einem zweiteiligen Sockel aus Stein und Holz arrangiert hat (Abb. 230). Das Fundstück greift im redaktionellen Zusammenhang der Zeitschrift die bereits in der Antike entwickelte Vorstellung einer natura pictrix auf, deren auch steinerne Zeugnisse in den Kunstund Wunderkammern des 17. Jahrhunderts metaphysische Spekulationen über die Schöpferkraft der Natur ausgelöst hatten. 32 Einstein allerdings nutzt das Bild der naturgeschaffenen Skulptur zu einem visuellen Seitenhieb auf die seiner Ansicht nach schwache Bildhauerei der Gegenwart, die er in seiner Besprechung unmißverständlich als »une panne entre le bibelot et le monument aux morts«, sowie als »formules de beauté d'un magasin de corsets« abkanzelt.33 Lediglich die Werke einiger kubistischer und surrealistischer Bild-
230 Carl Einsteins »Caillou ramassé surla plage« und Constantin Brancusis Fotografie seines Ateliers mit einem Arrangement skulpturaler Fragmente, Doppelseite aus »Documents«, 1929
348
ETHNOLOGIE
DER
AVANTGARDE
Wm ÜPl ΡΛ1Κ t'KNS Ml ΝΤΑΙ I t >!ΐ"Ι»*Ν"-!VI I. ; Ï B â w . V U srf kfoJVPII SI· iL S I.
231
Salvador Dali und Brassai: Sculptures involontaires, Tafel mit sechs Fotografien aus »Minotaure«, 1933
« « » k l i «'iwniuí»>4;|r..· ι m im m mimo ηι:Ι·λνΙη t. iim-f Γ** ν ΐ Λ >τ» μι ι.τνΐ»!» ι·ΐ"ΐι; i f t - v i v ! \ î itt .
SCULPTURES
MuNOJl
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INVOLONTAIRES
DER KAMPF VISUELLER
ERFAHRUNGEN
349
hauer wie Laurens und Lipchitz, Arp, Brancusi und Giacometti, die er zustimmend hervorhebt und von denen er eine kleine Auswahl abbildet, erreichen und überwinden - folgt man der visuellen Argumentation der abgedruckten Bildstrecke — die skulpturale Qualität der schöpferischen Natur, ja, den Werken der Avantgardisten wird durch den suggestiven Bildvergleich gewissermaßen eine kreatürliche bildnerische Kraft zugesprochen. Die Reproduktion des gefundenen Steins entspricht damit in verblüffend übereinstimmender Weise einem Gedanken, den Paul Valéry nur wenige Jahre zuvor in seinem poetischen Dialog Eupalinos ou l'architecte von 1923 niedergeschrieben hat. Im Gespräch mit Phaidros schildert Sokrates hier, wie er eines Tages am Meeresstrand ein »eigentümliches Ding« gefunden habe, über dessen Art, Beschaffenheit und Urheber er keinen sicheren Aufschluß erlangen konnte. Ob es ein natürlicher Gegenstand oder ein Artefakt gewesen sei, vermochte der Philosoph nicht zu erkennen, und doch hielt er es schließlich für möglich, daß die Natur selbst die offenbar menschenähnliche Form hervorgebracht hatte: »Es ist nicht völlig ausgeschlossen, daß ein Stück Marmor oder Stein, das völlig unförmig der ständigen Erregtheit der Wasser anvertraut worden war, durch einen Zufall anderer Ordnung eines Tages wieder hervorgezogen wird und nun an ein Bildnis Apollos erinnert. [...] Ob dieses eigentümliche Ding das Werk des Lebens sei oder das Werk der Kunst oder eines der Zeit oder ein Spiel der Natur, ich konnte es nicht entscheiden ... Und auf einmal warf ich es zurück ins Meer.« 34 Sokrates und sein Gesprächspartner nutzen den Zweifel an der Urheberschaft des Gegenstandes zu einer Reflexion über das gegensätzliche Verhältnis menschlichen Handelns zur unentwegten Arbeit der Natur: Der künstlerische Gedanke erschafft im Augenblick, heißt es dort, was die Natur allein in beinahe unendlicher Dauer hervorzubringen vermag.35 Einstein freilich warf seinen Stein nicht ins Meer zurück, sondern ließ ihn zur Illustration des kurzen Aufsatzes reproduzieren. Zusammen mit den Werken seiner Zeitgenossen, mit der surrealen
Metamorphose des Reliefs vom Grand Palais, das einen Löwenschwanz in einer üppigen floralen Arabeske enden läßt, sowie mit der nahezu ornamentalen Tierform der chinesischen Kleinbronze stiftet sein steinerner Kopf einen Kanon vorbildlicher Werke, die für ein schöpferisches, die gestaltlose Natur überwindendes künstlerisches Prinzip einstehen. Die mimetische »Abbildung« menschlicher Formen wird dabei nur dem blinden Zufall der Natur zugestanden, der Künstler hingegen muß mit seinem Werk die wiederholende Nachschöpfung bestehender Naturformen überbieten und zu freien bildnerischen Gestaltungen steigern. Inszeniert wird so einmal mehr das anti-mimetische ästhetische Selbstverständnis des Kunsttheoretikers, der das Wortspiel mit seinem Namen - »Einstein dit une pierre« (Clément Pansaers), das in der französischen Bildunterschrift freilich verlorengeht - vielleicht sogar zu einem ebenso geistreichen wie versteckten Porträt seiner selbst einsetzt.36 Einsteins skulpturtheoretischer Bildessay, der gegen den beiläufigen Text der Ausstellungsrezension durchaus seine Eigenständigkeit behauptet, wurde einige Jahre später zum Vorbild einer aus sechs Fotografien montierten Tafel, auf der Salvador Dali und Brassai 1933 in der surrealistischen Zeitschrift Minotaure einige Beispiele ebenfalls gefundener »sculptures involontaires« präsentierten, wobei hier freilich nicht die Natur als unwillkürliche
232
Unbekannter
Fotograf: Naturgeformter Abbildung »Minotaure«,
Stein,
aus 1933
350
233
Salvador Le
Dalí;
phénomène de l'extase,
Fotomontage, Tafel aus
»Minotaure«, 1933
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Bildhauerin einer anthropomorphen Form beschworen wird, sondern eine unbewußte, ungesteuerte menschliche Bildnerei, die dem Künstler und dem Fotografen in einigen beiläufig zusammengerollten Busfahrscheinen, einem ornamental ausgebackenen Brotlaib oder einem durch viele Hände gegangenen Seifenstück begegnete (Abb. 231 ).37 Die Tafel wurde einem Aufsatz Dalis vorangestellt, der mit verschiedenen Detailaufnahmen spanischer und französischer Jugendstilarchitektur und -skulptur sowie einer bizarren Steinform (»Essai de modern'style géologique, raté comme tout ce qui vient de la nature privée d'imagination«) illustriert worden ist (Abb. 232). Damit ist ein eindeutiger Bezug auf Einsteins Fund gegeben, der durch den Hinweis auf das imaginationslose Unvermögen der Natur kurzerhand, ja, im wörtlichen Sinne lapidar zurückgewiesen wird. Eine ganz ähnlich motivierte Zusammenschau fotografischer Elemente, die ebenfalls auf der Rhetorik des direkten Bildvergleichs beruht, veröffentlichte der spanische Surrealist 1933 in derselben Ausgabe von Minotaure, um damit dem Betrachter vordergründig das Wesen erotischer Ekstase vor Augen zu führen. Aus einer Vielzahl von Bildfragmenten, die er pornographischen Ansichtskarten sowie anthropometrischen Musterbüchern entnommen hatte, setzt Dali einen visuellen Text zusammen und konfrontiert die ausgewählten menschlichen Gesichter und Ohren mit einem skulptierten Frauenkopf des Fin de Siècle, einem vegetabilen Jugendstilornament sowie einem in Schieflage geratenen Sitzmöbel (Abb. 233).3B Der erregte oder verzückte, mehr oder weniger für den voyeuristischen Blick inszenierte Ausdruck der meist weiblichen Gesichter verbindet sich mit den wenigen Bruchstücken künstlerischer Artefakte, die als Akzente in diese Tafel eingestreut wurden, letztlich zu einem sarkastischen kunstkritischen Bildessay. Dali will mit diesem Beitrag die unterstellte Sublimation des Erotischen in der Architektur und Skulptur um 1900 entlarven und damit unmittelbar an seinen vorangegangenen Beitrag zur »schaurigen und eßbaren Schönheit« der Jugendstilkunst anknüpfen.
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Die Übermacht
der
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Bilder
Die erstaunlichen Bildbezüge innerhalb der einzelnen Hefte der Documents sind mithin bereits von den Zeitgenossen als ein durch und durch ernstzunehmendes Ausdrucksmittel wahrgenommen worden. Einem Kunstwerk durchaus vergleichbar muß die editorische Arbeit am Verhältnis von Bild und Text sowie insbesondere am wortlosen Einsatz einzelner oder mehrerer Abbildungen daher genau analysiert und vor dem Hintergrund ihrer geistesgeschichtlichen Situation betrachtet werden. Die Reproduktionen der Zeitschrift sind in nicht wenigen Fällen zu kleinen Bildessays arrangiert, die mit der aktiven Teilnahme des Lesers und Betrachters rechnen und Aussagen etwa über die Kontinuität künstlerischer Formprobleme treffen sowie ästhetische, ikonographische oder kulturgeschichtliche Gesetzmäßigkeiten erläutern. Bleibt dabei die kommentarlose Konfrontation einzelner Fotografien, bleibt ihre Inszenierung in Bildmontagen - wie gesagt - eine wenn auch nicht allzu seltene Ausnahme, so läßt sich die Methode sinnstiftender Bildvergleiche dennoch als durchgängiges Prinzip der Zeitschrift bestimmen. Wir dürfen nicht vergessen, daß es sich bei den Documents nicht, wie etwa im Fall des Almanachs Der Blaue Beiter, um eine Künstlerzeitschrift handelt, sondern um ein wissenschaftliches Periodikum, das schon seiner Gattung nach dem Text größere Bedeutung zubilligen muß. Die einzelnen, oft monographisch angelegten Beiträge werden hier in aller Regel von zunächst illustrativen Abbildungen begleitet, und für den Leser stellen sich übergeordnete Bildvergleiche, die ihn von der Antike bis in die Gegenwart führen, von Europa bis in den Fernen Osten, oft erst allmählich und bei der Durchsicht eines gesamten Heftes ein. Beschäftigen wir uns nach dieser Beobachtung einmal ein wenig genauer mit den Beiträgen von Carl Einstein, dann machen wir eine nunmehr wohl kaum noch überraschende Entdeckung. Weder in seinen grundlegenden Studien zur Gegenwartskunst, noch in den Aufsätzen zur Kunst vergangener Epochen, weder in seinen theoretischen Reflexionen noch in den kurzen Ausstellungsbespre-
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chungen findet sich auch nur eine einzige Bildbeschreibung, ja, in den allermeisten Fällen werden die abgebildeten Werke nicht einmal erwähnt. 39 Zwar charakterisiert der Autor in seinen Texten die ästhetischen Qualitäten der jeweils in Rede stehenden Kunstwerke und erläutert ihre Besonderheiten aus kunsthistorischem Blickwinkel. Doch Einstein findet zu diesem Zweck stets Formulierungen, die zwar auf das Gesamtwerk eines Künstlers, auf eine besondere Werkphase oder eine ganze Epoche zielen und dabei Zeugnis von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem einzelnen Kunstwerk ablegen, seine Texte aber paraphrasieren das Gesehene nicht. Widmet man sich den Aufsätzen über Picasso, Braque, Léger, Masson oder Arp, die von oft umfangreichen Bildstrecken begleitet werden, so zeigt sich, daß zwischen Illustration und Text eine Struktur vielschichtiger Bezüge aufgebaut wird, innerhalb derer das Bild allerdings niemals nur als Beleg dessen dient, was bereits mit sprachlichen Mitteln vorgetragen worden ist. Daß sich die Abbildungen dabei tendenziell vom Wortlaut lösen, ist ein Illustrationsprinzip, das wir im Werk Einsteins jedoch nicht erst in den Documents beobachten können. Bereits in seiner Kunst des 20. Jahrhunderts von 1926 oder - wenn auch später - in der 1934 erschienenen Monographie über Georges Braque findet sich ein erschöpfendes Abbildungsmaterial, das dem gedruckten Wort eine alternative und rein auf das Visuelle zielende Lektüre an die Seite stellt. Die Werke, denen sich der Text theoretisch oder - oft genug - auf polemische Weise nähert, werden im Medium der Reproduktion ein zweites Mal präsentiert und dem Leser so in gleichsam objektiver kunsthistorischer Abfolge vor Augen geführt. Schon kurze Zeit vor dem ersten Erscheinen der Pariser Zeitschrift hatte André Breton in seinem surrealistischen Roman Nadja von 1928 der belletristischen Narration einen visuellen Kommentar aus zumeist fotografischen Abbildungen mit auf den Weg gegeben, der die autobiographisch-assoziative Erzählung zwar in gewissem Sinn durchaus noch immer illustriert, dabei aber eine eigenständige Lektüreebene erreicht, auf der ebenfalls eine
ungebrochene Objektivität der Dinge zur Sprache kommt, die der diskontinuierliche, auf jede Beschreibung bewußt verzichtende Text allein nicht mehr erreichen kann und nicht erreichen will. Um dies zu bewerkstelligen, hat der Autor immer dann Fotografien von Jacques-André Boiffard, Man Ray und anderen als integrale Bestandteile in seinen Roman eingefügt, wenn es galt, Schauplätze der Handlung, ihre Personen und Gegenstände mit einer visuellen Eindrücklichkeit zu versehen, mit einer »banalen Evidenz« (Walter Benjamin), die sich in den sprunghaften Assoziationen des Geschriebenen längst verflüchtigt hat. 40 So wird, beispielsweise, in der Erinnerung an Robert Desnos und seine somnambulen poetischen Fähigkeiten die »époque des sommeils« eines halluzinativen Surrealismus heraufbeschworen; die filmisch arrangierten Porträts des halb schlafenden, halb wachenden Dichters aus der Kamera Man Rays hingegen zeigen mit dokumentarischem Blick eine wenn auch gewiß authentische, so doch recht alltägliche Situation (Abb. 234). Und auch der mehr oder weniger wortlose Bildessay ist eine in den surrealistischen Zeitschriften dieser Jahre häufig erprobte literarisch-visuelle Gattung. Gerade das editorische Verfahren, Bilder einander unvermittelt gegenüberzustellen, vermochte es, Gegenstände oder Personen in unerwartete ästhetische oder intellektuelle Bezüge zu setzen und damit eine assoziative Syntax hervorzubringen, die von höchst suggestiver Aussagekraft sein konnte. Eine anonyme Montage von 1924, die vermutlich auf Louis Aragon zurückzuführen ist, zeigt dementsprechend bereits im ersten Heft von La Révolution surréaliste die erkennungsdienstliche Aufnahme der Anarchistin Germaine Berton, um die herum ein stolzes Aufgebot von nicht weniger als achtundzwanzig Porträtfotografien all derer versammelt ist, die - von Aragon bis Vitrac, von Breton bis Man Ray - im Kreis der Surrealisten Rang und Namen hatten (Abb. 235).42 Unter die »Bewunderer« der Kriminellen, die im Jahr zuvor den Generalsekretär der rechtsradikalen Action française ermordet hatte, ist dabei auch ein Porträt Sigmund Freuds geschmuggelt worden, wodurch
DER
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dem aufmerksamen Betrachter unwillkürlich die psychoanalytischen Beweggründe deutlich werden dürften, die zur Verehrung der Mörderin durch die surrealistischen Schriftsteller und Künstler führen konnten; Beweggründe, die auch in Baudelaires Zitat aus Les Paradis artificiels zum Ausdruck kommen, dem einzigen ausdrücklichen Textkommentar dieser Tafel: »La femme est l'être qui projette la plus grande ombre ou la plus grande lumière dans nos rêves.« 43 Nicht nur Carl Einsteins ungewöhnliche Bildrhetorik gründet damit auf einer tiefen Skepsis gegenüber den darstellerischen Möglichkeiten zumindest der beschreibenden Sprache, die seiner Auffassung nach angesichts der Übermacht bildlichen Ausdrucks versagen muß. In einem der Schlüsseltexte der Documents, in den im Juni 1929 erschienenen Notes sur le cubisme, die auf epistemologischer Ebene durchaus als Programmschrift zu lesen sind, werden diese methodischen Zweifel für den Bereich der Kunstgeschichte offen ausgesprochen: »Nous constatons qu'il y a un abîme entre l'histoire de l'art et la science de l'art, et que ces deux disciplines sont devenues trop précaires. Lorsque l'histoire de l'art veut être plus qu'un calendrier, elle se sert de jugements et de notions dont le fondement n'est pas donné, mais qu'on emprunte tout à fait naïvement. Les œuvres particulières se fondent dans ces notions en des généralités sans contours, et le fait concret se dissout en une sorte de vague esthétisme, tandis que d'autre part les milles anecdotes et dates de l'histoire de l'art ne touchent en rien aux questions techniques et aux formes mêmes de l'œuvre d'art. On arrive finalement à une psychologie anecdotique qui transforme l'histoire de l'art en roman. En ce qui concerne la méthode pédante qui consiste à décrire les tableaux, nous remarquons qu'en raison de la structure de la langue la force simultanée du tableau est divisée et que l'impression est détruite par l'hétérogénéité des mots.« 44 Der Autor widmet sich den unterschiedlichen methodischen Ansätzen der Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft, er verurteilt die begriffliche Un-
hnoto i'l,
Haft Hay.
Jf WfVUlS MAINfRXAKT ROUKHT InsNiis. ì'iìij t
schärfe kritischer Urteile, unter denen das einzelne Kunstwerk als bloßer Vorwand zu verschwinden droht: »Nous croyons qu'en général le tableau, qui est une réalisation concrète, disparaît dans la critique à cause des formules générales auxquelles le tableau ne sert que de prétexte, quand on veut donner à une opinion hasardeuse, par le truc de la généralisation, une valeur universelle.« Und so
ì ..>
234 Man Ray: Robert Desnos, schlafend (»Je revois maintenant Robert Desnos«), Abbildung aus André Bretons »Nadja« 1928
354
235 Anonym (Louis Aragon): Montage aus 28 Porträtfotografien sowie einem Polizeifoto der Anarchistin Germaine Berton, Tafel aus »La Révolution surréaliste«, 1924
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schließt Einstein kurz und bündig auf eine unüber-
erfüllt er demnach unausgesprochen jenes grund-
brückbare Kluft zwischen Sprache und Bild, zwi-
legende surrealistische Prinzip, mit dem André Bre-
schen literarischer Annäherung und Kunstwerk:
ton das vollständige und systematische »dépayse-
»Le problème capital reste la différence entre ces
ment« gefordert hat, die Entheimatung aller Dinge,
deux catégories: celle du tableau et celle de la
die nötig wird, soll ihnen an neuem Ort zu neuer,
langue.«
gesteigerter Wirklichkeit verholfen werden. 47
45
In seinen Schriften zur Kunstgeschichte hat Ein-
Das Welt- und Geschichtsbild des Kunsthistori-
stein zwei Wege beschritten, die ihn und seine Be-
kers beruht dabei nicht etwa auf der Vorstellung von
schäftigung mit Werken der Bildenden Kunst aus
einem linearen oder evolutionären Modell, es ist
diesem Dilemma führen sollten. Zum einen hat er
vielmehr von anthropologischen und ästhetischen
- wie gesagt - jede beschreibende Annäherung an
Konstanten geprägt. Um die entscheidenden Merk-
das Kunstwerk als »betäubende Paraphrase« 46 ab-
male Bildender Kunst - die Probleme der Raum-
gelehnt und in seinen Texten stattdessen versucht,
bildung, die Tektonik der Komposition, die bild-
durch eine analoge und dem jeweiligen Gegenstand
nerische Bewältigung von Visionen und Halluzi-
angepaßte sprachliche Gestaltung auf die künstle-
nationen, die Erfindung mythischer Figuren und,
rischen Merkmale der evozierten Gemälde oder
nicht zuletzt, das Aufbegehren gegen den Tod - als
Skulpturen anzuspielen; andererseits, und das ist
überhistorische Phänomene darstellen zu können,
für sein Konzept der Pariser Zeitschrift entschei-
schlägt Einstein in seinen Texten häufig den Bogen
dend, hat Einstein der Rhetorik des begleitenden
zu Kunstwerken entlegener Zeiten und Völker. Und
Bildmaterials wichtige Aufgaben übertragen. Ist der
es ist gerade dieser komparatistische Ansatz, der
Text für die kritische Einschätzung eines Kunst-
seinen vollendeten Ausdruck in der surrealistisch-
werks oder die theoretische Reflexion über das Ge-
assoziativen Text- und Bildregie der Zeitschrift
sehene verantwortlich, so zeigt die Reproduktion -
Documents findet. Man könnte, wie Aby Warburg
das ist selbstverständlich und als solches der Er-
über die Bücheraufstellung seiner Kulturwissen-
wähnung kaum wert - zunächst einmal das Kunst-
schaftlichen Bibliothek in Hamburg, auch hier vom
werk selbst, isoliert und ohne jeden Kommentar. In
»Gesetz der guten Nachbarschaft« sprechen. 48
ihrer Unabhängigkeit vom Text, insbesondere aber in ihrer Anordnung untereinander, bei der man von einem intellektuellen Layout sprechen könnte, formulieren die Abbildungen in den meisten Publikationen Einsteins eine genuin kunsthistorische Aussage. Folgen sie beispielsweise einer chronologischen Reihung, wie wir sie etwa in der Kunst des 20. Jahrhunderts
finden oder im Buch über
Georges Braque, dann wird die historische oder werkmonographische Entwicklung der Kunst aber auch eines Künstlers unabhängig vom Text visuell nacherzählt; in der Konfrontation mit Reproduktionen nach Werken vergangener Epochen aber ferner Kulturkreise, wie sie in den Documents
un-
abhängig von jeder Chronologie in Szene gesetzt ist, kann das Kunstwerk andererseits in einen unerwarteteten Zusammenhang gestellt werden, der die eigentümliche historische Konzeption Einsteins anschaulich erläutert. Als Autor und Herausgeber
Carl Einstein hat seine Veröffentlichungen zur Bildenden Kunst stets sorgfältig mit Abbildungen ausgestattet. Es ist unverständlich, warum die Kunstgeschichtsschreibung, die doch immer auch eine Bildwissenschaft sein will, diesen Abbildungen bislang kaum jemals ihre Aufmerksamkeit geschenkt hat und sich, wenn sie sich überhaupt mit dem Rebell in den eigenen Reihen beschäftigt, lediglich seinen allerdings brisanten Texten zuwendet. Einstein hat nicht nur in den Documents
auf die
Aussagekraft der Reproduktionen vertraut. In den von ihm herausgegebenen Publikationen, in den Zeitschriften ebenso wie in den Monographien, hat er die Auswahl und das Arrangement der Bildbeigaben gewissenhaft überwacht und dabei bildrhetorische Strategien entwickelt, die unabhängig vom Text und doch in komplementärer Fühlungnahme mit ihm Bedeutungen stiften. Als Kunsthistoriker und Kunsttheoretiker hat Einstein damit
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ein ungewöhnliches Verfahren angewendet, um die anthropologisch-ethnologischen Grundlagen seiner Kunstanschauung und die Verwurzelung der Gegenwartskunst in den Tiefen der Geschichte auch im Medium der Illustration anschaulich zu machen. In seinen Aphorismes méthodiques, die 1929 im ersten Heft der Zeitschrift ein Manifest der eigenen wissenschaflichen Arbeit formulieren, gelangt Ein-
stein demgemäß zu einem neuen und umfassenden Verständnis der Kunstgeschichte als Kampf aller visuellen Erfahrungen; ein surrealistisch motiviertes Verständnis der Kunstgeschichte, das die Documents wie keine zweite Zeitschrift des 20. Jahrhunderts in Szene gesetzt haben: »L'histoire de l'art est la lutte de toutes les expériences optiques, des espaces inventés et des figurations«.49
R Ü C K K E H R INS MYTHISCHE C A R L E I N S T E I N U N D DIE K U N S T DES S U R R E A L I S M U S
Ein dämonischer
Klassizismus
Als Herausgeber der Zeitschrift Documents hat Carl Einstein ein assoziatives surrealistisches Editionsprinzip ins Werk gesetzt, um die in ihr veröffentlichten kunst- und kulturhistorischen Beiträge in aussagekräftigen Wort-Bild-Konfrontationen wirksam werden zu lassen. Und auch in die Bildwelten einiger Künstler, die den Surrealismus seit der Mitte der zwanziger Jahre prägten, hat er sich in den entscheidenden Texten dieser Zeit immer wieder vertieft. Freilich widmete er sich dabei fast ausschließlich jenen Künstlern - Malern wie André Masson, Joan Miró oder Gaston-Louis Roux, Bildhauern wie Hans Arp oder Alberto Giacometti - , die nicht oder doch nicht auf Dauer zum harten Kern der Gefolgsleute von André Breton zu rechnen waren. Kaum ein Wort hingegen verliert der Autor über die Werke von Salvador Dali, der die surrealistische Doktrin in seine »paranoisch-kritischen« Bilder umgesetzt hat, kein offenes Wort über die Werke von Max Ernst, kein Wort über René Magritte oder Yves Tanguy. Und in seiner kompromißlosen Abgrenzung vom orthodoxen Surrealismus wußte Einstein sich einig mit Georges Bataille, seinem Chefredakteur, und Michel Leiris, dem Redaktions-
sekretär der Documents, so daß die Zeitschrift zu einem publizistischen Forum der surrealistischen Dissidenten werden konnte und von Breton entsprechend scharf attackiert wurde. 1 Dennoch erfährt Max Ernst im Werk Einsteins eine gewisse, gleichsam offizielle Aufmerksamkeit, als dieser immerhin vier Werke des Malers in den Abbildungsteil der dritten Auflage seiner Kunst des 20. Jahrhunderts aufnahm, allerdings ohne daß er diese Gemälde, etwa das Monument aux oiseaux von 1927, mit auch nur dem kürzesten Kommentar gewürdigt hätte (Abb. 236).2 Wieder einmal zeigt sich hier die besondere Sorgfalt der bildredaktionellen Arbeit, die Einstein bei der Veröffentlichung seiner Schriften hat walten lassen. Sein persönliches ästhetisches Bekenntnis, das ihn augenscheinlich dazu veranlaßt hat, die Gemälde Max Emsts schweigend zurückzuweisen, wird durch die Aufnahme von dessen Werken in den Tafelteil seiner kunsthistorischen Abhandlung gewissermaßen einer Kontrolle unterzogen; subjektive Überzeugung und objektive Berichterstattung werden in ein komplementäres Verhältnis zueinander gesetzt, so daß der Leser und Betrachter - das unausgesprochene Urteil über diese Bilder selbst nachvollziehen und überprüfen kann. Wie schroff dieses Urteil auszufallen hatte,
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schen Künstlern zu einem ebenso kunstkritischen wie politischen Seitenhieb auf die Surrealisten: »Dali und die Seinen beuten einige antiquierte Ideologien aus, wie Freud, diesen alten Romantiker. Sie machen eine kleinliche Malerei, einen falschverstandenen revolutionären Akademismus, der eine Konstellation ausbeutet. Eine rein ästhetische Revolte reicht offensichtlich nicht aus. Sie suchen das Neue, vielmehr das Archaische, und enden damit, sich selbst unaufhörlich nachzuahmen. Dali macht immer Dalis ... « 4 So knapp und beiläufig diese Interviewpassage auch immer ausgefallen sein mag, sie kann dennoch verständlich machen, was Einstein dem Surrealismus Dalis vorzuwerfen hat. Das mit dem katalanischen Kunstkritiker Sebastià Gasch geführte Interview wurde von drei Abbildungen begleitet, die in diesem Zusammenhang äußerst aufschlußreich sind (Abb. 237). Neben Joan Mirós Gemälde Tête d'homme
von 1931 (Privatbesitz), das Werk eines
Malers, dem Einstein bescheinigt, das größte Talent seiner Generation zu besitzen, konnte der Leser konnte hingegen einige jähre später in den Docu-
auch zwei Werke Dalis in Augenschein nehmen, Le
ments nachgelesen werden, denn dort, in seiner Be-
jeu lugubre von 1929 (Privatbesitz) sowie L'Homme
sprechung einer Ausstellung von Collagen in der Ga-
invisible
lerie Goemans von 1930, kanzelt Einstein einen Teil
Centro de Arte Reina Sofía). 5 Einerseits weist Ein-
der aktuellen Produktion dieser Kunstform mit
stein mit Formulierungen wie »kleinliche Malerei«
Worten ab, die der aufmerksame Leser zweifellos
(»pintura pedant«) und »falschverstandener revo-
auf Max Emsts Klebebilder zu beziehen wußte,
lutionärer Akademismus« (»academisme falsament
auch wenn der Name des Künstlers hier nicht ge-
revolucionan«) auf die seiner Ansicht nach unzu-
nannt wird. Über einige der ausgestellten Collagen
reichenden formalen Mittel dieser Kunst hin, die -
heißt es nämlich, sie seien zu »calembours faciles«
folgt man der Kritik - in ihrer minutiösen Abbild-
verkommen und drohten, am Schwindel ihres »dé-
lichkeit hinter die Errungenschaften des Kubismus
cor petit-bourgeois« zu scheitern.
zurückfallen. Andererseits zeigt das Zitat seine über
3
Grundsätzliche ästhetische Bemerkungen zum Surrealismus der Gruppe um André Breton finden sich in Einsteins Schriften an nur sehr wenigen, zumal abgelegenen Stellen. Es ist auffallend, daß der Autor dabei - wenn auch stets kurz angebunden und natürlich polemisch - die Werke Dalis in den Blick nimmt, den er damit immerhin als exemplaMax Ernst:
rischen Vertreter orthodox-surrealistischer Kunst
Monument aux oiseaux,
würdigt. Noch im Mai 1938, mitten im Spanischen
236
1927, Ol auf Leinwand, 162,5 χ 130 cm, Privatbesitz
von 1 9 2 9 - 1 9 3 2 (Madrid, Museo Nacional
Bürgerkrieg und gewissermaßen an der Front, nutzt Einstein die Frage nach den führenden katalani-
die Jahre gewachsenen Vorbehalte gegenüber den Theorien Sigmund Freuds; Vorbehalte, die durch das Anwenden psychoanalytischer Erkenntnisse in der literarischen und bildkünstlerischen Praxis der Surrealisten gewiß noch weiter verstärkt worden sind. Zwar hatte Einstein, der genau wußte, was er den Schriften des Wiener Psychoanalytikers zu verdanken hatte, stets die entscheidende Rolle Freuds, wie auch diejenige Friedrich Nietzsches, bei der Abkehr von einer bloß rationalistischen Auffassung des Menschen und der Welt betont. 6 Doch in seiner
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t*Mi. €1* l*itEs ist immer noch leichter,
halb der nationalsozialistischen Führung selbst zu
aus einem großen Künstler mit der Zeit einen an-
verstehen, die erst nach dem 30. Januar 1933 offen
ständigen Nationalsozialisten zu machen, als aus
zutage traten. Die Vertreter einer völkisch ausge-
irgend einem kleinen Parteigenossen einen großen
richteten Kulturpolitik treffen in diesem Konflikt
Künstlers beleuchtet schlaglichtartig die Situation.
auf die Verteidiger einer Moderne, die - wie zum
Wenn aber dieses mannhafte Wort Goerings schon
Beispiel Joseph Goebbels - den Expressionismus als
heute in der Presse mißbraucht wird, um mit uner-
eine ausgesprochen »nordische« Kunst ansehen
hörter Dreistigkeit dafür Stimmung zu machen, den
und auch für die Ziele des nationalsozialistischen
ganzen Kreis, mit dem Cassirer und Flechtheim ihre
Staates fruchtbar machen wollen. 9 Mit der Kunst
Geschäfte gemacht haben und gerade formzerset-
des Expressionismus ist dabei vor allem eine Stil-
zende Persönlichkeiten wie Nolde, Schmidt-Rott-
richtung Gegenstand der Auseinandersetzungen,
luff, Klee, Mies van der Rohe, nun als die eigent-
deren Höhepunkte schon einige Jahre zurücklagen,
liche deutsche Kunst in den nationalsozialistischen
und die seit den zwanziger Jahren nach und nach
Staat einzuschwärzen, so erhebt sich ernsthafter
museumswürdig geworden war. Einige führende
Widerspruch aller im organischen Sinn modernen
deutsche Museen, etwa die Neue Abteilung der Ber-
und aus echtem deutschen Empfinden heraus schaf-
liner Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-
fenden Künstler. [...] Der Deutsche Künstlerbund
palais, hatten sich spätestens nach Ende des ersten
1933 legt feierliche Verwahrung dagegen ein, daß die
Weltkriegs der Dokumentation und Pflege der zeit-
Leute, die die künstlerischen Schrittmacher der zer-
genössischen Moderne verpflichtet und wurden
setzenden kommunistischen Revolution gewesen
daher schon bald nach 1933 zum bevorzugten An-
sind und dabei stärkste und nachdrückliche Förde-
griffsziel des völkischen »Kampfbundes für Deut-
rung vom marxistischen Staat, dem Logen- und
sche Kultur« um Alfred Rosenberg. Die zahllosen
Judentum erfahren haben, nun sich dem deutschen
Übergriffe auf die Sammlungsbestände der Museen
Volk als die Vertreter seiner eigentlichen Kunst prä-
in Berlin oder Mannheim, in Dresden oder Halle
sentieren wollen.« 8
gipfelten seit 1937 in der Wanderausstellung der
Das infame Manifest des »Deutschen Künstler-
»Entarteten Kunst«. 10
bundes 1933« dokumentiert unmißverständlich die
In den kunstpolitischen Unruhen der Monate
umkämpfte kunstpolitische Situation der Jahre un-
nach der Regierungsübergabe an die Nationalsozia-
mittelbar nach der »Machtergreifung« durch die
listen war es dabei kein Einzelfall, daß die Gegner
Nationalsozialisten. Sollten viele der avantgardi-
der Moderne »belastendes« Material sammelten,
stischen und zumeist linksgerichteten Künstler,
um gegen die Kunst des deutschen Expressionismus
Schriftsteller und Intellektuellen schon bald dazu
zu agitieren. Ludwig Thormaehlen, Bildhauer und
gezwungen sein, ihre kritische Stimme unter oft
dem Kreis um Stefan George zugehörig sowie seit
schwierigsten Umständen aus dem Exil zu erhe-
1925 Kustos der Berliner Nationalgalerie, über-
402
EPILOGE:
S C H E I T E R N
UND
liefert in seinen Erinnerungen
EXIL
George
oder Verfälschungen in den beigegebenen Texten
eine Begebenheit, nach der Paul Schultze-Naum-
an Stefan
zwei Drittel ausmachten und schickte den Stoß
burg und German Bestelmeyer schon zu Jahres-
Kartons mit entsprechendem Kommentar in das
beginn 1933 eine tendenziös zusammengestellte
Goebbels-Ministerium zurück.« 1 2
Dokumentation in der Reichskanzlei vorgelegt
Die Episode, die Einsteins Kunst des 20. Jahr-
hätten, um Hitler gegen die zeitgenössische Kunst
hunderts
aufzuhetzen:
fen der Jahre 1933-1934 in Zusammenhang bringt,
mit eben diesen kunstpolitischen Kämp-
»Mit eins öffnete Schultze-Naumburg seine
ist von der kunsthistorischen Forschung bislang
Mappe und breitete einige Dutzend Kartons mit
kaum beachtet worden. Gelegentlich wurde mit
aufgeklebten Ausschnitten aus Zeitungen und Ka-
Blick auf Einsteins Buch von einer »rigoristischen
talogen aus, die alle >moderne Kunst< wiedergeben
Kunstgeschichte» und einer »Selbst-Präsentation
sollten und säuberlich mit maschinengeschriebenen
des Gegners« gesprochen und damit angedeutet, daß
Papierstreifen unterklebt waren, worauf angebliche
dem Autor eine gewisse Mitverantwortung an der
Preise, meist Inflationsbeträge, und die Käufer der
Ablehnung Noldes und anderer Künstler nicht
Werke oder die Aussteller vermerkt waren.« 1 1
abzusprechen sei. 1 3 Und auch Alfred Hentzens
Thormaehlen hatte sich in der Folge die Gelegen-
scharfe Bemerkung vom »Schandbuch« Einsteins
heit dazu verschafft, den Inhalt der vorgelegten
muß in dieser Richtung ausgedeutet werden, ver-
Mappe kritisch zu mustern, und traf dabei auf eine
wendet der Kustos mit seiner Bezeichnung doch
Materialsammlung, die auch vor Verfälschungen
ganz bewußt das Vokabular der Nationalsozialisten,
nicht zurückschreckte; eine Materialsammlung, die
die mit ihren »Schandausstellungen« in der kunst-
in jedem Fall ein interessantes Dokument zur Vor-
politisch noch unbestimmten Situation dieser Jahre
geschichte der Ausstellung »Entartete Kunst« dar-
die Kunst der Weimarer Republik zu diskreditieren
stellt, da schon hier wesentliche Elemente einer
suchten. Haben wir es, so ist zu fragen, bei der Kunst
zielgerichtet herabwürdigenden Präsentation auf-
des 20. Jahrhunderts
gewendet wurden - das Herauslösen der Werke aus
»Schandbuch« zu tun, das die in ihm kritisierten
ihrem Zusammenhang, die Angabe der Sammler
Künstler bloßstellt und nationalsozialistischer Dif-
tatsächlich mit einem solchen
und oft fiktiver Preise, die bewußte Wahl schlechter
famierung ans Messer liefert, mit einem wenn auch
Reproduktionsqualität - , wie sie nur wenige Jahre
unfreiwilligen, so doch fahrlässigen Katalog »ent-
später die Münchner Ausstellung und ihren Kata-
arteter« Kunst?
log bestimmen sollten. Ausführlich schildert der Bildhauer, was er hier zu sehen bekam: »Es war ein tolles Pamphlet. Ausgesucht schlech-
Der rückwärtsgewandte
Prophet
teste Klischee-Wiedergaben auf Zeitungspapier nach Photos mit Reflexen, Ausschnitte aus Katalo-
Rufen wir den so unvermutet Angeklagten selbst in
gen und dergleichen zusammengeklebt, darunter
den Zeugenstand und lesen wir, wie sich die Male-
in Maschinenschrift vermerkt, wer das mit öffent-
rei Noldes und der »Brücke« in Einsteins Urteil dar-
lichen Geldern gekauft habe oder wo das ausgestellt
stellt. Tatsächlich finden wir in den Kapiteln der
gewesen sei und durch wen. Wo solche Angaben
Kunst des 20. Jahrhunderts,
nicht gemacht werden konnten, weil kein Verant-
schen Expressionismus beschäftigen, und wie wir
wortlicher das betreffende Kunstwerk gekauft oder
bereits gesehen haben, eine deutliche Ablehnung
ausgestellt hatte, war sonst eine aufhetzende Be-
dieser Kunst, die in meist scharfen, allzu scharfen
die sich mit dem deut-
merkung daruntergesetzt. Auch Preise, angeblich
Formulierungen vorgetragen wird: »Welch arme
gezahlte, in der Höhe von Millionenbeträgen, gab es
Erfindung«, ruft Einstein in seinem Kapitel über die
da. [...] Ich berechnete boshaft, wieviel Prozent der
Künstler der »Brücke« beispielsweise aus, »abge-
Angaben falsch waren, bewies, daß Fälschungen
sehen von dem bedeutenden Kirchner! Schmidt-
CARL
EINSTEIN
UND
EINIGE
SEINER
LESER
403
Rottluff vereinfacht in ehrbar simplem Kubismus, Pechstein handwerkt flink im Billigen, dort Ecke und Ornament borgend, Heckel und Müller versüßen in lockerer Haltlosigkeit Akte oder deutsche Landschaft.« 14 Gleichwohl nimmt Einstein einige wichtige Gemälde und Skulpturen des deutschen Expressionismus in den Tafelteil seiner Buches auf (Abb. 265-266).
Der Kunsthistoriker belegt sein Ur-
teil durch die kritische Untersuchung dieser Werke, und in womöglich noch schärferem Ton versucht er, die stilistischen Eigenarten des Expressionismus zu charakterisieren: »Das Motiv wird kunstgewerblich übertragen; nicht Stil ist hier festzustellen, sondern klischierte Stilisierung. Diese Bilder schwanken zwischen Natur und Plakat, und der subjektive Lyrismus der >BrückeDamenDie Kunst des 20. Jahrhunderts< (Propyläenverlag, Berlin), wo es mit noch viel tollerem Zeug als die für das 20. Jahrhundert charakteristische deutsche Kunst abgebildet ist. Man möchte nun meinen, daß diese Repräsentanten der Niedergangsepoche im neuen Deutschland sich
Jahrhun-
zurückgezogen hätten und froh wären, wenn nicht
derts ist auch nach der »Machtergreifung« durch
mehr von ihnen gesprochen würde. Dies ist aber
Carl Einsteins epochale Kunst des 20.
die Nationalsozialisten gelesen worden. Und doch
keineswegs der Fall. Sie sind vielmehr eifrig und
ist die Tatsache, daß einige seiner Leser das
mit Erfolg bestrebt, in prominenten staatlichen Gale-
Buch, das als letzter Band der »Propyläen-Kunst-
rien und auf Ausstellungen durch Platzhalter ihrers
geschichte« und damit an herausgehobener Stelle
Namens in Gestalt von harmlos erscheinenden Bil-
die Geschichte der Kunst seiner Gegenwart schreibt,
dern vertreten zu sein. Es wird auch keine Mühe
gegen eben diese Kunst verwendet haben, dem Au-
gescheut, solche Bilder aus der Fülle ihrer Greuel-
tor selbst nicht anzulasten. Der Mißbrauch dieses
produktion herauszuquetschen. Dieser an sich be-
und anderer Werke läßt sich eben nur aus der be-
deutungslos erscheinende Vorgang hat zur Folge,
reits skizzierten kunstpolitischen Situation der
daß dann anderwärts Werke von der Art unserer Ab-
266 Erich Heckel: Hohfigur (Große Stehende], 1912-1913, Ahornholz, Maße und Verbleib unbekannt (ehemals Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe], Abbildung aus Carl Einsteins »Die Kunst des 20. 1931
Jahrhunderts«,
406
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269
Gegenüberstellung
von Werken
Noldes,
Picassos und
Schmidt-
Rottluffs mit
Fotografien
behinderter Doppelseite
Menschen, aus Paul
Schultze-Naumburgs »Kunst
und Rasse«,
2. Auflage 1935
410
EPILOGE:
SCHEITERN
UND
EXIL
/
SWenfcf; feine gütirer unb ilmen ttnbmete er ben Síusbtucf feiner SJere&nmg. Sutten αί)πΙίφ ju fein, roett baä fclbfttterftctnbliefK ©ttefcen cxncö 3eben, faeffen Sf)rgci3 ficf> ein fjohed piel fegte. Stile bie 9Jíenfcf;civ bte bureb baé S3íut an bas 9iorbí)cí>e jpoebjiti gebunben [ínb/ werben m folgen ííügen auef) beute ηόφ bad ebeífle Sorbílb ÜraftöcHcn unb mâmiliéen SSefené erblichen. Seim bet Äopf ift »oll faed Wâtmficn Setené unb entfprícíji burdjauá ittd)t ttgenbemtt Wïftaubtên, a?abemífdjttt UitroírEIícMeít. Unb nun piatte man fief) einen ííugeubticf beriefen, mit roas für 5}fenfcf)eiu gehalten man beute ftönbtg unfere SSorfleífungen 311 narren fuef^t, um
270 Pablo Picassos »Femme aux poires«, 1909, und Kopf der Heiligen Katharina vom Weltgerichtsportal der Nürnberger Sebalduskirche, um 1310, Seite aus Paul SchultzeNaumburgs »Kampf um die Kunst«, 1932
ju ermeffen, mie tief ber 2íbjííeg tfl, ben imfer Self Mut* unb gefübíé* tnäfjig erlebt íjaben mu§. Sas? wirb einem befonberö Piar, wenn man eine Steide yon ©eftalten an fiel; sorüberjiefjen lägt, bte für bte großen Reiten JDcutfdjÎcmbô fennjetefmenb finb. δίιιφ trog ber entfteííenben S3efef;ctbigung j ^ e i n t bíefer gefrönte gtauenfopf, eine ^eilige Äatfjartna oon ber ©ebaíbudftrcíje, bocí) bon einer $o|>eit unb einer faft überírbtfcf;en ©d)ön^eit, bag roof)! níemanb fidf) tarent Raubet entjieljen Eann, eö fei benn, bag »on »ornfjereirt jebe S3erfîânbigung auôftc&tôloê ift. ülber um SScrftänbigung geí)t t i ja auefj η ί φ in bem -Kampf um bte Äunfi, fonbern lebtgltà) barurit, diejenigen untev ein Banner ju femaren, bte um baë gíeíeí>e nerbile jjíelbílb beef £>tutfd)cn Eämpfen. fi)niici>eö unb bocí; wrfdncbencö jeigt ein Silbniö taifer Dttoâ bem ©rogen, bas auf beni 9tat$auäpfGeischtigen< doch das Genick gebrochen; die Leute sind servil wie die Nonnen.«13 Doch die zweifelhafte Zufriedenheit zeigt recht bald ihre Risse. Die wirtschaftliche und auch die intellektuelle Lage Frankreichs sieht Einstein schon zu Beginn der dreißiger Jahre ausgesprochen nüchtern. Die Krise drohe ein Dauerzustand zu werden, schreibt er am 28. November 1931 ebenfalls an Wasmuth, Bücher würden kaum gekauft, und über die eigenen kunsthistorischen und kunsttheoretischen Vorhaben, über sein Buch zum Werk von Georges Braque, das erst 1934 erscheinen kann, und die geplante großangelegte Ästhetik, spricht Einstein ohne Enthusiasmus.14 Nicht erst die Tatsache, daß die Zeitschrift Documents nach nur zwei Jahren und fünfzehn Heften ihr Erscheinen wieder einstellen mußte, hat Einstein gründlich desillusioniert. An den politischen Phrasen werde man »so langsam verrecken«, heißt es im Brief weiter, von Europa würden nur ein paar »degenerierte députés und kriegerdenkmäler« übrigbleiben, die letzten Dichter schon bald »beim kriminalroman enden«, als »barbarische idioten mit unpassenden erinnerungen«. Und so Zeile um Zeile weiter. Der Brief an Wasmuth zeigt deutlich, daß auch die unerträgliche politische Situation in Deutschland die Wahl der neuen Heimat motiviert hat. Frankreich bleibt in den Augen des Autors ein von kulturellen Traditionen tief geprägtes Land, seien diese Bindungen auch noch so brüchig geworden. Nicht ohne verzweifelte Ironie und auch jetzt noch voller Witz schreibt Einstein: »Wir sprechen immer noch voltaire und racine, kültüre. wir besitzen ein bidet und keinen hitler; esprit, on vit avec le sourire; latinité et mesure, on mange l'oignon, méditerranée; l'ail; noch stinkt vergil. die sonne homers ist stark eingeregnet und die clarté ähnelt verzweifelt einem gemeinplatz. aber was wollen Sie, hier pöbeln keine nazis, das ist trotzdem angenehm.«15
420
EPILOGE:
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UND
EXIL
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PERPIGNAN _ NOYES DANS LE FLOT
275
Carl Einstein in Perpignan, Pressefotografie aus »Match. L'Hebdomadaire de l'actualité mondiale«, 1939
DE LA DEBACLE, MINISTRES, GENERAUX, AMBASSADEURS...
Immerhin: Einstein schreibt vom »Wir«, von der
geschieden, heiratete Einstein am 6. Dezember 1932
Gemeinschaft der in Frankreich lebenden und arbei-
Lyda Guévrékian, und Georges Braque wohnte der
tenden Intellektuellen; ein Wort, das so in seinen
Vermählung als Trauzeuge bei. Sein Wirken, seine
Berliner Briefen und Schriften nicht zu lesen ist.
geistige Existenz aber sieht Einstein gefährdet, und
Und tatsächlich verkehrt der Schriftsteller zu Be-
bald schon stellen sich erste Ahnungen davon ein,
ginn der dreißiger Jahre in den führenden intellek-
daß sich seine frei gewählte Übersiedlung zuletzt in
tuellen und künstlerischen Kreisen von Paris, er
ein véritables Exil verkehren könnte: »ich möchte
lernt Schriftsteller wie Eugène Jolas, James Joyce
nicht als emigrant enden«, heißt es im Februar 1932,
oder Samuel Beckett kennen, Künstler wie Alberto
»und für heinesche jammerlappen fehlt mir die
Giacometti und Alexander Calder, steht in engstem
Schlankheit.« 1 6
Austausch mit Persönlichkeiten wie Michel Leiris
Was das Exil für den Menschen bedeutet, darü-
oder Georges Bataille, Joan Miró oder André Mas-
ber hat sich Einstein bereits während der zwanzi-
son und hat neben den alten Freundschaften wich-
ger Jahre ausführlich Gedanken gemacht. In seinem
tige neue geschlossen. Auch im privaten Leben des
Buch über Leon Bakst, den Maler und Graphiker,
Autors brachte die Übersiedlung nach Paris einige
der seit 1909 die Pariser Aufführungen der »Ballets
Veränderungen. Von seiner ersten Frau Maria Ramm
Russes« mit Kostümen und Bühnenbild ausstattete,
»MAN
ENDETE
ALS
EMIGRANT
421
beschreibt Einstein 1927 das Schicksal des Künst-
unlebendig, man tönt in den stummen luftleeren
lers, dem die Wahlheimat Paris nach der Oktober-
räum, ein schmerz arbeitet in mir, ein perpetuum
revolution zum Exil geworden war, beschreibt mit-
mobile von schmerz.« 1 9
hin ein Schicksal, das ihn selbst nur wenige Jahre
Nach der Publikation seines Buches über Georges
später und auf ganz ähnliche Weise ereilen wird:
Braque 1934 erscheinen nur noch vereinzelte kunst-
»Bakst wurde wie alle Russen, die sich im Westen
historische oder kunsttheoretische Schriften; Ge-
verfingen, Emigrant.« Und eindringlich heißt es
dichte oder Erzählungen erscheinen schon seit 1930
weiter: »So saß man als Gast am Boulevard Males-
nicht mehr, und an den Aktivitäten der exilierten
herbes, eine Hotelexistenz im Geistigen. Man war
deutschen Schriftsteller und Künstler nimmt Ein-
berühmt, soigniert und zerbrochen. Kein Boden
stein kaum einmal Anteil. 20 Einstein schweigt, er
mehr unter den Pumps.«
schweigt, bis er im Sommer 1936 als Milizionär, als
17
Im Porträt des Kostüm-
und Bühnenbildners entwirft Einstein das charak-
»Partisanenhauptmann Carlos« (Walter Mehring),
teristische Bild des Emigranten, und der Leser kann
in den Spanischen Bürgerkrieg zieht, um in der
nicht umhin, dessen Züge auch als das ahnungs-
anarcho-syndikalistischen Kolonne Durruti die er-
volle Selbstporträt seines Autors zu lesen:
sehnte Gemeinschaft derer zu finden, die gegen das
»Man endete als Emigrant, ein Mensch, der zwingender Bindungen ermangelt, dessen Geschick geradezu Schicksallosigkeit ist; man lebt im Vergangenen, das man für sich und einige undeutliche Pensionsgäste zur Gegenwart galavanisieren möchte. Die Schuhe laufen auf fremden Boulevards, während das Herz woanders sich abnutzt. Solche Menschen verwechseln dauernd Orte und Gezeiten und meinen immer ein anderes. Emigranten bleiben
politische Schicksal des 20. Jahrhunderts sich zu stemmen versuchen. Buenaventura Durruti »hatte das vorgeschichtliche Wort >ich< aus der Grammatik verbannt«, heißt es in Einsteins Gedenkrede vom November 1936, hier kenne man allein die »kollektive Syntax.« 2 1 Noch einmal begehrt der Autor auf, noch einmal versucht er, im politischen Kampf die Freiheit zu erstreiten, die ihm in der Literatur genommen ist (Abb.
275).22
irgendwie stehen, da sie keine Gegenwart besitzen
Seine Entscheidung zur Tat läßt sich in einem
und die Zukunft mit einer utopischen Vergangen-
wichtigen Text nachvollziehen, dessen Vorhanden-
heit verwechseln, die, da sie nie war, auch nicht
sein der Forschung bis heute allerdings entgangen
wiederkehren kann.« 1 8
blieb. Der Aufsatz, der im Juli 1936 in der Prager
Auch Einstein endete als Emigrant. Im Januar
Presse veröffentlicht wurde, ist zwar vordergründig
1933 übernimmt ein neuer Reichskanzler die Regie-
als Rezension zu Paul Valérys Essayband
Variété
rungsgewalt in Deutschland, und Einstein, der Jude,
geschrieben worden, doch er bietet seinen Lesern
der Barrikadenkämpfer, der Verfasser schlimmer
nichts weniger als eine konzise Abhandlung über
Botschaften, er weiß, daß er auf unabsehbare Zeit
die gesellschaftliche Verantwortung des Schrift-
nicht mehr dorthin zurückkehren kann. Die nachge-
stellers. Einstein beklagt darin, daß sein französi-
lassenen Notizen dieser Jahre dokumentieren, daß
scher Kollege den Dichter als »agent de l'écart«
seine Gedanken ein ums andere Mal um das Exil
auffaßt, als einen »Distanzierer«, der sich aus Ge-
kreisen: »ich bin allein«, lesen wir unter dem Datum
schichte und sozialer Wirklichkeit verabschiedet
des 30. Januar 1934, »so sehr allein, daß das leben
habe und dabei vergäße, »daß alle Form in Über-
für mich aufhört.« Einstein beklagt seine Einsam-
einkünften gegründet ist«. 23 Valérys »Metaphysik
keit, beklagt den Verlust der Sprachgemeinschaft:
des Wortes«, sein »Ästhetizismus«, seine »Ortho-
»wie ist ein atem tot, dem kein bekanntes wort
doxie der Form« münden dieser Überzeugung nach
entgegenschwillt, wie sind meine äugen tot, die
in einen »anarchischen Agnostizismus«; Philoso-
nicht mehr die mir vertrauten menschen sehen. [...]
phie und Dichtkunst würden somit vom gesellschaft-
aller sinn dieses lebens ergibt sich aus dem zusam-
lichen Geschehen getrennt und zu Sinn- und Be-
menleben. das leben des einzelnen ist sinnlos und
deutungslosigkeit verurteilt. Auf diese Weise könne
422
EPILOGE:
S C H E I T E R N
UND
EXIL
der Schriftsteller weder ein »aktivierendes Denken« noch das soziale Handeln in ihrer »unmittelbaren Gewalt« erfassen. Einstein jedoch hatte erkannt, daß die politische Situation seiner unmittelbaren Gegenwart den Künstlern wie den Intellektuellen eine auf neutrale Distanz gegründete Haltung unmöglich mache, und seine Kritik formuliert daher einen entschiedenen Aufruf zur politischen Parteinahme; einen Aufruf, den er selbst, mit seiner Bereitschaft zum bewaffneten Kampf, schließlich ebenso entschieden befolgen wird: »Der kontemplative Formalist versagt vor der geschichtlichen Wirklichkeit. Er ahnt zögernd, daß der Staat neue Typen aufruft, daß eine neue gesellschaftliche Architektur gebaut wird. Valéry beweint nur den Bankrott des reinen Geistes, die Vernichtung der egozentrisch betrachtenden Typen. Doch der Dichter als Distanzierer, als agent de l'écart ist erledigt. Die Epoche der Dichter und Maler der Sympathie im guten und im schlimmen ist herangekommen; die ästhetische Neutralität ist beendet.« 24
»... immer in einer fremden
Sprache
leben«
Einstein hat sein Leben rückblickend als ein Dasein im Exil dargestellt: »sein ganzer effort war daraufhin gegangen emigrant, d. h. isoliert und ausnahme zu sein«, charakterisiert der Autor seine Romanfigur Giorgio Bebuquin, die in den späten Fortsetzungsfragmenten der dreißiger Jahre deutliche Züge eines anderen Ich angenommen hat, »immer war er auf einer flucht vor einem bindenden milieu gewesen. « 2 5 Doch mit gleichem Recht können wir davon sprechen, daß Einstein immer auch auf der Suche nach diesem bindenden Milieu, nach einer politischen und künstlerischen Lebensmitte gewesen ist, und darin - und in der Vergeblichkeit, den Enttäuschungen dieser Suche - das Schicksal so vieler Künstler und Intellektueller der Moderne teilt. Carl Einsteins Aufenthalt in Frankreich ist in drei Abschnitte zu unterteilen. Von 1928 bis 1933 ist Einstein als einflußreicher Publizist in Paris wieder einmal »weit an der Spitze«, wie es sein Freund Gottfried Benn rückblickend ausgedrückt hat. 26 Wir
haben es hier, betrachtet man die Karriere des Kunstschriftstellers, nicht mit einem Fall von Exil zu tun, sondern mit einer zunächst ungemein erfolgreichen und dabei durchaus strategisch motivierten Übersiedlung. In dichter Folge erscheint Aufsatz um Aufsatz, kunsttheoretische und -historische Abhandlungen lösen sich mit kunstkritischen Stellungnahmen ab, auch wenn der Autor selbst gegenüber Will Grohmann davon spricht, daß er »nur noch aus purem Sport« zu diesen Themen schreibe; zahlreich sind die Begegnungen mit anderen Autoren und Künstlern, fruchtbar ist die Zusammenarbeit mit den Vertretern der nachkubistischen Avantgarde, den Dissidenten eines orthodoxen Surrealismus.27 Das Exil hingegen, die Jahre von 1933 bis 1940, die wiederum in eine Zeit des Schweigens und eine Zeit des politischen Aufbegehrens und der Verfolgung unterteilt werden müssen, ist von der zunehmenden Angst geprägt, der eigenen Sprache entfremdet zu werden. Hatte der Schriftsteller nach der Beschlagnahme seiner Schlimmen Botschaft und unter dem Joch der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse der zwanziger Jahre in Deutschland nur noch wenige kurze, meist kaum bedeutende Prosastücke veröffentlicht, so bricht die immer wieder beschworene Hoffnung auf einen dichterischen Neubeginn gegen Ende der Dekade auseinander. In seinen Briefen aus Paris und in den resignativen Selbstbefragungen der späten zwanziger und der dreißiger Jahre hat der Autor seine Situation mit scharfem Blick erfaßt. Für den Dichter bedeutet das tägliche Sprechen und Hören weit mehr als eine bloße Folge kommunikativer Akte, ihm ist es um ein Dasein in der Sprache zu tun: »immer in einer fremden spräche leben«, so klagt der doch immerhin frankophone Einstein im Februar 1932, »ist auf die dauer tödlich.«28 Einstein hat den Moment, in dem der Verlust der Sprache mit dem Verlust des Heimatlandes zusammentrifft und der die Peripetie im Drama der Exilierung markiert, in einer vielzitierten Notiz vom 18. Februar 1933 illusionslos festgehalten: »jude, deutschsprechend, in frankreich. jude ohne gott und ohne kenntnis unserer Vergangenheit, deutschsprechend, doch gewillt die deutsche
MAN
ENDETE
ALS
EMIGRANT
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Sprache nicht wie meine Landsleute und gleich-
die Prager Presse bittet: »ich hatte die letzten jähre
zungigen faul und müde versacken zu lassen, in
sehr schwere Verluste, dabei spreche ich nicht von
frankreich, d. i. ohne Leser. / ich werde jetzt jeden tag
deutschland. darunter habe ich einen dicken strich
mich kurz mit mir unterhalten; denn seit langem bin
gemacht.« Freimütig bekennt der Autor seinem
ich von gleichsprachigen menschen und büchern
Adressaten die großen finanziellen Schwierigkeiten
gänzlich abgeschnitten, nie werde ich in franzö-
der letzten Jahre, er klagt: »und leider kann ich
sischer Dichtung zu hause sein; denn ich träume
doch nur mit meinem handwerk, wovon ich gelebt
und sinniere deutsch, also nun bin ich durch Hit-
habe, weiterleben.« Und über das Dasein in der
ler zu völliger Heimatlosigkeit und fremdheit ver-
französischen Hauptstadt, das bereits in dieser Zeit
urteilt.«
von Kriegsangst überschattet wird, lesen wir: »sonst
29
Die Verzweiflung des produktiven und erfolgreichen Autors bleibt unverstanden, solange wir nicht zu dem Schluß kommen, daß Einstein - hier wie andernorts - die Enteignung der literarischen, der poetischen Sprache beklagt. Die kunsthistorischen und -theoretischen Texte sowie die kunstkritischen Brotarbeiten, die allmählich und gegen die Absicht ihres Urhebers zu seinem eigentlichen Werk geworden sind, werden ganz offensichtlich von dieser Sprachentfremdung weitaus weniger betroffen. Auffallend ist in der Tat, daß Einstein in den Jahren des Pariser Aufenthalts neben dem zunächst reichen kunstschriftstellerischen Werk nur zwei literarische Arbeiten veröffentlicht, sein Gedicht Entwurf einer Landschaft
von 1930, das der Autor
in einem Brief an Erna Reber als »eine recht erledigte Angelegenheit« bezeichnet, und ein nur wenige Seiten zählendes Romanfragment aus dem gleichen Jahr (Abb. 276).30 Beide Texte, obwohl in Paris und Den Haag verlegt, erscheinen in deutscher Sprache, und insbesondere das Kapitel aus dem geplanten Roman Laurenz,
das in enger und
wohl auch persönlicher Auseinandersetzung mit James Joyce entstanden sein muß, legt im Stakkato seiner atemlos-gehetzten Sprache ein beredtes Zeugnis davon ab, welche Einbuße auch für die Literatur der Moderne es bedeutet, daß Einsteins späte Prosaskizzen Fragment geblieben sind. 31 Eindrücklich schildert Einstein seine wirtschaftliche wie intellektuelle Situation zur Mitte der dreißiger Jahre in einigen Briefen an Vincenc Kramár. Noch immer voller Pläne für Ausstellungen, Bücher und Aufsätze wendet er sich im Frühjahr 1936 an den den Prager Sammler und Kunsthistoriker, den er um die Vermittlung kunstkritischer Beiträge an
ist es in Paris unheimlich ruhig, alle menschen sind nervös, das politische klima mit all seinen Sturmzeichen ängstigt und lähmt die menschen, jeder fühlt die unvermeidlichkeit einer außenpolitischen katastrofe.« 32 Wenige Wochen später kommt Einstein auch auf ein Angebot des französischen Kunsthistorikers Henri Focillon zu sprechen, Vorlesungen am Institut dArt et dArchéologie in Paris zu halten, doch die politische Lage hat ihm auch diese Möglichkeit, ein neues Publikum, einen neuen Wirkungskreis und eine neue akademische Sprache zu finden, unmöglich erscheinen lassen: »aber bei diesen Zeitläuften hatte ich angst davor, ich kann schließlich nicht jedem Studenten vorher mitteilen, daß ich die deutschen als masse für eine saubande hielt und halte.« 3 3 Der Verlust der Sprache ist eine seit der Antike wiederkehrende Klage der Exilliteratur. Er bewirkt eine Beschädigung, eine Verletzung, die vor allem der Dichter und Schriftsteller zu erleiden hat, dessen Arbeit, dessen ganze Existenz vom Umgang mit der Sprache abhängig ist. 34 Ja, es will gelegentlich scheinen, als gehöre die Elegie über die verlorene Sprache zu den letzten Gattungen, in denen der Exilschriftsteller seine Stimme - wenn auch nur leise, beiseite und ins Private gesprochen - noch einmal erheben kann. Erst wenn wir die Bedeutung dieses existentiellen Verletztseins in ihrer ganzen Tiefe ausgelotet haben, können wir Einsteins Aufenthalt in Frankreich verstehen und bewerten: »Dich retten nicht die schöngeatmeten Worte«, heißt es im Entwurf einer Landschaft,
»Dich tragen nicht die prah-
lenden Bilder/Die über Bodenlosem segeln./Sie höhnen steinern deine Flucht/Dein Wahrstes.« 35 Nicht der Theoretiker und Kunsthistoriker, wohl
424
276
Gaston-Louis Roux: Porträt Carl Einstein, Illustration zu Carl Einsteins »Entwurf einer Landschaft«, 1930, Lithographie, 25 χ 19,5 cm, Hamburg und Berlin, Sammlung Uwe Fleckner
EPILOGE:
S C H E I T E R N
UND
EXIL
»MAN
aber der Dichter Carl Einstein lebt seit 1928 im Exil, losgerissen von einem zweiten Ich, das zur gleichen Zeit und am gleichen Ort scheinbar unbekümmert seine Texte über die Kunst der Vergangenheit wie der Gegenwart verfaßt und ästhetische Theorien entwirft. Es ist dieser innere Konflikt, an dem Einstein leidet und an dem er zu zerbrechen droht. In seinem Brief an Wasmuth vom 28. November 1931 spricht Einstein sogar davon, ganz mit dem Schreiben aufzuhören: »im übrigen will ich nun endlich diese ästhetik abschliessen; ich habe genug davon und das kunschtbuch, das ich noch machen muss, wird mein letztes sein, ich habe genug davon, es kotzt mich an. auch genug von theorien. wir sind mit diesen tapeten lange genug überklebt, entweder kommen dann ganz andere sachen oder herr einstein schreibt nicht mehr.« 36 In der Tat: Nach 1933 und nachdem ihm bewußt geworden ist, daß sein freiwillig gewählter Fortgang aus Deutschland in ein Exil sich verkehrt hat, schreibt Herr Einstein nicht mehr, oder besser, er schreibt nur noch für ein sehr kleines und einsames Publikum - für sich selbst. Die ausufernden und zu Lebzeiten unveröffentlichten Manuskripte der dreißiger Jahre, etwa seine Fabrikation der Fiktionen, und seine immer wieder neu formulierten Inhaltsübersichten einer Weltkunstgeschichte legen Zeugnis von einem nicht enden wollenden schriftstellerischen Monolog ab.37 Die Gedichte und Prosatexte, die in seinen letzten Lebensjahren entstehen, sie bleiben Fragment. In ihnen durchdringt sich persönliche Selbstvergewisserung mit poetischer Gestaltung zu einem unentwirrbaren und formal so wenig abgeschlossenen wie abschließbaren Werk; in ihnen bestimmen die Themen des Exils - Vereinsamung und Wirkungslosigkeit, Sprachverlust und Todesahnung — immer deutlicher, immer resig-
ENDETE
ALS
EMIGRANT.
425
nativer den Ton. Zitieren wir ein letztes Gedicht, undatiert, ohne Titel, Fragment: vom stürm umschlagen sterben wir in den käfigen des hass. die schwachen werfen sich auf die noch schwächeren und schliessen unsem mund mit höhnischem kot. meine stimme wird gewürgt und die hände der feinde zerreissen mir die sinnende zunge. Verfolger nehmen mir tönende gegenwart und lebendige weit. wo werde ich den fluss in luftlose stummheit tasten. ich verhungere in verwestem ortlosem geist zerschnitten erdlos. aufgezwungen im nichts leert mich vereist höhlt den mund in mondenden schmerz. 38 Noch einmal, kurz vor seinem letzten Ausweg in den Tod, meldet sich der Schriftsteller, der zum politischen Aktivisten geworden ist, mit blutigem Ernst zum Kampf in der französischen Fremdenlegion, doch er wird aufgrund seines Alters zurückgewiesen. 39 Am 5. Juli 1940 hat sich Carl Einstein auf der Flucht vor der deutschen Armee am Fuß der Pyrenäen nahe der spanischen Grenze das Leben genommen. Seine Verfolger nahmen ihm die tönende Gegenwart, die Hände der Feinde zerrissen ihm die sinnende Zunge.
ANMERKUNGEN
Anmerkungen zum Kapitel »Carl Einsteins Weg durch ein Jahrhundert« 1 Wilhelm Hausenstein: Die bildende Kunst der Gegenwart. Malerei - Plastik - Zeichnung, 2. Auflage, Stuttgart u. Berlin 1920, S. IX. 2 Vgl. Ernst H. Gombrich: Aby Warburg. An Intellectual Biography, London 1970, dt. Ausgabe unter dem Titel Aby Warburg. Eine intellektuelle Biographie, Hamburg 1981. 3 Brief von Carl Einstein an Tony Simon-Wolfskehl, undatiert [Ende April / Anfang Mai 1923], Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste (Inv.Nr. 394). 4 Vgl. Carl Einstein: Ethnologie de l'art moderne (hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1993; vgl. auch id.: Werke. 1907-1918 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1994 (Berliner Ausgabe, Bd. 1); Werke. 1919-1928, Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2); Werice. 1929-1940, Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3); Werke. Texte aus dem Nachlaß I, Berlin 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4). 5 Georges Didi-Huberman: L'anachronisme fabrique l'histoire: surl'inactualité de Carl Einstein, in: Etu-
des Germaniques 1/1998 (Themenheft »Carl Einstein«), S. 29-54, S. 29 f.; vgl. id.: Devant le temps. Histoire de l'art et anachronisme des images, Paris 2000, S. 159f. 6 Cari Einstein: Meier-Gräfe und die Kunst nach dem Kriege, in: Das Kunstblatt VII/1923, S. 185-187. 7 Helmut Heißenbüttel: Deine Worte sind Notrufe. Carl Einstein, ein Halbvergessener, in: Deutsche Zeitung, 15.-16. Dezember 1962. Die bislang umfassendsten Darstellungen aus literaturgeschichtlicher Sicht bieten Sibylle Penkert: Carl Einstein. Beiträge zu einer Monographie, Göttingen 1969 (Palaestra, Bd. 255); Liliane Meffre: Carl Einstein et la problématique des avant-gardes dans les arts plastiques, Bern et al. 1989 (Contacts. Série III Études et documents, Bd. 8); Klaus H. Kiefer: Diskurswandel im Werk Carl Einsteins. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte der europäischen Avantgarde, Tübingen 1994 (Communicatio, Bd. 7); Liliane Meffre: Carl Einstein 1885-1940. Itinéraires d'une pensée moderne, Paris 2002 (Monde
germanique. Histoires et cultures); einen wenn auch kurzen, so doch vorzüglichen kunsthistorischen Überblick verdanken wir Klaus Herding: »immer auf der flucht vor einem bindenden milieu«: Carl Einstein, in: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken 46/1992, S. 717725, S. 721; vgl. id.: Carl Einstein: »Toujours à refuser les astreintes d'un milieu déterminé«, in: Bevue germanique internationale 2/1994, S. 151164. 8 Vgl. Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens (Hrsg.): Prenez garde à la peinture! Kunstkritik in Frankreich 1900-1945, Berlin 1999 (Passagen / Passages, Bd. I). 9 André Salmon: L'Art vivant, Paris 1920 (Artistes d'hier et d'aujourd'hui), S. 9. 10 Cari Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts (hrsg. v. Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5), S. 92. 11 Carl Einstein: Die Sammlung Dr. Beber, in: id. 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4), S. 282-285, S. 283.
Anmerkungen zum Kapitel »Das kritische Brot der frühen Jahre« 1 Carl Einstein: Arnold Waldschmidt, in: Der Demokrat. Wochenschrift für freiheitliche Politik, Kunst und Wissenschaft, Nr. 22, 25. Mai 1910, S. 2 - 3 ; erneut in: id.: WerJce. 1907-1918 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1994 (Berliner Ausgabe, Bd. 1), S. 45-51, S. 46.
2 Zum Gemälde Grand Nu (Nu debout) vgl. Georges Braque. Rétrospective, Ausstellungskatalog, Fondation Maeght, Saint-Paul-de-Vence 1994, S. 58ff. (Kat.-Nr. 19). 3 Henri Focillon: La Peinture auxXIXe et XXe siècles, Paris 1927, 2 Bde., Bd. 2, S. 299 f.
4 Vgl. Richard Hamann u. Jost Hermand: Stilkunst um 1900, München 1973 (Epochen deutscher Kultur von 1870 bis zur Gegenwart, Bd. 4), S. 212 ff. 5 Einsteins Studium bei Cassirer und Norden ist belegt durch einen Brief des Autors an Fritz Saxl
428
A N M E R K U N G E N
ZU
S.l 7-2 8
vom 7. Februar 1929 (London, Warburg Institute); vgl. Conor Joyce: Carl Einstein in »Documents« and his collaboration with Georges Bataille, Philadelphia 2003, S. 233. 6 Zu Einstein als Vermittler französischer Literatur vgl. Sabine Ebel: Engagement und Kritik. Carl Einstein - Ein Vermittler zwischen Deutschland und Frankreich, Phil. Diss., Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn 1989.
auf dieser Ausstellung insgesamt zwölf Arbeiten (Kat.-Nr. 837-848). 14 Einstein 1994 (Arnold Waldschmidt), S. 47. 15 Ibid. 16 Möglicherweise steht die Kat.-Nr. 845 (»Säugling, Zeichnung«) im Zusammenhang mit der Skulptur, die Einstein als »Säugling des Prometheus« bezeichnet, und deren Gipsfassung zur Ausarbeitung in Granit dienen sollte (vgl. ibid., S. 48).
7 Einstein 1994 (Arnold Waldschmidt), S. 45; zu Einsteins Beschäftigung mit dem Bildhauer vgl. auch Klaus H. Kiefer: Diskurswandel im Werk Carl Einsteins. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte der europäischen Avantgarde, Tübingen 1994 (Communicatio, Bd. 7), S. 116f., S. 124 u. S. 128 f.
17 Ibid., S. 47. 18 Klaus H. Kiefer hat in Waldschmidts Gestaltung ebenso wie in Einsteins Schilderung seiner Werke zu unrecht »faschistoide« Züge erkennen wollen; vgl. Kiefer 1994, S. 129.
8 Einstein 1994 (Arnold Waldschmidt), S. 45 f. 9 Ibid., S. 46. Die Schreibweise »syntetische Kunst« des Originaltexts wurde im Zitat korrigiert. 10 Zu Arnold Waldschmidt, der 1915 Professor, 1927 Direktor der Stuttgarter Akademie wurde und als frühes Mitglied der NSDAP erst im »Dritten Reich« vor allem mit seinem Granitrelief für das Berliner Luftfahrtministerium eine gewisse Beachtung fand, vgl. Felix Lorenz: Arnold Waldschmidt, in: Die Kunstwelt. Deutsche Zeitschrift für die Bildende Kunst III/1913—1914, S. 390-400; Werner Rittich: Künstler schaffen für das Dritte Reich. Der Bildhauer Prof . Arnold Waldschmidt, in: Die Kunst im Dritten Reich 11/1937, S. 14-17; Bruno E. Werner: Die deutsche Plastik der Gegenwart, Berlin 1940, S. 170 ff. 11 Vgl. Einstein 1994 (Arnold Waldschmidt), S. 46: »In einer Berliner Sezession vor zwei Jahren sah ich zum ersten Mal eine Arbeit Waldschmidts, ein Grabrelief.« Sibylle Penkerts Vermutung, daß Einstein schon im Herbst 1903 über den Künstler geschrieben habe, ist aufgrund der genannten Tatsachen gegenstandslos; vgl. Sibylle Penkert: Carl Einstein. Beiträge zu einer Monographie, Göttingen 1969 (Palaestra, Bd. 255), S. 44 u. S. 53. 12 Einstein 1994 (Arnold Waldschmidt), S. 46f.; vgl. Katalog der fünfzehnten Ausstellung der Berliner Secession, Berlin 1908, Kat.-Nr. 261 (»Pflüger«), Kat.-Nr. 262 (»Selbstbildnis«) u. Kat.-Nr. 343 (»Reliefplatten von dem Grabmal des Schriftstellers Wilhelm Jordan, Gips«). Einstein, der ausdrücklich von »Muschelkalk« spricht, dürfte das in einer Gipsfassung ausgestellte Werk während der Arbeit an seinem Text noch einmal, vermutlich im Ateliers des Bildhauers, in einer in Stein ausgeführten Version gesehen haben; das von Einstein zuvor erwähnte »Pferdebild« ist im Katalog der Sezession nicht nachgewiesen. 13 Vgl. Katalog der neunzehnten Ausstellung der Berliner Secession. Zeichnende Künste, Berlin 1 9 0 9 1910, Kat.-Nr. 842 (»Prometheus, Entwurf zu einem Wandbild, Tempera«); Waldschmidt zeigte
19 Einstein 1994 (Arnold Waldschmidt), S. 48. 20 Ibid. 21 Vgl. Berliner Secession 1909-1910, Kat.-Nr. 837 (»Karton zum >Pflügerfilosofisch< oder verdreht >kunsthisto-
(Kat.-Nr. 593); Christian Derouet u. Jessica Boissel
30. Oktober 1926, Los Angeles, The Getty Research
risch< - lebendig und seine Tiefen sind durch-
(Hrsg.): Œuvres
Institute; Kandinskys Antwort vom 9. November
sichtig«, auch habe Jakovski »eigene Augen, was
1926 ist leider nicht erhalten.
unter den Kunstschreibern eine allzu grosse
de Vassily
Kandinsky
(1866-
1944), Paris 1984 (Collections du Musée national d'art moderne), S. 263 (Kat.-Nr. 310).
42 Dokumente zu diesem Vorgang sind nicht bekannt;
36 Vgl. Roethel u. Benjamin 1982-1984, Bd. II, S. 615
1931 erscheint die dritte Auflage des Buches dann
Seltenheit ist«. 44 Vgl. Fleckner u. Gaehtgens 1996, S. 10 ff.
Anmerkungen zum Kapitel »Die Malerei ist gerettet« 1 Ivan Göll: Zwischen nasse,
in: Berliner
Montmartre Tageblatt,
Montpar-
4 Wir verdanken Henri-Pierre Roché ein sehr ein-
5. August 1924,
dringliches Porträt des kleinen Hauses vor den To-
und
S. 2.
ren Berlins und seiner Bewohner; vgl. Henri-Pierre
2 Brief von Carl Einstein an Tristan Tzara, 16. De-
Roché: Carnets. Les années Jules et firn,
première
aus den fahren deutschen
1913 und 1914, in: fahrbuch
der
43/1999, S. 3 3 -
Schillergesellschaft
48. 7 Einstein 1914 (Ausklänge der Hypermoderne),
zember 1919, Paris, Bibliothèque littéraire Jacques
partie 1920-1921,
Marseille 1990, S. 386 (Eintrag
S. 711. Die Bezeichnung des »Orphismus«, die auf
Doucet; vgl. Klaus H. Kiefer: Avantgarde
vom 16. Oktober 1921): »Wedderkop me phone,
Guillaume Apollinaire zurückgeht, verwendet
- Weltund
m'emmène chez Einstein, à la campagne, trains,
Frankfurt am
changements, paysage de hauts pins maigres et de
Main, Bern u. New York 1986 (Bayreuther Beiträge
sable. [...] Un blockhaus adorable, bois jauni à
zur Literaturwissenschaft, Bd. 8), S. 43; Hanne Ber-
l'intérieur, petit, chaud, bois nègres, meubles
gius: Das Lachen
Dadaisten
jaune foncé même ton, Einstein, rond, ressemblant
Klaus Schuster), Ausstellungskatalog, Staatsgale-
Gießen 1989 (Werkbund-
beaucoup à Franz [Hessel], au point que Franz a
rie moderner Kunst, Haus der Kunst, München
krieg - Exil, Materialien Salomo
zu Carl Einstein
Friedlaender/Mynona,
und ihre
Dadas. Die Berliner
Aktionen,
reçu une fois à Paris d'une petite cocotte une gifle
Archiv, Bd. 19), S. 219. 3 Vgl. Liliane Meffre (Hrsg.): Lettres de Carl Einstein à Moïse Kisling (1920-1924), Musée
national
d'art moderne
destinée à Einstein, - ses oreilles encore plus
Einstein in seinem Beitrag nicht. 8 Ibid. 9 Ibid. 10 Vgl. Delaunay
und Deutschland
(hrsg. v. Peter-
1985-1986. 11 Einstein 1914 (Ausklänge der Hypermoderne),
du
Bouddha que celles de Franz, son volume, son
S. 711. Zur durchgehend negativen Kritik des
62/1997, S. 7 4 -
calme. Ses bois nègres. Son jugement. Toutes ses
Autors an Delaunay vgl. auch Carl Einstein: Brief
in: Les Cahiers
123. Im Folgenden wird ausschließlich nach den
belles pipes, son tabac calme que je fume toute la
an Ludwig Rubiner, in: Die Aktion.
Originalen zitiert, die sich im Besitz von Jean Kis-
journée. Einstein me plaît. [...] Sa femme [Aga Grä-
für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 381-383;
ling befinden, dem Sohn des Künstlers, und dem
fin vom Hagen] distinguée, comtesse, simple, qui
id.: [ohne Titel], in: Neue Secession.
Verfasser im Dezember 1997 freundlicherweise
fait une bonne simple cuisine: leur union est in-
stellung, Ausstellungskatalog, Neue Galerie, Ber-
in Kopie zur Verfügung gestellt wurden. Eigen-
téressante - instructive: c'est deux classes qui ont
lin o. J. [1914], o. S.; id.: Journalismus
am
willigkeiten und Germanismen wurden respek-
besoin l'une de l'autre.«
Ort, in: Die weißen
Monatsschrift
Blätter.
Eine
Wochenschrift Sechste
tiert, nur wenige kleinere Fehler sind immer dann
5 Brief von Cari Einstein an Moïse Kisling, 11. De-
stillschweigend korrigiert worden, wenn sie ein-
zember 1920, Paris, Archiv Jean Kisling; zur
deutig auf die Flüchtigkeit des Briefschreibers
Freundschaft von Künstler und Kritiker vgl. auch
S. 711; vgl. Max Imdahl: Zu Delaunays
zurückgehen. Die Edition der Briefe ist hingegen
Liliane Meffre: Carl Einstein
scher Stellung
nicht immer zuverlässig; beispielsweise führt ein
Moderne
Lesefehler (»Jodler« anstelle von »Hodler«; Meffre
Zwanziger
1997, S. 98) dazu, daß ein geistreiches kunstkriti-
S. 28-31.
sches Aperçu zum schalen Kalauer wird: »ça ne
und Moïse
Kisling.
und Tradition bei Einstein zu Beginn fahre,
in: Kritische
Berichte
der
4/1985,
der
Hypermoderne
falschen
10/1914, S. 1140-1142. 12 Einstein 1914 (Ausklänge der Hypermoderne), - Perspektive,
histori-
Simultaneität
und
Farbe, in: Delaunay und Deutschland 1985-1986, S. 169-191, S. 184 f.; Mark Antliff: Inventing son: cultural politics and the Parisian
6 Vgl. Carl Einstein: Ausklänge
Aus-
Berg-
avantgarde,
Princeton 1993.
m'étonne pas que le paysage suisse ne vous
auf dem Pariser
dise rien, mon vieux c'est du Öldruck. Il y a là
Zeit im Bild. Moderne
une verdure dégoûtante, dure comme un vieux
12/1914, S. 711-713; der Text wurde inzwischen
wird Einstein dem Künstler bis 1931 vorwerfen,
fromage, c'est du Hodler«; Brief von Cari Einstein
der Forschung wieder zugänglich gemacht; vgl.
mit seinen Gemälden »mitunter vage Kapitel Berg-
an Moïse Kisling, undatiert [September 1921],
Andreas Kramer: Zwischen
sons zu illustrieren«; Carl Einstein: Die Kunst des
Paris, Archiv Jean Kisling.
garde.
Zwei
Salon
unbekannte
der Unabhängigen, illustrierte
Wochenschrift
Klassik Texte
in:
und
Carl
AvantEinsteins
13 Einstein 1914 (Ausklänge der Hypermoderne), S. 712. Noch in seiner Kunst des 20.
20. Jahrhunderts
Jahrhunderts
(hrsg. v. Uwe Fleckner u. Thomas
436
A N M E R K U N G E N
ZU
S . I 0 3 - M 6
W. Gaehtgens), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5), S. 176. 14 Einstein 1914 (Ausklänge der Hypermoderne), S. 712f.; vgl. auch Guillaume Apollinaire: Le Salon des Indépendants. Coup d'œil sur les œuvres exposées, in: L'Intransigeant, 2. März 1914. 15 Carl Einstein: Herbstausstellung am Kurfürstendamm, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, KuíisíIII/1913, Sp. 1186-1189, Sp. 1187. Einstein wird den Künstler vermutlich auch an die Neue Galerie in Berlin vermittelt haben und dürfte für seine vor dem Krieg annoncierte Mitarbeit bei der Zeitschrift Die Aktion verantwortlich sein; vgl. Neue Secession. Sechste Ausstellung, Ausstellungskatalog, Neue Galerie, Berlin o.J. [1914], o. S. (Anzeigen auf dem rückwärtigen Umschlag, recto und verso). 16 Einstein 1914 (Ausklänge der Hypermoderne), S. 712. Zwar gehörte Krakau, die Geburtsstadt Kislings, erst 1918 wieder zu Polen, doch Einstein verwechselt die offizielle Staatsangehörigkeit des Künstlers hier offenbar mit seiner Nationaliät. 17 Zum Gemälde Nu devant la glace vgl. JeanKisling (Hrsg.): Kisling 1891-1953, Bd. I—II, Turin 19711982, Bd. III, Landshut 1995, 3 Bde., Bd. III, S. 340 (Kat.-Nr. IV.I). 18 Einstein 1914 (Ausklänge der Hypermoderne), S. 712. 19 Ibid. 20 Vgl. Carl Einstein: Die Mädchen auf dem Dorfe, in: id.: Der unentwegte Platoniker, Leipzig u. München 1918, S. 131-177; vgl. Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, undatiert [Sommer 1922], Paris, Archiv Jean Kisling. 21 Vgl. Meffre 1997, S. 103; vgl. Carl Einstein: Afrikanische Plastik, Berlin o. J. [1921] (Orbis Pictus / Weltkunst-Bücherei, Bd. 7), Widmungsexemplar, Paris, Archiv Jean Kisling; dort auch ein Widmungsexemplar der Negerplastik von 1920 (»Le premier exemplaire à mon très cher ami, Kisling«). Für die Erlaubnis, Widmung und Zeichnung reproduzieren zu dürfen, sowie für zahlreiche Auskünfte über das Verhältnis seines Vaters zu Carl Einstein sei Jean Kisling herzlich gedankt. 22 Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, 27. November 1920, Paris, Archiv Jean Kisling. 23 Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, undatiert [Februar 1921], Paris, Archiv Jean Kisling. 24 Vgl. Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, undatiert [Sommer 1923], Paris, Archiv Jean Kisling. 25 Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, 3. November 1923, Paris, Archiv Jean Kisling. 26 Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, 22. Januar 1921, Paris, Archiv Jean Kisling. 27 Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, undatiert [Februar 1921], Paris, Archiv Jean Kisling. In einem Brief vom März 1921 vergleicht Einstein das nach-kubistische Werk Picassos sogar aus-
28 29 30 31
drücklich mit Salongemälden von Albert Besnard, Carolus-Duran und Adolphe William Bouguereau. Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, undatiert [Juni 1921], Paris, Archiv Jean Kisling. Ibid. Brief von Carl Einstein an Moïse Kisling, undatiert [September 1921], Paris, Archiv Jean Kisling. Die Zeichnung aus Einsteins Besitz wurde 1922 in Alfred Flechtheims Querschnitt publiziert; vgl. Jean Cocteau: Petits souvenirs de théâtre, in: Der Querschnitt durch 1922, Berlin 1922, S. 221-222, S. 222.
32 Carl Einstein: M. Kisling, Leipzig 1922 (Junge Kunst, Bd. 31), S. 6; vgl. id.: M. Kisling, in: id.: Werke. 1919-1928 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 228-256 (diese Ausgabe bietet nur eine Auswahl der ursprünglichen Abbildungen und verzichtet auf den autobiographischen Essay Kislings in der Erstausgabe); vgl. id.: M. Kisling, in: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für Künstler, Kunstfreunde und SammlerXIV/1922, S. 823-831; M. Kisling, in: fahrbuch der jungen Kunst 1922 (hrsg. v. Georg Biermann), Leipzig 1922, S. 175184. 33 34 35 36
Einstein 1922 (Kisling), S. 6. Ibid., S. 7 ff. Ibid., S. 10. Vgl. André Salmon: L'Art vivant, Paris 1920 (Artistes d'hier et d'aujourd'hui), S. 265; nach Einstein bezeichnet Salmon den Künstler als »organisierenden Realisten«; vgl. Einstein 1922 (Kisling), S. 10; vgl. ibid., S. 12 (»réalisme organisé«). Zur späteren Auseinandersetzung des französischen Kritikers mit dem Maler vgl. André Salmon: Kisling, Paris 1928. 37 Einstein 1922 (Kisling), S. 12. Einstein datiert hier die erste Teilnahme Kislings am Salon des Indépendants irrtümlicherweise auf 1912; der Maler hatte allerdings bereits 1912 und 1913 einige Werke im Salon d'Automne gezeigt. 38 Ibid., S. 13; vgl. Kisling 1971-1995, Bd. I, S. 359 (Kat.-Nr. V.8) u. S. 300 (Kat.-Nr. IV.I). 39 Einstein 1922 (Kisling), S. 12. 40 Ibid. 41 Ibid., S. 13f. 42 Ibid., S. 14. 43 Ibid., S. 15. 44 Vgl. Kisling 1995, S. 130 (Kat.-Nr. 1.48). 45 Einstein 1922 (Kisling), S. 15. 46 Vgl. Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Berlin 1926 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI), S. 48 u. Abb. S. 230-233, Taf. V; id.: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, 2. Auflage, Berlin 1928 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI), S. 47, Abb. S. 236237, Taf. IV. 47 In seinem letzten erhaltenen Brief von 1924 bittet Einstein, daß sich der Künstler nach langem
Schweigen wieder bei ihm melden möge (Paris, Archiv Jean Kisling). Wir wissen nicht, ob die nachlassende Wertschätzung seiner Kunst oder wie von Jean Kisling im Gespräch mit dem Autor im Dezember 1997 aufgrund von spärlichen Hinweisen aus den Erzählungen seines Vaters vermutet - politische Divergenzen zum Bruch der Freundschaft führten. 48 Vgl. Kenneth E. Silver: Esprit de corps. The Art of the Parisian Avant-Garde and the First World War, 1914-1925, Princeton 1989; Romy Golan: Modernity and Nostalgia. Art and Politics in France between the Wars, New Haven u. London 1995. 49 Carl Einstein: Renoir hat ein Stück Spätantike gerettet, in: Pierre Auguste Renoir. Oleje, plastiky a kresby, Ausstellungskatalog, Galerie Evropa, Prag 1931, o. S.; bei diesem Text handelt es sich um einen Auszug aus id.: Renoir, in: Renoir. Gemälde aus dem Bestitze seiner Söhne und seine Skulpturen, Ausstellungskatalog, Galerie Flechtheim, Berlin 1927, S. 11-17. 50 Einstein 1926 (Die Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 75. 51 Einstein 1922 (Kisling), S. 12. 52 Einstein bildet diese Gemälde Utrillos, neben zwölf weiteren, in der Erstauflage seiner Kunstgeschichte ab, La Mairie au drapeau erscheint dabei unter dem Titel »Vorstadt«; vgl. Einstein 1926 (Die Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 257 u. S. 261; vgl. PaulPétridès: L'œuvre complet de Maurice Utrillo, Paris 1959-1974, 5 Bde., Bd. I, S. 128 (Kat.-Nr. 80) u. Bd. II, S. 432 (Kat.-Nr. 1091); Michel Hoog (Hrsg.): Musée de l'Orangerie. Catalogue de la collection Jean Walter et Paul Guillaume, Paris 1984, S. 310 f. (Kat.-Nr. 141). 53 Cari Einstein: Utrillo, in: Das Kunstblatt VI/1922, S. 323-325, S. 324; erneut in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam o.J. [1925], S. 235-238, S. 237; Einstein 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 221-224, S. 222. 54 Einstein 1922 (Utrillo), S. 324 f. 55 Einstein 1922 (Utrillo), S. 325. 56 Carl Einstein: Maurice Utrillo, in: Gustave Coquiot: Maurice Utrillo. dem Französischen übertragen und mit einer Einleitung versehen von Carl Einstein, Berlin o.J. [1925], S. 7-19, S. 16. u. S. 18; erneut in: Einstein 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 373-379. Der Text endet entsprechend mit einer deutlich abgewandelten Schlußbemerkung »So bildet der Realist Utrillo die Landschaften Frankreichs«; Einstein 1925 (Maurice Utrillo), S. 19. 57 Ibid., S. 7. 58 Ibid., S. 8 u. S. 16. Einstein übernimmt seinen Text von 1925 mit nur geringen Abweichungen in die erste und zweite Auflage seiner Kunst des 20. Jahr-
A N M E R K U N G E N ZU S. 116-127
hunderte, in der Ausgabe letzter Hand von 1931 wird dann jeder Hinweis auf Utrillo im Text- und Bildteil getilgt; vgl. Einstein 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5), S. 805-811 (Anhang I »Verworfene Kapitel der Erstausgabe«), 59 Einstein hat das Selbstbildnis von 1913 (irrtümlich datiert auf 1918) in der ersten und zweiten Auflage seiner Kunst des 20. Jahrhunderts abgebildet (1926, S. 205; 1928, S. 213), Arlequin et Pierrot hingegen in der zweiten und dritten Auflage (1928, S. 223; 1996, S. 420); vgl. Michel Kellermann: André Derain. Catalogue raisonné de l'œuvre peint, Paris 1992-1999, 3 Bde., Bd. I, S. 261 (Kat.Nr. 426) u. Bd. II, S. 158 (Kat.-Nr. 938); zu Leben und Werk des Künstlers vgl. André Derain. Le peintre du »trouble moderne«, Ausstellungskatalog, Musée d'art moderne de la Ville de Paris 1994-1995. 60 Cari Einstein: André Derain, in; Der Spiegel. Jahrbuch des Propyläen-Verlages, Berlin 1924, S. 125-
130, S. 126; erneut in: Einstein 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 380-384. 61 Cari Einstein: Gedenken des André Derain, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/1917, Sp. 267-269; erneut in: id.: Werke. 1907-1918 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1994 (Berliner Ausgabe, Bd. 1), S. 266-269. Die Fotografie Einsteins wurde 1922 im Querschnitt veröffentlicht; vgl. Der Querschnitt durch 1922, Berlin 1922, S. 66. 62 63 64 65 66 67
Einstein 1924, S. 125. Ibid., S. 126. Ibid. Ibid. Ibid., S. 128. Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 40; der Autor belegt den Einfluß Cézannes auf den Maler ausdrücklich durch den Vergleich von Cézannes Gemälde Gardanne von 1885-1886 mit
68 69 70 71 72
437
Derains Vue de Cadaquès von 1910, ein Bild, das beweise, »was der Künstler aus Cézannes Erbe gegriffen hat: den tektonischen Aufbau der Volumina« (ibid.); vgl. Kellermann 1992-1999, Bd. I, S. 117 (Kat.-Nr. 190). Einstein 1924, S. 128. Ibid. Ibid., S. 129. Ibid., S. 130. Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 41. Einstein distanziert sich in der Folge zunehmend von Derain, zumal von dessen späteren Werken, bis es schließlich 1931 heißt: »Derain versinkt immer hilfloser in die wohlgenährten Polster des Louis Philipp«; Carl Einstein: Kleine Bilderfabrik, in: Die Weltkunst, Nr. 14, 5. April 1931, S. 2-3, S. 3.
73 Einstein 1924, S. 130. 74 Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 77.
Anmerkungen zum Kapitel »Das Wirkliche durch prägnante Sachlichkeit zertrümmert« 1 Brief von Fernand Léger an Louis Poughon, 23. November 1916, in: Christian Derouet (Hrsg.): Une correspondance de guerre à Louis Poughon, 19141918, Paris 1990 (Les Cahiers du Musée national d'art moderne. Hors-série / Archives), S. 72-74, S. 72. 2 Ibid. 3 Brief von Fernand Léger an Louis Poughon, 30. Mai 1915, ibid., S. 35-39, S. 36. 4 Ibid., S. 72 (Brief vom 23. November 1916); zur Kriegserfahrung des Künstlers vgl. auch Christopher Green: Krieg und Frieden in Légers Malerei 1914-1920, in: Fernand Léger 1911-1924. Der Rhythmus des modernen Lebens (hrsg. v. Dorothy Kosinski), Ausstellungskatalog, Kunstmuseum Wolfsburg / Kunstmuseum Basel 1994, S. 45-55; Eric Michaud: Légers Kampfplätze: Kunst, Krieg und Konkurrenz, ibid., S. 57-63. 5 Vgl. zum Beispiel Tony Tollet: De l'influence de la Corporation judéo-allemande des marchands de tableaux de Paris sur l'art français, Lyon 1915; die Angriffe gegen den »deutschen« Kubismus und ihre Folgen sind auch Thema der Forschungsliteratur geworden; vgl. Christian Derouet: Quand le cubisme était un »bien allemand«..., in: Paris-Berlin. Rapports et contrastes. FranceAllemagne 1900-1933, Ausstellungskatalog, Centre national d'art et de culture Georges Pompidou, Paris 1978, S. 42-49; Pierre Daix: Die Sammlung Kahnweiler-als »Feindesgut« versteigert (1921-1923), in: Ein Haus für den Kubismus. Die Sammlung Raoul La Roche. Picasso, Braque, Léger, Gris - Le Corbusier und Ozenfant,
Ausstellungskatalog, Kunstmuseum Basel 1998, S. 25-32. 6 Vgl. Guirand de Scevola: Souvenirs de camouflage 1914-1918 [1950]: »J'avais pour déformer totalement l'aspect de l'objet, employé des moyens que les cubistes utilisent pour le représenter - ce qui me permit par la suite, sans en donner raison, d'engager dans ma section quelques peintres aptes, par leur vision très spéciale, à dénaturer n'importe quelle forme«; zitiert nach André Mare. Cubisme et camouflage. 1914-1918, Ausstellungskatalog, Bernay, Musée municipal des Beaux-Arts/ Paris, Arc de Triomphe de l'Étoile / Brüssel, Musée Royal de l'Armée 1998, S. 8; vgl. auch Laurence Graffin (Hrsg.): Carnets de guerre. André Mare. 1914-1918, Paris 1996; Günter Metken: Im Zeichen des Chamäleons. André Mare und die Tarnmalerei der Avantgarden, in: Uwe Fleckner, Martin Schieder u. Michael F. Zimmermann: Jenseits der Grenzen. Französische und deutsche Kunst vom Ancien Régime bis zur Gegenwart. Thomas W. Gaehtgens zum 60. Geburtstag, Köln 2000, 3 Bde., Bd. III, S. 83-92. 7 Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Berlin 1926 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd, XVI), S. 69. In der dritten Auflage von 1931, in der Einstein den Surrealismus als Fortsetzung des Kubismus interpretiert, findet sich diese skeptische Einschätzung nicht mehr. 8 Derouet 1990, S. 36 (Brief vom 30. Mai 1915). 9 Vgl. Carl Einstein: [ohne Titel] (Eine der schwierigen Aufgaben des Militärs), in: id.: Werke. Texte aus dem Nachlaß I(hrsg. v. Hermann Haarmann u.
Klaus Siebenhaar), Berlin 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4), S. 77-78. Dieses Fragment wurde zuerst gedeutet von Christoph Braun: Carl Einstein. Zwischen Ästhetik und Anarchismus: Zu Leben und Werk eines expressionistischen Schriftstellers, München 1987, S. 165f.; vgl. auch Klaus H. Kiefer: Diskurswandel im Werk Carl Einsteins. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte der europäischen Avantgarde, Tübingen 1994 (Communicatio, Bd. 7), S. 205 ff. 10 Brief von Franz Pfemfert an Erna Klemm-Kröner, 17. Oktober 1914, in: Lisbeth Exner u. Herbert Kapfer (Hrsg.): Pfemfert. Erinnerungen und Abrechnungen. Texte und Briefe, München o.J. [1999], S. 225-226, S. 226. 11 Brief von Carl Einstein an Carl Sternheim, undatiert [Ende 1917 oder 1918], Marbach am Neckar, Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv. 12 Brief von Carl Einstein an Maria Einstein, 15. Januar 1917, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste. Zum Porträt von Maria (genannt Manja) und Nina Einstein vgl. Heinz Spielmann (Hrsg.): Conrad Felixmüller. Monographie und Werkverzeichnis der Gemälde, Köln 1996, S. 233 (Kat.-Nr. 210); die Porträtzeichnung von Nina Einstein wurde 1919 in der Zeitschrift Die Aktion publiziert, nachdem Pfemfert das Mädchen bereits seit 1916 zur Partnerin fiktiver Briefe seiner Kolumne »Kleiner Briefkasten« gemacht hatte, um so während des Krieges Zensurvorschriften zu umgehen; vgl. Ursula Walburga Baumeister: Die Aktion 1911-1932. Publizistische Opposition und
438
A N M E R K U N G E N
literarischer
ZU
Aktivismus
S.
1 2 7 - 1 3 3
der Zeitschrift
im
restrik-
tiven Kontext, Erlangen u. Jena 1996 (Erlanger Studien, Bd. 107), S. 192; Exner u. Kapfer 1999, S. 165. 13 Einstein hat vor dem Krieg nur wenige politische
Pfemferts an Karl Liebknecht, 29. März 1915, in:
Rubiner (Hrsg.): Die Gemeinschaft.
Exner u. Kapfer 1999, S. 233.
geistigen
18 Vgl. Der blutige Ernst 3/1919, letzte Seite des Umschlags; vgl. Hanne Bergius: Das Lachen
Stellungnahmen publiziert; vgl. zum Beispiel Carl
Die Berliner
Einstein: Die Sozialdemokratie,
1989 (Werkbund-Archiv, Bd. 19), S. 218; zu Ein-
in: Die
4/1914, Sp. 246; erneut in: id.: Werke.
Aktion
1907-1918
Dadaisten
Dadas.
und ihre Aktionen,
stein vgl. ibid., S. 214 ff.; vgl. auch Walter Mehring:
(hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar),
Berlin
Berlin 1994 (Berliner Ausgabe, Bd. 1), S. 213.
Berlin Dada. Erinnerungen
14 Zum politischen Engagement Einsteins vgl. Klaus H. Kiefer: Carl Einstein in: Bildende
im Brüsseler
stein and the Revolutionary Brussels,
Soldiers'
Councils
in
in: Rainer Rumold u. Otto Karl Werck-
meister (Hrsg.): The Ideological sionism.
The Literary
Colony
Soldatenrat,
Kunst 8/1989, S. 5 5 - 5 8 ; id.: Carl Ein-
in Belgium
Crisis of
and Artistic
1914-1918,
German
Materialien
zum Scheitern
Programms
in Berlin und Bayern
Verhaftung.
eines
revolutionären 1919, in:
des Widerstandes
und die Novemberrevolution,
Archiv
und der Arbeit
12/1992, S. 4 1 - 7 7 ; Christoph Braun: Carl Kolloquium
War
Columbia 1990,
S. 9 7 - 1 1 3 ; Dirk Heißerer: Einsteins
für die Geschichte
Expres-
in:
Einstein
Carl-Einstein-
1994 (hrsg. v. Klaus H. Kiefer), Frank-
Gießen
Dada
14 Essais
[1959], in: id.: Verrufene
zur Kunst,
Malerei.
eines Zeitgenossen
und
Düsseldorf 1983 (Werke),
S. 1 3 9 - 2 1 2 , S. 174 ff.
Kiepenheuer,
Jahrbuch
Dokumente
des Verlags
der Gustav
Potsdam 1919, S. 175-176; erneut in:
id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 27; vgl. id: Zur primitiven abhängige
Kunst,
Tageszeitung
in: Das
für
Wort.
Un-
Mitteldeutschland,
Nr. 16, 15. April 1923, S. 2. 25 Vgl. Carl Einstein: Negerplastik,
Leipzig 1915,
2. Auflage München 1920; erneut in: id.: 1907-1918
Werke
(hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus
Siebenhaar), Berlin 1994 (Berliner Ausgabe, Bd. 1),
19 Carl Einstein: Die schlimme Szenen,
Weltwende.
Botschaft.
Zwanzig
Berlin 1921. Das Zitat folgt der Verlags-
S. 2 3 4 - 2 5 2 . 26 Einstein 1915, S. XII u. S. XV.
banderole, die um die Erstausgabe gelegt war
27 Einstein 1996 (Zur primitiven Kunst), S. 27.
(Berlin u. Hamburg, Sammlung Uwe Fleckner);
28 Vgl. Erste Internationale
Dada-Messe,
Ausstel-
vgl. Heinrich Hubert Houben: Verbotene
Literatur
lungsfaltblatt, Kunsthandlung Dr. Otto Burchard,
von der klassischen
Ein kri-
Berlin 1920, Kat.-Nr. 74 (»Grosz-Heartfield mont.:
tisch-historisches
Bücher,
Pablo Picasso, La Vie Heureuse. Dr. Carl Einstein
und
gewidmet«); der Katalog bezeichnet diese Collage
Berlin 1924, S. 137 ff.; Ansgar Skriver:
zusammen mit der Kat.-Nr. 73 (»Grosz-Heartfield
Zeitschriften Verleger,
Zeit bis zur Gegenwart. Lexikon
über verbotene
und Theaterstücke,
Gotteslästerung?,
Schriftsteller
Hamburg 1962 (Das aktuelle
Thema, Bd. 11); Dirk Heißerer: Literarische lästerung«
als politisches
Carl Einsteins
Drama
»Gottes-
Delikt. Der Prozeß
»Die schlimme
um
mont.: Henri Rousseau, Selbstbildnis«) ausdrücklich als »korrigierte Meisterbilder«; zu dieser Ausstellung vgl. Helen Adkins: Erste
Botschaft«
Dada-Messe,
in: Stationen
Kom-
bedeutenden
Kunstausstellungen
Internationale
der Moderne.
Die
furt am Main et al. 1996 (Bayreuther Beiträge zur
(1921/22).
Literaturwissenschaft, Bd. 16), S. 5 5 - 6 1 ; Hubert
mentar
Roland: Die deutsche
1994 (hrsg. v. Klaus H. Kiefer), Frankfurt am Main
Berlinische Galerie -
et al. 1996 (Bayreuther Beiträge zur Literatur-
Kunst, Photographie und Architektur, Berlin 1988,
in Belgien, der
literarische
1914-1918.
»Kriegskolonie«
Ein Beitrag zur
deutsch-belgischen
1900-1920,
Geschichte
Literaturbeziehungen
Bern et al. 1999 (Contacts. Série II -
Gallo-germanica, Bd. 26), S. 71 ff.
Einsteins,
bislang
in:
unbekannten
Carl-Einstein-Kolloquium
wissenschaft. Bd. 16), S. 6 3 - 8 0 . Pleite
1/1919, S. 2; erneut in: id.: Werke.
1919-
1928 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Sie-
Nr. 13, 17. Mai 1919; zitiert nach Heiße-
benhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 15.
rer 1992, S. 49. 16 Vgl. Romain Rolland: Journal
des
guerre 1914-1919.
Notes et documents
à l'histoire
de l'Europe
morale
années
de
pour
servir
de ce temps
(hrsg.
v. Marie Romain Rolland), Paris 1952, S. 1713 : »Du
den Besitz ab, in: Die
Tagebuch
eines
Welt-
Ausstellungskatalog, Deutsches Litera-
und
Dada Berlin - Artistik von
Meta-
Polaritäten,
Berlin 2000, S. 233ff. u. S. 349ff. 29 Vgl. Marc Dachy: The Dada Movement
1915-1923,
Genf u. New York 1990, S. 103; Bergius 1989, Hanne Bergius nimmt an, daß die Collage als Querformat zu verstehen sei (ibid., S. 104), und im Ausstellungsfaltblatt der Ersten
22 Carl Einstein: An die Geistigen!,
in: Die
Pleite
1/1919, S. 2; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe,
mannes,
mechanik.
Pleite 3/1919, S. 2; erneut in: id. 1996 (Berliner
Bd. 2), S. 18.
auch Harry Graf Kessler.
Ausstellungskatalog, Museum für Moderne
Ausgabe, Bd. 2), S. 1 9 - 2 0 .
14 au 15 janvier, les officiers arrêtent [...] Franz vain Cari Einstein, très gravement blessé«; vgl.
in Deutschland,
Jahr-
S. 214; id. 2000, S. 104ff., S. 248, S. 284 u. S. 387.
21 Carl Einstein: Man schaffe
Pfemfert, directeur de la revue Die Aktion,
l'écri-
hunderts
des 20.
S. 1 5 6 - 1 8 3 ; Hanne Bergius: Montage
20 Carl Einstein: Pleite glotzt euch an. Restlos, in: Die
in: Räte-
15 Anonym: Erste Tagung des Rätebundes, Zeitung,
Mit einem
Dada-Messe
Internationalen
ist das Werk in der Tat als Querformat
in den Text eingepaßt, wobei die Bildlegende allerdings so gesetzt ist, daß das Werk auf dem
Der
Kopf stünde; meiner Ansicht nach läßt die der
3 / 1 9 1 9 , S. 2; erneut in: id. 1996
Collage unmittelbar angefügte Fußzeile mit Titel,
(Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 2 8 - 3 0 , S. 29; vgl. auch
Widmung und Signatur allerdings keinen anderen
23 Carl Einstein: Capelle blutige
Ernst
und
Genossen,
in:
turarchiv im Schiller-Nationalmuseum, Marbach
Carl Einstein: Schulze,
Ernst 6/
Schluß zu, als daß die Künstler die ursprüngliche
am Neckar 1988, S. 323 (Eintrag vom 16. Januar
1919, S. 2 u. S. 4; erneut in: id. 1996 (Berliner Aus-
Leserichtung von Picassos Gemälde bewahrt
1919); Baumeister 1996, S. 260f.; Thea Sternheim:
gabe, Bd. 2), S. 4 8 - 5 2 . Richard Huelsenbeck, der
Tagebücher
Einsteins Bebuquin
1903-1971
(hrsg. v. Thomas Ehrsam u.
in: Der blutige
ursprünglich sehr schätzte,
haben. 30 Vgl. ibid., S. 106.
Regula Wyss), Göttingen 2002, 5 Bde., Bd. I, S. 458
vermutet freilich im Scheitern von dessen litera-
31 Kokoschkas Text wurde als Anschlag in Dresden
(Eintrag vom 18. Januar 1919); Julijana Rane:
rischen Ambitionen die Motivation zur Dichter-
plakatiert und in verschiedenen Zeitungen und
Alexandra
schelte; vgl. Brief von Richard Huelsenbeck an
Zeitschriften nachgedruckt; hier zitiert nach der
George Grosz, undatiert [November 1919], in:
Rubrik »Notizen«, in: Das Kunstblatt
Lisbeth Exner u. Herbert Kapfer (Hrsg.):
Weltdada
S. 189.
Huelsenbeck.
und
Ramm-Pfemfert.
Ein Gegenleben,
Ham-
burg 2003, S. 47 f. 17 Vgl. Anonym: Die Schamlosigkeit Einstein
unter hirnverbrannten
der
Reaktion.
Vorwänden
ver-
Eine Biografie
in Briefen
Bil-
32 John Heartfield u. George Grosz: Der
IV/1920, Kunstlump,
dern, Innsbruck 1996, S. 44: »Dieser Mann hat
in: Der Gegner 1 0 - 1 2 / 1 9 2 0 , S. 4 8 - 5 6 , S. 55; vgl.
1 4 . - 1 7 . Juni 1919; Heißerer
die Stirn, sich als unliterarischer Typ aufzutun,
Kurt Hiller: Zum Fall Kokoschka,
1992, S. 41 ff. Mit Liebknecht stand Einstein zu-
seitdem er mit seiner Literatur ins Wasser gefallen
1921, S. 45. Die anschließende Debatte ist mit
ist.«
ihren wichtigsten Texten gut dokumentiert; vgl.
haftet, in: Die Republik. schen
Arbeiterräte,
Tageszeitung
für die
deut-
mindest in sporadischem Kontakt; vgl. eine auch von Einstein unterschriebene Postkarte Franz
24 Carl Einstein: Zur primitiven
Kunst, in: Ludwig
ibid. 1 - 2 / 1 9 2 0 -
Walter Fahnders u. Martin Rector (Hrsg.):
Literatur
A N M E R K U N G E N
im Klassenkampf. Zur proletarisch-revolutionären Literaturtheorie 1919-1923, Frankfurt am Main 1974, S.47ff.; John Heartfield: Der Schnitt entlang der Zeit. Selbstzeugnisse - Erinnerungen - Interpretationen (hrsg. v. Roland März), Dresden 1981 (Fundus-Bücher, Bd. 70-72), S. 102 ff.; vgl. auch Ulrich Weitz: Kriegskrüppel, Kapp-Putsch und Kunstlump-Debatte, in: Dix (hrsg. v. Wulf Herzogenrath u. Johann-Karl Schmidt), Ausstellungskatalog, Galerie der Stadt Stuttgart / Neue Nationalgalerie, Berlin 1991, S. 95-100. 33 Gertrud Alexander: Herrn John Heartfield und George Grosz, in: Die Rote Fahne, Nr. 99, 9. Juni 1920; zitiert nach Heartfield 1981, S. 112-115. 34 Heartfield u. Grosz 1920, S. 56. Zur kritischen Auseinandersetzung des Künstlers mit der modernen Kunst vgl. Andres Lepik: Verlust der Mitte? George Grosz und die Moderne, in: George Grosz. Berlin-New York (hrsg. v. Peter-Klaus Schuster), Ausstellungskatalog, Neue Nationalgalerie, Berl i n / K u n s t s a m m l u n g Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1994-1995, S. 203-210. 35 Wieland Herzfelde: Zur Einführung, in: Erste Internationale Dada-Messe 1920, o. S. 36 Vgl. Carl Einstein: Pablo Picasso. Quelques tableaux de 1928, in: Documents. Doctrines Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie 1/1929, S. 3 5 - 4 7 , S. 46; vgl. auch id.: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, 3. Auflage, Berlin 1931 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI), S. 315. 37 Carl Einstein: Rudolph Schlichter, in: Das Kunstblatt IV/1920, S. 105-108 u. Abb. S. 109, sowie eine beigegebene Originallithographie (»Tanz«) vor S. 97; erneut in Einstein 1996 (Werke. Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 57-60. Als später Reflex der »Kunstlump-Affäre« kann allenfalls die Gegenüberstellung von Kokoschka mit den Berliner Künstlern gelesen werden; vgl. Einstein 1926 (Die Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 162: »Der feststellende Verismus, der aus sozialpolitischen Momenten, einer Reaktion gegen die >absolute< Kunst, entstand, w u r d e vielleicht durch Kokoschka romantisch vorbereitet. Er gibt das außerordentliche Individuum, das den Anspruch der Einzigkeit erhebt, während die Grosz und Dix den Menschen zunächst als Produkt einer sozialen Klasse oder ökonomischen Stufung zeigten. Gegen Kokoschkas Einzelmenschen stellte man revoltierend den Menschen der Gemeinschaft.« 38 Zitiert nach Bergius 1989, S. 218. 39 Carl Einstein: De l'Allemagne, in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 9/1921, S. 31-32, S. 31; erneut in Einstein 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 200-203 (mit einigen Druckfehlern). 40 Einstein 1921 (De l'Allemagne), S. 32. 41 Vgl. Carl Einstein: [ohne Titel] (Revolution durchbricht Geschichte und Überlieferung), in: id. 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4), S. 146-152. Den über-
zeugenden Nachweis, daß Einstein seinen Text in dieser Zeitschrift veröffentlichen wollte, die 1922 in nur drei Heften erschien u n d den künstlerischen Austausch zwischen Rußland und Westeuropa förderte, verdanke ich Hubertus Gaßners Vortrag Kritik der abstrakten Kunst - Verteidigung des Kubismus, Kolloquium »Carl Einsteins >Kunst des 20. Jahrhunderts«, Haus der Kunst, München, 15. September 2001. Im ersten Heft der Zeitschrift wird Einstein - zusammen mit Persönlichkeiten wie Cendrars, Fels, Sternheim, Léger, Meyerhold, Majakowski, Charlie Chaplin, Rodschenko, Salmon und vielen anderen - als Mitarbeiter genannt. 42 Einstein 1992 (Revolution durchbricht Geschichte und Überlieferung), S. 146. 43 Ibid., S. 149. Einstein versucht daraufhin, die Kunst des Kubismus u n d die »absolute« Kunst des russischen Konstruktivismus auf eine gemeinsame ästhetische Grundlage zu stellen; ein Versuch, den der Autor in seiner Kunst des 20. Jahrhunderts allerdings wieder aufgeben sollte. 44 Ibid. 45 Einstein 1921 (De l'Allemagne), S. 31; vgl. Tristan Tzara: Quelques présidents et présidentes, in: Dada [Dada Bulletin! 6/1920, S. 3. Im Dezember 1919 hatte Einstein den Pariser Kollegen um Mitarbeit und die Vermittlung von Beiträgen französischer Künstler und Autoren gebeten; vgl. Brief von Carl Einstein an Tristan Tzara, 16. Dezember 1919, Paris, Bibliothèque littéraire Jacques Doucet. 46 Die einzige Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang der Aufsatz, den Einstein 1926 dem deutsch-russischen Maler Kandinsky zu seinem sechzigsten Geburtstag widmet; vgl. Uwe Fleckner: Le solipsiste et son critique. L'œuvre de Kandinsky jugé par Carl Einstein, in: Kandinsky. Retour en Russie. 1914-1921, Ausstellungskatalog, Musée d'art moderne et contemporain, Straßburg 2001, S. 38-46. 47 Einstein 1920 (Rudolph Schlichter), S. 108; vgl. Rudolf Schlichter, Ausstellungskatalog, Galerie Otto Burchard - Alte und neue Kunst, Berlin 1920. 48 Vgl. Rudolf Schlichter. Gemälde - Aquarelle Zeichnungen (hrsg. v. Götz Adriani), Ausstellungskatalog, Kunsthalle Tübingen / Von der Heydt-Museum, Wuppertal / Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1997-1998, S. 11. 49 Brief von George Grosz an Walter Mehring, in: George Grosz: Briefe 1913-1959 (hrsg. v. Herbert Knust), Reinbek bei Hamburg 1979, S. 184-185, S. 184. Max Schlichter war außerdem Inhaber des Restaurant Schlichter, das 1917 nach einer Idee seines Bruders als Künstlerlokal eröffnet wurde. 50 Einstein 1920 (Rudolph Schlichter), S. 105; vgl. Hermann Bahr: Expressionismus, München 1916 (das Buch erschien 1920 in zweiter Auflage). 51 Einstein 1920 (Rudolph Schlichter), S. 105.
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S.
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52 Ibid. 53 Ibid. 54 Brief von Carl Einstein an Will Grohmann, 21. März 1931, Stuttgart, Archiv Will Grohmann. Ich danke Martin Schieder, Berlin, für den Hinweis auf Einsteins Briefwechsel mit Grohmann. 55 Einstein 1920 (Rudolph Schlichter), S. 106. 56 Es handelt sich u m die Zeichnungen Mädchen aus dem Westen (ibid., S. 106), Lyncher (S. 107) und Das Ende (S. 109), deren Verbleib nicht ermittelt werden konnte. 57 58 59 60 61
Einstein 1920 (Rudolph Schlichter), S. 106. Ibid. Ibid. Ibid. Vgl. zu diesem Werk Hanne Bergius: »Lederstrumpf« zwischen Provinz und Metropole, in: Rudolf Schlichter. 1890-1955, Ausstellungskatalog, Staatliche Kunsthalle, Berlin 1984, S. 3 3 - 4 6 , S. 38ff.; Rudolf Schlichter 1997-1998, S. 92f. (Kat.-Nr. 26).
62 Einstein 1920 (Rudolph Schlichter), S. 106 u. S. 108. 63 Vgl. Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, 2. Auflage, Berlin 1928 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI), S. 471 u. S. 566. Auffallend ist, das Schlichter diese Behandlung mit Alexander Kanoldt teilt, von dem 1928 ebenfalls drei Werke abgebildet werden; vgl. ibid., S. 472-474. Im Europa-Almanach finden sich außerdem drei unkommentierte Abbildungen nach Zeichnungen Schlichters; vgl. Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam 1925, S. 7, S. 202 u. S. 224. 64 Vgl. »Neue Sachlichkeit«. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus, Ausstellungskatalog, Städtische Kunsthalle, M a n n h e i m 1925; zur Ausstellung vgl. Stationen der Moderne 1988, S. 217 ff. 65 Zur Kunst der Neuen Sachlichkeit vgl. Franz Roh: Nach-Expressionismus. Magischer Realismus. Probleme der neuesten europäischen Malerei, Leipzig 1925; Wieland Schmied: Neue Sachlichkeit und Magischer Realismus in Deutschland 1918-1933, Hannover 1969; id.: Die neue Wirklichkeit - Surrealismus und Sachlichkeit, in: Tendenzen der Zwanziger Jahre, Ausstellungskatalog, Neue Nationalgalerie, Berlin 1977, Abt. 4, S. 1-36; Jost Hermand: Einheit in der Vielheit? Zur Geschichte des Begriffs »Neue Sachlichkeit«, in: id.: Stile, Ismen, Etiketten. Zur Periodisierung der modernen Kunst, Wiesbaden 1978 (Athenaion Literaturwissenschaft, Bd. 10), S. 80-93; Hans-Jürgen Buderer: Neue Sachlichkeit. Bilder auf der Suche nach der Wirklichkeit. Figurative Malerei der zwanziger Jahre (hrsg. v. Manfred Fath), Ausstellungskatalog, Städtische Kunsthalle, Mannheim 1994-1995; Olaf Peters: Neue Sachlichkeit und National-
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S. I 4 2 - I 5 S
Sozialismus. Affirmation und Kritik 1931-1947, Berlin 1998; Dennis Crockett: German Post-Expressionism. The Art of the Great Disorder 19181924, University Park 1999; Uwe Fleckner: Les réalités glacées delà Nouvelle Objectivité. Histoire, théorie et langage formel d'un art entre critique sociale et idéal esthétique, in: Allemagne années 20. La Nouvelle Objectivité, Ausstellungskatalog, Musée de Grenoble 2003, S. 8-23; id. : Die gefrorenen Wirklichkeiten der Neuen Sachlichkeit. Geschichte, Theorie und Bildsprache einer Kunst zwischen sozialer Kritik und ästhetischem Ideal, in: Das wahre Gesicht unserer Zeit. Bilder vom Menschen in der Zeichnung der Neuen Sachlichkeit (hrsg. v. Uwe Fleckner u. Dirk Luckow), Ausstellungskatalog, Kunsthalle zu Kiel 2004, S. 12-25. 66 Wilhelm Hausenstein: Die Kunst in diesem Augenblick, München 1920, S. 37. 67 Anonym [Paul Westheim]: [ohne Titel] (Rubrik »Umschau«), in: Das Kunstblatt III/1919, S. 319. Der Begriff des »Verismus« leitet sich ursprünglich von der Stilbezeichnung »verismo« ab, mit der naturalistische Tendenzen in der italienischen Musik, Literatur und Bildenden Kunst der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezeichnet werden. 68 Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 49. 69 Vgl. Marlene Angermeyer-Deubner: Neue Sachlichkeit und Verismus in Karlsruhe 1920-1933, Karlsruhe 1988, S. 38f.; zum Werk des Künstlers vgl. Georg Scholz. Ein Beitrag zur Diskussion realistischer Kunst, Ausstellungskatalog, Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1975; Georg Scholz 18901945. Malerei, Zeichnung, Druckgraphik (hrsg. v. Hans-Dieter Mück), Stuttgart 1991. 70 Vgl. Rudolf Schlichter 1997-1998, S. 96 ff. (Kat.Nr. 29) u. S. 100 ff. (Kat.-Nr. 30). 71 Vgl. Paul Westheim (Hrsg.): Ein neuer Naturalismus? Eine Bundfrage des Kunstblatts, in: Das Kunstblatt W1Q22, S. 369-414 (mit 36 Antworten vor allem deutscher und französischer Kunsthistoriker, Kritiker, Künstler und Schriftsteller). 72 Gustav Friedrich Hartlaub: Zum Geleit, in: Neue Sachlichkeit 1925, O.S.; vgl. Paul Ferdinand Schmidt: Die deutschen Veristen, in: Das Kunstblatt VIII/1924, S. 367-372. 73 Vgl. Paul Ferdinand Schmidt: Otto Dix, Köln o. J. [1923]. 74 Carl Einstein: Otto Dix, in: Das Kunstblatt VII/1923, S. 97-102 u. Abb. vor S. 97, S. 100; erneut in Einstein 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2),
S. 342-344; vgl. Matthew Biro: Allegorical Modernism: Carl Einstein on Otto Dix, in: Art Criticism 15-1/2000, S. 46-70; zur Rezeption des Künstlers in der Kunstkritik vgl. zuletzt Andreas Strobl: Otto Dix. Eine Malerkarriere der zwanziger fahre, Berlin 1996; zu den Aquarellen des Künstlers vgl. Suse Pfäffle: Otto Dix. Werkverzeichnis der Aquarelle und Gouachen, Stuttgart 1991. 75 Vgl. Fritz Löffler: Otto Dix. 1891-1969. Œuvre der Gemälde, Recklinghausen 1981, Kat.-Nr. 1922/1 u. Kat.-Nr. 1922/13. 76 Vgl. Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [Juni 1923], in: Carl Einstein u. Daniel-Henry Kahnweiler: Correspondance 19211939 (hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1993, S. 138-148. 77 Einstein 1923 (Otto Dix), S. 98 u. S. 101. 78 Vgl. Strobl 1996, S. 74; vgl. Löffler 1981, Kat.-Nr. 1921/8. 79 Einstein 1923 (Otto Dix), S. 100 ff. 80 Ibid., S. 98f.; zu Rouault vgl. Carl Einstein: Georges Rouault, in: Der Querschnitt V/1925, S. 244-248 u. Abb. nach S. 248; id. 1926 (Die Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 51 f. Das Gemälde L'Accusé wird hier unter dem Titel »Der Verurteilte« abgebildet; vgl. ibid., S. 252. In der dritten Auflage wird dann auch das Urteil über Rouault kritischer formuliert; vgl. id.: Die Kunst des 20. Jahrhunderts (hrsg. v. Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5), S. 71 f., S. 291 f. (Kommentar) u. S. 382-387 (Abbildungen). 81 Vgl. Wolfgang Schröck-Schmidt: Der Schicksalsweg des »Schützengraben«, in: Dix 1991, S. 161164. 82 Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 156 f.; abgebildet werden 1926 das Porträt meiner Eltern I von 1921 (Basel, Kunstmuseum), Zuhälter und Nutten von 1922 (Privatbesitz), Bildnis Max Rösberg von 1922 (New York, Metropolitan Museum) sowie das Kinderbildnis (Nelly in Blumen) von 1924 (Vaduz, Otto-Dix-Stiftung); letzteres wird 1928 durch das Bildnis des Philosophen Max Scheler von 1926 (Köln, Universität, Philosophische Fakultät) ersetzt, das 1931 wiederum entfällt. 83 84 85 86 87
Einstein 1923 (Otto Dix), S. 97. Ibid., S. 98. Ibid., S. 99. Ibid., S. 97. George Grosz: Teurer Makkaroni! Briefe an Mark Neven DuMont 1922-1959 (hrsg. v. Karl Riha), Berlin 1992, S. 77 f.
88 Carl Einstein: George Grosz, in: George Grosz, Ausstellungskatalog, Galerie Alfred Flechtheim, Berlin 1926 (Veröffentlichungen des Kunstarchives, Bd. 1), S. 3-7, S. 4; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 468-470. 89 Einstein 1926 (George Grosz I), S. 4 u. S. 5. 90 Ibid., S. 5 u. S. 6. 91 Cari Einstein: George Grosz, in: George Grosz, Ausstellungskatalog, Kunstkammer Martin Wasservogel, Berlin 1926, S. 1-9; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 463-467. 92 Vgl. Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 149 ff. 93 Einstein 1926 (George Grosz II), S. 2. 94 Ibid., S. 3. 95 Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 149. Die Namensschreibweise »Groß«, die Einstein 1926 noch verwendet, wurde im Zitat korrigiert. 96 Vgl. Roland März: Republikanische Automaten. George Grosz und die Pittura metafisica, in: George Grosz 1994-1995, S. 147-156. 97 Einstein 1926 (George Grosz II), S.4; zu den Zeichnungen des Künstlers vgl. auch Alexander Dückers: Der Zeichner George Grosz, in: George Grosz 1994-1995, S. 157-165. 98 Einstein 1926 (George Grosz II), S. 4. 99 Der Hinweis auf die Identität des Dargestellten findet sich zuerst bei Rolf-Peter Baacke (Hrsg.): Carl Einstein. Zwischen Bebuquin und Negerplastik, Berlin 1990 (Materialien, Bd. I), S. 50. Grosz hat den Kopf des Freundes ebenfalls in seine Zeichnung Trauermagazin von 1918-1919 (Frankfurt am Main, Privatbesitz) aufgenommen; vgl. ibid., S. 59; zu den Zeichnungen vgl. auch George Grosz 1994-1995, S. 409 (Kat.-Nr. X. 60) u. S. 413 (Kat.-Nr. X. 69); hier wird das Porträt in beiden Fällen irrtümlich mit Paul Westheim identifiziert. 100 Einstein 1926 (George Grosz II), S. 6. 101 Ibid., S. 4. 102 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [Dezember 1922], in: Einstein u. Kahnweiler 1993, S. 132-133, S. 132. 103 Brief von Carl Einstein an Will Grohmann, 21. Dezember 1930, Stuttgart, Archiv Will Grohmann. 104 Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 109. 105 Ibid. 106 Vgl. Einstein 1923 (Otto Dix), S. 99. 107 Einstein 1926 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 153.
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S.
441
153-163
Anmerkungen zum Kapitel »Schauend ändert man Menschen und Welt« 1 Vgl. Carl Einstein: Südsee-Plastiken,
Ausstellungs-
8 Vgl. Vertrag zwischen
Carl Einstein
und dem
Pro-
geschichte auf den Tisch gelegt - und so werde ich
katalog, Galerie Flechtheim, Berlin u. Düsseldorf/
pyläen-Verlag,
13. März 1922 (Berlin, Vertrags-
nun dies Zeug runterhauen; durchaus wissend
Kunsthaus Zürich, Berlin 1926 (Veröffentlichun-
archiv des Ullstein-Verlags), § 1, in: Einstein 1996
nichts endgültiges aus einer halben Existenz zu
gen des Kunstarchivs, Bd. 5); erneut in: id. 1996
(Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 8 1 9 - 8 2 0 (Anhang
geben. Schliesslich man wird sehen. Wir alle
(Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 4 0 1 - 4 4 2 . Eckart von
II. »Vertrags- und Briefdokumente«). In der Erst-
Sydow, Autor zahlreicher Werke zur primitiven
ausgabe des Werkes ist darüber hinaus als Druck-
13 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahn-
Kunst und Kultur, hatte 1923 mit seinem Band die
marke sämtlicher Bogen das Wort »Expressionis-
weiler, undatiert [1922]; vgl. Carl Einstein u.
Reihe der »Propyläen-Kunstgeschichte« eröffnet
mus« irrtümlicherweise stehen geblieben, womit
Daniel-Henry Kahnweiler: Correspondance
und Einstein dort als Pionier der Kunstgeschichte
der zwischenzeitlich geänderte Titel dokumentiert
1939 (hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1993,
machen nur Fragmente«; ibid. (Inv.-Nr. 394).
1921-
afrikanischer Plastik gewürdigt: vgl. Eckart von
ist, den auch Einstein selbst in seiner Quittung an
Sydow: Die Kunst der Naturvölker
Vorzeit,
Julius Elias und C. F. Reinhold vom 24. März 1922
14 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahn-
Berlin 1923 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. 1),
nennt; vgl. ibid., S. 821. Einer der ersten Rezen-
weiler, undatiert [Dezember 1922], ibid., S. 1 3 2 -
S. 7.
senten des Buches bemerkt dazu: »II donne à son
133, S. 132. Über den Konflikt zwischen seinem
livre ce titre pompeux: Histoire
literarischen Schaffen und der als Brotarbeit an-
2 Anonym: Bildhauer
und der
und Kritik, in: Β. Z. am Mit-
tag, Nr. 105, 18. April 1926; erneut in: Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts
(hrsg. v. Uwe
Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5), S. 835 (Anhang III. »Materialien
und
Rezensionen«);
Monika Flacke-Knoch: Carl Einstein Flechtheim.
Vermutungen
geschichte,
vgl.
auch
und
Alfred
mais il embrasse à peine la cinquième par-
gesehenen Kunstkritik hat sich Einstein auch
tie de siècle. Un typographe malicieux a cru devoir
gegenüber Tony Simon Wolfskehl geäußert: »Alle
rectifier cette amplification. Au bas de la première
halbe Jahr oder Jahr - wenn ich mal Benn sehe -
page de chaque feuillet se trouve en tout petits ca-
streift man schüchtern seine alten Arbeiten. Er
ractères: Einstein,
kuriert Tripper und ich mache Kunst - was unge-
Expressionismus.
C'est exact.
C'est une histoire de l'expressionnisme allemand
fähr noch dümmer ist«; Brief von Carl Einstein an
et de toutes ses ramifications, de Nolde, de Franz
Tony Simon-Wolfskehl, undatiert [vermutlich Juni 1923], Berlin, Stiftung Archiv der Akademie
zu einer
Wirkungs-
in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch
XLVIII-
Marc jusqu'à George Grosz qui déjà l'outrepasse;
Tagebuch
l'Art, attribuant la place la plus importante à l'art
X L I X / 1 9 8 7 - 1 9 8 8 , S. 4 7 3 - 4 8 4 , S. 473. 3 Ernesto de Fiori: Mein Attentat,
in: Das
7/1926, S. 572; erneut in: Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 8 3 6 - 8 3 7 (Anhang III. »Materialien und Rezensionen«); vgl. die Erwiderung durch einen ungenannten Verfasser: Künstler Kritiker. Der Fall Einstein -de Fiori, in:
und
Vossische-
Zeitung, 8. Mai 1926; ibid., S. 8 3 7 - 8 3 9 (Anhang III. »Materialien und Rezensionen«), Der Skandal hat darüber hinaus zu einem grundsätzlichen Infragestellen der zeitgenössischen Kunstkritik geführt, die ein Parteigänger des Bildhauers ebenfalls in Das Tagebuch Grossmann: Kunstkritik, Tagebuch
siècle:
de l'art du XX'
l'histoire d'une tentative vers la régénération de français qui, lui, n'a jamais perdu son équilibre ni méconnu les lois immanentes, phare, dont la lumière tourne et rayonne dans tous les sens«; Albert Dreyfus: Deux études contemporain,
in: Cahiers
allemandes
sur l'art
d'Art 8/1926, S. 214;
erneut in: Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 8 3 9 - 8 4 2 (Anhang III. »Materialien und Rezensionen«); ähnliche Kritik findet sich in André Warnod: Les peintres tin delà
vie artistique
allemands,
in: Bulle-
7/1926, S. 3 6 0 - 3 6 2 .
9 Vgl. Vertrag 1922, Präambel, in: Einstein 1996
das gibt es noch?, in: Das
(Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 819; vgl. dazu die
7/1926, S. 6 7 6 - 6 7 8 . des 20.
Jahrhunderts,
Steg, 2. Auflage, Berlin 1953, S. 299;
(Hrsg.): Hundert Jahre Ullstein. 1877-1977,
1924 (Abb. 518) sowie die
Lithographie Männliche
Figur (Taf. XXXVI). Die
Abbildungsvorlagen hatte Alfred Flechtheim zur Verfügung gestellt, der dem Werk Ernesto de
1993, S. 1 2 9 - 1 3 1 , S. 130; vgl. auch Kahnweilers Antwortschreiben vom 24. November 1922: »Mit dem grössten Interesse sehe ich Ihrer Kunstgeschichte entgegen. Es gehört Mut dazu, offen zu reden, wie Sie es getan zu haben scheinen« (ibid., riades]: Nos enquêtes: weiler,
in: Feuilles
Entretien volantes
avec Henry
Kahn-
2/1927, S. 1 - 2 , S. 2
(»Le dernier livre de Karl Einstein, si favorable à
Geschichte
des Hauses
2), Die Engländerin,
weiler, undatiert [1922], in: Einstein u. Kahnweiler
la peinture française, est un beau livre«).
in der Nacht. Die
vgl. auch W. Joachim Freyburg u. Hans Wallenberg
Werke de Fioris abgebildet: Mann, 1914 (Abb. 517,
Kahnweiler 1993, S. 1 4 8 - 1 4 9 . 16 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahn-
ich an Deutschland
S. 166. 6 In der Erstauflage waren außerdem folgende
weiler, undatiert [Frühjahr 1924], in: Einstein u.
Erinnerungen des Verlagsleiters Emil Herz: Denk
Berlin 1926 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. 16), 5 Ibid.
der Künste (Inv.-Nr. 409). 15 Vgl. Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahn-
S. 131-132); vgl. auch E. Tériade [Stratis Elefthe-
einrücken ließ; vgl. Stefan
4 Carl Einstein: Die Kunst
S. 1 2 7 - 1 2 8 , S. 127.
von C.F. Reinhold
20. Jahrhunderts), S. 59 (Variante).
Berlin
18 Einstein 1926, S. 59; Einstein 1996 (Kunst des
Einstein,
19 Einstein 1926, S. 62; Einstein 1996 (Kunst des
1977, 4 Bde., Bd. I, S. 206f. 10 Vgl. Brief
17 Einstein 1926, S. 25; Einstein 1996 (Kunst des
20. Jahrhunderts), S. 95 (Variante). an Carl
28. März 1925; in: Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 825 (Anhang II. »Vertragsund Briefdokumente«). 11 Nico Rost: Mein Freund Carl Einstein,
20. Jahrhunderts), S. 99. 20 Cari Einstein: Negerplastik, erneut in; id.: Negerplastik
Typoskript,
Leipzig 1915, S. XVII; (hrsg. v. Rolf-Peter
Baacke), Berlin 1992, S. 18; ebenfalls in: id.:
Fioris nach dem »Attentat« allerdings keine Ein-
12 Seiten, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie
Werke. 1907-1918
zelausstellung mehr widmete; vgl. Flacke-Knoch
der Künste, fol. 4.
Klaus Siebenhaar), Berlin 1994 (Berliner Ausgabe,
1 9 8 7 - 1 9 8 8 , S. 473.
12 Brief von Carl Einstein an Tony Simon-Wolfskehl,
7 Georg Poensgen: Carl Einstein, 20. Jahrhunderts.
Die Kunst
Propyläenkunstgeschichte
(hrsg. v. Hermann Haarmann u.
Bd. 1), S. 2 3 4 - 2 5 2 , S. 243.
des
undatiert [vermutlich März / April 1923], Berlin,
21 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [Juni 1923]; vgl. Einstein u. Kahn-
Bd.
Stiftung Archiv der Akademie der Künste (Inv.-Nr.
XVI, Berlin
1926,
Kunst-
389); vgl. auch die folgende Bemerkung aus
wissenschaft
50/1929, S. 4 5 - 4 6 , S. 45; erneut in:
einem Ende April oder Anfang Mai 1923 an Tony
22 Einstein 1926, S. 69.
Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S . 8 5 6 -
Simon-Wolfskehl gerichteten Brief: »Man hat sich
23 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 109.
858 (Anhang III. »Materialien und Rezensionen«).
nun schliesslich und endlich das Zeug zur Kunst-
24 Ibid., S. 164; vgl. auch Liliane Meffre: Carl
in: Repertorium
für
weiler 1993, S. 1 3 8 - 1 4 8 , S. 144.
Einstein
442
A N M E R K U N G E N
ZU
S . I 6 3 - I 7 0
et la problématique des avant-gardes dans ¡es arts plastiques, Bern et al. 1989 (Contacts. Série III Etudes et documents, Bd. 8). 25 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 164. 26 Ibid., S. 239 u. S. 199. Einsteins Kapitel »Russen nach der Revolution« (1926), bzw. »Konstruktivisten« (1931), stützt sich auf einen 1921 ursprünglich für die Große Sowjet-Enzyklopädie entstandenen Text, ohne allerdings dessen positive Beurteilung zu wiederholen; vgl. Carl Einstein: Absolute Kunst und absolute Politik, in: Malewitsch -Mondrian. Konstruktion als Konzept, Ausstellungskatalog, Kunstverein Hannover 1977, S. 24-27; id.: Revolution durchbricht Geschichte
und Überlieferung, in: id.: Werke. Texte aus dem Nachlaß I (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4); die schärfste Abrechnung mit der konstruktivistischen Kunst findet sich dann in id.: Die Fabrikation der Fiktionen (hrsg. v. Sibylle Penkert), Reinbek bei Hamburg 1973 (Gesammelte Werke in Einzelausgaben), S. 48 f. 27 Einstein 1926, S. 123 u. S. 146; Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 212, S. 219 u. S. 231. 28 Zu Einsteins Verhältnis zum »Blauen Reiter« und insbesondere zu Kandinsky vgl. Uwe Fleckner: Le solipsiste et son critique. L'œuvre de Kandinsky
29 30 31 32 33 34
jugé par Carl Einstein, in: Kandinsky. Retour en Russie. 1914-1921, Ausstellungskatalog, Musée d'art moderne et contemporain, Straßburg 2001, S. 38-46. Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 241. Ibid., S. 243. Ibid., S. 53 u. S. 267. Ibid., S. 243. Ibid., S. 92. Brief von Carl Einstein an Tony Simon-Wolfskehl, undatiert [vermutlich Januar 1923], Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste (Inv.-Nr. 373).
Anmerkungen zum Kapitel »Der impressionistische Schreiber« 1 Noch immer maßgebend zum Verständnis des Kritikers ist Kenworth Moffett: Meier-Graefe as art critic, München 1973 (Studien zur Kunst des neunzehnten Jahrhunderts, Bd. 19); vgl. auch Ron Manheim: Julius Meier-Graefe (1867-1935), in: Heinrich Dilly (Hrsg.): Altmeister moderner Kunstgeschichte, Berlin 1990, S. 95-115; Udo Kultermann: Geschichte der Kunstgeschichte. Der Weg einer Wissenschaft, München 1990, S. 146ff.; id.: Kunst und Wirklichkeit. Von Fiedler bis Derrida. Zehn Annäherungen, München 1991, S. 111 ff.; Catherine Krahmer: Meier-Graefes Weg zur Kunst, in: Hofmannsthal. Jahrbuch zur europäischen Moderne 4/1996, S. 169-228. 2 Zu Meier-Graefes Vermittlerrolle vgl. Barbara Paul: Hugo von Tschudi und die moderne französische Kunst im Deutschen Kaiserreich, Mainz 1993 (Berliner Schriften zur Kunst, Bd. 4), S. 163ff.; Catherine Krahmer: Tschudi und Meier-Graefe Der Museumsmann und der Kunstschriftsteller, in: Manet bis van Gogh. Hugo von Tschudi und der Kampf um die Moderne (hrsg. v. Johann Georg Prinz von Hohenzollern u. Peter-Klaus Schuster), Ausstellungskatalog, Nationalgalerie, Berlin / Neue Pinakothek, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, München 1996-1997, S. 371-376. 3 Friedrich Ahlers-Hestermann: Von der Wirkung Meier-Graefes auf die Künstler der Zeit, in: Julius Meier-Graefe. Widmungen zu seinem sechzigsten Geburtstage, München, Berlin u. Wien 1927, S. 123-127, S. 125; vgl. id.: Pause vor dem dritten Akt, Hamburg u. Berlin 1949, S. 60 f. 4 Wilhelm Worringen [ohne Titel], in: Julius MeierGraefe. Widmungen 1927, S. 110-111, S. 110. 5 Vgl. Julius Meier-Graefe: Wohin treiben wir? Eine Rede über die Kunst der Gegenwart, in: Die neue Rundschau XXIV/1913, S. 479-501; id.: Über Kunst, in: id.: Wohin treiben wir? Zwei Reden über Kultur und Kunst, Berlin 1913, S. 51-115 (über-
6
7 8 9
10
11
arbeitete und ergänzte Fassung); vgl. Theodor Heuss: Auch ein Rußprediger, in: Süddeutsche MonatshefteX-2/1913, S. 755-757; Karl Scheffler: Wohin treiben wir?, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe XII/1913, S. 184-185; vgl. auch Moffett 1973, S. 107 f. Anonym [er.]: Meier-Gräfe über die Zukunft der Kunst, in: BerlinerRörsen-Courier, 7. Januar 1913, S. 7. Für die Kenntnis dieses Zeitungsartikels danke ich den Mitarbeitern des Forschungsprojekts »Deutsch-französische Kunstvermittlung zwischen 1871 und 1940. Transfer und Rezeption - Brüche und Kontinuitäten«, Deutsches Forum für Kunstgeschichte, Paris. Ibid. Ibid. Brief von Carl Einstein an Arnold Schönberg, undatiert [November/Dezember 1911], Washington, Library of Congress. Vgl. ibid.: »Jede Nummer [der Zeitschrift Neue Blätter] wird 8 große Seiten enthalten, deren erste eine Zeichnung wiedergiebt. Hierfür habe ich so wertvolle Künstler gewonnen wie Matisse etc., von dem mir bereits 8 Zeichnungen zur Verfügung stehen.« Einstein hat zwei Zeichnungen des Künstlers auf den Titelblättern des ersten beziehungsweise dritten Hefts veröffentlicht. Vgl. Carl Einstein: Antike und Moderne, lyposkript mit handschriftlichen Korrekturen, undatiert, 7 Blatt, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste; vgl. id.: Werke. Texte aus dem Nachlaß I (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4), S. 140-146; zur Identifizierung dieses Texts als Beitrag zum Almanach Der Blaue Reiter vgl. Uwe Fleckner: Le solipsiste et son critique. L'œuvre de Kandinsky jugé par Carl Einstein, in: Kandinsky. Retour en Russie. 1914-1921, Ausstellungskata-
log, Musée d'art moderne et contemporain, Straßburg 2001, S. 38-46, S. 38 ff. 12 Meier-Graefe 1913 (Zur Kunst), S. 106; vgl. Wilhelm Hausenstein: Die bildende Kunst der Gegenwart. Malerei-PIastik-Zeichnung[1914], 2. Auflage, Stuttgart u. Berlin 1920, S. 341 ff. Ohne ihn zu nennen, aber für jedermann ersichtlich, kritisiert Hausenstein in diesem Zusammenhang Meier-Graefe: »Hier sind berühmte Kunstkritiker, gescheite Propagandisten des Impressionismus höchst sonderbar gescheitert. Es darf behauptet werden: wer einen Manet oder einen Delacroix oder einen Poussin wirklich formal und nur formal angesehen hat, der muß auch vom kubistischen Bild irgend einen formalen Eindruck haben. [... ] Und endlich darf er das Malerische bei Picasso oder Braque nicht übersehen, wenn er für das Malerische als solches, wie es im Laufe dieser Debatten so oft erörtert wurde, Sinn hat [...]« (ibid., S. 354 f.). 13 Zur Kritik an den Eiffelturmbildern Delaunays vgl. Lisa Werner: »Tremblement de terre« oder »architectures tournoyantes«? Robert Delaunays Serie »Tour Eiffel« im Spiegel ihrer Kunstkritik und Kunstgeschichte, in: Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens (Hrsg.): Prenez garde à la peinture! Kunstkritik in Frankreich 1900-1945, Berlin 1999 (Passagen / Passages, Bd. 1), S. 147-175. 14 Meier-Graefe 1913 (Zur Kunst), S. 106 f. 15 Ibid., S. 109. 16 Carl Einstein: Ausstellung der Sezession in Berlin, in: Der Merker 4/1913, S. 436-437; erneut in: id.: Werke. 1907-1918 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1994 (Berliner Ausgabe, Bd. 1), S. 176-180, S. 179. 17 Vgl. Ludwig Rubiner: Malerbauen Rarrikaden, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 353-364. 18 Carl Einstein: [ohne Titel], in: Neue Secession.
ANMERKUNGEN
Sechste Ausstellung, Ausstellungskatalog, Neue Galerie, Berlin o. J. [1914], o. S.; erneut in: Einstein 1994, S. 232-234. 19 Rubiner 1914, Sp. 353. 20 Vgl. ibid., Sp. 359: »Hier muß Einsteins gutes Wort zitiert werden von den Leuten, die >mit den schwierigen Fiinden eines bedeutenden Mannes imitatorisch ihre Kleinheit maskierenPicasso forbearsden
Houston u. Köln 1976 (Max
klassischen Bildaufbau< nennt, einer bestimmten
Emst. CEuvre-Katalog), S. 220 (Kat.-Nr. 1216); Max
soziologischen Situation: dem aufkommenden
Ernst. A Retrospective
(hrsg. ν. Werner Spies u. Sa-
Kapitalismus entspricht, und daß in den Versu-
bine Rewald), Ausstellungskatalog, Metropolitan
chen von Picasso und Braque, mit dem Kubismus
Museum of Art, New York 2005, S. 179 (Kat.-Nr. 72). 3 Carl Einstein: Exposition Goemans),
de collages
in: Documents.
Arts - Ethnographie
Archéologie
(Galerie -
Beaux-
- Variétés 11/1930, S. 244; ein
die perspektivische Sehweise wieder aufzugeben und durch eine neue Bildordnung zu ersetzen, eine auch geistige Neuordnung zu erblicken sei.« 10 Einstein 1996 (Georges Braque), S. 382.
findet sich in id.: Die Fabrikation
11 Ibid.
der
Fiktionen
(hrsg. v. Sibylle Penkert), Reinbek bei Hamburg
Colle, Paris 1931. 20 Vgl. Descharnes u. Néret 1993, Bd. I, S. 141 (Kat.Nr. 311). 21 Einstein 1931 (Kleine Bilderfabrik), S. 2. 22 Vgl. Georges Bataille: Le »jeu lugubre«, ments. Archéologie Variétés Spiel«,
in: Salvador Dali:
Menschen
de collages.
-
Finstere
Unabhängigkeitserklä-
und Erklärung der Rechte
auf seine
Verrücktheit.
des
Gesammelte
(hrsg. v. Axel Matthes u. Tilbert Diego
Stegmann), München 1974, S. 393-399; vgl. auch Toni Stooss: Das grausame
12 Vgl. Exposition
in: Docu-
- Beaux-Arts - Ethnographie
1/1929, S. 3 6 9 - 3 7 2 ; id.: »Das
rung der Phantasie Schriften
zweiter, eindeutiger Reflex auf Max Emsts Werk
Exposition
Arp - Braque -
Dalí-
Spiel. Surrealismus
Spiel, in: Das
grausame
in Spanien 1924-1939,
Aus-
1973 (Gesammelte Werke in Einzelausgaben),
Duchamp
S. 189 (»Blatt oder Holzsplitter waren zu verwir-
Ray - Picabia
- Tanguy, Ausstellungs-
23 Mit Werken dieser Künstler sowie von Picasso hat
renden Organismen angeschwollen«).
katalog, Galerie Goemans, Paris 1930, Kat.-Nr. 5;
Einstein am 16. Februar 1931 seinen Vortrag über
Descharnes u. Néret 1993, Bd. I, S. 149 (Kat.-Nr.
Neue Strömungen
-
327); zur Ausstellung in der Galerie des belgischen
Kunstbibliothek illustriert, bei dem er offenbar
Setmanari
Kunsthändlers Camille Goemans vgl. Werner
das »Psychogramm« sowie eine »Rückkehr zu
4 Sebastià Gasch: Unes declaracions de Carl Einstein. Miró i Dalí-L'art El rol dels intellectuals, de literatura, intellectual
revolucionan
in: Meridià.
art i política. Antifeixista,
sensacionals
Tribuna
del
Front
6. Mai 1938, S. 4 (Über-
setzung vom Verfasser); deutsche Fassung in: id.: Werke. 1929-1940
(hrsg. v. Hermann Haarmann u.
- Ernst - Gris - Miró - Magritte - Man- Picasso
Spies: Max Ernst - Loplop. des Künstlers,
in: Documents.
Archéologie
Arts - Ethnographie
Bd. 3), S. 641-645, S. 643.
erneut in: id. : Werke. 1929-1940
abgebildet wurde, vgl. Jacques Dupin u. Ariane Lelong-Mainaud: Joan Miró. Catalogue Paintings,
raisonné.
- Variétés
in der Kunst in der Berliner
archaischen Schichten« ins Zentrum stellte; vgl. Anonym: Neue Strömungen
de collages
Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, 5 Zum Werk Miros, das 1938 auf dem Kopf stehend
Selbstdarstellung
Köln 1998, S. 12 ff.
13 Carl Einstein: Exposition Goemans),
Die
stellungskatalog, Kunsthalle Wien 1995, S. 14-22.
(Galerie -
Beaux-
11/1930, S. 244; (hrsg. v. Hermann
Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 139-141.
trag von Carl Einstein,
in der Kunst.
in: Die Weltkunst
Vor-
8/1931,
S. 4. 24 Vgl. Joan Miró 1917-1934. La naissance
du
monde
(hrsg. v. Agnès de la Beaumelle), Ausstellungskatalog, Centre Pompidou, Paris 2004, S. 320 f. 25 Vgl. Exposition
Joan Miró, Ausstellungskatalog,
14 Einstein 1930 (Exposition de collages), S. 244; die
Galerie Pierre, Paris 1925, Kat.-Nr. 9; Dupin u. Lelong-Mainaud 1999-2004, 6 Bde., Bd. I, S. 80
Paris 1999-2004, 6 Bde., Bd. II, S. 52
zitierte Passage ist nicht ausdrücklich auf den Sur-
(Kat.-Nr. 385); zu den Werken Dalis vgl. Robert
realismus gemünzt, doch der Textzusammenhang
(Kat.-Nr. 88); zur Überwindung des »kubistischen«
Descharnes u. Gilles Néret: Salvador
mit dem Gemälde Dalis läßt keinen anderen sinn-
Frühwerks von Miró durch eine surrealistische
1989. Das malerische
Dali
1904-
Werk, Köln 1993, 2 Bde.,
Bd. 1, S. 142 (Kat.-Nr. 312) u. S. 147 (Kat.-Nr. 322);
Bildauffassung vgl. Uwe Fleckner: Zeichnung
vollen Anschluß zu. 15 Louis Aragon: La peinture
au défi, in: Exposition
L'homme invisible wurde 1938 nur im Ausschnitt
de collages 1930, S. 5 - 2 9 ; id.: La peinture
abgebildet.
défi, in: id.: Les collages, Paris 1980, S. 37-77, S. 39.
au
Kritik. Miró, Duchamp,
als
Warburg und ein Akt, der
eine Treppe herabschreitet,
in: Werner Busch, Oli-
ver Jehle u. Carolin Meister (Hrsg.):
Dimensionen
ANMERKUNGEN
der Linie. Zeichn ung zwischen periment,
und Ex-
in: Les Nouvelles
artistique.
littéraires,
Les
artistiques
37 Einstein 1930 (Joan Miró), S. 243. Daß sich Ein-
49 Ibid., S. 100.
expositions,
géant« auf das Gemälde von 1926 bezieht, zeigt
50 Ibid.
et
auch die entsprechende Abbildung in seiner Kunst
51 Ibid.
des 20. Jahrhunderts,
52 Carl Einstein: Pablo Picasso.
scienti-
11. Juli 1925.
die dort den weitgehend
27 Vgl. Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahn-
wiederverwendeten Text begleitet; vgl. Einstein
weiler, 26. April 1926, in: Carl Einstein u. Daniel-
1 9 9 6 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 169 u.
Henry Kahnweiler: Correspondance
S. 566; vgl. auch Dupin u. Lelong-Mainaud 1 9 9 9 -
1921-1939
(hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1993, S. 1 5 6 157.
2004, Bd. I, S. 164 (Kat.-Nr. 216).
1929, Palma de Mallorca, Successici Miró; Einstein
l'art abstrait à Zurich, in: Documents.
hat den Künstler zudem im Sommer 1930 in Bar-
- Beaux-Arts
celona oder Montroig besucht und dort einige
S. 342. 39 Einstein 1930 (Joan Miró), S. 243. 40 Ibid.
ner, Köln 1994, S. 264. chéologie
- Beaux-Arts
- Ethnographie
-
Variétés
1/1929, S. 3 5 - 4 7 , S. 35.
53 Vgl. Georges Bataille: Le cheval Doctrines
Arts - Ethnographie
d'Arlequin
1/1929, S. 2 7 - 3 1 , S. 31; zum
S. 44 ff. 55 Einstein 1996 (Kunst des 20.
Carnaval
von 1925 (Buffalo, Albright-Knox Art
Joan Miró, 19. September 1929, in: Joan Miró 2004,
oiseau,
lançant
une pierre
à un
1926 (New York, Museum of Modem Art),
schen
Zeichnung,
(Metropolitan Museum of Art), Mercure,
Dissidenten und ihrem Verhältnis zu den Docu-
(Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek) sowie Tête
Massons,
ments vgl. auch Elan vital oder das Auge des Eros,
d'homme
Zeitkritik, Bd. 4), S. 192 ff.
1929
III, 1931 (Privatbesitz); vgl. ibid., S. 5 6 2 -
567.
Documents.
Archéologie
- Beaux-Arts
in: Documents.
Pierre),
Beaux-Arts
in: Documents.
- Ethnographie
Miró,
ebenfalls von
1925, setzt Masson das Auge als Bauchnabel einer zersplitterten menschlichen Figur ins Zentrum
récentes, -
Ethno-
Auflage des Buches 1931 erfolgen konnte, ist nicht bekannt.
à la
Archéologie
-
11/1930,
Ausstellungskatalog,
Galerie Pierre, Paris 1930.
Seele
Bilder aus dem Labyrinth
der
(hrsg. v. Kai Buchholz u. Klaus Wolbert),
Ausstellungskatalog,
Institut
Mathildenhöhe,
morts« vgl. Michel Leiris: Glossaire: gloses, in: La Révolution
surréaliste
J'y serre
mes
3/1925, S. 6 - 7 ,
S. 6.
Darmstadt 2003, S. 23 u. S. 355 (Kat.-Nr. 12), S. 47
62 Einstein 1929 (André Masson), S. 102.
u. S. 355 (Kat.-Nr. 20).
63 Ibid.; Leiris hat sich mit diesem Gedanken Ein-
45 Carl Einstein André Masson, in: Documents.
Doctrines
Arts -Ethnographie
34 Vgl. Dupin u. Lelong-Mainaud 1 9 9 9 - 2 0 0 4 , Bd. I,
Nr. 19). 61 Zur geistreichen Verballhornung des Begriffs der Metamorphose als »maladie métaphysique des
44 Vgl. André Masson.
S. 2 4 1 - 2 4 3 ; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Joan
18). In seinem Gemälde Bestiaire,
seiner Komposition; vgl. ibid., S. 48 u. S. 355 (Kat.-
Bd. 3), S. 1 3 4 - 1 3 7 ; vgl. Gassner 1994, S. 243 f. 33 Vgl. Exposition
58 Einstein 1929 (André Masson), S. 101 f.
9. Juni 1927; vgl. ibid., S. 162. Warum die Auf-
collés
- Variétés
Mittenwald 1982 (Kunsterfahrung und
Kahnweiler antwortet auf dieses Schreiben am
- Variétés 11/1930, S. 3 9 8 - 4 0 3 , S. 399.
32 Vgl. Carl Einstein: Joan Miró (Papiers
der
André
Georges
nahme der Werke Massons dann erst in der dritten - Beaux-Arts
in
ressemblance
selon
Miró: peintures
Archéologie
und Zeitbezug
und Kunstgeschichte
59 Ibid., S. 102.
weiler, undatiert [Mai-Juni 1927], ibid., S. 161;
Paris 1995.
31 Georges Bataille: Joan
Zur Kunst
60 Vgl. André Masson 2003, S. 45 u. S. 355 (Kat.-Nr.
43 Vgl. Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahn-
visuel
Malerei.
1993, S. 1 5 6 - 1 5 7 .
Ethno-
ou le gai savoir
chen 1 9 9 0 - 2 0 0 3 , 2 Bde., Bd. I, S. 1 1 8 - 1 1 9 ; Dieter Rahn: Raumdarstellung
weiler, 26. April 1926, in: Einstein u. Kahnweiler
S. 382 (Rubrik »Diction-
naire«); Georges Didi-Huberman: La informe,
-
in:
Schriften
57 Breton 1946, S. 45.
42 Vgl. Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahn-
graphie-Varíétésl/1929,
galerie
III, 1928
automati-
(hrsg. v. Axel Matthes u. Helmut Klewan), Mün-
1994, S. 226ff.; zur Kunst des surrealistischen
hollandais
vgl. auch
der
in: id.: Gesammelte
of M o d e m Art), Intérieur
graphie
I, 1928 (New York, Museum
automatiques
Intérieur
Bataille,
hollandais
94); zu Massons dessins
André Masson: Die »Bedingungen«
S. 346; zum Aufsatz von Leiris und insbesondere
»Formlosen« vgl. Georges Bataille: Informe,
Jahrhunderts),
56 Vgl. André Masson 2003, S. 213 u. S. 358 (Kat.-Nr.
zu seinem Begriff der »Verflüssigung« vgl. Gaßner
30 Leiris 1929 (Joan Miró), S. 266; zum Begriff des
in: Beaux-
vgl. Joyce 2003 (Carl Einstein in »Documents«),
1/1929,
S. 169; abgebildet sind hier Mirós Gallery), Personnage
1994.
-
S. 169.
1/1929, S. 2 6 3 - 2 6 9 ; vgl. Brief von Michel Leiris an
Ausstellungskatalog, Haus der Kunst, München
académique,
- Archéologie
Archéologie
41 Vgl. Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), Ar-
aux· Arts-Ethnographie
de
- Be-
54 Einstein 1929 (André Masson), S. 100.
surrealistische Skulpturen Mirós gesehen; vgl.
29 Vgl. Michel Leiris: Joan Miró, in: Documents.
tableaux
editorischen »Duell« von Einstein und Bataille
- Variétés
Hubertus Gaßner: Joan Miró. Der magische
Gärt-
Quelques
Doctrines - Archéologie
de
Abstraktion vgl. auch Carl Einstein: L'exposition - Ethnographie
1928, in: Documents.
Documents.
38 Zur Kritik des Autors an Konstruktivismus und
28 Brief von Carl Einstein an Joan Miró, 30. Januar
461
S . 3 6 5 - 3 7 8
48 Ibid., S. 96.
steins Bemerkung zum »homme ibérique au pied
München 2006.
26 Florent Fels: Chronique fiques,
Expression
ZU
étude
ethnologique,
- Archéologie
-
Beaux-
1/1929, S. 9 3 - 1 0 5 , S. 93; erneut
in: id.: Werke. 1929-1940
(hrsg. v. Hermann Haar-
S. 222 f. (Kat.-Nr. 304); die anderen Fassungen des
mann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner
Gemäldes ibid., S. 224 f. (Kat.-Nr. 305 u. 306). Ein-
Ausgabe, Bd. 3), S. 2 5 - 3 0 .
steins ebenso wie mit dessen Vorstellung von totemistischer Identifikation intensiv beschäftigt; vgl. Michel Leiris: Tagebücher.
1922-1989
(hrsg. v.
Jean Jamin), Graz 1996, S. 91 f. u. S. 106. 64 Brief von Daniel-Henry Kahnweiler an André Masson, 7. November 1939, in: André Masson: La
stein bildet die erste und dritte Fassung des Wer-
46 Einstein 1929 (André Masson), S. 95. Bezeichnen-
kes auch in der Ausgabe seiner Kunst des 20. Jahr-
derweise hat Einstein unmittelbar hinter seinen
hunderts
Aufsatz eine kurze Studie des deutschen Philo-
semble avoir une théorie - qu'il appelle biolo-
sophen Hans Reichenbach eingerückt, der die
gique - assez voisine. Il parle plutôt d'une révolte
von 1931 ab; vgl. Einstein 1996 (Kunst
des 20. Jahrhunderts), S. 562 f.
rebelle
du surréalisme.
Ecrits, Paris 1976 (Collec-
tion savoir), S. 2 6 1 - 2 6 2 , S. 261 (»Carl Einstein
35 Einstein 1930 (Joan Miró), S. 241 u. S. 243; zu Ein-
Probleme von Kausalität und Determinismus
contre la mort«); vgl. Brief von André Masson an
steins Beschäftigung mit Miró vgl. auch Charles
wissenschaftstheoretisch untersucht; vgl. Hans
Daniel-Henry Kahnweiler, 8. November
Palermo: Tactile
Translucence:
Reichenbach: Crise de la causalité,
ibid., S. 2 6 2 - 2 6 3 , S. 262 (»Je parle aussi de la mort
stein, in: October
97/2001, S. 3 1 - 5 0 .
Miró, Leiris,
Ein-
36 Zur unbetitelten Collage von 1929 vgl. Joan Miró 2004, S. 242 u. S. 394 (Kat.-Nr. 153).
Doctrines graphie
- Archéologie
in:
- Beaux-Arts
1/1929, S. 1 0 5 - 1 0 8 .
47 Einstein 1929 (André Masson), S. 95.
Documents. -
Ethno-
1939,
mais d'un point de vue un peu différent de celui de Carl Einstein«); vgl. auch André Masson: Les années
surréalistes.
Correspondance
1916-1942
462
A N M E R K U N G E N
ZU
S.
3 7 3 - 3 9 1
(hrsg. v. Françoise Levaillant), Paris 1990, S. 4 4 3 445. 65 Vgl. André Masson 2003, S. 63 u. S. 356 (Kat.-Nr. 27). 66 Einstein 1929 (André Masson), S. 102. 67 Zur Bedeutung der Metamorphose im Kreis der Documents vgl. Christa Lichtenstem: Metamorphose in der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, Weinheim 1990-1992, 2 Bde., Bd. 2, S. 126 ff.; id.: Einsteins Begriff der »metamorphotischen Identifikation« und seine Beobachtungen zur surrealistischen Kunst, in: Études Germaniques 1/1998 (Themenheft »Carl Einstein«), S. 237-249. 68 Vgl. Walter Benjamin: Der Surrealismus. Die letzte Momentaufnahme der europäischen Intelligenz [1929], in: id.: Gesammelte Schriften, Bd. II, 1 (hrsg. v. Rolf Tiedemann u. Hermann Schweppenhausen, Frankfurt am Main 1991, S. 295-310. 69 Vgl. Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), Abb. S. 570 u. S. 767; vgl. Gladys C. Fabre: GastonLouis Boux ou l'enfance au pouvoir, Ausstellungskatalog, Galerie 1900-2000, Paris 1987; zum Erwerb des Gemäldes L'Hirondelle blanche vgl. Einstein u. Kahnweiler 1993, S. 87 (Rechnung vom 9. Mai 1929); zu Giacomettis Skulptur vgl. Alberto Giacometti, Ausstellungskatalog, Kunsthaus Zürich / Museum of Modern Art, New York 20012002, S. 81 u. S. 269 (Kat.-Nr. 35). 70 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [Dezember 1922], in: Einstein u. Kahnweiler 1993, S. 132-133, S. 132. 71 Carl Einstein: L'enfance néolithique, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930 [1931], S.35-43; S.35 u. S.38; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 170-174. Bei den »Dambedeys« (eigentlich »Dambedeis«) handelt es sich um die Karlsruher Variante eines vorweihnachtlichen Hefegebäcks, das in anderen Regionen als »Stutenkerl« oder »Weckenmann« bekannt ist und christliche Ikonographie mit derjenigen heidnischer Schutzgeister verbindet; unter dem polynesischen »Mana« versteht die Religionswissenschaft eine wirkmächtige magische Kraft in Menschen, Tieren und Dingen; vgl. ibid., S. 174. 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83
Einstein 1930 [1931], S. 38. Ibid. Ibid. Vgl. Bernd Rau (Hrsg.): Hans Arp. Die Reliefs. Œuvre-Katalog, Stuttgart 1981, S. 76 (Kat.-Nr. 146). Einstein 1930 [1931], S. 39. Ibid. Ibid. Ibid. Ibid., S. 42 Ibid. Vgl. Rau 1981, S. 95 (Kat.-Nr. 189) u. S. 106 (Kat.Nr. 214). Einstein 1930 [1931], S. 42 f. Leiris hatte bereits
einige Zeit zuvor eine literarische Evokation der Werke Arps versucht, die allerdings weitgehend auf der bloßen Beschreibung seiner Themen und Motive beruht; vgl. Michel Leiris: Exposition Hans Arp (Galerie Goemans), in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 340-342. 84 Einstein 1930 [1931], S. 43. 85 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 282; Einsteins Text wird hier von vier Abbildungen sowie einer Tafel begleitet; vgl. ibid., S. 759-762 u. Taf. XL.
1/1929, S. 53-54, S. 54; vgl. Briefe von Carl Einstein an Paul Klee, 10. Januar, 15. Juni, 28. August und 28. September 1929 sowie 11. Januar und 25. Februar 1930, Bern, Klee-Nachlaßverwaltung. 92 Brief von Carl Einstein an Paul Klee, undatiert [Sommer 1929], Bern, Klee-Nachlaßverwaltung. In der erhaltenen Korrespondenz mit Klee berühren fünf weitere Briefe, die Einstein zwischen dem 28. August 1929 und dem 22. Mai 1931 an den Künstler gerichtet hat, Fragen der Neuauflage der Kunst des 20. Jahrhunderts, Bern, KleeNachlaßverwaltung.
86 Zu Einsteins Beschäftigung mit Klee vgl. Klaus H. Kiefer: Diskurswandel im Werk Carl Einsteins. Ein Beitrag zur Theorie und Geschichte der europäischen Avantgarde, Tübingen 1994 (Communicatio, Bd. 7), S. 380 ff.; Christine Hopfengart: Klee. Vom Sonderfall zum Publikumsliebling. Stationen seiner öffentlichen Resonanz in Deutschland 1905-1960, Mainz 1989, S. 82 ff. u. S. 103 ff.; Charles W. Haxthausen: »Die erheblichste Persönlichkeit unter den deutschen Künstlern« : Einstein über Klee, in: Klaus H. Kiefer (Hrsg.): Die visuelle Wende der Moderne. Carl Einsteins »Kunst des 20. Jahrhunderts«, München 2003, S. 131-146.
93 Vgl. Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), Abb. S. 684; Paul Klee. Catalogue raisonné (hrsg. v. d. Paul-Klee-Stiftung, Kunstmuseum Bern), Bern 1998-2004, 9 Bde., Bd. 5, S. 297 (Kat.Nr. 4844).
87 Einstein plante seit Herbst 1924 mindestens ein Buch über die Federzeichnungen des Künstlers im Berliner Verlag »Die Schmiede«; vgl. Briefe von Carl Einstein an Paul Klee, 20. Oktober und 1. Dezember 1924, Bern, Klee-Nachlaßverwaltung; Brief von Paul Klee an Will Grohmann, 25. April 1925, in: Karl Gutbrod (Hrsg.): Lieber Freund. Künstler schreiben an Will Grohmann, Köln 1968, S. 73. Auch für den Europa-Almanach erbittet sich Einstein Abbildungen sowie einen Text von Klee; vgl. Brief von Carl Einstein an Paul Klee, undatiert [1925], Bern, Klee-Nachlaßverwaltung.
95 Briefentwurf von Paul Klee an Carl Einstein, undatiert [Ende Mai oder Juni 1931], Bern, KleeNachlaßverwaltung; vgl. auch Postkarte von Paul Klee an Lily Klee, 10. Februar 1932, in: Paul Klee: Briefe an die Familie. 1893-1940 (hrsg. v. Felix Klee), Köln 1979,2 Bde., Bd.2, S. 1175: »Einaußerordentlich gutes Buch, wenn auch die meisten Betroffenen das nicht zugeben werden und von mir sagen, ich habe gut reden. Aber so einfach ist mein Urteil nicht zu gewinnen«; Postkarte von Paul Klee an Lily Klee, 12. Februar 1932, ibid., S. 1176: »Zwischen der Arbeit lese ich einzelne Aufsätze aus der Kunstgeschichte. Das Buch ist sehr dick und 1/4 Centner schwer. Gute Bildwiedergaben, scharfes aber immer geistiges Urteil, das auch die Franzosen nicht schont. Wenn es ein absolutes Urteil gäbe, so hätte ich nach Einstein eine Atlasbürde über mir. Hoffentlich ist's nicht wahr.«
88 Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Berlin 1926 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI), S. 140 f. u. S. 143. 89 Vgl. Reinhold Hohl: Paul Klee und der Pariser Surrealismus, in: Rudolf Koella (Hrsg.): Neue Sachlichkeit und Surrealismus in der Schweiz. 1915-1940, Ausstellungskatalog, Kunstmuseum Winterthur 1979, S. 147-154; Regine Prange: Das utopische Kalligramm: Klees »Zeichen« und der Surrealismus, in: Oskar Bätschmann u. Josef Helfenstein (Hrsg.): Paul Klee. Kunst und Karriere. Beiträge des Internationalen Symposiums in Bern, Bern 2000, S. 204-225. 90 Vgl. Auszüge aus Lily Klees Lebenserinnerungen von 1942, in: Paul Klee in Jena 1924, Ausstellungskatalog, Stadtmuseum Göhre, Jena 1999, 2 Bde., Bd. 1 (Der Vortrag), S. 320-321, S. 321; Einsteins Briefe an Klee sind hier vollständig publiziert, vgl. ibid., S. 218 ff. 91 Georges Limbour: Paul Klee, in: Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie
94 Brief von Carl Einstein an Paul Klee, 12. Mai 1931, Bern, Klee-Nachlaßverwaltung; vgl. Brief von Paul Klee an Will Grohmann, 10. Januar 1932, in: Gutbrod 1968, S. 78: »Ich habe den Aufsatz über mich schon lange in Maschinenschrift bekommen, durfte ihn aber niemand sehn lassen. Ich finde ihn sehr gut.« Das Original befindet sich in Stuttgart, Staatsgalerie, Archiv Will Grohmann.
96 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 259. 97 Ibid., S. 262. 98 Ibid. 99 Ibid., S. 135. 100 Ibid., S. 264. 101 Vgl. Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), Abb. S. 674 u. S. 678; Paul Klee 1998-2004, Bd. 5, S. 161 (Kat.-Nr. 4512) u. S. 271 u. Abb. S. 302 (Kat.-Nr. 4765). 102 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 264. 103 Ibid., S. 266 f. u. S. 268. 104 Ibid., S. 269. 105 Vgl. B. J. Kospoth: A New Philosophy of Art, in:
A N M E R K U N S E N
Phase im Werk des Künstlers vgl. Picassos Surrealismus. Werke 1925-1937 (hrsg. v. Ulrich Weisner), Ausstellungskatalog, Kunsthalle Bielefeld 1991.
Chicago Sunday Tribune, 18. Januar 1931; erneut in: Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 859-861, S. 860. 106 Carl Einstein: Aphorismes méthodiques, in: Documents. Doctrines - Archéologie - BeauxArts - Ethnographie 1/1929, S. 32-34, S. 32; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 13-17, S. 13. 107 Vgl. Einstein 1929 (Aphorismes méthodiques), S. 32 f. 108 Vgl. Brief von Daniel-Henry Kahnweiler an André Masson, 7. November 1939, in: Masson 1976, S. 261. 109 Einstein 1929 (Aphorismes méthodiques), S. 34. 110 Vgl. Carl Einstein: Pablo Picasso. Quelques tableaux de 1928, in: Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie 1/1929, S. 3547. 111 Ibid., S. 35; vgl. Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 132 ff.; zur »surrealistischen«
112 Einstein 1929 (Pablo Picasso), S. 38; vgl. Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 134. 113 Einstein 1929 (Pablo Picasso), S. 38. 114 Carl Einstein: Picasso, Braque, Léger. Ausstellung Galerie Paul Rosenberg, Paris, in: Die Kunstauktion 22/1930, S. 3-4 u. S. 6; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 145-149, S. 146. 115 Carl Einstein: Braque der Dichter, in: Cahiers d'Art 1-2/1933, S. 80-82; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 246-250, S. 248; vgl. auch id.: Anmerkung, in: Cahiers d'Art. Bulletin mensuel d'actualité artistique 3-4/1932, S. 141144; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 218-222, S. 219: »Kunst [ist] ein Mittel zum Selbstmord«.
ZU
S . 3 9 I - 4 0 2
463
116 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 157. 117 Ibid., S. 157 f. 118 119 120 121
Ibid., S. 160. Ibid., S. 160 f. Ibid., S. 162. Ibid., S. 164; zur Kunsttheorie Bretons vgl. André Breton. La beauté convulsive, Ausstellungskatalog, Musée national d'art moderne, Centre Georges Pompidou, Paris 1991.
122 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 165. 123 Ibid., S. 168. 124 Einstein 1973, S. 54; zur Rolle des Surrealismus in Einsteins später Streitschrift vgl. Karlheinz Barck: Motifs d'une polémique en palimpseste contre le surréalisme, in: Mélusine VII/1985, S. 183-204. 125 Gasch 1938, S. 4 (Übersetzung vom Verfasser).
Anmerkungen zum Kapitel »Carl Einstein und einige seiner Leser« 1 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [1922], in: Carl Einstein u. Daniel-Henry Kahnweiler: Correspondance 19211939 (hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1993, S. 129-131, S. 130. 2 Zu den verschiedenen Auflagen vgl. Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens: »Schauend ändert man Menschen und Welt. Carl Einstein und die Kunst des 20. Jahrhunderts«, in: Carl Einstein: Die Kunst des 20. Jahrhunderts (hrsg. v. Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5, S. 7-32; vgl. ibid., S. 819-832 (Vertrags- und Briefdokumente). 3 Brief von Alfred H. Barr an Carl Einstein, 23. Januar 1930, New York, Museum of Modern Art, Archives; vgl. Painting in Paris. From American Collections, Ausstellungskatalog, Museum of Modern Art, New York 1930; Einstein hatte bereits im Herbst 1929 Kontakt zu Barr aufgenommen und ihn zur Mitarbeit an den Documents eingeladen; vgl. Brief von Carl Einstein an Alfred H. Barr, 15. November 1929; Brief von Alfred H. Barr, an Carl Einstein, 29. November 1929, New York, Museum of Modern Art, Archives; im Januar 1930 entwickelte Einstein darüber hinaus die Idee, gemeinsam mit Barr ein Jahrbuch moderner Kunst herauszugeben; vgl. Brief von Carl Einstein an Alfred H. Barr, 10. Januar 1930, New York, Museum of Modern Art, Archives. In Barrs wichtigem Katalog über kubistische und abstrakte Kunst wird Einsteins Kunst des 20. Jahrhunderts unter die »more important works« gerechnet; vgl. Alfred H. Barr: Cubism and Abstract Art, Ausstellungs-
4 5
6
7
katalog, Museum of Modern Art, New York 1936, S. 235. Vgl. Carlo Gulio Argan: Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Berlin 1977 (Propyläen-Kunstgeschichte). Brief von Josef Achmann an Ludwig Thormaehlen, 10. Juni 1933, Berlin, Zentralarchiv der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz. Elke Fröhlich (Hrsg.): Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtliche Fragmente, Bd. 1.2, München et al. 1987, S. 441. Brief von Alfred Hentzen an Wilhelm Pinder, 26. Juni 1933, Berlin, Zentralarchiv der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz; zu Wilhelm Pinder und seiner durchaus zwiespältigen Haltung im Nationalsozialismus vgl. Marlite Halbertsma: Wilhelm Pinder und die deutsche Kunstgeschichte, Worms 1992, S. 129 ff.
8 Die deutsche Kunst ist in Gefahr! Eine Erklärung des Deutschen Künstlerbundes 1933, in: Völkischer Beobachter, 12. Juni 1933. Die von Josef Achmann seinem Schreiben beigegebene Abschrift des Manifests ist »Vom Kampf der Kunst um die Seele des deutschen Volkes« betitelt und auf den 31. Mai 1933 datiert; sie weicht in einigen Einzelheiten vom Wortlaut der im Völkischen Beobachter veröffentlichten Fassung ab. 9 Vgl. die vorzügliche Zusammenfassung bei Hildegard Brenner: Die Kunst im politischen Machtkampf der Jahre 1933/34, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1/1962, S. 17-42; vgl. auch id.: Die Kunstpolitik des Nationalsozialismus, Reinbek bei Hamburg 1963; Paul Ortwin Rave: Kunstdiktatur im Dritten Reich, Hamburg 1949.
10 Zum Kampf um das Kronprinzenpalais vgl. auch Alfred Hentzen: Das Ende der Neuen Abteilung der National-Galerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais, in: Jahrbuch Preussischer Kulturbesitz VIII/1970, S. 24-89; Annegret Janda: Die Gemälde und Bildwerke der Expressionisten im ehemaligen Kronprinzen-Palais, in: Das Schicksal einer Sammlung. Aufbau und Zerstörung der Neuen Abteilung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais Unter den Linden 19181945, Ausstellungskatalog, Nationalgalerie / Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin 1988, S. 22-87; id.: Die Berliner Nationalgalerie im Kampf um die moderne Kunst seit 1933, in: Stephanie Barron (Hrsg.): »Entartete Kunst«. Das Schicksal der Avantgarde im Nazi-Deutschland, Ausstellungskatalog, Deutsches Historisches Museum, Berlin 1992, S. 107-119; zur »entarteten« Kunst vgl. Christoph Zuschlag: »Entartete Kunst«. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland, Worms 1995. 11 Ludwig Thormaehlen: Erinnerungen an Stefan George, Hamburg 1962, S. 277. Alfred Hentzens Vermutung, Schultze-Naumburg und Bestelmeyer hätten ebenfalls mit Einsteins Kunst des 20. Jahrhunderts argumentiert, vermischt möglicherweise die beiden dokumentierten Begebenheiten. 12 Ibid., S. 278. 13 Berthold Hinz: Die Malerei im deutschen Faschismus. Kunst und Konterrevolution, München 1974 (Kunstwissenschaftliche Untersuchungen des Ulmer Vereins für Kunstwissenschaft, Bd. III),
464
A N M E R K U N G E N
ZU
S . 4 0 3 - 4 I 7
S. 19; vgl. auch Stephanie Barron: 1937.
Moderne
Kunst und Politik im Vorkriegsdeutschland,
in: id.
1992, S. 9 - 2 3 , S. 9 f.
1929 (Düsseldorf, Kunstsammlung Nordrhein-
wenn sie auch gänzlich Rassefremden nicht ihre
Westfalen).
Sehnsucht stillen kann. Künstlich vom Abend-
24 Vgl. dazu die Einschätzung Stephanie Barrons, die
lande nachgemachte Negerkunst schwankt aber
den Hinweis von Hinz auf den Mißbrauch von Ein-
nur zwischen dem Albernen und dem Unwür-
15 Ibid.
steins Buch aufgreift: »Jeder Künstler, dessen
digen hin und her« (ibid., S. 119 f. u. Abb. 1 5 0 -
16 Ibid., S. 200 f.
Werke in einem der weitherum bekannten Bücher
17 Ibid., S. 202.
von Ludwig Justi oder Carl Einstein oder in einer
18 Ibid., S. 201. Die Bedeutung, die Einstein dem
der Avantgarde-Zeitschriften, zum Beispiel >Das
Künstler zugestanden hat, zeigt sich nicht zuletzt
Kunstblatt, »Die Aktion< oder »Der Sturms erwähnt
in der Tatsache, daß er in seiner Erstausgabe von
oder abgebildet waren, war ein leichtes Ziel für die
1926 fünfzehn Werke Emil Noldes abbildet, der da-
Nationalsozialisten« (Barron 1992, S. 9).
14 Einstein 1996 (Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 207.
mit zu den am besten vertretenen Künstlern des
Rottluff: Selbstbildnis,
einen stark veränderten Abbildungsteil aufweist,
bildnis,
1919 (Holzschnitt);
1919 (Detroit, Institute of Art);
Selbst-
um die
Kunst,
München 1932 (Nationalsozialistische Bibliothek, Bd. 36), S. 37. 30 Die Abbildungen zeigen Pablo Picasso: Femme poires,
25 Die Abbildungen zeigen Werke von Karl Schmidt-
Buches gehört; in der dritten Auflage von 1931, die
152). 29 Paul Schultze-Naumburg: Kampf
aux
1909 (New York, Privatbesitz), beziehungs-
weise Erich Heckel: Große Stehende,
1912 (Ver-
bleib unbekannt), Henri Laurens: Frau mit
aufge-
Emy-Bild-
stützter Hand, 1920 (Bronze), Karl Schmidt-Rott-
ist die Anzahl der Werke auf sechs reduziert
nis, 1919 (Detroit, Institute of Art) und Amedeo
luff: Roter Kopf, 1917 (London, Tate Gallery) und
worden.
Modigliani: Mädchenakt,
Amedeo Modigliani: Frauenkopf,
1918 (Verbleib unbe-
kannt), beziehungsweise von Emil Nolde:
20 Ibid., S. 204.
nes Paradies
21 Ibid., S. 200 f.
(Neukirchen, Stiftung Seebüll Ada und Emil
32 Ibid., S. 44.
und
Nolde); Pablo Picasso: Frau mit Birnen, 1909 (New
33 Ibid., S. 37.
zu
York, Privatbesitz) und Karl Schmidt-Rottluff:
34 Zu den Rezensionen des Buches vgl. Einstein 1996
22 Vgl. Thomas Mathieu: Kunstauffassungen Kulturpolitik Adolf
im Nationalsozialismus.
Hitler, Joseph
Goebbels,
Studien
Alfred
Rosenberg,
23 Franz Hofmann: Der Stand der deutschen Völkischer
Gebiet
der bildenden
Beobachter, 1937.
Eine
seumskarriere, quenzen,
ihre
Revolu-
Künste,
in:
23. Februar 1934; vgl.
Armin Zweite: Franz Hofmann Galerie
31 Schultze-Naumburg 1932, S. 9 ff. u. S. 38.
(Kunst des 20. Jahrhunderts), S. 833 ff. 35 Wolfgang Willrich: Säuberung
26 Paul Schultze-Naumburg; Kunst und Rasse, 2. Auflage, München 1935, S. 104.
des
Kunsttempels,
2. Auflage, München 1938, S. 35. Willrich zitiert Einsteins Gedicht Tätlicher
Baum von 1917 und
27 Ibid., S. 105.
kommentiert: »Der Dunst ungelüfteter Brunst und
und die
Städtische
28 Schultze-Naumburg bildet allerdings im weiteren
Ekelwollust wirkte hier bei den Stammeldichtern
Mu-
Verlauf des Buches drei Werke afrikanischer
genau so wie bei den rein politischen Literaten
Konse-
Skulptur ab, die er ebenfalls nach Einstein repro-
der Aktion« (ibid., S. 34 f.); er erwähnt auch Ein-
duziert, diesmal nach seiner Negerplastik
steins Autorenschaft der Kunst des 20.
Vorgeschichte
München
und »Entartete
1920 (Chemnitz, Städtische Kunst-
(Paris, Musée National d'Art Moderne).
nationalsozialistische und
in: Peter-Klaus Schuster (Hrsg.): Die
»Kunststadt«
(in zwei Ausschnitte zerteilt), 1921
sammlungen).
Saarbrücken 1997. tion auf dem
Mädchen,
Verlore-
1911-1912
19 Ibid., S. 203.
Jahrhun-
Nationalsozialismus
lage, München 1920) und unter Angabe der Quelle.
derts und seine kunstkritische Tätigkeit (»Den Ver-
München 1987, S. 2 6 1 -
Der Autor kommentiert die Abbildungen wie
fasser werden wir als Kunstkritiker von Einfluß
288, S. 266. Bei den abgebildeten Werken handelt
folgt: »Wer heute durch eine Kunstsammlung geht,
noch vorstellen müssen«), seine Zitate aus Ein-
es sich um Otto Dix, Bildnis
Anita
fragt sich oft genug, ob der Negereinschlag, mit
steins Schrift Georges
1925 (Stuttgart, Galerie der Stadt); Erich
dem man sich förmlich brüstete, wirklich auf
den Worten ein: »Deshalb reißt sich das Gesindel
tatsächlicher Blutmischung oder nur auf frevler
um ihn [Grosz] in allen Zungen und Sprachen«
Berber,
Kunst«,
1937.
(2. Auf-
der Tänzerin
Heckel, Holzfigur (Große Stehende),
1912 (Verbleib
unbekannt); Carl Hofer: Der Trommler »Die schwarzen
Zimmer«),
zu
Verleugnung des eigenen Rasseinstinktes beruht.
1922 (Verbleib unbe-
Echte Negerkunst kann natürlich sehr aufschluß-
kannt); Lyonel Feininger: Brücke
(Skizze
III, 1917 (Köln,
Museum Ludwig) und Paul Klee: Der
Beladene,
reich sein und uns merkwürdige Einblicke in den
Grosz von 1926 leitet er mit
(ibid., S. 88). 36 Richard Pfeiffer: Die Entscheidung, Kultur-Wacht
in:
Deutsche
2/1933, S. 7 - 8 , S. 7.
Werdegang der menschlichen Kulturen geben,
Anmerkungen zum Kapitel »Man endete als Emigrant...« 1 Carl Einstein: [ohne Titel], Typoskript mit hand-
auch ist die Schreibweise »sandige flache« (für
schriftlichen Korrekturen, undatiert [nach 1928],
»sandige fläche«) als Tippfehler interpretiert und
die detaillierte redaktionelle Übersicht über die
Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste;
korrigiert worden. Die unregelmäßigen Klein-
ersten Hefte, die Einstein dem Sammler und Freund
veröffentlicht in: id.: Werke.
bzw. Großschreibungen des Originals sind durch-
Reber zu diesem Zeitpunkt zukommen läßt, zeigt
gehend beibehalten worden;
eindeutige
indessen, daß die intellektuellen wie organisato-
Siebenhaar), Berlin 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4),
Schreib- oder Tippfehler wurden stillschweigend
rischen Planungen seit längerem angedauert haben
S. 48. In sämtlichen Zitaten aus dem Nachlaß sind
korrigiert.
müssen; vgl. Brief von Carl Einstein an Gottlieb
Nachlaß
Texte
aus
dem
I (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus
nur
im vorliegenden Kapitel die Umlaute »ue«, »oe«
2 Carl Einstein: [ohne Titel], Typoskript mit hand-
und »ae« der Typoskripte in die wahrscheinliche
schriftlichen Korrekturen, undatiert [nach 1928],
Druckfassung »ü«, »ö« und »ä« umgewandelt
Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste;
worden; das obige Zitat berücksichtigt -
veröffentlicht in: id. 1992 (Berliner Ausgabe,
im
Gegensatz zur Werkausgabe - Einsteins Korrektur von »tastendes geschick« in »rastendes geschick«,
Bd. 4), S. 4 9 - 5 4 , S. 51. 3 Zwar ist die früheste Erwähnung der Zeitschrift
erst für den August 1928 dokumentarisch belegt,
Friedrich Reber, undatiert [August 1928], Bonn, Archiv Christoph Pudelko. 4 Vgl. Carl Einstein: Die Kunst des 20.
Jahrhunderts,
Berlin 1926 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI); 2. Auflage, Berlin 1928; 3. Auflage, Berlin 1931; vgl. auch id.: Die Kunst
des 20.
Jahrhunderts
A N M E R K U N G E N
(hrsg. v. Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5). 5 Vgl. Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam 1925. 6 Hermann Kasack: fahrmarkt Europa, ibid., S. 5-6; vgl. Wolfgang U. Schütte: Beim Durchblättern des » Europa-Almanachs«, in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Leipzig 1993 (erweiterter Nachdruck der Ausgabe Potsdam 1925), S. 285-289, S. 286 f. 7 Peter Panter [Kurt Tucholsky]: Europa mit dem Ausrufungszeichen, in: Die WeltbühneXX-1/1925, S. 552-553, S. 552; erneut in: Einstein u. Westheim 1993, S. 290-292, S. 291; Adolf Behne: Kunst, Wissenschaft und Europa, in: Sozialistische Monatshefte 62/1925, S. 223-225, S. 225. 8 Otto Schüttler: Presseverjudung, in: Bartels-Bund, Februar 1926; zitiert nach Einstein u. Westheim 1993, S. 293. 9 Carl Einstein: De l'Allemagne, in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 9/1921, S. 31-32; erneut in: id.: Werke. 1919-1928 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2), S. 200-203. 10 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [Juni-Juli 1924], in: Carl Einstein u. Daniel-Henry Kahnweiler: Correspondance 1921-1939 (hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1993, S. 151-152, S. 151; vgl. bereits den Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [Frühjahr 1924], ibid., S. 148-149. 11 Brief von Carl Einstein an Daniel-Henry Kahnweiler, undatiert [19211, ibid., S. 126; ibid. [JuniJuli 1924], S. 152. 12 Zu Definition und Theorie des Exils vgl. Wolfgang Frühwald: Die »gekannt sein wollen«. Prolegomena zu einer Theorie des Exils, in: Hermann Haarmann (Hrsg.): Innen-Leben. Ansichten aus dem Exil, Berlin 1995, S. 56-69. Klaus H. Kiefer hat ganz zurecht von Einsteins »kultureller Emigration« gesprochen; vgl. Klaus H. Kiefer: Carl Einstein - Exil in Frankreich, in: id.: Avantgarde Weltkrieg - Exil. Materialien zu Carl Einstein und Salomo Friedlaender /Mynona, Frankfurt am Main, Bern u. New York 1986 (Bayreuther Beiträge zur Literaturwissenschaft, Bd. 8), S. 112-134, S. 116; vgl. auch Erich Kleinschmidt: Schreibpositionen. Ästhetikdebatten im Exil zwischen Selbstbehauptung und Verweigerung, in: Exilforschung. Ein internationales fahrbuch 6/1988, S. 191-213, S. 203 ff. 13 Brief von Carl Einstein an Ewald Wasmuth, undatiert [Anfang 1929], Marbach am Neckar, Schiller-Nationalmuseum/ Deutsches Literaturarchiv, auszugsweise veröffentlicht in: Sibylle Penkert: Carl Einstein. Beiträge zu einer Monographie, Göttingen 1969 (Palaestra, Bd. 255), S. 110.
14 Brief von Carl Einstein an Ewald Wasmuth, 28. November 1931 [irrtümlich datiert: »28/XV/31«], Marbach am Neckar, Schiller-Nationalmuseum/ Deutsches Literaturarchiv. Der Brief ist mit einem Herausgebertitel versehen und veröffentlicht worden; vgl. Carl Einstein: Leben in China um die Mingzeit herum (1931), in: Alternative 75/1970, S. 263-265; vgl. auch id.: Präludium (hrsg. v. RolfPeter Baacke u. Jens Kwasny), Berlin 1979, S. 6 4 67; zu Einsteins Situation in Paris vgl. Penkert 1969, S. 109 ff. Darüber hinaus lassen auch nationalistische Angriffe von französischer Seite nicht auf sich warten; vgl. Camille Mauclair: Les métèques contre l'art français, Paris 1930 (La farce de l'art vivant, Bd. 2), S. 80: »Et on peut lire, à ce propos [Picassos Formensprache], des commentaires comme ceux que donne par exemple, dans la revue Documents, M. Cari Einstein, et auxquels l'adjectif >superlificoquentieux< semble le mieux convenir.« 15 Brief von Carl Einstein an Ewald Wasmuth, 28. November 1931, Marbach am Neckar, Schiller-Nationalmuseum / Deutsches Literaturarchiv. 16 Brief von Carl Einstein an Ewald Wasmuth, 15. Februar 1932, Marbach am Neckar, Schiller-Nationalmuseum / Deutsches Literaturarchiv. 17 Carl Einstein: Leon Bakst [1927], in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd.2), S.471-500, S.493f. 18 Ibid., S. 494. 19 Carl Einstein: [ohne Titel], handschriftliche Notiz, 30. Januar 1934, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste. 20 Die einzige Ausnahme, Einsteins Vortrag vor dem Schutzverband deutscher Schriftsteller am 14. Oktober 1935, blieb folgenlos; vgl. Anonym: Fünf fahre SDS in Paris. Eine Chronik, in: Der deutsche Schriftsteller 11/1938, S. 30-32, S. 30 (»Diskussionsabend Prof. Carl Einstein über Kunst als kollektiver Gebrauchsgegenstand«); Heidemarie Oehm: Carl Einstein: Leben und Werk im Exil, in: Exil. Forschung - Erkenntnisse Ergebnisse 3/1982, S. 41-59, S. 48; zu Einsteins politischer Haltung im Exil vgl. Marianne Kröger: »Es wird immer schwerer vom Wort zum Sein den Weg zu finden« - Die Zeit der Suche nach Sinn und Funktion: Carl Einsteins politische Orientierung im Exil, in: Carl-Einstein-Kolloquium 1994 (hrsg. v. Klaus H. Kiefer), Frankfurt am Main et al. 1996 (Bayreuther Beiträge zur Literaturwissenschaft, Bd. 16), S. 105-123. 21 Carl Einstein: Die Kolonne Durruti [1936], in: id.: Werke. 1929-1940 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 520-525, S. 520; vgl. id.: Die Front von Aragon [1937], ibid., S. 525-530; vgl. Walter Mehring: Berlin-Dada oder Die drei Tabakspfeifen Carl Einsteins [1959], in: id.: Verrufene Malerei. Berlin Dada. Erinnerungen eines Zeitgenossen und 14
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Essais zur Kunst, Düsseldorf 1983 (Werke), S. 141150, S. 149. Zu Einsteins Engagement im Spanischen Bürgerkrieg vgl. Penkert 1969, S. 122ff.; Oehm 1982, S. 48ff.; vgl. Marianne Kröger: Carl Einstein und die »Grupo Internacional« der Kolonne Durrutti. Ein Beitrag zur Auseinandersetzung Carl Einsteins mit der Realität des Spanischen Bürgerkrieges, in: Carl-Einstein-Kolloquium 1986 (hrsg. v. Klaus H. Kiefer), Frankfurt am Main et al. 1988, S. 261-271; id.: Carl Einstein im Spanischen Bürgerkrieg: Gratwanderungen zwischen Engagement und Desillusionierung, in: Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit 12/1992, S. 79-92. 22 Die Aufnahme zeigt Einstein nach seiner Flucht aus Spanien, sie wurde veröffentlicht in: Match. L'Hebdomadaire de l'actualité mondiale, Nr. 33, 16. Februar 1939. 23 Carl Einstein: Variété, in: Prager Presse, Nr. 183, 5. Juli 1936, S. 10; vgl. den bislang ebenfalls unbekannten Aufsatz: Dekorativer Formalismus, in: Prager Presse, Nr. 22, 31. Mai 1936 (Die Welt am Sonntag. Bildbeilage), S. 3. 24 Ibid. 25 Carl Einstein: [ohne Titel], handschriftliche Notiz, 31. Januar 1934, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste. 26 Brief von Gottfried Benn an Ewald Wasmuth, 27. März 1951, in: Gottfried Benn: Ausgewählte Briefe (hrsg. v. Max Rychner), Wiesbaden 1957, S. 208-209. 27 Brief von Carl Einstein an Will Grohmann, 21. Dezember 1930, Stuttgart, Archiv Will Grohmann. 28 Brief von Carl Einstein an Ewald Wasmuth, 15. Februar 1932, Marbach am Neckar, Schiller-Nationalmuseum / Deutsches Literaturarchiv. 29 Carl Einstein: [ohne Titel], handschriftliche Notiz, 18. Februar 1933, Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste. Die Notiz ist mit einem Herausgebertitel versehen und veröffentlicht worden; vgl. id.: Vorweggenommener Epilog, in: Carl Einstein. Prophet der Avantgarde (hrsg. v. Klaus Siebenhaar, Hermann Haarmann u. Hansgeorg Schmidt-Bergmann), Berlin 1991, S. 90. Ebenfalls 1933 notiert Thea Sternheim eine Einschätzung in ihr Tagebuch, die aller Wahrscheinlichkeit widerspricht und sich vermutlich nur durch persönliche Ressentiments erklären läßt: »Einstein plötzlich Opportunist par excellence. Noch in Belgien Novemberverbrecher, findet er es jetzt angemessen »die Weisheit Hitlers< zu preisen«; vgl. Thea Sternheim: Tagebücher 1903-1971 (hrsg. v. Thomas Ehrsam u. Regula Wyss), Göttingen 2002, 5 Bde., Bd. II, S. 510 (Eintrag vom 3. Juni 1933); zur Kritik an Einstein vgl. ibid., Bd. II, S. 659 (Eintrag vom 14. Oktober 1935), Bd. III, S. 345 (Eintrag vom 6. März 1944) u. Bd. III, S. 509 (Eintrag vom 5. Februar 1947).
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30 Brief von Carl Einstein an Erna Reber, 5. Dezember 1929, Bonn, Archiv Christoph Pudelko; vgl. Carl Einstein: Entwurf einer Landschaft. Illustré de lithographies par G.-L. Roux, Paris 1930; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 73-83. Einstein selbst hat zu der hier abgebildeten Lithographie von Roux den Bildtitel »C[arl] Elmstein] joue footbal avec sa tête« notiert und das Blatt damit als surrealistisches Porträt des Dichters interpretiert; vgl. ibid., S. 83. 31 Vgl. Carl Einstein: Schweißfuß klagt gegen Pfurz in trüber Nacht (Fragment eines Romans), in: Front 1/1930, S. 53-61; erneut in: id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 175-185; zu Einsteins früher Beschäftigung mit Joyce vgl. Brief von James Joyce an Sylvia Beach, 26. August 1924, in: Melissa Banta u. Oscar A. Silverman (Hrsg.): James Joyce's Letters to Sylvia Beach. 1921-1940, Bloomington u. Indianapolis 1987, S. 47 (»Mr Einstein might have a translation done of a story from Dubliners'?«). 32 Brief von Carl Einstein an Vincenc Kramár, undatiert [Februar 1936], Prag, Národní Galerie,
Archiv; vgl. Lada Hubatová-Vacková: Vincenc Kramár and Carl Einstein, in: Vincenc Kramár. From Old Masters to Picasso, Ausstellungskatalog, National Gallery, Collection of Modern and Contemporary Art, Veletrzní Palác, Prag 2000-2001, S. 202-205, S. 205; Vincenc Kramár. Un théoricien et collectionneur du cubisme à Prague (hrsg. ν. Jana Claverie et al.), Paris 2002, S. 320 ff. In der Prager Presse hat der Autor 1936 einige Texte publiziert, die der Forschung teils bislang unbekannt geblieben sind. 33 Brief von Carl Einstein an Vincenc Kramár, undatiert [März 1936], Prag, Národní Galerie, Archiv. 34 Vgl. Ernst Doblhofer: Exil - eine Grundbefindlichkeit des Individuums seit der Antike, in: Haarmann 1995, S. 13-40, S. 21 ff.; vgl. auch Theodor W. Adorno: Schutz, Hilfe und Rat, in: id.: Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben [1951], Frankfurt am Main 1986, S. 32-34, S. 32: »Jeder Intellektuelle in der Emigration, ohne alle Ausnahme, ist beschädigt und tut gut daran, es selber zu erkennen, wenn er nicht hinter den dicht
geschlossenen Türen seiner Selbstachtung grausam darüber belehrt werden will. [...] Enteignet ist seine Sprache und abgegraben die geschichtliche Dimension, aus der seine Erkenntnis die Kräfte zog.« 35 Einstein 1930, O.S.; id. 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3), S. 77 u. S. 79. 36 Brief von Carl Einstein an Ewald Wasmuth, 28. November 1931, Marbach am Neckar, SchillerNationalmuseum / Deutsches Literaturarchiv. 37 Vgl. Carl Einstein: Die Fabrikation der Fiktionen (hrsg. v. Sibylle Penkert), Reinbek bei Hamburg 1973 (Gesammelte Werke in Einzelausgaben); zu den großen kunsthistorischen Projekten der dreißiger Jahre vgl. id. 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4), S. 286 ff. 38 Carl Einstein: [ohne Titel], Typoskript mit handschriftlichen Korrekturen, undatiert [nach 1933], Berlin, Stiftung Archiv der Akademie der Künste; veröffentlicht in: id. 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4), S. 55. 39 Vgl. Carl Misch: Carl Einstein in memoriam, Aufbau Nr. 38, 20. September 1940, S. 10.
in:
BIBLIOGRAPHIE
1. Verzeichnis der Schriften von Carl Einstein 1.1. Werkausgaben 1.2. Zu Lebzeiten veröffentlichte Schriften in Buchform 1.3. Zu Lebzeiten veröffentlichte Beiträge 1.4. Interviews 1.5. Herausgegebene Zeitschriften 1.6. Übersetzungen und Nachdichtungen 1.7. Schriften nach 1940 (Auswahl) 1.1. Werkausgaben Gesammelte Werke (hrsg. v. Ernst Nef), Wiesbaden 1962 Werke. 1908-1918 (hrsg. v. Rolf-Peter Baacke u. Jens Kwasny), Berlin 1980 (Werke, Bd. 1) Werke. 1919-1928 (hrsg. v. Marion Schmid, Henriette Beese u. Jens Kwasny), Berlin 1981 (Werke, Bd. 2) Werke. 1929-1940 (hrsg. v. Marion Schmid u. Liliane Meffre), Wien u. Berlin 1985 (Werke, Bd. 3) Werke. 1907-1918 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1994 (Berliner Ausgabe, Bd. 1) Werke. 1919-1928 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 2) Werke. 1929-1940 (hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 3) Werke. Texte aus dem Nachlaßl(hrsg. v. Hermann Haarmann u. Klaus Siebenhaar), Berlin 1992 (Berliner Ausgabe, Bd. 4)
Die Kunst des 20. Jahrhunderts (hrsg. v. Uwe Fleckner u. Thomas W. Gaehtgens), Berlin 1996 (Berliner Ausgabe, Bd. 5) 1.2. Zu Lebzeiten veröffentlichte Schriften in Buchform Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders. Ein Roman, Berlin 1912 Wilhelm Lehmbrucks graphisches Werk, Berlin 1913 Negerplastik, Leipzig 1915 Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2) Bebuquin, Berlin 1917 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 5) Der unentwegte Platoniker, Leipzig 1918 Negerplastik, 2. Auflage, München 1920 Die schlimme Botschaft. Zwanzig Szenen, Berlin 1921 Afrikanische Plastik, Berlin o. J. [1921] (Orbis Pictus / Weltkunst-Bücherei, Bd. 7) La sculpture africaine (frz. von Thérèse Burgard u. Raymond Burgard), Paris 1922 (Documents d'art) Scultura africana. Con uno studio critico di Carlo Einstein, Rom o. J. [1922] (La civilité artistica, Bd. 8) M. Kisling, Leipzig 1922 (Junge Kunst, Bd. 31) Der frühere japanische Holzschnitt, Berlin o. J. [1923] (Orbis Pictus / Weltkunst-Bücherei, Bd. 16) Durnaja Vestj [Die schlimme Botschaft] (russ. v. S. I. Nesterowoj), Moskau 1924
Rudolf Belling. Skulpturen, Potsdam 1924 [mit Paul Westheim] Afrikanische Legenden, Berlin 1925 Exotismes. Exposition au Portique, Paris 1925 Die Kunst des 20. Jahrhunderts, Berlin 1926 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI) Südsee-Plastiken, Ausstellungskatalog, Galerie Flechtheim, Berlin u. Düsseldorf / Kunsthaus Zürich, Berlin 1926 (Veröffentlichungen des Kunstarchivs, Bd. 5) Leon Bakst, Berlin 1927 Die Kunst des 20. Jahrhunderts, 2. Auflage, Berlin 1928 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI) Entwurf einer Landschaft. Illustré de lithographies par G.-L. Roux, Paris 1930 Die Kunst des 20. Jahrhunderts, 3. Auflage, Berlin 1931 (Propyläen-Kunstgeschichte, Bd. XVI) Georges Braque, Ausstellungskatalog, Kunsthalle Basel 1933 Georges Braque (frz. v. M. E. Zipruth), Paris, London, New York 1934 (XXe siècle, Bd. 7) 1.3. Zu Lebzeiten veröffentlichte Beiträge Herr Giorgio Bebuquin, in: Die Opale 1/1907, S.169-175 Verwandlungen; vier Legenden, in: Hyperion 5/1908, S. 11-18 Der Snobb, in: Hyperion 8/1909, S. 173-176 Der Doktor Lerne, in: Berliner Börsen-Courier, 7. September 1909, S. 3 Kubin der Zeichner, in: Berliner Börsen-Courier, 14. September 1909, S. 4 Vathek, in: Hyperion 12/1910, S. 125-128
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Arnold Waidschmidt, in: Der Demokrat. Wochenschrift für freiheitliche Politik, Kunst und Wissenschaft, Nr. 22, 25. Mai 1910, S. 2 - 3 André Gide, in: Der Demokrat. Wochenschrift für freiheitliche Politik, Kunst und Wissenschaft, Nr. 31, 27. Juli 1910, S. 2 - 3 Claudels »Mittagswende«, in: Der Demokrat. Wochenschrift für freiheitliche Politik, Kunst und Wissenschaft, Nr. 3 3 , 1 0 . August 1910, S. 5 - 6 Anmerkungen zu Vathek, in: Der Demokrat. Wochenschrift für freiheitliche Politik, Kunst und Wissenschaft, Nr. 44, 26. Oktober 1910, S. 6 Schmitt-Reute, in: Die Gegenwart. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben 39/1910, S. 6 6 3 - 6 6 5 Süddeutsche Ausstellungen, in: Die Gegenwart. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben 47/1911, S. 7 9 1 - 7 9 2 Sezession, in: Die Gegenwart. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben 48/1911, S. 8 0 7 - 8 0 9 Brief an die Tänzerin Napierkowska, in: Die Gegenwart. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben 48/1911, S. 8 0 9 - 8 1 0 Die Verkündigung, in: Die Gegenwart. Wochenschrift für Literatur, Kunst und öffentliches Leben 51/1911, S. 8 5 0 - 8 5 2 Paraphrase, in: März 5/1911, S. 1 1 4 - 1 1 5 Der Tapezier, in: März 5/1911, S. 1 9 2 - 1 9 4 Brief über den Roman, in: Pan 2/1911-1912, S.477-482 Lettre à la danseuse Napierkowska, in: La Phalange XII/1912, S. 7 3 - 7 6 Lettre sur le Roman Allemand, in: La Phalange XII/1912, S. 5 2 7 - 5 3 3 Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders. Roman, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst 11/1912, Sp. 8 8 5 - 8 9 0 , Sp. 9 1 5 919, Sp. 9 4 9 - 9 5 1 , Sp. 9 7 9 - 9 8 3 , Sp. 1 0 0 7 - 1 0 1 4 , Sp. 1 0 4 7 - 1 0 4 9 , Sp. 1 0 7 8 - 1 0 8 0 , Sp. 1 1 1 0 - 1 1 1 2 , Sp. 1 1 4 2 - 1 1 4 4 , Sp. 1 1 7 1 - 1 1 7 4 , Sp. 1 2 0 3 - 1 2 0 6 , Sp. 1 2 3 5 - 1 2 3 7 , Sp. 1 2 6 9 - 1 2 7 1 u. Sp. 1 3 0 1 1303 Anmerkungen, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst 11/1912, Sp. 1 0 9 3 - 1 0 9 4 Politische Anmerkungen, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst II/1912, Sp.1223-1225 Ueber den Roman. Anmerkungen, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst II/ 1912, Sp. 1 2 6 4 - 1 2 6 9 Das heimliche Theater, in: Neue Blätter 1/1912, S. 6 [mit Erich Baron, Heinrich Lautensack, Alfred Richard Meyer] Anmerkungen zur neueren französischen Malerei, in: Neue Blätter 3/1912, S. 1 9 - 2 2 Bemerkungen zum heutigen Kunstbetrieb, in: Neue Blätter 6/1912, S. 4 6 - 4 7 Die Sammlung Henri Rouart, in: Kunst und Künst-
ler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe XI/1913, S. 2 2 4 - 2 2 6 Ueber das Buch Vathek, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp.298-301 Legende, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 4 3 4 - 4 3 5 Der Arme, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 4 4 3 - 4 4 6 Der Tod, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 4 5 2 - 4 5 4 Poschatzer, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 4 5 4 - 4 5 6 Der Besuch im Irrenhaus, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 4 5 6 - 4 5 9 Parafrase, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 4 6 9 - 4 7 1 Der Tapezier, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 5 2 9 - 5 3 2 Legende, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 5 5 5 - 5 5 9 Der Abschied, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 7 2 7 - 7 3 0 Nuronihar. Eine Pantomime, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp.1006-1017 Die Radierungen Wilhelm Lehmbrucks, in: Zeit im Bild. Moderne illustrierte Wochenschrift 11/ 1913,S.1957-1962 Maillol, in: Zeit im Bild. Moderne illustrierte Wochenschrift 11/1913, S. 2 4 8 9 - 2 4 9 7 Die Verkündigung von Paul Claudel, in: Zeit im Bild. Moderne illustrierte Wochenschrift 11/ 1913, S. 2 9 2 6 - 2 9 2 7 Nouronihar. Pantomime en trois suites de danses, in: La Phalange XV/1913, S. 2 6 6 - 2 7 9 Herbstausstellung am Kurfürstendamm, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst III/1913, Sp. 1 1 8 6 - 1 1 8 9 [ohne Titel], in: Neue Galerie. Erste Ausstellung, Ausstellungskatalog, Neue Galerie, Berlin 1913, o. S. Ausstellung der Sezession in Berlin, in: Der Merker4/1913, S. 4 3 6 - 4 3 7 Camille Lemonnier, in: Der Merker 4/1913, S. 6 5 8 - 6 5 9 Pascoli, in: Der Merker 4/1913, S. 6 7 5 - 6 7 6 Über Paul Claudel, in: Die weißen Blätter 1/1913, S.289-297 [ohne Titel], in: Neue Secession. Sechste Ausstellung, Ausstellungskatalog, Neue Galerie, Berlin o. J. [1914], o. S. Ausklänge der Hypermoderne auf dem Pariser Salon der Unabhängigen, in: Zeit im Bild. Moderne illustrierte Wochenschrift 12/1914, S.711-713 Journalismus am falschen Ort, in: Die weißen Blätter. Eine Monatsschrift 10/1914, S. 1 1 4 0 - 1 1 4 2
Anmerkungen zur französischen Plastik und der Kunst des Jean Baptiste Carpeaux, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe XII/1914, S. 4 8 7 - 4 9 5 Das Gesetz, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 1 7 7 - 1 7 8 Die Mißgeburt, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 1 8 8 - 1 9 1 Fünf Gedichte, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 2 1 6 - 2 1 8 Die Sozialdemokratie, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 246 Anmerkungen, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 2 7 7 - 2 7 9 Totalität, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 3 4 5 - 3 4 7 Augenleidende Kritiker, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp.364-368 Brief an Ludwig Rubiner, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp.381-383 Totalität, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst IV/1914, Sp. 4 7 6 - 4 7 8 Kunst-Ausstellungen, in: Die weißen Blätter. Eine Monatsschrift 11-12/1914, S. 1 3 5 6 - 1 3 5 8 Vorwort zu diesem Buche, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 5 Zu Vathek, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 5 - 9 Didaktisches für Zurückgebliebene, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (AktionsBücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 1 0 - 1 7 Zu Paul Claudel, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 1 8 - 2 8 Kunst-Ausstellungen, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 2 9 - 3 2 Totalität, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 3 2 - 4 0 Snobb, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 4 0 - 4 7 Figur, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 4 7 52 Der Arme, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S.53-56 Der Abschied, in: Carl Einstein: Anmerkungen, Berlin 1916 (Aktions-Bücher der Aeternisten, Bd. 2), S. 5 7 - 6 1 Franz Blei, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VI/1916, Sp. 1 2 8 - 1 2 9
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Paul Adler, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VI/1916, Sp. 208 Didaktisches für Zurückgebliebene, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VI/1916, Sp. 268-272 Gedicht, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VI/1916, Sp. 369 Snobb, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VI/1916, Sp. 405-409 Nacht, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/1917, Sp. 45 Tätlicher Baum, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/1917, Sp. 98 Heimkehr, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/1917, Sp. 117-118 Der Leib des Armen, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/1917, Sp. 157159 Gedenken des André Derain, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/ 1917, Sp. 267-269 Kränke, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/1917, Sp. 376 Ein Brief, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/1917, Sp. 4 8 9 - 4 9 0 Tätlicher Baum, in: Die Fackel 454-456/1917, S. 37 An den Verlag der Fackel, in: Die Fackel 4 5 7 - 461/ 1917, S. 61 Negermythen. Bakuba-Legenden, in: Marsyas 1-1/ 1917, S. 4 5 - 6 0 Der Leib des Armen, in: Das Aktionsbuch (hrsg. v. Franz Pfemfert), Berlin 1917, S. 139-142 Der unentwegte Platoniker, in: Carl Einstein: Der unentwegte Platoniker, Leipzig u. München 1918, S. 3 - 6 1 G.F.B.G., in: Carl Einstein: Der unentwegte Platoniker, Leipzig u. München 1918, S. 63-128 Die Mädchen auf dem Dorfe, in: Carl Einstein: Der unentwegte Platoniker, Leipzig u. München 1918, S. 129-177 Unverbindliches Schreiben, in: Neue Blätter für Kunst und Dichtung 1/1918, S. 85-87 Bébuquin, in: Bésurrection 11/1918, Nr. 4, S. 132136 u. S. 156-158, Nr. 5, S. 176-177 Der Leib des Armen, in: Ludwig Rubiner (Hrsg.): Kameraden der Menschheit. Dichtungen zur Weltrevolution, Potsdam 1919, S. 85-87 A Szegény Teste [Der Leib des Armen, ungar.], in: Ma 4/1919, S. 66 Pleite glotzt euch an. Restlos, in: Die Pleite 1/1919, S. 2 An die Geistigen!, in: Die Pleite 1/1919, S. 2 Man schaffe den Besitz ab, in: Die Pleite 3/1919, S. 2 Der kommende Friede, in: Die Republik, Nr. 93,10. April 1919 Eine Verleumdung, in: Die Freiheit, Nr. 281,14. Juni 1919
Dr. Breitscheid und das Rätesystem, in: Rätezeitung. Organ der Kopf- und Handarbeiterräte, Nr. 6, 23. April 1919, S. 4 Zur primitiven Kunst, in: Ludwig Rubiner (Hrsg.): Die Gemeinschaft. Dokumente der geistigen Weltwende, fahrbuch des Verlages Gustav Kiepenheuer, Potsdam 1919, S. 175-176 Capelle und Genossen, in: Der blutige Ernst 3/1919, S. II Ludendorffs Tagebuch, in: Der blutige Ernst 3/1919, S. IV u. VI Freie Bahn dem Tüchtigen. Ein Beitrag zur Demokratie, in: Der blutige Ernst 4/1919, S. Xu. S. XIV Auf der Wallfahrt zum Kaisertum, in: Der blutige Ernst 5/1919, S. XVIII u. S. XX Schulze, in: Der blutige Ernst 6/1919, S. 2 - 4 Café Schulze, in: Der blutige Emst 6/1919, S. 6 Abhängigkeit, in: Der blutige Ernst 6/1919, S. 7 Rudolph Schlichter, in: Das Kunstblatt IV/1920, S. 105-108 u. Abb. S. 109 Bébuquin (frz. v. Ivan Göll), in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 5/1920, S. 32-34, 7/1921, S. 37-38 Le mauvais message, in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 8/1921, S. 23-28 L'art nègre, in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 9/1921, S. 12-16 De l'Allemagne, in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 9/1921, S. 31-32 De l'art nègre, in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 12/1922, S. 47-56 Der von Gottgewollte Chinahändler, in: Der Querschnitt durch 1922, Berlin 1922, S. 19-20 Skating Rink, in: Der Querschnitt durch 1922, Berlin 1922, S. 57-58 Die Pleite des deutschen Films, in: Der Querschnitt durch 1922, Berlin 1922, S. 191-192 Die Antipoden, in: DasKunstblattVUl922, S. 86-89 Peruanisches Bildgewebe der Sammlung Gans, in: Das Kunstblatt VI/1922, S. 172-175 u. Abb. S.167-168 Ein Chinabuch, in: Das Kunstblatt VI/1922, S.177-178 Utrillo, in: Das KunstblattVÏ/1922, S. 323-325 M. Kisling, in: Der Cicerone. Halbmonatsschrift für Künstler, Kunstfreunde und Sammler XIV/ 1922, S . 8 2 3 - 8 3 1 M. Kisling, in: fahrbuch der jungen Kunst 1922 (hrsg. v. Georg Biermann), Leipzig 1922, S. 175184 Göttin Paragraphengepreßt, in: Vorwärts, Nr. 468, 14. Oktober 1922 Izgläbtä gleznieciba, saväs ceribäs vilusies akademisti [Gerettete Malerei, enttäuschte Pompiers, lett.], in: Laikmets 1/1923, S. 13-19 Zur primitiven Kunst, in: Das Wort. Unabhängige Tageszeitung für Mitteldeutschland, Nr. 16, 15. April 1923, S. 2 Gegen Ausbeutung hilfloser Kadaver oder Sarg-
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deckelzu, in: Das Querschnittbuch 1923, Berlin 1923, S. 2 5 - 2 6 W.U.B., in: Das Querschnittbuch 1923, Berlin 1923, S. 75 u. Abb. nach S. 56 u. nach S. 74 Gerettete Malerei, enttäuschte Pompiers, in: Das Kunstblatt VII/1923, S. 47-52 Otto Dix, in: Das Kunstblatt VII/1923, S. 97-102 u. Abb. vor S. 97 Meier-Gräfe und die Kunst nach dem Kriege, in: Das Kunstblatt VII/1923, S. 185-187 Gedenken an Sally (Aus dem Darmstädtischen übertragen), in: Der Querschnitt IV/1924, S. 448 ¡deiny raspad Germanii [Der Ideenverfall in Deutschland, russ.) in: Bossija 3/1924, S. 163-178 André Derain, in: Der Spiegel. Jahrbuch des Propyläen - Verlages, Berlin 1924, S. 125-130 Fernand Léger, in: Fernand Léger (hrsg. v. Katherine S. Dreier), Ausstellungskatalog, Société Anonyme, New York o. J. [1925), S. 5-7 Kränke, in: Der Querschnitt V/1925, S. 337 Tätlicher Baum, in: Das Kunstblatt V/1925, S. 325 Maurice Utrillo, in: Gustave Coquiot: Maurice Utrillo. Aus dem Französischen übertragen und mit einer Einleitung versehen von Carl Einstein, Berlin o. J. [1925], S. 7-19 Unverbindliches Schreiben, in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam O. J. [1925], S. 114-116 Die Diva und der Kritiker, in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam o. J. [1925], S. 211 Brockenhaus. Handbuch des Kunstwissens, in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam o. J. [1925], S. 225-226 Cocteau prüft Gott, in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam o. J. [1925], S. 230 Gedenken an Sally (Aus dem Darmstädtischen übertragen), in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam o. J. [1925], S. 234 Utrillo, in: Europa-Almanach (hrsg. v. Carl Einstein u. Paul Westheim), Potsdam o. J. [1925], S.235-238 Georges Rouault, in: Der Querschnitt V/1925, S. 244-248 u. Abb. nach S. 248 Studie zu einem Gespräch, in: Das Kunstblatt IX/ 1925, S. 323-325 Juan Gris, in: Der Querschnitt VI/1926, S. 273-275 u. Abb. nach S. 288 Das Berliner Völkerkunde-Museum. Anlässlich der Neuordnung, in: Der Querschnitt VI/1926, S. 588-592 u. Abb. nach S. 608 Schausammlung und Forschungsinstitut (Noch ein Wort zum neuen Völkerkundemuseum), in: Der Querschnitt VI/1926, S. 779-781 Kandinsky. Zum 60. Geburtstag. 5. Oktober 1928, in: Das Kunstblatt X/1926, S. 372-373
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Georges Michel (1763-1843), in: Das Kunstblatt X/1926, S. 434-439 George Grosz, in: George Grosz, Ausstellungskatalog, Galerie Alfred Flechtheim, Berlin 1926 (Veröffentlichungen des Kunstarchives, Bd. 1), S. 3-7 Sculptures mélanésiennes, in: L'Amour de l'art 8/1926, S. 253-258 Masks and Magic in the South Seas, in: Art and Archaeology 1/1927, S. 125-128 George Grosz, in: George Grosz, Ausstellungskatalog, Kunstkammer Martin Wasservogel, Berlin 1926, S. 1 - 9 A Collection of South Sea Art, in: The Arts XI/ 1927, S. 23-28 Rudolf Belling, in: Der Querschnitt VII/1927, S. 381-382 u. Abb. nach S. 334 u. nach S. 342 Gottfried Benns »Gesammelte Gedichte«, in: Die Neue Rundschau 38/1927, S. 446-448 Renoir, in: Renoir. Gemälde aus dem Besitze seiner Söhne und seine Skulpturen, Ausstellungskatalog, Galerie Flechtheim, Berlin 1927, S. 1 1 17 Plastiek uit den Bismarck Archipel, in: Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde Nederlandsche Indie XIII/1928, S. 209-216 Giorgio de Chirico, in: Deutsche Kunst und Dekoration 31/1928, S. 259-266 Picasso, in: Neue Schweizer Rundschau 34-35/ 1928, S. 266-273 Les Fontaines de Rudolf Belling, in: Cahiers d'Art 3/1928, S . 1 3 3 - 1 3 4 Aphorismes méthodiques, in: Documents. Doctrines- Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie 1/1929, S. 32-34 Pablo Picasso. Quelques tableaux de 1928, in: Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts -Ethnographie 1/1929, S. 35-47 Jean-Baptiste Corot (1796-1875). Compositions classiques, in: Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie 1/1929, S. 8 4 92 André Masson, étude ethnologique, in: Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts Ethnographie 1/1929, S. 93-105 Rossignol, in: Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie 1/1929, S. 117-118 Gravures de Jacques Bellange. Peintre lorrain, in: Documents. Doctrines - Archéologie - BeauxArts - Ethnographie 1/1929, S. 135-140 Notes sur le cubisme, in: Documents. Doctrines Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie 1/ 1929, S. 146-159 Absolu, in: Documents. Doctrines - Archéologie Beaux-Arts - Ethnographie 1/1929, S. 169-170 Quelques peintres à la galerie Paul Rosenberg, in: Documents. Doctrines - Archéologie - BeauxArts - Ethnographie 1/1929, S. 175-176 Quelques esquisses et dessins de Georges Seurat,
in: Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts-Ethnographie 1/1929, S. 183-187 Gravures d'Hercules Seghers, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 202-208 Saint Antoine de Padoue et l'Enfant Jésus, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 230 u. Abb. S. 229 Exposition »11 Settecento Italiano« à Venise, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 285 u. Abb. S. 288 Tableaux récents de Georges Braque, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 289-296 L'exposition de l'art abstrait à Zurich, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 342 Exposition de sculpture moderne, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 390-395 Masque de danse rituelle Ekoi, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 1/1929, S. 396 u. Abb. S. 400 Bebuquin, in: Transition. An international workshop for orphie création 16-17/1929, S. 298301 Design of a Landscape, in: Transition. An international workshop for orphie creation 19-20/1930, S.212-217 Cézanne-Ausstellung. In der Pariser Galerie Pigalle, in: Die Kunstauktion 4/1930, S. 8 - 9 u. Abb. S. 10 Jacques Bellange, in: Die Kunstauktion 9/1930, S. 11 u. Abb. S. 12 Exotische Kunst. Ausstellung in der Galerie des Theaters Pigalle in Paris, in: Die Kunstauktion 9/1930, S. 6 - 9 u. Abb. S. 11 Braque, in: Die Kunstauktion 14/1930, S. 7 - 9 u. Abb. S. 11 Dr. G. F. Reber. Lausanne (Anläßlich seines 50. Geburtstages), in: Die Kunstauktion 14/1930, S. 10 (Rubrik »Moderne Sammler«) La collection Reber, in: L'Intransigeant, 21. April 1930 A propos ..., in: Die Kunstauktion 21/1930, S. 11 Picasso, Braque, Léger. Ausstellung Galerie Paul Rosenberg, Paris, in: Die Kunstauktion 22/1930, S. 3 - 4 u. S. 6 A propos ..., in: Die Kunstauktion 22/1930, S. 10 A propos ..., in: Die Kunstauktion 23/1930, S. 14 Kleine Autobiographie, in: Gustav Kiepenheuer zum 50. Geburtstag, 10. Juni 1930, Leipzig 1930 Delacroix. Zur Ausstellung im Louvre, in: Die Kunstauktion 25/1930, S. 8 Corot. Galerie Paul Rosenberg, Paris, in: Die Kunstauktion Nr. 29/1930, S. 6 Hundert Jahre Malerei. Galerie Georges Petit, Paris, in: Die Kunstauktion 29/1930, S. 6 - 7 Masques Bapindi, in: Documents. Archéologie -
Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés II/1930, S. 48 u. Abb. S. 54 Paysage de Lorenzetti, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930, S. 50 u. Abb. S. 49 Exposition Cézanne (Galerie Pigalle), in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930, S. 55-56 A propos de l'Exposition de la Galerie Pigalle, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930, S. 104-112 Picasso, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930 (Themenheft »Hommage à Picasso«), S. 155-157 Léger: œuvres récentes, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés II/ 1930, S. 190-197 Joan Miró (Papiers collés à la galerie Pierre), in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930, S. 241-243 Exposition de collages (Galerie Goemans), in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930, S. 244 Juan Gris: Texte inédit, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés II/ 1930, S . 2 6 7 - 2 6 8 L'enfance néolithique, in: Documents. Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés 11/1930 [1931], S. 35-43 Giorgio de Chirico, in: Giorgio de Chirico, Ausstellungskatalog, Galerie Flechtheim, Berlin 1930, S. 4 - 7 Barlach, in: Bronzen von Ernst Barlach, Ausstellungskatalog, Galerie Alfred Flechtheim, Berlin u. Düsseldorf 1930, o. S. Inflation der Leinwände, in: Die Weltkunst 5 1 52/1930, S. 12 Schweißfuß klagt gegen Pfurz in trüber Nacht (Fragment eines Romans), in: Front 1/1930, S. 53-61 Renoir hat ein Stück Spätantike gerettet, in: Pierre Auguste Renoir. Oleje, plastiky a kresby, Ausstellungskatalog, Galerie Evropa, Prag 1931, o. S. Art des nomades de l'Asie centrale, in: Art des nomades de l'Asie centrale, Ausstellungskatalog, Galerie de la Nouvelle Revue Française, Paris 1931, o. S. Zentralasiatische Nomadenkunst. Zur Ausstellung in der Galerie de la Nouvelle Revue Française, in: Die Weltkunst 11/1931, S. 2 u. Abb. S. 1 Zentralasiatische Nomadenkunst, in: Zentralasiatische Nomadenkunst, Ausstellungskatalog, Galerie Alfred Flechtheim, Berlin u. Düsseldorf 1931, o. S. Kleine Bilderfabrik, in: Die Weltkunst 14/1931, S. 2-3 Toulouse-Lautrec. Zur Ausstellung im Musée des Arts Décoratifs, Paris, in: Die Weltkunst 16/ 1931, S. 12 u. Abb. S. 14
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Henri Matisse, in: Die Weitkunst 24/1931, S. 4 - 5 Masks and Magic in the South Seas, in: Omnibus. Almanach auf das Jahr 1932 (hrsg. v. Martel Schwichtenberg u. Curt Valentin), Berlin u. Düsseldorf 1932, S. 103-109 Poetry is vertical, in: Transition. An international workshop for orphie creation 21/1932, S. 148149 [mit Hans Arp, Samuel Beckett, Eugene Jolas, Thomas McGreevy, Georges Pelorson, Theo Rutra, James Johnson Sweeney, Ronald Symond] Obituary: 1832-1932, in: Transition. An international workshop for orphie creation XXI/1932, S. 207-214 Anmerkung, in: Cahiers d'Art. Bulletin mensuel d'actualité artistique 3-4/1932, S. 141-144 Papiers collés, in: Hommage à Georges Braque par »Travail et culture«, Paris o. J. [1932], o. S. Picasso. Anläßlich der A usstellung in der Galerie Georges Petit, in: Die Weltkunst 24-25/1932, S. 1 - 2 u. Abb. S. 3 u. S. 8 Exhibition of Bronze Statuettes B. C. Hittite, Etruscan, Egyptian, Greek, in: Bronze Statuettes B. C., Ausstellungskatalog, Stora Art Galleries, New York o. J. [1933], S. 3-14 Braque der Dichter, in: Cahiers d'Art 1-2/1933, S. 80-82 [ohne Titel], in: Cahiers d'Art 3-4/1933 (Themenheft »Fernand Léger«), o. S. [ohne Titel], in: Juan Gris. Fernand Léger, Ausstellungskatalog (Themenheft der Zeitschrift »Cahiers d'Art«), Kunsthaus Zürich 1933, o. S. Braque et l'après guerre, in: Beaux-Arts. Chronique des arts et de la curiosité, Nr. 79, 6. Juli 1934, S. 1 u. S. 5 Tod auf Abzahlung, in: Prager Presse, Nr. 148, 29. Mai 1936, S. 9. Dekorativer Formalismus, in: Prager Presse, Nr. 22, 31. Mai 1936 (Die Welt am Sonntag. Bildbeilage), S. 3. Variété, in: Prager Presse, Nr. 183, 5. Juli 1936, S. 10 Die Kolonne Durruti, in: Buenaventura Durruti (hrsg. v. Helmut Rüdiger, Deutscher Informationsdienst der CNT-FAI), Barcelona 1936, S. 13-17 The Durruti Column, in: Buenaventura Durruti (hrsg. v. Official Propaganda Services of the CNT-FAI), Barcelona 1936, S. 24-26 La Colonne Durruti, in: Buenaventura Durruti (hrsg. v. Services Officiels de Propagande de la C.N.T.-F.A.I.), Barcelona 1936, S. 18-20 Die Kolonne Durruti, in: Neue Weltbuhne 50/1936, S. 1583-1585 Die Kolonne Durruti, in: Die Soziale Revolution. Frontzeitung (hrsg. von den Deutschen Anarchosyndikalisten u n d dem Nationalkomitee Spanien der CNT-FAI), Nr. 3, Januar 1937, S. 3 - 4 Die Front von Aragon, in: Die Soziale Revolution. Frontzeitung (hrsg. von den Deutschen Anar-
chosyndikalisten u n d dem Nationalkomitee Spanien der CNT-FAI), Nr. 12, 1. Mai 1937, S. 1 - 2 1.4. Interviews Sebastià Gasch: Unes declaracions sensacionals de Carl Einstein. Miró i Dalí - L'art revolucionan - El rol dels intellectuals, in: Meridià. Setmanari de literatura, art i política. Tribuna del Front intellectual Antifeixista, 6. Mai 1938, S.4 Carl Einstein habla de la guerra atomizada y los planos bélicos del nazifascismo, in: La Vanguardia, 24. Mai 1938, S. 5 1.5. Herausgegebene Zeitschriften Neue Blätter, Heft 1-6/1912 Der blutige Ernst. Satirische Wochenschrift, Heft 3-5/1919 [mit George Grosz], Heft 6/1919 Europa-Almanach. Malerei, Literatur, Musik, Architektur, Plastik, Bühne, Film, Mode, außerdem nicht unwichtige Nebenbemerkungen, Potsdam 1925 [mit Paul Westheim] Documents. Doctrines - Archéologie - Beaux-Arts - Ethnographie [ab Heft 4/1929: Archéologie Beaux-Arts - Ethnographie - Variétés] 1/192911/1930 [erschienen bis 1931] 1.6. Übersetzungen und Nachdichtungen Vincent van Gogh: Briefe, in: Der Merker 4/1913, S. 787-790 Vincent van Gogh: Briefe, in: Der Merker 4/1913, S.821-825 Das Dokument eines Lyrikers (Drei Briefe von Rimbaud), in: Der Merker 5/1914, S. 335-350 Vincent van Gogh: Briefe an seinen Bruder (hrsg. v. J. van Gogh-Bonger), Berlin 1914, 2 Bde. [mit Leo Klein-Diepold] Drei Negerlieder. Nachdichtung, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VI/1916, Sp. 651 Neger-Gebet, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VI/1916, Sp. 708-709 Negerlieder. Nachdichtungen, in: Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst VII/ 1917, Sp. 324 Neger-Gebet, in: Zenit 8/1921, S. 8 Chansons nègres (frz. v. Ivan Göll), in: Action. Cahiers de philosophie et d'art 8/1921, S. 15 Neger-Lieder, in: Das Querschnittbuch 1923, Berlin 1923, S. 62-63 Gustave Coquiot: Toulouse-Lautrec, Berlin o.J. [1923] Gustave Coquiot: Maurice Utrillo. Aus dem Französischen übertragen und mit einer Einleitung versehen von Carl Einstein, Berlin o. J. [1925]
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Gustave Coquiot: Kleine Geschichte vom Vater Soulié und den Händlern der Abbaye, in: Das Kunstblatt IX/1925, S. 304-309 Paul Valéry: [ohne Titel], in: Martin Hürlimann: Frankreich. Baukunst, Landschaft und Volksleben, Berlin 1927, S. V-XXVI Vincent van Gogh: Briefe an seinen Bruder (hrsg. v. J. van Gogh-Bonger), 2. Auflage, Berlin 1928, 3 Bde. [mit Leo Klein-Diepold]
1.7. Schriften nach 1940 (Auswahl) La sculpture nègre (frz. ν. Jacques Matthey-Doret), in: Méditations 3/1961, S. 93-114 Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders, Frankfurt am Main 1963 Antike und Moderne, in: Sibylle Penkert: Carl Einstein. Existenz und Ästhetik, Wiesbaden 1970, S. 44-50 Vortrag, in: Sibylle Penkert: Carl Einstein. Existenz und Ästhetik, Wiesbaden 1970, S. 51-61 Stile und Kunstwerke, in: Sibylle Penkert: Carl Einstein. Existenz und Ästhetik, Wiesbaden 1970, S. 62-69 Gestalt und Begriff, in: Sibylle Penkert: Carl Einstein. Existenz und Ästhetik, Wiesbaden 1970, S. 70-100 Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders, Frankfurt am Main 1970 (Bibliothek Suhrkamp, Bd. 419) Laurenz oder Schweißfuß klagt gegen Furz in trüber Nacht (hrsg. v. Walther Huder), Berlin 1971 (Berliner Handpresse, Bd. 31) Die Fabrikation der Fiktionen (hrsg. v. Sibylle Penkert), Reinbek bei Hamburg 1973 (Gesammelte Werke in Einzelausgaben) Die Pleite des deutschen Films, in: Anton Kaes (Hrsg.): Kino-Debatte. Texte zum Verhältnis von Literatur und Film 1909-1929, Tübingen 1978, S. 156-159 Präludium. Zur Ankündigung der Gesammelten Werke (hrsg. v. Rolf-Peter Baacke u. Jens Kwasny), Berlin 1979 Afrikanische Märchen und Legenden, Berlin 1980 Vorwort im Katalog zur »Ersten Ausstellung der Neuen Galerie«, Berlin, Oktober/November 1913, in: Kritische Berichte 4/1985, S. 6 - 7 Vorwort im Katalog zur »Sechsten Ausstellung >Neue Sezession< in der Neuen Galerie«, Berlin, 12. April-12. Mai 1914, Berlin, Oktober/November 1913, in: Kritische Berichte 4/1985, S. 8 - 9 Bebuquin, Stuttgart 1985 (Reclams Universal-Bibliothek, Bd. 8057) La collection Reber, in: Klaus H. Kiefer: Avantgarde - Weltkrieg - Exil, Frankfurt am Main 1986, S. 41-42 Bébuquin ou Les dilettantes du miracle (frz. v. Sabine Wolf), Paris 1987 (Tenderada Bibliothek)
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(hrsg. v. Rolf-Peter Baacke), Berlin
Carl Einstein. Prophet der Avantgarde (hrsg. v. Klaus Siebenhaar, Hermann Haarmann u. Hansgeorg Schmidt-Bergmann), Berlin 1991 Negerplastik (hrsg. v. Rolf-Peter Baacke), Berlin 1992 Carl Einstein erläutert den Mehrfrontenkrieg und die Kriegspläne des Nazifaschismus, in: Archiv für die Geschichte des Widerstandes und der Arbeit 12/1992, S. 9 3 - 9 6 Sterben des Komis Meyers. Prosa und Schriften (hrsg. v. Rolf-Peter Baacke), München 1993 (studio dtv) Carl Einstein u. Daniel-Henry Kahnweiler: Correspondance 1921-1939 (hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1 9 9 3 Ethnologie de l'art moderne (hrsg. v. Liliane Meffre), Marseille 1993 An die Geistigen, in: Wolfgang Asholt u. Walter Fahnders (Hrsg.): Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde f1909-1938), Stuttgart u. Weimar 1995, S. 1 6 4 - 1 6 5 Dichtung ist vertikal, in: Wolfgang Asholt u. Walter Fahnders (Hrsg.): Manifeste und Proklamationen der europäischen Avantgarde (19091938), Stuttgart u. Weimar 1995, S. 4 0 0 - 4 0 1 Traité de la vision, in: Les Cahiers du Musée national d'art moderne 58/1996, S. 3 0 - 4 9 Meffre, Liliane (Hrsg.): Lettres de Carl Einstein à Moïse Kisling (1920-1924), in: Les Cahiers du Musée national d'art moderne 62/1997, S. 7 4 123 Anmerkungen zur Methode, in: Kunsttheorie im 20. Jahrhundert. Künstlerschriften, Kunstkritik, Kunstphilosophie, Manifeste, Statements, Interviews, Ostfildern-Ruit 1 9 9 8 , 2 Bde., Bd. I, S.147-148 Georges Braque, in: Kunsttheorie im 20. Jahrhundert. Künstlerschriften, Kunstkritik, Kunstphilosophie, Manifeste, Statements, Interviews, Ostfildern-Ruit 1998, 2 Bde., Bd. I, S. 5 9 4 - 5 9 9 Bebuquin oder die Dilettanten des Wunders, in: Carl Einstein, Georg Heym u. Walter Rheiner: Nacht hing groß in den Bäumen der Allee ... Berliner Expressionismus, Berlin 1998 La sculpture nègre (frz. v. Liliane Meffre), Paris u. Montreal 1998 (L'Art en bref)
Georges Braque 2002
2.
(hrsg. v. Liliane Meffre), Brüssel
Verzeichnis der Quellen- und Sekundärliteratur
2.1. Bibliographie und Archivkatalog 2.2. Quellenliteratur 2.3. Sekundärliteratur 2.1. Bibliographie und Archivkatalog Grube, Henner: Carl Einstein. Eine Bibliographie, Mainz 1997 (Bibliographische Hefte, Bd. 4) Wurm, Carsten: Carl Einstein. 1885-1940, Berlin 2002 (Findbuch-Editionen)
2.2. Quellenliteratur Abstrakte und surrealistische Malerei und Plastik, Ausstellungskatalog, Kunsthaus Zürich 1 9 2 9 Ahlers-Hestermann, F r i e d r i c h : Der deutsche Künstlerkreis des Café du Dôme in Paris, in: Kunst und Künstler. Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe XVI/1918, S. 3 6 9 - 4 0 2 Ahlers-Hestermann, Friedrich: Von der Wirkung Meier-Graefes auf die Künstler der Zeit, in: Julius Meier-Graefe. Widmungen zu seinem sechzigsten Geburtstage, München, Berlin u. Wien 1927, S. 1 2 3 - 1 2 7 Ahlers-Hestermann, Friedrich: Pause vordem dritten Akt, Hamburg u. Berlin 1949 Alexander, Gertrud: Herrn John Heartfield und George Grosz, in: Die Bote Fahne, Nr. 99, 9. Juni 1920 Anonym: Le Mystère Cubiste. Les peintres essayent, en vain, de le percer, in: L'Éclair, 19. Oktober 1912 Anonym [er.]: Meier-Gräfe über die Zukunft der Kunst, in: Berliner Börsen-Courier, 7. Januar 1913, S. 7 Anonym: Die Schamlosigkeit der Beaktion. Einstein unter hirnverbrannten Vorwänden verhaftet, in: Die Bepublik. Tageszeitung für die deutschen Arbeiterräte, 1 4 . - 1 7 . Juni 1 9 1 9 Anonym [Katherine Sterne): Dr. Reber Sees America, in: Parnassus VII/1930, S. 23 u. S. 42 Anonym: Neue Strömungen in der Kunst. Vortrag von Carl Einstein, in: Die Weltkunst 8/1931, S. 10 Anonym: Fünf Jahre SDS in Paris. Eine Chronik, in: Der deutsche Schriftsteller 11/1938, S. 3 0 - 3 2 Apollinaire, Guillaume: Pablo Picasso, in: SIC 17/1917, o. S. Apollinaire, Guillaume: Méditations esthétiques. Les peintres cubistes (hrsg. v. Leroy Clinton Breunig u. Jean-Claude Chevalier), Paris 1965 (Collection savoir)
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REGISTER
Achmann, Josef 400 Ahlers-Hestermann, Friedrich 167 Albert-Birot, Pierre 258, 277 Allard, Roger 257 Apollinaire, Guillaume 42, 70, 71, 83, 101, 166, 189, 221, 225, 227, 241, 257-259, 267-277, 279-281, 289, 293, 297, 298 Aragon, Louis 352, 354, 361, 364, 385 Archipenko, Alexander 58, 103 Arp, Hans 253, 347, 352, 357, 361, 365, 379-385, 390, 391, 395 Babelon, Jean 330, 331 Bahr, Hermann 137 Bakst, Leon 420, 421 Barlach, Ernst 18, 35, 36, 52, 87, 400 Baron, Jacques 332 Barr, Alfred H. 399 Bastian, Adolf 298, 303 Bataille, Georges 8, 3 3 0 - 3 3 2 , 357, 363, 365, 367, 373, 420 Baudelaire, Charles 3 3 , 1 8 9 , 1 9 1 , 284, 353 Baumeister, Willi 194 Beck, Maurice 333 Beckett, Samuel 420 Beckford, W i l l i a m 283, 284 Beckmann, Max 18, 67, 141, 1 6 4 , 1 6 6 , 1 7 6 , 1 8 8 , 194, 195, 198, 204-214, 309, 310 Behne, Adolf 417 Bender, Ewald 206 Benjamin, Walter 10, 352, 379 Benn, Gottfried 283, 287, 422 Bérard, Christian 364 Bergmann, Ernst von 29, 31
Bergson, Henri 89, 102, 222, 285 Beringer, Joseph August 27 Berton, Germaine 352, 354 Bestelmeyer, German 4 0 0 - 4 0 2 , 404 Blass, Ernst 68 Blei, Franz 16 Blériot, Louis 100, 101 Bloch, Ernst 71 Boccioni, Umberto 77, 78 Bode, W i l h e l m von 296, 297, 299 Boiffard, Jacques-André 332, 334, 352 Börlin, Jan 74, 75 Brancusi, Constantin 347 Braque, Georges 6, 8, 1 6 , 1 7 , 27, 36, 52, 70, 77, 83, 96, 113, 121, 123, 138, 141, 161-166, 188, 189, 199, 213, 215, 2 1 9 - 2 2 1 , 223-227, 232-239, 241, 245-247, 250, 252-257, 259, 261, 265-269, 272, 285, 287, 311, 314-318, 352, 355, 360, 361, 379, 391, 395,419-421 Brassai 348, 349 Brecht, Bert 141, 417 Breitensträter, Hans 337 Brenner, Hildegard 407 Breton, André 253, 332, 352, 353, 355, 357, 358, 361, 371, 375, 376, 395, 396 Breton, Simone 368 Brummer, Joseph 75 Burchard, Otto 130, 137, 140 Calder, Alexander 420 Carpeaux, Jean-Baptiste 37, 41, 45 Carpentier, Georges 337 Carrà, Carlo 142
Cassirer, Ernst 16 Cassirer, Paul 50, 88, 102, 168, 169, 204. 401 Cendrars, Blaise 1 0 1 , 1 0 2 , 241, 257, 258, 417 Cézanne, Paul 18, 32, 39, 41, 42, 68, 90, 113, 118-120, 163, 168, 169, 175, 178, 185, 186, 189, 190, 199, 215, 217, 227, 232, 268, 309, 311, 314, 316, 330, 403 Chagall, Marc 161 Chaplin, Charlie 151, 337 Chardin, Jean-Baptiste-Siméon 96, 235 Chirico, Giorgio de 142, 364 Claudel, Camille 54 Claudel, Paul 16, 33, 36, 50, 87, 89, 101, 173 Cocteau, Jean 109, 113, 125 Colle, Pierre 364 Coquiot, Gustave 115, 222, 227 Corinth, Lovis 18, 20, 23, 25, 27, 1 6 8 , 1 8 9 , 190 Corot, Camille 119, 219 Courbet, Gustave 175, 179, 180, 190 Cranach d. Ä., Lucas 342, 344 Crevel, René 237, 385 Crommelynck, Fernand 101 Dalí, Salvador 348-351, 357, 358, 360-365 Däubler, Theodor 46, 50, 87 David, Jacques-Louis 175 Davringhausen, Heinrich Maria 142 Degas, Edgar 1 7 5 , 1 8 5 Delaborde, Henri 41 Delacroix, Eugène 167, 168, 173, 175, 178 Delaunay, Robert 100-103, 106, 1 6 9 , 1 7 1 , 225, 241, 258, 261, 273-275, 280, 335, 337 Delaunay, Sonia 1 0 1 , 1 0 2 Dempsey, Jack 337
490
REGISTER
Derain, André 70, 75, 9 9 , 1 0 1 , 1 1 6 - 1 2 1 , 1 3 8 , 1 6 1 , 163, 216, 222, 232, 237, 259, 268, 337 Desnos, Robert 332, 352, 353, 365 Didi-Huberman, Georges 9 Dix, Otto 8, 9, 136, 141, 142, 1 4 5 - 1 4 9 , 155, 156, 194, 405 Dongen, Kees van 32, 103 Dreier, Katherine S. 238 Dresdner, Albert 266 Druet, Eugène 39, 42, 43 Duchamp, Marcel 133, 238, 361 Duchamp-Villon, Raymond 58, 77 Dufy, Raoul 103 Dürer, Albrecht 191 Durieux, Tilla 204 Durruti, Buenaventura 421 Eco, Umberto 182 Ehrenburg, Ilja 135 Eichhorn, August 305, 306 Einstein, Daniel 5 Einstein, Hedwig 66, 67 Einstein, Maria 5, 126, 127, 420 Einstein, Nina 126, 127 El Greco 16, 171, 335, 337 Elkan, Benno 59, 60, 64, 6 6 - 6 9 , 83, 206 Eluard, Paul 385 Ernst, Max 357, 358, 361 Fechheimer, Hedwig 71 Feininger, Lyonel 194, 197, 405 Feldmann, Otto 216 Felixmüller, Conrad 126, 127 Fels, Florent 101, 237, 365 Fénéon, Félix 298 Fiedler, Konrad 11, 28, 29, 3 1 - 3 3 , 76, 80, 96, 187, 224, 251 Fiori, Ernesto de 9, 1 5 9 - 1 6 1 , 200, 337 Fischer, Theodeor 405 Flechtheim, Alfred 1 5 0 , 1 5 9 , 229, 305, 306, 309, 315, 337, 401 Focillon, Henri 16, 423 Fresnaye, Roger de la 103 Freud, Sigmund 153, 154, 163, 184, 206, 251, 352, 358, 360, 372 Friedländer, Max J. 337 Friesz, Othon 103 Gachet, Paul 90 Gasch, Sebastià 358, 359, 396 Gauguin, Paul 148, 162, 1 7 3 , 1 7 6 , 194, 309 Gennep, Arnold van 298 George, Stefan 89, 33, 401, 402 George, Waldemar 71, 385 Giacometti, Alberto 349, 357, 379, 381, 420 Gide, André 16, 33, 36, 215, 283, 417 Giotto 18 Gleizes, Albert 4 2 , 1 0 3 , 221, 261, 269, 325 Goebbels, Joseph 4 0 0 - 4 0 2 , 405
Goering, Hermann 401 Goethe, Johann Wolfgang von 32 Gogh, Vincent van 18, 90, 91, 109, 133, 1 4 8 , 1 6 2 , 168, 176, 186, 199, 222, 232, 287, 309, 403 Göll, Ivan 99, 237, 282 Gombrich, Ernst H. 5 Goujon, Jean 38, 41, 221 Graef, Botho 202 Gris, Josette 248 Gris, Juan 36, 70, 1 2 3 , 1 6 2 , 163, 166, 215, 219, 2 2 1 - 2 2 3 , 226, 227, 2 3 7 - 2 3 9 , 2 4 6 - 2 5 1 , 256, 257, 2 5 9 - 2 6 1 , 266, 287, 311, 314, 315, 320-322,324,361 Grisebach, Eberhard 196 Grohmann, Will 138, 156, 174, 422 Gropius, Walter 91, 337 Grossmann, Rudolf 36, 59, 6 3 - 6 6 , 186, 216, 315, 316, 330, 337 Grosz, George 8, 9, 9 9 , 1 2 7 , 1 2 8 , 1 3 0 - 1 3 7 , 1 4 1 , 142, 145, 1 4 9 - 1 5 6 , 194, 195, 198, 206 Guévrékian, Lyda 5, 9, 420 Guido da Siena 327 Guillaumin, Armand 180 Gutbier, Ludwig 338 Hagen, Aga Gräfin vom 204, 205 Hartlaub, Gustav Friedrich 142, 145, 148 Hausenstein, Wilhelm 5, 82, 141, 142, 169, 293 Hausmann, Raoul 1 3 0 , 1 3 2 , 134, 283 Heartfield, John 1 3 0 - 1 3 5 , 142 Heckel, Erich 194, 195, 199, 200, 400, 403, 405, 411 Heißenbüttel, Helmut 10 Henri, Florence 6, 8 Hentzen, Alfred 400, 402 Herrmann-Neiße, Max 282, 287 Herzfelde, Wieland 133 Hesse, Hermann 71 Hildebrand, Adolf von 7 , 1 1 , 18, 2 8 - 3 1 , 33, 37, 43—45, 55, 56, 58, 76, 79, 80, 82, 324 Hill, Wesley 345 Hindemith, Paul 67 Hitler, Adolf 246, 400, 401, 402, 414, 423 Hoch, Hannah 71, 275, 339, 340 Hodler, Ferdinand 18, 21 Hofer, Carl 1 9 4 , 1 9 8 , 337, 405 Hofmann, Franz 4 0 5 - 4 0 7 Hofmannsthal, Hugo von 282, 283 Holbein d. J„ Hans 191, 338 Hölderlin, Friedrich 89 Hourcade, Olivier 221 Hubert, Etienne-Alain 264 Huelsenbeck, Richard 132 Hugo, Jean 364 Ingres, Jean-Auguste-Dominique 33, 41, 42, 219 Jacob, Max 101, 257, 258, 364 Jauss, Hans Robert 271, 273
Jeanneret, Charles-Édouard 340 Johst, Hanns 71 Jolas, Eugène 420 Jordan, Wilhelm 18, 19 Jourdain, Frantz 36 Joyce, James 420, 423 Justi, Ludwig 400 Kahnweiler, Daniel-Henry 16, 70, 77, 83, 131, 145, 162, 163, 216, 219, 221, 222, 232, 237, 2 4 6 - 2 4 8 , 250, 253, 267, 268, 284, 285, 287, 310, 313, 315, 316, 324, 366, 370, 371, 378, 391, 399, 417, 419 Kandinsky, Wassily 9, 8 7 - 8 9 , 9 1 - 9 8 , 188, 194, 195, 200, 215, 335, 385, 386, 413 Kann, Alphonse 371 Kanoldt, Alexander 141, 148 Kant, Immanuel 31, 89, 192, 262 Kasack, Hermann 417 Kessler, Harry Graf 1 5 , 1 2 7 Kierkegaard, S0ren 225 Kirchner, Ernst Ludwig 1 6 4 , 1 6 6 , 1 8 8 , 1 9 4 - 2 0 4 , 402,417 Kisling, Jean 107 Kieling, Moïse 99, 100, 101, 1 0 4 - 1 1 3 , 116, 118, 120, 188, 216, 222, 236, 237 Klee, Paul 9 1 - 9 3 , 1 6 3 , 1 6 4 , 1 7 4 , 176, 1 9 4 , 1 9 5 , 200, 253, 342, 343, 365, 379, 382, 3 8 5 - 3 9 1 , 401, 405, 417 Koehler, Bernhard 169, 275, 335 Koenigswald, Ralph von 342 Kogan, Moissej 37 Kokoschka, Oskar 5 0 , 1 3 2 - 1 3 4 , 137, 164, 194, 195, 201, 407, 417 Kolbe, Georg 18 Kramár, Vincenc 423 Kraus, Karl 281, 282 Lagut, Irène 277 Lange, Hermann 380 Lasker-Schüler, Else 417 Laurencin, Marie 216 Laurens, Henri 347, 411 Le Fauconnier, Henri 16, 17, 261 Lefèvre, Frédéric 257 Léger, Fernand 36, 70, 71, 1 2 3 - 1 2 6 , 163, 166, 215, 219, 222, 223, 226, 2 3 7 - 2 4 6 , 250, 251, 256, 257, 287, 288, 311, 315, 3 2 2 - 3 2 5 , 352, 395, 417 Lehmbruck, Wilhelm 9, 36, 37, 46, 47, 4 9 - 5 9 , 69, 70, 75, 76, 82, 87, 101, 175 Leibi, Wilhelm 1 8 , 1 6 8 Leiris, Michel 332, 342, 357, 3 6 5 - 3 6 7 , 376, 420 Levy, Rudolf 99, 194 Lhote, André 103, 385 Liebermann, Max 18, 20, 189, 190 Liebknecht, Karl 127 Limbour, Georges 332, 365, 386 Lipchitz, Jacques 347
REGISTER
Lissitzky, El 135 Loos, Adolf 30 Lotar, Èli 332, 334 Louis Philipp, französischer König 138 Love, Bessie 345 Luschan, Felix von 71 Luxemburg, Rosa 127 Mach, Ernst 222, 251 Macke, August 8 8 , 1 9 4 Magritte, René 357, 361 Maguy, Alex 17 Mahler, Alma 50 Mahler, Gustav 29, 30 Maillol, Aristide 9, 15, 20, 3 6 - 4 7 , 50, 55, 56, 58, 59, 70, 75, 76, 82, 101, 160, 169, 175 Majakowski, Wladimir 417 Mallarmé, Stéphane 259, 284 Malraux, André 214, 258, 260 Manet, Édouard 1 4 1 , 1 6 8 , 1 7 5 , 1 7 7 - 1 7 9 , 309 Mantegna, Andrea 119 Marc, Franz 8 7 - 8 9 , 91, 1 9 5 , 1 9 9 , 215, 335 Mare, André 125 Marées, Hans von 18, 28, 44, 1 6 7 , 1 6 8 , 171, 174, 175 Marquet, Albert 18, 20 Massine, Léonide 280 Masson, André 163, 164, 253, 325, 332, 352, 357, 365, 366, 3 6 9 - 3 8 0 , 382, 385, 390, 405, 420 Matisse, Henri 16, 3 2 - 3 4 , 36, 48, 50, 55, 70, 87, 137, 148, 161, 168, 169, 176, 2 6 4 - 2 6 6 , 268, 272, 337, 417 Mehring, Walter 137, 421 Meidner, Ludwig 59, 61 Meier-Graefe, Julius 7, 9, 17, 38, 39, 41, 42, 46, 1 6 5 - 1 7 6 , 1 7 8 - 1 8 3 , 1 8 5 - 1 8 8 , 219, 222, 315, 322, 325, 327, 330, 337 Meister der heiligen Sippe 337 Menzel, Adolph von 175 Metzinger, Jean 42, 103, 221, 261, 269, 325 Minne, Georges 43, 44 Miró, Joan 253, 332, 357, 358, 361, 3 6 5 - 3 7 0 , 379, 385, 390, 391, 396, 420 Modersohn-Becker, Paula 194, 198 Modigliani, Amedeo 109, 113, 161, 407, 408, 411 Monet, Claude 39, 55, 1 7 8 , 1 8 0 - 1 8 6 , 1 8 9 , 1 9 0 Moore, Henry 71 Morgner, Wilhelm 88, 171 Muche, Georg 385 Müller, Otto 194, 195, 200, 403 Munch, Edvard 18, 20, 36, 5 0 , 1 9 9 , 216 Nadelmann, Elie 103 Nauen, Heinrich 194 Neumann, Israel Ber 61, 145, 204, 209, 214 Neven DuMont, Mark 150 Nietzsche, Friedrich 9, 23, 32, 33, 43, 44, 89, 163, 173, 184, 191, 192, 304, 358, 372
Nolde, Emil 192, 194, 195, 199, 4 0 0 - 4 0 4 , 407, 409, 412, 413 Norden, Eduard 16 Noske, Gustav 132 Oberländer, Hans 364 Oelze, Friedrich Wilhelm 283 Oppenheimer, Max 59, 62 Ozenfant, Amédée 226, 340 Pages, Madeleine 275 Panofsky, Erwin 339, 342 Pansaers, Clément 349 Pascin, Jules 6 7 , 1 9 4 Pascoli, Giovanni 50 Pechstein, Max 189, 194, 196, 200, 216, 403 Péguy, Charles 3 3 , 1 7 3 Pellerin, Auguste 309 Pfeiffer, Richard 414 Pfemfert, Alexandra 127 Pfemfert, Franz 5, 31, 88, 126, 127 Picabia, Francis 361 Picasso, Pablo 8, 9, 16, 27, 32, 36, 50, 52, 59, 70, 77, 81, 83, 90, 91, 108, 109, 113, 119, 123, 1 3 1 - 1 3 4 , 138, 140, 141, 161, 163, 164, 166, 1 6 8 - 1 7 1 , 174, 176, 188, 189, 193, 199, 2 1 5 - 2 1 9 , 221, 223, 2 2 5 - 2 3 3 , 235, 236, 238, 239, 241, 245, 250, 252, 253, 256, 257, 259, 2 6 1 - 2 6 3 , 266, 2 6 8 - 2 7 2 , 276, 277, 2 7 9 - 2 8 1 , 287, 297, 311, 312, 3 1 4 - 3 1 9 , 327, 330, 331, 332, 335, 337, 352, 360, 361, 371, 373, 379, 386, 3 9 0 - 3 9 5 , 405, 407, 409, 410, 413, 417 Pinder, Wilhelm 400, 405 Piso, L. Calpumius 69 Pissarro, Camille 178, 180 Poincaré, Henri 222 Poiret, Paul 102 Pound, Ezra 417 Poussin, Nicolas 32, 41, 118 Proust, Marcel 381 Puget, Pierre 45 Purrmann, Hans 194, 216 Puvis de Chavannes, Pierre 175 Raffael 119 Ramm, Maria siehe Einstein, Maria Rathenau, Waither 20 Ratton, Charles 305 Ray, Man 238, 352, 353, 361 Ray nal, Maurice 221, 257, 270 Rebay, Hilla von 413 Reber, Erna 312, 313, 314, 423 Reber, Gottlieb Friedrich 8 , 1 6 8 , 229, 233, 307, 309-318, 3 2 2 - 3 2 5 , 3 2 7 - 3 2 9 , 3 3 1 , 3 3 2 , 3 3 4 , 335,371 Redon, Odilon 268 Reinhart, Oskar 16 Rembrandt 1 3 4 , 1 3 7 , 272
491
Renard, Maurice 16 Renoir, Auguste 32, 113, 119, 168, 175, 178, 185, 186, 235, 309, 314, 337 Reverdy, Pierre 166, 221, 226, 2 5 7 - 2 6 6 , 289 Ribemont-Dessaignes, Georges 332 Riemann, Bernhard 222 Rilke, Rainer Maria 37 Rimbaud, Arthur 95 Ringelnatz, Joachim 337 Rivera, Diego 103 Rivière, Georges Henri 330, 331 Rodin, Auguste 16, 20, 29, 30, 36, 38, 39, 43, 45, 54, 55, 76 Roh, Franz 142 Rohe, Mies van der 401 Rolland, Romain 127 Rosenberg, Alfred 401 Rosenberg, Léonce 315 Rosenberg, Paul 315, 395 Rost, Nico 161 Rouault, Georges 147, 148 Rousseau, Henri 32, 9 2 , 1 3 3 - 1 3 5 , 150, 335 Roux, Gaston-Louis 253, 313, 325, 332, 357, 369, 379, 380, 424 Rubens, Peter Paul 132, 133 Rubiner, Ludwig 170, 171 Rupf, Hermann 371 Sacher, Maja 230 Sachsenhausen, Ritter Rudolf von 335, 336 Salmon, André 11, 71, 101, 111, 237, 257 Sauerlandt, Max 37 Saxl, Fritz 339, 342 Schaeffner, André 331 Scheffler, Karl 206, 2 9 4 - 2 9 7 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von 31 Scheyer, Galka 98 Schiefler, Gustav 196, 197 Schlichter, Rudolf 1 3 6 - 1 4 5 , 149, 155, 156 Schlumberger, Georges 342 Schmid-Reutte, Ludwig 8, 18, 2 3 - 2 8 , 30, 33 Schmidt-Rottluff, Karl 71, 171, 189, 193, 194, 199, 200, 400, 401, 403, 408, 409, 411, 413 Scholz, Georg 143 Schönberg, Arnold 169 Schrimpf, Georg 141 Schultze-Naumburg, Paul 400, 402, 404, 407-412 Schürer, Oscar 315 Seeckt, Hans von 132 Segonzac, André Dunoyer de 103, 125 Seurat, Georges 190, 221 Siebert, Kurt 418 Simmel, Georg 16 Simon-Wolfskehl, Tony 7, 67, 9 1 , 1 6 2 , 1 6 6 , 1 7 3 , 204,385 Sisley, Alfred 180 Slevogt, Max 175 Sokrates 349
492
REGISTER
Spengler, Helene 196 Staël-Holstein, Germaine de 189 Sternheim, Carl 76, 126 Stramm, August 95, 288 Strawinsky, Igor 331 Survage, Leopold 277 Swift, Jonathan 284 Sydow, Eckart von 159 Taines, Hippolyte 184 Tanguy, Yves 357, 361 Tappert, Georg 170, 171 Thormaehlen, Ludwig 4 0 0 - 4 0 2 Troost, Paul Ludwig 400, 401, 404 Tschudi, Hugo von 335 Tual, Roland 371 Tucholsky, Kurt 417 Turner, William 175, 180 Tzara, Tristan 100, 136, 305
Uhde, Wilhelm 318 Utagawa, Kuniyoshi 90 Utrillo, Maurice 99, 1 0 9 , 1 1 4 - 1 1 8 , 120, 161, 222 Valéry, Paul 349, 421, 422 Vallotton, Félix 268 Vasari, Giorgio 188 Vauxcelles, Louis 109, 219, 225, 232, 240, 267, 268, 316 Verhaeren, Emile 87 Vitrac, Roger 332, 352, 385 Vlaminck, Maurice de 70, 216 Vollard, Amboise 314 Waiden, Herwarth 8 8 , 1 0 2 , 274, 275 Waldschmidt, Arnold 8, 1 7 - 2 3 , 28, 30, 33, 37, 59, 69 Warburg, Aby 6, 10, 339, 341, 355, 391
Warnod, André 71 Wasmuth, Ewald 419, 425 Wasmuth, Günther 313 Wasservogel, Martin 151 Wedderkop, Hans von 337 Westheim, Paul 37, 47, 75, 91, 137, 141, 142, 144, 173, 191, 218, 237, 417 Whistler, James McNeill 180 Whitman, Walt 239 Wilamowitz-Moellendorf, Ulrich von 16 Wilhelm II., deutscher Kaiser 170, 384 Wildenstein, Georges 8, 3 3 0 - 3 3 2 Willrich, Wolfgang 414 Wölfflin, Heinrich 16, 28, 29, 286 Worringer, Wilhelm 167, 191 Zadkine, Ossip 103 Zamaron, Léon 115 Zimmermann, Hermann Karl 69
A B B I L D U N G S N A C H
Art Institute of Chicago:
165. Association
Utrillo / VG Bild-Kunst,
Bonn 2006: 68, 69. Balti-
more, Museum Lahuerta:
of Art: 204. Barcelona,
237. Basel, Öffentliche
rock / Succession 2006
Picasso
226. Berlin,
Archiv
Wolfgang
Archiv
Wolfgang
214-216,
8 - 1 0 . Berlin,
Staatliche
seen zu Berlin - Stiftung Preußischer Ethnologisches bibliothek Succession (Picasso):
Picasso
Preußischer
/ VG Bild-Kunst, Kulturbesitz
20, 21. Berlin,
tung Preußischer lin, Staatsbibliothek
Kulturbesitz
/ VG / VG
Pudelko:
211. Cambridge,
2006
Bild-Kunst -
Stif-
Bild-Kunst,
268, 269, 271. Ber-
- Stiftung Preußischer
KulGalerie:
166. Bonn,
Archiv
3, 4, 197, 198, 207, 208, 210, Fitzwilliam
Haag, Gemeentemuseum: am Ostwall:
/
- Stif-
2 7 - 2 9 , 2 6 7 - 2 6 9 . Berlinische
90, 177. Bern, Kunstmuseum: Christoph
Bonn
Staatsbibliothek
Bonn 2006 (Schmidt-Rottluff): turbesitz:
Staats-
Kulturbesitz
269, 270. Berlin, Staatsbibliothek
tung Preußischer (Maillol):
186. Berlin,
Museum:
- Stiftung
Mu-
Kulturbesitz,
Museum:
6. Dortmund,
34, 41. Dresden,
Staatliche
111.
Den
Museum Kunst-
Frankfurt
Stiftung Seebüll
Breisgau,
Paris, Archiv Jean Kisling: 62. Paris,
Seminar
2006 (Klee): 104. Freie Seminar
(Tappert):
108. Freie
historisches
Seminar:
Universität
Berlin,
/ VG Bild-Kunst,
Bonn
Universität
Berlin,
/ VG Bild-Kunst, Universität
Kunst-
Bonn
Berlin,
2006 Kunst-
1 1 - 1 3 , 15, 17, 30, 31, 33,
Forney:
164.
de Grenoble:
275. Paris, Bibliothèque
181. Paris, Deutsches
Galerie
Louise
Gra-
d'art moderne: Sammlung,
München
/ VG
Bild-Kunst,
Miró / VG
Bild-Kunst,
Bonn 2006: 2 4 2 - 2 4 6 . Succession
Bonn
Bild-Kunst,
/ VG Bild-Kunst,
Sammlung
Uwe Fleckner
2006 (Braque):
und
Berlin,
/ VG Bild-Kunst,
Bonn
105. Hamburg
lung Uwe Fleckner:
und Berlin,
Samm-
36, 39, 44, 45, 48, 102, 103,
182, 266, 276. Karlsruhe,
Staatliche
Kunsthalle:
14. Köln, Museum Ludwig: 1 2 1 , 1 2 8 . Köln, lung Herbert don,
und Barbara
Warburg
Nacional
Institute:
Centro
224. Madrid,
de Arte Reina
/ VG Bild-Kunst,
Merion, The Barnes Foundation: Pinakothek
/ VG Bild-Kunst,
Picasso
Succession
Bonn
/ VG Bild-Kunst,
2006:82.
Bonn
2006:
49, 81, 87, 139, 140, 1 4 4 - 1 5 0 , 167, 171, 174, 175, 178, 2 0 0 - 2 0 3 , 262, 264. The Heartfield munity of Heirs / VG Bild-Kunst, 83. Universität Seminar:
Hamburg,
Com-
Bonn 2006: 80, Kunstgeschichtliches
40, 119, 123, 127, 183, 184, 232, 235,
254, 274. VG Bild-Kunst,
Bonn 2006:5,
2 2 - 2 5 , 50,
5 2 - 5 6 , 5 9 - 6 1 , 63, 6 5 - 6 7 , 70, 71, 7 4 - 7 8 , 9 1 - 9 6 ,
47. Man Ray
9 8 - 1 0 1 , 109, 116, 120, 125, 126, 130, 1 3 2 - 1 3 8 ,
Bonn
2006:
73,196.
polis Institute of Arts / VG Bild-Kunst, 131. München,
Museo
Bonn 2006: 18, 19, 172.
Marcel Duchamp Succession
H. Matisse / VG
205. Mai-
Sofía:
land, Civica Galleria d'Arte Moderna: Trust, Paris
Samm-
1, 2. Lon-
Moiderings:
253.
58, 176. Staatliche
national phische
Bonn 2006: 97. Successió
Dali Foundation
Leiris:
Musée
Gala-
231, 233, 2 3 8 - 2 4 0 . Hamburg
180,
Kunstgeschichte:
Paris, Musée d'Orsay: 1 0 6 , 1 1 3 , 1 1 4 . Paris,
143, 170, 185, 1 8 7 - 1 9 3 , 212, 213, 217-221. Salvador
265, 272. Bibliothèque
Nationale:
Forum für
110, 112, 179. Paris,
LenbachNeukirchen,
Ada und Emil Nolde:
35, 42, 43, 46, 51, 64, 72, 79, 84, 85, 107, 115, 129,
2006:
im
7.
haus:
88. Musée
Galerie
im
86. Freiburg
37, 38. Freie
historisches
Städtische
Frankfurt
am Main, Privatbesitz: Kunsthistorisches
124. München,
Bonn 2006: 223.
am Main, Institut für Stadtgeschichte: Morat-Institut:
117. Berlin,
16, 26, 32.
Skulpturensammlung:
Bonn Wolfgang
Wittrock:
sammlungen,
FLC / VG Bild-Kunst,
Witt-
Bonn 2006 (Klee): 225,
227-230, 241. Berlin, Brücke-Museum: Kunstbibliothek:
José
/ VG Bild-Kunst,
263. Berlin,
(Picasso):
Wittrock / VG Bild-Kunst,
Juan
Kunstsammlung,
57. Berlin, Archiv
Kunstmuseum:
Maurice
W E I S
Minnea-
Bonn
der Moderne:
234. 2006:
118,122,
141, 142, 1 5 1 - 1 6 3 , 168, 169, 173, 194, 199, 206, 209, 222, 236, 2 4 7 - 2 5 2 , 2 5 5 - 2 6 1 , 273. Von der Heydt-Museum: Sammlung
E. G. Bührle:
89. Zürich, 195.
Wuppertal, Stiftung
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
ISBN-13: 978-3-05-003863-6 ISBN-10: 3-05-003863-2 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2006 Exklusivvertrieb für Frankreich durch die Maison des sciences des l'homme, Paris. Auslieferung: CID, 131 bd. Saint-Michel, F-75005 Paris, Tel. +33 1 53 10 53 95, Fax+33 1 43 54 80 73. Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Umschlagentwurf: Gitti Krogel, Hamburg (unter Verwendung von Rudolf Grossmanns Zeichnung Der Kritiker (Porträt Carl Einstein), 1928) Satz: Werksatz Schmidt & Schulz, Gräfenhainichen Druck: H. Heenemann, Berlin Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach Printed in the Federal Republic of Germany