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German Pages 696 Year 2023
BRIEFEDITION FRIEDRICH P R E L L E R D. Ä .
REINHARD WEGNER
BRIEFEDITION FRIEDRICH P R E L L E R D. Ä . Ich habe die Feder in Bewegung gesetzt
Impressum Einbandabbildung: Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait; Kupferstich von Conrad Geyer nach einer Zeichnung Prellers; 23,6 × 17,5 cm; Beilage zum Brief vom 6. Juni 1872 an Unbekannt (Brief 680, Abb. 55). Layout und Satz: Rüdiger Kern, Berlin Druck und Bindung: Beltz Grafische Betriebe GmbH Verlag: Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München Lützowstraße 33 10785 Berlin www.deutscherkunstverlag.de Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH Berlin Boston www.degruyter.com Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Deutscher Kunstverlag GmbH Berlin München ISBN 978-3-422-99064-7 e-ISBN (PDF) 978-3-422-80117-2
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S
I. Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . 6 II. Biographie . . . . . . . . . . . . .
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III. Die Briefe . . . . . . . . . . . . . 13 IV. Archivbestände . . . . . . . . . .
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V. Literatur (Auswahl) . . . . . . . . .
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VI. Adressaten . . . . . . . . . . . .
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VII. Register . . . . . . . . . . . . . 680 VIII. Abbildungsverzeichnis und Bildnachweise . . . . . . . . . . . 694
I . VO RWO RT
Friedrich Preller der Ältere ist vor allem mit seinen Darstellungen zur Odyssee nach dem antiken Heldenepos des Homer bekannt geworden. Diesen Gemälden und Buch-Illustrationen verdankte er im 19. Jahrhundert seine große Popularität. Klassische Motive und das Erzählen in Bilderfolgen entsprachen den Wünschen eines Publikums, das den ästhetischen Kanon der Goethezeit mit den neuen Ansprüchen der Wahrnehmung historischer Ereignisse als ins Bild gesetzte Zeiterfahrungen miteinander verknüpfte. Der in Weimar tätige Historienmaler war ein durchaus streitbarer Verfechter einer Kunst, die sich auf die Altmeister des 16. und 17. Jahrhunderts berief, allen voran auf Raffael, Michelangelo, Tizian und Poussin. Aber auch vielen seiner Zeitgenossen fühlte er sich verbunden. Scharfe Kritik richtete Preller dagegen an die Protagonisten der naturalistischen und impressionistischen Richtungen, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer weiteren Einfluss gewannen. So wundert es nicht, dass mit den ausgedienten Konzepten einer idealisierenden Historienmalerei auch Preller den Aufbruch in die Moderne nur noch als eine Randfigur erlebte. Die kunsthistorische Forschung spiegelt diese Entwicklung. Im Zeitraum von seinem Tod 1878 bis zum Gedenken an den hundertsten Geburtstag 1904 erschienen zahlreiche Berichte, Aufsätze und Monographien. Einige dienen auch heute noch als Referenzwerke. Allen voran sei die sehr kenntnisreiche und mit zahlreichen Quellen versehene Biographie von Otto Roquette: Friedrich Preller, Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883 genannt. Der Schriftsteller stand mit dem Maler in einem engen persönlichen Verhältnis. Er hatte daher nicht nur Einblicke in dessen Aufzeichnungen, Reisetagebücher und Briefe, sondern verfügte auch über genaue Kenntnisse zum Bildverständnis und zur Kunstauffassung Prellers. Eine erste Edition von Texten legte ein Verwandter der Familie mit den Briefen an die Liszt-Schülerin Marie Soest vor: Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903. Die 86 Briefe sind unvollständig, aber in längeren Passagen wiedergegeben. Der reich bebilderte Band von Julius Gensel: Friedrich Preller d. Ä., Bielefeld und Leipzig 1904 macht die Leser mit ergänzenden Informationen zu Leben und Werk, aber vor allem mit einer breiten Auswahl an Zeichnungen, Gemälden und Wandbildern des Künstlers vertraut. In den folgenden Jahrzehnten blieb es ruhig um den Weimarer Maler. Heidelberg (1954) und Weimar (1978) erinnerten an ihn mit eigenen Ausstellungen. Es ist das Verdienst von Ina Weinrautner, sich bald ein Jahrhundert nach dem Erscheinen der letzten umfangreicheren Publikationen erneut Leben und Werk Friedrich Prellers gewidmet zu haben. Ihre an der Universität Bonn eingereichte Dissertation erschien 1997 im LIT-Verlag Münster. Die Autorin trägt erstmals systematisch die an vielen Orten aufbewahrten Gemälde zusammen, ordnet und kommentiert sie. Ihr Verzeichnis der Arbeiten, das leider ohne Abbildungen auskommt, kann für sich beanspruchen, das weit dimensionierte Werk des Weimarer Künstlers in seinen Umrissen erfasst zu haben. Gleichwohl sind 6
doch nicht wenige Ergänzungen notwendig und manche Zuschreibungen zu korrigieren. Es fehlen vor allem der umfangreiche Bestand an Zeichnungen und die Druckgraphik. Der Blick auf sein Gesamtwerk lässt erkennen, dass Preller weit mehr als ein Maler heroischer Landschaften war. Zahlreiche Skizzen und Gemälde geben unmittelbare Natureindrücke wieder. Dies betrifft ebenso seine Studien im Thüringer Wald wie die Reise-Skizzen aus Italien, von den Küsten an Nord- und Ostsee bis zu den als wild und unbezwungen charakterisierten Landschaften Norwegens. Aus der unmittelbaren Anschauung der Natur schöpft Preller Kompositionen des historischen und des heroischen Bildes, wobei nicht nur die Natur, sondern die Geschichte selbst als eine Erfahrung des Erhabenen erscheinen. Darüber hinaus tritt er uns in seinen gezeichneten Portraits als ein sensibler Beobachter der ihm nahestehenden Menschen entgegen. Ein über viele Jahre und mit großer Sorgfalt auf der Grundlage stilkritischer Analysen erstelltes Werkverzeichnis von Uwe Steinbrück wird demnächst erscheinen und die noch vorhandenen Lücken im bislang bekannten Œuvre Prellers schließen. Auch wenn manche Kunstkenner und -liebhaber die Meinung vertreten, ein Kunstwerk spräche für sich selbst und die Wertschätzung eines Bildes sei stets an die Gegenwärtigkeit des Betrachtens gebunden, so können die historischen Bedingungen, unter denen ein Werk entsteht, doch wichtige Zusammenhänge erkennen lassen. Briefe bildender Künstler geben oft Auskunft über Entstehungsprozesse von Bildmotiven und Themen, Auftraggeber und Arbeitsrhythmen, über eigene und fremde Kunstkonzepte, über die geschäftlichen Beziehungen zu Kunsthändlern und zu Verlegern, über erfolgreiche wie auch über gescheiterte Projekte mit Phasen des Stolzes und des Zweifels. Briefe, die auf Reisen geschrieben werden, lassen uns das Gesehene und Erlebte lebendig vor Augen treten. Deshalb können die Briefe von Künstlern im Verbund mit deren Arbeiten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Leben und Werk leisten. Im Vergleich zu Tagebüchern und persönlichen Aufzeichnungen, die der eigenen Erinnerung oder der Überlieferung an spätere Generationen dienen, kommt der Korrespondenz eine andere mediale Präsenz zu, treten wir als Leser von Briefen doch posthum als ungebetene Dritte dem Dialog zwischen Verfasser und Empfänger bei. Friedrich Preller pflegte intensive Briefkontakte zu zahlreichen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Meistens griff er früh morgens vor dem Arbeitsbeginn zur Feder. Nicht selten schrieb er ihm sehr nahestehenden Personen auch ein zweites Mal am Tag. Wenn man bedenkt, dass er in einem Zeitraum von über fünfzig Jahren regelmäßig korrespondierte, so ist uns heute nur ein geringer Teil seines Schriftverkehrs erhalten geblieben. Die vorliegende Edition kann deshalb nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben; vielmehr soll Prellers Werdegang exemplarisch an den hier erschlossenen Quellen dargestellt werden. Manche Konvolute bleiben schmerzlich vermisst. Dazu gehören Briefe an seine Schülerinnen und Schüler Ernst Hemken, Carl Hummel, Edmund Kanoldt, Wilhelm Kemlein, Luise Stichling, Anna Friederike Storch und Sixt Thon, denen er auch viele Jahre nach Abschluss ihrer Studienzeiten verbunden blieb und die hier nur in einzelnen Dokumenten präsent sind. Ein Teil der Briefe Prellers an Marie Soest, die bei Weinrautner noch zitiert wurden, sind inzwischen verschollen. Andere Bestände dagegen können -soweit überliefert- recht vollständig publiziert werden, so Prellers Briefe an seinen langjährigen Freund 7
Bernhard Carl August von Arnswald, Burghauptmann der Wartburg, den Leipziger Verleger Alphons Dürr, den Künstlerfreund Bonaventura Genelli, die Brüder Georg Heinrich Friedrich und Georg August Christian Kestner oder auch die Briefe an Lucy Dittmer, eine seiner letzten Schülerinnen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Briefe an seine Frau Marie, geben sie doch Auskunft über die frühen Jahre des Künstlers in Italien, seine Studien im Thüringer Wald und seine späteren Reisen durch die Alpen, in das Riesengebirge und an die Nordsee. In den Briefen tritt uns ein gleichermaßen streitbarer wie feinsinniger Künstler entgegen. Wir können seine Entwicklung von den ersten Begegnungen mit den alten Meistern in der Dresdener Gemäldegalerie über seine Etablierung als Hofmaler in Weimar bis zu den späten Arbeiten für den Buchdruck aus eigener Hand nachvollziehen. Vor allem die Briefe an seinen Verleger Dürr in Leipzig belegen, mit welcher Akribie Preller die graphischen Künste zur Illustration seiner Ideale und nicht zuletzt für den eigenen Nachruhm in Anspruch nahm. Mit Zeichenstift, Radiernadel und Pinsel suchte er die Öffentlichkeit, mit der Schreibfeder blieb für fremde Augen Vieles ungesagt: die wunderbaren empfindsamen Beschreibungen landschaftlicher Schönheiten oder altmeisterlicher Gemälde ebenso wie die heftige Kritik an Großherzog Carl Alexander oder die irritierenden Komplimente für seine Schülerin Marie Soest. Alle verfügbaren Briefe werden vollständig und in authentischer Diktion wiedergegeben. In der Summe zeichnet sich das differenzierte Bild eines bedeutenden Künstlers des 19. Jahrhunderts ab. Seine sehr weit gespannten Interessen, die neben der Malerei auch die Musik, die Bildhauerei und das Theater erfassen, seine Offenheit, mit der er zahlreichen Künstlern begegnet und auch sein kunstpolitisches Wirken in Weimar lassen die eingängigen Klassifizierungen Prellers als eines Malers aus der Zeit gefallener Ideale hinfällig werden. Freilich verbindet sich mit seinem Hauptwerk, den Bildern zur Odyssee im Großherzoglichen Museum zu Weimar, auch der Anspruch eines wirkmächtigen Manifests für eine Moderne, die auf antike Mythologie und klassische Ideale zurückgreift, und selbstverständlich übte Preller als Direktor der Freien Zeichenschule großen Einfluss auf das Kunstgeschehen seiner Heimatstadt aus. Aber die Entwicklungsdynamiken des langen 19. Jahrhunderts eröffneten auch ihm neue Perspektiven. Damit ist nicht nur die Fotografie gemeint, die als modernes Medium von ihm sehr geschätzt wurde. Prellers Briefe an Genelli dokumentieren die Entschlossenheit, mit der er die Berufung seines langjährigen Freundes und Verbündeten in Fragen der Kunstkritik an die Ilm betrieb. Schließlich etablierte der Großherzog zu eben dieser Zeit um 1860 die Weimarer Malerschule als Experimentierfeld für eine neue Kunst. Preller stand also im Zentrum großer Umbrüche. Er war ihr Kritiker und Akteur zugleich. Als Arnold Böcklin an die neu gegründete Kunstschule berufen wurde, brachen festgefügte ästhetische Fronten auf. Genelli bewunderte Böcklin und mit ihm eine Bildsprache, die Antike und Moderne auf überraschende Weise verband. Seine schemenhaften Mischwesen wurden zum Sinnbild einer nach Autonomie strebenden heteronomen Kunstauffassung. Dieses Dilemma wird Preller wahrgenommen haben, auflösen konnte er es nicht.
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II. BIOGRAPHIE
25. April 1804 Friedrich Preller wird als zweiter Sohn des Zuckerbäckers Ernst Preller und seiner Ehefrau Friederike, geb. Röhrborn, in Eisenach geboren. Im Oktober nimmt die Familie ihren Wohnsitz in Weimar. 1814–1821 Besuch der Fürstlichen Freien Zeichenschule in Weimar; Unterricht u.a. bei Johann Heinrich Meyer. 1821–1823 In den Sommermonaten studiert Preller zeitweise unter Anleitung von Carl Gustav Carus die alten Meister in der Königlichen Gemäldegalerie Dresden und zeichnet nach der Natur im Elbsandsteingebirge. 1824–1826 Im Mai 1824 reist Preller in Begleitung des Großherzogs Carl August nach Antwerpen. An der Akademie und im Atelier von Mathieu Ignace van Brée setzt er seine Studien fort. Er lernt seine spätere Ehefrau Marie Erichsen kennen. 1826–1828 Im Mai 1826 Rückkehr nach Weimar. Unmittelbar danach reist Preller mit einem Reisestipendium des Großherzogs und mit Ratschlägen Goethes versehen im Juni nach Mailand. Er wird begleitet von Adolph Kaiser, einem weiteren Weimarer Stipendiaten. Es folgen zwei beschwerliche Jahre mit Unterweisungen an der Kunstakademie bei Gaetano Cattaneo. In den Sommermonaten unternehmen die beiden Stipendiaten Studienreisen durch Oberitalien. 1828–1831 Ein zweites Stipendium erlaubt Preller und Kaiser einen längeren Aufenthalt in Rom. Dort treffen sie am 15. September 1828 ein und finden bald Anschluss an den Kreis der Künstler um Joseph Anton Koch und August Kestner. Im Sommer 1830 reist Preller nach Neapel. Juni 1831 Rückkehr nach Weimar. 1832–1834 Am 1. Januar 1832 tritt Preller eine Stelle als Lehrer an der Fürstlichen Freien Zeichenschule an. Es folgen erste Aufträge für Gemälde mit Motiven aus Italien für die Großherzogin Maria Pawlowna und den Leipziger Verleger Hermann Härtel. Letzterer bietet Preller die Ausmalung seines neuen Stadthauses mit Szenen aus der Odyssee an. Ende 1832 übernimmt der Maler dann für den verstorbenen Johann Heinrich Meyer die Leitung der Kunstschule in Weimar. Am 19. Januar 1834 heiratet er die in Antwerpen geborene Marie Erichsen. 1835–1839 Zum 1. April 1835 bezieht das junge Paar eine Wohnung im Jägerhaus. Dort richtet Preller 1837 auch sein Atelier ein. Inzwischen ist der Auftrag für Härtel im Römischen Haus in Leipzig abgeschlossen. Es folgen umfangreiche Arbeiten für die Ausgestaltung des Conseil-Saales sowie des Wieland-Zimmers im Weimarer Residenzschloss. Geburt der Söhne 9
1840–1850
1851–1855
1856–1859
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Ernst (1835), Emil (1836) und Friedrich (1838). In den Sommermonaten der Jahre 1835 und 1836 verbringt Preller mehrere Wochen in der Umgebung von Eisenach und auf der Wartburg. 1837 und 1839 folgen Reisen auf die Insel Rügen, die sein Interesse an nordischen Landschaften und Mythen wecken. Von Mai bis August 1840 reist Preller mit seinen Schülern Carl Hummel und Sixtus Thon sowie dem Maler Ferdinand Bellermann nach Norwegen. Im Sommer 1841 beendet er seine Arbeiten im Wieland–Zimmer der Weimarer Residenz. Weitere Studien im Thüringer Wald und Besuche auf der Wartburg dienen der Vorbereitung für die historischen Landschaften im Conseil-Saal des Schlosses. Mehrere Kunstliebhaber erwerben Landschaftsbilder mit Motiven der nordischen Natur. Im Juni 1844 unternimmt Preller eine Reise nach Helgoland und in den Sommermonaten August und September des Jahres 1847 folgt der dritte Aufenthalt auf Rügen; Den August 1849 verbringt er mit Wanderungen im Riesengebirge. 1850 wird die sechs Gemälde umfassenden Folge historischer Landschaften für den Conseil-Saal der Weimarer Residenz vollendet. Im Juli und August 1851 unternimmt Preller eine große Studienreise durch die Tiroler Alpen. Ein Jahr später begleitet er seinen Sohn Ernst nach Rotterdam, der dort auf einem Frachtschiff anheuert. Über Antwerpen führt die Reise weiter nach Ostende. Nach der Rückkehr knüpft er Kontakte zu Franz Liszt und zu dessen Schülerin Marie Soest. Von Anfang Juli bis Anfang August 1854 reist Preller mit seinem Sohn Friedrich nach Antwerpen, Ostende, Brügge und Brüssel. Im Sommer 1855 verbindet er intensive Waldstudien bei Neuenburg mit Besuchen in Jever und Bremen. Gegen Ende des Jahres widmete sich Preller nach beinahe zwanzig Jahren wieder den Themen der Odyssee. Im Juli 1856 Besuch bei Marie Soest in Goslar und bei Georg Heinrich Friedrich Kestner in Hannover; Weiterreise nach Hamburg. Kompositionen einer Serie von Odyssee-Darstellungen, die 1857 erstmals in Jena, danach in Dresden, Berlin und Düsseldorf ausgestellt werden. Im Sommer des Jahres erneut Besuche in Goslar und Hannover. Eine erweiterte Folge zur Odyssee wird im Januar 1858 abermals in Berlin und im Herbst in München präsentiert. Großherzog Carl August erteilt Preller den Auftrag zur Ausführung wandfüllender Odyssee-Landschaften in einem eigens dafür zu errichtenden Bau. Auf Initiative Prellers beruft Carl August im Dezember 1858 Bonaventura Genelli nach Weimar. 1859 werden in Brüssel und Antwerpen die Zeichnungen zum Homer gezeigt. Preller widmet sich intensiv dem bedeutenden Auftrag für Weimar, dessen Ausführung der Großherzog mit einer Italienreise unterstützt. Ende Juni stattet er erneut Marie Soest in Goslar und Georg Kestner in Hannover einen Besuch ab.
1859–1861
1862–1868
1869–1874
Am 25. September 1859 Aufbruch nach Rom in Begleitung von Ehefrau, Sohn Friedrich, Ernst Hemken und Olinda Bouterweck mit einigen Tagen Aufenthalt in Florenz. Im Spätjahr Ausflüge u. a. nach Olevano. Der Aufenthalt in Italien dient Preller zum Studium antiker Kunst und alter Meister als Inspiration für die geplanten Wandbilder zur Odyssee in Weimar. Ein ständiger Gesprächspartner ist Peter von Cornelius. Von Mai bis Juli 1860 bereist Preller Neapel, Sorrent, Sizilien und Capri. In Neapel lernt er den Architekten Josef Zitek kennen, der in Weimar das geplante Großherzogliche Museum mit einem eigenen Saal für die Odyssee-Landschaften bauen wird. Den Herbst verbringt die Familie in Olevano. Bis in das Frühjahr 1861 entwirft Preller Kompositionen zum Homer. Daneben übernimmt er auch private Aufträge für Bilder meist mythologischen Inhalts. Die italienische Reise endet im Mai. Nur der Sohn bleibt noch weitere Monate in Rom. Die nächsten Nachrichten von Preller kommen Mitte Juni aus Karlsbad, wo er sich über Jahrzehnte hinweg regelmäßig zur Kur aufhält. Der Ärger und die Ungewissheit über den Fortgang der Planungen für den Museumsbau treten in zahlreichen Briefen der frühen 1860er Jahre offen zutage. Mit der endgültigen Entscheidung des Großherzogs für das Museum widmet sich Preller fast ausschließlich der Ausführung der großen Wandbilder. Am 3. Dezember 1862 stirbt seine Ehefrau nach längerer Krankheit. Ihr Tod überschattet die nächsten Monate; zum Frühjahr arbeitet er aber wieder intensiv an den Odyssee-Landschaften. Darüber hinaus bemüht er sich um fotografische und drucktechnische Reproduktionen seiner Kartone, von denen er sich eine bessere Wahrnehmung des Publikums verspricht. Diesem Ziel dienen auch weitere Ausstellungen seiner Zeichnungen zu Homer in Kassel und Hannover. 1863 Bekanntschaft mit Jenny Ventzky, verw. Krieger; beide heiraten im Mai 1864. Preller übt scharfe Kritik an der Entwicklung der zeitgenössischen Kunst, die vor allem mit der Gründung der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule in Weimar 1860 das Zeichen für eine Abkehr von den Traditionen der klassischen Landschaftsmalerei setzt. Er versteht seine Illustrationen zu Homer als programmatische Ansage gegen die Avantgarde. Mit dem Verleger Alphons Dürr in Leipzig plant er in der zweiten Hälfte der 1860er Jahre sorgfältig gestaltete Publikationen seiner eigenen Werke. Im Sommer 1868 Bezug des neu errichteten Hauses an der Belvederer Allee (heute Nr. 8) in Weimar. Am 27. Juni 1869 Eröffnung des Großherzoglichen Museums mit der Preller-Galerie. Dem Künstler werden zahlreiche Ehrungen zuteil, darunter die Verleihung des Maximilian-Ordens durch Ludwig II. von Bayern und die Berufung zum Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. 11
Ende August bis Ende Oktober 1869 folgt die dritte Italienreise. In Begleitung seines Sohnes Friedrich besucht er Venedig, Florenz, Rom und Neapel. 1871 löst Preller sein „Studium“ im Jägerhaus auf und bezieht das neue Atelier in seinem Wohnhaus an der Belvederer Allee. Ende des Jahres erscheint bei Alphons Dürr in Leipzig eine Prachtausgabe von Homers Odyssee mit 40 Holzschnitten von Preller. Es folgen weitere Auflagen. Hinwendung zu Themen mit Motiven aus dem Alten Testament. Neben mehreren privaten Aufträgen für Gemälde arbeitet Preller an zwei weiteren Buchprojekten, dem 1878 ebenfalls bei Dürr erschienenen „Italienischen Landschaftsbuch“ mit zehn Holzschnitten nach Zeichnungen Prellers und einem geplanten Pendant von „Deutschen Landschaften“. Dazu ist es allerdings nicht gekommen. 1875–1878 Von September 1875 bis Juni 1876 unternimmt Preller eine vierte Italienreise. In Begleitung seiner Ehefrau Jenny und deren Tochter werden Rom, Neapel und Capri besucht. Es entsteht eine Folge von Zeichnungen zum Buch Ruth. 1878 verleiht die Universität Jena Preller die Ehrendoktorwürde. Die Pläne zu einer erneuten Reise nach Italien scheitern aufgrund bereits länger währender Altersbeschwerden. 23. April 1878 Preller stirbt an einer Lungenentzündung. Er wird zwei Tage später, an seinem 74. Geburtstag, auf dem Neuen Friedhof in Weimar zu Grabe getragen.
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III. DIE BRIEFE
Als Textgrundlage dienen die Originalbriefe. Bereits publizierte Briefe oder Auszüge sind mit der Quellenangabe eigens gekennzeichnet. Der Text wird buchstaben- und zeichengetreu wiedergegeben. Manche Buchstaben sind nicht immer zwischen Groß- und Kleinschreibung zu unterscheiden. In diesen Fällen wird auf zeit- und autorspezifische Gewohnheiten Bezug genommen. Alle Formen der Texthervorhebung (Unterstreichungen, Punktierungen) werden beibehalten. Nur in wenigen Einzelfällen ergänzen die in [ ] gesetzte Buchstaben oder Wörter fehlende oder unverständliche Begriffe. Einschübe kennzeichnet Preller durch senkrechte Striche. Diese werden in der Edition durch ( ) ersetzt. Die Briefe sind chronologisch geordnet. Die erste Zeile verweist auf Ort und Datum. Bei nicht bezeichneten Briefen werden diese Angaben aus dem inhaltlichen oder zeitlichen Zusammenhang rekonstruiert; falls vorhanden, werden in diesen Fällen auch Poststempel angegeben. Kursiv gesetzte Fußnoten sind Zitate aus bereits publizierten und kommentierten Briefen. 1 Dresden, den 17. Mai 1822. An Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832). Hochwohlgeborner, gnädiger Herr Hochzuverehrender Herr Geheimer Rath und Staatsminister! Ew. Excellenz waren so gnädig, mich dem Herrn Doctor Carus zu empfehlen, wofür ich Ew. Excellenz hiermit nochmals meinen unterthänigen Dank sage. Der Herr Doctor war so gütig und bat sogleich den Herrn Inspector Demiani um eine der schönsten Landschaften von Ruisdael: das Schloss Bentheim, und ich hatte das Glück solche zu erhalten, welches ohne die gnädige Empfehlung Ew. Excellenz unmöglich gewesen wär. Ich werde mich bestreben solche mit der größten Sorgfalt und Fleiß auszuführen, und ich würde mich glücklich schätzen, wenn sie den Beyfall Ew. Excellenz erhielt. Ich bin stets mit schuldiger aufrichtigster Verehrung Ew. Excellenz unterthäniger Friedrich Preller Dresden den 17.ten Mai. 1822 Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 3.
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2 Weimar, den 16. November 1823. An Carl Gustav Carus (1789–1869), Maler und Arzt. Geehrtester Herr Doctor! Ich eile Ihren mir so werthen Brief aufs pünktlichste zu beantworten. Oft schon erkundigt ich mich, und glaubte jeden Tag die schönen Sachen zu sehen was nun hoffentlich recht bald geschieht. Das Museum ist Eigenthum des Großherzogs und befindet sich in den ehemaligen Jägerhäusern, wo das Lockal aus mehreren Zimmern besteht, die freilich nicht das allerbeste Licht haben.* Die Sammlung besteht aus alten und neuern Meistern, unter denen sich auch zwei meines Lieblings, nehmlich Ruisdaels befinden. Ferner giebts einige schöne Hollbein, Albrecht Dürer und von Holländern mehrere sehr bekannte alte Meister. Auch ist der Eintritt jeden Fremden und Einheimischen unter Aufsicht zu jeder Zeit gestattet. Dies wäre wohl die Beantwortung Ihrer Fragen. Gleich nachdem es der schlechten Witterung wegen nicht mehr möglich war nach der Natur zu mahlen, bemühte ich mich, und erhielt auch wirklich viele schöne Blätter des Waterlo von denen ich die berühmte Mühle und die sogenannte Linde vor dem Wirthshaus, die schönsten unter denen, die von hier sind, zu zeichnen beschlossen habe. Auch habe ich zwei Seltene und schön radirte Blätter des Ruisdael. Nebenbei möchte ich eine kleine Eisfahrt, aus lauter Portrais bestehend, mahlen, doch Hauptstudium sollen mir die alten Meister doch diesen Winter seyn. Auch freue ich mich unendlich künftigen Sommer wieder unter der Leitung Eur. Wohlgebohren, in Dresden zu zu bringen.** Ich bin mit aller Hochachtung Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Friedrich Preller Weimar den 16 Novbr. 1823. * Das Jägerhaus in der Marienstraße 5 beherbergte das zwischen 1822 und 1824 dort eingerichtete Museum für die Großherzogliche Kunstsammlung. ** Der junge Preller wurde auf Empfehlung Goethes in den Jahren 1821 bis 1823 für einige Wochen nach Dresden zum Studium der alten Meister geschickt, wo sich Carus seiner annahm. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Slg. Autogr. Preller, Friedrich der Ältere.
3 Weimar, den 1. Mai 1824. An Carl Gustav Carus (1789–1869), Maler und Arzt. Die Ueberzeugung Ihres herzlichen Antheils an meinem Glück läßt mich nicht länger zögern Ihnen mit meiner diesjährigen Reise bekannt zu machen. Mehrere glückliche Versuche nach der Natur, worunter vorzüglich eine Eisfahrt war, gefielen dem Herrn Geheim-Rath sehr, und durch dessen Vermittelung genieße ich jetzt 14
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das Glück mit unsern gnädigsten Herrn dem Großherzog nach Antwerpen zugehen, wo ich einige Jahre bleiben soll. Unendlich freue ich mich auf das Seewesen, was gewiß mein Lieblingsstudium seyn wird. Stoff in unzählige Bilder müssen sich da dem Mahler darbieten. Der Herr Geheim Rath fand diese Reise sehr zweckmäßig, und rieth mir dort besonders Vieh aller Art und menschliche Figur mit der Landschaft zu verbinden. Wie sehr wünschte ich freilich geehrtester Herr Doctor Ihre Meinung darüber zu hören, denn wo finde ich wohl einen Lehrer, der mir so gern und faßlich guten Rath ertheilte, wie Ew. Wohlgebohrn weswegen, wenn die Zeit nicht zu kurz wär, ich nicht verfehlt haben würde nun Ihre Meinung mündlich zu bitten, was gewiß von großen Nutzen für mich seyn würde. Ich bitte um Ihre fernere Gewogenheit und sage Ihnen und Ihrer werthen Familie herzlich Lebewohl Ew. Wohlgebohrn ganz ergebener Friedrich Preller Weimar am 1 Mai 1824. Düsseldorf, Goethe-Museum, Handschriften, Signatur: KK 4465.
4 Aachen, wohl 2. Mai 1826, [Poststempel Aachen 6. Mai]. An Marie Erichsen (1811–1862). Fragment […] liebenden Fritz verwandeln wirst. Auch meine Freunde oder Bekannten, in De Velders Hause haben mir in jeder Hinsicht noch am letzten Tage vielen Respect u Liebe erwiesen, u ich bin einiger maßen stolz darauf in so einer Manir von Antwerpen weggegangen zu seyn. Herr von Bree* auch u hat mir noch einen Brief an Sr. Königl. Hoheit mit gegeben. Nun mein einziges u bestes Mariechen bitte ich Deine Mutter von mir zu küssen sowie auch Madam Volkers u Ihr in meinem Namen nochmals für unser Glük zu danken. Wundere Dich nicht liebes gutes Mariechen meinen Brief von Weimar aus etwas später zu bekommen, da meine Reise sich verlängert, worauf ich nicht rechnete, nehmlich ich muß 3 Tage von Cöln bis Mainz zu bringen, antworte in denselben Thon wie ich schreibe. Ich bin Dein Dich ewig liebender Fritz Preller. Küß Deine Mama tausendmal * Preller befand sich auf der Heimreise von Antwerpen, wo er die vergangenen zwei Jahre an der Kunst-Akademie Unterricht bei Mathieu Ignace van Breé (1773–1839) genommen hatte, nach Weimar. Dieser Brief mit dem Poststempel Aachen 6. Mai wurde etwas verspätet gesendet, da Preller seiner Freundin bereits am 4. Mai von Frankfurt aus schrieb. Siehe Brief 5. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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5 Frankfurt, den 4. Mai 1826, [Poststempel 5. Mai]. An Marie Erichsen (1811–1862). Frankfurth am [mit Bleistift überzeichnet: Mai 1826] Mein liebes Mariechen! Noch bin ich nicht in meinem väterlichen Hause, u doch vermag ich nicht so lange zu warten, mich mit Dir zu unterhalten. Der herrliche Rhein, den ich vorher noch nicht sah, hat mich ungemein interessiert, u der Genuß war sehr groß, indem ich eine höchst interessante Reisegesellschaft hatte, in der sich besonders ein sehr munterer Rheinländer auszeichnete. Alle Beschreibungen hiervon sind zu ärmlich, deswegen erspare mir dieses, da wir früher oder später doch gewiß diese Reise gemeinschaftlich machen. Endlich hat mich das schöne Frankfurth wieder in seinen Armen, von wo ich morgen Abend also den Freitag hier mit der Schnellpost abreise u so des Sontags morgens bey meinen lieben Eltern eintreffe. Dort hoffe ich nun ganz ruhig Dir liebes Mariechen gedenken zu können, so wie Du höchst wahrscheinlich Dich seit meiner Abreise von Antwerpen beschäftigt haben wirst. Nicht allein Dein Portrait, liebes Mariechen, auch Dein Geist war mein steter Begleiter. Wie schön und liebenswürdig seh ich Dich zu Bacharach am Rhein, im Traum. Ewig erinnerlich wird mir diese Stelle bleiben nemlich, wie Du einen jungen Künstler, der in einer Kirche mit Lorbeeren umwunden auf einer Bahre liegend Deine Hand reichtest. Ich stand Dir recht gegenüber u wußte mich nicht der Thräume zu enthalten. O wär mir doch je von Schicksaal ein Lorbeer beschieden, erst dann theuerstes Mariechen würde ich ganz glüklich seyn. Wie niedrig u klein fühlte ich mich, in diesen Traum, ach würde er doch mir in Erfüllung gehen. Nie sah ich Dich mein liebstes Mariechen lebendiger u schöner, Du warst ganz in weiß gekleidet und glichst mehr einem verklärten als einen irdischen Körper. Ein ganz unerwartetes Zusammentreffen überraschte mich sehr in Coblenz. Zwei meiner frühern Bekannten aus Dresden, auch Mahler traten mir im Augenblick wo ich nach dem Schiff ging entgegen. Besonders interessirte mich der eine, als der liebenswürdigste Jüngling an Leib u Seele.* Nie hat gewiß ein Mensch der Kunst mehr geopfert, als der herrliche Junge, doch die Muse hat ihn dafür begünstigt u er wird gewiß den Preis der Unsterblichkeit davon tragen. Beym Abschied gab er mir noch einige Adresen nach Florenz u Rom die mir von großen Nutzen seyn können. Nun mein theuerstes Mariechen schließe ich u bitte nur um Deine fernere Liebe, so wie Dir ewig treu seyn wird Dein Fritz Preller. Erwähne den Briefe nicht so bald ich Dich nicht drum bitte u Deinen lieben Brief, den ich schon mit Freude entgegensehe. Küß und Grüß tausendmal Deine liebe Mutter so wie auch Madam Volkerts. Deinen lieben Namen kannst Du jedesmal küssen, denn er ist ja jetzt das einzige, was mir zu küssen übrig bleibt. Ich bin ewig Dein Fritz. * Adolf Heideloff (1802–1826), Maler. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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6 Loveno, (Villa Pensa) den 26. September 1826. An Marie Erichsen (1811–1862). […] Ach, wie unruhig bin ich jetzt und werde es noch sein, bevor ich die Antwort Deines geliebten Vaters bekomme!* Hast Du mich je geliebt, theuerstes Mädchen, so begleite das Jawort unserer Eltern mit einem langen Briefe, im entgegengesetzten Fall würde ich es nicht ertragen können, einen Brief von Dir zu sehen. Ach, wie oft gebe ich mir Mühe, mich zu überzeugen, dass es Bestimmung sei und wir glücklich sein müssten! Die Stunde, die Dir allein jeden Tag gewidmet ist, soll auch heute eine Unterhaltung mit Dir sein. Alle Capellen rufen zur Vesper, und die Heerden ziehen unter dem einfachen aber anziehenden Glockentone heim. Das ist mir die angenehmste Stunde, wenn ich meine Arbeit vollendet. Es ist so feierlich, wie jeder eilt, noch den Segen zu erhalten, bevor er den Tag schliesst. Munter kehren dann die Hirten zurück und singen ihr Lied, bis sie wieder ihre Almen ersteigen. So senkt sich dann der milde Abend in die herrlichsten Thäler, indem noch hoch über den Wolken die Spitzen der Berge glühen. Ruhe herrscht überall, und wir begleiten mit der Guitarre ein simples deutsches Lied, bevor unser einfaches, aber ächt italienisches Abendmahl uns einladet, welches gewöhnlich in Feigen, Pfirsichen, Weintrauben, Melonen, Wein und schlechtem Brod besteht. […] Ach, wie oft werde ich Dir von diesem Lande erzählen, wenn ich glücklich zurückkehre! Nichts gleicht bei mir der Seligkeit, nach glücklicher Reise, wieder in Deine Arme heimzukehren. Wie oft und gerne male ich mir die schönsten Bilder dieser Zeit, die immer eins das andre verdrängen! […] * Preller hatte in einem Brief vom 4. August 1826 an Maries Vater um die Hand von dessen Tochter gebeten. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 37–38.
7 Mailand, im Dezember 1826. An Marie Erichsen (1811–1862). […] Freue Dich mit mir, mein einziges Mädchen! Frischer Muth beseelt mich jeden Morgen, und so wird bald die Zeit und die Vollendung unserer Arbeiten heranrücken. Die Atteste eines grossen Kenners, dem ich hier empfohlen bin*, mögen Sr. Königl. Hoheit die Hoffnung gegeben haben, etwas Gutes von mir zu sehen. Noch höchstens fünf Wochen, und es werden fünf Bilder vollendet sein. Von mir erhält der Grossherzog eine grosse Morgenlandschaft,** und eine kleine in Nachmittagslicht, von meinem Freunde*** erhält er zwei kleinere Abendlandschaften, und meine guten Eltern sollen sich endlich auch einer kleinen Arbeit von mir erfreuen. Möge nur der Himmel die Vollendung glücken lassen! […]. * Gaetano Cattaneo (1771–1841), Maler, tätig an der Akademie der Künste in Mailand, Direktor des Münzkabinetts. ** Das Gemälde Flusstal im Gebirge befindet sich heute in der Hamburger Kunsthalle. *** Adolf Kaiser (1804–1861), Landschaftsmaler, Stipendiat des Großherzogs Carl August. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 40.
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8 Mailand, im Frühjahr 1827. An Marie Erichsen (1811–1862). […]. Die Bilder* sind ganz zur Zufriedenheit des Grossherzogs, der Frau von Heygendorf,** Goethes und mehrerer Kenner ausgefallen. Der Grossherzog lässt mich durch den Vater seine Zufriedenheit schreiben; er konnte nicht die Zeit erwarten ehe sie ankamen, und schickte alle Woche zwei bis dreimal zum Vater, um etwas von mir zu erfahren. Die erste Äusserung soll gewesen sein: „Nun es freut mich sehr, bei dem ist das Geld gut angewendet!“ Du glaubst nicht, theuerstes Mariechen, wie ich mich glücklich fühle! Sie wurden zuerst beim Grossherzog aufgestellt; dann in der Grossherzogin ihrem Audienzsaal, und später soll sie Goethe gehabt haben, bevor sie zum Grossherzog zurückgebracht wurden, wo sie jetzt noch stehen. […]. * Siehe Brief 7. ** Henriette Karoline Friederike Jagemann von Heygendorff (1777–1848), Schauspielerin und Theaterintendantin in Weimar. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 40–41.
9 1827 (?) An Marie Erichsen (1811–1862). […] Möchte doch die himmlische Muse nur um Deinetwillen, mir günstig sein, und mich als ihren eifrigen Schüler mit Gelingen in meinem Streben erfreuen! Ja, ich hoffe, dass sie den, der ihr mit inniger Liebe sich geweiht, auch Gegenliebe schenkt, das Herrlichste, Schönste, was dem Strebenden beschieden ist, um Dich, einzig geliebtes Mariechen, nicht mit meiner Person allein, sondern mehr noch mit meinem Talent glücklich zu machen. […]. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 39–40.
10 Mailand, im Februar 1827. An Eline Erichsen (1771–1856), Mutter der Marie. […] Ob ich’s Glück oder Unglück nennen soll, weiss ich im Augenblick selbst nicht, da es unbezweifelt auf der einen Seite für mich das grösste Glück ist das jedoch von der andern betrachtet, von mir und meiner ewig geliebten Marie als ein Strich durch unsre Rechnung, und mithin als Unglück betrachtet werden könnte. Hoffentlich werden Sie meinen Charakter genau kennen, da ich mich Ihnen bei jeder Gelegenheit so zeigte, wie ich bin. Ich schwur meiner ewig geliebten Marie, und in Ihrem Beisein Treue, auch jetzt wiederhole ich feierlich 18
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denselben Schwur. Ich werde ihn nie brechen, und sollte es mein Leben kosten, auch bin ich’s von meiner Marie gleicher Weise überzeugt. Hören Sie, liebe Mutter, was sich zugetragen. Schon früher meldete ich meiner Marie, dass Herr Cattaneo, dem ich von Sr. Königl. Hoheit dem Grossherzog empfohlen war, um Verlängerung meiner Zeit in Italien, ohne mein Wissen den Grossherzog gebeten hatte, doch glaubte ich nicht, dass es sich so machen würde. Sie liessen mir damals durch Mariechen schreiben, Sie lebten ja nur für Ihre Kinder, und entschlossen sich demzufolge, meine Rückkunft in Antwerpen abzuwarten. Ich war der Glücklichste, den die Welt trug, denn wie wir lieben, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen. Heute erhielt Herr Cattaneo einen Brief vom Grossherzog, der für mich der glücklichste ist, den ich erwarten konnte. Der Grossherzog zeichnet mich sehr aus, er schreibt mir vielleicht zu viel Talent zu, und demzufolge wäre es eine schwere Lage seinen Wünschen Genüge zu leisten. Er sagt unter Anderem: „Ich empfehle Ihnen ganz besonders den jungen Preller, dessen ausgezeichnete Talente auch Sie kennen werden. Er hat sich bei van Bree in Antwerpen ausgezeichnet, und dieser entliess ihn mit der schönsten Hoffnung sich in Italien ganz auszubilden. Ich kenne ihn, ich verspreche mir viel von ihm. Dies sind die Worte des Grossherzogs, die Niemand von mir hören wird, als Sie, geliebte Mutter, weil es Kindespflicht ist und hierher gehört. Demzunächst verspreche ich ihm seine Pension mit dem andern jungen Künstler, Kaiser, auf zwei Jahre länger und erwarte beide zu Michaelis 1830 als tüchtige Künstler zurück. Sie bleiben die zwei ersten Jahre in Mailand, und die andere Zeit ist von ihnen das übrige Italien zu bereisen. In einem andern Brief meldet er Herrn Mylius Gleiches und sagt, was mich sehr rühret: Ich danke Ihnen für die guten Nachrichten von meinen jungen Leuten. Ich habe ihnen ihre Zeit verlängert und wünsche, dass sie brav zurückkehren. Es sind meine letzten Zöglinge, denn ich lebe nicht mehr lange, doch diese hoffe ich noch zu sehen. „Wer sollte nun dieser höchsten Gnade nicht dankbar entgegenkommen? Diesem zufolge habe ich für mein künftiges Glück also nichts mehr zu fürchten, da wir die einzigen sind, die er so ausgezeichnet hat. „Da ich nun nicht im mindesten Ihre Lage und Verhältnisse kenne, die sich noch vor Kurzem durch das Unglück Ihres geliebten Gemahles veränderten*, so bleibt mir jetzt nichts übrig, als Sie, liebe Mutter, um Ihre und Mariechens Entschlüsse zu bitten. Ich zittre, wenn ich mir denke meiner einzig Geliebten vielleicht durch meine Bekanntschaft ein früheres und vielleicht grösseres Glück verscherzt zu haben. Ich würde ihr zu Liebe Alles opfern, selbst ihr entsagen, könnte ich mir denken, dass sie glücklicher wär, als mit ihrem Fritz. Heilig ist unsre Liebe, und ich würde selbst bei Entsagung ihrer Hand, dieselbe bewahren, mich, das schwöre ich beim Höchsten, nie vermählen, und auf das Höchste, die eheliche Glückseligkeit Verzicht thun, und, meiner ersten und einzigen Liebe treu, mein dann für mich trauriges Leben auch unter den kläglichsten Umständen zubringen. Jetzt, geliebte Mutter, wissen Sie Alles, was mir als Ihrem Sohn die Pflicht gebietet! Ich bitte jetzt nur noch mir so schnell als möglich Ihren Entschluss wissen zu lassen. Die Trennung ist um drei Jahre länger. Was es sei, so getrennt zu leben, begreifen Sie wohl, es ist die grösste Prüfung, obgleich ich mir immer vorsage, ihr folgt auch die höchste Seligkeit. O! wie wird mein Mariechen weinen! Trösten Sie die himmlische Seele – und bringen Sie ihr den Inhalt dieses Schreibens so schonend als möglich bei. Sie sind erfahrener, und deswegen hielt ich für das Beste, Ihnen selbst Alles zu schreiben. […]. 19
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* Kapitän Erichsen ist im Spätjahr 1826 auf seiner Heimreise nach Antwerpen verstorben. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 41–44.
11 Mailand, den 17. Februar 1827. An Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828), Großherzog. Durchlauchtigster GrosHerzog Allergnädigster Landes Fürst und Herr! Herr Catagno hat die hohe Gnade Ew: Königlichen Hoheit selbst höchst erfreut darüber, mir bekannt gemacht, wonach ich nun das Glück habe, das herrliche Italien durch die gnädigste Verlängerung meines Aufenthalts bis zu Michaelis im Jahre 1830 zu meiner höhern weitern Ausbildung in der Kunst bereisen zu dürfen; daher sey es vorerst meine heilige Pflicht Höchst Denenselben die Versicherung meines unterthänigsten Dankes zu Füßen zu legen. Die von Ew: Königlichen Hoheit mir gnädigst vorgezeichnete Zeit, bis zum Herbst 1828 werde ich unter den weisen Rath des Herrn Catagno, bevor ich noch ein gutes Bild in Mailand hier copirt habe, in den schönen Thälern an dem See von Lecco und Como mit dem Studium der Natur zubringen, um dann mit der Wiederkehr des Winters wieder Ew: Königlichen Hoheit einige meiner Arbeiten unterthänigst zu Füßen legen zu können. Den höchsten Befehl von Ew: Königlichen Hoheit zu Folge, suchte ich auch die Ackademie in Mailand zu besuchen, doch einer ausdrücklichen Verordnung gemäß die jeden Fremden den Zutritt versagt, blieben selbst die Empfehlungen des Herrn Catagno und Herrn Myluis in Mailand fruchtlos, und erst vor wenig Tagen kam die Genehmigung aus Wien zurück, und ich werde gewiß die noch übrige Zeit in Mailand und bey meinen künftigen Aufenthalt im südlichen Italien nicht vernachlässigen was mich in den Studium der Figur vorwärts bringen könnte, da es dort Fremden wie Einheimischen erlaubt seyn soll, an allen Theil zu nehmen; obgleich ich bezweifele daß die Vorlesungen in den verschiedenen Fächern, wie zu Antwerpen, irgendwo in Italien zu finden sind, und ich vermag Ew: Königlichen Hoheit für die hohe Gnade zu danken, die mich in das Attelier des trefflichsten Meisters des Herrn Van Brée brachte, dessen unschätzbare Lehre und Rath stets mein Leiter seyn wird. In schuldigster tiefster Ehrerbietung Ew: Königlichen Hoheit unterthänigster Friedrich Preller Mailand 17.ten Februar 1827. Klassik Stiftung Weimar, GSA 30/256. Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 4–5 mit einer Notiz von Carl August und bei Hugo Blank: Weimar und Mailand. Briefe und Dokumente zu einem Austausch um Goethe und Manzoni, Heidelberg 1992, S. 324.
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12 Menaggio, im Oktober (?) 1827. An Marie Erichsen (1811–1862). Fragment […] Kirchgeläute der unter uns liegenden Dörfer. Die Schiffe auf dem Comersee erscheinen uns nicht größer wie Fliegen und der Ort Loveno lag so tief unter uns daß wir nur einen schwarzen Flecken sahen. Nach dem Aufenthalt von einer Stunde traten wir die Rückreise an, fanden sie aber weit beschwerlicher als das Aufsteigen denn was wir auf Händen u Füßen erglimt hatten, u die fürchterlichen Schlunde, die wir beym Aufsteigen nicht sahen, da wir nur auf das sahen was wir erglimten, konnten wir nicht absteigen. Felsen von 200 Fuß u drüber hatten über die Breite von 4 höchstens 5 Fuß u doch half nichts wir mußten darüber um nicht elend zu erfrieren. Die größte Noth hatten wir mit unsern Landsmann, der die Stiege nicht gewöhnt war u daher sehr ängstlich wurde. Unsere langen Stöcke thaten uns gute Dienste mit denen wir uns gegenseitig halten mußten. So langten wir unter großen Beschwerden Nachmittags 5 Uhr wieder glücklich in Loveno an. Sie war der Beschluß unserer Bergreisen für dieses Jahr denn die übrige Zeit bringen wir hier zu u machen vielleicht eine kleine Reise nach dem Lago Maggiore, wo es nur unbedeutende Berge sind. Zwei Tage danach reiste unser Freund ab, dem ich einen Brief an meine Eltern mitgab, da er vielleicht diesen Winter in Weimar zubringen wird. Wie komisch wird uns das geliebte Brabant vorkommen, wo man keinen Hügel, viel weniger Berge sieht, doch wird es wenigstens mir immer theuer bleiben, da hier der Anfang meiner glücklichsten Tage war. Zwei u ein halb Jahre wird unser Aufenthalt nur noch dauern, u dann treten wir die schöne Reise durch die Schweiz nach den Niederlanden an. O wie freue ich mich schon darauf [Papierausriss] Tag wo wir nach Antwerpen kommen, kann ich nur nicht schon ge[Papierausriss] Gewiß liege ich schon die erste Stunde in den Armen meiner geliebten Marie. Wie wünschte ich der Zeit Flügel, aber jetzt möchte [ich] ihr die größten geben, wenn es in meiner Macht ständ. Wie geht es denn bey De Volders? Schreib mir doch etwas hierüber. Meine Eltern u Geschwister die sich alle wohl befinden, lassen Dich aufs herzlichste grüßen u sehen Deiner lieben Briefe mit jeden Tag entgegen. Jetzt theuerstes Mariechen schließe ich mit der Bitte die gute Mutter sowie Madam Volkers Aron nur herzlich zu grüßen u ja nicht zu säumen Deinen Fritz zu schreiben. Ich küsse Dich tausendmal und bin Dein dich ewig treu liebender Friedrich Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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13 1828. An Marie Erichsen (1811–1862). […]. Nie fühl’ ich mich glücklicher als in der Campagna (es ist die Gegend von Monti di Brianza gemeint) wo ich ganz einsam und still leben kann. Dann bin ich wieder der, der ich vordem war, zufriedener mit mir selbst, vom Geräusch der Welt entfernt, und lebe meiner Liebe und der Kunst. Hierzu kann nur Italien geschaffen sein. Ich liebe es mit jeder Stunde mehr, und kann mir nicht vorstellen, wie ich es ertragen soll, künftig mein Leben in Deutschland zuzubringen, so lieb mir ewig mein Vaterland bleiben wird. Doch für den Künstler gibt es nur ein Italien. Leicht würde es mir werden, für ewig dem lieben Deutschland Lebewohl zu sagen. Auch du, mein einziges Mariechen, würdest gewiss deinen Fritz begleiten. Alles vereinigt sich hier, den Maler zu fesseln, und ewig wird er’s betrauern, wenn er genöthigt ist, es wieder zu vertauschen. Italien muss gesehen und nicht beschrieben werden! […]. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 51.
14 Mailand, den 4. Februar 1828. An Marie Erichsen (1811–1862). Fragment
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Mailand d.4 Februar 1828. Ewig einzig geliebtes Mariechen! Wie unendlich mich Dein liebevoller Brief von 17 Januar, gestern eingetroffen, erfreut hat, und immer erfreuen wird, darf ich wohl nicht erst sagen, hingegen aber Dich sehr bitte nicht so lange in Zukunft wieder das Schreiben auszustellen da es bisher mich sehr beunruhigte, nach Verlauf von 3 Wochen nicht das mindeste von meinen Liebsten in dieser Welt zu hören. Mir schien nichts sicherer als eine Krankheit könnte diesen Aufschub veranlaßt haben, und diese Angst erlaubte mir nicht die Feder zu ergreifen um näheren Aufschluß zu erhalten, indem mit diesen Brief für mich sehr schmerzliche Nachrichten verbunden gewesen wären, deshalb bitte Dich nochmals inständig Dir das [Papierausriss] gesetzte Zeit nicht zu verlängern, oder auch in diesen Fall […] nur dann bestimmt beyzubehalten. Versprichst Du Deinem Fritz diese Bitte? Doch ich bins überzeucht. Wie sehr ich mich freue bey der Nachricht, daß Du so liebe Briefe von meinen Eltern erhalten hast, glaubst Du nicht theuerstes Mariechen, möchtest Du so wie sie recht bald das Vergnügen haben Euch persönlich kennen zu lernen! Lange schon ist, daß ich keine Briefe von ihnen erhielt, doch freue ich von Dir zu hören daß sie wohl sind und, mein sehnlicher Wunsch ist daß sie es wenigstens bis zu unserer Ankunft bleiben möchten, doch fürchte ich sehr, da die liebe Mutter so sehr u oft manchen Uebel unterworfen war, die ihre mir so theure Gesundheit untergraben haben. Ach! kenntest 22
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1. Anton Krüger: Friedrich Preller d. Ä., Zeichnung, 1828.
Du diese herrliche Frau. Sie war werth meinen braven Vater durchs Leben zu begleiten; ihre Ehe war nur eine Reihe schöner Bilder und ich wünsche nichts mehr als daß sie es ungetrübt bis an ihr Ende seyn möchte. Wie ergreifend ihre wenigen Zeilen jedes mal für mich sind, kann ich nicht beschreiben, da ihre einzigen Wünsche immer nur die sind, ihre geliebten Kinder wieder bald bei sich zu sehen, von denen sie so früh für so lange Zeit [die folgende Seite fehlt]. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
15 Anfang Mai 1828. An Marie Erichsen (1811–1862). […] Die Momente möchte ich sehen, in denen sich mein Vater mit diesen Sachen* beschäftigt, der so ganz für die Kunst eingenommen ist, und mich ihr gleichsam in die Arme führte! Jeder Strich wird ihn interessieren. Ich schicke gegen 200 Blätter, theils gemalt, 23
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theils gezeichnet, da wird er sich wohl einige Stunden damit vertreiben können. […] Der herrliche Mann [= Carl August] hat mit seinen jungen Künstlern viel Unglück gehabt. S. hat in Antwerpen wenig gelernt, ein zweiter, der in Dresden studirte, kehrte verheirathet zurück und zog sich dadurch seine förmliche Ungnade zu. Unter den älteren in Weimar zeichnet sich keiner aus, und der talentvollste, mein unvergesslicher Alfred (Heideloff ) musste in Paris sein junges Leben verlieren. In Rom starb auch der vielversprechende Horny, und somit ist nur uns beiden die schwere Pflicht auferlegt, etwas tüchtiges zu lernen, um uns Jedem unter die Augen stellen zu können. […] * Preller schickte im Mai 1828 zwei Gemälde für den Großherzog und eine Mappe voller Studien für seine Eltern nach Weimar. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 51–52.
16. 1. Juli 1828. An Marie Erichsen (1811–1862). […] Unser alter braver Grossherzog ist gestorben!* Ein Fall, der vielleicht auf mein ganzes Leben einen grossen Einfluss hat, da die Verhältnisse mit dem Erbgrossherzog ganz andere sind. Für unsere Reise und Studien hat es nicht den geringsten Nachtheil, da der alte gute Herr, vielleicht ahnend, uns nicht wieder zu sehen, alles schriftlich niedergelegt hat. Aber, dürfte ich mich der Gnade des Erbgrossherzogs auch schmeicheln und in Zukunft die besten Aussichten haben, der Alte wird nicht allein mir, sondern dem ganzen Lande nie ersetzt. […] Ich habe den Brief meines Vaters erhalten und den traurigen Fall nun umständlich erfahren, doch bitte ich Dich herzlich, erlass mir die Erzählung, vielleicht wird Dir der Vater selbst davon schreiben. Ich habe sehr viel verloren! Der gute alte Fürst hat meinen Brief noch gelesen und sehnlichst gewünscht, meine Arbeiten zu sehen, doch sie kamen erst drei Tage nach seiner Abreise an. […] * Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach starb am 14. Juni 1828 auf Schloss Graditz bei Torgau. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 52–53.
17 Merate, den 7. Juli 1828. An Ludwig Gruner (1801–1882), Kupferstecher.
Abb. 2
Merate am 7.ten Juli Endlich! lieber Gruner befinde ich mich wieder in meinem Reich, froh das vert.— Mailand wenigstens für einige Zeit quittiren zu können, doch damit nichts mir fehle erinnere ich Dich hiermit an den wohlbekannten kleinen Pfester, der sich wenigstens eben so gut wie sein Herr hier befinden wird. Der Bote der Dir den Brief überbringen wird, ist, im Fall 24
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2. Friedrich Preller d. Ä.: Wilhelm Heinrich Ludwig Gruner, Zeichnung, um 1828.
der Hund leiden sollte, von mir zum Tode verdammt, deswegen wenn Dir eines Menschen Leben lieb ist, empfiel Ihn selbst nochmals seiner menschlichen Fürsorge. Herrn Hartmann,* Director der Königlich Sächsisch. Akademie der schönen Künste, traf ich zufällig gestern auf der piazza marokante u wünschte ihn somit glückliche Reise. Wahrscheinlich werden sie schon einige Meilen weiter von Mailand seyn als ich, doch fragt sichs, ob vergnügter? Säume auch Du altes treues Haus nicht recht bald zu kommen damit wir einige Tage froh im Genuss dieser herrlichen Natur verleben können. Nichts geht doch über das Malerleben unter Leuten; schlicht, schlecht und recht, wie diese hier, obgleich sie nicht so weit von Arbosto wohnen. Mit einiger Betrübnis sehe ich oft nach der Gegend hin, die mir einige meiner unglücklichsten Tage des Lebens bereitete. Nochmals bitte ich den Pfester gut an zu empfehlen u bald mich zu besuchen. Grüße Kaiser wenn Du ihn siehst, die Zeit ist zu kurz auch ihm zu schreiben da der Bote eben abgehen will. Dein wahrer Freund Friedrich Preller. * Ferdinand Hartmann (1774–1842). SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,561.
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18 Rom, den 18. September 1828. An die Eltern Johanna Wilhelmine Friederike Preller, geb. Röhrborn (um 1771–1834) und Johann Ernst Preller (1777–1834), Bäcker und Konditor. […] Obschon den 3. Tag hier, bin ich wie in einem Traum, und hätte ich nicht S. Pietro gesehen, ich würde nicht glauben, wirklich in der berühmtesten Stadt der Welt zu sein. Ich eile nicht, ihre Heiligtümer zu sehen, sondern gehe schon in einigen Tagen auf das Land, um mich nur ein wenig wiederzufinden und dann ruhig alles hier genießen zu können. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 27.
19 Rom, den 31. Dezember 1828. An Marie Erichsen (1811–1862). […] Eben schlägt es 12 Uhr von San Pietro. […] Der Ausländer bleibt hier ewig Forestiere (Fremdling), weswegen mancher sich unglücklich schätzt, der sich mit den schönsten Hoffnungen auf den Weg machte. Auch hier tut wahre Liebe Wunder, der Liebende ist nie allein. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 36.
20 Rom, Ende März 1829. An Marie Erichsen (1811–1862). […] Ach möchte ich doch erst zufriedener mit mir selbst sein! Nie, darf ich wohl sagen, empfand ich härter, wie schwer die Kunst sei und ich würde mich nicht entschlossen haben etwas auszuführen, hätten mich mehrere meiner Freunde nicht gleichsam gezwungen. Aller Muth und Liebe schwand, und ich versichere Dir, ich habe zuweilen Todesangst ausgestanden! Nur momentweise erwärmt mich das eigentliche Feuer, was dem Künstler eigentlich nie verlöschen sollte. Oft bedaure ich so viele hiesige Künstler, die glücklich sind und langsam ihren Weg fortsetzen, und spät erst, vielleicht garnicht, zur Besinnung kommen. Wenige beneide ich, denn nur Wenige unter der grossen Zahl sind auserlesen und zu grossen Künstlern bestimmt. Sieh, meine einzig geliebte Marie, so ergeht es Deinem armen Jüngling, der sich gewiss mit ganzer Liebe in die Arme der Kunst warf ! Könnte ich nur erst mit der mir eignen Ruhe weiter gehen, doch diese scheint nie wieder zu kehren, solange ich im Trubel umher irre. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 69.
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Ich habe geweint, als ich sah, mit welcher Liebe das Volk auf den Knien den heiligen Vater um seinen Segen anrief. Rührend war es, den ehrwürdigen Greis, Freudentränen vergießend, dem Himmel für diese Liebe dankens, das Volk segnen zu sehen. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 37.
21 Civitella, den 2. September 1829. An die Eltern Johanna Wilhelmine Friederike Preller, geb. Röhrborn (um 1771–1834) und Johann Ernst Preller (1777–1834), Bäcker und Konditor. Teil-Abschrift des Vaters Civitella, am 2.ten Septbr 1829. Liebe Eltern und Geschwister! Ich grüße Euch herzlich und zwar von einem der höchsten Punkte im ganzen Sabinerbergen, wohin mich später vielleicht die schöne Natur gezogen hätte, für jetzt hat mein Hierseyn einen andern Grund. Mein Freund Marinus* aus Antwerpen mit dem ich schon mehrere Monate in Olevano verlebt hatte, verließ mich, um eine Reise durchs Gebirg zu machen, hielt sich einige Zeit hier auf und erkrankte. So lange dies Uebel nicht gefährlich war, wußte ich von nichts, doch schon am 3ten Tage erhielt ich einen Brief, der mich keinen Augenblick länger in Olevano verbleiben ließ. Gott sey es gedankt, er ist genesen, sowie auch ich, denn vielleicht die ungewohnte Luft oder eine starke Erhitzung hatte auch mir ein Fieber verursacht, was mich 9. Tage im Bette hielt. Noch habe ich einiges hier zu arbeiten doch in der Mitte Septembers gedenke ich nach Rom zurückzukehren, um an die Arbeit zu gehen, die ich für Seine Königliche Hoheit bestimmt habe. Ich kehre ohne alles Geld nach Rom zurück, denn wie ich Dir schon früher schrieb lieber Vater, muß ich ja um auszukommen das Geld des künftigen Monats immer früher haben. Ich schreibe Dir deshalb, um Dich hierüber zu erkundigen, denn Herr Mylius** schreibt mir in einen vor einigen Tagen erhaltenen Brief folgendes: Ich übertrage den Herrn Brancadori hiemit die neuerdings gefragten Auslagen von 7 Scudi 67 Baj. hoffe auch, daß die früher gesendeten 13 Sc. 11. B. nicht in unrechte Hände gekommen sind, spricht jedoch kein Wort davon, daß auch H. Brancadori künftig die Ausgaben bezahlen soll. Wie ist es nun also möglich durchzukommen. Ich habe nichts, als jeden Monat das gewöhnliche Monatsgeld zu heben, was noch nicht hinreicht, ohne Noth das Leben in Rom durchzubringen. Wovon soll ich mir das Nöthige zur Arbeit kaufen? also Geld borgen – jetzt wer borgt? – und nun erst nach Mailand 3–4. mal schreiben, ehe ich vielleicht etwas wieder erhalte. Jetzt ist es ein Jahr, daß ich in der größten Noth lebe. Mir wäre geholfen, wenn ich nur 4 Scudi monatlich mehr hätte, denn in den Jahren die ich nun weg bin, mögt ihr lieben Eltern wohl glauben, daß alles schlecht geworden ist, womit Ihr mich bei der Abreise ausstattetet. 27
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Herr Mylius schreibt mir ferner: Ich werde nichts thun, so sehr ich einsehe, daß Sie Noth leiden, was nicht von Weimar aus geschrieben wird, daher wenden Sie sich künftig in allen direct nach Weimar. Folglich ist wegen der Auslagen noch gar nichts geschehen, und ich kenne nun den einzigen Weg Sr. Königlichen Hoheit selbst die Sache klar vorzustellen. Bedenkt lieben Eltern, wie unglücklich dem ist, der so weit von den seinen, Noth leidend, noch die schwere Pflicht hat, die ihn in bessern Umständen so süß ist, Seinem Vaterlande zu zeichen suchen, daß er die Gnade des Fürsten verdient. Wie ruhig und glücklich würde ich seyn, wenn Sr. Königliche Hoheit mir nur jene kleine Zusage gewährte, die mich in den Stand setzte, blos auf die Kunst zu denken. Die unendlichen Beweise seiner Gnade lassen mich auch dieses hoffen. Ich bin Euer Euch ewig liebender Fritz Preller. * Ferdinand Marinus (1808–1890), Maler. ** Heinrich Mylius (1769–1854), Bankier in Mailand. Er verwaltete das vom Großherzog für Preller zur Verfügung gestellte Stipendium. Hugo Blank: Weimar und Mailand. Briefe und Dokumente zu einem Austausch um Goethe und Manzoni, Heidelberg 1992, S. 447–448.
22 Rom, den 11. Dezember 1829. An Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832). Ew. Excellenz Gnädigst Schreiben und Mittheilungen, den zu Dresden errichteten Kunstverein betreffend*, die Herr Mylius die Gewogenheit hatte mir so eben zu zusenden, verpflichtet mich zuerst Höchst Ihnen unterthänigst zu danken und zu versichern, daß mir nichts angelegener seyn wird, als mich der hohen Gnade meines verehrten Landes Fürsten nach Kräften würdig zu zeigen. Noch wagte ich nicht etwas von meiner Arbeit öffentlich hier auszustellen, da mir wirklich die hohe ernste Natur, trotz dem eifrigsten Bemühen einigermaßen mich mit ihr zu befreunden, lange unverständlich blieb. Den unendlich schönen Werken beider Poussins verdanke ich gleichsam den Eintritt, denn diese sind es, die mich in die Natur zurück führten und mir auf meinen spätern Wanderungen eigentlich sehen lehrten.** Ihre einfache mächtige Auffassung, und ihr scheinbares oft und besonders hier gescholtnes Entfernen von der Natur, dünkt mich bringt sie ihr nur eigentlich näher, und ich fühle mich gedrungen auf diesem Wege meiner weitern Ausbildung entgegen zu gehen. Wäre diese meine Ansicht vielleicht nicht die richtige, so wollte ich Ew. Excellenz unterthänigst bitten mich zu belehren; denn stets werde ich mich bestreben Höchst Ihnen meine wahre Liebe für die Sache zu bethätigen suchen. In schuldigster tiefster Ehrerbietung Ew. Excellenz unterthänigster 28
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Friedrich Preller. Rom am 11ten December 1829. * Goethe hatte Johann Gottlob von Quandt (1787–1859), dem Vorsitzenden des 1828 gegründeten Sächsischen Kunstvereins empfohlen, Bilder Prellers auf der Jahresausstellung des Kunstvereins zu präsentieren. ** Preller studierte seit 1829 intensiv die Gemälde von Nicolas Poussin (1594–1665) und von dessen Schwager Gaspard Dughet (1615–1675). Von mehreren ihrer Werke fertigte er Skizzen und Kopien an. Siehe auch die Briefe 23 und 24. In der Rückschau auf sein Leben rief sich Preller das für ihn so bedeutende Gemälde von Gaspar Dughet Landschaft mit Rinaldo und Armida aus der Galleria Nationale D’Arte Antica Di Palazzo Corsini, Rom, ins Gedächtnis zurück (siehe Brief 760). Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 5–6.
23 Rom, 1830 (?) An seinen Vater Johann Ernst Preller (1777–1834), Bäcker und Konditor. Abschrift von dessen Hand? Fragment Auszug Vor erst melde ich Euch, daß ich von Sr. Excellenz dem Geheimrath von Goethe zwei und letztern sehr tröstlichen Brief empfing. Lange schon war ich mit mir im reinen, was wohl der wahre Weg in die Kunst sey, und konnte das Gefühl was mich unaufhörlich zu den alten unübertrefflichen Meistern der italienischen Schule hinzog, doch bei unsern leider so miserablen Begriffen von und Geschmack in der Kunst ist es nichts leichtes über sich selbst zu unterscheiden, und ich entschloß mich, meine Gedanken und Thun so kurz als möglich Sr. Excellenz zu berichten und ihn um seinen Rath zu bitten, worauf ich dann jenen sehr trostreichen Brief empfing, der mich zum Verfolgen des eingeschlagenen Weges aufmuntert. Daß meine Bilder nun dem Publicum im allgemeinen nicht gefallen bin ich hinlänglich überzeugt, doch wird michs trösten wenn nur Kenner das Streben anerkennen. Curios ist es l. V,* daß ich nicht mehr mit der Leichtigkeit arbeiten kann wie sonst. Oft schon habe ich mich wirklich darüber gekrämt, doch meine Freunde sagen mir, es läge bloß darin, daß ich größere Ansprüche mache, denen man nicht ohne Überlegung Genüge leisten kann, und doch ist es, was einen im Geistigen zwar weiter bringt, doch im Technischen einen bei derselben frühern oder noch gründlichern Kenntniß doch größere Schwierigkeiten finden lässt. Du wirst Dich wundern l.V. wie ich mich geändert habe, denn jeder meiner Freunde findet es, und begreift nicht, wie es in dieser Zeit möglich war. Die alten Boussins** sind mir meine lieben Lehrer in der Auffassung, und in der Farbe suche ich die Natur ganz aus als in meiner frühern Zeit. Ich kann wohl sagen, ich bin der einzige in Rom unter den jungen Künstlern, der einen ganz andern Weg eingeschlagen hat. Schwer wurde es mir freilich und noch, gegen das zu streben, was alles gut heißt und doch die Kunst im wahren Sinn nicht ist. Alles sucht die Natürlichkeit zu bilden, vergißt jedoch dabey die Natur im ganzen, und beschränkt sich auf doch handwerksmäßige Veduten mahlen, verkauft seine Sachen, und das wahre geht verloren. An Poussin in Wahl und Auffassung 29
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und Farbe des Gegenstandes denkt man nicht, weil es schwerer zu finden ist, und auf diese Art geht unsere jetzige Landschaftsmalerei einen commoden Weg, der aber am Ende im Nichts aufhört. Das zarte Gefühl der alten Meister, das die unbedeutenden Gegenstände interessant macht, wir kaum geahndet so verderbt sind unsere Sitten, und so findet es der Künstler bequemer eine Ansicht pompös wiederzugeben, denn er hat ja die Freude, wenn er es gut versteht, seine Sachen zu Geld zu machen. Mein Vorsatz hier ist das Gegentheil zu tun, — pp. Hier, Gott sey es gedankt, erfreue ich mich, der teilnahme guter Künstler und wahrer Könner und doch ist mir fürs erste genug, pp. * lieber Vater. ** Poussins. Siehe auch die Briefe 22 und 24. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/2220.
24 Rom, den 8. Februar 1830. An Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832). Ew. Excellenz Gnädigstes mir so trostreiches Schreiben regt alle meine Kräfte auf Ihnen meinen innigsten Dank durch’s eifrigste Streben selbst in der Kunst zu erkennen zu geben. Nichts kann und wird mich jetzt mehr abhalten dem durch Ew. Excellenz gnädigste Aufmunterung reger gewordenen innern Gefühl zu folgen, wenn nicht der Mangel eigenen Talentes als Gegner mir in meinem Vorhaben entgegentritt. Meine Führer sind die mir so werthen Poussins, deren ernster Gedanke in ihren Kunstwerken sie mir fast höher stellt, als alles, was ich in der Landschaftsmalerei kenne. Sie sind es, die mich täglich die Natur mehr verstehen lehren, und unter ihrer Leitung werde ich mich bestreben einer höhern weitern Ausbildung entgegenzugehen.* Die für Sr. Königliche Hoheit bestimmten Arbeiten beschäftigen mich jetzt täglich und ich werde mir sehr angelegen seyn lassen sie Ew. Excellenz zur bestimmten Zeit unterthänigst vorlegen zu können. In schuldigster tiefster Ehrerbietung Ew. Excellenz Unterthänigster Friedrich Preller Rom am 8ten Februar 1830. * Siehe auch die Briefe 22 und 23. Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 7–8.
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25 Rom, den 26. März 1830. An Carl Emil Helbig (1777–1855), Weimarischer Hofrat. Geehrtester Herr! Ihr werthestes Schreiben vom 23ten Januar, erhielt ich durch Herrn Mylius, und mit Freude sehe ich nun der Zeit entgegen Ihnen persönlich für die gütige Theilnahme meinen schuldigsten Dank abstatten zu könen, da ja nach Verlauf noch einiger Monate die Zeit meines Aufenthalts hier zu Ende ist. Schwer wird es wohl jedem, der die Kunst aufrichtig liebt, Rom zu verlassen, so auch mir, indem es täglich mir theurer wird, doch die theurere Pflicht gegen meinen gnädigen Fürsten verlangt es, und freudig kehre ich ins geliebte Vaterland zurück, wenn ich bedenke, wie wenigen dieses hohe Glück bescheert ist. Noch beschäftigen mich die für Sr. Königliche Hoheit bestimmten Arbeiten täglich, nach deren Vollendung ich dann unverzüglich meine Rückreise antreten möchte und weswegen ich Ew. Wohlgebohrn ergebenst bitten wollte, Sr. Königlichen Hoheit es gnädigst vorzustellen, daß ich die Reise durch die Schweiz machen dürfte, ein Land was den Maler gewiß vom größten Interesse seyn muß. Oft und gern denke ich selbst an unsere Natur zurück die vordem nur leer und kalt erschien, und vor der ich gegenwärtig mir viel erwarte, denn hier in der herrlichsten Schöpfung und unter den trefflichen Meisterwerken unserer alten Vorgänger, lernt man erst deutlich erkennen, daß jeder Natur sich Schönes abgewinnen läßt sobald nur der Sinn unbefangen und die Liebe rein ist, mit dem man sich die göttliche Schule begiebt. Freudig wird mir die stille bescheidene Schönheit des Vaterlandes entgegenkommen, und nicht unmöglich scheint mirs auch über den Verlust des hohen Südlichen mich trösten zu können da ich ja die theure Lehren, die diese mir gab, in mir trage und den daraus gezogenen Nutzen überall anwenden kann. Mit diesem Trost sehe ich der Zukunft entgegen, und wünsche mir recht bald eine Probe dort an den Tag legen zu können. Die Brüder Grünlich empfehlen sich Ihnen bestens. Um Ihre fernere Gewogenheit bittend bin ich stets Ew Wohlgeborn ganz ergebenster Friedrich Preller. Rom am 26ten Maerz 1830. Hugo Blank: Weimar und Mailand. Briefe und Dokumente zu einem Austausch um Goethe und Manzoni, Heidelberg 1992, S. 462–463.
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26 Civitella, den 27. August 1830. An Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832). Hochgeehrtester Herr! Unendlich überraschte mich die frohe Botschaft meines verlängerten Aufenthalts in Italien, und erfreute mich um so mehr, da ich eben mit den Vorbereitungen meiner Abreise beschäftigt war, und so recht fühlte, wie hart es dem Künstler wird, dieses geliebte schöne Land vielleicht für immer verlassen zu müssen; doch gehe ich jetzt mit neuem Muth und verdoppelter Liebe zur Arbeit zurück und werde gewiß nie aufhören der Gnade und dem Wohlwollen Ew. Excellenz mich durch die eifrigsten Bestrebungen in der Kunst einst würdig zu machen. Schön und gewiß sehr lehrreich wird mir stets meine Reise nach Neapel seyn und unvergeßlich alles, was ich dort sah. Hohen Genuß gewährten mir die unendlich schöne Küste gegen Puzzuoli und bei Sorrento, und riefen mir manches schöne Bild des Salvator Rosa ins Gedächtnis zurück, der wie mir scheint dort am meisten studiert haben muß, und ungern verließ ich so bald dieses reizende Land. Doch mehr als je ergreift mich wieder der hohe Ernst römischer Natur und ich habe mich entschlossen mir einige Bilder hier zu präpariren, um sie bevorstehenden Winter in Rom vollenden zu können. Meine zwei letzten fertigen Bilder aus der römischen Campagna, nebst mehrern angefangnen Arbeiten und Zeichnungen werden Ew. Excellenz nun wohl längst zugekommen seyn, und unendlich glücklich würde ich mich schätzen, etwas darunter zu wissen, was ich Ihnen unterthänigst zu widmen wagen dürfte. In schuldigster tiefster Ehrerbietung Ew. Excellenz Unterthänigster Friedrich Preller Civitella am 27. August 1830. Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 8–9.
27 Olevano, den 18. September 1830. An Marie Erichsen (1811–1862). […] Ich habe deswegen kürzlich an Goethe geschrieben, der sehr verwundert war, noch nichts erhalten zu haben*. Goethes Sohn, nebst einem Bekannten von mir, Dr. Aeckermann**, erwarten wir täglich, sowie auch die Rückkunft der Gräfin Egloffstein von Neapel. Vor meiner Rückkehr nach Rom werde ich noch einige Tage nach Frascati gehen, um sie
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bei dem hannoverschen Gesandten zuzubringen, der mich sehr freundschaftlich eingeladen hat. Dies ist vielleicht meine letzte Studienreise gewesen. […] * Preller hatte zwei Bilder mit Motiven aus der Campagna und mehrere Studien nach Weimar geschickt, ohne etwas von deren Ankunft gehört zu haben. Siehe Brief 26. ** Johann Peter Eckermann (1792–1854).
28 Rom, den 31. Januar 1831. An Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832). Ew. Excellenz Fortwährend gütige und wahre Theilnahme an meinem Streben und neue Beweise Ihrer Gewogenheit fordern mich immer mehr auf dieser einst würdig zu werden und machen mir’s jetzt zur ersten heiligen Pflicht Ew. Excellenz meines aufrichtigsten und innigsten Dankes zu versichern. Mit neuerwachter Liebe kehre ich nach einer harten Krankheit zu meinen Studien zurück und obgleich die Folgen jener mich noch von aller Arbeit zurückhalten, so versäume ich doch nicht meine geliebten alten Meister desto öfterer zu besuchen und mich mit ihnen vertrauter zu machen, da das baldige Scheiden sie mir jetzt erst recht lieb und theuer macht. Bei zurückkehrenden Kräften werde ich dann versuchen wieder meine eignen Ideen aufzuzeichnen, um sie Ew. Excellenz recht bald selbst vorlegen und mich Ihres weisen Rathes dabey erfreuen zu können. Die Hoffnung und Freude Ihnen bald mündlich für die stete Theilnahme und die unverdienten Wohlthaten danken zu dürfen, macht mir die Rückkehr lieb und werth, und glücklich würde ich mich schätzen, wenn ich mich überzeugen könnte, dass mein Streben in der Kunst den Forderungen Ew. Excellenz nur im mindesten entspräche. In schuldigster tiefster Ehrerbietung Ew. Excellenz Unterthänigster Friedrich Preller. Rom am 28. Januar 1831. Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 8–9.
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29 Rom, im Mai 1831. An die Eltern Johanna Wilhelmine Friederike Preller, geb. Röhrborn (um 1771–1834) und Johann Ernst Preller (1777–1834), Bäcker und Konditor. Theuerste Eltern! Ohne Eure liebe Antwort abwartend schreibe ich Euch zum letztenmal aus Rom da ich doch wohl bald abgehe um nochmals Venedig zusehen was mir sehr am Herzen liegt. Noch heut werde ich deshalb an Mylius* schreiben um dort das Geld haben zu können, denn es alles von hier aus mit zu nehmen halte ich keineswegs für rathsam. Der Weg ist der kürzere u ich sehe auf diese Art, auch die neuesten nicht unbedeutenden Kunstprodukte teutscher Pracht in München, was ich zwar schon sah, doch nicht verstand. Rom ist jetzt nicht mehr der ruhige Sitz der Künstler da öffentliche Unruhen selbst bis in diesen friedlichen Theil sich ausbreiten. Alles zieht weg und mit Betrübnis sucht gewiß mancher sein Vaterland wieder auf, das ihm doch nichts bietet, was ihm den Verlust dieser heiligen Stätte ersetzen könnte. Ich gehöre unter die getrösteten denn ich kehre ja in die Arme meiner lieben Eltern und eines treu liebenden Mädchens zurück, obgleich ich bei reicher Ueberlegung nicht recht glauben kann, daß ich außer Rom ganz glücklich seyn kann, doch will ichs erwarten und nicht zuviel sagen, denn es ist ja überall Gottes Schöpfung und vielleicht sind mir ja Freuden bereitet, die ich noch nicht kannte. Auf meiner Reise werde ich Euch noch mehrmals schreiben u bestimmen wo ich Eure lieben Briefe erwarte. Jetzt ist mir nicht möglich es zu bestimmen. Mit meiner Gesundheit geht es täglich besser, u ich fühle zu nehmende Kräfte, doch ist es auch Zeit, denn ich litt noch viel nach meinen letzten Schreiben an Euch, besonders an Brustweh, was jedoch sich ganz zu verlieren scheint, u der Aussage des Arztes nach nicht von dauernden Einfluß auf meine Gesundheit gewesen ist. Ich freue mich wie ein Kind Euch Lieben so beysammen zu sehen, u werde Euch gewiß recht viel erzählen, denn Stoff sammelt man wohl auf solchen Reisen. Grüßt Bruder Carl u alle Geschwister u Freunde, die ich mich sehne zu sehen. Freund Kaiser besucht Euch gewiß oft, denn ich glaube, daß es ihm wie mir geht, Gelegenheit zu suchen um über seinen Aufenthalt in diesem Götterlande interessierte Zuhörer zu finden die ihm an Euch Lieben gewiß nicht fehlen. Auf baldiges Wiedersehen Euer Euch ewig kindlich liebender Fritz Preller. * Heinrich Mylius (1769–1854), Bankier in Mailand. Er verwaltete das vom Großherzog für Preller zur Verfügung gestellte Stipendium. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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30 Rom, den 10. Mai 1831. An Marie Erichsen (1811–1862). Rom am 10. May 31. Mein einzig geliebtes Mariechen! So lange ich auch warte und ängstige u laufe etwas von Dir auch den geliebten Alten zu hören, ist es doch eitle Mühe, denn ich muß jetzt glauben daß in unsern unglaublichen Zeiten jetzt die Briefe zuweilen nicht zur Zeit gekommen, oder wohl auch verlohren gehen, ich entschließe mich daher Euch Lieben nicht lange zweifelhaft zu lassen, zu schreiben und wahrscheinlich zum letztenmal vor meiner Abreise von den mir so theuren Rom. Schon einmal ward sie festgesetzt u zwar vor 14 Tagen, doch hielten mich noch Verhältnisse u meine schwächliche Gesundheit zurück. Gott sey es gedankt es scheint als ginge es jetzt mit jeden Tag besser u ich sehe gern meiner Reise entgegen, da ich glaube und überzeucht bin, daß ich meine Marie noch eben so liebend finde als ich sie verließ. Ende dieses Monaths oder längstens in der ersten Hälfte des andern bin ich fest entschlossen mich loszureißen und meinen Theuren zuzueilen und zwar auf dem kürzesten Weg, da ich auch den Plan meiner Reise geändert, indem ich jetzt nicht durch die Schweiz sondern über Venedig durch Tyrol und München zurück will. Gern möchte ich nochmal die göttlichen venezianischen Meister in ihrer Pracht u mit größern Nutzen sehen als es bei meiner Herkunft geschah. Vielleicht würde ich früher gehen, doch darf ichs nicht wagen eine so lange Reise ohne alle Begleitung zu unternehmen, da ich doch noch momentanen Zufällen unterworfen bin. Vielleicht fahre ich in Gesellschaft meines Freundes Betterich (Bildhauer aus Dresden) u Meyer*, ersterer mit seiner liebenswürdigen jungen Römerin u zwei Kleinen zu Euch, da auch er wie die meisten teutschen Künstler sich entschlossen hat Rom auf einige Jahre zu verlassen. Ich schreibe Euch Lieben deshalb vom Rom aus schwerlich noch einmal u erwarte auch keine Antwort, da es zu ungewiß ist, ob ich sie noch erhalte, doch werde ich Euch noch benachrichtigen wohin Ihr Eure Briefe adressieren sollt. Noch heute werde ich deshalb anfangen, alles zu ordnen, da es wohl, wie Ihr denken könnt, nicht leicht u schnell geht, sich von allen, was einen seit Jahren theuer wurde, zu verlassen u vielleicht auf immer, —. Mein Freund Marinos aus Antwerpen ist schon weg u zwar nach Neapel von wo aus, er zur See nach Livorno geht um dann seinen Vaterland zuzueilen. Vascharen** ist noch der einzige Niederländer von meinen Freunden hier mit dem ich aber auch stündlich zusammen bin, da er mir wirklich unentbehrlich geworden ist. Am meisten gräme ich mich noch u das verdirbt mir manchen Genuß über den Verlust meiner Zeit während der so lang wierigen Krankheit, in der ich auch nicht das mindeste hinsichtlich auf pracktische Ausbildung thun konnte. Ich sehne mich wirklich nach meiner Ruhe, die ich von jetzt nur bei Euch Lieben finde um mich wieder mit aller Liebe der himmlischen Kunst hingeben zu können. In Rom ist es für einige Zeit unmöglich und ich nehme deshalb lieber Abschied als in vergangenen glücklichern Tagen. Meine letzten Tage in Rom werden mir umso angenehmer, da wir jetzt nur noch wenige hier sind, die sich umeinander alles aufbieten um sich inniger u theurer zu werden. Bey Doctor Hertel*** aus Leipzig verlebte ich noch manchen schönen Abend, denn die ganze 35
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Familie ist höchst liebenswürdig. Die schönen heitern Tage bringe ich viel im Freien zu u erinnre mich dabey nur der fernen meinigen die ich nun so bald sehen soll. Die Gegend nach Euch zu hat mir doppelten Reiz und ungern fahr ich Wege die mich vom Norden abziehen da michs hingegen früher immer südlicher zog. Italien ward mir noch nicht genug, mein einziger Wunsch war Griechenland und Aegypten zu sehen, was ich auch fest entschlossen war zu bereisen, hätten es verschiedene unglückliche Verhältnisse nicht verhindert; und so scheide ich auf jetzt vielleicht auf immer, doch vielleicht auch nicht, ich kann mich nicht enthalten zu glauben daß ichs wiedersehe. Diese Hoffnung wird sich bey Dir Liebchen verlieren, oder sie wächst schnell u schneller u wird bald zur Wirklichkeit. Die Zukunft ist uns allen verschlossen und ich überlasse es demnach ganz meiner Bestimmung. Daß Du sehr gern in Troistedt bist hat mich sehr erfreut, obgleich ichs in diesem Augenblick bedaure denn eben dieses war die Schuld daß ich im letzten Brief nichts von Dir mit erhielt. Auch ich werde oft und gern dieses liebe Oertchen wieder aufsuchen und gewiß manche glückliche Stunde mit Dir dort verleben. Schon vielmals machte ich die kleine Reise freilich nur in Gedanken, doch nicht ohne Dich denn ich kann mir fast nichts mehr denken, wobey Du nicht wärst. Solltest Du noch hinkommen, was ich nicht bezweifele, ehe ich komme, so grüße alle Lieben auf herzlichste von Deinem Fritz, u sage ihnen wie sehr ich mich sehne alle wiederzusehen. Die Zeit meiner Entfernung von dort ist zwar lang doch glaube ich nicht daß wir uns fremd geworden sind, denn die Zeit verknüpft wahre Liebe u Freundschaft nur immer inniger u stehter. Grüße u Küß Deine u meine liebe Mutter so wie alle die mich nicht vergessen haben. Meiner lieben Lottchen wünsche ich nichts mehr als daß Du ihr recht gut seyn möchtest, denn ich kenn sie, freilich nur als Kind, aber gut u brav, u denke mir daß ihr beide recht innige verbundne Seelen habt. Leb wohl u bring die kurze Zeit noch, vergnügt zu. Ich bleibe ewig Dein Dich treu liebender Fritz Preller * Ferdinand Pettrich (1798–1872) und der Genre-Maler Ernst Meyer (1797–1861). ** Jan Antoon Verschaeren (1803–1863), belgischer Maler. *** Der Musikverleger Hermann Härtel (1803–1875) wird unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Italien 1832 in Leipzig das Römische Haus errichten lassen und Preller mit der Ausgestaltung eines Odyssee-Zyklus beauftragen. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
31 Abb. 3 Weimar, den 17. Juli 1831. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Geehrtester Herr! Möchte Ihnen der herzlichste liebevollste Gruß aus teutschem Vaterlande in dem schönen Rom ebenso freundlich entgegen kommen, wie er hier seine beneidenswerthe Reise antritt. Ach! wie gern übernähme ich selbst die Botschaft! Vielleicht einmal später. —
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3. Friedrich Preller d. Ä.: Georg August Christian Kestner, Zeichnung, 1829.
Für jetzt, verzeihen Sie, werthester Herr, nur das lange Schweigen und glauben Sie, daß mich nur meine bisherige Kränklichkeit zurückhalten konnte Ihnen etwas über mein jetziges Thun und Treiben mitzutheilen. Die freundschaftlichste Aufnahme Goethes und unserer fürstlichen Familie gab mir wenig Beruhigung, und selbst die große Freude des herrlichen Greises, als ich ihm Ihre schönen Sachen überbrachte, stimmte mich zur schrecklichsten Sehnsucht herab, denn in diesem Augenblick erst fühlte ich mit aller Gewalt, was ich verloren, und der Schmerz über den Verlust alles Theuren und Schönen hielt mich bis jetzt auch noch von allem zurück, was sonst mir die größte Freude machte. Jetzt erst fühl ich wieder ein schwaches Sehnen zur Arbeit und vielleicht soll dies der Anfang eines ruhigen und glücklichern Künstlerlebens seyn. Die von Ihro Kaiserlichen Hoheit mir gemachten Bestellungen zweier großen Landschaften* sind mir sehr willkommen, und vielleicht gelingt es mir, mich im Geiste noch einmal mit ganzer Seele zu Ihnen in jenes Wunderland zu versetzen, und noch einmal ganz glücklich zu fühlen. Möchte mir dann nur der Trost noch werden von Ihnen, verehrtester Herr, ein freundliches Wort zu hören, gern wollte ich mich über das noch fehlende beruhigen. 37
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Wahre Freude machten mir neulich, die neun Briefe von Doctor Carus, über Landschaftmalerey, ein klarer Spiegel reiner, stiller und tiefer Empfindung. Möchte doch jeder Künstler sich diese wahre und richtige Anschauung der Natur zu eigen machen, gewiß würde mit der Zeit auch ein gesunderer und vernünftigerer Begriff ächter Kunst im Volke herrschend werden, und wir im allgemeinen besser verstehen und verstanden werden. Die zweite mir frohe Botschaft war die länger hinausgestellte Abreise der Gräfin von Egloffstein, und ich wollte Sie ergebenst bitten ihr meine innigste Teilnahme und Freude darüber zu versichern, denn ach! man fühlt erst den Verlust hart, wenn man wieder ganz zur Ruhe kommt. Meine lieben Eltern empfehlen sich Ihnen bestens und bitten um Ihre fernere Gewogenheit. Ew Wohlgeboren ergebenster Friedrich Preller. Weimar am 17. Juli 1831. * Maria Pawlowna (1786–1859) erteilte Preller den Auftrag für zwei 1832 fertiggestellte Bilder, die als Pendants einen deutschen Wald und eine italienische Landschaft darstellen sollten. Letzteres ist verschollen. Die deutsche Waldlandschaft befindet sich heute im Puschkin Museum Moskau. Um 1833 schuf Preller nach diesem Gemälde eine Radierung. Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 10–11.
32 Weimar, den 1. August 1831. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. […] Der Gegenstand wird Ihnen nicht fremd sein, obgleich ich mir manche Freiheit bei der Wiedergabe desselben erlaubte, um es womöglich als so kleiner Abschnitt eines solchen grossen Ganzen doch interessant zu machen. Der Gedanke des Ganzen, glaube ich, wird leicht dem Kenner der Campagna verständlich werden und ich wollte Sie, mein verehrtester Freund recht sehr um Ihre Meinung dabei bitten. Unsern alten Goethe freute die Verbindung der Figuren mit der Landschaft sehr und er fand den Sinn des Ganzen poetisch und gut, indem durch das Holztragen und Feuerzünden am Abend der weniger schädliche Einfluss der Aria cattiva damit gezeigt werde. Ob ich recht gethan, jene Felsen und jene Gegend überhaupt als Motiv zu wählen, weiss ich nun freilich nicht, doch schien ich mehrmals bei Ihnen zu bemerken, als gefiele Ihnen, so wie mir, das Grandiose, Ernste dieses Fleckens besonders. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 93–94.
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33 Weimar, den 11. August 1831. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar d. 11 Aug. 31. Ich danke Ihnen tausendmal für die Übersendung und noch mehr für den Trost und die Beruhigung, die Sie mir durch Ihr werthes Schreiben wiedergaben. Was Sie hier sagen fühlte ich wohl gar zu sehr, doch wollte ich mir’s oft nicht selbst gestehen. Die Ursache der Spaltung in diesen Sachen ist mir bewußt und somit nun auch wohl gehoben, ersparen Sie mir jedoch davon zu schreiben, wenn Sie mir die unendliche Freude machen hier zu kommen, so wollen wir mehr darüber sprechen. Meine Zeichnungen werden binnen einigen Tagen fertig seyn und ich gehe nun mit einer nie gefühlten Lust zur Ausführung. Ich bin mir selbst überzeucht es entsteht etwas besseres, und dafür nehmen Sie mein theuerster 3 Theile meines Dankes, den 4ten. habe ich meiner Selbsterkennung bestimmt. Versäumen Sie jedoch nicht den Bachus nebst den andern Zeichnungen mitzubringen da ich glaube Sie werden unsern Alten viel Freude damit bereiten. Es scheint als interessierten ihn neuere Kunstprodukte in dieser Zeit besonders, ein Umstande, der mir sehr lieb ist da ichs am wenigsten von ihm erwartete. Kommen Sie ja recht bald und erfreuen mich mit Ihrem Rath bei meinen jetzigen Unternehmen. Meine herzlichsten Grüße an die Ihrigen Lieben Ihr ergebenster Friedrich Preller. Erst vor Kurzen habe ich nach Rom geschrieben u wollte somit nur bitten alle Bekannten herzlich von mir zu grüßen. Düsseldorf, Goethe-Museum, Handschriften, Signatur: NW 1246/1971.
34 Weimar, den 26. Januar 1832. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Eine ursprünglich vorhandene Zeichnung auf der ersten Seite ist ausgeschnitten. Mein verehrtester Gönner Wie sehr und oft sehnte ich mich nach der Stunde, Ihnen für das freundlichste liebevollste Schreiben meinen innigsten Dank sagen zu können! Und wie spät wird mir diese Freude! Noch jetzt fürchte ich Sie werden mir zürnen, da es wohl scheinen kann, als habe ich alles Liebe und Theure so schnell vergessen und werde mich nicht beruhigen können, bevor ich Ihre ausgesprochene Verzeihung in den Händen habe. Mit dieser fängt für mich eine neue glücklichere Zeit an als die [ohn]längst vergangne. Meine eigene Kränklichkeit ungeachtet, würden diese verstrichenen Monate den stärksten und muthigsten darniedergebeugt haben, da nicht nur meine lieben Eltern sondern auch alle drei Geschwister das Krankenlager hüten mussten. Gott sey es gedankt! auch diese schlimme Zeit ist hoffentlich vorüber und 39
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wahrhaft glücklich würde ich seyn bei gänzlicher Genesung meiner Lieben mich auch Ihrer Verzeihung erfreuen zu dürfen. Unendlich leid thut es mir, statt des mir so werthen Schreibens von Ihnen und allen Freunden aus Olevano nur noch eine Copie zu besitzen; doch denken Sie, unser guter alter Göthe, dem ich den Brief gleich nach dessen Empfang hintrug, wohl wissend dass er ihm viel Freude machen würde, behielt ihn so lange dass ich ihn endlich zurückfordern musste, aber statt selbigem nur die Copie erhielt, da ich auf die freundlichste Bitte des herrlichen alten Mannes nicht umhin konnte, ihm denselben, wie er sagte seinen römischen Sachen beizufügen. Möchte es dem Himmel gefallen ihn noch viele solcher Tage erleben zu lassen, zu denen wir wenigstens die Hoffnung haben, denn wir dürfen uns mit ihm seiner völligen Gesundheit und seines noch immer regen Geistes erfreuen. Hiermit mein verehrtester Gönner sende ich Ihnen das schon längst versprochene und werde nicht ermangeln in Zukunft Ihnen immer eine kleine ähnliche Zeichnung neuer Bilder die ich gerade unter Händen habe zu schicken, da ich hoffentlich dafür Ihre Meinung und Gedanken darüber hören werde, die mir umso mehr Freude machen wird, da ich ja von allem entfernt bin, woran ich mir Raths erholen könnte. Die besprochene Idee über die Findung von Romulus und Remus gab ich auf, so bald ich in Erfahrung brachte, wie sehr unserm biedern Haertel diese Gegend bei Torre di Quinto werth sey. In diesem Blatt dacht ich mir: wie die Hirten gegen Abend im Herbst Holz brechen um sich für die Nacht gegen die schlechte [Luft] die aria cattiva durch Feuer zu sichern suchen. Zu der emsigen Beschäftigung der Eltern glaube ich würde das unschuldige Spielen der beiden Knaben mit dem Lamm keine üble störende Wirkung machen. Das Ganze dacht ich mir besonders hinten durch Wolkenschatten gedämpft und ein einziger Sonnenstrahl auf die Ruinen sollte dem ganzen ein pikantes Licht ertheilen. Doch damit Ew. Wohlgeboren nicht glauben ich machte nur trübe Bilder, so habe ich auch ein sehr heiteres Bild aus der Serpentara und eins von Subiaco begonnen, die beide nächstens im selbigen Format wie dieses beigefügte folgen werden. In grosse Verlegenheit brachte mich die Zeichnung meines Portraits, erstens da ihm die Ehre wiederfahren soll in Ihre Sammlung aufgenommen zu werden, weil es niemand hier in dieser Größe zeichnen konnte, und zweitens da ich es nun wohl thun musste, so zu machen, daß es die Wanderung nach Rom ohne roth zu werden antreten könnte. Haben Sie daher Nachsicht, verehrtester, mit dem schülerhaften Versuch eines in diesem Fach so unerfahrnen, wenn es Ihnen ausser einiger Ähnlichkeit so ganz und gar nichts mehr bietet was Ihnen Freude machen könnte. Ich schliesse mit der nochmaligen Bitte: zürnen Sie mir nicht und schenken mir auch ferner Ihre Gewogenheit. Meine lieben Freunde Dräger, Lucas und Ahlborn grüsse ich herzlich und bin stets Ew. Wohlgeboren ganz ergebenster Friedrich Preller. Weimar am 26. Januar 1832. Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 11–13.
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35 Weimar, den 14. März 1832. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 14ten Maerz 32 Mein werthester Freund! Fürs erste meinen herzlichsten Dank für die gütige Sendung der alten Bekannten aus unserm lieben Rom. Mich begrüßten sie, obgleich in Weimar zur richtigen Stunde arriviert, einige Tage später da ich einen Besuch und Streifzug zu gleich in der Nähe meiner Vaterstadt machte, von dem ich heiter und wohler zurückkehrte als ich weg ging. Unserem alten Göthe, dem ich sie gestern zeigte gefielen und erfreuten sie sehr und bei dieser Gelegenheit hatte ich die große Freude eine lange Abhandlung über alte und wahre Kunst im historischen und landschaftlichen Fach von ihm zu hören, und wobey er so warm und mittheilend wurde, als ich ihn kaum noch gesehen. Ich dachte auch an Sie und Ihr Lieblingsportrait in unserer kleinen Sammlung u. er berichtete mir folgendes „dieses schöne Bild habe man früher für Gorigione gehalten und es möge auch wohl seyn, obgleich er sich nicht erinnere von ihm je Portraits gesehen zu haben, von solchem Styl und Würde. Er jedoch schreibe es einem Ferrareser zu, und am ersten dann Dosso Tossi, doch wollte das nichts heißen. Wie gerne möchte ich es dem Venezianer geben, entschuldigen Sie meine Liebhaberei. Nun komme ich noch auf meine Arbeit. Diese geht im Ganzen langsamer von statten als ich früher berechnete. Mein Bild für die Großherzogin ist seinem Ende nahe und ich freue mich schon den Torre di Quinto* unter die Fäuste nehmen zu dürfen, denn er sieht mich manchmal ordentlich sehnsüchtig an, mit seinem bleichen Gewand, denn er ist ganz wie Asche. Ich habe an meiner jetzigen Arbeit sehr viel Erfahrungen gemacht und glaube bey den zweiten sicherer schneller und besser zu Werke gehen zu können. Mit der Zeichnung für die zweite Campagna habe ich noch nicht begonnen, u. will es auch noch nah etwas ausstellen, denn wenn die Sache liegt, so gefällt sie mir selbst immer weniger, und ich bitte Sie mein Theuerster mich bei Madam Haertel zu entschuldigen. Sobald ich damit fertig bin nehme ich mir die Freiheit sie Ihnen wieder vorzulegen und um Ihre Meinung zu bitten. Entschuldigen Sie die Verzögerung meines schuldigen Dankes und empfehlen Sie mich bestens allen den Ihrigen Ich bin stets Ihr ergebenster Friedrich Preller. Grüßen Sie auch Herrn Börner, ich habe angefangen eine Zeichnung für ihn zu machen. * Das für Hermann Härtel gemalte Bild mit dem Torre di Quinto galt lange Zeit als verschollen. Es wird in der von Uwe Steinbrück vorbereiteten Monographie zu Preller publiziert werden Siehe auch die Briefe 36, 38 und 40. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/d 67.
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36 Weimar, den 27. Juni 1832. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 27. Juni 1832. Unserer Abrede gemäß den Rahmen der Campagnia* betreffend habe ich manche Versuche gemacht Ihnen bei den jetzigen großen Arbeiten eine Mühe zu ersparen, doch trotz allem so leid es mir auch thut, weiß ich jetzt keinen Weg mehr, als mich an Sie zu wenden, da unsere lieben Weimaraner zu ungeschult und dürftig an Geschmack in diesen Arbeiten sind. Um einen etwaigen Fehler vorzubeugen, schicke ich Ihnen den Zollstock mit, da es doch vielleicht mit der Zeichnung im Brief nicht so genau ausfallen möchte. Das Bild wie es auf den Blendrahmen ist, enthält 4 Fuß ¼ Zoll reichlich in der Länge und 3 Fuß ¼ Zoll knapp in der Breite, da es jedoch beym fertig machen noch etwas ausgekeilt wird, so könnte man an Höhe sowohl als an Läng einen guten Messerrücken Breite zugeben. Es blieb mir daher nichts mehr, als Sie Verehrtester zu bitten mir den Rahmen so bald als möglich zu überschicken, indem das Bild recht vorwärts geht, und wahrscheinlich auf den Vergolder warten wird. Wie geht es denn mit Ihrem Bau, und hat sich noch nichts mit Koch bestimmt? Genelli werden Sie wohl gesprochen haben? Weimar scheint ihm sehr zu gefallen, obgleich ihm manches durch das Fieber vergeudet wurde. Bald neues erwartend bin ich Ew. Wohlgebohren ergebenster Fritz Preller. * Siehe dazu die Briefe 35, 38 und 40. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/d 68.
37 Weimar, den 1. Juli 1832. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Mein hochverehrter Gönner! Zürnen Sie mir nicht, wenn ich so spät einer Pflicht nachkomme, die ich doch unter die heiligen zähle; die Schuld mag erstens Wiegmann und zweitens Gräfin Egloffstein tragen, die ich beide ängstlich erwartete, um doch etwas mündlich von Ihnen zu hören; doch dieser hohe Genuss sollte mir nicht werden, und nun trag ich meine eignen Vorwürfe nicht länger.* Von mir, mein Verehrtester, kann ich Ihnen diesmal recht Erfreuliches melden; doch vorerst zu unserm hochseligen Dichter und Künstler-Vater! Ihren Wunsch, Ihnen über die letzte Zeit seines Lebens etwas mitzutheilen, werde ich wohl auf genügende Art befriedigen 42
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können, wenn ich Ihnen das von Herrn Coudray mitgetheilte** im nächsten Brief übersende, da es bis jetzt noch nicht erschienen. Herr Coudray war unablässig um ihn, und hat Alles aufs Gewissenhafteste aufbewahrt. Vorliegende kleine Zeichnung habe ich selbst aufs genauste nach dem Hochseligen gezeichnet und darf wohl sagen, dass sie wirklich ähnlich sei. Hätte ich Ihnen wohl etwas Interessanteres in meinem diesmaligen Briefe senden können? Es war während der Arbeit schon für Sie bestimmt, und ich bedaure nur, dass die Zeit es nicht erlaubte, es schöner zu beleuchten und sorgfältiger auszuführen, doch auch diese wenigen Züge haben gewiss Interesse. Welchen schönen, ruhigen Ausdruck er auch nach seinem Leben noch hatte, können Sie wohl sehen und ich muss gestehen, dass ich mich damals nicht überreden konnte, dass es wirklich so sei. Welche für uns traurige Zeit hier eingetreten, kann ich Ihnen nicht sagen. Wie hart werden wir noch fühlen, was wir besaßen! Das vom Hochseligen für Sie bestimmte werden Sie wohl jetzt empfangen haben, da mir Herr Kanzler von Müller sagt, dass es schon längst abgegangen. Ach! hätten Sie ahnen können, wie oft und gern er von Ihnen sprach, und welche zarte Theilnahme und innige Freude er an Allem hatte, was an Kunst nur erinnern konnte. Niederfallen hätte ich mögen, als ich sah, wie er sich, besonders einmal, bei den Werken von Poussin, die wir durchsahen, lebendig und warm über dessen Geist und Gemüth aussprach. Was ich gelitten und noch leide, vermögen Sie, Verehrtester, besser als Einer zu beurteilen, denn nur Sie kennen ja meine wahre, innige Liebe und hohe Verehrung für ihn. So bin ich denn nun von Allem entfernt, was mich erwärmte und mir Trost reichte, dessen ich so oft bedarf. Allein trete ich nun eine Reise durchs Leben an, wozu Muth und Kraft vor Allem nöthig ist. Mangelt mir nun auch das letzte, so will ich auf den ersten ganz bauen, und in seiner Begleitung an eine Arbeit schreiten, die vielleicht entscheidenden Einfluss auf mein Leben haben kann. Herr Haertel aus Leipzig nämlich hat mir das schöne Anerbieten gemacht, mit Genelli und vielleicht Koch (wenigstens nach dessen Zeichnungen) sein schönes Haus durch Tempera Landschaften zu verzieren. Welches schöne Feld, die Phantasie schaffen zu lassen, und seinen Lieblingsneigungen ganz Raum zu geben! Und dieses will ich. Ich sehe Ihre Freude, mein Verehrtester, denn wer hat wohl mehr Theilnahme an meinem Schicksale als Sie? Ja, auch ich bin oft glücklich, obgleich mir bei stiller Ueberlegung manches durch den Kopf geht, was mich trüb und ängstlich stimmt. Sie ahnen auch wohl was es sein kann: Genellis und Kochs, zweier ausgezeichneter Künstler, Mitarbeiter zu sein. Gebe der Himmel einen guten Ausgang! Im Gegentheil würde ich der unglücklichste der Künstler sein. Mein gefertigtes Bild für Ihre Hoheit die Frau Grossherzogin hat allen Beifall erhalten, und sie war so gnädig, den Compagnon zu bestellen, und zwar mir freie Wahl zu überlassen. Meine Idee also ist folgende, als Gegensatz zum heitern freien Italien, einen deutschen Urwald mit einer Bärenjagd zu malen. Im Fall es Ihnen, mein Verehrtester, scheint, dann erlauben Sie mir doch ja in solchen Fällen Ihre jedesmalige Meinung darüber zu erbitten, und versagen Sie mir solche nicht. Noch habe ich nichts davon zu Papiere gebracht, doch der nächste Brief wird Ihnen eine kleine Zeichnung mitbringen. Empfehlen Sie mich Draeger, Lucas, Ahlborn. 43
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Um Ihre fernere Gewogenheit bittend bin ich stets Ew. Wohlgeboren ergebenster Friedrich Preller. Weimar am 1. Juli 1832. * Anm. im Goethe-Jahrbuch: Hier folgt die Zeichnung eines Kopfes, hinter der die Rückseite freigelassen ist. ** Clemens Wenzeslaus Coudray: Goethe’s drei letzte Lebenstage. Die Handschrift eines Augenzeugen. Heidelberg 1889. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 95–97. Dieser Brief mit wenigen Abweichungen auch in: Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 13–15.
38 Weimar, den 27. August 1832. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Mein verehrtester Gönner! Wie und wo fange ich nur diesmal an Ihnen alles Liebe mitzutheilen was mir in wenigen Tagen wiederfahren, sey es beym Danke für das liebste und theuerste, was mir von Rom aus hatte werden können. Es ist ihr mir unendlich theures Bild, welches Wiegman, da er nicht selbst nach Weimar kommen konnte mir von Würzburg überschickte. Es rief mir die schönste Zeit meines ganzen Lebens, die glücklichsten bey Ihnen verlebten Stunden zurück und bereitete mir neue. Ich dachte dabey der vielen Sie verehrenden Freunde, der Ellenriethen* und —. Sie kam. Jetzt kenne ich sie, dieses herrliche übermenschliche Wesen. Darf ich Ihnen erst erzählen wie überschwänglich glücklich ich war? Wir lebten nur bey und mit Ihnen, alles Schöne stand uns lebendig vor der Seele, Sie waren es, der alles belebte und erfreute. Sie der Schöpfer aller Hochgenüsse, unser aller aufs tiefste verehrtester Freund. Ach! es muß Ihnen geahndet haben, solche Gefühle übersteigen Berg und Thal in Blitzesschnelle, und erfüllen des fernen Geliebten Seele mit süßen Ahndungen. Kann es anders seyn? —. Sie, die liebe Marie war auf ihrer Reise nach Dresden und besuchte bey dieser Gelegenheit eine alte Freundin, die Louise Seidler, erwarb sich neue und schenkte uns allen Trost und Freude. Ueberbringerin dieser Zeilen Fräulein Louise wird Ihnen mehr erzählen als ich schreibe, auch was mich betrifft. Segne der Himmels ihr[e] Reise und führe sie gesund in unsere Mitte zurück. Nun noch einige Worte über mein Treiben. Ihren Wink, mein Torre da Quinto betreffend befolgte ich, und bin Ihnen den größten Dank schuldig, da er von großer Wirkung war, und so seyn mußte. Gern wünschte ich freilich, Sie möchten das Bild sehen, es ist vollendet und wird bald seinen Platz in Leipzig einnehmen.** Das was mich jetzt beschäftigt, zwar nun noch in der Idee ist ein teutsches, und zwar ein Urwald, der wenn er jemals zu Papier gekommen, wohl eine Reise zu Ihnen unternehmen wird. Es wird eine Pflicht seyn Ihnen, mein Verehrtester von allen dem was ich unternehme Meldung zu thun, und mir Ihren 44
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Rath und Meinung auszubitten, und doch wohl auch hoffen, Sie versagen sie dem armen Verlassenen nicht. Meine alten Freunde Traeger, Lucas und Lotsch grüße ich herzlich, und bitte nur noch um Ihre fernere Gewogenheit. Ew Wohlgebohrn ergebenster Friedrich Preller Weimar am 27. August 1832. * Die Malerin Marie Ellenrieder (1791–1863) lebte von 1822 bis 1825 in Italien und gehörte dem Kreis der Künstler um Kestner an. ** Siehe auch die Briefe 35, 36 und 40. Goethe-Jahrbuch Bd. 23, 1902, S. 16–17.
39 Weimar, den 5. November 1832. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 5 t. Novbr 1832. Mein verehrtester Freund! Ihr Brief vom 28 Octbr kam zur Zeit, und befreite mich von einer Menge Zweifeln und der Angst: ob wohl das Bild Ihren Wünschen entsprechen würde. Gott sey Dank Sie versichern eines ja und auf Ihr Wort bin ich nun ganz beruhigt. Fürs erste nehmen Sie den herzlichsten Dank für die mehr als fürstliche unverdiente Belohnung, und seyn Sie versichert daß mich Ihre gütige Nachsicht mit meiner Schwäche, nur für die Zukunft ermuntern wird nach Bestem zu streben. Finden Sie wirklich Gutes drin und glauben daß man es sehen lassen könne, so bitte ich im Namen Wiegmanns* (aus Hanover) ob Sie es wohl zur Ausstellung dahin schicken wollten, da ers jedoch bis zum 10 Februar haben will. Ihre Angst, die mir eigentlich schmeichelhaft ist, nehmlich wegen der Stelle des seeligen Meyers,** ist wohl unbegründet, denn man würde sich sehr besinnen einem Landschaftsmaler 600 rtl. Pension zu geben. Vielleicht bekomme ich etwas davon, u dan werde ich wohl nicht zurückgehalten werden um wieder ein Fortkommen zu führen, und so mit blieb wohl die Sache beym alten. Ein heftiger Anfall von Kopfreißen machte mich einige Zeit ganz unfähig etwas zu thun, doch seit einigen Tagen geht mirs besser und ich hoffe zu Gott ich werde wohl wieder ganz herzustellen seyn. Was macht unser Genelli? grüßen Sie ihn von mir. Aufs herzlichste grüßend Ihr Friedrich Preller. * Der Architekt und Maler Rudolf Wiegmann (1804–1865) war 1832 von seiner Italienreise nach Hannover zurückgekehrt. ** Preller machte sich wohl Hoffnungen, in der Nachfolge des am 14. Oktober verstorbenen Johann Heinrich Meyer (1760–1832) eine Lehrtätigkeit an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar zu erhalten. Diese wurde ihm allerdings erst 1844 angetragen. Wiesbaden, Verlag Breitkopf und Härtel, Archiv.
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40 Weimar, den 29. November 1832. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Weimar am 29.ten November 1832. Gott zum Gruß, mein verehrtester auf ’s innigste geliebter Freund, der Sie lange waren und den ich inständig bitte es fortwährend zu bleiben, umso mehr da Sie mir ja nicht mehr Gönner seyn wollen. Ach! Sie waren ja vom ersten Augenblick unserer Bekanntschaft mehr, und mich hielt nur der große Unterschied unserer Stände zurück, Sie so zu nennen, denn was ich Ihnen danke, konnte nur vom ächtesten Freunde kommen, und sich den armen Verlassnen so innig verbinden, wie ichs Ihnen Zeit meines Lebens seyn werde. Wären mir doch nur Augenblicke vergönnt mit Ihnen zu leben und zu wandeln, dann wären Wünsche erfüllt, die seit meinem Hierseyn die heißesten waren, und bleiben werden, bis wir uns irgend wo wieder finden. Gern wollte ich fürs erste das liebe Vaterland der Künstler lassen, könnte ich unser teutsches, was ich so herzlich liebe, mit Ihnen auch genießen und bewundern. Wie schön es ist, lernte ich in Italien sehen, und sollte es wirklich Leute geben die es verleugnen, dann bedaure ich sie von Herzen, denn dann fehlt es ihnen sicher an der herrlichsten von Gottes Gaben: am Gemüth. Waltet nicht hier wie dort der Allmächtige, und schuf er nur etwas was nicht die höchste Bewunderung verdiente? sey es groß, ernst, heiter oder trüb, alles ist schön und klingt in der Seele des ächten Künstlers wieder. Ich finde ihn überall den Höchsten, und bin mit aller Liebe der herrlichen Kunst ergeben, in der ich mich aufs eifrigste bestrebe, ihn nach Kräften auf meine Weise zu loben und zu preisen. Ob man’s erkennt und würdigt? ich bezweifle es; doch was thut es, daß leider in zu großen Zeiträumen das göttliche Wesen der Kunst vom Alltagsmenschen verkannt wurde, wissen wir ja aus Erfahrung. Aber liegt denn auch so gar viel daran, daß nun alle Menschen die Ansicht haben, die die himmlische Kunst verdient, und wir wünschen? Mögen sie immerhin diese Himmelsblüthe auf ihrem elenden Lebenspfade streuen und sie zertreten, sie thun es zu ihrem größten Schaden, denn ich kann mir nun einmal keinen wahren Menschen denken, der ohne den hohen Genuss der Kunst, noch andere wahrhaft schöne Genüsse haben kann. Einige finden sich doch immer, früher oder später, die sich dran erbauen und wärmen, es war ja nicht der Augenblick, der es für sich selbst erschuf, die Kunst ist ja über die Zeit erhaben ja ewig, und unsere eigene Seeligkeit wohl auch in Anschlag zu bringen. Und hierin dünkt mich liegt wohl eigentlich der Trost unserer vielen Leiden, die uns auf dem kurzen Pfad so oft betrüben, ja das Leben verbittern. So sey es denn, ich arbeite fort, weil ich muss, und anders nicht leben möchte. Was Sie mir über die kleine Skizze unseres verewigten Göthe schreiben, ist mir höchst erfreulich in so fern, als es Ihnen nehmlich das theure liebe Bild des Verstorbenen wieder lebendig vor die Seele bringt, und doch auch noch manchem andern Verehrer, der ihn vielleicht in der letzten Zeit nicht kannte, eine schwache Idee seiner Person geben kann. Es zu radiren, glaube ich, würde den Nachgelassnen nicht zu Wunsche seyn, da es schon mehreren andern, die einen gleichen Zweck hatten, abgeschlagen wurde, und zwar deswegen, wie man sagt, weil sich der Hochseelige noch bei Lebzeiten dagegen erklärt haben 46
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soll. Doch glaub ich auch, würde es was anders seyn in Rom, wo es nur wahrhafte Verehrer desselben seyn würden, die es zu besitzen wünschten, und in diesem Fall glaub ich würde unser lieber Lucas der rechte Mann seyn, der es machen könnte. Mein Torre di Quinto, dessen Einsturz mich sehr überrascht hat, ist fertig und hat den vollen Beyfall des Besitzers.* Vielleicht geht es nach Hannover zur Ausstellung. Wegen der künftigen Arbeiten in Tempera bin ich sehr in Verlegenheit, was nehmlich das Verfahren der eigentlichen Malerei betrifft. Es soll nehmlich gleich auf die Wand gemahlt werden, und zwar wie die Alten es thaten, daß es gewaschen werden kann. Sollte man wohl beym Overbeck darüber etwas erfahren können, er kennt es ja genau, und wird schwerlich ein Geheimnis draus machen. Da ich Sie, mein verehrtester, damit nicht beschweren kann, ohne mir die bittersten Vorwürfe zu machen, so wollte ich Sie nur bitten, es Fräulein Seidler, die gewiß öfterer so glücklich ist bei Ihnen zu seyn, ins Gedächtnis zu rufen, da ich sie schon früher darum bat, und mich bald mit einem lieben Briefchen zu beglücken, nach dem ich mich bei dem Entbehren Ihrer Person so sehne. Ich bin stets Ihr ergebenster Friedrich Preller. Meinen lieben Anton, Lucas, Lotsch und Nerly grüße ich freundlich.** * Der an der Via Flaminia gelegene Torre di Quinto stürzte 1832 ein. Siehe auch die Briefe 35, 36 und 38. ** Diese Worte am Rand. – Auf einem Zettel steht von Kestners Hand das Overbecksche Recept, auf Goldgrund a tempera zu malen, für Preller verzeichnet. Gegrüßt werden die Maler und Zeichner Anton Josef Dräger (1794– 1833), August Lucas (1803–1863), Christian Lotsch (1790–1873) und Friedrich Nerly1807–1878). Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 17–19.
41 Weimar, im Frühjahr 1833. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Weimar am* Mein verehrtester Freund! Seit Ihrem liebevollen letzten Schreiben ist schon ein hübsch[es Stück Zeit ?] und ich gedachte von Woche zu Woche schreiben zu können. [Erst jetzt sollen ?] mir einige frohe Momente werden, die ich Ihnen widmen kann. Fragen Sie mich nicht was dazwischen liegt; es sind meist trübe Erinnerungen, Krankheiten, unangenehme Arbeiten, und nur wenige erfreuliche Augenblicke. Gott sey es gedankt! jetzt scheint eine schönere Zeit zu kommen, denn ich bin nahe meiner Reise nach Leipzig und mithin einer schöneren Zeit in Bezug auf mich. Mein Leben hier gleicht dem eines Einsiedlers, der nur sich lebt, wenig nach anderen fragt und niemanden beglückt. Welcher Unterschied zwischen Rom und meinem dennoch geliebten Vaterland! 47
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Was hier gethan wird, ist um des Scheines willen, denn die Spuren wirklicher Liebe zur Sache habe ich noch nicht auffinden können. Doch Geduld, ein Wendepunkt kann ja doch nicht ferne mehr seyn, ich strebe auf der betretenen Bahn vorwärts und kümmere mich nicht, was um mich her vorgeht. In Nebenstunden habe ich ganz kürzlich auch einen Versuch in einem neuen Zweige der Kunst, im Radieren nehmlich gemacht, und ich schicke Ihnen hiermit einen Druck meines letzt ausgeführten Bildes für die Frau Großherzogin. Wird mir einst Zeit, so soll es fortgesetzt werden, denn ich finde viel Freude daran! Soeben kömmt mein Freund Triebel aus Erfurth und meldet mir seine nun beschlossene Reise nach Rom und erbietet sich diese Zeilen zu besorgen, was ich mit Dank annehme. Nebst meinen herzlichsten Grüßen empfiehlt sich Ihnen auch meine geliebte Marie, ein Wesen, was mir das Leben noch versüßt und theuer macht. So es Gott gefällt, denke ich mich diesen Sommer noch als Hausvater hier anzusiedeln, ein Glück nach dem ich schon lange strebe, denn der Ruhe bedarf ich sehr. Nochmals grüße ich Sie mein innigstgeliebter aufs herzlichste und bin stets Ihr ergebenster Friedrich Preller. * Der Brief ist in fünf Stücke gerissen; das sechste (oben links) und mit ihm das Datum fehlt. Jedenfalls ist der Brief in der ersten Zeit des Jahres 1833 geschrieben, da Preller ‚diesen Sommer’ zu heirathen gedenkt (was dann erst am 19. Januar 1834 geschah). Das Radieren hatte Preller 1832 bei Theatermaler Holdermann angefangen: das in diesem Brief bezeichnete Bild ist ein Waldmotiv aus dem Ettersberg (1833), an das, neben der Veduta della Sabina (1832), schon bei Brief VIII, X und XI zu denken ist (beide im Besitz S. K. H. des Grossherzogs). Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 19–21.
42 Leipzig, den 1. September 1833. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Geehrtester Herr Hofrath! Der stete Wunsch, Ihnen meines Versprechens zu Folge, recht bald etwas über mein Thun und Treiben mitzutheilen, wird spät erfüllt da sich so sehr vieles vorfand, was alles beseitigt werden mußte um nur erst zur Arbeit gelangen zu können. Gott sei es gedankt! nach sehr mühseligen kleinen und großen Hindernissen, ist nun endlich doch der Anfang auf der Mauer gemacht, und wenigstens nicht mißglückt.* Fräulein Seidler wird Ihnen vielleicht auch schon von dem gänzlichen Umsturz unserer frühern Idee gesagt haben, der darin besteht: statt einzelner Vorwürfe aus der Mythologie, nur eine Folge aus der Odyssee zu bearbeiten, indem dadurch mehr Verschiedenheit, und zugleich Zusammenhang ins Ganze kommt. Der Polyphem macht nun den Anfang, wie er geblendet vor der Höhle sitzt, und umhertastend dem Helden den Ausgang verwehren will, der jedoch schon samt den Gefährden ihm die Schaafe flüchtend mit wegtreibt. Über der Höhle, ganz in der Ferne sieht man noch die beschneiten Gipfel der dampfenden Aetna. 2. Ulyss von der Jagd rückkehrend, trägt den Hirsch den Gefährden zu. 3. Mercur reicht dem Ulyss die Pflanze, als 48
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Mittel gegen die Verzauberung der Circe. 4. Calypso dem Ulyss beym Schiffbau Rath gebend. 5. Nausikaa mit ihren Dienerinnen bey der Wäsche vom Ulyss überrascht. 6. Ulyss in Ithaka gelandet, liegt schlafend noch am Ufer. 7. Melantheos und Ulyss am Brunnen von Ithacka. Dies die vielleicht schwierigre, aber auch wie mir scheint belehrendere Aufgabe. Ich gestehe, daß es mir Freude und Muth macht eine solche Arbeit unter den Händen zu haben. Auch sind nun endlich Kochs Landschaften glücklich angelangt, und zur allgemeinen Zufriedenheit der Liebhaber und theils der Künstler ausgefallen. Wenigstens scheinen sie für diesen Zweck hier, als architektonische Zierde, zu wenig plastisch in den Formen und Farben. Die Gedanken jedoch, wie immer, schön und jugendlich. Der Genelli zeigt auch im Malen, wie in allen sonst, wahrhaftes Genie und seine letzten Arbeiten, werden jeden erfreuen, der sie sieht. Leid thut mir sehr Ihnen Herr Hofrath nichts seiner Arbeiten zur Ausstellung senden zu können, doch er ist zu sehr beschäftigt etwas außerdem zu machen, und Dr. Haertel entbehrt ungern, was er einmal besitzt. Auch die Dresdner: Peschel und Wagner vollenden noch diesen Herbst die Decke der Logia und werden somit aller Arbeit Ruhe gebieten, da wohl jeder für die Fortsetzung sich zu präpariren hat. Dem Winter würde ich also gern wieder im lieben Weimar zubringen und mich unendlich freuen dort das meinige bei der nun schönern und zweckmäßigern Einrichtung der Anstalt thun zu können. Mich der Gewogenheit Ew Wohlgeborn empfelend bin stets Ihr ergebenster Friedrich Preller. Leipzig am 1 Septbr 1833. * Noch bevor das Römische Haus in Leipzig für den Verleger und Mäzen Hermann Härtel (1803–1875) im November 1833 fertiggestellt war, hatte Preller mit den ersten Arbeiten zur Ausschmückung des Hauses begonnen. Der zentrale Saal sollte von Bonaventura Genelli (1798–1868) ausgemalt werden. Den daran sich anschließende Raum stattete Preller mit Darstellungen aus der Odyssee aus. Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, Handschriften, Signatur: A/2014/3492.
43 Weimar, den 10. November 1833. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler.
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Weimar am 10 Novbr. 1833 Mein lieber Genelli! Ihren Brief durch Z… empfing ich zur richtigen Zeit und hatte somit eine doppelte Freude, obgleich ich noch bedaure daß der Tyran sich doch nicht länger, als 1½ Stunde hier aufhalten konnte, zudem er noch des Nachts nach Erfurth und weiter abging. Möchte er doch glücklicher seyn, als in Dresden. Aus dem, was ich in einer halben Stunde mit Schorn über Ihre Zeichnungen sprach, bemerkte ich wohl, daß er noch einen kleinen Gift auf Sie hat, der auch durch die Lobpreisungen von 49
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4. Friedrich Preller d. Ä.: Bonaventura Genelli, Zeichnung, 1833.
Zeit zu Zeit schaute.* Doch musste er wohl oder Uebel anerkennen wo er gern das Gegentheil gethan hätte. Vorzüglich meinte er: wär es ihm auffallend, daß Sie bei einer so ausgezeichneten Phantasie, oft in den Motiven an den Michel Angelo erinnerten, worauf ich ihm blos zur Antwort gab, daß er doch die Griechen u alle Spätern nachgehen möchte um ebenfalls dergl. Wiederholungen zu finden. So auch wünsche er etwas weniger fersierte Stellungen, da selbige in allen guten griechischen Sachen nicht zu finden wären, doch im allgemeinen mußte er nicht nur gerecht seyn, sondern Lob im Uebermaß spenden, was mich bei ihm mehr als bei jeden anderen wunderte. Doch genug von solchen zu nichts führenden Schwatz. Ich überschike Ihnen hiermit einen Geyer, da mir bis jetzt noch kein Falke vorkam, die auch noch ein bischen rar sind. Seyn Sie nun so gut u schreiben mir was Sie noch nöthig haben, damit wir in Zukunft dran denken können. E…. läßt auch hier nichts von sich hören u vernachlässigt seine Freunde in jeder Art. Schreiben Sie mir bald ob Ihnen der Vogel wohlbehalten zugekommen. Ihr Friedrich Preller. 50
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* Ludwig von Schorn (1793–1842), der Herausgeber der Zeitschrift Kunstblatt, war 1833 von München nach Weimar gekommen um als Nachfolger Johann Heinrich Meyers (1760–1832) die Leitung der Zeichenschule und die Aufsicht über die Großherzogliche Kunstsammlung zu übernehmen. In München hatte er einige Auseinandersetzungen mit dort lebenden Künstlern, u. a. auch mit Genelli. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c484.
44 Weimar, den 24. Januar 1834. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Weimar am 24. Januar 1834 Mein lieber Freund! Am 19.ten des Abends verheuratete ich mich und melde Ihnen mit Freuden, daß ich nun überzeugt bin, erst eine Heymath gefunden zu haben. Daß es ohne alle Ceremonie geschah darf ich Ihnen wohl nicht erst sagen, auch wissen es bisher nur meine liebsten Freunde. Grüßen Sie Hauser und Putterich* herzlich, die sich gewiß mit uns freuen werden. Endlich habe ich nun auch alle fatalen Arbeiten beseitigt, u schon angefangen, die noch übrigen Zeichnungen zu machen, da ich gedenke zu Ostern wieder flott zu werden u zugleich zu segeln. Wie geht es denn bei Euch [Papierausriss] Große Freude habe ich daran, daß Ihnen lieber Genelli die Zeichnungen nicht mißfallen. Meine Marie grüßt Sie herzlich u. freut sich Sie bald zu sehen. Schreiben Sie bald Ihren wahren Freund Friedrich Preller. * Wohl Ferdinand Pettrich (1798–1872), Bildhauer. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c485.
45 Eisenach, den 25. Juli 1834, [Poststempel]. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Meine vielgeliebte Marie! Ich sitze auf Wartburg bei den schlechtesten Schreibzeuch wie Du wohl siehst, doch ich kann nicht länger warten, damit meine lieben Frau nicht ängstlich wird. Ueberhaupt liebes Kind, sey ganz ruhig auch wenn zu weilen nicht gleich ein Brief kömmt, denn ich bin ganz gesund u will die Zeit recht benutzen, da wir einige schlechte Tage gehabt haben. Meine Sachen habe ich erhalten u danke, doch glaubte ich auch ein paar Zeilen zu finden. Schreib mir ja recht bald u viel. Zimmermanns grüßen Dich u befinden sich wohl. Ach wie göttlich ist es hier Du glaubst nicht liebes Kind wie oft ich Dich schon den einzigen Tag hiegewünscht habe. Doch Du wirst es auch noch sehen u meinen Bekannten die Freude machen Dich sehen zu lassen. Alle hatten Dich erwartet. Von Julchen in Gotha kann ich dir nichts 51
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schreiben ich sah sie nicht länger als 1 Minute, doch wird sie Dir wahrscheinlich selbst schreiben. Emielie war sehr glüklich über Dein Geschenk, u sehnt sich Dich zu sehen. Jetzt Liebste schließ ich, da ich wieder zum Zeichnen gehe, behüte Dich Gott u schreibe bald. Grüße die Eltern u alle Lieben von Deinem dich ewig liebenden Fritz Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
46 Leipzig, den 28. August 1834. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Leipzig am 28. Aug. 1834. Geehrter Herr Hofrath! Ich beeile mich Ihnen das versprochne entbehrliche von Zeichnungen, was ich hier haben konnte zu senden, damit es wo möglich noch ein Plätzchen finde. Leider war die Zeit zu kurz und manch andere Dinge zu viel, das Oelbildchen fertig zu machen. Das schöne Wetter und dessen etwaige kurze Dauer lassen mich jetzt keine Stunde verlieren bei meinem großen Bilde zu seyn, was noch eine gewaltige Reform erlitten hat, indem es bei der eigentlichen Größe doch zu wenig Motive hatte und leicht langweilig geworden wär.* Sehnlichst wünschte ich manchmal mich mit Ihnen darüber zu berathen, in Ermangelung dieses Genusses und Vortheils jedoch werde ich mich mit allen Ernst bestreben mein möglichstes zu thun. Mich Ihnen empfehlend bin ich stets Ihr ergebenster Friedrich Preller. * Es handelt sich dabei wohl um das Nausikaa-Bild für das Römische Haus in Leipzig. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
47 Leipzig, den 9. September 1834. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Leipzig am 9.t. Septbr 1834. Ich beeile mich Ihr werthes Schreiben schleunigst zu beantworten bitte aber auch sogleich meine Meinung aufrichtig sagen zu dürfen da es gerade jetzt, und später aber nicht angebracht seyn würde. Fürs erste sage Ihnen meinen innigsten Dank für die lebendige Theilnahme, die Sie an der Sache, und besonders an der zweckmäßigen Einrichtung und Aufstellung der Bilder nehmen. Ein sehr glüklicher Gedanke scheint mir die Trennung der Bilder zu seyn, und hier ist es nun wohl nöthig die Sache recht reiflich zu erwägen. Mir scheint, es könne da wohl etwas gemacht werden, das gewissermaßen Styl hätte; und wenn Sie mir erlauben 52
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so sage ich auch meine Meinung. Das hohe Format hat, wie Sie sehr richtig sagen, den Vortheil, der Figur mehr Aufmerksamkeit zu schenken, u sie bedeutender zu machen, hingegen bietet es wieder Schwierigkeiten, die zu überwinden manche heißen Stunden kostet, daher glaube ich müßte man, so sichs mit den Plan des Ganzen verträgt, die Sache so zu vereinigen suchen, nehmlich: die jedesmaligen zwei Bilder vereinigen und 1 großes davon machen. Auf diese Art wär Ihnen auch an der Höhe etwas zuzugeben (vielleicht bis zu 7 Fuß) u dann wär es das schönste Verhältnis zum Tempera, die wie mir scheint nur in die Architektur passt, und vielleicht besonders hier, da wie Sie sagen nicht alle gut Luft haben. Oel, würde 1. des Glanzes wegen, und 2. seiner Dunkelheit wegen schwerer und dumpf aussehen, und in dieser bedeutenden Größe, wenn auch nur von 5–6 Fuß eine Ewigkeit, bei der Ausführung verlangen und doch eigentlich nie recht passend zu machen seyn. So könnten dann die Bilder auch, um schneller und bequemer vorwärts zu kommen, auf Leinwand gemahlt und eingelassen werden, und hätten nebenbei noch den Vortheil, bis man weiß ob 2 anderer Einrichtungen ersetzt werden zu können. Nun verehrtester Herr Hofrath bitte ich sehr um Entschuldigung, wenn meine Ansicht eine verkehrte ist, ich hielt es aber für Unrecht mich nicht gerade auszusprechen, und verlasse mich im übrigen ganz auf Sie, da ich so vielfach überzeugt bin, daß Sie nur das Tüchtige wollen. Daß die Frau Großherzogin die neue Einrichtung mit einer Zeichnungsanstalt für besser und zweckmäßiger findet, freut auch mich sehr, und ich denke und hoffe binnen einiger Jahre noch schönere Belege für die gute Sache zu sehen. Aufrichtig gesagt, freue ich mich recht auf meine Rückkunft und auf ein erstes Wirken in unsern lieben Vaterlande, denn es scheint doch: als finde das Wahre und Tüchtige gute Aufnahme. Lassen Sie uns thun, was wir können, um nun endlich einmal seit so langen Jahren, auf einen freien Platz zu kommen. Den Carton meiner Nausikaa vollende ich heut, und dürste förmlich vor Begier ihn in Farben zu sehen. Rückkehrend werde ich ihn mitbringen, um Ihre Meinung zu hören. Schließlich bitte ich, werthester Herr Hofrath, lassen Sie mich doch erfahren, wie sich die Sache noch gestaltet hat. Mich Ihnen empfehlend bin ich stets Ew. Wohlgeborn ergebenster Friedrich Preller. Noch muß ich bemerken, daß der Fries zu breit u drückend zur untern Masse vorkommt u namentlich wenn er verzirt werden soll, da die obern Sachen größer ausfallen würden, als die darunter befindlichen Bilder wohl vertragen könnten. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
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48 Leipzig, den 17. September 1834. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Leipzig am 17 Septbr. 1834 Herzlichen Dank, werthester Herr Hofrath für Ihr Schreiben von 14.ten dieses, was ich etwas spät beantworte, weil ich hauptsächlich nöthig fand die Sache reichlich zu überlegen, um auf eine gute Art eins zu lassen, da beydes mir am Herzen liegt. Ich bin nun fest entschlossen Ihnen zu folgen, die Bilder in Oel zu malen, und danke Ihnen nochmals für die freundliche Teilnahme an allem was ich thue. Seyn Sie versichert, daß mir eine Unterbrechung im Temperamalen nur erwünscht seyn kann, auch ich sehe die Vorzüge der Oelmalerei wohl ein, allein zu diesem Zweck schien sie mir besser und daher hätt ich wohl auch gern ein Opfer gebracht. Auf diese Weise wären die Bilder nun wirklich als Staffeleibilder zu betrachten, und nicht mehr möglich, selbige in Verbindung mit der Architectur zu bringen, sondern als abgeschlossene in sich feststehende Dinge anzunehmen, und als gerahmte Zimmerverzierung unter breiten Rahmen anzusehen, wozu freilich eine passende Friesverzierung schwer zu finden seyn würde wenn sie Bezug auf die Bilder haben sollte, da diese nothwendig Tempera, Fresco u. s. f. seyn müßte, und beides sich zu schroff und disharmonisch gegen über steht. Doch hierüber ließe sich ja mündlich besser verhandeln, da ohnedies wohl noch nichts unabänderlich über die Sache beschlossen ist, und wohl noch andere Auswege vorhanden sind. Gestern hatten wir die Ehre eines Besuchs Sr. Königlichen Hoheit, und wie mir schien auch dero hoher Beyfall. Er hielt sich ziemlich lange auf, und schien vieles mit Interesse zu betrachten. Möchte ihm doch die Lust gekommen seyn auch etwas zu bauen! und wär es fürs erste auch nur ein hübsches Local für unsere Schule, die jetzt das Interesse so vieler ist, und die, so Gott will, später noch gute Resultate liefern wird. Leid thut mir in dieser Zeit nicht bei Ihnen seyn zu können um die erste Preisverleihung zu sehen. Morgen werde ich die Nausikaa in der Anlage vollenden und ich hoffe mit Gottes Hilfe ein Stück vorwärts zu kommen, ehe ich zu Ihnen zurükkehre. Mich Ihnen bestens empfehlend, bin ich stets Ew. Wohlgebohrn ergebenster Friedrich Preller. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
49 Leipzig, im Oktober 1834. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Meine liebliche kleine Frau ist recht pünktlich mit dem Schreiben geworden, wofür ihr der Fritz vom Herzen dankt. Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief vom Sontag, der mich nun endlich ganz bestimmt hat zu reisen. Morgen als Mittwoch Abends punkt 8 Uhr treten wir unsere Reise mit der Eilpost an, und werden Donnerstag Nachmittag 4 Uhr in Berlin 54
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anlangen. Auch Peschel ist so weit gekommen, daß er die Reise mitmachen kann, und auf diese Weise wird die Fahrt auch unterhaltender. Unser ganzer Aufenthalt in Berlin, soll auf die Beschauung der Ausstellung*, des Museums und der Stadt im allgemeinen verwendet werden, da alles erkundigen u schön zu sehen, wenigstens die 4 fache Zeit nöthig sein würde. Den 28–29 würde ich also gewiß wieder hier seyn um dann so schnell als irgend möglich meiner lieben Marie in die Arme zu fliegen, worauf ich mich freue wie ein Kind. Daß wir insgesamt manches von der letzten Kälte erlitten haben, kanst Du dir denken, doch Gott sey es gedankt wir sind alle wie die Russen, da uns die Gewohnheit manches erträglicher macht. Bey mir ward noch nicht geheizt und ich bin auch froher so, da man sich zu leicht verwöhnt, übrigens warm gekleidet, was ich auch auf der Reise gewiß nicht versäumen werde, da mir viel dran liegt meiner lieblichen Puppe recht frisch unter die Augen zu treten. Auf die Kindersachen freue ich schon im voraus doch noch mehr Dich selbst dabey zu sehen, wie du vor lauter seeliger Freude dabey glänzest. Versäume um Himmelswillen nichts Deine Gesundheit zu bewahren, theure Marie. Von Berlin aus verspreche ich Dir, zu schreiben, obgleich nur wenig Zeit übrig seyn wird. Die Eltern kannst du von allen benachrichtigen, doch vorderhand niemand anders. Auch bitte ich die lieben Eltern zusammen zu grüßen, so wie alle unsere Freunde. Zu M. Martins bin ich lange nicht gekommen doch mache ich einen Besuch ehe ich abreise. Hoffentlich werde ich doch bey meiner Ankunft hier einen sehr langen Brief finden. Thue es, Du erfreust mich mit nichts mehr. — Nun theuerstes Wesen behüte Dich der Himmel, denke meiner Morgen Abend u bleib mir immer meine herzige Marie. Ich küsse Dich zu 1000 mal u bin Dein Dich ewig treu liebender Fritz Preller. * Die jährlichen Ausstellungen der Königlichen Akademie der Künste in Berlin fanden in der Regel zwischen Mitte September und Ende Oktober statt. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
50 Berlin, Ende Oktober 1834. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Meine liebe Marie Gestern erhielt ich Dein Briefchen u ich versuche es Dir noch einige Zeilen zu kommen zu lassen. Ueber unsere höchst abentheuerliche Reise mündlich. Wir befinden uns alle wohl u vergnügt u werden morgen zurükkehren, welche Stunde wir aber ankommen werden, kann niemand wissen denn alle Posten gehen unregelmäßig. Also seid nicht ängstlich denn wir sind ja glüklich, hier angekommen u retour geht es ja besser. Die Ausstellung interessirt uns sehr. Es ist manches schön da, u ich wäre schon mit der Hälfte zufrieden. Also auf baldiges Wiedersehen. Grüßt alle Lieben. Laßt Herrn Ackermann sagen daß sich Carl wohl befinde. Dein Fritz Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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51 München, den 27. März 1835. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. München am 27ten Maerz 1835. Werthester Herr! Ich beeile mich Ihnen sogleich von allem, was wir bisher erlebt mit einigen Zeilen Nachricht zu geben. Von Herrn Geheimrath v. Klenze wurden wir liebevoll empfangen und sogleich an Herrn Hilgersberger adressiert, der sich unser bisher mit großer Zuvorkommenheit angenommen und uns mit vielen bekannt gemacht hat. Wir haben Zutritt in der Residenz und sind schon am malen. Hoffentlich werden wir Zeit erübrigen können, einige Versuche für uns zu machen und sie dann Ihro Kaiserliche Hoheit vorzulegen. Ueber das, was man hier entstehen sieht, muß man staunen, und zugleich bedauern daß alles zu große Eile hat. Die Briefe die Sie so gütig waren uns mitzugeben sind alle abgegeben, doch Besuche zu machen läßt unser gemeinschaftliches Interesse noch nicht zu. Ich denke, unser Aufenthalt hier wird uns beide in jeder Hinsicht von großen Nutzen seyn. Mit aller Hochachtung Ew. Wohlgebohrn ergebenster Friedrich Preller. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
52 Weimar, den 4. Mai 1835. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 4. Mai 1835 Liebster Herr Doctor! Tag für Tag habe ich mir vorgenommen Ihnen zu schreiben aber eben so oft hoffte ich wieder auf irgend einen Zufall der mich noch zu Ihnen führen sollte. Leider ist nichts mehr zu machen. Kaiser, wenn er auch wirklich hier blieb, hat es seiner Gesundheit wegen wirklich nöthig einmal heraus zu kommen, und so möchte ich ihn nicht hinderlich sein. Ich brauche Ihnen nicht zu versichern, wie leid mirs Ihren u der Arbeit wegen thut. Es ist mir ordentlich bang hier zu seyn, so zieht michs nach Ihnen, doch ich werde es ja überstehen. Wäre Ihnen gedient u. würde die Sache mehr gefördert ich würde dann im Herbst kommen. Denken Sie einmal hierüber u schreiben Sie mir doch ob dieser Winter Einfluß auf die Bilder hatte. München hat mich sehr erbaut, und ich gestehe offen ich ward in den ersten Tagen sehr frappiert. Der Wille ist doch sehr respectabel und man möchte dem König nur mehr Ruhe und eine bessere Wahl in manchen wünschen. Meine Empfindungen und Ueberzeuchnungen in vielen Ihnen jetzt mitzutheilen, würde viele Bogen verlangen, darum nur einiges, was jeden klar werden muß der einige Zeit da lebt. Das neuste u erste was mich anzog war die Residenz. Ueber den Architecten mögen andere urtheilen. In der Malerei u Verzierung scheint mir doch sehr viel durch zu große Ueberladung u Haschen 56
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nach Pracht, geschmacklos u unsinnlich geworden zu seyn. Tüchtige Talente die hier mit arbeiten, können nichts hindern, da alles von oben kommt, und bei diesen Ueberfluß von mannigfaltigen Arbeiten nicht alles gehörig durchdacht ist. Daher kommt es daß die meisten Zimmer selten Arabeske und historische Malerei in Anordnung zusammenstimmt. Klenze scheint prächtige Farbe zu lieben, daher selten etwas bescheiden ist. Zwei Zimmer, hetrurisch decorirt sind mir sehr schön vorgekommen, nächst den nur wenig andern. Schwandaler wird Ihnen große Freude machen. Kaulbach ist ein gewaltiges Talent u vortreffliche Mensch. Ich war viel bei ihm. Schade, daß er so schwächlich ist, daß man fürchtet er werde nicht lange leben. Nehr, der sich Ihnen empfielt, hat sich recht herausgebissen ich glaube daß das Isarthor unter das beste in München gezählt werden wird, wenn er so vollendet wie er begonnen. Ueber Schnorr bin ich erschrocken. Der zweite Saal, u namentlich die letzten Bilder darin sind im Vergleich zu den ersten (der Heldenfall) traurig ausgefallen. H. Hess Kapelle hat auf mich einen schönen Eindruck gemacht.* Die Arkaden kennen Sie. Das Galleriegebäude, wird leider in der Malerei ein Zwitterding werden, da die kleinen Copyen von Cornelius gewiß oft flau ausgeführt werden. Viele schon fertige scheinen mir sehr mittelmäßig. Rottmans Landschaften in den Arcaden haben mich theilweis in der Farbe, weniger in der Auffassung u gar nicht in der Ausführung angezogen. Mir scheint als habe er einen großen Farbensinn, u. elegante Auffassung oft glücklich nicht oft sinnig. Seine Ausführung bleibt auch in Oel langweilig. Heinlein scheint mir unter den Landschaftern das größte eigentliche Künstlertalent zu haben. Kaiser hatte ein schönes Bild gemald Morgenstern mahlt schön und hat wohl auch sehr glükliche Bilder aufzuweisen. Alle prächtige Leute, mit denen ich schöne Tage verlebt. Crola scheint in München weniger Anerkennung als in Sachsen zu finden. Es fehle ihm an Freiheit u. umfassenden Talent. Jedoch haben mir doch einige Cartons zu Bildern in ihrer Art recht gut gefallen. Nun etwas über die Enkaustik. Mir scheint sie nicht ganz kauscher ** 1. ist es die alte der Griechen nicht, u. entbehrt also manchen Vortheil derselben. Ob es haltbar ist weiß die Zeit zu lehren, jeder hat eine andere Meinung hierüber. 2. Hat sie großen Glanz, u. [Blattausriss] mehr Licht wie Oel. Das Dunkelwerden sollte unbedeutend seyn, u hierin läg ein Vorzug. Das Fresco bleibt No. I, — Zur Verzierung mag sie gut anwendbar seyn u ich glaube wir würden sie vielleicht zum Grund verwenden können, da vielmehr Farben zu gebrauchen sind, und sie einen schönen Glanz hat. Genellis unrechtes Handeln an Ihnen ist überall bekannt u verabscheut. Mancher würde glücklich seyn die Sache zu übernehmen. *** Sollte Sie es hinaustreiben so besuchen Sie uns doch auch auf Ihren Wegen. Nach Jena bin ich lange nicht kommen. Meine Frau empfielt sich Ihnen. Unser Junge hat Riesenanlage.**** Ihnen u. den Ihrigen mich empfehlend stets Ihr ergebener Friedrich Preller. * Heinrich Maria von Hess (1798–1863) stattete von 1827 bis 1837 die Allerheiligen Hofkirche München mit Fresken aus. ** Es gab Überlegungen, die Wandmalereien im Römischen Haus für Hermann Härtel statt in Tempera in Enkaustik-Technik auszuführen.
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*** Zu Genelli und dem Rechtsstreit: Martin Naumann, Das römische Haus zu Leipzig. Einem verlorenen Kleinod auf der Spur, Leipzig 2007, Kapitel: Der starrköpfige Genelli, S. 60–70. **** Mit der Wendung „Unser Junge“ kann Preller nicht einen seiner Söhne gemeint haben, da sein erster Sohn Ernst 1835 geboren wurde. Eventuell bezeichnet er mit diesem persönlichen Attribut seinen ihm nahestehenden Schüler, den damals 14-jährigen Carl Hummel (1821–1906). Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/d 69 a.
53 Weimar, den 21. Februar 1836. An Adelbert Schenk (1811–1876), Porzellanmaler und Fotograf. Weimar am 21 Februar 1836. Seyn Sie von ganzem Herzen gegrüßt lieber Schenk in Ihrem Paradies. Mehr als Sie vielleicht glauben bin ich bey Ihnen und durchwandere das mir theuer gewordne in dem schönen München. Möchten Sie es so lieb gewinnen, oder schon haben, wie ich, und der Genuß wird diese Zeit vielleicht als eine der schönsten Epochen Ihres Lebens bezeichnen. Noch hege ich den Wunsch recht bald dort wieder anzusprechen und herzlich erfreut wäre ich mit Ihnen München einmal zu durchlaufen. Sollten Sie jemand meiner Bekannten sehen so bitte ich auf herzlichste von mir zu grüßen. Bei Gelegenheit, sage bey Gelegenheit, lieber Schenk vergessen Sie wohl auch meine Bitte an Thäter* nicht. Sollten Sie Nehr** kennen? (er mahlte das Isarthor) [Blattausriss] bringen meinen Gruß. Er wird bald nach Weimar kommen um hier eine Arbeit im Schloß auszuführen einen Saal nehmlich aus Schillers dramatischen Werken Scenen vorstellend. Er wird gern was Sie etwa zu besorgen haben übernehmen. Sagen Sie ihm wie ich mich freue auf unser Beisammenseyn. Was sonst neues bei mir vorkommt wird Ihnen wohl Herr Schmidt melden. Es alles zu merken werden Sie nicht verlegen werden. Sie freundlichst grüßend Ihr ergebener Friedrich Preller. * Julius Thaeter (1804–1870). Der Zeichner und Reproduktionsgraphiker kam 1841 für zwei Jahre als Zeichenlehrer an die Fürstliche freie Zeichenschule nach Weimar. ** Bernhard von Neher (1806–1886) erhielt 1836 den Auftrag zur Ausmalung des Schiller- und des Goethezimmers im Weimarer Schloss. Staatliche Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv, Autographensammlung. Signatur: SMBZA, V/AS 1117.
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54 Leipzig, im April/Mai 1836. An die Schwester Charlotte Preller (1815–1907). Mein liebes gutes Lottchen ich danke Dir herzlich für Deinen Glückwunsch zu meinem Geburtstag. Ohne Euern lieben Brief hätte ich nicht daran gedacht, da ich hier zu sehr beschäftigt bin. Eurer denke ich dabey freilich stündlich und mir kommt wohl oft ja sehr oft die Sehnsucht nach Haus um bei Euch seyn zu können ohne es möglich machen zu können wenn ich zu Ende Juni wieder auf einige Zeit bei Euch lieben bleiben will. Emilen Grosnarts Onkel habe ich gleich in den ersten Tagen besucht, ohne ihn jedoch zuhaus zu finden. Mutter u Tochter habe ich jedoch die Grüße überbracht u werde bei meinen Abgehn auch fragen ob sie für Weimar einen Auftrag haben. Grüße die Emielie u August von mir recht herzlich. Recht viel Freude würde Dir gewiß die Messe machen, da du für Dich gewiß viel Schönes hier sehen kannst. Ich komme blos zuweilen des Abends nach dem Innern der Stadt, da wir gerade am Thor wohnen u ziemlich weit bis dorthin haben. Der Tag sieht mich nur bei der Arbeit, u da am vergnügtesten. Jetzt liebes Lottchen grüß u küsse ich Dich zum Schluß u bitte nur mehr solche freudige Stunden durch ein paar Zeichen von Dir zu machen. Stets Dein Dich aufs herzlichste liebender Bruder Friedrich Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
55 Leipzig, den 28. April 1836. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Leipzig am 28 April 1836. Geehrtester Herr Hofrath! So eben erhalte ich Ihr werthes Schreiben nebst der Beilage für Angeka Facius,* leider zu spät es ihr selbst vorzulegen, da sie schon gestern nach Mittag von Dresden hier durch ging und Ihnen nun wohl ihren Besuch gemacht haben wird. Der Gedanke zur Medaille scheint mir gut auch ich würde mit großen Vergnügen zur Ausführung derselben gehen, wenn ich nur irgend die Möglichkeit sehen könnte es durchzusetzen. Denken Sie werthester Herr Hofrath, daß ich von des Morgens 7 Uhr bis in die Dunkelheit des Abends arbeite und arbeiten muß, wenn ich fertig werden will. Die Abende müssen zum Carton zeichnen genommen werden, denn am Tage bleibt mir meiner Berechnung nach keine Stunde Zeit übrig. Daß Sie an meinen guten Willen nicht zweifeln, bin ich überzeugt. Besondere Freude würde es mir seyn Angelika in etwas gedient zu haben, doch unter jetzigen Umständen ist es nicht möglich und ich wollte sehr bitten, mich bei Angelika deshalb zu entschuldigen. Auf den Tag meiner Rükkehr freue ich mich von ganzem Herzen und Nehus Anwesenheit in Weimar wird Tage der Freude für mich seyn. 59
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Möchte der Himmel mir nur Kraft und Ausdauer zur Vollendung meiner Arbeit hier schenken. Für die Nachricht von den meinen sage ich Ihnen meinen schönsten Dank und bitte schließlich um Ihr ferneres Wohlwollen Ew. Wohlgebohrn ergebenster Friedrich Preller. * Angelica Bellonata Facius (1806–1887), Bildhauerin und Gemmenschneiderin; tätig u. a. für die Ausstattung des Weimarer Schlosses. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
56 Weimar, den 10. Juni 1836. An Carl Gustav Boerner (1790–1855), Kunsthändler und Antiquar in Leipzig. Weimar am 10.ten Juni 1836. Lieber Freund! Nun endlich etwas ruhiger, muß ich Ihnen fürs aller erste die glükliche Niederkunft meiner Frau mit einem gesunden Buben am 1.ten dieses melden.* Obgleich meine Marie einige Tage krank u sehr krank war, geht es ihr doch jetzt ganz gut u sie grüßt Sie u Ihre liebe Frau von ganzen Herzen. Auch darf ich nicht vergessen, daß mir Hummels tausend Grüße u nahmaligen herzlichen Dank für die Güte, der Carl sich bei Ihnen erfreute, aufgetragen. Von Ihren Kupferstichen haben Bouterwecks 3 Stück behalten nehmlich: die Madonna di Foligno, die Grablegung von Amsler** und die heilige Secilie, wofür ich Ihnen die Zahlung nächstens mit Uebersendung der übrigen zukommen lassen werde. Auf baldiges Wiedersehen grüß ich Sie u bin Ihr Friedrich Preller. * Emil Preller (1836–1893). ** Es handelt sich um den Kupferstich des Samuel Amsler (1791–1849) nach Raffaels Gemälde der Grabtragung Christi. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
57 Ilmenau, den 25. Juni 1836. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Ilmenau. Sonabend Meine vielgeliebte Marie! Gestern halb 8 Uhr kamen wir nach einer furchtbaren beschwerlichen Reise, der Hitze wegen ganz verbrannt namentlich an Händen u Gesicht glücklich hier an wo uns Frau u 60
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Fräulein v. Arnswald aufs freundlichste empfingen. Das Wetter ist zwar nicht mehr so rein u schön wie gestern morgen, doch bin ich froh hier zu seyn um jede etwaig gute Stunde benutzen zu können. Wenn es möglich, halten wir noch heute auf dem Gabelbach unsern Einzug. Frau v Arnwald u Töchter grüßen Dich aufs herzlichste u lassen Dir sagen, Du mögest wegen mir gar nicht ängstlich seyn, was die Waldeinsamkeit beträfe, denn da könne ich leben so sicher wie in der Stadt, auch sey nur ein einzigmal oben ein Diebstahl begangen worden, mehr zum Schabernak, denn man habe von jeden gestohlnen etwas zurückgelassen, u man habe die Sache als Tüke gegen den Oberjäger Meister v Fritsch angesehen. Ueberhaupt höre man hier von Stehlen garnichts. Solltest Du nun in Zukunft mit dem Fuhrmann oder der Post schreiben, so adressire die Briefe nur Fr. Preller abzugeben bei Frau Oberforstmeister v. Arnswald u so kommen sie gewiß u gut in meine Hände, denn von da werden sie mir zugeschikt. Sollte Euch etwas zustoßen wo ich nöthig bin so schikst Du mir augenblicklich einen Wagen, mit den ich zurük komme. Ganz insbesondere versprich mir aber liebe Marie ja bei einem vorkommenden Fall gleich nach dem Arzt zu schiken. Karl liegt noch u schläft seinen gerechten Schlaf, hat mir aber schon gestern Abend aufgetragen, Dich u die Seinigen zu grüßen, was denn hiermit geschieht. Nun gutes Mariechen für heute genug. Dich u unsere Lieben tausendmal grüßend Dein Friedrich Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
58 Ilmenau, den 27. Juni 1836. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). So meine liebe Marie sind uns schon zwei schöne Tage hier vergangen u heute gedenke ich anzufangen an meiner Studie. Des Morgens genießen wir Ziegenmilch u ein Stück schwarz Brod, was mir gut bekommt. Ueberhaupt haben wir bisjetzt einen gesegneten Appetit u befinden uns so wohl als nur irgend möglich. Karl zuweilen etwas müd da er das Bergsteigen nicht gewohnt, u wir doch schon hübsche Turen gemacht haben. Denke Dir aber liebe Marie daß hier immer noch eingeheizt wird u wir uns dabei recht wohl fühlen besonders Morgens u Abends. Nun meine liebe gute Marie muß ich aber schließen denn es kommt die Zeit unsere Milch zu genießen u mich auf den Weg zu machen. Der Morgen ist schön u ich hoffe einen hübschen Tag. Grüße meine Freunde, besonders die welche uns besuchen wollen, die da sind Kampfer, Neher, Hutter, Hummels u Buderwek’s. Vor allem aber die Meinigen. Was giebt denn unser Ernst an? Dich grüße ich von ganzen Herzen u bitte um baldiges Briefchen Dein unveränderter Fritz Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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59 Gabelbach, den 2. Juli 1836. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Gabelbach am Gikelhahn bei Ilmenau den 2ten Juli 1836. Ich halte für Pflicht Ihnen werthester Herr Hofrat über mein Thun und Treiben hier einige Nachricht zu geben.* Der Ort meines Aufenthalts ist der reizentste, recht eigentlich für den Maler und Jäger geeignet und ich würde auch ganz glücklich hier seyn können: wenn es mit meiner Arbeit besser gegangen wäre. Jetzt endlich bin ich etwas ruhiger und arbeite so gut als es Kraft und Wetter erlaubt. Acht Tage nun hier, habe ich mich an meinem Lieblingsmotiv dem Herrmannstein die größte Zeit umhergetrieben um ihn den Wünschen der Großherzogin zu Folge als Motiv zu einer Jagd zu nehmen, jedoch ohne allen Erfolg. Denken Sie sich einen einsamen großen Felsriff, an einen steilen Fichten und Tannenhang, eingeschlossen und düster ohne alles niedere Terrain was eine Jagd voraussetzt. Was ich früher daraus machen wollte wäre passend und gewiß nicht uninteressant geworden, doch hiermit ließ sichs nicht arrangiren, und so habe ich denn nun endlich um nicht Zeit und Muth zu verlieren die Sache freilich höchst ungern aufgegeben, da Sie ja wissen wie sehr ich für diesen Gegenstand eingenommen war. Was ich jetzt nun angefangen, ist ein nicht minder bekannter Gegenstand die hohe Eiche genannt. Alles ist hier zur Jagd geeignet und ich denke die Frau Großherzogin mit dem Gegenstand mehr zu erfreuen als mit dem Herrmannstein. Der seelige Großherzog sowie Göthe sollen den Ort oft besucht und hier mehr gejagt haben. Glauben Sie Herr Hofrath, daß es nöthig sey gleich jetzt die Unmöglichkeit der Bearbeitung des ersten Motivs der Hoheit zu melden, so wollte ich sehr darum bitten daß Sie es übernähmen. Seit jenen mir verdrießlichen Tagen wo ich die Sache aufgab, habe ich freilich mit großen Beschwerlichkeiten zu kämpfen, da der Weg in diesen Bergen hier bei einer Weite von 2 Stunden nicht gering ist den ich alle Morgen hin und Abends zurück zu machen habe. Doch denke ich mit Gott aus zu halten und es sollte mir die größte Freude seyn wenn ich etwas mitbrächte was Ihnen genügte. Bin ich vom Wetter begünstigt, so hoffe ich, vielleicht einige Wochen früher zu kommen. Mich Ihrer fernern Gewogenheit empfelend Ew. Wohlgeborn ergebenster * In den Sommermonaten 1835 und 1836 verbrachte Preller mehrere Wochen in der Umgebung von Eisenach auf der Suche nach Motiven für einen Auftrag der Großherzogin. Er sollte den Conseil-Saal des Weimarer Schlosses mit sechs großen Gemälden zu Themen aus der thüringischen Geschichte ausstatten. Dafür fertigte er zahlreiche Naturstudien und Skizzen an. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
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60 Ilmenau, den 4. Juli 1836. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Ilmenau am 4ten Juli 36 So eben erhalte ich Ihr Schreiben vom 30 Juli [sic.] bei einem Durchmarsch von Frau v. Arnswald und darf also nicht zögern mit der Antwort, da hier die Posten nicht alle Tage gehen. Auch Neher* schrieb mir einige Zeilen mit meiner Frau, und ich bin nun folgendermaßen gesonnen: daß, (vorausgesetzt daß Sie Br. die Sache anvertrauen wollen, denn wie Neher sagt, können Sie es ohne Bedenken, er sey überzeugt, daß es gut würde), Sie Neher das ganze besorgen ließen, was er sich auch erboten, um es nicht weitläufig u kostbar zu machen. Neher hat ja die Sache übernommen und nur durch unvorhergesehene Arbeiten ist ihm die Zeit kostbarer u unentbehrlich bei seinen jetzigen Unternehmen geworden. So wäre wohl alles beseitigt was mich hindern könnte zur bestimmten Zeit weiter zu mahlen. Neher’s eigene Worte sind: Herzlich gern besorge ich alles was die Sache betrifft u der Herr Doctor soll in nichts anders fahren als wenn ich es thät. Somit glaube ich wäre nichts zu bedenken wenn Sie nur Br. das Zutrauen schenken. Mir gefällt es hier ganz gut u ich würde mich ungeheuer freuen Sie und Ihre liebe Frau bald hier zu sehen. ich logire auf dem Gabelbach eine Stunde von hier. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Hausfrau u allen den Ihrigen. Ihr stets ergebener Friedrich Preller. * Bernhard von Neher (1806–1886) hatte 1836 den Auftrag zur Ausmalung des Schiller- und des Goethezimmers im Weimarer Schloss erhalten. Wiesbaden, Verlag Breitkopf und Härtel, Archiv.
61 Ilmenau, den 25. Juli 1836. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Ilmenau d. 25 ten Juli 1836. In der Hoffnung daß es heut erträglich Wetter gäbe, blieb ich diese Nacht hier aber nur um abermals getäuscht zu werden. Ich beantworte daher in aller Frühe Deinen von Frau v. A. * durch Blumenröders erhaltenen Brief, der mir unendliche Freude gemacht hat. An Dr. Haertel habe ich geschrieben u gesagt, daß ich bestimmt bis kommenden Sonntag hier bleibe, Montag aber wenn das Wetter es erlaubt zu Fuß nach Weimar wandele, also heute über 8 Tage bei Dir seyn werde. Uebrigens muß es ein Irrthum von Deiner Seite seyn, oder der Dr. H. sich anders besonnen haben, denn in seinem Briefe an mich schreibt er daß er den 24 längstens 26 hier einzutreffen gedächte, welches also längstens nun morgen seyn würde, was ich noch immer hoffe. Mit der Hauptsache für mein Bild bin ich fertig ohne welches ich bei jetziger Witterung u Aussicht auf besseres, untröstlich seyn würde. Gern hätte ich jedoch noch ein Stückchen 63
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Grund der in dieser Gegend sehr charakteristisch ist, gemalt um in keiner Art in Verlegenheit zu gerathen. Deswegen nun habe ich bis Sontag zugegeben, nach Ablauf dieser Zeit aber fest beschlossen abzusegeln um wieder bei meiner überalles geliebten Marie einige Wochen zu verleben. Ich freue mich auf diese Zeit wie das Kind aufs Weinachten. Sehnst Du Dich nur die Hälfte so wie ich mich so können wir die uns geschenkte Zeit nur in größter Freude u Wonne verleben. Hoffentlich freuen wir uns gegenseitig über unser Wohlseyn, denn Känzler hat mir versichert Du werdest dick u roth bei Deinem Stillen, und unser Emil soll so ein schönes Kindchen werden, woran ich nie gezweifelt, da es meiner vielgeliebten Marie ja von Anfang ähnlich sah. Brahn aus Jena u der kleine v. Grosh aus Weimar die beide eine Fußthur in den Thüringerwald machen beginnen auf dem Gabelsbach, u Karl thut das möglichste ihnen ihren Aufenthalt angenehm zu machen. Gestern waren Karl u Grosh in Mannbach vom beierschen Bier ein wenig keill geworden, dabei aber ausgelassen vor Freude namentlich Karl, den ich schon mehrmals daselbst so gesehen. Unsere alte Mama auf dem Gabelbach die ich sehr ästhetich fürs Gabelbach gezeichnet habe, liegt krank u zwar mit der Grippe. Hoffentlich wird sie ihre eisenfeste Natur durchreißen. Ehegestern habe ich eine Hirschjagd hier mitgemacht aber nicht den Schwanz von Wild zu sehen bekommen, und der einzige angeschossene Hirsch war so klug sich nicht kriegen zu lassen. Künftigen Donnerstag soll bei günstiger Witterung wieder eine seyn, die hoffentlich besser ausfallen wird. So meine liebe Marie verlebe ich hier die noch übrige Zeit indem ich dabei immer auf gutes Wetter warte, ohne große Hoffnung dazu zu haben. Heute esse ich bei Arnswalds Stockfisch u grüne Erbsen was ich gern angenommen da ich mich dort immer wohl befinde. Alle meinen Bekannten hier sehnen sich recht Dich kennen zu lernen, vor allen aber Arnswalds die ich jeden Tag lieber gewinne. Du glaubst nicht liebe Marie welche Aufmerksamkeit sie mir erweisen, ohne daß ich nur im mindesten weiß wodurch ich sie verdient. Die Frau v. A. nennt mich nur ihren ältesten Sohn und ich erkenne in ihr wenigstens die vortreffliche Mutter ihrer Kinder, die sie alle unbeschreiblich liebt. Sollte es aufhören zu regnen so gehe ich nach dem Essen wieder zu meinen Kleinen aufs Gabelbach, die sich da oben so lustig u frei fühlen wie die Vögel. Jetzt mein vielgeliebtes Mariechen schließ ich mit dem herzlichsten Wunsch daß es Euch allen wohl gehen möge. Grüße und küsse unsre lieben Kleinen, die Mama Lottchen u alle Freunde. Dich küsst zu tausendemalen Dein Dich unveränderlich treu liebender Fritz Preller. Arnswalds grüßen Dich. * Ernestine von Arnswald (1789–1877), Mutter des Bernhard Carl August v. Arnswald (1807–1877). Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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62 Leipzig, den 26. November 1836. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Werthester Herr! Kaum glücklich hier angekommen sitz ich auch schon wieder tief in der Arbeit und werde das möglichste thun um bald umkehren zu können. Die letzten Gegenstände von Brockmann [?] sind viel besser als die ersten ja man kann wohl sagen sehr gut gerathen. Ich lasse alle nach der Reihe hier folgen. Über den Polyphem ist Ulyss. ihm die gefüllte Schale reichend, Über dem Sturm Ulyss das Gewand ziehend gegen die Kirke. Über dem Pallast der Kirke Ulyss u Kirke beym Mahl durch einen ihrer Nymphen bedient. Über der Calypso: Calypso die dem Ulyss seine Abfahrt ankündigt. Ueber der Nausikaa das Fest beym Alkmoos. Ueber der Grotte Ulyss im Sturm mit der Leukothea. Dan kommt über die 1. Thür das Mahl oder besser das Gelag der Freier. Ueber das Bild beym Sauhirten der Kampf mit dem Iros. Ueber die 2 Thür die Ermordung der Freier, u Wiedererkennung zwischen Ulyss u Penelope. Noch nach zu holen ist die Thür zwischen dem Ziklopen u Sturm wobei die Sirenen mit dem vorbeiziehenden Schiff kommt. Die Namen der Münchner Maler, die bei Herrn Bart gearbeitet sind Frei Großmann und Schazer. Die für Weimar bestimmten Bilder aus Dresden habe ich hier gesehen. Mit dem herzlichsten Wunsch daß es Ihnen wieder ganz wohl seyn möge empfehle ich mich und bin Ihr ganz ergebener Friedrich Preller. Leipzig am 26. Novbr 1836. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
63 Weimar, zwischen 1836 und 1841. Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker, an Preller und Preller an Ludwig von Schorn. [Schorn]: Mit bestem Morgengruß und dem Wunsch Daß es Ihrem Kleinen heute besser geht, bitte ich Sie werthester Freund, mir sogleich den Preis der Zeichnung anzugeben. Der Ihrige S. [Preller]: Mit meinem Emil geht es Gott sein Dank recht leidlich und ich hoffe es soll bald vorüber seyn. Den Preis der Zeichnung dacht ich 3 Louis d’or zu setzen. Ihr ergebenster Friedrich Preller. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
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64 Weimar, im März 1837. An Carl Gustav Boerner (1790–1855), Kunsthändler und Antiquar in Leipzig. Lieber Freund! Ich schicke Ihnen hiermit 5 Dutz. Abdrücke von denen Sie die eine Hälfte noch nicht kennen. Hoffentlich werden Sie mit letzterer Arbeit nicht weniger zufrieden seyn als mit den erstern. Mir wenigstens scheint sie nicht weniger lebendig, u doch mehr beysammen. Das Bildchen, wonach es gemacht, gehört der Kämpfer*, und es ist aus der Erinnerung an die Nordsee, gemahlt. Bei erster Gelegenheit soll es an etwas neues gehen, denn die Sache macht mir sehr viel Freude. Mein großes Bild geht ziemlich vorwärts, u ich habe Hoffnung es bis nach Pfingsten zu endigen.** Eine große Freude würden Sie allen Ihren Freunden durch Ihren Besuch hier machen, vor allen mir u den meinigen. Mit der Gesundheit geht es bey uns allen jetzt leidlich, u wir freuen uns alle daß es bei Ihnen so gut steht. Meine Maria u Schwiegermutter grüßen aufs freundlichste. Ich nicht minder Sie mit Ihrer lieben Frau u Rosalie. Stets Ihr Friedrich Preller. * Ehefrau des Karl Wilhelm Emil Kämpfer (1803–1847), seit 1829 Bataillonsarzt in Weimar. ** Es handelt sich um ein für den Conseil-Saal des Weimarer Schlosses bestimmtes Bild der Hohen Eiche von Ilmenau. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
65 Weimar, wohl Mai 1837. An Theodor Thon (1792–1838), Naturforscher, Vater des Sixtus Armin. Geehrtester Herr. Endlich muß ich mich doch entschließen Ihnen auf Ihr werthes Schreiben schriftlich zu antworten, für’s erste aber bey der langen Verzögerung der Antwort um Verzeihung bitten. Schon längst wollte ich eigentlich wieder einmal meine Lieben in Jena sehen, und nun glaubte ich einen Beweggrund mehr durch Ihr gütiges Schreiben zu haben, als in meiner Familie Unpäßlichkeiten eintraten die meine Abwesenheit durchaus nicht zuließen und jetzt noch nicht gestatten. Es hat mir auch am Herzen gelegen wie ichs mit Ihrem Sohn anfangen wolle, da mir in meinem Studium noch nicht ein Plätzchen übrig ist wo ich einen leeren Stuhl setzen kann. Stundenweis ihn zu unterrichten, halte ich nicht für genug, denn ich meine das stete Beobachten eines jungen Menschen kann einem nur auf die rechte Art bringen, wie er zu nehmen, u was überhaupt aus ihm zu machen sey. Sodann führt mich nun der Sommer wieder ins freie u ich würde wenig bei ihm seyn können, da er sich wohl, wie in Jena mehr der Historie zuwendet. Doch ich fühle daß ich mich doch noch
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weitläufiger aussprechen muß, u dazu scheint mir das Papier ein schlechter Platz. Sie sehen mich doch sobald als irgend möglich ist in Jena.* Bis dahin beschäftigen Sie ihn doch so viel möglich aber mit nichts andern als der Natur woran er unter allen Umständen am meisten lernt. Empfehlen Sie mich den lieben Ihrigen und erwarten Sie mich recht bald in Jena. In steter Hochachtung Ihr ergebener Friedrich Preller. * Preller nimmt den Sohn Sixtus Armin Thon (1817–1901) im Juni 1837 als Schüler an. Düsseldorf, Goethe-Museum, Handschriften, Signatur: NW 1643/1979.
66 Weimar, den 20. Juni 1837. An Theodor Thon (1792–1838), Naturforscher, Vater des Sixtus Armin. Weimar. am 20 Juni 1837 Werther Freund! Soeben erfahre ich durch den Naumburger Fuhrmann der wöchentlich 2 mal hierdurch nach Erfurth u zurück geht daß der Wagen von Naumburg auch 2 mal wöchentlich nach Berlin, u zwar Freitag u Montag fährt, welche Gelegenheit mir annehmbar scheint da der Preis zu 5 Rt a person billig ist u wir keine Umstände u Kosten für etwas mehr Gepäck haben. Wäre bei Ihrem Sohn nun alles in Ordnung u er bis Morgen, als Mittwoch Abend hier, so könnten wir Donnerstag Morgens mit nach Naumburg abfahren.* Da aber dies fragliche Sache ist, so habe ich gedacht wir verschieben die Sache bis zum Sontag Morgen u bitte dafür nur daß er ganz fertig zur Reise schon Sonabends hierherkommt weil der Kutscher des andern Morgens hier abfährt. Dies wär mein Vorschlag. Wüßten Sie etwas noch annehmbarers so bitte es mir mitzutheilen. Länger aber kann ich auf keinen Fall die Reise hinausschieben u bitte deshalb nochmals daß Ihr Sohn bis Sonabend hier ist. Sie freundlich grüßend Ihr ergebener Friedrich Preller. * Preller berichtet auch Bernhard von Arnswald (1807–1877) von der bevorstehenden Reise nach Berlin und weiter nach Rügen (Brief 67). Für eine Begleitung Sixtus Armin Thons (1817–1901) auf dieser Reise, nachdem er unmittelbar zuvor von Preller als Schüler aufgenommen worden war, gibt es keine Belege. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, NL Thon 3.
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5. Friedrich Preller d. Ä.: Die Wartburg im 14. Jahrhundert, Radierung, 1836.
67 Abb. 5 und 6 Weimar, den 21. Juni 1837. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 21 Juni 1837. Deinen Brief erhielt ich zur Zeit u habe mich recht sehr darüber gefreut, ja so, wie mich wenige von Dir noch gefreut d.h. theilweiß. Welcher Theil mir am wenigsten gefallen, weißt Du selbst. Deine Aufrichtigkeit ist mir diesmal aber wirklich liebenswürdig an Dir vorgekommen jedoch möchte ich Dich auch für dieser Liebenswürdigkeit warnen, damit dies nicht geht wie unsern guten H. M.* der stolzer auf einen Vers als auf ein Kunstwerk andrer Art ist. Daß die wenig oder nichts gethan, kommt wohl manchmal im Leben vor. Damit ist auch nichts verloren, wenn es seine Schranken findet. Von Herzen wünscht ich Dir eine Badekur unter andern Verhältnissen machen zu können, da Du doch in jedem Fall außerordentlich 68
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6. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait, Zeichnung, 1837.
geniert bist. Am allerliebsten möchte ich wohl Du gingst einmal mit mir u gern macht ich meine jetzige Reise mit Dir meinem liebsten mir ja am nächsten stehenden Freunde. Es klingt meist sonderbar, wenn sich Männer nach ihresgleichen sehnen, mir geht es aber diesmal wirklich so u ich möchte immer der vergangene Tag sey der letzte unsrer Trennung gewesen. Vor allen Dingen wünsche ich jetzt von ganzen Herzen daß Dir das Bad wesentlichen Nutzen schaffe u Du gestärkt später zurückkehren mögest. Trachte etwas mitzubringen was Du den Winter über ausführen kannst, ich werde ein gleiches thun, wenn auch nicht zur Ausführung, denn dazu sind mir fürs erste andere Dinge vorbehalten. Nach Beendigung meines Bildes ging ich zum Entwurf der Decoration fürs Wielands Zimmer, die denn, und wie ich hörte, sehr gefallen hat. Neher, Coudray und Schorn waren wenigstens sehr zufrieden mit Eintheilung u Anordnung der Räume u Verzierungen welche erstern eine sehr große Schwierigkeit war, da die Architektur ursprünglich sehr ungünstig ist. Möge mir Gott zur Vollendung Kraft u Muth geben, an Lust dazu fehlt es mir nicht. Jetzt da auch dieses vollbracht lebe ich seit einigen Tagen sehr mißmuthig u unruhig da ich nichts vor meiner Reise mehr beginnen kann u so eigentlich ganz unbeschäftigt die Zeit verbringe. 69
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Bis Sontag gehe ich von hier wahrscheinlich über Berlin ab u freue mich wie ein Gott auf das stille abgeschlossne Stückchen Erde was mich dort beherbergen und gewiß für die Zeit meines Aufenthalts im höchsten Grad interessieren wird.** Nach meiner Rückkunft will ich mit meiner Frau für einige Tage nach Eisenach, die dieses liebe Land auch noch nicht gesehen hat. Dann soll es mit allem was mir zu Gebot steht an eine Arbeit, die viel verlangt vielleicht mehr als ich besitze. Nächstens werde ich auf abermaliges Bitten einige meiner Wartburg Drucke nach Wartburg zum Verkauf schicken. Erinnere Dich bei deren Besuch doch meiner. Ich bin, so oft mir Zeit dazu, immer im Geist dort und wollte gern ich könnte sie schon wieder begehen. Siehst Du meine Freunde so grüße sie aufs herzlichste u sage ihnen wie sehr ich mich freue wieder einige Zeit bei ihnen verleben zu können. H. M. sage doch daß ich neugierig auf seine Oelmalereien sei, deren er doch gewiß in der Zeit unsrer Trennung gefertigt hat. Wo nicht so hole ihn der Teufel wenigstens vernichte er Pinsel und Palette, da sie ihn doch nichts fruchten. Dabei grüße ihn aber herzlich als guten lieben Menschen denn der bleibt er doch immer, wenn er auch die Kunst nicht so verehrt u liebt wie er mit seinem regen warmen Herzen könnte u sollte. Neher hat wieder begonnen u ist wie gewohnt fleißig u wird wieder tüchtiges leisten. Sein Carton ist hier angekauft und wir haben nun die Freude ihn beständig sehen u uns dran freuen u erholen zu können. Mit ihm u Marie Coudray scheint mir die Sache mehr als spashaft zu seyn u ich wünsche nichts mehr als daß wir ihn noch recht lange ja wenn möglich, für immer behielten. Ohne sein Wissen darf ich Dich wohl von ihm grüßen da ich weiß wie lieb er Dich hat. Deinen Bruder*** sehe ich jetzt seltener da er mit Exerzieren wohl fest beschäftigt ist. Meine Frau u Mutter grüßen Dich herzlich u wünschen mit mir Dir alles Liebe. Stets Dein wahrer liebender Freund Fritz Preller. * Franz Heinrich Müller (1793–1866), in Weimar und ab 1829 in Eisenach tätiger Maler und Lithograph. ** Rügen. *** wohl Georg V. Ludwig von Arnswald (1811–1869). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3615.
68 Weimar, den 9. September 1837. An August Wilhelm Ferdinand Schirmer (1802–1866), Maler. Weimar am 9 Septbr 1837. Ich benutze die Rückreise Bellermanns Dich altes treues Haus von ganzen Herzen zu grüßen. Wir haben uns gestern, wo er bei mir war, nur von Dir unterhalten, u Du magst glauben, wie leid es mir thut Dich auf meiner Rückkunft von Rügen nicht in Berlin gefunden zu haben. Mach es doch endlich einmal wahr u besuche unser Thüringer Land wieder das Dir, wie ich weiß schon früher gefallen, u jetzt gewiss noch mehr befriedigt. 70
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Großen Genuß habe ich wieder gehabt wie ich neulich einen kleinen Ausblick nach dem Eisenacher Land machte u oft habe ich wohl gewünscht mit Dir diese schönen Thäler zu durchschnobern. Doch Ihr eingefleischten Preußen meint immer Eure Welt sey Berlin. Hol Euch der Teufel in diesen verdammten Neste, wo es einem nur einige Tage wohl sein kann. Ich lobe mir Bergluft, da wird einem das Herz leicht. Du alter Kerl müßtest mitten im schönsten Lande sitzen, um alles nöthige mit Klauen greifen zu können, während Du dort allemal die Eilpost besteigst um dir eine Vorgrundpflanze zu erforschen. Nimm Dir die Epistel zu Herzen u vergiß nicht daß Dich einer in Weimar über alles liebt u sich oft nach Dir sehnt. Er nennt sich Friedrich Preller. Grüße alle, die sich meiner freundlich erinnern, vor allen empfiehl mich Deiner vortrefflichen Frau. UB Basel, Autogr. Menzel P223.
69 Weimar, den 2. August 1838. An Julius Thaeter (1804–1870), Zeichner und Reproduktionsgraphiker. Weimar, den 2. August 1838. Mein geliebter, alter Freund! Das Erste nach meiner Rückkehr von einer Erholungsreise sei die Beantwortung Deines lieben Briefes, dessen Beilage mir so unendlich viel Freude machen wird, so lange ich lebe. Nimm dafür den herzlichsten Dank, da ich nichts Besseres zu geben weiß. Der Gegenstand, wie ihn der Kaulbach componirt, machte mir immer, wie Du weißt, eine wunderbare Wirkung.* Ich wüßte wahrlich nicht, mit was Du mir bis jetzt größere Freude bereitet hättest, als mit diesem kostbaren Geschenk, was mir die Zeichnung so ganz und gar wiedergibt. So auch das Blatt nach Cornelius.** Beide hängen gut verwahrt in meinem Studium, und es vergeht keine Viertelstunde, in der ich Deiner nicht in Liebe und Dankbarkeit gedächte. Schorn sah sie beide in der ersten Stunde ihres Hierseins, obgleich die Hunnenschlacht nicht zum ersten Male; denn er hatte schon in Frankfurt einen Abdruck gesehen. Könnte einem tüchtigen Kerl Etwas an Lobsprüchen gelegen sein, so müßte ich Dir den ganzen Wagen voll schicken, denn Schorn fand kein Ende im Lobe Deiner bei diesen Arbeiten und äußerte den Wunsch, unsere vortrefflichen Carsten’s so im Stich zu sehen. Hättest Du Lust, so Etwas zu unternehmen, so hätte ich doch die Freude, Dich lieben Kerl hier zu sehen. Ueberlege Dir die Sache doch einmal ernstlich und laß bald davon Etwas hören. So viel ich weiß, ist noch kein Stich in’s Publicum gekommen und die Sache doch von großem Werth und Interesse. Ich jauchze, wenn ich mir denke, daß Du lieber Kerl vielleicht für längere Zeit bei uns leben könntest, und bin dabei so frei, zu glauben, Du würdest Dich mit der Zeit auch heimisch fühlen.*** Obgleich wir hier nicht immer Neues und Großes in der Kunst zu Gesicht bekommen, so mangelt es doch auch nicht ganz an Allem, und ich 71
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meine, wenn der Künstler nur sich selbst nicht verliert, so kann er leicht überall seine Zeit verbringen. Kennst Du die Zeichnungen noch nicht, so freue Dich darauf, etwas Tüchtiges zu sehen. — … Meine Frau, die Dich nur im Portrait kennt, was ich noch aus alter Zeit von Deiner Hand besitze, grüßt Dich mit den lieben Deinen. Ich bin stets Dein wahrer, alter Friedrich Preller. * Im Jahr 1837 vollendete Thaeter seine Arbeit an der Hunnenschlacht von Wilhelm von Kaulbach (1805–1874). ** Im Anschluss an die Hunnenschlacht begann Thaeter mit den Reproduktionsstichen nach Bildern aus der Glyptothek von Peter von Cornelius (1783–1867). Preller bezieht sich hier wohl auf die vier Darstellungen Agamemnons Traum, Venus und Mars, die Vermählung der Helena und eine Arabeske, die Cornelius auf ein Blatt druckte. *** Thaeter übernahm im Sommer 1841 für zwei Jahre an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar die Stelle eines Zeichenlehrers. Während dieser Zeit fertigte er Stiche u. a. von der Einschiffung des Megapenthes nach Asmus Jacob Carstens (1754–1798) und von Zeichnungen nach Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872) an. Siehe auch die Briefe 78 und 88. Anna Thaeter (Hrsg.): Julius Thaeter. Das Lebensbild eines deutschen Kupferstechers, Neukirchen o. J. (um 1890), Teil II, S. 43–44.
70 Weimar, den 18. August 1838. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 18 August 1838. Grüß Dich Gott mein inniggeliebter Freund! und zürne dem alten Fritze nicht daß er so lange auf eine Nachricht von sich warten läßt. Doch sein ganzes Leben u Treiben ist so einfach u gehaltlos daß es Dir nicht viel bieten kann u auf der anderen Seite weiß er daß Du einen freundlichen Brief nicht als untrüglichen Beweis seiner Liebe zu Dir nimmst sondern ihn besser kennst. Wie theuer Du lieber Kerl meinem Herzen bist merke ich allemal erst wenn Du fern von mir u ich den einzigen lieben Freund nicht einmal ganz gesund weiß. So gings mir diesmal u ich war zehnfach unglücklicher da Du so muthlos von uns gingst. Gott sey es gedankt daß Du einen so heitern Brief schreiben konntest. Du bist täglich die Unterhaltung in meinem Hause u täglich wächst meine Sehnsucht nach Dir. Will der Himmel daß bei mir alles gut geht u ich meine Arbeit nicht zu spät vollende, so tret ich die Reise zu Lust an u bleibe ein paar Tage bei Dir. Auf weitere Pläne indes laß ich mich nicht gern ein denn so fahr ich allemal am schlechtesten. Meine Marie die so eben mit den Kleinen ein wenig spazieren will glaubt, ich vergesse Dir unsern Dank zu schreiben wenn sie es nicht nochmals erinnert; und so nimm ihn denn in vollen Maße du lieber Kerl für den Riesen von Wildbraten, der uns allen so ganz ausgezeichnet geschmeckt u den die Erinnerung an Dich u der innige Wunsch für Deine Genesung erst recht Bedeutung gab. Möchtest Du so gesund u stark wieder auftreten lernen, wie dieses vortreffliche edle Wild! Und dann Freund wollen wir auf unsere Wanderungen den lieben Gott unsern Dank 72
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bringen u ihn loben u preisen wenn wir uns in seiner göttlichen Natur erfreuen. Ach! Wie schön und neu erscheint sie mir immer wieder wenn ich in ihr bin und wie glücklich bin ich, Maler zu seyn! Ich war vor kurzen wieder in Eisenach (u wollte dann zu Dir doch das Wetter hielt uns abermals ab). Bey meiner Arbeit hier die mich unausgesetzt beschäftigte, war ich doch körperlich sehr angegriffen u Kämpfer rieth mir ernstlich einige Tage ins Freie zu gehen. So kam es daß ich mit Malwina Boutewerk, den Kindern [Randnotiz: Bouterwerks Kindern nehmlich] und Karl Hummel die kleine Reise antrat und mich in Eisenach einige Tage aufhielt. Simon* befand sich zur selben Zeit auch da u machte auf der Wartburg interessante Studien u wir erwarteten Olinda, die von Göttingen kam und Eisenach zum erstenmal sehen wollte. Wir alle waren sehr glücklich dort u ich kehrte gestärkt an meine Arbeit zurück. Deinen Bruder** sprach ich leider nur 1mal. So lieber Bernhard weißt Du den einzigen Seitensprung, den ich machte. Jetzt gehe ich wieder meinen Schneckengang, werde dabei knurrig u sehne mich oft zu Dir. Hast Du Zeit u Lust so laß mich doch bald einmal wieder etwas von Dir u den Deinigen lieben hören, denn ich versichere Dir daß mir es recht Bedürfnis ist gerade von Dir von Zeit zu Zeit zu wissen wie es geht. Erlaubt es Deine Gesundheit u Du hast Lust, mir ein Andenken mitzubringen so kannst Du mir eine Farbskizze von der Eiche machen, aber sie etwas mehr von der linken Seite nehmen wo sie auch sehr schön ist. Kommst Du noch nicht so bald zurück so findest Du meine Bilder auf dem Schlosse wahrscheinlich fertig denn ich bin jetzt schon so weit daß ich zu Ende dieser Woche das 4te vollende, u mir dann nur noch das große bliebe, was freilich noch eine harte Nuß zu knacken ist. Doch mit guten Gähnen u Gottes Hülfe wird es auch zu bewerkstelligen seyn. Der Winter ist bestimmt neues auszuhecken und ich freue mich darauf, wenn wir uns wieder damit beschäftigen werden. In meinem Studium wirst Du manches neu angekommen sehen, hoffentlich auch für Dich sehr interessantes. Von Weimar, Neuigkeiten, oder Deinen andern Freunden weiß ich bei meinen zurückgezogenen Vegetiren nichts zu sagen u Du mußt schon endschuldigen daß ich nur von mir sprach. Von Dir hätt ich mehr sagen können doch ich hätt Dich hauptsächlich bedauern müssen bei Deiner harten Kur u das ist nicht erfreulich zu hören. Deswegen nimm was und wie ich Dirs gab. Meine Marie und Mutter grüßen Dich aufs herzlichste. Deiner viel geliebten Mama u Schwester empfiel uns alle. Zu tausendmal grüßt und küßt Dich Dein Fritz Preller. * Carl Alexander Simon (1805–1852), Maler und Dichter. ** Wohl Georg V. Ludwig von Arnswald (1811–1869). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3617.
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7. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait, Zeichnung, 1838.
71 Abb. 7 Weimar, den 5. September 1838. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein vielgeliebter Freund! Wir alle grüßen Dich von ganzen Herzen u melden Dir hiermit kürzlich, daß Dein kleines Pathchen am 1ten d. Abends 1/4 vor 12 Uhr glücklich als munterer Bube das Licht der Welt erblickte.* Wie Du weißt erwarteten wir ein kleines Mädchen u die fehlgeschlagene Hoffnung stimmte wenigstens mich im Anfang sehr um, was sich jedoch bald änderte u in Freude verwandelte denn das kleine Geschöpf war frisch u wohlgebildet, die Mutter glücklich u heiter bei guter Gesundheit so viel es die Umstände erlaubten u ich fand einen Frevel 74
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drin darüber zu murren was vielleicht von Gott gar weise so geordnet ist. Denn werde ich nicht sehr alt was ich doch nicht glaube, so sehe ich die Jungens vielleicht noch als tüchtige Leute während ein so armes Mädchen dann doch verlassener in der Welt steht. In summa mir ist es so recht wie es der Liebe Gott gemacht. Wer mit Dir das Kind aus der Taufe hebt weiß ich noch nicht, als Gevatterin jedoch werdet Ihr die Olinda haben. Alles wird still abgehen u wir werden uns Deiner recht viel dabei erinnern, um so lieber da ich oft durch andere Leute höre daß Dirs im ganzen recht gut geht. Als neuestes muß ich Dir doch auch melden daß Nicolaus Kaiser der Russen** gestern Morgens hier ankam u ich so glücklich war ihn heute schon zufällig zweimal zu sehen bekam, er fuhr nehmlich auf die Jagd. In Belvedere wird wohl viel Fragasso seyn, wofür ich mich gern hüte, wie Du weißt. Mit meiner Arbeit geht es langsam voran, vor einigen Tagen habe ich das letzte Bild, das große nehmlich angefangen u will nicht ehe ruhen als bis es vollendet ist. Einmal mußte ich aussetzen weil ich mich wahrhaft caporus*** gearbeitet hatte u diese Zeit benutzte ich zu 12 kleinen Zeichnungen in ein Lesebuch, die mir wirklich Freude machten da ich mich in diesem Genre noch bishier nicht versucht hatte. Lach mich nur nicht aus Du allerlieber Kerl, es geht nun einmal nicht anders. Ernst hat mir als Modell dabey gute Dienste gethan obgleich er sich immer dabei mit Händen u Füßen sträubte. Die Ausstellung ist sehr mager jedoch manches interessante hier. Eine kleine Statue, Thorwaldsons Portrait vorstellend, nebst vielen andern Reliefs von Wolldreck u. v. a. Die Art hat mich sehr interessirt. Die beiden Portraits der Prinzessinnen von Begas sind vortrefflich gemalt. Martersteig hat manches gute Scizchen eingesendet u ich glaube er wird in diesem Genre bessres machen als bisher. Es sind nehmlich ohngefähr 6 Compositionen aus dem Leben Bernhard des Großen. Sonst wüßt ich wenig, was Dich anziehen würde. Als große Neuigkeit indessen muß ich Dir doch melden, daß die Wartburg, das alte Haus wahrl. wieder in alten Stand gesetzt wird und zwar auf Anregung Simons**** der dort war, alles untersuchte, und eine Zeichnung machte, die sehr schön war. Doch mündlich hierüber. Sprich noch nicht von der Sache. Deine verehrte Mutter u Schwester grüße zehntausendmal u von uns allen. Ist der Herbst dauernd schön u ich werde bald mit meiner Arbeit fertig, sehe ich Dich noch in Ilmenau. Grüße alle übrige Bekannte von Deinen Dich treu lieben Fritz Preller. Weimar am 5 Septbr 1838. * Friedrich Preller d. J. (1838–1901). ** Nikolaus I. (1796–1855), Kaiser von Russland. *** Kapores: im Sinne von zu Grunde. **** Carl Alexander Simon (1805–1852) Maler und Dichter. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3618.
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72 Weimar, den 14. Dezember 1838. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 14 Decbr. 1838. Mein lieber alter treuer Freund! Du weißt welche Freude mir jeder Deiner lieben Briefe stets gemacht hat aber glaubst nicht wie glücklich ich durch Deinen letzten wurde u noch bin. Dank sag dem Himmel daß es Dir Herzensjungen doch so viel besser geht. Ach man weiß erst recht wie theuer einem die Seinen sind wenn man sie leidend weiß. Schreib ich Dir auch wenig, so sitzest Du mir doch so kernfest im Herzen daß keine Gewalt der Welt vermag Dich lieben Kerl drin los zu machen. Nur die Überzeugung von dieser Wahrheit läßt Dich so nachsichtig mit mir verfahren u daran erkenne ich den ächten Freund. Beschirme Dich der Himmel auch ferner damit ich Dich je eher je lieber wieder gesund hier oder bei Deiner trefflichen verehrten Mama begrüßen kann die ich mich recht sehne, einmal wieder zu sehen. Von Zeit zu Zeit hörte ich durch andre Deiner Freunde wie es Dir erging. Dein lieber Brief aber giebt mir nun ein klares Bild von Deinem ganzen Leben u Treiben. Und Du wirst Dir denken können mit welchem Interesse ich jede Zeile gelesen u wieder gelesen habe, wie oft ich mich nach Dir hie denke oder wünsche Du möchtest wieder hier seyn. Daß ich auf dem Wege zu Dir war wirst Du vielleicht durch Deinen Bruder Georg in Rudolstadt erfahren haben, von wo ich lahm wieder zurückkehren mußte um hier 3 Wochen mit diesem Fuß so eigentlich still zu sitzen. Dies war jedoch das weniger ängstliche meiner Körperleiden. Übertriebene Arbeit im vergangenen Sommer hat mir eine Zerrüttung des Magennervensystems zugezogen u ich bekenne daß ich selbst ängstlich bei dieser Geschichte ward. Jetzt geht mirs um vieles besser doch habe ich mich bis jetzt noch fern von jeder ernstlichen Arbeit halten müssen u dies ist mir schwer worden, da mir manchmal die Fingerspitzen grabbeln als hätt ich Nadeln drin. Kleine Arbeiten habe ich wohl mancherlei gemacht, die nichts besagen. Spreche ich aber lieber von dem was Du gethan. Deine Zeichnungen lieber Kerl, beweisen mir daß Du ernstlich eindringst und Dir immer mehr die Sprache der Natur zu eigen machst. Malen u Zeichnen heißt mit Gott reden ihm mit kindlichem Sinn zuhören ist das reinste Glück auf Erden. Lausche ferner seinem Wort, Du wirst ihn immer mehr verstehen u ihn mit deinen Arbeiten laben und preisen. Die Zeichnung von Hellkopf* ist ein kleines Gedicht. Ich ahne die Wahrheit drin u sehe daß Du mit Liebe bei der Sache warst. Das Gabelbach hat wahre gute Farbe u hat mich wieder recht in jene stillen Wälder versetzt. Weniger gefallen mir die übrigen, weil sie keine Stimmung in mir hervorbringen. Der Ungar hat schöne Farben aber zu wenig Nationalität und Zeichnung; doch dies laß Dich nicht irre machen sondern im Gegentheil für das ächte ermuntern. Der Winter wird Dir Gelegenheit genug geben ihn dort zu beobachten, und ihm die gemütliche Seite abzugewinnen. Meine liebenswürdige Schülerin und Deine Gevatterin, Olinda Bouteweck, nämlich macht auch recht wackre Fortschritte u grüßt Dich als Gevatter. Euer Pathchen Friedrich befindet sich wohl und gedeihet wie die anderen Prellers, wird nemlich dick u fett u ist übrigens ein 76
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Herzens gutes Kind. Bekommt er von jeden seiner Pathen: Dir, Simon, Olinda u Dolph Facius das beste, so muß es ein Mensch werden der seinesgleichen auf Erden nicht mehr hat denn die Fehler die er von mir erbt, können bei so vielen vortrefflichen Eigenschaften nicht mehr ziehen. Deine fürchterliche Badekur hat uns alle weich gemacht. Doch ich bin fest überzeugt, daß es von außerordentlicher Wirkung ist. Verliere die Geduld und den Muth nicht lieber Freund und denke daß Du mit deiner Gesundheit viele glücklich machst. Auch ich brauche alle Morgen ein kaltes Bad und befinde mich sehr gut dabei. Mein Ernst hat es aussetzen müssen weil es ihn zu sehr aufregt, er hat es jedoch eine lange Zeit mit mir jeden Morgen gebraucht. Du wirst Dich wundern diesen großen Jungen wiederzusehen. Emil ist noch jeden Tag dicker geworden u heißt nur in der ganzen Stadt der Dicke, übrigens ein liebenswürdiger Charakter, obgleich in vielen ganz das Gegentheil von Ernst. Meine Marie u die Mama empfehlen sich mit mir Deiner lieben Frau Mama und Schwester u grüßen Dich von ganzen Herzen. Auch sie entbehren Dich zuweilen recht. Verbringe das bevorstehende Fest mit den Deinen in Freude u tritt das neue Jahr heiter an. Von ganzen Herzen grüßt Dich Dein treuer Fritz Preller. * Höllkopf, Berg bei Ilmenau. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3619.
73 Weimar, den 14. Januar 1839. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 14. Januar 39. Wie lange! habe ich mir vorgenommen Dir lieben Bernhard zu schreiben u namentlich für die vielen schönen Sachen zu danken mit denen Du eine große ja sehr große Freude angerichtet hast. Die Weihnachtsfeiertage war ich Gott sey es gedankt leidlich gesund u so ward von dieser Seite keine Störung. Alles ging in der gewohnten Weise von sich u Du lieber Bernhard magst wohl glauben, daß Du nur recht sehr fehltest. Zu diesem schönen Feste gehören Kinder u die lieben Freunde ins Haus, ohne welche ich mirs auch gar nicht denken kann. Alles war vergnügt über die Vergnügten u ich gedachte Deiner in meiner Kanape Eile so lebhaft daß Du wohl eine Ahndung daran gehabt haben mußt. Unser lieber Ernst war so aufgeregt ehe er herein durfte daß er fürchterlich weinend am ganzen Körper zitterte u unausgesetzt schrie: ach! Wenn doch nur ein Loch in der Mauer wär damit ich hineinsehen könnte, ich will ja gern warten, nur etwas sehen möchte ich. Emil aber blieb seiner Natur ganz treu u verlangte zu aller erst ohne weiter nach anderen Dingen sich umzusehen etwas von den Süßigkeiten. Nur nachdem er hier befriedigt war ging er an seine schönen Spielsachen, die er aber seitdem nicht aus den Händen gebracht 77
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hat. Wie gewöhnlich sahen wir dann noch bei Boutewecks bescheren und so schlossen wir den schönen Abend. Der kleine Friedrich, Dein Pathchen, bedankt sich für seine Säulchen, er trägt sie täglich und erinnert uns auch damit täglich an Dich und die lieben Deinen. Du würdest Dich gar manchmal an dem lieben Kleinen erfreuen, denn er gedeiht an Leib und Seele, und ist dabei so munter und freundlich wie noch keiner. Doch nun zur Beantwortung Deines letzten lieben Briefes, den ich vor einigen Tagen erhielt wo ich jämmerlich schon den 3ten Tag an meinem Kopfweh darnieder lag was mich dieses Jahr zwar nicht sehr häufig aber hart heimsucht. Die bekannten lieben Sachen erfreuen mich immer u versetzen mich recht lebendig zu Dir. Meine Wohnung auf dem Gabelbach kommt mir fast nicht aus den Händen. So wahr und gemütlich Du sie aufgefaßt hast, so scheint mir doch, hättest Du es etwas ernster im Thon halten können wodurch es die ihm ganz eigenthümliche Ruhe erhalten hatte die da droben von so hohem Reiz ist. Die Ansicht von Ilmenau glaub ich ist das beste in der Ausstellung und mag wenn Du es ausführst wie Du beschrieben recht interessant werden. Was ich an den Sachen thun kann soll geschehen. Weniger gefällt mir der Herrmannstein. Ich kenne die Schwierigkeiten hieraus etwas gutes zu machen u möchte Dir wohl rathen, um ihn imposanter zu bekommen ihn mehr, entweder von unten heraufwärts oder so zu nehmen, daß du mehr von seiner Fersetzung thalwärts zu sehen bekommst. Seine Einfassung von Holz ist nicht alt u seiner würdig genug. Ei so raisonir du u der Teufel, hör ich Dich sagen. Doch Du lieber Freund liebst die Wahrheit so gut wie ich und so sag ich Dir wenigstens was ich für wahr halte. Nun zum letzten u uns beide sehr wichtigen. Du plagst Dich mit Arabesken, Fr. Preller geht es nicht besser, er quält seine Arabesken im Wielands Zimmer. Simon*, weil er gar keine Uebung drin hat u fürchtet etwas schlechtes zu machen. Dazu gehört nicht allein Phantasie, aber auch Routine u viel Geschmack für dergleichen Dinge, den ich gewiß nicht in dem Maaß besitze, als es die Sache verlangt. Doch lieber Kerl ich will mich doch dran machen u wenigstens sehen, wo ich etwas vermag. Sey versichert, daß es mir Freude machen wird, Dir hierin zu helfen, wenn es irgend möglich ist. Mit meiner eigenen Arbeit geht es langsam, denn noch habe ich bis jetzt nicht arbeiten dürfen, u habe also an der Hauptsache nichts thun können. Künftige Woche will ich den ersten Versuch machen und wünsche mir, daß mirs bekommen mag. Du kannst Dir wohl denken, daß ich jetzt ängstlich werde für den Sommer, wo ich Cartons brauche. Möge uns beide der Himmel stärken, damit wir bald wieder taugliche Menschen werden. Den lieben Deinigen empfiel mich und meine Marie. Ist es möglich, so komm ich doch zu Schlitten einmal zu Dir. Bis dahin grüße ich Dich zehntausendmal und bleibe Dein treuer Friedrich Preller. * Carl Alexander Simon (1805–1852) Maler und Dichter. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3620.
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74 Weimar, den 31. März 1839. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 31 Maerz 1839 Sie werden sich wundern werthester Freund nicht mit umgehender Post die Antwort auf Ihren lieben Brief zu bekommen, doch die [?] die ich von Ilmenau erst erwarten mußte hielt mich bis diesen Augenblick vom Schreiben zurück, denn das, was ich hier erfahren konnte schien mir nicht hinlänglich. Hiermit wird jede Frage das Bad betreffend beantwortet seyn. Noch muß ich aber bemerken, daß mir von Arnswaldt schreibt, daß Ilmenau in jeder Hinsicht, den Vorzug vor Elgersburg hat.* Nun lieber Freund den allerherzlichsten Dank für Ihre lieben Geschenke. Sie wussten wohl welche ungeheure Freude Sie mir mit sehr ähnlichen Portrait meines mir unvergesslichen alten Lehrers und Freundes machten. Wie oft! sah ich den lieben Alten gerade so in seinem Studium sitzend, wenn ich hereintrat. Sie wissen so gut wie ich was die Kunst u das Leben in Rom mit seinem Hinscheiden verloren hat. Ich weiß keinen, von so umfassenden Geist u solcher Liebe zum wahren guten, der sich der Jünger in der Kunst annehmen könnte, u that. Glücklich wir die wir ihn kannten u von ihm lernen konnten. Sein liebes Bild soll nicht mehr aus meinen Augen, es wird in meinen Studium aufgehängt.** Auch M. Bouterwerk ist glücklich durch Ihre Güte. Sie trug mir auf Ihnen ihren herzlichsten Dank zu sagen. In meiner Familie geht jetzt alles leidlich nachdem wir böse Tage durchgemacht. Unser zweiter dicker Junge lag am Tode mit der Bräune***. Gott behüte Sie vor ähnlichen Fällen. Nur in diesen Tagen merkt man wie Kinder einem ans Herz gewachsen sind. Meine Frau empfielt sich Ihnen und Ihrer lieben Frau bestens. Von Herzen grüßend Ihr Friedrich Preller. * In Elgersburg hatte 1837 eine Kaltwasserheilanstalt eröffnet. ** Joseph Anton Koch war am 12. Januar 1839 in Rom verstorben. *** Emil Preller litt wohl an Diphtherie. Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, Handschriften, Signatur: A/2014/3492.
75 Weimar, den 1. Juli 1839. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 1 Juli 1839. Es ist eine lange Zeit vergangen in der ich Dir lieben guten Herzensfreund nicht geschrieben und doch, alle Tage ja alle Stunden dachte ich Deiner so mit wahrer Sehnsucht. Sey also tausendfach gegrüßt und habe Dank für Deine letzten lieben Zeilen die mir immer große Freude bereiten. Endlich geht bei uns alles leidlich, zum erstenmal seit Anfang dieses 79
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Winters denn frei sind wir bis hieher kaum Tage lang von Krankheit oder kleinere Überbefinden gewesen. Der Himmel gebe daß es so bleibe, damit wir wieder so rechte Freude am schönen Leben haben können, was wir alle doch am Ende recht liebhaben. Sind wir so glücklich, so wollen wir uns auf 2 Tage zu einen kleinen Ausflug rüsten u der soll denn zu Dir lieber Bernhard seinen Weg suchen. Die ersten anhaltend schönen Tage sind dazu bestimmt u Du kannst Dir denken wie unendlich ich hierauf mich freue. Marie, Boutewecks und ich wollen uns einen Wagen nehmen und im Ganzen 4 Tage dran setzen. Ach! der Gedanke dich wieder und recht heiter zu sehen, macht mich ganz glücklich. Wir werden uns mancherlei zu sagen und zu fragen haben und dabei in der Natur so recht schwelgen. In Mitte August trete ich dann meine größere Reise nach Rügen an, die mich diesmal recht erquicken soll, denn ich habe tüchtig gearbeitet und kann eine längere Unterbrechung u Veränderung aller Umstände recht wohl brauchen. Könnten wir doch einmal zusammen so etwas unternehmen! – Wer weiß, ob es uns nicht bestimmt ist? Schorn hat morgen Hochzeit – der glückliche! Du wirst Dich gewiß recht gefreut haben daß aus der Parthie noch etwas geworden. Mag er gehen auf welchen Wege er will, Du mußt doch machen daß Du wieder zu uns nach Weimar kommst. Ach, lieber Bernhard Du weißt und glaubst nicht wie oft ich Dich entbehre u mich nach dir sehne. Wer ist denn hier mit den ich umgehe? – Ich stehe allein u werde es immer, denn ich bin zu alt um mich warm an neue Bekannte anzuschließen u nicht unbesonnen genug, neue Freundschaft zu schließen. Du kennst mich u wie ich glaube von allen Seiten, begreifst also daß ich mich erst recht allein fühle. Die Kunst allein füllt aus was sich damit ausfüllen läßt, doch ich bedarf noch eines nahen Freundes der mich versteht. Professor Müller ist von Rom zurück und hat manches interessante mitgebracht.* Fleißig war er wie nur einer es in dieser kurzen Zeit seyn kann. Mehrere Zeichnungen nach Raffaels Fresken haben mir besonders gefallen. Vom Leben und Roms herrlichen Gebirgen scheint er wenig gesehen und genossen zu haben, wozu wohl auch die Zeit ein wenig kurz war. Wie verschieden von ihm habe ich meinen Aufenthalt benutzt! – Mich zog besonders das Volkseigenthümliche u das harte Arbeiten hat mich nicht zu Grunde gerichtet, doch ich bereue es nicht denn ein Italiener konnte ich doch nicht werden u hatte auch die Neigung nicht dazu. Rom hat sich indeß sehr verändert seit ich es verlassen u ich darf mich glücklich preisen, dort gewesen zu seyn. Das schöne Einverständnis der Künstler soll nicht mehr aufzufinden seyn, auch fehlt ja der Mittelpunkt um den sich alles bewegte, der alte vortreffliche Koch. Ich besitze manches von ihm was ich wünschte, Dir sehen zu lassen. Doch ich merke daß ich ins plaudern komme ohne Raum dazu zu haben. Marie empfielt sich mit mir den lieben Deinen u grüßt Dich von Herzen. Bald denke ich Dich zu sehen. Bis dahin Dein Fritz Preller. Diesen tröstenden Zuspruch theure Julia laß uns hoch halten denn er giebt uns die Hoffnung eines sehr baldigstens Wiedersehens welches innig ersehnen u. tägl von Gott erhört wird Deine treue Marie. * Franz Heinrich Müller (1793–1866), in Weimar und ab 1829 in Eisenach tätiger Maler und Lithograph. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3621.
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8. Friedrich Preller d. Ä.: Hünengrab auf Rügen, Zeichnung, 1839.
76 Abb. 8 Weimar, den 30. September 1839. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein vielgeliebter alter Freund! Vor einigen Tagen zurückgekommen fand ich Deinen lieben Brief, (weil Marie nicht wußte wohin ihn adressieren, da ich unbestimmt umher wanderte) und bin wahrhaft erfreut über Dein Glück. Nächst den lieben Deinen nimmt gewiß kein Mensch mehr Theil an Deinem Schicksal als ich u Du magst daher glauben daß es mir die allerfreundlichste Überraschung war. Nun also meinen allerherzlichsten Glückwunsch. Daß Du in der Ehe erst wirklich leben wirst bin ich vollkommen überzeugt. Du hast Dich manchmal über diesen Punkt anders ausgesprochen als ich wünschte, weil ich Dein inneres besser kannte als Du Selbst u jetzt, glaub ich, wirst Du mir auch nicht mehr wiedersprechen. Sollte es anders werden liegt die Schuld nicht an Dir. Dein weiches gehaltvolles schönes Gemüth muß ein Weib beglücken. Das was ungeordnet in Dir war wird jetzt alles sein Plätzchen finden u das Ganze 81
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zur Liebenswürdigkeit gestalten helfen. Das Ernste in Dir muß Anklang finden, wenn der Charakter Deines lieben Mädchens so ist wie Du sagst. Also nochmals sey Dir herzlich gratuliert! – Ich freue mich sehr dich u noch jemand zu sehen, was mir gewiß sehr gefallen wird, da Du gewählt hast. Schreib mir doch bald hierüber etwas mehr wenn Du kannst und darfst, es bleibt verschlossen bis Du mir die Erlaubnis selbst gibst den meinen es mitzutheilen. Daß Deine liebe Schwester so krank ist beunruhigt uns alle. Müßte unser aller Theilnahme doch auch zu ihrer Wiederherstellung etwas beitragen können. Auch bei uns ging es vor meiner Reise schlecht denn unsre gute alte Mama war lebensgefährlich krank, wurde aber durch unsern wakern Krügler wieder hergestellt u so uns eigentlich neu u kräftiger als sonst, wiedergegeben. Der Himmel erhalte sie uns noch lange! Über meine Reise kann ich nichts schreiben, das bespricht sich besser.* Das eine muß ich aber doch sagen, daß es mir noch viel besser gefallen als das erstemal. Sollte Dich in Ilmenau ein Herr von Kronhelm,** Maler, der hier war und mich besuchen wollte aufsuchen, so laß Dir diesen von Rügen erzählen, er kennt es besser wie ich. Grüß ihn von mir und sag ihm sogleich daß ich mich recht freuen würde ihn hier zu sehen. Seinen u meinen Freund W. Schirmer*** habe ich noch kürzlich in Berlin gesehen u die Freude gehabt bei seinem kleinen Töchterchen Pathe zu seyn. Künftiges Jahr wird er uns in Thüringen besuchen u ich freue mich der Zeit wie ein Kind, denn ich glaube auch Du wirst ihn liebgewinnen. Die Reise hat mir, wie ich glaube, genützt denn ich habe auch vieles tüchtige im Kunstfach gesehen. Dein kleines liebes Patchen, unser Friedrich, den Du so übermäßig an seinem Geburtstag beschenkt wird Dir gewiß Freude machen u bedankt sich schönstens für all das Schöne. Ein freundlicher Kind habe ich noch nicht gesehen u ich sage immer: der kommt mit seinem freundlichen Gesichtchen durch die Welt. Komm Du nur recht bald zu uns, denn wir alle sehnen uns nach Dir. Deine lieben verehrten Mutter u Schwester empfiele uns alle u beruhige uns bald über den Gesundheitszustand letzterer. Marie grüßt Dich herzlich mit Deinem Dich unveränderlich liebenden Fritz Preller. Weimar am 30 Septbr 1839. * Nach seinem ersten Besuch Rügens 1837 reiste Preller Mitte August 1939 in Begleitung seines Schülers Carl Hummel (1821–1907) und des Landschaftsmalers Ferdinand Bellermann (1814–1889) erneut an die Ostsee. Auf den Spuren Ossians suchten sie malerische Orte der nordischen Natur und Geschichte auf. ** Alexander von Cronhelm (1810–1846), Landschaftsmaler. *** August Wilhelm Schirmer (1802–1866), Landschaftsmaler, tätig in Berlin. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3622.
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77 Weimar, den 22. Dezember 1839. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. […] In Leipzig hatte Karl Hummel grosse Begier, unsere Bilder einmal wieder zu sehen, und ich ging mit ihm dahin, wo Karl mich wahrscheinlich dem Herrn L.* gemeldet hatte, denn selbiger kam kurz nach meinem Eintritt auch herunter und war sehr artig und erfreut, mich einmal zu sehen. Nach kurzer Unterhaltung wollte ich mich empfehlen, Herr L. jedoch hielt mich noch einige Minuten zurück und machte mir hier den mündlichen Antrag für das andere Zimmer, mir freistellend, wann ich beginnen wollte und könnte. Auch nahm er den Vorschlag einer Reihenfolge nordischer Bilder für dieses Zimmer sehr gut auf und ich freute mich von ganzem Herzen und machte die Reise doppelt vergnügt. Hoffentlich werde ich mit dem Wielandzimmer künftigen Winter ganz fertig und dann würde ich nichts lieber anfangen, als diese Arbeit, die mich ganz und gar beschäftigen würde, weil mir nichts willkommener kommen könnte, als eine Aufgabe dieser Art, die mich wieder frei schalten lässt. […] * Bereits im Jahr 1837 hatte der Kaufmann und Stadtrat Philipp Leplay das Römische Haus Hermann Härtels in Leipzig erworben. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 118–119.
78 Weimar, den 23. Januar 1840. An Julius Thaeter (1804–1870), Zeichner und Reproduktionsgraphiker.
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Weimar, den 23. Januar 1840. Grüß’ Dich Gott, Du lieber Kerl! Schimpf ’ und zanke wie Du willst, nenne mich einen schlechten Burschen; ich bin Dir nicht böse, und Du wirst zuletzt doch auch ob meiner Saumseligkeit jubeln. Denke Dir, Herzensjunge, endlich habe ich doch noch die Zeichnung herausgepumpt. Gefressen habe ich wie ein Holzwurm und endlich Schorn so weich gekaut, daß er sich in unsere Form drücken ließ. Du bekommst die Zeichnung, hast mithin die Pause nicht nöthig, behälst das Geld im Sack, kannst sicher gehen und kommst in jeder Weise eher zum Ziel. Schorn grüßt Dich herzlich und läßt Dir sagen, Du möchtest nur schreiben, wenn Du die Zeichnung nöthig habest, weil er sie doch nicht gern eher missen möchte, als Du sie wirklich brauchtest. Ferner läßt er Dir noch sagen, Du solltest doch ja so bald kommen als möglich, und zwar der Sache wegen, weil Du hier noch unter Carstens’ Werken leben könntest, und nicht durch allerlei Urtheile und den Anblick so vieler anderer von diesen so verschiedenen Sachen abgezogen und irre gemacht würdest.* Mag so viel oder wenig davon wahr sein, Etwas für sich hat seine Ansicht, und wir gewinnen zu viel an Deiner Person, namentlich ich, der ich am Menschen habe, was Keiner sonst, als daß ich anders reden sollte. Für’s Erste sage aber, wann und auf wie lange Du die Zeichnung verlangst. — 83
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9. Friedrich Preller d. Ä.: Julius Thaeter, Zeichnung, um 1840.
Auf Deine liebe Familie freuen wir uns sehr. Alle, die Dich hier kennen lernten, grüßen Dich herzlich. Auch meine Frau und Schwiegermutter grüßen Dich und Deine Familie tausendmal und hoffen, Euch bald hier zu sehen. Nun, lieber Junge, wird es Zeit, die Poststunde naht, und ich möchte die Botschaft nicht gern altbacken werden lassen. Behüte Dich Gott! Dein Fritz Preller. * Thaeter nahm im Sommer 1841 die Stelle eines Zeichenlehrers an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar an. Er blieb zwei Jahre. In dieser Zeit fertigte er Stiche u. a. von der Einschiffung des Megapenthes nach Asmus Jacob Carstens (1754–1798) und von Zeichnungen nach Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872) an. Siehe auch die Briefe 69, 88 und 104. Anna Thaeter (Hrsg.): Julius Thaeter. Das Lebensbild eines deutschen Kupferstechers, Neukirchen o. J. (um 1890), Teil II, S. 47–48.
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79 Weimar, den 20. Februar 1840. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 20 Febr. 1840 Guten Morgen lieber Doctor! Wundern Sie sich nicht schon wieder einen langweiligen Brief aus Weimar zu finden? Diesmal geht es nicht anders, ärgern Sie sich also nicht. Daß ich erst vor einigen Tagen durch Gottes u zweier geschikter Aerzte Hülfe vom nahen Tod gerettet wurde, muß ich Ihnen doch melden u zwar schon als Grund meines jetzigen Schreibens. Daß ich zur Wiederherstellung meiner Gesundheit eine 5 bis 6 monatliche Reise machen sollte, war mir aber im ersten Augenblick doch ein wenig zu toll. Indessen alles hin und her reden hilft nichts; ich werde von allen Seiten bestürmt Haus und Vaterland auf einige Zeit zu verlassen, u zwar nach den Norden verwiesen. Unter solchen Umständen nun denke ich zwei Fliegen mit einer Klatsche zu schlagen, u meinen Weg nach Norwegen zu nehmen, wo ich den Sommer zu bringen, mit Gesundheit u Studien zurückkehren u mich so auf die künftige Leipziger Arbeit vorbereiten will. Vorher müßte nun freilig viel noch in Ordnung gebracht werden, u ich dachte deshalb bei eintretenden besserm Wetter fürs erste zu Ihnen zu kommen, u dann einen kleinen Ausflug nach Dresden zu Dahl zu machen. Auch Simon* würde, im Fall Sie ihm die Arbeit im Mittelzimmer anvertrauten, mitkommen um das Nöthige in Augenschein zu nehmen u zu besprechen. Er sehnt sich sehr danach etwas größeres zu machen u scheint schon einen Plan für diese Arbeit mit sich herum zu tragen. Antworten Sie mir doch recht bald über diesen Punkt lieber Freund, denn wir beide müssen dran denken, etwas in der Sache zu thun, da das Frühjahr nicht fern mehr ist, u ich je eher je lieber ausfliege. Meine Frau wird mich bis Antwerpen begleiten, denn ich denke Holland noch einmal mit seinen Schätzen zu sehen, die weitere Reise machen zwei meiner Schüler mit.** Meine Arbeit im Schloß wird hoffentlich auch keine große Unterbrechung erleiden, da ich den Winter malen kann. Auch haben die Decorationsmaler diesen Sommer wacker zu thun. Nehers Zimmer ist vollendet, u es geht nun scharf ans Göthes Zimmer.*** Meine Frau empfielt sich Ihnen u den Ihrigen so auch Simon der eben bei mir ist. Ich thue es doppelt u zehnfach u bitte mein liebes Patschen herzlich zu grüßen. Stets Ihr Friedrich Preller Lassen Sie nur ja bald etwas hören. * Carl Alexander Simon (1805–1852) Maler und Dichter. ** Carl Maria Nicolaus Hummel (1821–1907) und Sixtus Armin Thon (1817–1901). *** Bernhard von Neher (1806–1886), malte das Goethe- und das Schiller-Zimmer im Großherzoglichen Schloss aus. Dortmund, Stadt- und Landesbibliothek, Handschriftenabteilung, Signatur: Atg Nr. 8654.
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80 Weimar, Ende Februar/Anfang März 1840. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. […] Daß er* aber etwas unvollendet gelassen, ist mir nicht bekannt, im Gegenteil habe ich stets eine männliche Kraft und Ausdauer an ihm bewundert, selbst bei Gelegenheiten, wo er Opfer zu bringen hatte. Um aber keine Verantwortung auf mich zu nehmen, sprach ich offen zu ihm. Seine Antwort lautet hauptsächlich dahin: er werde die Arbeit nicht annehmen, wenn er sich nicht tüchtig dafür glaube und Freude daran habe. Wäre dies aber der Fall, so würde er gern dabei sein, und wenn er sein ja gegeben, könne man auch auf die gewissenhafte Vollendung der Sache rechnen; und das glaube ich. […] * Carl Alexander Simon (1805–1852) Maler und Dichter. Preller hatte Härtel empfohlen, Simon mit der weiteren Ausschmückung seines Hauses zu beauftragen und setzte sich trotz dessen „Menschenscheu“ und seiner „sogenannten gottlosen Schnauze“ für ihn ein. Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 77–78.
81 Weimar, den 14. März 1840. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 14 Marz 1840. Hoffentlich lieber Doctor sind Sie nun wieder glücklich bei den Ihrigen angekommen, und wir freuen uns noch immer des seltenen Besuchs. Das Kistchen kam zwei Tage nach Ihnen hier an, wurde von allen Seiten besehen genau geprüft wo u wie ihm am besten anzukommen sey, vorsichtig Hand ans Werk gelegt u nach langer Zeit glücklich eröffnet. Daß Sie mir eine Freude machten, wußten Sie, welche unendliche aber das können Sie nicht wissen. Nehmen Sie nochmals meinen allerherzlichsten Dank. Ich werde mich das ganze Leben dran ergötzen u hoffentlich nicht ohne Nutzen für mich. Jetzt muß ausgedacht werden wie die Sache eingerichtet werden kann, damit ich sie täglich vor mir habe u sie auch erhalten werden. Es war der Anfang eines großen Festes als das erste Stück zum Vorschein kam, noch dauert es fort u der vergnüglichste bin ich. Neher hat Sie noch nicht gesehen, er ist fürs erste noch nicht zu haben, läßt Sie aber herzlichst grüßen u bedauert sehr daß er Sie nicht sehen konnte. Er scheint sehr glücklich in seiner neuen Einrichtung zu seyn.* Ich freue mich recht Sie bald auf ein paar Tage zu sehen, schreibe Ihnen aber jedenfalls erst wenn ich komme. Bis dahin grüßen Sie Ihre liebe Frau u mein herziges Päthchen von uns allen, letzteres am meisten von Ihren Friedrich Preller. * Der Maler Bernhard von Neher (1806–1886) wurde 1840 an die Leipziger Malerakademie berufen und trat ein Jahr später die Nachfolge des Direktors Hans Veit Schnorr von Carolsfelds (1764–1841) an. Wiesbaden, Verlag Breitkopf und Härtel, Archiv.
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82 Weimar, den 28. März 1840. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar am 28 März 1840 Lieber Doctor für dies mal nur ein paar Worte. Brief u Plan erhielt ich, aber leider etwas zu spät wie Sie sehen, denn Simon* war schon einige Tage fertig mit seiner Arbeit. Doch ich meine Sie nehmen es mehr des Gedanken wegens, denn in Zukunft werde sich doch noch viel verändern da ich nicht ganz gewiß sagen kann wann es kommen kann, werde ich den letzten Carton erst fertig machen indeß schicken wir Ihnen die Sache jetzt, im Fall Sie Ihnen für unseren Zweck etwa früher dienen kann, als nicht. Thut es ja auch nichts wenn es noch ein paar Tage ruht. Ich denke Simons Gedanken werden Ihnen nicht mißfallen. Ich freue mich recht Sie je eher je lieber zu sehen. Seyen Sie bis auf baldiges Wiedersehen mit den lieben Ihrigen herzlichst gegrüßt Ihr Friedrich Preller. * Carl Alexander Simon (1805–1852) Maler und Dichter. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: Slg. Nebauer/K/Kr-Sch/K400.
83 Weimar, im Frühjahr 1840. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Geehrter Herr! So unerwartet mir auch im Augenblik Ihre Anfrage kam, so glaub ich doch mit Bestimmtheit sagen zu können daß ich nicht der letzte bin, der abliefern wird. Ich radire gern wieder etwas und werde möglichst bald an die Arbeit gehen. In diesen Tagen werde ich Ihnen auch die 4 Cartons aus den Pervonte* übergeben denn der letzte wird morgen fertig. Mich Ihnen empfehlend Friedrich Preller. * Pervonte oder Die Wünsche. Verserzählung von Christoph Martin Wieland (1733–1813). Alle drei Teile erschienen erstmals 1796. Im Frühjahr 1840 hatte Preller die Entwürfe zu Pervonte für das Wieland-Zimmer im Weimarer Schloss vollendet. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85/24,10.
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84 Bergen, im Juli 1840. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). […] Ich weiß wahrhaftig keine Art, wie Ihr die Reise nur zur Hälfte hättet machen sollen, denn die körperlichen Strapazen sind groß, und wir hatten unsere ganze Begeisterung für die Natur nötig, um sie auszuhalten.* […] Das Brot von Haferkleie mit ranziger Butter schmeckt doch bei aller Begeisterung für Land und Volk verteufelt schlecht. […] Die Unbequemlichkeit der Reise wird Euch klar werden, wenn Ihr bedenkt, daß wir bei gänzlicher Unkenntnis der Sprache noch mit schlechtem, ja dem erbärmlichsten Fuhrwerk, schlechtem Wetter, großen Tagereisen, den steilsten Bergen und schlechter Kost zu kämpfen hatten. Die Karren, auf denen wir bis jetzt einige siebzig deutsche Meilen zurücklegten, bestehen bloß aus zwei kleinen Rädern, auf die ein Kasten gesetzt wird. Darin liegt der Koffer, über diesen wird ein Brett gelegt, und darauf sitzen je zwei und zwei. Gefahren wird aber mit diesem schrecklichen Fuhrwerk, daß einem im wahrsten Sinne des Wortes die Haare zu Berge stehen. Verschiedene kleine Abenteuer und Unglücke fehlten auch nicht, wir sind aber alle mit heiler Haut davon gekommen, und die beste Laune ließ an Kummer oder Verdruß nicht denken. […]. * Im Mai 1840 begab sich Preller mit seinen beiden Schülern Carl Hummel (1821–1907) und Sixtus Armin Thon (1817–1901) sowie dem Maler Ferdinand Bellermann (1814–1889) auf die Reise nach Norwegen. Begleitet wurden sie bis in die Niederlande von Marie Preller und Olinda Bouterweck (gest. 1876). Von Bergen aus trat die kleine Gesellschaft die Rückreise nach Weimar an, wo sie im August wieder eintraf. Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 57.
85 Weimar, den 27. August 1840. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 27. Aug. Gestern mein vielgeliebter Freund erhielt ich durch Neher Nachricht von Dir u kann nicht länger warten Dich herzlichst zu begrüßen u zu Deinem neuen Amt Dir von ganzen Herzen mit den meinigen zu gratulieren.* Einer der Lieblingswünsche von Dir ist nun erfüllt und eine schöne Aussicht auf Dein zukünftiges Leben eröffnet. Du bist vielen Kabalen überhaben, Deine hohe Lage bringt Dir weniger Unannehmlichkeiten (lache nicht, es ist doch so) als wenn Du im Militär fortgedient hättest u ich bin überzeugt daß Du in jeder Hinsicht für diesen Posten paßlich bist. Die liebe Wartburg braucht einen Mann wie Du, der Liebe fürs Alterthum und einen poetischen Sinn hat. Alles wird nun andre Gestalt annehmen u ich bin darüber unaussprechlich glücklich. Mündlich mehr davon denn ich habe die leise Hoffnung Dich recht bald hier zu sehen. Grüße mir Deine vortreffliche Mutter u die liebenswürdige Schwester, nach denen beide ich mich wahrhaft sehne.
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Sollte ich wirklich so glücklich seyn Dich in der nächsten Zeit hier zu sehen, so kann ich Dir viel erzählen, denn ich bin voll von meiner Reise u denke nur mit Freuden davon, da alle Strapazen und Unbequemlichkeiten überstanden u beseitigt u also nur eine schöne Erinnerung zurückgeblieben ist. Nur thut mir herzlich leid daß wir im Verhältnis zur Zeit so wenig thun könnten. Das Wetter war aber so über alle Begriffe schlecht daß es nicht anders möglich war. Denke Dir daß wir einmal 5 Wochen fast ununterbrochen Regenwetter hatten. Dazu kommt noch daß wir in Norwegen selbst eine Strecke von 2 ½ Hundert Meilen zurückzulegen hatten u die größtentheils mit den allerungünstigsten Geschirr. Die Zeit aber die uns blieb, ist waker verbracht worden u wir machen uns durchaus keinen Vorwurf. Was ich gesehen wird mir eben so gut bleiben als das, was ich gezeichnet oder gemalt habe. Seit ich Norwegen kenne, kommt mir Etzdorf** erst recht groß als Künstler vor. Thal oder Dahl vielmehr in Dresden hat bei mir nicht gewonnen. Norwegen hat doch ein ganz anders Gesicht. Ganz besonders scheint er mir an der Schale herumzukauen ohne sie je zerbrochen zu haben. Wie oft habe ich mich nach andrer Reisegesellschaft gesehnt! – Wärst Du doch bei mir gewesen. – Bellermann ist ein guter Mensch, doch ganz und gar flau, von Berliner Begriffen, Sitten und Manieren, zuweilen unausstehlich, immer aber langweilig. Nie werde ich wieder so eine Reise unter diesen Verhältnissen machen. Meine Gesundheit scheint wiederhergestellt zu seyn, wenigstens habe ich von meinen fürchterlichen Magenübel keine Spur wiedergemerkt. Ich hoffe daß auch Dirs bis daher gut gegangen ist. So eben geht Schuchardt von mir u bittet mich Dir zu sagen daß er sich freue Dich auf dem Großvaterstuhle zu wissen. Auch er meint daß es Deiner Gesundheit dienlich sey. Ich müßte so vieles gern mit Dir besprechen, doch Briefwechsel ist dazu schlecht geeignet u ich wünschte daher von ganzen Herzen Dich zu sehen. Dein Onkel v. Holleben*** in Rudolstadt hat während meiner Abwesenheit an mich geschrieben, in betreff des jungen Malers u. ich werde in dieser Zeit auch antworten. Was ich an ihn u ihn lernen kann soll gern geschehen. Ich möchte wohl gern etwas von ihm sehen u ihn gern selbst sprechen. Hast Du Gelegenheit, so laß ihn doch sagen daß ich wieder da sey. Vor allen Dingen lieber guter Bernhard komm Du nur bald. Empfiel mich den Deinen. Dein kleines Pathchen ist ein herziges Kind geworden und grüßt Dich nebst meiner Frau herzlichst. Ewig Dein Friedrich Preller. * Carl August Bernhard von Arnswald wurde 1840 zum Schlosshauptmann auf der Wartburg berufen. ** Christian Etzdorf (1801–1851), Maler. *** Wohl Carl Ludwig Anton von Holleben (1786–1849). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3624.
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10. Friedrich Preller d. Ä.: Sixt Thon, Zeichnung, um 1845.
86 Nach August 1840. An Sixtus Armin Thon (1817–1901), Maler und Schüler Prellers.
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Guten Morgen lieber Freund! Sie waren schon mehrfach so freundlich mir Ihre schönen Zeichnungen unserer norweg. Reise anzuvertrauen. Wollen Sie mir dieselben wohl noch ein paar Tage leihen? Meine arme Frau hat den Wunsch mehrfach ausgesprochen, sie einmal wieder sehen zu dürfen, u ich möchte ihr die Freude nicht versagen, wenn es möglich ist. Ueberbringerin ist zuverlässig, sonst hole ich sie bei Ihnen od. wenn Sie heut nach dem Kupferstichkabinet gehen, u dieselben mitbringen wollten. Bestens grüßend Ihr Fr. Preller. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, NL Thon 3.
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87 Weimar, den 30. September 1840. An Ferdinand Freiherr von Biedenfeld (1788–1862), Dichter und Publizist. Geehrter Herr! Ich benutze die erste Minute in der ich mich leidlich wohl fühle Ihnen das wenige was etwa dienlich wäre aufzusetzen.* Im Jahre 1804 d, 25 April wurde ich zu Eisenach gebohren wo mein Vater einige Jahre wohnhaft war, später aber nach Weimar ging u die kleine Bekerei meines Großvaters übernahm. Meine Kindheit hat wohl nichts was auf mein späteres Leben von Einfluß gewesen wär. Obgleich ich schon früh große Freude am Zeichnen fand und vom Vater sehr dabei unterstützt wurde, so hing ich doch mit noch größerer Liebe an allem was zur Jagd gehörte und entschloß mich auch dann als ich 15 Jahr alt war Jägerei und Forstwirtschaft zu studiren. Von da bis zum 17 Jahr brachte ich mit Vorstudien zu, ging dabei fleißig auf die Jagd u diese Jahre zähle ich zu den glüklichsten meines Lebens. Doch der Mensch denkt, Gott lenkt. Umstände verhinderten mich diesen Lieblingsplan weiter auszubilden u nun entschloß ich mich Landschaftsmaler zu werden, studirte fleißig doch ohne Nutzen hier u ging endlich im Jahr 1821 nach Dresden. Die Gallerie ward mein Lieblings Aufenthalt, doch versäumte ich auch nicht die Natur bei allem was ich dort that um Rath zu fragen. (Mein früheres Herumirren in Wäldern u die Freude daran, bestimmte mich auch als Maler dazu fast alle meine Studien im Walde zu machen. Die Liebe für diese Natur ist in mir geblieben u wird auch niemals vergehen.) Im Jahre 1823 wo ich von Dresden zurükgekommen, Salzburg zu besuchen Lust hatte wurde der seelige Carl August durch ein kleines Bildchen auf mich aufmerksam gemacht, ließ mich zu sich kommen u fragte: ob ich nicht Lust habe mit ihm die Niederlande zu bereisen, was ich mit größtem Dank annahm, u von nun an das Glük hatte von Sr. K. Hoheit unterstützt zu werden. Die Reise in die Niederlande mit diesen vortrefflichen Herren ist mir unvergeßlich. Er selbst brachte mich von Gent nach Antwerpen in das Studium von Van Bree unter dessen Leitung ich nun 2 Jahre lang blos die menschliche Figur studirte. Kleine Arbeiten, die ich nebenher machte aus dem Leben dort genommen befinden sich noch hier. Da der seelige Herr aber nichts mehr von Landschaft sah ließ er die Frage an mich ergehen: ob ich lieber, da mir das Land nicht zu gefallen schien, nach Italien wollte um meine Studien fortzusetzen, was ich auch, glücklich über dies Anerbieten, annahm und nun im Jahre 1825 nach Italien reiste. Mein Aufenthalt dort dauerte 5 Jahre. Meine genaue Bekanntschaft mit Joseph Koch in Rom brachte mich über vieles ins Klare und diese Zeit ist für mich bisjetzt die lehrreichste gewesen. Im Jahre 1831 kam ich nach Weimar zurück. Leider lebte mein verehrter Fürst nicht mehr, dem ich so gern meinen Dank selbst gebracht hätte. Seitdem habe ich manche Arbeiten vollendet, die großentheils der Frau Großherzogin gehören. Noch jetzt beschäftigt mich das Wieland’s Zimmer. Früher mahlte ich in Leipzig im Härtelschen Hause ein Zimmer mit Landschaften aus der Odyssee. Gemählde in Oel die ich in Rom u Deutschland vollendet, weiß ich nicht anzugeben. Zwei große Landschaften von Eisenach und Ilmenau sind auch im Besitz der Frau Großherzogin. Zeichnungen sind u gehen mir immer in alle 4 Winde. Das beste denke ich, so mir Gott Gesundheit schenkt noch zu fertigen. Studienreisen von 91
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hier habe ich mehrmals nach Rügen, in den Thüringerwald u dies Jahr nach Norwegen gemacht. Ich schike Ihnen hier mehr als Sie brauchen können, Merkwürdiges hat mein Leben nichts, wenigstens für niemand ausser mir. Hochachtungsvoll verfarend Ew. Hochwohlgebohrn ergeben Friedrich Preller. Weimar am 30 Septbr 1840. * Diese biographischen Angaben waren die Grundlage für einen Text zu Preller in dem Buch von Ferdinand Freiherr von Biedenfeld und Carl Ferdinand Weiland: Weimar. Ein Führer für Fremde und Einheimische durch die Stadt und ihre Umgebungen, Weimar 1841, S. 285. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/2217.
88 Weimar, den 29. Oktober 1840. An Julius Thaeter (1804–1870), Zeichner und Reproduktionsgraphiker. Weimar, den 29. October 1840 Du lieber Herzensfreund bist mir diesmal mit Deinem lieben Brief zuvorgekommen, indem ich mir vorgenommen hatte, in diesen Tagen Dir zu schreiben. Deine Briefe machen allemal mein ganzes Haus glücklich, und ich denke zuweilen, es müßten Dir die Ohren klingen, wenn wir dann so viel über Dich und von Dir sprechen. Habe tausend Dank für die Probedrucke, die mich heute den ganzen Tag beschäftigt haben. Du glaubst nicht, lieber Freund, welche unendliche Freude Du mir allemal bereitest, und wie sehr mich Deine Arbeiten interessieren. Der Contur nach Carstens scheint mir sehr im Geiste der Zeichnung und ist gerade einer meiner Lieblinge von ihm. Möchte der Himmel Dein Unternehmen segnen! Die Größe des Ganzen sowie der einzelnen Figuren kann ich mir, nun ich das Blatt gesehen, gar nicht mehr anders denken; denn es scheint mir, der Stichel möchte gerade für diese Größe so geeignet sein, wie die Kreide für die Größe des Originals. Ob Du wohl mehr wünschest, das erste Blatt fertig zu sehen, als ich? — kaum glaub’ ich’s, so toll Dir diese Rede auch scheinen mag. Ich verspreche mir eine sehr schöne Arbeit, weil ich weiß, daß Du mit Liebe an’s Werk gegangen, und bin glücklich in dem Gedanken, daß Dich die Arbeit zu uns bringt, weil wir Dich alle je eher je lieber hier hätten. Die Platte von Hagen und den Meerweibern interessiert mich ganz außerordentlich der schönen Ausführung wegen, und es thut mir wehe, daß sie nicht vollendet wird.* Möchtest Du doch nie mehr eine Arbeit unvollendet lassen, die Dich freut! — Für’s Erste aber wollte ich, Deine Sachsenschlacht wäre fertig und ich bekäme die Nachricht, daß Du Dich marschfertig machtest.** Liebster Freund, das wird für Deinen alten Preller ein Fest, wie er noch keins gefeiert hat. Meine Frau spricht fast jeden Tag davon, wie sich das alles so schön 92
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machen würde, wenn wir so die Winterabende beisammen sein würden; und ich höre ihren lieben Schwatz schmunzelnd mit an und ergänze nicht selten. Gern möchte ich jetzt sechs Monate älter sein! — Vielleicht bin ich auch dann ganz gesund wieder. Meine Reise nach Norwegen nämlich ist mir nicht besonders bekommen, denn seit meiner Zurückkunft habe ich wenige gesunde Stunden gehabt. Jetzt, seit etwa acht Tagen, scheint es anders werden zu wollen, wofür ich dem Himmel von Herzen danke. Daß ich eine sehr schöne Reise gemacht, kannst Du Dir denken, denn ich ging erst durch die Niederlande, besuchte nochmals alle mir schon bekannten Kunstwerke, sah viele liebe Freunde wieder und schiffte mich endlich mit zweien meiner Schüler und einem Berliner in Amsterdam ein.*** Norwegen, das wir bis etwa zwanzig Meilen über Bergen hinaus ziemlich durchkrochen haben, ist ein wunderbares Land für den Maler. Schade, daß man noch nicht überall bleiben kann, wo es einem so recht gefällt, denn es fehlt dem Reisenden selbst am Allernothwendigsten. Daß wir bei solch’ schlechtem Sommer nur wenig arbeiten konnten, werde ich wohl nicht so bald verschmerzen. Die Erinnerung aber an dies herrliche, grandiose Land und an die Nordsee, die man dort in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit sieht, nehme ich mit in’s Grab und werde mich noch im Himmel an diese Zeit erinnern. — Bergen ist eine Stadt und hat Bewohner, die einen augenblicklich überreden können, sich dort häuslich niederzulassen. Wie anders läßt sich doch Norwegen nehmen, als es Dahl gethan hat! Doch hiervon mündlich mehr, denn ich denke, ich werde Nichts vergessen, bis Du, liebe Seele, zu uns kommst. Meine kleine Frau, die neben mir sitzt und ihr Rädchen schnurren läßt, und die beiden Fräulein Bouterweck lassen Dich recht herzlich grüßen. Auch Deine liebe Frau soll ich nicht vergessen von uns allen recht freundlich zu grüßen. Thue es also, küsse Deine lieben Kinder und vergiß nicht Deinen Treuen Friedrich Preller. * Preller bezieht sich hier auf die nicht vollendete Graphik zu einem Motiv nach dem Nibelungenthema von Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872). ** Den Stich der Sachsenschlacht nach einer Zeichnung von Wilhelm von Kaulbach (1805–1874) hatte Thaeter im Frühjahr 1841 fertiggestellt. Danach trat er die Stelle eines Zeichenlehrers an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar an. Siehe auch die Briefe 69 und 78. *** Von Mai bis August 1840 reiste Preller in Begleitung seiner beiden Schüler Carl Hummel (1821–1907) und Sixtus Thon (1817–1901) sowie dem Landschaftsmaler Ferdinand Bellermann (1814–1889) durch Norwegen. Anna Thaeter (Hrsg.): Julius Thaeter. Das Lebensbild eines deutschen Kupferstechers, Neukirchen o. J. (um 1890), Teil II, S. 48–49.
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89 Weimar, den 10. Dezember 1840. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar d. 10. Dcbr 1840. Guten Abend mein lieber Bernhard! Gestern erhielt ich Deine lieben Zeilen, die ich freudig beantworte denn jetzt habe ich doch die feste Hoffnung daß ich Dich nun bald hier sehe. Gebe der Himmel Dir nur erst Deine theure Gesundheit wieder, doch ich denke das wird werden wenn Du Dich recht in Acht nimmst u das wirst Du Dir und uns allen zu Gefallen. Mir geht es in diesem Augenblick leidlich wohl nachdem ich wieder einige Tage schlecht zugebracht habe. Doch genug. Das Logis betreffend soll ich Dir schreiben daß bei Faciussens ein Erkerstübchen freisteht, jedoch ohne Moebles. Marie fragt daher an ob Dirs gelegen, wenn sie Dir ein Tisch, ein paar Stühle u Waschbecken hereinstellt. Das Bett müßten wir noch für die Zeit miethen u so Dirs so gelegen ist, so schreib nur, wann Du kommst, daß alles bereit steht. Wie freuen wir uns alle wie die kleinen Kinder, denn so lange mein ich wärst Du noch nie von uns weggewesen. Ich bin ganz glücklich daß Dein letzter Brief wieder ein andres Colorit hat. Nur nicht verzagt, mein lieber Bernhard, ich will nicht ehe sterben ehe ich Dich noch glücklich gesehen habe, u wie sollte es auch anders sein. Du hast so viel was einen andern beglückt u erfreut! Doch wir müssen miteinander sprechen. Ich habe Dir so viel zu sagen u schreiben kann u mag ich nicht. Daß Du dann Weihnachten wieder bei uns bist freut mich ungemein, ich kann mir nicht denken daß Du fehlst. Dein kleines Pathchen* spricht wohl öfters von Dir u über die beiden anderen denk ich wirst Du Dich ganz besonders freuen, sie gedeihen Gott zur Ehre u ihren Eltern zur Freude. Ernst entwickelt sich mit jeden Tag mehr u ich denke er wird ein wacker Kerl. Daß unser guter Müller** wieder an den Augen leidet schmerzt mich recht. Grüße ihn u bring ihn mit. Vielleicht thut ihm auch eine Luftveränderung gut. Auch Deinen Bruder, unsern guten Herrmann, grüße herzlichst von mir u den meinen. Marie grüßt Dich mit mir u bittet, bald hören zu lassen wie Dus mit dem Quartier wünscht. Adio lieber Freund. Dein Fritz Preller. * Friedrich Preller d. J. (1838–1901). ** Franz Heinrich Müller (1793–1866), in Weimar und ab 1829 in Eisenach tätiger Maler und Lithograph. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3625.
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11. Maximilian Franck: Johann Lingelbach, Lithographie, 1813.
90 Weimar, den 26. Dezember 1840. An Carl Gustav Boerner (1790–1855), Kunsthändler und Antiquar in Leipzig.
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Zweiter Weihnachtsfeiertag 1840 Guten Morgen mein lieber Freund! Ich grüße Sie aus meinem Studium wo ich leidlich wohl wieder sitze und dem herrlichen Glokengeläute lausche. Hats mir doch seit langen nicht so schön geklungen.- Ja das liebe schöne Fest erhöht u verherrlicht alles, ich danke Gott von Herzen dafür daß ich abermals eins erlebte u alle meine Lieben froh u glücklich sah. Solche Tage lassen einem alles unangenehme wieder vergessen was sich etwa mit eingeschlichen. Doch ich muß Ihnen erst den Ueberbringer 95
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dieses bekannt machen. Herr Fries aus Copenhagen, Decorationsmaler, der hier bei Jütter im Wielands Zimmer mit malte u in meiner Familie viel gewesen ist. Ich habe ihn als einen sehr edeln liebenswürdigen Menschen kennen lernen u herzlich liebgewonnen. Er wird in Leipzig einige Zeit verleben. Er trägt ein nordisches aber warmes Herz im Leibe. — Ihren lieben Brief erhielt ich durch Schuchhardt u wir freuen uns alle daß es allen so wohl geht, wünschen auch von Herzen Glück zu der frohen Aussicht eines kleinen Dritlings. Kinder bringen Sorgen, aber noch mehr Segen, wer keine Sorgen hat, gewiß auch keine Freude. Das ist meine Ueberzeugung. Schenke der Himmel Ihnen allen nur Gesundheit. Uns ward es lange fühlbar was es heißt Kranke in der Familie haben. Meine letzte Reise zog ein langwieriges Kränkeln nach sich, auch mein jüngstes liebes Kind hat viel auszuhalten gehabt, doch Gott schenkte mir zu gleicher Zeit Geduld u Muth die Prüfung zu bestehen. Es geht uns beiden wieder besser, ja mir zu Zeiten selbst recht gut. Der heilige Abend u erste Feiertag waren für mich traurig denn ich hatte seit lange mein heftiges Kopfweh wieder. Doch wer weiß wozu es gut ist! — Die von Ihnen überschikten Bilder habe ich danach noch nicht gesehen, höre aber von Schuchard daß mein Liebling der Lingelbach* dabei ist u freue mich darauf ihn einmal wieder ins liebe Gesicht zu sehen. Unter Ihren Radirungen sind sehr schöne Sachen u ich denke es wird wohl einiges davon hier bleiben. Daß Wesselhöfts nach 6 wöchentlicher aber ziemlich guter Fahrt in Amerika glücklich angekommen, wird Sie wohl interessieren, wenn Sie es nicht schon wissen.** Die Alten sind munter und glücklich über die Nachricht. Gern möchte ich in dieser Zeit einmal nach Jena, doch es will immer nicht recht gehen. Sie lieber Freund diesen Winter zu sehen darf man nun wohl nicht mehr hoffen doch denke ich sicher daran daß Sie es im Frühjahr versuchen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau u die süßen Kinder von uns allen u treten das neue Jahr froh und gesund an. Unverändert Ihr Friedrich Preller. * Johannes Lingelbach (1622–1674) war ein sowohl in den Niederlanden wie in Rom tätiger Historien- und Landschaftsmaler. ** Der aus politischen Gründen verfolgte Arzt und Burschenschaftler Robert Wesselhöft (1796–1852) emigrierte 1840 in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er homöopathische Heilmethoden praktizierte. Klassik Stiftung Weimar, GSA 111/231a.
91 Weimar, den 1. März 1841. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar den 1 t. März 1841. Mein lieber Freund! Ihr letzter Brief hat uns alle aufs tiefste betrübt, mich vor allem, denn ich hatte ja auch Theil an dem herrlichen lieben Kinde. Möge der Himmel Sie vor allen in Zukunft bewahren denn ein solcher Verlust scheint mir der größte. Auch wir dachten schon einigemal eins unsrer lieben Kleinen zu verlieren, Gott hat es aber von uns abgewand und jetzt geht es mit 96
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allen leidlich gut. Wie oft habe ich mich doch nach Ihnen und dem süßen Engel gesehnt —; vielleicht sehen wir uns kommenden Sommer, von dem ich für mich viel erwarte, denn meine letzte Reise hat anders als wir glaubten auf mein Befinden gewirkt. Meine Frau und Schwiegermutter die den innigsten Theil an allen nehmen was Sie und die Ihrigen betrifft grüßen Sie und Ihre liebe arme Frau aufs herzlichste mit mir Ihren treuen Friedrich Preller. Wiesbaden, Verlag Breitkopf und Härtel, Archiv.
92 Weimar, den 1. Juli 1841. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 1 Juli 1841. Sei herzlichst gegrüßt mein lieber Freund! Ich kann die Gelegenheit durch Herrn Maler Schulz,* der sich einige Zeit in Jena aufgehalten nicht vorübergehen lassen ohne Dich wenigstens schriftlich zugrüßen. Er hat im Sinne sich einige Tage in Eisenach aufzuhalten u da er Landschaftsmaler ist, könntest Du ihn wenigstens Vorschläge zu kleinen Excursionen thun, da er noch nicht dort war u also ganz fremd ist. Du wirst Dich sehr wundern von mir so sehr lange nichts geschriebenes erhalten zu haben, daß ich bekenne Dir offen: an dich lieben Freund zu schreiben muß ich anders gestimmt sein als es zeither war. Auch glaub ich, wird es mit mir nicht ehe anders als bis meine Arbeit im Schloß beendigt ist, die mich schrecklich langweilt.** Ich bin jetzt an dem Bilde was zersprungen ist u denke nun endlich in 14 Tagen alles geendigt zu haben. Solche Arbeit unternehme ich für keinen Preis der Welt wieder denn ich gehe dabei zu Grunde. Von Dir haben wir zu weilen Nachricht durch Freunde: In der allerletzten Zeit aber nichts gehört u ich sehne mich nun recht zu wissen wie Du Dich befindest. Im Monat August komme ich unwiederruflich zu Dir u dann wollen wir wieder des Lebens froh werden, was wir beide in der letzten Zeit nicht waren. Ich vermuthe u bin glücklich in den Gedanken, Du gehest mit mir dann nach Ilmenau, hab ich recht gerathen? Deine liebe Schwester Marie schrieb kürzlich nehmlich Du habest im Sinn den Herbst wieder das Land zu brauchen. So wären wir ja doch noch länger beisammen. Holdermann denkt im August auf einige Tage mit mir zu gehen, heute ist er nach Dresden abgereist. Für die Übersendung des Farbenkastens will ich Dir auch noch herzlich danken. Brauchen werde ich ihn freilich nicht, denn es sind meistens deckende Farben. Den Deinen bringe ich dir selber mit wenn sich nicht früher noch eine Gelegenheit findet. Marie bittet mich Dich doch zu fragen, ob wir nicht bald die zu reinigenden Sachen wieder bekämen, nehmlich meinen Rock und Kittelchen für die Kinder. Brauchen könnten wir sie recht sehr. Vergiß es nicht, einmal in Erinnerung zu bringen. Bei uns geht jetzt alles leidlich wohl u ich will hoffen daß Dirs auch immer besser geht. Dr. Kämpfer sagt man allgemein, wolle nach Madera. Möge der Himmel ihn doch ja helfen! 97
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Wir alle grüßen Dich herzlichst, besonders Marie u die Kleinen, die fast täglich von Dir sprechen. Auch Boutewecks niemand mehr als Dein Friedrich Preller. * Karl Friedrich Schulz (1796–1866). ** Im Sommer 1841 beendete Preller seine Arbeiten im Wieland-Zimmer des Weimarer Schlosses. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3627.
93 Weimar, den 13. Juli 1841. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Weimar d. 13 Juli 1841. Mein verehrtester Freund! Es findet sich wieder einmal Gelegenheit Ihnen zu melden daß ich noch am Leben, Ihrer mich noch eben so oft und mit Sehnsucht erinnere und wohl manchmal denke, daß wir einander noch einmal in dem lieben Rom wieder sehen. Mein Freund Ulmann* aus Weimar macht zu seinem Vergnügen eine Reise und hat sich mit mir im Gespräch schon oft nach Italien geträumt, jetzt denkt er’s aus zu führen und ist glücklich in dem Gedanken. Ach ich möchte ihn manchmal beneiden. — Vergangenen Sommer habe ich indeß auch eine ziemlich große Reise, großentheils meiner Gesundheit wegen gemacht und eine Natur kennen lernen die unbeschreiblich ist. Mit zwei meiner Schüler** ging ich durch die Niederlande und dann nach Norwegen, und zwar bis Bergen. Was ich da gesehen, hat sich mir tief eingeprägt und ich wünschte wohl eine Veranlassung zu finden, um in Künstlerart das erlebte wieder zum Vorschein zu bringen. Ich hab oft gedacht wie es wohl dem Italiener in solcher Natur zu Muthe sein möchte, die er doch wenigstens anstaunen müsse. In solch ernst melancholische Lande sich wohlbefinden kann nur ein teutscher oder einheimischer, der mit seinen fantastischen Sagen groß geworden. Möchte ich doch so glücklich sein, es noch einmal zu sehen! — Mir steht diese Natur näher als der Süden u ich würde im Wiedergeben ihrer auch gewiß glücklicher sein. Die Jahre mögen das ihrige dazu beitragen. Ich schicke Ihnen anbei ein paar Blättchen meiner Ruhestunden. Das größere ist in das Album teutscher Künstler gekommen, was Buddeus in Düsseldorf herausgiebt, u ist ein altes Heldengrab von der Insel Rügen, die ich schon mehrmals besucht habe.*** Was sagen Sie mein lieber Freund zu dieser plötzlichen Veränderung in München? Möchte doch Cornelius in Berlin eben soviel Gelegenheit zu schaffen als in Baiern, denn sonst möchte es großer Schade für ihn u die Welt seyn. Ihr lieber alter Freund Thorwaldsen ging vor einiger Zeit hier durch in sein geliebtes Rom zurück, wohin er sich recht sehnt. Ich sprach ihn vergangenen Sommer zu Coppenhagen wo er wieder tapfer gearbeitet hatte. Seine Reise in Teutschland gleicht einem Triumphzuge. 98
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Ich freue mich recht sehr durch Herrn Ulmann auch von Ihnen wieder etwas zu hören. Meine Frau bittet Sie Ihnen bestens zu empfehlen. Auch bitte ich unsern alten vortrefflichen Reinhardt von mir aufs herzlichste zu grüßen. Stets in Liebe Ihr Friedrich Preller. * Wohl der Arzt Claudius Ulmann. ** Preller reiste in Begleitung von Sixtus Armin Thon (1817–1901) und Carl Hummel (1821–1907). *** Der Verleger Julius Buddeus (1812–1873) gab 1841 das „Album deutscher Künstler in Originalradirungen“ heraus. Der Band enthält Prellers Hünengrab auf Rügen, ein von ihm mehrfach verarbeitetes Motiv. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 2.
94 Weimar, den 8. August 1841. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Sontag Nachmittag 3 Uhr Sei herzlichst gegrüßt mein lieber Bernhard! Ich bin allein zu Hause, alle die meinen sind nach dem Schießhause u habe ungestört Zeit mit Dir ein Stündchen zu plaudern wonach ich mich schon längst sehnte. Niemals fühle ich mich Dir so ganz nahe, als wenn ich jetzt so ganz allein im Studium sitze, durch manches an Dich nebenbei erinnert werde was Dir auch lieb ist u ganz frische Nachricht von Dir habe. Die letzte war mir auch die erfreulichste, nehmlich: durch Holdermann, der sich ein paar Tage in dem lieben Eisenach aufhielt, mir viel, ja recht viel von Dir erzählte und versichert daß Dirs, (abgerechnet, daß Du noch immer Deine Augen schonen mußtest) vollkommen gut geht, u Deine Stellung auf Wartburg Dich wahrhaft glücklich mache. Mögest Du es für Deine ganze Lebenszeit bleiben! Ich denke es wird sich noch manches dazu finden, was Du noch nicht ahnst u dann wirst Du zu beneiden sein; versäume aber auch Du nicht, alles zu thun, was Du selbst dazu beitragen kannst u mußt. Verstehst Du mich? Ich bin so ziemlich mit allem nun fertig was mich hier hält u denke nächstens, so mein Arbeitsapparat im Stande ist, von hier weg zu gehen. Der erste Ort wird wohl Allstädt werden, wohin ich mich zu wenden habe, damit ich das nöthigste bekomme was mich für den Winter beschäftigen soll.* Ist diese Arbeit geschehen, komme ich entweder sogleich zu Dir oder gehe erst auf 8 Tage nach Ilmenau. Hierüber ist jedoch noch nichts entschieden. Das Wielandzimmer hat mich bis etwa vor 8 Tagen beschäftigt, wo ich das eine Bild aus Oberon ganz verändert neu gemalt habe u wie ich glaube in mancher Beziehung besser. Ferner habe ich dort alle Oberons Bilder noch einmal durch genommen u an manchem viel zu thun gehabt. So ist die Zeit vergangen, hat mich aber dort länger wieder Erwarten gehalten. Leid thut mir immer, daß Simons Arabesken durchaus nicht ruhig zu bringen sind, woran wir uns noch viel Mühe gegeben. Sie waren in der Anlage falsch gedacht, in der 99
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Composition aber durchaus nicht zum Ganzen berechnet, und aus Eitelkeit hervorgewachsen u somit können sie nie in Einklang mit dem übrigen kommen. Schorn trägt die Schuld u wird sich, so er klug ist, eine Lehre draus ziehen. Diese Arbeit habe ich mit Unmuth begonnen und beschlossen. Möge mich der Himmel bei der nächsten mehr begünstigen. Ich bin vergnügt, zu etwas neuem überzugehen u meine Kräfte wiederum in meinem Fach zu prüfen. Eine Freude die mir aber vor einigen Tagen wurde, muß ich dir doch schreiben. Hummel u Thon haben nehmlich ihre beiden Bilder, die du ja kennst, in Dresden an den Kunstverein verkauft. Es wird beiden neuen Muth zu künftigen Arbeiten geben. Jetzt sind sie auswärts um Studien zu malen. Das letzte, was ich gethan, sind einige Aquarell-Zeichnungen aus Norwegen, die theils schon ihre Liebhaber gefunden haben. Da ich nun also nichts mehr vornehmen u blos an die Reise denken muß, komme ich auch noch einmal zu Dir, um Dich an etwas zu erinnern. Du nahmst nehmlich von hier verschiedene Kleider mit, sie reinigen zu lassen, worunter ein Rock von mir, den ich nothwendig auf der Reise brauche. Sind diese fertig so bitte sie sogleich mir zu schicken, wo nicht, so muß ich bitten, auch ungefertigt sie zurück zu besorgen, da ich ohne genannten alten Rock nicht sein kann u doch nicht länger die Sache verschieben möchte. Dies, lieber Bernhard, vergiß also nicht sondern besorge es ja eiligst, sonst kann ich nicht fort. Kaiser fängt eben an, seine Flötenstudien der Atmosphäre zu übergeben u mir das Gehirn zu verwirren. Leb also wohl, halte Dich gut u laß bald einmal etwas hören. Hüte Dich aber vor Selbstschreiben. Meine Marie läßt Dich herzlichst grüßen, so auch den guten Herrmann mit mir Deinem Friedrich Preller. Grüß mir auch Müller u Sälzer. * Preller plante offenbar als ein weiteres Bild für den Conseil-Saal im Weimarer Schloss mit den Illustrationen zur Landesgeschichte die Darstellung von Thomas Müntzer (um 1489–1525) als Pastor in Allstedt. Dieses Vorhaben gab er jedoch bald auf. Siehe die Briefe 95 und 96. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3628.
95 Weimar, den 14. August 1841. An Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker. Hochgeehrtester Herr! Möchten Ihre und unser aller Wünsche in Erfüllung gehen und Sie mit Ihrer lieben Familie gesund und heiter wieder bei uns einziehen. Ihre spätere Zurükkunft veranlasst mich Ihnen schriftlich entgegen zu kommen, und Sie sogleich mit allen meinen Herzensangelegenheiten zu belästigen, was ich immer ungern thue, aber doch auch nicht weiß wohin ich mich anders wenden könnte. Die Schule mache also den Anfang. Die letzte Zeit vor dem Schluß ist immer, wie Sie wissen, dem Unterricht in der ersten Classe ungünstig, so auch diesmal. Ich hatte 100
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durchschnittlich 5 Schüler, die jedoch treulich bis zu Ende ausharrten, auch sonst immer zu den fleißigsten zu zählen waren. Sie sind: Keßler, Brey, Ehrhardt, Merker, Thonmöller. Die zwei ersten, insbesondere aber Keßler verdienen meiner Meinung nach die Medaille. Die drei letzten wären dieser Auszeichnung ihres Fleißes wegen allerdings auch würdig, jedoch sind ihre Produkte etwas schwächer und ich denke Ew. Hochwohlgeborn werden in diesem Falle am besten wissen, was zu thun sei. Noch muß ich bemerken daß sich die beiden Großherzoglichen Pagen v. Beust und v. Heyne bis zuletzt gut benommen und ersterer besonders mit Fleiß und Liebe fortgezeichnet hat. Dies wäre das nöthigste über die persönlichen Verdienste der diesmal wenigen Schüler. Die Arbeiten auf Porzellain von Keßler sind meiner Meinung nach Belege von wirklich künstlerischen guten Gefühl, und man möchte wohl diesem armen Teufel eine bessere Existenz wünschen, die ihm zuließe sich weiter auszubilden. Das Einliefern der Zeichnungen habe ich eifrig betrieben und will hoffen daß alles zur Zeit beisammen ist. Das Aufhängen wird, da ich nicht hier sein kann, Herr Secretair Schuchardt besorgen, auch denke ich Kaiser wird, wenn es nöthig sein sollte nicht fehlen. Den zweiten Abschnitt mache die Schloßarbeit. Kaum werden Sie glauben daß das Wieland Zimmer mich bis in die letzten Tage in Anspruch genommen. Nach Vollendung des letzten neu zu mahlenden Bildes, habe ich auch die übrigen alle noch tüchtig durchgenommen, vieles verändert und in Einklang gebracht und ich denke es wird Ihnen wohl sogleich bemerkbar sein. Auch Hütter hat an den Arabesken noch gethan, was möglich war; indessen steht es nicht mehr in unsrer Macht diese zum ganzen gehörig zu stimmen. Ein wenig mehr Entschiedenheit und architektonischer Sinn hätte so dem seeligen Wieland und uns wohlgefälliger machen können doch davon genug. Der Sockel stimmt jetzt gut, ja steht sogar fein in der Farbe zum Ganzen, die Decke aber, blau, oder überhaupt farbig auszufüllen, war nach meiner Ueberzeugung nicht möglich, es hätte nach den gemachten Versuchen wie Mord und Todtschlag ausgesehen doch Sie werden sich ja selbst überzeugen. Mit den Wänden aber erleben wir nie und nimmermehr etwas gutes, man müßte dann statt der Farbe einen seidenen Stoff nehmen. Thüren und Fußboden leiden noch am probiren. Es werden jetzt Versuche gemacht die Thüren mit Blech zu bekleiden. O. blechernes Zeitalter.— So mit wäre dann wieder ein Punkt oder Fragezeichen in meiner Künstlerbeschäftigung gemacht. Neues soll mich nun wieder erfrischen und dazu ist der nun kommende Monat bestimmt von dem ich auch erwarte, daß er schöner wird als die vergangenen. Ich stehe also im Begriff in den Thüringerwald mich zu verkriechen und nicht ehe wieder zu erscheinen, bis ich meinen Zweck erreicht und Studien für einige Bilder erbeutet habe. Schon seit längerer Zeit beschäftige ich mich mit unsrer thüringischen Geschichte und besonders um ein Motiv für das Allstädter Bild zufinden, wovon, wie Ew. Hochwohlgeboren wissen, schon vor Ihrer Reise die Rede war, doch bis jetzt vergebens.* Thomas Münzer ist kein Mann, dem die Frau Großherzogin ein Denkmal setzen würde, und anderes findet sich durchaus nicht in der spätern Geschichte Allstadt’s vor. Seine Thaten die für einen andern Zweck sehr paßlich und höchst malerisch wären, fallen ohnehin nicht in die Zeit seines Aufenthalts in Allstädt. Herr Geheim Rath v. Schweizer** so wenig wie ich konnten etwas auffinden was uns dienlich hätte sein können, und so habe ich diesen Gegenstand 101
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fürs erste fallen lassen. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben, und vielleicht ließe sich später doch noch etwas darüber beschließen. Charakterbilder Thüringens aus früherer Zeit sind leichter zu finden und darunter gewiß manche von großer Bedeutung, z.B. wie Ludwig der Bärtige, erster Graf von Thüringen das Land anfängt urbar zu machen (ein schöner Anfang zu der Reihenfolge). Ludwig der Eiserne in Ruhla, Ludwig der Springer, den Wartburg Bau beginnend u. a. m. Das erste hiervon beschäftigt mich am meisten, und ich werde mich in jeden Fall darauf vorbereiten. Sollte es indessen gegen die Ansicht der Frau Großherzogin sein, der ich Ew. Hochwohlgebohrn bitten wollte solches vorzutragen und das Ergebnis mich dann wissen zu lassen, so sind solche Studien ja nicht verloren, da ich’s ohnehin einmal ausführen könnte. Das Bild nach Christiania verlangt auch Vorbereitung, denn damit möchte ich auch gern vorwärts kommen. Mit meinem Briefe aber muß ich zu Ende kommen denn ich fürchte Ihnen schon längst lästig damit zu sein. Mich Ihnen bestens empfehlend Ew. Hochwohlgebohren ergebenster Friedrich Preller. Weimar d. 14 Aug. 1841. * Zu den Plänen Prellers siehe den Brief 94. ** Christian Wilhelm Schweitzer (1781–1856), Geheimer Staatsrat mit der Oberaufsicht der Weimarer Unmittelbaren Anstalten für Kunst und Wissenschaft. Klassik Stiftung Weimar, GSA 85-24,10 S. 19 ff.
96 Weimar, den 18. August 1841. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Donnerstag früh Sei herzlichst gegrüßt mein lieber Bernhard! Ich kann nicht umhin, auf Deinen lieben Brief noch vor meinem Weggehen einige Zeilen zu erwiedern. Herzlich haben wir uns alle gefreut, wieder einige Zeilen von Deiner Hand zu sehen, bitten Dich aber auch zugleich, Dich noch zu schonen u so wenig Gebrauch von dieser Besserung zu machen als möglich. Morgen früh gehe ich in Begleitung meiner Frau, (Holdermanns, der bis Kranichfeld mit geht) Schuchardt und der hübschen Clementine nach Ilmenau. Dort ist die kleine Marie einige Zeit gewesen u geht nun wieder zurück, weshalb Clemens u meine Frau mitgingen. Wir beiden noch übrigen verkriechen uns in der Nähe von Ilmenau, vielleicht in Elgersburg u werden dort recht fleißig sein. Hauptsächlich will ich an der Eiche Studien machen u dann tiefer einwärts dringen. In Ilmenau selbst will ich diesmal womöglich nicht bleiben, weil ich der Fremden und Bekannten wegen doch genirt wäre u doch gern recht viel thun 102
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möchte, auch denk ich wird es jetzt dort theur werden. Die Lieben Deinen besuchte ich natürlich so oft es irgend geht. Allstädt ist vor der Hand aufgegeben, warum werde ich Dir erzählen. Binnen hier u 14 Tagen also werden wir zwei zu Dir gewandert kommen u ich wenigstens werde auch dort noch vieles zu thun finden. Das soll mein größtes Fest in diesem Jahre werden u wir wollen es zusammen feiern. Meine gute Marie wird nicht mitkommen, doch vielleicht holt sie mich ab. Ich denke also auch dran mich in Eisenach zu isoliren, denn es würde mir sehr unangenehm sein, mit vielen Menschen zusammen sein zu müssen u vielleicht manchen Tag Dir u meiner Arbeit abzukürzen. Du glaubst nicht lieber Junge, was ich mich sehne, wieder die Natur ungestört sehen zu können. Mein bisheriges Treiben, was um Gott sei es gedankt ein Ende gefunden, hat mich zuletzt sehr ermüdet u ich bedarf dieser Erfrischung wie noch nie. Für meine Schüler sorge ja in keiner Art, sie mögen in Eisenach unterkriechen, denn wir würden jedenfalls durch ihr Obensein in jeder Art genirt werden. Karl Hummel u Thon haben beide ihre Bilder in Dresden verkauft. Du kannst Dir denken, welche Freude mir diese Anerkennung macht. Jetzt, lieber Bernhard, schließe ich Dich u Herrmann tausendmal grüßend. Dein Fritz Preller. Meine Marie u Mama mit den Kindern lassen Euch lieben herzlich grüßen, auch Boutewecks baten mich noch gestern darum. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3629.
97 Weimar, wohl im September 1841. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Sey von ganzen Herzen gegrüßt Du lieber alter Freund u nimm nochmals unser aller wärmsten Dank für Deine u der Lieben Deinen Freundlichkeit u Güte, der wir alle Tage noch recht lebhaft gedenken u uns des glücklichen Tages bei Euch erinnern. Marie u Boutewecks die sich Dir, Deiner vortrefflichen Mutter u Schwester bestens empfehlen, sind ganz glücklich bei der gemeinschaftlichen Erinnerung an Ilmenau u meinen: wenn es nur länger gedauert hätte. Doch diesmal war es ja nicht möglich. Unsre Reise über Paulinzell war höchst abenteuerlich aber auch eben so erfreulich. Die kleine Marie nehmlich wurde uns auf der Mitte des Wegs krank u wir hatten dadurch manche Unbequemlichkeiten, doch die herrliche Ruine ließ uns viel vergessen und wir kamen doch leidlich wohl behalten Abends 10 Uhr in Schwarzburg an. Die Aussicht vom Tripstein hat mich trotz meiner Abneigung für Hochansichten und alle übrigen in höchsten Grad überrascht u befriedigt. Trägt irgend etwas im Thüringerwald den Charakter des romantischen so ist es gewiß Schwarzburg. Du kennst es besser noch als ich u wirst gewiß 103
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meiner Meinung seyn. Die Beleuchtung des Morgens besonders bei guter Stunde ist durch die großen Schattenmassen höchst glücklich u es mußte wohl ein angenehmes Bildchen daraus zu machen seyn. Aus Paulinzelle dagegen wäre trotz seiner ungünstigen Lage etwas ernstes ich glaube Tüchtiges heraus zu finden. Die Architektur hat mich mit ihrer Einfachheit sehr erbaut, ja hier möchte ich wohl einmal ganz allein oder mit Dir einen Tag zu bringen. Doch wer weiß ob dieses nicht noch werden kann, ich glaube daran. Ach hätt ich Dich nur erst wieder hier. Du lieber guter Bernhard Du glaubst nicht wie Du mir oft fehlst ich will aber auch das nicht für unmöglich halten, daß wir bald wieder zusammen kommen. Da Schorn’s Rückkunft immer näher rückt, sind wir jetzt alle beschäftigt etwas in sein Album zu liefern u ich wollte Dich also auch erinnern denn ich hörte heute er würde bestimmt in den ersten Tagen des August zurück erwartet. Die Buchbinderarbeit vom jungen Henz, der längere Zeit in Paris war ist sehr hübsch ausgefallen. Es freut mich doch nun endlich einen ordentlichen Mann in diesem Fach hier zu haben denn bisher war es wirklich zu traurig. Doch ehe ich schließe muß ich doch noch fragen, wie es Deiner liebenswürdigen Schwester geht, über deren Unwohlsein wir uns alle noch große Vorwürfe gemacht haben. Grüße sie 1000 mal von uns allen, von mir doppelt u empfiel mich Deiner u meiner lieben Mama, auch Marie und Boutewecks bitten nochmals darum, auch Du lieber Kerl bist mit gemeint. Halte Dich recht gut, treue Seele u laß bald etwas von Dir hören. Ich bin fertig. Dein Fritz Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3616.
98 Wartburg, den 2. September 1841. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Wartburg d. 2 Septr. 1841. Meine liebe gute Marie! So eben kommt Wittig u Zachariä herauf, u überbringen mir Eure lieben Zeilen, die mich unendlich erfreut haben. Ich sitze noch im tiefsten Neglige aber höchst gemüthlich und will sogleich Deinen Brief beantworten, damit Du auch von mir wieder etwas hörst. Gestern, am Geburtstag unsers lieben jüngsten kamen wir von Tabarts am Inselsberge, hier u zwar nach Mittag 1 Uhr glüklich an. Unsre Fußreise von Ilmenau war sehr hübsch u wir waren so munter wie die Hirsche, nachdem die ersten 2 Tage vorüber waren, die ich nehmlich sehr schlecht zubrachte. Ein einziges Glas Bier hatte alles Uebel herbei geführt. Den letzten Tag machten wir von I. eine Tur von 9 Stunden, u ich trank beim zuhaus kommen Bier. Die Nacht wurde wachend in der größten Aufregung verbracht, der Morgen brachte uns auf die Reise u da stellte sich mein Kopfweh so toll ein, daß ich schon 1 Stunde vor Luisenthal liegen blieb um mich einigermaßen zu stärken, u dann allein weiter marschirte nach Luisenthal, wo Schuchardt Quartier gemacht hatte. Dort lag ich noch bis den andern Tag 104
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Abends, wieder ohne geschlafen zu haben, denn des Nachts 2 Uhr kam Feuer aus u das uns gegenüberliegende Kohlemagazin, zum Hammer u Schmelzwerk gehörig, brannte nieder. Der zweite Abend brachte mir erste Linderung u den dritten Morgen marschirten wir frisch u wohlgemuth weiter bis Taberts, wo wir anderthalb Tage blieben u von da gestern hier in dem lieben Eisenach eintrafen. Hier zogen wir nun ganz vergnügt ein, bewohnen jetzt Arenswalds Local, was sehr gemüthlich eingerichtet ist, u was Du Dich wohl noch eben so genau erinnern wirst, als ich. Es ist dasselbe im neuen Hause, rechts wenn man hereinkommt, wo wir unser Mittagsschläfchen hielten. Ich denke jeden Augenblik an jene Zeit die wir so höchst glücklich hier zubrachten. Alles ist jetzt anders aber Du kannst Dir doch denken, daß ich wieder froh u heiter bin. Sage Bouterwek’s daß mir jene Zeit noch ganz erinnerlich sei u daß mich jedes Plätzchen wieder an jene Tage erinnert. Möchte sich doch bald einmal wieder eine Gelegenheit finden die uns alle hieher bringt. Ich werde hier arbeiten so viel es geht u gewiß frisch u kräftig zu Euch zurückkommen. Das Wetter scheint uns sehr zu begünstigen, denn kaum sind wir gestern einige Stunden vom Gewitterregen getroffen worden, u schon scheint sichs wieder einzurichten. Der Nebel heut Morgen war hier oben eine sehr schöne Erscheinung. Nach Mittag erwarten wir Oelzer u Müller u denken einen tüchtigen Spaziergang zu machen u uns künftige Arbeit auszusuchen. Auch Müller hat Lust mit zu malen, was mir große Freude macht. Emilie Dietrich habe ich schon gestern gesehen, u sie kam mir hübscher vor als ich sie je gekannt habe. Sie erkundigt sich sehr nach Dir, u wenn Du noch kämst würdest Du bei ihr recht gut logieren können, worum sie auch sehr bittet. Hast Du darüber etwa nachgedacht oder wohl gar etwas beschlossen? Du weißt welche Freude es mir wär, sprich Dich im nächsten Brief einmal recht offen über diesen Punkt aus. Meinen lieben Ernst möchte ich freilich gern dabei sehen, wenns möglich wär. Doch Du weißt alles am besten, u was Du thust ist gewiß das rechte. Der guten Olinda werde ich noch ein paar Zeilen beilegen, Seit Ilmenau hat sie mir nicht wieder geschrieben. Danke ihr für ihre Theilnahme an uns herzlichst. Ach! wie glüklich war sie doch hier auf der Wartburg, vielleicht geht sie mit Dir. — Doch genug hiervon, Ihr lieben werdet schon thun, wie es recht ist. Meine lieben kleinen Engel grüße 1000 mal auch die gute Mama, Thäter u wer sich sonst von Freunden für mich interessirt. Adio meine gute Marie, schreib mir bald wieder einige Worte. Arenswald grüßt herzlich. Dein Friedrich Preller. Müller kommt eben u läßt herzlich grüßen. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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99 Wartburg, den 4. September 1841. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Guten Morgen l. Marie! Du wirst sicher heut einige Worte von mir erwarten. Also kurz unsre Erlebnisse. Gestern sind wir den ganzen Tag umhergelaufen, früh auf die Wartburg, haben dort zu Mittag gegessen, u sind dann durch die Landgrafenschlucht auf den Drachenstein gestiegen. Auf der Hohen Sonne Kaffee getrunken u gegen Abend durchs Annathal nach Eisenach zurückgegangen. Weder auf der Hohen Sonne noch auf der Phantasie ist ein Unterkommen zu finden. Wilhelmsthal ist zu abgelegen, u so bleibt nichts übrig als Eisenach. Ich werde daher zu Selzers* ziehen u von dort aus meine Turen machen. Höchst wahrscheinlich werde ich etwas aus dem Marienthale malen. Diesen Vormittag will ich mit Friedrich irgend etwas aufsuchen, zu Mittag in der Phantasie essen u dann wieder zeichnen. Friedrich bleibt bei der Tante u wird mich immer des Morgens bei Selzers abholen. Die Frau Bauräthin leidet noch immer des Nachts. Uebrigen sind alle wohl. Von Dietrichs habe noch niemand gesehen. Sollten Bouterwecks noch kommen, so kann Olinda mir ein paar Zeilen vorschicken, damit ich sie nicht verpasse, u den Brief an August adressiren. Wie es mit Hummels wird, weiß ich nicht, sie müßten jedenfalls in Eisenach logiren. An Karl habe ich jetzt geschrieben im Fall Julius** noch kommen will. Arnswald ist noch nicht zurück wird aber jede Stunde erwartet. Der kleine Friedrich ist wohl auf, u ich freue mich recht herzlich mit ihm herumzusteigen. Müller, bei dem ich diese Nacht war u jetzt schreibe, grüßt Euch herzlichst mit mir Eurem Papa. Grüßt mir Bouterwecks Schuchardt, Genast u so. u schreib nur recht bald. Adio meine kl. liebe Marie Dein Fr. Preller. * Die Familie des auf der Wartburg tätigen Baurats Johann Wilhelm Sältzer (1779–1853). ** Julius Thaeter (1804–1870). Zeichner und Reproduktionsgraphiker. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
100 Weimar, den 16. September 1841, [Poststempel]. An Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald (1813–1894), Oberst, Bruder des Bernhard Carl August. Seien Sie herzlichst gegrüßt mein lieber Freund! Ich will Ihnen nur kurz melden daß ich wohlbehalten des Montag Abends bei den Lieben meinigen ankam u sie sämtlich höchstlich dadurch erfreute. Ihnen, meinem lieben Freund und Vice Commandant sage ich nun den besten Dank für die so sehr freundschaftliche 106
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Aufnahme auf Wartburg u versichere Ihnen daß mir diese Zeit eine sehr schöne gewesen, u immer in der Erinnerung bleiben wird. Möchte ich Ihnen als Freund doch auch einmal etwas liebes erweisen können! Ich versprach Ihnen über Bernhards Brief Aufschluß zu geben; kann es aber durchaus nicht, denn hieher ist bisjetzt noch keine Nachricht von ihm gedrungen. Meine Frau hat weder Mützchen noch Brief erhalten, sich aber recht herzlich mit mir sattgelacht über seine Zerstreutheit. Sollte sich das Rätsel noch lösen, empfangen Sie durch mich sogleich Nachricht. Meinen lieben Emil fand ich sehr durch die Krankheit angegriffen und mager wieder, Ernst sieht auch noch krank aus, ich denke indessen beide lieben kleinen Engel werden sich bald erholen. Schließlich bitte ich noch, doch durch Carl, den Sie grüßen mögen, Schuchardts Brille mit zu schicken die oben in seinem Logie auf Wartburg liegen geblieben u die er sehr vermißt. Sollte es mit dieser Gelegenheit zu spät sein, so findet sich wohl eine andre oder die Post. Wir alle grüßen Sie herzlichst, ganz ins besondere Ihr Friedrich Preller Bernhards Kästchen muß durch die Post geschickt werden. Ich habe es an Wallak geschickt, um es erst gewissenhaft verpacken zu lassen. denn ich denke mir daran haben Sie nicht gedacht. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3630.
101 Weimar, den 4. November 1841, [Poststempel]. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Herzensfreund! Du erhälst meine Antwort etwas später als Du vielleicht gerechnet, doch spreche ich mich der Schuld frei, denn die letzte Zeit hat mich so ein bischen heimgesucht. Ich war nehmlich in Leipzig wo ich die Ausstellung besuchte recht tüchtig am Magenkrampf krank gewesen u seit dieser Zeit beständig leident. Doch nun geht es besser u alles ist vergessen. Dein letzter Brief hat mich überrascht denn ich habe mir wirklich nicht denken können, daß K. L. sich so benehmen würde. Daß Du Dich in nichts irren läßt ist ganz in der Ordnung. Hast Du, lieber Freund die Überzeugung Deines Glückes, so schreite muthig vorwärts denn wahres Glück erhaschest Du doch auf keinem anderen Wege als auf diesen. Schöne Worte u sonstige Gnadenbezeugungen können dich erfreuen, ja auch momentan beglücken, aber von Dauer ist all der Quark nicht um deswillen du jetzt vielleicht deine ganze künftige glückliche Existenz verscherzest. So gut du dich auch für Hofverhältnisse schicken magst, so schade ist es doch um dich, denn du verlierst dich selbst. Überlaß das den Leuten an denen nichts verloren gehen kann, du bist ein Mensch mit Herz u Gemüth weshalb ich dich so lieb habe. Das Unangenehme bei dieser Geschichte, was von hier ausgeht mußt Du ausstreichen und als 0 und nichtig ansehen, es betrübt dich vielleicht wenn 107
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du es als bedeutend ansiehst. Gibt es im weimarischen Lande einen glücklicheren Kerl als Dich? Wenn Du Dich frei machen kannst. Nein gewiß nicht, also Muth u alles wird gut gehen. Vielleicht ist im diesen Augenblick auch schon manches andere u mein Briefchen voller guten Lehren u Kraftsprüche sehr am unrechten Platze. Sei es, du siehst hieraus wie ich denke u vielleicht habe ich die Freude, daß wir ganz gleich sind. Hätte ich dich hier, wie wollten wir doch alles schlichten und ebnen. Beneidenswerth ist Lieutn. Kämpfer*, der dich nun bald heimsucht. Er freut sich darauf von ganzem Herzen u ich bin froh, daß du in dieser Zeit doch jemand hast, der den ganzen Tag gern um dich ist u in mancherlei Dingen mit dir harmoniert. Seine Freude an der Natur ist mir immer lieb an ihm u ihr werdet manch schöne Stunde auf der lieben Wartburg miteinander verbringen. Ihr werdet gewiß auch meiner zuweilen gedenken u das tröstet mich denn ich denke auch: wer weiß zu was es gut ist. Dein Spitz Scizchen wird K. mit bringen. Ich werde einen andern Thüringer Gegenstand malen den Dir R. beschreiben kann. Von seinem Bruder sind sehr gute Briefe da: Grüße mir den lieben Herrmann, dich lieben Freund grüßen alle die meinen herzlichst mit mir. Dein Friedrich Preller. Schreib mir bald wieder ein paar Worte. der Br. an Huschke war leider schon in seinen Händen. * Karl Wilhelm Emil Kämpfer (1803–1847), Bataillonsarzt in Weimar. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3631.
102 Weimar, wohl im Dezember 1841. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Seit Kämpfers Rückkehr habe ich von Dir mein Herzensfreund nichts wieder gehört obgleich ich täglich in Erwartung eines Briefes von Dir war. Morgen geht Selzer zu seinen Eltern u ich benutze wie Du weißt jede Gelegenheit, um Dir wenigstens wissen zu lassen wie es uns geht. Möchte es Dir so gehen wie uns in diesem Augenblick. Wir alle sind wohl, erinnern uns Deiner wenigstens alle Abende im traulichen Stübchen u wünschen von ganzem Herzen bald eine Nachricht Deines Glückes zu erhalten. Möchten wir alle doch das uns bevorstehende schöne Fest recht froh genießen! Wie herrlich wird sich ein Christbaum auf Deiner Burg ausnehmen, gehört er doch nirgend besser hin. Nach Kämpfers Aussage haben wir die Freude, Dich zu den Geburtstägen hier zu sehen? Möchtest Du frohere Tage hier genießen als vergangenen Winter. Doch ich habe die feste Überzeugung, denn zweimal kehrt kein Fall in der Welt wieder u dergleichen am allerwenigsten. Daß Dir das Scizchen Freude macht, macht mich glücklich u würde es noch mehr, hätt ich Dir im Augenblick etwas besseres zu bieten gehabt. Ich arbeite jetzt mit großer Lust, denn ich bin gesund u habe mir Gegenstände vorgenommen die auch Dich interessieren würden, 108
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zwei Norwegische Bilder und Thüringer nehmlich. Wenn Du kommst wirst Du schon etwas sehen können. Doch ich darf nicht länger schreiben, ich müßte denn die Augen in die Hand nehmen, es ist schon stockdunkel; und der Brief soll noch fort. Sei also von uns allen aufs allerherzlichste gegrüßt, auch Schuchardt, der mich zu spazieren holt trägt mirs auf, auch unsern alten treuen Herrmann nicht zu vergessen. Schreib bald Deinem treuesten Friedrich Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3632.
103 Weimar, den 29. Dezember 1841, [Poststempel]. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Grüß Dich Gott mein lieber Bernhard! So eben erhalte ich Deinen lieben Brief und eile ihn so schnell zu beantworten als möglich. Deine letzte Bitte veranlaßt mich. Ich halte es nehmlich für durchaus unmöglich bis zum 6. Januar mit der Sache fertig zu sein, denn Carl* steckt mitten in der Arbeit an seinem großen Bild u würde eine Arbeit, die ihn jetzt herausreißt gewiß nicht gut machen, auch schwerlich in dieser kurzen Zeit etwas gutes zu Stande bringen. Zacharia arbeitet noch langsamer u ist doch nicht so sicher daß er es ohne Retouche ala primo fertig bekäm. Nun blieb ich noch u ich denke du wirst überzeugt sein, wie gern ich selbst die Arbeit machte, doch ich kann am allerwenigstens für mich stehen, da ich seit lange nicht so oft durch Kopfweh vom Arbeiten abgehalten werde als gerade in dieser Zeit. Ein unglücklicher Tag und die Sache käm nicht zu Ende. Deshalb, mein lieber Herzensfreund denke ich, es ist das beste, gar nicht anzufangen. Von ganzem Herzen Leid thut mirs Dir diesmal nicht helfen zu können. Sage mir aber in aller Welt, warum hast Du nicht 4–6 Tage ehe den Einfall gehabt? Dann wär ja alles gut gegangen. Schicke ihm doch die Wartburg – und wenn es nur einstweilen wäre, man könnte ja dann das andere unterschieben. Noch muß ich aber erinnern, daß der Kirchfels keineswegs Portrait, sondern sehr arangirt ist u sich Dein Onkel vielleicht gar nicht darin finden wird. Gefällt Dir mein Vorschlag mit der Wartburg, so besinne dich doch einmal ob Du unter meinen Sachen nicht noch etwas fändest, was ihn vielleicht interessirte u schreib mir baldigst darüber. Die Lithographie betreffend muß ich dir offen sagen, daß mir die Sache mit Paris ein wenig abentheuerlich aussieht. Wohlfeiler wirst du in keinem Falle dazu kommen als in Teutschland u dann möchten die Franzosen nach reiner teutschen Scizze wahrscheinlich etwas sonderbares zu Stande bringen. Haben die Leute wirklich so großen Gefallen dran, was mir unbegreiflich ist, so laß Du es in Gottes Namen in Teutschland machen. Wer eine Radirung nicht versteht, dem schmeckt es gewiß auch ganz gleich, ob die Lithographie ein wenig besser oder schlechter ist. Darüber schreibe mir auch etwas Deine Meinung. 109
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Daß ich Deiner die ganze Zeit mit wahrhafter Liebe und Sehnsucht gedacht habe, wirst du glauben wenn ich Dir sage daß ich den Kindern zu Weinachtsfest die Wartburg in Kork fabricirt habe. Daß es allen Freude macht, die es kennen, kannst du dir denken, obgleich die Arbeit sehr schlecht ist. Die Feiertage über verging keine Stunde, wo wir nicht von dir gesprochen u dich zu uns gewünscht hätten. Ich freue mich auf unser baldiges Wiedersehen. Die meinen grüßen Dich herzlichst, auch Kanzl. Müller der eben bei uns im kleinen Stübchen sitzt und mit den Kindern spielt. Grüß mir Herrmann. Dich grüßt und küßt Dein alter Fritz Preller. * Carl Hummel (1821–1907), Schüler Prellers. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3633.
104 Weimar, im Februar (?) 1842. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar Sonnabend Guten Abend mein liebster Freund! Vorgestern Morgen erhielt ich Deinen lieben Brief von unserm guten lieben Herrmann* geschrieben, an einem Tage, an dem ich Freud und Leid zugleich erfuhr, beides doppelt durch Euer Schreiben, und heute erst komme ich dazu, etwas darauf erwidern zu können. Daß Du lieber Freund unwohl warst hörte ich einige Tage vor Ankunft des Briefes schon u hätte so gern Dir eher geschrieben, wenn ich selbst nicht trübe Stunden zu überwinden gehabt hätte, die das Schreiben durchaus unmöglich machten. Viel Leiden am Kopf hat mich nebenbei noch heimgesucht. Daß es mit Dir aber so übel stand, wußte wohl niemand hier u ich danke dem Himmel daß ich nichts davon wußte, sonst hätt ich nirgend Ruhe gefunden. Möge es für dies u künftige male abgethan sein. Du aber lieber Bernhard versäume auch nichts um es fern zu halten, denn ich fürchte wirklich daß Du Dir zuweilen mehr zutraust als recht u in der Ordnung ist. Bedenke doch daß Du auch über die 24 hinaus bist u an einem Orte lebst wo so etwas noch mehr Anlaß findet hervorzutreten. Ich fühle Dir recht wohl nach, welche schreckliche Zeit Du verlebt hast u freue mich jetzt mit Dir, denn Du siehst von Deiner lieben Burg dem Ende Deiner Leiden u dem schönere Wetter entgegen. Ach! wie oft sind wir im Geiste bei Dir, gewiß öfter als Du ahnen kannst. Wie schön ist es doch entfernte Freunde zu besitzen. Ich bin sicher daß ich bei Deinem Hiersein Dir selten so nahe war wie gerade jetzt, wo wir getrennt leben müssen. Es vergehen wahrlich wenige Stunden, in denen ich Deiner nicht lebhaft gedächte oder mich zu Dir sehnte. Vielleicht sehen wir uns im Frühjahr oder Sommer. Überlassen wir das dem Himmel. Jetzt möcht ich Dich nicht hier wissen, denn der Jammer der Frau von Schorn würde Dir das Herz durchschneiden. Die arme gute liebe Frau. Wer hätte denken sollen, 110
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daß sie ihr Glück so kurze Zeit und mit so großen Unterbrechungen geniesen sollte. Nach menschlichen Ansichten hatten sie beide es besser oder länger haben können. Noch können wir uns alle, die wir ihn näher standen, kaum überreden, daß es wahr sei. Was wir als Menschen an ihm verloren, weißt Du auch. Mag er seine Schwächen gehabt haben, mag er es oft nicht allen recht gemacht haben – von Charakter war er gut, ja ich glaube ein selten guter Mensch. Wie hart contrastirt Simons Wesen mit diesem.** Schorns Tod ist ihm der herrlichste Triumpf, er jauchzt in allen Bierkneipen und lästert ihm aufs aller gemeinste auch nach dem Tode. In der Begräbnisstunde begegnete er Thaeter auf der Straße mit dem frohen Ausdruck: Nun Gott sei Dank, der steht keinem mehr im Wege, ich bin aufrichtig u freue mich, daß er verschwunden. Von hieran verachte ich und alle ihn, denn ein andrer als ein schlechter Mensch kann solche teuflische Äußerungen nicht thun. Seine Bewunderer im russischen Hofe sind jetzt einige hiesige Handwerker, jeder gebildete wird u muß ihn fliehen. Wer hätte das je gedacht! Ich nicht, denn ich glaubte immer, es sei blos Verzweiflung die ihn zu manchem verabscheuungswürdigen bringe. Wie er mit dem Prinzen steht weiß ich nicht, glaube aber auch kaum daß noch ein Verhältnis besteht, wenigstens hört man durchaus nichts. Ich für meine Person glaube auch durchaus nicht, daß etwas reelles von ihm zu erwarten stehe, denn seine Kenntnisse in den Dingen, die ich einigermaßen begreife, sind durchaus nicht gründlich und ausreichend genug. Ein Mensch von Geist, der er doch einmal ist, u solcher enormen Berliner Schwafelei hat wohl leichte Arbeit, wenn es drauf ankommt, andre zu bethören, die selbst nicht tacktfest in der Sache sind. Aber Wahrheit bleibt nie ganz versteckt u so glaub ich sicherlich, daß man schon angefangen, ihn zu erkennen. Doch genug hievon, wir werden beide dadurch nicht gewinnen. Mit dem Kunstleben hier steht es so so. Wir wenigen leben still, sind fleißig u leben einer dem andern wenigstens nicht zur Last. Mein alter Freund Thäter, der jetzt mit Familie hier eingebürgert ist, sticht gegenwärtig eine große Platte nach Schnorr für München u arbeitet nebenbei an dem Karstens, den er über die maßen liebt und gewiß erfreuliches nach ihm liefern wird.*** Schuchard, er u ich kommen alle Dienstag u Freitag abwechselnd bei Sch. u mir zusammen, führen einige gemütliche Stunden zusammen u trauen uns immer erst 12 Uhr, mithin wieder eine kleine Brandwache. Du würdest diesen liebenswürdigen edelen Menschen bald lieb gewinnen. Wie sehr ich glücklich bin, daß er sich hier gefällt und gewiß eine längere Zeit hier bleiben wird kannst Du Dir denken. Über seinen ernsten Ansichten im Leben wie in der Kunst hat er doch einen durchaus fröhlichen wohlthuenden Charakter. Wir alle mit denen er umgeht haben ihn sehr lieb. Nehers Studium auf dem Fürstenhause ist ihm noch durch Verwendung des seeligen Schorn eingeräumt worden u er arbeitet daselbst über die Maßen fleißig. Seine Platte nach Carstens, an der er schon eine Gruppe im Vordergrunde gestochen, wird gewiß eine schöne Arbeit werden. Ich wollte, Du sähest einmal, welche Sicherheit der Kerl besitzt. Mir wenigstens ist es noch nicht in dem Maße vorgekommen. Wir andern thuen aber auch nach Kräften. Schuchardt, Thon, Hummel und ich wollen ein kleines Bändchen Radierungen jetzt machen u morgen denke ich, eine kleine Zeichnung zu diesem Zweck anzufangen. Carl**** hat ein sehr hübsches Blättchen dazu geliefert u wahrhaftes Talent in diesem Fache entwickelt. Schwerer geht es ihm mit den malen bei seinen jetzigen Arbeiten. Er ist etwas schwerfällig in der Farbe und Behandlung. Vielleicht liegt es 111
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mit in der Wahl der Gegenstände, die ihm der Harz an die Hand gegeben, eine Natur, die wie ich glaube, nicht für sein gemüthlich Wesen paßt und ihm überhaupt noch zu fremdartig angeschaut hat. Thon ist der ewig unzufriedene, beweist aber dabei, daß er doch im Stande ist etwas gutes herauszubringen. Seine Arbeit ist streng genommen noch künstlerischer in der Führung der Nadel aber bis jetzt noch weniger zusammen. Doch es [war] ja auch erst sein zweiter Versuch. Um den habe ich überhaupt keine Angst. Sein norwegisches Bild, welches mit den Dresdnern hier ausgestellt war, hatte mehr Frische und Leben als all der Quark zusammen genommen. Er denkt dieses Frühjahr nach den Niederlanden zu gehen, um sich dort noch mehr auszubilden u unabhängig zu machen, was ich ganz u gar in der Ordnung finde. Er ist ein durchaus respectabler, reiner liebenswürdiger junger Mann über den die Seinen alle Ursach haben sich zu freuen. Auch ich, mein lieber Bernhard, bin nicht lässig diesen Winter gewesen. Gestern habe ich mein Norweger Bild vollendet, was mir die letzte Zeit manchen Seufzer, ja sogar schwere Stunden gemacht hat. Es passierte mir mit ihm ein Streich, bei dem ich viel gelernt habe. Das Bild war nehmlich bis auf eine kleine Retouche, wie ich glaubte, fertig u diese wollte ich im Rahmen vornehmen. Dieser in der Farbe des Goldes etwas tief, schlug die goldigen Thöne im Bilde aber so gewaltig darnieder daß ich nicht vielmehr daran hatte als an der Untermalung u weder Mittel noch Wege kannte, dasselbe wieder zu Athem zu bringen. Das Ganze war in summa ohne Wirkung u ich drauf u dran, ihm den Genickfang zu geben. Meine Marie rettete es. Die darauf folgende schlaflose Nacht gab mir den Gedanken ein, durch einen darin an zu bringenden Lachsfang mehr Licht u Wirkung hinzu bringen, was den Morgen darauf versucht wurde u gelang. Statt der kleinen Retouche erfolgte nun eine Arbeit von drei Wochen, bei der ich kaum geschlafen, gegessen oder getrunken habe. Ich war in fürchterlicher Aufregung bis zum Augenblick in dem ich sagte Amen. Seit gestern erst bin ich wieder ruhig u denke an andere Dinge. Mein Thüringer Bild ist auch schon ganz übermalt und wartet auf das zweite Drangehen. Dies hat im Rahmen gewonnen, weil es lauter satte Farbe und große Maßen hat. Leichter wird es nun auch zu vollenden sein. Ein drittes Norweger ist erst angelegt und nur klein. Es ist aus dem höhern Gebirg, einer Bären Gegend, soll aber auch noch diesen Winter fertig werden. Kaum kann ich mich erinnern mit solcher Lust und Ausdauer je gearbeitet zu haben. Mein Studium ist mein Heiligthum. Ich betrete es mit anbrechendem Tag u verlasse es nur mit der Dämmerung. Möchte mich doch der Himmel mit Kraft u Gesundheit segnen, damit ich den meinen noch einige Zeit eine Spitze sein kann. Sind diese Arbeiten alle glücklich vollendet u es gefällt dem Himmel so könnte es wohl sein, mein lieber Bernhard daß ich zu Dir flöge, um ein paar Tage der Ruhe zu pflegen. Doch Du, lieber Kerl, willst mit ja keine Ruhe gönnen, das hatt ich bald vergessen. Hast wohl aber nicht überlegt, daß die Wartburg noch keine Druckerei hat u kennst doch die Ungeduld mit der man die Nadel wegwirft, um einen schlechten Probedruck abziehen zu lassen. Nein, Herzensjunge, das würde schwerlich gehen. Willst Du aber, daß ich die Sache mache, so schicke mir nur das Bildchen u dann soll es nebenbei in Musestunden vollbracht werden. Über den Preis mache Dir nur keine großen Gedanken, wir wollen schon fertig mit einander werden. 112
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Noch habe ich Dir zu melden daß an Dich eine Zeichnung von Martersteig eingetroffen. Klingsors Ankunft auf der Wartburg. Schwerlich wirst Dich dran erbauen. Hätt er sie mir gegeben, ich würde ihn verklagen. Ohne Gedanken, ohne Motive im einzelnen u noch dazu ganz miserabile geschmirt, denn gezeichnet darf ich nicht sagen ohne eine Entweichung zu begehen. In der Figur der Landgräfin allein ist ein Gedanke von moderner Grazie, im übrigen nichts, was der Mühe werth war zu besprechen. Durch Selzer, der hier durch kommt, sollst Du das Prachtstück erhalten wenn Du mir versprichst, Dich nicht zu ärgern. Daß Du diesen Einfallspinsel von Menschen bei Dir gesehen, habe ich noch gar nicht gewußt. Hier hat er sich gebärdet als wär er verrückt. Ich habe ihn nur einmal gesehen u mich später gehütet wieder mit ihm zusammen zu kommen. Sein Bild der Melchthal hatte schöne Farbe und theils gutes in der Empfindung, doch ächt französisch Princip, was ihn als Teutschen schwerlich zu etwas gutem führen wird. Jetzt, mein lieber Bernhard wird es etwas spät u ich denk Du wirst auch schwerlich Lust haben, noch länger meinen Schwatz anzuhören. Behüte Dich also der Himmel, lassen wir recht bald hören daß Du ganz wieder hergestellt u grüße mir herzlich den Herrmann, Heinrich Müller u wer sonst in Eisenach gern an mich denkt. Meine gute Marie, die Mama u meine lieben Kinder grüßen Dich herzlichst mit mir Deinen unveränderten alten Friedrich Preller. * Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald (1813–1894), Bruder des Bernhard von Arnswald. ** Carl Alexander Simon (1805–1852) Maler und Dichter. Er unterstützte Preller bei der Ausgestaltung im Weimarer Schloss. *** Siehe Brief 78. **** Carl Hummel (1821–1907), Landschaftsmaler, Schüler Prellers. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3634.
105 Weimar, den 11. Mai 1842. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar d. 11 Mai 1842. Mein lieber Herzensfreund! Vor einer Stunde besuchte mich Herr Müller u überbrachte mir Deine lieben Zeilen, woraus ich wenigstens sehe daß es Dir wieder leidlich geht. Gott sei es gedankt! Ich habe oft an Dich gedacht. Überhaupt denke ich am meisten an andre Leidende wenn ich selbst zu kämpfen habe. Bei uns ist diesen Winter die Krankheit nicht ausgegangen. Nachdem meine gute Marie leidlich war, legte sich die Mama u wurde bedenklich krank, kaum ist dies vorüber so kommt schon wieder ein neues Unglück. Am Himmelfahrtstag fällt Emil auf der Treppe den rechten Arm aus u bricht ihn zugleich am Ellbogen. Die Fräulein Seidler ist noch krank u ich fürchte mit vielen andern daß wir sie nicht wieder gesund sehen werden. Meinen harten Anfall von Magenkrampf, dem ähnlich vor 2 Jahren und meiner bekannten 113
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Leiden will ich nicht gedenken u Du wirst glauben daß wir schwere Sorgen hatten. Möchte der Himmel es nun doch beschließen u uns eine bessere Zeit erleben lassen. Doch Du gute Seele hast auch das Deine zu tragen gehabt u wir wollen beide glauben daß es bald besser werde u fürs erste uns nicht noch trauriger stimmen, also genug davon u zu etwas anderm. Anbei erhälst Du einen Druck von der nun fertigen Platte.* Heute habe ich den letzten Strich gethan u frage Dich ob sie Dir genügend ausgefallen. Es schien mir als könntest Du sie bald der Fremden wegen gebrauchen denn Du wirst sie doch oben auflegen? Ich warf also die Malerei beiseite u machte mich unausgesetzt hieran. Sie ist etwas größer als die Düsseldorfer Platte, für welche ich 10 Louisdor bekommen, denke aber nur 8 L. für diese u auch das thut mir wehe von Dir nehmen zu müssen, den ich so gern alles was ich arbeite schenken möchte! Das ist ein Vorzug der reicheren, daß sie ihre Arbeiten nicht für Geld verhandeln müssen u manche trübe Stunde für mich ist eine Folge meiner beschrenkten Lage. Deine Pläne mit der Platte kenne ich nicht, doch denke ich mir Du wirst den Nutzen deren ziehen, den Du haben kannst u sie oben verkaufen. Da es eine ziemlich treue Ansicht ist wird sie gewiß viel Liebhaber finden, vielleicht auch manchen der die Arbeit dran zu schätzen weiß. So wird sie sich mit der Zeit wohl verrentiren. Ist es so wie ich sage, so mußt Du wohl neue Parthie Drucke haben u diese könnte hier die Hilbe wohl machen. Deshalb schreib mir bald wie viel Du verlangst u ob welche auf chinesisch Papier. Noch schicke ich Dir einen Druck eines früheren Blattes was ich radirt habe. Du wirst die Eiche wenigstens in ihrem Motive wohl wieder erkennen. Meine in diesem Winter vollendeten Bilder werde ich dieser Tage fortschicken u dann wieder ein kleines angefangen norwegisches Bildchen vornehmen, ein Unwetter auf Vitte Fiöl, dem höchsten gangbaren Punkt zwischen Bergen und Christiania. Die einzige Staffage ist ein Bär. Das Bildchen schicke ich nicht mit, weil ich Dich nochmals fragen wollte ob Du die Copie deren noch wünschest, in welchem Falle ich Zacharie anstellen will. Wo nicht so erhälst Du es mit nächster Gelegenheit. Am liebsten brächte ich es selbst, was jedoch jetzt schwerlich gehen würde. Vielleicht sehen wir uns im Laufe des Sommers, dann wenn alles gut geht muß ich doch wieder Studien machen u dazu habe ich mir die Weser ausersehen. Mein Weg könnte mich also über Eisenach führen. Bis dahin mein lieber Herzensfreund wollen wir uns schreiben. Für jetzt schließ ich, weil die Sachen noch zu Müller müssen u um 9 Uhr schicken wird. Ich habe mich recht gefreut ein Wartburger Gesicht gesehen zu haben. Von den meinigen allen hast Du die herzlichsten Grüße für Dich u den lieben Herrmann.** Ganz besonders grüßt Dich Dein Dich unveränderlich liebender Fritz Preller. * Es handelt sich dabei wohl um die Radierung der Wartburg von der Südseite, die 1842 erschien. Siehe Brief 107. ** Heinrich Ernst Hermann von Arnswald. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3623.
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106 Weimar, den 12. Mai 1842. An Ferdinand Konrad Bellermann (1814–1889), Landschaftsmaler. Abschrift Weimar am 12 Mai 1842 Mein lieber Freund! Mit Erstaunen erseh ich aus Ihrem letzten Brief welche ungeheuern Pläne Sie in nächster Zeit ausführen werden.* Welchen Grund mag dies wohl haben? denn daß Sie so mir nichts dir nichts gerade den Weg wählen, kann ich mir durchaus nicht denken, um so weniger da Sie von einem Jahre schreiben, in welcher kurzen Zeit eine so durchaus fremde Natur wohl schwerlich zu ergründen ist. Also einen besondern Anlaß muß die Sache doch wohl haben, u. da kann Ihnen der ganze Trödel wohl interessant werden. In jedem Falle sehen Sie gewiß große schöne Natur mit Eigenthümlichkeiten, die wohl der Mühe u Reise wert sein mögen. Fürs erste also nehmen Sie meinen herzlichsten Glükwunsch zu diesem Unternehmen u lassen manchmal etwas über sich hören, Sie werden doch wohl einmal an Ihren Onkel in Erfurth schreiben, von dem man etwas erfahren kann. Für die Uebersendung der Radierungen von Waterlou u Everdingen danke ich Ihnen recht schön. Die Abdrücke sind herzlich schlecht, doch Sie hätten mir sie auch geschickt wenn es die besten gewesen wären u daher bedanke ich mich auch in dem Maße dafür. Ich werde Ihrer dabei oft gedenken, denn beide sind Lieblings Meister von mir u ich sehe sie oft u gern. Sie liegen also bei ihren Brüdern in meiner Mappe u sollen dieselbe Achtung genießen. Ich habe mich über Ihren Fleiß gefreut u möchte wohl gern die Produkte gesehen haben. Auch wir sind nicht ganz faul gewesen. Ich habe zwei größere Bilder gemalt, von denen das eine an Heffty [?] geht, das andere ein norwegisches nach Pirna u ein drittes kleineres habe ich noch unter der Hand. Anbei habe ich mehrere Platten radiert von deren kleinsten ich Ihnen einen Druck schicke. Mehrere Scizzen u Zeichnungen sind dabei mit zu Stande gekommen. Auch Carl Hummel hat sehr hübsche Bilder gemahlt von denen eine nach Berlin wandern wird. In diesem Augenblik sitzt er neben mir u vollendet das größte davon, eine Harzlandschaft. Sixt Thon geht kommenden Monat nach den Niederlanden um sich dort einige Jahre aufzuhalten. Sein Standquartier wird wohl Antwerpen werden, obgleich er fürs erste nach Haag u Schevendingen gehen wird um dort Studien zu machen. Ich glaube bestimmt daß dieses Land ganz für seine Eigenthümlichkeit paßt und hoffe bald etwas gutes von ihm zu sehen. Ich werde diesen Sommer zur Erheiterung u Studium zugleich an die Weser gehen u zwar in den Solling, der prächtige alte Waldung haben soll. Wo Carl hinfliegen wird weiß er selbst noch nicht, doch denke ich er wird nach langem Drucksen doch endlich nach Italien segeln. Was wird wohl unser Vater Schirmer thun?** Wie gern würde ich einmal eine Tur mit ihm machen – doch dieser liebenswürdige Philister ist nicht aus seinem Sandloche zu jagen. Grüßen Sie ihn recht herzlich mit seiner liebenswürdigen Frau u suchen Sie zu bereden, daß sie doch auch einmal das weite suchen. Meine Frau die jetzt Krankenpflegerin ist, (nehmlich mein zweiter Knabe hat am Himmelfahrtstag dem rechten Arm ausgefallen u gebrochen) läßt Sie bestens grüßen u wünscht 115
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Ihnen alles Gute auf der Reise, so auch Carl u Thon, die beide Maul u Nase vor Verwunderung aufsperrten. Auch ich thue nochmals dasselbe u bitte wenn Ihnen etwas schönes aufstößt, sich meiner dabei zu erinnern. Grüßen Sie alle meine Bekannte in Berlin vor allem unsern lieben Meister Schirmer mit Familie. Leben Sie wohl u bringen ein tüchtiges mit. Ich bin unverändert Ihr Friedrich Preller. * Bellermann hatte Preller auf dessen Reisen nach Rügen (1839) und nach Norwegen (1840) begleitet (siehe Brief 85). Von 1842 bis 1845 lebte er in Venezuela. ** Dem Berliner Maler August Wilhelm Schirmer (1802–1866) war Preller in enger Freundschaft verbunden. Siehe Brief 68. Privatbesitz USA, Texas, Nachlass Familie Bellermann. Der Herausgeber dankt Thomas von Taschitzki, Erfurt für den Hinweis.
107 Abb. 12 Weimar, den 8. Juni 1842. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Deinen Brief nach der Rückkehr von Coburg erhielt ich zur Zeit mein lieber Bernhard, bedaure aber von ganzem Herzen daß er noch immer nicht von Dir selbst geschrieben, ein Zeichen daß dies doch noch nicht so geht wie es doch eigentlich soll. Schone Du Dich indes ja so lange es nöthig u sei besonders in Zukunft recht aufmerksam auf Dich, denn man kann sich ein Nebel wirklich erträglicher machen wenn man seine eigene Natur recht genau kennen gelernt. Ich mache an mir selbst immermehr diese Erfahrung u habe große Vortheile dabei errungen. Bei dieser Schonung aber vergiß Deinen alten treuen Freund nichtganz u setz den guten Herrmann* statt Deiner an den Schreibtisch denn zu meinem Sein gehört es nun einmal, zu wissen, wie es Euch lieben Kerls ergeht u zu Euch kommen, wenn ich gern möchte kann ich ja auch nicht immer sonst käm ich überhaupt nicht weg von Euch. Daß Du Deine vortreffliche Mutter erwartest, freut mich ganz besonders denn ich weiß, welche schönen Tage Ihr beide bei einander verleben werdet. Diese Zeit möchte ich wohl bei Euch sein doch daran darf ich nicht denken. Dies Jahr muß tüchtig gearbeitet werden damit ich einmal wieder einwenig vorwärts komme. Zum Herbst will ich, da eine weitere Reise diesmal nicht zu bestreiten ist, in das Schwarzathal, wahrscheinlich mich nach Blankenburg setzen um mich zu erholen u wieder Studien zu machen. Es erfrischt doch im geistigen wie im übrigen nichts mehr als die reiche Natur. Doch ich merke daß ich die Zeit mit meinen Plänen verplaudere und wollte doch eigentlich über Deine Angelegenheit sprechen. Die Platte ist im Druck.** Ich habe fürs erste dreierlei Papier gefunden u denke, Du wirst da nun besonders zwischen den zwei weißen wählen; mir selbst scheint der Druck auf das stärkste am besten, obgleich es immer nicht so ist wie es sein könnte. Der Unterschied 116
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12. Friedrich Preller d. Ä.: Die Wartburg von der Südseite, Radierung, 1842.
im Druck ist sehr bedeutend, das habe ich an der Düsseldorfer Platte besonders bemerken können. Doch für das gewöhnliche Publikum ist es gut u feine Kenner werden Dich nicht überlaufen. Vielleicht schicke ich Dir noch einige Drucke von meiner Platte mit. Meine letzte Arbeit waren noch zwei kleine norwegische Bildchen, von denen das eine originell aber gewiß nicht allgemein ansprechend ist.*** Vielleicht schicke ich es nach Dresden, obgleich diese Philister eigentlich etwas anders als gewöhnliches weder verstehen, noch geniessen noch verdienen. Auch Kaiser hat zwei Bilderchen fertig, in denen er einen gewissen Fortschritt gemacht hat, in dem er zum erstenmal die ekelhaft gelbe Farbe zu vermeiden wußte. Hätte er mehr Studium, so könnte er für die gewöhnlichen Forderungen in der Landschaftsmalerei gutes zu Tag bringen. Doch es fehlt ihm an allen Ecken die Gründlichkeit und Kenntnis des Gegenstandes. Er hat indessen die Absicht, nun fleißiger nach der Natur zu arbeiten u ich glaube, es wird ihm doch auch jetzt noch Nutzen bringen. Schinzel**** hat auch etwas geschickt, doch der muß bei wirklichem Talente noch sehr viel lernen u ich bedaure von Herzen daß er nicht besser gestellt ist. Sollte denn der Fürst nichts für ihn thun? Bei ihm ist es ganz gewiß angewendet. 117
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Mein Papier geht zu Ende und ich bitte schließlich alle mir Lieben bei Gelegenheit zu grüßen. Meine Marie, Mama und Carl Hummel grüßen Dich herzlichst mit mir Deinem treuesten Friedrich Preller. Weimar d. 8. Juni 1842. * Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald (1813–1894), Bruder des Bernhard von Arnswald. ** Die Radierung der Wartburg von der Südseite erschien 1842. *** Die beiden Bilder gelten als verschollen. **** Richard Schinzel (1818–1864), Schüler Prellers. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3635.
108 Weimar, den 28. Juni 1842. An Theodor Winkler (1775–1856), Opernregisseur, Theaterintendant, Sekretär des sächsischen Kunstvereins. An Wohlgeborn, Herrn Hofrath Winkler. Meine größern für Weimar beseitigten Arbeiten lassen mich endlich daran denken auch für andere Zwecke zu arbeiten, und ich beginne damit Ew. Wohlgeboren ein kleines Bildchen für den Kunst Verein zu übersenden, im Fall es dessen Beifall hat. Es ist eine charakteristische Schilderung des rauhen Gebirgs von Filla Fjeld in Norwegen. Sollte es aber zu spät kommen um einen zweckmäßigen Platz erhalten zu können, den es freilig wegen seiner Stimmung nöthig, da eine Anordnung wegen des Aufhängens gewiß schon getroffen so wollte ich Ew. Wohlgeborn ergebenst bitten es nicht auszustellen sondern, wenn es möglich mir baldigst wieder zu kommen zu lassen. Die Größe ist 2 Fuß lang. 1 1/2 Fuß hoch. Der Preis 15 Louis d’or. Ew. Wohlgeboren empfiehlt sich mit Hochachtung Friedrich Preller. Weimar d. 28 Juni 1842. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,562.
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109 Weimar, den 27. September 1842. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Verehrtester Freund! Durch die Abreise meines ältesten Schülers und Lieblings Carl Hummel, Sohn des berühmten Musikers, giebt sich mir endlich einmal wieder Anlaß und Gelegenheit, Ihnen ein Zeichen des Lebens zukommen zu lassen. Sie sehen in ihm einen jungen Mann, der wirklichen Beruf zur Kunst hat, und sich, ich bin es überzeugt, in Rom glücklich entfalten wird. Möchte er das Glück haben auch im Umgange zu tüchtigen Menschen zu kommen. Den Zutritt in Ihrem Hause, der für mein ganzes Leben entscheidend war, für ihn, der mir als sein Freund und Lehrer so sehr am Herzen liegt, zu erbitten, wage ich um so eher, da ich die Ueberzeugung habe, daß auch Sie, werthester Freund, einen liebenswürdigen und tüchtigen Jüngling finden. Er kann und wird Ihnen nebenbei manches von meinem Thun und Wollen erzählen. Daß ich Sie in Italien noch einmal sehe, ist ein Wunsch, den ich nicht los werde. Möchte er mir doch bald in Erfüllung gehen. Von ganzem Herzen tausendfach grüßend und mich mit meiner Frau Ihnen empfehlend Bin ich ewig Ihr Friedrich Preller. Weimar 27. September 1842. Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 22–23.
110 Weimar, um 1842. An Carl Gustav Boerner (1790–1855), Kunsthändler und Antiquar in Leipzig. Ich beeile mich lieber Börner Ihnen für die erfreuliche Nachricht zu danken, u zu bitten uns das Lager von Anfang April zu überlassen. Hummel u ich sind gleich erfreut unter so gutes Obdach zu gelangen. Ich denke wir werden uns in einem Zimmer auch vertragen. Mein Ernst wartet schon mit Ungeduld auf den Brief um ihn zur Post zu bringen denn in der Stube ist er schon nicht mehr zu halten. Empfehlen Sie uns alle Ihrer lieben Frau u sagen Ihr wie ich mich freue sie nun bald als meine Frau Wirthin zu begrüßen. Bis auf baldiges Wiedersehen Ihr ergebener Friedrich Preller. Kunstsammlungen der Veste Coburg, Inv.-Nr.: A.V, 1080, (2),1.
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111 Weimar, den 15. März 1843. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 15 März. Sei mir herzlichst gegrüßt, lieber Freund! Habe schönen Dank für Dein liebes Schreiben, was uns allen herzlich willkommen war. Ich selbst konnte von Dir nicht viel andres erwarten als eine Strafpredigt mit Hand und Fuß und war auch darauf gefaßt. Jeder Tag brachte mir nebst der Arbeit Vorwürfe u die Müdigkeit des Abends verschob das Schreiben immer wieder auf den nächsten Tag. Ja, höre ich Dich sagen so machen es alle eingefleischten Faulpelze Du hast wirklich bis zu einem gewissen Punkte recht. Über diesen Punkt hinaus ist das Recht oder Anspruch auf einige Nachsicht auf meiner Seite. Ich arbeite jetzt wirklich streng weil ich Freude am Gegenstande u Lust zu Ausführung habe, werfe aber um 4 oder halb 5 Uhr Pinsel und Palette in die Ecken und mache gewöhnlich eine Tur nach Belvedere, spiele dort einige Parthien Billiard u komme natürlich sehr ermüdet wieder zurück. Der Abend ist für mich gewöhnlich verlohren denn ich habe nicht einmal mehr so viel über mich, den Kindern eine Kleinigkeit zu zeichnen. So u nicht anders kam es daß Du so lange keinen schriftlichen Gruß von mir erhielst. Heute habe ich mit meinen Künsten ausgesetzt und sitze vergnügt bei den meinen die durch Deinen lieben Brief veranlaßt wieder auf die bevorstehende Reise nach Eisenach zu sprechen kommen u sich herzlich darauf freuen. Die gute Mama will durchaus bei Dir sein u freut sich noch immer seiner freundlichen Einladung. Mein Secretair sitzt am Rädchen u schnurrt dazwischen, brüstet sich ob ihres Amtes u meint gewiß der Staat würde ganz anders bestellt sein ließe man das weibliche Geschlecht mehr darin schauen. Ich gebe ihnen nicht ganz unrecht, bessere Secretaire würden wir gewiß durchschnittlich haben. Von der Schornschen Auction die vergangenen Montag zu Ende ging, kann ich Dir nur so viel schreiben, daß sie für die Frau v. Schorn gut ausgefallen. Die Kunstsachen, d. h. Zeichnungen u Gipsabgüsse ausgenommen, ist alles ziemlich theuer weggegangen. Ich dachte oft dabei an Dich, hatte aber keine Aufträge u hielt daher für besser, nicht ins Zeug zu gehen. Die Herrschaften haben nicht für den rothen Heller gekauft. Aufträge von allen Orten u Enden waren in Menge. Meine Scizzen hat Schuchardt erstanden und wird sie wohl wieder mit Profit an den Mann bringen. Ich habe die beiden kleinen Venere die am Spiegel im Saale standen und erfreue mich stündlich daran. Leid thut mir sehr daß so vieles nach außen gegangen, was wir für einen Spottpreis hätten haben können. Ob die Sammlung den Maximilianszug vollständig hat, weiß ich nicht, glaube es aber kaum, weil ich nie deren hörte. Schuchardt ist unwohl, doch sollst du nächstens bestimmtes darüber hören. Die Pensionierung Sälzers hat mir wahrhaft leid gethan, weil sie gerade in dieser Zeit geschah, wo er sich überhaupt hintan gesetzt fühlte. Von Zigland* habe ich nur gehört daß er die nächste Zeit seit seiner Abreise von hier auf Reisen war u München kaum gesehen hat, mithin für die Wartburg nur wenig oder nichts unternehmen konnte. Thäter hat ihn nur einmal gesprochen, er kam eben zurück u hat ihm gesagt wie sehr es ihm schmerze so 120
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von allen fern gehalten worden zu sein. Was nun passiert weiß ich nicht, doch habe ich den Glauben, er wird alles thun, um die Sache vorwärts zu bringen. Du solltest doch auch wissen daß Künstler nicht mit vielen Schreiben schnell bei der Hand sind. Vielleicht erfahren wir bald etwas näheres. Außer der mir angewiesenen Summe von 20 Tl. habe ich schon durch Martin Bauer 3 Tl. 24 gr. erhalten und denke, ihn wieder nach Verkauf der letzterhalten Drucke mit neuen zu versehen. Ernstchen hat sich über sein Andenken herzlich gefreut u alle 3 Kinder sehnen sich wahrhaft zu Dir, der kleine Friedrich am meisten. Daß der Lieutnant v. Witzleben gestorben, wirst Du wohl wissen. Heut wurde er beerdigt. Holdermann ist im ganzen jetzt unwohl, er scheint sich sehr bei den Geburtstägen mit Arbeiten übernommen zu haben, doch hoffe ich, seine gute Natur soll ihn balde über alles weg aufs alte Flerk bringen. Wenn er nicht schimpft und lügt, fehlt einem gar zu viel, denn dabei verlieren sich auch seine Liebenswürdigkeiten. Ist Fräulein Seidler noch nicht bei Dir gewesen? Sie hat vom gnädigen Herrn die goldene Zivil-Verdienst-Medaille erhalten. Versäume nicht, ihr zu gratulieren denn im stillen freut sie sich doch auch ohne Verdienst der Auszeichnung. Es ist hier viel darüber geschimpft, am meisten aber gelacht worden. Ich finde die Sache nicht lächerlich denn verdienstvolle Inhaber derselben werden wohl in Zukunft Anstand nehmen sie zu tragen. Über Schramm kann sie nun nicht mehr aufgebracht sein denn ihn hat man d. M. doch noch dicker gestopft. Ehe ich aber schließe muß ich Dir doch noch sagen daß ich mich von ganzem Herzen freue, daß es mit Dir wieder leidlich gut geht. Möge der Himmel Dich in Zukunft beschützen. Die lieben Deinigen werden Dir bei dergleichen Dingen recht unentbehrlich geworden sein. Wie oft denken wir Deiner in den schönen Verhältnis auf Deiner lieben Burg! Geht es Dir gut, so kannst Du dir auch gewiß kein größeres Glück denken, als Du besitzest. Grüße mir Deine Lieben aufs aller herzlichste u sage ihnen wie sehr ich mich freue einige glückliche Tage kommenden Sommer wieder mit ihnen zu sein. Marie und Großmama leben nur in der Freude Eisenach wieder zu sehen u empfehlen sich Deiner verehrten Mutter u Schwester. Die Jungens sprechen von nichts mehr als von den Eseln u Andres. Jeder hat also voll auf für sich. Adio lieber Herzensfreund. Vergälte nicht gleiches mit gleichen. Ich verspreche Dir auch, nicht wieder so faul zu sein. Der Himmel behüte Euch alle. Ewig Dein Fritz Preller. * Georg Friedrich Ziebland (1800–1873), Architekt. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3636.
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112 Weimar, im April (?) 1843. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Überbringer ist Herr Steendorf aus Koppenhagen den Du lieber Bernhard kennst. Den herzlichsten Gruß Dir armen lieben Freunde von uns allen. Die Nachrichten der Seidler und Müllers über Dein abermals in so hohem Grad zurückgekehrtes Übel haben uns alle in die traurigste Stimmung versetzt. Gebe doch der Himmel daß es Dir lieben Herzensfreund, während ich hier schreibe, in etwas besser ergehen möchte! Du hast wirklich in den letzten Jahren so erstaunend viel durch zu arbeiten gehabt u jedesmal als Mann überwunden, daß ich auch jetzt bestimmt glaube, Du wirst den bösen Anfall bald wieder zur Seite schaffen. Aber lieber Bernhard bist Du auch wirklich auf dem gefährlichen Orte für Dein Übel vorsichtig genug? Sei es ja, u muthe Dir nur mit aller Vorsicht nach u nach etwas mehr zu. Ich habe die Überzeugung daß Du Dich ganz herstellen kannst, aber Du mußt Dich von Deiner Lebhaftigkeit nicht zu sehr hinreißen lassen, dem Pflegma mehr huldigen, überhaupt den Philisterium einen höheren Platz einräumen. Als Commandanten der Burg steht Dir’s sogar wohl an, wenn Du als behäglicher Mann einherschreitest, Dich nicht durch Deine Raschheit erhitzest, sondern Deinen Schritt etwas mehr ruhige Würde verleihest usw. Verrückter Kerl, höre ich Dich in Deinen kleinen Stübchen schimpfen und lasse mirs gern gefallen, denn Du bist doch mein lieber Freund, den ich gewiß nie etwas übelnehmen werde. Ach! wie oft habe ich in diesen wenigen Tagen, wo ich Dich krank weiß, schon gewünscht, daß ich Dir näher sein möchte! Welches unendliche Glück für Dich, daß die lieben Deinen bei Dir sein können. Denke sie abwesend, Dich allein in dem dunkeln Stübchen ohne jemand, der Dir eigentlich nahe steht u etwas sein könnte, u das Übel dazu. – Ich würde toll werden. So wie es jetzt ist, wirst Du es die vielleicht nur kurze Zeit ertragen und den Sommer hoffentlich (was man sagt: auf dem Damm sein). So will u werde ich Dich finden, ich habe die Ahnung Dich recht heiter glücklich auf Deiner lieben Burg zu umarmen. Mit uns allen geht es gut. Ich gebrauche eine Frühjahrkur, trinke nehmlich eingekochten Löwenzahn, ein Tränkchen, was ich nur meinem bittersten Feinde reichen könnte. Doch ich will sehen was es nützt und nehme es also. Übrigens gehe ich jetzt täglich nach Belvedere, spiele 4 Parthien Billiard u kehre ermüdet mit einem Löwenhunger zurück. Des tagsüber arbeite ich tapfer u denke, in 10–14 Tagen mein Hühnengrab zu vollenden, ein Bild, was Dir gefallen würde.* Lieb wäre mirs, es bald in Geld umsetzen zu können. Die meinen empfehlen sich mit mir Deiner verehrten Mutter u Schwester u grüßen Dich aufs herzlichste, auch Herrmann nicht zu vergessen. Möchte die nächste Nachricht von Dir doch ja erfreulicher sein. Adio, mein lieber guter Bernhard. Ewig Dein Fritz Preller. * Das Hünengrab auf Rügen von 1843 befindet sich heute im Kunstforum Ostdeutsche Galerie, Regensburg. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3646.
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113 Weimar, im Mai (?) 1843. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Fragment […] Du wirst davon mehr zu erzählen als ich, der ich nie etwas ähnliches erlebt. Zuweilen denke ich mir, Du könntest auch jetzt noch Deinen bedeutungsvollen Platz dabei ausfüllen, bin aber doch froh daß ich Dich weit davon weiß. Du bist mir jetzt wahrhaftig lieber u theurer als damals, wo man ohne Dich nichts ausrichten konnte. Deine Talente u Kräfte haben einen würdigern Wirkungskreis u verdienen ihn wahrhaftig. Dich mehr in Deinem Wirken zu sehen ist mir zuweilen recht Bedürfnis. Möchte ich doch die Zeit erleben wo unsre Eisenbahn uns gegenseitig näherbringt. Der gegen Holdermann ausgesprochene Gedanke eines Künstlerkränzchens, abwechselnd hier u auf Wartburg hat mich u alle entzückt. Kommt auch keiner, mich soll nichts abhalten Dich zu sehen. Siehst Du, lieber Freund, so freue ich mich schon im Voraus u danke dem Schicksale oder dem Zeitgeiste für die Fürsorge, die er uns angedeihen läßt. Der bestimmte Tag, den wir dazu festsetzen wird mit großen goldenen Buchstaben transparent am Jägerhausthurme festgeheftet u alle Monate zur Stunde unsres Beisammenseins brillant erleuchtet. Ich merke aber daß ich ins faseln komme u Dich vielleicht langweile. Heute habe ich mein großes Bild vollendet (mit Freuden begonnen und in heftigen Schmerzen zu Ende gebracht)*. Obgleich ich kein Seemaler u daher dies Element wohl nicht meisterhaft ausgefallen sein mag, so hat doch das ganze einiges Verdienst. Es macht einen guten ernsten Eindruck u ich will wünschen daß es dem Besitzer gefallen möge. Meine nächste Arbeit wird eine Wartburg für den Kunstverein in Christiania**. Nächstdem will ich wieder ein norwegisches Bild für Holland malen, wohin mir eine Bestellung geworden, doch dürfte ich vieleicht erst eine kleine Studienreise machen u zwar in das Drusenthal bei Gotha in der Nähe des Inselsberges. Freund Schack*** wird mit von der Parthie sein, auch hat Schuchard große Lust, einmal wieder das weite zu suchen. Könnte mein lieber Bernhard auf ein paar Tage wohl sein Paradies verlassen? Das wäre wohl eine Freude, die mir selten kommen wird. Lächle nur, mein alter Freund, denke was Du willst, ich aber mache mir immerzu schöne Plänchen denn zuweilen geht doch etwas in Erfüllung von dem was man wünscht u in Anregung bringt. Noch habe ich manches andere vor, doch dies verschweige ich bis wir einmal zusammenkommen. Es fängt an zu dämmern, die Kinder werden lebendiger, der Brief soll zur Post, der lange langweilige Brief hat Dich schon längst ungeduldig gemacht u ich bin also gezwungen zu schließen. In der Hoffnung daß bei Dir alles wieder froh u heiter, grüße ich mit den meinen Dich die liebe Mama und Schwester auf herzlichste. Auch Olinda empfiehlt sich Dir u den Deinen. Vergleiche nicht gleiches mit gleichem, sondern schreib recht bald Deinem Dich innigst liebenden Fritz Preller. * Das Hünengrab auf Rügen. Siehe dazu Brief 112.
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** Diesen Plan hat Preller aufgegeben. Siehe Brief 125. *** Ferdinand Schaeck (1807–1877), Landschaftsmaler. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3644.
114 Weimar, den 19. Mai 1843. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar d. 19 Mai 1843. Mein lieber Bernhard! Die letzte Nachricht von Dir durch Deine liebe Schwester Marie hat mich u uns alle in meinem Hause ganz glücklich gemacht. Gott sei Dank daß es Dir so weit wieder gut geht! Jetzt, lieber Freund, halte Dich nur ja u denke, daß Dein u der Deinen wahres Glück daran hängt. Es ist ja wirklich das einzige störende für Euch alle in Eurem Paradiese. Doch ich hoffe Du wirst jetzt gewiß alles thun was möglich ist. Möchte es mir doch gegönnt sein, Euch lieben alle einmal recht gesund u froh bei einander zu sehen. [Randnotiz: NB Die Reise nach Rügen und Aufenthalt dort von 4 Wochen hat mich nicht 50 sondern 70 Taler gekostet.] Auskunft über Ostseebäder lieber Bernhard kann ich wohl kaum geben. Ich kenne ja nur Putbus und Swinemünde. Ersteres ist aber als Bad so ganz u gar nichtsagend, daß wohl weiter keine Rede daran sein kann. Es fehlt ihm Wellenschlag u dann fehlt ja alles. Swinemünde ist, so viel ich während der Zeit unsres Aufenthaltes dort gesehen, in jeder Weise gut, wenn man nehmlich übersieht daß es doch etwas theuer. Die Badeanstalten scheinen mir sehr gut u wenn es möglich wäre daß man nicht gerade in Swinem. Selbst wohnte, würde man freilich nicht unbedeutendes an Geld ersparen. Ich für meinen Theil würde, wenn ich das Ostseebad wieder gebrauchen müßte, nicht n. Sw., sondern 1 ½ daran nach Häringsdorf ziehen. Dort hat man dasselbe Sandufer, kann unentgeldlich baden, die Wohnungen sind wohlfeiler, der Aufenthalt im höchsten Grad reizend, aber vielleicht keine Gesellschaft zu finden. Ich habe dort einige glückliche Stunden zugebracht u mich an manchen Stellen (lache nicht) an Neapel im kleinen erinnert. Auf Rügen am Leuchtthurme auf Arcona wollte der Wärter allerdings ein Bad anlegen. Ob es aber dazu gekommen oder nicht, weiß ich nicht. Auch ist dort der Wellenschlag nicht so bedeutend als an der Küste vor Swinemünde. Fräulein Seidler ist nur für die Nordsee und schlägt Dir Wangeroh vor. Dort sei in jeder Weise für die Badegäste bestens gesorgt, das Bad gut und das Leben in Vergleich zu andern Orten sehr wohlfeil. Keinesfalls aber solltest Du Helgoland wählen. Ich kenne nur Scheweningen, als sehr angenehmen Aufenthalt an sich u wegen der Nähe des Haag, aber fürchte daß es dort theuer ist. Die Reise dahin jedoch läßt viel ersparen u sich so vielleicht ausgleichen. Doch darüber müßtest Du Dich doch wohl näher erkundigen. Mehr, mein lieber Freund, kann ich Dir leider nicht über Seebäder sagen, glaube aber mit andern daß sie Dir gewiß vortrefflich bekommen werden. Was Du mir über Thon schreibst freut mich sehr. Ich freue mich ihn wieder zu sehen und habe die Überzeugung daß ihn auch der kurze Aufenthalt von Vortheil gewesen ist. Sein Fortkommen macht mir keine Sorgen. Ich halte ihn für eine seltene Erscheinung u Muster 124
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eines jungen Mannes. Seine richtige Erkenntnis seiner selbst und Bescheidenheit sind seltene Eigenschaften an jungen Leuten unsrer Zeit, dabei die sehr geringen Ansprüche ans Leben lassen eine für ihn glückliche Zukunft erwarten. Ich bin neugierig, seine Studien zu sehen u ihn über die Niederlande zu hören. Möchte es ihm doch so gut gefallen als mir! Gestern nach Mittag habe ich mein letztes Bild, das Hünengrab, eingepackt u dann Fuhrmann übergeben. Sein erster Ausflug geht nach Leipzig.* Von Herzen wünsche ich daß es seinen Käufer finden möge. In meinen Verhältnissen würde es mich nicht gerade aufmuntern, wieder eine größere Arbeit zu unternehmen, denn ich habe doch bei diesem Bilde mit Rahmen an 100 Taler Auslagen. Ich glaube nicht zu viel zu sagen wenn ich es ein gutes Bild nenne. Ich war während der Arbeit manche Stunde glücklich in meinem Treiben obgleich ich bei einer Wiederholung vieles verbessern könnte. Die einfache melancholische Stimmung des ganzen wirkte auf Leute, bei denen ichs nicht gedacht hätte, doch habe ich die Überzeugung, daß das Bild nicht allgemein anziehen wird u bin daher auch darauf vorbereitet, daß es nur wenigen, die es verstehen, gefällt. Das Schicksal solcher Bilder ist bei Verlosung in Kunst-Vereinen oft ein trauriges, denn der gelegentliche Gewinner flucht ihm oft, weil er keine Idee davon hat, was es eigentlich bedeutet. Darüber muß sich der Künstler unsrer Zeit aber beruhigen, es geht nicht einem, sondern gar vielen so. Nebenbei habe ich noch ein kleines Bildchen aus Norwegen im neblichen Wetter gemalt, und bin entschlossen es bei Gelegenheit größer zu wiederholen, obgleich mir es jetzt schwer werden würde, da nun die Zeit heranrückt, in der ich so oft auswärts bin. Wie, wo und wann ich diesen Sommer meine Naturstudien mache weiß ich noch nicht sicher, glaube aber gewiß eine kurze Zeit in Kreutzburg zu zubringen, im Fall es nicht ganz unmalerisch ist, denn der Geh. Rath Schweizer meint es eigne sich gewiß zu einem der großen Bilder für die Hoheit. Der Fürstenbrunnen** hat allgemein gut gefallen, obgleich ich es für ein sehr mittelmäßiges Bild halte. Ich habe es ungern gemalt, so wie ich überhaupt alles ungern thue, was mir vorgeschrieben wird. Woher diese Wiederspenstigkeit bei mir stammt weiß ich wahrhaftig nicht, denn mein lieber seeliger Vater, den ich in sehr vielem ähnlich bin und immer mehr werde, hatte diesen Fehler eigentlich gar nicht. Mag man mir dies nachlassen, im übrigen halte ich mich für einen untadelischen Menschen. Doch, lieber Bernhard, jetzt höre ich Dich sagen, ist es Zeit daß Du schweigst u das will ich auch. Sei mir in Zukunft nur immer gut. Du weißt doch am besten wer u wie ich bin. Möge mir der Himmel nur vergönnen, bei leidlicher Gesundheit mit den meinen ruhig fortzu leben. Dich u die lieben Deinen grüßen wir alle aufs herzlichste u freuen uns Deiner Genesung. Möge es immer besser gehen, damit wir uns diesen Sommer eine Zeit lang froh u heiter wieder finden. Adio mein Herzensfreund, ich bin in Ewigkeit Dein Fr. Preller. * Siehe Brief 112. ** Es handelt sich dabei um das 1843 im Auftrag der Großherzogin Maria Pawlowna (1786–1859) fertiggestellte und heute verschollene Ölgemälde Kurfürst Johann Friedrich I. der Großmütige von Sachsen mit Lucas Cranach d. Ä. am Fürstenbrunnen bei Jena. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3638a.
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115 Dresden, im August 1843. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Guten Morgen meine gute Marie! Gestern erhielt ich Deinen lieben zweiten Brief, woraus ich ersehe, daß Du den nur eine halbe Stunde später geschriebenen Brief (als der des Secretairs) noch nicht erhalten. Das Räthsel ist indessen gelöst, nehmlich die Post ging eben weg, als das Mädchen aus der Post ankam, u so wird er bestimmt mit der nächsten ankommen. Ich schreibe Dir jetzt in größter Eile, denn wir sind am Einpaken u gehen in einer Stunde weg. Deshalb fest alles nächste nach Eisenach zu adressiren, wohin wir in 8 Tagen ohngefähr kommen werden. Arnswaldt treffen wir dort nicht er muß mit dem Großherzog ins Bad was mir sehr leid ist. Das Briefchen von meinem innigst geliebten Ernst habe ich erhalten, mich unendlich gefreut u werde es von Eisenach beantworten, jetzt ist es nicht möglich. Dank sei dem Himmel daß das herzige Kind wieder hergestellt ist. Du kannst wohl glauben daß ich mit schwerem Herzen Euch Lieben verließ. Jetzt in Dresden bin ich ganz ruhig. Grüße mir unsre 3 lieben Engelchen u sag ihnen daß ich recht schöne Spielsachen mitbringen wollte. Gestern haben wir einen Spaziergang von 8–9 Stunden gemacht, der Hetzer hat uns begleitet. Also lebt alle wohl u vergnügt denn mir geht es bis jetzt unausgesetzt gut. Grüßt mir auch die gute Mama Olinda u Thäter herzlichst. Freuen würde es mich bei meiner Ankunft auf der Wartburg einen Brief zu finden. Adio meine kleine liebe Marie. Dein Friedrich Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
116 Weimar, im Herbst 1843. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Guten Abend mein lieber Bernhard auf Deiner schönen Burg! Ich habe eine ruhige Stunde und Deiner heute ganz besonders viel gedacht, deswegen mich entschlossen Dir einen herzlichen Gruß zu schicken u Dir zu sagen daß wir alle uns gefreut zu hören, wie Dir das Bad gut gekommen. Möge Dein Befinden sich immer mehr verbessern, damit du Dein schönes Sein so recht froh geniesen kannst. Daß Deine liebe Mutter u Schwester wieder bei Dir sind macht dich gewiß recht glücklich? Ach! wie oft bin ich bei Euch lieben herrlichen Menschen im Geist, denn nur so ist mirs ja vergönnt. Der Winter bringt mir die voriges Jahr bei Euch verlebten Tage wieder vor die Seele u ich bin zum zweitenmal in der Erinnerung auch recht glücklich. Die Dämmerstunden jedes Tages denke ich viel an Euch, denn gerade diese sind mir unvergeßlich. Wird das wohl wieder einmal so schön werden? Ich denke, wenn auch anders, doch gewiß erfreulich u so wollen wir in Geduld erwarten was uns die Zeit beschert. 126
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Daß ich mit Herrn Müller* eine kleine recht erquickliche Reise gemacht wird er Dir wohl selbst umständlich erzählt haben. Ich zehre noch davon. Dresden ist für den Künstler doch ein Ort, den wir alle nicht ganz b[e]nutzen. Mir war es das letzte mal als habe ich noch nie die alten unsterblichen Meister so verständlich reden hören. Warum können wir nicht zusammen einmal dort sein? Ich bin frisch zurückgekommen, geistig u körperlich. Meine nächsten freien Tage werden mich wohl wieder dort sehen. Jetzt arbeite ich tapfer um es dann mit Ruhe u Bequemlichkeit thun zu können. Daß mein Hünengrab in Leipzig gefallen u für 80 Louisd’or angekauft worden, hat mich gefreut u mir Muth gemacht, sobald es geht wieder etwas hinauszuschicken, was mit Gotteshülfe noch besser werden wird.** Ein zweites nordisches Bildchen ist auch dort geblieben u beide haben mir noch eine Bestellung von 3 andern Bildern nach sich gezogen. Eine Wiederholung des H. Grabes im kleinen, was auch dorthin geht, sah gestern ein Fremder aus Bamberg u bestellte selbes auch wieder in mittler Größe. Kreutzburg*** ist schon einmal durchgearbeitet u bald denke ich nun wieder darüber zu gehen. Von dieser Seite geht es mir also vor der Hand, Gott sei es gedankt, auch recht gut u wir alle freuen uns nun dankbar des schönen Lebens. Möchte doch der Himmel mir Kraft u Gesundheit schenken, um dem Vertrauen der Leute Genüge leisten zu können. Freude u Lust an der Kunst habe ich nie mehr gehabt als jetzt u ich führe ein wahrhaft zufriedenes Leben. Meine Schüler, deren ich jetzt außer Schinzel, der in Rudolstadt ist, noch sechs habe, machen zum Theil tüchtige Fortschritte u bereiten mir auch dadurch frohe Stunden, u so lieber Freund kann ich kaum, ohne unbescheiden zu sein, vielmehr verlangen. Die meinigen Lieben sind unter diesen Verhältnissen heiter u gottseidank gesund. Sie grüßen Dich u Deine Lieben aufs herzlichste. Doch halt lieber, bald hätte ich in meiner Plauderei einen Auftrag zu beantworten vergessen. Mit Irrgang nehmlich habe ich wegen der zu schnitzenden Pferde gesprochen. Er freut sich sehr darauf u wünscht nichts mehr als daß es zur Ausführung komme. Sein Verlangen ist fürs erste ein Lokal, u ich glaube, das würde auf der Burg selbst in jeder Art am bequemsten u besten der Sache wegen sein. Zweitens die Lieferung des Holzes u eine Holzbank, für übriges Werkzeug wolle er selbst Sorge tragen, u drittens meint er, könne die Arbeit bis auf 80 Taler kommen. Daß er sie mit Freude u Gewissenhaftigkeit ausführt glaube ich sicher, wie ich den Menschen kenne. Hast Du also bald Gelegenheit, so schlage es doch einmal dem Prinzen vor. Er selbst hätte Lust bei Gelegenheit einmal die Wartburg zu besuchen. Jetzt aber schließe ich, denn alles geht zu Ende. Die Lampe brennt dunkel, Marie ist eingeschlafen, das Papier giebts nicht mehr her u Du lieber Freund, wirst der Schwätzerei müde werden. Behüte dich Gott mit allen deinen Lieben. Grüße sie von uns allen u laß recht bald etwas von dir hören. Dein alter Fritz Preller. * Franz Heinrich Müller (1793–1866), ein in Weimar und Eisenach tätiger Maler und Lithograph. ** Siehe Brief 112. *** Preller arbeitete von 1843 bis 1844 an einem weiteren Bild für den Conseil-Saal des Weimarer Schlosses. Als Motiv hatte er die Landschaft bei Creuzburg nördlich von Eisenach mit der Liboriuskapelle gewählt. Siehe Brief 121. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3648.
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117 Weimar, den 22. Oktober 1843. An Friedrich Fröbel (1782–1852), Pädagoge. Hochgeehrtester Herr! Ein mehrtägiges Unwohlsein hielt mich ab Ihr werthes Schreiben sogleich zu beantworten, was mir wahrhaft leid thut der Sache wegen. Wohl erinnre ich mich des Herrn Unger so wie seiner wirklich liebenswürdigen Compositionen zu Ihren Koseliedern die wir in Ihrer Gesellschaft in Keilhau wahrhaft glückliche Stunden durch Vortragung derselben v. Herrn Kohl erleben ließen.* Doch Ihren Brief Ihnen genügend zu beantworten, wäre es wohl nöthig daß ich den Unger als Mensch genauer kennte. Ich kann nur von seinen Werken aus auf ihn schließen u muß bekennen daß er mir darin als paßlich für Ihre Zwecke erscheinen, ja vielleicht berufen ist. Eine Veränderung seines Aufenthaltes wäre ihm nur zu wünschen, weil er als ausübender Künstler noch zurük ist u in Blankenburg weder durch Umgang noch durch sonstige Hülfsmittel vorwärts kommen kann, da ihm beides mangelt. Weimar ist freilich auch keine Kunststadt, indeß sind doch Leute da, die ein ernstes Streben haben u in deren Umgang er jedenfalls gefördert werden muß so bald es ihm am Herzen liegt tüchtig zu werden, woran ich keinesfalls zweifle. Auch fühlt er recht gut wie nöthig es sei um dem Publikum verständlicher zu werden. Ich für meinen Theil halte für ihn nichts fördernder als das Zusammensein mit Künstlern. Geben Sie ihm deshalb wenn es sein kann ein Jahr. Diese Zeit kann er ganz oder größten theils für Ihre Zwecke verwenden, da er eigentlich am meisten durch Sehen guter Dinge lernen muß. Der Umgang der jungen Künstler hier ist wenig ausgedacht ja ich möchte sagen wir leben zusammen wie Eine Familie. Hat er aber das Bedürfnis nach mehr u anderem so wird ihm auch dies leicht werden, was ich indeß nicht einmal für gut halte. Die Natur in ihrem Schaffen u Leben ist dem Künstler ausreichend. Gesellschaftlicher größere Verkehr halte ich durch aus für verderblich. Ist es nun Ihre Absicht ihn hieher zu thun, so suchen Sie es nach dem Winter zu veranstalten, weil er hier dann manchen Vortheil für sich haben kann z. B. das Zeichnen nach dem lebenden Modell. Was den Aufwand seines Herkommens betrifft, möchte Ihnen wohl Schinzel** genau sagen können. Sehr leid ist es mirs nicht zu Ihnen kommen zu können, weil sich noch manches mündlich besser bereden ließe. Künftig Ostern hoffe ich Sie zu sehen. Bis dahin will ich mich darauf freuen. Grüßen Sie doch die Herrn in Keilhau von mir. Mit H[och]achtung ergebenster Friedrich Preller. Weimar d. 22 Octbr 1843. * Friedrich Fröbels Mutter- und Koselieder erschienen 1844 mit Illustrationen von Friedrich Unger (1811–1858). Der Theologe und Komponist Robert Kohl (1813–1881) hat einige der Verse vertont. ** Richard Schinzel (1818–1864), Schüler Prellers. Bad Blankenburg, Friedrich-Fröbel-Museum.
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118 Weimar, den 7. Dezember 1843, [Poststempel]. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Ich schreibe Dir heute nur ein paar flüchtige Worte, mein lieber Bernhard, denn Deinen Brief zu beantworten muß ich mehr Zeit haben. Die Beantwortung des famosen Briefes den ich Dir letzt mitschickte konnte nicht vorsich gehen, da Du, lieber Herzensfreund, mir ja weder Brief noch Adresse zurückgeschickt. Sei also so gut u schicke mir selbige sogleich. Sehe ich Dich recht bald? Ich freue mich drauf als hätt ich Dich viele Jahre nicht gesehen. Behüte Dich Gott u komme recht bald zu Deinem treuen Friedrich Preller Grüße mir Deinen Bruder Herrmann und Müller herzlichst. Beiliegender Brief schickt mir so eben der Secr. Schuchardt, der Dich herzlich grüßt. Adio. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3639.
119 Weimar, den 24. Februar 1844. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Weimar d. 24 Februar 1844. Werthester Freund! Wie spät komme ich diesmal zur Beantwortung Ihres freundlichen Schreibens! — Wenn ich nicht fürchtete in eine Börneriade zu verfallen, würde ich diesmal mit einer langen traurigen Geschichte den Anfang machen. Kurz also: wir lagen bis zum letzten zu gleicher Zeit alle zu Bett, nicht gefährlich, aber mit einer hartnäkigen Grippe oder wie es sonst heißt. Noch ist meine Schwiegermutter nicht auf, wir andren vegitiren wieder u mit ein wenig Geduld wird alles wieder gut werden. Hält mich dann nichts ganz besonders ab so sehen Sie mich schon wieder in Ihrem Hause. Sie lieber Freund könnten mich mit Einem Wort in der Welt Ende führen, am liebsten aber bliebe ich mit Ihnen in Leipzig u zwar in Ihrer Familie. Doch ich sehe eine mißfällige Mine in Ihrem Gesicht, Sie haben mehr zu thun als meine Herzensergießungen zu lesen und sage Ihnen also nur noch daß ich nichts mehr wünschte als daß die Umstände mir erlauben einige Tage mit u bei Ihnen zu sein. Grüßen Sie Ihre liebe Frau u die herzigen Kinder von uns allen auch den Vater u sagen ihm daß Schuchardt vielleicht mitkommt. Auf baldigstes Wiedersehen Ihr Friedrich Preller. Wiesbaden, Verlag Breitkopf und Härtel, Archiv.
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120 Weimar, den 29. Februar 1844. An Friedrich Fröbel (1782–1852), Pädagoge. Hochgeehrter Herr! Ihr letztes Schreiben vom 24 Febr. mit Einschluß für Unger* habe ich zur Zeit erhalten und ihm übergeben. Jetzt fürs erste bitte ich tausendmal, mich wegen meines langen Schweigens zu entschuldigen. Bis jetzt glaubte ich immer noch Sie einmal hier zu sehen, und Gott weiß es wie sehr ich mich darauf freute. Jetzt fange ich an zum glauben daß es so bald nicht geschieht und muß mich also entschließen Ihnen schriftlich zu sagen was ich so gern mündlich u recht weitläufig gethan hatte. Unger, der uns allen im Hause sehr gut gefällt zeichnet bisjetzt in Gesellschaft mehrerer meiner Schüler bei mir im Hause, u hohlt nach was er so eigentlich schon wissen sollte. Er treibt nehmlich Anatomie und ist dabei so emsig, daß alle übrigen ihn als den fleißigsten anerkennen. Dabei bildet er sich immer mehr im Sehen der Formen aus u ich glaube es soll an seinen nächsten Arbeiten sichtbar sein. Was er des Tages treibt, wendet er Abends beim Zeichnen nach dem lebenden Modell an u schon jetzt ist ein Fortschreiten im Technischen sichtbar. An seinen geistigen Fähigkeiten habe ich nie gezweifelt, auch aber an seinen Radierungen wieder wahrhaft erfreut. Leid thut mirs, daß er mich nicht öfter in meiner Familie besucht, da ich ihn wiederholt darum gebeten. Ich gehe nie aus, in Gesellschaft oder Bierhäuser am aller wenigsten u bin immer hocherfreut einen oder andern bei mir zu sehen. Wie er die spätern Abendstunden verbringt weiß ich nicht. Gut würde es sein wenn Sie ihn recht bald wieder mit einer Arbeit beschäftigen könnten, für die er wie ich glaube ganz paßt u wo er alle Kräfte zusammen nehmen muß. Das Sehen einer Gallerie oder einzelner tüchtiger Kunstwerke dürfte ihn auch wohl nützlich sein u dafür bietet sich jetzt Gelegenheit da ich eine Reise mache. Erlauben es seine Verhältnisse so kann er ganz mit gehen, wozu er wie es scheint große Lust hat. — Das nun fertige Liederbuch** muß wie ich glaube allgemeines Interesse erregen. Haben Sie nur die Güte ein oder mehrere Exemplare hieher zu schiken, damit man es den Leuten vorlegen kann. Einen Abnehmer habe ich bereits gefunden u ich denke der erste Zwek der Sache wird Nachfolger genug gewinnen. Was Sie mir über Monnet schreiben freut mich sehr, da es mir die Hoffnung giebt daß man ihn seine Pension verlängern wird. Ich habe freilich manche harten Stunden mit ihm gehabt. Auch ihm fehlt es nicht an reichlichen Fähigkeiten aber noch sehr an eigentlichen halt. Zeit u Aufmerksamkeit auf sich muß noch viel thun, indeß ich verzweifle nicht leicht. Sollten Sie Schinzel sehen, so bitte ich ihn herzlich zu grüßen. Bald, denke ich von Ihnen wieder etwas zu hören. Hochachtungsvoll Ihr ergebener Friedrich Preller. Weimar d. 29 Febr. 1844. 130
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* Friedrich Unger (1811–1858), Maler. ** Friedrich Fröbel: Mutter- und Koselieder. Blankenburg 1844. Bad Blankenburg, Friedrich-Fröbel-Museum.
121 Weimar, den 21. März 1844. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Guten Morgen, mein lieber Freund mit all den Lieben Deinigen auf der schönen Burg! Ungewöhnlich lange haben wir uns gegenseitig nicht geschrieben, bei mir tritt wieder das Bedürfnis nach Mittheilung, nach Nachricht über Dich u von Dir ein, u die ersten Stunden eines reichen Morgens, die ich in meinem lieben Studium zu bringe, möge Dir Lieben also angehören. Zwar hatte ich die letzte Zeit ganz Dir gewidmet, u wenn zwischen uns nur ein geringer Theil von Sympathie existiert, mußt du das Ohrenklingen nicht los geworden sein, aber zu einer unmittelbaren Nachricht von Dir konnte ich doch bei alledem nicht gelangen. Meine letzte Arbeit nehmlich, die bis jetzt auch noch nicht vollendet auf den Troken steht, ist ein kleines Bild (Ansicht der Wartburg) für den Erbgroßherzog. Daß ich also förmlich mit u bei Dir gelebt, wirst du begreifen. In einigen Tagen soll es wieder vorgenommen werden, u ich denke, am Ende ein nicht unerfreuliches Bildchen daraus werden. Wie ich es genommen, würde dich interessieren, da es von den bisherigen verschieden, gewiß nicht schlechter ist. Des Nachmittags bei dunstiger Atmosphäre, jedoch licht u klar in den höhern Regionen bricht die Sonne durch u beleuchtet den noch teilweis beschatteten Berg mit seiner Krone, der lieben Burg. Die nach vorn stehende Gruppe Eichen, unter denen sich der Weg in ihren Schatten wegzieht, fangen eben an, das Licht auf zu nehmen, u erlauben einige matte Streiflichter auf den Weg. Die Ferne ist beschattet u schließt das ganze ruhig ab. Die Geschichte der Burg selbst hat etwas ähnliches. Niemand wird ahnden, was ich gedacht, u das ist auch nicht nöthig. Genug, das Ganze ist dadurch poetisch in seiner Erstfindung geworden, u mehr braucht es nicht zu sein. Glaubst Du, daß ich recht glücklich bei meiner Arbeit war? Ja, Du weist es, denn niemand kennt mich nach dieser Seite hin besser u ist fähiger zu begreifen u glückliche u unglückliche Künstlerstunden zu scheiden. Ach! Ich muß beide haben. Hören letztere auf, ist es überhaupt Zeit den Pinsel wegzulegen, denn mit dem wahren Streben wird es ein Ende haben. Der Himmel bewahre mir meine jetzt leidliche Gesundheit. So nur kann ich ganz glücklich sein, denn leider muß ich noch aus andern Gründen malen, als blos auf Antrieb der Kunst. Doch ich merke daß ich in eine Stimmung komme die uns beide zu wieder ist. Der liebe Gott hat bis jetzt so vieles gut gemacht, warum sollte er mich nicht auch in Zukunft schützen? In meiner Familie geht jetzt alles nach Wunsch. Die böse Grippe die uns alle ohne Ausnahme zu gleicher Zeit das Bett anwies, scheint es war ein Vorläufer einer bessern Periode. Nur Fr. Seidler ist fast ununterbrochen kränklich, u geht es ihr auch wieder leidlich, verdirbt sie sich sogleich wieder durch Visitenmachen u.s.w. doch alles wechselt, u ich denke, 131
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wenn es ihr gut geht wird in unserm Hause wieder Trauer sein. Es kommt jetzt die Zeit wo unser lieber Ernst das Elternhaus verläßt, sogleich raus muß u fort u du wirst begreifen, welche Zeit meine liebe Marie also vor sich hat. Ich nehmlich gehe Anfang April nach Helgoland um Studien zu einem nordischen Seesturm zu machen, den die Frau Großherzogin bei mir bestellt.* Zwei meiner Schüler: Zachariae** u Unger werden mich wahrscheinlich begleiten. Gelegener würde mir die Reise zu andrer Zeit gewesen sein doch das Bild soll bald sichtbar sein u ich bin also gezwungen die lieben meinigen in dieser für sie trüben Zeit auch zu verlassen. Geht alles nach Wunsch, habe ich beschlossen, Dich mit all meinen Schülern auf einige Tage zu besuchen. D. h. aber erst zum Herbst. Das Bild v. Kreutzburg*** ist fertig u scheint den Beifall der Herrschaften so wie andrer Freunde zu haben. Ich selbst kann nicht sagen daß ich große Freude gehabt als es fertig war. Gegebene Materie, die mir zu wenig Freiheit lassen, mich auszubreiten, oder nach Überzeugung zu verändern drücken mich, u ich meine dann immer, es könne die Sache viel besser sein. Vielleicht siehst du es später einmal und wirst mir recht geben. Das vor mir liegende ist dem Inhalt nach interessanter u ich lebe schon ganz der Sache. Naturleben in seiner größern Momenten wieder zu geben ist meiner Natur mehr passlich als Materie ersterer Art, die ich zuweilen so eigentlich recht philiströs finde. Doch der ist der ächte Nußknacker, der alle ohne Ausnahme knackt, u so will ich denn versuchen auch zu knacken, mögen sie kommen wie sie wollen, wenn auch die Zähne dabei zum T– l gehn. Von C. Hummel hören wir immer gutes, Du kannst Dir denken welche Freude ich habe daß mein kleiner erster Schüler auch ein tüchtiger Kerl wird. Lumpen gibt es in der Welt mehr als nöthig. Kömmt dann einmal etwas gutes tüchtiges zum Vorschein, so ist aber auch die Freude groß. Zum August wird er zurück erwartet. Sein geliebter Bruder Edward ist eine lächerliche Figur. Wie kann es aber auch anders sein? Ein geborenes Heupferd wird niemals zum leidlichen Menschen, noch weniger zum Künstler erzogen werden. Er quikt, springt u singt wie ein Heupferd, man stopft sich die Ohren, drückt die Augen zu u ist froh nicht von ihm belästigt zu werden. Simon**** geht Anfang April nach München u zwar mit Familie. Ich bin froh ihn weit von mir zu wissen. Gnade aber Gott dem kleinen armen Weimar wenn er über seine Grenze ist. Wann! wird wohl die Zeit kommen wo der ruhig u menschlich wird. Doch ich merke, mein elender Bogen Papier geht zu Ende, u es stehen nicht zwei vernünftige Worte darauf. Nimm es nicht übel, länger aber will ich Dich doch nicht mit meinen Geplauder langweilen. Die meinigen grüßen Dich u die lieben Deinigen herzlichst mit deinem alten Friedrich Preller. W. d. 21 März 1844. * Siehe die Briefe 123 und 125. ** Emil Zachariae, ein Schüler Prellers und der Weimarer Zeichenschule, verstarb 1844. *** Siehe Brief 116. **** Carl Alexander Simon (1805–1852) Maler und Dichter, unterstützte Preller bei den Ausmalungen im Residenzschloss. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3640.
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122 Weimar, den 16. Mai 1844. An Friedrich Johann Christian Heinrich von Seebach (1767–1847), Oberstallmeister und Generalmajor. Verehrter Freund! Ich schike Ihnen hiebei das wohlverpakte Bild, und wünsche nur daß es Ihnen und den künftigen Besitzern Freude mache. Bei Ihrer Ankunft in Eisenach lassen Sie es dann öffnen, damit es der Luft ausgesetzt, jedoch für Sonne und Staub geschützt, noch ein wenig übertroknen kann. Professor Müller* wird Ihnen gern behilflich sein, und ich wünsche daß er es sehe weil ich sein Interesse an meinen Arbeiten kenne. Auf Ihren ausdrüklichen Wunsch füge ich noch hinzu: daß der Preis für das Bild, Rahmen und Kiste 20 Louis d’or ist. Ihr ergebener Friedr. Preller. d. 16 Mai 1844. * Franz Heinrich Müller (1793–1866), als Maler und Lithograph tätig in Weimar und Eisenach; Lehrer an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar. Stadtarchiv Hannover 4.AS.01 Nr. 1724.
123 Weimar, den 26. Mai 1844. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Guten Morgen lieber Freund! Es ist einer von diesen Tagen die mich nicht arbeiten lassen, der erste Feiertag nehmlich mit all seiner Lieblichkeit, die einem um diese Jahreszeit so erquiklich ist. Die Sonne, Kinder Nachtigallen und mancherlei andere kleine Wundersame. Alles ist heiter und stimmt heiter. Ich sitze in meinem Studium, habe recht zehnmal die Hefte weg geworfen und wohl schon hundertmal Ihrer und der Tage gedacht, die ich bei Ihnen zubrachte. Warum gerade heute? Ich weiß es nicht, muß Ihnen aber doch sagen, daß mir es meist so geht, wenn ich recht froh bin. Auch habe ich Ihrer und der Lautenspielerin gestern gedacht u. mit Lieber über ihren jetzigen Zustand gesprochen. Er ist so wie ich Ihnen auch sagte der Meinung, daß die Reinigung keine großen Schwierigkeiten habe, daß es aber gut sei, wenn Sie es nicht zu lange anstehen ließen. Er war mit mir verärgert über F. Unverschämtheit. Lassen Sie also unsere Geliebte nicht zu lange schmachten. Die kurze Zeit meines Hierseins habe ich schon benutzt u. ein Bild von circa 7 F. Länge angefangen.* Die meinigen empfehlen sich Ihnen u. Ihrer lieben Frau mit mir Ihr Friedrich Preller 133
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grüßen Sie doch auch Hefer, so Sie ihn sehen. Weimar d. 26. Mai * Der Seesturm war ein Auftrag der Großherzogin Maria Pawlowna. Ihm lagen Studien aus Helgoland zugrunde. Preller hatte das Gemälde, das auch unter den Bezeichnungen Felsen in der Brandung und Motiv aus Skudesnaes bekannt wurde, erst 1846 fertiggestellt. Es befindet sich im Besitz der Klassik Stiftung Weimar. Siehe auch die Briefe 121 und 125. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 486.
124 Weimar, den 11. Juni 1844. An Adolf von Heideck (1787–1856), Kunstsammler, Maler und Radierer. Sehr werther Freund! Ihren Gruß und Sendung vom 26. Mai habe ich zur Zeit erhalten, wenige Tage nach meiner Heimkehr von Helgoland, auf welcher Reise ich mich aber so erkältet hatte, daß ich noch jetzt nicht hergestellt bin! Daher auch die so verspätete Antwort auf Ihren mir so erfreulichen Brief. Welche unendliche Freude Sie mir durch die so wohlgelungene Sammlung gemacht, darf ich Ihnen gewiß nicht erst sagen. Sie kennen ja meine Meinung für diesen großen ja ich wage zu sagen größten Meister im Landschaftsfach.* Ich sehe in Ihren Radirungen die markige Zeichnung u Betonung seiner Gründe, ja ich sehe im Geiste viele seiner Bilder selbst. Sie haben etwas tüchtiges vollbracht, und im Namen aller Kunstfreunde hier danke ich Ihnen von ganzem Herzen. Die Sammlung hat ihren Platz in meiner Erbauungsmappe woselbst sie noch mehr Geschwister u Verwandte gefunden, denn noch besitze ich einige große Stiche nach Nicholas. Jeden Frei u Feiertag erquike ich mich mit deren Inhalt. Die dazu gekommenen neuen Blätter machen mich ganz glüklich, vor allem aber Ihr Brunnen im Walde. Wie herrlich ist doch dies kühle einladente Plätzchen! – Es gehört dies gewiß unter die allerschönsten. Die Sammlung von Vivarin** besitze ich, u habe Ihrer oft dankbar dabei gedacht. Ihr Werk ist nun eine schöne Fortsetzung die mir u einigen Freunden manche glükliche Stunde verspricht. Nehmen Sie nochmals meinen allerherzlichsten Dank. Sollten Sie auf Ihren Reisen das kleine Weimar einmal wieder berühren, dürfen Sie aber nicht so bald wieder weg als das letzte mal. Ich werde das möglichste thun Sie länger als am Eilwagen zu halten. Paris kenne ich noch nicht u wäre sehr begirig von Ihnen etwas darüber zu hören. Die meisten meiner Bekannten, die dort waren haben es mit andern als mit Kunst Interessen gesehen. Sterbe ich nicht bald, so denke ich gewiß auch noch einen Ausflug dahin zu machen, denn jeder spricht mit Begeisterung davon. Am schönsten wäre es wir beiden könnten es einmal zusammen sehen. — Leben Sie wohl, vielleicht auf baldiges Wiedersehen in Dessau. Mit wahrer Hochachtung Ihr ergebenster Friedrich Preller. 134
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Weimar d. 11 Juni 1844. * Adolf von Heideck besaß eine umfangreiche Sammlung von Drucken und Zeichnungen zur Landschaftskunst. Er fertigte zahlreiche Radierungen nach Nicholas Poussin (1594–1665) und Gaspard Dughet (1615–1675) an und war deshalb für Preller ein begehrter Gesprächspartner. Seine Sammlung kam 1857 im Leipziger Auktionshaus Weigel zur Versteigerung. Der Katalog umfasste 1970 Lose: Catalog der von Adolf von Heydeck (genannt Poussin-Heydeck) hinterlassenen Sammlung von Kupferstichen, Radirungen, Lithographien, Handzeichnungen etc., worunter sich Werke von G. Poussin, Claude Lorrain und J. C. Reinhart auszeichnen. Siehe auch Brief 136. ** Wohl Francois Vivares (1709–1780), französischer Kupferstecher und Radierer von Landschaften. Staatliche Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv, Autographensammlung. Signatur: SMBZA, V/AS 1117.
125 Weimar, den 12. Juli 1844. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Grüß Dich Gott mein alter Herzensfreund! Was magst Du wohl denken, daß ich auf zwei Deiner so lieben Briefe bis jetzt noch nicht geantwortet? Alles denke, aber daß ich aus Listigkeit nicht schreibe, kannst Du von mir doch nicht glauben, wenigstens wenn es an Dich ist. Dein erster Brief traf mich noch kurz vor meiner Reise nach Helgoland, allwo ich meinen Zweck nur zur Hälfte erreichte. Halb krank reiste ich ab, in der Hoffnung die See würde mir wohl thun, betrog mich aber auch hierin, medizinirte die ganze Zeit dort u erkältete mich auf der Rückreise dermaßen daß ich ganz zerknickt zurückkam und noch diese Stunde an meiner Wiederherstellung laborire. Die Insel ist in gewisser Beziehung höchst interessant, für den Genre Maler eine unerschätzliche Fundgrube. Das Volk , ganz besonders das schöne Geschlecht schön von Kopf u Körper u ganz besonders graziös in allen ihren Bewegungen. Du darfst nicht dahin, lieber Bernhard, denn Du verlierst jeden Augenblick ein Stück von deinem Herzen. Bildung u Farbe der Insel selbst häßlich u schwer etwas daraus zu machen, außer auf der nordwestlichen Seite, wo das Wetter einigermaßen für die Maler gesorgt hat. Rügen also ist mir lieber u ich werde es nicht leicht vergessen, ja vielleicht noch einmal dahin wandern. Das beste was ich von Helgoland mitgebracht ist die Erinnerung an die Überfahrt von Kuxhaven in einer kleinen Fischer Schaluppe (Dampfschiffe gingen so früh im Jahr nicht). Ohngefähr 4 Meilen in See erwischte uns ein contrairer Nordwest, trieb sein grauses Spiel mit uns u unsrer kleinen Behausung u verlängerte die Fahrt um 13 Stunden. Was ich hier gesehen u erlebt werde ich nie vergessen. Daß ich nie seekrank bin läßt mich alles rein genießen. Furcht kenne ich auf dem Wasser auch nicht, (ja ich glaube ich wär ein guter Seemann worden) u so kannst Du denken daß ich für mein Studium einen großen Gewinn in dieser kurzen Zeit hatte.
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Hier zurück habe ich begonnen, tüchtig zu arbeiten, u dann mit all den lieben Meinen einen Besuch in Heilsau gemacht. Post ando Rudolstadt sprach ich Deinen Bruder, der Dir unsre Grüße wohl überbracht haben wird. Wir alle waren glücklich, ganz besonders die Großmutter, die zwei Nächte in Heilsau blieb um ihrem Liebling Ernst immer nahe zu sein. Er hat sich aber auch zu unser aller Freude außerordentlich hübsch schon in dieser kurzen Zeit gemacht. Möge ihn der Himmel ferner behüten. Dein zweiter Brief kurz vor unsrer Heilsauer Reise ist mir so unendlich theuer. Durch Deine Versicherung über Deinen Zustand, der mich wahrhaft ängstigte, da ich mehrmals hören mußte wie übel Dirs wieder ging. Nimm Dich ums Himmels Willen in Acht. Du lebst an einem paradisischem aber für Deine Gesundheit doch gefährlichen Ort. Die Kutte, deren Schnitt Du haben willst, will ich durch die Blutpost schicken, im Fall Du ihn bald nöthig hast sonst hätte ich eine andre schickliche Gelegenheit abgewartet. Höchst zweckmäßig glaub ich, wird sie für Deine Lage sein. Geht alles nach Wunsch, so denke ich Dich jedenfalls diesen Herbst auf ein paar Tage zu sehen. Das soll der Schluß meiner Ausflüge für dies Jahr sein, u darauf freue ich mich königlich. Daß das Bildchen dem Erbgroßherzog gefallen, macht mir große Freude. Auch in Dresden, wo es ausgestellt war, hat es sehr gefallen. Es wurde mir neulich vom Kunstverein eine Kritik desselben zu geschickt mit der ich in hohen Grade zufrieden sein könnte wenn ich sonst zufrieden mit meinem Machwerk wär. Eine Wiederholung desselben, die ich für Christiania* bestimmt, mißglückte. Ich mußte es demoliren, u an dessen Stelle ein norwegisches malen, welches ich jetzt retouchiere. Der Seesturm 6 ½ Fuß lang ist fast untermalt, u ist dem Gegenstand nach ein wirklich bedeutendes Bild. Glückt es im malen, muß es mein bestes Bild werden.** Gott! Wie große Freude habe ich immer an meinen Arbeiten, so lange sich noch etwas erwarten läßt. Sind sie fertig, schäme ich mich stets ihrer und denke für das nächstemal etwas bessres zu machen. Niemals habe ich so hart gefühlt wie schwer es ist etwas tüchtiges zu machen. Sauer laß ich mirs werden wie gewiß wenige denn ich hatte eine unglückliche Jugend u muß viel nachholen. Genug davon, ich langweile Dich. Es wird überhaupt spät, der Brief muß zur Post, u länger will u kann ichs nicht aufschieben ohne mir selbst die bittersten Vorwürfe zu machen. Empfiehl uns alle Deiner geliebten Mutter, Schwester u Brüdern. Dich grüßt zu tausendmaler Dein alter treuer Fritz Preller. Weimar d. 12 Juli 1844. * Siehe Brief 113. ** Siehe die Briefe 121 und 123. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3641.
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126 Weimar, den 3. August 1844. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Freund! Ich habe Gelegenheit durch Herrn Wittig, Vater des Malers Wittig, den Du ja kennst, Dir einige Worte zu kommen zu lassen. Er will nemlich, da er in der Nähe, die Wartburg sehen u ich adressiere ihn an Dich. Seine Zeit ist beschränkt aber er wird doch mehr sehen als wir aufweisen können. Anbei erhälst Du auch die Neapolitaner Kutte die Du wohl längst erwartet haben wirst. Noch bin ich gesonnen Dir einen kurzen Besuch diesen Sommer zu machen. Um einen armen Teufel Namens Monnet aus Rudolstadt mitzubringen suche ich jetzt Geld für ihn zu sammeln u frage Dich also, ob einer oder einige seiner Pfeifenköpfe, die ich durch Thon schickte (mit der Wartburg) verkauft sind. Ist es so, dann schicke mir ja den Ertrag. Grüße mir deine liebe Mama, Schwester u Bruder herzlich von mir u den meinigen. Auf baldiges Wiedersehen Dein alter treuer Fritz Preller Weimar d. 3. Aug. 1844. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3642.
127 Abb. 13 Weimar, den 12. September 1844. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Gott grüße Dich und die Lieben Deinen! Noch leben und sprechen wir von nichts als dem schönen Aufenthalt auf Wartburg, jeder, groß wie klein erzählt das durchlebte den seinen wieder und wieder und immer werden beide Theile satt. Die Rückreise hatte nichts ungewöhnliches, außer daß wir die gute Mama überraschten. Doch hatte sie wie immer alles in größter Ordnung u niederländischer Sauberkeit vorbereitet u freut sich nun nicht mehr ohne ihre Kinder zu sein, obgleich sie große Freude daran hatte, uns in Eisenach zu wissen. Du, lieber Bernhard, bist auch entfernt ihr Liebling geblieben. Der kleinste Umstand, jedes Wort, was sie an Dich erinnert (und das geschieht wahrlich sehr oft) veranlaßt sie immer zu sagen: wenn ich ihn doch einmal wiedersehen sollte, er ist doch so gut. Du magst Dir also denken, wie glücklich sie ist, wenn wir nun von dem so einfach angenehm durchlebten Tagen erzählen. Wir werden öfterer als Ihr denken könnt günstig mit Euch leben, u so lange an die Zeit denken bis wir uns wieder sehen u wieder neues erleben. Das einzige was uns leid thät ist, daß wir Deiner lieben vortrefflichen Mama so ungewöhnlich viel Trubel ins Haus gebracht. 137
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13. Friedrich Preller d. Ä.: Eline Erichsen, Zeichnung, 1844.
Uns brachte sie ja ihre Ruhe ja vielleicht selbst ihr Wohlbefinden zum Opfer u dies immer mit einer Heiterkeit, die mich oft gerührt. Sage ihr den innigsten Dank für die glückliche Tage, die sie uns allen bereitet u beruhige uns ja bald über ihr und Dein Befinden. Deiner guten lieben Schwester danke ich nochmals von Herzen für alles liebe u die Nachsicht, die sie mit einem alten Streitkopf gehabt, der sie deshalb aber um so mehr liebt u achtet. Marien that es leid sie nicht noch einmal gesehen zu haben, ehe sie hörte sie sei mit bis Eisenach gegangen. Möge sie wohl wieder auf Wartburg angekommen sein! Den Maler Emde*, den ich zweimal aufsuchte, habe ich nicht getroffen, werde mich aber jedenfalls genau über sein Befinden und die Frau erkundigen, die ihn geholfen um Dir dann Nachricht zu geben. Die Ausstellung ist doch noch ganz leidlich geworden. Heute sind noch 6 Bilder von Gräfin Julie von Eggloffstein** angekommen. Alles kirchliche Gegenstände. Mit ihrem Talent hat sie auch in diesem Fache eine gewisse Ruhe erreicht. An Tiefe fehlt es ihr jedoch für diesen Zweig der Kunst. Sie ist und bleibt zu sinnlich und wird nie erreichen was man mit Recht in diesem Fach fordert. Von Carl Hummel ist noch 138
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nichts angekommen worauf wir eigentlich sehr gehofft hatten. Thon hat einige hübsche Sachen außer seinem Bildchen. Besonders launig u lebendig ist: unsre Reise in Norwegen friesartig componiert, und gut gezeichnet.*** Die Schule ist besonders in der ersten Classe bei den Jungens besser als seit mehreren Jahren. Du würdest doch einen Unterschied gegen sonst finden. Doch ich muß schließen, es wird dunkel u Du darfst nicht zu viel lesen. Unser guter Ernst ist noch nicht angekommen. Behüte Dich u die lieben Deinen der Himmel. Möchte Dir es doch bald wieder ganz gut gehen, u grüße von ganzem Herzen deine vortreffliche Mutter u Schwester von uns allen. Und laß recht bald etwas hören. Deinem Dich innigst liebenden Friedrich Preller. Weimar d. 12 Septbr 1844. * Wohl der Maler August van der Embde (1780–1862). ** Julie von Egloffstein (1792–1869), Hofdame, in Weimar tätige Malerin. *** Im Jahre 1846 fügte Sixtus Armin Thom eine szenische Folge von 46 Blättern zum Ablauf der Norwegenreise von 1840 als Voyage pittoresque zusammen. Der Herausgeber dankt Dr. Iris Berndt für diesen Hinweis. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3643.
128 Weimar, um 1845. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Daß Du meinen Brief nicht durch Müller erhälst ist die Schuld dieses Erzdummkopfs der mir gestern Abend, den letzten vor seiner Abreise, erst Deinen Brief brachte u hinterließ, er wolle den Tag darauf wieder kommen, was natürlich nicht sein konnte da der Esel denselben Morgen abgereist war. Seine Mutter sagte unserm Mädchen daß er 8 Tage hiergewesen, was mich so wild machte daß ich ihn wahrscheinlich tüchtig zu Leibe gegangen, wenn’s möglich gewesen wär. Daß er kein Genie habe ich ihn wohl lange angemerkt, daß er aber so total vernagelt glaube ich erst von nun an. Nochmals von uns allen die herzlichsten Grüße, auch an Bruder Herrmann. Diesen Abend ist viel von Dir u der lieben Wartburg gesprochen worden. Ernst zeigt allen die da kommen, Andres Portrait u läßt ihn schönstens grüßen. Milchen* ist ganz glücklich in den Gedanken an die Eselsfahrten. Adio Herzensfreund. Laß bald wieder etwas von Dir hören. * Emil Preller (1836–1893), Sohn Friedrich Prellers. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3626.
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14. Friedrich Preller d. Ä.: Die Kinder des Künstlers, Zeichnung, um 1848.
129 Weimar, um 1845. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Sohn des Carl Gustav Boerner.
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Guten Tag mein kleiner lieber Freund Paul! Ich benutze eine Gelegenheit nach Leipzig um Dir die versprochenen Käfer zukommen zu lassen. Hoffentlich kommen sie unversehrt in Deine Hände. Sie sind alle bei uns einheimisch, u ich denke sie sollten sich durch neue Kameraden vermehrt haben, wenn ich wieder zu Dir komme. Zu Weihnachten mußt Du Dir nun einen Glaskasten beim Christkindchen bestellen, damit Du sie vor Raub bewahren kanst. Mit dem Frühjahr wird dann der angehende Naturforscher Paul Börner seine kleinen Exkursionen ins Feld u Busch machen u Gelegenheit mancher Art finden seine Sammlungen zu bereichern. Hoffentlich sehen wir uns dann auch einmal wieder. Grüße Deine lieben Eltern recht herzlich von uns. Meine drei Knaben, die in der Schule sind, lassen Dich tausendfach grüßen, ich verbleibe für immer Dein Freund Friedrich Preller. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
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130 Um 1845. An seinen Sohn Emil (1836–1893). An Emil Sei herzlich gegrüßt mein liebes Dickerchen! Die Mutter schreibt mir daß Ihr jetzt Mäuse fangt, u das ist recht, sonst fressen sie ja Euch alle Leckerbissen hinweg, oder verbietet es ihnen nur bei Todesstrafe wenn ihr sie in Eurer Gewalt habt? —— Ich würde aber doch rathen strenger mit ihnen zu verfahren, denn sie halten nicht immer Wort, wenn sie wieder in Freiheit, sind sie auch alsbald wieder die alten. Haltet Ihr auch noch den Garten hübsch sauber? Den muß mein Milchen beaufsichigen, er ist ja der kleine Gärtner, u wenn ich zurükkomme muß ich alles beaufsichtigen. Jetzt mein Dikchen leb wohl u schreib bald ein paar Worten Deinem Dich liebenden Vater Friedrich Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
131 Weimar, den 10. März 1845. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber alter Freund. Die ersten Worte zu Papier gehören Dir. Ich liege noch zu Bett u obgleich ich gewohnt bin auf den Knien zu zeichnen so will es doch mit dem Schreiben weniger gut gehen, weil die Füße zu hoch stehen. Verzeihe also u nimm mein Briefchen auch in schlechter Gestalt gut auf. Durch Frl. v. Zeschau wirst Du erfahren haben, welche Angst die meinen wieder einmal um mich ausgestanden. Hoffentlich ist nun die böse Zeit vorüber. Meine Krankheit war gefährlich u schmerzhaft. Die hartnäckigsten bösartigsten Blutstockungen ließen den Arzt von morgens 7 Uhr bis nachts 3 Uhr keinen Augenblick von meinem Bett weichen u dies mochte die angstvollste Zeit für meine gute Marie sein. Später traten meine Magenu Brustkrämpfe so furchtbar auf daß ich wirklich nicht glauben kann, es gebe größere Schmerzen, dazu kam die peinigende Kur mit Blutigeln, Schröpfen, Rettigplastern usw. Genug von diesen Schreckensgerede. Ich fühle mich die unruhigen Nächte abgerechnet wieder leidlich, kann wieder einige Stunden auf sein u hoffe, die Kräfte sollen sich auch bald wieder einfinden. Mit der guten lieben Mama geht es gewiß wieder gut? Ich hoffe es sicher u freue mich mit Euch lieben. Grüße sie mir von ganzem Herzen zehn tausendmal. Ich fühle, daß ich schließen muß, so ungern ich abbreche. Noch muß ich Dir aber doch sagen daß mein großes Bild zur großen Freude d. Fr. Großherzogin fertig u von ihr wie vom Publikum aufgenommen wie noch keines meiner frühern. Die Meinen u Fr. Seidler empfehlen sich den Deinen u grüßen herzlichst mit mir, Deinen 141
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Dich treu liebenden Fritz Preller. Weimar d. 10 März 1845. d. nächste Brief soll Dir mehr und hoffentlich besseres bringen. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3637.
132 Weimar, den 10. April 1845. An Unbekannt. d. 10 Apr. 1845. Mein lieber Freund! Endlich kommt die Zeit wieder, wo ich etwas freilich noch sehr wenig, unternehmen darf. Das erste sei Euch einige Zeilen zu schreiben und für Eure Theilnahme herzlich zu danken. Wie viel hat sich in der kurzen Zeit, seit wir uns nicht sahen zugetragen! — Kegels Dahinscheiden hat alle seine Freunde und Bekannten tief ergriffen. Keiner wollte u konnte sich denken, daß es mit ihm so, u so schnell endigen würde. Ach! was magst Du in dieser Zeit gelitten haben, denn keiner verliert ja, was Du an ihm verloren. — Schon Dich nur, damit Du auch gesund bleibst. Ich weiß aus Erfahrung, daß solche Aufregung nicht immer ohne böse Folgen bleibt. Mit mir geht es täglich etwas besser. Dies war der harteste Anfall, der mich noch betroffen. Schwerlich würde ich einen zweiten aushalten können, und wir alle, ja ich bin überzeugt, der Arzt selbst hat gezweifelt mich dies mal durch zu schleppen. Wie mir Dein Schwiegervater sagt, wünschest Du etwas näheres über die Krankheit zu wissen, hier hast du was ich selbst weiß. Schon seit längerer Zeit befand ich mich sehr unwohl, hatte Anfälle von Blutstockungen, wurde ganz graugelb im Gesicht, ohne daß sich etwas entschied, bis endlich eines Abend besagte Stockungen so heftig wurden, daß der Puls erst aussetzte u schreckliche Beängstigungen eintraten, die sich immer mehr steigerten. Den Morgen nach dieser Nacht starb ich formlich ab, der ganze Körper wurde eiskalt, der Puls war ganze viertel Stunde nicht fühlbar u mir war das sichere Gefühl es müßte mit einem Schlage endigen. Von hier an ist mir keine deutliche Erinnerung geblieben. — Reimann, der ein wahres Kunststük an mir ausgeführt hat, bearbeitete mich von morgens 7 Uhr bis Nachts 3 Uhr unausgesetzt. Da fängt auch meine Erinnerung wieder an. In diese Zeit gesellte sich noch zu allem Schlimmen ein furchtbarer Anfall von Magenkrampf, der jedesmal wieder kehrte, sobald ich den Versuch machte etwas zu mir zu nehmen. Selbst der Tropfen Wasser brachte die unsäglichsten Schmerzen hervor. Die schmerzhafte Kur will ich gar nicht erwähnen. Jetzt erstaune ich wenn ich bedenke was ein Mensch aushalten kann. Die kurze Zeit von 2 Tagen hatte mich zu einem lebenden Scelett gemacht. Wo das Fleisch hin war begriff niemand. Mein Balg, meine Waden, waren total verschwunden. Jetzt geht es langsam wieder berg auf. 142
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Mit den besten Appetit hat sich auch wieder der gute Muth eingefunden u täglich kann ich die Bemerkung machen daß meine Kräfte zunehmen. Jetzt will ich mich tummeln damit Du bei Deinem Eintreffen hier mir nichts mehr ansiehst. Möchte nur der Himmel die Meinen auch behüten, die sich während der ganzen Zeit sehr geängstigt u angegriffen haben. Eine Reise diesen Sommer soll meine Kur vollenden. In der Hoffnung daß es Euch lieben allen besser ergeht als so vielen hier, die durch unser Clima diesen Winter erschreklich gelitten, schließe ich für diesmal. Meine Frau Schwiegermutter u Fräulein Seidler grüßen mit mir Dich u die Deinigen herzlichst. Das kleine liebe Mariechen küsse von mir, Deinem wahren Freund Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: Nl/255/c487.
133 Wartburg, den 16. Mai 1845. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Wartburg den 16. May früh 9 Uhr. Meine liebe kleine gute Maus! Du wirst Dich wundern noch immer nichts von mir gehört zu haben, es geht mir indeß gut u meine einzige Entschuldigung ist, daß ich ein Stromer bin, den Du ja genug an mir kennst. Daß ich den ersten Abend das Erfurter Conzert durch Zureden abgewartet, wirst Du durch Genaßt’s erfahren haben. Mizder hat schön gesungen u wir sind doch noch einige male zusammen gewesen. Geschlafen habe ich im Thüringerhof. In Gotha bin ich bei Schük* geblieben, habe dort die Norma gehört, in welcher Rolle die Falconi** einzig in ihrer Art dasteht. Diese ist eine Sängerin erster Classe u vielleicht jetzt die bedeutenste in Deutschland. Schäck beredete ich für 1 Tag mit nach Eisenach zu gehen, wo er sich auch prächtig amüsirt hat. Den Nachmittag brachte ich bei Müller zu, u seit gestern Abend bin ich eben hier auf der Burg. Wir schwatzen viel u vielerlei da wir lange nicht beisammen gewesen. Arnswaldt u die ganze Familie befinden sich wohl u glüklich bei dem neuen Erscheinen des kl. Erbprinzen***. Noch denke ich immer daß uns Hofmann überrascht. Ich wollte ihn gern hier sehen. Sonnabend oder Sontag komme ich sicher zurük. Die Luft bekommt mir sehr gut, ich bin frisch u gesund und denke recht munter zu Euch zurük zu kommen. So einige Tage herum zuturln erfrischt mich ganz ausgezeichnet. Gestern hatte Eisenach eine große Hochzeit, die Tochter des Arztes Reinhardt und der jungen Appelius.**** Das Fest war im halben Mond u die ganze Gesellschaft war sehr heiter u laut. Es giebt Gelegenheit nach Eisenach u so schließe ich mit den allerherzlichsten Grüßen für alle Lieben; d.h. zuerst für Dich meine li. Marie, die herzige Großmutter u die lieben Kinder. Auch Arnswaldt bittet mich Euch 1000 mal herzlichst zu grüßen.
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Auf baldig frohes u. frisches Wiedersehen. Grüße mir Hofmanns freundlichst. Adio mein liebes Herz Dein F.P. * Ferdinand Schaeck (1807–1877), Landschaftsmaler. ** Cornélie Falcon (1814–1897), Opernsängerin. *** Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1844–1894). **** Louise Reinhardt und der Jurist Julius Appelius (1826–1900). Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
134 Weimar, den 13. Juli 1845. An Carl Gustav Boerner (1790–1855), Kunsthändler und Antiquar in Leipzig. Mein lieber Freund! Es ist schon eine geraume Zeit seit ich Deinen lieben Brief erhielt, u noch bin ich nicht zum Schreiben gekommen. Entschuldige mich, ich habe nicht weniger an Euch alle gedacht. Nimm unser aller herzlichsten Dank für Eure freundschaftliche Theilnahme an meinem trüben Schicksale. Es war für die meinen eine sehr harte Zeit. Gott sei Dank, es geht ja alles wieder ziemlich den alten gewohnten Gang. Ich bin fleißig, weil ich immer schaffen muß. Hätte ich vier Hände ich würde sie wohl auch verbrauchen denn größere Leidenschaft als zu malen kenne ich nicht. Ich hatte ein Plänchen gemacht, kommenden Spätsommer eine Reise nach Dresden mit meiner Frau zu machen, doch es ist uns ein Strich durch die Rechnung gekommen. Um Seestudien für ein großes Bild zu machen gehe ich nach Ostende u gebrauche dort zugleich Seebäder, der Arzt aber will es durchaus nicht ohne die Begleitung meiner Frau erlauben, u das kostet mir mehr, als sich mit der Reise außerdem nach Dresden verträgt. Sag an, kannst Du nicht abkommen u endlich einmal mit mir die lieben Niederlande sehen? Es wäre wohl gar hübsch, überleg u schreibe mir etwas hierüber. Ich denke gegen Ende Juli von hier abzureisen, u ohngefähr 4 Wochen wegzubleiben. Wie geht es den Deinigen? Grüße sie alle aufs herzlichste von mir u den meinigen, die sich alle wohl befinden. Laß bald etwas von Dir hören Deinem alten Friedrich Preller. Weimar d. 13 Juli 1845. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
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135 Wilhelmstal, den 23. September 1845. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862)
Abb. 15 und 16
Guten Morgen meine liebe Marie! Damit Du doch weißt wie es mit mir steht will ich ehe ich zur Arbeit gehe, einige Zeilen schreiben. Seit 3 Tagen sitzen wir hier in Wilhelmsthal wohl u vergnügt, u arbeiten so viel als es das Wetter erlaubt. Das Drusenthal haben wir nicht für unsre Zweke gefunden, der Charakter ist wild, aber kleinlich u unmalerisch. Hier zeichne ich hauptsächlich alte Fichten, die man wohl noch hübsch genug findet. Gestern, als Montag habe ich den ganzen Tag an fürchterlichen Kopfweh gelegen, heut geht es, wie gewöhnlich wieder gut, u ich denke morgen nach Eisenach zu gehen, um dann Donnerstag, wenn alles gut geht zu Euch zu kommen, vorausgesetzt daß uns das Wetter günstig. Vorgestern hatten wir einen Besuch v. Arnswaldt u Scheidemantel, gestern v. H. Müller, der auch heut wiederkommen wird. Ueberhaupt gefällt es uns in jederweise sehr gut, u die Ruhe thut uns sehr wohl. Zum Malen scheint es nicht kommen zu wollen, gezeichnet habe ich aber so viel es Zeit u Wetter erlaubte. Ich bin nun auch ziemlich für den Winter versorgt. Wie ich höre ist Kaiser auch in Eisenach, hier haben wir ihn noch nicht gesehen was mir auch sehr lieb. Wie mag es Euch Lieben doch gehen! — Es hat mir wahrhaft leid gethan Hoed’s zu verlassen. Sie waren auch sehr ergriffen. Jetzt werden sie wieder in [?] sein. Ihr Lieben werdet die Einsamkeit diesmal mehr als je fühlen. Noch einige Tage u wir sind wieder beisammen. Eben fällt mir bei daß ich doch vielleicht Freitag erst zu Euch komme, weil Müller mit nach Gotha will u dann bleibe ich einen Tag dort. Jetzt Ihr Lieben, behüte Euch Gott, Du liebe Marie grüße und küsse mir die lieben Kinder u die Mama von Herzen, u behalte lieb Deinen Fr. Pr. Wilhelmsthal früh 6 Uhr Dienstag Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
136 Weimar, im Frühjahr 1846 (?) An Adolf von Heideck (1787–1856), Kunstsammler, Maler und Radierer. Verehrtester Freund! Ihren lieben Brief und Beilagen habe ich zur richtigen Zeit erhalten und mich abermals von ganzem Herzen gefreut von Ihnen zu hören und Ihre Arbeiten zu sehen. Es sind wieder drei schöne Bilder die Sie mir ganz lebendig vor die Seele bringen, und dafür nehmen Sie den besten Dank. Erquikungen der Art sind mir in der letzten Zeit selten gekommen, obgleich ich mich von Zeitereignissen so fern gehalten habe als möglich. Ich danke Gott täglich daß ich mit Leib und Seele Künstler bin, ohnedies würd ich vielleicht mein Vaterland schon längst quittirt haben. Mein Studium ist mein Leben und ich vermeide gern alles was 145
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15. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait, Zeichnung, um 1848.
mich davon beunruhigt. Ich lege eine kleine Zeichnung bei in der Hoffnung daß Sie diese einige Augenblike interessirt. Sie ist nach einem kleinen wohlerhaltenen Bildchen von Nicolas Poussin, das jetzt in meinem Besitz ist, und das ich Ihnen mahl zu sehen wünsche. Vielleicht bin ich noch einmal so glüklich hier zu sehen? Mein Schüler Donner* aus Dresden ist jetzt in Ihrer Nähe u Sie werden ihn hoffentlich gesehen haben. Die letzte Zeit hat ihn einen tüchtigen Schritt vorwärts thun lassen. Von seinem pontischen Künstlersinn läßt sich mit der Zeit sehr erfreuliches erwarten. Die Unruhen haben ihn leider mehr zu schaffen gemacht als ich wünschte. Doch ich denke er wird bald von seinem Ideale in der Politik zurükkommen. Ich arbeite gegenwärtig fleißig an sehr verschiedenen Sachen u hoffe bald wieder etwas zu Stande zu bringen. Vielleicht ist mir gegönnt Sie im Laufe des Sommers auf zu suchen. Ich sehne mich recht sehr einmal wieder eine schöne Vegitation zu sehen u Dessau bietet mehr als ich irgendwo in der Art finden kann. Bis dahin seien Sie aufs herzlichste gegrüßt Ihr Fr. Preller. * Otto Donner von Richter (1828–1911), Historienmaler und Kunstschriftsteller; 1855 u. a. für Moritz von Schwind (1804–1871) bei der Ausmalung der Räume auf der Wartburg tätig; Schüler von Preller. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3604.
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16. Friedrich Preller d. Ä.: Marie Preller beim Spinnen, Zeichnung, um 1848.
137 Weimar, den 26. Mai 1846. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Grüß Dich Gott, mein lieber Freund! Endlich komme ich doch dazu Dir einige Worte zu schreiben. Der liebe Gott weiß es wie schwer es mir immer wird, alles zu beseitigen, um eine lumpige Feder zwischen die Finger zu nehmen. Zu allererst nimm den herzlichsten Dank für die rasche Übersendung des Waldmeister, der obgleich noch nicht verbraucht, doch nicht ungenutzt bleiben soll. Ich erwarte blos Reimann, um mit guten Gewissen in einem wackern Glase Deine Gesundheit trinken zu können. Möge Dirs dich so fortgehen, wie bei Deinem Hiersein! Obgleich wir lange nicht so viel von Dir hatten, als uns allen Bedürfnis ist, so sind wir doch froh, Dich einmal wieder u zwar heiterer u wohler gesehen zu haben als wir erwarteten. Jetzt, da Du weg bist, erinnere ich mir oft die traurigen Tage, die Du seit einer Reise vor Jahren verlebt hast. Hoffentlich ist diese Zeit vorüber u wir zählen nun von 1846. Möchte es mir auch so ergehen! Doch ich muß aufrichtig sein, der laufende Sommer scheint sich gut anzulassen, u ich will in Geduld erwarten was über mich bestimmt ist. 147
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So eben verläßt mich Betzold,* den wir vor einigen Tagen samt und sonders einen Besuch gemacht haben. Er war Dir ganz böse, daß Du ihn nicht einen Augenblick besucht hattest. Ettersburg hat mich wahrhaft überrascht, ganz besonders der Ausbau der wirklich etwas sehr malerisches hat. Überhaupt scheint mir die Sache im Ganzen alljährlich mehr zu gewinnen. B. ist ein tüchtiger, immer freundlicher, immer vorwärts strebender Mensch, der dem Erbgroßherzog noch oft zu Freude sein wird, denn was er thut, ruht allemal auf festem Grunde. Deine Nachrichten über Wartburg haben mich abermals übel gestimmt. Ich wünsche nur das Eine, daß der Erbgroßherzog sich nicht der öffentlichen Rüge zu sehr blos stelle. Ich verehre und lieb ihn, u deswegen berührt es auch mich schmerzlich. Möchte das alles sich zum möglichst guten wende. Nun eine Neuigkeit: Carl Hummel ist junger u nagelneuer Vater eines gesunden Buben geworden, u sehr glücklich. Es geht alles gut, obgleich die Endbindung hart, ja gefährlich war u uns allen viel unruhige Stunden machte. Warte nicht mehr zu lange, sondern sieh Dich auch bald nach einer liebenswürdigen Gefährtin um. Denn als alten Junggesellen kann u mag ich Dich mir nie und nimmer denken. Das Leben bekommt bei Gott erst den rechten Werth durch eine glückliche Verbindung die Dir gewiß nicht fehlen wird wenn Du willst und mit Vorsicht nebenbei wählst. Auch muß ja die Burg eine Burgfrau haben. Verwirf nicht, was Du in einigen Jahren immer schwieriger werden wirst, zu nehmen. Besieh die Junggesellen Müller und Kaiser. Bekommst Du nicht Gänsehaut? Mein Bild habe ich endlich aus den Händen gestellt. Im wesentlichen ist nichts mehr zu verbessern, und ich bin zu müde daran. Jetzt ruhe ich einige Tage, um dann wieder an die Arbeit zu gehen ohne die ich nicht athmen kann. Macht mich der Himmel zum malen untauglich, so sterbe ich, denn schaffen muß ich. Grüße mir Herrmann** mit seiner liebenswürdigen Braut zehntausentmal, u sag ihm daß ich mich seines baldigen Glückes mit den meinen von ganzem Herzen freue. Auch Deine liebe Mama u Schwester so bald Du schreibst, grüße von uns allen. Versäume nicht, recht bald wieder etwas hören zu lassen. Die herzlichsten Grüße von uns allen u doppelt von Deinem alten Fritz Preller. Weimar d. 26. Mai 1846. * Eduard Petzold (1815–1891) war von 1844–1852 Großherzoglich-Weimarer Hofgärtner in Ettersburg und Weimar. ** Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald (1813–1894). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3645.
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138 Weimar, im Sommer 1846 (?) An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein lieber Freund! Es hat mir sehr leid gethan Dich bei meinem Zurückkommen vom Schloß, welches nun 5 Minuten zu spät war, nicht mehr zu finden. Denn daß Du so bald auf den Bahnhof eintreffen mußtest ahndete ich nicht. In summa jetzt ist nichts mehr zu machen u ich hoffe wir sehen uns also bald auf kurze Zeit wieder. Wir haben beschlossen mit dem zweiten Zug von hier abzufahren, demnach würden ohngefähr halb 4 Uhr in Eisenach eintreffen u würdest Du dann in Eisenach sein, so wäre die Freude von unsrer Seite doppelt. Gern u zwar am liebsten ginge ich heute, doch die Zeichenstunde kommt zwischen, u wir haben es also auf den Sontag verlegt. Sollten wir indessen nicht kommen, so ist etwas besonderes Schuld, was ich indessen nicht glauben will. Alle die meinigen grüßen Dich aufs herzlichste. Ich freue mich innigst, Deine liebe Mama u Schwester Marie nach so langer Trennung einmal wieder zu sehen. Adio Dein Fried. Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3647.
139 Weimar, den 21. Januar 1847. An Carl Oesterley (1805–1891), Maler. Sehr geehrter Freund! Gestern erhielt ich Ihr zweites werthes Schreiben nebst Beilage an Hummel welches sogleich besorgt wurde. Die Nichtbeantwortung Ihres ersten ist eine Folge meiner fast ununterbrochenen Kränklichkeit, die sich erst seit ganz kurzer Zeit wieder besser gestaltet, und hoffentlich bald mich ganz verläßt. Anbei schike ich Ihnen von Radirungen alle, deren Platten ich selbst besitze, freilich nicht in den besten Druken, aber so gut, als sie in Weimar gemacht werden können, wo man derart Dinge alle schlecht bekommt. Das Hünengrab ist im Künstleralbum in Düsseldorf, u zwei andere bei Kur in Berlin erschienen, womit ich also nicht dienen kann, da ich selbst nicht einen Druck besitze. Von Honorar kann hier keine Rede sein, da die Sache zu unbedeutend, u ich mich freuen muß, daß Sie ihr einige Beachtung schenken. Sehr leid ist es mir aber Ihnen von meinen größern Arbeiten diesmal nichts schiken zu können, da mich die fatale Krankheit an deren Vollendung so sehr gehindert. Doch vielleicht paßt sich’s ein andermal. Ich habe zwei große Bilder in Arbeit an denen ich mit Freude arbeite. Einen Seesturm u einen teutschen Wald im Spätherbst. Ersterer 149
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vom Dresdner Kunstverein im Auftrag u zweiten für den König von Holland. Ob es also möglich Ihnen hievon etwas zu schiken weiß ich nicht. Doch wie gesagt, vielleicht fügt sich’s ein andermal. Hummels großes Bild wird Ihnen gewiß gefallen. Empfehlen Sie mich Herrn Ditmold Sie herzlich grüßend Ihr Friedrich Preller. Weimar d. 21 Jan. 1847. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 49.
140 Weimar, den 1. Juli 1847. An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Weimar. d. 1 Juli 47 Mein lieber Freund! Hätte ich nicht die Ueberzeugung daß Sie meine Schreibwuth genau kennten, müßt ich fürchten daß Sie mir bös seien. So aber denke ich, daß Sie mir’s nicht zu hoch anrechnen. Ihre beiden Briefe haben uns allen wahrhaft große Freude gemacht. Ihre Rührigkeit u rasche Entschlüsse waren gewiß niemals mehr u besser von Erfolg als diesmal. Sie haben Amsterdam u Paris ihn[Tintenfleck] zu danken. Was auch dabei herausführt, viel oder wenig, die Erinnerung allein wird Ihnen in der Folge von großer Bedeutung sein, u man kann noch nicht sagen, ob es nicht noch andere Folgen hat. Also genießen Sie die Gegenwart an solchen Orten ja so viel sich mit Ihren Studien verträgt. Solche Gelegenheit u Zeit kehrt selten einmal wieder, u wenn? ist man wieder älter u hat von vielen Dingen andere Ansichten u Interessen. Zuweilen sehne ich mich gewaltig Paris zu sehen. In unserer kleinen Philister Hauptstadt geht alles den gewohnten Gang, ganz besonders das was uns im Jägerhause berührt. Sie kennen ja unser Treiben. Jetzt arbeite ich an dem großen Walde, den Sie wohl untermalt gesehen haben, u denke gegen Ende August damit fertig zu werden. Ist das geschehen u meine Gesundheit erlaubt es, so gehe ich mit Freund Schuchard nach der Insel Rügen. Georgi und vielleicht Donner* werden uns begleiten. Jetzt darf ich nur wenig arbeiten da ich Mineralwasser trinke, was mich zuweilen schwer ärgert. Zu Ende Juli will ich mit der ganzen Familie einen Besuch von 2 Tagen in Eisenach machen. Die Eisenbahn, die nun bis dahin fahrbar ist, erleichtert uns die Sache gar sehr, u wir alle freuen uns außerordentlich darauf, die Großmama besonders. Sie steht nun im 76sten Lebensjahre. Welche Freude für uns sie noch so frisch zu sehen! — Meiner Frau habe ich zu ihrem Geburtstag ein Album machen lassen u manch schöne Zeichnung schon gesammelt. Sollten Sie Gelegenheit finden einmal etwas gutes für mäßigen Preis zu aquiriren so vergessen Sie mich nicht. Sie wissen daß ich große Freude haben würde. So auch, wenn Ihnen Thierabgüsse, in der Art wie ich schon welche besitze 150
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vorkommen. Ad gut und scharf. Diese sind dort zu billigen Preisen zu haben. Diese beiden Dinge vergessen Sie nicht, u schiken mir das eine oder andere baldigst zu. Die Auslagen zahle ich dann an Ihren Herrn Vater u großen Dank zurük. Doch ich merke daß mein Papier schon zu Ende geht. u einen schweren Brief möcht ich nicht mit unbedeutenden Geschwätz auffüllen. Wir alle grüßen Sie herzlichst. Meine Frau läßt Ihnen sagen bei Henies’ens ging alles gut! – Grüßen Sie bei Gelegenheit Martersteig von Ihrem wahren Freund. Friedrich Preller. * Die beiden Preller-Schüler Wilhelm Georgy (1819–1887), Landschaftsmaler, und Otto Donner von Richter (1828–1911), Historienmaler und Kunstschriftsteller. Berlin, Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Signatur: Do 90/9829.22.
141 Weimar, den 29. Juli 1847. An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Mein lieber Freund! Vor einigen Tagen hatten wir wieder die Freude durch Ihr Briefchen überrascht zu werden um so mehr da es aus Antwerpen kam, wo wir Sie noch nicht erwarteten. Haben Sie schönen Dank. Daß wir Sie nun bald wiedersehen, hat alle in heitere Stimmung versetzt u jeder freut sich auf das, was Sie zu erzählen haben. Denn von uns allen haben Sie dies Jahr am meisten erlebt, u so dürfen wir auch mit Recht erwarten, daß Sie am meisten erzählen. Ich denke mir immer Sie bleiben um den Winter bei uns, da ja die Gallerie in Dresden nun bald geschlossen werden wird, wenn Sie hieher kommen. Arbeit wird sich wohl so viel finden daß Sie es aushalten können. Auf meine Gipsabgüsse freue ich mich wie ein Kind. Sein Sie nur beim Transport vorsichtig, u verzollen Sie dieselben, damit Sie keine Ungelegenheiten damit haben. Den Affen aber lassen Sie ja in Antwerpen, denn ich möchte wirklich nicht, wo wir den Schmutz u Stinkteufel hinquartiren sollten. Die Kinder erwarten ihn auch gar nicht mehr, da wir ihnen endlich doch begreiflich gemacht, daß es schwer angeht. Gern schriebe ich Ihnen was etwa hier vorgeht u Interesse hat, doch das Leben in Weimar ist so einerlei u mir so fern, daß ich nicht wüsste womit beginnen. Gestern erhielt ich einen Brief vom kl. Preller aus Dresden, der dort waker zu schaffen scheint. Der wird sich hoffentlich auch noch durchbeißen. Zugleicher Zeit haben sich wieder von dort aus drei Schüler bei mir angemeldet. Ob ich sie annehme weiß ich noch nicht, denn ich muss doch auch den Platz haben. Indeß freut mich’s daß sie Zutrauen zu mir haben. Mein Bild hat in Dresden scheint es gut gefallen, denn sie haben wieder eines bestellt, u ich denke daran wenn auch nicht ein so großes zu fertigen. Dies Jahr denke ich in Begleitung v. Georgi Deglim u A. Lieber* eine Tur nach Rügen zu machen, so es meine Gesundheit erlaubt, mit der es noch immer nicht recht vorwärts will. Was sich dort vorfindet wird 151
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mich besonders diesen kommenden Winter beschäftigen. Möge uns nebst allem, was dazu nöthig auch das Wetter begünstigen. Gestern habe ich aus Dresden die schrekliche Nachricht bekommen daß die dritte Frau v. Rietschel auch gestorben. Der arme Teufel. In Antwerpen grüßen Sie von uns allen herzlichst die bekannten Freunde. Ich denke oft mit wahrer Sehnsucht dahin. Verbringen Sie die Zeit dort gesund u zweckmäßig. Wir alle erwarten Sie mit wahrer Freude. Bis dahin die herzlichsten Grüße von allen besonders von Ihrem wahren Freunde Friedr. Preller. Weimar. d. 29 Juli 21 1847. * Die Preller-Schüler Wilhelm Georgy (1819–1887), De Glimes und August Lieber (1828–1850). Berlin Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Signatur: Do 90/9829.23.
142 Vilm, den 3. September 1847. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). […] Jetzt fängt es an stürmisch zu werden, und hält es an, gehen wir bald nach Hiddensöe, denn dort haben wir die Stürme aus erster Hand. […] Ich werde in Zukunft meine Studien wohl nur hier machen, denn reicher habe ich nie ein Land gesehen, selbst Italien nicht, obgleich in ganz anderer Weise. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 84.
143 Weimar, den 21. November 1847. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Guten Morgen lieber Freund! Ich habe Ihren Brief erhalten u bin froh den Tag zu wissen, an welchem Sie die Zeichnung wünschen. Schon längst würde sie in Ihren Händen sein, wäre nicht die Frau Großherzogin mit einigen Aquarellen u später mit Scizzen für größere Bilder zwischen kommen. Dies ist gerade jetzt alles in Ordnung u die nächste Zeit soll mir dienen einiges für Weihnachten u.s.w. zu machen. Den Anfang macht die Zeichnung für Ihre liebe u liebenswürdige Frau u soll zu rechter Stunde eintreffen. Dergleichen Sachen sind mir immer eine Erholung u ich freue mich solcher kleinen Unterbrechungen. Daß mir das Leipziger Museum ein Bild bestellt hat, gehört nicht zu den geringsten Ereignissen dieses Jahres. Bleibe ich so frisch wie ich mich jetzt fühle, soll es hoffentlich nicht das schlechteste werden, was es besitzt. Ich gehe mit großer Freude daran, werde aber 152
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vorher einige Scizzen einsenden, damit die Herren selbst wählen. An Leipzig knüpft sich so viel schönes u vortreffliches für mich, wie an keinen andern Ort. Doch Lieber Freund, Sie wissen das so gut wie ich, denn alles datirt sich von der Zeit meiner Bekanntschaft mit Ihnen. Gestern wurde hier Gustav Schmidts Oper aufgeführt u zwar mit allgemeinen großen Beifall.* Wir freuen uns alle dieses glüklichen Anfanges, auf den bei den Künstlern ja so sehr viel beruht. Möchte es ihn anregen mit allen Kräften vorwärts zu starten. Ihr Herr Bruder wird Ihnen diesen Brief überbringen, ich sah ihn gestern ganz flüchtig im Theater. Doch beinahe hätt ich etwas vergessen was mir gestern auch von Leipzig kam, aber nicht so erfreulich ist wie so vieles andere. Denken Sie sich: ich erhalte von Baumgärtners Buchhandlung die Aufforderung sie mit meinem Portrait zu beehren, um es für die Modezeitung stechen zu lassen. Ehe ich die Unterschrift gelesen, bin ich beinahe an einem Lachkrampf erstikt, u hätte also um ein Haar nicht erfahren, wer mich in die Modewelt einzuführen Lust hat. Nach diesem Anfall u. Lesung des Namens Baumgärtner bekam ich indeß eine große Neigung: einen Cannibalisch groben Brief zu schreiben u unter gehöriger Adresse abgehen zu lassen.** Es ist jedoch auf Zureden unterblieben. Ich frage Sie lieber Freund, was soll ich thun? Unter welche Gesellschaft komme ich? da ich das Blatt nicht kenne. Wie reime ich dies Benehmen mit den Plänen für die Einrichtung des streitigen Hauses zusammen? Alles ist mir so verrükt u lächerlich daß ich gar nichts daraus zu machen weiß. Wer zum Teufel kann auch in der Modewelt an meiner Existenz einiges Interesse haben? Klären Sie mich über all dies Zeug auf, ich werde bis dahin weder höflich noch grob werden, sondern ruhig verbleiben, bis Sie mir gerathen haben was ich thun soll. Hüten Sie sich aber für den verd. Lachkrampf. In der Erwartung recht bald eine Worte von Ihnen zu hören Ihr Friedrich Preller. * Am 20. November 1847 wurde in Weimar die Oper Prinz Eugen, der edle Ritter von Gustav Schmidt (1816– 1882) erstmals aufgeführt. Weitere Aufführungen fanden am 28. November und am 26. Dezember statt. ** Der Verlagsbuchhändler Julius Alexander Baumgärtner (1797–1855) stand zu der Zeit in schließlich erfolgreichen Kaufverhandlungen über das von Hermann Härtel (1803–1875) erbaute Römische Haus in Leipzig. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 488.
144 Weimar, den 30. November 1847. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Freund! Deinen Brief erhielt ich ehegestern u ich sehe eine Mahnung darin, Dir seit so lange einmal wieder zu schreiben. Ich nehme hiezu die Stunden wenn alle zu Bett sind, denn bei so zahlreicher Familie u gewöhnlich noch einiger Freunde des Abends will sich sehr selten ein Räumchen finden. 153
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Die Ursach, weshalb ich Dir nicht schon längst wegen des verabredeten Kränzchens geschrieben, war Schuchardt, der sehr spät von seiner Reise zurückkehrte u seitdem ununterbrochen kränklich war, u sich noch nicht ganz wohl befindet. Heute habe ich ernstlich mit ihm gesprochen, u unsre Sache scheint nicht recht zu Stande kommen zu können. Er meint, es sei zu theuer für die kurze Zeit des Aufenthaltes u ein längerer raube wieder zu viel Zeit. In summa mit ihm ist es nichts u ohne ihn ist es wieder nichts, da mit ihm zu viel wegfällt was von Interesse u Nutzen für die Sache sein würde. Er scheint bei so großer Familie freilich alles zusammennehmen zu müssen. Wie leid es mir ist Dir diese Nachricht zu schreiben weißt Du, denn es war ja einer meiner Lieblingsgedanken u Wünsche schon seit einigen Jahren. Doch ich denke zuweilen vielleicht macht es sich noch einmal. Vor einigen Tagen hegte ich einige Hoffnung Dich hier zu sehen, da im Theater ein vaterländisches Produkt aufgeführt wurde. Ich meine die Oper von Schmidt. Es würde Dich gewiß auch sehr gefreut haben sie zu hören, denn Text u Musik sind von Anfang bis zu Ende lebendig, interessant u höchst gemüthlich. Doch bald erscheint wieder etwas u dies liegt dir näher, Friedrich mit der gebissenen Wange. Ich habe es einmal lesen hören u begreife recht gut, wie man es in Leipzig mit solchen Enthusiasmus u zwar wiederholt aufgenommen hat. Wenn man mit Recht von seiner ersten dramatischen Arbeit sagte: Sie sei das Ergebnis eines sehr begabten Menschen, so muß man hier sagen daß sie von einem geistreichen angehenden Dichter, der zum Erstaunen viel u rasch überwunden u theilweis untadeliches vollbracht hat. Versäume ja nicht, lieber Bernhard, so bald es gegeben wird hieher zu kommen. Der Text zu Schmidts Oper* ist auch von ihm u obgleich etwas ganz verschiedenes, doch durchaus gut, ja besser u viel besser als eine Menge der besten neuen Opern Sujets diese Art. Wie betrübend ist es nun wenn wir ziemlich mit Gewißheit voraussetzen daß dieser tüchtige Geist bald, seiner unwürdig, nichts mehr vollbringen wird. Ich finde es durchaus falsch daß man vom Hofe aus alles versäumt, einen solchen Menschen zu retten. Meiner Ansicht nach wäre es vielleicht möglich, wenn man ihn auszeichnete, auf sein moralisches noch gut einzuwirken. Doch da soll man sagen: es sei ein gemeiner Mensch, u dabei ist man also fertig. Welcher gemeine Mensch war je im Stande, solche edle Gedanken zu sagen und pflegen als er thut? Er hat sich nur verirrt, u man sollte in dieser armen Zeit für Weimar keinen Versuch unterlassen, einen Menschen zu retten von dem das Vaterland Ehre hat. Doch er hat, wie man weiß, dort schlechte Vertreter, die seine Sache sogar öffentlich talentlos nennen ehe sie den Triumpf in Leipzig erlebte. Ob diese Herrn jetzt schweigen, weiß ich nicht, wohl aber, daß wenn ihr gesagtes Überzeugung ist, ich einen Hof nur bedauern, der sich mit solchen tauben Nüssen befaßt. Einer dieser Herrn kenne ich sehr gut von Person, aber Geistiges nichts, was von außenher Anerkennung gefunden u nichts was überhaupt auf einen Font schließen ließe. Er ist aber am Hofe eine beliebte u vielleicht auch brauchbare Figur. Genug hievon, das Thema ist nicht werth ein Blatt damit zu füllen. Meine Frau läßt Dir sagen daß noch alles für dich in Bereitschaft stehe wie du es verlassen u sie hoffe daß du bald einmal wieder einziehen würdest, was wir alle recht von Herzen wünschen.
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Die letzte Zeit hat viel trauriges gebracht. Der Tod von Schwabe hat uns alle, die wir mit ihm waren, tief betrübt. Noch kann ich mich noch gar nicht recht finden. Manche Fälle der Art scheinen einem eine lange Zeit nicht möglich. Die arme junge Frau! Was Du mir über den Wartburgbau des künftigen Jahres schreibst, beunruhigt mich einigermaßen. Die Summe wird den Herrschaften sehr bedeutend vorkommen, u doch muß endlich einmal etwas tüchtiges geschehen, denn mit ähnlichen Mitteln wie bisher ist der Bau nun einmal nicht hinzustellen. Vom Erbgroßherzog hört man hier gar wenig, er residirt, so viel ich weiß zu aller Verwunderung noch immer in Ettersburg. Ich habe ihn nun seit sehr lange nicht gesehen, oft aber seiner dankbar gedacht in Beziehung auf Betzold,** der die Hofgärtnerstelle in Weimar bekommt. Im Neujahr wird er hier einziehen. Es ist mir sehr angenehm ihn so nahe zu haben, er ist doch ein tüchtiger u strebsamer Mensch, der auf dem Lande doch mit der Zeit gewiß an Elastizität verloren hätte. Was er in Tiefort gemacht wird in einigen Jahren erst dem großen Publikum verständlich werden. Mir ist nichts vorgekommen was nicht offenbar gewonnen hätte, ja vieles was wahrhaft künstlerisch u geschmackvoll ist. Das malerische hat er richtig erfaßt u ihn stellenweis tüchtig nachgeholfen. Betzold muß nur fortfahren Gallerien zu sehen oder überhaupt sich mit der Kunst beschäftigen u es kann nicht fehlen, daß er ein in seiner Art ausgezeichneter Mensch wird. Nebenbei ist er auch ein liebenswürdiger Kerl. Bei der nun bald bevorstehenden Ausstellung in Gotha würde uns vielleicht eine Gelegenheit, uns zu sehen? Erlaubt es meine Gesundheit, denke ich jedenfalls auf 1 oder 2 Tage hin zu gehen. Nun, mein lieber Freund, schließe ich mit der Bitte alle die lieben Deinigen von uns allen herzlichst zu grüßen. Wir denken noch oft an den letzten Aufenthalt auf Wartburg mit der größten Freude. Unsre Rückfahrt wurde durch Fitzlers Verrücktheit interessant, ja bis ins lächerliche, davon ein andermal. Gott erhalte Dir Deine Gesundheit, schreib bald wieder Deinem wahrsten Fr. Preller d. 30. Novbr 1847. * Siehe Brief 143. ** Eduard Petzoldt (1815–1891), Landschaftsgärtner. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3649.
145 Gotha, den 7. März 1848, [Poststempel]. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862) Guten Abend liebe Marie! Ehe ich schlafen gehe noch einige Worte nachdem ich einen recht schlechten Tag mit Kopfweh im Bett zugebracht habe. Schon gestern Abend hatte ich einen schlimmen Anfang u heute morgen den Schmerz zum tollwerden. Erst Nachmittag 4 Uhr habe ich das 155
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Bett verlassen, u seit 6 Uhr hat sichs so gebessert daß ich denke morgen ganz frei zu sein. Ich will dann ganz früh in das Naturalien Cabinet u sehen was sich vorfindet. Bis übermorgen denke ich daher wieder bei Euch zu sein. Geht es dann mit Deinem Baken besser, so wirst Du wohl mit Linda kommen, die mir durch einige Worte schreibt daß sie sicher glaube nach Erfurt zu gehen. Nicht wahr mein liebes Herz Du kommst, wenn dies wohl genug ist? Es ist schon spät, der Maler Jänigen war hier den ganzen Abend. Schlaft alle süß, grüß mir Großmutter u die lieben Kinder, auch Linda u sag ihr daß ich schwerlich noch antworten könnte, da ich sehr matt u müde sei. Adio Dein Fr. Preller. Gotha. Dienstag Abend 10 Uhr. Ich wohne bei Schäck.* * Ferdinand Schaeck (1807–1877), Landschaftsmaler. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
146 Weimar, im September 1848. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Lieber theurer Freund! Nachträglich meinen besten Glückwunsch zu Deinem Geburtstag. Welcher Kummer es mir war, des Großherzogs Befehl nicht nachkommen zu können, das Wartburgfest zu versäumen, kannst du wohl denken. Ich lag mit den heftigsten Schmerzen zu Bett. In Eisenach ist mein Schüler Pölchen, um zu studieren, er beabsichtigt aber in nächster Zeit nach Petersburg zu gehen um für seine Zukunft Sorge zu tragen. Du, wie jeder, der P. kennt, weiß welch gebildeter vortrefflicher Mensch er ist, er ist aber auch ebenso strebsam, u wir alle wünschen ihm eine Zukunft als Künstler. Daß ihm daran liegt und liegen muß den Kaiser* zu sprechen, ist wohl begreiflich. Ist es wohl möglich, vom Großherzog eine Empfehlung zu haben, u kannst du deren Vermittler sein, so sei versichert, daß Du einen würdigen Menschen begünstigst. Bei uns geht es gut, ich bin fleißig u komme nächstens auf einen Tag zu Dir. Bis dahin behüt dich Gott. Treu Dein Friedrich Preller * Nikolaus I. (1796–1855), Kaiser von Russland. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3675.
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17. Heinrich, genannt Franz Dreber: Pilger im Felsental, Zeichnung laviert, 1848.
147 Abb. 17 Weimar, den 18. April 1849. An Johann Gottlob von Quandt (1787–1859), Kunsthistoriker und Kunstsammler. Mein lieber alter Freund! Du wirst Dich wundern von mir einmal etwas zu hören, u mit Recht, denn gäb mir nicht eine Kunstvereins Angelegenheit Veranlassung so dürfte ich sobald nicht zum Schreiben kommen das malen wird mir leichter. Die letzte Ausstellung in Dresden hatte eine schöne Zeichnung von Franz Dreber, sie wurde vom Kunstverein angekauft und fiel bei der Verlosung der verwitweten Erbgroßherzogin von Mecklenburg in Rudolstadt zu.* Sie erfuhr gelegentlich daß ich große Freude daran hatte, und schenkte sie mir, wie Du aus der bei liegen erfahren wirst. Schon seit Monaten warte ich nun vergebens, nicht begreifend, woran es liegen kann, da Probst dahier schon lange seine gewonnene Zeichnung besitzt. Ich wende mich deshalb an Dich lieber Freund mit der Bitte: mir die Zeichnung baldigst zu übersenden, ich denke es wird wohl gehen, da Du die Legitimation in Händen hast, den Empfang werde ich dann der Erbgroßherzogin sogleich anzeigen. Sollte dies sogleich nicht angehen, so sende sie nach Rudolstadt, denn dort werde ich sie dann empfangen. Den Brief aber lieber Freund schike mir, er wird mir eine angenehme Erinnerung an eine höchst achtbare Frau sein. 157
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Ich möchte womöglich Euch in diesem Sommer einmal besuchen denn S.–r kommt doch nicht. Empfiehl uns alle Deiner lieben Frau. Ist dies möglich so schreibe mir umgehend, wie es mit der Sache steht. Herzlich grüßend Dein Fr. Preller. Weimar d 18. Apr. 1849. * Es handelt sich um die Zeichnung „Pilger im Felsental“ von Heinrich (gen. Franz) Dreber (1822–1875), abgebildet bei Richard Schöne: Heinrich Dreber, Berlin 1940, Abb. 35. Siehe auch die Briefe 148 und 149. Dresden, Sächsisches Staatsarchiv, Aktengruppe 12509 Sächsischer Kunstverein, 01 Ältere Geschäftsakten und Korrespondenzen 1828–1873.
148 Weimar, den 30. April 1849. An Johann Gottlob von Quandt (1787–1859), Kunsthistoriker und Kunstsammler. Guten Tag lieber Freund! Die Antwort auf Deinen lieben Brief hat sich durch allerlei Abhaltungen um einige Tage verspätet, verzeihe, ich sehe ein daß in Geschäftssachen Pünktlichkeit zu fordern ist. Die Zeichnung ist zu meiner großen Freude glüklich angekommen u gerade zu meinem Geburtstage, machte also doppelt Freude. Sie hängt nun schon in meinem Studium u macht mir jedesmal Freude, so oft ich sie auch sehe, ja ihr geht es wie jedem Guten immer, man wird nie fertig damit, sondern findet es stets besser. Ich habe wirklich sehr große Freude daran.* Was Du mir über den Tausch der Bilder für die Frau Erbgroßherzogin geschrieben, habe ich nach Eisenach berichtet, wo sie gegenwärtig ist, u denke Du wirst von dort das nähere erfahren. Sie scheint viel Glük beim Kunstverein zu haben. Dir mein lieber Freund also den besten Dank für Deinen lieben Brief u die Uebersendung. Sag mal hast Du denn gar nichts von Deinen eigenen Sachen? Du würdest mir eine große Freude machen mit einem, u wenn es das kleinste Andenken, wäre. Ich sammle nehmlich seit einiger Zeit Zeichnungen, u hauptsächlich solche von Leuten, die mit persönlich näher gestanden. So bitte ich Dich auch, für den Fall daß Dir einmal etwas von dem alten Koch vorkommt, was in Dresden doch ehe passiren könnte als hier, an mich zu denken. An dieser Freude im Leben, am Sammeln, hat meine Frau das größte Interesse. Bei ihrer Liebe zu allem Künstlerischen, hat sie ihren Geschmak recht tüchtig ausgebildet, u ist glüklich im Besitz sehr hübscher Sachen. Denke also an mich lieber Freund, ich bin gern erbitig dagegen von mir etwas zu bieten. Vergiß nur aber auch nicht den Koch, wenn vielleicht einmal etwas in Auctionen sich bliken läßt. Wie oft hätte man in Italien die Gelegenheit gehabt?
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Grüße Deine l. Frau von mir u den meinigen schönstens. Alle Freunde ma fini bis ich selbst komme, was hoffentlich diesen Sommer geschieht. Adio Dein Fr. Preller Weimar d. 30. Apr. 1849. * Siehe Brief 147. Dresden, Sächsisches Staatsarchiv, Aktengruppe 12509 Sächsischer Kunstverein, 01 Ältere Geschäftsakten und Korrespondenzen 1828–1873.
149 Weimar, den 24. Juni 1849. An Johann Gottlob von Quandt (1787–1859), Kunsthistoriker und Kunstsammler. Guten Tag lieber Freund! Du erkennst in mir immer den alten Schreiber wieder. Ich bin Dir auf Dein letztes Schreiben noch immer die Antwort schuldig, die theils ohne meine Schuld sich verspätet hat, da einmal die Erbgroßherzogin und das anderemal ich krank war. Sie ist entschlossen den Tausch zu unterlassen u ihren Gewinn zu behalten.* Für die Uebersendung der Zeichnung meinen besten Dank. Ich erfreue mich täglich daran. Nun aber eine Frage, um deren Beantwortung mit ja oder nein ich Dich sehr bitte. Es wollen nehmlich einige Freunde von mir nach Dresden u zwar zum erstenmale, daher ihnen natürlich alles daran liegt zu wissen ob Gallerie u sonstige Kunstkabinette den Fremden wieder zugänglich. Sollte es nicht so sein, so würden sie die Reise verschieben. Sei also so gut u schreibe mir nur ja oder nein aber bald, weil die Reise in der nächsten Zeit bestimmt ist. Zur Ausstellung schike ich Euch diesmal Verschiedenes, freilich schon im Besitz von Privaten. Eines jedoch biete ich dem Kunstverein an u würde Euch danken wenn Ihr es gütig aufnähmet denn ich will eine Studienreise machen auf der man immer Geld nöthig hat. Vielleicht sehen wir uns bald denn meine Reise wird mich über Dresden führen. Auf baldiges Wiedersehen dann. Meine kleine Frau empfiehlt sich Euch u grüßt mit mir, dem alten Fr. Preller. Weimar d. 24 Juni 1849. Thue mir ja den Gefallen, meine Frage baldigst zu beantworten. * Siehe Brief 147. Dresden, Sächsisches Staatsarchiv, Aktengruppe 12509 Sächsischer Kunstverein, 01 Ältere Geschäftsakten und Korrespondenzen 1828–1873.
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150 Weimar, den 10. Juli 1849. An Johann Gottlob von Quandt (1787–1859), Kunsthistoriker und Kunstsammler. Mein lieber Freund! Zuerst meinen besten Dank für die so schnelle u gute Auskunft auf meinen Brief u die so freundliche Einladung zu Dir, die ich gern annehme für den Fall daß ich ein paar Tage an Dresden setzen kann, da meine Reise weiter führt. Kann ich bald von hier weg so bleibe ich ein paar Tage bei Dir. Anbei schike ich Euch 4 Bilder von denen der waldige Strand dem Kunstverein angeboten sein soll, für den Fall daß es in diesem Zustande möglich ist anzubieten. Es ist nehmlich so eingeschlagen daß man es kaum ausstellen kann, u etwas drüber zuziehen viel zu frisch, was mir leid ist, da das Bild einen guten aber klaren Ton hat. Haltet es also so lange zurük bis ich selbst mit Dir darüber gesprochen. Das große könnte wohl mit der Küste auf eine Staffelei gestellt werden, da es ohnehin viel Licht nöthig hat, seiner sehr tiefen Farbe wegen, das kleinste ist blos nur eine Studie. No. 1sten ist: Norwegische Küste bei heftigen Sturm, in dem Lotsen hinausgehen um einige in Noth liegenden Schiffe Hülfe zu leisten. No 2. Waldige Küste auf der Insel Rügen No. 3. Bauernhütte auf Rügen No 4 Seestudie. Nehmt sie gut auf, ich schike gern mehr u größeres, habe aber nichts gemalt, da in jetzigen Zeiten auf Speculation große Bilder zu malen nicht gerathen ist. Ich freue mich sehr, Euch einmal wieder zu sehen. Meine Frau empfiehlt sich der Deinigen angelegentlichst. Auf baldiges Wiedersehen. Dein Fr. Preller Weimar d. 10. Juli 1849. Dresden, Sächsisches Staatsarchiv, Aktengruppe 12509 Sächsischer Kunstverein, 01 Ältere Geschäftsakten und Korrespondenzen 1828–1873.
151 Weimar, den 31. Juli 1849. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. Mein lieber Freund! Wahrhaft leid ist es uns allen zu hören daß sich Ihre liebe Frau so langsam erholt. Veränderung der Luft thut Wunder, ich sehe es an Neher’s Frau, die in Berka ohnweit Weimar sich in Fichten und Kiefern Waldungen so erfrischt hat daß wir alle große Freude daran haben. Suchen Sie sich ja ein schönes Plätzchen. Rügen, sonst ein schönes Stückchen Land 160
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würde Ihnen aber nicht viel bieten, ich wenigstens weiß in den mir bekannten Theilen keine Nadelholzwaldung. Der Thüringer Wald würde Ihnen auch heilsam sein. Ueberlegen Sie sich die Sache doch einmal. Unser einer hätte doch auch eine Freude Sie u die liebe Frau wieder zu sehen, da wir doch Ihrer freundlichen Einladung nicht Folge leisten können. Meine Schwiegermutter erkrankte nehmlich vor einigen Wochen ganz plötzlich u liegt noch darnieder. Wir hatten uns fest vorgenommen einige Tage zu Ihnen zu kommen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der Himmel schenke uns allen nur Gesundheit u so wollen wir’s kommendes Jahr ausführen. Der Brief an Carl Hummel ist abgegeben aber wird ihn wohl nicht mehr treffen, denn er hat Rom schon verlassen u wird es vielleicht nicht mehr berühren. An ihn gelangen wird er jedoch für den möglichen Fall. Heute überraschte uns Freund Börner, ist aber schon wieder weg u wird Sie vielleicht eher treffen als dieser Brief. Wir alle wünschen von Herzen daß es mit Ihrer lieben Frau bald ganz gut gehen möge, u grüßen Sie alle. Ihr Friedrich Preller. Weimar d. 31 Juli 1849. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL Preller, Friedrich d. Ä., II, C-3, 1819.07.31 a-b.
152 Hampelbaude/Riesengebirge, im August 1849. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). […] Die Hampelbaude liegt in der Nähe der Teiche, eine gute Stunde über der norwegischen Kirche, die wir gemalt haben, auf einem nackten Felsrücken. Sie wird von allen besucht, die das Gebirge von dieser Seite besteigen. Noch am letzten Tage konnte kein Apfel zur Erde, so voll war es, denn draußen war es so neblig und regnete, daß jedermann nur Obdach suchte. Eine große Menge Menschen ging den andern Tag oder auch schon am Abend zurück, ohne etwas anderes gesehen zu haben als fünf Schritt Nebel vor sich. Geschlafen wird auf dem Heuboden auf Streu, nur acht kleine Betten sind da die wir als stehende Gäste zum Teil innehatten, diese aber so dicht beisammen, daß immer einer sich erst niederlegen mußte, ehe der andere das Kämmerchen betreten konnte. Zwei handgroße Löcher vertreten die Stelle der Fenster. Die Kost ist einfach: Eier und Milch oder Milch und Eier. Fleisch gibt es nicht, Suppen zweierlei: Bier- und Weinsuppe. So lebt man vergnügt und gestärkt in der herrlichen Luft. Noch den vorletzten Tag bestiegen wir die Koppe, bei sehr günstigem Wetter, d. h. für den Maler – andere würden viel daran ausgesetzt haben. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 85.
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153 Muskau, den 29. August 1849. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Muskau d. 29. Aug. Meine liebe gute Marie! Gestern Abend hier angekommen, fand ich die zwei letzten Briefe von Dir u Olinda, die ich mit großer Freude gelesen, nur bedauernd daß ich Dich hier nicht finden sollte. Heute überrascht mich schon wieder ein Brief u zwar der bedeutenste des Inhaltes. Ich habe mich einige Zeit gar nicht finden u fassen können, doch jetzt überdenke ich die Sache mit Vater Betzoldt* ruhiger u wir beide finden eine Fügung darin, die man nicht zurük weisen darf. Wie muß mir jetzt ein Mann behülflich werden, der nicht einmal meine Person kennt? Lassen wir der Sache ihren Gang gehen. Die bedeutente Prädation, gastliche Zeit u Alter des Knaben, Seemansblut in seinen Adern u Freude an der Sache, das sind alles Dinge die selten wieder kommen möchten. Er ist ja damit noch nicht gebunden in dem Falle daß ihm der Stand nicht gefallen sollte u die Opfer nicht so ungeheuer. Einmal müssen sie doch gebracht werden, u die Aussicht zur Selbstständigkeit doch nicht all zu fern. Nur das eine macht mir noch Sorgen: ob der Junge unter gute Aufsicht gestellt wird. Doch das denke ich doch. Ich kann mir nicht denken daß man junge Leute dieses Alters sich selbst überlassen sollte. Also meine liebe Marie frisch gehandelt so weit sich es thun läßt. Er ist Knabe u muß Mann werden, also doch jedenfalls hinaus in die Welt, denn zuhaus wird er nicht die Gelegenheit finden das zu erfahren u zu erkämpfen, was ihn stählen u tüchtig machen kann. Der Knabe ist gut erzogen, von Charakter gut u liebenswürdig u ich vertraue auf die Vorsehung, sie weist ihre Kinder an u wird, wenn sie gut sind, nicht zu Schaden werden lassen. Muth meine liebe Marie, ich fühle u trage dann mit Dir, denn schwer wird es uns beiden ankommen unsern ersten lieben Ernst von uns zu lassen, aber es muß sein, u unsre Zeit ist am wenigsten zum Zögern geeignet. Wir beide bringen ihn dann fort. Ich denke aber das wird sich ein wenig hinaus ziehen. Meine Reise verkürze ich so viel als möglich. Jedenfalls erwarte ich erst noch den Hofgärtner** der mir wieder neues mitbringen wird. Hummels wirst Du in einigen Tagen wohl sehen. Ich glaube gern daß Dir das Göthefest nun in den Hintergrund getreten. Was sagt unsre gute Großmutter zu all dem? Freut sie sich nicht, daß wieder ihr erster Enkel zur See geht? Ich dächte sie müßte große Freude haben. Gott möge seine Vaterhand über ihm halten, er möge ein gutes bescheidenes Kind bleiben, u es wird wohl gehen. Vergesse er nur niemals, daß er mit jedem Unrecht uns aufs tiefste u schmerzlichste kränkt. Brav u gut bleiben, wird ihn am raschesten befördern, und uns glüklich machen. Du liebes Weib hast den schönsten Einfluß auf die Kinder ausgeübt, Dein ist alles gute was sie haben. Dir wird der Himmel auch hoffentlich die Freude mit mir erleben lassen, Deine lieben Kinder gedeihen zu sehen. Ich küsse Dich in Gedanken u danke Dir für so vieles Liebe, was ich u die Kinder Dir schulden. Sei heiter u sehs eine Fügung des Himmels in der Sache. Ich denke es wird alles gut gehen. Den Hofrath Ackermann grüße u danke herzlich von mir. Auch die lieben Kinder Mama Olinda u alle Freunde. Ich schließe damit der Brief noch heute zur Post kommt. Nächstens ausführlicher. Alle im Hause grüßen dich herzlichst. Sie 162
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haben eine kindische Freude mich hier zu haben u bedauern nun daß du fehlst. Adio meine liebe kleine herzige Marie. Am längsten hat unsre Trennung gedauert. Ich möchte gern noch einige Efeustudien machen. Dein Fr. Preller. * Carl Friedrich Christian Petzold (1783–1866), Superintendent in Muskau, Vater des Eduard Petzold. ** Eduard Petzold (1815–1891), Landschaftsgärtner, von 1844 bis 1852 als Großherzoglich Weimarar Hofgärtner in Ettersburg und in Weimar tätig. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
154 Weimar, den 6. Dezember 1849. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Guten Abend mein lieber alter Freund! Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief und dafür nimm tausend Dank. Wir haben sämtlich große Freude darüber, denn er ist uns Beweis daß es Dir gut geht. Möchtest Du die frohe heitere Laune für Deine ganze Lebenszeit bewahren. Du hast sehr Ursach mich ob meiner Schreibfaulheit zu strafen, ich nehme alles an u versuche nicht das mindeste mich in Deinen Augen besser zu machen als ich wirklich bin. Aber so kennst Du mich ja schon so viele Jahre u hast so viele Beweise meiner Saumseligkeit u doch hast Du noch einige Liebe für mich, mir ein Trost daß doch noch hie u da ein leidlich guter Funke oder Fetzen an mir sein mag. Bleibe dabei, mein Herzensfreund, laß mir in alle Zukunft Dein warmes Freundesherz u sei versichert daß ich nie erkalten oder auch nur Dir gegenüber trotz der Faulheit lau werden kann. Wie oft u gern wir von Dir uns unterhalten, kannst Du wohl nicht ahnden, es ist aber so u zuweilen kommt dann eine wahre Sehnsucht Dich einmal aufzusuchen, oder der Wunsch Du möchtest es doch einmal thun. Der letzt vergangene Sommer hat mich nach mancher Himmelsgegend verschlagen, ich habe viel gesehen, auch wohl die Lust gehabt viel zu thun, bin aber oft durch böses Wetter an den schönsten Stellen genarrt u betrogen worden. Dieses Schicksal kennen nur die Landschaftsmaler u ich alter Esel sollte endlich darin nichts auffallendes mehr finden, u doch habe auch [ich] auf dieser Reise meinen Malapparat mehr als einmal gegen die Mutter Erde geworfen, daß Pinsel u Farben der Sonne um einige Fuß näher kamen. Rübezahls Grab im schlesischen Gebirge ist blos eine lustige Erfindung der Führer um die Fremden ihre Angst vor seinen Meckereien zu benehmen, ich bin fest überzeugt daß der Hallunke nicht gestorben, sondern weit u breit vergangenen Sommer sein Wesen toller getrieben als je. List gegen List. Mein nächster Besuch in den Gebirgen soll mir besser bekommen, denn ich habe die Monate ausfindig gemacht, in denen er weniger mobil u den Künsten der Menschenkinder mehr unterthan ist. Übrigens hat sich der närrische Kerl ein wunderschönes Stückchen Land ausgesucht. Der Zweck meiner Reise dorthin war: meine Norwegischen 163
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Studien durch Detail zu ergänzen. Eine zweite Tur dahin wird jedenfalls mehr Ausbeute liefern, da ich alles gesehen u für künftige Projekte die Stellen nun zu finden weiß. Ich wollte Du sehest diese herrlichen Thäler, vergleichen kann ich sie Dir mit nichts, denn Norwegen hast Du nicht gesehen u damit scheinen sie mir die meiste Ähnlichkeit zu haben. Auf dem Rückweg besuchte ich Herrn von Gersdorf auf seinem paradisischen Landsitz. Da läßt sichs wohl leben, er ist vortrefflich eingerichtet u sitzt wie die Perle im Golde. Leider konnt ich nicht länger als einige Stunden verweilen, denn ich vermuthete ganz richtig, daß Ernsts Abreise schnell erfolgen würde, u so eilte ich denn, den lieben Jungen noch zuhaus zu treffen. Auch Fürst Pücklers Schöpfungen in Muskau haben mich interessiert u mir eine hohe Achtung für seinen Geschmack abgezwungen. Ich habe vorher nicht für möglich gehalten mit der Natur so verfahren zu können, der Mensch hat aber das Tollste zu bewerkstelligen gewußt. Traurig ist es, jetzt dort alles öde zu sehen. Mit den Park vereinigt sich augenblicklich der Gedanke an den reichen oder fürstl. Besitzer, dessen Hofstaat, Dienerschaft usw., die die Anlagen beleben. Dort ist alles todt u das Vorhandene wird zwar erhalten, ihm fehlt aber das beste, die Seele, das schaffende Prinzip. Genug hievon. Meine letzte Reise nach Bremen hatte mancherlei mir interessantes, ja erlebendes. Vor allem muß ich Dir sagen daß die teutsche Marine selbst mich mehr beschäftigt hat als ich vorher von mir denken konnte. Ich habe oft gedacht: wärst Du doch auch noch jung! Mich würde nichts in der Welt abgehalten haben, Seedienst zu nehmen, oder besser Seemann zu werden. Der Anblick der Sache hat mich über den Verlust meines Ernst leichter hinweg gebracht. Welchem Jungen lacht nicht das Herz im Leibe beim Anblick dieser prächtigen Schiffe, bei deren Wirken fürs Vaterland er sich betheiligen soll? Geht er auch laufent Gefahren entgegen, er ist seinem Gott u er ihm nicht ferner. Möge er sich bestreben tüchtig zu werden, ein schönres u männlicheres Wirken findet er jetzt nicht. Der liebe Junge trägt Beschwerde u alle Unannehmlichkeiten des Winters mit Freuden u ist glücklich in seinem Beruf. Seine Briefe sind wirklich Muster in ihrer Art u beglücken uns jedesmal. Noch haben wir die Hoffnung, ihn im Laufe des Winters einmal hier zu sehen. Was Du mir über den Maler Diez schreibst interessiert mich sehr u ist eine Wiederholung dessen, was mir Schuchardt von ihm erzählt. Grüße ihn 1000mal von mir u sage ihm auch ich habe das Verlangen ihn bald kennen zu lernen. Wäre es Euch nicht möglich, im Laufe der künftigen Woche einen kleinen Abstecher zu machen? Wir haben für eine kleine Ausstellung zum besten der armen Kinder veranstaltet, u es kommt vielerlei altes u neues zusammen, was wir noch nicht gesehen. Besonders freut mich, daß so viel Zeichnungen dabei sind. Daß ich ein so gutes Bild von der lieben Mama gemacht, hat für Euch großen Werth, Ihr besitzt ja noch gar keines. Ich wollte ich könnte zuweilen des Abends zu Euch fliegen u in Deinen [?]lichen Räumen traulich einige Stunden verbringen. Du kennst ja meine Liebe für Dich und die Burg. Wie geht es nur dem alten Heinrich? Hoffentlich fehlt er bei Euren Zusammenkünften auch nicht. Sage ihm doch daß ich mich schon auf sein Hiersein zum Fest freue. Daß ich zum Vorstand des Lucas–Vereins gehöre ist Dir wohl auch schon zu Ohren gekommen? Ich habe vor, im Januar Raffaelische Bilder zu stellen u will hoffen daß sie gut ausfallen. Künftig mehr davon.* Jetzt aber wird es wohl Zeit daß ich schließe; damit Du 164
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mir später nicht über zu lange Briefe klagst. Doch muß ich Dir doch noch sagen daß Dein Pathchen Friedrich** sich auf dem Gymnasium wacker auszeichnet. Er ist in Quarte oberster geworden u hat beim Examen eine Prämie erhalten. Sämtliche Lehrer zeichnen ihn aus. Er macht Dir gewiß mit uns Freude. Wir alle grüßen Dich u die Deinen aufs herzlichste, die Großmutter an der Spitze, sie steht im 79 Jahr u ist so frisch wie immer. Jetzt adio mein alter treuer Bernhard, fahre aber fort, mir Nachricht von Dir zu geben u fürchte nicht zu lange Briefe von mir, dieser hat sich über die Gebühr ausgedehnt. Dein unveränderter Fritz Preller Weimar d. 6. Decbr 49 Marie dankt für Deinen Brief, weiß aber nicht, daß sie an Dich geschrieben. Du mußt es mit Ernsts Br. verwechseln. * Preller war Vorsitzender des 1848 ins Leben gerufenen Lucas-Vereins Weimar, der Aufführungen von tableaux vivantes organisierte. Siehe die Briefe 157, 193, 278. ** Friedrich Preller d. J. (1838–1901). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3650.
155 Weimar, den 11. Dezember 1849. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Guten Abend mein lieber Bernhard! Schon gestern hatte ich mir vorgenommen auf Deinen lieben Brief zu antworten, aber allerlei Abhaltungen kamen zwischen. Zuerst also zum Geschäft. Das Maß zum Rahmen ist Wanes sogleich überbracht worden u er hat mir selbst versprochen, die Arbeit elegant u zur Zeit zu liefern. Ich hoffe er hält Wort. In Leipzig habe ich lange nichts machen lassen u kann also nicht sagen wie die Arbeit ausfällt. Wahnes ist ein guter Arbeiter, war früher aber mir zu theuer, hat sich indessen bequemt, nie dieselben Preise zu liefern. Ich denke also, Ihr werdet zufrieden gestellt werden. Du hast mir die Hoffnung gemacht Dich in der nächsten Zeit zu sehen, ich freue mich sehr darauf, führe es ja aus. Wir haben hier eine kl. Ausstellung veranstaltet u ich möchte Du siehst sie. Es hat sich allerlei interessantes zusammengefunden. Sonst geht hier alles einen Schneckengang, der für den Künstler natürlich wenig anregendes hat. Ich habe für d. Großherzogin ein Winterbild (Tannenwald) angefangen u ich denke, es kann wohl interessanter werden als das letzte (den Einzug)*. Noch habe ich in der nächsten Zeit vor, eine große Sepiazeichnung zu machen, bin jedoch noch nicht einig mit dem Gedanken. Martersteigs Bild für die Burg ist fertig u gut in Farbe beisammen.** Für Feinheit im Ausdruck u Zeichnung hat er wenig Sinn, edel ist nichts u somit hat das Bild für mich nicht 165
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viel Interesse. Seine letzten Arbeiten sind genaue Abspiegelungen seiner Seele. Jetzt malt er, wie Thomas Müntzer zum Tod geführt wird. Mir ein höchst fataler Gegenstand, eben so groß als die Elisabeth. Steg mag immer einen armen Sünder u den Henker vor sich sehen. Das nenn ich Fehlgriff in der Wahl des Gegenstandes, wenigstens für eine solche Größe, in der ohnehin zu wenig Geschmack u Durchbildung hat. Ich stehe auf Hoffuß mit ihm. Bei Euch muß es jetzt prächtig sein. Ich denke viel an Dich u die Deinen. Grüße mir alle herzlich, auch von Marie u der Maria. Ich freue mich mit Dir, nun ein gutes Bild von der lieben guten Mama zu sehen. Grüße mir auch Herrn Diez, der sich bei Euch wohl fühlen muß, da er selbst ein liebenswürdiger u gemüthlicher Mann sein soll. Ich freue mich sehr, ihn bald einmal zu sehen. Frag doch gelegentlich Heinrich*** ob er zum Fest hieher kommt, mir ist es Bedürfnis ihn hier zu haben. Leb wohl, mein alter Freund u laß bald wieder etwas von Dir hören. Dein treuer Fritz Preller Weimar d. 11 Dcb. 1849. * Das für den Conseil-Saal im Weimarer Schloss bestimmte Gemälde Einzug Carl Friedrichs von Sachsen-Weimar und Eisenach mit seiner Gemahlin Maria Pawlowna in das Weimarer Schloß am 9. November 1804 befindet sich im Besitz der Klassik Stiftung Weimar. ** Friedrich Martersteig (1814–1899), Historienmaler. Im Auftrag des Großherzogs schuf er das Gemälde Einzug der Heiligen Elisabeth auf der Wartburg. *** Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald (1813–1894). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3651.
156 Weimar, um 1850. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger. […] Mir ist an jungen Künstlern nichts so wert und erfreulich wie eine unschuldige Anschauung der Natur. Mit vorrückenden Jahren und rechtem Begriff von Kunst entwickelt sich dann das Eigene immer rein und scharf. […] Unsere Zeit verführt die Leute zu leicht, auffallend zu werden, und daran haben die Ausstellungen keinen geringen Anteil. In Summa, ich wünsche dem Herrn L.,* daß er von jetzt an den Schirmer abstreife und sich nochmal Ludwig taufen lasse. […] * Heinrich Ludwig (1829–1897), Maler und Kunsthistoriker, Schüler von Johann Wilhelm Schirmer (1807– 1863). Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 70.
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157 Weimar, um 1850. An Sixtus Armin Thon (1817–1901), Maler und ehemaliger Schüler Prellers. Guten Morgen lieber Freund! Wir geben Dienstag Abend Lucas’ Vorstellung.* Das für Ihren Herrn Schwager bestimmte sehr schöne Bild (Liebestraum v. L. Richter) wird wegbleiben müssen da seine Frau Gemahlin sich entschuldigt. Nur in dem Falle daß Ihre liebe Frau die Stelle ersetzen wollte, wären wir aus aller Verlegenheit, denn sich fernstehenden Personen wird es immer etwas auffallend sein. Ich schike Ihnen das Olkeum** mit um es selbst anzuset[z]en. Lassen Sie mir nur baldigst Antwort zu kommen da noch vielerlei zu besorgen ist. Ihr Fr. Preller. * Preller war Vorsitzender des 1848 ins Leben gerufenen Lucas-Vereins Weimar, der Aufführungen von tableaux vivantes organisierte. Siehe dazu auch die Briefe 154, 193, 278. ** Oleum = Petroleum. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, NL Thon 3.
158 Weimar, den 7. März 1850. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Wehrtester Freund! Es ist mir unaussprechlich leid auf Ihre so höchst freundliche Einladung nicht erscheinen zu können. Mein Morgenkopfweh hat mich gestern das Bett hüten lassen, und die Hoffnung von diesen Morgen, daß es später besser gehen würde, ist zu nichte geworden. Ich vegitire kaum. Empfehlen Sie mich der Fürstin zu Gnaden In wahrer Verehrung Fr. Preller. Weimar d. 7 März 1850. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25,16 Brief 1.
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159 Weimar, den 25. Mai 1850. An Hermann Härtel (1803–1875), Verleger.* Mein Unwohlsein verhindert mich heute zu schreiben. Ich leide an sogenannten Hexenschuß, bin total steif u habe schauderohe Schmerzen. Möge das Bild bald zu Ihnen gelangen. Herzlich grüßend Fr. Preller. * Zusatz Prellers unter einen Brief des mit ihm weitläufig verwandten Malers Karl August Louis Prellers (1822– 1901). Darin wird die leihweise Überlassung eines Wieland-Portraits aus der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar an Härtel geregelt. Wiesbaden, Verlag Breitkopf und Härtel, Archiv.
160 Weimar, den 1. Juni 1850. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Freund! Aus Deinem lieben Brief erfahre ich mit Schrecken welches Unglück Dich hätte treffen können u danke Gott daß es an Dir vorübergegangen. Sei doch ja mit den Bestien vorsichtig. Die Zeichnung habe ich einige Tage nach unserm Zusammentreffen in Erfurt, Vent übergeben, der sie wohl auch besorgt hat. Das Bildchen ist untermalt u fast trocken zum übermalen, was in den nächsten Tagen beginnt. Ob es zum Geburtstag ganz fertig, weiß ich nicht, doch gewiß so daß Du es vorläufig dem Erbgroßherzog übergeben kannst. Die Herzogin schien nicht eine Scizze sondern ein Bildchen zu erwarten u so habe ich mich auch dazu verstanden. Der Rahmen ist bereits in meinen Händen wohlgearbeitet u mit einem kl. Schildchen für einige Worte versehen. Ich freue mich unendlich Dich endlich einmal hier zu sehen. Laß ja nichts dazwischen kommen. Bis dahin wird mein großes Bild auch tüchtig vorwärts sein. In der letzten Zeit habe ich mich schlecht befunden u am Hexenschuß sogar einige Tage fest gelegen. Ich denke wir werden vielerlei mit einander durchzusprechen haben. Neugierig bin ich auf Rietchens* Zeichnungen vom Saal, die ich noch nicht kenne. Doch jetzt, mein theurer Freund, muß ich Dich verlassen, weil ich ins Schloß muß. Grüße die lieben Deinen tausentfach, halte Dich aufrecht, damit wir Dich bald hier sehen. Wir alle grüßen herzlichst. Dein alter Fr. Preller. Weimar d 1 Juni 168
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1850. * Hugo von Ritgen (1811–1889), Architekt und Professor für Baukunst, tätig u. a. in Weimar und Eisenach. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3652.
161 Kassel, den 11. August 1850. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Verehrtester Freund! Ich übersende Ihnen hiebei einige sehr flüchtige Scizzen zum Prometheus, vielleicht kann Ihnen das eine oder andere dienen, vielleicht auch noch einen bessern Gedanken veranlassen.* Unendlich leid ist mir nicht die dazu nöthige Ruhe zu finden. Ich bin im Begriff weiter zu reisen, da ich nothwendig schon Freitag in Bremen sein muß. Entschuldigen Sie meine Flüchtigkeit. Empfehlen mich der Frau Fürstin unterthänigst, u nehmen von mir die besten Grüße. In wahrster Hochachtung Ihr Fr. Preller. Cassel d. 11 Aug. 1850 * Aus Anlass der Einweihung einer Statue Johann Gottfried Herders (1744–1803) in Weimar komponierte Liszt 1850 eine Kantate mit Ouvertüre und acht Chorstücken zu Herders Gedicht Der entfesselte Prometheus. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25,16.
162 Falkenburg, den 22. August 1850. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Guten Tag liebe Marie! Ich schrieb gestern an Olinda von der ich in Bremen einen Brief vorfand, nach welchem sie jetzt wahrscheinlich schon in Weimar ist, u dachte nicht daran heute schon wieder zum Briefschreiben zu kommen. Ich bat Euch alle herzlich zu grüßen. Die Ursach meines Zuhausseins ist das abscheuliche Regenwetter. Ich bin total durchnäßt zuhaus gekommen u sitze nun schon den ganzen Tag ohne das mindeste unternehmen zu können. Du glaubst nicht liebe Marie, wie schreklich es ist, so ganz allein in einem einzeln liegenden Hause bei Regenwetter auf seine Stube gebannt sein. Keiner da mit dem man ein Wort reden könnte. Mit dieser Reise ist es verkehrt gegangen von allem Anfang an. Ich würde sie für meine Zweke verloren geben, hätte ich nicht in Bremerhafen alles nach Wunsch gefunden, u dies ist mir wohl die Reise werth. Der ganze Nutzen im übrigen besteht darin, daß ich weiß 169
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wo u was ich auf diesem Landstrich zu suchen u zu finden habe. In Falkenburg suche ich nichts anderes als Bäume u diese sind nirgend anders so charakteristisch, u ich würde sehr vergnügt auch ganz allein sein, wenn ich durch schönes Wetter begünstigt würde. In dem herrlichen Walde kann man zur Noth seine Zeit verbringen ohne sich zu langweilen. Wo mag wohl Freund Ackermann weiden? Wäre er abgereist, wie Du schreibst meine gute Marie, so müßte er schon längst hier sein. Ich erwarte ihn nun eigentlich auch nicht mehr, denn er würde vielleicht ankommen, wenn ich wieder abreise. Hält das Wetter an, so halte ich nicht länger hier aus, denn zu Haus ist gar nichts zu thun. Ich gehe dann wahrscheinlich direkt nach Leipzig von wo aus ich Dir sogleich dann schreibe, wenn ich Härtel vorfinde. Am liebsten arbeitete ich hier noch 8 bis 10 Tage, damit ich doch etwas gethan hätte, denn von Boten oder schönen Seestrand habe ich nichts gefunden. Du siehst also liebe Marie wie es steht. Nichts gethan, das Geld verzehrt u schlechte Laune noch oben drauf. Doch wer kann gegen Schiksals Tüke das beste ist noch immer: sich nicht ärgern, ich vermag es nicht ganz über mich! Wie mag wohl Euer Herdersfest ablaufen?* Ich denke viel daran ohne gerade Lust zu haben noch dazu zu kommen, denn ich könnte es möglich machen wenn ich morgen früh abreiste. Jetzt wird unser Enni** wieder in seiner schwimmenden Heimath sein. Ich habe ihn nochmals über seine Freude am Seeleben examinirt, u er bleibt immer der alte. Er würde sich keinen Augenblick besinnen Hauptfahrer zu werden, wenn es die Umstände erforderten, u das habe ich von ihm erwartet. Er sieht die Sache an wie er soll. Du wirst dich gewiß über sein Aussehen freuen. Er ist im Allgemeinen gewiß wohlgelitten, obgleich er sich, wie mir scheint, sehr schwer an jemand anschließt. Den kleinen Knig mag er sehr gern, u das freut mich, denn der ist gewiß ein sehr tüchtiger Mensch. Er ist ziemlich groß geworden. Sein Vater ist jetzt in Brake auf dem Erzherzog Johann, der noch immer nicht ganz fertig ist. Ich freue mich daß Carls Geschenke alle gut angekommen u Freude gemacht haben. Ich denke Deine Arbeiten werden ihren Effekt gemacht haben. Was Du über ihre nächsten Erwartungen schreibst, finde ich ziemlich in der Ordnung. Das kann überall vorkommen, im Jägerhause wie in Mainz u umgekehrt, das Femininum ist überall gleich liebenswürdig u ergeben. Zuweilen möcht ich in Euer Innerstes sehen können. Ihr seid doch das räthselhafteste in der Schöpfung. Doch muß nun daran denken zu schließen. Grüße mir die Kinder Großmutter u alle Freunde. Von Witters kannst du ja wohl erfahren ob Härtels da sind, u ist dies, dann schreib ich Dir bestimmt wenn ich hier abreise oder dort ankomme, u dann reise mit d 2.t Classe, weil Du allein bist. Ich freue mich Dich bald zu sehen nur Dein Fr. Preller. Falkenburg d. 22. Aug. * Das Fest zu Ehren des am 25. August geborenen Johann Gottfried Herders (1744–1803). ** Ernst Preller (1835–1925). Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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163 Weimar, nach 1850. An Sixtus Armin Thon (1817–1901), Maler und ehemaliger Schüler Prellers. Guten Morgen lieber Freund! Die Fürstin Wittgenstein bittet mich schriftlich, nachdem sie Hofmann* schon oft vergeblich gebeten, Sie doch zu bewegen: ihr einen Besuch zu machen, da sie vielerlei mit Ihnen besprechen möchte mit Bezug auf das, was Sie für ihr Album machen auch dasselbe mit zu bringen. Sie freut sich, u wünsche, Ihre Bekanntschaft zu machen, u ich denke Sie werden diese Bekanntschaft nicht zu bereuen haben. Dies mein Auftrag. Fr. Preller. * Hoffmann von Fallersleben (1798–1874), Schriftsteller. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, NL Thon 3.
164 Weimar, den 1. Juni 1851. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Guten Morgen mein lieber Herzensfreund! Mein guter Emil, der heute seinen 15 Geburtstag feiert, ist glücklich eine kleine Reise unternehmen zu dürfen, u natürlich geht diese nach der Wartburg, dem Mittelpunkt aller Jugendköpfe und Herzen. Seine Begleiter sind Gensel, sein nächster Freund, u höchst liebenswürdiger Knabe, u Hemken aus Jever, ein Schüler von mir. Ich habe also eine Bitte wenn sie Dich nicht im aller mindesten genirt. Können die Jungens nicht auf der Burg eine Streu bekommen? um einige Nächte dort zu sein, denn das gehört zu ihren schönsten Plänen. Der Tag wird wohl bei gutem Wetter sie da u dort sehen. Ich wollte im Anfang selbst mit, doch ich hänge jetzt gar zu sehr von meiner Arbeit ab, u möchte vor meiner Reise nach Salzburg noch ein Bild fertig haben. Kannst Du nicht einmal hieher kommen? Ach! wie schön muß es jetzt bei Dir sein. Ich bin öfterer im Geiste bei Dir als Du wohl glaubst. Doch es wird Zeit zu schließen, die Jungens machen sich schon fertig. Empfiehl mich den Deinigen bestens, wir alle grüßen Dich tausentfach herzlichst. Dein Friedrich Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3653.
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165 Weimar, den 16. Juli 1851. An das Städelsche Kunstinstitut Frankfurt am Main, (gestiftet 1816). Ich erlaube mir hirmit Ihnen zu melden daß gestern zwei, der Frau Großherzogin gehörige größere Bilder, zur Ausstellung im Städelschen Institut abgegangen, und hoffe daß Sie unbeschädigt in Frankfurt anlangen. Da sie in den Zimmern der Ihrer Kaiserlichen Hoheit hängen, bittet sie um Rücksendung derselben nach höchstens 4 Wochen, unter der Adresse Ihrer Kaiserl. Hoheit der Frau Großherzogin zu Weimar. In Ergebenheit Friedrich Preller. Prof Weimar am 16 Juli 1851. Frankfurt am Main, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Signatur: Ms.Ff.J.D.Passavant A.II.e. Nr. 575.
166 Weimar, im Sommer 1851. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Herzensfreund! Ich empfehle Dir hiermit Herrn Bolte*, Maler der von Rom zurückkehrt u nach Berlin geht. Er wird sich für alles interessieren was Deine liebe Burg birgt. Du wirst Dich freuen ihn kennen zu lernen. Ich wollte, ich könnte ihn zu begleiten. Es ist nicht möglich. Meine weitere Reise verlangt viel Vorkehrungen u Frau Storch** ist auch noch hier. Grüß mir alle Deine Lieben von uns allen. Dein Fr. Preller. * Georg Friedrich Bolte (1814–1877) hielt sich seit 1844 in Rom auf und kehrte 1851 nach Berlin zurück. ** Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3666.
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18. Friedrich Preller d. Ä.: Im Zillergrund bei Bramberg; Pinsel in Braun, 1851.
167 Zell am Ziller, den 3. August 1851. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862).
Abb. 18
Sontag 3 Aug. Der Pastor ist noch bei uns und ich füge also noch einige Zeilen bei. Der Regen ist seit gestern noch nicht gewichen, wir sitzen im Hause u haben noch keine Spur vom Gebirg sehen können. Alles ist mit einem weißen Tuch überzogen, der Regen fällt in Strömen, u jeder thut das seine um den andern in guter Laune zu halten. Ich fürchte heute verlassen wir M, denn die Geduld geht ihm aus. Gestern haben wir viel Karten gespielt u sonst allerlei Kurzweil getrieben. Wie mag es Euch lieben doch gehen? Zuweilen kommt mir doch die Sehnsucht inmitten der schönen Natur. Doch was hilft das alles. Ich muß u will auch nichts versäumen um neuen Stoff zurükzubringen, u so lang aushalten als die Mittel erlauben. Du meine liebe Marie hättest wenig mit uns gehen können, denn unter 2 Stunden beschwerlichen Steigens kommen wir nicht an die Stellen, wo wir arbeiten können, doch möchte ich Du hättest einmal diese große Natur gesehen. Die kleine Frau Hummel hat eine solche Tur mitgemacht, u ich bewundre von neuen ihre Ausdauer. Die Fr. Storch wird nun auch bald zurük kommen. Grüße sie von mir herzlich u erzähle ihr was Du weißt. Schreib mir doch was Du von unsern guten Ernst weißt. Ich muß so viel an 173
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den lieben Jungen denken. Hier in den Bergen hört u sieht man von außen her gar nichts. Man lebt in einer ganz andern Welt. Sollten wir bald nach Salzburg kommen, denk ich in mehr Verbindung zu kommen da die Poststraße durchgeht. Nach Wien denke ich in keinem Falle mit zu gehen, sondern den kürzern Rükweg allen andern vorzu ziehen. Nun nochmals lebe wohl meine liebe Marie. Schreibe mir recht ausführlich wie ihr lebt, es interessirt mich alles. Olinda wird nun wohl wieder bei Dir sein u manches zu erzählen haben. Grüße sie u alle Freunde herzlich, vor allen die l. Kinder u Großmutter. Dein Fr. Pr. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
168 Zell am See, den 17. und 18. August 1851. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862) Zell 17. Aug. Guten Abend meine liebe gute Herzens Marie! Eben in Zell am See u zwar spät angelangt, war mein Weg, noch ehe ich das Wirthshaus betreten nach der Post, wo ich zwei Deiner lieben Briefe vorfand. Ich habe nur den letzten erbrochen, um Dir sogleich einige Worte wieder zu schreiben, da wir Morgen früh weiter u zwar nach der Ramsau abreisen. Der frühere Brief wird auf Morgen früh aufgespart, da ich bis tief in die Nacht schreibe. Ich danke Dir von ganzem Herzen für alle liebe Nachricht. Ach, wüßtest Du wie michs nach Zell gezogen, u wie mir war, als ich den See von fern erblikte. Ich wußte ja Briefe hier u hoffte auf gute. Je näher ich kam, je mehr ward mir zu Muthe als müßt ich Dich selbst finden. — Habe tausend Dank für Deine lieben Briefe, die ich so lang u schwer entbehren mußte. Zu letzt hatte ich immer nur den Wunsch nach Zell zu kommen, u dies die Ursach weshalb wir heute eine 19 stündige Tur gemacht. Damit Du einigermaßen nachkommen kannst, wie wir gelebt, schreibe ich Dir die Hauptsachen u bemerkenswerthesten Orte. Du kannst die Charte zur Hand nehmen u so uns verfolgen. Maierhof* war unser Standquartier. Von da aus gingen unsre Turen, die ohne Ausnahme alle sehr beschwerlich waren zuerst in den Zillergrund, mit 2 stündigen beschwerlichen Steigen, ferner in den Stilub** u in den Dornauberg, mehrmals bis Ginsling, 3 Stunden von Mairhof. Von dort am 11. Aug. nach 3 Stunden höher zum Flaitner Gletscher, eine beschwerliche aber belohnende Reise. Den Tag darauf von Ginsling nach Brotaleinach, abermals 3 stündiges höhersteigen, von da 2 Stunden Weg in den Zemmgrund, die Nacht auf dem Heu zugebracht u den andern Tag nach Giesling zurük, wo wir Fr. Hummel überraschten, die uns erst einige Tage später erwartete. Es ist kein Tag vergangen an dem wir nicht unsre 6 Stunden wie die Gemsen geklettert. Fr. Hummel oft mit. Bis heute haben wir das wenige was wir gearbeitet mit großer Anstrengung u oft schlechten Wetter erkaufen müssen. In der Ramsau soll es bequemer sein. Jedoch bin ich gesund u heiter bei allem geblieben. Gestern Morgen fuhren wir von Maierhof nach Zell*** zurük. Dort traten wir eine 4 stündige Fußwanderung Mittag 12 Uhr an. Die Hitze war fürchterlich, u die 2 stündige sehr steile Stiege 174
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nach der Gerlos qualvoll. Erst Abends 7 Uhr trafen wir in Gerlos, unserm Nachtquartier ein. Wir schliefen wie die Bären. Heute halb 5 Uhr wurden wir gewekt, u nach Kaffetrinken 5 1/2 Uhr traten wir die Reise über die Platten nach Grimmel**** an, wo wir 11 Uhr anlangten u ein kleines Mahl einnahmen. Von hier nahmen wir Gescherr und machten noch 5 Stunden auf schlechten Wagen. Nach 8 Uhr kamen wir nach Zell am See. Ach! wie oft habe ich Deiner gedacht meine liebe kl. Maus u gewünscht, Du mögest mit mir genießen. Du kannst Dir keinen Begriff von solcher gewaltigen Natur machen. Auf dem Wege sahen wir in der Ferne die mit ewigen Schnee bedekten Groß Venediger u Groß Klockner. Auf den Platten waren wir heute nur auf 400 Fuß unter ewigen Schnee, u labten uns auf einer Alm mit herrlicher frischer Milch, unter uns die herrlichen Grimmelfälle mit ihren ewigen Donneraccompangement. Was uns in der Rams au erwartet, wissen wir schon Morgen abend. Dies in aller Kürze meine bisherige Reise. Unendlich hast Du mich mit Ernst’s Glük erfreut, meine liebe Maus. Ich hoffe von ihm viel gutes. Möge ihn der Himmel behüten. Daß bei Euch alles wohl, beruhigt mich für die nächste Zeit. Nun für heute genug. Alles um mich her schläft. Möchtest Du liebe kl. Maus so süß träumen als ich es wünschte zu thun. Gute Nacht. Vielleicht sind wir beisammen. — Guten Morgen meine liebe Marie. Nach schlecht verbrachter Nacht bin ich schon um 4 Uhr wieder auf u habe Deinen lieben Brief gelesen, der mir so vielerlei erzählt. Ach! mir geht es wie Dir ich möchte immer mit Dir sprechen, und doch muß noch so vielerlei geschehen bis wir weiter kommen. Um mich her schläft noch alles, draußen aber wird es lebendig. Ich war zu sehr aufgeregt, und wurde es durch ein Gewitter diese Nacht noch mehr um schlafen zu können. Ich war ununterbrochen mit u bei Euch, vielleicht hast Du auch meiner denken müssen oder von mir geträumt. Erst spät, nach 2 Uhr kam ich zur Ruhe, befinde mich aber in diesen Unregelmäßigkeiten gesünder u besser als sonst. Mir thut keine Ader weh, nur meine Hände plagen mich. Auf unsern Arbeitsturen haben wir viel mit Brennesseln zu kämpfen gehabt, u meine beiden Hände sind ganz zerstochen u dik aufgeschwollen, dahinein ist der Sonnenbrand gekommen u nun sind sie voller kleiner Blasen u juken schreklich, doch das wird wieder vergehen u ich trage es lieber als etwas anderes. Das Gewitter hat Regen hinterlassen, worüber ich heute aber nicht böse bin, da wir noch 8 Stunden zu fahren haben. Leid ist mir nur den See nicht bei heitern Wetter zu sehen, der höchst reizend ist. Im ganzen denke ich noch 14 Tage ohngefähr mich hier aufzuhalten u dann die Rükreise anzutreten. Wie weiß ich noch nicht, nach Wien gehe ich keinesfalls. Den Brief in Salzburg bekomme ich nun erst auf der Rükreise, freue mich aber sehr darauf. Ach Du gutes Herz, wie viel habe ich Dir zu erzählen, u wie oft habe ich Dich zu mir gewünscht. Dir wär alles neu u gewiß vom höchsten Interesse gewesen. Die Natur vielleicht oft zu frech, die Menschen aber höchst liebenswürdig. Mich erquikt das herrliche Volk mehr als die gewaltige Natur, die ganz anders auf mich einwirkt. Wir nehmen hier ein Bräu, u so gemüthlich wie man es bei uns nicht haben kann. Von Reichardt haben wir noch nichts gesehen, vielleicht treffen wir ihn in der Rams au, wohin die Münchner gern gehen. Nun Adio meine liebe gute niedliche kl. Maus. Bald bin ich wieder bei Dir, u freue mich darauf wie noch nie. Gott erhalte Euch alle gesund. Grüße mir die l. Großmutter u 175
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Kinder, Olinda u den Jever herzlichst. Für Milchen habe ich mancherlei gesammelt. Auch Schuchardt grüße herzlich. Adio meine süße Maus. Ewig dein Fritz. [Randbemerkung:] beil. Blümchen ist Edelweiß, nur auf dem Hochgebirg zu finden. * Mayrhofen ** Stillup *** Zell am Ziller **** Krimml Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
169 Nürnberg, im September 1851. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Nürnberg Mitw. Abend Meine liebe gute Marie! Wir sind fast am Ende eines wunderschönen Tages in Nürnberg, und ich wüßte ihn nicht besser zu beschließen als meiner guten lieben Marie einiges davon mitzutheilen, da sie selbst nicht bei mir ist. Ach, wie oft habe ich zu Linda u umgekehrt gesagt: wenn doch Marie bei uns wär. – Wir sind fast ununterbrochen auf den Beinen gewesen, u haben unendlich viel schönes u interessantes gesehen. An Baulichkeiten giebt es wahrscheinlich in Teutschland keine Stadt, die mit ihr verglichen werden kann. Das letzte was wir sahen war Dürers Grab auf dem St. Johannes Kirchhof, den Anfang machten wir mit seiner Wohnung. Mich ergriff ein heiliger Schauer, als ich die Räume betrat, in denen dieser große Mann sich bewegt u. geschaffen hat. Sein Studium war nur klein, ja vielleicht nicht größer als der Frl. Seidler ihres. Sein Wohnzimmer u Schlafstube aber heiter und wohnlich. Es liegt ganz in der Nähe der Burg. Auf dem Wege nach St. Joh. Kirchhof besuchten wir den Erzgießer Burgschmidt. Er ist der zweite Peter Vischer sowohl in seinem Geschäft, als in seiner äußern Erscheinung. Sein ganz schlichtes u gefälliges freundliches Wesen ist so ganz u gar anders als wir’s gewohnt sind. Ich freue mich sehr ihn kennen gelernt zu haben. Die Kirchen St. Sebald u St. Lorenz sind beide ausgezeichnet u besitzen große Schätze. In letzterer zogen mich aufs neue die alten Glasfenster im Chor an, darunter eines, welches eine alte Patrizier Familie Vollkammer gestiftet, die noch gegenwärtig in Nürnberg existirt. Schöneres hat wohl die Welt nicht. Sebaldus Grab hat mich wieder entzükt. Gott welch prachtvolle Arbeit. Welch andrer Geist beengt doch die jetzige Kunst. Es wird zu dunkel, darum eile ich zum Schluß u sage Dir nur noch daß ich mich ganz heiter u wohl fühle. Grüß die lieben Kinder Großmutter u die wenigen Freunde. Morgen gehen wir nach München. Leb wohl meine liebe gute Marie, Brief sollst Du aus München wieder haben. Noch weiß ich nicht wo ich von Dir etwas erwarten könnte. Adio mein Herz Dein Fr. Preller. Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek, Abt. HSS. und Rara, Autographensammlung, Friedrich Preller.
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170 Weimar, im September 1851. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Wir beide haben im Ganzen ähnliche Ansichten in den Künsten, weichen aber doch in mancherlei ab, und in einigen Dingen stehen wir uns sogar kampfgerüstet gegenüber und das bringt zuweilen den Einen oder Andern in seiner Ansicht zu mehr Klarheit. Ich habe Ihrer in München viel gedacht, weil ich weiss, dass Sie dieser Richtung in der Historienmalerei feindlich gesinnt sind. Zuerst muss ich Ihnen gestehen, dass München auf mich keinen vortheilhaften Eindruck gemacht. Es drängt sich Einem sehr bald auf, dass alles dort Entstandene nicht naturgemäss ist, sondern der Laune und den oft komischen Einfällen eines Hauptes gedient hat, das König Ludwig genannt wird. Hierunter verstehe ich besonders alles Architektonische. Das Gefühl des Heimischen überkommt Einem nicht, was z. B. in Nürnberg in so hohem Grade der Fall ist. Nur selten kam ich dahin mich zu finden, denn bald glaubt’ ich in Rom, Florenz, Athen oder sonst irgendwo zu sein. Deutsch zu Muthe wurde mir nur eine Stunde vor der Stadt, oder unter den Arbeiten des grossen Cornelius, Hess und Schraudolf. In der Basilika* haben beide letzteren sehen lassen, was Deutsche vermögen, wenn sie nicht Affen sind, sondern das bringen, was sie im Innersten durchfühlen, wie keine andere Nation. Die Basilika ist nach jeder Seite hin vollendet und die Krone von allem, was unsre Epoche hervorgebracht. Es ist eben eine Kirche, und Alles darinträgt dazu bei, das kirchliche Gefühl auf Höchste zu stimmen. Ich wäre sehr begierig zu wissen, wie Sie darüber gedacht hätten. Da ist nichts Schwächliches, Sentimentales, Alles frisch lebendig durchempfunden. Ich glaube nicht, dass irgendwo Bedeutenderes, im Ganzen so Vollkommenes nach dieser Seite hin existirt. Wie stümperhaft, stöckericht, ist so vieles Andre dagegen, wovon Sie oft gesagt, es passe in unsre Zeit. Cornelius jüngstes Gericht ist gewaltig, und selbst in der Malerei und Färbung in der Seite der Seligen vortrefflich. Ich begreife nicht, dass Cornelius keine Farbe haben soll. Ich sage mit Wappers**, dass Cornelius ein viel grösseres Farbentalent ist, als Kaulbach und Consorten. Von diesem modernen Kunstheros habe ich die Zerstörung Jerusalems gesehen, das erste Werk in Farbe. Ich scheute mich nicht öffentlich auszusprechen, wenn dies meine Sache überhaupt wär, dass dies Bild um nichts besser ist, ja in Vielem schlechter, als eine Stobwassersche Schnupftabaksdose. Das ist die Misere in grossem Masstabe! An der neuen Galerie in München hat Kaulbach begonnen, sich selbst zu schmähen. Seine Kunst wird er selbst überleben. Vielleicht wär er ein besserer Genremaler geworden. Zum Historienmaler ist er zu geistesarm. — Von München gingen wir nach dem Gebirge und von dort wären wir wohl im meisten übereinstimmend gewesen. Wie oft habe ich da gewünscht, sie möchten diese gewaltige Natur mit uns durchwandern. Die Masse der Münchener Landschaftsmaler scheint dieses grossartige Land nicht zu bewältigen. Mir scheint, nur Zimmermann, Heinlein und Morgenstern verstanden es würdig zu behandeln.*** Die Schneeberge und Gletscher im Bild zu verwenden, dazu gehört mehr als Brodessen und die Meisten kauen an altbacknen Rinden. Im bayrischen Gebirg ist Ramsau und Hintersee höchst malerisch, und fein wie sich die herrlichen Ahornen mit dem Gebirg verbinden. Salzburg ist mit Umgebung wahrhaft italienisch und auch dem genügend, der Italien kennt. Das sogenannte schlechte Wetter, 177
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worüber so viele Reisende klagen, ist mir nicht zuwider gewesen, denn nur im Kampf mit dem Wetter ist das Gebirg wirklich malerisch. Die Nebel und ziehenden Wetter verdecken oft die grossen, nie mit Glück zu behandelnden Waldflächen, und geben dem Ganzen eine Majestät und ernsten Ton. Heller Sonnenschein und solche Grösse und Verwegenheit der Linien scheinen mir nicht oft glücklich zu verbinden. Neben all diesem Schönen kommt mir vor, als passe meine Natur doch nicht ganz für dergleichen Gegenstände. Ich habe es verschiedentlich versucht, sie zu bearbeiten, finde aber immer, dass sie die Phantasie zu sehr binden, Einem immer wieder an das Gegebene bringen. Es mag grossentheils daran liegen, dass sich die Construction der Gründe stets wiederholt, links und rechts Gebirg, die Ferne geschlossen. Hügelland, Flächen oder niedere Felsen schmiegen sich leichter jedem Gedanken an. […] * Die Basilika von St. Bonifaz wurde am 24. November 1850 geweiht. ** Gustav Wappers (1803–1874), Maler, besuchte gemeinsam mit Preller die Akademie in Antwerpen. *** August Albert Zimmermann (1808–1888), Heinrich Heinlein (1803–1885), Carl Morgenstern (1811–1893). Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 132–135.
171 Weimar, im Februar 1852. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] So eben erhalte ich Ihren lieben Brief mit Beilage von Menzel. Das Blatt interessiert mich ausserordentlich und ich habe die Ueberzeugung, dass man auf diesem Weg noch Grosses leisten wird. Der Menzel ist einer von den Leuten, die mich unendlich anziehen. Er ist von seinen Gegenständen ganz durchdrungen, im Gegensatz zu Kaulbach. Menzels Natur zwing ihn, das zu thun, was er thut; Kaulbach sagt, ich will das thun, was ich von Natur nicht vermag. Das viele Erlernte, mit seinem Schönheitssinn, zieht die Massen an, befriedigt aber niemals solche, die hinter der Schale einen gewichtigen Kern suchen. — Eins begreife ich nicht in Ihrem lieben Briefe, und das ist das gänzliche Nichtzeichnen. Solche Pausen dürfen Sie durchaus nicht machen, es tritt jedesmal eine Muthlosigkeit ein, die selbst ein Mann schwer zu bekämpfen weiss. Auch mir geht es zuweilen ähnlich. Der Anfang kostet mir immer grosse Ueberwindung. Lebten Sie mir nur nahe, es würde nie dahin kommen, ich liesse Ihnen nicht die Zeit sich loszumachen. […] Bedenken Sie, liebe Freundin, wie lange wir uns theils auf Akademien, theils in Ateliers herumtreiben, und welche kleine Zahl unter der grossen Masse endlich zur Anerkennung kommt. Daher nur ruhig, mit Liebe zur Sache, mit Ueberlegung und in zweckmässiger Wahl der Mittel weiter gearbeitet, das Uebrige findet sich von selbst. In Einem Zuge hat noch Niemand die zwölf Apostel gemalt. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 135–136.
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172 Weimar, den 5. März 1852. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Hochgeehrter Freund! Da meine Arbeit mir das Vergnügen versagt Sie zu sehen, nehme ich mir die Freiheit Sie schriftlich um eine Gefälligkeit zu bitten. Ich habe der Frau Fürstin das Versprechen gegeben keine meine großen Arbeiten wegzuschiken ohne es Ihrer Durchlaucht vorher zu melden. Morgen gehen 3 Bilder weg und ich wollte Sie verehrtester Freund gebeten haben dies der Frau Fürstin doch gütigst mit zu theilen. Mit wahrer Hochachtung Ihr ergebener Friedrich Preller Weimar d. 5 März 1852. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25,16 Brief 4.
173 Weimar, den 25. März 1852. An Anton Storch (1835–1898), Sohn der Malerin Anna Friederike Storch (1815–1898), einer ehemaligen Schülerin Prellers. Mein lieber Freund! Vor einigen Tagen erhielt ich Brief von Ihrer Frau Mutter in welchem sie uns Hoffnung macht Sie zu Ostern bei uns zu sehen. Wir haben alle große Freude hierüber u richten freundlich die Bitte an Sie den Gedanken ja aus zu führen, vorzüglich aber die Feiertage bei uns zu bleiben. Hoffentlich haben wir schönes Wetter u dann wollen wir einige Turen machen. Meine Frau dankt schönstens für die Geburtstagsgratulation. Es ist nun ohngefähr jährig daß wir alle zu samen hier so vergnügt waren. Dies Jahr fehlt manches, indessen man kann nicht alle seine Wünsche befriedigt sehen, u ich bitte nur noch daß Sie uns nicht ausbleiben. Wir alle grüßen Sie herzlichst. Ihr Fr. Preller. Weimar d. 25 März 1852. Wien, Antiquariat Inlibris.
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174 Weimar, den 9. April 1852. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Weimar am 1. Osterfeiertag 1852. Da ich die 2 ersten Feiertage nicht malen will u doch im Studium bin, wo nun einmal meine Herberge ist, so kann ich wohl kaum etwas anderes u besseres beginnen als mich eine Stunde mit Dir, mein lieber Bernhard, unterhalten. Am liebsten wäre ich freilich bei Dir gewesen, das geht nun aber für den Augenblick nicht u so bleibt nur Tinte u Papier übrig. Daß Dirs leidlich gut geht habe ich gestern durch H. Müller gehört, u das freut mich vor allem, denn es ist immer meine erste Frage, auf die leider öfters eine Antwort erfolgte, die uns alle betrübte. Auch mir u den meinigen allen geht es so daß ich wenigstens nicht klage. Dein lieber letzter Brief war in einem etwas gereizten Zustande geschrieben u es thut mir leid, wenn ich dazu veranlaßt habe. Ich bin überhaupt der Meinung daß man sich bei solchen Anlässen nicht für die eine oder andere Parthei hinreißen lassen muß. Hat man die Kenntnisse, so muß man den Fall ohne alle Parthei prüfen, jede Parthei und ihre Gründe hören u dann das seine thun oder nur denken. Du sagst, mein Brief röch nach Sälzer, Müller und Herwart*, ich gebe Dir dagegen mein Wort daß er nach keinem von allen darin richt sondern daß es meine Ansicht war u ist. Ich habe mit niemand über die Sache gesprochen u auch erst später gehört, daß in Eisenach bedenkliche Gesichter herumlaufen, besonders wenn der Wartburgbau berührt wird. Mir scheint daß es besser sei, die etwaigen Bedenken bei Zeiten im Auge zu behalten, da sich vielleicht manches jetzt beseitigen läßt was später unmöglich wird. H. v. R.** ist der Wiederhersteller der Wartburg, der Erbgroßherzog der Unternehmer, ganz Deutschland der Rezensent, u das wird gewiß hier ohne alle Schonung verfahren. Nichts ist je vollkommen gewesen u daher dürft Ihr Euch wohl nicht wundern wenn ein oder der andere Gegner erscheint, der Haare auf den Zähnen hat. Wie Du auf mich ärgerlich sein könntest begreife ich nicht, da ich von allem nun sehr wenig wissen kann. Ich habe Dir mit meinem Wissen über nichts geschrieben als über den bereits fertigen Giebel. Diese meine Ansicht werde ich nicht ändern. So lange es ausgebildeter Styl in der Architektur gibt, trägt der Tragstein einen ihm entsprechenden Körper, sonst wär er überflüßig. Der Körper des Wartburg Söllers besteht aus einer Platte mit einigen schwachen Eisenstangen, die man von unten nicht sehen kann, u die somit für den Beschauer nicht existieren. Die Brustwehr, u sollte sie von Holz sein, muß sichtbar sein, denn sie bildet den Körper. Dies meine Überzeugung, die durch Anschauung der größten Architekturwerte sowohl in Italien als Deutschland sich gebildet u zur Überzeugung geworden. Alle ausgebildeten Style in der Baukunst haben naturgemäßes Ebenmaß u Verhältnis der Theile unter sich, u darin sind sie alle sich ähnlich, ob sie griechisch, bizantinisch oder gothisch heißen mögen. Vor einer Stunde sprach ich H. v. R., er sagte mir daß alle Bedenken von Seiten Streichhahns*** u.a. beseitigt und alles in bester Ordnung, er somit auf dem Punkt angelangt sei, den Bau zu beginnen. Möge denn der Himmel alles gut fügen, möge v. R. der rechte Mann 180
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für dieses große Werk sein! – Seeligkeit oder Verdammnis als Künstler muß er erwarten, der erste Schritt zu einem oder den andern ist gethan. Nun Dir, mein lieber Freund, den Rath: schone Deine so vielen theure Gesundheit, Du wirst oft genug veranlaßt werden Dich auszusetzen. Was Du übrigens zu thun hast. Dir Unannehmlichkeiten zu ersparen, wirst Du am besten wissen. Es wird Dich ohnehin vieles beunruhigen, manchen Fatalitäten nicht auszuweichen sein. Zunächst mögest Du die Feiertage mit den verehrten Deinen gesund u froh verbringen. Wir begehen sie still, wohl ganz unter uns. Alle lassen Dich aufs herzlichste tausentfach grüßen, u sich den Deinen empfehlen, ich mit ihnen u bin unveränderlich Dein wahrer treuer Fr. Preller * Johann Wilhelm Sältzer (1779–1853), Architekt, auf dessen Initiative der Wiederaufbau der Wartburg begonnen wurde, den er auch selbst leitete. Seine teilweise sehr freien Entwürfe in einem historisierenden Mittelalter-Stil boten Anlass zur Kritik. Franz Heinrich Müller (1793–1866), Maler und Lithograph, tätig in Eisenach und Weimar. Wohl Dr. Friedrich Heerwart (1787–1863), Geheimer Justizrat in Eisenach. ** Hugo von Ritgen (1811–1889), Architekt und Professor für Baukunst, führte den Neuaufbau der Wartburg neben und nicht immer im Konsens mit Johann Friedrich Wilhelm Sältzer durch. *** Ferdinand Streichhan (1814–1884), Oberbaudirektor des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenachs. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3654.
175 Weimar, im Mai 1852. An Carl Reinhardt (1818–1877), Maler und Schriftsteller. Mai 1852 Mein lieber Freund! Ich gratulire Ihnen mit all den meinigen von ganzem Herzen zu der bevorstehenden Reise. Benutzen Sie die herrliche Gelegenheit ja aufs beste, damit Sie für die Zukunft etwas davon haben. Sorrento ist ein herrlicher Platz für den Landschaftmaler ist ich glaube für Ihre Natur ganz geeignet. Die Natur hat etwas fein grazioses u ich denke sie sagt Ihnen zu. Kommen Sie nach Rom, versäumen Sie nicht, Subiaco Civitella u Olevano zu besuchen. Dort ist die Natur classisch zu nennen, u mich hat keine so befriedigt wie die zwei letzten Orte. In Rom grüßen Sie den Schwiegersohn des alten Koch, Maler Witmer, u danken ihm in meinem Namen für die große Freundlichkeit mit der er meinen sehnlichsten Wünschen nachgekommen. Wären Sie von hier aus nach Rom aufgebrochen, hätt ich Ihnen sicher eine Zeichnung für ihn gemacht, doch es ging ja alles zu schnell. Sagen Sie ihm das. Bei nächster Gelegenheit bekommt er sie jedoch. Sagen Sie ihm welche unendliche Freude er mir u den meinigen bereitet. Auch den Maler Nadorp grüßen Sie herzlich von mir. Sonst habe ich keine Bekannten mehr in Rom mit meinem Wissen. Sollte sich in Olevano noch jemand vorfinden oder Civitella oder Subiaco, so grüßen Sie. Ich lebte dort unter dem Namen Sign. Federigo. 181
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Alle die Meinigen grüßen Sie mit mir aufs beste. Lassen Sie bald einmal von sich hören. Unverändert Ihr Fr. Preller. Denken Sie ein wenig an meiner Frau Album. Den Brief an Kestner geben Sie baldigst ab. Er hat schöne Kunstwerke u wird sie gern zeigen.* * Preller kündigte in seinem Brief vom 12. Mai 1852 an Georg August Kestner den Besuch Carl Reinhardts in Rom und die Überbringung eines Briefes an (Brief 176). SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,565.
176 Weimar, den 12. Mai 1852. An Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat, Archäologe und Kunstsammler. Weimar d. 12. Mai 1852 Geehrtester Herr und Freund! Durch meinen Schüler Herrn Reinhardt aus Leipzig, der mit Herrn Frege* nach Rom kommen wird, bietet sich mir die Gelegenheit Ihnen meine besten Grüße zu kommen zu lassen. Sein Abgehen dahin hat einmal wieder die alte Sehnsucht zu Ihnen in einem Grade rege gemacht, der ich immer nur schwer mit Vernunftgründen begegnen kann. Meine in Rom verlebte Zeit hat mir die schönste Erinnerung fürs ganze Leben zurückgelassen und daran muß ich zehren und werde auch sicher ausreichen. Zuweilen aber stellt sich ein Sehnen ein, und dies in den letzten Jahren wieder heftiger als früher, woran die unglücklichen Ereignisse in unserem Deutschland ihr gutes Theil haben. Ich arbeite von allem zurückgezogen so fleißig als es meine Gesundheit erlaubt, bringe mancherlei zu Stande, und habe noch immer das große Glück auf Jahre hinaus nur bestellte Arbeiten zu machen. Da läuft die Zeit schneller als man wünscht, man wird ehe man sich versieht Jahr um Jahr älter und möchte ganz neu beginnen. An meiner Familie habe ich nur Freude, alle sind im besten Wohlsein, die Kinder gerathen zu unsrer Freude geistig und körperlich. Mein ältester Sohn Ernst wird, nachdem sich die deutsche Flotte aufgelöst auf einen holländischen Kauffahrer gehen und dort seine Cariere als Seemann beginnen. Der jüngste hat sich entschlossen Künstler zu werden und so habe ich die Freude meine Erfahrungen in der Familie zu vererben. Möge ihm der Himmel mit Anlagen gesegnet haben, an Fleiß fehlt es nicht. Der mitlere, ein ernstes liebes Kind wird wahrscheinlich Medicin studieren, und das ist ein schöner Beruf in dem er viel wirken kann. Die Kunst ist allen in der Familie Bedürfnis und jedes bewegt sich darin nach Umständen. Meine liebe Maria ist nicht die letzte, und sammelt leidenschaftlich.
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Sie mit allen der meinen empfiehlt sich Ihnen bestens, und ich füge noch die herzlichsten innigsten Grüße bei. In wahrer Verehrung Ihnen ganz ergeben Fr. Preller. * Wohl Woldemar Frege (1811–1890), Sohn des Bankiers Christian Gottlob Frege (1778–1855) aus Leipzig. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 3.
177 Weimar, den 1. Juli 1852. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Herzensfreund! Ich schreibe Dir in größter Eile mein baldiges Wiederkommen nach Eisenach. Ernst nämlich ist so glücklich in Rotterdam einen Platz gefunden zu haben u ich bringe ihn dahin. So nichts erhebliches dazwischen kommt, passiren wir Eisenach Sonnabend früh mit den 10 Uhrzug. Ist Dirs nicht störend, so komm doch auf den Bahnhof, Ernst möchte Dich u Müller gern noch vor seiner großen Reise vielleicht nach Ostindien, sehen. Sage es Müller, denn ich bin zusehr beschäftigt um auch an ihn schreiben zu können. Mir ist ein großer Stein vom Herzen. Der Junge muß Beschäftigung haben, wenn er gut bleiben soll. Adio, grüße mir alle Lieben Dein Fr. Preller W. d. 1 Juli 52 Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3655.
178 Rotterdam, den 7. Juli 1852. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862).
Abb. 19
Rotterdam Mitwoch Nachm. 4 ½ Uhr Meine liebe Marie! So eben sind wir glüklich in Rotterdam angelangt u in Hendricks Hotel abgestiegen. Jetzt ist Börsenzeit, daher niemand zu finden, um 6 Uhr aber machen wir uns auf die Beine um H van Hoboke aufzusuchen. Du weißt, warum der Brief zu Dir kommt wahrscheinlich Betty bei dir habend, grüße sie herzlichst u danke ihr nochmals für die viele Freundlichkeit mit der sie uns aufgenommen. Wir hatten das Glük in Cöln eine Stunde anzuhalten u diese Zeit haben wir benutzt um den Dom u manches andere Schöne der Stadt zu besehen. Ernst hat freilich gestaunt ob der außerordentlichen Schönheit der Stadt u ich freue mich daß er es gesehen. 183
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19. Friedrich Preller d. Ä.: Ernst Preller als Seekadett, Zeichnung, 1852.
Das Wetter ist fortwähr. heiter u sehr warm, ja man könnte wohl sagen heiß. Der Rhein bis Cöln hat Ernst sehr erfreut u überrascht, denn so belaubte Ufer hat er schwerlich vermuthet. Von C. abwärts wird die Gegend ächt holländisch u die kleinern Ansiedelungen höchst einladend. Holland ist doch ein sehr schönes Land in dem man sich gewiß mit viel Geld in höchsten Grad wohl befinden kann. Gebe Gott daß sich bei uns die Umstände glüklich fügen, damit wir nicht zu sehr mitgenommen werden. Donnerstag 6 Uhr Guten Morgen meine liebe gute Marie! Ich erzähle Dir jetzt unsre gestrigen Ergebnisse. Auf dem Comptoir von Hoboke wurde uns der Brief abgenommen, aber der Herr Hoboke war nicht zu gegen u wir auf heute morgens 10 Uhr bestellt. Jetzt unternahm ich einige Bekannte aufzusuchen u erfuhr daß Capt. Versleus nicht mehr in Rotterdam. Cpt. Bunnemeyer nicht zuhaus. Seine Frau ist vor 11 Jahren gestorben. Jetzt sucht ich seine Schwägerinnen auf u fand zuerst Thrinchen, die ich selbst auf der Straße wieder erkannt haben 184
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würde. Ihr Mann der Beinhauer ist voriges Jahr gestorben, sie führt das Geschäft jedoch fort, u hat 5 Kinder. Sie ist noch immer eine sehr hübsche Frau, nicht so stark wie ich nach der Beschreibung v. Dir erwartet, sondern wie man es häufig in diesem Alter findet. Von da gingen wir zu Girtche u Witzke die zusammen wohnen da beide auch Witwen sind. Sie haben einen Handel mit Schiffsvictualien u dort werde ich für Ernst das noch fehlende nehmen. Sie waren alle erfreut von Dir zu hören u schiken Dir u Großmutter herzliche Grüße. Natürlich keine von allen hat sicher mich finden können. Jetzt besahen wir noch ein wenig die Stadt u kamen 8 Uhr Abends zuhaus. Dorthin kam auch noch Cpt. Bunnemeyer, ein Mann v. 60 Jahren der sich aber sehr gut gehalten, noch nichts von seinem Alter fühlt. Er war sehr erfreut u hat eine gute Stunde bei uns gesessen u erzählt. Er hört etwas schwer. Seine Kinder alle sind in Ostindien, u er wird sich wohl wieder verheirathen um im Alter nicht ganz allein zu stehen. Allen geht es gut, er baut jetzt ein neues Schiff, was er führt. Darüber geht jedoch noch Jahr u Tag hin. Durch ihn erfuhr ich von Cpt. De Buhr, der in unserm Hotel wohnt, aber nach Antwerpen ist. Pater De B. ist ein sehr reicher Mann geworden, hat hier großen Besitz u baut ein Schiff nach dem andern. Er soll außerordentlich viel Glük gehabt haben, u auf den Kopf ist er auch nicht gefallen. Van der Swieb ist lange todt. Tertch d. B. seine zweite Frau ist im Kindbett gestorben, u Jacob ist lange schon Capitain u führt ein großes Schiff. Auch ihm geht es vortrefflich. Er ist gegenwärtig in Ostindien. Die alte Frau de Buhr ist erst vor zwei Jahren gestorben, sie war hoch in die 80. u immer wohl gut. Hout hatte an geschrieben wegen Ernst, es hatte sich aber noch nichts gefunden. Auch er meint es sei schwer hier junge Leute unterzubringen, aber wenn er an H. empfehlen könne es nicht fehlen, er würde wahrscheinlich sogleich untergebracht werden. So weit wären wir nun. Ich bin jedoch sehr froh bei Ernst zu sein, allein würde er sich schwer gefunden haben, denn es ist nicht wie bei uns. Alles jagt durch einander u bekümmert sich nicht darum was um ihn her vorgeht. Er würde sehr verlassen gewesen sein u viel Geld gebr. haben, denn es scheint sehr theuer Leben zu sein. Gebe der Himmel daß wir heute die Hauptsache ins reine bringen. Sollte Betty bei Dir sein so grüße sie herzlich u hilf ihr das Leben recht angenehm zu machen. Für jetzt meine l. M. lebe wohl, Du hörst heute noch mehr von mir. So eben kommen wir von H van Hoboke. Ernst geht heut Abend 7 Uhr mit dem Wallschiff Menado Capit. Schaap unter Segel. Das Schiff geht nach Batavia Java u.s.w. Denkt Euch Ihr Lieben welches ungeheure Glük wir haben. Wären wir um 1 Tag später gekommen, hätte Ernst 3 Wochen hier liegen müssen, denn erst in 3 Wochen geht das nächste Schiff. Es hat mir geahndet, Carl wendete alle Mühe an uns länger zu halten, es war alles vergebens, ich hatte eine Unruhe in den Gliedern wie niemals früher. Freut Euch alle Ihr Lieben mit uns hier. Cäpt. Schaap ist ein junger hübscher Mann der seine erste Reise als Capt. thut. Möge Gott ihn u sein schönes Beginnen gedeihen lassen. So eben ist die Kiste fort um an Port gebracht zu werden. Um zwölf Uhr gehen wir nochmals zu Herrn Hoboke, dort finden wir den Capt. u er wird eine förmliche Uebergabe sein. Ich habe ihm noch 1 Matraze 2 wollene Decken, 3 g. Leinen Hosen 3 rothe Hemden u 1 Mütze angeschafft. Ich denke damit wird er wohl auslangen. Ist alles in Ordnung werde ich wohl heute noch nach dem Haag abreisen. Dort werde ich Herzog Bernhard finden, ich höre er ist dort angekommen. Hier will ich noch das Cabinet von Mynher Noteboom sehen. Das meiste finde ich im Haag, Für jetzt 185
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adio. Damit aber nicht alles ganz gut gehe, höre ich daß er nur als Volontair fährt, mithin nichts bekommt. Ich muß ihm also Geld zurücklassen u somit wird das meine bedeutend geplündert. Vor allem also nicht lange mehr in Holland geblieben. Haag Abends 10 Uhr Ihr seht meine Lieben daß ich noch etwas unternehmen kann. Unser lieber Ernst ist weg, bisher war ich stark, u jetzt kommt mir eine Thräne ins Auge. Möge ihn der Himmel vor allem Uebel bewahren. Versorgt ist er so gut, wie nur wenigen es kommt. Der Capitain hat mir mit Hand u Mund versprochen ihn in seine besondere Obhut zu nehmen u falls Geld vorzustreken wo es ihm fehlen sollte. Es scheint so bei H. gebräuchlich daß sie eine Reise als Volontair thun. Kommt er gut zurük u der Capit. empfiehlt ihn, so bekommt er für die nächste Reise einen kl. Gehalt. Auf Java wird er beim Bruder des Capt. logiren, damit es ihn nichts kostet. Er wird, wo es sich thun läßt immer mit auf Land nehmen u hat ihm gerathen seine Beobachtungen u Berechnungen fort zu setzen, worin Capt. Sch. sehr tüchtig sein soll. Willst Du ihn nach Java schreiben so muß der Brief bis zum 16 August v. Weimar abgehen. Sie bleiben 100 Tage ohngefähr in Java liegen, u die Reise rechnet man auf 100 Tage. Das Schiff wird in ohngefähr 10 Monaten zurückerwartet, wenn nicht besondere Dinge dazwischen kommen. So weit wär also alles vortrefflich eingerichtet. Das Glük ist uns dabei aber sehr behülflich gewesen. Gute Nacht meine liebe gute Marie. Willst Du mich mit einem Briefe erfreuen, so schreib nur unter der Adresse v. Capt. Hoet. Gute Nacht. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
179 Ostende, den 13. Juli 1852. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Fragment […] um die Akademie hat. Als Maler war er zuletzt nichts, u mit seinem Bild dem Tod Rubens hat man ihm kein Monument sondern einen Schandpfahl gesetzt.* Möchte doch dies Gräulbild bald einen andern Platz finden, es ist selbst in dieser Gesellschaft geehrt, aber entehrt dagegen die Gesellschaft. Zu Anfang August nimmt hier die Ausstellung ihren Anfang u ich möchte wohl etwas davon sehen. — Teutschland wird mancherlei senden, und nach einer Seite hin hier alles niederdrüken. Die Leute fangen an das zu fühlen daß die Kunst noch etwas anderes als Zeichnen u Malen ist. Sie gestehen jetzt ein daß Teutschland große Talente besitzt u selbst erzogen hat, wogegen früher jederman lachte, wenn von teutscher Kunst die Rede war. Doch meine liebe Marie es wird Zeit daß ich das Papier für Ostende aufbewahre. Lebt alle wohl. Dienstag Morgens 6 Uhr in Ostende Seid alle herzlich gegrüßt Ihr Lieben. Gestern 3 ½ Uhr nach Mittag bin ich glüklich in Ostende angekommen. Ich fand niemand zu haus. Die ganze Familie war bei der 186
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Schwiegermutter von Franz Hoet zum Feste. Ich schikte durchs Mädchen eine Karte u Thomas kam so gleich mich zu holen, u so entging ich der Plage einzeln Besuch zu machen. Alle waren sehr freundlich u ich habe schon viel erzählt. Bisher habe ich auf der Reise nichts verloren als den Regenschirm, der bei Carl stehen geblieben ist und 1 Schraube von meinem Stuhle, wofür ich natürlich nichts kann, durch das ewige Schütteln auf der Eisenbahn ist das gekommen. Zur Ruhe bin ich aber noch immer nicht, denn alle reden mir zu mit Franz Nachmittag nach Tower** zu gehen u wahrscheinlich geschieht das auch. Wenn Du diesen Brief erhälst mein süßes Herz bin ich also schon in England gewesen, denn den Donnerstag bin ich wieder zurück. Die Küsten sollen sehr interessant sein. — Thomas mit seiner Frau wohnen hier im Hause, u die Affairen v Capt. Hoet scheinen sehr gut zu gehen, er sagt mir daß er seine Verluste beinahe wieder ersetzt hat. Die Frau v Th. ist nicht mehr ganz jung aber sehr schön, es ist eine von denen englischen Röschen die wirklich classisch sind. Sehr gut gefällt mir Franz H. er ist sicher ein zuverlässiger Mensch, hat auch den Leopoldorden bekommen. Seine Frau ist sehr stark geworden aber noch immer sehr hübsch. Unser ehemaliger Hauswirth ist todt, so auch der Schwiegervater v. Franz, somit die ganze Familie in Trauer, doch diese scheint bei Fr. u Comp. mehr äußerlich denn sie waren gestern alle ziemlich vergnügt. In Ostende ist sehr viel verändert die Stadt wird täglich schöner man merkt doch den Einfluß u das Geld der Badegäste. Ich sah gestern die Sonne herrlich untergehen, wäre am liebsten allein gewesen, doch Hts hielten es wahrscheinlich für gastlicher bei mir zu sein. Bin ich nur erst an der Arbeit wird wohl alles anders werden. Ich denke mancherlei mir paßliches zu finden, jedenfalls sehe ich das herrliche Wasser wieder u erfrische mich nebenbei. Die Ansicht der See ist hier doch ganz prächtig. Nächstens mehr meine liebe Marie, daß Du mir aber nicht einmal ein Wort hieher geschrieben, das ich bei meiner Ankunft sicher zu finden hoffte, hat mich wirklich traurig gemacht. Grüße mir die Großmutter, Kinder Olinda, Schuchardts u die Seidler herzlich u lebt alle recht wohl. Vielleicht finde ich etwas wenn ich zurükkomme. Adio meine liebe Marie Ich küsse Dich u bin Dein Fr. Preller. * Das Gemälde Tod des Rubens von Mathieu Ignace van Breé (1773–1839), dem ehemaligen Lehrer Prellers während seines Studiums in Antwerpen. ** Dover. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
180 Ostende, den 17. Juli 1852. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Sonab. 17. Ostende Gestern empfing ich Deinen lieben Brief aus Eisenach, ich habe große Freude darüber gehabt. Ich war ein wenig aufgebracht, daß Du mir nicht vorher geschr. daß ich keinen l. Brief 187
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hier fand. Nun ist alles wieder gut. Ich habe mich sehr gefreut daß Großmutter so munter u mit mir alle hier. Grüße die liebe herzige Mama tausendmal von mir. Mit meiner Reise* ist es nichts geworden, ich bekam Kopfweh u zwar ziemlich heftig. Doch so Gott will gehe ich Morgen nach Mittag 4 Uhr. Franz Hoed ist ein Mann den ich Vertrauen schenken könnte, er scheint auch sehr geachtet zu sein. Er hat vor einiger Zeit den Leopold Orden bekommen. Seine Frau ist sehr stark geworden u noch immer unbedeutend. Thomas Frau ist Engländerin in voller Bedeutung, bequem, stolz und für ihn der arbeiten muß in jeder Beziehung mehr im Weg als zur Hand. Die alten sind sehr unglüklich hierüber, können aber nichts thun. Wie wenige Familien giebt es doch in der Welt, denen alles nach Wunsch ist. — Ist der alte H. weg, spielt Thomas gewiß eine schlechte Rolle, denn er ist zwar ein guter Mensch, doch leichtsinnig u höchst unpraktisch, das macht dem Alten viel Sorgen. Das Leben ist in Ostende ganz das einer Handelsstadt, u jeder strebt danach viel Geld zu verdienen. Ein höheres Interesse ist hier nicht zu suchen. Daher für mich in der Länge unerträglich. Alles wird nach dem Geldwerth beurtheilt u daher kommt es, daß so wie jemand etwas als hübsch berichtet, sogleich die Antwort erfolgt, ja es kostet xx Frank. Hoed ist darin stärker als ich je jemand gehört habe. Das höchste was die Leute können, ist: ihre Räume mit theuren Moebels aufzufüllen. Schön sind diese sehr selten, sonderbar weiß. Diesen Unterschied in den Ansichten läßt also selten ein gemeinschaftliches Interesse zu, u ich würde mich schreklich langweilen, wenn ich nicht arbeitete. So geht es recht gut. Hoffentlich ist nun Betty bei Dir, denn länger kann sie unmöglich ausbleiben. Heute also gehst Du jedenfalls wieder zurük. Holst du mich wohl v. Eisenach? Denn ich muß einiges in Eisenach arbeiten. Ich möchte wohl einmal wieder mit Dir dort sein. (Ich danke für die heißen Küßchen die Du mir schikst u erwiedere sie auf herzlichste. Mir kommt zu weilen auch ein Lüstchen bei Dir zu sein…………) Bin ich hier fertig eile ich zu Dir, ich denke aber erst noch einiges zu arbeiten. Grüße mir die lieben Kinder herzlichst, u sage Milchen daß er in jeder Hinsicht vorsichtig. Der kleine Friedrich soll sich nicht zu sehr anstrengen. Gehen die Kinder auch viel spaziren? Daß ich bade brauchst du nicht zu denken. Ich habe den Erfolg davon noch zu sehr in der Erinnerung, ich bin aber am Wasser so oft ich nur irgend der Hitze wegen kann. Im Hause hier ist es auch unerträglich, die Sonne liegt den ganzen Tag davor, u die Fenster sind 2 mal größer als sie sein dürften. Eben ist Mad. Hoed auf u sagt mir guten Morgen, sie schikt die besten Grüße an alle, mit ihrem Kommen aber ist es das Jahr nichts. Capt. Hoed hat fast alle Wochen 2 Sendungen nach London, u da giebt es Arbeit genug auch für die Frau. Vielleicht kommend Jahr, meint sie. Du zweifelst an Ernst’s guter Reise? Bisher hat er den besten Wind gehabt, er ist schon lange im Ocean. Jetzt sieht er nur Himmel u Wasser. Besseres Wetter hätte man ihm nicht wünschen können, der Wind war nicht stark, aber stets der rechte u alle Tag Brise. Möchte er doch seine Reise unter solchen guten Aussichten vollenden. Heute wird es wieder so heiß daß man sich schon jetzt 8 Uhr nicht zu bergen weiß. Hier sagt man daß die Erde d. 24. d. durch Brand untergeht. Viele Leute haben große Angst. Dummes Volk . Ist wohl Hummel wieder zurük? Ich denke mir in meinem Studium müßte es jetzt sehr angenehm sein. — Wenn Seebachs nach Soden gehen, könnten sie wohl mal Karl besuchen, er war ein Jugendfreund von V. Seebach. Wenn wir den Winter wieder alle 188
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beisammen sind, wird wohl jeder etwas zu erzählen haben u zwar das verschiedenste da jeder andere Wege u andere Interessen verfolgt hat. Was sagt Genast zu unsern glüklichen Affairen? kommt er zu weilen? Grüße ihn herzlich von mir, so wie Schuchardt u so w. Hoffentlich ist ein Brief von Dir da wenn ich zurük bin v Dover. Ich schließe jetzt mit den herzlichsten Grüßen für die Großmutter, die lieben Kinder u meine kl Maus der ich noch einige Küßchen beifüge. Die Hälfte meiner Zeit ist bald vorüber. Seid heiter u denkt meiner. Adio mein kl. Herz Dein Fr. Preller. * Die geplante Reise nach Dover. Siehe Brief 179. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
181 Weimar, den 24. September 1852. Abb. 20 An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Herzensfreund! Ich bin ein wenig ärgerlich auf mich selbst, jetzt erst Anstalt zu treffen, Dir meine glückliche Ankunft usw. zu melden. Wenn Du mir nicht zürnst wird aber alles bald wieder in der alten Ordnung u ich bei gewohnter guter Laune sein. Zuerst nimm nochmals den herzlichsten Dank für alle Freundlichkeit u ausgezeichnete Liebenswürdigkeit, mit der Du uns aufgenommen u wahrhaft glückliche Tage bei Dir bereitet hast. Ich kann Dir nicht sagen wie so wohl es uns allen bei Dir gewesen u noch ist, so bald wir in der Erinnerung zu Dir zurückkehren, u dies geschieht in Wahrheit öfterer als Du wohl glauben magst. Es vergehen wenige Stunden des Tags in denen nicht eins oder das andere Anlaß fänd, Dich u die liebe Wartburg zu erwähnen, u so wird es wohl den ganzen Winter fortgehen, denn es war namentlich mir die schönst verlebte Zeit im Laufe des herrlichen Sommers, die ich großentheils in Unruhe u Strapaze verlebt habe. Du weißt schon lange mit welcher Liebe u Anhänglichkeit ich Dir u Deinem lieben Wohnsitz angehöre u wirst sonach begreifen, wie es einem nach solcher glücklich verlebten Zeit zu Muthe ist. Ich bin in einer Stimmung die ich mir gern für den Winter zu erhalten wünsche. Ich bin schon daran, das Eisenacher Bildchen zu untermalen u denke es würde Dir behagen, denn ich glaube es wird das Land von seiner lieblichen Seite wiedergeben, wozu freilich der Gegenstand mehr als das Wetter beiträgt, in welchem die Studien kümmerlich gesammelt wurden. Der Winter möge mir günstig werden, denn ich habe mir gar mancherlei vorgenommen. Mit meiner Gesundheit geht es ja unberufen besser als seit langer Zeit u bleibt es so, dann hoffe ich soll es gut gehen. Die jetzige Zeit ist eine recht schlimme in Weimar, die brandige Bräune, an der Watzdorf sein Töchterchen verloren, scheint erstlich aufzutreten. Gestern hat Schweizer 189
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20. Friedrich Preller d. Ä.: Bernhard von Arnswald, Zeichnung, 1852.
(ehemaliger Forstrath) auch die zweite 10 Jahr alte Tochter verloren, u der Knabe von Watzdorf liegt lebensgefährlich darnieder. Sage ja den lieben Deinigen daß sie vorsichtig mit den süßen Kindern, denn bei jetziger scharfer Luft sind die zarten Kinder gar leicht ausgesetzt. Die Tage sind bei uns abwechselnd so rauh, daß ich glaube wir sind zur guten Stunde fertig geworden, auch beginnt das Laub bei uns schon recht gelb zu werden. Mit dieser goldigen Flagge kehren nun alle lieben Freunde in die Heimath zurück. Vorgestern kam Schober von seiner russischen Reise hier an u hat uns schon gar mancherlei interessantes, aber wenig verlockendes mitgetheilt. Ich lasse dies Land wahrscheinlich unberührt, von dem nur die geborene Russin Lob u Preislieder singen, worüber sie wohl kein Deutscher beneiden wird. Wie es heißt, wird zu Anfang Octbr. der Lohengrin gegeben. Ich werde Euch davon in Kenntnis setzen, so bald etwas bestimmtes bekannt wird, u mache es Dir zur Pflicht, zu kommen so bald es Deine Gesundheit erlaubt. Du schläfst bei uns oben in der Kinderstube, die stets gut durchgewärmt ist, da sie den ganzen Tag geheizt wird, u so hoffe ich daß Du ohne Schaden zurückkehren kannst. Anbei schicke ich Dir den heiligen Hubertus von Dürer, u bedaure nur dabei, daß der sonst schöne Druck nicht früher so in Ehren gehalten worden wie er es verdient. Nimm ihn so gut und schlecht wie er eben ist, u denke zuweilen dabei an Deinen alten u treuen 190
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Freund, den Du ja auch so viele Jahre schon mit all seinen Schwächen und Fehlern hingenommen. Das dabeiliegende Portrait ist für Professor Riedchen* bestimmt, den ich herzlichst grüße. Ich wünsche ihm u allen die an der Wartburg thätig, daß sie bald unter Dach kommen, denn ich fürchte sehr baldiges hartes Wetter. Knolls Pokal hat hier den Kunstliebhaber große Freude gemacht u jeder hat mit mir den Wunsch, daß ihm bald Gelegenheit wird, sein Talent einer schönen größeren Aufgabe zuwidmen. Grüße ihn u Herrn Dittmar bestens von uns allen. Hoffentlich wird auch er zum Lohengrin mitkommen, was uns große Freude sein würde. Deiner verehrten lieben Mutter u Schwester die allerherzlichsten Grüße mit dem Wunsche, daß ihnen der Winter diesmal ohne alle Unbequemlichkeit einkehre. So auch Deinem braven Bruder Herrmann mit all den Seinigen. Sage ihm, daß wir ihn noch immer dankbar verpflichtet für seine große Freundlichkeit, mit der er die Abende auf Wartburg noch zu verschönern half. Wir alle sind noch ganz bei Euch im Geiste, u so soll es auch bleiben bis wir uns einmal vergnügt wieder zusammen finden. Jetzt mein lieber Bernhard schließe ich mit dem Wunsche, daß es Dir immer gut gehen möge. Sei vor allem vorsichtig, damit Du Dir Deine leidliche Gesundheit erhälst, ohne welche Du auf Wartburg nicht gut existiren kannst. Nochmals die herzlichsten Grüße von uns allen, denen die sich unsrer gern erinnern. Dein treuer Fr. Preller Weimar d. 24 Septbr 1852. * Hugo von Ritgen (1811–1889), Architekt und Professor für Baukunst, leitete den Wiederaufbau der Wartburg. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3656.
182 Weimar, den 30. September 1852. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Guten Morgen lieber Bernhard! Ich habe Euch versprochen, Nachricht zu geben so bald eine Wagnersche Oper gegeben wird. Der Lohngrin ist für den nächsten Sonnabend d. 2. Oktober angekündigt, man sagt, auf ausdrücklichen Wunsch der Prinzeß von Preußen, die seit einigen Tagen hier ist.* Ist dies also möglich, mein lieber Freund, so benutze die Gelegenheit bei der noch günstigen Witterung. Sag es auch Knoll u Ditmar. Ich möchte Dir gern den Genuß gönnen u habe die Überzeugung, daß Wagner an Dir einen großen Verehrer finden wird. Du findest bei uns dafür gesorgt, daß Du Dich gewiß nicht erkältest, Du schläfst in unsrer Eßstube die ganz durchwärmt ist. 191
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Marie läßt Dich recht sehr bitten Herrn Schmidt in der Phantasie an die ihr versprochene Kartoffeln erinnern zu lassen, da ihr dran läge sie bald zu haben. Auch bitte ihn mir das kleine Portefoille, welches ich Dir durch Herrn Falckert geschickt, mitzubringen. Du kennst meinen Mangel an drgl. Wir alle freuen uns darauf, Dich einmal hier zu sehen. Tausend grüße von allen an Dich an Deine Lieben. Auf Wiedersehen Dein Fr.Preller. Weimar 30 Septbr 1852. * Die Uraufführung des Lohengrin fand am 28. August 1850, dem 101. Geburtstag Goethes, unter der Leitung von Franz Liszt im Großherzoglichen Hoftheater Weimar statt. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3657.
183 Weimar, wohl November/Dezember 1852. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein lieber Freund! Dein abermaliges Ausbleiben hat wenigstens das Gute gehabt, daß Du den Tannhäuser nicht versäumet. Er wurde verschoben, ich hoffe nur kurze Zeit.* Ob ich Dir nochmals Nachricht geben soll weiß ich selbst nicht recht. Gott gebe von allem, daß Deine Gesundheit erhalten werde. Hoffentlich geht es mit der guten Mama auch leidlich, auf das Gut kann man jetzt nicht recht Anspruch machen. Soeben haben wir die höchst glückliche Nachricht erhalten, daß Ernst am 23 October glücklich in Batavia angelangt, frisch u gesund u herzlich vergnügt ist. Er schreibt am selben Tage einige flüchtige Zeilen. Gott nehme ihn für immer in seinen Schutz. Er grüßt alle unsre Lieben, daher Dir u den Deinen ein Theil davon. Sehr schmerzlich hat mich Deine Unzufriedenheit mit Schwind berührt, um so mehr da ich Dir nicht in allen Recht zu gestehen kann. Herr v. Schober läßt Dich schön grüßen u sagen, er stehe durchaus nicht als thätig in der Sache da sondern habe an S. nur die Befehle des Erbgroßherzogs berichtet, könne u möge auch nicht nach Eisenach kommen, da er vom Erbgroßherzog nicht veranlaßt sei. Sein Correspondieren mit S. ist eine Fortsetzung ihres beiderseitigen Jugendlebens. Ich danke Dir, daß Du mich nicht hineinziehst, denn viele Köpfe, viele Ansichten die der Sache nicht förderlich. Du scheinst S.s. Nichteingehen in R.s. Pläne zu tadeln.** Lieber Freund, wo u wann in aller Welt hat der Architekt dem Maler vorgeschrieben oder vorgeschlagen was er zu thun hat? Nirgend u niemals. Du scheinst zu fürchten, daß S. sich nicht der Sache anpasse. Darin irrst Du, das wird er gewiß u ohne alle Rede mit mehr Geist als R. Schwind hat sich sein ganzes 192
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Leben in dieser Zeit bewegt, diese Zeit einzig u allein studirt u tausendfach bewiesen, daß er ihr mehr als jeder andere angehört, dazu auch noch mehr Talent, ja er ist Genie als alle die jetzt leben, ich meine damit in dieser Richtung. Ich für meine Person habe die Überzeugung, daß, wenn man S. die Restauration übertragen hätte, das geistige derselben würde mehr der Sache angepaßt sein als es ist. So wie es war wird es nie u nimmermehr, daher bleibt nur zu wünschen, daß ein wirklich geistreicher Mensch das Ruder führe, vorausgesetzt das er besitzt was dazu nöthig. Mehr wie S. hat es niemand. Er ist kein Architekt u daher könnte er in dieser Sache nichts thun, aber ist mittelalterlich gründlich gebildet, u wird niemals etwas thun was sich nicht auf diese Basis zurückbringen ließe. Ich habe stets gewünscht, daß S. nach Eisenach käme u die Sache sähe, u zwar weil ich die Überzeugung habe, daß der Sache geholfen werde. Einem überwiegenden Geist wiedersteht nur ein Dummer, u das ist R. ja nicht. R. kann ohne Zweifel nur von S. lernen u daher solltet Ihr vergnügt sein, wenn der dort u hie u da opponirte. Lieber alter Herzensfreund, ich rathe Dir als dein Treuester, laß Dich nicht durch den alleinigen Umgang mit R. verblenden, thue nichts in dieser Sache, Du erndest Verdruß u Vorwürfe, denn nach Vollendung des Baues u schon vorher wird Deutschland urtheilen u richten, u dies hat noch ganz andere Leute als R. ist. Was ich durch Sch. über die Vorschläge R.s. an S. gehört ist höchst comisch um es nicht anders zu nennen, S. konnte u durfte nicht eingehen, weil ihn die Welt ausgelacht u gescholten hätte. Macht S. nicht wild, die Sache leidet darunter, das wird er doch nie thun was gegen seine Überzeugung ist, u darauf hat er ein Recht denn es ist niemand da der mit ihm concuriren könnte. Was ich Dir hier sage bleibt unter uns zweien, Du wirst den Brief dem Feuer übergeben u R. davon nichts direkt mittheilen. Wirken kannst Du auf ihn, u thust Du das in dem Sinne, den ich nur wünschen kann, so fährt die Sache nicht schlecht dabei. Nimm das Gesagte als von Deinem treusten Freunde, es kommt aus dem innersten meines Herzens. Sei mir deshalb keinen Augenblick anders gestimmt als früher, u bedenke alles ruhig u unpartheisch. Grüße mir alle Deine Lieben herzlichst, so wie Dich grüßt Dein wahrster innigster Freund Fr. P. Schreibe mir bald ein Wort. * Am 16. Februar 1849 wurde anlässlich des Geburtstages der Großherzogin Maria Pawlowna unter der Leitung von Franz Liszt Richard Wagners Tannhäuser erstmals in Weimar inszeniert. Die im Spätjahr 1851 geplante Aufführung wurde auf den 29. Februar 1852 verschoben. ** Moritz von Schwind (1804–1871) führte 1854/55 seine Wandgemälde auf der Wartburg aus. Dabei kam es allerdings zu einem heftigen Konflikt zwischen ihm, dem Architekten Hugo von Ritgen (1811–1889) und dem mit den Verhandlungen beauftragten Weimarischen Legationsrat Franz von Schober (1796–1882). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3658.
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21. Ludwig Richter: Landschaft bei Civitella, Tusche über Bleistift, um 1825.
184 Weimar, den 6. Dezember 1852. An Adrian Ludwig Richter (1803–1884), Maler.
Abb. 21
Mein verehrter lieber Freund! Gestern erhielt ich durch Herrn v. Schober* die Zeichnung, um welche meine Frau, während meiner Abwesenheit für meinen jüngsten Sohn Friedrich bei Ihnen gebeten hatte. Sie übersendet Ihnen anbei das für ihn ausgesetzte mit dem innigsten Danke. Dies unser kleines Geschäft. — Nun aber mein hoch u innigst verehrter Freund meiner u aller, die die liebenswürdige Zeichnung gesehen, herrlichsten Dank ganz besonders. Sie können nicht wissen, welche unendliche Freude Sie bereiten, u darum muß ich es Ihnen sagen. Mein kleiner Friedrich, der sich der Kunst widmet, lebt in einer unbegrenzten Verehrung u Liebe für Sie u alles, was Sie geschaffen. Von seiner zartesten Jugend an sammelt er alles, was in der Welt von Ihnen erscheint u hatte schon Jahre die Bitte ihm eine Zeichnung zu schenken. Dieser Wunsch soll ihm nun zu Weihnachten in Erfüllung gehen, und er wird sicher der Glüklichste unter den glüklichen. Meine Frau u ich danken Ihnen nochmals aufs Herzlichste für die große Freundlichkeit. Mein Freund Schober ist wahrhaft glüklich in der Erinnerung Sie in Dresden gesehen u im Verkehr mit Ihnen gewesen zu sein. Wir sind viel zusammen u treffen in unsern 194
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Kunstansichten meist in einem Punkt. Ihre Werke lieber Freund sind öfterer als jedes andere das Thema unserer Gespräche u nächtlichen Unterhaltungen. Sie glüklicher Mensch! Ungetheilter besitzt wohl kein Künstler die Verehrung seiner Zeit, u wird sie besitzen, so lange es überhaupt Menschen giebt. Der gebildeste wie der ungebildete, der Dichter der Künstler, jeder findet das was er sucht u wird von noch schönern u höhern überrascht. Gott erhalte Sie dem deutschen Volke noch lange lange, was mit dem vollsten Rechte stolz ist Sie sein zu nennen, denn welch andere Nation kann denn sagen, wir haben auch einen Mann der Art? Keine. Doch ich merke, ich komme dahin, wohin ich eigentlich nicht will. Man scheut sich so oft die Wahrheit zu sagen u findet daß sie andern unangenehm sei. Entschuldigen Sie also mein lieber theurer Freund. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau, so wie meine Frau, die sich noch des Abends bei Peschel** erinnert, wo wir alle beisammen waren. Grüßen Sie auch die wenigen lieben Freunde die mir in Dresden sind. Gott erhalte Sie frisch uns allen u der Kunst. In wahrster Verehrung Ihr treuer Fr. Preller, im Jägerhause Weimar d. 6. Decbr 1852. * Franz von Schober (1796–1882), Legationsrat in Weimar, Dichter und Lithograph. ** Carl Gottlieb Peschel (1798–1879), in Dresden tätiger Historienmaler und Professor an der dortigen Kunstakademie. Dresden, Stadtarchiv, 16.1.4. Richter (Familiennachlass) Nr. III.a,351.
185 Weimar, den 11. März 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
Abb. 22
Weimar am 11 März 53. Meine liebenswürdige liebe Freundin! Diese Anrede erlaube ich mir, weil ich für Sie keine andere passliche habe, wenn ich denken darf daß Sie mir nicht anders als freundlich gesinnt waren und bleiben wollen. Tausend Dank also liebe beste Freundin für Ihre Briefe, die ja auch mir ein paar Worte brachten, welche meinem Gefühle nach viel länger ausblieben als ich bei glüklicher Ankunft dachte. Ich fing schon an ängstlich zu werden und war entschlossen heute für jeden Fall einige Worte an Sie der Post zu übergeben. Ich danke Gott daß ichs nun ruhiger kann. Auch Olinda sagte mir sogleich nach Empfang daß sie heute schreiben werde. So erhalten Sie also baldigst, wenigstens von meiner Seite die Versicherung Ihres Fortlebens unter uns, und so wird es auch bleiben, was auch das Schiksal in Zukunft für Sie aufbewahrt. So lange ich Sie noch sehen konnte schien mir Ihr wirkliches Scheiden von hier wie Scherz. Mit dem letzten Gruß aus dem Wagen überkam mich eine schwere Trauer u wir beide sind ganz lautlos den Weg bis zu Bouterwecks Hause gewandelt, ich wenigstens nur mit dem Einen 195
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22. Friedrich Preller d. Ä.: Marie Soest, Zeichnung, 1853.
Gedanken an Sie u Ihre Reise. So habe ich jeden Augenblik verfolgt bis halb 12 Uhr, wo ich sicher glaubte daß Sie die lieben Eltern glüklich erreicht. Und so war es dann auch. Bei B—s habe ich in Ihrem Zimmer eine stille Virtelstunde verbracht u dann mein Studium aufgesucht. Der Tag blieb Ihnen geweiht. Auch jetzt sitze ich am kleinen Tische der Staffelei gegenüber an demselben Platze wo wir so vielerlei Interessantes mit einander besahen. Mir ist immer als könnte ich von hier aus nur ganz ungestört bei Ihnen sein. Ihr Portrait liegt vor mir u ich ersetze mir das, was meine todte Stiftzeichnung nicht geben kann. So finde ich es ähnlicher u der freundliche liebe Blik begrüßt mich wie sonst. Ohne diesen Gruß werde ich mein Tagewerk nicht beginnen, es ist ja das einzige was mir von Ihnen hier zurükgeblieben. Sie meine liebe Freundin sind jetzt in Ihrer lieben Familie. Sie haben endlich die herrliche Mutter wieder, die ja doch überall hier fehlte u die durch nichts ersetzt werden konnte. Genießen Sie dies große Glük so lange Sie können, u glauben Sie mir es giebt nichts Schöneres, finden Sie da auch Verständnis und Mitempfinden Ihres herrlichen Strebens. Ich für mein Theil habe die feste Ueberzeugung, daß eine Zeit lang Ruhe u gemäßigtes Studium Ihnen nicht allein gut sein wird, sondern in hohem Grade nöthig geworden ist. Das was Ihnen im Prinzip klar hier geworden, werden Sie nie vergessen, aber auf diesem 196
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Wege fortzuschreiten mehr Ruhe finden. Das Gegenüber so vieler höchst bedeutenden Menschen im selben Fache hat bei dem wahrhaft Strebenden etwas aufreibendes und zuletzt total verzehrendes. Bei Ihnen mußte nun Unterbrechung kommen, sie war nöthig gewesen für Ihre Kunst u hauptsächlich für Ihre Gesundheit, die zum Glük so vieler Menschen ihnen angehören muß. Versäumen Sie daher ja nicht das Ihrige zu thun und nicht aufzuschieben, wie wir alle an Ihnen gewöhnt sind. Wollen Sie etwas Respektables leisten, muß der Körper Kraft u Gesundheit haben. Wie das Befinden des Körpers fördernt oder störend werden kann, weiß ich leider aus eigener Erfahrung u deswegen verwerfen Sie nicht die Mahnung eines Ihnen treu ergebenen Freundes. Versprechen Sie mir dies in Ihrem nächsten Briefe, der aber recht bald kommen möge. Durch Sie weiß ich daß der Geburtstag Ihrer lieben Mama in den nächsten Tagen sein muß. Darf ich Ihr wohl, die ich nur einmal im Leben gesehen meinen Glükwunsch bringen? Ich glaub Ja. Uebernehmen Sie es liebe Freundin der lieben Mama meine Verehrung zu versichern und in ihrem jetzigen Glüke meine aller besten Wünsche zu überbringen. Welche Freude muß sie empfinden das liebe Kind wieder in die Arme schließen zu können. Sie wird es festhalten und das liebe Kind sich gern halten lassen. So muß die nächste Zeit vergehen ohne daß dem Zugwägelchen die Luft drükend wird. Die Musen schlagen gern ihr kleines Zelt da auf wo einer ihrer Jünger weilt u sehnsüchtig die Arme ihnen entgegenstrekt, sei es Nord oder Süd. Bereiten Sie ihnen am Rammelsberg ein kleines Plätzchen, sie kehren dort sicher ein u drüken ihrem Liebling den göttlichen Kuß auf die blondente Stirn. Mild u heiter, fordern sie nur eins: Treue. Diese gehört vor allem dem weiblichen Geschlecht an, u so bin ich ruhig über das Verweilen der herrlichen Töchter des Olimp. Wenn Sie ihnen ganz ergeben, sind die Geschenke überschwenglich reich u erquiklich. Alle Künste, die süßesten Blüthen menschlicher Bildung, jede einzelne, sind ausreichend ja unersetzlich unserm Geist fürs Leben. Trennen Sie die holden Schwestern nicht wann u wo Sie sie beisammen finden, ihr Ursprung, ihre Erziehung u ihre Bestimmung ist eins u dasselbe. Sie steigen vom Himmel hernieder beseeligen alle die Ihnen offen u kindlich ins reizende göttliche Antlitz schauen. Die nächste Zeit scheint mir ganz geeignet sich zu sammeln u der Zukunft ruhig entgegen zu sehen. Ihr Fernsein vom Tummelplatz oder Turnplatz der Musik kann im Augenblik nicht anders als fördernt u wohlthätig wirken, u wird es thun. Dies meine Ansicht, ja Ueberzeugung. Bei mir geht alles den selben Gang, den Sie liebe Freundin kennen. Nur Friedrich hat sich für 1 Tag zu Bett gelegt, hat jedoch vom Arzt die Erlaubnis morgen wieder aufzustehen. Ich sitze wie immer um diese Zeit, es ist 3 Uhr nach Mittag im Studium u unterhalte mich diesmal mit meinem fremden Goslaer Liebling. Höre ich Tritte nahen, denke ich doch manchen Augenblik das heitere liebe Gesichtchen erscheint hinterm Vorhang. Fort Täuschung. Wer weiß wann u wo wir uns einmal wieder sehen. — Ist es irgend möglich geschieht es diesen Sommer, noch ist kein Plan festgestellt. Ich arbeite jetzt fleißig am Tyrolerbilde u bin heute das erstemal damit durchgekommen. Gott gebe daß es gut gelinge. Das kleine Eisenacher Bildchen ist heute fort um nicht wieder zu kehren. Möge es in gute Hände gerathen. — 197
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Meine Spaziergänge habe ich bis jetzt noch abgekürzt, ich gehe in der Allee täglich bis zur ersten Brücke. Bis dahin habe ich allerlei Gedanken, die mir nachlaufen, sobald ich über die Stelle hinweg bin. Auch fühle ich mich noch nicht wie es sein soll. Mein Kopfweh plagt mich heute ganz absonderlich. Morgen wird es wieder gut sein. Für jetzt mein liebes Freundchen leben Sie wohl, heiter u glüklich im Kreise Ihrer Lieben. Ich empfehle mich Ihnen. Bald, ja recht bald hoffe ich auf ausführlichere Nachricht von Ihnen, danke indeß herzlich für die paar Zeilen. Herzliche Grüße von allen den meinen von mir 1000 fach. Ihnen ganz ergeben Ihr Fr.P. Privatbesitz Bayern.
186 Weimar, den 17. März 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar d 17 März 1853. Ihr lieber Brief vom 13.t. d. liegt vor mir. Ich lese ihn u immer wieder weil ein Gefühl durchgeht was mir die Ueberzeugung giebt daß Sie Weimar u besonders die, welche Ihnen am nächsten standen nicht sobald vergessen werden. Ich danke Ihnen dafür von ganzem Herzen, denn ich darf mich ja zu jenen zählen, die Ihnen etwas geworden sind. Welche Freude es aber auch für andre außer mir war denen ich von Ihnen erzählen konnte muß ich Ihnen nicht erst betheuern. Haben Sie tausend Dank meine liebe Freundin für die schnelle theure Bothschaft. Jetzt sitz ich im Studium Nachmittag 3 Uhr, die Stunde welche ich in der Regel daselbst ganz ungestört verbringen kann u die mir durch viele Anhaltspunkte nichts ersetzen kann. Pinsel u Palette rufen u ich werde einen Spaziergang nach Goslar antreten um meinem lieben Soestchen mancherlei zu erzählen. Zuerst daß ich Ihren Auftrag an Liszt bestellt, der mir viel gutes von Ihren Fortschritten in W. erzählte, u die Ueberzeugung aussprach daß es recht gut mit der Zukunft aussähe. Daß Sie nicht ruhen werden sondern auf gutem Wege weiter fortschreiten bezweifelt er eben so wenig als ich, u so wird u muß sich die Liebe mit Anerkennung lohnen. Das ist der Lohn von außen, das beste aber kommt uns nicht daher sondern durch das Verständnis des Höhern u Höchsten, was uns nur allein durch Kampf u ganze Hingebung erschlossen wird. Also nur mit Ruhe vorwärts, jeder Tag bringt Ihnen Perlen, die sich endlich zum schönen Diadem formen mit welchen Apollo selbst die Schleife seiner Verehrer krönt. Heut Mittag habe ich Ihrer lebhaft gedacht, daß Ihrer nothwendig das rechte Ohr geklungen haben muß, oder die Ohrklingel ist überhaupt eine Fabel. Ich war nemlich mit W. Göthe Genast Hummel u dem Lieder Componist Hölzel bei Schuchard zu Tisch.* H. ist ein überaus angenehmer sehr heiterer u gutmüthiger ächter Wiener der uns schon vor einigen Tagen einen Abend schenkte bei welchem einzig u allein unser liebes Soestchen fehlte. Er sang verschiedene seiner reizenden Lieder mit schöner Stimme u Vortrag. Mir 198
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ist bei solcher Gelegenheit immer der Genuß nur halb, denn die andere Hälfte befindet sich auf dem Wege oder in Goslar selbst. Seit Ihrer Abreise bin ich überhaupt von dieser Seite ganz verarmt. Befinde ich mich ganz allein, klingt mir wohl Bethhoven von der Seite des Bouterwekschen Hauses in den Ohren, nähere ich mich den Thönen höre ich wohl deutlicher aber vermisse alles was mir so in die Seele greift, u meines Bleibens ist nicht lange. Das Eckstübchen habe ich zuweilen wiedergesehen u mir ist immer trotz aller Veränderungen als müßte die liebe Freundin eintreten u in die Saiten greifen. Was ich durch Sie dort gehört durchklingt noch mein innerstes u wird es so lange ich athme. Verlassen Sie diesen großen Genius nie, seine Nähe kann nur erheben u Sie dem Ziele rascher entgegen führen. Ich denke mir oft wie Sie in Ihrem Zimmerchen wohl eingerichtet, ihm u nur ihm leben, bis Sie erschöpft in die liebenden Arme der Mutter zurükkehren u dort anderes Glük erwartet. Sie haben hier viel verlassen, Sie haben aber auch so viel wieder gefunden daß Sie unter tausenden vielleicht die Beneidenswerteste sind. Ach! In der Nähe geliebter Eltern leben u noch der Kunst angehören. Mir wurde das große Glük versagt, ich verlohr es zu bald u darum erkenne ich seinen hohen Werth klar. Der Himmel erhalte Ihnen alles was Sie lieben. — Anbei erhalten Sie die Copie Ihres Portraits, vom kleinen Friedrich gezeichnet, von mir noch übergangen u vollendet. Möchten sich die lieben Ihrigen das Fehlende daran ersetzen können u den schwachen Versuch als guten Willen betrachten. Ueber portraitiren habe ich die Ansicht: es kann jedem Künstler glüken ein völlig genügendes Portrait zu liefern, öfterer aber ihm das Gegentheil passiren, nicht weil er vielleicht ungeschikt, sondern, weil er nur das hineinlegt was er selbst darin entdekt. Ein jeder aber sieht im Menschen anderes, ja oft sich selbst, am wenigsten u seltensten das, was die nächsten angehörigen darin sehen u lieben. In dieser Weise ist auch diese Zeichnung entstanden. Ich habe das mir liebe u angenehme aus dem Gesichtchen herausgezeichnet und notirt, vielleicht aber gerade das verfehlt, was der geliebten Mama darin das wertheste ist. Mögen Sie liebe Freundin es übernehmen mich zu entschuldigen. Damit Sie aber hier mit fortleben, muß ich Ihnen doch schreiben wie ich es treibe u was ich für Pläne habe. Als Gegenstük des Tyroler Bildes componire ich jetzt einen Seesturm mit großen Klippen, an denen das mächtige Element sich erprobt. Ich denke, dabei meiner jetzigen Stimmung den Zügel schießen zu lassen u hoffe so soll es Frische u Leben erhalten. Des Menschen Werk geht dabei unter, am Felsen liegen die Trümmer eines Schiffes über welche die See hinstäubt. Düsterer Schmerz muß den ganzen Gedanken durchziehen, wie die große Blutader den menschlichen Körper. Möven umkreisen die schreckliche Scene wie böse Dämonen u kreischen das Grablied in die heulenden Accorde des Sturmes. Der Gedanke ist tragisch genug u ich denke, bei jetziger glüklicher Stimmung dafür soll es wohl zu etwas kommen. Dies ist zu untermalen u das angefangene für Bolieu** ganz zu vollenden, ehe ich daran denke Ausflüge für den Sommer zu unternehmen. Ist dies geschehen, wird der Koffer gepakt u nach irgend einer Weltgegend gepilgert. Schuchardt u Genast hatten die Idee nach dem Harz u wollten mich dann begleiten. Ich bin aber noch nicht entschlossen weil ich eigenthlich nothwendig nach dem Hochgebirg muß. Ist denn aber nicht beides zu verbinden? Ich denke wenn man ernstlich will u nicht 199
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zu große Hindernisse eintreten, wohl auch, u so wäre die größte Wahrscheinlichkeit wenn ich meiner liebenswürdigen Freundin nicht ungelegen komm, u das ist ja nicht der Fall, daß ich auf einige Tage wenigstens Goslar u seine Alterthümer sehen könnte. Wie scheint Ihnen das Luftschlößchen? Sagen Sie mir ein Wort darüber. Doch mein Papier geht zu Ende, u ich muß Ihnen noch 1000 Grüße von Marie Großmutter u den Jungens sagen. Marie dankt Ihnen herzlich für das liebe kleine Väschen, was sie schon jetzt mit Blumen unterhält. Auf Malwina bin ich eifersüchtig, ihr Brief erreicht Sie einen Tag früher, u doch war es nicht anders möglich. Schreiben Sie mir wohl bald u ausführlich wieder? Ich hoffe ja, denn Sie können wissen daß Ihre Briefe bei mir einen Platz ausfülen der ohne Sie leer bleibt. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Mama aufs angelegentlichste. Adio meine theuerste Freundin, lassen Sie mich hören daß Sie ganz heiter u glüklich bei den Ihrigen. Ihnen treu ergeben Ihr Fr. Preller, * Walter von Goethe (1818–1885), Komponist, Enkel Johann Wolfgang von Goethes; Franz Genast (1797–1866), Schauspieler und Sänger; Carl Hummel (1821–1907), Maler und ehemaliger Schüler Friedrich Prellers; Gustav Hölzel (1813–1883), Sänger und Komponist; Johann Christian Schuchardt (1799–1870), Jurist, Kunsthistoriker und Kustos der Großherzoglichen Kunstsammlungen in Weimar. ** Carl von Beaulieu-Marconnay (1811–1889), Großherzoglich Sächsischer Geheimrat und Käufer der beiden Bilder. Siehe Brief 189. Privatbesitz Bayern.
187 Weimar, den 18. März 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 18. April 1853] im St. […] Das Bild geht ziemlich vorwärts. In der Stimmung ist nichts mehr zu ändern, obgleich ich so vieles anders und vorzüglich besser haben möchte. Es sieht ernst, aber nicht trüb oder grausig aus. Es muß zwischen ihm und dem Seesturm ein großer Unterschied bleiben. Letzteres ist entschieden leidenschaftlich und gewaltig, das Tiroler mehr ahnungsvoll, ja geheimnisvoll. Die schweren Nebelmassen lassen mehr erwarten, als sehen. Die höchsten Höhen sind verschleiert und nur wenige Durchblicke verrathen, wie es vielleicht dort oben sein dürfte. Ist es in unserem Leben anders? Das Thal, von Schluchten und andern kleinen Thälern durchschnitten, durchbraust der schnelle Bote von Oben, das Gletscherwasser. Er bringt uns nichts mehr, als daß das Oben vorhanden, eilt weiter, reißt nieder, ist anderen hilfreich und steigt endlich wieder zu seinen Höhen als Nebel empor. Ein zweites Bild unseres Lebens! Die unterste Region nur, zu der die alten Tannen gehören, liegt uns klar gegenüber. Sie schauen mit ihren ergrauten Häuptern den Höhen entgegen. […] beugen sich dan u überlassen andern das Plätzchen. So auch wir, was aus uns wird darf uns nicht kümern, so lange wir mit allen Kräften nach den Höhen streben. Jeder thue es in seiner 200
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Weise u nach Ueberzeugung. Wir vor erst in den Künsten u welchen Weg führt wohl sie höher, obgleich steil genug luftiger Höhe. […] Keine Vergleiche bringen uns weiter, sie drücken uns nieder; nur mit der Liebe für die Sache, reinem heiteren Sinn und Ernst gehen wir, wenn auch in kürzeren Schritten, vorwärts. Machen wir’s wie die Vögel. Dürfte sich wohl die Lerche vom Boden erheben, weil der Adler so hoch über ihr seine Kreise zieht? Sie thut es, preist den Schöpfer auf ihre Weise und erfüllt das, was sie soll. Nehme ich nicht noch jeden Morgen Pinsel und Palette? Und doch haben so große unerreichbare Meister vor mir gelebt und leben noch mit mir. Ich vergleiche mich mit Niemandem, verliere deshalb nicht den Mut, aber ich strebe und verbrauche das, was mir der Himmel geschenkt. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 314; ebenfalls bei Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 3–4. Dort mit dem Datum 18. April 1853.
188 Weimar, den 25. März 1853. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Marie lässt Ihnen sagen, das schöne Blatt von Ihrer Hand wolle sie selbst bewahren. Ich habe es ihr nämlich erst gestern (zu ihrem Geburtstage) sehen lassen, und sie hatte eine kindische Freude daran. Die bezügliche Stelle in Ihrem Briefe gibt ihr die Hoffnung, dass sie es für immer behalten darf. Nun zu dem, was mir und Ihnen hauptsächlich am Herzen liegt, zu Ihren Zeichnungen. Zu allererst muss ich Ihnen sagen, dass ich eine Freude gehabt über die Fortschritte, die Sie in der letzten Zeit gemacht, wie selten! Ein Glück für Sie, dass wir so weit von einander, hätt ich Sie hier gehabt, ich hätte Sie in meine Arme geschlossen! Meine liebe theure Freundin, ich gratuliere aus Herzensgrunde! Bei mehr Ruhe würde ich beginnen, Ihre Zweifel zu beseitigen und Ihnen zu beweisen suchen, wie viel weiter Sie gegangen, als manch anderes, was die Bewunderung der Welt nur mit Recht zu haben glaubt. Gehen Sie so fort! Was Sie thun, wird gewiss immer gut sein, wenn auch Andre es anders fühlen und thun würden. Jeder spricht in dem Was und Wie seine Individualität aus, und Anderes soll der Künstler nicht, wenn sein Werk Originalität behalten soll. Ich sage nochmals, Ihre Zeichnungen sind gut, künstlerisch tüchtig empfunden und durchgeführt, besser und männlicher, als Alles was ich kenne von den bekannten Leuten in diesem Fach. — Also Muth und Heiterkeit, liebe Freundin, Sie sind was man sagt: heraus! […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 136.
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189 Weimar, den 25. März 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
Abb. 23
Charfreitag. Nachmittag. Gestern erhielt Marie Ihren lieben Brief nebst Einlage u sie wird Ihnen selbst einige Worte das Dankes für Ihre große Freundlichkeit sagen, möge ihr hirmit meinen Theil beitragen. Ob mein Brief erst nach einem versprochenen zweiten abwartet, weiß ich nicht, ich schreibe Ihnen aber heute weil ich nicht arbeite u so schön allein in meinen 4 Pfählen ganz ungestört den Nachmittag verbringen will. Mein Studium ist u wird mir immer der liebste Aufenthalt des Tages bleiben. Ich habe ja hier alles schöne alles bittere u Trübe erlebt, hier habe ich das beste vollbracht u der Welt übergeben und hier will ich schaffen so lange es das Schiksal vergönnt. Hier nur bin ich der, den Sie kennen und darum gehe alles an Sie von hier aus. Ihr letztes Schreiben liegt vor mir, ich habe es wiederholt gelesen finde aber immer daß ihm das fehlt was so zu Ihrem glüklichen Temperament gehört u was Sie sich durchaus bewahren müßten, ich meine die harmlose Frische. Durch Ihr Briefchen geht eine etwas trübe Genirtheit, obgleich Sie oberflächlich heiter scheinen. Doch davon genug, ich wollte dies eigentlich nicht erwähnen. Durch O. habe ich mit großer Freude gehört daß Sie endlich Ihr Instrument erhalten haben. Das hat Ihnen vor allen Dingen gefehlt, durch das u mit welchem Sie gewohnt sind Ihre Empfindungen u Gedanken auszusprechen. Ich preise Ihre lieben Eltern glüklich Ihnen so nahe zu sein, zu jeder zeit das Beste nochmals geistig durcharbeitet von dem geliebten Kinde hören zu können. Wie viel das mir gewesen empfinde ich jetzt hart, ja sicher viel mehr als sich meine liebe Freundin denken kann. Ihr Weggang von hier ist das Ende einer gesteigerten Empfindung, die mir die hohen Kunstwerke in der Musik stets verleihen u verliehen haben. Was mir seit jener Zeit davon geblieben, hat sich in meinem neusten Karton verkörpert. Sie liebe Freundin haben den größten Theil daran und mir heißt das Gedicht Marie. Beethoven. Seit damals lagerte sich mir eine feierlich düstere wechselweise aufgeregt wilde Stimmung auf die Seele, die eine Form forderte. Dies zweite wurde zur förmlichen Unruhe in mir und belästigte mich in einer Weise, daß ich alles liegen ließ u Kohle zur Hand nahm. So entstand die Zeichnung, die ich nunmehr als Gegenstük zu Bolieu* bestimmt habe, in dem Falle daß es ihm nicht zu wild ist. Jetzt steht der Karton vor mir, wartend daß ich mich seiner nun weiter annehme. Fest u starr erwarten die zwei Riesen, ihrer Stärke sich bewußt, die schon schwächern anstürmenden Wogen, kraftlos rollen diese, nachdem sie den Schlag vollbracht von ihren Füßen ins nasse Element zurük um sich für neue Angriffe zu verbinden. Das Wrak wird noch einmal gehoben u dann versinkt es für immer, ein Bild des Menschen in dem göttlichen gewaltigen Kampf der Urelemente. Ein leiser Schrei der Verzweiflung oder Liebesgruß mischt sich in die gewaltigen Harmonien, er löst sich darin auf, u es bleibt von ihm nichts, als das geistige unvergängliche, was zum Ganzen gehörig. Damit Sie einen Begriff der Form haben in die die Stimung durch Luft Schatten u Farbe gebracht wird, lege ich die Miniaturscizze bei. Sie begreifen mich leichter. Später löse ich sie durch eine Zeichnung aus die ich Ihnen bei dieser Arbeit schulde. 202
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23. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Marie Soest vom 25. März 1853.
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Nach den Feiertagen gehe ich mit neuer Kraft an das Tirolerbild, was ich jedenfalls vor meiner Studienreise vollenden muß. Ob ich wohl Goslar, Soestchen u überhaupt die dortige Gegend sehe? Wer weiß es! — Inzwische ist es mir zu Muthe ich müßte ans Nordcap u dort die Eskimos aufsuchen! Weg mit den schwarzen Grillen! Adio für heute, ich fühle daß mir Schneeluft wohlthun wird, u so will ich denn einen einsamen Spaziergang ins freie machen. Vielleicht bin ich morgen nicht so wiederwärtig. Entschuldigen Sie mein heute. Guten Tag meine liebe Freundin! Ich sitze wieder Ihnen gegenüber um zu plaudern, für anderes bin ich heute durchaus untauglich, der Morgen ist vergangen u der Nachmittag hat mir mein altes Kopfweh gebracht. Haben Sie Geduld mit meinem Schreiben. Ueber meine Sommerreise kann ich Ihnen nur sagen, daß wenn ich so glüklich sein sollte nach Goslar zu kommen ich jedenfalls allein sein werde, da weder Schuardt noch Genast so bald von hier fort können als ich gehen werde. Etwas durch meine Reisegesellschaft verlieren darf ich nicht am wenigsten den höchsten Genuß der mir bei Ihnen bevorstände. Ist es doch vielleicht das letzte was ich von Ihnen in der Musik höre. — Sie sagen, daß der kommende Sommer wahrscheinlich der letzte vor Ihren Weggehen, aber schweigen über das wohin. Doch wozu all diese Pläne jetzt u mein Fragen. Es wird sich alles so gestalten daß das liebe Soestchen glüklich sein u werden wird, sie mag sein o sie will. Wer sich der Kunst ergiebt u mit ächter Verehrung u Liebe ihr anhängt ist noch immer glüklich gewesen. Genießen Sie jetzt das große Glük bei den lieben Ihrigen sein zu können, schöneres bietet Ihnen doch niemand u die Zukunft wird alles so ordnen wie Sie es verdienen. Wie oft bin ich im Geiste Ihnen jetzt nahe u lausche Ihres Spieles, den großen Gedanken des göttlichen Bethhoven. Welch bedauerliche Zeit die diesen Heros nicht begriff, ja ihn für wahnsinnig erklärte. Hierin liegt der Beweis daß er ein Genie war, der seiner Zeit so weit voraus u so groß dachte u fühlte. Keiner, oder nur ein u der andere haben den Dank u die Anerkennung ihrer Zeit mit ins Grab genommen, die so großes vollbracht. Doch darin besteht ja auch nicht das Glük des Künstlers, er erträgt wohl noch anderes u tauscht dennoch mit niemand. Aus diesem u ihm verwandten Grunde nennt man die Künstler wohl auch Verrükte. Wie selten kann u wird sich jemand in das Künstlerleben denken. Seine Empfindung durchläuft ganz andere Bahnen als die anderer Menschen, sonst würde es ja unmöglich sein das selbst der gebildetste noch von ihm gehoben würde. — Glüklich schon ist der zu nennen, der solchen Schwung ahndet, wer ihm folgen kann ist geborner Künstler. Aehnlich ergeht es jetzt dem Wagner. Ihn umbellen kleine neidische Kneiffer u jeder davon meint wer am lautesten belle sei der Mann. Wagner geht seinen Weg u legt er ihn zurük ohne Nachfolger, ist es nur ein Beweis daß man ihn nicht verstanden, nicht daß er kein gewaltiges Talent gewesen. Jetzt ist noch nicht die Zeit darüber unpartheiisch zu entscheiden. Man lasse nur 20 Jahre vorüber gehen. Nach dieser Zeit steht er uns gegenüber wie jetzt Beethoven. Wir beurtheilen etwas etwas an dem wir selbst nicht unmittelbar Theil haben. Eben verlässt mich Marie u hat Ihr Briefchen zurükgelassen. Sie will daß ich den Brief absende, u so mag es denn sein. Gern hätt ich den Ihrigen erst noch abgewartet, denn ich denke mir daß Sie mich nicht so lange warten lassen. Sollten sich die Briefe aber begegnen, so warte ich dann erst noch einen von Ihnen ab, ehe Sie wieder Nachricht von mir erwarten können, vorausgesetzt daß nichts darin enthalten, was sogleich Antwort erheischt. 204
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Mit der Altenburg u Raff** scheint sich eine Spaltung vorzubereiten. Die Sache der Fürstin steht jetzt wie man sagt sehr übel. Der Kaiser*** dringt auf Scheidung u Rükzahlung von 2 Millionen Rubel an den Fürsten, unter welcher Bedingung er die Heirath der Prinzeß auch nur zugeben will. Die Fürstin weigert sich noch, unsinnig, da das nur zum Prozeß führen muß, bei welchem sie nach Rußland muß. Sie können sich denken daß demnach auf der Altenburg sehr schlecht Wetter ist. Nun mein lieb Soestchen muß ich schon schließen, wenn der Brief noch zur Post soll. Ich wünsche Ihnen alles liebe u erfreuliche. Vergessen Sie mich nicht ganz über den göttlichen Beethoven. Empfehlen Sie mich der lieben Mama bestens. Einen herzlichen Gruß von Ihrem Fr. Preller. * Der Diplomat und Schriftsteller Carl von Beaulieu-Marconnay (1811–1889) erwarb die beiden Gemälde Steirische Landschaft und Norwegische Küste bei Skudesnaes im Sturm, die 1876 von der Nationalgalerie in Berlin angekauft wurden. Die Anregung Prellers für den Seesturm vor der norwegischen Küste von einer nicht näher bezeichneten Sonate Beethovens und seine Schwärmereien für Marie Soest verbinden sich hier zu einer erotisch aufgeladenen Assoziation, die nicht zuletzt durch seine Skizze der Leucothea auf dem Umschlag dieses Briefes unterstrichen wird und an Eindeutigkeit nicht zu übertreffen ist. Siehe dazu auch die Briefe 192, 207, 214, 215, 377. ** Joachim Raff (1822–1882), Komponist, von 1849 bis 1853 Sekretär von Franz Liszt. *** Nikolaus I. (1796–1855), Kaiser von Russland. Privatbesitz Bayern.
190 Weimar, den 4. April 1853, [Poststempel]. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sein Sie herzlichst gegrüßt meine liebenswürdige Freundin u mir nicht böse daß ich so spät beginne Ihre zwei letzten Briefe zu beantworten. Ich habe zu meiner Entschuldigung nichts vorzubringen als mein fast unausgesetztes Kopfweh, was mir jedes Frühjahr bringt, u woran ich diesmal sehr gelitten u noch leide. Genug davon. Ich benutze die erste leidliche Stunde nun ungestört zu Ihnen zu eilen, und damit ich mich sogleich zurecht finden kann, kommt mir die Planzeichnung, die eben vor mir liegt vortrefflich zu statten. Das an Ihnen mir noch unbekannte Talent hat seine vortrefflichen Dienste gethan. Ich bin in Ihren Können nun schon bekannter, u kann die Stunden leichter verfolgen, u wissen wie u wo Sie sich beschäftigen. Haben Sie dafür den herzlichsten Dank. Zuweilen ist es mir sehr dringendes Bedürfnis zu wissen wie u wo sich meine Lieben bewegen. Dieses Stübchen wird Ihnen jede Stunde lieber, es wird bald Ihr Heiligthum werden. Dort leben Sie geistig, Ihr bestes wächst u treibt dort Blüthen, es ist Ihr Studium, u ich habe die Ueberzeugung recht bald ruhigere u zufriedenere Briefe zu erhalten. Das unausgesetzte Streben u Ringen nach Vollendung in der Kunst ist nichts ungewöhnliches, nur gleichgültige schlaffe Charaktere mögen leichter davon berührt werden. Bei der leidenschaftlichen ja glühenden Liebe für das Schöne, ohne die ich mein Soestchen nicht denken kann u mag, ist Ihr Zustand nur so wie er sein kann u muß. Ich kenne diese Existenz u habe sie durchlebt in einer Weise wo vor Sie der Himmel 205
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bewahren möge. Meine ganze Jugend war geeignet meine Liebe, mein heißestes Sehnen nicht zu fördern, sondern es an der Wurzel zu vergiften. Wie Sie mein Soestchen, Weimar kennen, war es nicht immer. Die bildende Kunst war hier in jener Zeit gar nicht vertreten. Hofrath Mayer, als Schriftsteller bekannt, hasste alles was nach neurer Kunst schmekte. Die Zeichenschule war die traurigste Anstalt u wurde nicht das mindeste zur Erhebung oder nur Verbesserung gethan. Ich unternahm Arbeiten wovon Sie keinen Begriff haben, um Mittel zu erlangen einen Sommer auswärts zu existiren. Durch die furchtbarsten Anstrengungen u widrigsten Handwerkerarbeiten gelang mirs nach Jahren Monate für mich zu erübrigen, endlich einen Sommer. Im 17 Jahre fasste ich den Entschluß selbständig zu handeln u durch die Welt zu pilgern. Daß ich so nicht auf Rosen gewandelt, begreifen Sie. Meine furchtbaren Anstrengungen wurden dadurch belohnt daß Karl August in mir ein Talent erkannte. Er ging mit mir in die Niederlande. Nach dieser Zeit gestaltete sich mein Leben freundlicher, aber nicht bequemer, denn ich begann zu sehen daß ich noch gar nichts, ja nicht einmal in dem Theile des Handwerkers wußte. In dieser Zeit legte ich den ersten Stein zum Unterbau für das Gebäude woran ich jetzt beschäftigt bin. Ich ging nach Mailand, verlor dort 2 Jahre aus meinem Leben ohne meine Schuld, u hätte ihm sicher dort mit eigener Hand ein Ende gemacht, wäre nicht die Erlaubnis zur Reise nach Rom im einzig richtigen Moment angelangt. Meine letzte Hoffnung. Ich sah Rom u mußte von neuem jeden Augenblik fühlen daß ich nun erst anfangen dürfte. Meine Zeit war für 2 Jahre festgesetzt. O Jammer. ich verlor den Muth zu beginnen, weil ich in dieser Zeit nichts vollbringen konnte. Meine Aufgabe war, mit dem glühendsten Enthusiasmus für das Höchste das A B C zu lernen. Ich begann von neuen, vergraben in meine Studien, mit weniger Mitteln als fürs Leben hinreichte furchtbar zu arbeiten. Meine Gesundheit ging dabei zu Grunde. Ich wollte sterben, aber nur in Rom. Ich erhielt noch 1 Jahr, das glüklichste meiner armen Jugend. Ich machte mir Platz. Ich fühlte zum erstenmale daß es nicht ohne Talent war, u man erkannte dies in Rom vollständig an. Damit endete mein Aufenthalt in Italien. Ich kam zurük um erst zu studieren u mir das Handwerk zu erringen. Von hieraus erst im 4 ten Jahre stellte ich mein erstes Bild aus.* Es schlug nicht durch, man bemerkte es kaum der Mühe werth. Ich verlor den Muth nicht, ich studirte wieder 2 Jahre weiter, fern von aller Kunst, still ohne daß jemand in der Welt von mir wußte. Nur eine größere Arbeit in Leipzig im Härtelschen Hause machte eine Unterbrechung. Nach dieser Zeit ging ich wieder hervor, u erst von da fand ich Anerkennung. — Seit jener Zeit lebe ich wieder geschieden vom Kunstleben. Hier also mein kurzer Abriß meines Jugendlebens, welches gewiß nicht zu beneiden ist. Es soll auch nur dazu dienen Ihnen zu sagen, daß es nicht nöthig zur geistigen Ausbildung, stets mit der Kunst u Künstlern zu leben, denn die Zeit, die ich unter Künstlern gelebt, war mir nur zu Schularbeiten bestimmt. Verlieren Sie also nicht den Muth. Erhalten Sie sich die Liebe u Frische für die Sache, u sehen Sie damit auf nähere u weitere Umgebung zu wirken. Darin liegt der eigenthliche Segen daß man der Menschheit Empfänglichkeit für höheres und Höchstes durch die Künste verschafft, u das kann man überall, wo man auch vom Schiksal hingeschleudert wird. Ich sage ohne Scheu, ich habe den größten Theil an dem jetzt in Weimar verbreitetem Kunstinteresse, und zwar nicht durch meine Arbeiten allein, sondern dadurch daß ich nie 206
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eine Gelegenheit mir entgehen lasse durch Wort oder Erklärung das eine u andere zur Klarheit zu bringen. Unsere Aufgabe ist der höchsten Bildung näher zu kommen u für andere zu thun was wir können. Jeder gebrauche also die Mittel die ihm der Himmel verliehen u wenn er dies mit allen Kräften thut, löst er so ziemlich seine Aufgabe. Ihrem Plan mit London ist gewiß nichts zu entgegnen. Bilden Sie daran fort, u bietet sich die Gelegenheit, handeln Sie in Uebereinstimmung mit den theuren Ihrigen. Daß Sie jetzt eine Zeit lang allem Treiben fern halte ich für segensreich, u Sie finden da gerade ein Feld auf dem Sie säen können, nur müssen Sie nicht erwarten, daß jedes entfallene Samenkörnchen 1000 fältige Frucht trägt. Beginnen Sie meine liebe Freundin u der kleinste Erfolg wird Ihnen große Freude bereiten. Die Kunst um ihrer selbst willen treiben ist hoher Genuß u fördernt, sie aber gemeinnützig machen ist jedes Künstlers Aufgabe, und dies die schönste, ist er selbst noch so unbedeutend als Individuum. So gehört er zur großen Kette, von der kein Glied entfernt werden kann. In summa: Sie gehen den Weg u sind im jetzigen Moment an der unwegsamsten Stelle, den jeder strebende Mensch zurükzulegen hat, u energische Charaktere endlich doch bewältigen. Verlieren Sie den Muth nicht mein theures Soestchen, denken Sie zuweilen an Ihren armen Freund, der unter viel ungünstigeren Verhältnissen mehr als sein halbes Leben durchkämpft hat u noch jede Stunde thut. Alles was man selbst erringt, ist es auch noch so klein, doch von großer Bedeutung. Nachmitt. 3 Uhr: Ich befinde mich heute besser als seit vielen Tagen u bin glüklich Ihnen dies sagen zu können, da ich weiß wie viel Theil Sie an allem nehmen was mich betrübt. Ich danke dem Himmel für jede günstige Stunde, u verwende sie gern zu dem was mir im Herzen glüht. Welche Seligkeiten schließt oft eine einzige Stunde in sich, Monate hingegen können wieder vergehen u man möchte sich lieber begraben wissen. Ihr Zusammenkomen mit Meyer hat mich nicht überrascht, es würde früher oder später erfolgt sein. Mehr ein Brief an Ol.** den Sie heute mit einem von Ihnen empfing. Ich muß, wenn ich an die an Sie gerichteten denke u den an O. vergleiche ihn für unwahr halten. Ihnen gegenüber ihn jedenfalls für einen Schmeichler, da er Ihnen selbst Dinge gesagt, die er nie behaupten oder verantworten kann. Mit solchen Leuten mag ich nichts zu schaffen haben u rathe Ihnen als wahrster Freund: Sein Sie vorsichtig. Wie u wo er mich kennen gelernt, weiß ich nicht. Vermuthlich aus dem Munde seines Sohnes, der während seines Aufenthaltes in Jena, in B–. Hause einige Besuche gemacht. Sonst habe ich keine Idee. Das nennt man kennen? Ob er meine Arbeiten kennt, weiß ich nicht, weiß aber daß er jedenfalls noch 1 mal geboren werden müßte, u mit mehr Kunstsinn, wenn er mich verstehen wollte, u ob mich ein Mensch oder weniger versteht, daran liegt mir wenig, wenn ich nur denen klar, die ich in mein Herz schließe. — Ol. wird Ihnen recht bald schreiben. B.—s sind empört über M. u ich denke M. wird sehr froh sein nicht tiefer in die Sache eingehen zu müssen. Ich liebe ihn nun einmal nicht, u habe auch keine Ursach ihn zu achten. Sein Gesicht hat mich nicht eingenommen u wird mich verscheuchen wo ich ihm begegne. — Nun mein liebes Soestchen wird es Zeit zu schließen, wenn der Brief noch heut zur Post soll. Ich erwarte bald wieder Nachricht von Ihnen. Ich bin fleißig am Tiroler Bild u die Leute haben Freud daran. Nicht so ich, vielleicht werde ich es mehr, wenn es mehr vorrükt. 207
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Gern hätt ich Ihnen noch viel viel gesagt, doch diesmal wird es zuviel. Alle die Meinigen grüßen herzlichst. Jever*** malt sich selbst u recht vertraulich. Empfehlen Sie mich den verehrten Ihrigen bestens. Adio mein bestes liebes Soestchen. Ihnen treu ergeben Fr. Preller. Montag Nachmittag. * Gemeint ist wohl das im September 1833 in der Weimarischen Kunstausstellung der freien Zeichenschule gezeigte Gemälde Waldeinsamkeit. Nach Prellers Rückkehr aus Italien war es das erste öffentlich präsentierte Bild. Siehe Carl Ruland: Die Radierungen Friedrich Prellers, Weimar 1904, S. 23 f., Nr. 13. ** Olinda Bouterweck (gest. 1876), Tochter des Göttinger Philosophen Friedrich Bouterweck (1766–1828) und seiner Ehefrau Sophie Julie, geb. Westfeld (1772–1826), war eine enge Vertraute im Hause Preller. *** Der in Jever geborene Ernst Hemken (1834–1911). Siehe Brief 192. Privatbesitz Bayern.
191 Weimar, den 18. April 1853, [Poststempel]. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Montag früh 7 Uhr Den besten Gutenmorgen meinem lieben Soestchen! Ihren Brief durch Olinda erhielt ich vorgestern Abend als sie zu uns kam. Ich hatte ihn schon lange erwartet und war die letzten Tage recht traurig weil ich mir dachte daß diese Pausen nun immer größer werden würden, oder Sie wirklich krank sein müßten: Ich danke Ihnen herzlichst für die lieben Zeilen die nun das eine u andere wiederlegen. Entschuldigen Sie meinen schlimmen Gedanken einmal, ich werde ihnen nicht wieder nachhängen. Vor allem bin ich recht froh daß Sie nicht wirklich körperlich krank u dadurch abgehalten wurden. Ich habe täglich u stündlich mit Ihnen gelebt u Sie geistig wohl öfters am Instrumente belauscht. Gott! wie oft sehne ich mich nach Ihrem Spiele —. Ich höre seit Ihrem Weggehen fast keine Musik u sie gehört doch zu mir. Daß Ihr erstes öffentliches Spiel gut vorüber gegangen, hat uns alle mit großer Freude erfüllt. Ich für meine Person habe es auch immer so u nicht anders erwartet. Sind Sie von der Sache ergriffen, begeistert u einmal über die technischen Schwierigkeiten hinweg, wird Ihnen das lauschende Publikum minder wichtig dabei erscheinen ja ganz in den Hintergrund treten. Vielleicht ist dieser Satz nicht ganz richtig, ich fühle die Sache aber so, u vielleicht sagen Sie: ganz unwahr ist sie nicht. Selbst ein kleiner Fehler in der Ausführung scheint mir nicht von Belang, außer für den bloßen Techniker u für den spielt Soestchen ja nicht. In Summe so wie es ist, ist es gut u ich gratulire von Herzen. Nehmen Sie den Beifall hin, er schadet ja nicht u giebt uns die Beruhigung, daß man nicht ganz ohne Anerkennung gestrebt u gearbeitet. Das Ziel u der Zwek Ihrer Bemühung wird er nie werden oder ich kenne Sie gar nicht. Die Kunst treibt man um ihrer Selbst willen, sie erhebt, beglükt uns selbst und alle denen Gott ein reines offenes unverbildetes Herz u Gemüth bewahrt hat. Dies der himmlische 208
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Seegen für die Menschheit. Die großen bevorzugten Schöpfer von Kunstwerken der Musik legen sich oft bald zur Ruhe, ohne äußere Begünstigung, ja oft nicht einmal verstanden, und schon hoch beglükt muß sich der fühlen, der ihnen nahen darf, sie tief und innig fühlt u sich ihnen so anschließt. Der Schöpfer theilt seinen Ruhm mit ihnen, denn er wirkt u beseligt mit ihnen u durch sie. Dies meine liebe Freundin vergessen Sie niemals. Jeder strebende Mensch hat höheres vor sich, als er selbst besitzt, u die Unruhe u Sehnsucht nach oben ist auch dem ausgezeichnetsten nicht geschenkt, er hat sie u mit ihr stirbt er früher oder später seiner Meinung nach auf halben Wege. Die Begünstigung des Schaffens erscheint jedem, der sie genießt unvollkommen, weil jeder nach höherem strebt. Sie würden aber so wenig u noch weniger befriedigt werden als jetzt, u hätten Berge zu übersteigen, wozu nicht jeder die Kräfte mit zum Geschenk erhält. Gott erhalte Ihnen Gesundheit u Ihr schönes reines Herz, damit werden Sie viel wirken u besser als so mancher andere der sich für auserkoren hält. Ein persönliches Beisammensein würde uns noch viel Herüber u Hinüber bringen u das wird es ja hoffentlich dieses Frühjahr, denn noch denke ich in allem Ernst daran, Sie in Goslar auf zu suchen. Wie unendlich ich mich darauf freue muß ich Ihnen nicht erst versichern. Ich sehe u höre Sie wieder am Instrument, ich werde wieder reich fortgehen u das bedarf ich, denn wer weiß wie bald oder spät wir dann einmal wieder zusammentreffen. England wird dann ihr nächstes Ziel werden u dahin komme ich wohl schwerlich in diesem Leben. Adio ich muß zum Erbgroßherzog. Privatbesitz Bayern.
192 Weimar, den 24. und 26. April 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
Abb. 24
Am 24 April 53. Guten Morgen meine liebe Freundin! Es ist Sontag, ich bin noch ganz allein im Studium, habe aber einen eiligen Brief nach Rom, an einen meiner Schüler fortgeschikt, u habe gar wenig Sinn heute zu malen. Alles was ich betrachte erinnert mich heute an Soestchen. Ist es der Wunsch etwas von Ihnen zu wissen? Denken Sie vielleicht in dieser Stunde auch an Weimar u mithin ein wenig an Ihren Freund? Ich weiß es nicht, muß aber ein wenig mit Ihnen plaudern, Ihnen erzählen daß ich in letzter Zeit wieder 2 mal Musik gehört, einmal an Hof, vorgestern Abend bei Liszt, der Sie schön grüßen läßt. Die kleinen Conzerts an Hof sind meist interessant u gut executirt, so ganz besonders am letzten Abend ein Trio v. Schubert durch Liszt Laub und Kossmann. Meine Gedanken waren mehr als bei der Musik bei Ihnen, denn ich weiß, wie glüklich diese Aufführung Sie gemacht hätte, die doch noch ganz andern Genuß davon gehabt hätte als ich, der nur Ohr u Gemüth aber gar keine Kenntnisse mitbringt. Frau Knop sang mancherlei, einiges gut, anderes weniger, führte aber wieder den Beweis, daß sie ein 209
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24. Programmzettel mit eigenhändigen Notizen Prellers.
nicht gewöhnlich dramatisches Talent besitzt. Nach der Musik wurde ich sehr traurig u verließ die Gesellschaft die mich wohl schwerlich vermisst hat. Vorgestern Abend wurde auf der Altenburg musizirt u Liszt hat unvergleichlich fast unausgesetzt gespielt, meist eigene Compositionen. Sie wissen daß sein musikalisches Denken mir nicht immer simpathisch ist, so diesmal. Seine originelle geistige Art zu empfinden ist stets interessant u so nie ohne wahren Genuß. Andere Intermezzos von Freunden haben mich nicht berührt. Ich saß in der fernsten Ecke u hing ganz andern Gedanken nach. In der Oper merkt man Liszts Wirksamkeit nicht mehr. Er zieht sich mehr zurük als je, u wer kann wissen wie alles 210
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endigt? Die Fürstin ist gegen kaiserl. Forderungen brutaler als je, u ich vermuthe die ganze Geschichte endigt über lang oder kurz mit einer gewaltigen Explosion. Genug davon. Morgen ist mein Geburtstag. Ob ich wohl bis dahin ein Wort von Soestchen höre? Vielleicht, denn Antwort auf meinen letzten Brief könnte ich ja schon heute haben. Wenn sie ihn wüsste, würde sie wenigstens sich für Augenblike ins Jägerhaus oder Studium versetzen. In der Erinnerung an Sie will ich morgen eine Farbenscizze von meinem Marie Bethhoven beginnen u ich hoffe die Farbe wird die Stimmung des Ganzen noch verständlicher machen.* Ich gehe mit großer Freude an die Arbeit. Die Ausführung des Bildes bleibt bis zu meiner Rükkehr aus Tirol liegen. Wer weiß wo Sie dann sind? Hundert Meilen mehr oder weniger, was macht das jetzt? Geistig ist man deshalb doch nicht unerreichbar. Die Zeichnung von Ihnen ist viel zu groß für Mariens Album, sie ist deshalb immer noch bei mir u wird es wohl bleiben. Ich sehe sie jeden Tag und finde sie für mich ähnlich. Ob es andern, weiß ich nicht; begreife aber gut daß dies nicht möglich. Ich habe das meinige in der Natur gesehen u niedergeschrieben, andere würden anderes festhalten. Das fehlende mir unwesentliche ersetze ich mir oder lasse es hinweg, beides ist mir möglich u keines störend. Zuweilen denke ich: ob ich Sie wohl noch ähnlich finde nachdem ich Sie wieder lebend vor mir gesehen? Oft schiebt kurze Trennung ein etwas zwischen, was Ausdruk u Wesen total umstimmt. Aspettiamo, die Zeit wird’s lehren. In der ersten Hälfte des Mai führt der Adel eine kleine Komödie für wohlthätige Zweke auf. Mich hat man aufgefordert einige Tableaus zu stellen, u das will ich gern.** Fr. v. Watzdorf will ich als Sibille stellen (prächtiges Bild von Mich. Angelo) die Konewitz als Predentin v. Schwind u a. m. ich wollte Sie wären hier. Ich denke es würde Ihnen große Freude sein. Die letzten die ich gestellt, waren vielleicht die besten, Ich schließe für heute. Es beginnt unruhig bei mir zu werden. Adio meine liebe Freundin. d. 26 t. früh 7 Uhr Guten Morgen mein Soestchen. Ich lebe wieder nachdem ich gestern an meinem Geburtstag von früh bis zu Abend am schreklichsten Kopfweh gelegen. Der Tag verging in trauriger Stimmung. Ich habe außer Olinda u Herrn von Seebach niemand gesehen. Bis Nachmittag 5 Uhr dachte ich immer noch nach Goslar u was Sie dort thun würden, da erschien Ihr lieber Brief und heiterte mich auf kurze Zeit auf. Ich las ihn unter den schreklichsten Qualen, besah, so gut es ging die kleinen Ansichten u ließ mir lange Geschichtchen von den ersten Lieblingen des erwachenden Frühlings erzählen. Zuerst führten sie Klage über den Mord, den ein sonst sanft heiter aussehendes Mädchen [?] begangen, wurden aber doch in ihren Botschaften ruhiger, einer geschwätziger und verriethen endlich so viel daß ich zweifle ob es dem blonden Mädchen recht wär, wenn sie alles wüsste. Endlich gestanden sie ein daß es doch süßer zu sterben sei auf diese Art als langsam an den Stok gekettet dahin zu welken. Jetzt sind sie bei Ihren lieben Briefen u. a. kleinen Gedanken in bester Gesellschaft u plaudern so viel mit einander, daß ich die Gedanken zusammennehmen muß, wenn ich noch schreiben soll. 211
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Im Studium hat nun der neue Schrank für die Thiere seinen Platz gefunden. Sie scheinen sich ordentlich zu blähen denn der Raum lässt nun jedes einzelne besser sehen. Er steht übrigens auf derselben Stelle des frühern. Einer meiner Schüler namens Schwerdgeburt hat ein Statuetchen von mir gemacht, im Schlafrok, die Hände auf dem Rüken, darin die Studiumschlüsseln. Eine Arbeit die von großem Talente Zeugnis giebt, u uns alle überraschte, da ers aus der Phantasie gemacht. Milchen hat einige seiner Käfer sehr hübsch portraitirt. Von Olinda habe ich für meine Reisen ein sehr zweckmäßiges Bestek von Messer u Gabel. Frau Storch u Gertchen aus Berlin*** haben auch geschrieben und von Philip Veit aus Frankfurt a/M kam endlich eine schon lang erwartete Zeichnung für Marie’s Album an. Diese Zeichnung (Verkündigung bei den Hirten) ist in jeder Weise von Bedeutung. Die Composition einfach edel wie sie von diesem großen Künstler erwartet werden kann. Dabei ist sie eine große Rarität, da von Veit nur sehr wenige Zeichnungen in der Welt sind. In summa der Tag wär ohne mein unnützes Kopfweh schön genug gewesen. Eines fehlte indes doch noch: Nachricht von Ernst, der noch immer nicht angelangt ist. Möge der Himmel Unglük verhüten. Ihr lieber letzter Brief läßt nun über die englische Reise keine Zweifel mehr. Ein Beweis daß es Ihren verehrten Eltern auch als das aechte erscheint. Gebe Gott daß alles gut geht, namentlich daß Sie das finden was Ihnen jetzt fehlt. Das Eine vergessen Sie jedoch nie. So wie man sich die Zukunft selbst denkt, erscheint sie uns nie, wenn sie zur Gegenwart geworden. Der handelt weise, der das vorhandene so zu ordnen u zu passen weiß, daß fehlende mit andern zu vertauschen versteht, daß doch ein Accord herauskommt. Ohne dies Verstehen befinden wir uns immer auf einen falschen Standpunkt. England wird Ihnen viel bringen, u viel zu wünschen übrig lassen. Ich bin im Ganzen auch der Meinung daß Sie dies Anerbieten oft von der Hand weisen, wer kann wissen, ob es Ihre Erwartungen nicht weit übertrifft? Wenn es auch nicht gerade so ist wie Sie es nach jeder Seite hin wünschen. Frisch auf das Ziel los mein liebes Soestchen. Es wird, es muß gut gehen. Nachmittag 3 Uhr Ihre Sehnsucht nach Weimar begreift schwerlich jemand besser als ich. Was Sie hier gehabt finden Sie nicht an jedem Ort u zu jeder Zeit wieder, ohne damit sagen zu wollen Sie fänden es nie wieder. Doch darüber läßt sich mehr gesprächsweise sagen als in einem kurzen Briefe die Sache mit einem male abthun. Bei denen die Sie hier kannten wird Ihr Andenken nie erlöschen, bei den einen oder andern unverädert frisch bleiben. Hieher rechne ich mich, und bedaure nur das eine, daß Ihre Zeit nie erlaubte sich mehr auszubreiten und in das eigentliche Wesen aller Künste eben so einzugehen, wie Sie dazu befähigt sind. Alle Künste haben dieselbe Basis, denselben Zwek u ich trenne nie die eine von der andern. Der persönliche Austausch ist bequemer u führt vieles leichter vor die Seele als schwerfällige Briefe, die zu schreiben ich nun ein für allemal vertraut bin. Daß mein liebes Soestchen sie so hinnimmt wie sie eben sind, rechne ich auf Ihre liebenswürdige Nachsicht. Mündlich darüber mehr. Ich denke bis längstens Mitte Juni meine Reise an zu treten, u freue mich unbeschreiblich darauf Sie wieder zu sehen. Wer weiß auf wie lange. — Die letzte Zeit Ihres Hierseins ist mir geblieben wie sie war. Ich lebe ja immer in den Räumen wo Sie so oft u gern waren. Fast jedes Stückchen muß mich an irgend einen Moment 212
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erinnern. Jede Mappe enthält Lieblinge von Ihnen oder Dinge über die ich Gelegenheit hatte Ihnen neues zu sagen. Anders ist es bei Ihnen in der nächsten Zeit. Sie sehen hören u thun so viel um die nächste Periode vorzubereiten, daß Sie auch leichter über das Weimar hinweg gelangen werden. Der Brief an Liszt ist gestern abgegeben worden, da ich selbst lag durch den kleinen Friedrich u gewiß gut bestellt. Ich lege Ihnen das Programm des Conzertes bei das Sie gewiss interessirt. Doch es wird wohl Zeit daß ich schließe wenn der Brief noch fort soll, u das soll er. Alle die Meinigen grüßen das liebe Soestchen tausendfach. Jever**** hat sein eigen Portrait sehr hübsch vollendet u seiner Mutter zum Geburtstag geschikt. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Mama aufs beste. Ich freue mich schon jetzt bald wieder etwas von Ihnen zu hören. Nochmals tausend Dank für die lieben kl. Goslaer Ansichten. Ich studire jetzt das kleine Büchelchen, damit ich nicht ganz dumm nach Goslar komme, u dann werde ich Sie mit Goslars Schönheiten und Merkwürdigkeiten bekannt machen. Adio meine liebe Freundin. Sein Sie heiter, lernen Sie mir hübsch eine bethovensche Sonate, sonst komme ich nicht. Haben Sie wohl verstanden. Nun endlich Adio. Wie immer Ihr ergebener Fr. Preller. * Siehe dazu die Briefe 189, 207, 214, 215, 377. ** Preller war Vorsitzender des 1848 ins Leben gerufenen Lucas-Vereins Weimar, der Aufführungen von tableaux vivantes organisierte. Siehe die Briefe 154, 157, 278. *** Margarete Ludolf (1840–1898), Nichte der Anna Friederike Storch (1815–1898). **** Der in Jever geborene Maler Ernst Hemken (1834–1911), Schüler Prellers. Siehe Brief 190. Privatbesitz Bayern.
193 Weimar, den 4. Mai 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar 4. Mai 1853. […] Jetzt sehne ich mich schon wieder, da ich ganz Anderes thun muß, zu meinem Bilde zurück, und ich brenne, es zu vollenden. Komme ich daran, ist wahrscheinlich die Gluth vorüber, das Bild wird leidenschaftslos vollendet und steht dem Beschauer kalt und trocken gegenüber. Warum dieser stete Wechsel von Feuer und Abspannung? Warum so lange Zeit für das hinderliche Handwerk, mit der so oft das innigste, tiefste, glühendste Gefühl erkaltet und vom Besten, Göttlichsten nur ein schwacher Schein an’s Leben tritt? Gedanke und Ausführung oder Ausdruck des Gedankens müßte zuweilen wenigstens in den Künsten ein und dasselbe sein dürfen; ein thörichter Wunsch? Dann wären wir ja keine Menschen und die sollen wir nun einmal bleiben. Weg mit diesen Grillen, die mich nur unglücklich machen. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 6.
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[…] In dieser Stunde ist wieder eine Zeichnung dazwischen gekomen die mich vom Vollenden des Tirolerbildes* abhält, an dem ich schon seit 8 Tagen bin u mich freute ungestört zu Ende zu komen. […] * vgl. Weinrautner S. 313 Nr. 227 Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 314.
194 Weimar, um 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Wertheste Freundin! Mit den herzlichsten Grüßen übersende ich Ihnen durch die Freundlichkeit der Frau Covin so mancherlei Erinnerungen, die Ihnen, so fern der Heimath, gewiß von Werth sein werden. Es war mir große Freude die Blätter in der Erinnerung an Sie zeichnen zu können. Denken Sie bei deren Beschauen zuweilen des Verfertigers, Ihres wahren Freundes Fr. Preller. Maria würde Ihnen in nächster Zeit einmal selbst schreiben. Privatbesitz Bayern.
195 Abb. 25 Weimar, den 17. Juni 1853. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Seiner Hochwohlgeboren dem Herrn Commandanten auf Wartburg Herrn Bernhard v, Arnswaldt gratulieren zum Major Eline Erichsen Friedrich Preller Maria Preller geb. Erichsen Ernst Preller Emil Preller Friedrich Preller Weimar d. 17. Juni 1853 Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs 3689.
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25. Gratulation der Familie Preller zur Ernennung Bernhard von Arnswalds zum Major auf der Wartburg, 1853.
196 München, den 8. Juli 1853. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Meine liebe Marie! Ich benutze die einzige halbe Stunde vor Tisch in der blauen Traube Dir ein paar Worte zu schreiben. Bis jetzt ist unsre Reise ohne allen Anstoß gediehen, die Hitze ist freilich schon italienisch. Obrist L. Soest hat sich in Nürnberg nicht eingefunden u so sind wir am 7t. Nachm. 4 Uhr hier in München eingetroffen. Heute d. 8t. gehen wir wahrscheinlich Nachm. 5 Uhr nach Inspruk ab. Von Freunden hab ich den Thäter, Schwind u Genelli 215
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gesehen. Von Münchner Kunstwerken: die Basilika Cliptothek u das große Bild von Gallais, Egmond’s und Horns Grafen*. Das Bild hat auf mich als gehaltvolles geistiges Produkt nicht viel Wirkung gemacht. Dagegen sind in der Färbung u Machwerk außerordentliche Dinge. Die zwei hinter den Grafen stehenden Spanier mit dem Mönch hat niemand besser empfunden, gezeichnet u colorirt, in summa diese Stelle ist vortrefflich: die beiden Köpfe der Helden, klotzig u geschwollen in der Zeichnung und Modulation. Die Seite der Schützen ist zu conventionell rubensisch, obgleich der Capitain eine schön ausdrucksvolle Figur. Das Ganze hat mich nichts weniger als ergriffen, die Stimmung darin ist nicht tragisch, wie sie sein müßte. Die Basilika ist ein großes Werk u muß jedermann in Erstaunen versetzen, u ich freue mich daß selbst die Storch dies einräumt.** Schwinds Arbeiten, die Aschenbrödel hat mich außerordentlich interessiert u wird höchst anmuthig. Gestern hab ich den ersten Krug Bier getr. u es ist mir vortrefl. bekommen. In summa, bis jetzt ist alles gut abgelaufen, u ich hoffe es soll weiter nicht minder werden. Auf der Post hier habe ich nichts vorgefunden, ein Zeichen daß bei Euch alles in der gewohnten Ordnung. Unsre Briefe schikt Ihr nun post rest. nach Inspruk bis wir sie anders bestellen. Dahin wird die Tur noch etwas heiß werden. Riedels geniren uns nicht sehr, werden uns aber vorjetzt verlassen da die junge Frau nicht gut marschiren kann, u vielleicht später zu uns stoßen. Dies alles schreibe ich in Hummels Namen mit. Erzähle seiner Mutter was sie braucht. Nun meine liebe Maria schließe ich mit den herzlichsten Grüßen für die Kinder Großmutter Linda u sonstige nahe Freunde. An O. schreibe ich baldigst ein paar Worte, jetzt ist meine übrige Zeit verstrichen. Nochmals adio Ihr theuren Lieben. Dein altes Papchen Fr. Preller. München d 8 t. Juli 1853. Bouwerts vergessen * Louis Gallait (1810–1887) hat als Mitglied des Münchener Kunstvereins ein oder mehrere Gemälde in München ausgestellte. Preller verfolgte das überaus erfolgreiche Wirken Gallaits mit Interesse, denn dieser war ebenfalls Schüler bei Mathieu Ignace van Breé (1773–1839) in Antwerpen gewesen. Das „große Bild von Gallais, Egmonds und Horns Grafen“ befindet sich heute in Tournai (Musée des BeauxArts) und wurde 1851 auch auf dem Salon de Bruxelles präsentiert. Wiedergegeben ist ein Ereignis aus der spanischen Besetzung der Niederlande: die Armbrustschützen von Brüssel erweisen Graf Hornes und Egmont die letzte Ehre. ** Die Basilika St. Bonifaz wurde von Georg Friedrich Ziebland nach frühchristlichen Vorbildern erbaut und 1850 geweiht. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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197 Weimar, den 12. August 1853. An einen Schüler. Weimar am 12 Aug. 1853. Sehr geehrter Herr! Meinem Versprechen gemäß melde ich Ihnen meine Rükkunft aus den Alpen. Ist es noch Ihr Wunsch sich weiter bei mir auszubilden, können Sie jeden Augenblik Ihr Plätzchen hier finden, dabei meine Bereitwilligkeit Sie zu fördern wie und wo ich es vermag. Hochachtungsvoll Fr. Preller. im Jägerhause Kunstsammlungen der Veste Coburg, Inv.-Nr.: A. V, 1080, (2), 2.
198 Weimar, im September 1853. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Das Fach der Blumenmalerei scheint mir noch am wenigsten zu der Höhe gekommen zu sein, die es erreichen kann und wird. Was die Alten darin vollbracht, ist nach einer Seite hin bewundernswerth, aber ausgebeutet ist die Sache nicht. Die Neueren fangen an und gehen damit um, wie der Dichter mit der Sprache, und das scheint mir mehr Werth zu haben, als das schon Vorhandene. Was nützt alle Nachahmung der Natur? Erreichen können wir sie doch nie, wir müssen sie also als Material für Gedanken verbrauchen, die künstlerische Nachahmung und Darstellung wird das Werk natürlich vollkommen machen. Leider hat unsre Zeit schon zu lange in dem Irrthum verbracht, dass die Erreichung der Natur der Zweck der Kunst sei. Die Landschaft hat sich jahrelang ergangen und gebläht, mit einem grünen Hügel, auf dem ein hohler Zahn als Ruine thront, oder irgend ein grünspanenes Waldleben zur Welt gebracht. Lassen Sie mich abbrechen, die Erinnerung daran, fürcht`ich, bringt mir eine Cholik zu Stande! […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 137.
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199 Weimar, den 16. September 1853. An Ernst Rietschel (1804–1861), Bildhauer. Weimar d. 16 Septbr. Mein lieber alter Freund! Es ist eine lange Zeit verflossen seit wir direkt keine Nachricht von einander gehabt. Durch zweite Hand bot sich mir oft Gelegenheit von Deinem Befinden und Treiben zu hören, und freute mich stets nur gutes u schönes zu vernehmen. Wir haben jetzt mancherlei von Dir zu überschiken, was in Verbindung mit Deiner großen Arbeit steht.* Schuchardt laborirt nur noch an der Göthe’s Maske, u so bald diese fertig, geht der kleine Transport ab. Veranlassung dieses meines Briefes ist aber ein ganz anderer Fall. Wir haben hier einen jungen Menschen Namens Tondorf**, Sohn eines Tischlermeisters, der sich dem Schulfach gewidmet, u seit Jahren das Seminar besucht hat. Dabei hat er stets gezeichnet, und trat voriges Jahr um jetzige Zeit mit dem Portrait seines Vaters zu unser aller Erstaunen hervor. Von da an benutzte er die Abende um nach dem Modell mit zu zeichnen u widmete endlich seine ganze Zeit diesem Studium, indem er das Seminar quittirte, freilich all dieses gegen den Willen des Vaters, der entweder einen Dorfschullehrer oder Handwerksmann aus ihm zu machen dachte. Am vergangenen Pfingsten fing er an zu modellieren, u jetzt trit er abermals mit den verschiedensten Dingen in diesem Fach auf. Hierüber will ich nichts sagen, am besten wird es sein Du selbst überzeugst Dich von den ganz ungewöhnlichen Gaben des Jungen. Sein einziges Glük besteht darin, Bildhauer werden zu dürfen, u ich wüsste niemand, dem ich ihn lieber anvertrauen möchte als Dir, der ihn gewiß ganz versteht u besser zu fördern weiß als jeder andere. Der Junge aber ist arm, u obgleich die Kosten für seine Existenz aufgetrieben werden, dürfte es doch schwer fallen noch so viel zu bekommen um Attelierhonorar zahlen zu können. Nimm Dich des gute Jungen an, Du thust ein Werk was sich Dir sicher dadurch belohnt, daß Du nur Freude an ihm erlebst, u er Dir gewiß sehr bald zur Hand gehen kann. Proben seiner Arbeit soll er Dir selbst mitbringen. Vielleicht ist Dir solche Erscheinung auch noch nicht vorgekommen, mich wenigstens überrascht alles, was er thut, denn aus allem leuchtet ungewöhnliches Talent u feiner künstlerischer Sinn. Sein Vater ist nun auch zufrieden mit dem, was wir für seine Ausbildung unternehmen. Dabei ist er ein ganz unverdorbener lieber Junge, sehr schön u verlegen, weil er nur mit sich beschäftigt ist, aber treu u rein wie Gold. Alles was Du an ihm thust findet guten fruchtbaren Boden. Schreibe mir nur ein Wort auf diese meine Bitte aber umgehend, denn der gute Junge kann kaum erwarten, wie nun alles mit ihm werden soll. Vielleicht schreibt Dir Schuchardt auch über ihn. Empfiehl mich Deiner schönen liebenswürdigen Frau bestens, so wie die meinigen es Dir thun. Herzlich grüßend Dein alter treuer Fr. Preller. im Jägerhause * Rietschels Goethe- und Schiller-Denkmal wurde 1857 in Weimar enthüllt. ** Adolf Donndorf (1837–1916) trat noch 1853 in das Atelier Rietschels ein. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.t,2869.
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200 Weimar, um den 25. September 1853. An Ernst Rietschel (1804–1861), Bildhauer in Dresden. Grüß Gott mein alter Freund! In Betreff Tonndorfs Danke ich Dir von Herzen für die freundliche Bereitwilligkeit, mit welcher Du uns entgegenkommst. Tonndorf hat gestern eine Kiste mit verschiedenen Arbeiten (an Dich adressiert) abgesendet, und ich hoffe, dass sie bald wohl erhalten ankommt. Ich bin überzeugt, ein ähnlicher Fall ist Dir, so wenig wie mir, im Leben vorgekommen. Bedenke: dass der Junge noch vor 6 Wochen auf dem Seminar war, dass er am letzten Pfingsten noch kein Modellierholz gesehen hatte! Die lebensgrosse Büste (Kräuter) ist sein erster Versuch rund zu modellieren. – Das lebensgroße Portrait ist sein Vater, nach der Natur gezeichnet, der Becher eigens erfunden. Die Zeichnungen nach der Natur sind des Abends nach einem sehr hässlichen Modell gezeichnet, die feine Beobachtung der Natur jedoch nicht minder sichtbar. – Die Klausel wegen Aufnahme in die Akademie hat mich bei der genaueren Kenntnis Tonndorfs erschreckt. Muss Tonndorf den gewöhnlichen Gang auf der Akademie befolgen, ist er sicher verloren. Diese Natur ist nicht im Stande auch nur ein halbes Jahr auf der Gipsbank zu rutschen. Die Natur allein kann ihn entwickeln. Die Antiken sehen und studieren, wenn er die Natur kennt, bringt dem nach meiner Überzeugung erst den eigentlichen Nutzen. Er ist ein ungewöhnlicher Mensch und der muss nicht auf die gewöhnliche Weise behandelt werden. — Wäre es nicht möglich, dass er sich als Dein Schüler auf der Akademie aufnehmen lässt, dort besonders das Modell benutzt, wie Du es für ihn zweckmässig findest? Denn dass Du nicht die Absicht hast, ihn auf diese Weise vorzubereiten, wie es in der Regel geschieht, bin ich fest überzeugt, wenn Du seine Arbeiten gesehen hast. – Nach meinen Erfahrungen muss jede Individualität eigens behandelt werden. Ich sehe besonderen Naturen ihre Eigentümlichkeiten abzulauschen und durch vorsichtige Behandlung das Gute herauszulocken. Damit beseitigen sich die schlechten schon von selbst. Darin mag es liegen, dass alle meine Schüler ihre Originalität behalten haben und kein einziger mir ähnlich geworden ist. Diese Eigentümlichkeit achte ich höher als alles Angelernte, was nicht in ihrer Natur Grund und Boden hat. Ein bedeutender Mensch muss sich so bedeutend entwickeln, untergeordnete werden und dürfen überhaupt nicht gezählt werden. – Nun, ich hoffe, nachdem Du die Sachen gesehen, noch mehr von Dir zu hören. Empfiehl mich bitte Deiner lieben, schönen Frau, der ich mit Dir von Herzen gratuliere. Dich herzlich grüßend Dein treuer F. Preller. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde., Typoskript, 1932. Bd. 1, S. 16–17. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
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201 Weimar, wohl im Herbst 1853. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein alter theurer Freund! So eben verläßt mich Hoffmann von Fallersleben u läßt mir für Dich u beliebigen Gebrauch wieder zu sehen war mir große Freude.beiliegende schöne Sprüche zurück, dabei seinen besten Gruß*. Ihn nach so langer Zeit Gern denke ich, gewiß mit sehr vielen, des schönen Tages auf Wartburg, ja ich werde ihn nie vergessen. Daß das Fest an der Theebuche mißglückte hat mich keinen Augenblick betrübt, mit Blödsinn durfte dieser Tag nicht endigen. Als ich merkte wie der Hase lief, kehrte ich auf die Höhe zurück u erhielt mir so die Stimmung, die noch heut laut, laut mir in der Seele klingt. Dem Großherzog hätt ich die Freude u den Triumpf gegönnt, den jetzt seine Gemahlin ungetheilt davon getragen. Die Verehrung für sie ist eine ganz allgemeine, u sie wird die Dauer unsers Lebens haben. Daß es mit Deiner Gesundheit wieder gut geht ist mir große Freude. Denke dran, daß Du sie Dir erhälst. Vergiß nicht die liebe Mama bestens zu grüßen, so wie ich Dich grüße. Dein Friedrich Preller. * Siehe auch den Brief 528. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3660.
202 Weimar, den 7. November 1853. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Fahren Sie nur so fort, die Natur sich zuzueignen, denn das positive Wissen und Verstehen der Natur in ihren Gesetzen ist die Basis, auf welcher der Künstlersinn mit Sicherheit seinen Bau beginnt und vollendet. Aus Studien ein Bild zusammensetzen, das kann und wird nie jemand, aber an den Studien erfährt der Künstler, wie die Natur in ihrem Bilden verfährt, und mit diesem Wissen kommt er in den Stand, selbst schaffen zu können, wenn ihm überhaupt der Himmel Schöpferkraft bescheert hat. Auf diesem Wege ist es aber noch immer möglich, Unsinn zu schaffen, und da tritt die Nothwendigkeit ein, dass der Schaffende Geschmack besitzt, oder den vorhandenen Keim ausbildet, und überhaupt ihm eine höhere Ansicht der Dinge, oder die Poesie, nicht versagt geblieben ist. Sie, meine theure Freundin, ich sage es Ihnen ohne Scheu, sind mit alledem reichlich versehen, und es kommt nur darauf an, dass Sie sich zum Wissen verhelfen. Lassen Sie im Schaffen Ihrer eignen, reichen, liebenswürdigen Natur freien Lauf, sie wird überall anknüpfen, wo ihr die äussere Natur ein Häkchen zeigt, oder Ihre innerste Stimmung einer Form bedarf, ums sich für andre zu verkörpern. Nicht in und ausser dem Menschen ist so unbedeutend, dass 220
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sich nicht daran fortbauen oder anknüpfen liesse, und der Kunst ist es vorbehalten, Andre ausser uns zu erfreuen, zu erbauen und zu bilden. Das Material, mit dem man das vollbringt, ist mir ganz gleich würdig, denn die unendliche Schöpfung hat nichts oder sehr wenig producirt, was nicht volle Bewunderung verlangte. Den Menschen, als die Krone der Schöpfung, nehme ich aus, darum berühre ich das historische Fach nicht. Für eine Frau kenne ich nichts Reizenderes und ihr mehr Sympathisches, als das herrliche Reich der Blumen mit ihren Bewohnern, den Käfern, Schmetterlingen u. s. w., die in der Natur jeden Augenblick selbst als Dichter oder deren Lieblinge auftreten. Jedes Kunstfach soll etwas Erfreuliches zu Stande bringen, verlangt den ganzen Menschen, daher ist es durchaus nothwenig, dass er sich nicht durch zu viel Nebendinge zersplittere. Sein Leben muss ausgefüllt werden mit dem Einen, alles Andre, was er treibt, muss in wenigstens mittelbarer Beziehung dazu stehen, denn ein Menschenleben ist zu kurz und erscheint Einem immer weniger zureichend, je weiter man vorwärts kommt. Ich freue mich daher unaussprechlich, theure Freundin, dass Sie so herzhaft und mit allen Ihren Kräften die Sache ergreifen. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 137–138.
203 Weimar, den 27. und 29. November 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sontag Morgens am 27 Novbr. Mein liebes liebes Soestchen! Ihren flüchtigen Brief in Cöln vollendet zur richtigen Zeit erhalten und dabei große Freude. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, es ist mir Beweis genug, obgleich ich dessen gar nicht bedarf, daß Sie während der Reise zu den theuren Ihrigen doch auch Augenblike für den treuen Freund hatten u seiner warm gedachten. Ich vermuthe Sie jetzt ganz sicher bei den Lieben im Elternhause, heiter glüklich und viel reicher als damals als Sie sie verließen. Ach! hätt ich doch Zeuge dieser Stunde sein können. — Jetzt wird jedes Plätzchen jedes Möbel einen freundlichen liebevollen Blik von Ihnen haben u ich bin noch immer so ganz allein hier, oft recht durch mein andauerntes Unwohlsein geplagt. Doch es geht mir ja schon wieder gut u wird auch bald ganz vorüber sein. Freuen Sie sich der herrlichen Tage so recht mit ganzer Seele, Sie haben sie theuer verkaufen müssen. Gott sei dank daß Sie noch zu rechter Zeit die Rükkehr angetreten, vielleicht hätte ein längerer Aufenthalt Ihre theure Gesundheit doch untergraben, u das ist ganz England nicht werth. Was Sie dort gesehen, wird Ihnen theils lehrreich theils Veranlassung geben, daran etwas zu knüpfen was Ihnen erst in der Folge lehrreich u von großen Werth sein wird. England besitzt Schätze um die es Italien, die Heimath der Künste beneiden könnte. Und was nützen sie diesem Egoistenvölkchen. Alles, was die Leute durch ihr Gold an sich gebracht, besitzen sie nur, um es zu besitzen. Lord Elgin* hat die Reste der göttlichen Sculpturen, u ich bin bloß froh darüber weil Sie mein liebes Herz so zu dem Glük gelangten sie zu sehen. Denken Sie mal, welche Zeit die gewesen sein muß, wo man mit diesen wahrhaft göttlichen Werken den Giebel 221
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eines Tempels verzieren konnte. Sie standen am Parthenon auf der Akropolis zu Athen, wo der Tempel selbst noch heute sichtbar ist, und stammen aus der höchsten Blüthezeit der Griechen, wahrscheinlich von Scopas, Phidias oder Praxiteles. Es ist das Höchste was wir überhaupt in der Plastik kennen. Welche Barbarei gehört dazu beim besiegen eines solchen Volkes auch die Zeugen seiner höchsten Bildung zu vernichten. Daß diese Werke von größter Wirkung auf mein Soestchen sein mußten, konnte nicht anders sein, ich habe mich aber doch unendlich gefreut es von Ihnen zu hören! — Es schmerzt mich noch heute, daß Sie mit Ihrem angebornen feinen Künstlergefühl so wenig hier gethan oder thun konnten es mehr auszuarbeiten um darin zum Bewußtsein zu kommen. Alle Zweige der Kunst wirken gegenseitig aufeinander, da sie Geschwister sind u gleiche Bestimmung haben. Sie sind die schönsten Blüthen u reifsten herrlichsten Früchte menschlicher Bildung. Wir wissen am sichersten die Stufe der Bildung aller bekannten Völker, durch die auf uns gekommenen Kunstwerke, besonders der Münzen u Medaillen, wenn nichts größeres übrig geblieben. England mag noch viel bedeutende Reste der Sculptur aus Griechenland besitzen, aber alles gehört schon späterer Zeit an, u Sie mein theures Soestchen haben Reste des Höchsten gesehen was Gott im Menschen offenbart hat. Diese Menschen nennt man aber hier Heiden. Auch aus christlicher Zeit kennen Sie nun schon gar mancherlei, u halten Sie das beisammen, so kann Ihnen über diese große Periode auch eine gewisse Ansicht nicht fehlen. Unter allem, was Sie dort gefunden, werden Ihnen 3 Heroen hoch und hehr über alles weg ragen. Sie heißen Leonardo da Vinci, Raffaello u Michel Angelo Bonarotti. Der von den Grazien so begünstigte und gekrönte Liebling Raffael wird sich Ihnen am meisten genähert haben. Mit männlicher Kraft und höchster Anmuth besiegt er alle Herzen, sein göttlicher Genius giebt uns die Weihe u entführt uns goldgeschwingt in nie geahnte Räume. Das, was er ist, wird er allen Geschlechtern bleiben, so lange nur irgend ein Zeuge seiner göttlichen Abstammung der Menschheit übrig bleibt. Am 29. Novbr. Morg. 8 Uhr. Den herzlichsten u besten Gruß Ihnen mein liebes Soestchen. Sie sind wohl kaum oder aber erst aufgestanden. Vielleicht sind Sie beschäftigt einiges wieder in alter Weise zu ordnen, vielleicht stehen Sie am Spiegel u ordnen den Anzug? Jedenfalls denke ich Sie noch in dem lieblichen Stübchen, an dem bei mir so unendlich viele Erinnerungen für immer bleiben werden. Auf Raffael zurük kommend muß ich Ihnen noch sagen daß Sie in der heiligen Katharina eines seiner guten Werke aus der dritten ganz vollendeten Periode kennen, obgleich das Bild weniger ausgeführt sein soll als er meist in der Zeit gethan. Es gehört in die Zeit des Pabstes Julius II, der diesen herrlichen Jüngling kennen gelernt u ahnen mochte welch göttliches Feuer ihn durchglühte. Als er R. erste Arbeit in den Stanzen des Vatican sah, rief er erstaunt aus: Hat dies dieser junge Mensch gemacht? Raffael gab schüchtern knieend sein Ja. Darauf sagt Jul II Hat dich Gott vor allen anderen so hoch begabt, so nimm den Segen eines alten Mannes auch hin du herrlicher Knabe. Mit diesem Segen arbeitete u schuf er so unendlich viel herrliches bis er im 37 Jahre seines Lebens endete. Nie wird ihn jemand erreichen. Er ist in christlicher Zeit eine der drei Spitzen, auf die nichts mehr zu setzen ist. Kurz darauf erblühte im Venezianischen eine Schule deren Haupt Tizian ist. Auch 222
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aus dieser Schule haben Sie jedenfalls unsterbliche Werke gesehen. Sie unterscheidet sich wesentlich von der römischen. Die Römer zogen den Himmel zur Erde nieder. Gott wurde im Menschen sichtbar u verständlich redet er zum ganzen Geschlecht. Die Venezianer haben diesen Weg verlassen. Ihnen ist der Mensch als solcher genug, sie geben ihn in allen Nuancen bis zur tiefsten Tiefe u in größter Vollendung. Jenes Entzücken, jene himmlische Sehnsucht ist verschwunden u an ihre Stelle tritt der herrliche Mensch mit all seinen irdischen Tugenden u Fehlern. Als hoch begabter Mensch trit Tizian kek an die Seite der drei ersten Heroen und gesteht ihnen ohne Hehl seine andere Gesinnung. * Thomas Bruce (1766–1841), 7. Earl of Elgin. Privatbesitz Bayern.
204 Weimar, den 10. Dezember 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Mein liebes Soestchen! Sie werden sich sogleich wundern schon wieder von mir Brief zu erhalten, Sie sehen aber selbst daß ich Ihnen das Lesen diesmal nicht ersparen kann. Die Seidler erhält so eben die Zeilen der Fr. v. Witzleben aus Erfurt, die ich beilege, damit Sie sehen wie dort die Sache steht, u daß man sich für Sie interessirt. Lassen Sie sich aber ja nicht dadurch bestechen wenn Sie andere Pläne haben, denn zuweilen sieht etwas gut aus u convenirt später doch nicht. Sie sehen zu erst daß man doch dort wissen möchte ob weiter zu arbeiten wäre oder die Sache aufgeben. Wir erwarten also baldigst Antwort. Ernst hat endlich der Ungewissheit durch verspätete Briefe ein Ende gemacht. Er ist auf dem Fregat Schiffe Oskar Vitatt. Capit. Rush unter Segel u macht eine Reise um die Welt. In 2 Jahren erst dürfen wir ihn zurük erwarten. Er ist L* wir alle sind sehr glüklich daß ihn der Himmel so begünstigt. Sein früherer Lehrer und wahrer Freund, Herr v. Breimann ist Obersteuermann u wohl die Ursach warum Ernst ohne weiteres in der Sache gehandelt hat. Was bleibt dem Jungen noch übrig? Er hat im 19 t. Jahre schon unsere Weltkugel umsegelt. Möge ihn Gott schützen. Wir alle sind leidlich wohl. Empfehlen Sie mich den Theuren Ihrigen angelegentlichst. Mit tausend Grüßen für Sie Ihr Fr. Preller. Weimar d. 10 Decbr 1853. * Leichtmatrose. Privatbesitz Bayern.
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205 Weimar, um den 15. Dezember 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Kämpfen ohne ein X herausspringt! — Der 1 jährige Aufenthalt zuhaus scheint mir nicht übel aber wundern darf Sie es nicht, wenn dann die Noth wegen des Anfanges von neuen beginnt, da etwaigen jetzigen Bedürfnissen nach Jahr u Tag schon abgeholfen sein könnten u würden. Ueberlegen Sie dies alles reiflich mit Mama, die mir in der Sache ruhiger zu sein scheint als Papa, beide möchten Sie wohl am liebsten bei sich haben, u das begreife ich bei Gott! So wie vielleicht kein anderer. Nächsten Dienstag höre ich ist das groß-Trio von Bach. Ich werde mehr in Gedanken bei Ihnen sein als bei der Musik. Ach! könnten Sie es doch hören, ich wollte gern vieles entbehren wenn Sie den Genuß haben könnten. Ueber mein Portrait nur, daß Mama die einzig richtige Ansicht hat. Der Abguß ist fein, u wenn er nicht durch Glas geschützt wird, ist er bald dahin. Der junge Künstler* ist ein höchst seltenes feines Talent, über den ich Mama schon geschrieben. Daß Sie für den bevorstehenden Weinachten mit an uns gedacht freut mich unendlich, ist mir aber eben so leid, weil es Ihnen doch Zeit gewährt die Ihnen jetzt theurer sein muß. Ich habe Nichts für Sie u das drükt mich schreklich. Ich bin in allem durch mein langes Unwohlsein zurükgekommen. Was Sie schiken bleibt in meinem Studium bis zum heiligen Abend. Ich hoffe besonders auf einige Worte von Ihnen. Jetzt mein theures Soestchen schließe ich mich den herzlichen Grüßen von Großmutter Marie u den Kindern. Adio, grüßen Sie die theuren Ihrigen alle 100 mal von Ihrem treu u wahren Freunde. Fr. Preller. Kommenden Sonntag ist der Tannhäuser. * Adolf Donndorf (1835–1916), Bildhauer. Privatbesitz Bayern.
206 Weimar, den 19. Dezember 1853. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar 19. Dezember 1853 Mein lieber junger Freund! Durch Ihren Herrn Vater erhielt ich Ihren Brief und habe mich wahrhaft gefreut, daß Sie sich nun ganz eingewöhnt und zufrieden sind, und danke Ihnen herzlich. Was den Gang Ihrer Studien betrifft, dürfen Sie sich schon ohne Weiteres Herrn Professor Rietschel anvertrauen, er kennt meine Ansichten, weiss, was Ihnen fehlt, und wird gewiss immer das Rechte tun, umsomehr, da er sich für Sie jetzt gewiss mehr interessiert als für die Masse der Akademie. Je mehr Sie lernen, umsomehr werden Sie erkennen, was man alles lernen muss, 224
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um ein tüchtiger Künstler zu werden. Behalten Sie Mut und die rechte Liebe zur Sache, und das Resultat muss gut ausfallen. In Dresden finden Sie alles, was Ihre Ausbildung auf Jahre hinaus fördern kann. Ihren Brief habe ich Herrn Justizrat Zwetz lesen lassen und dieser grüsst Sie herzlich. Er sagt mir, dass die Sammlung noch nicht geschlossen, dass aber bereits 171 Rtlr. auf der Sparkasse für Sie stehen und stets zu Ihrer Disposition sind. Er findet Ihren Gedanken löblich und ist meiner Ansicht, dass Sie es ganz kurz in die weimarische Zeitung und ins Blättchen einrücken lassen. Jedem Einzelnen zu danken ist ebenso unmöglich als unnötig und auf diesem Wege bleiben Sie allen, die sich für Sie interessiren ungenirter und würdig gegenüber. Grüssen Sie mir meinen alten lieben Freund Rietschel und Gemahlin aufs herzlichste und bringen ihnen meine besten Wünsche fürs neue Jahr. Möchte er vor allem seine volle Gesundheit wiederfinden, damit er seine volle Kraft der grossen Arbeit zuwenden kann, von der jedermann das Tüchtigste mit Recht erwartet. Nun leben Sie wohl, mein lieber Freund. Gewähren Sie mir die eine Bitte: mir von Zeit zu Zeit Nachricht zu geben. Sie machen mir stets grosse Freude damit. Die Meinigen alle grüssen Sie herzlich. Ihr wahrer Freund Friedr. Preller Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 23–24. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
207 Weimar, im Dezember 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sie, mein liebes Kind fordern mich auf Sie ohne Umschweife zu tadeln, wo ich Sie tadelnswürdig fände. Ich sage Ihnen offen daß ich noch keinen Grund dafür gefunden. Mein verstimmtes Schreiben hat wohl einigen Grund in den Umständen, die sich in der letzten Zeit mir feindlich gegenüber stellten. Sein Sie mir nicht böse darüber. Ich bin jetzt in besserer Stimmung, ja gegenwärtig so, daß Sie selbst Ihre Freude daran haben könnten. Es ordnet sich nun alles wieder so, daß ich zu meinem höchsten Glük nichts mehr bedarf. Sie mein theures Soestchen wissen ja besser wie 1000 andere was dem strebenden Künstler oft entgegentrit, u was er für Berge ersteigen muß, um einen klaren Blick zu thun. Zur Vollendung meines M. Bethoven* bin ich noch nicht gekommen, es steht noch im Studium unvollendet, u ich habe die schöne Hoffnung, daß Sie mir über die Stimmung des Bildes noch etwas sagen. Ich traue niemand mehr, gerade in diesem Punkte als Ihnen weil mich schwerlich in diesem Bilde jemand mehr begreift, als Sie. Ueber neuere Kunst denke ich Ihnen noch viel mitzutheilen. Gern hätt ich es als Fortsetzung jetzt gethan, doch das war unmöglich. Seit langen kommt mir jetzt erst der Gedanke daß Sie wieder in unsre Nähe kommen. Möchte das neue Jahr alles fügen wie Sie mein lieb Soestchen es nur immer wünschten, Sie verdienen es. Nun schließe ich, sonst kommt der Brief nicht mehr zu Ihnen. Möchten Sie heiter u glüklich das Fest begehen, wie es mein innigster Wunsch ist. Voriges Jahr waren Sie bei uns. Wir 225
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werden Ihrer viel denken, ja nie ohne Sie sein. Nehmen Sie vorläufig durch mich den Dank aller die Sie so freundlich beschenkt, u die Sie alle von ganzen Herzen lieben. Grüßen Sie mir alle die Ihrigen auch den geliebten Bruder, den ich so gern kennen möchte. Schreiben Sie ja wohl recht bald einige Worte u Ihre nächsten Pläne. Adio. In wahrster Verehrung u Hochachtung Ihr Fr. Preller. * Siehe dazu die Briefe 189, 192, 214, 215, 377. Privatbesitz Bayern.
208 Weimar, den 23. Dezember 1853. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Freitag Morgens im Studium So eben mein liebes Soestchen habe ich die gestern spät angekommenen Herrlichkeiten ausgepakt, Brief gelesen, angesehen, in die Hände geklatscht u bin über all diese schönen Dinge so innigst erfreut, daß ich fast vergessen hätte, daß es nun die allerhöchste Zeit ist wenn noch einige Worte zum Fest zu Ihnen gelangen sollen. Sein Sie deshalb mir diesmal nicht bös, wenn mein Brief etwas flüchtig u verworren ausfällt. Ich denke Sie haben wohl auch Fälle gehabt, wo man vor Freude nicht recht weiß ob man Kopf oder überhaupt Glieder besitzt, so leicht ist es einem zu Muthe, ja die Gedanken, das erste nöthige um Brief zu schreiben sind in solchen Momenten auch gerade das erste, was einem zu allererst durchgeht. Gewöhnlich bleibt einem dann nur ein einziger Gedanke zurük es ist der des wahrsten Dankgefühls, dessen steter Begleiter die Freude ist, die Freude, die immer wächst mit der Entfernung der Freunde, die unsrer so warm u herzlich gedenken. Diese glüklichste Stimmung würde mich ungestört das Fest hindurch begleiten, wäre es mir möglich gewesen, Ihnen, liebes Kind auch nur mit einer Kleinigkeit zu beweisen daß ich Ihrer eben so oft u lebendig gedacht habe, wie Sie meiner u der meinigen. Den Beweis zu führen ist also nicht möglich, u doch habe ich die Hoffnung daß Sie meine Worte für ganz halten, wenn ich Ihnen sage, daß ich Ihrer u aller in dem lieben Hause unausgesetzt gedacht. Gerade die Zeit vor Weihnachten ist mir immer dadurch so lieb gewesen, daß ich mit Kleinigkeiten meinen Freunden eine heitere Miene entloken konnte. Dies Jahr bin ich durch stete nothwendige Arbeiten geradezu abgehalten worden irgend etwas vor zu nehmen. Das verbittert mir die schönen Tage nun etwas. Genug davon. Ich hoffe alle meine Freunde wissen daß ich ohne Schuld. Nun nochmals auf die lieben liebenswürdigen Geschenke von Ihnen zurük. Alles ist glüklich, unbeschädigt angekommen u wird unendlich viel Freude bereiten. Aber mein lieber Soest, ich bitte Sie um alle Welt willen! Welche Arbeit haben Sie unternommen? Mir ist schwarz vor den Augen geworden, wie ich all die lieben Dinge erblikt. Es ist geschehen, u sag ich noch viel, so werden Sie vielleicht gar wild, u das mag ich nicht verantworten. Sie müssen für die Theuern Ihrigen Ihr bestes Gesichtchen herauskehren u die brillanteste Laune durch nichts stören lassen. Mögen Ihrer allen also das Fest 226
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recht heiter erscheinen u verlaufen, u das neue Jahr mit dem besten anfangen was es seinen Lieblingen in Goslar nur irgend bescheren kann. Dies mein wärmster innigster Wunsch für Sie u alle, die Ihnen werth sind. Diesen Nachmittag habe ich noch eine Kleinigkeit vorgenommen u das ist das einzige was ich beschere ohne daß das Geschenk an den Besitzer gelangt, da er etwas entfernt, er mag es sich selbst holen, auch dann wird es ihm noch Freude machen. Es ist dies die Maske des unsterblichen Beethoven. Wissen Sie für wen dieses Geschenk bestimmt ist? Die Form liegt vor mir, der Gips ist bereitet u alles wartet mit Sehnsucht daß es sich forme. Gott! welche Hoheit liegt in den todten Formen. Seit 3 Wochen steht dieser unsterbliche gewaltige Heros vor mir u ich werde nicht müde das göttliche Anliz zu beschauen. Wie oft habe ich ihm die göttliche Stirn geküsst. Ihm soll der Thronplatz in meiner Sammlung werden, es ist der Geist den ich in vielen seiner unsterblichen Schöpfungen zu verstehen glaube u der mich schon oft für andere Schöpfungen rüstete. Wir haben jetzt wieder die Quartets hier, er leuchtet über alles hinweg, u ihm thut man auch dadurch die ihm gebührende Ehre an, daß er in allen mehr als jeder andere vertreten ist. Den 3 ten Januar haben wir das nächste Quartet, u zwar darin das große Trio, welches Glintwort Pruckner u Mason spielt.* Es wurde verspätet, weil wir alle das Soestchen erwarteten, u nebenbei Pruckner krank wurde. Ich habe ihn im Verdacht er wußte von Ihrem Kommen u hat das Seinige waker gethan. Nun im Ernst über Erfurt. Sind Sie noch gesonnen zu kommen, so würde ich Ihnen doch rathen gerade dies Conzert nicht zu versäumen, da es Ihnen von großer Wichtigkeit sein muß, die 3 besten Schüler v. Liszt hier einmal wirken zu sehen. Ich schike Ihnen anbei eine Einlage von Frl. v. Witzleben an die Seidler. Bouterwecks scheint die Erfurter Sache gar nicht übel. Ich selbst bin dort nicht bekannt, aber durch Liszt bekommen Sie gewiß noch Empfehlungen. Olinda hat sich erboten, da Ihnen die Sache mit dem Logie nicht conveniren kann, das dort nöthige vorzubereiten. Auch kennt sie Frau v. Witzl. da sie Jahre lang bei Jena hier gewohnt. Jedenfalls scheint mir müßten Sie nur etwas sicher wollen, da der Winter die geeignete Zeit für die Musikstunden ist. Sollte es Ihnen scheinen, sich dort ansiedeln zu können, ist Weimar von großer Bedeutung für Ihre Fortbildung, denn Sie kommen mit ein paar Groschen in einer halben Stunde hieher u haben vieles, was Ihnen nicht leicht anderswo geboten werden kann. Schreiben Sie also baldigst nur mit zwei Worten was Sie denken. Im Fall des Ja überlegen Sie doch mit den Eltern wegen des Conzertes am 3ten Januar. Kommen Sie dann, finden Sie mich auf dem Bahnhof. Ihren lieben herzlichen Brief zu beantworten wie er verdient u verlangt ist jetzt keine Zeit u Muße. Danken Sie auch der lieben Mama aufs herzlichste für Ihre lieben Zeilen. Ich möchte Ihnen allen so viel sagen, so viel danken für die Liebe mit der Sie den ernsten ekichen Mann so höchst freundlich aufgenommen u ihm nun ein Plätzchen in ihren Herzen gönnen, u bin gerade als Redner u Schreiber so total arm. * Die Komponisten Karl Klindworth (1830–1916), Dionys Pruckner (1834–1896) und William Mason (1829– 1908). Privatbesitz Bayern.
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209 Weimar, den 6. Februar 1854. An Adolf Donndorf (1835–1916), Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar am 6. Febr. 54 Mein lieber Freund! Mit wahrer Freude lese ich stets Ihre Briefe; ich bin so in den Stand gesetzt, Ihre Studien zu verfolgen und mit Ihnen meine Jugend noch einmal zu durchleben. Dass Professor Rietschel sich Ihrer ganz speziell annimmt, ist für Sie ein Glück, welches ich selbst vor Jahr und Tag nicht träumte. Benutzen Sie ja diese Gelegenheit, sie kommt Ihnen vielleicht nie wieder. Ihre Geldangelegenheiten haben sich nun zur Zufriedenheit geordnet, und wenn ich nicht irre, hat mir Justizrat Zwetz gesagt: dass er Ihnen selbst Bericht erstatten werde. Somit wären wir nun so weit, dass Ihnen vor der Hand nur noch dauerhafte Gesundheit zu wünschen wäre, damit alles den ruhigen Gang vorwärts geht. Ihr Auftrag von Herrn Uhlmann ist freilich weder sehr erstaunlich noch leicht, indess Sie tun eben so viel als möglich, und mehr wird niemand verlangen. Dabei müssen doch einige Louisd’or springen, und die haben noch niemand Schmerzen verursacht, wenn er sie in der Tasche hatte. Also Mut! Falle es aus, wie es wolle, gelernt haben Sie nach Vollendung doch etwas. Auf Ihren Besuch zu Ostern freuen wir uns schon alle im Jägerhause. Bis dahin denke ich noch manchmal von Ihnen zu hören. Ich schliesse mit den herzlichsten Grüssen von allen den Meinigen und bin ihr aufrichtigster Freund Fr. Preller, Jägerhaus. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 26–27. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
210 Weimar, den 14. Februar 1854. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Wenn mir der Himmel Schwingen verleiht, finde ich mein Heil nicht unter Brennesseln und Brombeerbüschen. Also, theure Freundin, nur aufwärts mit Ihren schönen Augen, in ihnen müssen sich ganz andre Dinge spiegeln als Dresdener Erdbeerblüthen, weimarische Hummeln, Maikäfer u. s. w. Jeder treibe es wie er kann, jeder bilde aus, was der Himmel ihm verliehen, jeder fliege oder krieche, je nachdem er Flügel, Beine oder keins von beiden hat. Sie, liebe Freundin, müssen fliegen: Thun Sie es nicht, so verkennen Sie Ihre Gaben! […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 139.
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211 Weimar, den 24. März (1854 ?) An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein theurer lieber Freund! Härtels Reise zur lieben Wartburg ist mir eine Mahnung, Dir ein Wort des herzlichsten Dankes für die Freundlichkeit zu sagen mit der Du abermals den so oft bei Dir einkehrenden aufgenommen. Mein Aufenthalt bei Dir hat wie immer, auch diesmal die Wirkung, daß ich aufs neue frisch an die oft schwere Arbeit zurückkehre. Möge der Himmel an den guten Anfang einen solchen Fortgang u endlich ein gutes Ende reichen. Mein angestrengtes Arbeiten im verwichenen Winter forderte eine Unterbrechung, u nach öfterer Erstehung kann ich in solcher Zeit nichts mit sicherern Erfolg unternehmen, als einen Ausflug zu Dir. Selbst unsere öfters vorkommenden kleinen Streitigkeiten verfehlen nie ihre Wirkung u rütteln immer wieder das müde Individuum auf. Hofmann spricht noch jedesmal wenn wir zusammenkommen von Deiner Liebenswürdigkeit u den schönen Stunden, die ihm durch sie geworden. Hoffentlich hast Du unter den Sprüchen für Deine Zwecke das rechte gefunden.* Sie sind, so viel ich weiß, alle alt, u doch meist von ernsten tiefen Gehalt. In dieser und ähnlicher Angelegenheit wende Dich nur ohne Umstände an ihn, er weiß immer Rath. Seine Bekanntschaft ist mir sehr werthvoll. Er ist Dichter durch u durch, als Mensch ohne alle Ansprüche, bieder, harmlos u von großer Herzensgüte. Seine rechtliche Gesinnung u unumwundene Sprache sagt aber nicht jedem zu, am wenigstens denen, die ihr Denken u Thun gern maskiren. Daher ist er schon vielerlei Anfechtungen u Bosheiten ausgesetzt gewesen u wird es bleiben, so lange er athmet. Wäre die Welt u dürfte sie so aufrichtig sein wie er, es würde besser leben in ihr sein. Um einigermaßen glücklich durchzukommen u seine Ruhe zu bewahren ist es daher gerathen daß man sich Ohren u Augen verschließe. Von den kleinen Unannehmlichkeiten des Lebens kann man gerade genug haben. Dem Kreis, in welchem er lebt, ist er ein liebes erfrischendes Glied, sein Streben nach dem Schönsten u Höchsten ist jedem anregend und wird seine Früchte tragen. Heute ist meiner Frau Geburtstag u wir alle freuen uns frisch u munter zu sein. Emil hat heute sein letztes Examen u dann ist der Fuchs fertig. Er ist ein hübscher Kerl geworden. Großmutter ist zu unser aller Freude heiter u so kräftig als man überhaupt bei ihrem hohen Alter nur erwarten kann. Wir alle grüßen Dich von ganzem Herzen, so auch die Deinigen, an der Spitze die liebe gute Mama, die Euch der Himmel noch lange erhalten möge. Adio, mein alter theurer Freund. Große Freude würde uns allen sein, Dich einmal hier zu sehen. Dein treuer Fr. Preller. * Siehe auch die Sammlung von Sprichwörtern, die Preller am 8. September 1863 an August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) geschickt hat. Brief 528. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3662.
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212 Weimar, den 26. April 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. d. 26 April. früh 8 Uhr Guten Morgen liebe Freundin! Ich sitze wieder im Studium und mein erstes sei Ihnen ein paar Worte zu sagen u zu danken für das übersendete. Das liebe Gedichtchen hat mir unbeschreibliche Freude gemacht u wird nicht zu dem uebrigen Kram gelegt. Das Lesezeichen wird mein steter Begleiter sein, denn einige Zeilen lese ich doch täglich, und daß mir’s immer gefehlt hat, spüre ich erst jetzt, da dem Mangel so gänzlich abgeholfen ist. Ich danke Ihnen also recht von Herzen für die lieben Geschenke, die wir so ganz verschieden benennen Sie so klein, ich so werthvoll. Erst gestern Abend 7 Uhr habe ich das Bett verlassen, noch immer mit unsäglichen Schmerzen. Ich wollte doch aber den bösen Tag nicht nicht [sic] im Bett beschließen. Wir alle waren so traurig.* Spät Nachmittag kam noch ein lieber Brief u eine Tasse vom Papa Soest aus Goslar der mich unbeschreiblich erfreute. Sie sollen ihn lesen so bald Sie kommen. Er ist nun also Großpapa u Sie Tante, wozu wir alle herzlich gratuliren. Marie kann noch nicht vergessen daß er nicht schreibt, ob das neue Ankömmlingchen masculin oder feminin ist. Auch Oskar grüßt u gratulirt mit Papa u Mama. Sie können denken, welche Freude ich über den so liebevollen Brief habe. Noch schrieb Anton Storch, Frau Storch, Gretchen** u Donner, sämtl. liebe Freunde, die schwerlich dachten, daß den, den die Briefe Freude bereiten sollten, mit so furchtbaren Schmerzen festlag. Ich hoffe u wünsche, daß es nach dem ein Uebelbefinden solche Blüthe erlangt, bald besser gehen soll. Prof. Rietschel modellirt die Prinzeß in meinem Studium, die Büste wird sehr schön u frappant ähnlich.*** Nebenbei macht er ein Relief von Liszt. Ich wollte Sie wären hier, Sie könnten ihm helfen die Zeit verkürzen u Ihr liebster Wunsch: in seiner Nähe zu sein wär ja auch erfüllt. — Kommen Sie erst Sontag dürfte wohl alles schon vorüber sein. Ich denke deshalb immer Sie kommen Freitag, da Sie an diesem keine Stunde versäumen, es wird sich da wohl auch die Gelegenheit finden bei ihm zu spielen. Mein Bild ist auch vollendet u nun will ich so bald als möglich die zwei Lumpenbilder ausreißen. Ich denke den Brief, damit Sie ihn im Laufe des Tages bekommen bald fort zu schiken. Grüßen Sie das liebe Schrekchen, von uns allen herzlichst. Ihr Bruder wollte mich gestern besuchen, ich lag leider fest u habe nichts von ihm gesehen. Er hat gesagt, mich heute im Studium aufzusuchen. Von uns allen die herzlichsten u besten Grüße für Sie. Adio Klein Soestchen Ihr Fr. Pr. Morgen, als Donnerstag ist Quartet. * Der 25. April war Prellers 50. Geburtstag. ** Margarete Ludolf (1840–1898), Schülerin Prellers. *** Marie Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein (1837–1920). Privatbesitz Bayern.
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213 Weimar, den 30. (?) April 1854. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Ich habe mich wieder herzlich gefreut, ein Werk zu sehen, was in jeder Weise lebendig gedacht und höchst geistreich gemacht ist.* Ich sage mit Willen blos lebendig gedacht, weil ich geistreich gedacht nicht sagen kann. Es scheint mir nämlich für ein Kunstwerk nicht ausreichend, dass eine Gesellschaft um einen Tisch sitzt. Olinda wollte erkennen, dass Voltaire eben einen Witz macht. Ich gestehe davon nichts zu merken, ich sehe blos eine Friedrich sich zuneigende Bewegung, an die sich nur wenige Personen anschliessen. Da ich das Wort nicht selbst vernehmen kann, muss ich wenigstens die Wirkung auf die Gesellschaft spüren. Dies ist hier vergeblich. Die ganze Gesellschaft sitzt, getheilt im Interesse, jeder mit geschlossenem Munde, und so kann ich mir weder denken, dass einer spricht, noch dass Einer lebendig erregt wird. Der Sache fehlt grade das, was man gut gedacht nennen könnte. Die Entstehung dieses Bildes darf man, glaube ich, dem sehr malerischen Costüm und Möbels zuschreiben, an denen Menzel sein geistreiches Machwerk brillant zur Anschauung bringen konnte. Bin ich in meiner Ansicht Ihnen, liebe Freundin, zu streng, so vergessen Sie nicht, dass ich es gegen mich selbst noch zehnmal mehr bin. Es sollte mir sehr leid thun, wenn Menzel die Ansicht hegte, dass ein Kunstwerk, besonders von einem gewissen Umfang, keines Gedankens oder inneren Zusammenhangs bedürfe und hinlänglich interessant durch eine malerische Aussenseite bestehen könne. Sehr angezogen haben mich drei nach ihm geschnittene Portraits aus Friedrichs des Grossen Zeit. Sie sind voll Mark und Schärfe des Ausdrucks. Möchte er nur in der Darstellung auf dieser Linie bleiben, denn noch ein Schritt weiter und er ist Manierist. In meinem „Studium“ arbeitet jetzt Prof. Rietschel aus Dresden eine Büste der Prinzess Wittgenstein** und plagt sich wacker damit. Die Aufgabe ist schön, aber unendlich schwer, da der Kopf überaus fein und schön, aber auch der eigenthümlichen Farbe nicht entbehren kann. Ich glaube indess doch, dass er sich ehrenvoll durchschlägt und dies herrliche Geschöpf spätere Geschlechter noch bewundern lässt. Ich nenne sie nur das indische Märchen, ich weiss keinen passlicheren Ausdruck für sie. […] * Adolf Menzel (1815–1905), Tafelrunde in Sanssouci (1850). Anna Storch versorgte Preller mit Nachrichten aus Berlin und mit Abbildungen der neuesten Bilder Berliner Künstler. ** Marie Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein (1837–1920). Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 139–140.
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214 Weimar, den 17. Mai 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Grüß Gott mein liebes Soestchen! Es ist mir als hätt ich recht lange nichts von Ihnen gehört um so mehr, da mir die Zeit an sich, viel länger vorkommt als gewöhnlich. Mein Unwohlsein hat sich nehmlich nicht wie ich hoffte u glaubte, wieder zum guten gewendet, sondern erst eine Spitze zu erreichen gesucht, u sie nun hoffentlich auch erreicht gehabt, da ich wenigstens dabei hinreichend ausgehalten habe. Die Sache vermischte sich zu einer Gallensteinkolik, u ich habe 2 Tage u 3 Nächte unsägliche Schmerzen ausgestanden. Noch bin ich davon nicht befreit, denke aber doch daß die Sache beruhigt ist u die Schmerzen blos Folge des Manövers, welches nur selten mit Steinen um sich wirft. In summe ich bin wieder im Studium, habe heute unser Bild verabsetzt u denke oft daran wie unglüklich dasselbe noch in meiner Behausung hätte endigen können. Jetzt ist es in sichern Händen u wird auf Jahre Freude bereiten. Beaulieu* hat mit seiner Frau wirklich Freude daran. Nebenbei habe ich noch eine Bitte: Wollten Sie wohl die Güte haben u sich vom Vergolder die Rechnung geben lassen um sie mit zu bringen. Ich wollte sie gern bezahlen, ehe ich nochmalige Rüksprache genommen über mancherlei, was er in der Folge besser machen muß. Ich möchte gern ehe zahlen, damit es nicht scheint als wolle ich ihm Abzug machen. In diesem Augenblik bringt mir O. Ihren Brief von Sonnabend, mit Einschluß an L. Nach ihrer Aussage habe er sich eben in einer Zeitung ganz verbrochen gefunden. Die Einlage ist besorgt, u für den lieben Brief danke ich herzlichst. Jetzt begreife ich warum mir die Zeit so lang geworden, da mir der Brief so nahe. Gott sei Dank! daß Sie wenigstens gesund sind. — O. kommt vielleicht Sonnabend zu Ihnen, doch das ist mir verboten zu schreiben weil es noch nicht sicher sei. Sie wissen also nichts davon. Jedenfalls kommen Sie mit ihr zurük, wenn sie kommt. Ich werde mit Marie den Wunsch machen ¼ Stunde zu gehen. Die Luft ist so mild u einladend. Ich fürchte nur daß ich nicht weit komme. Ich leide noch an schreklichen Schmerzen. Leben Sie für heute wohl. Ich denke Sie bald zu sehen. Alle die meinen grüßen mit mir herzlichst. Bringen Sie auch Schrekchen unsre schönsten Grüße. Ihnen ganz ergeben Fr. Preller. Mittwoch Nachm. 4 Uhr. * Carl von Beaulieu-Marconnay (1811–1889), Großherzoglich Sächsischer Geheimrat. Siehe dazu auch die Briefe 189, 192, 207, 215, 377. Privatbesitz Bayern.
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215 Weimar, den 24. Mai 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
Abb. 26
Mittwoch Morgens 6 ½ Uhr. Meinem lieben Soestchen den frischesten herzlichen Gutenmorgen! Ich weiß daß, ehe wir die Freude Ihres Kommens haben, Sie doch ein Wort von mir erwarten. Was soll ich Ihnen zuerst über den bei Ihnen verlebten Tag sagen? Sie wissen gewiß jede Silbe, die mein Glük u Freude ausdrükt und ich kann nur noch hinzufügen daß dieser Tag in die Reihe der schönsten Erinnerungen eingetreten, die wie eine Schnur der herrlichsten Perlen sich durch mein sonst bewegtes Leben zieht. Wie unendlich viel umschließt oft die kurze Zeit von wenigen Stunden. — Irre ich mich nicht so haben auch Sie meine liebe Marie sich ähnlichen Empfindungen jauchzend hingegeben. Ich habe oft mit großer Freude bemerkt wie Sie in dem glänzenden Gewand mit stralenden Augen uns allen dreien ihre tief empfundene wahre Freude aussprachen. Ich danke dem Himmel für den schönen Tag. Liszt blieb in bester Stimmung u hat mir gestanden er habe diese Sonate nicht oft so zu seiner Zufriedenheit gespielt. Wir haben noch viel auf dem kurzen Wege über das Wesen u höchste Bestimmung der Künste gesprochen und sind in der Hauptsache von ganz gleicher Ansicht. Er hatte eine große Freude als ich ihm sagte daß mein letztes Bild dieser Sonate entlehnt sei, u war überrascht von seinem eigenen Gefühl welches ihm das geistige dieses Bildes während des Spielens vor die Seele gebracht.* Er hatte große Lust das Manöver nun einmal umzukehren u eines meiner bedeutendern Bilder als Grundlage zu einem Musikstük zu nehmen. Da ich ihm meine Neigung aussprach aus dem Adagio der herrlichen Sonate in guter Stunde noch ein Bild zu componiren, so flammte sein ganzes Wesen auf u er versprach mir diese u mit ihn noch eine zu spielen die möglicher Weise mir noch expressiver erscheinen könne. Wir sind uns geistig näher gerükt in dieser kurzen Zeit als es sonst Jahre vermocht hätten. Ich danke dieses Glük Ihnen mein liebes Herz bin aber zu arm Ihnen dafür auch nur das mindeste wieder zu reichen, wenn es nicht der tiefgefühlteste Dank ist u die Versicherung daß in mein künftiges Schaffen sich ein Stük Leben u Frische der lieblichen Soest mitwirkend Platz verschafft hat. So wie Sie Theil an dem letzten Sturm haben, werden Sie es für alle Zeit die mir noch übrig. Mögten die lieblichen Schwestern, denn das sind die Künste, sich doch immer liebend die Hände reichen, dieser Händedruk würde allen Zeiten die Bürgschaft des Höhern u Höchsten sein. So lange wir die Künste u ihr Urwesen nicht als eines sehen, sondern sie getrennt als besondere Dinge betrachten, so lange sie nicht mit uns aufwachsen und Seelenbedürfnis werden, so lange werden sie Treibhauspflanzen bleiben, die jedes Lüftchen in’s Grab bringt. Die großen Kunstepochen der Griechen u des Mittelalters sind hinreichende Beweise dafür. Noch frühere haben dasselbe Resultat gegeben. Vielleicht gehören wir zu den Vorkämpfern einer großen Zeit, wenn die Zeit und Politik nicht die Henkersknechte werden; das soll aber keinen zurükhalten, den Platz waker zu verteidigen auf den ihn das Schicksal gestellt. Der große Lebenszwek eines jeden Menschen ist: seine ihm vom Himmel verliehenen Gaben ernst u gut zu verbrauchen, das Streben nach dem Höchsten nie aus 233
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26. Friedrich Preller d. Ä.: Franz Liszt, Zeichnung, um 1855.
dem Auge verlieren u wie u wo er kann dem nächsten besten bildend zur Seite stehen. Er giebt nichts was der Mühe nicht Werth wäre, u keine Kraft ist so gering daß sie nicht zum ganzen gehörig wäre u ausbleiben dürfte. Doch wo gerate ich hin? Ich wollte Ihnen nur einen Gruß schiken u ertappe mich auf holperigen Wegen, die freilig auch aufwärts führen, aber die zu begehen man immer die rechte Tageszeit wählen sollte. Entschuldigen Sie mich diesmal, u grüßen Sie das liebe Schreckchen, auch ihr meinen besten Dank bringend. Ich freue mich auf Euer so nahes Wiedersehen. Adio mein Soestchen. Ihr Fr. Pr. * Die vielfach von Preller in Erinnerung gerufenen Empfindungen beziehen sich auf das für den Diplomaten und Schriftsteller Carl von Beaulieu-Marconnay (1811–1889) gemalte Bild Norwegische Küste bei Skudesnaes im Sturm, das 1876 von der Nationalgalerie in Berlin angekauft wurde. Inspriert hat den Künstler aber nicht nur die Musik Beethovens, sondern vor allem die Art und Weise, wie Marie Soest die Sonate gespielt hat. Siehe dazu die Briefe 189, 192, 207, 214, 377. Privatbesitz Bayern.
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216 Eisenach, den 4. Juni 1854. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Meine liebe Marie! Wir sitzen im halben Mond beim Caffe u sehen dem lieblichen Regen zu der einen eben so häßlichen Tag verspricht wie gestern den wir auf der Wartburg zubrachten. Bouterweks gehen Mittag 1 Uhr nach Cassel ab u Soestchen wahrscheinlich um 2 Uhr. Ich werde mit Müller Montag den 2 Feiertag eintreffen. Eisenach ist immer schön selbst dann wenn man es wie ich mit Zahnschmerzen u den Mund voll Rum betrachtet. Schwinds Anfang ist gut ausgefallen u das Ganze wird schön werden. Er ist die Feiertage zu seiner Frau nach Karlsruhe. Arnwalds u Müller sind die Alten, u Andres sind um 10 Jahre jugendlicher. Möchtet Ihr doch hübscheres Wetter haben. Trotzdem sind Nachtigallen in Masse hier u thun das ihrige waker. Auf dem Weg nach der Wartburg habe ich gewiß 15 gehört. Bei Wislicenus* hab ich einige nur noch neue Zeichnungen gesehen, die mich überrascht und höchst erfreut haben. Ich schreibe indem alle um mich herum plaudern, deshalb meine liebe M. nimm es mit meinem Briefe nicht so genau. Ich werde Mary noch ein wenig zeichnen, deshalb für heute genug. Alle lassen Großmutter Dich u die Kinder herzlichst grüßen. Ich habe mir von August einen warmen Rok geben lassen, auch hier seinen Pelzschlafrok, deshalb ängstige Dich nicht. Adio meine kleine Maus. Ich grüße Euch alle 1000mal Dein Fritz. Sontag Morgens 9 Uhr. * Hermann Wislicenus (1825–1899), in Weimar tätiger Historienmaler. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
217 Weimar, den 6. Juni 1854. An Franziska Schreck, Opernsängerin. Weimar de 6ten Juni 1854 Dem liebenswürdigen Schrekchen nächst dem flüchtigsten aber freundlichsten Gruß die außerordentliche Nachricht: daß der erste Buchfinke Frankreichs nicht, wie Sie bisher geglaubt, Donnerstag, sondern schon Mittwoch seinen göttlichen Triller schlägt. Nach d. Schobers Aussage hat er das zweitemal mit größtem Beifall gesungen, das schönste aber sei dem Publikum für Mittwoch zum letztenmale aufbewahrt.* Möge Ihnen diese Botschaft zeitig genug zukommen, in unserm Hause sollen u werden Ihnen nur freundliche Gesichter begegnen.
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Gestern, Montag, sind wir von Eisenach zurük, u haben trotz des häßlichen Wetter doch schöne Stunden verlebt. Von M. Soest soll ich Ihnen die herzlichsten Grüße schiken, diese fügen ich die unsrigen bei und bin in wahrster Verehrung Ihr ganz ergebener Fr. Preller. im Jägerhause. Auf Wiedersehen zum 7 Juni der großen Vorstellung der Faworitin.** * Der Tenor Gustave-Hippolyte Roger (1815–1879) trat am Montag, den 5. Juni 1854 bei seinem zweiten Gastspiel am Hof-Theater Weimar in der Rolle des Edgar von Ravenswood in Gaetano Donizettis Oper Lucia von Lammermoor auf. ** Am Mittwoch, den 7. Juni 1854 wurde am Hof-Theater in Weimar Gaetano Donizettis Oper Die Favoritin gegeben. Roger trat in der Rolle des Fernando auf. Düsseldorf, Goethe-Museum, Handschriften, Signatur: O.
218 Weimar, den 27. Juni 1854. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar, d. 27. Juni 1854 Mein sehr lieber junger Freund! Ich danke Ihnen von Herzen für Ihren lieben Brief, aus welchem ich mit Freuden ersehe, dass Sie fleissig und an einem Punkt angelangt sind, bei welchem Jeder strebende Mensch zuweilen mutlos, fast immer unzufrieden, ja aus Verzweiflung faul wird. Dass Sie darin stecken bleiben, wie es vielen, ja sehr begabten Menschen schon ergangen, ängstigt mich gar nicht, ich müsste denn Ihre ganze Natur missverstanden haben, und das glaube ich durchaus nicht. Dieser Kampf hat für eine kräftige Natur auch etwas anfeuerndes, und da er einmal durchgekämpft sein muss, ist es immer ein Glück, wenn man die Besinnung nicht verliert. Fürchten Sie Ihren Feind also nicht, denn dadurch giebt man ihm die Waffe in die Hand. Mit Ausdauer entreisst man ihm jeden Tag einige Lot Fleisch und zuletzt gibt er freiwillig den Geist auf. Ein sicherer Kampf steht uns Künstlern freilich fürs ganze Dasein bevor, aber der ist anderer Natur und bringt auch Freuden mit sich, die kein anderer Mensch kennt. Also nur vorwärts, mein lieber Freund! Was Sie mir über die Malerei gestehen, hat mich durchaus nicht überrascht, ich sehe darin Ihre Aufrichtigkeit mit Freuden. Dass Sie darin auch noch anders werden, bin ich überzeugt, und dies ist ein Kapitel, worüber ich mit Ihnen mündlich zu verkehren mich herzlich freue. Die verschiedenen Künstler haben alle denselben Zweck bei den zivilisierten Völkern gehabt. Die dienten der Kirche. Sie waren da, das Göttliche den Menschen anschaulich zu machen mit allem, was Ihnen zu Gebote stand, zu verherrlichen. Die spätere Zeit verlor dieses Ziel aus dem Auge und sie kamen bis zum Luxusartikel herunter. Ich habe nie die Malerei allein studiert, mir war die Kunst immer eine, die die nur in ihren Mitteln verschieden auftritt. Musik, Malerei, Architektur und Sculptur sind mir stets gleich bedeutend und interessant gewesen, und ihrem Studium ist mein ganzes Leben geweiht gewesen. Doch hierüber verkehrt sich besser mündlich. Meine Reise in die Niederlande ist für die ersten Tage des Juli bestimmt. 236
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Friedrich wird mich begleiten. Ich sage Ihnen daher ein herzliches Lebewohl für die kurze Zeit. In 6 Wochen denke ich wieder zurück zu kommen und Sie hier zu finden. — Bleiben Sie gesund und heiter bei Ihrem Studium. Meine Frau soll Ihnen sitzen, wenn Sie nichts Besseres finden. Alle Freunde, die Sie in meinem Hause kennen, grüssen Sie mit mir und allen den Meinigen von ganzem Herzen Ihr wahrer Freund Fried. Preller. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 27–28. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
219 Mainz den 5. Juli 1854. Prellers Sohn Friedrich (1838–1901) an seine Mutter Marie, geb. Erichsen (1811–1862), Preller an seine Ehefrau Marie. Meine gute Muttig, Eben hier angekommen, setze ich mich gleich hin um Euch, wie ich es versprochen habe, Nachricht von uns zu geben. Eigentlich wollte ich erst morgen schreiben, da Ihr doch wohl durch Schambach, den ich gestern in Eisenach traf, wißt, daß wir erst diese Nacht von dort abgereist sind, aber das Papas gute Laune und leidliches Befinden (er klagt nemlich ein wenig Zahnweh aber ganz wenig) bestimmt mich, daß ich meiner Freude, die ich darüber habe gegen Euch Luft mache. Wenn meine Sätze, die ich schreibe, etwas sehr schlecht sind, so liegt das erstens an meiner Müdigkeit, da ich gar nicht geschlafen habe, und 2 tens an den Alten, der eben wieder über einige Leute schimpft. Den Sonnabend kommen Soest’s nach Weimar, dann könnt ihr das Hauptsächlichste mittheilen, sie werden sich auch darüber freuen, ganz besonders, da der Papa in Eisenach noch gar nicht wohl war. Doch nun auch was über die Reise. Den Montag blieb der Papa theils wegen Kopfweh, theils weil die Andern am folgenden Tag mit nach Eisenach wollten in Erfurt, und ich reiste allein weiter nach Eisenach, da wir dachten, der Onkel würde uns vielleicht erwarten. Das that er aber nicht, im Gegentheil es war niemand zu Hause, weshalb ich gleich auf die Wartburg ging um dort Essen für den andern Tag zu bestellen. Der Commandant war nicht oben, Schwind aber mit seiner Frau und sehr freundlich. Er zeigte mir gleich seine Fresken, wovon einige sehr schön sind, eins aber sehr schlecht, daß der Papa zu mir sagte, an Schwinds Stelle würde er es wieder heraus hacken. Den andern Morgen holte ich die andern auf dem Bahnhof. Dann ging mit gewohnter Schneckenschnelligkeit auf die Wartburg. Dort aßen wir besahen die [?] wobei uns der Großherzog unangenehm überraschte. Er ging jedoch bald wieder und dann gingen wir den Sängerweg herunter in die Landgrafenschlucht wo der Papa wieder Magenweh kriegte, es ging aber bald vorüber und wir brachten sie alle munter auf die Eisenbahn. Clärchen S. habe ich recht lieb gewonnen, sie ist so natürlich und wirklich liebenswürdig: Ich habe ihr meine Wartburg geschenkt, da sie Hoeds doch nicht kriegen u. der Claire die Wartburg von der Seite so gefallen hat, Emil kann sie ihr 237
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geben. Eben sagte mir der Papa, er wolle morgen einige Worte mit drunter schreiben. Ich will hoffen, daß es so geht wie heute. Gute Nacht morgen unsere Weiterreise —. [Mainz, den 6. Juli 1854]. Die Weiterreise wird Dir der Papa erzählen, der Gott sei Dank recht vergnügt ist. Alle lassen 1000 mal grüßen, besonders Lottchen, die sehr gnädig ist. Ich selbst grüße Euch alle aufs herzlichste. Mainz liegt recht schön und hat mich entzückt. Die gute Groti’s soll sich nicht so sehnen. Es gilt ja der Brief Euch allen. Grüße Soests wenn sie kommen, besonders die Cläre u. Marie Friedrich. Guten Morgen meine liebe gute Marie! der kl. Friedrich wird Dir schon mancherlei geschrieben haben was die Reise betrifft. Jetzt nur so viel: Wir sind hier bei Carl, seit dem es etwas besser geht bei leidlichen Wetter gesund u frisch. Wir haben mit Soest’s einen Tag in Eisenach verbracht, sind dann mit dem Nachtzug nach Frankfurt gegangen u dort um eine Minute zu spät angelangt, nach 3 stündigen Warten erst gestern Nachmittag 4 Uhr hier eingetroffen. Morgen, als Freitag gehen wir nach Cölln, bleiben die Nacht dort u werden Sonnabend bis Antwerpen gehen. Ich denke 1–2 Tage dort zu bleiben u dann Fr. jedenfalls nach Ostende bringen. Was ich dann beginne schreibe ich Dir jedenfalls von dort aus. Hier ist das Schreien der Kinder u Carl’s mir so störend, daß ich um keinen Preis länger da sein möchte. Dabei ist die Heidloff mit ihrer ältesten Tochter, welche nach Paris zu Carl soll, auch da u hilft das Haus füllen. In Summe der Aufenthalt ist mir über alles ungemüthlich. Lottchen ist die einzige die heiter aber still wirkend im Hause ihren Platz auszufüllen scheint. Ueberhaupt sie gefällt mir hier recht gut. An Wiedemanns habe ich gleich gestern von hier aus das nöthigste geschrieben u denke daß sich unserm Zusammenfinden nichts entgegen steht. Die Tur bis hieher war etwas angreifend, indeß ist alles gut abgelaufen. August hat mich die paar Stunden der Nacht beherbergt u an die Eisenbahn gebracht. Der Tag in Eisenach war ein recht heiterer an dem wir Deiner recht viel gedacht u Dich hier gewünscht haben. Die Frau Soest schien außerordentlich von allem befriedigt u überrascht. Auch Frl. Schrek war mit u ich denke es hat allen Freude gemacht durch mein Bekanntsein mit Arenswalds so vieles bequem u annehmlich zu finden. Sollten sie in diesen Tagen nach Weimar kommen, werden sie Dir detaillirter erzählen. Frau Soest möchte gern einige Bilder von mir sehen. Ich denke Du begleitest sie gern einmal zu Seebach’s u Frau v. Beaulieu. Grüße sie recht herzlich von mir u sage: wie sehr ich bedaure nicht länger mit ihr sein zu können. Sie ist doch eine höchst angenehme liebe Frau, der ich recht sehr wünsche daß die Strapaze ihr nicht geschadet hat. Von Ostende aus denke ich ihnen ein paar Worte zu schreiben. Von hier aus werde ich froh sein das Blatt gefüllt zu haben, da alles so unruhig um mich her ist. Grüße sie vorläufig recht schön. Nachher will ich mit Fr. ein wenig Spazieren. Der Anblik von Mainz hat ihn wahrhaft entzükt. Die Beleuchtung war in diesen Moment auch wirklich reizend. Ich denke das liebe Kind wird noch vieles schöne zu sehen bekommen. Jetzt meine liebe Herzens Marie sage ich nur noch die besten Grüße von allen in Carl’s Hause. Niemand aber grüßt Dich wärmer u inniger nebst der lieben Großmutter als die 238
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beiden Friedrichs. Auch meine sonstigen Freunde grüße herzlich, u nun adio fürs erste. Von Ostende mehr Dein alter Fritz Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
220 Antwerpen, den 10. Juli 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Antwerpen, den 10. Juli 1854. […] Heute haben wir gar mancherlei hier vollbracht, Niemand jedoch mit ähnlichen Gefühlen, als die meinigen waren. Antwerpen ist auf mein Leben von entschiedender Wirkung gewesen. Karl August brachte mich selbst zu van Bree. In seine Hand legte ich ihm das Versprechen ab, womöglich ihm und seinem Wohlwollen für mich Ehre zu machen. Der Platz, wo dieses geschah, ist vor meinem Fenster. Er schied von mir mit dem Wort: “Denke meiner im Guten“. Ich habe stets mit allen Kräften gestrebt und denke seiner noch heute. Meine heitersten, gesundesten Jahre fallen in diese Zeit, meine erprobtesten Freunde leben noch hier. Hier war es, wo ich Marien sah, und sie mir verband. Von hier aus entfaltete sich meine Kunstrichtung und hier stehe ich nun wieder mit meinem jüngsten Kinde und durchlebe alles noch einmal. […] Jede Straße, jeder Platz ist von irgend einer Bedeutung für mich. Wir sahen diesen Morgen das Museum. Hier muß man sein, um eins der größten und gewaltigsten Genies zu bewundern. Rubens ist der Stern, der den ganzen Niederlanden leuchtete und noch leuchtet. Die Straße, wo er wohnte und arbeitete ist nach ihm getauft. Ich würde die Stadt umtaufen und ihr seinen Namen geben. Größeren und göttlicheren Menschen hat sie nie gesehen. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 10.
221 Ostende, den 12. Juli 1854. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Ostende Mittwoch. Morgens 6 Uhr 12. Juli Guten Morgen meine liebe Marie! Gestern Nachmittag 5 Uhr sind wir alle glüklich in Ostende angelangt, haben Deinen lieben Brief erhalten, u ich beeile mich, damit Du von der Reise noch Nachricht von uns erhälst. Du siehst Tinte u Feder ist schlecht aber trotz dem wirst Du doch Deinen Fritz herausfinden. 239
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Unser liebes Kind ist wohl auf, glüklich mit mir die Reise zu machen u freut sich über alles neue wie ich kaum von ihm erwartet habe. Der Anblick der See hat auf ihn eine gewaltige Wirkung gemacht. Heute wird er das erste Bad nehmen, u zwar wie auch später unter Aufsicht, seid deshalb ohne Sorgen. Frau Hoed wird alles für ihn besorgen. Bei Hoedts ist alles wohl, Thom in Rotterdam, kommt aber Sonabend zurük. Franz ist hier, sein Schiff wird reparirt. Mit Verlinde, der in jeder Weise der alte treue Freund ist haben wir 2 vergnügte Tage verlebt. Auch gegen Wiedemanns war er sehr galant, so daß diese des Lobes voll sind. Der kleine Friedrich war so lieb u heiter glüklich, daß ich unendliche Freude an ihm gehabt habe. Du magst Dir denken meine liebe Marie daß ich ihm alles gezeigt habe was an unsre Jugend erinnert. Das Musäum machte ihn fast stumm u ich begreife diese ungeheure Wirkung wohl. An der Akademie sind große Veränderungen geschehen. Wappers Orscienco u Deukmanns* haben ihre Stellen niedergelegt. Ersterer sagt man hat niederlegen müssen. Er lebt gegenwärtig in Brüssel. Die Akademie ist noch ohne Direktion u hat sehr verloren. Man sagt De Kaiser** würde es werden. Näheres über die Sache scheint niemand recht zu wissen. Mit England bin ich noch sehr in Zweifel was ich thue. Geht Verlinde noch mit, könnte ich für das Geld die Reise nach Dresden bequem machen u hätt mehr Freude daran. Jedenfalls will ich erst einige Zeit hier sein u die Sache gut durchdenken. Unser liebes Kind liegt noch in süßer Ruhe, hat mir aber gestern aufgetragen herzlich zu grüßen. An Großmutter würde er nächstens selbst schreiben. Euch läßt er eine vergnügliche Reise wünschen. Deine u Großmutters Portraits stehen mir gegenüber u so habe ich doch einiges von Euch um mich. Zum Sonabend, denken wir werdet Ihr abreisen. Möge Euch der Himmel nichts in den Weg legen, u Ihr recht vergnügt die Zeit nützen. In Braunschweig grüßet mir die schöne Gallerie u Brandes,*** in Jever Hemkens alle aufs herzlichste. Mit meiner Gesundheit geht es leidlich. Fr. u ich haben uns auf der Cöllner Bahn erkältet, u ich den letzten Nachmittag in Antwerpen heftig Kopfweh gehabt. Jetzt geht es wieder gut. Im zoologischen Garten habe ich schöne Exemplare von Geiern gefunden u hier denke ich das übrige meiner Zweke zu arbeiten. Von Olinda habe ich 3 Briefe vorgefunden in denen sie mir alles genau schreibt, auch das unangenehme nicht verschweigt. Auch von Soest habe ich nebst einen Brief an Malwina einige Zeilen Beilage erhalten. Daß Du Frau Soest gern magst kann ich mir denken, sie ist eine feine Frau. Hast Du Gelegenheit so grüße sie schön von mir. Jetzt mein liebes Herz nur noch die herzlichsten Grüße für Dich unser liebes Muttchen u Großmutter. Ich kann mir so gut denken wie er mit Dir die Reise so still glüklich vollbringt u möchte wohl dabei sein. Grüß mir auch Franziska Schober die Seidler u sonstige Freunde. Adio meine süße Marie, der Himmel behüte Euch vor allem Ungemach u lasse Euch schöne Tage verleben. Es küsst dich tausendmal Dein alter Fritz. * Gustave Wappers (1803–1874), Josephus Laurentius Dykmans (1811–1888). ** Der Historienmaler Nicaise de Keyser (1813–1887) wurde 1855 zum Direktor der Antwerpener Kunstakademie berufen. *** Heinrich Brandes (1803–1868), Maler und Galerie-Inspektor des Herzoglichen Museums in Braunschweig. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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222 Ostende, um den 15. Juli 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. ? 1854. […] Antwerpen mit seinen Schätzen hat mich doch wieder unendlich gefesselt, dort und nur dort ist der Rubens und van Eyk in ihrer Blüthe zu sehen. Welch’ gewaltige Größe und prächtige Erscheinung ist doch Ersterer. Er gehört in die Reihe der ersten Künstler, welche die Sonne beschienen. Welch’ unendliche Phantasie, welche Fülle der Gedanken, welch’ große Naturanschauung und welche Pracht in äußerer Erscheinung. Er ist so groß, daß man sich ihm nie vertraulich nähern, aber stets staunen muß. Seine Kreuzabnahme verbindet mit seinen hervorragendsten Tugenden noch eine, die man ihm gewöhnlich abspricht, nämlich Schönheitssinn in einem hohen Grade. Dieses eine Bild würde ihn unsterblich gemacht haben. Von hier aus suche ich Brügge und seine herrlichen Kunstschätze auf und freue mich darauf, es mit Friedrich zu thun. Dort glänzt ein anderer Stern mit seinen Trabanten; es ist der van Eyk mit Memling. Sie sind beide für die Kirche geboren u so rein kirchlich, wie nur der Fiesole sein kann. Einen höheren Schwung sehen wir dort in der Madonna des Michel Angelo; welche Hoheit und strenger Ernst in der göttlichen Frau, nichts, was etwa irdisch sein könnte. Sie sitzt und sieht den höheren Beruf und endlichen schmachvollen Tod ihres göttlichen Sohnes, der, noch Kind, unbefangen kindlich zu ihr aufschaut. Das ist auch kirchlich, aber von höchstem Standpunkt gesehen und durchgebildet. Er trägt nicht umsonst den Namen „der göttliche Michel Angelo“. Er macht die Spitze der mittelalterlichen Kunst in Italien. Ihm reiht sich für unsere Zeit Cornelius mit Ehren an. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 10–11.
223 Ostende, den 20. Juli 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt und an deren Mutter. Donnerstag Morg. 5 ½ Uhr Grüß Gott mein liebes Kind im süßesten Morgenschlummer! Es hat etwas höchst erfreuliches das erste Tagewerk sich durch einen schönen Traum vorzubereiten. Ich erwachte indem ich laut Ihren Namen nannte. Ich traf im Dom zu Cöln zufällig mit Liszt, der Fürstin u einigen andern Gefährten zusammen, die mir fremd waren. Die Mora* war beendigt, der Menschenstrom drängte sich uns entgegen, doch wir wussten Platz zu finden u besahen alles mit großem Interesse. Im Chor waren einige Gespenster [?] die ihren Kram verkauften u jeder belud sich nach seinem Geschmak. Ich war am ersten ausgerüstet u zog wie ein Trödeljude beladen fort, Ihnen, da Sie in Cöln wohnten, den 241
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zu erwartenden hohen Besuch anzutreten, kam aber mit meiner Last so wenig vorwärts u verirrte mich dabei noch so oft daß ich die andern schon an Ihrer Wohnung fand. Um zu sehen ob Sie zuhaus rief ich Ihren Namen laut in die Luft u erwachte. So meine liebe Marie werde ich heute zu Ihnen geführt, um Ihnen zuerst für den lieben Brief herzlichst zu danken. Gott! Wie glüklich werden Sie mit der lieben Mama u Clairchen sein, die Ihnen doch so lange entzogen waren. Ich freue mich unendlich daß Sie mit Marie doch noch ein paar leidliche Tage erlebt haben, wie gern wär ich dabei gewesen. Ich hab sie dagegen recht traurig verbracht. Erst seit gestern befinde ich mich einigermaßen menschlich. Ich habe die ganze Zeit fast krank zugebracht, großentheils auf dem Bett liegend. Gestern Morgen bekam ich ein furchtbares Erbrechen, u Nachmittag fuhr uns Thomas bei leidlicher Brise in einem kleinen Bote in See, u seitdem geht mirs gut. Bis dahin konnte ich keine Stunde unausgesetzt auf den Beinen sein. Möge es nun so aushalten, u ich erwarte es, da mein jetziges Befinden behaglich zu nennen ist. Nun will ich anfangen zu arbeiten. Dazu hat sich das bis dahin schlechte Wetter auch zum guten gewendet. Um mich her ist noch alles ganz still u ich sitze an dem Ihnen bekannten Tische den Bassin in reinsten Sonnenglanze vor mir. Nun werde ich täglich die See besuchen u Ihrer dabei stündlich denken. England habe ich aufgegeben, bis jetzt traute ich meiner Gesundheit nicht und nun fänd ich Malwina auch nicht mehr. Sie und die Bodtachs [?] sind gestern nach der Insel Wigt um dort 14 zu bleiben, Linda wird wahrscheinlich nächsten Mitwoch hieher kommen um einige Tage auszuruhen u dann zurükzugehen, vorläufig nach Cassel zur Oetker.** Mit ihr u Fr. werde ich nach Brügge gehen um den herrlichen Van Eyk u Michel Angelo zu besuchen. Brügge mit seinen Kunstwerken ist die schönste Perle, unter den niederländischen Städten. Ich freue mich unendliche darauf, es wird dort für kommenden Winter mehrere Berührungspunkte geben. Van Eyks Schöpfungen kommen mir immer wie himmlische Thautropfen vor, die das arme Menschengeschlecht erquiken u erfrischen sollen. Sie gehören der Kirche nur allein an u ich kenne keinen deutschen Meister außer Wilhelm von Cöln, den ein so himmlische Genius Sinn u Hand gestützt. Welch göttliche Reinheit u durchaus kindlicher liebenswürdiger Sinn muß diesem herrlichen Menschen durchwärmt haben. Zuletzt will ich den Meister Angelo sehen. Er ist die Spitze neuerer Kunst, die bis zum Himmel ragt. Mit welcher Hoheit u tiefen Ernst schaut die göttliche Mutter auf das geliebte Kind herab, seinen großen Beruf aber auch seinen schmachvollen Tod schmerzlich ahnend. Diesen Coloß menschlichen Geistes u wahrer Größe hat die Welt nur einmal gesehen. Gepriesen sei die Schöpfung die solches vollbringt. Das herrliche Werk wurde durch Schiffbruch diesem Lande der Hottentotten zu geführt, die nicht einmal ahnen was sie auf ihrem trocknen Boden für eine himmlische Blume duften haben. Ach, wie leid ist mir’s nicht mit Ihnen liebe Marie so viel herrliches bewundern zu können. Ich sehe Sie mit Ihrem frischen offenen Blick immer allem Schönen sich kindlich anschmiegend, u das ist mir eine Freude, für die ich keinen Namen weiß. Halten Sie diesen Sinn immer offen, er nur bringt Ihnen die schönste Würze fürs Leben. Genießen Sie die schönen Tage mit den Ihrigen recht heiter u denken Sie zuweilen an Ihren wahren Freund, dem Sie aber auch von sich hören lassen müssen. Adio mein liebes Kind Ihr Fr. Preller 242
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Verehrte Frau! Nehmen Sie den besten Dank für Ihre lieben Worte in Marie’s Brief, die mir unbeschreibliche Freude gemacht, da sie nur Beweis Ihrer freundlichsten Geneigtheit sind. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen wie schmerzlich es mir noch ist Sie u Clairchen nur wenige Stunden gesehen zu haben. Obgleich die liebe Marie wenig hoft Sie auf lange halten zu können, ist mir doch oft als wär mir die große Freude vorbehalten Sie noch in Erfurt zu finden um so mehr, da sich unsre Reise etwas abkürzen wird. Mit meiner bessern Gesundheit läßt sich in ein paar Wochen das nöthige leicht vollbringen. Bis dahin grüße ich Sie vom ganzen Herzen, u bitte um freundlichste Erinnerung meiner bei Ihrem Herrn Gemahl. Ihnen ganz ergeben Fr. Preller. [Randbemerkung:] Entschuldigen Sie meine miserable Schrift, aber Tinte u Feder von diesem Geschlecht habe ich erst in Ostende kennen gelernt. An dem unfrankirten Brief war der Knecht schuld der trotz des franco den Brief doch in den Kasten geworfen hat, ein h fol in Folio. * Morgenandacht ? ** Wohl die Familie des Rechtsanwalts Friedrich Oetker (1809–1881). Privatbesitz Bayern.
224 Brüssel, den 1. August 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Brüssel, 1. August 1854. […] Vor einigen Tagen waren wir alle in Brügge. Ich habe Ihrer überall gedacht, aber ganz besonders bei Ihrem Liebling, dem Michel Angelo. Wie viel besitzt diese Stadt an bedeutenden Kunstwerken, was hat allein das Hospital von Memling’s unsterblichen Werken. Die Reliquienkiste ist ein Juwel, was in der Welt nur dieses eine Mal existiert. Ich kenne überhaupt kein Werk von ihm, was mit der Liebe durchgeführt wäre, wie die hiesigen Sachen. Daß er hier als Kranker gepflegt wurde und aus Dankbarkeit die Sachen an Ort und Stelle gemalt, hat für mich stets etwas Rührendes gehabt und wohl mag dieses Dankgefühl an deren Vortrefflichkeit einige Ursache sein. Das schöne Kamin ist mit einer außerordentlichen Meisterschaft gemacht, doch hat der Stil etwas verwirrtes, unklares und ich wünschte wohl, daß der begabte Mensch 150 Jahre früher gelebt hätte. Sonst hat Brügge noch mancherlei Schönes, z.B. ein schönes Bild von Van Eyk in St. Salvatore. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 11–12.
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225 Antwerpen, den 2. August 1854. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Guten Morgen meine liebe Marie ! Ich schreibe dir von Antwerpen wo wir gestern Nachmittag angekommen. Ueber Euren Plan, den Ihr mit aller Liebe ausgedacht u der so viel verlokendes hat, nur folgendes. Mir scheint, daß meine so anstrengende Reise von 2 Tagen, die ich doch stets auf der Straße zubringen mußte für den so kurzen Aufenthalt den wir noch bei Hemkens hätten, und den ich vielleicht mit Kopfweh zubringen müßte, doch zu viel, denn noch will ich einige Tage hier sein, danach Brüssel sehen, u zuletzt gebe ich Friedrichs wegen, doch sehr ungern Frankfurt auf. Ich denke diese Gründe werden Euch allen einleuchten. Ich bin entschlossen diese Tur später selbst einmal mit Ruhe zu unternehmen da ja auch die See in der Nähe ist u sonst wohl mancherlei zu finden sein wird. Ich danke Dir übrigens von Herzen für Euren lieben Brief u die freundliche Einladung. Setz dies alles Hemkens auseinander u ich denke sie alle werden es vernünftig finden. Dabei kostet es ein nicht unbedeutendes mehr, u was wir sparen können ist ja auch etwas nütze. Der kl. F. ist entschieden meiner Ansicht, u auch L. findet es wie wir. Verlinde ist nicht locker zu machen, was mir herzlich leid ist, da die Gallerie nun für Jahrelang nicht mehr zu sehen sein wird. Dem lieben Ernst muß ich demnach einmal ganz ausführlich schreiben, wenn er nicht gesonnen ist zu uns zu kommen. Jetzt bin ich dazu nicht gesammelt genug. Sage ihm dieses u grüße ihn herzlichst. Auch den lieben Müller, der nun wieder zu Euch kommen wird, wenn Euch dieser Brief erreicht. Du mußt indes meinen Brief erhalten haben, während du Deinen abgeschikt hast. Wiedemanns sind noch in Ostende u baden bis Sonabend, ich hoffe daß wir alle wieder in Brüssel zusammen treffen, u so die Rückreise antreten können. Hoed’s sind bis zuletzt höchst freundlich u gut gewesen, doch ist der Aufenthalt dort auch nicht ganz ohne Anstöße. In summa darüber mündlich mehr. Ueberhaupt werden wir uns sehr viel zu erzählen haben wenn wir wieder beisammen sein werden. Der kl. F. ist vergnügt wieder in Antwerpen zu sein u er hat da auch viel zu sehen. Ich denke Brüssel wird auch noch seinen Effekt machen, denn eine Ausstellung hat er noch nicht gesehen, u diese ist eine der größten. Er hat sich eine gesunde frische Farbe in Ostende geholt. Auch mir geht es Gott sei gedankt wieder ganz gut. Der Anfang in Ostende war herzlich schlecht mit mir. Nun ist ja alles gut. Ich freue mich übrigens doch recht sehr nun bald wieder in die alte heimatliche Ruhe zu kommen. Ich freue mich auch daß Heinkens alle so nett mit Dir sind. Grüße sie so herzlich von uns als möglich, dem guten Mull*, der gewiß sehr viel erzählen wird gib einen Kuß und Gruß u sage ihm daß er mir viel von Helgoland erzählen müsse. Der Großmutter Brief hat uns allen große Freude gemacht. Die liebe herzige Mutter! — Ich werde mich in Mainz jedenfalls einen Tag aufhalten u wenn Du noch einen Brief dahin bringen kannst, wird es uns gewiß freuen. Außerdem laß das Schreiben, denn der Brief würde mich schwerlich anderswo finden.
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Ich denke mit Carl’s Gesundheit soll es auch nun besser gehen. Der kl. F. sitzt neben mir u möchte so gern einen Morgenspaziergang machen aber hier schläft alles so spät, daß es ordentlich ärgerlich ist. Im Bassin liegen eine große Menge Schiffe, u es scheint viel Leben in der Stadt. Wir wollen nun noch viel sehen u dann unser Ränzlein paken. Jetzt meine liebe gute Marie nur noch die herzlichsten Grüße für Dich u alle lieben im Haus Hemkens. Grüße mir auch 1000 mal den lieben Mull. Adio meine feste liebe Marie Dein Fr. Preller. * Ernst Hemken (1834–1911), Maler und Schüler Prellers. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
226 Antwerpen, den 3. (?) August 1854. An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Nur einen herzlichen guten Morgen von mir. Von hier möchte ich gar nicht wieder fort, wenn ich Euch bei mir hätte. Es ist doch wirklich eine zu herrliche Stadt. Schon eine Stunde warte ich, daß das Haus aufgemacht wird, damit ich ein bischen spatzieren gehen kann, aber es geschieht nicht. Du kannst dir gewiß denken, daß mir es schwer wurde mich von der wundervollen See zu trennen, aber in Antwerpen findet man Ersatz dafür. Doch eben wird aufgemacht deshalb lebe wohl und besten Gruß von Deinem Friedrich. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
227 Eisenach, den 11. August 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Eisenach Freitag. d. 11. Grüß Gott mein Soestchen! So eben sind wir in Eisenach glüklich u wohl angekommen. Morgen Nachmittag 3 Uhr gehen wir von hier weg um Erfurt um 5 Uhr zu passiren. Vielleicht gehen Sie mit uns nach Weimar, ja ich hoffe es damit wir uns nicht nur im Fluge sehen. Ich bin von Herzen froh wieder in’s Haus zu kommen. Zuweilen kam ich mir als veritabler Stromer vor. Wir grüßen Sie u Clairchen aus vollem Herzen. Auf baldiges frohes Wiedersehen Ihr Fr. Preller. Privatbesitz Bayern.
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228 Weimar, den 17./18. August 1854, [Beide Briefe mit Poststempel vom 19. August]. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonabend. 4 Uhr Grüß Gott mein lieb Soestchen! Vor einer Stunde erhielt ich Ihren lieben u traurigen Brief, der uns alle in unserer Erwartung, daß Sie nehmlich morgen kommen würden, täuschte. Ich hatte mir so fest eingebildet den Sontag mit Ihnen zu sein, u mich getraut ein Lob über meinen Fleiß zu hören, und nun ist beides dahin. Was Sie von Dank gegen Marie faseln mein liebes Kind verstehen wir alle hier nicht. Fühlen Sie nicht daß wir alle uns Ihres jedesmaligen Hierseins freuen? Ich denke gewiß, u hoffe diesmal daß Sie Ls* Brief anders genommen als er gemeint ist. Gott gebe es, damit das etwa vorhandene gegenseitige Mißtrauen nicht neue Nahrung findet. Mündlich darüber mehr. Ich bin sehr fleißig seit 2 Tagen, denn gestern morgen erhielt ich erst den Rahmen, an meinem großen Carton u hätte zu gern gehabt daß mein Soestchen gerade in diesem Stadium die Arbeit gesehen hätte. Die Sache ist in großen Maßen angelegt u da ist eine Bemerkung am rechten Platze. Es soll nicht sein, u ich muß mich finden. L. ist diese Nacht 3 Uhr hier angekommen, doch habe ich sie erst einen Augenblick gesehen. Sie scheint vergnügt zu sein alles im Rücken zu haben. Die Fürstin hat mich mit der Büste der Prinzeß u Liszt’s Relief in hohem Grade erfreut. Beides hat noch ein Plätzchen im Studium gefunden, u ich freue mich oft des Tages der schönen Arbeiten. Mein Befinden ist im Augenblick der Art, daß ich wirklich hoffe einen erträglichen Winter zu durchleben. Ich gehe mit Lust an die Arbeit u denke, wenn die Composition so fort glükt daß alles gut gehen soll. Der Seesturm, den ich begonnen ist das größte Bild, welches ich bisjetzt in Oel gemalt. Ich bin in Wahrheit neugierig wie Ihnen die Sache zusagt, und möchte die 8 Tage die ich Sie nicht sehen soll, verwandelten sich in 8 Stunden. Wir wollen beide recht fleissig sein, denn so verstreicht die Zeit rascher u man ist freudiger gestimmt, wenn man sich wieder begegnet. Daß Sie nicht bei uns zu Mittag wird allen leid tun, Sie haben uns schon verwöhnt. Dafür müssen Sie uns so viel als möglich die übrige Zeit schenken. Ich freue mich herzlich der Besserung Ihres Papas, u danke für den Gruß von Mama. Wenn Sie schreiben bitte ich beide aufs herzlichste von mir zu grüßen. Ich denke durch das Sehen von Schreibers Mutter wird die Angelegenheit leichter bei zu legen sein. Grüßen Sie das liebe Clairchen von uns allen so wie Sie die herzlichsten u besten Grüße aller durch mich erhalten. Sein Sie heiter u schreiben einmal im Laufe der Woche. Adio mein gut lieb Soestchen. Nochmals tausend besondere Grüße von Ihrem wahren Fr. Preller. Sontag Morgens 7 ½. Uhr Den besten und freundlichsten Gutenmorgen meinem lieben Soestchen! Es ist die Zeit wo ich Sie am Sontag Morgen, nachdem Sie das rosige Bettchen verlassen, am Spiegel sehe, das Köpfchen wiegend und endlich den großen Entschluß fassend wie wir heut die goldenen Loken zu ordnen haben damit sie in feinster und leichtester Anmuth die holden blauen lieben Sterne würdig u reizend umschließen. Damit sind wir im reinen, 246
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aber was nun, damit auch das süße Hälschen seine wahre Geltung habe? Auch das ist leicht gefunden, denn wir wissen daß nur das wenigste Künstliche das rechte ist, u dann schließt sich das einfache Kleid an, Gottes herrliches Machwerk in seiner duftigen Pracht glänzen zu lassen. Fertig. Mit dem berühmten Hopser in rascher Wendung vom Spiegel nach dem Schrank u in zehn Minuten ist alles vorhanden was zur Fassung des schönen Schmukes dienen muß. Beneidetes Erfurt! — Doppelt beneidetes Doctor Haus in der Predigerstraße.** — Doch ich fühle mich auch beglükt, denn ich bin nicht allein, es durchweht ein Geist mein neues liebes Studium, der mir wohl bekommt, u naht er mir so wie jetzt, in hohem Grade beseligend ist. Das Höchste darf ich in Ruhe erwarten, möge mir diese nur immer werden. — Jetzt ist alles in Ordnung hier u langsam beginne ich meine großen Arbeiten vor zu bereiten. In einigen Tagen denke ich soll die Wand mir erlauben die ganze Zeit hier zu verbringen. Ich sitze im kleinen Zimmer u versetze mich zu Ihnen, da ich an Ihr Kommen heut nicht glauben darf. Liszt schikte mir gestern Noten u ein Brief für Sie. Was soll ich damit thun, Ihnen schiken oder erwarten daß Sie selbige holen? Schreiben Sie mir darüber ein Wort. Mit meinem Befinden ist es jetzt, seit gestern höchst erfreulich. Ich habe wieder geschlafen u fühle mich ganz so daß ich Schweres unternehmen könnte. Möge es so bleiben. — Der Tag verspricht heiter zu werden, möge Ihre Seele ihn eben so heiter begrüßen. Ach! Wüßte ich doch wie Sie ihn durchleben —. Ich bringe ihn ruhig hier zu u ordne noch mancherlei Kleinigkeiten, damit Sie bei Ihrem nächsten Hiersein nichts vermissen, was Ihnen im alten Studium lieb geworden. Jetzt mein theueres Herz nehmen Sie noch die besten Grüße für sich u Clairchen, sein Sie heiter u gehen mit Muth u Liebe an der Hand Ihrer Muse weiter. Adio FP. [ligiert] * Gemeint ist die mit der Familie Prellers eng verbundene Olinda Bouterweck, in der Korrespondenz auch mit O=Linde bezeichnet. ** Marie Soest wohnte während ihres Aufenthalts in Erfurt zunächst bei einem Dr. Schröll. Privatbesitz Bayern.
229 Weimar, den 23. August 1854, [Poststempel]. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Mein lieb gut Soestchen! Ich schreibe Ihnen diesmal in allergrößter Eile u würde es diesmal jedenfalls verschieben, hät ich Ihnen nicht sicher versprochen es zu thun. Mein Carton macht mir nehmlich so viel Schwierigkeit, daß ich schon ein Stük herausgeschnitten u einen Fetzen anderes Papier darauf geklebt habe. Ich denke jede Minute daß ich zu Stande komme, u doch will mirs nicht 247
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gehen. Das sind die furchtbaren Leiden jedes schaffenden Künstlers, die kennen zu lernen ich keinem Menschen wünsche, u vor allem mein liebes Kind bewahrt wissen möchte. In solchen Augenbliken kommt mir immer der Gedanke daß ich wenig Beruf für die Kunst habe. Ich sitze wie auf Kohlen, möchte mich zerreißen u komme doch meiner lebendigsten Empfindung nicht nach. Sein Sie mir nicht böse wenn ich heute so ganz ungenügend u hastig bin. Wir erwarten Sie jedenfalls Sontag, u wollen Sie nicht ins B–s* Haus, so wissen Sie eines, was Sie mit offenen Armen empfängt. Marie hat sich gegen L. ausgesprochen u ihr gesagt wie unangenehm es ihr sei daß sich andere der Art um sie kümmerten, wie es diesmal Frl. S. gethan, wenn auch in guter Absicht. Marie hat sich auch Ihnen ausgesprochen u so ist zwischen uns alles wie es sein muß. Ach, könnte ich doch einen Augenblick zu Ihnen, ich möchte Ihnen so viel sagen u das Brief schreiben will mir heut gar nicht gehen. Wie mag es doch bei Ihnen stehen? Mir ist als müßte morgen schon wieder Sontag sein u ich Sie bei uns sehen. Für Clairchen habe ich einige taugliche Zeichnungen, ich möchte sie aber selbst sprechen oder Ihnen wenigstens mancherlei sagen, deshalb schike ich sie nicht. Ich denke die paar Tage werden ihr nicht schaden zu feiern. Eine Besprechung über die Sache ist für sie von Wichtigkeit. Also bis Sontag lasse ich sie liegen u Sie holen die Sache selbst. Grüßen Sie das liebe Kind. Sein Sie mir ja nicht böse meine liebe gute Marie, ich denke der nächste Brief wird Ihnen lieber sein als der heutige, aber ich bin in einer Stimmung, in der ich mich zerreißen möchte. Adio mein herziges Kind, auf baldiges Wiedersehen. Sind Sie fleißig? Den herzlichsten Gruß für mein Soestchen von Ihrem Fr Pr. [ligiert]. * Olinda Bouterweck, gelegentlich Linda genannt. Privatbesitz Bayern.
230 Weimar, den 1. September 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Freitag. Morg. 7 Uhr. Guten Morgen Lieb Soestchen! Sie werden denken wir alle sind gestorben, da Sie von niemand ein Wort vernehmen. Dem ist um zwar nicht ganz so, aber ich armer Teufel leide wieder so an den heftigsten Gesichts Schmerzen, daß ich die Nächte gar erbärmlich zubringe, wenn mir auch die Tage so vergehen daß ich es aushalten kann. Gestern jedoch war auch der Tag so, daß ich kaum begreife wie ich nur noch einen Gedanken habe. Ich erwarte mit einiger Angst den Verlauf des heutigen Tages, da mir die ganze rechte Seite des Kopfes in der Empfindung wie unterscha[?] ist. Wann das endigen wird, mag Gott wissen, ich halte eben aus, so lange es irgend gehen will. Im Studium ist jetzt eine Versammlung von allerlei Personen, da Dondorf sein 248
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Plätzchen darin aufgeschlagen hat. Er modellirt Marien en relief, die Prinzeß u den Sohn Liszt’s, der vor einigen Tagen hier angelangt ist u auf die Altenburg einiges Leben mehr zu bringen scheint. Er ist ein hübscher Kopf im äußern an seinen Vater erinnernd. Göthes Geburtstag d. 28. Aug. haben wir oben gefeiert, jedoch war außer den Damen des Hauses, keine des schönen u liebenswürdigen Geschlechts zugegen. Hofmann v. Fallersl. las einen sehr passenden Text u die Gesellschaft war sehr angeregt. Ich habe viel Gelegenheit gehabt Ihrer zu denken. Ich kam erst 11 ½ Uhr zuhaus. Seitdem befinde ich mich aber in üblem Zustande. Trotzdem ist schon vorgestern mein Carton beendigt, aber noch nichts neues begonnen. Ich denke jede Stunde daß sich mein Befinden bessert u dann soll es an etwas neues gehen. Gestern brachte mir die Prinzeß endlich den Brief von Liszt mit den Ihrigen, der an L. zurükkam, nachdem ihn die Post erbrochen. Ich danke Ihnen für die lieben Zeilen wenn sie auch spät kommen. Wie mag es Ihnen wohl gehen? Ich denke immer Sie vergessen mit der Zeit alles hier u kommen dann des Jahrs einmal. Sein Sie nicht böse liebes Kind, ich plage zuweilen gern, wenn ich nichts besseres habe. Noch weiß ich nicht wie ich den gemessenen Ernst bei Ihren letzten Hiersein deuten soll. Sind Sie noch so? Wann werde ich wohl die Freude haben u wir alle, Sie wieder zu sehen? Kommen Sie den Sontag nicht, so hoffe ich auf ein paar liebe Zeichen im Lauf der Woche, die ich dann allen mittheile. Jetzt mein lieb Soestchen leben Sie wohl, grüßen Sie Clairchen herzlichst. Heute ist Friedrichs Geburtstag er ist vergnügt u schon fleißig. Adio mein lieb Kind. Ihr Fr. Preller. Privatbesitz. Bayern.
231 Weimar, den 7. September 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Donnerstag Morg 7 Uhr Mein liebes Soestchen! Es ist mir ein Gefühl als hätt ich Sie so unendlich lange nicht gesehen u als wären Sie so fern daß meine Gedanken Sie gar nicht mehr erreichen könnten. Woran liegt das? Ist es Ihr seltenes Hiersein, Ihr seltenes Schreiben oder sind Sie überhaupt auch mit Ihrem Gefühl seltener da, wo Sie sich früher wohl u heimisch fühlten? Sei es was es wolle, ich sehne mich recht Sie einmal wieder zu sehen Ihre liebe Stimme in meinen Räumen zu hören u zu fühlen daß Sie die Menschen noch lieb haben, die mit allen Kräften Ihnen ergeben sind. Wie gern hätt ich Ihnen schon früher geschrieben, Ich bin trotz dem übelsten Befinden aber sehr fleißig gewesen u hätte Ihnen wahrscheinlich in trüber Stimmung geschrieben. Unausgesetzt habe ich Tag u Nacht an den heftigsten Schmerzen gelitten u erst seit gestern geht mirs etwas besser, nach dem ich das Zahnfleisch mit harter Bürste blutig gerieben u eine 249
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Quantität solch flüssigen Scharlachs andern Aufenthalt angewiesen. Möge es so anhalten damit ich Ihnen zum Sontag, an dem ich Sie sicher zu sehen denke, nicht ein trauriges Gesicht entgegen tragen muß. Sie finden die Ausstellung u zwar nicht uninteressant, obgleich Sie die meisten Dinge schon kennen, für Clairchen jedoch dürfte die Erscheinung eine neue sein, u sie findet in ihrem Fache einiges von wirklich künstlerischen Werth. Ich meine damit 2 Zeichnungen von Fr. Schetz. Dieses Mädchen hat wirklichen Beruf zur Blumenmalerin, u wäre sie 20 Jahre jünger als sie ist, bin ich überzeugt daß sie einen ersten Platz einnehmen würde. Dondorf hat ein frapantes Portrait von Marien en relief gemacht, so auch die Prinzeß u den Sohn von Liszt, der gegenwärtig hier ist. Meine Wenigkeit ist nicht faul gewesen u Sie werden zwei Kartons sehen, die Ihnen hoffentlich nicht mißfallen. Den letzten danzte [sic] ich heute an um ihn noch zur Ausstellung zu bringen. Wär das Wetter heut schön gewesen, würde ich mit Dondorf nach Eisenach gegangen sein u morgen ein paar Stunden bei Ihnen zugebracht haben. So durft ichs nicht wagen. Desto mehr freue ich mich auf das sontägige Miteinander. Ach! kommen Sie nicht zu spät liebe Marie, die Zeit flieht so unendlich schnell, u Sie kommen jetzt so selten. An die liebe Schrek* habe ich bis jetzt noch nicht geschrieben. Sie begreifen wohl daß es schwer, wenn man selbst so sehr unwohl. Wie mag es ihr wohl gehen. Ich hoffe noch immer daß sich für Sie alles gut macht. Verzagen Sie nicht, es hat ja sich so viel zu Ihrem Glük gut arangirt. Jetzt mein liebes Kind noch den allerherzlichsten Gruß für Clairchen, für Sie tausend u einen. Adio meine liebe Marie Antwort erwarte ich persönlich Ihr Fr. Pr. [Randbemerkung:] Beiliegenden Brief lassen Sie wohl an Schrekchen kommen? – Adio. * Franziska Schreck, Opernsängerin. Privatbesitz Bayern.
232 Weimar, den 7. September 1854. An Unbekannt* Weimar d. 7 Septb. 1854. Verehrte Freundin! Nicht ohne Vorwürfe setze ich mich wieder Ihnen einige Zeilen zu schreiben, suche auch nicht noch Entschuldigungen für meine scheinbare Saumseligkeit, aber muß Ihnen doch sagen, daß ich seit meiner Rükkehr unendlich an Gesichtsschmerzen gelitten und hoffe so wenigstens nicht als kalt oder unempfindlich vor Ihnen zu erscheinen. Daß wir alle den Todesfall Ihrer geliebten Schwester betrauern u. den innigsten Antheil an Ihrem Schmerz nehmen; brauche ich Ihnen gewiß nicht zu versichern. Ich versuche es nicht Ihnen die gewöhnlichen Worte des Trostes zu sagen, ich selbst habe mehrfach erfahren daß sie doch eigentlichst ohne eine Wirkung bleiben, nur die Zeit allein mindert unsern Schmerz und 250
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um so mehr wenn wir überzeugt sein können daß es Menschen giebt die wirklich Theil an unserm Gefühl nehmen. Sie haben derer vielleicht mehr als Sie glauben und ich glaube Ihre neusten Freunde sind nicht Ihre fernsten. Möge Ihnen Gott Kraft u Gesundheit schenken das Ihnen nun bevorstehende durch zu kämpfen, damit wir früher oder später doch die Freude haben Sie im Ganzen unverändert wieder zu sehen. In Erfurt bin ich seit meiner Rükkehr noch nicht gewesen, ja ich habe das Zimmer nicht oft verlassen können, weiß aber, daß es Maria Soest mit ihrem Schwesterchen leidlich gut geht u hoffe daß wir sie Sonntag einmal wieder hier sehen. Wir werden Ihrer an diesem Tage viel gedenken. Uns allen ist es oft im Gefühl als wären Sie Jahre von uns getrennt u jedes sehnt sich Sie möglichst bald wieder zu sehen. Da es aus meiner projektirten Tur nach Dresden wahrscheinlich nichts wird, bleibt meine Hoffnung nur auf Erfurt oder Weimar gestellt. Die meinigen alle, die sich wohl befinden, grüßen Sie aufs herzlichste und wünschen mit mir Sie bald und wohl wieder zu sehen. In wahrster Verehrung Ihnen ganz ergeben Fr. Preller. * Wohl an Franziska Schreck, Opernsängerin. Düsseldorf, Goethe-Museum, Handschriften, Signatur: KK 4466.
233 Weimar, den 20. September 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Mitwoch Morg. 7 Uhr Ehe ich zur Arbeit gehe muß ich meinem lieben Soestchen einen herzlichen Gruß bringen. Gestern hat Herr Friedrich geschrieben (weil ich abgehalten wurde) u gesagt daß L. auf seinem großen Instrument spielen würde. Ich hatte wenig Hoffnung daß die Botschaft zeitig genug an Sie u Sie hieher kommen würden, gab jedoch Belvedere auf u ging zum Bahnhof um für alle Fälle der erste zu sein der Sie begrüßen könnte. Umsonst. Traurig ging ich zurük u obgleich die Gesellschaft frisch u animirt genug war, fehlte mir doch gerade die Quintessenz. Ich kann schwer etwas Schönes so ohne Sie rein genießen. Mir ist immer als müßten wir gegenseitig unsre künstlerischen Gedanken u Gefühle erst ausgesprochen haben um sie besser nochmals zu durchleben. Gestern hatte ich niemand, Sie waren nicht zugegen u mit wem soll ich sonst so fühlen? Mir hat in summa das gefehlt, was mir den Abend für lange in der Erinnerung gehalten hatte. Liszt hat weniges sehr schön gespielt u das Instrument scheint mir dann wahrhaft ergreifend, sobald die Wahl der Musik die rechte ist. Leichte Musik erinnert mich oft an die Drehorgel, kirchliche oder sonst tiefe ernste geht mir bis ins innerste Mark. Liszt ist wohl nur der einzige der das Instrument mit Glük beherschen kann, denn mir scheint es sei eine große Besonnenheit u Uebersicht nöthig um nicht aus den Conzept zu fallen. Beethovens Trauermarsch hat mich in einer Weise gepakt die ich nicht beschreiben 251
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kann. Dagegen der Elfentanz v. Berlioz durchaus kalt gelassen. Zuletzt hat er die Ouverture zum Lohengrin gespielt, u da sind Dinge darin die nur mit diesem Instrument so vollkommen gegeben werden können. Ach! wären Sie doch dabei gewesen, ich hätte sogar mit Ihnen alles nochmals durchgenommen. Mir war oft als müßten Sie noch um 9 Uhr zur Thür herein treten. Um 11 Uhr gingen wir zuhaus. Die Gesellschaft war heiter u gewiß ich der einzig hinlänglich befriedigte. — Die Prinzeß war blendend schön, eben so liebenswürdig u schien von allen bewundert zu werden. Die Fürstin untadelig als Wirthin heiter u jedem verbindlich. Im ganzen waren jedoch mehr Herren als Damen, eigentlich ein seltener Fall. Die beiden Jungens u Marie waren wieder mit eingeladen u erstere haben an dem jungen Liszt einen herzigen Cameraden. Der Bengel ist eben auch zum fressen liebenswürdig. Eine wahre Zärtlichkeit hat er für Miss Andersen.* Er sagt offen; Sie hat mich so lieb u darum liebe ich sie auch. M. A. war gestern auffallend schön so daß ich sie bat mir einmal zu sitzen, was sie mir zu sagte. Noch war eine frühere Schülerin v. L. da, jetzt verheiratet u von allen für schön angesehen. Ich war der einzige der es durchaus nicht finden wollte u konnte. Doch genug davon. Mit meinem Wohlsein geht es leidlich. Neulich hat ich noch ein kleines Unglük. Mit einem Stükchen Brod war mir eine Wespe in den Mund gerathen u hatte mir 5 Stiche bei gebracht. [Seite fehlt]. * Wohl die berühmte, mit Hans Christian Andersen (1805–1875) verheiratete Opernsängerin Jenny Lind (1820–1887). Privatbesitz Bayern.
234 Weimar, den 26. September 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Dienstag d. 26 Septbr. Mein lieb Soestchen! So eben verläßt mich Frorip* der täglich wieder zu mir kommt weil ich unausgesetzt an heftigen Zahn u Gesichtsschmerzen leide. Sein letzter Rath war: gehen Sie nach Gotha u lassen Sie Heinzmann Ihre Zähne untersuchen, es ist möglich daß irgend eine Ursach an dem Zahnfleisch oder Wurzeln liegt, wovon ich keine Kenntnis habe. Ich habe also beschlossen Morgen Mitwoch, mit dem 9 Uhrzug von hier abzureisen. Wollen Sie ähnlichen Ursachen wegen mit, so erwarten Sie mich auf dem Bahnhof, ich werde dann wohl ohngefähr halb zehn in Erfurt sein. Ob Linda mitwill weiß ich nicht, ich habe sie noch nicht darauf gesprochen. Unsre Jungens sind auf dem Thüringer Wald u werden Morgen zurük kommen. Alle die meinigen grüßen 1000 mal mit Ihrem Fr. Preller. * Robert Froriep (1804–1861), Anatom und Pathologe; seit 1846 Direktor des Landes-Industrie-Comtoirs. Privatbesitz Bayern.
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235 Weimar, den 6. Oktober 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Mein lieb Soestchen! Ich schreibe Ihnen blos um Wort zu halten, denn das wüthentste Zahnweh bringt mich bald um. Ich weiß in Wahrheit nicht mehr wie ich die anhaltenden Schmerzen ertragen soll. Vergangene Nacht habe ich ganz durchwacht, u erst seit einer Stunde sind die Schmerzen etwas linder, so daß ich Ihnen wenigstens sagen kann daß ich noch lebe und Ihrer mit ganzen Herzen gedenke. Genug davon. Gestern Morgen halb 6 Uhr ist mein Freund mit [?] abgereist. An diesem Besuch werde ich mich noch lange erquiken. Mir war oft zu Sinne als umschwebe mich der Geist des seeligen großen Meister Koch. Ihm habe ich so unendlich viel zu danken. Er war es, der das in mir schlafende Talent zum Erwachen u Bewußtsein brachte, ihm verdanke ich so viel selbst in äußerer Erscheinung meiner Gedanken. Möchte es uns doch gelingen seinen Nachlass hier für immer zu behalten. Ich werde nicht ruhen u alles daran setzen was ich vermag um ihm wenigstens nach seinem Tode eine würdige Anerkennung zu verschaffen. Mein Studium ist nun so gut als es möglich war eingerichtet, u ich freue mich darin fleissig sein zu können. Noch ist es nicht ganz troken, u ich werde mich noch einige Tage in dem kleinen Zimmerchen begnügen müssen. Ich denke Sie werden sich freuen das trauliche Lokal begrüßen zu können. Morgen früh erhalten Sie Mariens Portrait, der Gießer hat die meinen heute gebracht u versprochen das Ihrige abzuliefern. Ich habe mich von neuem an der schönen Arbeit gefreut. Der Abend im Theater ist mir noch in frischer Erinnerung u Becks schlechter Gesang hat mich diesmal nicht unglüklich gemacht. Hier ist alles empört u man glaubt daß er den Tannhäuser nie wieder singen darf. Aber wann hören wir denn eine Wagnersche Oper? Das milde Ehepaar hat waker das seine gethan, u damit bin [ich] zufrieden gewesen.* Mehr leid als Beck’s Gesang ist mir nur eine andere verlorne halbe Stunde, da die Zeit sich nicht wieder ersetzen läßt. Meine Reizbarkeit in jetziger Zeit ist an vielem Schuld. Möge es Ihnen wohl gehen mein liebes Kind. Mich treibt der unsägliche Schmerz zu schließen. Grüßen Sie Clairchen. Adio liebes Herz Fr. * Die Besucher der Weimarer Aufführung des Tannhäuser am 3. Oktober 1854 erlebten den Opernsänger Paul Beck (1814–1879) als Tannhäuser sowie das Ehepaar Hans Feodor (1821–1899) und Rosalie Agthe (1827–1906) von Milde als Wolfram von Eschenbach beziehungsweise Elisabeth. Privatbesitz Bayern.
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236 Weimar, den 13. Oktober 1854. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Grüß Gott mein lieb Soestchen! Ich schreibe Ihnen nur ein paar flüchtige Worte, damit Sie sehen daß es mir leidlich ergeht. Seit einigen Tagen kehren die Schmerzen nur momentan zurük u ich denke es wird sich allgemach austoben. Für Ihren lieben Brief meinen herzlichsten Dank! Je seltener die lieben Briefe um so werthvoller wollen sie mir erscheinen. Dank sei dem Himmel daß Sie doch zeitweise recht heitere Stunden in Erfurt verbringen. Mir ist als hät ich Sie in 3 Monaten nicht gesehen. Ist es wahr daß Sie Sontag über 8 Tage erst wiederkommen? Künftigen Sontag ist der fliegende Holländer u ich weiß nicht warum, aber mir ist immer als käm meine liebe Marie. Wir haben die Oper schon einmal mit einander gehört u zwar in der Loge. Erinnern Sie sich noch der alten Dame die so quatrirt vor uns saß daß wir zuweilen nichts als den Kronleuchter sahen? Auch die beste Oper bietet Sonnen in denen man lieber andere Gegenstände sieht. Am Hören werden wir ja durch nichts gestört. Warum gehen einem solche Momente nie mehr aus dem Sinn. Nach Erfurt werde ich jetzt schwerlich kommen, da ich mich sehr hüten muß. Ihre Sache an Liszt ist bestellt. Gesprochen habe ich ihn nicht. Im Jägerhause haben wir Schuchardt sehr gefährlich krank, sehr wahrscheinlich am Nervenfieber. Möge ihn Gott erhalten. Das Unglük bei seinem Tode wär unübersehbar für die Familie. Wir vermeiden ein Zusammenkommen, da der Arzt davor gewarnt. Mein Studium ist nun vollkommen eingerichtet u ich habe begonnen zu arbeiten. Ich weiß daß sich meine liebe kleine Marie recht herzlich freuen wird das neue Arangement zu sehen. Möchte sie es recht bald sehen können. Vielleicht kommt der Brief morgen früh zur selben Stunde in der ich den vorigen schrieb. Ich bin gerade um diese Zeit jetzt so oft geistig mit u bei Ihnen. Mir gehen dann tausend der schönsten Gedanken durch den Kopf. Still davon ich verliere mich zu weit. Jetzt adio mein liebes Kind. Die herzlichsten Grüße Ihnen u Clairchen von Ihrem Fr. Privatbesitz.
237 Weimar, den 7. Dezember 1854. An Albert Emil Kirchner (1813–1885), Maler. Weimar d 7. Decbr 1854. Mein lieber alter Freund! Vorerst meine herzlichsten Grüße und dann die einfache Anfrage: Könnten Sie nicht einige landschaftliche Zeichnungen von sich in Blei oder Aquarell hierher schiken? Es ist ein 254
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Liebhaber hier der gern für das bevorstehende Weihnachten einiges haben möchte. Es wäre wünschenswerth auch noch von einigen andern tüchtigen Künstlern etwas zu haben. Ich lege es daher Ihnen ans Herz einiges Gute von tüchtigen Leuten bei zu packen u baldigst zu senden. Können Sie von Historienmalern auch etwas bekommen ist es willkommen. Die Adresse unter der Sie die Sachen schiken ist: Ihre Durchlaucht Fürstin Wittgenstein in Weimar. Grüßen Sie mir den Genelli vielmals aufs herzlichste u schiken Sie so bald als möglich. Ihr Fr. Preller. N. S. Können Sie nichts von Morgenstern schiken? Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 11697.
238 Weimar, den 11. Dezember 1854. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar den 11. Dec. 1854 Mein lieber Freund! Wenn Sie meine Neigung und Freundschaft zu Ihnen nach der Schnelligkeit meiner Antwort auf Ihre lieben Briefe messen, kommen wir beide schlecht weg; deshalb unterlassen Sie das jetzt und alle Zukunft und üben Sie einige Nachsicht mit mir und meinem Schreiben. Zu meiner Entschuldigung weiss ich nur zu sagen, dass ich fleissig gewesen, und die Abende ungern etwas vornehme meiner Augen wegen. Genug davon. Nur fürs Erste meinen besten Dank für die zwei Reliefs, die ihren Platz in meiner Sammlung einnehmen sollen, für welche Sie wacker beigetragen haben. Diese Arbeit betreffend soll ich Ihnen von der Fürstin sagen, dass alles gut angekommen und sie grosse Freude daran habe. Sie möchten ihr noch 4 Stück von der Prinzess giessen lassen, jedoch ganz weiss und ihr dieselben gelegentlich, aber doch nicht zu spät zukommen lassen. Auch vom Liszt Relief von Rietschel wünscht Geheimrat Froriep* einen guten Abguss, um ihn zu Weihnachten bescheren zu können. – Das schöne Portrait meiner Frau von Ihnen ist in Erfurt leidlich geformt, und Sie erhalten bei Ihrer Weihnachtssendung vom Hause einen Abguss mit. Noch freue ich mich jeden Tag aufs Neue an der Sache und denke Ihrer dabei stets mit Liebe und Dankbarkeit. Auf Ihre Skizze der heiligen Elisabeth bin ich so neugierig wie ein Kind 5 Minuten vor der Weihnachtsbescherung. Dass Sie damit immer noch nicht zufrieden sind, ist mir das beste Zeichen Ihres Strebens. Möge der Himmel ein Wohlgefallen an Ihren eigenen Produktionen noch lange, lange verhüten, denn damit ist ein Stilstehen aufs engste verwandt. Mit dem Entschluss Künstler werden zu wollen, verschreiben wir uns zugleich dem Teufel d. h. der nie endenden Plage, vorausgesetzt, dass wir’s ernst mit der Sache meinen, und von Ihnen bin ich das überzeugt so gut als von mir selbst. Die Künstlerleiden sind ausser uns selbst niemand bekannt, denn das vollendete Kunstwerk schweigt davon noch besser als der Künstler selbst. Aber dafür kennt auch niemand die Seligkeiten 255
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des Künstlers. Anstrengung und Lohn der Arbeit wiegen sich echt auf und ich wenigstens will beides mit nichts vertauschen. Wir sind einmal zum Kampf geboren, und auf dem Felde der Kunst kommt doch noch oft etwas heraus. — * Robert Froriep (1804–1861), Anatom und Pathologe; seit 1846 Direktor des Landes-Industrie-Comtoirs. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 28–29. Klassik Stiftung Weimar, GSA. 96/5340,4.
239 Weimar, den 28. Dezember 1854. An Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872), Maler. Hochverehrter Herr und Meister Schnorr! In der Hoffnung daß diese Zeilen eines Ihnen nur den Namen nach bekannten Mannes nicht als Zudringlichkeit erscheinen, könnten sie vielleicht selbst dazu dienen mir die Freude zu verschaffen den Mann endlich zu sehen, dessen Werke mich seit meiner Jugend unausgesetzt beglükt und erhoben. Was und wie ich es auch versucht mich Ihnen zu nähern, in München, Leipzig und Dresden, das Schiksal hat es jedesmal zu verhindern gewußt. Ein mir in Aussicht stehender Besuch Dresdens giebt mir wieder neue Hoffnung. Durch meinen alten Freund Secretair Schuchardt wurde mir schon vor längerer Zeit einmal die frohe Botschaft, Sie verehrter Meister wären nicht abgeneigt etwas von Ihrer Hand gegen eine Zeichnung von mir ein zu tauschen und mein früherer Schüler Hemken aus Jever, der uns jetzt die Freude seines Besuchs gemacht, bestärkt mich in dieser schönen Aussicht. Ich überwinde meine Zaghaftigkeit in dieser Minute und gestehe Ihnen gern, obgleich ich eine kleine landschaftliche Zeichnung aus früherer Zeit besitze, daß mich einige ausdruksvolle Striche späterer Jahre unendlich beglücken würden. Gern biete ich dagegen, was ich vermag, und würde es längst gethan haben, hätte mein innerstes Gefühl nicht stets diesen Gedanken als einen vermessenen wieder zurük gedrängt. Nichts ist mir im Leben am Künstler mehr zuwieder gewesen als Unbescheidenheit, und von Ihnen mich im Besitz dieser häßlichen Eigenschaft zu wissen, würde mich in Wahrheit sehr unglüklich machen. Möchten Sie daher meinen Vorschlag als den Ausdruk eines mich hoch beglückenden Wunsches ansehen, und mir verzeihen wenn ich den Muth hatte ihn unumwunden auszusprechen. In der freudigen Hoffnung den Mann baldigst zu sehen, den ich als ächten Künstler so lange verehrt, zeichne ich mich mit ganzer Ergebenheit Friedrich Preller. im Jägerhause Weimar am 28 Decbr 1854. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.n,Inv.15,Bd.30,Bl.138–139.
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240 Weimar, um 1855. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
Abb. 27 und 28
Guten Morgen lieb Soestchen! Ich danke in aller Eile für die lieben Zeilen, die ich beim Eintrit Schrekchens* erhielt, welche die Jungens von der Eisenbahn geholt hatten. Was sie im Theater gehört u gesehen, wird sie Ihnen selbst erzählen. Jetzt benutze ich nur die Gelegenheit Ihnen einiges über den Homer beizufügen. Sie erhalten Ilias u Odyssee in einem Band, ich vermuthe aber daß die Balgereien der Ilias Sie ein wenig langweilen, obgleich die Welt nichts prachtvolleres der Art besitzt. Sie können auch ohne die Ilias ohne weiteres mit der Odyssee beginnen. Sie ist mannigfaltiger u höchst reizend in dem Wechsel der Scenerie. Ich mache Sie dabei auf die Folgenreihe meiner Bilder in Leipzig aufmerksam, die für Sie ja immer von Interesse sind, da sie eine Periode meines Lebens in geistiger Hinsicht scharf bezeichnet. Das erste Bild stellt die Höhle des Polyphem vor. Er selbst sitzt durch den Ulysses geblendet, in schmerzlicher Bewegung vor dem Eingang derselben mit ausgebreiteten Armen, damit ihm keiner der Gefährten entwische. Ulysses aber mit den seinigen hat die Höhle schon verlassen, indem sie sich unter den Bauch der Widder gebunden, die sie nun mit hinweg treiben. Das zweite ist: Eine wilde Landschaft auf der Insel der Circe. Ulysses geht auf Kundschaft aus, er erlegt einen Hirsch u kehrt zu den seinigen zurük. Das Bild ist im Sturm gedacht und eines der gelungensten. No 3. Ulysses allein erreicht des Palast der Circe. Ihn umgeben unglükliche in Thiere verwandelte Menschen. Der Mercur trit ihn warnend in den Weg, und da er sich nicht abhalten lässt die Circe aufzusuchen, beschenkt er ihn mit der Pflanze gegen die Zaubereien der Circe. No. 4 Ulysses sitzt ruhend am Meeresufer. Er ist mit dem Schiffbau beschäftigt, um der Calypso zu entfliehen, deren Liebe ihn schon zu lange gehalten. Sie selbst, da seine Flucht Götterbeschluß ist, lehrt ihn das Schiff bauen. No 5. Hauptbild: Die Tochter des Alkinoos Nausikaa geht mit ihren Mädchen u Dienerinnen zur Wäsche. Nach gethaner Arbeit spielen sie Ball u erweken durch ihr Gekreisch den im Wald schlummernden Helden. Er tritt ganz nakt unter sie. Alle fliehen, nur Nausikaa stellt ihn zur Rede u entführt ihn endlich zu dem König, ihrem Vater. große reizende Landschaft. No 6. Einsame Küstengegend ganz früh. Die Phäaken haben den Ul. schlafend in einer Höhle seiner Insel Ithaka mit Geschenken aller Art niedergelegt. No 7. Ul. sitzt beim Sauhirten Eumeos von diesem bewirthet, aber unerkannt. Sein Sohn Telemachos trit ein. Eumeos fliegt ihm entgegen u bewillkommet ihn in der Freude seines Herzens, da er ihn schon verloren gegeben. (große felsige Landschaft, in der Ferne das Meer, im Vorgrund alles Zubehör eines Sauhirten) Eins der besten Bilder. Gern möchte ich Sie sehen einmal dieses Werk, es ist die erste u bezeichnenste Arbeit nach meiner italienischen Reise, u gab mir in Deutschland zuerst einen Platz unter seinen Künstlern. Ich selbst habe mich später dieser Arbeit mehrmals gefreut, was bei nicht vielen Sachen von mir der Fall ist. 257
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27. Friedrich Preller d. Ä. und d. J.: Odysseus empfängt von Hermes das Moly, Feder und Pinsel in Braun, 1855.
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28. Friedrich Preller d. Ä. und d. J.: Der schlafende Odysseus, Feder und Pinsel in Braun, 1855.
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Ich freue mich von ganzem Herzen, daß Sie das herrliche Gedicht vornehmen. Sie werden damit einen Blick in die schöne griegische Zeit thun, u es dann wieder u wieder hervorsuchen. — Mit meinem Befinden geht es heute besser. Ich bin sehr froh daß Ihnen das hässliche Wetter nichts hinterlassen hat. Die Erinnerung an Eisenach ist noch das lebendigste in mir. Zur Arbeit bin ich noch nicht gekommen, aber darf nun nicht lange mehr aussetzen. Ich beneide Schrekchen, die Ihnen in wenigen Stunden schon wieder in die blauen Sternchen sehen darf. Leben Sie wohl u heiter mein gutes Soestchen. Ich hoffe Sie bald wieder zu sehen. Schreiben Sie zuhaus, so vergessen Sie meine herzlichsten Grüße nicht. Alle die meinen grüßen Sie herzlichst mit Ihrem Sie verehrenden Fr. Preller. * Franziska Schreck, Opernsängerin. Privatbesitz Bayern.
241 Weimar, um 1855. An Ernst Hemken (1834–1911) Maler, Schüler von Preller. […] Ich weiß in jetzigen Falle nichts zu raten als: erhalte Dir die Liebe und Bescheidenheit in der Kunst, betrachte jede Aufgabe als eine Gelegenheit, etwas dabei zu lernen. […] Ich habe es stets getan und bin dabei nie ganz unglücklich gewesen. Vor allem, mein lieber Ernst, schrecke vor keiner Schwierigkeit zurück, sondern sieh ihr ruhig ins Auge und gehe ihr mit Ausdauer zu Leibe. Nur auf diese Weise wirst Du als Sieger der Sache gegenüberstehen, sei es früher oder später. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 72.
242 Weimar, um 1854 (?) An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Frau Fürstin! Fast scheint mir’s eine Ewigkeit seit ich zuletzt die Freude hatte Ihro Durchlaucht meine Aufwartung zu machen. Seitdem habe ich fast unausgesetzt an Kopfweh und heftigen Zahnschmerzen gelitten und wurde immer verhindert Ihnen meinen Dank und die genellische Zeichnung zu bringen die mich in hohem Grade interessirt. Ich bitte um Ihre Verzeihung. Die Geier für Prinzeß Marie sind vollendet und wäre das Wetter besser, könnte ich sie mitschiken.* 260
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Erlaubt es mein Unwohlsein, soll mir nichts die Freude rauben vielleicht schon morgen Ihrer Durchlaucht meinen Besuch zu machen. Meine Frau empfiehlt sich mit mir, Ihrer Durchlaucht unterthänigen Friedrich Preller. * Es handelt sich dabei wohl um die auf das Jahr 1854 datierte Hochgebirgslandschaft mit Geiern; Wasserfarben über Bleistift auf Papier; 32,2 × 24,9 cm; heute im Besitz der Hamburger Kunsthalle. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
243 Weimar, den 14. Januar 1855. An Ernst Hemken (1834–1911) Maler, Schüler von Preller. Sontag Morgen. Mein lieber Ernst! Heute sind es 8 Tage seit Du uns verlassen. Gestern erhielt ich von Director Schnorr einen wahrhaft liebenswürdigen Brief, der mich sehr beglückt. Solltest Du in nächster Zeit ihn sehen, so empfiehl mich u. sage ihm daß ich unendlich Freude über seinen Brief gehabt. Meine Reise nach Dresden wird wohl noch vor Ende Mai nicht unternommen, da ich Verlinde erwarten muß. Schnorr fürchtet, daß die mir zugedachte Zeichnung nicht ins Album einer Dame passe, da sie nicht ausgeführt. Du kannst ihm sagen daß meiner Frau Album nur künstlerische Sachen enthalte, meist leichte Zeichnungen, Skizzen u.s.f. jedoch bereits sehr schöne Sachen in sich schließe. Schnorr mag mir schiken was er denkt, von ihm ist nichts ohne Bedeutung, u es kommt in die beste Gesellschaft. Du weißt ja welche tüchtigen Leute es bereits zählt u wie hoch ich jeden Strich solcher Leute halte. Ich werde mich bei der ersten Pause an die Arbeit für ihn machen u will hoffen daß sie mir keine Schande macht Dein treuster Fr. Preller. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.n,Inv.15,Bd.30,Bl.140.
244 Weimar, den 15. Februar 1855. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin Wittgenstein habe ich an Zeichnungen gefertigt: eine Zeichnung in Sepia (Waldgegend) 261
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eine Zeichnung in Sepia (Copie nach Wislicenus) eine große Zeichnung in Kohle (Composition im Charakter des Tiroler Hochgebirgs) eine große Zeichnung in Aquarell (Seesturm) und dafür die Summe von 29 Louisd’or erhalten, worüber ich hiemit dankend bescheinige unterthänigst Friedrich Preller Weimar d. 15 Februar 1855. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
245 Weimar, den 9. März 1855. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar am 9. März 1855 Mein lieber Freund! — Zuerst nun zu Ihrer eingeschickten Arbeit. Die Gruppe der Elisabeth mit den Kindern hat mich in Wahrheit überrascht. Ich finde die Sache in dem, dem Gegenstande angemessenen richtigen Gefühle gedacht, glücklich genug gruppiert, bin jedoch Ihrer Ansicht bezüglich der Handauflegung, da es dem Ganzen passlicher und nebenbei schöner in der Linie werden kann. Das Aufblicken der Figur ist schwer zu umgehen, da es wohl das einzig rechte ist, jedoch habe ich Angst, dass sich das Köpfchen – da ich mir die Figur für den dortigen Raum nicht sehr gross denken kann – gar zu sehr verkürzt wirkt und dadurch notwendig an Schönheit verlieren muss. Das Motiv des Gewandes scheint mir glücklich und die Kinder der Sache entsprechend. Also nun frisch ans Werk! – Das die Sache dem Grossherzog gefallen, scheint mir daraus hervorzugehen, dass er das Modell seiner Mutter geschenkt haben soll. Recht schön, aber zuerst soll er nur eilen, Ihnen die Sache wieder zukommen zu lassen, damit Sie arbeiten können. Der Becher ist zweimal in Bronze ausgeführt worden. Auch schön, aber nicht ganz in der Ordnung, da er zuerst das Modell aquirieren musste. Ich rate Ihnen daher, wenn S. Kgl. Hoheit sich noch nicht generös gezeigt, ganz einfach eine Rechnung zu machen und selbige an den Rat Vent einzusetzen. Unter 30–40 Rtla. jedoch nicht, denn Verbindlichkeiten haben Sie nicht zu beobachten. So auch rate ich Ihnen, an die Fürstin Wittgenstein (Relief der Tochter, spät. Prinzessin Marie von Hohenlohe) Ihre Forderungen schriftlich einzuschicken, und dabei Verpackung und Porto oder was sonst noch zu bemerken, sonst wird die Sache auf die lange Bank geschoben und kommt zuletzt ganz in Vergessenheit. Von Froriep habe ich seine Schuld Ihrem Vater übergeben und Sauppe, höre ich, hat alles an Rietschel berichtigt. Das beigepackte Relief Rietschels hat mir grosse Freude gemacht, es hängt mit dem von Liszt in meinem Studio und hat leidliche Beleuchtung. Wie steht es denn mit Ihrem Kommen zu Ostern? Darüber schreiben Sie mir doch gelegentlich etwas, damit ich Herrn Voigt ein wenig ins Gebet nehmen kann. Die Arbeit würde Sie interessieren, da das Mädchen ein sehr hübsches und für die Plastik nicht übeles 262
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Köpfchen hat. Er ist gesonnen nach und nach alle seine Kinder modellieren zu lassen. Der beste Gedanke, den er seit Jahren hat laut werden lassen. – Alle die Meinigen grüssen mit mir aufs herzlichste. Treu Ihr Friedr. Preller Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 29–31. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
246 Weimar, den 9. März 1855. An Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872), Maler. Verehrter Meister Schnorr! Anbei erhalten Sie die für das Album Ihrer verehrten Gemahlin bestimmte Zeichnung. Veranlassung dazu gab ein früherer Aufenthalt auf Rügen, welches Inselchen mit seinen öden Haideflächen und Hünengräbern, mit seinen alten Eichen und Buchenwäldern, denen der frische Ost seine Reiseabentheuer in wilden Melodien vorsingt, mich wiederholt einlud und immer auf längere Zeit festhielt. In ziemlich großen Maasstabe habe ich den Gegenstand vor einigen Jahren gemalt, sehe aber daß die einfache Zeichnung wenig geeignet ist ihn lebendig wieder zu geben und bin ängstlich sie abzuschiken. Ich wage es nur unter Ihrer Adresse weil ich weiß wie Künstler am nachsichtigsten, eine bloße Andeutung doch verstehen und am nöthigen Orte das fehlende ergänzen. Ob sie aber würdig unter so vielen schönen Werken großer Meister ein bescheidenes Plätzchen einzunehmen, fürchte ich in Wahrheit. Ich empfehle sie daher Ihrem milden Urtheile und füge nur noch meine besten Grüße und die Versicherung wahrster Verehrung bei. Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. im Jägerhause Weimar d. 9 März 1855. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.n,Inv.15,Bd.30,Bl.141.
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247 Weimar, den 25. März 1855. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Nehmen Sie vorerst den besten Dank von uns allen für die gütige Beachtung und Theilnahme unsers Familienfestes. Meine Frau, die sich Ihrer Durchlaucht aufs beste empfiehlt, wird sich die Ehre geben Ihnen persönlich noch ihren Dank auszusprechen. Die Zeichnungen des Professor B. v. Neher* kannte ich schon, und sie sind, wie alles, was ich von ihm kenne, von Bedeutung, und besonders die großen Fenster, sehr gut und geschmackvoll in der Anordnung. Unter den colorirten, ist mir das jüngste Gericht besonders lieb. Mehr aber als alle zusammen gefällt mir die einfache Kreidezeichnung der Grablegung. Die Composition ist großartig und hat etwas ernst feierliches. Auf diesem Felde bewegt sich Neher stets mit Glük. Nebenbei ist sie lebendig und schön gezeichnet. Neher ist einer der wenigen Schüler von P. Cornelius der selbständig geworden und geblieben. Sein letztes Werk, Kreutzigung Christi, soll sehr schön sein. Ihrer Durchlaucht mich empfehlend Fr. Preller. Weimar am 25 März 1855. * Bernhard von Neher (1806–1886), Maler. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
248 Weimar, den 9. Mai 1855. An Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872), Maler. Hochverehrter Meister Schnorr! Gestern Abend langte Ihre Sendung in meinen Hause an. Es würde vergeblich sein Ihnen die Freude zu schildern mit der der Carton begrüßt, geöffnet und seitdem als der Schatz betrachtet wurde und wird, um den sich die meinigen und meine nächsten Freunde versammeln und des großen Meisters verehrend gedenken. Ihnen dafür mit schönen Worten zu danken, ist wohl schwerlich jemand ungeschikter als ich, statt dessen aber will ich Ihnen die Versicherung geben daß dies herrliche Geschenk mich mit den meinen in hohem Grade beglükt und für alle Zeit beglüken wird. Die Zeichnungen gehen in das Album meiner Frau über und werden als dessen schönster Schmuck ihr fürs Leben die reinste erhabenste Freude gewähren. Ihren innigsten tief gefühlten Dank habe ich Ihnen daher noch ganz besonders zu sagen. 264
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Hemkens Glük sich nun Ihren Schüler nennen zu können, hat er mir selbst angezeigt. Einen seiner und meiner schönsten Wünsche ist damit in Erfüllung gegangen. Möge er Ihnen durch sein Streben lohnen. Schmerzlich dagegen ist es mir die so lange ersehnte Tur nach Dresden und zu Ihnen noch einige Zeit verschieben zu müssen, da mich eine zu vollendente größere Arbeit für den König von Würtenberg festhält.* Möglicherweise schicke ich sie Ihnen noch zur Ausstellung. Möge mein innigster Wunsch Sie zu sehen, sich doch nicht all zu lang verzögern! Bis dahin empfehlen Sie mich Ihrer verehrten Frau und nehmen Sie die Versicherung meiner wahrsten Verehrung mit hochachtungsvollsten Freundesgruß. Fr. Preller. Weimar d. 9 Mai 1855. * Preller malte 1855 für Friedrich Wilhelm Carl (1781–1864), als Wilhelm I. König von Württemberg einen Seesturm. Siehe Brief 255. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.n,Inv.15,Bd.30,Bl.143–144.
249 Weimar, den 17. Mai 1855. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar, am Himmelfahrtstag. Ihr liebes Schreiben hat mir unendliche Freude gemacht und wird es immer tun, so lange ich Sie strebend und freudig tätig in der Kunst weiß. Gott erhalte Ihnen alles, was wir nötig haben, damit Ihnen der frische Mut und die Liebe bleibe, die mit Talent verbunden, uns vorwärts bringen. Ihre Frühlingsgefühle haben in meinem innersten Gemüte ihre nächsten Verwandten begrüßt. Ähnliches durchzieht wohl der meisten Menschen Brust, bei wenigeren aber findet es Form und kommt zur Klarheit. Führt uns diese unendliche Sehnsucht zur rechten Stunde auf rechten Fleck, treibt das geistige in uns oft die schönsten Blüten. – Das Hiersein Ihres Meisters und meines alten lieben Jugendfreundes bringt mir in der Erinnerung noch schöne Stunden. Seit unserm Zusammenleben in Dresden hat uns das Schicksal nie wieder so lange und nah zusammengebracht. Unser Wiederfinden in Rom war schnell vorübergehend, und ich hatte das Unglück, damals hart darnieder zu liegen. Oft habe ich im Stillen Ihr Hiersein gewünscht, damit Sie sähen, mit welchem Ernst und welcher Gewissenhaftigkeit der so fertige Meister bei allem, was er hier vollbracht, zu Werke gegangen. Er hat sich durch beide vortreffliche Arbeiten der Bewunderung aller zu erfreuen gehabt, die in der Sache ein Urteil haben, und Sie werden nun bald selbst so glücklich sein, die herrlichen Sachen abermals erstehen zu sehen. Die Büste der Prinzess ist so meisterhaft, so fein in allem, dass mir es scheint, es könne nichts mehr in der Sache geschehen. Liszt’s Relief frappiert durch die markige, schöne Form seines sehr ausdrucksvollen Kopfes durchschnittlich mehr, jedoch scheint mir die Büste ebenso vollkommen und noch feiner durchgebildet. Ich mache keinen Unterschied in der Arbeit, beide sind Kunstwerke 265
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Meister Rietschels und jedes grossen Künstlers würdig. Damit wird ausser ihm selbst, jeder andere in hohem Grade zufrieden gestellt sein. Dass er selbst noch vieles besser will, ist ein Beweis seines steten Vorschreitens. Wir haben oft und mancherlei von Ihnen gesprochen, und ich darf Ihnen ohne Scheu sagen: Rietschel erwartet, dass Sie dereinst Tüchtiges vollbringen. Dass Sie unendlich viel vor sich haben, was überwunden werden muss, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. An ihm haben Sie jedoch den Mann, der, wo es sein kann, Ihnen stets als wahrer Freund und Meister zur Seite steht, dessen Stolz es ist, seine Schüler zu sich heran zu bilden. Haben Sie also vollstes Vertrauen in jeder Weise zu ihm, er wird Ihnen bei jeder Gelegenheit beweisen, dass er es verdient. — Vor allererst bin ich aber wirklich auf Ihre letzten Arbeiten neugierig, mit denen Sie doch selbst nicht ganz unzufrieden scheinen. Versäumen Sie als etwaige Gelegenheit etwas herzuschicken ja nicht. Alles was Ihre Person und was damit zusammenhängt betrifft, liegt mir ebenso nahe als meine eigenen Sachen. — Jetzt grüsse ich Sie nur noch von ganzem Herzen, so wie auch von allen den Meinigen, Herrn von Schober, Justizrat Zwetz und Jaede, der gestern bei mir war. Schreiben Sie mir so oft als es Ihnen gelegen. Ihre Briefe und die Verbindung mit Ihnen sind mir Lebensfreuden. Der Himmel erhalte Sie frisch. Ihr wahrer Freund Friedr. Preller Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 31–33. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
250 Weimar, Anfang Juni 1855 An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Burghauptmann der Wartburg. Mein theurer alter Freund! Ich schicke Dir nächst meinen besten Grüßen durch Herrn Otto Roquette, Dichter, u meine beiden Jungens, die zwei Zeichnungen für die Herzogin v. Orleans. Da Du täglich die Gelegenheit findest sie zu sehen, wirst Du mir wohl den Gefallen thun die beiden Blätter zu übergeben. Der Preis für beide Blätter ist sechs Fr. d’or, welche Summe, wenn die Sache bald abgemacht, Du meinen Jungens einhändigen kannst. Daß es mit Deiner lieben Mutter Befinden wieder gut geht ist uns allen große Freude. Gott erhalte sie allen die sie kennen u vor allen Euch noch viele Jahre. Auch hatten wir große Freude zu hören, daß Georg* nun eine Stelle in Rudolstadt bekommen. Wie gern wäre ich selbst mit Herrn Roquette gekommen. Der Großherzog hat ihn sehr freundlich empfangen u schickt ihn Dir eigentlich. Er ist der Verfasser von Waldmeisters Brautfahrt u.s.w. Du wirst einen liebenswürdigen Menschen an ihm finden. Ist es mir möglich, so komme ich noch 1–2 Tage vor meiner Sommerreise zu Dir. Ich werde mich diesmal in Eichenwälder vergraben u will deshalb nach Oldenburg. 266
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Jetzt bin ich noch an einigen Zeichnungen u dann will ich mein großes Bild vollenden, worauf ich mich sehr freue. Empfiel mich der Frau Herzogin aufs beste, die Deinigen aber grüße mir aufs herzlichste von Deinen alten treuen Fr. Preller. * Georg V Ludwig von Arnswald (1811–1869). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3661.
251 Weimar, den 22. Juni 1855. An Ernst Rietschel (1804–1861), Bildhauer. Am Ende eines Briefs von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben an Rietschel fügt Preller eine kurze Notiz an. Weimar 22. Juni 1855 Ich benutze die gute Gelegenheit Dich von ganzem Herzen zu grüßen. Hoffentlich ist Dir Deine Reise gut bekommen. Grüße auch Deine liebe schöne Frau von Deinem treuen Fr. Preller. [Preller d. J.]: Viele Grüße vom Friedrich Klassik Stiftung Weimar, GSA 79/7,1.
252 Weimar, den 22. und 23. Juli 1855. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sontag früh 8 Uhr im St. Guten Morgen meine liebe Freundin! Es ist die Stunde in der Sie sonst stets ein Wort von mir hörten, oder auch ich durch Clairchen von Ihnen hörte. Seit Sie bei den theuren Ihrigen, ist eine natürliche Unterbrechung eingetreten, die ich, wenigstens scheinbar, aufhebe, daß ich mich das stille Halbstündchen, welches mir heute bleibt mit Ihnen unterhalte. Gestern Nachmittag werden Sie meinen Brief erhalten haben, woraus Sie alles ersehen wie es mit der Zeitrechnung meiner Reise steht. Leider ist daran nichts zu ändern. Was ich entbehre u wie viel mir dadurch die Reise an Annehmlichkeit verliert, darf ich nicht erst sagen. Ob, oder wie ich Ernst sehen kann, davon habe ich noch gar keinen Begriff. Mir ist zu Muthe als ging ich weit in die Welt u dürfte von allem nichts wiedersehen, was mir ans Herz gewachsen ist. Ich muß erwarten wie alles kommen soll, doch warum bring ich all meinen Unmuth hier zu Markte? Basta, speriamo che tutto finisoa bene. 267
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Noch sind wir entschlossen den Mittwoch von hier abzugehen u alles, was ich hier noch zu thun habe, ist mein Malzeug für die Reise ein zu richten, denn das Packen besorgt Marie besser als ich. Zwischen 11–12 hat sich die Großherzogin anmelden lassen um mein Bild zu sehen, der übrige Tag bleibt noch den hiesigen Kunstfreunden. Hoffentlich geht es unter Schuchardt’s Leitung längstens Freitag nach Dresden ab um dort 14 Tage zu verbleiben u dann an den Ort seiner Bestimmung abzugehen. Seit 3 Tagen habe ich die Arbeit nicht wieder gesehen, u wenn ich’s vermeiden kann, werde ich sie gar nicht mehr sehen. Ich lebe in einem moralischen Künstler K—jammer, den ich nicht beschreiben kann. Alle Schmeicheleien die man mir über die Arbeit macht, bereiten mir den unerträglichsten Jammer u Trauer. Zuweilen klingt mir alles wie Hohn. Denn niemand weiß wie weit ich hinter meinen Ideen zurükgeblieben. Dieser letzte Kampf hat mich körperlich mehr mitgenommen als fürs nächste tauglich. Da kein Ende solcher Aufregungen abzusehen ist, bleibt mir nur übrig die rechten Mittel zu finden mich wieder schlagfertig zu machen. Ich glaube die Reise wird wohlthuend wirken. Der Fr. Großherzogin habe ich neulich sagen lassen sie möge die Gnade haben u mich mit Bestellung kleiner Bilder verschonen, da ich davon mehr habe als ich vollenden kann. Was ich darauf für Bescheid bekomme, bin ich sehr neugierig. Ueber meine Reise habe ich folgendes beschlossen. Nachdem ich das nöthigste in den Wäldern von Oldburg gethan, gehe ich ein wenig an die See u werde wohl nach Helgoland überfahren. In Hamburg könnte ich auf dem Rükweg möglicherweise Ernst finden. Nach 4–5 Wochen denke ich, wenn alles glüklich abläuft zurük zu sein. Sie sind dann wohl längst nach dem alten Erfurt zurük u haben die meinigen wieder gesehen. Schon jetzt ist mir oft, als wären Sie ein halb Jahr fern u als müßte ein Jahr vergehen bevor ich die Freude erleben sollte Sie wieder zu sehen. Genießen Sie liebe Marie die schönen Tage bei den Ihrigen, u erzählen mir dann recht viel. Ich habe so sehnlichstes Verlangen recht viel von Ihnen zu hören. Adio. Morgen schreib ich noch ein Wort. Mont. Nachm. 4 Uhr im St. Jetzt nur noch die herzlichsten Grüße an Sie u alle die lieben Ihrigen. Mitwoch Morgens 5 Uhr fahren wir wir noch von hier ab. Sollte ich nichts von Ihnen sehen oder hören, wonach ich mich seit Sie fort sind vergeblich gesehnt, so behüte Sie der Himmel in der Zeit wir so weit von einander. Ich hoffe alles Gute von meiner Reise. Marie wird mich bis Braunschweig begleiten Adio Ihnen ergeben Fr. Preller. Privatbesitz Bayern.
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253 Jever, den 31. Juli 1855. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Jever Dienstag früh 5 Uhr Guten Morgen mein lieb Soestchen! Wie zuhaus bin ich auch hier zuerst wach im ganzen Hause u diese ruhigsten Stunden weiß ich nicht besser zu verwenden als Ihnen Nachricht von mir zu geben, welche an meinem Sein oder Nichtsein Theil nehmen. Den Weg haben wir glüklich zurükgelegt u nichts gesehen was uns auffallender gewesen wäre, als die schlechten Wege, wozu der immerwährende Regen das seinige weiter beigetragen haben mag. Diese Unannehmlichkeit, die von Bremen aus freilig Tag u Nacht gewährt hat, war ganz geeignet die kurz vorher verlebte Zeit tief tief mir einzuprägen. Auch Marie u Friedrich sprachen immerwährend, so lange wir noch beisammen waren, nur von den schönen Stunden in Goslar. Sagen Sie Ihren theuren lieben Eltern daß ich ihrer herzlichen Freundlichkeit mit der sie die unruhigen Zugvögel aufgenommen stets gedachte u danken Sie ihnen im Namen meiner u Mariens, die doch schwerlich bald zum schreiben kommen wird, da sie mein Wegsein stets für größere Umwälzungen im Hause u Studium benutzt u dann zu nichts anderm thatsächlich kommt. Wie glüklich war sie doch die paar gesunden Stunden mit Ihnen in Ihrem Hause verlebt zu haben u wie entzükt über alles dort gesehene. — Ich denke diese Erinnerung wird uns zusammen noch oft geistig nach Goslar versetzen. Wir haben abermals schöne u erhebende Stunden mit einander verbracht, die auch diesmal nicht ohne Folgen sein werden. Die kurze Zeit in Braunschweig, war Ihnen gewiß auch nichts weniger als ein bloßes Vergnügen. Ich freue mich noch heute daß mein liebes Soestchen dabei war u dort vielleicht die ersten tiefen Eindrüke von Kunst auf sich verspürte. Und wenn wir nichts davon haben als eine Stunde in höherer Seelenstimmung verlebt zu haben, so ist das genug denn daran knüpft sich, nur oft unbewußt, ein Keim für spätere Blüthen, u dies besonders bei jungen harmlosen Naturen. Wäre ich Besitzer dieser Gallerie, ich würde noch eine Auswahl der besten treffen, damit man ganz ungestört dahin gelangen könnte das höchste auf sich einwirken zu lassen. Der göttliche Giorgione, obgleich er wie eine Sonne über alles hinwegleuchtet, ist doch in schlechter Gesellschaft, die uns zu seinem Verständnis wenigstens nicht fördert. Gott! was muß dies eine feierliche Stimmung gewesen sein, in der ein Mensch wie andere, ein solches göttliches Werk zu Ende bringen konnte. Wie oft und trivial ist dieser Gegenstand gefaßt und zur Anschauung gebracht worden. Hier nichts von dem. Das vollendetste erste Menschenpaar steht noch im feierlichsten Triumph Gott am nächsten. Im nächsten Moment sollen sie von dieser höchsten Stufe herniedersteigen. Eine Ahnung des Kommenden lesen wir auf dem göttlichen Kopfe der Eva. Der Ausdruk dieses Kopfes gehört zu dem feinst vollendeten, was ich kenne. Dieses herrliche Kunstwerk wird mich noch öfters nach Brschg. ziehen. Es ist in seiner Weise so bedeutend, wie der Zinsgroschen in Dresden, den ich stets mehr dem Giorgione als dem Tizian zugeschrieben habe. Neben ihm nenne ich keines der herrlichen Kunstwerke mehr, mir ist es an diesem Orte das Schönste u anziehend genug meinen Besuche dort zu wiederholen. Daß ich diesem herrlichen Menschen nachempfinden kann, versetzt mich in die glücklichste Stimmung u nichts ist mir ferner als eine Trauer daß ich nicht selbst ähnliches 269
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vermag. Alle, die wir ihn verstehen und mit ihm fühlen können, müssen ihm doch ähnlich sein oder werden, u ist das nicht schon des Glücks genug? Nun auf mich selbst zu kommen klage ich das häßliche Wetter an was mich in eine wahrhafte Angst versetzt, da ein Tag um den andern vergeht u ich zu keinem Ziele komme. Gestern habe ich einiges von schöner Waldung gesehen, u Neuenburg, wohin ich gehe, soll ohne Vergleich Schöneres besitzen. So lange das Wetter aber nicht beständig ist, sehne ich mich nicht weg von hier, denn auf diesem Dorfe habe ich keinen Berührungspunkt u würde vor Aerger grün u gelb werden, wozu ich ohnehin schon immer neige. Hier komme ich mir eben so weit vom Hause vor, als wär ich in Kamschatka denn von den Künsten in denen ich nur frei athmen kann, höre u sehe ich nichts. Wie gut ist es doch daß nicht alle Menschen gleiche Bedürfnisse haben. — Ich müßte hier bald das zeitliche aufgeben. Geistig lebe ich daher, während meine Glieder ihr Exercizium in Jever machen, stets in andern Gegenden, u zuletzt, wie Sie mein lieb Soestchen wohl wissen, wohl in Goslar, vielmehr ertrappe ich mich zu allen Tageszeiten dort, wiederhole alle Ihnen bekannten Spaziergänge, besuche alle mir liebgewordenen Räume im Hause u erwache nur dann aus meinen Träumen, wenn ich eine so lang gezogene niederdeutsche Redensart höre. Gott! wenn alles Denken der Menschen hier nicht schneller geht als ihr reden, so müssen sie wohl Tag u Nacht verbrauchen, wenn nur ein annäherndes Gleichgewicht herauskommen solle u das glaube ich fast, denn jetzt schlägt es 7 Uhr u alle scheinen so gar das Aufstehen über dem Denken zu versäumen, da es im Hause noch eine Todtenstille ist. Wie ganz anders war das in G—r,* da waren wir schon eine Stunde spaziren gewesen u saßen um diese Zeit mit der süßen Mama bei dem dampfenden höchst einladenden Kaffe, der uns wohlschmekender vorkam als irgendwo in der Welt, u wohl auch war. Später kam dann Papa mit seinem liebenswürdigsten Ausdruk in dem schönen Gesicht, das Zeitungsblatt in der Hand u ihm gelang es regelmäßig eine Schnurre aufzufinden, die uns für den ganzen Tag heiter machte u erhielt. Dabei das herrliche Wetter u Beethovens Herzensergüsse! — Wer mehr vom Leben verlangt besonders wenn er nach schweren Arbeitstagen der Ruhe u Erheiterung bedarf, der muß zur Strafe von Oldenburg nach Jever im Postwagen geschikt werden. Da wird er Jesum Christum erkennen u ihn um seiner 5 Blessuren willen bitten, daß für die letzte Strafe alles begangenen Unrechts ihm dies an zu rechnen. Nachdem wir armen diese Qualen überstanden u in Hemkens Hause uns wie im Paradiese fühlten, beginnt es zu regnen u dieses täglich daß wir bisjetzt noch keinen Strich machen konnten. Uebermorgen, als Donnerstag gehen wir nach Neuenburg, wo herrliche Eichen waldungen sind, u hoffen dort soll uns das Wetter günstiger werden. Sie meine liebe Marie mögen für uns bitten ich zweifle daß der liebe Gott so hartherzig sein kann Ihnen etwas abzuschlagen, u gern möchte ich Ihnen mit vielen andern auch noch bessres Wetter zu danken haben. Leben Sie wohl, grüßen mir die liebenswürdigsten Eltern u mein herzigstes Clairchen, auch Idchen bitte nicht zu vergessen. Wollen Sie mich mit einigen Zeilen erfreuen u beglüken, so adressiren Sie Ihren Brief Fr. Pr. in Neuenburg im Oldenburgischen. Post.rest. Ich werde dort wohl nicht länger als 14 Tage bleiben. Adio liebe Freundin, Ihnen ganz ergeben F.Pr. * Goslar, die Heimatstadt von Marie Soest. Privatbesitz Bayern.
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254 Weimar, den 18. Oktober 1855. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Jägerhaus. d 18 Octbr. 1855. Mein klein lieb Soestchen! Heute erhielt ich Ihre flüchtigen Zeilen mit Einlage, welche ich sogl. zur Altenburg sendete, retour aber erfuhr daß L.* noch in Braunschweig. Ich bin gut u schnell hier angekommen, habe aber 2 Tage mit Kopf- u Zahnweh jämmerlich zugebracht. Heute geht es leidlich obgl. ich noch nicht frei von Zahnweh bin, u doch um 7 Uhr zur Probe auf die Altenburg muß. Möge mirs wohl bekommen. Was die Gratulation am Mont.** betrifft, meint Marie: daß Sie wohl gratuliren müßten, da es alle übrigen auch thäten. Sie bleiben dann zum Abend u sehen das Festspiel mit an. Steinackers*** Gedicht ist in Wahrheit sehr hübsch, u ich denke in der bescheidenen Ausführung wird es den meisten Freude machen. Für die gütige Besorgung bei Feige danke ich Ihnen herzlich. Es ist mir leid ihm doppelte Mühe zu verursachen, indeß ich habe oft noch mehr Arbeit ehe ich mirs recht mache u verliere die Geduld doch eben auch nicht. Jeder Mann muß lernen, will er nicht beim gewöhnlichen stehen bleiben. Ich freue mich Ihnen etwas neues zeigen zu können. Heut hat mir Dr. Härtel die Masken von Maria Weber u Beethoven geschikt. Letztere ist übers Leben gegangen u somit das treuste Portrait. Erstere über den Tod eben so wunderschön daß ich sagen muß, sie ist eins der schönsten u erhabensten Portraits, die ich je gesehen habe, u diese Hoheit liegt mehr in der Ruhe u Großheit des Andenkens, als in den Formen, obgleich auch diese sehr bedeutend sind. Der Großherzog, der mich heute besuchte, hat meine beiden kleinen Cartons verlangt, natürlich kann ich nicht nein dazu sagen, um so weniger, als er Emil ein Stipendium verwilligt hat, u mir die Nachricht heut selbst überbrachte. Ich danke Ihnen daß Sie mich bei Schölers entschuldigt haben. Bei meinem nächsten Besuch werde ich alles gut machen, wenn es überhaupt nöthig. Empfehlen Sie mich ihnen bestens. Wir alle grüßen Sie herzlichst. Ich hoffe daß Sie wohl u heiter Montag bei uns eintreffen. Adio klein Soestchen Ihr Fr. Preller. Marie bestellt mir daß ich im Namen der verschiedenen Klekse um Entschuldigung bitte. * Franz Liszt wohnte von 1848 bis 1861in der sog. Altenburg, einem 1811 errichteten repräsentativen Gebäude an der nach Jena führenden Straße in Weimar. ** Am Montag, den 22. Oktober 1855 wurde auf der Altenburg der 44. Geburtstag von Franz Liszt gefeiert. *** Gustav Steinacker (1809–1877), Theologe und Schriftsteller. Privatbesitz Bayern.
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255 Weimar, den 26. Oktober 1855. An Unbekannt. Verzeihen Ew. Wohlgeborn die so lange verzögerte Antwort auf Ihr geehrtes Schreiben. Längere Abwesenheit und späteres ernstliches Unwohlsein sind die Ursachen. Leider ist es mir nicht möglich die von Ihnen gewünschten Arbeiten, welche kurze Zeit in Dresden ausgestellt waren, übersenden zu können, da keines der Bilder mehr in meinem Besitz ist. Das größte, ein nordischer Seesturm war vom König von Würtenberg bestellt und ist nun schon längst am Ort seiner Bestimmung.* Das andere ein deutscher Wald gehört Ihrer Hoheit der Frau Großherzogin hier. Ist die jetzige Einladung Ew. Wohlgeborn jedoch auch auf spätere Zeit gemeint, so dürfte sich wohl bald Gelegenheit finden Ihnen das eine oder andere vorzulegen. Am leichtesten und bequemsten vielleicht Zeichnungen. In wahrester Hochachtung Ew. Wohlgeborn ganz ergeben Fr. Preller. Weimar am 26. Octbr 1855. * Siehe Brief 248. Stiftung Weimar, GSA 96/3604.
256 Weimar, im Spätjahr 1855. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Würde mir in dieser Zeit vergönnt sein nach Gefallen zu arbeiten, Sie sollten noch mehr sehen. so geht mir jetzt ein Gegenstand durch den Kopf u verläßt mich keinen Augenblik, nehmlich von der Jagd zurükkehrende Centauren die sich in einen kleinen Gebirgsbach abkühlen u waschen. Ich glaube der Gegenstand ließe sich sehr reizend behandeln. Eine schöne Centaurin, dürfte auch nicht fehlen. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 385.
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257 Weimar, den 3. November 1855. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab. 5 Uhr. Jägerhaus. Grüß Gott lieb Soestchen! Ihren Brief erhielt ich gestern Mittag, habe aber wenig darin gefunden, was mich hätt erfreuen können. Was machen Sie denn liebes Kind? Schon wieder unwohl? Sein Sie doch ja vorsichtig u lassen Sie dergl. fatale Dinge nicht zu lange hängen, fragen Sie doch bei Zeiten einen Arzt, damit Sie recht bald wieder das lustige liebe Soestchen werden. Dies nicht allein meine, sondern auch Großmutters u Mariens Meinung, denen ich Ihren Brief vorgelesen u die mit mir Sie recht von Herzen bedauern. Befolgen Sie ja unsern Rath! — Da es mir unmöglich ist bis Montag nach Erfurt zu kommen so nehmen Sie vor allen Dingen meinen und der meinigen herzlichste Glükwünsche zu Ihrem Geburtstag, der damit beginnen möge, daß Sie so recht aus dem Fundamente gesund sind. Besseres weiß ich nicht für den Anfang. Ein zweiter Wunsch ist: daß Sie uns auch für alle Zukunft so lieb behalten, wie bisher, u den dritten daß Sie nie mehr unwohl werden u Ihren Freunden Angst damit bereiten. Diese 3 Dinge bitten wir uns im Jägerhause ein für allemal aus. Dagegen keine Ausrede …. Ich sitze jetzt so schreklich in der Arbeit, daß mir oft der Kopf kommt, denke aber zu Ihrem Geburtstage mit der dritten Untermalung fertig zu werden. Die drei Bilder werden so ganz verschieden, u ich denke die Besitzer werden nicht ganz unzufrieden damit sein. Gott schenke mir nur Gesundheit, daß ich sie sämtlich mit Frische vollenden kann. Empfehlen Sie mich Schölers bestens. Wenn ich komme, denke ich bis zum letzten Zuge zu bleiben u Sie diesmal zu sehen. Vor allem wünsche ich von Herzen, daß diese Zeilen Sie nicht mehr unwohl antreffen. Sollte ich Sie Dienstag nicht wohl finden, bin ich bitterböse u kehre so gleich wieder um. Seien Sie also auf Ihrer Huth! — Adio mein lieb Soestchen. Nochmals Grüße von allen. Auf baldiges frisches Wiedersehen Ihr Fr. Privatbesitz Bayern.
258 Abb. 29 Weimar, in der ersten Hälfte des Dezember 1855. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Mariens langjährigen Wunsch habe ich endlich befriedigt mit dem Anfertigen von Zeichnungen nach den Haertelschen Bildern.* Sie liegen vollendet und sollen ihr Weihnachtsgeschenk werden. Die Arbeit rief mir einige sehr glückliche Jahre meiner Jugend zurück. Ich arbeitete unbefangen, weil mir die Bilder jetzt als Arbeit eines Andern erschienen. Friedrich hat mir treulich dabei geholfen, daher es auch möglich war, in acht Tagen 273
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29. Ernst Hemken: Anna Friederike Storch, Zeichnung, 1855.
die sieben Bilder zu zeichnen und zu tuschen. Ich bin daran, für Olinda eine Zeichnung für Weihnachten zu machen; Centauren, von der Jagd zurückkehrend, erfrischen sich auf ihre Weise in einem plätschernden Wasser. Im Vorgrund eilt ein alter mit einem jungen Satyr auf dem Rücken durch Schilf, um auf dem nächsten Wege ins kühle Element zu gelangen. Frauen schleppen die Jagdbeute herbei. Die Landschaft ist hügelig, mit Oliven bewachsen, die Ferne flach gebirgig. Sie werden lächeln, dass ich mich einmal wieder südlich umschaue. […] * Preller befasste sich nach längerer Zeit wieder mit dem Thema der Odyssee. Siehe auch Brief 260 Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 142.
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259 Weimar, den 18. Dezember 1855. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Rietschels Gruppe hat mich, bei allem Erwarteten einer tüchtigen Arbeit, doch noch gewaltig gepackt.* Die beiden grossen Individualitäten sind wahrhaft edel und scharf unterschieden. Goethe, die grössere Schwierigkeit, hat, was ich Rietschel am wenigsten zugetraut, etwas Ueberwältigendes und erinnert mich sehr lebhaft an das Original. So trat der herrliche Mensch einem entgegen und fesselte, dass man das Auge nicht wegwenden konnte. Das mehr als Menschliche, was gewiss keiner vergisst, der ihn Einmal gesehen, hat Rietschel vollkommen geahnt und neu geschaffen. In dieser Figur ist Rietschel gross, weil die Aufgabe so unendlich schwer war. Für den oberflächlichen Beschauer ist Schiller einnehmender, und wir können ihn nicht gut anders denken. Seine Dichtungen geben ihn so und nicht anders. Als Verbindung beider Heroen hätte es nach meiner Ansicht vielleicht noch etwas Anderes als den Kranz gegeben. Der Gedanke scheint mir mehr poetisch als plastisch, ich bin indess überzeugt, dass Rietschel das Ganze mit Ehren vollbringen wird. Wir dürfen uns gratuliren, ein solches Werk zu besitzen. […] * Ernst Rietschel (1804–1861) hatte 1855 ein Modell für das geplante Goethe- und Schiller-Denkmal in Weimar angefertigt. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 140–141.
260 Weimar, den 24. Dezember 1855. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich bin imer im Studium beschäftigt, habe jedoch dies Jahr keine Zeichnungen zur Bescherung machen können, außer die Leipziger für Marie. […] Marie ist sehr erfreut über ihre Zeichnungen der Leipziger Bilder*, auch hat sie sonst von mir nichts gehabt. […] * Preller hatte zuvor die sich in einem desolaten Zustand befindenden sieben Wandgemälde im Römischen Haus zu Leipzig für das liber veritatis seiner Frau gezeichnet. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 68.
261 Weimar, den 29. Dezember 1855. An Edward von Steinle (1810–1886), Maler. Verehrter Meister Steinle! Ein mir nahestehender Freund* und Bewunderer Ihrer Arbeiten hat den sehnlichen Wunsch einer Zeichnung von Ihrer Hand zu besitzen. In seinem Namen thue ich die 275
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einfache Frage: wären Sie wohl geneigt, eine etwa 2 Fuß hohe, in Rothstift, Kreide oder leicht aquarell, Zeichnung zu machen? Sehr erwünscht wäre sie ihm bis Mitte Februar. Sonst auch früher. Der Gegenstand ist der heil. Franziskus.** Sie finden beiliegend seine eigenen Worte. Mein Freund hat nur die Bitte noch, den Gegenstand nicht zu streng kirchlich zu behandeln. Große Freude würde Ihr Ja bringen. Ihnen Sie verehrend Friedrich Preller im Jägerhaus Weimar d. 29. Decbr. 1855 [Zettel beiliegend, wohl von Franz Liszt:] S. Franciscus der Herkules [?] – in der Kleidung des von ihm gestifteten Minim-Ordens mit langem Barthe vor sich das Wort Charitas in einer Glorie. Auf seinem ausgebreiteten Mantel – über ein stürmisches Meer sehend. * Franz Liszt (1811–1886). ** Der heilige Franziskus von Paola war Begründer des Ordens der Mindersten Brüder (Paulaner). Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 16608.
262 Weimar, den 7. Januar 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! So eben erhalte ich Antwort auf meinen Brief an Steinle in Frankfurt.* Er ist erfreut über die angenehme Bestellung und hofft die Zeit bis Mitte Februar einhalten zu können. In welcher Weise er die Zeichnung behandele, müsse die Composition bestimmen. Was das Wort Strenge in der Auffassung des Gegenstandes sagen wolle, glaube er richtig zu verstehen und hoffe die Aufgabe zur Zufriedenheit zu lösen. Demnach haben Ihro Durchlaucht also Aussicht auf einen schönen Beitrag fürs Album, wozu ich herzlich gratulire. Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Weimar d 7 Januar 1856. * Siehe Brief 261. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
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263 Weimar, den 13. und 14. Januar 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sontag Morgen im St. Grüß Gott meine liebe Freundin! Am Freitag, nachdem ich einen Spaziergang nach der Eisenbahn gemacht, erhielt ich Ihren lieben Brief, nach welchem ich mich wirklich gesehnt. Es ist mir eine Beruhigung Sie nun doch wieder bei den Ihrigen zu wissen, denn wenngleich Sie dort von allen gepflegt u gehätschelt wurden, entbehrten die Ihrigen doch zu viel. Daß man Sie überall hätschelt bin ich nun schon lange gewöhnt u freue mich dabei, da es für Ihre eigene Liebenswürdigkeit spricht, daß aber der böse Fuß diesmal gerade der Grund all dieser Hätschelei sein muß ist mir von Herzen leid. Ich denke dabei hauptsächlich an Ihre Stellung in Erfurt. Hoffentlich geht es Ihnen in dem Augenblik wo ich schreibe, viel besser. Daß Ihnen das Härtelsche Instrument so besonders gefält, freut mich ausserordentlich u ich wollte wohl wünschen Sie mögten einmal ein solches erlangen. Gott! Wie lange habe ich Sie nicht mehr spielen hören? Ueberhaupt kommt mir Ihr Fortsein so unendlich lang vor daß mir oft ist als lägen Jahre zwischen jetzt u der Zeit, die Sie zuletztbei uns zu brachten. Daß Sie im Elternhause jetzt die böse Zeit verbringen hat doch die schöne Seite, daß Sie sich gegenseitig so alles sein können. Es wird neben der unangenehmen Erinnerung eine schöne bleiben u diese wird endlich allein alles wieder ausgleichen. Sie ahnden wohl nicht wie oft ich mich zu Ihnen hin versetze. Meist finde ich Sie dann in den obern Stübchen wo Sie mir so oft aus dem Bethoven vorgespielt, wir überhaupt die meiste Zeit meines Aufenthalts verbracht haben. An den Vorstellungen Dawison’s haben Sie doch viel verloren. Im Hamlet war er wahrhaft groß. Obgleich der Hamlet nicht des Dichters größtes Werk, ist er doch am größten in demselben, u ich glaube daß für den Schauspieler wenige Rollen in der Welt, die größern Meister verlangen.* Mir ist die Dichtung diesmal durch Dawisons Spiel erst vollkommen verständlich geworden. Im Clavigo als Carlos soll er ebenfalls vortrefflich gewesen sein. Ich sah ihn noch als Mephisto u obgleich der Denker u große Schauspieler in jeder Scene zu sehen war, hatte er die Figur doch vergriffen. Göthes M ist aus seiner Ironie, Kälte und einer gewissen Junkereleganz bestehend, er dagegen war zu burschikos u ließ wohl zu oft gemeine Komik durchleuchten. Gedacht war jede Scene, doch nicht göthisch, u so hat mich die Figur wenig befriedigt. als Schäclock im Kaufmann v. Venedig soll er ganz Meister aller Mittel u von großer Wirkung gewesen sein doch nicht unübertrefflich. Künftig Jahr kehrt er zurük u giebt seine besten Rollen: Richard. III. Othello u ich glaube, Fiesko. Man sagt seit Wolf, sei hier kein bedeutenderer Schauspieler gewesen. In Gesellschaft war er heiter aber mehr still u hatte nicht das gewöhnliche Äußere der Bühnenhelden, was mir so oft unerträglich an den Leuten ist. Er ist mittelbar Schuld daß Marr** vom Kreisgericht zu 4 wöchentl. Gefängnisstrafe verurtheilt worde ist. Er hatte sich schwer gegen Beaulieu u den Großherzog vergangen u man hofft von allen Seiten daß er seinen Posten aufgiebt. Ohne seine bedeutende Besoldung werden sie den Fuchs schwerlich los werden. Eine zu den vielen Dummheiten, die man hier begangen hat, den Kerl zu engagiren. 277
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Hoffentlich sehen wir zusammen wieder einige Vorstellungen der Johanna Wagner, die so viel ich weiß in Mitte Februar hier erwartet wird. Vor ihr giebt Berlioz seinen Cellini worauf ich mich auch ganz besonders freue, da so vieles darin vorkommt was ächt römisch u volksthümlich ist. Sein Carneval ist, was Leben und Charakteristik betrifft, für mich ein großes Meisterstük. Die Musik hat mich das erste mal aus allen mir jetzt eigenen Fugen gebracht, u mich in mein junges Tolltreiben des römischen Carnevalls geschleudert. Mag er in Paris, London u selbst Porto carero durchfallen, ich liebe ihn doch, weil er Rom und sein Künstlerleben frisch wiedergiebt, u das ist doch auch etwas. Ich werde daher hingehen u hoff sicher daß meine liebenswürdige Freundin es auch nicht unter ihrer Würde hält. Hoffentlich ist bis dahin Herz u Fuß so in Stand daß man den Cellini aufsucht u aushält. Sie wollen wissen, was ich treibe? So hören Sie denn liebe Marie. – Mit meinem Eichenbilde bin ich gestern so weit gekommen, daß ichs zurück setzen muß, damit es zum fertig machen wohl austrockne. Morgen, als Montag, fange ich dann die Zeichnung mit den Bären für die Prinzeß Marie an, welches kleine Intermezzo mir sehr willkommen ist, da man jeden Augenblick von und zu der Arbeit gehen kann, ohne daß die Sache darunter leidet. Das Oelmalen ist zuweilen eine körperliche Strapaze, von der man gern einmal wieder ausruht. Ist diese Kleinigkeit vollendet, gehe ich an den Seesturm u bringe ihn so weit, daß er wenigstens anständig auftreten kann, denn jetzt sieht er aus, als käme er direkt aus dem Lazareth.*** Nach dieser harten Nuß werde ich mich zu den Geiern ins Hochgebirge begeben.**** Diese 3 Arbeiten möchte ich sehr gern im Laufe des Sommers vollenden. Glükt es zu meiner Zufriedenheit, ist abermals ein tüchtig Stük Arbeit hinter mir u ich kann nach neuen Gedanken frischer arbeiten. Am liebsten zeichnete ich, wie Sie wissen, nur mit Kohle, weil dies Material der augenbliklichen Eingebung am gefügigsten ist u die ganze Sache mehr geistigen Gehalt hat. Ich füge mich indeß dem unvermeidlichen denn das habe ich lernen müssen, u male, so lange ich kann. Möge mir das Schiksal nur leidliche Gesundheit schenken, davon ich in letzter Zeit nicht überflüssig hatte. Mein böses Kopfweh hat mich manchen Tag unfähig gemacht. Ihre Grüße von L. kann ich nicht besorgen, er ist zu der Mozartfeier nach Wien u wird wohl erst in 14 Tagen wiederkommen. Mont. Morg. Mir ward gestern so unwohl daß ich den Brief nicht vollenden konnte. Jetzt geht es besser, es scheint eine Nervenverstimmung am Magen. Ich habe noch immer heftige Schmerzen. Hoffentlich geht es mit heute zu Ende. Von Marie soll ich nächst der besten Grüße fragen was die schöne schwarze Katze mache. Unser Peter ist ausgelassen u liebenswürdig zugleich. Jetzt meine liebe Marie nur noch die besten u herzlichsten Grüße für Sie u all die Lieben Ihrigen von uns allen. Von mir nur ein besonderer noch an meine arme Freundin mit dem Wunsch daß ihr Fuß recht bald wieder genesen möge!! — Adio Ihr Fr. * Der Schauspieler Bogumil Dawison (1818–1872) gab in Weimar mit Hamlet am 9. Januar und als Carlos in Clavigo am 11. Januar 1856 ein Gastspiel. ** Der Direktor des Weimarer Hoftheaters Heinrich Marr (1797–1871) verließ wenig später Weimar infolge eines Zerwürfnisses mit dem Großherzog.
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*** Bei dem Seesturm handelt es sich wohl um den Auftrag von Elisabeth Seeburg (1816–1888) für das Gemälde Sturm an der Küste, heute im Museum der bildenden Künste Leipzig. Siehe die Briefe 299 und 303. **** Das Motiv der Geier im Hochgebirge hat Preller mehrfach dargestellt, u. a. für die Großherzogin Maria Pawlowna (1786–1859). Siehe Brief 290. Privatbesitz Bayern.
264 Weimar, den 19. Januar 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Da ich gern ein gegebenes Wort bezüglich der Zeichnung für Prinzeß Marie halten möchte, habe ich mich mit meiner Arbeit so eingerichtet daß ich Montag an derselben zu beginnen denke. Ehe ich zur Ausführung gehe erlauben mir Ihro Durchlaucht die nochmalige Frage: ob Ihnen Sepia oder Aquarelle, als Gegenstük zu den Geiern genehmer ist. Ihro Durchlaucht sind wohl überzeugt daß mich nichts glüklicher macht als das Vermögen Ihnen zur Genüge zu arbeiten und so hoffe ich Entschuldigung für meine nochmalige Frage. Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Weimar d. 19 Jan. 1856. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
265 Weimar, den 29. Januar 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Dienstg. Nachm. i. St. Meine liebe arme Freundin! Es sind abermals 14 Tage seit Sie mir geschrieben u Sie kommen weder, noch lassen Sie ein Wort von sich hören. Was bedeutet das, sind Sie wieder oder vielmehr noch immer u zwar so krank daß Sie Ihren besten Freunden keine Nachricht geben können? Ich will das nicht glauben, viel lieber will ich denken daß Sie viel anderes besseres zu thun haben als Brief schreiben. Sie haben mich ja ohnehin seit langen schon immer so kurz gehalten, daß ich von rechtswegen längst daran gewöhnt sein müsste: selten von Ihnen etwas zu hören. Dies soll mich aber nicht abhalten anzufragen, wie es Ihnen ergeht u die Hoffnung zu hegen; recht bald von Ihnen ein Wort zu hören. Wie oft fragt das ein oder andere daß du immer noch keine Nachricht von Soestchen? Zuletzt höre ich nur noch sie muß jedenfalls kränker worden sein. 279
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Bei uns allen geht es leidlich, ich selbst bin aber 4 Tage von heftigen Schmerzen am Magen gelegen u habe wohl noch 10 Tage zugebracht ehe ich wieder arbeiten konnte. Jetzt ist alles wieder gut u ich bin sehr fleissig an der Zeichnung für die Fürstin, die mich gestern seit langer Zeit wieder im St. besucht, sie war leident an einem Halsübel die Prinzeß sah blass, ist aber immer liebenswürdig u von ihrem schwerden Leid merkt niemand etwas, der sie nicht genau kennt. L–zt feiert wieder Triumphe in Wien, ja man sagt, daß er sehr angegangen würde dort zu bleiben, für uns, wenn es wahr ist, ein Unglük, denn ist er weg, fällt alles was Musik u Oper heißt zusammen. Jedenfalls giebt es auch Leute die jauchzen würden, wir alle kennen einen, er heißt R–ff* u dieser hat auch seinen Anhang, obgleich dieser die wenigste Hoffnung haben kann seine Stelle einzunehmen. Gott gebe daß alles nur Gerücht ist. Daß L—. Genast ihre Verlobung mit Sauppé** angezeicht hat, wird Sie nicht überraschen, so wenig als es diesen Effekt irgendwo hier gethan. Ich hätte dem schönen Kinde noch etwas mehr gewünscht, S. ist doch sehr schwächlich. Neuigkeiten anderer Art weiß ich Ihnen nicht zu melden, u doch sind es gerade diese, die auf dem Krankenlager oft am willkommensten sind. Ich muß also wieder auf meine arme Person zurük, obgleich ich das fürchte, daß es zu viel wird. Sie haben aber immer Interesse an meiner Arbeit, u so wissen Sie denn daß ich mit den Eichen durch bin, u komme ich wieder dazu, es in 3 Wochen bequem vollenden kann. Den großen Karton, die Felsen im Meere, habe ich verkauft u bereue es fast, daß ich ihn weg gegeben. Meine Arbeiten sind in letzter Zeit im Motiv zu einen schwungvollen Gedicht von Steinacker gewachsen.*** Er las es mir am Sontag vor. St, ist eine durchaus pontische feurige Natur und ist mit zartem Gefühl in meine Natur und deren Resultate eingegangen, besonders scheint mir dies in den nordischen Gegenständen. Ich hoffe er giebt mir eine Abschrift. Ich habe viel dabei an mein liebes Soestchen gedacht, weil in ähnlicher Weise auch Ihre Ansicht stets gewesen. Alle solche Aeußerungen geben mir nur die Gewißheit daß mein Instinkt mich recht geführt als er mich in das öde aber grandiose reiche Scandinavien führte. Gern unternähme ich es nochmals, Strapazen und Entbehrungen aller Art zu tragen, wenn ich einen mir angenehmen Gefährten fänd. Mich zieht es in letzter Zeit wieder unendlich nach dieser großen Einöde. Ich bin schon viel zu lange dem gewaltigen Athem der beiden Elemente so fern. Ich muß Gottes Hauch im Sturme wieder fühlen und darin neues Leben für die übrige Zeit holen, sonst werde ich schlaff u das ertrage ich selbst nicht. Recht angenehm wär mirs noch einen Kopf und 2 Hände zu haben, mich erdrücken die Forderungen und die Arbeit geht mir zu langsam. Friedrich kann mir mancherlei helfen, doch hat er noch zu wenig Wissen. Noch einige Jahre u es wird besser gehen. Doch es wird so finster daß ich diesmal schließen muß. Grüßen Sie mir die lieben Eltern u beide Schwesterchen von uns allen recht herzlich. Tausend Grüße aber noch für Sie allein von Ihrem treusten Freunde. Lassen Sie uns doch recht bald wissen wie es mit Ihnen steht liebe Marie. Adio Ihr Fr. Pr. [ligiert]. * Joachim Raff (1822–1882), Komponist, von 1849 bis 1853 Sekretair von Franz Liszt. ** Hermann Sauppe (1809–1893), Altphilologe. *** Gustav Steinacker (1809–1877), Theologe und Schriftsteller. Privatbesitz Bayern.
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266 Weimar, den 2. Februar 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Mit dem besten und freudigsten Dank erhalten Ihro Durchlaucht hiermit die Zeichnung zurük. Mit dem größten Interesse habe ich beide geistreiche Compositionen gesehen und wieder gesehen, und habe für mich die Ueberzeugung daß sie nur Schwanthaler gemacht hat, und zwar in seiner besten Zeit. Eine Copie kann nicht mit solcher Leichtigkeit, welche die größte Meisterschaft voraussetzt, gemacht werden. Wenn ich nicht sehr irre ist das Werk als Relief in der Residenz zu München von ihm selbst ausgeführt. In wahrster Verehrung Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Weimar d. 2 Febr. 1856. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
267 Weimar, den 11. Februar 1856. An Edward von Steinle (1810–1886), Maler. Verehrtester Freund, hochgeschätzter Meister! Ich beeile mich Ihnen die glückliche Ankunft der Zeichnung von gestern Abend an zu zeigen. Was soll, was kann ich Ihnen über das herrliche Werk sagen? der feierliche Ernst des Heiligen greift jeden tief ins innerste u hinterläßt jedem zuletzt die wohlthuenste Ruhe. Mir scheint es unmöglich den Gegenstand ergreifender und schöner zu denken. Wenn ich Ihnen versichere daß sie durch die Zeichnung den Besitzer wahrhaft beglüken und alle Kunstfreunde als Bewunderer um ihn versammeln, so ist das nur die einfachste Wahrheit. Auf Ihre Anspielung des landschaftlichen Theiles, erwiedere ich nur: daß große Historienmaler stets die schönsten Landschaften zu Tage gebracht, wissend daß ich von Ihrer Seite keinen Widerruf erfahre u daß mein ernsthaftestes Studium neben der Natur diese herrlichen Meister waren u sind. Da ich fürchte Ihre kostbare Zeit zu sehr in Anspruch zu nehmen, so bitte ich schließlich nur mit zwei Worten mir den Preis für die Zeichnung wissen zu lassen, damit ich umgehend Ihnen den Betrag übersenden kann. Der Himmel segne Ihr ferneres Schaffen. Mit den besten Grüßen Ihnen ganz ergeben 281
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Fr. Preller. Im Jägerhaus Weimar d. 11 Febr. 1856. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS-16609.
268 Weimar, um den 12. Februar 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Mit großer Freude kann ich Ihnen die Anzeige machen, daß Steinle’s Zeichnung des heil. Franciscus glücklich angelangt. Ich konnte nicht unterlassen sie zu öffnen, für welches Vergehen ich Ihrer Durchlaucht Verzeihung erflehe. Ich scheue mich nicht zu sagen daß die Zeichnung Raffaels würdig, wenigstens mir erscheint. Die schöne Figur ist durchaus edel und von schärfsten Ausdruk. Ihrer Durchlaucht meinen schönsten Glükwunsch dazu. Da es aber nöthig ist, Steinle sogleich die glükliche Ankunft zu melden, so bitte ich Ihre Durchlaucht um etwaige Aufträge. Vom Preis schreibt er nichts. Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
269 Weimar, den 14. Februar 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! So eben erhalte ich auf mein Anfragen bei Steinle wegen des Honorar für den heiligen Franziscus, die Antwort auf 80 rth. pr. c. Befehlen Ihre Durchlaucht daß ich Steinle wegen der Fertigung der zweiten Zeichnung jetzt etwa anfrage, so wollte ich unterthänigst bitten mir nähere Instruction zu kommen zu lassen. Nach Empfang des ersten Briefes Ihrer Durchlaucht war meine Anfrage wegen des Honorar schon an Steinle abgegangen, und somit ist in der Sache noch nichts geschehen. Ihrer Durchlaucht unterthänigster 282
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Friedrich Preller. Weimar d. 14 Februar 1856. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
270 Weimar, den 20. Februar 1856. An Edward von Steinle (1810–1886), Maler. Verehrtester Freund ! Ich hoffe Ihre Verzeihung wegen meines so späten Schreibens da mich nur ein mehrtagigen schmerzhaftes Unwohlsein abhalten konnte. Sie erhalten anbei die Summe von achtzig Rth.pr.c. mit der nochmaligen Versicherung daß Sie große Freude bereitet und die herrliche Zeichnung in guten Händen sich befindet. Nun aber habe ich eine nochmalige Bitte meines Freundes vorzutragen, deren Gewährung in Ihre gesegneten Hände gelegt ist. Können und wollen Sie wohl noch eine zweite Zeichnung in ähnlicher Weise, die der heiligen Rosa machen? Beide Heiligen haben für den Besitzer Bedeutung und sie erfüllen einen sehnlichen Wunsch mit Ihrem Ja. Es ist Ihnen frei gestellt, die Zeichnung bald oder später zu machen, wenn sie nur zu Ende Juni hier sein kann. Ihnen zur Erleichterung und als Anhalt habe ich noch folgendes bei zu fügen: Heilige Rosa von Lima in der Kleidung der Dominicaner Nonne mit der Dornenkrone auf dem Haupt u einer blutrothen Rose in der Hand. Ihre Familie gehörte zum hohen spanischen Adel und sie selbst war durch ihre ausserordentliche Schönheit berühmt, ging sehr jung ins Kloster und starb daselbst in höchster Blüthe ihrer Jugend und Schönheit. Noch habe ich die Bitte ausgesprochen daß, wenn es möglich die Farbe der dunklen Rose zu beachten u das weiße Gewand nebst den durchsichtigen schwarzen Schleier zu charakterisiren. In der Hoffnung Ihrer Zusage u somit auch frohe Aussicht eine zweite so herrliche Zeichnung hier zu haben darf ich Ihnen die Freude und den Dank so wohl des Besitzers als der Kunstfreunde versichern. Mit wahrer innigster Verehrung Ihnen ergeben Friedr. Preller im Jägerhause Weimar d 20. Febr. 1856. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS-16610.
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271 Weimar, wohl Ende Februar/Anfang März 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Frau Fürstin! Sie hatten die Gnade uns nebst Donner* für Sontag einzuladen, was ich, mit Ausschluß meiner Frau, die die nicht ganz gesunde Großmutter ungern verläßt, mit Freuden annehme, Ihro Durchlaucht wissen, daß es zu meinem schönsten Glük gehört Ihnen meine Dienste zu reichen. Der Brief an Steinle ist bereits auf dem Wege. Mich Ihrer Durchlaucht bestens empfehlend unterthänigster Fr. Preller. * Otto Donner von Richter (1828–1911), Historienmaler und Kunstschriftsteller; 1855 u. a. für Moritz von Schwind (1804–1871) tätig bei der Ausmalung der Räume auf der Wartburg; Schüler von Preller. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
272 Weimar, den 7. März 1856. An Edward von Steinle (1810–1886), Maler. Verehrtester Freund! Entschuldigen Sie meine so sehr späte Antwort auf Ihr letztes verehrtes Schreiben. Eine mehrtätige Abwesenheit von Weimar, bei der man die Briefe nicht nachschiken konnte, ist die Ursache. Ich schike Ihnen das Maas der Zeichnung des h. Franziskus nicht, weil auf das strenge Gleichmaas beider Zeichnungen durchaus nichts ankommt und Sie durch gar nichts genirt sein sollen wie und in welcher Weise Sie die Zeichnung machen, sie ist herzlich willkommen, da man Sie als großen Meister kennt und wahrhaft verehrt. Daß wir wieder etwas herrliches erhalten bin auch ich überzeugt und freue mich unendlich schon jetzt auf die Sendung. In wahrester Hochachtung u Verehrung Ihnen ganz ergeben Fr. Preller. im Jägerhause Weimar d. 7. März 1856. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 16613.
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273 Weimar den 14. März 1856. An Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863), Maler. Weimar d. 14. März 1856 Verehrter Meister Schirmer! Ihre an die Fürstin Wittgenstein geschikten Zeichnungen habe ich mit dem größten Interesse, ja wahrer Bewunderung wiederholt gesehen und kann nicht unterlassen Ihnen für diesen hohen künstlerischen Genuß meinen besten und wärmsten Dank zu sagen. Sie würden es sonderbar finden wollte ich mich in Lebenserhebungen ergehen. Die Sachen sind von einer solchen Bedeutung, daß sie jedem der einzugehen vermag die wahrste Anerkennung und Bewunderung abzwingen. Im innersten ergriffen haben vor allen mich drei, die zwei Musen und die Flucht Kains,* welches letztere mir unausgesetzt vor der Seele schwebt. Gott erhalte Ihnen Kraft und Gesundheit zu ferneren Schöpfungen. Oft schon hatte ich den Wunsch in der kleinen Sammlung meiner Frau auch von Ihnen etwas zu sehen, Ihre neusten Sachen machen ihn wieder rege. Ist es Ihnen vielleicht genehm, wenn wir bei Gelegenheit einen Tausch machen, so lassen Sie mir ein Werk zukommen. Mit den besten u herzlichsten Grüßen Ihr ergebenster Fr. Preller. im Jägerhause * Siehe Brief 284. Düsseldorf, Heinrich-Heine-Institut, Handschriftenabteilung/Archiv, Signatur: 91.5026.
274 Weimar, den 12. April 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Meine liebe gute Marie! Sein Sie mir nicht böse wenn ich Ihnen nur ein paar Worte schreibe. Ich bin recht elend u leide nun schon die ganze Woche am heftigsten Kopfweh. Der einzige Grund Ihnen ein Wort zu sagen u den Brief selbst zur Post zu bringen erhält mich außer Bett. Ist dies geschehen lege ich mich wieder fest. Marie ist zu Hofmanns, der Frau H. zu gratuliren, u so bin ich ganz ungestört. Es vergeht schwerlich eine Stunde des Tages in der ich Ihnen nicht geistig nahe wär. Dazu habe ich auch alle Zeit da meine Arbeit mich so wenig in dieser Zeit beansprucht. Die fast unausgesetzte Südluft bringt mich oft der Verzweiflung nahe. Ich schike Ihnen anbei das liebe Gedicht zurük, ich habe es mehrfach gelesen u finde immer mehr Gutes darin. Der Gegenstand ist wirklich höchst poetisch. Ich danke Ihnen herzlich. Soeben höre ich daß Morgen der fliegende Holländer gegeben wird. Meinem Befinden nach habe ich wenig Hoffnung dahin zu gehen. Bleibe ich zu Haus, werde ich mich an schönen Erinnerungen begnügen die ja bei dieser Oper so sehr viel sind u nie vergehen werden. Gott! wie viel Schönes haben wir doch schon zusammen erlebt! — 285
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Vor einigen Tagen hat uns Frl. Schöler besucht, die sehr glüklich scheint nun einige Zeit ungestört lernen zu können. Sehr begierig bin ich ob wir sie öfterer sehen. Fast glaub ich es nicht, da wir mit Sch.’s so gar nicht zu sammen kommen. Der Portraitmaler Lauchardt* hat hier seine Werke ausgestellt. Welch trauriges Resultat! — Mein Urtheil von früher ist zu gelind gewesen. Ich sehe in keiner seiner Arbeiten mehr als ein elegantes geistloses Fabrikat. Von künstlerischer Empfindung oder Feinheit ist auch keine Stelle von der Größe einer Hand. Ich bin sehr herab gestimmt worden von diesem ächten Zeitprodukt eines geistlosen Menschen. Genug davon. Ihm bleibt ja der Beifall so manches vornehmen Herrn, mehr brauchen solche Leute nicht um glüklich u hochnasig zu werden. Doch ich schließe diesmal weil ich nicht mehr kann. Möge es Ihnen recht gut gehen meine liebe süße Marie. Tausend herzliche Grüße Ihren wahren u treuen Pr. [Ligiert] Werden Sie morgen kommen? Indeß alles denke ich Ihrer mit ganzer Seele. Adio. * Richard Lauchert (1823–1868), Portraitmaler. Privatbesitz Bayern.
275 Weimar, den 14. April 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Montag früh i. St. Noch befinde ich mich so leidend daß ich an die Arbeit ungern denke, noch weniger würde es mir möglich sein mich damit zu befassen. Alles erscheint mir so trivial daß mir oft die Lust kommt das vorhandene zu zerstören, ohne neues zu beginnen. Gestern befand ich mich gegen Abend leidlich so daß ich versuchte die Oper zu hören. Zwei Akte habe ich ausgehalten, dann trieb mich das heftigste Kopfweh zu Haus, eine schlaflose Nacht, lang schmerzenreich war die Folge. Solcher Zustand wird doch zuletzt ziemlich genug. So eben erhalte ich Ihre flüchtigen Zeilen nebst Programm, welches schon auf dem Wege zur Altenburg* ist. Die Fürstin sprach ich gestern im Theater, sie hat allerdings im Sinn nach Erfurt zu kommen. Sie müssen darauf bedacht sein, wenngleich sich bei solchen Herrschaften die Sache oft ändert. Beachten Sie ihr etwaiges Kommen nicht, so hat sie wieder Ursach unzufrieden mit Ihnen zu sein, u das möchte ich wo möglich für Sie liebe M. vermeiden wissen. Sonderbar ist es daß ich jetzt so oft ohne direkten Grund an Goslar u alles dort er u verlebte denken muß. Gestern lag mir alles, ja die geringsten Kleinigkeiten so deutlich vor der Seele als hätte ich das Ganze erst gestern durchlebt. Ich fühlte nun unbeschreibliche Sehnsucht dorthin. Wer weiß wann u ob diese jemals gestillt wird? Gestern hat sich mir wieder ein Schüler aus München angeboten. Er ist Kurländer, hat von mir Arbeiten gesehen, u bittet mich nun ihn doch aufzu nehmen. Mein gefasster Vorsatz: 286
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keine Schüler wieder zu nehmen, erleidet in letzter Zeit öftere Angriffe u mein armes Herz wird oft schwankend, wenn ich an die dereinst mögliche Hülfe meiner Kinder denke, u von diesen Gedanken kann ich mich nicht befreien. — Wir alle erwarteten Sie eigentlich gestern hier. Milde** hat mit so frischer Stimme gesungen, wie ich ihn noch nie gehört. Er wurde schon nach dem ersten Akte gerufen, u so fort. Ich muß schließen, mein Kopfweh steigert sich wieder schreklich. Möge es meiner lieben M. besser gehen u sie heiter sein u bleiben. Ich bin viel um Sie. Adio liebes Herz. * Wohnsitz von Franz Liszt und Carolyne Elisabeth Fürstin von Sayn-Wittgenstein in Weimar. ** Hans Feodor von Milde (1821–1899), Opernsänger. Privatbesitz Bayern.
276 Weimar, den 23. April 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Jägerh. d. 23 Apr. 1856. Grüß Gott mein lieb Soestchen! Das erste was ich außer Bett wieder unternehme, u dies wahrsch. in einigen Absätzen, ist die Beantwortung Ihres lieben Briefes, den mir Marie theils erzählte theils vorlas. Da Sie immer verlangen u ich gern gewähre Ihnen das zu schreiben was von Bedeutung in mein Leben fällt, so wird dieser Brief schwerlich von etwas anderm handeln als von meiner bedeutenten Person. Daß ich mich schon seit längerer Zeit sehr unwohl fühlte, habe ich Ihnen, glaub ich mitgetheilt. Ich erwartete jeden Tag daß sich dieser Zustand einen entschiedenen Ausweg suchte. Am Sonnabend, den letzten Tag von Emil’s Hiersein, ging ich mit beiden Kindern in den Holländer, Ernst Hemkens Bruder Johannes war auch dabei, u der hatte noch nie eine Oper gehört. Der Abend hatte also für mich ein doppeltes Interesse. Obgleich schon unwohl, ohne jedoch etwas bestimmtes angeben zu können, hielt ich zwei Akte aus, für den dritten war ich incapace u ging direkt nachhaus, wo die Dr. Kämpfer war mit welcher ich noch das beliebte Domino spielte. Um 11 Uhr ging ich ruhig zu Bett konnte jedoch keinen Schluß finden u verfiel schon diese Nacht in ein heftiges Fieber, was sich so gegen Morgen unter immerwährenden Phantasiren gesteigert hatte, daß M. schon um 7 Uhr zu Fr.* schickte. Um 9 Uhr war er im Haus, nach Mittag wieder u zu Abend spät nochmals. Mir kam in lichten Augenbliken die feste Ueberzeugung daß mich ein heftiges Nervenleiden befallen u das war nicht weit vom Ziel, denn Fr. fürchtete dasselbe u hat die fürchterliche Krankheit nur durch fürchterliche Mittel bekämpft. Was ich durch die Kur u die Krankheit ausgestanden, erlassen Sie mir zu beschreiben. Da die Gefahr vorüber nennt es Fror. Ein heftiges rheumatisches Fieber, gesteht aber daß er das heftigste Nervenf. erwartet u dem entgegen gearbeitet habe. Gott sei gedankt daß es seiner Sorgfalt u Einsicht gelungen einen so schweren Schlag abzuwenden. Er ist als Arzt unvermeidlich. 287
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Nun denken Sie sich liebe Freundin welche Tage die gute arme Marie gehabt, die nur von einem Krankenbett zum andern zu eilen hatte um keines zu vernachlässigen. Gott sei gedankt, bisjetzt hat sie sich auf Beinen erhalten u nun hoffe ich soll es auch weiter gut gehen, da ihre beiden Pfleglinge sich wieder bergauf arbeiten. Das gute Weib hat schwere Tage durchlebt. Mich plagt noch ein heftige Halsentzündung u unbeschreibliche Schwäche in Kopf u Gliedern, sonst fühle ich mich behaglich. Soviel von der bösen Zeit u ihren Früchten. Eine große Freude hatten wir gestern durch unerwartete Nachricht von Ernst aus Hamburg, der mit der Mannschaft zu Lande u Wasser dorthin zurükkehrte, da der Capit. das Schiff in Schweden verkauft hat. Marie hat ihm augenbliklich geschrieben u hat er noch keine neue Stelle angenommen ist es leicht möglich daß er zu meinem Geburtstage hieher kommt. Dieser Tag soll übrigens so still als möglich verbracht werden. Kann ich wieder ausgehen, so werde ich mich ins Studium verfügen um dort etwaigen Besuchern ganz auszuweichen. Ihren geistigen Besuch meine liebe Freundin nehme ich dort gern ja mit Freuden an, u erwarte ihn sogar. Mir ist das beste Mittel zu meiner völligen u schnellen Genesung: Ruhe. Gestern habe ich ein sehr interessantes Konzert alter Kirchenmusik, denen sich neuere anschlossen, in der Schloßcapelle versäumt, was mich sehr schmerzt. Wie oft habe ich bei solchen Aufführungen Ihrer u der guten Schrek** schon gedacht. Möge mir einer sagen, was er will, solche Musik kann u darf nur in kirchlichen Räumen aufgeführt werden, ja ich gehe noch weiter, wo möglich in bizantinischen oder gothischen. Beide Künste verherrlichen das Dasein eines höchsten Wesens u schmelzen so in dieser großen Hauptidee in einander. Das Größte in beiden Künsten gehört der gothischen Zeit an, u weht uns frisch u tiefempfunden aus der Vergangenheit an, weil das menschliche unverdorbene Herz ganz dasselbe geblieben welches es vor tausend Jahren war, u noch nach 1000 Jahren sein wird. Ueber dies Capitel ließe sich viel gutes sagen, unendlich viel dummes und unbedeutendes ist leider auch schon gedrukt in der Welt erschienen. Viel Freude macht es mir daß Sie liebe Marie wieder die herrliche Sonate hervorsuchen. Welche unendliche Tiefe menschlicher Empfindung ist in diesen Tönen zur Deutlichkeit gebracht! — Beethoven war gewiß eine der begabtesten Künstlernaturen die je die Welt erblikt hat. Er hat mit Michel Angelo ganz ähnliches Schiksal. Seine Größe wagt niemand anzutasten, weil man ahndet es sei mehr göttliches in ihm als in den übrigen armen Menschenkindern, aber wirklich nach empfunden wird er dennoch von nur eingeweiheten, u deren hat die Welt nicht in Ueberfluß. Schon genug wenn das Große geahndet wird. Ich denke Sie kommen also zu irgend einer Vorstellung der W. doch darüber werde ich Ihnen noch schreiben wenn ich mehr davon gehört. Marie grüßt Sie mit der Großm. aus vollstem Herzen u bittet doch bald zu kommen. Adio mein lieb Soestchen auf baldiges frohes Wiedersehen Ihr Fr. Preller. * Robert Froriep (1804–1861), Anatom und Pathologe; seit 1846 Direktor des Landes-Industrie-Comtoirs in Weimar ** Franziska Schreck, Sängerin. Privatbesitz Bayern.
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277 Weimar, wohl im Mai 1856. An Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863), Maler. Mein verehrter lieber Freund! In welchem Lichte mag ich Ihnen wohl erscheinen daß ich nach so lieben Brief mit schöner Sendung mit meiner Antwort und Dank so spät vor Ihnen erscheine. Ich hoffe Entschuldigung zu finden, wenn ich Ihnen sage, daß ich abermals erkrankt und erst seit einigen Tagen auf dem Weg der Besserung bin. Erst jetzt genieß und erquike ich mich mit den meinigen an Ihren schönen Zeichnungen. Die kleine Zeichnung von Civitella bringt mir aufs lebendigste die dort verlebte schöne Zeit zurük. Beide kleine Zeichnungen sind ein schöner Zuwachs im Album meiner Frau, die sich bei Ihnen noch ganz besonders empfiehlt und bedankt. Die große Zeichnung ist in meine Mappe gewandert und soll mir für immer eine schöne Erinnerung bleiben. In der Radirung habe ich den Gegenstand schon seit Jahren besessen und freue mich recht von Herzen nun noch die große Zeichnung zu haben. Nehmen Sie lieber Freund meinen besten Dank und die Versicherung wahrster Freude an den schönen Sachen. Sie sind in bester Gesellschaft für alle Zeit aufbewahrt. Meine Frau hat mit großer Liebe nur Gutes gesammelt und wenn auch nicht immer bedeutend, doch sehr viel interessantes von Oberbeck Ph. Veit, Steinle Koch Reinhardt Schwind Neher Schnorr Jäger u vielen andern ausgezeichneten Leuten. Daß Ihnen meine Zeichnung gefallen giebt mir Muth und Freude für die Vollendung des Bildes. Ungern entschloß ich mich in solch hohes Format See zu malen, da es zu ungünstig für die charakteristische Linie des Gegenstandes ist, obgleich eigene Neigung für das Element oft in mir vorherrschend ist. Meine Frau ist eines Seemanns Tochter, ihr Vater fuhr als Capitain mehr als 50 Jahre glüklich. Meine Schwiegermutter ist ebenfalls eine Capitainstochter und mein ältester Sohn hat als Seemann auch schon die Welt umsegelt. Sie werden daher begreifen daß ich oft und gern mit den wilden Elementen mich herumschlage. Noch hatte ich für Sie eine Zeichnung angefangen u werde dieselbe gelegentlich vollenden aus dem Homer (eines der Temperabilder in Leipzig) vorausgesetzt daß Sie Freude daran haben, und würde Sie um eine Erinnerung an die herrliche Composition Ihres Todes von Abel bitten.* Diese Zeichnung steht mir unausgesetzt vor Augen, sei es in welchem Maasstab es wolle. Sie selbst einmal wieder zu sehen ist ein heißer Wunsch von mir. Ich denke wir streben in der Kunst nach einem u denselben Ziele u werden uns in jeder Weise verstehen. Möge dieser Wunsch mir bald in Erfüllung gehen. Ich grüße Sie von ganzem Herzen Fr. Preller. * Siehe Brief 284. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS-13505.
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278 Weimar, im Mai 1856 (?) An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Mittw. Morgen 8 ½ Uhr im St. Guten Morgen meine liebe Freundin! Ich übersende Ihnen anbei den für die süße Mama bestimmten Brief mit tausend herzlichen Grüßen für Sie selbst, u hoffe daß sie von einem vergnügten Gesichtchen begrüßt werden. Gestern 5 Uhr müßten Sie meinen letzten Gruß pr. Eisenbahn empfangen haben. Beim Sehen der langen weißen Rauchwolke die sich so schnell nach dem geliebten E. bewegt überkommt mich jedesmal eine complete Sehnsucht selbst der Ueberbringer meiner besten Wünsche u Grüße zu werden, sodaß ich bestimmt glaube daß Sie um diese Stunde meine geistige Nähe entschieden fühlen müßten. Die vorgestrigen tableaus der h. Elisabeth sind, so gut es möglich war bei dem engen Raum gut ausgefallen. Die Fr. v. K. war vortrefflich im Gefühl u Äußern. Der Hof war entzükt.* Sämtliche Bilder lassen sich jedoch auch mit Leuten von Talent vortrefflich stellen, wie überhaupt das beste im historischen Fach immer das bequemste ist, wenn die Zahl [Seite fehlt]. * Preller veranstaltete als Vorsitzender des Lukas-Vereins immer im Mai Aufführungen von tableaux vivantes für den Hof. Siehe die Briefe 154, 157, 193. Privatbesitz Bayern.
279 Weimar, im Frühjahr 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Grüß Gott lieb Soestchen! Da Marie Ihnen ein kleines Frühstükchen, was sie aus Flensburg erhalten zugedacht, finde ich Gelegenheit ein Wort bei zu legen um Sie um eine Gefälligkeit zu bitten. Sollten Sie vielleicht in der Nähe meines Vergolders passiren, so fragen Sie ihn doch ob er im Laufe der Woche zuhaus zu treffen sei, da ich wahrscheinlich Donnerstag oder Freitag mit dem Rahmen zu ihm will damit er die Dummheit des Tischlers wieder in Ordnung bringe. Bis dahin denke ich ganz durch zu kommen. Sie geben mir wohl mit einem Worte Nachricht. Ich hoffe daß es mit Ihrer Gesundheit nun in der alten Ordnung ist. Halten Sie sich ja recht und arbeiten Sie nicht über die Kräfte. Heute geht unser Paquet, [unleserlich] hoffen wir das liebe Soestchen bestimmt für Sonntag bei uns zu haben. Ich hoffe indeß Sie noch vorher zu sehen. Wir befinden uns alle leidlich. Marie grüßt mit mir herzlichst Ihr Fr. Pr. Privatbesitz Bayern.
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280 Weimar, den 9. Mai 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Jägerhaus Freitag Morg. 7 Uhr. Guten Morgen lieb Soestchen! Gern hätt ich Ihnen schon längst auf Ihren lieben Brief geantwortet hätte nicht abermals mich aufhaltendes Unwohlsein von allem abgehalten was auf mich wartet. Erst seit gestern geht es mir besser, obgleich ich noch nachträglich vergangene Nacht an heftigen Zahnweh sehr gelitten. Daß Sie liebe Marie an Ihren bösen Füße noch so viel leiden müssen, thut uns allen wahrhaft leid und wir bedauern Sie jetzt um so mehr, da Ihnen neben den Schmerzen so viel hoher Genuß in der Kunst dadurch entgeht. Gestern hat die Wagner* die Klytamnestra gesungen. Später davon mehr. Was Ihren Auftrag wegen des Catalogs u der Stiefeln betrift, sehe ich mich noch nicht im Stande Ihnen zu genügen, da mir selbst auf wiederholtes Anfragen bei Schölls weder das eine noch das andere verabreicht wurde. Haben Sie denn vielleicht beides zurükbehalten? oder liegt die Sache bei Schölls. Sagen Sie mir hierüber doch etwas Bestimmtes. Auch lassen Sie doch wissen auf welche Weise der von Ihrem Bruder hier zurükgelassene Hut Ihnen zu schiken wäre. Mein Hutfuteral ist zu niedrig für den gewaltigen Zilinder des 19 ten Jahrhunderts. Vielleicht ist Ihr Hauswirth Herr Lemser im Besitz von Stallungen für dergl. Ungethüme u erklärt sich bereit einen solchen auf kurze Zeit Ihnen zu überlassen um die formloseste Kopfbedeckung seit Noahs Zeiten Ihrer Vaterstadt unbeschädigt wieder einhändigen zu können. Je länger er hier steht desto mehr wird er an Schönheit einbüßen u da hieran äußerst wenig vorhanden, müßte er vielleicht leicht in Nichts verschwinden. Rathen oder helfen Sie auch seiner lieben Freundin, denn mein Witz ist am Ende in derlei Begebenheiten. Zur gestrigen Vorstellung zu der ich mit Marie, die die herrliche Künstlerin noch nicht gesehen, mit großer Erwartung zum Theater eilte. Die Rolle der Klytamnestra ist für große Talente ganz geeignet, aber auch nur für solche. Die W. ist der Aufgabe gewachsen und hat sie in einer Weise gelöst, daß mir die Ueberzeugung geworden: vortrefflicher hat sie noch niemand begriffen u durchgeführt u schwerlich wird es jemand wieder thun. Die Leistung war nach jeder Seite hin unübertrefflich. Das war die Antike begriffen. Ein ernstes tiefes Studium schon in der äußern Erscheinung war unverkennbar. Jeder Moment schien mir in dem unsterblichen Kunstwerke der Griechen seit lange bekannt. Mit vollendeten Geschmak war ihr Anzug gewählt u darin bewegte sie sich, als wär sie als Königin drin aufgewachsen. Jede Bewegung war der sprechendste Ausdruck des tiefsten innersten Gefühles u echt griechisch. So war ihr Gesang, der sich der Sache gemäß bis zum äußersten steigerte. Dieser Abend brachte mir einen Kunstgenuß, wie ich nur wenige in meinem Leben zähle. Ich bedauere unendlich, daß Sie davon nichts gehabt. Die herrliche Leistung steht mir himmelweit über dem Orpheus. Der Himmel hat dies herrliche Geschöpf zum Weibe gemacht u sie hat bewiesen, daß sie ein unvergleichliches ist. Der Himmel erhalte sie noch lange der Kunst u ihren Anhängern. Milde** hat Weimars Ehre gerettet. Ohne ihn hätten wir nur Schande erlebt; auch er hat seine Rolle begriffen u mit Verständnis zur Erscheinung gebracht, wie ich noch nichts von 291
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ihm gesehen. Er hatte ein Recht auf stürmischen Applaus, der ihm auch nicht fehlte. Seine holde Gattin trug ihre Talentlosigkeit für das Höchste so glänzend zur Schau, daß sie ich glaube zum erstenmal in ihrem Leben, selbst erröthete. In allem, worin die W. groß, war die M. erbarmungswürdig. Obgleich ich stets ein Gegner ihrer Verehrer gewesen u das Talentchen stets gering angeschlagen hat sie selbst doch noch nie so sprechende Beweise der geistigen künstlerischen Armuth zu Tage gebracht. Das kleine eitle Persönchen mag nach der Vorstellung nicht brillant gelaunt gesesen sein. Armer Gatte! — Der Abend ist mir indeß unvergeßlich, denn mir wird die W. in dieser Leistung unvergeßlich sein. Hoffentlich geht es meiner lieben Freundin nun wieder in jeder Weise besser!! Lassen Sie doch recht bald etwas von sich u Ihrem Befinden hören. Wir alle grüßen Sie aufs herzlichste. Adio Ihr Fr. Pr. Ernst hat schon am andern Tage in Hamburg seinen Platz als Vollmatros gefunden, u zwar auf dem größten Schiff was im Hafen gelegen, einem Holländer Wilhelm der 1. u geht wahrscheinlich nach Nordamerika, heut unter Segel. * Johanna Wagner (1826–1894), Opernsängerin. ** Hans Feodor von Milde (1821–1899), Opernsänger, verheiratet mit der Opernsängerin Rosa, geb. Agthe (1827–1906). Privatbesitz Bayern.
281 Weimar, den 10. Mai 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Mit dem größten Bedauern habe ich gehört, daß Ihro Durchlaucht mich gestern im Atelier verfehlt. Eine längst verabredete kleine Parthie verhinderte mein Dortsein. Für die Sendung der Zeichnungen sage [ich] Ihrer Durchlaucht meinen besten Dank. Es war mir interessant genug zu sehen wie viel Gesindel sich unter der Firma von Kunstprodukten in die Hände von Sammlern und Künstlern einzuschleichen sucht, und durch consequente Frechheit doch hie und da zu etwas gelangt. Derlei Fabrikat, wie das sogenannte englische darf nach meiner Ansicht von der Kunst, der ich mein ganzes Leben mit allem Ernst gedient, nie das Recht eingeräumt werden seinen Platz in einem Porfolio zu suchen. Die hier bezeichneten Calam’s* sind nach meiner vollkommensten Ueberzeugung untergeschobene Sachen, an welche genannter großer Meister auch keinen Finger gelegt hat. Wären sie wirklich Originale würde ich tief betrübt sein über solchen Rückschritt und davon nichts besitzen mögen. Doch wäre Calam selbst bis zum [?] gekommen, bis zur Unkenntnis und Häßlichkeit der Form kann er nicht herunter 292
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kommen, und eine große Gewandheit im Arangement verlernt man nie, sobald man sie einmal besessen hat. Ihrer Durchlaucht gütigster Einladung zum Dejeuner werde ich Folge leisten wenn mein leider übles Befinden es nur einigermaßen gestattet. Entschuldigen Durchlaucht gütigst, wie Sie es ja immer thun mein so offenes Bekenntnis in Kunstsachen auch diesmal. Als Künstler kann und darf ich nur streng wahr gegen andere und mich sein. In wahrster Verehrung Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Weimar d. 10 Mai 1856. * Werke des Landschaftsmalers Alexandre Calame (1810–1864). Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
282 Weimar, im Mai 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Grüß Gott mein lieb Soestchen! Da Fräulein Schrek gestern nicht gekommen, erwarten wir sicher daß endlich der Hut noch heut zu Ihnen gelangt, denn kommt sie auch heut nicht, so habe ich beschlossen den Hut pr. Post zu schiken, da Sie ja jeden Tag die Miethe zahlen müssen, was doch mehr trägt als die paar Groschen porto. Das Futteral gehört Schreiber und ich bitte Sie liebe Marie mit dessen Rückbesorgung ja nicht zu zögern. Sie wissen daß er ein eigener u sehr accurater Mensch mit seinen Sachen ist. Catalog und St. sind zur Altb. besorgt. Ich hoffe die Sache bleibt in Heinrichs Mund verschwiegen. Ich dächte Sie müßten nun endlich die F. beurtheilen können. Die Ausstellung ist dem Catal. nach höchst traurig. Da indeß wahrscheinlich einiges gute sich vorfindet will ich mit Friedrich u Matho doch hinüber u dies wird, so nichts dazwischen tritt, kommenden Sontag sein. Rechnen Sie diesmal mit gar nichts auf uns, denn wie oder wann wir kommen ist unsicher, u mit fremden komme ich nicht zu Ihnen. Bleibt es dabei, komme ich sicher des Nachmittags zu Ihnen, u da Matho fest nicht kommt, kann dieser dann mit Fr. mancherlei besprechen, während ich gemüthlich bei Ihnen bleibe. Ich denke so wird es dem kleinen armen Herz wohl recht sein. Ich hoffe u wünsche daß es mit Ihren Füßen schon jetzt viel besser geht. Mit Großm. ist es die verg. Nacht sehr schlimm gegangen. Ich glaube an ein wirkliches besser werden nicht mehr u wünsche nur daß sie nicht viel leiden muß. An Papa Soest habe ich geschrieben u der Brief wird wohl zur Zeit angekommen sein. Ich bin an den Geiern sehr fleissig u erst seit gestern scheint mir daß ich die Schwierigkeiten überwinde. Mit meiner Gesundheit ist es noch immer nicht besonders. 293
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Für heute noch die Grüße von uns allen. Adio Ihr F.P [ligiert] Privatbesitz Bayern.
283 Weimar, Ende Mai 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Meine liebe Freundin! Heut morgen erhielt ich Ihren lieben Brief nebst Einschluß und ich beeile mich Ihnen für Oskar zu schiken, was ich für geeignet halte. Ich habe die Tur großentheils selbst gemacht, wenn auch in anderer Weise, u zu verschiedenen malen. So wie ich die verschiedenen Schönheiten verbinde, wird er eine der schönsten Gebirgstouren vollbringen, die sich überhaupt in Tirol machen lassen. Ich wünsche ihm nur einen guten Gefährten, der diese Natur versteht u ihre großen u bedeutenden Momente empfindet. Ich selbst würde große Freude haben, eine solche Reise mit ihm machen zu können. Diesmal geht es nicht. Marie schikt Ihnen für den ausgez. Spargel den besten Dank. Er wird uns morgen in Erinnerung an die liebe Freundin noch vortrefflicher schmeken als wer er hier gewachsen. Morgen werde ich wieder an die Geier gehen um mich bald davon zu befreien. Ich muß mich endlich davon losmachen um anderes zu beginnen. Mit der Großmutter geht es immer mehr abwärts, sie ist sehr viel irr u obgleich oft wieder stark, kann es doch zu nichts führen. Zum Requiem zu kommen, wird durch diesem traurigen Fall unmöglich werden, der Froriep sagt, es könne sehr schnell zum Ende kommen. Doch vielleicht fügt sich alles anders. Um auf dieser Tur nicht 2 mal nach Salzburg zu kommen ist das beste von Wien sogleich nach Salzburg, Bergdesgaten, Königsee Watzmann, Hinterzarten, nach Saalfelden, Zell am See, Mittersill u Grimmel. Von da aus kann man eine Tur nach den Groß Venediger oder Glokner machen. Von Grimmel über die Gerlos nach Zell im Zillerthal. Schön ist von Zell aus, das Hinterzillerthal bis Ginsling. Von Zell nach Straß, Schwaz, Hall Inspruk. Von da über den Brenner nach Botzen u Meran (Abstecher ins Basseierthal). Bei Meran ist das Maisthal. Von Meran nach Naturns ins Schnalserthal, Unsre Frau über den Oetzthaler Firner nach Fend. Von da nach Zwieselstein ins Oetzthal über Umhausen (schöner Wasserfall) nach Jenst, Landek, nach Flirsch, St. Anton über den großen Arlberg nach Blutens, Feldkirch, Bregens Bodensee. Von da nach Wien zurük. Sehr empfehlenswerth ist das rothe Buch von Bädecker. Ich bin in größter Eil denn es ist Postzeit. Also nur noch die herzlichsten Grüße von uns allen. Mein liebes Kind Ihr 294
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Fr. Pr. [ligiert] Privatbesitz Bayern.
284 Weimar, den 30. Mai 1856. An Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863), Maler.
Abb. 30 und 31
Mein lieber Freund ! Ihr letztes Schreiben hat mir in doppelter Weise große Freude bereitet, einmal durch die Aussicht auf ein Wiedersehen und dann durch das freundliche Eingehen auf meinen Vorschlag. Wie gern hät ich Ihnen schon längst geantwortet, ein unausgesetztes Zahnleiden hat mich aber bisher von allem zurückgehalten. Meine Pläne in betref meiner nöthigsten Arbeiten, Reiseprojekte, alles ist gescheidert. Wenn die Zeichnung für Sie sich also auch mit verzögert, so kennen Sie um die Ursach, doch werde ich sicher die erste paßliche Zeit dafür zu nutzen suchen. Unendlich freue ich mich auf Ihre herrliche Composition die ich so groß und ernst finde als mir nur je von dem herrlich M[ei]ster Poussin etwas
30. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Johann Wilhelm Schirmer vom 30. Mai 1856 mit Skizze nach Zeichnung von Schirmer.
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31. Johann Wilhelm Schirmer: Kains Flucht, Zeichnung, 1855.
vorgekommen. Der Himmel möge Sie in Schutz nehmen damit Sie noch viel Großes schaffen, wozu Sie so herrlich gerüstet. In Berlin möge man aufschauen damit die Herren dort etwas von Ihnen lernen, was sie durchschnittlich gut brauchen können. Sie aufs herzlichste grüßend bitte ich noch Ihrer Frau Gemahlin mich bestens zu empfehlen. In Freundschaft u Verehrung Ihr Fr. Preller. Weimar d. 30 Mai 1856. Ihr herrlicher Tod Abels verläßt mich keinen Augenblick.* Wie oft habe ich schon die [?] Lienien hingeschmiert! — Dieser Gegenstand kann niemals schöner u ergreifender dargestellt werden. Ist die Zeichnung in meinem Besitz, soll sie mir, so lange ich lebe nicht mehr aus den Augen. Ein Platz dafür ist in meinem Atelier schon bereitet. Nochmals herzlich grüßend. * Schirmers Zeichnung Kains Flucht von 1855 geht auf die Biblischen Landschaften nach Motiven aus dem zweiten Buch Mose von Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872) zurück und dokumentiert die Auseinandersetzung des Künstlers mit Themen aus dem Alten Testament. Siehe auch die Briefe 273 und 277. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS-13504.
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285 Weimar, den 14. Juni 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Jägerh. Morg. 6 Uhr. d. 14 Juni Guten Morgen liebe Marie! In unser aller Namen kann ich Ihnen das Dahinscheiden unsrer lieben Großmutter melden.* Sie starb diese Nacht ¼ nach Mitternacht, ganz ruhig, wie sie gelebt. Wir alle sind so weit ganz beruhigt, ihr konnte ja nichts besseres mehr kommen. Sie wissen, wie wir miteinander gelebt u daß sie unter uns gern u glüklich war. Ihre letzten Stunden waren ganz ruhig zu nennen u so ihr Tod. In unserer Erinnerung wird sie so lange leben als wir selbst. Marie lässt Ihnen sagen daß sie durchaus nichts darin finden könnte, wenn Sie eine Nacht im Gasthof schliefen, auf Reisen thut es ja das eine wie das andere. Dies ist auch meine Ansicht, und so glaube ich daß wir Sie vor Ihrer Reise noch einmal sehen. Wir alle grüßen Sie herzlichst. Ihr Fr. Preller. Wollen Sie Schölers die Frl. Schrek die Mittheilung machen, thun Sie uns einen großen gefallen. Adio. * Eline Erichsen (geb. 1771). Privatbesitz Bayern.
286 Weimar, den 16. Juni 1856. An Edward von Steinle (1810–1886), Maler. Verehrtester Freund! Ihr Brief und Sendung der heil. Rosa sind glüklich angekommen und dem Besteller übergeben. Gott: welch herrliche Zeichnung. Sie hat, wo sie gesehen wurde einen tiefen ernsten Eindruck gemacht und in Künstlern die höchste Bewunderung hervorgerufen. Mir und den meinigen ist sie ein Segen und die schönste Erinnerung für Leben. Meine Schwiegermutter, eine im Laufe des Lebens schwer geprüfte vortreffliche Frau lag auf dem Sterbebette als die herrliche Zeichnung ankam.* Sie wurde geöffnet und Sie verehrter Freund können begreifen welchen tiefen u schönen Eindruk und Trost sie in allen Herzen hinterließ. Alles richtete sich in den schweren Stunden wieder auf und sah mit Fassung den letzten Augenbliken der nun seeligen vortrefflichen Mutter entgegen. Sie entschlief 2 Stunden später als ächte Christin. So lange wir leben wird uns die Seelige unvergeßlich bleiben und in der Erinnerung ihrer werden wir auch Ihres schönen Werks und des Meisters in Dank, Liebe und Verehrung gedenken.
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Der Besteller ist mein Freund Franz Liszt. Die herrlichen Zeichnungen sind im Besitz der Prinzeß Maria Wittgenstein und zählen zu den theuersten was sie besitzt. In bessere Hände können sie nie kommen. Die Fürstin hat selbst einige Zeilen beigelegt u bittet mich Sie um Nachsicht ihres deutschen Styls zu bitten. Anbei empfangen Sie auch das Honorar von 80 rth. Melden Sie mir nur mit Worten den Empfang. In wahrer Verehrung Ihnen ganz ergeben Fr. Preller. Weimar d 16. Juni 1856. * Siehe Brief 285. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS-16607.
287 Weimar, im Juni 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. 6 Uhr ½ im St. Ich bin eine halbe Stunde gelaufen u komme mit neuen Schmerzen in den Zähnen zurük. Mir ist als müßte ich den Brief heute noch fortbringen, da ich nicht wissen kann wie mein befinden morgen ist. Was soll ich auf Ihre Versicherungen sagen? Ich fühle unumstößlich daß ich noch heute wie vor 4 Jahren denke fühle u lebe. Was ich ergriffen, was so in mir lebt u mich für alles Schöne und Gute erhebt u begeistert, es erstirbt nicht in einem Augenblik, aber es kann allmählig zerrüttet werden und mit ihm das beste was ich besessen. Der Anfang ist gemacht u die Folge muß lehren was über meine geistige Existenz im Himmel beschlossen. Was Sie über Ihren Zustand schreiben, begreife ich vollkommen nur verstehe ich den Wechsel von Bitterkeit und Zuneigung gegen ein u denselben Menschen nicht, der sich stets gleich geblieben. Wo wahres inniges Verständnis obwaltet, können äußere Verhältnisse scheinbar manches verändern, im Grunde aber nicht das mindeste, u nie wird mir der Gedanke kommen mich irgend wie an Ihnen rächen zu wollen, wenn der Schein mir nicht ganz zusagt. Soll es sein u bleiben, wie alles war, darf kein Mißtrauen eintreten. Daß dies der Fall seit länger war, habe ich oft mit Schmerzen wahrgenommen. Ehe Sie zuhaus gehen, möchte ich Sie gern noch einmal sehen. Ich möchte Ihnen gern manches noch sagen. Daß Herr F. nach Magdeburg geht habe ich auf der Altenb. gehört. Ihr Hin oder Nichthingehen, Ihr Briefannehmen oder unerbrochen Zurükschiken, Ihr Besuch annehmen oder nicht ist mir entscheident in dieser Sache. Bedenken Sie was Sie damit aufs Spiel setzen. Ich schließe von allem meine Person aus u lege Ihnen nur ans Herz, was Sie Ihrer Ehre schuldig sind. Auf diesen Brief können Sie mir nur mündlich antworten. Ich grüße von niemand, denn es weiß niemand, daß ich schreibe. Ich allein habe diesmal die heißesten innigsten Grüße für Sie, ob für später oder heut zum letztenmal, hängt von Ihnen ab. Adio 298
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Nun nur noch die herzlichsten Grüße. Was ich gestern im Wagen Ihnen versprochen liebe Marie ist wahr. Mein Gefühl von 4 Jahren ist heut dasselbe und wird es bleiben so lange ich überhaupt bleiben kann. Nehmen Sie den unerquiklichen Brief hin u erhalten Sie dem Schreiber etwas von dem was ihn so lange beglükte. Adio. Privatbesitz Bayern.
288 Weimar, den 21. Juni 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab. 6 ½ Uhr im St. Guten Morgen mein lieb Soestchen! Mein erst Beginnen sei heut Ihnen für den Sontag den gewohnten Gruß zu präpariren an den Sie nun schon Jahrelang gewöhnt sind. Er mag diesmal etwas weiter wandern vielleicht verdient er dadurch sich ein noch wärmeres Willkommen, damit soll keineswegs gemeint sein daß die frühern in Erfurt gefroren hätten. Sie sind nun wieder im lieben Elternhause u jedenfalls recht vergnügt u glüklich. Genießen Sie die schöne Zeit in allen Nuancen, sie muß ja wieder für lange aushalten u entschädigen. Sie sind keine Stunde allein gereist, denn ich war im Geist den ganzen Tag bei Ihnen u wußte jede Station die Sie erreicht. Den Augenblik Ihres Ankommens in Goslar habe ich lebendigst mit durchlebt. In dieser Stunde stehen Sie wohl ohngefähr auf und gehen nach dem Gartenzimmer um in Gemeinschaft mit den theuren Ihrigen den Kaffe zu trinken. Auch dahin folge ich Ihnen u zwar ohne alle Störung da ich so früh noch allein im St. bin. Der schöne Morgen wird das lieb Kind herausloken, u wohin? Ach! wüßte ich doch immer was Sie vornehmen, damit ich, wie früher, auch dabei sein könnte. — Ich denke, Sie führen Franziska wohl auch die schönen Wege, die wir zusammen gegangen, u die ich Ihnen einst gezeichnet habe. Die Abende wird wohl meist musizirt. — Ich sitze hier u bin so fleißig als möglich. Meine Geier sind vollendet* u nun erhole ich mich an einigen Kohlezeichnungen fühle aber daß ich fort muß, denn nervös bin ich ein wenig gestört. Ich habe ziemlich angestrengt gearbeitet. Sonst geht alles ziemlich gut, Marie besteht die schwere Zeit mit ziemlicher Fassung u Ruhe u ich denke sie wird sich wieder erholen, da sie eine gute Natur u gesunden Schlaf besitzt. Mit mir ist es anders, ich schlafe noch keine Nacht mehr als höchsten 3 Stunden. Neulich hätte der Dr. Kämpfer u Familie ein großes Unglük wiederfahren können. Vergangenen Abend, als Sie bei uns waren u das Gewitter so wüthete, hatte dieser harte Schlag bei Kämpfers eingeschlagen. Alle 4 Personen waren übereinander gefallen u Augenblik ohne Besinnung gewesen. Der Blitz hat mancherlei im Zimmer zertrümmert u gerissen, aber die 4 Personen, im selben Zimmer nicht berührt. Auf dem Boden hat er ganze Balken zu Pulver gerieben, u ist an der Eke des Hauses wieder herausgefahren. Der Schrek mag doch ein bedeutender gewesen sein. 299
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Jetzt nur noch die herzlichsten Grüße von Marie u mir an alle lieben Ihrigen u Fr. Schrek. Wenn Sie ein Stündchen für mich übrig behalten, so schreiben Sie mir wohl in nächster Zeit!! Adio mein liebes Kind. Ihr F.Pr. [ligiert] * Das Motiv der Geier hat Preller mehrfach dargestellt. Hier handelt es sich um das Gemälde Geier auf Felsen im Hochgebirge, welches der Künstler im Auftrag der Großherzogin Maria Pawlownas (1786–1859) malte und das sich heute im Besitz der Klassik Stiftung Weimar befindet. Privatbesitz Bayern.
289 Weimar, den 29. Juni 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sont. Morg. 7 ½ im St. Den besten Sontagsgruß meinem lieben Kinde! So eben erhalte ich durch die Jungens Ihren lieben Brief, (Emil ist für 1 Tag auch hier) die einen Morgenspaziergang nach Belvedere machen u den Postboten unterwegs trafen. Ich würde Sie wie gewöhnlich gern heute meinen Gruß zugeschikt haben, hätte ich die letzten Tage nicht abermals mit den heftigsten Kopf u Zahnweh verbringen müssen. Erst seit heute geht es wieder besser u schon um 6 Uhr entschloß ich ins Studium während das mich hier nichts, als gutes erreichen kann. Sie liebe Marie wissen ja, daß mein eigentliches Leben von einiger Bedeutung hier u nur hier Grund u Boden hat. Was u wie ich in der Künstlerwelt bin, ist es auch nur wenig, es wurzelt hier, treibt u trägt seine kleinen Liebes u Leidensfrüchte. Sontags Morgens, wo Sie mich immer ungestört finden haben Sie heute gewiß mich auch aufgesucht. Meine jetzigen Arbeiten freuen mich seit langen einmal wieder, denn ich zeichne Carton. Sie wissen daß diese geistige Production meiner ganzen Natur am aller meisten zusagt. Ich habe in den letzten Tagen welche ich arbeiten konnte für Marie die Geier in Kohle gezeichnet, u bin jetzt daran ihr von der neuen Kentauren Composition eine kleine Copie zu machen. Für Schirmer in Carlsruhe habe ich einen Carton aus der Odyssee, der Held mit dem Hirsch bei der Circe auf der Staffelei u diese Zeichnung glaub ich machen nicht viele besser. Sie sehen ich bin nicht so bescheiden als ich aussehe —. Ich gehe von hier, wenn nichts zwischen kommt den 15 t. ab, bis Magdeburg, um das einmal wieder zu sehen, u käme also den 16. zu Ihnen. Dies meine vorläufige Rechnung an der sich hoffentlich nicht viel ändern wird. Ich freue mich unendlich ein paar Tage mit all den lieben Ihrigen zubringen zu dürfen. Ich danke Ihnen übrigens herzlich für Ihren lieben Brief, den ich freilich ein paar Tage schon erwartet hatte. Sie wissen daß er auch so willkommen geheißen wird. Es ist ja alles wie nur zu wünschen. Grüßen Sie all die theuren Ihrigen von Marie u mir, Ihrem treuen Fr. Preller. Auch Frl. Schrek einen schönen Gruß. Privatbesitz Bayern.
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290 Weimar, den 5. Juli 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab, 5 Uhr im St. Ganz flüchtig nur einen herzlichen Gruß für alle Lieben in Goslar. Fehlt er morgen meiner lieben kl. Freundin, wird sie im nächsten Brief schelten u das wäre mir unerträglich. Hier geht es den alten Gang, dem zu entfliehen ich so viel arbeite als irgend möglich. Ich habe auf diese Art mancherlei vollbracht. Für Marie habe ich eine kl. Copie der Centauren gemacht. Die Kohlezeichnung der Geier kennen Sie schon. Ferner habe ich eine Kohlenz. von einem der Leipziger Bilder vollendet, die ich selbst lobe. Das Geieroelbild habe ich vollendet u jetzt bin ich daran den Ulysses bei der Calypso zu zeichnen. Bin ich fleissig gewesen? Ferien beginnen am 13 t. d. also Sontag, ich reise aber ungern des Sontags, u gehe also Montag den 14 von hier weg bis Magdeburg, Dienstag gehe ich weiter u werde also Mitwoch den 16 t. in Goslar eintreffen. Ich freue mich unendlich darauf Sie u alle die lieben Ihrigen einen Tag zu sehen. Bringen Sie ihnen meine herzlichsten besten Grüße. Für heute Adio, Ihr Fr. Pr. Privatbesitz Bayern.
291 Weimar, im Juli 1856 (?). An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Hochverehrter Freund! Es ist mir höchst schmerzlich der heutige Einladung der Frau Fürstin nicht Folge leisten zu können. Mein ernstliches Unwohlsein zwingt mich seit 3 Tagen zu mediziniren und das Haus zu hüten. Hätten Sie wohl die Gewogenheit Ihrer Durchlaucht dis als Entschuldigung mitzutheilen? Mich Ihnen empfehlend Fr. Preller. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25,16.
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292 Weimar, den 6. Juli 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Abermals zwingt mich mein böses Loos zur Entsagung meiner schönsten Freude: Ihrer Durchlaucht meine Aufwartung zu machen. Seit vier Tagen ertrage ich nun wieder die heftigsten Zahnweh und habe in Folge derer eine geschwollene Wange, die mich zwingt die feuchte Luft womöglich ganz zu meiden. Erträgliche Stunden benutze ich mit einer gewissen Hast für einige Weimarer Arbeiten und wundere mich oft daß überhaupt noch etwas in dieser Zeit zu Stande kommen kann. Sehr glüklich würde ich sein sie Ihrer Durchlaucht vorlegen zu können. Die Geier habe ich nun auch vollendet und sie erwarten den hohen Ritterspruch Ihrer Durchlaucht, der mir, günstig oder ungünstig, allein von Werth ist. Zum erstenmal in meinem Leben beneide ich mich selbst, ich meine mein Portrait, welches das Glük hat Ihrer Durchlaucht statt mir seine Aufwartung machen zu können. Möge dieses Glük mir nicht zu lange versagt sein. Ihrer Durchlaucht Gewogenheit empfehlend zeichne ich mich in tiefster Verehrung Friedrich Preller. Weimar d 6 Juli 1856. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
293 Hamburg, den 26. und 27. Juli 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt an und ihre Familie. Hamburg Sonab. Abends 10 ½ Grüß Gott meine Lieben in Goslar! Sie werden sich sehr wundern daß ich um diese Zeit aus Hamburg schreibe in der Sie mich wohl längst in Kiel suchen. So eben bin ich erst aus Hanover hier angekommen, wo ich viel länger, theils bleiben mußte, theils durch Ueberredung blieb. Doch davon später. Zuerst drängt es mich Ihnen meine liebe Herzens Marie u all den lieben Ihrigen nochmals von ganzem Herzen zu danken für die so liebevolle herzliche Aufnahme in Ihrem Hause. Daß ich mit meiner unbequemen Person Ihre Räume noch mehr gefüllt als in der Ordnung ist, hat mir noch manche unruhige Stunde gemacht, u noch jetzt steigt dann u wann ein Vorwürfchen von vorsündflutlicher Dimension auf. Ihre u der Ihrigen allzugroße Freundlichkeit zwingt es zuweilen wieder in gewohnte Maaße u in diesen strebe ich mich einigermaßen zu beruhigen. Mir sind die Tage, ja jede Stunde, die ich mit Ihnen allen 302
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verbracht, unvergesslich u ich werde nur mit Freude daran zurükdenken. Danken Sie liebe Marie allen für die übergroße Freundlichkeit u Herzligkeit, deren ich mich zu erfreuen gehabt. Wo auch Ihre liebliche süße Mama mit Idchen sein mag, ich habe sie beide nicht aus den Gedanken gebracht u sie bald in Preußen bald in Würtenberg gesucht. Schreiben Sie mir ein Wort darüber. Mit Papa, Ihnen u Ihren Schwager habe ich den ganzen tag meiner Abreise verlebt u sicher Ihrer mehr gedacht als Sie des armen Flüchtlings denken konnten, der schon an diesem Tage bösen Stunden entgegen ging. Eine Erkältung im Wagen zog mir vielerlei Ungemach u heftige Schmerzen zu. Abermaliges Kopfweh u ein Zahngeschwür unter unausstehlichen Schmerzen haben mir böse Tage bereitet. Morgen sind es schon 8 Tage seit ich Sie verlassen u diese Zeit habe ich zwischen hohen Genuß u bösen Tagen theilen müssen. Doch es wird spät, schon ist es 11 Uhr. Möchte meine liebe Freundin süß ruhen, schön träumen u frisch blühend wieder erwachen. – Felicissima notte. Sont. 7 Uhr Guten Morgen liebes Herz obgleich ich weiß, daß Sie jetzt, da der Schwarze Salamander Ihr Haus verlassen, noch in tiefstem Schlaf liegen. Vielleicht dringt mein Gruß, ehe er das Häuserlabirinth von Hamburg durchdringt u sich den Weg zu Ihnen gesucht, gerade in dem Augenblike Ihres Aufstehens nach Goslar u ist so der erste, welchen Sie freundlich empfangen. Möchte es so sein! — Wie schön waren die ruhigen Morgenstunden, die wir in den paar Tagen zusammen verlebten! — Ich logire hier im Alster Hotel. Am Schreibtisch sitzend liegt das entzückende Alsterbassin in friedlich duftigem Morgenschleier vor mir. Noch durchziehen es einige Schwäne, ruhig schwärmerisch ihr eigenes schönes Spiegelbild begrüßend. Am Ufer sitzt der einsame Angler, wer weiß mit welchen Gedanken für den neuen Tag? ganz sicher aber in nicht schönere Vergangenheit zurükblikend als der welcher ihn u seine langweilige Jagd belauscht. Allmälig wird es lebendig im Haus u auf den Straßen. Einige Bewunderer der Natur, vielleicht Dichter oder Künstler vielleicht auch Unglükliche, denen die Nacht keine Ruhe verleiht, umschleichen das Gottesauge u suchen Erquikung oder Muth für den zu erlebenden Tag. Das Rasseln der Troschken, das rasche taktmäßige Pflastertreten, das rufen u pfeifen von Lehrlingen aller Art versetzt mich aber wieder nach Hanover, von wo ich Ihnen noch kurzen Bericht schuldig bin. Meine Zeit war dort getheilt. Ich wohnte in Bothfeld, u ging zweimal nach Hanover um mancherlei auf zu suchen. Die meiste Zeit verlebte ich in trauriger Weise, da ich viel Schmerzen zu tragen hatte, Ein Zahngeschwür u sehr diker Backen waren mir Tag u Nacht störend. Genug davon. In Hanover habe ich im Georgengarten mancherlei interessante Sculpturen und Gemälde gesehen. Unvergeßlich wird mir ein Portrait v. Hollbein bleiben. Sohn Eduards des 6. ein Kind von etwa 3–4 Jahren. Mehr individuelles Leben u wirkliche Frische in Zeichnung und Farbe kann man in der Welt nicht sehen. Bei Herrn Archivrath Kaestner, Bruder des Hanov. Gesanden in Rom wurde ich als bekannter Freund seines seligen Bruders aufs herzlichste empfangen. Seine schöne Sammlung aus Rom ist dort ausgestellt u das war der Anziehungspunkt für mich. Ich durchlebte nochmals die glükliche schöne Zeit in Rom. Das meiste der herrlichen Sachen waren mir theure alte Bekannte, unter denen ich mit dem Seeligen viel schöne Stunden verlebte. Sollten Sie jemals nach Han. kommen liebe Marie, so sehen Sie zu dort Eintrit zu erhalten. Hanover hat nichts so umfangreiches 303
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und vielseitig interessantes mehr. Nach meiner Zeit ist noch viel Schönes hinzugekommen. Herrlich ist ein weibliches Portrait wahrschl. v. Raffael, auch eins v. Leonardo. Von hohem Interesse sind die Terra cotten, aegyptische Amulette, Scarapeen und andere Dinge. Reich ist die Sammlung an Zeichnungen erster Classe. Von Koch habe ich classische Zeichn. gesehen, auch einige Bilder, darunter seine letzte Arbeit, den Raub des Ganymed. Dieser herrliche Mensch ist bis zu seinem Tode geistig vorwärts gegangen. Diese Composition gehört unter das Schönste was er vollbracht. Wie trostlos ist doch die neuere Richtung der Landschaftsmalerei gegen diese reine poetische Großheit. Dieser herrliche Mensch zählt mir immer zu den bedeutensten Erscheinungen. Auch meine Wenigkeit ist hier vertreten u da ich die Dinge nach so viel Jahren als ein dritter ansehe, hat es mich doch interessirt, in jene Entwicklungsperiode zurück zu schauen. Zuerst zeigte Herr K. mir zwei Portraits meines ichs, von denen das eine mein eigenes Machwerk war, das andere hatte K. selbst gezeichnet. Ich habe dabei hell auf gelacht und schied doch ernst u nachdenklich. Eine sehr große Zeichnung in Sepia die ich für K. eigens gemacht, u als Geschenk in Rom zurükließ, wird wie ich sehe sehr werth gehalten, und verdient es wahrhaftig auch. Ich würde sie heute nicht bedeutender denken können. Man hat sie zu Kochs herrlichen Sachen gelegt, u dahin gehört sie auch, denn sein Einfluß war es der das bessere in mir zu Tage brachte. Er wird mein Meister u Vorbild bleiben so lange ich athme. Kaestners Marmorbüste, die in der Sammlung aufgestellt ist, erfüllte mich mit Freude u Schmerz. Mit u durch ihn wurde Rom mir zur Heimath! Dort hatte er mich, allein stehend u ganz unbekannt, vielleicht durch Koch veranlaßt, aufgesucht und durch Liebe und innigste Freundschaft fürs Leben verpflichtet. Kümmel* hat in dieser Büste seine innigste Menschenfreundligkeit und Klarheit des Verstandes glüklich wiedergegeben. So trat er allen entgegen, die er mit seiner Freundschaft beglückte. Roms junge Künstlerwelt hat viel an ihm verloren, ja, ich glaube daß er nicht leicht ersetzt wird. Ihm war es gleich, welcher Nation einer angehörte, wenn er über die Masse hervorragte, u daher kam es daß er von allen Nationen stets als Vater u Freund begrüßt u verehrt wurde. Daß die schöne Sammlung als Ganzes in Hanover bleibt, machte mir die Trennung leichter, doch schied ich wie von einer theuren geliebten Person. Kaestners haben mich freundlich eingeladen bald wieder zu kehren u bei ihnen zu leben, wozu es freilich nicht leicht kommen wird, doch möchte ich bald noch einmal mit mehr Ruhe jene schöne Jugendperiode geistig durchleben. Vielleicht trifft sichs einmal daß wirs zusammen können. — So eben geht der Jean d’Acre, engl. Linienschiff von 10 g Kanonen mit Illumination u Feuerwerk vorüber. Es hat den engl. Gesandten geholt u fährt ihn zur Kaiserkrönung nach St. Petersburg. Ich war an Bord um die Einrichtung zu sehen. Heute hatt ich einen 2 stündigen Besuch bei Hofg. Petzold.** * Heinrich Kümmel (1810–1855), Bildhauer. ** Eduard Petzold (1815–1891), Landschaftsgärtner. Privatbesitz Bayern.
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294 Weimar, im August (?) 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Freitag 4 Uhr im St. Es ist so lange Zeit daß ich von Ihnen gehört und jeder Tag vermehrt meine Ungeduld. Auf meine Ankunft hier hat so vielerlei unaufschiebbares gewartet, daß ich an ein Schreiben nicht mal denken konnte. Heute finde ich den ersten Augenblick u auch dieser ist halb gestohlen. Wie mag es Ihnen doch wohl gehen meine liebe Freundin? In Arnstadt bin ich einen Tag geblieben u am Sontag Mittag mit Frl. Mempel zurückgekehrt. Jetzt endlich sitze ich wieder in den heimlichen Räumen u denke morgen den Seesturm unter die Hände zu nehmen. Möge der Himmel mir Kraft u glükliche Stimung dazu verleihen, denn es ist eine Arbeit bei welcher ich beides nöthig habe. Nach so langem Nichtsthun ist mir zu Muthe als hät ich das nöthige nicht mehr in mir um etwas Gutes zu vollbringen. Ich fürchte die erste Zeit wird viel schlechtes zu Gesicht fördern. Langes Zögern macht die Sache indeß nicht besser u ich will also in Gottes Namen beginnen, komme was da wolle. Auf meiner Reise habe ich mancherlei Schönes u interessantes gesehen. In Goslar das beste u Schönste, u das wird mir lange in der lebendigsten Erinnerung bleiben. — Wie mag es Ihnen wohl in dem alten lieben Erfurt wieder gefallen, nachdem Sie so lange mit den Ihrigen gelebt? Ich hoffe gut, denn Sie sind wieder in Ihrem Berufe u der Kunst näher als in G. Oft ist mir als lag schon ein Jahr zwischen jetzt u [Seite fehlt]. Privatbesitz Bayern.
295 Weimar im Sommer 1856 (?) An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab. Morg 7 8/2 im St. Guten Morgen meine liebe herzige Freundin! Ihr zweiter Brief hat mir wieder neues Leben gegeben, obgleich er noch immer in sehr trüber, aber doch mehr gefasster Stimmung geschrieben war. Ich hoffe zu Gott daß nun ein gewisses Gleichgewicht wieder in Ihr ganzes Wesen gekommen ist, denn dergl. geistige Launen können u dürfen nicht zu lange dauern, oder wir kommen statt aufwärts, ganz herunter. Liebe theure Freundin, vergessen Sie nie, daß man selbst sehr viel dagegen thun kann, ja in gewissen Jahren mehr als gegen äußere Leiden. Ich denke mir Sie wieder in dem Zustand, der mich immer so aufs äußerste erfreut,: innerlich heiter u still glüklich, — Dieser Zustand wirkt von außen u von mir ausgehend aufs wunderbarste auf mein Wohlbefinden. Ich möchte sagen, ich befinde mich dann im besten Fahrwasser. Ich unternehme alles mit mehr Lust, ja mit einer wahren Freudigkeit, selbst Dinge die ich lange oft als wiederlich verschoben habe. Jede Schwierigkeit reizt mich u selten bleibt sie Sieger, sie wird meist mit einer gewissen innern Sicherheit niedergekämpft. Um diesen gesunden 305
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Geisteszustand zu erlangen, giebt es verschiedene Wege. Der sicherste für mich ist die Erinnerung: an vergangene glükliche Monate in meinem Leben. Bin ich körperlich leidlich wohl, wird es mir nicht schwer solche Stunden lebendig zurük zu rufen. Ich durchlebe die Zeit nochmals, ja öfters u von nun an zehre ich aufs neue an solch paradisischer Speise, die mir die Stimmung bringt die meinem Künstlerleben durchaus nothwendig ist. Werde ich da herausgerissen, bin ich total unfähig, selbst irgend etwas zu unternehmen, an ein Vollbringen ist in keiner Weise zu denken. Alles dazwischen liegende wird mit der Zeit schwächer, diese Zeit ist immer frisch u neu in meiner Erinnerung. Mit diesem frischen nochmaligen Durchleben beginne u fördere ich alles, ja es hebt mich und giebt ihm vielleicht das, was man höhern Schwung in meinen künstlerischen Productionen nennt. Nur in dieser Sphäre finde ich Befriedigung und nur Anregung wenn meine Stimmung einen gewissen Aufstieg von Uebermuth hat, der sich augenbliklich verliert wenn ich meine nächste Umgebung oder irgend jemand von denen, die ich liebe gedukt oder getrübt sehe. Ihr lieber letzter Brief gab mir neues Leben obgleich ich in der ersten Tagen noch theilweis unruhig u besorgt war. Jetzt geht es bestens. Ich bin in der Hoffnung, ja in dem Vorgefühl daß es Ihnen gut gehe frisch zur Arbeit gegangen u habe die Freude u Aussicht, daß mein neues Bild für Leipzig gedeihe. Luft u Hintergrund haben die Stimmung des Ganzen im rechten Ton angeschlagen u so hoffe ich daß sich die nächsten ernsten Accorde anschließen werden. Ich freue mich unendlich auf den Augenblik wo meiner süßen Freundin ihre blauen Sternchen über die Fläche gleiten läßt, die nur für mich bis jetzt den Kern von Leben trägt, der sich mit jeden Tage mehr u mehr entfalten muß, wenn er zur Blüthe keimen soll. Möge der Himmel mir nichts in dieser Zeit schiken was der Sache hinderlich ist, förderlich ist ihr alles liebe von Ihnen. Ihr baldiger Besuch, den wir alle im Jägerhause entgegen sehen soll uns herzlich freuen, dies lässt Ihnen Marie sagen, die Ihr zurükgelassenes heilig aufbewahrt hat. Ich denke daß wir Sie morgen, als Sontag über 8 Tage sehen. Bis dahin ist noch mancherlei am Bilde geschehen, denn von meinem Fleiße muß ich meiner lieben Freundin doch etwas aufzuweisen haben, wenn ich mich nicht schämen soll. Meine erste Arbeit war der dritte Carton zur Odyssee, in der Art wie Sie die kl. Scizze besitzen. Die Ausführung ist im Detail freilich hie u da abgewichen, doch ist das Ganze in diesem Sinne geblieben. Ich denke daß ich einen freundlichen Blik aus meinen lieben blauen Sternchen damit verdient habe. Alle 3 Zeichnungen haben eine gewisse Harmonie untereinander einander, u zuweilen kommt es mir vor als könnte dieses Gedicht nicht jeder componiren. Mit einiger Freude hörte ich neulich daß Fr. Baumgärtner das Zimmer in Leipzig wieder ganz anständig hat herrichten lassen, u die Kunstfreunde nun keine Ursach mehr haben, sich über die Mißachtung der Sache, die ich mit großer Liebe gefertigt, zu beklagen. An dem Tage, wo Sie, wie ich wußte, bei Müfflings waren, war ich auf der Wachsenburg u habe die Gegend, wo mein liebes Kind weilte, gezeichnet. Das Gut liegt hinter der andern Ruine, so daß ichs nicht sehen konnte, doch meine ich, Sie müssten empfunden haben [Blattausriss]. Noch muß ich Ihnen doch sagen, daß ich in der Gothaer Ausstellung manches hübsche gesehen habe. Bedeutendes äußerst wenig, in der Historie gar nichts. Die Landschaft ist das in unserer Zeit am weitesten durch gebildete Fach, jedoch mehr noch [Blattausriss] Privatbesitz Bayern.
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296 Weimar im September 1856 An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab. Morg im St. Den besten Gruß meiner lieben süßen Freundin u herzlichen Dank für Ihren letzten lieben Brief, der nächst mir Marien Große Freude gemacht. Wir haben uns auch hier des schönen Tages noch öfters erinnert u den Wunsch baldigst wieder einen zu erleben, und dazu verhilft uns wohl eine liebe Freundin, nicht wahr? Jetzt fürerst meine Bitte um Entschuldigung in Betreff meines schlechten Papiers. Ich bin noch allein hier u hatte vor Ihnen ungestört ein Stündchen zu gehören, fand aber im ganzen Studium auch nicht ein Blatt Briefpapier. Ich helfe mir also wie ich kann u denke das Maschinenpapier nimmt ebensogut Gruß u herzliche Wünsche auf wie das etwas mehr geglättete. Jetzt die zweite Bitte, nehmlich mir nicht böse zu sein daß ich die ganze Woche verstreichen ließ ohne Ihnen zu schreiben. Die Ursach ist einfach u ich denke Sie werden sie ohnehin kennen. Ich habe nehmlich sehr angestrengt gearbeitet u war des Abends stets so abgespannt, daß ich mehr vegetirt als gelebt habe. Etwaiger Besuch hat mich schwerlich je langweiliger gefunden als in diesen Tagen. Die Wasserparthie an meinem großen Bilde hat mich noch vielfach geärgert u ist erst seit vorgestern zur Ordnung gekommen. Diese Tage gehören zu den schlimmen in meinen Künstlerleben, denn dann überschleicht mich jedesmal das Gefühl daß mein Talent ein sehr mäßiges ist, wenn es jedesmal an gewissen Stellen den glüklichen Ausweg verfehlt. Fast noch nie habe ich das Glük gehabt eine Arbeit ohne solch schrekliche Unterbrechung zu vollenden. Gott sei Dank, diesmal bin ich wieder darüber hin. Jetzt hoffe ich, läßt sich das Bild ohne Anstoß gut vollenden. Sobald das Wetter wieder anhaltend licht wird, werde ich abermals an der Luft beginnen u so vorwärts zur Vollendung des Ganzen schreiten. Zwischendurch habe ich den Carton vom Poliphem angelegt u einige glükliche Veränderungen gemacht. Der Odysseus im Weggehen, zieht während er mit der einen Hand den Gefährten die Richtung des Weges zeigt, mit der andern den starken Hammel an den Hörnern nach sich, der ihn glüklich aus der Höhle getragen. Diese Handlung bezeichnet, wie mir scheint, den Muth u zugleich die Verschlagenheit des Helden. Im Linniament ist mancherlei einfach größer u dem ganzen zum Vortheil geworden. Schon jetzt freue ich mich Ihnen meine theure liebe Marie das neue wieder zu zeigen. Ich arbeite stets mit dem Gedanken, was wird sie, die liebe Herzensfreundin zu dem oder jenen wohl sagen? Auf diese Art bin ich in ununterbrochener Verbindung mit Ihnen u durchlebe alles doppelt freudig. Zuweilen überschleicht mich ein Gefühl als säßen Sie hinter mir auf dem Sopha u nickten mir mit dem lieben Köpfchen Beifall zu u von [folgende Seite fehlt]. Privatbesitz Bayern.
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297 Weimar, den 28. September 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Wahrhaft traurig ist es für mich den gestrigen Besuch Ihrer Durchlaucht in meinem Atelier verfehlt zu haben. Mein jetziger Gesundheitszustand ist die Ursach, er beraubt mich auch heute des Glüks der gütigen Einladung Ihrer Durchlaucht zu folgen, da nur die allergrößte Ruhe im Stande ist ein gewisses Gleichgewicht in meinem Befinden herzustellen. Möge der Himmel mir günstig sein damit es mir recht bald möglich werde Ihrer Durchlaucht meinen Besuch abstatten zu können. In tiefster Verehrung Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Weimar 28. Septbr. 1856. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
298 Weimar, Ende September oder Anfang Oktober 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Freit. 5 Uhr. im St. Grüß Gott meine liebenswürdige liebe Freundin! Mein erster Gang seit gestern ging hieher, mein erstes Thun ist Ihnen einige Worte schreiben, obgleich schon spät am Tage. Gestern nehmlich hat ich einen lieben Besuch von einen alten römischen Freunde*, den ich seit Rom nicht wieder sah, u in den letzten Tagen todt glaubte, weil diese Nachricht mir durch Fr. v. Barkardi (Härtels Schwester, die auch zugleich mit uns in Rom war) zukam. Den Tag darauf trat er herein u erschrekte mich in schreklicher Weise. Der Todte ist sein Vetter, der Bildhauer Hopfgarten in Wiesbaden.** Wir waren bis Abend zusammen, ich bekam aber einen solch heftigen Anfall von Magenkrampf, daß ich glaubte den Geist aufzugeben. Erst Nachts 1 Uhr wurde es besser, aber der Schlaf blieb aus trotz der schreklichsten Müdigkeit, die wie Froriep sagt Arzneiwirkung ist. Hoffentlich schlaf ich die nächste Nacht. Bis vorhin lag ich auf dem Sopha. Im Ganzen geht es mir jedoch gut. Frau Hofmann, die gestern angekommen, hat mich besucht, u war sehr heiter. Ernst Hemken ist auch angekommen u wird einige Zeit hier bleiben, vorher war Donner eingetroffen, befindet sich aber im Augenblik in Eisenach. Sie sehen mein süßes Herz daß mit meinem Kommen in nächster Zeit nichts werden kann. Ich hoffe jedoch daß wir uns bald irgend wie u wo sehen. 308
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Zuerst beantworten Sie mir aber zwei Fragen. An welchem Tage ist Ihr Geburtstag, mit ihm geht es mir wie mit den übrigen meiner liebsten, ich bin dessen nicht ganz gewiss, u will es doch sein. Diese Frage zu beantworten, dürfen Sie unter keiner Bedingung vergessen. Die zweite ist: was ist zwischen Brukner u L. vorgefallen. Ich spreche die Fürstin jetzt so selten, daß ich von daher nichts verstehe. Man munkelt übrigens hier überall ohne daß man etwas bestimmtes erfährt. Da Sie wissen wollen u sollen was ich thue, so hören Sie; Mein Poliphem ist vollendet, u zwar was energische Behandlung betrifft das beste von den schon fertigen. Es ist am ganzen nur der Gedanke geblieben, alles Detail ist anders u besser. Dem Ulyss habe ich den Bok, der ihn herausgetragen, mit entführen lassen, seine Schlauheit ist dadurch scharf gezeichnet u die Gruppe an sich ist dadurch schöner. Hopfgarten hatte die größte Freude an den Sachen, von denen er noch nichts kannte. Vielleicht schike ich die Sachen gelegentlich nach Berlin. [Der Rest der Seite ist herausgeschnitten]. * Wilhelm Hopfgarten (1789–1860), in Rom tätiger Bronzegießer. ** Emil Hopfgarten (1821–1856). Der Bildhauer war am 12. September in Biebrich verstorben. Privatbesitz Bayern.
299 Weimar, den 5. Oktober 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Morgen vollende ich den Bären Carton u habe den Glauben er würde meiner liebenswürdigen Marie nicht ganz zuwider sein. Als Gegenstück zu den Geiern wird er sich wohl eignen u noch hoffe ich immer ihn für die Frau Seeburg in Leipzig ausführen zu können.* Ich glaube den meisten Menschen wird er bequemer sein als der erste. Die Scene ist in einer Art Schlucht, durch welche ein Gletscherwasser sich in großen raschen Fällen windet, das losgelößte Felsblöcke mit sich geführt u blosgelegt hat. Fichtengruppen geben dem Ganzen ein ziemlich düsteres Ansehen. Im Vorgrunde liegt ein verendeter Hirsch, der sein Grab, wie die meisten wilden Thiere dadurch umgehen wollte, indem er das Wasser aufsuchte. Hier umsonst, er liegt hart am Rande, von zwei hungrigen Bären bewacht, die sich in nächster Zeit wohl zur Mahlzeit fertig machen. Ein Adler lauert auf die Reste. Ueber die Tannen im Mittelgrunde sieht man Schneegebirg welches theilweiß durch aufsteigende Nebel verdekt wird u schließt so das Ganze. In der Färbung wird die Sache seinem Gegenstand nach sehr ernst gefärbt, u so denke ich das Ganze wird ein poetisches Gepräge haben. […] Soeben erhalte ich Nachricht von Fr. Dr. Seeburg, die sich noch immer für das Seebild entscheidet, überhaupt aber vergnügt scheint, daß ich noch an sie denke u etwas für sie malen will. Sie scheint die Sache ganz aufgegeben zu haben. Jetzt mache ich den letzten Versuch vom Seebild ab zu komen u schike Dr. Haertel die zwei Scizzen der letzten Cartons, welche er ihr zusenden soll. Möglicherweise entschließt sie sich doch noch anders. […] 309
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* Preller plante ein Gemälde mit Bären in einem Gebirgstal als Gegenstück zu Geiern auf einem Felsen für Elisabeth Seeburg (1816–1888) in Leipzig. Diese hatte auch den Seesturm an der Küste bei Preller in Auftrag gegeben. Siehe die Briefe 263 und 303. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 327.
300 Weimar, den 8. Oktober 1856. An Hugo Bürkner (1818–1897), Maler und Illustrator. Sehr geehrter Herr! In der Hoffnung auf Verzeihung daß ein Ihnen ganz unbekannter lästig fällt, nehme ich mir die Freiheit in Angelegenheit eines jungen Mannes mich an Ew. Wohlgeborn zu wenden. Der betreffende, Namens Härtel* von hier, hat sich der Holzschneidekunst gewidmet, bei Herrn Kretzschmar in Leipzig kommendes Weihnachten seine Lehrzeit beendet, und hat jetzt keinen größeren Wunsch als unter Ihrer Leitung sich weiter zu bilden. Er fühlt warm und lebendig worauf es jetzt ankommt und findet in Ihren vortrefflichen Arbeiten seine Muster. Ist es Ihnen möglich sich des jungen Mannes an zu nehmen, der im übrigen gut erzogen und wirklich strebsam ist, begründen Sie vielleicht sein ganzes irdisches Glük. Schließlich wage ich die ergebenste Bitte mir nur durch ein Wort Ihren Entschluß zu zeigen. In wahrster Verehrung Ew. Wohlgeborn ergebenster Friedrich Preller. Prof. im Jägerhause Weimar d 8 Octbr. 1856. * Evtl. der spätere Zeichenlehrer Emil Härtel (1835–1904). SLUB Dresden / Mscr.Dresd.s,400.
300 Weimar, den 18. Oktober 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Meine liebe Freundin! Am Donnerstag erhielt ich Ihren lieben Brief der mir Ihre Ankunft in E. meldete. Erst am Freit. habe ich ihn lesen können, da ich mit meinem heftigen Kopfweh festlag. Mein Weg am Montag Nachm. 4 Uhr zur Eisenbahn um Sie einen Augenblik zu sehen war retour trauriger aus [sic.] aufwärts. Ich wusste nicht wo ich Sie nun suchen sollte da Sie doch bestimmt bis dahin zurük sein wollten. Sie waren in dieser Stunde bereits in Cassel u dachten meiner schwerlich in dem Moment. Jetzt ist ja alles gut. Ihr Brief ist in einem Ton geschrieben der wenig geeignet ist mich an zu muthen. Ich bin Ihnen deshalb nicht bös, der meinige hat Ihnen ebenfalls nicht zugesagt, ich fühle das aus der Antwort heraus. 310
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Daß Sie einige vergnügte Tage mit den theuren Ihrigen zugebracht hat mich sehr gefreut, eben so Ihre Verehrung für das das fürstliche Paar, Wenn ich indeß nichts weiter dabei sehe, so ist das bei mir eine alte Erfahrung. Die Artigkeiten der Art Leute sind hohle Nüsse in deren glatter Schale höchst selten die Spur eines Kernes sitzt. Möchte es bei Ihnen eine Ausnahme sein ich wünschte nichts mehr als das, was Sie meine theure Freundin, glüklich macht. Ihr Glük wirft einen lebendigen Reflex auf mein Befinden. Zuerst habe ich nebst Mariens besten Grüßen Ihnen zu danken für das schöne Kränzchen, was noch heute Großmutters Bild schmükt u lange schmüken soll. Wir haben Ihrer u der Mutter lebhaft gedacht u uns der zarten Aufmerksamkeit von Ihrer Seite dankbar erfreut. Auch von mir nehmen Sie den herzlichsten Dank. Heute zum 18 Octbr. einem herrlichen Tage habe ich Ihrer schon tausendmal gedacht. Für mich hat dieser Tag selbst etwas ergreifendes feierliches. Mir ist das herrliche Geläute die würdigste schönste Feier u ich freue mich schon jetzt auf die stillen Abendstunden, die ich meist außer dem Hause zubringe um ungestört die gewaltigen Töne auf mich ein wirken zu lassen. Ich weiß nicht wo ich Sie suchen soll, denn Ihnen danke ich immer bei allem, was mich bewegt, sei es fröhlich oder ernst. Morgen, wenn Sie den Brief erhalten ist alles vorüber u Sie schiken mir einen Gruß ins Studium wo ich allein, an meinem Bilde zu mahlen denke. Es rükt jetzt seiner Vollendung allmälig zu u nachdem die schweren Kämpfe vorüber ist mir die Arbeit wieder lieb geworden. Sie glauben nicht liebe beste Marie wie viel ich ausgestanden. Ich war mehr als einmal so weit das Ganze zu vernichten, weil ich mich unfähig fühlte es zur Genüge meiner zu Stande zu bringen. Jetzt bekommt es bei aller Aufregung die künstlerische Ruhe u Stimmung die mir in letzter Zeit so ganz u gar zu fehlen schien. Ich habe an dieser Arbeit hoffentlich etwas gelernt, was mir bei nächstem Unternehmen zu statten kommen soll. Mit meinen Gedanken bin ich öfters schon an den Cartons, die zu vollenden zu meiner Lieblingsbeschäftigung gehört. Ton* hat von dem Polyphem eine Photographie gemacht, die reizend aussieht. Die Scene mit der Leucothea denk ich als Gegenstük der Nausikaa zu machen. Dort will ich meiner Leidenschaft die Zügel lassen: Das nächste soll der Palast der Circe werden den ich ganz um zu schaffen denke. Mir ist immer wenn ich diese Arbeit vornehme als ständen Sie hinter mir. Ich weiß daß Sie die Sachen gern haben. [Folgeseite fehlt]. * Prellers ehemaliger Schüler Sixtus Armin Thon (1817–1901). Privatbesitz Bayern.
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302 Weimar, den 23. Oktober 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Donnerstag Morg. 11 Uhr. Meine liebe Freundin! Ihren Brief mit Einschluß habe ich noch zu rechter Stunde empfangen u ihn augenbliklich zur Post befördert ohne ihn jedoch gelesen zu haben, da die Zeit bis auf wenige Minuten abgelaufen war. Ihr lieber Brief war in guter Stimmung geschrieben u hat mich unendlich gefreut. Wenn ich, wie Sie sagen, wahr gethan habe so ist es mit meiner Ansicht vom leben, u nicht mit besondern Vorsatz. Den größten Gewinn Ihrer G—r Briefe ist nach meiner Ansicht der, daß Sie mit Ihrer lieben Mama wieder in ein Niveau gekommen sind. Genug davon. Daß Ihre lieben Eltern nun endlich die Ueberzeugung haben daß Sie bei Ihrem jetzigen Beruf doch als Mensch unverändert, freut mich herzlich, obgleich ich niemand verüble der die ganze Künstlergesellschaft von der übrigen Welt verschieden u als überspannt ansieht. Der Künstler muß jedem Unbefangenen mehr oder minder aufgeregt vorkommen, da er es, ohne es selbst oft zu empfinden, in Wirklichkeit ist. Wie viel menschliche Beschäftigungen giebt es denn im Leben, wenn ich Wissenschaft u die Künste ausnehme, u letztere ganz besonders, die mit einer erhöhten Seelenstimmung betrieben werden u betrieben werden müssen? Gewiß nur die eine oder andere. Der Standpunkt des Künstlers im Leben ist also ein ganz anderer. Will er schaffen, muß er sich erhöhen; ist er das, so gilt ihm das Leben um ihn herum wenig oder nichts denn er steht eigentlich nicht mehr darin. Das gewöhnliche eigentliche Leben hat für ihn wenig Werth weil es mit seiner erhöhten Stimmung im schroffsten Gegensatz steht. Bei dem männlichen Geschlecht artet die Sache öfters wohl in Vernachlässigung von jeder Aeußerlichkeit aus. Doch auch das finde ich meist begreiflich. Daß sich junge Künstler anders kleiden, findet oft Entschuldigung für mich darin, daß sie nie häßlicher aber immer schöner u zweckmäßiger gekleidet sind. Daß sie vererbte Sitte und Ceremonien vernachlässigen, ist wahr, ihre Erfüllung liegt aber außer aller Verbindung mit der Kunst, u hat also keinen Werth für sie. Sie ertragen den schiefgezogenen Mund manch schönen Kindes, oder des Laffen, der nach neueste Modejournal gekleidet mit hohlem Kopf u vornehmer Miene an ihm vorbeistreicht. Alles Große u Schöne steht ihm vor der Seele, er denkt, er will es auch erreichen, u dieser Gedanke ist der einzige, der ihn regirt, der ihn beherrscht. Dazu kommt noch, daß er oft ein armer Teufel u keinen Beutel fürs Pariser Modejournal hat. Mit den Jahren, die jeder hinnehmen muß, wird der Mensch in allem ruhiger u schließt sich nun auch wieder dem Allgemeinen mehr oder minder an. Vom Philisterium wird sich der ächte Künstler aber auch im hohen Alter noch unterscheiden. Dieser Unterschied wird gewöhnlich mit dem Ausdruck halbverrükt bezeichnet u wir lassen uns das wohl gefallen, denn verrükt ist unser Bestes ganz gewiß, nur auf einem etwas höhern Standpunkt als es bei dem gewöhnlichen Menschen der Fall ist u sein kann. Privatbesitz Bayern.
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303 Weimar, den 8. November 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab. 5 Uhr im Jägerh. Grüß Gott mein liebes Soestchen! Damit Sie doch des Sontags mit uns sind, habe ich Belvedere aufgegeben u will ein Stündchen mit Ihnen plaudern. Unsre Rükreise war ohne alle Störung, die Fr. Hofmann hat uns weidlich lachen machen und wir kamen trotz der langsamen Fahrt doch eben früh genug an, weil wir keine lange Weile auf der Fahrt gehabt hatten. Der bei u mit Ihnen verlebte Tag wird uns lange eine freundliche Erinnerung bleiben. Ich bin unterbrochen worden durch die Ankunft unsers Mull*, der eben angekommen in der Hoffnung morgen den Tell zu hören, der aber wegen Krankheit der Frau Milde nicht gegeben wird. Die hier für uns aufbewahrten strengen Gesichter ohne Worte des Ausdruks haben niemand genirt und wir sprachen noch viel von allem erlebten. Marie läßt Ihnen noch aufs freundlichste danken. Die Tur ist uns allen so gut bekommen daß ich mich am andern Tage in der besten u heitersten Laune befand. Möchte es ein gleiches bei Ihnen sein. Grüßen Sie auch die Fräulein Schrek recht herzlich. Sehr leid hat mir ihr Gesang gethan. Ich u nicht ich allein, wir alle fanden daß ihre Stimme ganz bedeutend abgenommen. Mir scheint auch ihr Gesang sich sehr zur Manier zu gestalten was eine natürliche Folge sein muß. Ich glaube sie selbst fühlt das auch einigermaßen. Danken Sie ihr für ihre Freundlichkeit. Ich vergesse den ersten Satz v. Beethofen lange nicht. Dieser herrliche Mensch wird mir jeden Tag klarer u verständlicher in seinen großen unendlichen Gedanken u tiefsten Empfindungen. Wie unendlich viel entbehren doch tausende, die seine Sprache, die für die Ewigkeit verständlich bleiben wird, weil sie aus den tiefsten Tiefen des menschlichen Gemüths erklingt, nicht verstehen. Das ist der größte Segen für das Menschengeschlecht, welches die Künste pflegt, daß es in dieser Höhe nichts von all den Erbärmlichkeiten unsrer Welt merkt u fühlt. Sobald wir herabsteigen, verfallen wir ihnen wieder u viele tausende verbringen ihr ganzes Leben darin ohne jemals heraufzukommen. Die Kunst ist die Sonne die uns erquikt u höheres Leben verleiht. Ich bin wieder fleißig an dem Palast der Circe. Der Homer geht mir jetzt wieder Tag u Nacht nicht aus den Gedanken. Eine Fortsetzung dieser Cartone soll meine Erholung in Zukunft werden, wenn auch diese kleinen Schöpfungen ein noch kleineres Publicum haben. Ich weiß das, werde trotzdem aber nicht irre, sondern für mich und wenige andere fort arbeiten. Auf der ganzen Berliner Ausstellung ist keine sogen. stylisirte Landschaft. Wäre dergl. dort, würde es nicht gesehen werden. Der Esel sucht nur das Gras, was er frißt und verdaut. Morgen u Uebermorgen von 2–4 Uhr stelle ich den Seesturm aus um ihn dann baldigst der Besitzerin zu übergeben**. Lange genug hat sie gewartet. Dann werde ich wahrscheinlich den Wald für den Herzog v. Oldenburg unter die Hand nehmen.*** Ich habe im ganzen viel Lust zur Arbeit. Möchte meine Gesundheit von Dauer sein.
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Doch ich muß schließen es wird zu lebendig um mich her. Die herzlichsten Grüße von mir und allen. Ihr F. * Ernst Hemken (1834–1911), Maler und Schüler Prellers. ** Das Bild hatte Elisabeth Seeburg (1816–1888) bereits 1853 bei Preller bestellt. Es wurde am 13. November 1856 der Auftraggeberin nach Leipzig übersandt. Heute befindet sich das Gemälde im Museum der bildenden Künste Leipzig. Siehe Brief 263. *** Dem Großherzog Nikolaus Friedrich Peter von Oldenburg (1827–1900) hat Preller im April 1857 eine Waldlandschaft im Herbst gesandt. Das Bild ist verschollen. Ob er auch den Auftrag für ein zweites Gemälde erfüllte, ist nicht bekannt. Siehe auch die Briefe 304, 305, 316. Privatbesitz Bayern.
304 Weimar, den 14. November 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Die unbegrenzte Freude beim Empfang des so huldvollen Schreibens Ihrer Durchlaucht würde gewiß meinen innigsten besten Dank sogleich zur Folge gehabt haben, wenn wir alle hier bei der eintretenden schlechten Witterung, die erwünschte schnelle Zurükkunft Ihrer Durchlaucht nicht ganz sicher erwartet hätten. Da wir aber das Glük noch länger entbehren müssen; würde es mir in Wahrheit schwer werden meinen tiefgefühlten Dank noch so lange zurük zu halten. Mein erster und heißester Wunsch für Ihro Durchlaucht ist dieser daß es Ihnen bei dem längern Verweilen nur wohlergehen möge, um so mehr, da die letzten Nachrichten die für uns alle so traurige Nachricht von Liszt’s Erkrankung brachten. Möge der Himmel alles zum besten wenden und uns künftig nur gutes und erfreuliches bringen. Der sich hier sehr vernehmlich anmeldende Winter macht mir das Haus um vieles wohnlicher, das Studium lieber, mich selbst also fleißiger. Wie könnte ich auch sonst vor Ihnen bestehen? Der Seesturm ist vollendet, einige Tage ausgestellt gewesen und gestern an seine Bestellerin nach Leipzig abgegangen, da ihn das noch längere Warten endlich lästig zu werden schien*. Damit aber Ihro Durchlaucht doch noch eine Spur davon vorfinden, habe ich einen Carton in der Größe des Bildes gezeichnet. Zu den Zeichnungen der Odyssee ist der Palast der Circe gekommen, und demnächst werde ich eins der Bilder für den Herzog von Oldenburg* beginnen, da ich mit Liszt übereingekommen daß ich seine Arbeit erst dann vornehme, wenn er mir die Sachen einmal vorspielen kann. Von der so überaus gütigen Erlaubnis Ihrer Durchlaucht mich an den schönen Zeichnungen von Prinzeß Marie zu erquiken, habe ich mit wärmsten Dankgefühl Gebrauch gemacht. Ich möchte die herrlichen Sachen doch an keinem andern Orte der Welt wissen, 314
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als da wo sie sind. So recht freudig fühlte ich, wie schon so oft, daß sie hier vielseitig beglüken. Möge der Himmel Ihnen nur erwünschtes schiken, Ihro Durchlaucht aber nicht allen denen zu lange fern halten, welche in Ihrer Nähe ihr bestes vollbringen. Ihrer Durchlaucht, so wie Prinzeß Maria empfehle ich mich mit meiner Frau und füge nur noch die Bitte hinzu Liszt meine treue Anhänglichkeit und Verehrung zu versichern. Ihrer Durchlaucht ganz ergeben Friedrich Preller Weimar d. 14 Novbr 1856. * Siehe die Briefe 303, 305, 316. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
305 Weimar, den 15. November 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab. Nachm. 5 Uhr im Jägerhaus Schon sind es wieder 8 Tage seit ich Ihnen mein lieb Soestchen geschrieben. Hoffentlich ist es in dieser Zeit Ihnen nur gut gegangen. Bei uns hat es kleine Abwechselungen gegeben, obgleich, Gott sei Dank, nicht gerade sehr ernstes unangenehme vorgekommen ist. Das größte Ereignis im Studium ist, daß vorgestern Gretchen und mein Bild zusammen abgereist sind, welches letztere mir wirklich einen Stein vom Herzen genommen.* Sie wissen daß ich vollendete Arbeiten von mir, u ganz besonders solche, woran ich lange gearbeitet, nachdem sie fertig wenigstens sein sollen, durchaus nicht mehr ansehen kann. So ging es mir wieder mit diesem Bilde. Es wurde mir zuletzt so zuwider, daß, hätte es noch etwas länger gewährt ich wahrscheinlich wieder daran begonnen hätte zu malen. Hoffentlich ist es schon in den Händen der Bestellerin u ich will hoffen u wünschen daß sie mehr Freude daran hat als ich. Heute habe ich begonnen ein Bild für den Herzog v Oldenb. aufzuzeichnen.** Sie wissen wohl, daß ich den letzten Sturm mit Eichen wiederholen sollte. Dies ist unmöglich, indeß wird es im selben Charakter werden: Sie fragen mich mein liebes Kind über stylisirte Landschaft. Ueber das Wort u seine Bedeutung, nehmlich Styl in der Kunst sind schon Folianten geschrieben worden u werden deren noch mehr entstehen. Es giebt in der Kunst hohen u höchsten Styl, u er ist so wohl vom Gedanken als vom Gegenstand abhängig. Der Styl steht dem Naturalismus gegenüber u ist, wenn dieser eine treue Nachbildung der in der Natur vorkommenden Gegenstände bedeutet, eigentlich der feinste Extrakt derselben. Der Naturalismus verschmäht nicht Zufälligkeiten und Unwesentliches in der Natur, ja es ist ihm oft selbst erwünscht, der Styl schließt beides aus, er entsteht erst wenn das reinste Wesen durch nichts getrübt wird u im höchsten Grad normal ist. Die Antiken zur Zeit des Phidias tragen den höchsten Styl an sich, in den 2 andern großen grigischen Epochen, geht es schon abwärts bis sich der hohe St. 315
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ganz u gar verliert. In der Malerei hebt er sich wieder zur enormen Höhe unter Michel Angelo u Raphael, in unserer Zeit mit Carstens. Die Landsch. erscheint zu erst in ausgebildetem St. unter Tizian, Annibale Caracci u den Pousin’s. Unsere Zeit brachte Koch u Reinhardt. Mit dem St. in der Landschaft verbindet sich fast immer ein selbstständiger poetischer Gedanke, obgleich in einzelnen Fällen der ältere Pousin es auch in Vedutten versucht. Mir ist es durchaus undenkbar, daß ein hoher poetischer Gedanke sich in ein naturalistisches Kleid steken lasse. Unter den jüngern Künstlern habe ich zuerst den Versuch gemacht, den Odysseebildern den paßlichen St. zu geben. Ob es einigermaßen geglükt, mögen andere entscheiden. So fern ich in allem von eigentlichem Natural. bin, tragen meine Staffeleibilder doch nicht den St., der bloß höhern Gedanken u höchsten Gegenständen gehört. Wäre unsre Zeit eine höher gebildete in den Künsten, ich würde meiner eigentlichsten Natur nach nur sogen. historische Landschaften malen, welche in den Landsch. der Odyssee verständlich angedeutet sind. Die menschl. Figur als höchstes Schöne in der Natur, verbindet sich am leichtesten damit u gehört gewissermaßen dazu. Aus allediesen begreifen Sie wohl meine liebe Herzens M warum dieser Genre, wenn ich so sagen darf ein so kleines Publicum hat. Es fehlt der Masse der Maaßstab dafür, während für den Natural. jeder Bauer das Auge besitzt. Höhern St. zu verstehen, ist eine wirkliche Kunstbildung nöthig, die nur von sehr wenigen erwartet werden kann. Ich hoffe daß ich Ihnen nicht ganz unverständlich geblieben bin. Eigentl. erwarten wir Sie morgen zum Tell. Er ist abgesagt u die Stumme v. Portici dafür.*** Marie läßt Sie aufs herzlichste grüßen. Wir sprechen noch oft von dem schönen Tage in Erfurt. Nun auch meinen letzten Gruß Adio. * Margarete Ludolf (1840–1898), Schülerin Prellers. Bei dem Bild handelt es sich um den Seesturm an der Küste für Elisabeth Seeburg (1816–1888). Siehe dazu die Briefe 263, 303. ** Siehe die Briefe 303, 304, 316. *** Die Oper von Daniel-Francois-Esprit Auber (1782–1871) wurde 1828 in Paris uraufgeführt. Privatbesitz Bayern.
306 Weimar, den 22. November 1856, [Poststempel]. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Meiner lieben Freundin den herzlichsten Morgengruß! Sehr begierig bin ich zu wissen wie es Ihnen im Laufe der Woche gegangen Daß Sie die Zeit fröhlicher u heiterer verbracht als ich, das bin ich gewiß. Am verflossenen Mittwoch, wo Sie des Abends so manchmal freundlich zugelächelt u heiter die Zeit vertanzt haben lag ich mit den unsäglichsten Kopfschmerzen darnieder. Der Gedanke daß Sie sich so herzlich amüsirten, während ich so leiden musste, hatte mir etwas unerträgliches u verlängerte sich bis tief in die Nacht. Der andere Tag war nicht besser. Erst seit heute geht es mir wieder leidlich, doch bin ich nicht in Belvedere, sondern will mich mit Ihnen unterhalten, u zwar den Satz über historische Landschaft etwas weiter spinnen. 316
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Das Wort historische Landschaft bedeutet in der Kunstsprache nichts mehr, nichts minder als, Landschaft in höherer Bedeutung, u diese wird ihr durch die Art der Auffassung, vorausgesetzt daß der Gegenstand eine Seite besitzt an welchen sich Gedanken reihen können. Die Landschaft als solche ist spät erst zur Selbstständigkeit gelangt. Die Historienmaler emergirten sie zuerst als Hintergrund bei ihren historischen Compositionen z.B. Tizian die Carracci’s u. a. Das sie, als große Künstler diesen nothwendigen Theil ihres Faches vortrefflich ausführten, kamen sie wohl darauf dieselbe als eigentlichen Vorwurf zu nutzen u die Staffage der historischen Handlung darin als Nebensache zu behandeln. Solcher herrlichen Werke giebt es viele. Mir ist als hervorragend eine herrliche Landschaft von Tizian bei Camucini in Rom erinnerlich, in welche Giovanni Bellino ein Göttermahl als Staffage gemalt hat.* Neben Tizian finden wir selbst Giorgione, Bassano u. a. welche es freistellen die Landschaft oder die historische Handlung als Hauptsache zu betrachten. Salvator Rosa, hervorragender Historienmaler malte unzählige Landschaften mit historischen Staffagen, später Annibal Carracci, Dominichino Nicola Bassino u. a., alle aber nahmen sie von einer großen Seite, sodaß ihre historische Handlung ebenbürtig aber nicht hervorragend darin stand. Daraufhin, daß nur Historienmaler sich der Aufgabe stellten Landschaft zu malen, u dieselbe in höhern Styl, wie es zu ihren Figuren paßlich war, ausführten, nannte man sie wohl zuerst Historische Landschaften. Das Wort aber ist in der Künstlersprache gleich bedeutend mit stylisirter Landschaft. [?] nothwendig aber ist in solcher Landschaft die menschl. Figur nicht. Die Auffassung des Gegenstandes der an sich nicht gewöhnlich sein darf stempelt die Sache erst, u bringt ihn in die Classe, wohin er gehört. In einer stylis. oder historischen Landschaft kann ein Thier von derselben Bedeutung sein wie die menschliche Figur, jedoch sind dergl. Produkte selten zu sehen, weil der Mensch eben das würdigste in der Schöpfung ist u bleibt. Bilder aber in der Art wie sie die alten Künstler gemalt, werden zwar noch heute bewundert, von neueren aber nicht verlangt, weil unsere ganze Richtung im Leben damit im Wiederspruch steht. Wer es wagen wollte, der Masse so entgegen zu handeln, würde das Schiksal von Carstens haben. Die Anerkennung der ernsten echten Künstler wäre ihm sicher, wohl auch einer kl. Zahl im Publikum, er würde aber sehr schmale Bissen essen, oder wohl gar verhungern. [Blattausriss] für vieles begeisternt, u […] würdiger verewigt, als wenn ich ein schlechtes Portrait von ihnen gezeichnet hätte. Von Ihrem Raffael Herrn Conzert habe ich übrigens heute ein herzl. schlechtes Werk: Sauppe’s** Portrait gesehen. So etwas möcht ich nicht vollbringen können. Was nützt der Kuh Muskate, sie frißt ja wohl Haferstroh. Genug davon. * Das Gemälde Das Fest der Götter von Giovanni Bellini (1435–1516) wurde später von Dosso Dossi (um 1469– 1542) und Tizian (um 1488–1576) ergänzt. Es befindet sich heute in der National Gallery of Art, Washington. Siehe Brief 418. ** Hermann Sauppe (1809–1893), Altphilologe. Privatbesitz Bayern.
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307 Weimar, den 27. November 1856. An Ernst Ludwig Hähnel (1811–1891), Bildhauer. Weimar d 27 Novbr 1856. Verehrter Freund! Wollen Sie wohl die Güte haben mir umgehend, aber ja umgehend einige Ihrer Büsten bekannter Leute zu nennen. Ich denke Ihnen bald u ausführlich einen Kampf u Sieg der Künstler über die Philister zu melden. Leider ist Scholl* auf Seite der Ph. Die Sache ist aber höchst interessant u sämtliche Künstler hier erwarten auch für alle Folge Gutes. Mit tausend herzlichen Grüßen Ihr Fr. Preller, Prof. im Jägerhause. * Johann Baptist Scholl (1818–1881), Bildhauer und Maler. Briefe von Friedrich Preller d. Ä. an einen Freund, 1856–1872, Autographen Sammlung, Preller, aus der ehem. Preussischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen Bibliothek, Krakau.
308 Weimar, den 20. Dezember 1856. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sonab. 6 Uhr. Grüß Gott mein lieb Soestchen! Fast in diesem Augenblik komme ich zu dem, was ich geistig jede Minute schon verrichtet habe. Heute war der Tag für mich sehr unruhig vielleicht weil ich gestern den ganzen Tag mit heftigen Kopfweh gelegen. Das milde Wetter kündigt sich mir doch jedes mal in dieser weise an. Ich war froh einen so gesunden Tag mit Ihnen verlebt zu haben. Mir sagt mein Gefühl daß Ihnen meine Gegenwart im Ganzen keine schlimmen Folgen gebracht hat. Vielleicht eine kl. Abspannung abgerechnet, die wenigstens nichts unnatürliches an sich hätte. — Wie mag es Ihnen in diesem Augenblike wohl gehen? ich denke Sie sind in Gedanken hier. Gott! welch unvergleichlich schöner Tag war der vorgestrige! Den Weg vom Bahnhof bis zu Ihrer Wohnung abgerechnet, bin ich doch heiter u glüklich gewesen u bin es in der Erinnerung noch heut. Ich habe gestern Zeit genug gehabt mir jede Minute zurük zu rufen. Ich werde es noch oft thun, denn solche Stunden sind unvergeßlich. Neues habe ich zuerst zu melden daß die Altenburg endlich zurükgekommen. Liszt schikt mir diesen Morgen als ersten Gruß eine Lessing [?] Statuette in Bronce, die er für mich in Frankfurt gekauft mit einen allerliebsten Briefe. Um 4 Uhr des Nachmittags ging ich hinauf u fand alle heiter u wohl. Liszt sieht etwas schmal u blaß, doch scheint mir ich hätte ihn nie schöner gesehen. Sein schön geformter Knochen trat deutlich u schön hervor, wie 318
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man in schönster Plastik nur wünschen kann. Prinzeß Marie ist wie immer reizend u sieht wohl aus, so auch die Fürstin. Sie scheinen alle vergnügt zu sein sich wieder in ihrer Häusligkeit zu befinden. Einige Kleinigkeiten abgerechnet haben sie nichts mitgebracht. Nun wieder in dies liebe herzige Stübchen zu meiner lieben süßen Freundin, die jetzt wohl auf dem Diwan im Cabinetchen sitzt u von schöner Vergangenheit u kommender schöner Stunden u. Tagen träumt. So recht mein Herz. Geht es mir doch auch so. — Versäumen Sie ja nicht mir morgen Nachricht zu geben, damit ich nicht länger als bis Montag warten muß, denn länger halte ich es nicht aus. Marie bedauert von ganzem Herzen daß wir Sie nicht so bald sehen als wir gedacht, läßt Ihnen aber sagen, daß Sie ja erst alles für Ihre Herstellung thun sollen, damit wir Sie dann ganz gesund bei uns sehen können u grüßt aus vollem Herzen. Zu Weinachten bekommen Sie noch einige Zeilen. Jetzt nur noch den Wunsch für Ihr theures Wohl u tausend Grüße [Blatt abgeschnitten]. Privatbesitz Bayern.
309 Weimar, um 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Da Sie mich als Künstler fragen, ist meine Ansicht über das Blat folgende. Die Landschaft ist zierlich gedacht und von einem gewissen Reiz in der Farbe, die jedoch ihre Basis nicht in der Natur, sondern in andern bessern Kunstprodukten von ähnlicher Intention hat. Wir bezeichnen diese Art Dinge mit dem Namen Album Fabrikat. Die Fabrikanten dieser gefälligen Kleinigkeiten suchen mit wenigster Mühe und ohne eigentliche Tiefe rasch zum Ziele zu gelangen, und können daher nur momentan befriedigen. Ich bin der Überzeugung Ihro Durchlaucht werden nach wiederholten Beschauen mein Urtheil über die Sache nicht zu streng finden. Ihr Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
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310 Weimar, um 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Ich kann durchaus nicht sagen daß Herr Meinner mit dieser Anerkennung unzufrieden sein dürfte. Ich setze voraus daß er sich nicht über jeden Tadel erhaben glaubt. Was der Büste abgeht ist seiner Unfähigkeit nicht anzurechnen, sondern liegt nur in den Verhältnissen, und ist streng genommen also kein Tadel. Die Arbeit wird von ihm selbst gewiß nicht höher angeschlagen als Ihro Durchlaucht es thun. Möchte die Mappe Ihrer Durchlaucht einige Unterhaltung gewähren. Ich liege krank und kann heute das Bett nicht verlassen. Ihrer Durchlaucht mich empfehlend unterthänigst Friedrich Preller. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
311 Weimar, um 1856. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Frau Fürstin! Die von Ihnen mir zu gesendeten Zeichnungen habe ich mit Aufmerksamkeit durchgesehen und mir kommt hiebei der Gedanke daß Ihro Durchlaucht doch recht oft das traurige Schiksal haben mit Regimentern frecher Lügenmeister die Tage zubringen zu müssen. Unter vorliegenden miserablen Blättern ist vielleicht, ja sicher, nur Boucher allein als wahr zu finden. Die Kinderstudie ist sicher originale Zeichnung und von Meisterhand, die andern sind schwach und ich möchte für die Rechtheit nicht haften. Die Zeichnung v. Michel Angelo ist hübsch aber genanter Meister hat sie nie gedacht oder gesehen. Die drei vorweltlichen Grazien v. Dürer, sind nach ihm von geschikter Hand. Die 2 Breughel sind nach Kupferstichen gezeichnet, aber alt. Sämmtliche andern Herrn, als: Veronese, Parmegianin Salvatore, Berghem, Altdorfer (Copie nach Dürer in Kupfer in hineingezeichnet) Rottmann Cöbel* und Terburg** gestehen ihre Lügen ein und schämen sich. Auch in diesem Genre ist es wie in allen andern, das wirklich gute wird immer seltener weil es von der großen Menge des Schlechten erdrükt wird. Ihrer Durchlaucht mich empfehlend unterthänigst Fr. Preller. 320
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* Charles-Antoine Coypel (1694–1752). ** Gerard ter Borch (1617–1681). Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
312 Weimar, wohl im Januar 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, […] Ich bin fleißig an meiner Nausikaa und habe im Sinne, noch vor Ostern mit sämmtlichen Cartons nach Dresden zu gehen, dieselben dort Schnorr vorzulegen und den Versuch zu machen, ob irgend jemand es unternimmt, diese und eine Partie anderer Zeichnungen für die Oeffentlichkeit zu photographiren; möglicherweise ginge es, die Sachen in kleinen Heftchen herauszugeben. Da ich selbst keinen Nutzen dabei suche, wäre es vielleicht um so leichter, einen Unternehmer zu finden. Ich denke, die Sachen sind über die Unbedeutendheit hinweg und wenn das Publikum für diesen Genre auch klein ist, so hat es doch eben die Künstler und Kenner zum Theil für sich. Vielleicht nehme ich dann auch noch einige andere Zeichnungen und Cartons mit, um dort eine kleine Ausstellung zu arrangiren. […] Jedenfalls wird es Schnorr große Freude machen, einmal wieder etwas von mir zu sehen und die Dresdner mögen in Gottes Namen dabei etwas lernen, denn Schaden bringt es ihnen nicht. Die Gallerie soll dann eine Erholung für mich sein. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 23–24.
313 Weimar, den 9. Januar 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Nur so viel, dass ich jetzt die Leipziger Bilder* in Cartons zeichne. Ich bin am letzten, der Nausikaa. Vier davon sind durchaus anders componirt, und ich glaube um Vieles besser, als die ursprünglichen. Später will ich die Sache ganz abrunden, indem ich noch drei dazu componire. So, wie die Sache jetzt besteht, ist sie lückenhaft. Es fehlen drei Motive. 1. Der göttliche Schutz der Pallas, durch welchen Odysseus sein Werk vollbrachte. 2. Die Ursache, weshalb er bei den Phäaken nicht unterging, und dafür die Leukothea, die ihm auf dem Wrak den Schleier reicht, und 3. Weshalb er ohne seine Gefährten zurückkehrte. Die Ursache ihres Unterganges war der Frevel, den sie an den Rindern des Helios begingen, und dafür das Leben lassen mussten. Wann es zur Vollendung kommt, mag Gott wissen, aber es soll werden, wenn ich nicht bald selbst untergehe. Die sieben fertigen bringe ich mit nach Dresden. Schnorr und meine lieben Freunde sollen sie sehen und mir ihr Urtheil abgeben. […]
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* Die Odyssee-Landschaften im römischen Haus zu Leipzig von Herrmann Härtel (1803–1875). Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 149–150. Ein Auszug bei Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 97.
314 Weimar, den 22. Januar 1857. An Frau Ludolf, Mutter seiner Schülerin Margarete Ludolf (1840–1898). Verehrte Frau! Ich wüßte wahrlich nichts eiliger zu unternehmen, nachdem ich wieder sehr schmerzhafte traurige Tage durchlebt, als zu Ihnen zu eilen und Ihnen meine Ueberraschung und unbegrenzte Freude auszusprechen. Aber wie beginnen, damit Ihnen recht deutlich werde wie mir zu Muthe und was ich Ihnen schulde? Weniger als einen Theil meines Lebensglükes kann und darf ich es nicht nennen. Seit vielen Jahren hat es zu meinen schönsten Wünschen gehört einige auf uns gekommene Reste jener Glanzperiode um mich versammeln zu können. Sie, verehrteste Frau senden mir den leuchtensten Stern jener herrlichsten Zeit, damit er mir fürs Leben leuchte und mich erquike. Letzteres wird er ganz gewiß und dem ersten will ich es danken, wenn ich im Leben noch etwas vollbringe. Die Venus von Melos mit ihrer ewigen Schöne wird mich bewahren je etwas anderes in der Kunst zu wollen als was groß u edel. Nehmen Sie verehrte Frau den wärmsten und tief gefühltesten Dank für das mir lebenslänglich unschätzbare Geschenk. Möchte es mir jemals vergönnt sein auch Ihnen eine Freude zu bereiten, denn dies Gefühl wird und soll mich nie verlassen. Durch Frau Storch habe ich öfter von Ihnen allen gehört, auch hat mir Gretchen mehrfach tröstliche Nachricht gegeben. Wann wird mir endlich der glükliche Augenblik kommen Ihnen allen einmal meinen Besuch zu machen? — Zunächst werde ich Frau Storch in Dresden sehen. Ich bin gesonnen dort meine Cartone aus der Odyssee photografiren zu lassen, u das kann gegen Ostern zur Ausführung kommen. Uns allen würden Sie eine große Freude machen Gretchen* recht bald u längere Zeit wieder zu schiken. Ihr Plätzchen in meinem Studium bleibt ihr für alle Zeit für den Fall daß ihr meine Erfahrung von Nutzen sein kann. Könnte ich zur Ausbildung ihres schönen Talentes beitragen, ich würde mich wahrhaft glüklich schätzen. Ich kann nicht anders, als Ihnen schließlich nochmals aufs innigste herzlich zu danken. Empfehlen Sie mich und die meinigen Ihrem Herrn Gemahl aufs beste, welchen persönlich kennen zu lernen ein heißer Wunsch von mir ist. Mit den besten Grüßen für alle zeichne ich mich hochachtungsvoll Ihnen ergeben Fr. Preller Weimar d 22 Jan 1857. * Mit Gretchen ist Margarete Ludolf (1840–1898), eine Schülerin Prellers und Nichte von Anna Frederike Storch (1815–1898), gemeint. St. Gallen, Kantonsbibliothek, Sammlung Robert Alther, Signatur: VadSlg. NL. 202.
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315 Weimar, den 24. Januar 1857. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Sie erhalten anbei den Brief von Wittmer* in Rom samt der Liste der Zeichnungen von Koch. Ich hatte denselben so gut aufbewahrt, daß ich ihn nicht wiederfinden konnte, in welchen Fall ich oft mit solchen Sachen gerathe die den meisten Werth für mich haben. Entschuldigen Ihro Durchlaucht die Verzögerung. Die Nachricht über Rietschels Gruppe** hat mich sehr interessiert. Der Gedanke des einen Lorbeers für beide ist ganz richtig, Rietschel hat es so gemacht, der Lorbeer ist und bleibt ein Simbol. Hätten ihn beide getragen, würde es nach meiner Ansicht eine Art Uniformstük geworden sein. Ich danke Ihrer Durchlaucht bestens für die Zusendung, Sie erhalten das Blatt anbei zurük. Ihrer Durchlaucht Wunsch gemäß habe ich mir das Bildchen von Frl. Soest erbeten, und werde es schon morgen beginnen, damit es bis zum 18 Februar gut trocken ist. Schwerlich werde ich später noch etwas unternehmen können, da mein großes Bild alle Zeit beanspruchen wird. Ihrer Durchlaucht mich bestens empfehlend unterthänigst Friedrich Preller. Weimar d. 24 Jan 1857. * Johann Michael Wittmer (1802–1880), Maler, Schwiegersohn und Verwalter des Nachlasses von Joseph Anton Koch (1768–1839). ** Das Goethe- und Schiller-Denkmal von Ernst Rietschel (1804–1861) wurde am 4. September 1857 in Weimar enthüllt. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
316 Weimar, den 26. Februar 1857. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Erst heut ist mein Befinden der Art daß ich an anderes denken kann als meine Krankheit. Entschuldigen Sie gütigst damit die so späte Beantwor[tung] Ihres Schreibens, die ich am liebsten in Person überbracht hätte, wenn ich überhaupt nur eine Stunde seither vor Schmerzen [frei] sein könnte. Daß die kleinste Kleinigkeit meiner Hand Prinzeß Marie nur eine Minute erheitert, ist schönerer Lohn, als selbst viel besseres erwarten könnte, und macht mich glüklich. Noch heut bedaure ich in Wahrheit der Freude beraubt worden zu sein meine besten Wünsche 323
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nur schriftlich, nicht wie bisher, in Person überbringen zu können. Vom schönern Wetter erwarte ich für mich auch bessere Tage. Auf die Anfrage Ihrer Durchlaucht wegen einer Copie des fertigen Franciscus von Steinle, muß ich mit innigster Wemuth sagen, daß es mir in nächster Zeit unmöglich ist die Arbeit selbst zu unternehmen. Durch so langes Unwohlsein bin ich mit dem Bilde weit zurük geblieben, und der Großherzog von Oldenburg, der mich bei seinem Hiersein besuchte, kann die Zeit nicht erwarten das Bild zu besitzen.* Ich darf jetzt also nicht mehr daran gehen, wenn ich nicht zugleich meinen Plan für nächsten Sommer zerstören will. Ich schlage Ihrer Durchlaucht daher den Maler S. Thon vor, mit der Ueberzeugung daß er die Arbeit zur Zufriedenheit Ihrer Durchlaucht vollbringt, ja vielleicht besser als ich es im Stande sein würde. Mit dem besten innigsten Wunsch für das Wohl Ihres Hauses hege ich die Hoffnung daß es mir bald möglich werde Ihrer Durchlaucht meinen Besuch persönlich abzustatten. In tiefster Verehrung Ihrer Durchlaucht ergebenster Friedrich Preller. Weimar d 26 Februar 1857. * Siehe die Briefe 303–305. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
317 Weimar, im März (?) 1857. An Adolf Donndorf (1835–1916), Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Mein lieber Freund. Ich danke Ihnen für Ihr freundliches Briefchen durch Hemken, woraus ich mit Freuden ersehe, dass Sie im eigentlichen Studium bis an die Ohren sitzen. So mus es auch sein. Das nächste Vergnügen dabei ist, dass man ruhiger zu Bett geht und des Morgens wiederum aufsteht. Ferner habe ich noch Freude über die beiden Portraits Ihrer Eltern, die man bei unserer kleinen Ausstellung unter die wenigen eigentlichen künstlerischen Arbeiten zählen kann. — Dass meine Arbeiten in Dresden gut aufgenommen worden sind, höre ich von vielen Seiten und habe Freude daran. Ich war es den Dresdnern schuldig einmal etwas von meiner Arbeit zu schicken, sie hatten schon vor 8 Jahren mich zum Mitglied der Akademie ernannt. Sie lieber Freund kennen meine Abneigung gegen jede Ausstellerei der Art. Der alte Koch nannte dergl. Ausstellungssäle: Kunstcasernen, in denen der Janhagel immer den Ton angiebt und die Oberhand behält. Jetzt habe ich wieder einige Jahre ein ruhiges Gewissen. Treu Ihr Friedr. Preller. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 48–49. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
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318 Dresden, den 23. März 1857. Wohl an Adrian Ludwig Richter (1803–1884), Maler. Mein verehrter Freund! Nun schon über 8 Tage in Dresden und Sie nicht gesehen. Ich habe in dieser Zeit Stunden gehabt in denen ich an jedem Wiedersehen zweifeln mußte. Gott sei gedankt, es scheint sich alles wieder zum guten zu wenden. Sie lieber Freund, werden weder mein Hiersein, noch mein Kranksein erfahren haben. Mein altes Magenübel, an welchem ich in letzter Zeit viel gelitten, erwachte schon am zweiten Tag meines Hierseins mit einer bisher nicht gekannten Wuth, und wiederholte in so schlimmen Anfällen daß man meine liebe Frau durch eine Depesche hieher berief. Ich selbst hatte schon alles aufgegeben. Ich bin in des Geheimrath Carus Behandlung, der durch gestern gefundene Gallensteine ganz klar in der Sache sieht und mein Verhalten auf Jahre bestimmt und festgesetzt hat. Das für mich heilsamste wird ein längerer Aufenthalt in Carlsbad für nächste Zeit sein. Doch ich will mein Blatt um Ihren Willen nicht mit dergl. traurigen Dingen füllen. — Die Veranlassung weshalb ich hierher ging, waren meine letzten Arbeiten, (eine Anzahl Cartone) die ich gern dem Urtheil einiger tüchtiger Leute unterwerfen wollte.* Sie wurden im Kunstverein ausgestellt, mit dem Resultate darf ich mehr als zufrieden sein. Später sollen dieselben auch nach Berlin. Ich bin hauptsächlich neugierig ob diese Auffassung der Landschaft, mit der ich so gut wie allein stehe, vom besten Theile des Publikums verstanden und gebilligt wird. Auf meine Ueberzeugung in der Sache kann freilich weder Lob noch Tadel jetzt mehr Einfluß haben. Ist sie von einiger Bedeutung, mag eine spätere Zeit richten. Wie sehr gern ich Ihre Ansicht darüber gehört hätte, brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern, aber Gott weiß ob ich die Erlaubnis bekomme vor meiner Rükreise noch erst Besuche machen zu dürfen. Kommen Sie einmal in unsre Nähe, würde es mich sehr beglüken, wenn Sie einen Blik hereinthäten. Ich wohne bei Frau Werner, der Mutter der Fr. Stosch, Papiermühlengasse No. 9. Meine gute Frau trägt mir die besten Grüße für Sie auf, ich füge die meinigen bei und bin in alter Treue Ihr Fr. Preller. Dresden d. 23 März 1857. * Es handelt sich um die Entwürfe zur Odyssee. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
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319 Weimar, wohl im April 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, 1857. […] Um diese Zeit denke ich, sollen meine Cartone nach Berlin gehen. Sehr begierig bin ich, zu erfahren, mit welchen Augen die dortige Künstlerschaft diese Arbeit besieht. Die Richtung und das Resultat ist ihnen so neu und wahrscheinlich so absurd, daß, wenn nicht ein oder der andere eine Ausnahme macht, ich für nichts Gutes stehe. Sie kennen mich hinlänglich und wissen, daß, wie die Kritik auch ausfalle, ich doch gewinne, vorausgesetzt, daß die Unvernunft nicht zu bestialisch ist. Die Herren Jenenser haben es nicht der Mühe werth gehalten, mir ein Wort des Dankes zukommen zu lassen*. Dresden hat sich in der Sache doch ehrenhaft benommen, dort haben die Besten es zum Besten gezählt und die jungen Künstler haben aus dem Kunstverein einen Wallfahrtsort gemacht. * In Jena wurden die Entwürfe Prellers zur Odyssee dank der Unterstützung des Klassischen Philologen Karl Wilhelm Göttling (1793–1869) erstmals ausgestellt. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 24.
320 Weimar, den 2. April 1857. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Mein verehrter theurer Freund! Es ist mir höchst schmerzlich Dir zum heutigen Fest Wunsch und Gruß nicht selbst überbringen zu können. Möge dieser Tag Deinem langen Leiden den Abschied geben und der von allen Deinen Freunden so sehnlich erwünschten theuren Genesung freundlich die Hand reichen. Möge der Blumen spendende Frühling seine schönste duftreichste, Dich unsern geliebtesten Freund zuerst wiederbringen. Dies der innigste Wunsch Deines treuen Fr. Preller. Weimar d. 2 April 1857. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25, 16 Brief 5.
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321 Weimar, den 15. April 1857. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Mittwoch nach Ostern Mein lieber Freund! Von Ihrer letzten Arbeit (Weisse’s Relief ) hängt ein Abguss in meinem Studium und ich freue mich jeden Tag die Arbeit zu sehen und sie sehen zu lassen. Sie haben in der Hauptsache abermals einen erfreulichen Schritt getan. Die Formen sprechen immer klarer und einfacher aus und die Empfindung der Oberfläche ist dabei fein geblieben. Ihre hiesigen Gönner und Freunde sind bleiben dieselben, versäumen Sie nur nicht, dann und wann etwas sehen zu lassen. Die Welt ist nun einmal so, und wer nicht selbst Künstler ist, der meint so leicht man tue nichts zum Vorwärtskommen wenn man nichts sehen lässt. Da wir sie nicht ändern können, tun wir am besten uns anzupassen. Über die Becherzeichnungen habe ich immer Freude, und ich denke Sie tun gern von Zeit zu Zeit dergl. Dinge. Das Mittel ist nicht unbequem einen Gedanken zu fixieren. Unterlassen Sie es ja nicht. Ich freue mich ferner, dass Sie nun unausgesetzter Tätigkeit sind und so jeden Tag sich um etwas bereichern. Grüssen Sie mir Ihren Meister. Leben Sie wohl mein lieber Freund. Gott schenke Ihnen Gesundheit dass Sie mit Frische und Heiterkeit dem Ziele ungestört nachstreben können. Schreiben Sie mir so bald es Ihnen bequem ist, Sie machen mir die grösste Freude durch Ihre Briefe. Mit Treue und wahrer Freundschaft Ihr Friedr. Preller Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 49. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
322 Karlsbad, im Mai 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad, [im Mai] 1857 […] Briefe sind die schönsten Geschenke, die einem hier werden können, daher lassen Sie sich das gesagt sein. Die Frau Storch ist bis jetzt die allerfleißigste Schreiberin gewesen; freilich verbindet uns jetzt eine Sache, die mir Briefe und Zeitungsblätter in Menge einträgt. Sie wissen ja, daß meine Cartone und Zeichnungen in Berlin sind. Es scheint, daß sie dort noch mehr, als in Dresden Aufsehen machen, wenigstens schreiben sich die Berliner Kritiker bald die Finger ab. Ich habe schon 5 verschiedene Aufsätze in Händen. Der letzte und am meisten und ernstesten eingehende erschien vor Kurzem im „Deutschen Kunstblatte“ Jahrgang VIII No. 20: er füllt 8 Spalten. Der Recensent Dr. Lübke geht mit Ernst und wirklichem Kunstgefühl auf das Wesen der Sache los. Alle sind darüber einig, daß ich in erster Reihe deutscher Kunst meinen Platz einnehme und die Erscheinung der Zeichnungen 327
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in Berlin eine Epoche ausmacht. Daß der Himmel mich mit Talent beschenkte, habe ich schon längst gewußt und, wie Sie wissen, das Geschenk dankbar angenommen, niemals aber die Neigung gefühlt, damit vor die Oeffentlichkeit zu treten. Durch das unausgesetzte Bombardement der Frau Storch wurde ich endlich erweicht und ließ sie gewähren. Jetzt stecke ich in dem Falle, den ich so viele Jahre zu vermeiden wußte. Man spricht und schreibt meinen Namen mehr als mir gefällt. Da es aber nun so ist, wünsche ich nur, daß andere dadurch ermuthigt werden und es noch besser machen. Nur einer, Schirmer, hatte mit mir den Muth, der jetzigen Richtung entgegen zu treten. Wir schlagen freilich das gemeine Publikum und den Kunstpöbel geradezu in’s Gesicht; doch soll die Sache besser werden, muß doch einer oder der andere beginnen. Wir haben aber beide so entschieden durchgeschlagen, daß wir damit zufrieden sein können. Jetzt bin ich nur noch neugierig, was Düsseldorf für Augen macht. Von dort ist die herrschende Richtung ausgegangen und hat noch ihre Hauptvertreter dort, doch ich hoffe, auch diese sollen wenigstens ihre Anerkennung uns nicht versagen. Wie mir die Storch schreibt, wird das Photographiren der Cartone daselbst zu Stande kommen und das sollte mich in Wahrheit freuen, da eine große Anzahl die Vervielfältigung ernstlich wünscht. – So ändert oft ein Augenblick alles, was wir seit Jahren vorbereitet. Mein Plan war: nur still alle Gefühle und Gedanken, die meine Brust bewegten, in Form zu bringen, damit die mir Nahestehenden mich begriffen und verständen und mit mir weiter strebten. So nur fühlte ich mich glücklich. Mit einem Male hat dies ein Ende und ich sehe mich in die Oeffentlichkeit geschleudert. Hat es so auf die junge Kunstwelt Einfluß, ist es vielleicht noch besser, gehe es also seinen Gang. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 25–26.
323 Weimar, den 3. Mai 1857. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Mein verehrester theuerster Freund! Endlich drängt alles zur Abreise nach Carlsbad. Tausend verschiedene Dinge sind vollbracht, eben so viele stehen mir bevor und kaum begreife ich, daß ich in meinem elenden Zustande noch vegitire. Ich dachte heute noch einen Besuch auf der Altenburg zu machen, mich von Deinem Besserbefinden selbst zu überzeugen, durch Dich wo möglich tröstliche Nachricht über das Befinden der Frau Fürstin und der Prinzeß, meinen ReisSegen selbst zu holen, aber es ist bei meinem jetzigen Befinden eine Unmöglichkeit geworden, und so bleibt mir nichts übrig als dem Hause, dem einzig hochverehrten, dem ich so viele glükliche Stunden schulde, nur ein schriftliches Lebewohl für die Zeit meiner Kur zu sagen. Möchte doch allen die schwere Prüfungszeit verlaufen und glükliche Ruhe und Heiterkeit wieder Platz finden. Dies mein innigster tiefgefühlter Wunsch. Carus in Dresden, dem ich über den Verlauf der Krankheit berichtet, giebt mir den Trost daß ich durch Carlsbad ganz geheilt werde. Und so trete ich denn die Reise mit guter 328
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Zuversicht für meine geringe Person an. Hoffentlich sehen wir uns alle froher wieder. Noch habe ich die Bitte mich der Frau Fürstin und Prinzeß Maria aufs beste zu empfehlen. Möge uns alle der Himmel in seinen Schutz nehmen. Ewig treu Dein Friedrich Preller. Weimar d 3 Mai 1857. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25,16 Brief 6.
324 Karlsbad, den 8. Mai 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad, den 8. Mai 1857. […] Wie Sie wissen, gingen wir Dienstag Nachmittag von Weimar in Begleitung unseres lieben Ernst bis Leipzig. Wir blieben die Nacht bei Härtels, hatten nochmals glückliche Stunden mit den Kindern, besuchten die Gallerie und reisten Mittwoch nachmittag nach Zwickau ab, wo wir übernachteten. Hier hört die Eisenbahn auf und da die Posten erst täglich vom 15. dieses gehen, hatten wir die Noth, mit Miethwagen und Extraposten uns stationsweise hierher durchzuschlagen. Endlich langten wir heute, als Freitag, morgens 10 Uhr hier an. Unsere Reisegesellschaft war auf der ganzen Reise eine nette und liebenswürdige. Carlsbad macht den freundlichsten Eindruck vom ersten Augenblick an. Die Umgegend ist sehr abwechselnd, die Stadt hübsch und in hohem Grade reinlich und einladend. Unser erstes Geschäft war natürlich, irgend eine angenehme paßliche Wohnung zu suchen. Wir haben viel gesehen und die Auswahl schwer gefunden. Endlich sind wir ganz nahe am Sprudel bei einem Bäcker eingekehrt, haben eine sehr angenehme Wohnung bezogen, und dabei unentgeltlich das Vergnügen, uns von drei sehr, aber sehr hübschen Töchtern bedient zu sehen. Das Haus heißt: „die goldene Rose“, birgt deren aber drei und zähle ich die sehr hübsche Mutter dazu, gar vier. All dies bezahlen wir, das heißt diese hübschen freundlichen Gesichter haben wir, wie gesagt, umsonst mit 11 Gulden wöchentlich. […] Mein Arzt, an den ich durch Carus empfohlen, hat mir einen sehr guten Eindruck gemacht. Er ist getaufter Jude und ein sehr schöner Mann mit echt asiatischer Kopfbildung. Seine Augen haben all den Zauber, den wir Europäer in vielen Fällen oft gänzlich entbehren. Obgleich schon hoher Fünfziger, ist er ungewöhnlich frisch und von einnehmenden Manieren. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 24–25.
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325 Karlsbad, um den 10. Mai 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Alles, was von Berlin über mich gekommen, verdient, daß ich mich Ihnen zu Füßen lege und in zerknirschter Weise Abbitte tue.* Und das tue ich also in diesem Augenblicke. Beim Erheben aus dieser Lage erlauben Sie mir wohl eine Frage. Habe ich denn jemals an der Kunstbildung einzelner Berliner gezweifelt? Nein! Ich habe nur keinen Nutzen für das Publikum und für mich darin sehen können, daß ich mich über das Gewöhnliche erhebe und etwas bringe, das die Masse nicht versteht und noch weniger sich bemühen wird verstehen zu lernen. Ich habe nicht die entfernteste Idee gehabt, daß sich die tüchtigsten Leute damit abgeben werden, die Sachen in ein Licht zu stellen, in dessen Wärme die kleinen Früchte doch am Ende zu einer gewissen Reife gelangen können. Gehe es wie es wolle, ich muß mich freuen – und das tue ich in Wahrheit –, daß ich auch dort Verständnis gefunden. […] * Anna Friederike Storch hatte sich dafür eingesetzt, dass Prellers Odyssee-Zyklus nach der erfolgreichen Präsentation in Dresden auch in Berlin ausgestellt wurde. Die Arbeiten fanden bei aller Skepsis Prellers gegenüber dem Berliner Kunstbetrieb großen Zuspruch. Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 92.
326 Karlsbad, den 17. Mai 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Der Sonntag sollte verwendet werden, Ihnen zu schreiben und tausendfach zu danken für Alles, was Sie um meinetwillen zu thun und zu leiden gehabt und noch haben. Gott! Wie viel haben Sie sich aufgebürdet! – Möchte Ihnen die Geduld nicht ausgehen! Dass ich bei all dem Erfreulichen und Schönen, was mir in dieser Zeit widerfährt, behalte, brauche ich Ihnen schwerlich nicht zu versichern. Schon fürchte ich die Zeit, die mir Ihre lieben Briefe seltener bringen wird, und sie wird kommen, ehe mir die Freude werden kann, Sie vielleicht in Dresden wieder zu sehen. Die Cartonangelegenheit hat so vieles angeknüpft, dass wir nothwendig einen längeren mündlichen Austausch wünschen müssen, wenigstens ist dies von meiner Seite der Fall. – Vor allererst zur Antwort auf Ihre Frage wegen der Copie nach einem der Cartone. Wann, meine theure Freundin, habe ich Ihnen etwas abgeschlagen? Schalten und walten Sie mit all den Sachen, die in Ihren Händen sind, wie Sie wollen, nur möchte ich nicht, dass dieselben in andere Hände kämen. Copiren Sie oder G., was Sie für gut finden! In Ihrem nächsten Briefe, worauf ich unersättlicher Mensch mich jetzt schon freue, bitte ich, mir doch mit einem Worte zu sagen, wie und ob überhaupt das Photographiren zu Stande kommt. Sobald wirklich ein Probedruck gemacht ist, schicken Sie mir ihn ja bald, denn darauf bin ich wirklich begierig. Von Düsseldorf hat man mich gebeten, da ich die Cartone zugesagt, doch auch die in Berlin ausgestellten Zeichnungen 330
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mitzuschicken. Ich bitte Sie demnach, da Sie nun einmal die Sache, die Last, auf sich genommen, doch eine Auswahl zu treffen und sie wohl verpackt dahin gehen zu lassen. Sein Sie, theuerste Freundin, mir nicht böse über die neue Zumuthung. Der Düsseldorfer Verein trägt, versteht sich, die Unkosten. […] Jetzt ein Wort über den letzten Aufsatz im Kunstblatt von Lübke. Sie scheinen Sorge zu tragen, dass der vorige vom Berlinerkinde mich unangenehm berührt haben könne? Das ist nicht Ihr Ernst, denn Sie kennen mich besser, und mein Brief, der nun sicher in Ihren Händen ist, wird Sie darüber beruhigt haben. Wie wenig ich mich für unfehlbar halte, das wissen Sie vielleicht besser als ich selbst. Dass mir der Aufsatz von Lübke viel verständlicher, liegt einzig darin, dass er ein mehr künstlerisch richtiges Gefühl hat als jener. Das Urtheil und die Ansicht über meine Fähigkeit ist so brillant, dass ich in Wahrheit zweifle, ob ich sie zur Hälfte nur verdiene. Die durchaus richtige Empfindung, mit der Lübke die Sachen betrachtet, und wie sie ihn erwärmen, hat mich im höchsten Grade überrascht. Eine sehr seltne Erscheinung ist es bei Kritikern, dass Ihnen das Geheimniss der Schönheit, was im vollendeten Ebenmass der Theile und Linien zu suchen, so lebendig und klar vorliegt. Leider ist das auch nur sehr wenigen Künstlern klar geworden, und leicht könnte ich Namen anführen, mit denen ich mich beim sogenannten Publikum schwer versündigen würde. Treffend und wahr ist Alles, was er beim Vergleichen der früheren und späteren Odysseebilder sagt, wenn ich überhaupt eine Stimme darin habe, was ich indess glaube, da ich die früheren wirklich als die Arbeit eines Andern jetzt ansehe, wie es mir immer geht mit Dingen von mir, über welche eine lange Zeit hinweggegangen. Das grosse Lob, was mir Lübke zukommen lässt, wird mir Muth geben, auf diesem Wege ruhig weiter zu gehen. Fürchten Sie, liebe Freundin, nicht, dass ich übermüthig werde! Sie wissen, dass mir die Kunst zu heilig ist, als dass ich je lässig oder leichtsinnig werden könnte. Sie ist mir immer, in allen ihren verschiedenen Richtungen, das Höchste und Heiligste, und nur Eine gewesen, doch habe ich nicht Alles Kunst genannt, was in unsrer Zeit dafür genommen wird. Mein ganzer Studiengang ist sehr abweichend vom Gewöhnlichen gewesen und darin ist mir vielleicht leichter die Ueberzeugung vom Rechten geworden. Ich kannte nie ein eigentliches Fach*, mir stand Architektur, Skulptur, Historie, Blumen- und Landschaftsmalerei gleich hoch, und so ist es noch. Mit Allem kann man zum Höchsten kommen, in Allem kann man an der Schale haften bleiben. Die Natur ist für Alles der Quell, aus dem wir schöpfen sollen. Das höhere oder niedere Verständnis derselben bezeichnet den Künstler. Auf das was Einem vom Himmel geschenkt wird, kann Niemand stolz sein, und das, was wir erlernen, kann und wird uns nicht hochmüthig machen. Nur glücklicher oder glücklich können den Künstler äussere Verhältnisse machen. Ich bin und bleibe derselbe für alle Zeit, die mir vergönnt ist. Schenke mir der Himmel nur leidliche Gesundheit und Kraft, um nicht zu schreckliche Störung zu erfahren. […] Kennen Sie Herrn Lübke, so sagen Sie ihm, dass ich wahrhaft beglückt bin, in ihm einen Menschen mehr zu wissen, der mit ächt künstlerischem Sinn und Verständniss mich auf meinem Weg begleitet. Ich bin lange genug allein gewandelt, solchen Begleiter zu haben, ist hoher Genuss. Mit ihm möchte ich wohl einmal eine Studienreise machen. Wir würden einander viel mitzutheilen haben. […] 331
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* Dieser von Preller oft wiederholte Ausspruch ist so charakteristisch, dass er besonders betont werden muss. Es ist Goethes Universalismus der Kunst, den er in seiner Weise vertritt. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 154–157. Auszüge auch bei Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 94/96.
327 Karlsbad, den 23. Mai 1857. An Mathilde Arnemann (1809–1896), Mäzenatin. Anhang von Friedrich Preller an einen Brief der Marie Preller an „Mein liebes theures Doctorchen!“ Unmöglich kann ich den Brief abgehen lassen ohne unsern lieben Doctorchen* meinen persönlichen Gruß eigenhändig zu übermachen. Wie oft wir Sie, als bekannte Spaziergängerin hierher wünschten, ist kaum zu sagen. In Gedanken höre ich mein Doctorchen über schöne Gegend und herrliche Laster nur reicheres wie im Theater, auch giebt es gute Parthien. Der Hamburger Witwer wäre wie auserlesen. — In summa Carlsbad ist in Wahrheit paradisisch u ich denke erst an alle die ich lieb habe u wünschte sie zu uns. Daß Sie nicht die letzte Stelle darunter einnehmen, wissen Sie so gut als ich selbst. Wenn wir so glüklich sind noch ein Briefchen von Ihnen zu erhalten, so sehen Sie doch ob Sie erfahren können wie es auf der Altenburg geht u schreiben davon ein Wort. Grüßen Sie Ihre Kinder u unsre Freunde, darunter besonders die Heineburg Cornelius**, Dammrosch pp. wer sonst gern an uns denkt. Nächstens soll das ein u andere noch besonders von mir hören. Jetzt nur noch Gruß u ? — von Ihrem F. Preller. * Frau Arnemann befasste sich mit Themen des gesunden Lebens. ** Peter Cornelius (1824–1874), Komponist. Leopold Damrosch (1832–1885), wirkte 1857 als erster Geiger an der Weimarer Hofkapelle. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/2226.
328 Karlsbad, den 26. Mai 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad, den 26. Mai 1857. […] Sie legen mir eine Frage über Landschaftsmalerei vor. Gern will ich sie beantworten, nur fürchte ich, daß bei der Kürze, in die ich die Antwort bringen möchte, ich vielleicht nicht ganz verständlich bin. Die Landschaftsmalerei von jetzt hat nach meiner Ansicht einen großen Fortschritt gegen die frühere gemacht, obgleich die großen Erscheinungen 332
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einiger Künstler jener Blüthezeit nicht erreicht worden sind. Die heutige Kunst in der Landschaft ist geistig gehaltvoller und durchschnittlich poetischer. Ich spreche natürlich nicht von der großen Masse des sogenannten Kunst-Pöbels, sondern immer nur von dazu berufenen Leuten. Die große Periode der Italiener und Niederländer lief mit den Nachahmern des Claude Lorrain und Poussin, sowie bei den Niederländern in Manieristen aus und verlor sich in die nichtssagende Flauheit. Mit Dietrich schließt eine Periode ab, die manches Gute hatte. Der Freiheitskrieg war in der Kunst ein neuer Hebel; man erkannte, wohin man geraten und mußte sich entschließen, wieder zur Quelle, der Natur zurückzukehren. Diese Zeit brachte den Deutschen einen Friedrich, Dahl u. A. m. Ersterer mit seiner poetischen, aber melancholischen Natur hat mehr geschadet als gefördert. Dahl, ein langer feuriger Norweger, führte die Masse auf ernstes Naturstudium zurück und bildete in Deutschland eine Epoche. Zu gleicher Zeit trat König Ludwig als Mäcen auf und jetzt nahm die ganze deutsche Kunst einen Aufschwung, der sich in Allem geltend machte. Der Münchner Schule gegenüber bildete sich die Düsseldorfer. Jene hatte eine ideale, diese eine durchaus naturalistische Richtung. Jene erreichte unter Cornelius eine Spitze, dieser glückte es nicht. Die Düsseldorfer Richtung erkannte ihr Ziel im Erreichen nicht der Natur, sondern der Natürlichkeit, d.h. sie drang nicht in die Tiefe, sondern begnügte sich mit der Schaale. Nach meiner Ansicht fängt echte Kunst erst da an, wo die Düsseldorfer ihr Ziel fanden. Mit dem, was sie erkämpft hatten, muß der Künstler erst beginnen, zu wirthschaften. Erst spät traten Individualitäten hervor und gingen über die vorgezeichnete Bahn hinaus. Um das aber zu vermögen, mußte wirklicher Beruf da sein. Ich nenne Ihnen als den vornehmsten und begabtesten W. Schirmer, jetzt Direktor der Kunstschule in Karlsruhe. Er war einer der Führer der gesammten Naturalisten, erhob sich aber und hat in letzter Zeit Deutschland mit seinen biblischen Landschaften gezeigt, welch’ großes Talent es an ihm besitzt. Neben ihm sind nur noch sehr wenige zu nennen. Die große Masse gehört noch zu den Naturalisten, die freilich auch bedeutende Talente an der Spitze haben und stets allgemein verständlich bleiben werden, weil jedermann den ausreichenden Maßstab in der Natur findet, für die ideale Richtung aber ein wirkliches Kunstverständnis nötig ist. Dies zu erlangen, ist aber kein Kinderspiel und also nicht von der Menge zu fordern. Beides aber kann mit einander existiren und ich wenigstens bin nicht Richter. Wohin meine ganze Natur mich zieht, wissen Sie, liebe Freundin, gut genug. Sie haben meinem Kämpfen und Streben lange genug zugeschaut. Bei der so allgemeinen Richtung hielt ich es für angemessen, nur den Wenigen, die mich verstanden, das Meinige zu bringen. Gewinn sowohl, als Ruhm sind Dinge, die mir nie ein Interesse abgewonnen. Ich schaffte, weil ich mußte, der Gedanke verlangte die paßliche Form und so war ich glücklich im Stillen. Nur ein Zufall der letzten Zeit war Ursache, daß ich aus meiner Verborgenheit hervortrat. Schirmer und ich haben einen Sieg errungen, der der Jugend nicht ganz ohne Folgen sein wird. Wir haben ihr einen Weg gebahnt, den die Ausgerüsteten jetzt mit mehr Muth betreten können; das ist der Lohn, der uns geworden, ein materieller steht uns nicht bevor. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 27–28.
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329 Karlsbad, den 3. Juni 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad, den 3. Juni 1857. […] Von Dresden bringe ich Rietschel’s letzte Arbeit, Rauch’s Büste mit. Diese Arbeit gehört zum Schönsten, was Rietschel gemacht. Ich freue mich, das Studium zu bereichern. Seine große Gruppe für Weimar ist im Guß glücklich zur Welt gekommen.* Jetzt reist er dahin ab, um die Arbeit weiter zu beaufsichtigen. Sie macht einen ehrenvollen Abschnitt in seinem Leben. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 29.
Gegenwärtig lese ich wieder die Odyssee u bin auf 4 Bilder zur Ergänzung des Cyclus gut präparirt**. Jetzt geht mir die Sache schon nicht mehr aus dem Sinn. […]. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 70. * Rietschels Goethe- und Schiller-Denkmal wurde in der Millerschen Erzgießerei München gegossen und am 3. September 1857 in Weimar enthüllt. ** Im Frühjahr 1858 stellte Preller dann in Berlin mit zwölf Blättern den um fünf Kompositionen erweiterten Odyssee-Zyklus aus.
330 Karlsbad, den 17. Juni 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad, den 17. Juni 1857. […] Die letzten Tage habe ich gegen alles Verbot gesündigt und einiges gezeichnet. Der Homer läßt mich jetzt nicht mehr ruhen und ich war gewissermaßen gezwungen, einige neue Gedanken festzuhalten. Die Sache dehnt sich in meiner Seele immer weiter und umfassender aus. Schon sehe ich, daß der Cyclus bis zu 14 und 15 heranwächst. Fünf neue Motive liegen in kleinen Skizzen vor mir. Um dem Ganzen eine schickliche Einleitung zu geben, habe ich gedacht, mit der Einschiffung Mentor’s und des Telemach zu beginnen. Mentor als verkappte Pallas giebt dem Telemach den Rath, den Nestor und Menelaos aufzusuchen und von ihnen Erkundigungen über das Schicksal seines Vaters einzuziehen. Besser ließe sich schwerlich beginnen. Ferner habe ich die Leucothea und die Tödtung der Rinder des Helios componirt. Letzteres ist, glaube ich, eine der besten Compositionen der ganzen Reihenfolge und soll in dem Format der Nausikaa werden. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 29 und Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 97.
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331 Goslar, den 1. Juli 1857. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Verehrtester Herr Archivrath! Erst sehr spät ward mir der Empfang und die unendliche Freude Ihres so lieben freundlichen Schreibens. Mein Aufenthaltsort war, nachdem ich das liebe Carlsbad verlassen, nicht Dresden wie ich früher beschlossen, sondern Pillnitz bei Dresden, weil die Stille und schöne Luft daselbst auf Anrathen des Geheimraths Carus mir besonders wohlthuen sollte. So war es auch wirklich. Ich bin nur einigemale nach Dresden gegangen um der Kunst nicht ganz fremd zu werden, versäumte aber, da ich Briefe nicht mehr erwartete, alle Anfrage bis zum Tage meiner Abreise, der mir noch zuletzt die große Freude Ihrer so höchst gnädigen Einladung brachte. Von der schon erfolgten Abreise Ihrer verehrten Fr. Tochter hatte ich schon gehört. In Leipzig sah ich meinen Sohn einen Tag, dem ich meine Frau noch für einige Stunden zurückließ. Sie empfiehlt sich Ihnen aufs beste mit dem wahrsten Bedauern Sie auf dieser Reise nicht mehr zu sehen, und nicht wieder begleiten zu können. Das Haus könne sie jetzt keine Stunde länger entbehren, wie sie meint. Ich war nicht gelehrt genug ihr das Gegenstück zu beweisen und mir zum Trost gewiß nicht der einzige, der es nicht im Stande ist. Hier in Goslar habe ich ein paar ruhige Tage verlebt und morgen trete ich die Fahrt zu Ihnen an. Die Freude, Sie wieder zu sehen war jedoch in Gesellschaft meiner Frau die treueste Begleiterin auf der ganzen Reise. Wie wenig sehen wir doch in die Zukunft! — Ich hatte nie solche Scheu aus dem Hause zu gehen als vor der Carlsbader Reise, und wie viel schönes ist mir schon begegnet und noch in Aussicht! Gewiß ist es so am weisesten eingerichtet. Ich treffe morgen Nachmittag mit dem Zuge 2 ½ Uhr in Hannover ein und werde nichts eiliger zu thun haben als mich Ihnen vorzustellen. Als meinen Vorboten habe ich meine Sehnsucht und den Wunsch Sie so frisch und heiter zu sehen wie ich Sie verlassen. So empfehle ich mich Ihnen bis auf baldigstes frohes Wiedersehen und bin Ihr hochachtungsvoll ganz ergebener Friedrich Preller. Goslar d. 1. Juli 1857. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 5.
332 Weimar, den 11. Juli 1857. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Verehrtester Herr Archivrath! Erst heute wird mir so viel Ruhe und Wohlsein Ihnen meine Ankunft hier, nach ziemlich beschwerlicher Reise mitteilen zu können. Der weite Weg, die unerträgliche Hitze und das ungewöhnte Menschengewühl auf der Eisenbahn hatten mich dermaßen aufgeregt, daß ich 335
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zwei Tage mit dem heftigsten Kopfschmerz zu Bett liegen mußte. Ganz allmählig fang ich jetzt an eigentlich wieder Mensch zu werden, und damit tritt alles in letzter Zeit erfreulich durchlebte frisch und lebendig mir vor die Seele, am deutlichsten die mir unvergesslichen Tage in Ihrem Hause. Wie soll, wie kann ich Ihnen danken? Ich durchlebte noch einmal eine bedeutende Sache: meine Jugendzeit in Rom, und daran schloß sich in innigster Verbindung die neue schöne Gegenwart. Daß mich die außerordentliche Freundlichkeit Ihrer ganzen Familie wahrhaft beglückt kann und wird Ihnen allen nicht entgangen sein. Möge der Himmel mir erhalten, was an mir so freundlich bescheert, wie ich nie aufhören werde es zu lieben und zu verehren. Meine kleine gute Frau wird nicht müde meine oft wiederholten Berichte und Erzählungen anzuhören und neue zu veranlassen. Sie will so viel es möglich, die schönen Tage nachträglich mit mir durchleben, und um ihr das zu erleichtern und theils möglich zu machen, bin ich stets mit Stift und Papier versehen. Sie empfiehlt sich Ihnen aufs beste und dankt nochmals für die tausend Freundlichkeiten in Carlsbad. Wahrhaft gerührt ist sie durch die Güte Ihrer Frau Gemahlin und dankt für das lieblich duftende Wasser, dessen Rezept sie gern besäße, wenn es nicht zu unbescheiden wäre so viel Mühe zu verursachen. Möge der Himmel Ihnen alles erhalten und verleihen, was Sie und die theuren Ihrigen beglückt und erfreut. Ich bitte jedem ins besondere mir engstehene und schließe mit der Versicherung meiner wahrsten Verehrung und treusten Anhänglichkeit und Ergebenheit. Friedrich Preller. Weimar d. 11. Juli 1857. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 6.
333 Weimar, den 11. Juli 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] In Hannover habe ich schöne Tage im Hause Kestners verlebt. Die Zeit von 9 Uhr Morgens bis 3 Uhr habe ich jeden Tag in der Sammlung zugebracht und unendlich schöne Stunden gehabt. Meine ganze in Rom zugebrachte Jugend ging mir nochmals durch die Seele. Fast an alles Einzelne knüpften sich besondere Erinnerungen oder Facta dieser schönen Zeit. Wirklich mir Neues fand ich ausser einem prächtigen Portrait (wahrscheinlich von Raffael) nicht viel oder nichts, aber unter dem mir Bekannten ist so viel Schönes und Tüchtiges, dass ich sehr gern noch länger geblieben wär. Wollte Gott, ich säss schon wieder tief in der Arbeit! Der Anfang fällt mir stets schwer, nicht der Sache wegen, ich finde nur den Uebergang vom Nichtsthun zur Thätigkeit nicht. Viel leichter würde es mir werden, wenn ich einige eben gebrauchte Gegenstände um mich liegen fände. Ich bestrebe mich jetzt, einige Unordnung zu veranstalten, Gläser zu brechen, Flecken zu machen u. s. w. Länger als bis Anfang kommender Woche, wenn ich nicht noch einige Tage nach Eisenach gehe, werde ich schwerlich aushalten. Mit meinem Befinden habe ich Ursache zufrieden zu 336
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sein, wenn ich die immer noch anhaltende Mattigkeit abrechne. Hoffentlich wird sich auch das in die alten Fugen bringen lassen, bis mir die Freude Ihres und Lübkes Besuch wird. […] Gestern war Rietschel hier, um nochmals über den Platz der Gruppe zu bestimmen. Er hat nun vor das Theater entschieden, so dass sie dem Theater den Rücken kehrt. Ich bin nicht ganz damit einverstanden, doch nur er hat zu bestimmen und hat es gethan. Die Statue des Karl August kommt auf den Fürstenplatz und dafür soll in jenen Festtagen der Grundstein gelegt werden. Sie, liebe Freundin, dürfen unmöglich fehlen, wenn uns Allen die Freude ungetrübt sein soll. Ein Tag ist, wie ich höre, auch für die Wartburg bestimmt, und da bin ich höchst begierig, was Lübke sagt. […] Dass Sie wieder in königlichen Dienst getreten und zwar in den der schönsten in der Schöpfung, der Rose, freut mich unendlich. Ich bin, wie Sie wissen, ein seufzender Anbeter dieser Schönheit und beneidete Sie schon oft um das Glück, sich ihr ganz weihen zu können. In der Technik, glaube ich, kann nichts förderlicher sein, als hier die feinsten Feinheiten zu erlauschen und unermüdet zu versuchen, dieselben in aller Weise wiederzubringen. Ein einziges Exemplar ist eine Welt für den Künstler, in der man sich nie langweilen, aber verzweifeln kann. Diesem zu begegnen und es zu bekämpfen, gibt es nur ein Mittel, es heisst unbegrenzte Liebe für die Sache. Halten Sie diese fest, sie lohnt mit vollkommenem Siege! […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 158–160.
334 Weimar, den 10. August 1857. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Verehrtester Herr u. Freund! Ein höchst lebendiger Traum in vergangener Nacht, der Carlsbad u. das Leben daselbst zum Inhalt hatte, mahnt mich Ihnen, als unsern Präsident, wieder ein Lebenszeichen zukommen zu lassen, der ich in letzter Zeit Ihrer und der ganzen Familie überhaupt erst gedenke. Das herrannahende Dichterfest ist der Punkt um den sich so mancher Gedanke dreht und spint.* Mit dem Namen Göthe verbindet sich mir immer der Name Kestner und kaum kann ich mir denken daß die Festligkeit vor sich gehe, ohne daß dieser Name seinen Vertreter hier hat. Noch hoffe ich immer jemand von Ihnen zu sehen. Vorige Woche hatten wir die Freude Frau Arnemann mit Frl. Tochter hier einige Tage zu fesseln. Ich war vorher zwei Tage in Eisenach gewesen und an beiden Orten wurde Ihrer in wärmster Weise viel gedacht. Frau Arnemann wird der Söhne halber sich wohl noch 6 Wochen in Eisenach aufhalten, bevor sie nach Altona zurückkehrt. Unser beider innigster Wunsch: mit Ihnen zu kommenden Sommer wieder in Carlsbad zusammen zu treffen, war oft der Inhalt unsrer Gespräche, ihn auf schönen Spaziergängen, die wir zuweilen gern weiter ausgedehnt hätten, wenn nicht die afrikanische Hitze unsere Wanderungen stets ein Ziel gesetzt hätte. Jetzt fürchte ich für sie dasselbe vom schlechten Wetter, das seit einigen 337
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Tagen ziemlich ernst aufgetreten. Mir sind diese Tage bequemer, denn sie eignen sich vortrefflich meine Winterarbeiten vor zu bereiten. Möge der Himmel mir nur soviel Gesundheit schenken daß ich darin nicht gestört werde und so die Freude habe Sie, verehrtester Freund mit den theuren Ihrigen wieder zu sehen. Ich empfehle mich Ihnen allen und bin für immer mit wahrster Hochachtung Ihr ganz ergebener Friedrich Preller. * Aus Anlass der Einweihung des Goethe- und Schiller-Denkmals von Ernst Rietschel (1894–1861) und der Grundsteinlegung des Denkmals für Großherzog Carl August (1757–1828) wurde am 3. September 1857 das Weimarische Fürsten- und Dichterfest begangen. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 7.
335 Weimar, im September 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [ohne Datum] 57. im St. […] Die Festtage haben, so scheint es wenigstens, alles Leben mit sich genommen, oder das zurückgebliebene so erschöpft, daß jetzt eine auffallende Ruhe doppelt fühlbar und mir unerträglich geworden ist. Man hatte sich in den paar Tagen an einen lebhaften Austausch besserer Gedanken und ungewöhnlicher Erscheinungen herangelebt; jetzt fehlt alles, wenn man nicht als bleibendes Resultat Rietschels unsterbliches Werk rechnet, was zwar fort und fort wirkt, aber in größeren Kreisen doch nicht mehr so lebendig besprochen wird. Mir geht es freilich ganz anders. Noch bin ich jeden Tag bisher 3 mal bei den Statuen gewesen, der Zeit nach 2–3 Stunden und finde sie stets das letzte Mal am schönsten. Rietschel reiht sich mit diesem Werke den größten Meistern aller Zeiten an und ich habe die volle Ueberzeugung, daß Deutschland, ja Europa, kein modernes Werk der Sculptur besitzt, welches diesem an hoher Meisterschaft an die Seite zu setzen wäre. Rietschels ganze Kraft und alle Feinheit, die er in hohem Grade besitzt und an einzelnen Werken schon oft hat blicken lassen, hat sich im würdigsten Gegenstande, der für Jahrhunderte dem Bildhauer vorkommen kann, concentrirt und ist in seltener Frische und Klarheit zu Tage gekommen. Er hat wohl gefühlt, daß er vor allen Kunstgenossen seiner Zeit der Bevorzugte war, daß ähnliche Aufgabe ihm nicht zum anderen Male kommen kann und hat tief empfunden, daß diese Arbeit seinen Culminationspunkt ausmachen werde. Mit vollkommener Ueberzeugung, daß das Werk gelungen, kann er dreist die Frage thun: Wer kann es besser machen? Es giebt darauf nur eine Antwort: Niemand! Mich zieht es unwiderstehlich an und oft kam mir schon innerlich die Frage: Warum steigt Ihr Herren denn nicht herunter? Für mich leben beide bis zur Täuschung. Komme ich zuweilen dazu, die Sache künstlerisch zu zerlegen, was wohl geschieht, wenn ich ganz alleine davor stehe und mir klar machen möchte, worin der Zauber zu suchen, der mich so unbeschreiblich fesselt, so stoße ich auf eine Fülle von Schönheiten und wunderbare Feinheit des Gefühles, daß mir bald die Sache so über den Kopf wächst 338
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und mich förmlich überwältigt. In diesem Werke liegt abermals der Beweis, daß wahrhaft Großes nicht das Werk der Phantasie allein, sondern vollkommenes Verständnis aller Teile und zum Bewußtsein gekommener Schönheitssinn ebenso nöthig dabei sind. Nirgends ist eine Zufälligkeit zu entdecken, alles sitzt und steht am rechten Fleck, alles greift organisch ineinander und wächst zur Vollkommenheit heran. So und nicht anders entstanden die herrlichen Werke der Griechen, des Mittelalters und das beste unserer Tage. Die Kunst unserer Zeit im allgemeinen treibt es anders und befriedigt größtentheils die Massen, die Besten aber nicht und einer großen Zeit der Zukunft kann sie sich nicht anreihen. Wissen und Empfinden müssen vollkommen in Klarheit sein, wenn damit etwas hervorgebracht werden soll, was bedeutend genannt werden darf. Dies ist im eigentlichen Sinne die Kunst. Noch giebt es eine andere; diese dient mehr zur Unterhaltung und wohl auch als Mode, oder Luxusartikel. Von dieser rede ich nicht gern. Streng genommen verdient diese Abtheilung nicht den Namen Kunst, sie ist mehr ein elegantes geistiges Handwerk, was für gewisse Zwecke wohl ausreicht. Mit wahrer Freude sehe ich oft, wie es bis jetzt keinem Menschen gelingt, vorüberzuschreiten. Klein und groß, alt und jung, arm und reich, alles wird gebannt und von der Sache gefesselt. Noch wird der Platz nicht leer, ja selbst des Nachts stehen die Menschen und, ohne zu wissen warum, muß jedermann staunen. Ich habe dabei die Ueberzeugung, daß solches Kunstwerk auf die Jugend von bestem Erfolg ist. Und wenn unter den vielen Tausenden der Beschauer nur zwei zum echten Streben angeregt werden und das Tüchtigste erstreben, so erwächst der Welt schon viel und das kann nicht fehlen. Das ist eine der vielen Aufgaben, die die Kunst für’s Leben in sich schließt. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 29–31.
336 Weimar, den 15. September 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [15. Sept. 1857]. […] Gestern erhielt ich die ersten gedruckten Nachrichten aus Düsseldorf über meine Cartone. Sie haben dasselbe Aufsehen dort gemacht wie in Berlin und am Schluß spricht man den Wunsch aus, daß das Gerücht sich bestätigen möchte, daß ich für Düsseldorf gewonnen würde. Das daraus nichts werden wird und kann, wissen Sie ja. Das Schicksal hat es anders beschlossen und ich habe die Ueberzeugung, zu meinem eigentlichen Glück. […] Daß die Anerkennung der Besten mir einige Freude mache, leugne ich nicht, obgleich in meinen Ansichten selbst der Tadel mich nicht irre gemacht hätte. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 31–32.
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32. Friedrich Preller d. Ä.: Odysseus und Leukothea, Fotografie einer verschollenen Zeichnung, 1905.
337 Abb. 32 Weimar, den 2. Oktober 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Ich fühle deutlicher als je, dass ich nicht dazu geboren bin und betrachte diese Sache auch nur von der Seite des Erwerbs.* […] Die ganze Reihe der Odyssee wird nun aus vierzehn Bildern bestehen. Sie beginnt mit einer Ziegenjagd auf einer der Cyklopen-Inseln und endigt mit dem Wiederfinden des Laertes. Sie folgen in der Weise: Jagd, Cyklop, Insel der Circe mit dem Hirsch, Palast der Circe, Eingang zur Unterwelt, Sirenen, Rinder des Helios, Calypso, Leukothea, Nausikaa, Landung auf Ithaka, Erscheinung der Minerva, Telemach bei dem Eumäus, Wiedersehen bei Laertes. Die unterstrichenen, als vier der Hauptmomente, sind lange Bilder. […] Somit würden die Abenteuer auf der Rückfahrt des Helden ziemlich abgerundet sein. Da ich die ganze Sache als Zimmer-Dekoration gedacht habe, so könnte und müsste man, bei der Ausführlichkeit dieses Theiles des Gedichts, auch des anderen Theiles, der Penelope und der Freier, füglich gedenken. Ich habe daran gedacht, 340
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und zwar so, dass unter den landschaftlichen Bildern, über dem Sockel, ein laufendes Band mit Arabesken ging, in welchem die Geschichte der Freier in kleinen Bildern dargestellt werden könnte und zwar in hetrurischer Weise auf schwarzem Grunde. Die Figürchen müssten im Maasse etwas grösser werden, als die Staffage in der Landschaft, und so, glaube ich, könnte das Ganze etwas Heiteres und Bedeutendes bekommen und das Gedicht würde ziemlich vollständig erscheinen. — Für Mariens Album habe ich drei der letzten Compositionen mit Bleistift ziemlich ausgeführt: Die Rinder des Helios, die Ziegenjagd und die Leukothea, welche letztere eins der reizendsten Bilder geben kann. Ich habe dieses Bild noch verschiedene Male umgearbeitet und jetzt scheint mir, könne es passiren. Der jetzige Zeitpunkt ist einer, von dem ich wünsche, er möge mich mit zeitlichen Gütern beglücken, ohne dass ich dafür schlechte Arbeit zu liefern habe, blos darum, weil ich meine Kräfte einer Arbeit zuwenden möchte, von der ich die Ueberzeugung habe, dass ich keine Schande damit ernten werde. Dieses Glück soll und wird mir aber nicht begegnen, ich muss Sonnenuntergänge malen, der gewöhnliche Leckerbissen für Solche, die meinen, eine derbe gesunde Speise koste ihnen wenigstens ihre schönen weissen Zähne. […] * Preller arbeitet bereits an den Entwürfen für einen Odyssee-Zyklus und bezieht sich hier auf seine Staffeleibilder, die er im Auftrag privater Sammler notgedrungen fertigzustellen hat. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 160–161 und Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 97.
338 Weimar, den 12. Oktober 1857. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [12. Oktober] 1857. im St. […] Sie hatten neulich den Wunsch, so mancherlei aus meinem Künstlerleben kennen zu lernen, noch mehr und besonders aus früherer Zeit zu hören. Mein Gedächtnis ist wenig geübt auf lange Vergangenes und besonders solches, welches sich auf meine unbedeutende Person bezieht; doch will ich Ihnen gern erzählen, was mir im Allgemeinen davon geblieben: […] Meine erste Jugend fällt, da ich im Jahre 1804 geboren, in die wilden Kriegsjahre, in denen Knaben viel Zeit für sich fanden, indem die Schulen oft lange Zeit geschlossen blieben, öfters wir auch die Militärdurchzüge als hinlängliche Entschuldigung für unser Versäumnis vorbringen zu können glaubten, oft auch lieber eine Bastonade hinnahmen, als irgend etwas auf den Krieg Bezügliches versäumten. Was wir, oder besser, was ich in der Schule versäumt, habe ich später mit Leichtigkeit nachgeholt, oder, was ich wirklich verloren, betrauere ich noch heute nicht, denn ich glaube mit Zuversicht, daß es für mein Leben von keiner Bedeutung gewesen. Was ich hingegen gewonnen, tausche ich noch heute nicht ein für die Philisterei aller Schullehrer im ganzen Lande. Wir lebten gewissermaßen frei wie die Vögel in der Luft. Mein seliger Vater begünstigte uns Jungens gern, 341
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weil er oft sagte: Diese Erinnerungen bleiben den Jungens für’s ganze Leben und tragen vielleicht selbst Früchte. Und so ist es: jene Jahre brachten viel Drangsal, viel Unglück und manch schrecklichen Anblick, dagegen auch viel Großes und Erhebendes. Kurz, ich lebte mit meinem älteren Bruder meist unter freiem Himmel und unter Soldaten, habe öfters Scharmützel mit angesehen und bin selbst ins Gedränge mit hineingezogen worden, da wir keinen andern sicheren Ausweg finden konnten. Da bei Kindern in diesem Alter die Beobachtung schon sehr rege ist, wurde sie bei solcher Gelegenheit geschärft, da sie Nahrung genug fand. Diese meine Beobachtung, die vielleicht von der Natur schon gut angelegt war, suchte, nachdem diese Jahre verflossen, andere Gegenstände. Ich fand mehr, als ich verloren hatte, in Gottes freier Natur. Von jetzt an wurde ich abgeschlossener, floh alle Gemeinschaft meiner Spielgenossen und trieb mich nur im Freien, am liebsten in Wäldern herum, an welchen die nächste Umgebung ausreichend darbot. Seltener als meine übrigen Kameraden besuchte ich Ball- und andere Knabenspiele. Das Leben der Elemente, Lichterscheinungen, Sturm und Gewitter hatten für mich nur Anziehendes. Einsame Wanderungen in Wind und Wetter, durch Wald und Feld, waren mir lieber als Alles, was man mir im Hause bieten konnte. Ich dachte schon sehr früh daran, welchen Lebensberuf ich wählen müßte, um in meiner Liebe für die Natur und ihr organisches Leben fortleben zu können, und kam sehr oft auf den Gedanken, Forstwirtschaft zu erlernen. Besseres konnte ich nicht finden; ich blieb dabei. Jetzt rückte die Zeit immer näher, in der sich der Jüngling entschließt; ich wußte nur das Eine: schon seit Jahren hatte ich ohne Unterricht angefangen zu zeichnen, kannte auch kein anderes Vorbild als die Natur und trieb mich oft im Stillen herum, um allerlei Thiere zu zeichnen. In dieser Zeit sah ich zuweilen Kupferstiche von Riedinger und als Forstmann in dieser Weise auch thätig sein zu können, war mein idealster Gedanke. Eine Bekanntschaft meines seligen Vaters mit einem Forstmann bot mir stets Gelegenheit Jagden mitzumachen und ich benutzte sie redlich. Ich war glücklich, ich trieb alles mit Leidenschaft, was in das Fach schlug und lebte wieder viel in Gottes schöner Natur, in der mir nichts entging. So mögen wohl zwei Jahre vergangen sein; es kam die Zeit, wo ich als Jäger in die Lehre treten sollte. Jetzt traten Umstände ein, die alle meine herrlichen Pläne zu nichte machten. Mit der Jägerei konnte und sollte es nichts werden. Ich war untröstlich und nur langsam konnte ich mich wiederfinden. Aber was nun? Mich von allem trennen, was mir zum Leben gehörte, wollte und konnte ich nicht. Jetzt wurde der Gedanke in mir wach, Landschaftsmaler zu werden und daran hielt ich mit allen meinen Kräften fest. Wie das langwierige Studium durchzusetzen sei, da meine Eltern in den fürchterlichen Kriegsjahren in ihren Vermögensumständen sehr gelitten, wußte ich nicht, blieb aber dabei, es müsse doch gehen, oder ich wollte lieber nicht leben. Ich habe von da an traurige Jahre verlebt. Der einzige Unterricht in dieser Periode, den ich hier genießen konnte, waren die Zeichenstunden in der Anstalt*, die damals übel bestellt waren, da man als Vorlagen nur das gewöhnlichste Zeug hatte. Mein seliger Vater, der bei einem reinen, reichen Gemüth die vorzüglichsten Künstlereigenschaften besaß, (er modellirte als Dilettant sehr hübsch) begünstigte gern meinen Entschluß, weil er das sich in mir entwickeln sah, was die Verhältnisse bei ihm zurückgehalten hatten. Mit ihm machte ich viele einsame, weite Spaziergänge 342
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und noch jetzt erinnere ich mich mit Freuden jener Zeit, in welches er sein reines Naturgefühl oft mit großer Klarheit in mir erschließen oder dasselbe auf mich übertragen wollte. Er kannte keine größere und schönere Erholung, als ganz allein in Wäldern sich gegen Abend zu ergehen. Nur die Furcht, ob ich auch etwas Tüchtiges in Zukunft leisten würde, brachte ihm zuweilen Bedenklichkeiten bei meiner Wahl, doch setzte er auch wieder Vertrauen in mich. Der selige Hofrath Meyer, bei dem ich den erwähnten Unterricht genoß, mochte bald meinen Ernst und Liebe zur Sache wahrnehmen. Er begegnete mir stets mit Zuvorkommenheit und trug mir an, in seinem Hause ein kleines Zimmer des Tages über zu beziehen, worin ich ungestört arbeiten und seinen öfteren Rath haben konnte, soweit er überhaupt solchen ertheilte, da er nicht praktischer Maler war. Hier machte ich meine ersten Versuche, in Oel zu malen, bei denen ich gar manche heiße Thräne vergossen und oft gedacht habe, daß aus mir höchstens ein Zimmermaler werden könnte. Meine Zeit war in dieser Periode getheilt zwischen Oelmalen und Illuminiren von Blättern für’s Bertuchische Bilderbuch, welche Arbeit sogar des Abends oft getrieben wurde, um einige Thaler Geld zu verdienen. Nur, wer selbst diese geisttödtende Arbeit getrieben, hat ein Urteil über solche Seelenleiden. Trotzdem habe ich jahrelang ausgehalten und doch auch einen Nutzen wenigstens dabei gehabt. Ich lernte nämlich mit Farben umgehen, was mir später zu statten kam. Jene mir unvergeßliche traurige Zeit, die mich in meinem Studium so weit aufhielt, dauerte 3 volle Jahre. Mein gefaßter Vorsatz, meinen Eltern keine großen Ausgaben zu verursachen, war die Ursache mit, denn ich verdiente mir durch jene schrecklichen Arbeiten mit unausgesetztem Fleiß immer so viel, um dann den darauffolgenden Sommer kärglich meinem Studium in Dresden obliegen zu können. Gott, welche Seeligkeit war mir das, in die Hallen der Gallerie eintreten zu dürfen. Ich ging nämlich im Jahre 1819** auf eigene Hand zum ersten Mal nach Dresden. Ich hatte 60 Thaler und einen Brief an den damaligen chargé d’affaires Verlohren***. Er war es, ein freundlicher alter Mann, der mit mir den ersten Gang nach der Gallerie machte. Noch weiß ich wie heute, daß ich kaum die Treppe ersteigen konnte, vor allzu großer Aufregung. Eingetreten verging mir die Sprache und ich erhielt sie nur erst wieder, als meine beklommene Brust sich endlich durch einen fürchterlichen Thränenstrom Luft machen konnte. Neben mir stand schweigend Verlohren und der Gallerieinspektor Demiani. Dieser gab ungern dem 17 jährigen Burschen ein Plätzchen zum Kopiren, da er wenig Vertrauen in meine Jugend setzen mochte. Doch ich erhielt es in einem Eckchen, wo kein anderer wohl sitzen mochte. Ich hätte dem strengen Manne trotzdem zu Füßen fallen mögen. In diesem Heiligthume habe ich das erste Jahr selten gesprochen, nie laut, weil ich es zu profaniren glaubte. Fleißiger und zugleich glücklicher war gewiß niemand als ich. Ich studirte unausgesetzt die großen Meister, die Italiener durchschnittlich mit noch mehr Eifer als die Niederländer. Ich ahnte größere Naturen in ihren Werken. So ging es drei Jahre lang. […] * Großherzogl. Zeichenschule. ** Diese Angabe beruht auf einem Irrtum: es muss heißen 1821. *** Weimarischer Konsul in Dresden. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 32–36.
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339 Weimar, den 21. Oktober 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Meine ruhigsten Stunden gehören doch meiner Lieblingsarbeit, ich meine die Morgenstunden der Sonntage. Ich lese und skizzire, und bin ich dann durch das Dicke hindurch, will ich diese Tage für die neuen Cartone nützen. […] Von hier aus, ich meine von Seiten des Hofes, kann und würde Manches geschehen. Der Grossherzog kennt die Sache genau, er hat Alles entstehen sehen, ja auch die Prinzess von Preussen* hat sie mit Interesse gesehen und mich selbst zur Fortsetzung ermuntert. Die Kritik sind sie auch passirt und so sind die Herrschaften ja gegen etwas Ungewöhnliches hinlänglich gedeckt. Zuerst werde ich jedenfalls die Sachen vollenden und nichts dabei denken, als meinen liebsten Freunden Freude zu machen. Kann ich so glücklich sein, bin ich zufriedengestellt. […] * Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1808–1877), Prinzessin von Preußen. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 163.
340 Weimar, Ende Oktober 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Ihre sich immer gleich bleibende frische Theilnahme an Allem, was ich schaffe, thut mir so wohl, um so mehr, da ich ähnliche im hiesigen sogenannten Kunstpublikum nie kennen gelernt. Sie erhalten hier die Gruppen der Figuren, das Landschaftliche und die Luft zieht sich freilich über mein Pausepapier hinaus und Sie müssen sich also gedulden, das Ganze zu sehen, bis wir einmal wieder zusammen kommen. So entbehrt der flüchtige Contour freilich auch ganz der Stimmung durch Licht und Schatten. Ich will versuchen, Ihnen dies etwas deutlicher vorzuführen. Die Stimmung des Ganzen ist heiter zu nennen. Am Horizont bereitet sich ein Wetter vor, die noch zu bestehenden Gefahren andeutend und zieht sich in die Schluchten des felsigen gegenüber liegenden Ufers. Ich habe mir den Charakter von Amalfi gedacht, dort liegen nämlich die Sirenen-Inseln, heut unter dem Namen isole dei Galli bekannt. Die schönen Weiber haben alle musikalischen Lockungen verbraucht, die Harfen bei Seite geworfen, die vorderste die Flöte noch in der Hand, und versuchen das Letzte, die Flüchtigen durch Winken und ihre Anmuth zurückzurufen. Umsonst, der Steuermann hält vom Lande ab, Odysseus windet sich noch einmal und die Gefahr ist überstanden. Das Schiff wird durch das Segel ganz in Schatten gelegt und gibt so dem Ganzen etwas Ernstes, im Gegensatz zu den sonnig beleuchteten Weibern. Die obere Luft ist ganz heiter. Ich denke, in Farbe müsste das Bild ganz anmuthig aussehen. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 162 und Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 98–99.
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341 Weimar, den 31. Oktober 1857 (?).* An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ihm verdanke ich die erste Leitung meiner Naturstudien, denn wie dum man zuerst vor der natur steht u wie leicht man Muth u Lust verlieren kann, weiß nur der welcher ähnliches durchgemacht hat. So sparsam nun auch die Lehren des Dr. Carus waren, so gaben sie mir doch das erste Licht in dem so schweren Studium der Natur. (S. 58). […] Ich copirte in den 3 Somern [sic.], das Kloster, Schloß Bendheim u die kleine Ebene v. Ruisdael, dazu noch 2 Bilder von P. Potter. Alle diese Jugendarbeiten nahm Göthe für die hiesige Anstalt an sich, u noch jetzt sehe ich sie oft u gern u begreife nicht, wie ich damals, in meiner Unwissenheit, nichts gemacht, was ich jetzt geradezu verwerfen könnte. […] In der Zeit meines damaligen 3 Sommerlangen Aufenthaltes in Dresden wurde ich Göthe näher bekannt. Ein Jahr vorher hatte er schon durch Ankauf einer meiner ersten Oelversuche (kl. Copie n. Phil. Hackert) mich zu fernern Fleiß anregen wollen. Jetzt beredete er mich ihm verschiedene Studien von Wolkenbildungen zu zeichnen. […] Ich habe ihm mancherlei gebracht u dafür imer ein freundlich belehrendes Wort gehabt. Vielleicht war die so frühe Aufmerksamkeit auf diesen wesentlichen Teil der Landschaft, die Ursach einer spätern charakteristischen Seite meiner Arbeiten. Ich war ein guter u leidenschaftlicher Schlittschuhläufer. Unser Tumelplatz war der Schwansee u ich beschloß davon ein Bild zu malen. Die Sache wurde begonnen u alle meine Jugendfreunde, die sich gern dazu hergaben Modell zu stehen, belebten in ähnlichen Portraits u manigfachster Weise die große Fläche. (S. 14–15).** […] Ohngefähr 20 Jahre alt begleitete ich den seel. Herrn nach Antwerpen wo er mich dem damaligen Direktor der Akademie Mathieu Van Bree als Schüler besonders empfahl. Jetzt begann ein neuer Abschnitt meines Lebens. Ich legte alles bisher getriebene bei Seite und studirte mit größtem Eifer die menschliche Figur, was mir für das ganze Leben vom fühlbarsten Nutzen gewesen. Wer die feine Construction u Verhältnisse des Menschen sieht u versteht, begegnet keiner eigentlichen Schwierigkeit im zeichnen mehr. […] Von 6 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends, die ich abwechselnd auf d. Akademie u im Atelier Van Bree’s zubrachte, hatte ich nur 2 Freistunden. Von 9 bis 1–2 Uhr des Nachts zeichnete ich fast unausgesetzt Anatomie. So vergingen 2 Jahre schnell genug, indeß hatte ich mehr gelernt als vorher in doppelter. (S. 17). * Diese biographischen Notizen sind vermutlich nicht dem von Weinrautner genannten Datum (31. Oktober), sondern dem Brief vom 12.10.1857 (siehe Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 32–36) zugehörig; hier Brief 338. ** Dieses Zitat bei Weinrautner nochmals in anderem Zusammenhang und mit abweichender Datierung S. 197. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
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342 Weimar, den 27. November 1857. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! In der Steinleschen Angelegenheit hatte ich vor die Antwort selbst zu bringen, weshalb ich Ihrer Durchlaucht Verzeihung wegen der Verzögerung erbitte. Die erste und größte Schwierigkeit weshalb wir selten etwas hier ausstellen können, ist der Mangel eines paßlichen anständigen Lokales. Dies die Antwort derer, die in der Sache zu handeln haben. Die Künstler werden einfach gebeten ihre Arbeit hieher zu senden, natürlich unfrankirt. Der kleine Einlaßpreis hat noch jedesmal die Kosten gedekt. Herr Hofrath Schöll* ist seit einiger Zeit in Göttingen und von ihm könnte in nächster Zeit keine Aufforderung geschehen. Daher wäre eine Anfrage an Steinle von Seiten Ihrer Durchlaucht vielleicht das beste, auch könnte man so zuerst erfahren ob das Werk ein Gemälde oder Carton sei. Bei letzteren wären die Kosten und Auslagen hier sehr viel weniger, was in Weimar ein nicht zu übersehender Punkt ist. Auch würde Steinle sich gewiß ehe dazu verstehen einen solchen zu versenden. Bevor ich reise, werde ich mich bei Ihrer Durchlaucht jedenfalls erst beurlauben, die Liste von Biermanns Arbeiten** habe ich erhalten. Ihrer Durchlaucht mich empfehlend Friedrich Preller. Weimar d. 27 Novbr 1857. * Gustav Adolf Schöll (1805–1882), Archäologe und Direktor der Kunstanstalten in Weimar. ** Karl Eduard Biermann (1803–1892), Landschafts- und Historienmaler. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
343 Weimar, den 6. Dezember 1857. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Ich glaube, der Grund zu den Bildern muss roth, etwa aus dem Caput mortuum sein, ferner dürfen die Bilder selbst keine an Staffeleibilder erinnernde Fassung haben, wie in der vorliegenden Zeichnung, weshalb sie hier wie aufgehangene Bilder erscheinen. Die Malerei muss zur Architektur gehörig sein. Das Ganze muss jedenfalls die Art Anmuth haben, die keiner griechischen Tragödie mangelt. Die Bilder müssen die grosse Masse der Fläche einnehmen, ungefähr wie das im Haertelschen Hause der Fall ist, oder in dem sonst hässlichen Wielandzimmer. […] Jetzt steht der 4 te Carton auch fertig vor mir, ich meine 346
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die Ziegenjagd. Am Wiedersehn beim Laertes habe ich gestern begonnen. Dies wird ein still ländlich heitres Bild. Auf einem sanften Hügel liegt die Meierei, mit der Front nach der offnen See, ein Rebengang begrenzt den Vorplatz. Oliven beschatten theilweis den Hügel, an welchem der begangene Weg zur Besitzung führt. Hirten und Schnitterinnen treiben ihre Geschäfte. Im Vorgrund steht der alte König gebeugt an einem jungen Bäumchen, welches er anbindet. Sein Sohn nahet von der Seite, die ganze Scene mit ausgebreiteten Armen begrüssend. Ein grosser Apfelbaum beschattet diese Scene. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 164. Ein Auszug bei Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 99–100.
344 Weimar, den 24. Dezember 1857. An Unbekannt. Mein theurer alter Freund! Vor nicht langer Zeit erhielt ich zu unser aller großen Freude wieder ein Lebenszeichen von Dir mit der erfreulichen Nachricht das du bald Deutschland wieder zu begrüßen denkst und zwar in einer Angelegenheit die das Wohl deines Sohnes betrifft. Möchten wir doch bei dieser Gelegenheit Dich einmal wiedersehen! Das Kochsche Bild ist noch wohlbehalten in meiner Verwahrung und nochmals will ich hier versuchen daß man es behalte, obgleich in der jetzigen Zeit an nichts der Art gedacht wird u fast möchte ich sagen: werden kann. Die fatalen Geldangelegenheiten haben auch bei uns überall eingegriffen, u. die Herrschaften sind gewiß darauf gefasst durch ihre Mittel da und dort helfen zu müssen. Ich werde indeß das thun wozu ich Gelegenheit finde, denn auch mir wird es schmerzlich sein das Bild wieder scheiden zu sehen. Da es Dich immer interessiert, was ich schaffe, so sollst du wissen daß ich 14 Cartone der Odyssee unter den Händen habe, von denen 7 vollendete in Dresden Berlin und Düsseldorf mit glänzenden Erfolg ausgestellt gewesen sind. Von diesen wollte ich dir Photographien mit schiken, kann aber keine Abdrücke bekommen, da sie sämtlich schon ins Publikum übergegangen. Bei nächster Gelegenheit erhälst Du sie aber, das Exemplar ist schon bestellt u mir versprochen. Die trüben Tage lassen den Photographen nicht zur Arbeit kommen. Ich denke Du wirst mit meinem Streben zufrieden sein u wenn der selige Koch noch lebte würde er sich auch freuen daß nicht alle aus der Art geschlagen. Obgleich Deutschland jetzt mit seiner Landschaftsmalerei im Argen liegt, erkennen doch die wirklich gebildeten daß es so nicht bleiben kann. Dies der Grund weshalb meine Cartone überall mit Auszeichnung aufgenommen worden. Durch den jungen Sabinin wirst Du mündliche Grüße von mir erhalten haben, durch seine Schwester, eine ausgezeichnete pianofort Spielerin, erhälst du diese Zeilen.* Wir haben heut den heiligen Abend von Weinachten. Bald treten wir ein neues Jahr an, somit sei Dir den theuren Deinen von uns allen nur Gutes und Liebes gewünscht. 347
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Bringe von uns allen die herzlichsten Grüße, einen noch besonders an die liebe Theodolinde, deren Genesung uns herzlich freut. Ich hoffe bald wieder von dir zu hören u bin mit alter Treue Dein Friedrich Preller. im Jägerhause. N.S. Hast du Gelegenheit so empfiehl mich Brand’s. Weihnachten 1857 * Martha von Sabinin (1831–1892), Komponistin und Pianistin. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 30388.
345 Weimar, 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [ohne Datum] 1858. […] Von der Altenburg höre ich bis jetzt wenig; die Fürstin hat mich noch nicht besucht und ich bin sicher, daß sie irgend etwas auf mich hat. Ich bin mir nichts bewußt, wenn es nicht die Abneigung gegen Kaulbach ist, die ich nicht zurückhalte und die in jedem Falle der Fürstin sehr mißfällt, denn sie verehrt ihn und sein Werk, was mir ein Rätsel bleiben wird, so lange ich denken kann. Dieser Punkt macht mich am Kunstverständnis der Fürstin total irr. Wem an Kaulbach die innere Leere nicht sogleich auffällt, muß nothwendig nur für Aeußeres empfänglich sein. Ich wünsche eine Aufklärung über diesen Punkt zwischen uns nicht herbei, fürchte aber, daß sie doch nicht ausbleiben wird. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 45.
346 Weimar, den 27. Januar 1858. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Jetzt bin ich Abends der nie endende Erzähler und so durchlebe ich die in Ihrer Gesellschaft verbrachten schönen Tage nochmals.* Wie kann ich Ihnen vergelten, was Sie im letzten Jahre mir gewesen, wie Sie mir im Leiden beigestanden und die höchsten Genüsse erhöht! […] Wird auf dem Stern, den ich nach dem Tode beziehe, auch Kunst betrieben, so werde ich Bildhauer, und da hoffe ich Besseres zu vollbringen, als jetzt auf unsrer sonst schönen Erde. […] * Preller ist gerade von einer Reise nach Berlin zurückgekehrt. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 165.
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347 Weimar, im Februar 1858. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Die Bekanntschaft Lübkes*, für die ich Ihnen zeitlebens Schuldner bin, wird mir mit der Zeit ein unschätzbarer Schatz werden. Ich lese jetzt so oft ich Zeit finde in seinem Werke der Architektur, das so warm und klar geschrieben, wie der Mensch selbst in seiner äusseren Erscheinung ist. Ich weiss, Sie begreifen besser, als irgend einer meiner Freunde hier, was es heißen will, wenn man sich ohne allen künstlerischen erhebenden Verkehr, also so gut wie isolirt, auf einen Punkt bringen will, der etwas über die gewöhnliche Linie hervorragt. Dieses bei mir ernste Streben mag zum Theil die Schuld in sich tragen, dass man an mir so vielerlei auszusetzen hat. Ausser mir mag es Viele geben, denen es leichter fällt, Alles zu verbinden, mir ist es nicht möglich, der Kunst und der Welt zugleich zu leben. Die Verbindung mit Lübke ist ein Lichtpunkt in meinem Leben, den ich, wenngleich er sehr spät erschienen, zu schätzen weiss, und den zu schauen ich mich glücklich preise. Fast dreissig Jahre habe ich hier verlebt, fleissig gearbeitet und gestrebt, ohne nur die mindeste Anerkennung dessen zu finden, was das Eigentliche an mir ist. Dass man meine Arbeit honorirt, wie die eines jeden andern Pinslers, glaube ich nicht als Anerkennung rechnen zu müssen. In Summa: Lübke ist der erste Mann, der ein Verständnis meines Wollens hat, und Sie können wohl begreifen, dass es mir Freude macht, wenn ich fühle, dass ich nicht ganz umsonst heisse Tage und Nächte verbracht. Ihnen, theure Freundin, verdanke ich diese Freude! Sie mochten wohl schon länger fühlen und sehen, was ich in der Kunst will. […] * Wilhelm Lübke (1826–1893), Kunsthistoriker. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 165–166. Ein Auszug bei Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 101.
348 Weimar, den 9. März 1858. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Möchte die so verspätete Antwort auf Ihr geehrtes Schreiben vom 28 Febr. einige Entschuldigung finden, da ein längeres Unwohlsein die Ursach ist. Die Aufforderung Ew. Wohlgeboren an mich, Teilnehmer an dem Bachschen Unternehmen* zu sein, ist mir schmeichelhaft u. gern werde ich beitragen was ich als Künstler vermag, und bitte nur mir gelegentlich wissen zu lassen wer dazu aufgefordert, u zugesagt hat, da ich bei solcher Gelegenheit nicht mit untergeordneten Leuten in meinem Fach zusammengestellt sein möchte. Die von Ew. Wohlgeborn angegebene Größe scheint mir für Zeichnungen von wirklicher Bedeutung fast zu klein u ich erlaube mir daher die zweite Frage: ist es nicht möglich über dies Format hinaus zu gehen? 349
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Einer baldigen Antwort entgegen sehend Ew. Wohlgeborn Hochachtungsvoll ergebener Fr. Preller Jägerhaus Weimar d 9. März 1858. * Lithographische Kunstanstalt J. G. Bach, Leipzig. Düsseldorf, Heinrich-Heine-Institut, Handschriftenabteilung/Archiv, Signatur: 84.5069.10.
349 Weimar, den 14. März 1858. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Hoffentlich ist Ihnen vor einigen Tagen die Zusage an dern Bachschen Unternehmen* von meiner Seite, richtig überkommen. Ich versprach eine Photographie anfertigen lassen, nach welcher die Vervielfältigung zu bewerkstelligen sei. Diese Photographie ist bereits in meinen Händen u. vortrefflich ausgefallen, dürfte jedoch ausser mir schwerlich jemand ganz verständlich sein, besonders um gut danach arbeiten zu können, weil sie nach einem wenig ausgeführten Carton gemacht worden, auch ist der Gegenstand für einen größeren Raume berechnet, so daß die Uebertragung ins Kleine nur mit Vereinfachung von vielerlei Dingen geschehen kann. Ich möchte daher den Vorschlag thun, da sich ohnehin die Composition für Holzschnitt gut eignet, mir in allernächster Zeit einen gut präparirten Holzstok zukommen zu lassen, damit ich die Zeichnung selbst anfertigen kann, u zwar auf den Stok selbst. Auf diese Weise würde die Sache den Stempel der Originalität am sichtbarsten tragen. Ich bitte für die aller nächste Zeit, weil ich schon zu Ende April verreise u nicht bestimmen kann wie bald ich zurückkehre. Die Zeichnung auf den Stock werde ich für die Summe von zwei Louisd’or herstellen. Um baldigste Erfüllung dieses meines Wunsches bittend Ew. Wohlgeborn Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Jägerhaus Weimar am 14 März 1858. * Lithographische Kunstanstalt J. G. Bach, Leipzig. Motiv: Helios Rinder. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,563.
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350 Weimar, den 31. März 1858. An Unbekannt. Verehrtester Freund ! Entschuldigen Sie gütigst meine verzögerte Antwort, ich glaubte sie sicher durch Sendung des Blattes begleiten zu können, die sich durch die Photographen abermals verspätet. Der von mir bestimmte erste Gegenstand war für die Größe zu complizirt und in Lithographie unmöglich herzustellen, ich sah mich also genöthigt einen paßlichern Gegenstand zu suchen und dem Photographen zu übergeben. Sobald dieser seine Arbeit gefertigt, erhalten Sie sofort das Blatt. Eine neue für die Lithographie geeignete Zeichnung zu machen, fehlt mir gänzlich an Zeit, auch hätt ich lieber nach meiner Zeichnung einen guten Holzschnitt gesehen, da diese Composition sehr energisch, die Beleuchtung dem ganz entsprechend, u für beides die Lithographie nicht ganz geeignet ist. Ein Kunstwerk höherer Gattung kann durch die einfachsten Mittel nur gewinnen. Ich werde die Anstalt jedenfalls bitten, mir einen Probedruk zu kommen zu lassen damit ich selbst sehe wie die Arbeit ausgefallen, da mir daran liegen muß daß ich mit Ehren erscheinen kann. In den nächsten Tagen hoffe ich der Anstalt die Sache senden zu können. In wahrster Verehrung ergeben Friedr. Preller. Weimar d. 31 März 1858. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 16612.
351 Weimar, im April (?) 1858. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Hochverehrter Herr Archivrath und Freund! Ihren lieben letzten Brief erhielt ich durch meine gute Frau, welche ihn, die Handschrift sogleich erkennend, mit freudestrahlenden Gesicht mir ins Studium brachte. Unendlich schmerzlich ist uns aber die Kunde von der so andauernden Krankheit Ihrer verehrten lieben und vortrefflichen Frau, die mir in ihrer so wohlthuenden Milde und ächt weiblichen Anmuth für alle Zeit unvergesslich bleiben wird, und die meine Frau aus meinen Mittheilungen wahrhaft liebt und verehrt. Möchten wir alle doch recht bald die Freude haben der Genesung der theuren Frau entgegen sehen zu können, möge uns doch die nun eintretende bessere Jahreszeit die größte Hoffnung giebt. Auch wir sind von mancherlei Krankheiten heimgesucht worden, und noch leide ich oft an den allerempfindlichsten Nervenkopfweh, welches mich oft wochenlang für meine Arbeit durchaus untauglich macht. Die vorrückende Jahreszeit möge auch an mir gutmachen, was der Winter so schwer verschuldet. Der Tod des vortrefflichen Meister Rauch ist mir ein 351
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großer Schmerz. Noch einen Monat vor seinem Ende schikte er mir eine schöne Phothographie von seinem schönen Kopf, die mir ein theures Andenken bleiben soll. Seine von Rietschel im letzten Jahre gefertigte schöne Büste habe ich stündlich vor Augen, und so lebe ich geistig mit ihm weiter. Meine Frau trägt mir die allerbesten und herzlichsten Grüße für Sie und die theure Kranke auf, und verbindet ihre Wünsche für beider Wohl mit den meinigen. Ich bitte noch bei Ihrem Herrn Sohn und der lieben Familie Lawes mich in Erinnerung zu bringen und schließe mit dem innigsten Gruß für Sie u all die theuren Ihrigen. In wahrster Verehrung Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Sign.: I/C/I/799/Nr. 8.
352 Weimar, den 8. April 1858. An Unbekannt Hochverehrter Herr! Durch Veranlassung der Frau Großherzogin bin ich genöthigt Ew. Wohlgeborn zu bitten mir die Cartone zur Odyssee auf schnellstem Wege zukommen zu lassen, da in nächster Zeit eine Reise ins Bad noch dazu kommt. Bei meinem letzten Aufenthalt in Berlin hörte ich mit Bedauern Ihr Unwohlsein, welches mich abhielt Ihnen meine Aufwartung zu machen. Möchte nur bald Gelegenheit werden Berlin wieder zu sehen und Ihnen für die freundliche Aufnahme meiner Arbeiten persönlich zu danken. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller Prof. Jägerhaus Weimar d 8 April 1858. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3604.
353 Weimar, den 16. April 1858. An Adrian Ludwig Richter (1803–1884), Maler. Weimar d. 16. April 1858. Hochverehrter Freund! Sie werden sich wundern nach unendlich langer Zeit einmal wieder einen schriftlichen Gruß von mir zu erhalten. Meine Gedanken erreichen Sie öfter als mein schriftlicher Gruß. 352
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Ueberbringer, Herr Härtel* aus Weimar, Zeichenlehrer in Stoischen Institut in Jena, bat mich, ihm die Gelegenheit zu verschaffen Sie zu sehen und Ihren Rath ein zu holen über die zweckmäßige Verwendung seiner Zeit in Dresden, die er einzig dafür erobert hat, sich weiter auszubilden. Dresden ist für ihn von großer Bedeutung, weil Sie daselbst leben, den er über allemaßen verehrt. Sie beglücken ihn in hohem Grad, wenn Sie Ihren guten Rath nicht versagen. Er gehört zu denen in unsrer Zeit seltenen, bescheidenen Menschen der sich von seinem Talent nichts besonderes erwartet, es aber so weit ausbilden will, daß er als Lehrer andern nützlich u dienlich werden kann. Als Mensch ist er wie seine ganze Familie brav aber ohne besondere Mittel, u sein Aufenthalt in Dresden ist durch Lehrstunden erschwungen. Solchen Leuten bin ich stets behülflich bei ihrem Streben und damit hoffe ich Ihre Endschuldigung, falls ich Ihnen im mindesten unbequem geworden. Zu Ihren eifrigsten Verehrern zählt sicher meine ganze Familie die wohl kaum einen Tag verliert ohne mit Ihnen in Ihren Werken zu leben. Ihnen gehören fast ohne Ausnahme die Abende. Mein Sohn besitzt alles, was von Ihnen erschienen u beglükt im weiteren Kreis oft u. vielfach. Der Himmel schenke Ihnen noch lange ungestörte Gesundheit für das segensreiche schöne Wirken dessen sich Deutschland einzig rühmen darf. Mit dem herzlichsten Gruß Ihr Friedrich Preller. * Evtl. Emil Härtel (1835–1904), später Zeichenlehrer in Eisenach. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriften, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
354 Prag, den 7. Mai 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Prag, den 7. Mai 1858. […] Dresden mit all seinen Schätzen habe ich diesmal mit Freude und Leid gesehen. Wie unendlich viel in meinem Leben knüpft sich an Dresden. – Mit 17 Jahren sah ich es zuerst. Seit meiner frühen Kindheit war es das Ziel meiner heißesten Wünsche. Mit der heißesten Liebe zur Kunst betrat ich die Gallerie, sie war mir das Höchste, meine Kirche, mein Heiligthum. Das Glück, unter den größten Meisterwerken wandeln zu dürfen, füllte mich ganz aus. Ich habe nie laut gesprochen und bin nie anders als auf den Zehen gegangen. Ich fühlte mich unendlich beglückt, den größten Meistern vieler Jahrhunderte nahe sein zu dürfen. Oft war es mir, als hörte ich ihre Lehre mir zuflüstern. Ueber Mittag ließ ich mich einschließen, die Nähe anderer Menschen war mir unerträglich geworden. In diesen Stunden fühlte ich klar, daß ich die Sprache aller Nationen in ihren Werken verstand, ich fühlte deutlich ihren Einfluß auf mich. Ich gelobte mir, alles zu thun, kein Opfer zu groß zu finden, um im wahren Sinne Künstler zu werden. Die Hoheit und Schönheit der Italiener ward mir am ansprechendsten. Unter den Niederländern traf ich immer eine Auswahl; 353
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nichts habe ich mehr gesehen und angebetet, als Raffael und was ich von Michel Angelo vorfand. Daran reihte sich Lorrain, Poussin, Ruisdael und Everdingen. Letztere standen meinem Verständnisse am nächsten, meine Sehnsucht ging nach dem ersten. […] Damals stand ich allein, jung, die Brust voll Sehnsucht an demselben Bilde wie heute, mit denselben Augen forschend. Wie anders ist es heute! 10 junge Leute begleiten mich, wohin ich gehe. Was ich damals dunkel ahnte, ist mir durch die Anschauung und Kenntnis der Natur verständlich und ich bemühe mich, es der Jugend rascher begreiflich zu machen, als es mir wurde. Sie meinen, daß mein Ausspruch sie über vieles Schwere hinwegbringe; ich fühle, daß ihnen nur der Weg geebnet, die Last nicht erleichtert wird. Auch ihr müßt im Schweiße eures Angesichts hacken und graben: In den Künsten giebt es kein Zuckerlecken. — In Dresden wird unter der Jugend zu viel räisonirt, zu wenig gearbeitet und zu partheiisch in der Sache gehandelt. Möchte die Vorsehung es fügen, daß für öffentliche große Arbeiten mehr geschehen könnte. Nur darin kann die Jugend sich rasch entwickeln, weil sie für e i n e n Zweck handeln muß, während jetzt jeder einzelne kleine Zweckchen verfolgt. Die Zeit meiner Jugend war den Künsten günstiger. Das freiere Aufathmen nach dem Kriege weckte die lange todtgelegenen Geisteskräfte zum Höhern und das Streben war gemeinsamer. Gut vorbereitet nahm König Ludwig die schönsten Kräfte und führte sie und die Kunst der Höhe zu, auf der wir sie sehen. Macht man das Facit, so ist es doch erfreulich, der Zeit anzugehören. Dresden besitzt allein schon herrliche Kräfte in verschiedenster Weise: Schnorr, Rietschel, Hähnel, Bendemann und viele junge tüchtige Leute, denen man wünscht, daß die Zeit ihnen günstig werde. Mir erscheint unsere Zeit als vorbereitend. Glückliche Umstände können eine große Kunstperiode erwarten lassen. Mit Cornelius schließt sich diese Richtung ab. Die realistische Seite wird sich herauskehren. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 36–37.
355 Karlsbad, im Mai 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad, ? 1858.* […] Ich soll von Prag erzählen; bedenken Sie, daß ich nur zwei Tage da gewesen und also wenig gesehen haben kann. Kaum weiß ich mehr, als daß Prag unter die schönsten Städte gehört, die ich je gesehen, d. h. vorzüglich seiner schönen Lage nach. An interessanten Bauwerken ist Nürnberg reicher und von größerer Bedeutung. Der Dom auf dem Hradschin ist ein unvollendetes Werk, was wir schöner kennen. Der Reichthum an innerem Schmuck ist groß, aber wenig erbaulich für den, der in den Künsten erzogen. Dagegen hat als Künstler mich ganz besonders interessirt der alte israelitische Kirchhof und die Synagoge. Das alte Testament trat mir deutlich vor die Seele. Ich gerieth in eine 354
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Stimmung, in der ich etwas vollbringen könnte. Es liegen hier Steine mit alten hebräischen Inschriften, mehr als 1200 Jahre alt, die Familien stets eng beisammen und zwar so eng, daß die Steine immer Gruppen zu 10–12 machen. Der ganze Kirchhof ist von uraltem Flieder überwuchert, der die Gräber oft in wunderlichsten Formen überdeckt und in geheimnisvolles Dunkel legt. Das Ganze ist von tief melancholischen Charakter und gäbe dem Landschaftsmaler wohl Motive. Noch will sich mir der Eindruck nicht verwischen und wird es lange Zeit nicht. Von da ging ich zu Wallensteins Palais. Die offene grandiose Loggia nach dem Garten läßt uns in dem Helden einen überhaupt großen Zug entdecken. In solchen Räumen weiß ein Mensch gewöhnlicher Konstruktion sich nicht zu bewegen. Sein Badezimmer, großes Vogelhaus, u. s. w. tragen einen mystischen Charakter, der sich ja durch sein Leben zieht. Noch mancherlei Kleinigkeiten werden bewahrt und helfen, uns in die Zeit zu versetzen. […] * Wahrscheinlich im Mai geschrieben, siehe Datierung des vorigen Briefes. (Brief 354). Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 38.
356 Karlsbad, im Mai 1858. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Ich komme mir also unnützer vor, als die verachtete Brummfliege, und brummen darf man auch nicht mal, man soll stets suchen sich die Ruhe zur geistigen Heiterkeit zu erhalten. […] Zu den 12 Cartonen ist noch gekommen: Der Eingang zur Unterwelt und die Grotte auf Ithaka mit der Minerva. Sämmtliche Zeichnungen mit den zwei grossen Seestürmen, sind jetzt auf dem Wege nach München. Es würde mir grosse Freude sein, wenn man meinem Wollen auch dort einige Gerechtigkeit wiederfahren ließe. Einen eigentlichen Glauben daran habe ich aber nicht, weil die Besten dort sich selten über die bairische Gebirgsnudelei erheben können. Ich gehe ernstlich mit dem Plan um, mit Friedrich und meiner Frau im Laufe des Sommers die Ausstellung zu sehen, da ich mir sehr Bedeutendes dort verspreche. Friedrich hat in seinem zweiten Bilde, womit er noch nicht ganz fertig, einen grossen Fortschritt gemacht, und ich glaube, er wird sich mit Ehren durcharbeiten. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 169.
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357 Abb. 33 und 34 Weimar, den 24. Juni 1858. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d. 24 Juni 1858. Mein hochverehrter Freund! Im Augenblike wo ich zur Feder greife Ihnen zu schreiben, empfinde ich die Bedeutung des alten Sprichwortes deutlicher als je: Der Mensch denkt und Gott lenkt. Alle unsere schönen in Carlsbad ausgedachten Plänchen sind zu nichte geworden und zwar durch einen Zufall an den niemand denken konnte. Ich sitze nehmlich seit einigen Tagen hier mit einem lahmen Fuße, den ich mir durch eine Blutschmuz zu gezogen, und der so bedenklich wurde, daß ich eilen mußte mein Haus zu erreichen. Statt unsre wirklich reizenden Spaziergänge auf zu suchen, mache ich den Krankenpfleger meiner eigenen abscheulichen Person, die wahrscheinlich die Strafe erleidet, weil sie zu verwegene Erheiterungspläne gemacht hat. In summa, ich bin zuweilen recht verstimmt daß meine sonst vortreffliche Cur ein so schmachvolles Ende nimmt. Bei alledem ist meine gute geliebte Frau vergnügt u heiter mich zu sehen und warten zu können. Wahrhaft beglückt ist sie durch die uns beiden so theuren Erinnerungen an unsern verehrtesten Freund. Die Zeichnung und lieben Briefe
33. Johann Poppel: Theresienbrunnen und Freundschaftssaal in Karlsbad, Stahlstich, um 1850.
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34. Friedrich Preller d. Ä.: Archivrat Georg Heinrich Friedrich Kestner, Zeichnung, 1858.
wurden durch einen fröhlichen Zuruf begrüßt und noch heute jedem unsrer Freunde als theures Pfand vorgezeugt. Ich habe den Auftrag Ihnen zu versichern daß dieses Geschenk zu dem Theuersten gehöre, was sie besitze. In ruhigen Stunden, die mein Zustand sogar fordert, lesen wir die Briefe wieder u. wieder und sind auf diese Weise unausgesetzt mit und bei Ihnen. Heut vor 8 Tagen haben Sie Carlsbad verlassen und sind nun schon längst in Ihrem Elisium eingezogen. Wie mag es wohl Ihrer verehrten lieben Frau gehen? Wir glauben und wünschen nichts mehr, als daß Sie die theure Kranke besser und wohler wieder begrüßt haben. Mit wahrer Sehnsucht versetzen wir uns oft zu Ihnen. Möge der Himmel uns alle begünstigen, dann sehen wir uns sicher in Hannover. Jetzt versuche ich wie in Carlsbad das Bild meiner Frau, hier das Bild der Frau Kestner zu zeichnen, was mir aber weniger gelingen will. Empfehlen Sie mich der liebenswürdigen Frau aufs beste. Wie oft und gern denke ich unsrer gemeinsamen Turen zum Freundschaftssaal! — In diesem Augenblick verläßt mich Frl. Bouterweck u. ich habe den Auftrag sie Ihnen aufs beste zu empfehlen, von meiner kleinen guten Frau aber Ihnen die Versicherung zu wiederholen daß sie Ihrer u. der besten Frau nur in Verehrung und treuester Anhänglichkeit 357
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gedenke, und mit Sehnsucht die Zeit erwarte, Ihnen in Hannover ihren Besuch machen zu dürfen. Ich schließe mich ihr an mit der Bitte Ihren lieben Sohn bestens zu grüßen und mich allen zu empfehlen, die sich meiner erinnern. In wahrster Verehrung Ihnen ganz ergeben. Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 9.
358 Weimar, den 28. Juni 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Später habe ich den Rahmen aufgespannt zur Gräfin Sante ihrem Bilde,* was ich doch vorerst vornehmen will, da sie die ältesten Ansprüche an mich oder meine Arbeit hat. […] Noch schleiche ich mehr mechanisch als im geistigen Bewußtsein umher, u da wär es nicht gerathen die ersten Farbenzüge der Leinwand anzuvertrauen. Obgleich ich mit dem Gegenstand u dessen Anordnung im Geiste ganz aufs Reine bin, muß doch der Anfang geistig lebendig in der Form sein, u dazu fehlt mir die nöthige Frische. […] Der Gedanke ist vielleicht einfacher als ich je einen ausgeführt. Sie werden nichts sehen als ruhig anlaufende See, ganz vor etwas flaches Sandufer mit einige Exoten um welche herum Kinder in u außer dem Wasser ihrem dolce far niente nachgehen. Die größern batteln in kühler See, die kleinen im Sande. Die Luft muß der Sache die Feier u Stimung geben. Die Sonne steht tief, von leichten Wolken gedeckt, von der rechten Hand zur Mitte steigt ein Wetter heran, welches seine Vorboten über die große Fläche des Bildes sendet u in kurzer Zeit zu bedecken droht. Die Wirkung des Lichts muß still aber glänzend werden, die aufsteigenden Wellen klar durchsichtig, das Ganze ahnungsvoll drohend. […] Am Bilde habe ich begonnen zu untermalen. Ich hoffe die Wirkung wird neu u hat etwas zauberisches. […] Ist die Arbeit aus der Hand, geht es an die Odysseebilder, an denen ich schöne u traurige Stunden erleben werde. […] * Italienische Meeresküste mit spielenden Kindern (Weinrautner Nr. 254). Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 336.
359 Weimar, im Juli 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich habe die Leucothea auf Papier in der Größe gezeichnet, wie sie nun werden soll. Die Figuren sind in einer Größe in der sich schon etwas ausdrüken läßt, die aber auch noch gründliche Studien verlangen. Wie, wo oder wann werde ich eine schöne paßliche Natur finden? Im Ganzen freue ich mich der Arbeit, denn ihr erstes Entstehen gehört zu 358
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den Stunden, die im Künstlerleben unter die schönsten gehören. Später ist manches hierin getrübt worden u hat mir die Sache verleitet. Ich hoffe daß sich alles wieder zum Guten wendet u will getrost anfangen. Noch kann ich mich durchaus nicht an den Gedanken gewöhnen, daß ich die Gegenstände in Oel malen soll, u sehe imermehr daß sie für die Architektur gedacht waren. Vielleicht werde ich erst mit dem Pinsel in der Hand klarer, die Kohle ist mir ganz unpassend als Vorarbeit dieses Gegenstandes zum Staffeleibild. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 337.
360 Weimar, im Juli 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, im Juli 1858. […] Ich sagte Ihnen schon, daß ich Hebbel zeichnen würde*. Es ist geschehen, leider hatte er wenig Zeit für mich und ich mußte mich begnügen, nur das Hervorragende in seiner Erscheinung zu zeichnen. […] Hebbels Persönlichkeit hat mich sehr interessirt. Wir kommen in sehr vielen Ansichten und Urtheilen in der Kunst auf demselben Punkt zusammen. Er hat viel gelesen und gedacht, ist ernst und wahr in dem, was er fühlt und sagt und erinnert in nichts an die neueren Kaffeetischdichter unserer Zeit. Von großer Schönheit ist seine Stirn. Er hat nur wenig Haar, die Stirn ist ganz entblößt und zeigt einen höchst intelligenten Bau. Das Auge ist mehr sinnig als schön, der Bart voll, läßt aber einen gut geformten Mund sehen. Im ganzen ist die Erscheinung blond und angenehm, jedoch auffallend und bei näherer Bekanntschaft wird sie bedeutend. […] * Preller zeichnete Friedrich Hebbel (1813–1863) wohl für das Album des Neu Weimar Vereins. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 40.
361 Weimar, den 1. Juli 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 1. Juli 1855]* im St. […] Richard Wagners geistige Tiefe und innigste Wärme muß sich mit der Zeit immer mehr Verständnis verschaffen, weil ich die Ueberzeugung habe, daß die Welt nicht rückwärts geht. Noch ist die Sprache, d.h. seine musikalische, nicht jedem verständlich, doch sie wird es werden. Alles Gute und Vortreffliche, wenn es geistiges Produkt ist, geht zuerst nur wenigen ein, weil eine höhere Bildung oder höhere Organisation vorausgesetzt werden muß. Hat Beethoven oder Michel Angelo anderes Schicksal gehabt? Und noch, wie wenige Aufrichtige mag es geben, die mit der Hand auf dem Herzen sagen dürfen, ich verstehe und fühle mit euch. 359
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Menschliche Anmaßung und Eitelkeit spielen im Leben zu große Rollen. Die meisten Menschen wollen etwas sein, aber sie wollen es nicht erst werden. Das Werden scheint ihnen eine zu große Unvollkommenheit. Diese Erkenntnis menschlicher Schwäche erlangt niemand leichter, als gerade die Künstler, die ihr Leben lang das Unglück haben, allerlei Menschen bei sich zu sehen. Tausende fühlen sich berufen, uns etwas Erfreuliches zu sagen, mit ihrem Wissen zu leuchten. Sie setzen eine Eitelkeit auch bei uns voraus und nun kommt die Bodenlosigkeit zur Erscheinung. Die nothwendige Folge davon ist die so gewöhnliche Betrachtung, die Künstler gegen das Publikum oft unpolitischer Weise zur Schau tragen; letzteres ist unnöthig, aber ersteres ist ein Facit, was nicht ausbleiben kann. […] Gestern zum Schluß des Theaters war ich mit Marie und Gretchen** in Hebbel’s Genoveva. Das Ganze ist der Legende treu geblieben, hat viel Unschönes, ist aber eine höchst poetische bedeutende Erscheinung, die an allen Ecken und Enden das Gepräge frischen Geistes trägt. Sie wissen, daß ich wirkliche Kunstwerke gern mit ihren Fehlern hinnehme; sie sind so gut, wie die Schönheiten, Eigenthümlichkeiten des Dichters oder Künstlers, vor denen ich immer Achtung habe, so lange sie die Schönheit nicht geradezu erdrücken. An großer Eigenthümlichkeit soll man nicht zu viel mäkeln und schneiden, man verletzt und beschneidet sie zu leicht. Dieses Gedicht hat keine unbedeutende Zeile, die Charaktere sind groß und scharf, Golo vortrefflich, im Ursprung nicht unedel, Genoveva weiblich und schön. In Summa, man darf sich freuen, bis es besser kommt und jedermann den Hut ziehen. W. Genast*** nennt H. ein versunkenes Talent. Wenn das ist, so versinkt es vermöge seiner Schwere. […] * Hier liegt ein Versehen vor. Der Brief muss vom 1. Juli 1858 stammen. Friedrich Hebbels Tragödie „Genoveva“ wurde nach der Weimarer Erstaufführung am 24. Juni 1858 nochmals zum Abschluss der Theatersaison am 30. Juni 1858 aufgeführt. ** Margarete Ludolf (1840–1898), Schülerin Prellers. *** Wilh. Genast, Sohn und Enkel der bekannten Schauspieler Franz Eduard G. und Anton Genast, weimarischer Regierungsrat und Schriftsteller. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 39–40.
362 Weimar, den 16. Juli 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Diesen Morgen habe ich die Untermalung der Leucothea vollendet. Die Stimmung in diesem Gegenstand als elbild [sic.] ist mir sehr schwer geworden, u ich gestehe: ich habe selbst gar keine Ansicht über meine bisherige Arbeit, als daß der Gegenstand als solcher in hohem Grade künstlerisch ist. Was noch daraus werden wird, will ich erwarten. […] Ich selbst bin in dieser Sache halb blind. Jetzt geht es an die Syrenen. Dieser Gegenstand steht mir klarer vor der Seeleobgleich er ebenfalls in der Malerei große Schwierigkeiten bieten wird. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 337.
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363 Weimar, den 23. Juli 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 23. Juli] 1858. […] Ich komme vom Spaziergang, das Wetter ist schön und ehe ich beginne, möge Sie der freundliche Gruß erreichen. Ich bin an den Sirenen ernst und fleißig beschäftigt. Bei dieser Composition wird es mir etwas leichter, in die Stimmung zu kommen, die Farbe spricht viel mehr und bequemer das aus, was im Gegenstande liegt. Der südliche Luftton, das leuchtende blaue Meer, darauf die reizenden Gestalten ohne Bedeckung, all das ist an und für sich verführerisch und lockend. Nichts anderes liegt im Gegenstande, dahingegen bei dem anderen*, bei der schweren stürmenden Luft, dem aufgeregten Meer, die ganze Handlung doch keine vernichtende, sondern heilbringende ist. Diese zwei Gegensätze bei dem kargen Motiv für Farbe zum richtigen Ausdrucksvollen zu stimmen, ist unendlich schwer und noch weiß ich nicht, ob es mir gelingen wird. An schweren Stunden wird bei dieser Arbeit kein Mangel sein, doch davor habe ich nie Schrecken bekommen. Beide Gegenstände sind übrigens wie für einander gemacht. In den Sirenen ist alles heiter, reizend, im höchsten Grade verlockend, während im Hintergrund das Verderben lauert. In der Leucothea ist alles sichtbare Gefahr, ja voraussichtlicher Untergang, während in Blitzesschnelle Rettung und Heil in der Figur der Nymphe erscheint. Beide Vorwürfe sind voll Poesie und Schönheit und ich habe nur den Wunsch, daß ich der Ausführung einigermaßen gewachsen sein möge. Schon bei der Anlage empfinde ich, daß bei der Größe der Figuren recht ernstliche gründliche Studien erforderlich sind; daran soll es nicht fehlen, wenn mir der Himmel die paßliche Figur nicht versagt. Von Friedrich haben wir stets gute Nachrichten. Er ist fleißig und die Natur sagt ihm ganz zu. Gestern brachte uns Sylli** einen höchst anmuthigen wahrhaft drolligen Brief, den er ihr geschrieben hatte. Der Bengel hat von Natur prächtige Gaben, hervorragend ist Phantasie und wirklich geistreicher Witz. Besitzt er die wirkliche Liebe zur Kunst und hat er Stärke genug, die Hindernisse zu besiegen, so muß etwas Tüchtiges dabei herauskommen. Ihm ist freilich eine glücklichere Jugend beschieden, als mir und ich will hoffen, daß er das Glück zu nützen versteht. […] * Leucothea. Siehe auch die Briefe 384, 391, 393, 394. ** Gattin des Musikers Dionys. Pruckner, geb. Kämpfer, Schülerin von Liszt. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 40–41.
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364 Weimar, im August (?) 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. [Ohne Datum] 1858. ? im St. […] In diesem Augenblicke habe ich die Sirenen fixirt und so wäre diese Arbeit bis zur Retouche fertig. Daß ich mit aller Liebe und tiefstem Gefühl dabei gewesen, darüber fragen Sie nicht mehr, denn Sie haben das kleine Werk entstehen sehen. Der Gegenstand an sich ist reizend, obgleich nur zu einer Reihenfolge paßlich, da diese aber vorliegt, darf er nicht fehlen und gehört zu den wenigen, die erlauben, die Schönheit des Weibes in ihrer Pracht vorzuführen. Die Gruppe der Weiber ist wohl anmuthig genug ausgefallen und wäre der Held nicht gebunden, würde er mich sehr beleidigen, wenn er nicht kopfüber in die Fluthen spränge. Ich bin es auch ziemlich gewiß, denn im ganzen Verlauf seiner Abenteuer zeigt er sich nicht als Kostverächter. Im Augenblicke seiner Befehle an die Gefährten muß er wohl sehr schlechter Laune gewesen sein, denn, daß die herrlichen Mädchen ihm den Kopf abschneiden würden, das konnte wahrhaft den listigen Haudegen nicht abhalten, oder auch nur bange machen. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 45.
365 Weimar, den 8. August 1858. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Mein hochverehrter Freund! Durch meinen Pflegesohn u. früheren Schüler Ernst Hemken aus Jever, der einen Tag in Hannover verweilen wird, bietet sich die schönste Gelegenheit Ihnen u den theuren Ihrigen unsere besten Grüße zu übersenden. Ich entlasse ihn mit einem gewissen Gefühl von Neid, denn er ist so glücklich sich von Ihrem Befinden zu überzeugen, was ich selbst so gern gethan hätte. Mein schlimmer Fuß hat mir noch viele böse Tage bereitet u hat zuletzt doch eine verstümmelte Zehe behalten. Wie mag es doch mit dem Befinden der verehrtesten Frau gehen? Möge doch der Himmel alles wieder gut machen. Im Geiste bin ich mit meiner guten Frau oft unter Ihnen auf dem herrlichen Sommersitz. Durch meine Erzählungen ist sie doch vortrefflich orientiert. Als jungen strebsamen Künstler würde es Hemken unendlich beglücken die Sammlung sehen zu können. Ich habe daher ihm versprochen, ein gutes Wort bei Ihnen einzulegen. Er gehört zu den liebenswertesten u. ehrlichsten Menschen, die mir im Leben vorgekommen u. wir alle nahmen ihn zur Familie, auch hat er das Glück der Liebling in der Schnorrschen Familie zu sein, dessen Schüler er seit einigen Jahren ist. Er kann Ihnen erzählen, daß ich frisch, heiter u fleißig bin, u für den Monat Septbr. den Plan habe mit Frau u. Kind die Ausstellung in München zu besuchen.
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Meine Frau bittet mich ihnen beste Wünsche u Grüße nicht zu vergessen, ich lege sie zu den meinigen, die aus tiefem Herzen das Wohl Ihres Hauses umschließen. Empfehlen Sie mich auch Ihren wertesten Kindern und Enkeln. Ihr ganz ergebener Friedrich Preller. Weimar d. 8. Aug 1858. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 10.
366 Weimar, im Sommer 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [?] 1858. im St. […] Höchst wahrscheinlich habe ich mir diese kleinen Leiden in Tiefurt geholt, wo ich mit Carus war. Der Tag war sehr heiß, gegen Abend aber wurde es kühl und Tiefurts kühle Lage trägt wahrscheinlich alle Schuld. Ueberhaupt habe ich mich seit Dienstag mit dem alten Herrn sehr angestrengt und Hitze mit Kühlung oder Zug oft gewechselt. Ihm, dem hohen Siebziger hat alles zum Guten ausgeschlagen und darüber bin ich wirklich noch vergnügt. Er war von Allem entzückt und gerührt von meinem Eifer, ihm zu dienen; doch, was schulde ich ihm? Wahrscheinlich danke ich ihm mein Leben, und die höchste Verehrung habe ich stets für ihn gehabt. Ich kenne ihn mehr als 30 Jahre und finde nur an ihm das Haar verändert. Sein Wesen und seine Liebenswürdigkeit ist heute wie damals, als ich mit Goethes Empfehlung zuerst bei ihm eintrat. Wie schön muß ein solches Alter sein. In der medicinischen Welt ist er eine der ersten Größen, von Tausenden geehrt und verehrt, von allen, die ihm näher stehen, geliebt, in seiner Familie auf den Händen getragen, von seinen verschiedenen Fürsten ausgezeichnet und vor allen in seinem hohen Alter jung und kräftig an Geist und Körper. Wer, wie ich, so glücklich war oder ist, in seinem Hause genauer bekannt zu sein, überzeugt sich von Vielem, was man im gewöhnlichen Leben für unmöglich hält. Wie man u. A. die Zeit ausnützen kann, muß man von ihm lernen. Denken Sie, daß er als Dilettant vielleicht mehr ausgeführte große und kleine Bilder gemalt hat, als ich, hunderte großer Zeichnungen in Kohle gefertigt hat und alles dies weit über den gewöhnlichen Dilettantismus weg geht, Mir gehört Carus schon von dieser Seite unter die seltensten Menschen. Was er als Gelehrter ist, weiß Europa schon seit vielen Jahren. Die Tage seines Hierseins waren mir Festtage, die ich nicht vergessen werde. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 42.
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367 Weimar, im Herbst (?) 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar ? 1858. […] Ich bin mit Abschluß dieser Arbeit eine drückende Last los und kann nun mit mehr Ruhe jener anderen Arbeit entgegengehen. Seit mehr als 20 Jahren bildete sich der Gegenstand zum Ganzen in meinem Geiste aus, verlangte sichtbare Form und mir ward Zeit und Ruhe genug, diese zur Anschauung zu bringen. Marie gab endlich der Sache den letzten Stoß durch den dringenden Wunsch, von den Leipziger Bildern kleine Skizzen zu haben. Die in dieser Arbeit verbrachten Tage zählen zu den schönsten meines Künstlerlebens; hoffentlich bleiben sie nicht ganz ohne Einfluß auf die jüngere Künstlerschaft, in der gewiß der eine und andere in ähnlicher Weise denkend fühlt. Ohne Scheu vor der öffentlichen Kritik habe ich die Bahn betreten, den Weg geebnet und nun mögen Nachkommende mit mehr Ruhe und Bequemlichkeit höher steigen. Ich bin damit zufrieden, daß die Kritik mir einen Ehrenplatz in der heutigen Kunstwelt angewiesen. Wie ich höre (es soll in Zeitungen stehen) hat mir Dresden ein öffentliches Monument damit gesetzt, daß es mir unter Cornelius, Schnorr, Genelli u. A. den Platz als Vertreter der höheren Landschaft angewiesen. Im Treppenhause des Museums sind in Reliefs die Repräsentanten der alten Kunst, Michel Angelo, Raffael etc. auf der einen Seite, die neueren auf der anderen, unter diesen also ich angebracht. Ich gestehe, daß die Anerkennung meines ernsten Strebens mir große Freude macht; nie in meinem Leben habe ich um des Ruhms Willen irgend etwas gethan, aber stets alles, um unserer Zeit mit dem, was ich vom Himmel habe, zu dienen. Daß man dies anerkennt, ist mir der schönste Lohn. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 43.
368 München, den 25. September 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. München, [den 25. Sept. 1858] […] Nürnberg hat auf uns alle den besten Eindruck gemacht und wir haben wahrhaft schöne Tage verlebt. Die Stadt ist im harmonischsten Jahrhundert nach Bedürfnis und Bequemlichkeit erbaut worden und daher kommt der angenehme wohnliche aber zugleich vornehme Eindruck, den sie mit Allem, was zu ihr gehört, auf uns macht. Ernst und Ehrlichkeit stehen dieser Zeit überall zur Seite, mag sie künstlerische oder bürgerliche Zwecke verfolgen und so konnten und mußten die Resultate nur glänzende sein. Mir als Künstler, der es stets mit der Sache wohlgemeint, ist der Verlauf jener Zeit klar und deutlich und die vorkommenden Kunstwerke stehen mir nirgend überraschend, sondern nur naturgemäß vor Augen. Ein Dürer, Adam Kraft und Veit Stoß waren Blüthen, die die Zeit, in der sie lebten, zur schönsten Entfaltung bringen mußte. Sie standen als die Herrlichsten in einem 364
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prangenden Garten. Der Ausdruck ihrer ganzen Kraft ist wahrhafte Ehrlichkeit und denkbarster Ernst. Einen Zug nach Gefallsucht habe ich nirgends entdecken können und darin liegt es offenbar, daß sie unserem Zeitalter durchschnittlich auch in Wahrheit nicht gefällt. Respekt aber muß jeder fühlende und tief denkende Mensch bei Betrachtung jener Werke empfinden, ja, sie beherrschen ihn in einer Weise, die oft beben macht. Die St. LorenzKirche würde Ihnen gewiß ganz deutlich und klarer, als ich es kann, sagen, was ich meine. […] Die Einheit und Naturwüchsigkeit schließt mit Nürnbergs Stadtmauern ab, in München beginnt ein anderer Abschnitt, von welchem König Ludwigs genialer Kunstsinn die Grundlage ist. Hier ist kein Bedürfnis fühl- oder sichtbar, dagegen überall ein Wille, der freilich mit augenblicklicher Freude an dem oder jenem da und dorthin abspringt und wechselt. Die Ueberzeugung, daß die Gelegenheit, sich zu entfalten, nur Großes unter jetzigen Verhältnissen vollbringen kann, hat ihn geleitet und bewiesen, daß er sich nicht verrechnet hat. Ueberall Resultate von Genie und Talent, überall Werke, die wir anstaunen. Er ist der Schöpfer einer neuen zum Theil echt deutschen Kunst. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 43–44.
369 München, nach dem 25. September 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. [Fragment] […] Cartone gefallen den hiesigen Herrschaften dermaßen daß mir die Fr. G–g [Großherzogin] gestern das Versprechen abgenommen keine Verbindlichkeiten nach außen ein zu gehen bevor sie davon unterrichtet sei.* Sie scheint die Vorhand haben zu wollen, was mir nicht unlieb ist, denn hier würde ich dieselben doch am liebsten ausführen. […] * Preller hatte Ende September 1858 die im Münchener Glaspalast veranstaltete Erste deutsche allgemeine und historische Kunstausstellung besucht, wo er seine 14 Kohlezeichnugen zur Odyssee präsentiert hatte. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 72.
370 Weimar, wohl erste Hälfte Oktober 1858. An Albert Emil Kirchner (1813–1885), Maler. Guten Morgen mein lieber alter Freund! Es ist mir Bedürfnis Ihnen nach meiner Zurükkunft, bei der so heiteren Erinnerung an München, nochmals herzlich zu danken.* Durch Ihre Freundlichkeit wurde uns manch schöne Stunde, u noch gestern haben wir viel und dankbar Ihrer gedacht. Grüßen Sie mir alle die Kameraden, die sich meiner gern erinnern. Das, was mich in München wehmüthig gestimmt, steht in keiner Verbindung mit Euch Lieben, u. deshalb denke ich abschnitweise 365
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dahin zurück. Genelli habe ich mit Frl. Bouterwerk noch einmal besucht, u ich danke auch ihn noch von Herzen für die Bereitwilligkeit, mit der er seine wunderbaren Produkte vorlegte. Er ist ein gewaltig tief poetischer Künstler den ich nur mit den größten aller Zeiten verehre. Grüßen Sie ihn vor allen, u sagen ihn daß wir noch täglich im Geiste seine herrlichen Zeichnungen an uns vorübergehen lassen. Auch empfehlen Sie mich bestens seiner liebenswürdigen Familie. An Sie lieber Freund habe ich noch eine Bitte, die Sie mir hoffentlich gewähren. Es hat mir nehmlich die Art, Ihre Untermalung zu machen sehr vortheilhaft geschienen, u ich bin gesonnen jetzt gleich einen Versuch zu machen. Wollen Sie mir daher das Verfahren genau aufschreiben? Zuerst, wie ist der Rahmen ein zurichten wie muß die Leinwand sein, gebleicht oder nicht? u dann die Präparation der Fläche, u das Bindemittel der Farben. Diese Untermalung bringt einen ja auch über das lange Austrocknen der ersten Anlage hinweg, die die Vollendung eines Bildes sehr in die Länge zieht. Dies lieber Freund meine Bitte. Sehr schön wäre es von Ihnen wen sie mir darüber recht schnell antworten. Meine liebe Marie, die sich Ihrer genau von Ansehen noch erinnert, dankt Ihnen recht herzlich für die kleine Zeichnung. Ihre kleine Sammlung hat schon manches Schöne u sie hat daran eine so große Freude, wie an nichts anderen. Ihre in Aussicht stehende Zeichnung vom Bärenzwinger macht sie schon jetzt sehr glüklich. Ich habe auf meiner Reise viel Schönes gesehen, u. manches gemacht, was zu verwenden ist. Den Alb. Zimmermann viele Grüße von mir. Dis mein lieber Freund. Schreiben Sie mir über dies Untermalen, wenn Sie können, umgehend. Ihr treuer Fr. Preller. im Jägerhaus * Preller hatte Ende September 1858 die im Münchener Glaspalast veranstaltete Erste deutsche allgemeine und historische Kunstausstellung besucht und aus diesem Anlass zahlreiche Künstler getroffen, darunter auch den in München lebenden Albert Emil Kirchner. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
371 Weimar, den 17. Oktober 1858. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Bei meiner Rückkunft aus München war mir der erste und schönste Willkommen durch Ihr schönes Geschenk. Ich beeile mich Ihnen meine Freude und Dank auszusprechen und füge den Wunsch bei, das Werk möge sich einer recht großen Verbreitung erfreuen. Der pontische Theil soll mir den größten Genuß verschaffen und dafür sind meine Ruhestunden bestimmt. Ein ferneres Gedeihen von Herzen wünschend zeichne ich mit größter Verehrung Ew. Wohlgeborn ergebenster 366
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Friedrich Preller. Weimar am 17. Octb. 1858. Düsseldorf, Heinrich-Heine-Institut, Handschriftenabteilung/Archiv, Signatur: 67.2548.
372 Weimar, den 24. Oktober 1858. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Mein Hochverehrter Freund! Ihren Brief habe ich erhalten und dessen Inhalt hat Werth für mich, weil er von Ihnen kommt. Im allgemeinen werden wir über dergleichen Aussprüche ziemlich gleich denken. Wir alle sind gesund u heiter zurükgekehrt, und werden lange an dem zehren, was uns in München Neues u Schönes begegnete. Vor allem wünsche ich daß an diese Zeit sich anderes noch knüpfen lasse, was nicht so schnell vorübergehend ist. Mir, für meine Person könnte kein größeres Glük im lumpigen Leben mehr begegnen, als wenn Sie, verehrtester Freund, hier leben könnten u. möchten. An treuster Anhänglichkeit u. wahrer hoher Verehrung könnte u würde es Ihnen nicht fehlen. Noch ist unser Großherzog von Eisenach nicht zurük u mithin hat mir noch jede Gelegenheit gefehlt ihn zu sehen, bei welcher ich gewiß nicht verfehlen werde ihn von München u seinen damals angesprochenen Wunsch zu erinnern. Vor allem möchte ich in dem, was er will, ihm Beständigkeit wünschen, die bis jetzt freilig nicht zu seinen bedeutensten Eigenschaften gehörte. Sobald irgend etwas in der Sache vor sich geht bekommen Sie Nachricht. Meine Frau, die in Erinnerung Ihrer u. Ihrer lieben Familie besonders gern an München denkt grüßt mit mir alle aufs herzlichste. Mit wahrster Verehrung Ihnen ganz ergeben Fr. Preller Jägerhaus Weimar am 24 Octbr 1858. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 489.
373 Weimar, den 10. November 1858. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Hochverehrter theurer Freund! Sie werden sich wundern mich so schreibselig zu sehen, ich selbst bin ob dieser Eigenschaft erstaunt, will aber keine Zeit verlieren um Ihnen zu berichten wie hier die Sachen stehen. 367
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Als der Großherzog von Eisenach zurükehrte fand ich bald Gelegenheit ihn zu fragen, u. ihn zu erinnern an München u was damit in Verbindung. Mit höchster Verehrung u Ueberzeugung sprach ich von Ihnen u Ihrer Kunst u fand auch beim Großherzog was mich erstaunte. In summa er bat mich Sie zu fragen unter welchen Bedingungen Sie wohl Weimar mit München vertauschen würden, was nun hiermit geschieht. Bei Ihrer Forderung möchte ich Ihnen wohlmeinend rathen: vergessen Sie nicht ein Studium nebst Heitzung. Diese Sache klingt nach wenig u ist doch viel da Heitzung bei uns eine kostspielige Sache ist. Ueberlegen Sie sich die Sache reiflich mit ihrer lieben Frau, Frauen sind in dergl. Dingen praktisch u vorsichtiger als wir. Daß unsre Mittel keine Königlichen sind, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Möchte mir doch das Glük werden durch Sie, theurer Freund, meiner Vaterstadt einen Mann zuführen zu helfen, der ihr Glanz u meinem Fürstenhause Aehre bringen würde. Wenn Sie mir antworten, so richten Sie den Brief ein daß ich ihn vorlegen kann. Ich halte alles direkte für zwekmäßiger u wirksamer. Grüßen Sie die theuren Ihrigen von uns allen aufs beste. Treu u. ergeben Ihr Fr. Preller. im Jägerhause Weimar d. 10. Novbr. 1858. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 490.
374 Weimar, den 13. November 1858. An Unbekannt. Grüß Gott mein theurer alter Freund! Da wir uns allmälig dem schönsten Feste im Jahre nähern u der Hausvater, wie er soll, anfängt für die Seinigen zu sorgen, damit sie nicht leer ausgehen; so thue ich die einfache Frage: hast Du wieder etwas von den Raffaelischen Logen erscheinen lassen? Für meinen Friedrich wüßte ich nichts vortrefflicheres u nichts was ihn selbst glüklicher machen könnte, u somit bitte ich mir alles baldigst zu schiken, was Du hast, im andern Falle aber mir nur ein Wort zu schreiben, damit ich für anderes Sorge tragen kann. Bei dieser Gelegenheit muß ich Dich mit meinem Glük bekannt machen, was mich in letzter Zeit geprügelt hat. Unser Großherzog hat die ganze Reihenfolge der Cartone zur Odyssee in fresco mir aufgetragen, welche schöne Arbeit mich künftigen Sommer nach Italien führt wo ich ein Jahr bleiben will um mich, wie die Sache fordert, gehörig vorzubereiten. Du wirst Dir denken können daß die ganze Sache mich wahrhaft beglükt. In München hat die Arbeit gehörig durchgeschlagen u vielleicht die Rükwirkung auf unsern Großherzog hervorgebracht. Mit den besten u herzlichsten Grüßen für Dich u die Deinigen von uns allen Treu Dein 368
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Fr. Preller. Jägerhaus Weimar d 13 Novbr 1858. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL Preller, Friedrich d. Ä., II, C-1 (183811-13a-c).
375 Weimar, den 14. November 1858. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Mein verehrtester Freund! So eben erhielt ich Ihren Brief den ich sogleich u so gut beantworte als ich kann, weil ich meine man müsse das Eisen schmieden so lange es warm. Unmöglich ist es mir Ihnen zu rathen welche Bedingungen Sie stellen sollen, doch scheint mir eine Auskunft dadurch daß Sie fragen: was beträgt eine Professur in München u ich will Ihnen sagen wie ich hier stehe. Dadurch mögen Sie überlegen u das thun was Ihnen scheint. Bis vor 2 Jahren betrug meine Besoldung 200 Rt. u ein geeignetes Atelier. Jetzt habe ich 300 Rt. ein sehr bescheidenes Logis, ohne Heitzung u geheiztes Atelier. Dafür gebe ich wöchentlich in unsrer Elementarschule 2 Tage Unterricht, d.h. des Nachmittags. Dies wär ohngefähr was ich Ihnen in der Sache an die Hand geben könnte. Der Großherzog zieht wie ich höre mehrere Künstler hieher vor allem aber möchte ich daß die Sache ein Centrum bekäme, u dies sehe ich in niemand anderen als in Ihnen. Was er im Sinn trägt, weiß ich nicht, doch scheint mir er will ein reges Kunstleben hierher führen, wozu freilich womöglich ausgezeichnete Leute gehören daß diese selten, wissen wir u daher meine Sehnsucht Sie hier zu wissen. Den ich von allen hoch verehre. Daß er mir die Cartone al fresco bestellt, macht mich sehr glüklich. Ich verbinde damit einen Aufenthalt in Italien von einem Jahr, wohin ich kommenden Herbst will. Für uns alle das beste wünschend u mit herzlichen Grüßen für Sie alle von allen Ihr treuer Fr. Preller. Jägerhaus d. 14 Novbr. 58 in größter Eile Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 491.
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376 Weimar, den 1. Dezember 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [1. Dezember] 1858. im St. […] Ich habe einige der Leipziger Zeichnungen vollendet und zwar mit einem gewissen Behagen. Meine Jugend geht mir dabei nochmals lebendig an der Seele vorüber. Jene Zeit war die der eigentlichen selbständigen künstlerischen Entwicklung. Zum ersten Male wurde mir die Gelegenheit, das, was ich in Rom gedacht und gefühlt, anderen geformt zur Anschauung zu bringen. Ich habe dabei glückliche Tage gelebt und datire von jener Zeit (1836) meine künstlerische Wirksamkeit, denn ohne jene bedeutende Arbeit wäre hier höchst wahrscheinlich Niemand auf mich aufmerksam geworden und ich hätte weniger Gelegenheit gefunden, in schaffender Weise thätig zu sein. So hängt oft das Leben eines Menschen von einer Viertelstunde ab, in welcher ein anderer entweder seiner Laune, oder Liebhaberei etc. Gehör giebt. Die damals gefertigte Arbeit hat mich aber auch an Härtel in anderer Weise gebunden. Ein gleiches Denken und Fühlen in den Künsten, besonders in den bildenden, ein leichtes Unsverstehen hat ein freundschaftliches Verhältnis zwischen uns hergestellt, welches sich auf die ganzen Familien übertragen hat. Seine seltenen bedeutenden Eigenschaften sind mit einer Liebenswürdigkeit in Verbindung und von einer Treue begleitet, die in unseren Tagen gewiß nicht oft gefunden werden. Wir korrespondiren seit dem Jahre 1832 nicht regelmäßig, aber doch unausgesetzt bei vorkommender Gelegenheit. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 46.
377 Weimar, den 7. Dezember 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, 7. Dezember 1858. […] Mit der Beethoven-Sonate, nämlich meinem sogenannten Bilde*, hat sich in Berlin folgendes Geschwätz in einem kleinen Kreis verbreitet: Liszt habe nämlich vor einem großen Seebilde von mir gestanden und endlich gesagt: „Komme doch bald auf die Altenburg“, worauf ich bald dort erschienen sei und Liszt alsbald an das Instrument gegangen sei, um mir eine Phantasie vorzuspielen. Darauf sei ich sinnende in’s Studium zurückgegangen und habe einen Zug Möven ins Bild gesetzt. Bald darauf sei Liszt erschienen, vor das Bild getreten und habe ausgerufen: „Ich sehe, Du hast mein Spiel verstanden“. Was sagen Sie dazu? Ich habe herzlich gelacht und gedacht, wie ganz anders doch die Sache entstanden sei. […]
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* Preller bezieht sich hier auf das für den Diplomaten und Schriftsteller Carl von Beaulieu-Marconnay (1811–1889) gemalte Bild Norwegische Küste bei Skudesnaes im Sturm, das 1876 von der Nationalgalerie in Berlin angekauft wurde. Die Anregung für das Gemälde erhielt er wohl von einer nicht näher bezeichneten Sonate Beethovens, die ihm Marie Soest vorgespielt hatte. Siehe dazu die Briefe 189, 192, 207, 214, 215. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 46–47.
378 Weimar, den 19. Dezember 1858. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Weimar d. 19 Decbr 1858. Mein hochverehrter theurer Freund! In diesem Augenblike komme ich von unserm gnädigsten Herrn, wohin ich befohlen war und in unsrer Angelegenheit seinen Entschluß zu erfahren. Um ganz kurz zu sein, schreibe ich Ihnen daß der Großherzog Ihre gestellten Bedingungen vollständig eingegangen und nun den Wunsch hat, daß Sie sobald als möglich zu uns übersiedeln. Ich erwarte daher, daß Sie mir recht bald sagen wie früh oder spät dies geschehen kann, damit ich auf Befehl Sr. Königl. Hoheit, für eine Wohnung sorgen kann. Mit Ihnen an der Spitze wird es dem Großherzog gelingen, Edles u Schönes zu fördern. Die besten Grüße Ihnen u den lieben Ihrigen von Ihrem treuen Friedrich Preller. Obiger Brief ist in Copie zu den Acten gelegt. Ich brauche Ihnen nicht zu versichern wie unbeschreiblich glüklich mich der Abschluß der Sache macht, u nicht mich allein. Sie finden hier eine kleine Zahl Künstler die Ihnen entgegen jauchzen u ihr Glük in dieser Berufung finden. Möchte Ihnen das verlassne München nicht zu schwer fallen. Jedenfalls erwartet Sie hier mehr Ruhe u Frieden, ein großer Segen für den Künstler. Ich u die meinigen sind in jeder Hinsicht erbötig Ihnen in allen behülflich zu sein, daher sprechen Sie nur aus wie wir es können. Zunächst wäre es wohl nöthig daß Sie dem Großherzog schriftlich danken. Nochmals die herzlichsten Grüße von uns allen Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3602.
379 Weimar, den 23. Dezember 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [23. Dezember 1858]. im St. […] Gestern Abend kam Graf Kalkreuth, Graf Harrach und Herr von Binzer; ersterer mit dem dringenden Vorschlag, hier einen Kunstverein zu gründen. Sie kennen meine 371
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Abneigung für dergleichen Anstalten und in Compagnie mit Binzer schlug ich die Sache glücklich ab. Ich glaube, sicher in Genellis Geist gehandelt zu haben und merke mit einiger Zuversicht, daß unser Kunstleben sich hier in zwei Partheien theilen wird. Mit Genelli an der Spitze dürften wir vor dem großen Richterstuhle wohl am besten bestehen. Eine Reibung tüchtiger Leute giebt immer Funken, und wo es Funken setzt, bleibt das Feuer nicht aus, also vorwärts, wenn wir auch durch Aschenhaufen müssen. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 47.
Die Arbeit steht neben mir, sie ruft u so bald das Licht besser wird, soll sie auch nicht vergebens locken. Ein Odysseus bin ich nun einmal nicht von Geburt u Charakter u so will ich den der Lockung der schönen Weiber folgen, wenn ich auch ins Verderben renne. Ich denke das Bild in den Festtagen zu vollenden u hoffe zur Zufriedenheit der Bestellerin, wenn auch nicht zu meiner. Gern hätt ich vielerlei anders gemacht, jedoch ist jetzt nicht alles mehr möglich, ohne die andern Nachtheile u vielleicht Fehler zu verfallen. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 335.
380 Weimar, den 24. Dezember 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, Weihnachts-Heiligabend 1858. […] Die Fürstin ist glücklich und im höchsten Entzücken über die Geier-Zeichnung. Sie hat mir darüber geschrieben, daß ich schamroth werde, wenn ich daran denke und das ist viel, da Sie meine Unempfindlichkeit gegen Tadel und Lob wohl kennen. Freude macht es mir jedoch, für sie zu arbeiten, weil sie mit Geist und poetischem Sinn sich dem künstlerischen Gedanken anzureihen und diesen weit zu verfolgen weiß. Eine seltene Frau ist und bleibt sie. Eben noch und in letzter Zeit habe ich verschiedene Beweise an Zeichnungen von Genelli erlebt, die mich wahrhaft frappirten. Sie sprach genau den Tadel aus, den ich ihr schriftlich zusenden wollte, da sie mich um meine Ansicht gebeten hatte. Fehler zu finden ist freilich viel leichter, als die Vorzüge, indes darüber war sie ebenfalls vollkommen im Klaren. In Summa, ich habe ihren Kunstsinn und geistige Höhe einmal recht bewundert. Sie wissen, daß ich mit meiner Bewunderung geistreicher Frauen etwas ökonomisch bin; hier ging es einmal nicht anders. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 49.
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381 Weimar, den 29. Dezember 1858. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Wir haben Weihnachten recht fröhlich verbracht, da unsre drei wackren Jungs einmal wieder beisammen und gesund waren. Wer weiss, wann uns so viel Glück einmal wieder werden wird, da jedes kommende Jahr eine solche Vereinigung nur erschweren dürfte. Die Festtage wurden bei Bouterwecks mit einem sehr heiteren Bällchen beschlossen, bei welchem unser Gretchen* einstimmig vermisst worden. Nun geht alles seinen alten Gang weiter. Die Sirenen habe ich gestern vollendet und will im neuen Jahr mit der Leukothea beginnen (Staffeleibilder) und sie vor Karlsbad noch vollenden. Was dann vor der italienischen Reise noch unternommen wird weiss ich noch nicht. Ich hätte wohl gar mancherlei zu thun, fürchte mich aber etwas Grösseres zu unternehmen, da es doch sitzen bleiben würde. […] Dass Weimar jetzt reicher an Künstlern wird, haben Sie wohl schon gehört. Als wahrhaft erfreuliche Acquisition nenne ich nur den Genelli, der nun bestimmt zugesagt hat. Graf K.** ist schon länger hier, als Mensch höchst angenehm, als Künstler mir nicht des Nennens werth. Da ich dieses Schema von Duftmalerei als bestes Mittel kenne, hinter welchem sich bequem das Nichtwissen verstecken lässt. Was ich von ihm hier gesehen, hat die Ueberzeugung nicht zur Grundlage. Mit dieser Richtung in der Kunst kann man nur mit Extrapost abwärts gerathen. Ich halte daher Genellis Hiersein für ein Mittel, dieser Dilettantenwirthschaft einen Riegel vorzuschieben. Er steht nicht allein, er ist die Spitze einer kleinen Zahl, die auf demselben Wege wandeln. Die Aussicht auf die italienische Reise beglückt mich aufs Höchste, und gern will ich noch manches Ueble mitnehmen, wenn ich endlich doch zum Ziel komme. […] * Margarete Ludolf (1840–1898), ehemalige Schülerin Prellers. ** Stanislaus Friedrich Ludwig Graf von Kalkreuth (1820–1894), Maler, seit 1858 in Weimar tätig, Mitbegründer und Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 181–182.
382 Weimar, den 30. Dezember 1858. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, den 30. Dezember 1858. […] Gestern erhielt ich Brief von Lübke* aus Rom, wohin er am 5. November gelangte. Er ist von so tiefem inneren Gehalt und voll von Wahrheit und Ueberzeugung, daß ich denselben der Welt gönnen möchte, dabei so prächtig geschrieben, daß man ihn, wie er ist, dem Druck übergeben könnte. Lübke war reif für Italien und Rom insbesondere, was eigentlich wenigen passirt. Die meisten werden dahin versetzt und haben Jahre zu thun, um erst auf den Standpunkt zu gelangen, von welchem aus Italien ihrem Streben und Wissen das geben 373
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kann, was sie bedürfen und ohne welche Zuthat sie für das Leben unfertig bleiben. Er sagt, seine Reise durch Ober- und Mittelitalien sei ihm nur Vorbereitung für Rom gewesen, der Aufenthalt in Rom sei seine eigentliche Wiedergeburt, durch welche man in ein höheres Leben versetzt werde. Michel Angelo sei die Sonne, die über alles hinweg strahle, selbst den göttlichen Raffael verdunkle und dies gelte besonders von seiner Decke in der Kapella Sistina. […] Von jetzigen Künstlern in Rom hat Lübke nur Cornelius besucht, der in Jugendkraft und Frische an den Predellen für’s Campo santo arbeitet. Cornelius ist noch immer der alte liebenswürdige Herr, als welchen wir ihn kennen. Er hat große Freude an meiner Arbeit und meinem Kommen; möge der Himmel ihn für Deutschland noch lange erhalten. Aussicht auf einen Zweiten haben wir nicht, vielleicht die nächsten Jahrhunderte nicht, wie ein Michel Angelo auch nicht wieder erschienen, oder Raffael. Solche Sterne erstehen und gehen unter ohne ihren Lauf zu wiederholen. Für mich wird Cornelius wohl der einzige sein; er wird wissen und unterstützen, was ich suche und erstrebe. Im allgemeinen ist Rom jetzt nur ein Geldmarkt; ohne die alten Schätze wäre der Aufenthalt und Umgang mit der alten Generation nicht auszuhalten; wie viel können 30 Jahre verändern. Ich kannte noch das ernsteste und höchste Streben in Rom, es hat Blüthen und Früchte gebracht, das haben wir nie und nirgend schlagender gesehen, als in der letzten Münchner Ausstellung.** Jene Periode leuchtet über alles Spätere hinweg und wer nicht blind war, hat viel lernen können. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 47–48.
Ich war, wie Sie wissen, fleißig u habe Syrenen am 2 Festtage vollendet. jetzt stehen sie hier u erwarten die weitere Bestimung. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 335. * Wilhelm Lübke (1826–1893), Kunsthistoriker. ** Es war dies die erste große Kunst-Ausstellung 1858, die von der im Jahre 1856 gegründeten „Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft“ veranstaltet worden war und die nach den damaligen Berichten außerordentliches Aufsehen erregt haben muß.
383 Weimar, den 31. Dezember 1858. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Weimar am 31 Decbr. 1858 Mein verehrter werther Freund! vor allem empfangen Sie mit all den theuren Ihrigen die Herzlichsten innigsten Glückwünsche fürs neue Jahr. Möge von nun an Ihnen nur Erfreuliches begegnen. Dies von mir und all den meinen. Aus Ihren letzten Brief habe ich mancherlei zu beantworten u. ich will nur wünschen daß Ihnen die Epistel nicht zu lang werde u Sie dieselbe ungelesen der Flamme übergeben. Vorerst muß ich Ihnen erklären daß ich den mir gezollten Dank in Wahrheit nicht verdiene 374
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da ich in der Sache Ihrer Berufung nichts gethan u. thun konnte, was nicht jeder andere eseliche Kerl der Augen hat, ebenfalls gethan hätte. Sie können u. werden wissen daß ich seit 30 Jahren zu den glühendsten Verehrern Ihrer Persönlichkeit und Ihrer höchsten Kunstrichtung u. Ausübung gehöre. Bei meinem letzten Aufenthalt in München erfuhr ich bald daß unser Großherzog die Absicht hatte ein oder den andern Künstler für Weimar zu gewinnen. Meine Vaterstadt hat seit lange auch im Auslande einen guten Namen, den zu erhalten jeder bemüht sein sollte. Hier kam es darauf an das beste zu thun was die Mittel erlaubten, und ich gestehe Ihnen gern daß ich sehr verzagt war Ihren Namen zu nennen, weil ich schwer glauben konnte daß Weimar u wir alle eines solchen Glükes theilhaftig werden würden. Durch Ihre Zusage besitzt Weimar wieder einen Mann, der uns leuchten wird. Glauben Sie nicht theurer Freund daß dies gemeine Schmeichelei, ich spreche ohne alle Schminke aus, was viele mit mir aufs lebhafte u überzeugenste fühlen. was ich Ihnen sage, habe ich dem Großherzog auch gesagt u er hat meine Gratulation in freudigster Weise aufgenommen. Gebe der Himmel daß die kleinen Verhältnisse hier Ihnen den Verlust Münchens nicht zu unangenehm fühlbar machen. Vielleicht ersetzt Ihnen die gemütliche Ruhe in der man hier leben u schaffen kann einen Theil dessen, was Sie durch Ihren Weggang von München verlieren. Anbei erhalten Sie die von Ihnen festgestellten Bedingungen, die, wenn Sie nichts darin anders wünschen, Sie nur zu unterschreiben u zurük zu senden haben. Dagegen erhalten Sie ein zweites Exemplar vom Rath Vent, des Großherzogs Secretair unterschrieben u. gesiegelt. Nun noch einen Punkt, der den lebhaftesten Wunsch des Großherzogs betrifft, Ihre Uebersiedelung. Der von Ihnen angegebene Grund Ihres Längerverweilens in München, leuchtete dem Großherzog zwar ein, doch bat er mich wiederholt Ihnen doch ja ans Herz zu legen, früher zu kommen u vielleicht die Arbeit hier zu vollenden. Schon jetzt beginnt man Atelier u Wohnung für Sie ein zu richten u zwar ganz in meiner Nähe, ja wenn Sie wollen im selben Haus, einem herrschaftlichen Gebäude.* Seine Gründe sind mannigfacher Art, der Wunsch Sie in nächster Nähe zu haben immer sichtbar. Da Sie hier niemand näher kennen liegt ihm auch daran daß ich noch hier bin. Ich gehe nehmlich d. 1 Mai nach Carlsbad um die Cur wieder zu brauchen u kehre nicht vor Ende Juni zurük. Die Zeit meines Aufenthalts ist dann auch nur kurz da ich dann nach Italien gehe. Sie sehen theurer Freund daß vielerlei sich vereinigt, was Ihr Kommen wünschenswerth macht, u schließlich bitte auch ich das möglichste zu thun um dem Wunsch des Großherzogs nach zu kommen. Theilen Sie mir recht bald Ihren Entschluß mit. Die meinigen alle grüßen Sie und die lieben Ihrigen mit mir, Ihrem treu ergebenen Friedrich Preller. im Jägerhause * Das Jägerhaus in der Marienstraße in Weimar war Sitz der Fürstlichen freien Zeichenschule und beherbergte das Atelier und die Wohnung u. a. von Friedrich Preller, Angelica Facius (1806–1887) und Louise Seidler (1786–1866). Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 492.
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384 Weimar, 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [ohne Datum] 1859. […] Die Leucothea beschäftigt mich jetzt vor allem und diesen Morgen habe ich wieder begonnen, eine neue Skizze zu machen.* Rietschel hat die kleinen Zeichnungen gesehen und fand diese besonders interessant. Zuerst werde ich wohl an diese Arbeit gehen, wenn ich einige Bilder angelegt habe. Bis dahin wird sie immer reifer und vollendeter vor mir schweben. Im Studium bin ich übrigens den ganzen Tag und jeden Tag mehr zur Arbeit gestimmt. Die Venus von Melos erscheint mir wieder neu, sie strahlt wahrhaft in göttlicher Schönheit und ist mir verständlicher als je vorher. Ich meine, diese himmlischen Formen im Leben gesehen zu haben. – Welch’ ungeheure Menschen waren doch die Griechen, diese Wahrheit und zugleich diese reine Idealität! Nachdem ich die Elgins wieder gesehen,** fühle ich lebendig, wie hoch ihnen die Kunst gestanden. Denken Sie, daß diese göttlichen Arbeiten, die für das Giebelfeld gearbeitet wurden, also nur an der Vorderseite sichtbar waren, doch an der Kehrseite, die gegen die Wand stand, so ausgeführt und vollendet sind, wie von vorn. Jahrtausende sah sie kein menschliches Auge und uns ist es vorbehalten, diese Theile ganz erhalten zu bewundern. Die Pietät für den Gegenstand war so groß, daß sie nichts unvollendet ließen, und wenn es kein menschliches Auge je erblickte. Das Kunstwerk existirte um seiner selbst willen, wie die Blume auf dem Felde, die auch ungesehen zur höchsten Entfaltung kommt. Ist es nicht mit unendlich vielen göttlichen Schöpfungen so? Sie bedürfen der Bewunderung nicht, sie stehen zu Gottes Ehre da, ob sie gesehen werden, oder nicht. […] * Die beiden Bilder der Leukothea und Odysseus bei den Sirenen malte Preller als Pendants im Auftrag der Fürstin Sayn-Wittgenstein (1819–1887), die sie Franz Liszt (1811–1886) schenkte. Sie befinden sich heute in der Klassik Stiftung Weimar. Siehe auch die Briefe 363, 391, 393, 394. ** Die Giebelfiguren des Parthenon-Tempels und zahlreiche andere antike Kunstwerke waren als Abgüsse an der Universität in Jena vorhanden. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 54.
385 Weimar, 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [ohne Datum] 1859. […] Die Kunst, ich meine die echte, ist kein Modeartikel und darf somit auch nicht an die Zeit denken und ihr fröhnen, in welcher sie schafft. Das Hohe und Reine wird in jeder Zeit und sei sie im allgemeinen noch so verderbt, doch einzelne haben, die durch den Koth auf höheren Standpunkt gelangen und das Echte wenigstens ahnen. Ich verzichte für alle Zeit auf den gespickten Säckel und will nach Besserem ringen, so lange mir Kräfte dafür bleiben. Herrlich strahlend stehen alle, die es vermochten, ihre Zeit und deren Forderungen von sich zu stoßen, denn die Zeit fröhnt niederen Leidenschaften in den Künsten. 376
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[…] Wahrheit und Schönheit können nicht vergehen, so lange das Menschengeschlecht auf diesem Erdball wandelt. Unsere Aufgabe ist jetzt, um wahr bleiben und sein zu können, daß wir deutsch bleiben und uns nicht an das kehren, was uns von außen Glänzendes entgegentritt. Deutschland hat Kräfte wie keine andere Nation, die Ausstellung stellt uns diese Ueberzeugung auf und wer sehen will und Beruf zur Kunst hat, hat es auch gesehen. Aller fremder Einfluß hat die einzelnen geschwächt und ihre Produkte stehen ohne Schärfe abgerundet und geleckt als Modekram uns vor Augen. Fluch den Belgiern und Franzosen und allen, die zu dieser Fahne schwören! […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 50–51.
386 Weimar, den 2. Januar 1859. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Weimar d. 2. Jan. 1859 Sie werden sich wundern abermals meine Handschrift zu erbliken. Diesmal nur wenige Worte im Auftrag des Großherzogs, der den Artikel in der allgemeinen Zeitung, Ihre Uebersiedelung betreffend, gelesen hat. Der Großherzog grüßt Sie freundlichst u läßt Ihnen sagen, daß er sich in allem dem Gesagten genau anschließe, aber hoffe u wünsche daß Sie ihm treu bleiben und aufs baldigste zu rück kommen möchten. Ich für meinen Theil füge nun noch hinzu: warum ihr Hunde habt ihr dann so viele Jahre geschwiegen u fangt nun an zu bellen da euch der den Rücken kehrt, den ihr kaum beachtet. Hat denn München in der langen Zeit sich Ihrer erinnert? Ich kenne dort niemand der sich rühmen dürfte. Schuftige Schreiberseelen, nun mögt ihr schweigen. Mit dem herzlichsten Gruß für alle von uns allen. Treu Ihr Fr. Preller Jägerhaus. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 493.
387 Weimar, den 17. Januar 1859. An Carl Gustav Carus (1789–1869), Maler und Arzt. Mein hochverehrter Gönner und Freund! Auf solche Freude wie Sie uns allen durch die schöne Photographie und erfreulichsten Festnachrichten bereitet, wäre wohl das natürlichste gewesen Ihnen unser aller Dank umgehend zu versichern, doch bei besten Willen und lebendigsten Gefühle sind wir doch oft 377
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noch ohnmächtig genug. Eine wahrscheinliche Erkältung brachte mir anhaltende Zahn und Kopfschmerzen und zuletzt noch ein entzündetes Auge, was auch jetzt noch mich an jeder Arbeit hindert. Nehmen Sie also wenn auch sehr verspätet herzlichsten Dank und Versicherung der innigsten Theilnahme an dem schönen Feste, das noch recht oft Ihrer theuren Familie und Ihren unzähligen Verehrern wiederkehren mag. Dank dem Himmel, der sich seine Leute aussucht an denen die Zeit wenig Macht hat. Ich denke an Göthe, und mit ihm stets an Sie, weil ich beide nicht trennen kann. Wären Sie ihm zur Seite gewesen hätten wir ihn vielleicht noch heut. In summa ich glaube fest an das Glük das schöne Fest noch lange feiern zu sehen.* Wir alle empfehlen uns Ihnen und den theuren Ihrigen aufs beste. In treuester Anhänglichkeit und Verehrung Ihr Friedrich Preller. In nächster Zeit denke ich Ihnen eine Zeichnung der Helios Rinder schiken zu können. Weimar d 17 Jan. 1859. * Carus hatte am 3. Januar 1859 seinen 70. Geburtstag gefeiert. Dortmund, Stadt- und Landesbibliothek, Signatur: Atg Nr. 11836.
388 Weimar, den 20. Januar 1859. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg Mein theurer alter treuer Freund! Wir alle danken Dir aus vollem Herzen für Deinen lieben so innig warmen Brief zu unserm gestrigen Feste*, den nur die lieben Arnemanns mit ihren eigenen Erscheinen, allen die erfreulichste aber auch überraschendste Erscheinung, überraschten. Ach! theurer Freund, wie sehr haben wir alle Dich zu uns gewünscht! Du, u wohl Du allein hast unser stilles Glück vom Anfang bis jetzt mit treuer Theilnahme und immer steter Liebe verfolgt u bist uns nur immer theurer geworden. Wir werden einander das bleiben was wir die Jahre her waren, die vielseitige herzliche Theilnahme sagt mir, daß mich meine Freunde zu nehmen wissen, u die herbe Außenseite vom Andern zu trennen wissen. Ich habe bis zur Stunde, in der uns die 3, nicht 4 Söhne überraschten, keine Ahnung dieses Tages gehabt u Du magst Dir denken, in welcher schlagenden Weise die Überraschung war. In summa das Fest verlief in frohster bester Stimmung u wir alle bedauern u werden es immer, daß Du liebes Herz unsere Freude nicht mit uns theilen konntest. Wie viel Schönes hat das letzte Jahr uns doch gebracht! Mit innigsten Dankgefühl blicken wir in die Vergangenheit zurück u haben uns gelobt, wacker fortzukämpfen so lange u so viel es in unsern Kräften steht. Möge meinen gutgerathenen Kindern es einigermaßen leichter werden als mir, andern Lohn erstrebe ich nicht. Nicht jede Natur ist mit der Energie gerüstet, die in meiner Laufbahn nöthig war u eine weichlichere kann leicht ausarten 378
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u verflachen. Jetzt denken wir schon oft u gern an Italien u meine Aufgabe, die ich in den nächsten Jahren lösen soll, gibt mir Muth u Heiterkeit fürs schwere Werk.** Mit dem Homer habe ich meine Kunstlaufbahn angefangen, mit dem Homer werde ich wohl endigen, u das ist wohl der würdigste Vorwurf in meinem Fache. Mit diesem Cyclus habe ich vor der deutschen Critik mit Ehren bestanden u so hoffe ich, soll auch nach mir sich noch manch anderer dran erfreuen. Mögen spätere auf dem betretenen Wege besseres leisten als ich, der erste, der ihnen die Straße gezeigt. Grüße mir die Deinigen aufs herzlichste u halte Dich gut, damit wir bald von Deinen Wohlbefinden hören. Alle die meinen danken Dir mit mir für das schöne Geschenk, was in Erinnerung Deiner vortrefflich geschmeckt und mit Lob überschüttet wurde. Mit besten herzlichsten Gruß von Frau und den 3, nicht 4 Söhnen Dein treuer Fr. Preller. * Am 19. Januar feierten Marie und Friedrich Preller ihren 25. Hochzeitstag. ** Die 1859 angetretene Italienreise diente Preller als Vorbereitung für den Odyssee-Zyklus in Weimar, dem zunächst ein eigener Bau gewidmet sein sollte, der später aber in das Großherzogliche Museum integriert wurde. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3664.
389 Weimar, den 21. Januar 1859. An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Mein theurer Freund! Ich u. wir alle danken Ihnen u. der lieben Frau von ganzem Herzen für die Freundligkeit mit welcher Sie unsers Festtags* gedacht. Ich selbst wurde im reinsten Sinne des Wortes von der ganzen Sache überrascht. Ihr liebes Geschenk ist ohne den mindesten Schaden angelangt, macht unendlich Furore u. wir werden sehen daß wir’s als Erinnerung an Sie u den schönen Tag alljährig zu ähnlicher Schönheit erziehen u. bewahren können, Unbegreiflich ist mir, auf welche Weise der Tag so vielen Menschen bekannt worden. Ich glaube daß ich gegen hundert Gratulanten empfangen habe. Der Tag verlief erfreulich u heiter u die drei Jungens waren überglücklich ihn alle mitfeiern zu können. Ernst’s Hiersein hat für uns alle etwas sehr erquikliches, er ist brav u. in jeder Weise ein ehrenhafter Mensch geworden. Er selbst ist so heiter und liebenswürdig als wir ihn seit Jahren nicht gesehen. Grüßen Sie die liebe Frau von uns allen von ganzem Herzen u bringen ihr unser aller Dank. Möge Ihnen der einst erscheinende Tag eben so froh u glüklich verlaufen als bei uns. Er bleibt eine schöne Erinnerung für’s Leben. Mit aller Liebe u Treue Ihr Friedrich Preller. 379
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Weimar d 21 Jan. 1859. * Am 19. Januar feierten Marie und Friedrich Preller ihren 25. Hochzeitstag. Berlin, Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Signatur: Do 90/9829.24.
390 Weimar, den 3. Februar 1859. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Mein verehrter lieber Freund! Seit langer Zeit, so scheint es mir wenigstens, haben wir nichts von einander gehört u. obgleich ich weiß, daß Sie wie Künstler im allgemeinen ungern schreiben, so möchte ich doch mancherlei wissen, u. bitte, falls Ihnen die Feder unbequem ist, doch Ihre liebe Frau oder eines der Kinder für Sie eintreten zu lassen. Zuerst lassen Sie mir bestimmt wissen, wann Sie kommen, weil hier vielleicht mancherlei zu besorgen wäre. Auch bin ich entschlossen mit ein oder dem andern Ihrer wahrsten Verehrer Ihnen bis Eisenach entgegen zu kommen u dort 1 Tag oder so lang Sie wollen zu verweilen. Frau Arnemann rechnet darauf daß Sie ihr wenigstens einen Tag schenken, auch bin ich überzeugt daß mein Vaterland Ihnen als Künstler nicht gleichgültig ist, denn wenn ich nicht irre, haben Sie dieses reizende Stückchen Erde noch nie gesehen. Dann soll ich Ihrer lieben Frau von der meinigen zu sagen, daß sie in allem möglichen mit größter Freude bereit sei, u daß sie nur Ihre Aufträge erwarte. Dies, so wie überhaupt, keine leere Redensart. Wie Sie gehört haben werden ziehen sich mancherlei sogen. Künstler hierher, darunter einige brave Virtuosen, zu denen ich aber noch keine Neigung gefaßt habe. Düsseldorf speit seine Fluthen nach allen Himmelsgegenden u es wird auch die Zeit kommen daß man hier dem Unwesen einen Damm setzt. Die Sehnsucht des Bessern hier können nur Sie, theurer Freund, stillen. Mit Ihnen an der Seite, dürfen schon noch mehr kommen, u wir werden doch stehen: kommen Sie also nur so bald es geht. Mündlich werde ich Ihnen noch vieles erzählen, selbst Dinge die in München spielen von denen Sie höchst wahrschl. nichts wissen. Nochmals die Bitte mir Bekanntes über Ihre Reise zu kommen zu lassen. Mit den herzlichsten Grüßen an Sie u die lieben Ihrigen von uns allen Treu Ihr Fr. Preller Weimar d. 3 Febr. 1859. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 494.
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391 Weimar, den 16. Februar 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich danke Gott daß ich nun mit dem Bilde bis zur Retouche fertig bin. Bis zum Sontag könnte ich dann die Leucothea vornehmen.* […] * Siehe die Briefe 363, 384, 393, 394. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 337.
392 Weimar, den 19. Februar 1859. An Gustav Adolf Schöll (1805–1882), Archäologe und Direktor der Kunstanstalten in Weimar. Verehrter Herr Hofrath! In diesem Augenblike erhalte ich Ihr Schreiben, Genellis Atelier betreffend. Sr. Königliche Hoheit so wie Sie wissen u kennen meine Verehrung für meinen alten Freund Genelli, dem ich gern jedes mögliche Opfer bringe. Dieses Paket ihm abzutreten würde mir die größte Freude machen, doch ist das Zimmer zu klein und so angefüllt von allen möglichen Geräthschaften, die ich bei meinem höchst beschränkten Logis geradezu auf die Straße setzen müßte. Wollen Sie sich selbst davon überzeugen, so steht Ihnen jederzeit der Schlüssel zu Dienst. Die geräuschvolle Arbeit über den Herrn Minister muß jetzt wohl gethan sein, ich kann nicht glauben, daß Tapezir oder Glaser großen Lärm verursachen werden. So unendlich Leid es mir ist Sr. Königlichen Hoheit Befehl nicht nachkommen zu können ebenso rathlos fühle ich mich für einen andern Ausweg. Mit der Bitte Sr. Königlichen Hoheit mich bestens zu empfehlen, bin ich in wahrer Verehrung ergeben Ihr Friedrich Preller. Weimar d 19 Febr. 1859. Klassik Stiftung Weimar, GSA 113/192.
393 Weimar, den 9. März 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Die Leucothea habe ich vollendet,* […] Jetzt will ich noch einiges an den Sirenen nach holen u dan amen sagen. […] Siehe die Briefe 363, 384, 391, 394. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 337.
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394 Weimar, den 11. März 1859. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Die Leucothea ist vollendet, seit gestern stehen beide Bilder, als zusammen gehörig in harmonischer Stimmung auf der Staffelei und erwarten den Richterspruch Ihrer Durchlaucht.* Mögte es mir gelungen sein zur Zufriedenheit Ihrer Durchlaucht zu arbeiten! Vielleicht ist es Ihnen möglich im Laufe des Tages mein Werk eines Blikes zu würdigen. Ich denke Sonnabend und Sontag sie auszustellen. Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller Weimar d. 11 März 1859. * Siehe dazu die Briefe 363, 384, 391, 393. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
395 Weimar, den 16. März 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 16. März] 1859. im St. […] Gestern war ich bei Genelli, wo ich wieder Compositionen von höchster Schönheit sowie Karrikaturen auf Kaulbach von schlagendsten Witz und geistreicher Composition gesehen habe; welch’ großer, reicher, edler und scharfer Geist ist in diesem Körper lebendig! Sein Hiersein ist mir durch nichts anderes zu ersetzen und jede Stunde mit ihm trägt bei mir Frucht. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 49.
Ich bin so weit es meine noch erbärmlichen Kräfte erlauben fleißig u habe den Carton des Polyphem begonen, was jetzt alle meine Minuten in Anspruch nimt, da der Gegenstand von großer Bedeutung u Charakteristik ist. Die Form wieder so, daß sie unter den 14 fertigen keinen Anklang findet, u ich denke so muß es sein. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 133.
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396 Weimar, den 24. März 1859. An Marie Soest(1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Mir geht es nach dem bösen Anfall gut. […] Des Tags bin ich fleißig u der Polyphem ist bis auf seine eigene Gestalt ziemlich vollendet. Ich halte die Composition für das Großartigste u im Charakter beste im Ciklus, obwohl er nicht zu den anmuthigsten gehört. Gestern war Genelli bei mir, er ist mit der Sache zufrieden, was mir große Freude machte, da er nichts lobt in dieser Art, was nicht gut zu heißen. Soll die Reihenfolge vollständig werden muß noch eins hinein u zwar wie die Circe die Gefährten verwandelt, dies jedoch erst später. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 133.
397 Weimar, im Frühjahr 1859 (?) An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein lieber theurer Freund! Ich benutze nur wenige Augenblicke Dir zu schreiben, da es um mich her unruhig u schon spät ist. Donner* geht morgen nach Frankfurt u hält sich in Eisenach eine Nacht auf. Er mag Dir von uns allen erzählen. Deinen lieben Brief erhielt ich durch Lieber u habe mit großer Betrübnis gesehen, daß Du armer lieber Freund so lange gelitten. Schon vor einiger Zeit hörte ich durch Frl. Eichel, daß Du Dich nicht wohl befändest, aber daß es Dir so schlimm ergangen, konnte ich nicht ahnen. Gebe der Himmel, daß es jetzt wieder besser mit Dir ist. Auch ich habe mancherlei zu tragen gehabt, befinde mich aber in der letzten Zeit wenigstens leidlich. Ich brauche gerade jetzt meine Kräfte denn ich will noch mancherlei vollenden, ehe ich diesen Sommer ans Fortgehen denken darf. Ach könnte ich doch dir Deine Einsamkeit in etwas erträglicher machen! – Wär ich in Eisenach, Du sähest mich wenigstens jeden Abend bei Dir. Dies eine bedaure ich oft, daß wir getrennt leben, denn obgleich meine Liebe zu Dir nie erkalten kann, so möchte ich doch oft um Dich sein oder Dich bei mir haben. Mit hiesigen Künstlern komme ich zu wenig zusammen. Mit Martersteig absichtlich nicht, Kaiser hat sich diesem zu gesellt u meidet mich, u Hummel sehe ich auch sehr selten. Schuchardt ist u bleibt mein täglicher einziger Umgang. Zuweilen bin ich recht allein. In nächster Zeit antworte ich dir umständlicher. Die Meinigen alle grüßen Dich herzlichst. Friedrich hat sehr hübsche Fortschritte in der Musik gemacht, was mich unendlich freut. Gebe Gott, daß Dirs besser geht. Empfiehl mich den Lieben Deinen. Dein alter wahrer Freund Fritz Preller. 383
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* Otto Donner von Richter (1828–1911), Historienmaler und Kunstschriftsteller; 1855 u. a. für Moritz von Schwind tätig bei der Ausmalung der Räume auf der Wartburg; Schüler von Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3668.
398 Weimar, den 9. April 1859. An Carl Gustav Carus (1789–1869), Maler und Arzt. Mein hochverehrter Gönner und Freund! Ihr Brief vom 30.t. vorigen Monats mit dem trauerschweren Inhalt kam uns so unerwartet, daß wir uns von dieser schreklichen Wahrheit kaum überzeugen konnten. Welchen innigen Anteil wir alle, die wir die selige gekannt und geliebt und verehrt, an dem Ereignis nehmen, brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern.* Das Wiedersehen Ihrer lieben von allen so hochverehrten Familie, nach so vielen Jahren gehört zu meinen schönsten Erinnerungen, ich war so glüklich die verewigte so zu finden, wie ich sie treu im Gedächtnis hatte; wohlwollend, jungendlich, ja liebevoll auch gegen die, welche ihr zuerst im Leben begegneten. Meine Frau hing mit Innigkeit und mit Treue ihr an, und wir alle werden sie nie vergessen. Mit wahrster Teilnahme trauern alle, die Sie und Ihre Lieben kennen. Wir haben ebenfalls einen schweren Winter durchlebt, da bei aller Strenge der vorgeschriebenen Maßregeln, meine Steinschmerzen doch heftig u häufig zurükkehrten, u noch nicht ruhig sein wollen, obgleich die Anfälle minder heftig u nachher vorüber gehen. Ich sehne mich nach Carlsbad, u will mit den ersten Tagen des Mai dahingehen. Vorher will ich Kräuter trinken. Auf der Hin oder Rükreise komme ich jedenfalls nach Dresden. Bei alledem habe ich habe ich mancherlei gearbeitet. Die Sirenen u Leucothea in Oel gemalt u noch 2 Cartone zum Ciklus der Odyssee gezeichnet u damit die Abentheuer abgeschlossen. Beifolgende kleine Zeichnung, die Rinder des Helios, ist ein altgewordenes Versprechen, ich habe sie aber deswegen nicht minder mit Liebe gezeichnet. Daß Sie die Composition nicht unwerth halten zu Ihren andern schönen Sachen zu legen, beglükt mich unendlich. Die meinigen alle empfehlen sich Ihnen u den Ihrigen aufs beste mit mir, Ihrem treu in Verehrung ergebenen Fr. Preller. Weimar d. 3 April 1859. * Am 15. März 1859 war Caroline, die Ehefrau von Carl Gustav Carus verstorben. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,564.
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399 Weimar, den 28. April 1859. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Mein hochverehrter Gönner und Freund! So allmählig kommt die Zeit heran, welche von manchem freudig von vielen aber auch in Schmerzen erwartet wird, der Reisetermin für Karlsbad. Dieser Zeit voran wird aber in Ihrem Hause erst noch ein schöner Tag gefeiert, der Tag Ihrer Geburt, und für dieses Fest nehmen Sie die besten innigsten Wünsche von mir und all den meinigen, unter denen Sie durch unsere vielfachen Erzählungen froh erwartet, mit uns leben. Möge der Tag noch oft in Freude wiederkehren! und alles störende für immer Ihrem Hause fern bleiben. Wie geht es wohl Ihrer verehrten lieben Frau? Wir alle hoffen und wünschen von Herzen daß sich ihr Leiden zum besseren gewendet hat. Mir hat das vergangene Jahr viel Erfreuliches aber eben so viel Trauriges gebracht. Bei aller Vorsicht und Strenge meines Verhaltens, hat sich doch mein Leiden wieder gemeldet, und ist zeitweis in schrecklichster Art ausgebrochen, so daß ich den Winter über meinem Körper mehr Zeit als meiner Arbeit schenken mußte. Mit meiner eigenen Besserung legte sich aber mein jüngster Sohn und die schwere Pflege von beiden lag nun meiner armen lieben Frau ob, die keine Hülfe von anderer Seite annahm, weil sie meinte, es könne irgend etwas vernachlässigt werden. Gott sei Dank, ihre gute Natur hat ihr alles Schwere überstehen helfen, und nun hat es den Schein, als ging alles im guten wieder aufwärts. Diesmal wünsche ich von Carlsbad mehr Hülfe als je vorher, wird mir, wenn der Krieg es zuläßt, eine Reise nach Italien bevorsteht, wohin ich gern meine Frau und jüngsten Sohn mit nähme. Mir ist nehmlich die Ausführung der homerischen Compositionen von unserem Großherzog übertragen worden, und um die bedeutende Arbeit gut durchführen zu können, möchte ich mich gern im Süden selbst vorbereiten. Der ganze Cyklus der Abenteuer des Odysseus besteht jetzt aus 18 Bildern in der Höhe von 6 Fuß, die in einer dazu zu erbauenden Colonate gemalt werden sollen. Da es die umfassenste Arbeit sein würde, die sich mir im Leben geboten, so will ich auch alle Kräfte dran setzen. In den nächsten Tagen erwarten wir Frau Arnemann, die von hier ihre Reise nach Carlsbad antreten wird. Der Himmel möge uns allen daß in Carlsbad bescheren, was wir dort erwarten. Erhalten Sie mir und den meinigen Ihr Wohlwollen und empfehlen uns den Theuren Ihrigen aufs beste. In wahrhafter Verehrung Ihr ergebener Friedrich Preller Weimar d. 28. April 1859. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 11.
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400 Karlsbad, den 8. Juni 1859. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Carlsbad d 8 Juni Mein lieber theurer Freund! Durch Herrn Oberbeck und Comp. erhälst Du diese Zeilen. Sie sind auf der Rückreise u wollen im Fluge die Wartburg sehen. Herr Oberb. ist der Schwiegervater v. Marie Simon, deren liebensw. Schwester vor einiger Zeit auch auf der Burg war u deren Du dich so höchst liebenswürdig u galant angenommen hast. Ich wollte, ich könnte Dir stets das schöne Geschlecht zu schicken, doch nein, das würde Dein Verderben herbei führen, Du würdest Dich in Liebenswürdigkeit ganz aufreiben u wir wollen doch noch etwas mehr von Dir haben u behalten. Einen Gruß kannst Du indes an Malriechen bestellen, sie ist noch im Hause des Herrn Oberbeck u dieser wird ihn pünktlich besorgen. Mit meiner Gesundheit geht’s gut, ich bin aber auch ein strenger Kurgast u habe Marien, die Dich herzlichst grüßt noch zum Aufpassen. Mit Frau Arnemann sind wir fast den ganzen Tag, sie ist nur etwas in Folge ihres Übels schlecht zu Fuß, doch humpeln wir fort, so gut es irgend gehen will u das Ziel unsrer Humpeltouren ist immer der excellente Caffe, den ich in Eimern trinken möchte. Noch bleibe ich ohngefähr 12 Tage. Die ewige Faulenzerei wird einem nach gerade zuwider. Zuweilen entwerfe ich Compositionen zur Odyssee, d. h. zu den kleinen Bildern, welche hetrurisch gemalt werden. Dieser Theil des Gedichts ist unendlich reich, ich brauche aber auch mehr als 40 verschiedene Gegenstände. Wann es zur Ausführung kommen wird, mag Gott wissen, doch das soll mich nicht abhalten in der Sache mich wenigstens vorzubereiten. Dieses einzige Gedicht spielt durch mein halbes Leben u wenn ich noch mal geboren würde, dürfte es vielleicht das ganze Leben erhöhen u durchglühen. Warum hat vor mir sich noch niemand in dieser Weise damit beschäftigt? Ich begreife es nicht. Die Cartone sind gegenwärtig in Brüssel, die dortige Regierung hat mich aufgefordert, sie daselbst auszustellen. Wie die Niederländer derartige Auffassung ansehen, bin ich sehr begierig zu erfahren. Vom eigentlichen Wesen der Künste verstehen diese Heupferde nichts, sie begreifen nicht mal ihre eigenen großen Meister der früheren Zeit. Außer geschickten Handwerkern hat die Neuzeit nicht viel in Belgien. Das einzige wirkliche Talent, was die besitzen, gilt ihnen als Verrücktheit. Hoffentlich hat die letzte Ausstellung in München so manchem gezeigt, daß wir nur bedeutend sein können, wenn wir ächt deutsch bleiben. Möge es so sein. Nun, mein lieber alter Freund, will ich mein eiliges Briefchen schließen, ihm aber noch 1000 herzlichste Grüße beifügen. Möchte es Dir stets gut gehen, damit wir uns bald mal vergnügt wieder sehen können. Bis ans Ende treu Dein Friedrich Preller Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3665.
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35. Friedrich Preller d. Ä.: Odysseus und die Seinigen bei der Abfahrt von der Insel des Polyphem, Fotografie einer verschollenen Zeichnung, 1905.
401 Karlsbad, den 9. Juni 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
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Carlsbad, [den 9. Juni] 1859. im St. […] Das Leben bei uns hier erleidet von außen durchaus keine Veränderung oder auch nur Abwechslung. Ein Tag vergeht wie der andere mit Pflege des erbärmlichen Ichs und dem nachherigen systematischen Faulenzen. Oft werde ich bange, daß mir Denken und Fühlen mit der Müdigkeit, die das Wasser ausübt, auch zuletzt einschläft. Ist es aber dann soweit, daß ich die Augen schließen möchte, tritt mir der Held Odysseus vor die Seele, macht mir Vorwürfe, schilt mich einen Ungetreuen und so ermanne ich mich zuweilen wieder, bitte ihn im Stillen um Verzeihung und widme mich von neuem seinem Dienst. Die Geschichte im Hause des Helden, die so unendlich reich und mannigfaltig ist, beschäftigt mich jetzt einzig und allein, da die Abenteuer abgethan sind. Oft ist es mir wunderbar zu Muthe, sehe ich diese Arbeit; sie tritt mir als die eines anderen entgegen und hat mit mir selbst gar wenig Gemeinschaft mehr. Dagegen lastet der andere Theil mir schwer auf der Seele und ich würde gewiß bald damit im Reinen sein, dürfte ich mich der Arbeit ganz hingeben. Im Anfang machte mir die Form viel zu schaffen, da die Sachen mehr plastisch als malerisch 387
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gedacht und componirt werden müssen, wovon die Deutlichkeit und Klarheit in der Darstellung abhängt. Jetzt geht es schon leichter, und ehe ich damit zu Ende komme, ich brauche nämlich einige 40 Scenen, wird mir die Sache vollkommen geläufig sein. […] Bei der Ausführung der Zeichnungen werden mir wieder große Schwierigkeiten in den Weg treten, besonders, was das weibliche Modell betrifft. Mein gutes Glück möge weiter sorgen, bis jetzt hat es mich ja nicht stecken lassen. Helena und Penelope sind ein paar Wetterhexen, denen man seine Verehrung doch nicht entziehen kann. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 49–50.
Die Idee des ganzen Lokals mit seinem Schmuck trit mir zuweilen recht lebendig vor die Seele u ich wünschte mir dann recht von Herzen einige Jahre leidliche Gesundheit, damit ich die Arbeit mir zu Ehre vollenden könne. Schönere u umfassendere Aufgabe wird mir im Leben doch nicht mehr geboten werden u gern möchte ich daß mein Vaterland mich mit meinem Tode nicht ganz vergäße. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 185.
402 Hannover, den 25. Juni 1859. An Gustav Adolf Schöll (1805–1882), Archäologe und Direktor der Kunstanstalten in Weimar. Verehrter Herr Hofrath! Gestern Abend kam mir doppelt die Kunde von dem traurigsten Ereignis, welches Weimar und das ganze Land betroffen. Ich kann Ihnen nicht sagen wie sehr mich diese Nachricht erschüttert und aufgeregt hat. Was mir, was das ganze Land durch diesen Todesfall verloren, werden wir bald, ja schon in nächster Zeit erfahren u meine wahrste tiefste Verehrung für die Hochselige wird nur mit meinem Leben endigen.* Ich bin mit all meinen Gedanken in Weimar, während mein armer Leib durch ärztliche Verordnung noch einige Zeit zum ausbleiben verurtheilt ist, weil die größte Ruhe die Cur vollenden soll. Ob dies unter den gegenwärtigen Umständen in Erfüllung gehen wird, muß ich erwarten. Von der innigsten Teilnahme an dem Verlust, den das ganze Land nimmt, also auch an den meinigen, werden die Herrschaften überzeugt sein, daher braucht es gewiß keines weiteren sichtbaren Zeichens von meiner Seite, ich habe daher nur die Bitte, wenn Sie unsern gnädigsten Herrn sehen, ihm mich zu Gnaden zu empfehlen und zu versichern daß tiefste Trauer mein ganzes Wesen erfülle, und daß ich nie vergessen werde, wie unendlich viel ich der Verewigten in meinem Leben verdanke. Da die Umstände fordern, daß ich vielleicht ein paar Wochen über meinen Urlaub wegbleibe, so füge ich noch die Bitte hinzu: daß Sie, verehrter Freund, sich meiner gütig annehmen und den vielleicht nöthigen längern Urlaub für mich erbitten. Möge es Ihnen und den theuren Ihrigen gut gehen, denen ich mich zu empfehlen bitte. 388
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In wahrster Verehrung Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. Hannover d. 25. Juni 1859. * Am 23. Juni 1859 verstarb Maria Pawlowna, Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach. Sie hatte Preller zahlreiche Aufträge, u. a. die Ausmalung des Wieland-Zimmers und des Conseil-Saals im Weimarer Schloss erteilt. Klassik Stiftung Weimar, GSA 113/192.
403 Hannover, um den 25. Juni 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Mich beschäftigt jetzt nichts mehr als der Homer u für diesen Zwek finde ich alles im Kestnerschen Hauße, selbst einen Architekten, mit dem ich mancherlei besprechen kann* […]. Die kleinen Zeichnungen sind bis zu 30 angewachsen, u nun wird es einigermaßen schwierig die rechten Gegenstände aufzufinden ohne sich zu wiederholen. […] notiren Sie, was Ihnen darin lieb geworden, darf sich alles nur aufs Hauß beziehen, den [sic.] die Abentheuer habe ich abgeschlossen. Die architektonische Eintheilung wird wohl eine andere werden als ich früher dachte. 2 und 1 wechselt nicht schön u ich denke jetzt alle Felder in 3 zu theilen, ohngefähr [s. Scizze: Hochformat, Querformat, Hochformat] Sie sehen daß diese Eintheilung besser zusamendrängt u die Form künstlerischer wird. Der Austausch mit Baudirektor Lawes, Kestners Schwiegersohn, hat seine Früchte getragen. Raffaels Logen, so wie andere italienische Werke sind ewige Wegweiser u stehen mir hier zur Verfügung, weil K. alles selbst besitzt. […] * Georg Ludwig Friedrich Laves (1788–1864), verheiratet mit Wilhelmine Kestner (1803–1855), der Tochter Georg Heinrich Friedrich Kestners (1774–1867). Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 184–185.
404 Weimar, den 13. Juli 1859. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d. 13. Juli 1859. Mein hochverehrter Freund! Meine erste Beschäftigung im alten Jägerhause, wo wir ehegestern ziemlich frisch ankamen, sei Ihnen sogleich dies mit zutheilen und vor allem zu versichern daß wir wenigstens noch zur Hälfte in Ihrem lieben Hause und unter Ihnen leben, denn noch ist keine Viertelstunde vergangen in der wir nicht mit dem einen oder anderen eine Schilderung unsres paradisischen Lebens gegeben hätten. Jetzt müssen wir beide uns bemühen ins alte Gleis zu 389
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kommen, einer dem andern dabei behülflich sein und wieder wacker arbeiten, was wir, wie es scheint etwas verlernt haben. Mit gutem Willen soll uns das aber auch gelingen. Die mit und unter Ihnen verlebte einzig schöne Zeit soll uns nach beschwerlichen Arbeitstagen die schönste und erquiklichste Erinnerung fürs ganze Jahr bleiben, eines jedoch ist mir dabei leid, denn während wir in unausgesetzten schönen Erinnerungen schwelgen, dürften Sie und all die theuren Ihrigen eben so oft an Ohrensausen leiden, wenn das Sprichwort wahr ist. Ich hoffe in diesem Falle eine Ausnahme. Unser lieber Friedrich hat eine wahre Sehnsucht nach allem, was die Eltern in so hohem Grade beglükt und erfreut hat, er empfiehlt sich allen aufs angelegentlichste, und bittet ein Theilchen Ihrer Gewogenheit auch auf ihn über zu tragen. Große Freude hat er mir durch seine in Dresden vollendete Arbeit bereitet, denn dies, sein zweites Bild bekundet einen sehr bedeutenden Fortschritt. Neben seiner Naturbeobachtung ist ein gutes Verständnis der besten alten Meister sichtbar und hat ihn bei dieser Arbeit geleitet. Möge dieser reine Sinn ihn nie verlassen. Der Doctor*, der die große Freude hatte Sie verehrter Freund, in Carlsbad zu sehen, besuchte uns gestern auf einige Stunden, und empfiehlt sich Ihnen aufs beste. Sein Erscheinen macht mir stets den Eindruk einer schönen gesunden Pflanze. Möge der Himmel ihn in seinem schweren Berufe schützen und erhalten. Aus alledem sehen Sie daß wir gegründete Ursachen haben uns unsers Daseins zu freuen. Ueber die Nachricht des Friedens bin ich dermaßen erstaunt, daß ich durchaus nicht weiß, was ich davon denken soll.** Ob es wohl möglich sein wird Italien noch im Laufe des Jahres zu bereisen? Das Italien meiner Jugendjahre finde ich nicht wieder, werde aber die große Freude haben meinen Friedrich in diesem Stadium zu sehen. Oft kommt mir der Gedanke Ihr Sohn Herrmann müsste mit uns ziehen, da ich niemand weiß, der mehr zu mir passt u mit dem ich lieber das Paradies wieder sehen möchte. Wir würden uns gegenseitig ergänzen und gewiß aufs beste vertragen. Grüßen Sie ihn aufs herzlichste von mir und sagen ihn wie glücklich wir sein würden ihn vorerst mal hier zu sehen. Auch bitte ich Herrn und Frau Laves meinen Gruß zu bringen. Ihrer von uns so hochverehrten lieben Frau küsse ich die Hände, mit meinen Gedanken begleite ich Sie den ganzen Tag, da ich weiß wo ich Sie auffinden kann. Nun leben Sie mit all den Lieben, die uns so unendlich theuer geworden, heiter und wohl weiter. Der Himmel beschere Ihnen nur Erfreuliches. In wahrster Verehrung und Liebe Ihr Friedrich Preller. Auch Herrn Kammerrath und Gemahlin empfehle ich mich bestens. * Emil Preller (1836–1893). ** Am 11. Juli 1859 wurden im Präliminarfrieden von Villafranca die Bedingungen für eine Waffenruhe im Oberitalienischen Krieg festgelegt. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I 799/ Nr. 4.
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405 Weimar, den 16. Juli 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 16. Juli] 1859. im St. […] Mancherlei neues hat sich wieder gestaltet und stets drängt sich neues heran, das nach sichtbarer Form verlangt. Nochmals habe ich versucht, die Penelope am Stickrahmen zu komponiren und ich hoffe, diesmal soll es gut werden. Ferner habe ich die Scene, wie die beiden Dienerinnen das glückliche Paar zur Ruhe geleiten und den Moment, wo Odysseus der Penelope seine Irrfahrten erzählt, gezeichnet, letzteres dem Genelli ganz ähnlich, weil es so schön, daß es schwerlich besser gemacht werden kann und wird. […] Oft kommt mir der Gedanke, Genelli habe schon unter den Griechen gewandelt und sei von seinem bösen Genius zur Strafe noch einmal auf unsere Zeit geschleudert worden, die ihn nicht begreift und versteht, weil er es verschmäht, sich ihren Schwächen und Mängeln anzupassen. Sie fühlt nur die Schläge, die er ihr mit seinen goldenen Schwingen versetzt, sieht aber nicht die göttlichen Funken, die um ihn hersprühen und erst in späterer Zeit zünden werden. Eine von ihm mir verehrte Zeichnung macht mich sehr glücklich, eine Scene in einer Centaurenfamilie. Ein herrlicher Hengst überrascht die Kinder durch einen gefangenen kleinen Löwen, den er empor hält; das eine flüchtet an die ihm von der Mutter dargereichte Brust, das andere verkriecht sich hinter sie. Ein einziges Gedicht! Weimar darf sich gratuliren, diesen Riesengeist zu besitzen, der ihm, wenn auch erst später, Ehre bringen wird, denn heute wissen die Esel nicht, daß ein großer Mensch unter ihnen wandelt. […] Auf der Altenburg bin ich gewesen, habe aber die Fürstin nur 5 Minuten gesehen, Liszt nicht und die Prinzeß eine Stunde, in der sie alle ihre Liebenswürdigkeit entfaltete, die Kaulbach nicht von Ferne geahnt. Sie brachte mir eine Photographie nach einem lebensgroßen Portrait, was er jetzt malt. Das Pariser Modejournal bringt allwöchentlich Dinge von demselben Kunstwerth und ich habe ihr das nicht verschwiegen. Sie selbst hält nicht viel davon, verteidigt Kaulbach indeß doch. Ueber ihn sind wir stets im Streit. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 51–52.
406 Weimar, den 23. Juli 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich beschäftige mich also mit Kleinigkeiten, dabei sind wieder 6 neue Compositionen entstanden, die sämtlich wohl als die besten gelten könen. Genelli hat die Sachen gesehen u sich mit Wärme darüber ausgesprochen. Er erklärt einige für besser als die seinen, welche Gegenstände auch er behandelt hat. Am besten von allen scheint mir die Erkennungs. [sic.] mit der Eurykleia u die Prophezeiung der Neleno, […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 184.
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407 Weimar, den 4. August 1859. An Marie Soest(1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Haben Sie Zeit liebe Marie, so suchen Sie in der Odyssee weiter nach Motiven, wir leben dadurch uns näher u Sie gehen doch mittelbar im Verständniß weiter. Ich arbeite imer weiter u bespreche mich mit dem Architekten über die Eintheilung der architektonischen Räume. Es gibt nach dieser Seite hin viel zu überlegen, wenn man in Weimar den Dumheiten ausweichen will. Bis jetzt habe ich 40 Gegenstände componirt doch will ich noch nicht abschließen, denn es wird viel nöthig sein. Meine Cartone sind in Brüssel brillant aufgenommen worden, kürzlich habe ich meine Titel und Dekorationen angeben müssen, weil man mir in Belgien eine Auszeichnung zugedacht. Ich vermuthe, daß man mir noch ein Kreuz aufhängen wird, woran mir verteufelt wenig liegt. Daß ich unter den ersten deutschen Künstlern ein Plätzchen habe, ist mehr als ich erwartet, weil ich nie danach gestrebt, aber stets der sache halber gearbeitet habe. Die Rangordnung entsteht mit dem verdammten Ausstellen, wovor ich mein Leben lang eine Scheu hatte und daher nur sehr selten öffentlich ausstellte. Mit dem Homer konnte ich leider der Oeffentlichkeit nicht entgehen und so bin ich wider Willen in die Mäuler des Publikums geraten, denen ich so lange glücklich entlaufen war. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 186.
408 Weimar, den 10. August 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 10. August] 1859. […] Vor einer Stunde bekam ich Brief von Antwerpen, worin man mich bittet, die Cartone doch auch dort auszustellen und photographiren zu lassen, was ich beides zugesagt habe. Der König hat die Arbeit mit besonderem Interesse gesehen und wünscht die Vervielfältigung. Mir ist die ganze Sache lieb, weil Antwerpen in gewissem Zusammenhang mit meinem Leben ist und ich dort noch alte Akademiefreunde habe. Das einzige, was ich fürchte, ist, daß die Zeichnungen in einem jammervollen Zustande zurückkommen werden, doch dagegen ist nun schon nichts mehr zu thun und so will ich erwarten, was sich ergiebt. Der Stadt Cöln habe ich dreimal abschlägig geschrieben, was mir leid ist, weil sie so ernst darum bittet. […] Mit dem Gedanken an Rom steigt Cornelius immer in einer Glorie empor und ich erzittere oft bis in’s Innerste, wenn ich es für möglich halte, diesem Heros die Hände wieder zu drücken. Zwischen jetzt und der Zeit, wo wir zuerst in Rom lebten, liegt viel und viel werden wir uns zu sagen haben. Unter den Augen dieses Riesen zu leben und zu schaffen, ist für den Künstler höchstes Glück, und diesem gehe ich entgegen. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 52–53.
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409 Weimar, den 11. August 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Seit Goslar habe ich 13 neue Zeichnungen gemacht, darunter freilich einige, die schon da waren, aber mir durchaus ungenügend. 1. Od. u P. werden ins Schlafgemach geleitet. 2. Od. erzählt auf dem Bett sitzend der P. seine Fahrten. 3. Euryklea erkenet den Od. 4. Helena wahrsagt den beiden Jünglingen (diese 2 Gegenst. habe ich ganz verändert). 5. Die Bestrafung der Mägde. 6. Athene führt die Helden zum Laaerthes. 7. Melantheus wird gebunden. 8. Delios u Söhne erkennen den Od. beim Gastmahl. 9. Kampf zwischen Eupeithes u Laaerthes. 10. Todt des Eup. u Versöhnung durch die Athene. Daneben habe ich für die Fürstin ein kl. Bild gemalt, was freilich noch die retouche entbehrt. Ob ich ihr das zweite male, will ich nicht bestimt sagen, denn mir fehlt jede Freude an Staffelei Bildern. Ich möchte jetzt nur den Homer alle Kräfte opfern. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 186.
410 Weimar, den 18./19. August 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich habe heute wieder zwei Durchzeichnungen gemacht, weil ich weiß, daß Sie Freude an allem haben, was ich in meiner Weise schaffe. Die Zahl der brauchbaren Compositionen ist nun auf 46 gestiegen, u noch treibt es mich andere bei zu fügen, da der Raum doch sehr ausgedehnt sein wird. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 186.
411 Weimar, den 19. August 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 19. August] 1859. im St. […] Ich arbeite ruhig für den Zweck, den ich jetzt Tag und Nacht nicht aus den Gedanken kriege. Obgleich andere Arbeiten für’s Haus von mehr Erfolg wären, kann ich doch die Stimmung dazu nicht finden. Eine andere Frau, als Marie ist, würde mir Pinsel und Palette in die Hand geben; sie hält alles zurück, was mich jetzt in meinen Ideen stören könnte und würde es dann noch, wenn wir uns einschränken müßten. Was muß das für ein Unglück sein, wenn die Frau nicht den Sinn hat, der den Künstler unterstützt und fördert. […] Mit Genelli komme ich leider nur sehr selten zusammen, weil ich eine unüberwindliche Scheu vor seiner Gattin hege. Wie ist doch das Schicksal zuweilen launisch. Dieser 393
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noble, einzige Mensch bindet sich für’s Leben an eine Frau, die ihn weder versteht, noch seiner in irgend einer Weise ebenbürtig ist. Ja selbst ihre Schönheit war nie der Art, daß man glauben könne, diese habe ihn geblendet. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 53.
412 Weimar, den 8. September 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, den 8. Sept. 1859. im St. […] Unsere Reise ist den 25. dieses Monats festgesetzt. Wir gehen über Basel, Luzern, Gotthard, Como, Mailand nach Genua, dort zur See und in 23 Stunden nach Civita Vecchia. Von Civita Vecchia nach Rom fährt man per Eisenbahn 2 Stunden. Sie sehen, wie sehr schnell man jetzt Rom erreichen kann. […] Vor einer Stunde sind meine Cartone von Antwerpen angekommen. Nun gehen sie nicht wieder weg. Die Regierung von Belgien hat noch nichts weiter von sich hören lassen. Ich bin in der Sache fort fleißig, so viel ich kann. Der Plan für das Ganze ist gemacht. Die Erscheinung ist edel und der Sache angepaßt. Der Sockel ist tief mit lichten Vorsprüngen, darüber in ganz ernster Weise die Tragödie der Penelope in etrurischem Stil, über ihr die Abenteuer auf Goldgrund, über diesen der perlgraue Fries mit Bildern aus dem göttlichen Leben in blauen Feldern, über die Hauptthür das Fatum, über den beiden Nebenthüren die Parzen und Grazien. Sie sehen darin einen logischen Zusammenhang, der ein poetisches Ganzes macht. Und so muß es sein. Meine Arbeit soll keine Illustration, sondern muß wieder ein Gedicht sein. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 54–55.
413 Weimar, den 14. September 1859. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d 14 Septbr 1859. Verehrter lieber Freund! Noch täglich, ja ich möchte sagen stündlich bin ich mit Gedanken und Mittheilungen in Ihrem Hause und mit Ihnen und stets mit innigsten wärmsten Dankgefühl. Wie und wo hätte ich mich besser und wärmer für die immer näher heranrückende italienische Reise vorbereiten können? Bei Ihnen kehren die schönsten Tage meiner in Rom verlebten Jugend zurück und mit diesen Erinnerungen trete ich jetzt bald die Wanderung in das Land der Wunder wieder an.
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Obgleich ich diesmal nur ganz bestimmte Dinge aufsuchen werde, weil meine Reise einen bestimmten Zweck hat, und nicht erwarte Italien in dem Gewande zu sehen wie in der frischesten Jugend; so werde ich hoffentlich geistig gestärkt und erquikt an die mir bevorstehende große Arbeit hier gehen, wenn ich gesund zurükkehre. Noch werde ich den Gedanken nicht los, welches Glük nur geworden wäre, wenn Sie verehrter Freund, die Reise mit gemacht hätten. Wir würden glaube ich recht gut für einander gepasst haben. Der Name Kestner verbindet sich nun einmal mit allem Schönen für mich in Italien. In letzter Zeit hatte ich die Freude Ihren Freund Gerlit kennen zu lernen. Er hat im Sinn sich in Weimar nieder zu lassen.* Einige griegische Bilder, die er mitgebracht, sind gegenwärtig hier ausgestellt, leider aber sehr wenig befriedigend. Zeichnung Farbe und Durchbildung sind etwas roh. Die neuste Mode gewordene Schmiererei hat auch ihn nicht ungehudelt getroffen. Als Mensch hat er mir sehr gut gefallen. Unsere Abreise von hier ist auf den 25 t. dieses Monats festgesetzt, wenn nichts außergewöhnliches uns abhält, und so sei Ihnen und den theuren Ihrigen ein herzliches Lebewohl von uns allen zugerufen! Möge der Himmel Ihnen allen in diesem Jahre nur Erfreuliches begegnen lassen. Mit wahrster Verehrung und Liebe Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. * Der Maler Louis Gurlitt (1812–1897) wohnte ab 1860 in Gotha. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 36.
414 Weimar, den 14. September 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich will Ihnen hier einen kl. Begriff von der Eintheilung geben*. a der Sokel ist dunkel violet, darauf ruht die eigentl. Tragödie, die Geschichte der Penelope u der Freier. Diese ist mit b bezeichnet. Diese sind mit zierlich gemalten Leisten gefaßt u stehen auf Goldgrund, matt. c. Aus dem Leben der Götter, farbige Bilder auf blauen Grund. Die Pilaster u Architrav werden weiß, erstere mit farbigen Verzierungen. Diese sind mit f. bezeichnet. Der Mensch hat ohngefähr die bei gegebene Größe. In die Medaillons über den Hauptbildern komt zweimal die Minerva u 2 mal der Neptun. […] Ob Sies sich in den Grundriß finden werden, möchte ich bezweifeln, weil der Raum zu klein. Sie sehen es werden also 4 Wände, immer jede von zwei Pilastern getrennt. In der Farbe ist die Anordnung dem Vorgang entsprechend. Aus dem tragischen Schiksal der Penelope, der ernsten dunklen Farbe geht es durch die Abenteuer in die lichten Höhen der Götter. […] * Vor seiner Abreise nach Italien, die der Vorbereitung des Wandprogrammes dienen sollte, entwarf Preller ein Konzept des Odysee-Zyklus. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 73.
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415 Weimar, den 16. September 1859. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Endlich ist es doch zur Vollendung des kleinen Bildchens für Prinzeß Marie, trotz aller unangenehmen Abhaltungen und Vorarbeiten zur Reise gekommen. Mögte die Arbeit Ihnen eine kleine Freude bereiten, sie entstand in den besten Stunden der letzten Zeit, und ich glaube daß sie in der Stimmung des Originals wenig abweicht. Auf ausdrüklichen Befehl Ihrer Durchlaucht füge ich den Betrag von 12 Fr. d’or bei. Die immer näher kommende Zeit unsrer Abreise bringt mir jede Stunde mehr neue Arbeit, und ich fühle zum erstenmal, daß mir’s nicht leicht wird Weimar zu verlassen. Der Dank für die schönsten und glüklichsten Stunden seit einer Reihe von Jahren gehört Ihrer Durchlaucht, mir bleibt für alle Zeit die ergebenste und treuste Anhängligkeit. Möge Ihrer Durchlaucht Befinden mir erlauben mich Ihnen persönlich noch empfehlen zu dürfen! In treuster Unterthänigkeit Friedrich Preller Weimar d 16 Septbr 1859. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
416 Rom, den 31. Oktober 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 31. Oktober 1859. […] Diesen Morgen wollten wir nach dem Vatikan, erfuhren aber auf dem Wege, daß er geschlossen, weshalb ich zurückkehrte und die anderen nach St. Pietro gingen. Vorher waren wir in dem Hause Zuccheri, gewöhnlich Casa Bartholdi genannt, weil B. den deutschen Künstlern die dort vorhandenen Fresken auftrug*. Ich sah die ersten Versuche deutscher Freskomalerei seit so langer Zeit also wieder. Cornelius, Overbeck, Ph. Veit und Schadow haben das kleine Zimmer zu einem Kunsttempel umgeschaffen, den man in Bewunderung sehen wird, so lange er besteht. Hätten erstere drei auch nichts mehr geschaffen, sie würden mit diesen Arbeiten unsterblich sein. Cornelius malte die „Traumdeutung Josephs“ und „das Wiedersehen seiner Brüder“, welches letztere von unbeschreiblicher Schönheit nach allen Seiten hin ist. Der Ausdruck Josephs, der seinen jüngsten Bruder in die Arme schließt, ist tief, innig und ergreifend, er schluchzt in seiner Freude und ist im Begriff, ihn zu küssen. Einer der schuldbeladenen älteren Brüder ist auf die Knie gesunken und drückt krampfhaft Josefs eine Hand an die Lippen, indem er nicht aufzusehen wagt, alle anderen in wahrster Empfindung von allen Nuancen der Ueberraschung und Furcht beherrscht. Unmöglich 396
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läßt sich eine tiefere wahrere Empfindung deuten. Das andere Bild giebt diesem in Schärfe des Ausdrucks und Schönheit nichts nach, doch ist der Gegenstand weniger dramatisch und berührt uns nicht so. Overbeck hat die 7 mageren Jahre und den „Verkauf Josephs“ gemalt. Ersteres ist von so einer ernsten Energie und Großartigkeit, daß man es dem Cornelius zuschreiben könnte. Ich halte es für sein bedeutendstes Werk, obwohl er selbst das schwerlich zugeben wird. „Josephs Verkauf “ ist ebenfalls ein ausgezeichnetes Werk in jeder Weise. Die Köpfe von großer Schönheit und wahrstem Ausdruck. In der Färbung ist dies Werk von außerordentlichem Verdienst. Alle Figuren setzen sich vom lichten Hintergrund in helldunkel ab und geben dem Bild einen großen Reiz. Von Schadows Bildern ist wenig, am wenigsten etwas Gutes zu sagen. Die herrlichen Schöpfungen der beiden ersteren Meister drücken diesen vollkommen zu Boden, jeder wird mit mir wünschen, daß mit der Zeit ein besserer die 2 Felder füllt. Cornelius hat vor wenigen Jahren diese Räume selbst bewohnt; welche Gefühle mögen nach so thatenreichem Leben ihn durchwärmt haben? Noch habe ich den Altmeister nicht gesehen, obgleich ich heute den Versuch machte. Er war im Begriff auszugehen, und da wollte ich nicht stören. In den nächsten Tagen will ich meinen Besuch wiederholen. Er soll sehr fleißig sein und nur in der Arbeit Trost über den Verlust seiner Frau suchen, die er über Alles geliebt.** Ich bin sehr ungeduldig, den alten prachtvollen Mann wiederzusehen, den ich, so lange ich denke, hoch verehre. […] * Für den preußischen Generalkonsul Jakob Salomon Bartholdy (1779–1825) malten Peter von Cornelius (1783– 1867), Friedrich Overbeck (1789–1869), Philipp Veit (1793–1877) und Wilhelm Schadow (1788–1862) in den Jahren 1818–1819 den Festsaal seiner Wohnung im Palazzo Zuccari mit acht Fresken zur Josephsgeschichte aus. ** Geltrude Ferretini, die zweite Ehefrau von Cornelius, war im Juni 1859 verstorben. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 55–56.
417 Rom, den 5. November 1859. An Marie Soest(1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 5. November 1859. […] Vom Lateran gingen wir in die nahe gelegene Villa Massimi, um die von den Deutschen gemalten Fresken zu sehen.* Mit einigen Pauli Trinkgeld verschafften wir uns den Eintritt, der bei der Abwesenheit des Prinzen eigentlich untersagt ist. Was die Leute hier vollbracht, wird in allen Zeiten von Bedeutung bleiben. Overbeck’s Zimmer enthält einige Szenen aus dem Tasso, Schnorr’s den Ariost und Koch behandelte mit Veit den Dante. Overbeck’s Arbeiten sind voll reinster und liebenswürdigster Jugendfrische in Gedanken und Zeichnung und Färbung. Führig aus Wien hat die Hälfte des unvollendet gebliebenen Raumes ausgefüllt und sich dem O. vortrefflich angepaßt. Schnorr’s Zimmer ist in großer Meisterschaft gezeichnet und gemalt, nur die Decke zu sehr überfüllt, die Figuren zu den Wänden viel zu groß und die Farbe zu schwer, sodaß sie im ganzen eine ungünstige Wirkung macht. Die Landschaft mit dem rasenden Roland ist unvergleichlich in Zeichnung, Farbe und Anordnung, die Hauptfigur aber sehr störend. Wahrhaft genial sind die Kompositionen Koch’s aus der Hölle Dantes, obgleich diese Gegenstände für einen Gartensalon 397
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am wenigsten geeignet sind. Das Bild über der Thür, Dante von den Thieren begleitet, ist in jeder Beziehung geistreich und großartig, das Schiff der Seligen ein herrliches Werk, das dritte und größte als Gegenstand widerwärtig. Koch hat von allen die Gegenstände am großartigsten und bedeutendsten gefaßt, den Ton des Fresko am ernstesten behandelt, und so übersieht man die großen Mängel in Form und Zeichnung, sowie in der Malerei als Technik betrachtet. Hätte dieser gewaltige Genius früher und öfter die Gelegenheit gefunden, dergleichen Gegenstände zu malen, er würde mit Cornelius genannt werden. Veit hat aus dem Paradies sehr schöne Sachen an die Decke gemalt, doch tragen diese Vorstellungen zu sehr den Charakter von Staffelei-Bildern. Im Ganzen dürfen die Deutschen wohl stolz sein, solche Werke als die Ihrigen zu nennen, denn keine andere Nation hat in Rom sich so ausgezeichnet. – St. Pietro in Vincoli: diese Kirche besitzt eines der bedeutendsten und merkwürdigsten Werke des Michel Angelo, den Moses. Schon bei meinem ersten Aufenthalt hier habe ich dies Werk nicht genug sehen können. Von Neuem habe ich es bewundert. Diese Auffassung war nur dem göttlichen M. A. möglich, ein solcher Moses konnte wohl eine Nation im Zaume halten. Was liegt in solch einem Kopfe! dem analog jedes Glied bis auf die flachen breiten Füße, die den Steppenbewohner und Fußgänger auf ’s treffendste bezeichnen. Alles groß, nervig und bewunderungswürdig durchgebildet. Hier stehe ich jedes Mal stumm und möchte nicht wieder weg. M. A. hat in allen seinen Werken etwas so Urmenschliches, wie kein anderer. Mir gilt er als die letzte Spitze mittelalterlicher Kunst; darüber ist nichts mehr denkbar. Schade, daß diese so einzige Figur so tief steht. 5 Fuß höher würde sie ungleich richtiger und schöner erscheinen. […] * Im Auftrag des Marchese Carlo Massimo (gest. 1827) malten Johann Friedrich Overbeck (1789–1869), Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872), Peter von Cornelius (1783–1867), Philipp Veit (1793–1877) und Joseph Anton Koch (1768–1839) ab 1817 in dessen Villa bei S. Giovanni in Laterano, dem Casino Massimo, drei Räume mit Illustrationen nach Erzählungen von Dante Alighieri (1256–1321), Torquato Tasso (1544–1595) und Ludovico Ariosto (1474–1533) aus. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 57–58.
418 Rom, den 10. November 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 10. November 1859. […] Diesen Morgen war ich bei Cornelius, um mit ihm über meine homerischen Arbeiten zu sprechen. Er hatte die Sachen mehrere Tage und große Freude daran. Jedes Wort ist bei ihm von großer Bedeutung, er spricht nie, um zu sprechen, mit seinem Adlerblick übersieht er in größter Raschheit das Wesen der Sache und läßt sich nicht durch Episoden bestechen oder täuschen. Tadelt er etwas, so folgt im nächsten Augenblick die geistreichste Verbesserung. Ich habe wohl 1 ½ Stunde in der Angelegenheit mit ihm verbracht und in dieser kurzen Zeit unendlich viel gelernt. Wäre ich allein dieser Unterredung wegen nach Rom gekommen, ich würde die Reise nicht bereuen. Er hat mir versprochen, nochmals die Sachen mit mir durchzusehen, weil ihm die Sache von großer Bedeutung erscheint. Ich 398
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kann nichts mehr wünschen. Ein Besuch der Gallerie Borghese beschloß den Vormittag. Diese Sammlung besitzt einzelne Sachen erster Größe. Die Grablegung Raffaels, die Danae von Correggio, die geistige und irdische Liebe von Tizian sind Werke, die einzig in der Welt stehen. Einige sehr schöne kleine Bilder von Francia wird man schwerlich übersehen können. Vor dem Bilde von Raffael kam mir wieder der Gedanke, daß Raffael eigentlich noch nie und in keinem Werke glücklich gestochen worden ist, hauptsächlich in der Ausführung immer verunglückt, weil die Kupferstecher den malerischen Theil entweder für unwesentlich halten, oder denselben nicht verstehen. Man mag es nur versuchen, einen lichtgehaltenen Kopf in einen tiefen Ton zu übertragen und man wird sogleich die Unmöglichkeit einsehen, denselben Ausdruck beizubehalten. Ich will noch gar nicht erwähnen, daß R., wie keiner, fein in der Zeichnung und schon deswegen unerreichbar ist. Dieses Bild ist glühend und glänzend kolorirt, nirgends schwarz, alles Klarheit und Licht. Von diesem reizenden und doch ernsten Bilde bis zur Disputa ist R. geistig unendlich weit fortgeschritten, die Farbe aber sich noch sehr verwandt und von unbeschreiblicher Schönheit. Charakter und Zeichnung im letzteren Bilde sind edler, großartiger und innig tiefer. Das Bild von Tizian ist von einer solchen Lebensfrische und Schönheit des Kolorits, wie man es von ihm selbst wenig sieht, daher es mit Recht eine der Hauptzierden dieser Sammlung genannte werden kann. Rom hatte noch eine zweite Perle von dieser Echtheit, ich meine die Landschaft in der Gallerie Camuccini.* Die Welt besitzt kein zweites Bild derart und ich würde mich glücklich schätzen, diesen Schatz noch einmal sehen zu können. England hat es, aber verdient es nicht, zu besitzen, der Salvatore paßt viel besser für diese Esel, die so oft bewiesen und beweisen, daß in den Künsten nur die Diesteln ihnen verdaulich sind. […] * Das Gemälde Das Fest der Götter von Giovanni Bellini (1435–1516) wurde später von Dosso Dossi (um 1469– 1542) und Tizian (um 1488–1576) ergänzt. Es befindet sich heute in der National Gallery of Art, Washington. Siehe Brief 306. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 58–59.
419 Abb. 36 Rom, den 18. November 1859. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Sie gaben mir bei meiner Abreise die Erlaubnis Ihnen von hier aus zu schreiben, und da ich im Begriff bin Gebrauch davon zu machen, fühle ich aufs deutlichste, daß es sicher von keinem Orte der Welt so schwer ist zu schreiben, als gerade von Rom, wo alle Eindrüke so mächtig und ergreifend sind. Daß das zweite Hiersein mit den meinigen mich unendlich beglükt, ist wohl zu natürlich, ich fühle aber auch daß ich ohne ein Wiedersehen Italiens unfähig gewesen wäre die mir bevorstehende schöne Arbeit, ich meine die Ausführung der Homerschen Zeichnungen, mir zur Ehre und andern zur Freude ausführen zu können. 399
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36. Peter von Cornelius: Hagen, den Hort der Nibelungen im Rhein versenkend. Öl auf Leinwand, 1859.
In Beziehung auf diese Arbeit sehe ich jede Stunde hier zwekmäßig zu nutzen, habe dabei aber die Aufträge Ihrer Durchlaucht keinen Augenblik vergessen. An ausgezeichneten Künstlern ist Rom in dieser Zeit nichts weniger als reich, und es kann als große Ausnahme gelten: etwas wahrhaft tüchtiges in moderner Kunst gegenwärtig zu sehen. Meister Cornelius steht ganz isolirt als hellleuchtender Stern im modernen Rom und vollbringt jeden Tag Werke die für alle Zeiten glänzend dastehen werden. Nur er allein kann neben den göttlichen Werken des Raffael und Michel Angelo mit Ehren bestehen. Es giebt eine Kunst die allen Forderungen der Zeit entspricht, in welcher man lebt, es giebt aber auch eine andere, welche in allen Zeiten dauern wird, und diese Kunst vertrit nach meiner innersten Ueberzeugung unser einziger Cornelius. Sein Wiedersehen hat mich unendlich beglükt, es lagen viele Jahre zwischen unserm Beisammensein, und ich finde ihn heute eben so thätig und geistig frisch wie ehedem. Ich erzählte ihm wie sehr Ihre Durchlaucht gewünscht die Zeichnungen zum campo santo zu besitzen, und daß es nun Ihr Wunsch sei, da jene in den Besitz des Großherzogs gekommen, etwas anderes von Bedeutung zu haben. Er war bei dieser Nachricht hoch erfreut und bedauerte nur: Ihrer Durchlaucht nicht mancherlei zur Verfügung stellen zu können, da er seine ganze Zeit auf die Cartone zum campo santo verwenden müsse, brachte aber doch eine große herrliche Zeichnung zum Vorschein: Hagen, 400
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wie er den Nibelungen Hort in den Rhein versenkt. Die Composition ist reich und sorgfältig ausgeführt, ein herrliches Gedicht, entzück und schön. Ich habe dieses schöne Werk wiederholt gesehen, und möchte es immer wieder sehen. Es war für seine Tochter, die Gräfin Macetti bestimmt, doch ist er erbötig es Ihrer Durchlaucht für den Preis von zweihundert Louis d’or zu überlassen.* Ich habe nun die unterthänigste Bitte: Ihro Durchlaucht möchten mir Ihren Entschluß so bald als möglich wissen lassen, damit Ihnen dieses Werk nicht wieder entgeht. Die Vermählung Ihrer Durchlaucht der Prinzeß Marie haben wir durch meinen Sohn, so wie durch die Augsburger Zeitung, aber erst spät erfahren, und folgen unser aller beste Glükwünsche auch spät, so kommen sie doch aus innersten tiefsten Herzen und der Ueberzeugung daß ihr nur das Beste und Schönste fürs ganze Leben begegnen kann. Wer beglükt, ist beglükt und ein andres Loß kann der Prinzeß Marie nie fallen. Uns allen, denen das Glük in ihrer Nähe zu leben, bleiben die schönsten Erinnerungen fürs Leben. Ich mit den meinen haben die Bitte nur unser Bestes zu empfehlen. Das Bildchen für Prinzeß Marie ist bereits in Arbeit und sobald es das troknen erlaubt, werde ich dasselbe vollenden. Da der Winter hier sich noch immer nicht anmeldet, bleiben uns viel schöne Tage für Excursionen in die Campagna, welche bei herbstlicher Atmosphäre von wunderbarer Klarheit und Schönheit der Farben ist. Im Sabinergebirge haben wir drei Wochen zugebracht und die Schönheit Olevanos übertrifft alles, was ich in dieser Art kenne. Nach meiner Rükkunft v. Neapel denke ich diesen einzigen Ort wieder auf zu suchen, und so hoffe ich hinlänglich für die große Arbeit, die mein ganzes Innere beschäftigt, vorbereitet zu sein und an die Ausführung gehen zu können. Die frohe Aussicht auf einen möglichen Besuch Ihrer Durchlaucht im schönen Rom belebt uns alle, und schön jetzt zähle ich jeden Tag bis zum Frühjahr. Der Himmel schütze Sie und alle, die Ihnen theuer, mir und den meinen erhalte er die Gnade Ihrer Durchlaucht. Noch bitte ich um die herzlichsten Grüße für Liszt und empfehle mich Ihrer Durchlaucht in treuster Ergebenheit als Ihr unterthänigster Friedrich Preller. Rom d. 18 Novbr. 1859. Meine Adresse ist: Fr. Pr. pr. Adr. Signr. Wittmer, pittore, quattro fontane No 29. Roma. * Die Zeichnung diente Cornelius wahrscheinlich als Vorbild für das Gemälde gleichen Motivs von 1859, das sich heute in der Berliner Nationalgalerie befindet. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
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420 Rom, den 26. November 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 26. November 1859. […] Heute sahen wir die Gallerie Sciarra, die zwar klein, aber einige vortreffliche Bilder besitzt. Vor allen anderen wäre wohl der Violinspieler von Raffael zu nennen.* Man sagt, es sei das Bildnis eines Freundes des Raffael, der bedeutender Musiker gewesen. Das Bild ist durch Stiche wohl aller Welt dem Gegenstande nach bekannt, doch, wer das Original nicht gesehen, hat keinen Begriff von diesem Meisterwerk. Ich für meine Person glaube, daß es das vollkommenste Portrait der Welt ist, dem auch nur entfernt nichts an die Seite gesetzt werden kann. Das lebende Original war ein sehr schöner blaßbräunlicher Jüngling, der etwas unbeschreiblich Anziehendes im Ausdruck hat. Wie das Bild angeordnet und die Person aufgefaßt ist, zeugt von allerfeinstem Sinn und von großer Meisterschaft. Ein neben ihm stehendes weibliches Portrait von Palma, welches im größten Farbenaufwand prangt, fällt in nichts zusammen, obgleich der Geiger nichts von auffallender Farbe, sondern einen still graubräunlichen Ton hat. Ein tiefes inneres Seelenleben tritt uns in der schönsten Form lebendig entgegen und das giebt ihm das Uebergewicht über alles andere. […] Ein höchst merkwürdiges Bildchen mit den Buchstaben CL wird für Lucas Cranach gehalten; es ist Maria mit dem Kinde, hinter ihr Joseph und um diese Gruppe herum eine Menge musizirender und singender Kinderengel. Hier möchte ich Schuchardt hören**. Das Bild ist nicht nach den an Cranach gewohnten Typen geformt. Alle sind edler und die Zeichnung und Form in allen Theilen groß, breit und von außerordentlicher Schönheit. Der kleine Christus ist in der Zeichnung und Bewegung so vollendet wie nur irgend ein großer Italiener. Die Farbe ist glänzend, harmonisch und durchweg glühender, als man sie bei Cranach findet. Der ganze Vorgang ist unter einem beschneiten Fichtenbaum in übrigens blühender Landschaft. Alles bis zum Erstaunen vollendet. Dieses Bildchen hat mich viel beschäftigt, weil Schuchardt mir schon davon gesprochen. Ich habe es wiederholt gesehen und, obgleich man stellenweis an Cranach erinnert wird, kann ich es doch nicht dafür erklären, weil die Charactere durchaus anders und eine bei ihm nie gesehene Schönheit das ganze Bild durchströmt. (Später habe ich mich immer mehr überzeugt, daß es wirklich Cranach ist.)*** […] * Das wohl von Sebastano del Piombo (1485–1547) gemalte Bild wurde im 19. Jahrhundert Raffael zugeschrieben. ** Verfasser der bekannten Cranach-Biographie. *** Dieser letzte eingeklammerte Satz ist von Prellers Hand selbst hinzugefügt: offenbar hat er seine italienischen Reisebriefe später noch einmal zur Durchsicht in Händen gehabt. Das hier besprochene Bild ist das gerade in den letzten Jahren vielgenannte berühmte Bild vom Jahre 1504, Ruhe auf der Flucht, das aus der Galerie Sciarra in den Besitz des Dr. Konrad Fiedler–München und nach dessen Tode durch Verheiratung seiner Witwe in den des Generalmusikdirektors Levi überging. Nach dessen Tode wurde diese Perle für das Berliner Museum erworben. Daß Pr. von einem „beschneiten“ Fichtenbaum spricht ist angesichts des heutigen Aussehens des Bildes verwunderlich: Stamm und Äste des Nadelbaumes sind teilweise reichlich mit grauen Flechten behangen und dieses könnte in Verbindung mit weißlich getrübtem Firnis den Eindruck gemalten Schnees hervorgebracht haben. Daß Cranach tatsächlich Schnee auf einen Baum in sonst blühender Landschaft gemalt haben sollte und dieser durch Reinigung und Restaurierung des Bildes entfernt sei, ist wohl kaum anzunehmen. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 60–61.
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421 Rom, den 11. Dezember 1859. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich schike Ihnen eine Durchzeichnung meiner Sirenen mit. Auf Cornelius Anrathen habe ich sie nochmals componirt. Er meint neben der Schönheit müsse doch das Dämonische sichtbar sein, worin ich ihm Recht geben muß. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 149.
422 Rom, den 16. Dezember 1859. Wohl an Blandine Liszt (1835–1862), Tochter der Marie d’Agoult und des Franz Liszt, sowie an Marie zu Sayn-Wittgenstein (1837–1920), Tochter der Carolyne zu Sayn- Wittgenstein und des Nikolaus Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg-Ludwigsburg. Rom am 16 Decbr 1859. Verehrten lieben Fräuleins! Bei unsern Weggehen von Weimar gaben Sie mir die Erlaubnis Ihnen von hier aus einmal zu schreiben, und das würde schon längst geschehen sein, wär Rom nicht eben Rom. Ich habe die Ueberzeugung daß einem das Schreiben nirgend in der Welt so schwer ankommt als hier, wo alles von höchster Bedeutung u alle Beschreibung einem so durchaus nichtig vorkommt. Das beste was man über Rom lesen kann, kommt jedem hier am Platz von der einen u andern Seite flau u langweilig vor, u so hat man selbst nie den Muth gerade das zu schildern, was man am tiefsten u innigsten empfindet. Daß wir nach 13 Tagen einer schönen und höchst interessanten Reise glüklich hier ankamen, haben Sie vielleicht schon gehört. Unser längerer Aufenthalt in Florenz war ein ununterbrochner Kunstgenuß, u die Stunden die dem Spaziergang gewidmet waren, wurden die ganze Zeit vom herrlichsten Wetter begünstigt. In Florenz erst beginnt Italien für den Künstler u. Kunstfreund, die Lomparthei ist noch arm an Schätzen u Naturschönheit, u auch das hält keinen Vergleich mit dem einzigen herrlichen Rom aus. Wir hielten uns zuerst hier nur 3 Tage auf, weil alle durch das viele Sehen geistig ermüdet u abgespannt waren. Ich glaubte uns allen für den Augenblik nichts erquiklicher als ein kurzer Aufenthalt im Gebirg u so gingen wir 3 Wochen nach den Sabinerbergen in das herrlichste Olevano. Dort wohnten u lebten wir in demselben Hause, in den selben Zimmern, die ich als junger Mensch bewohnte. Es ist mir nicht möglich die Eindrüke nur oberflächlich zu schildern, die auf mich einstürmten. Mir war als hätte ich dies einzige Land nie verlassen. Jeder Weg, jedes Haus, ja jeder Baum trat mir wie ein alter lieber Freund entgegen. Eine Menge meiner alten Freunde u Freundinnen suchten den alten Federigo wieder auf mit dem sie Jahre ihrer schönsten Jugend verlebt hatten. Wir alle waren freilich fast 30 Jahre älter geworden, das Band aber, was uns seit damals zusammengehalten, noch fest u wir feierten ein frohes heiteres Wiedersehen. Unsere Kinder setzen die alte Freundschaft fort u waren bei Spiel u Tanz so vergnügt wie es ehedem es die jetzt 403
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alten gewesen. In summa wir alle verlebten eine sehr glükliche Zeit in dem Orte, welchem ich in meiner künstlerischen Ausbildung so viel verdanke, u den ich mit all seiner Herrlichkeit nie vergessen werde. Bei der ziemlich hohen Lage des Ortes wurde das Wetter mit Ende Octbr. etwas kalt, um so mehr, als das alte Haus auch anfing gebrechlich zu werden, u so entschlossen wir uns obgleich mit schweren Herzen, dies Paradies zu verlassen u uns für den Winter in Rom eine Häusligkeit zu bereiten. Wir schieden auf Wiedersehen! — Jetzt sind wir also beinahe 2 Monate wieder in Rom, sehr gut logirt u ganz gemüthlich eingerichtet. Aus unsern Fenstern übersehen wir, da das Haus ziemlich hoch liegt (quattro fontane) nach verschiedenen Seiten hin, große Theile der Stadt u haben unter uns schöne reiche Gärten, die in ihrem Aussehen nichts von Winter, nach unserm Begriff, verrathen. Orangen Citronen Lorbeer Cypressen, alles grün u herrlich, erstere mit Blüthen u reifen Früchten übersäet. Ein lustiges Feuerchen im Camin ist ausreichend die kühlen Zimmer behaglich zu erwärmen, u so würden wir kaum den Winter spüren, wenn es draußen nicht regnete u wehete. Friedrich u ich haben sogar bis zum 13. December in der prachtvollen Campagna ganze Tage gezeichnet, die Nässe aber hat diser Beschäftigung für jetzt ein Ziel gesetzt. Meine Frau u Olinda haben uns oft dahin begleitet, andernmale uns einen Cabatrunk in Tassen gebracht u noch öfterer wieder abgeholt, alles uns höchst willkommen, da wir bei dieser Gelegenheit die müden Beine ersparten, denn sie kamen immer der weiten Wege halber zu Wagen. Jetzt sehen wir mit Bequemlichkeit die unzähligen Schätze der ewigen Roma. Ernst Hemken ist fleißig im Vatican, zeichnet in den Stanzen des Raffael u Friedrich hat eine sehr hübsche Composition aus der Campagna gezeichnet. Ich lasse es auch nicht fehlen u habe größere u kleinere Zeichnungen nach der Natur an 50 gemacht. Sie sehen hieraus liebe Freundinnen, daß wir alle von der Zeit profitiren so viel es irgend geht, denn jeder empfindet, daß ein Jahr für Italien eine sehr kurze Zeit, u alle fürchten sich schon jetzt vor dem Abschied. Rom ist mir eben so wenig fremd geworden wie Olevano. Wer Rom einmal kennen gelernt, kann es nicht mehr vergessen, es ist dasselbe, was ich vor 28 Jahren verließ, die Sprache tönt mir wieder eben so lieblich wie damals, nur in den Sitten hat sich viel verändert. Der lange Aufenthalt der Franzosen u die Mißernten so vieler Jahre haben dem Volke einen Ernst aufgedrükt, dem jede frühere Heiterkeit unzugänglich ist. Dies ist besonders bemerkbar bei den Octoberfesten in Rom, auf dem Lande aber unausgesetzt. Was ich diesmal in Rom suche, finde ich bis auf einiges vortreffliche, was ausgewandert, alles wieder. Ueber Rom ist seit Jahrhunderten so viel geschrieben u geschwätzt worden, daß es mir sonderbar vorkommt, wenn ich, der ich überhaupt die Feder schlecht zu gebrauchen weiß, noch etwas sagen will. Jeder sieht es indeß auf seine Weise u so hat auch jeder ein gewisses Recht sich Luft zu machen, u wie mir scheint, kommt dies dem Künstler zu der, es doch wohl ernster nimmt als die Tausende von sogen. Schriftstellern. Die meisten dieser Leute, wenn sie nicht fürchteten sich vor der Welt lächerlich zu machen, würden viel Curioses von hier berichten, so aber copiert einer den andern u die meisten scheinen Enthusiasten. Das ungenügenste in Reisebüchern sind mir immer die Capitel über die Umgebung Roms, die eigentliche Campagna di Roma, deren Studium für den Landschaftsmaler, noch mehr für den Historienmaler, das lehrreichste aber freilich 404
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auch unbequemste ist, weil, besonders im Sommer große Strapazen damit verbunden sind. Dies Land von circa 80 [Quadrat/Schema] Meilen ohne Baum u Strauch ist von so hoher Schönheit in seiner ganzen Construction u Formation der Flächen u dieselben begrenzenden Gebirge so wie in der wahrhaft classischen Characteristik aller Theile, daß ich nicht müde werde, alle Zeit dort zu verleben, die ich andern Dingen abziehen kann. Bei all diesen Vergnügen hat die C. eine Farbe, die man sehen muß, weil alle Beschreibung nicht im Stande ist einen Begriff davon zu geben. Mit großer Freude sehe ich an Friedrich daß ihm diese Schönheit verständlich, während Hunderte von hier lebenden sog. Künstlern sich nicht danach umschauen. Jetzt, da uns diese Wege durch Kälte u Nässe auf einige Zeit verboten sind, gehört alle Zeit der Beschauung von Kunstwerken, die in solchen Massen Rom zieren, daß ein Jahr nicht ausreichen kann alles zu sehen, wie es die Herrligkeiten verlangen u verdienen. Man sucht daher das Höchste u wiederholt seine Besuche so oft als möglich. Der Vatican ist eine Welt in der man mit dem kurzen Menschenleben nicht ausreicht. Dann kommen: das Capitol, der Lateran die unzähligen Privat Gallerien, deren jede Meisterwerke erster Classe zählt, die vielen Kirchen, Villen u öffentliche Plätze u Paläste. In summa Rom ist eine Welt, in der man nie fertig wird, aber unendlich beglükt leben kann. Mir kommt täglich der Gedanke daß jeder gebildete Mensch Rom nothwendig sehen muß, weil es der aestetischen Bildung erst die Spitze aufsetzen kann. Das Glük Rom zu sehen läßt sich mit keinem anderen im Menschenleben vergleichen. Alle Größe geistiger Bildung liegt theils erhalten, theils in kenntlichen Resten vor unsern Augen u glüklich ist schon der zu preisen der sich ihr mit Verständnis nähern kann. Unsere Abende im Hause, die wenig Veränderung erleiden, gleichen den weimarischen, nur fehlt uns der einzige Genuß der Musik u Sie mögen dabei wohl denken wie oft wir uns Ihrer in Sehnsucht erinnern. Eine Auswahl junger Künstler hat sich uns angeschlossen u bringt die Abende ganz mit uns zu. Ich gehe stets einen Abend der Woche zu Cornelius dem Altmeister deutscher Kunst, den ich aus meiner Jugend kenne u verehre. Er interessirt sich lebendig für meinen Auftrag u ich tausche mich oft darüber mit ihm aus. Der fast 80 jährige Greis ist jugendlich frisch u arbeitet rüstig an seinen Cartonen, das einzige was bei den höchsten Blüthen aller Zeiten hier groß u herrlich seinen Platz einnimmt u immer bestehen wird, so lange es hohe Kunst in der Welt giebt. Die Richtung in der Kunst im allgemeinen ist nicht besser als in Deutschland. Rom ist ein Markt für die Fremden ohne Kopf aber mit Geldsäcken. Die große erste Periode deutscher Kunstentwiklung ist eine Sage geworden. Genelli hat einen guten Namen zurükgelassen u Weimar darf sich gratuliren ihn sein nennen zu können. Wir, die wir die letzte große Zeit hier mit durchgelebt, werden von der Jugend die ernst strebt, beneidet u glüklich gepriesen. Freilich ist dafür Grund vor handen. Doch ich merke daß mein zweiter Bogen auch zu Ende geht, u will schließen, damit Sie mir mit meinem Geschwätz nicht gram werden. Möge das Weihnachtsfest ein fröhliches bei Ihnen sein u das Neujahr Ihnen u Ihrem ganzen Hause nur Gutes u Erfreuliches bringen. Meine Frau, Friedrich, Olinda u Hemken schließen sich diesen aufrichtigen Wünschen an u grüßen alle aufs herzlichste. Sollten wir durch einen Brief von Ihnen erfreut werden, 405
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so adress. Sie: Federigo Preller, pittore, pr. Addr. Sigre Wittmer, pittore. Roma, quattro fontane No. 29. In aller Freundschaft Ihr Fr. Preller. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/64,5.
423 Rom, den 3. Januar 1860. An Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler. Rom d. 3 Januar 1860 Mein hochverehrter alter Freund! Wenn ich Ihnen, wie ich bei meiner Abreise zusagte, bisjetzt noch nicht geschrieben, hat dies seinen guten Grund darin: daß ich erst etwas hier durchleben wollte, mochte es erforderlich oder das Gegentheil sein. Jetzt bin ich zwei Monate hier, habe viel gesehen u mancherlei Kleinigkeiten gemacht und immer nicht den Muth gehabt Ihnen zu schreiben, weil von Bedeutung der Neuzeit wenig zu sagen ist u Sie das alte besser kennen, als ich. Freilich ist Rom mit seinen unendlichen Schätzen in nichts verändert, wenn wir der Verluste nicht gedenken, die es durch einige ausgewanderte Gallerien erlitten, u. doch ist es nicht das Rom, welches wir in unsrer Jugend gekannt haben, nicht etwa, weil wir älter geworden u anders sehen u. urtheilen sondern es hat sich in Wahrheit sehr viel, ganz besonders im Volke selbst verändert. In Olevano fiel mir dies zuerst auf, doch hatte ich dort noch einige Zweifel gegen mich selbst, in Rom aber sehe ich’s noch deutlicher u bin nicht etwa der einzige, sondern darüber ist nur eine Stimme, sowohl im Volke als bei den hierlebenden Freunden. Hauptursache solcher mächtigen Veränderungen sind wohl die öftern Unruhen im Staate u die vieljährigen Mißernden, die eine immermehr um sich greifende Verarmung herbei führen. Heiterkeit u Humor, die sich bei Carnevall od Octoberfesten so reizend kundgab u kaum Grenzen kannte, sind total verschwunden, Mandoline u Tanz eine bloße Sage in Rom. Doch genug davon, ich war einigermaßen vorbereitet u habe in Rom ganz andere Dinge zu suchen, die Gott sei gedankt noch am alten Flecke u in alter Pracht vorhanden sind. Die einzige Campagna habe ich mit Friedrich, soviel die Wintertage erlaubten, vielfach durchlaufen u gestehe gern daß ich sie jetzt besser zu würdigen weiß als dies früher der Fall war. Ein zweitesmal u zwar in den Jahren nach Rom kommen, wo man vorher schon geschaffen hat, ist ein großes Glük, da man mit Bewußtsein sehen u vieles ordnen kann, was früher in uns gar nicht leben oder thätig sein konnte. Ich habe freilich noch den großen Nutzen daß ich für einen bestimmten Zweck, jetzt hier arbeiten kann, obwohl es mir oft schwer wird diesen nie aus dem Auge zu lassen. Rom mit seiner Natur u seinen Kunstschätzen ist so unendlich reich u manigfaltig, daß man leicht abschweifen kann. Jedenfalls werden Sie erwarten daß ich Ihnen über die jetzige Zeit u ihre Kunstbestrebungen auch etwas sage, aber da ist wenig vorhanden, u weil dies der Fall, scheue ich mich 406
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bisjetzt die Werkstetten auf zu suchen. Unsere Zeit hatte doch ein anderes Streben u dann unter den alten Leuten, die immer oben bleiben werden. Die alten sind weg, (wer hier ist gehört jener Zeit an) u in den Jungen leuchten nur einzelne in der Schmuzmasse. Lassen Sie mich darüber schweigen. Die Atteliers, welche ich besuchte gehörten Wolf, Steinhäuser u Imhof*. Letztere ist ohne weiteres der bedeutenste u hat schöne Arbeiten vollbracht, doch weil er’s ist, dafür geht es ihm auch knap. Seit 10 Jahren steht ihm eine Madonna, die niemand außer ihm machen könnte, dagegen hat Wolf eine Fabrik von Nimpfen, Hirten, Bettelbuben u Mädchen, Jahreszeiten in Miniatur u a. Quark, die alle abgehen wie warme Semmel. Ich würde ihn verklagen wollte er mir sein bestes Werk schenken. Der arme Imhof ist seit Jahren lahm u kann nur an 2 Stöcken gehen. Ihn sehe ich am öftersten, wir sehen uns so oft als es irgend geht, seine Frau u Kinder sind liebenswürdig, letztere auch nebenbei schön. Er grüßt Sie von ganzem Herzen. Zum Frühjahr will er nach Deutschland um noch einen Versuch zu machen auf die Beine zu kommen. Er machte mir vor einigen Tagen die große Freude mir Ihr Relief zu schenken, so auch eine Photographie seiner sehr schönen Madonna. Sie würden sich sowohl über seine Thätigkeit als großen Fortschritte wahrhaft freuen. Der alte Rhoden steigt als 84 jähriger Greis noch wacker einher u lügt trotz einem Jünglinge. Ich mußte ihm von Ihnen erzählen, was ich wußte u kannte. Papagallo Riepenhausen lebt auch noch, soll aber ganz kindisch geworden sein, da er an Hirnerweichung leidet. Bei Papa Cornelius bin ich öfter, er ist thätig u vollbringt mehr als man eigentlich das Recht hätte zu erwarten, da er körperlich doch sehr herunter gekommen, besonders seit dem Tode seiner Frau. Oberbeck soll noch sehr fleißig sein, ist aber in seiner äußern Erscheinung gewaltig alt geworden. Bei ihm war ich noch nicht. Riedel ist eigentlich jetzt der Häuptling der deutschen u ihrer Richtung. Was dabei herausfahren kann können Sie sich vorstellen. Nun bleibt noch Vater Betterich** über. Dieser lebt seit ein paar Jahren mit göttlicher Pension von 500 Scudi hier u fertigt traurige gräßliche Reliefs bei deren Anblik man davonlaufen möchte. Er ist weiß von Haar, mit noch vergrößerter Nase u Einbildung. Im Lateran stehen seine Büsten Statuen u Beschäftigungen der Ureinwohner Amerikas, die mich sehr interessirten, aber sämtlich rohe Fabrikate sind. Seine Söhne, die ursprünglich Bildhauer waren, haben in Cavi ein Geschäft in allen möglichen Handelsartikeln errichtet, weil wie Betterich sagt: die Welt nicht werth ist daß solche Kinder sich in der Kunst beschäftigen. Seine Frau Angiatina ist aber noch eine hübsche alte Frau. Erstaunt bin ich aber wieviel die kurze Zeit meines Wegseins von Weimar dort Neues u erstaunenswerthes gebracht hat. Wie ich in all diese Herrligkeiten hineinpassen werde, begreife ich selbst noch nicht. Die Zeit wird das lehren. Gern möchte ich von Ihnen doch etwas näheres darüber hören. Vergessen Sie nicht mir einige Aufklärung zu kommen zu lassen. In der Ferne klingt alles anders als wenn man mitten drin lebt. Die Geschichte des weimarischen Kunstvereines kommt mir ganz mährchenhaft vor, gern möchte ich darüber etwas von Ihnen hören, u besonders welche Rolle Sie dabei spielen. Was ich von der Schillerfeier in Weimar gehört, hat außer Ihren u Wislicenus Arbeiten, wenig erbauliches. Hier ist Sache auch erbärmlich abgelaufen. Ich war glücklicherweise durch Unwohlsein abgehalten der Sonne bei zu wohnen. Imhof läßt Ihnen noch sagen, daß Wiegand seit 3 Jahren todt, den Sie wie er sich erinnere, gut gekannt hätten. Das Haus, wo Sie gewohnt, baut Lord Antonelli nun auf, es war dem Einsturz nahe. 407
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Damit ich Sie aber mit meinen unbedeutenden Berichten nicht zu sehr ermüde, will ich schließen. Die meinigen empfehlen sich Ihnen u. den theuren Ihrigen. Einen besonderen Gruß von Friedrich an Camillo***, der von uns oft hieher gewünscht wird. Mit bestem Gruß treu Ihr Friedrich Preller. * Wohl die Bildhauer Wolf von Hoyer (1806–1873), Carl Steinhäuser (1813–1879) und Heinrich Max Imhof (1795–1869). ** Ferdinand Pettrich (1789–1872), Bildhauer. *** Camillo Genelli (1840–1867), Maler, Sohn des Bonaventura Genelli. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/c 495.
424 Rom, den 9. Januar 1860. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Ich bedaure in Wahrheit jeden gebildeten Menschen, der das Glück, Italien kennen zu lernen, nicht erreichen kann, ob er die Kunst treibe oder nicht, denn jeder findet, und muss ein grosses Feld für sich finden. Dass es ein Unterschied ist, ob man zum ersten oder zweitenmal hier ist, brauche ich Ihnen nicht zu versichern; ganz besonders, wenn man einen wirklichen Zweck damit verbindet, wie das bei mir gegenwärtig der Fall ist. Alles erscheint mir diesmal klarer, sowohl das Höchste, als das Mindere, und so ist der positive Nutzen natürlich ein bedeutender. Meine Arbeit hat in Rom denselben Erfolg, wie in Deutschland, und das macht mich fröhlich zur weiteren Ausbildung der Sache. Ich nehme nochmals die Staffagen ernstlich durch, und habe eine Partie davon neu komponirt. Durch meine Studien in Olevano und der Campagna habe ich in der Sache schon viel gewonnen, Neapel und Sicilien werden nicht minder gehaltreich sein. Bedenke ich aber, was ich alles noch zu thun habe, oder was ich noch machen will, so wird mir in Wahrheit oft recht bange, denn ich will mich so vorbereiten, dass das Werk nach allen Seiten hin bestehen kann. Friedrich ist mit mir sehr fleissig und macht mir grosse Freude. Die Erscheinungen in der Kunst sind im Ganzen sind eben so traurig, wie überall, Ausnahmen kommen natürlich vor, und diese wenigen geben mir noch Trost. Rom ist ein Geldmarkt geworden, doch ich mische mich in diese Lumpereien nicht, und so ist und bleibt mir Rom das einzige, göttliche Rom. Ach! liebe theure Freundin, warum sind Sie nicht mit uns? Wie oft muss ich daran denken, dass Sie es vielleicht hätten möglich machen können. Ein einziger Tag in der Campagna oder im Vatican ist ein Stern, der durchs ganze Leben fortleuchtet. Ich versuche nicht in Details über unsern Aufenthalt hier einzugehen, fürchtend, dass Sie sich bei den Wiederholungen sträflich langweilen. Der französische Einfluss auf ’s Volk hier ist sehr sichtbar, aber nur unerfreulich. Gott sei Dank, dass die flauen Kerls dem einzigen Volke doch die Schönheit lassen müssen, bei der sie sich sehr schlecht ausnehmen. Wär ich Franzos, ich würde mich totschiessen. Ich denke, Sie sollen sich freuen an dem, was wir gemacht haben. Die herzlichsten Grüsse von Marie und den Andern. Die Leute treiben nebenbei viel Italienisch und schlagen sich schon ganz gut durch. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 219–222.
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425 Rom, den 12. Januar 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 12. Januar 1860. […] Sie sehen aus der Pause der Sirenen, die Ihnen so sehr gefällt, daß mir die liebenswürdigen kleinen Hexen nie Ruhe lassen. Der Gegenstand ist im Cyclus unentbehrlich und an sich sehr schön, umsomehr, da weibliche Gestalten in den Abenteuern so wenig vorkommen. Von der Leucothea sagte Cornelius, diese wüßte er selbst nicht besser zu machen, die Sirenen aber müßten etwas mehr dämonisches bekommen. Daraufhin beschäftigte ich mich und zwar gern damit, weil es doch noch recht werden wird. In gegenwärtiger Pause werden Sie bemerken, daß die Hexen eine Individualität angenommen, die mir im Geiste vorschwebt. Ob diese Composition die letzte von diesem Gegenstand sein wird, soll auf Cornelius ankommen, den ich in der Sache für competent erachte. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 61.
426 Rom, den 4. Februar 1860. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Rom d. 4 Febr. 1860 Verehrter Freund! Seit nun mehr als 3 Monaten bin ich wieder in dem einzigen lieben Rom, nachdem ich einige Wochen in Olevano die Ruhe gepflegt und mich erquickt u. für Rom gestärkt hatte. Es ist mir wahres Bedürfnis mich einmal mitzutheilen u. da ich Ihrer hier auf Schritt u. Trit gedenke, auch durchaus niemand weiß wer Rom u. sein Leben besser kennt u. mehr liebt, so müssen Sie sich schon mein Schwätzen für ein Viertelstündchen gefallen lassen. Daß ich mich mit den meinigen unendlich glüklich fühle eine Zeit hier durchleben zu können, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Es wird noch eine geraume Zeit dauern ehe Rom die Phisiognomie ganz verliert, die es von jeder andern Stadt vortheilhaft unterscheidet obgleich seit meinem ersten Aufenthalte hier sich vieles, ja sehr vieles verändert, mancherlei sich fast ganz verlohren hat, zB. Tanz u. Musik im Volke. Die langjährigen Mißernten von Wein u. Oel mögen auf dem Lande ein gewisses Behagen, und mit ihm Heiterkeit u. Frohsinn bedeutend herabgestimmt haben, was auch in den Städten sich weit verzweigt hat. Dennoch ist dem Volke so viel geblieben daß man als Künstler noch lange nach Rom pilgern und da seine Rechnung finden wird. Schönheit u. Anmuth werden ihren Sitz hier behaupten. Schon mehr als ein Drittheil meines Urlaubs ist leider abgelaufen, u. denke ich an die Zeit meiner Rükkehr, dann überkommt mich ein Gefühl von Angst u. Trauer. Noch habe ich keine Stunde Zeit hier müßig verbracht, je weiter ich aber mit meinen Studien vorwärts komme, um so mehr sehe u. erfahre ich, daß, wenn ich die Sache zu meiner Ehre vollbringen will, die Arbeit mit jedem Tage sich vermehrt. Mit Cornelius, der sich für 409
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das Unternehmen wahrhaft interessiert, habe ich die ganze Sache mehrfach ernst durchsprochen. Auf seinen Rath sind in den Figuren mancherlei Aenderungen vorgenommen worden, die von Bedeutung sind. Ich sehe den alten Herrn sehr viel, u. schon das wäre eine Reise nach Rom Werth gewesen, denn man verlässt ihn nie ohne von ihm gelernt zu haben. Er arbeitet mit Kraft u. Frische an seinem großen Werke unausgesetzt weiter, u. ich meine immer seine letzte Arbeit sei zugleich die schönste. Sobald das Wetter einigermaßen beständig wird, denke ich für eine kurze Zeit nach Frascati zu gehen um dort Studien von Bäumen zu machen, wobei mir mein Sohn Friedrich große Hülfe leisten kann. Im April gehen wir zusammen nach Neapel, meine Frau u. Frl. Bouterweck bleiben daselbst, u wir Männer setzen die Reise nach Sicilien fort um dort die eigentliche Ernde für meine Zwecke zu beginnen. Da ich dies Land noch nicht kenne, kann ich die Zeit der Abreise kaum erwarten. Was ich von Studien andrer Künstler aus Sicilien gesehen, sagt mir: daß ich dort ans rechte Flek komme und alles finden werde, was mir noth thut. Da Sie verehrter Freund auch dies Paradies kennen, würde mich nichts glücklicher machen, als wenn das Schiksal uns zusammen diese Straße geführt hätte. Es würde hier leicht sein noch andere Reisegefährten zu finden, doch bin ich gerade in diesem Punkte ein wenig ängstlich, da man mit einem nicht ganz paßlichen Kameraden wenig Aussicht auf genußreiche Tage hat. Daß in meinem Sinne in Rom wenig oder nichts mehr gearbeitet wird, ist Ihnen bekannt, was u. wie man aber hier schafft, das dürfte Ihnen wahrlich ein Gräul sein. Die sogenannte Kunst ist mit wenigen Ausnahmen ein Mode u. Handelsartikel geworden, und ich gratulire mir oft laut und im stillen eine bessere Zeit in Rom verlebt zu haben. Die wenigen wirklich strebsamen Leute hier stehen ganz isolirt u. schauen mit Sehnsucht und Trauer in die nicht lang vergangene Zeit zurük, die hie u da manche Spur zurükgelassen hat. Das Jahr 1860 ist für die meisten ein Trauerjahr, denn die politischen Ereignisse in Italien haben gerade die Classe von Reisenden im Vaterlande zurückgehalten, die viel Geld u. noch mehr Dummheit mitbrachten, zwei Artikel, ohne welche die Künstlerlegion hier dem Hunger in die Arme fällt. Auch die letzte Aussicht auf den Carnewall als Lokspeise ist zu nichte geworden, denn trotz des erlaubten Carnewalls sind doch die Geldsäcke ausgeblieben. So mag denn Gott wissen, welche Manöver diesmal aushelfen werden. So strafen sich die Pinselverwüster selbst, denn die größte Schuld unsres verdrehten Geschmaks schreibe ich den Malern selbst zu. Sie, in Verbindung der Akademien u. Kunstvereine haben das Unglück herauf beschworen. Rom ist aber doch Rom geblieben, ich lebe unter den alten Kunstwerken, in der göttlichen Natur mit einem schönen Auftrage, u. werde die Zeit nutzen so gut ich nur irgend kann. Jede Stunde danke ich dem Himmel hier verweilen zu können. Die Erinnerung an diesen Aufenthalt muß u wird fürs übrige Leben ausreichen u. uns allen den Aufenthalt im Vaterlande versüßen. Möchten diese Zeilen Sie u die theuren Ihrigen wohl u heiter antreffen. Grüßen Sie alle aufs beste und herzlichste, auch den Maler Lawes, auf dessen Bekanntschaft ich mich freue, so auch Oesterlei u. Busse.* Wollen Sie uns eine große Freude bereiten, so schreiben Sie bald einmal Ihrem treu ergebenen Friedrich Preller caffe greco 410
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* Die in Hannover wirkenden Maler Georg Laves (1825–1907), ältester Sohn des Georg Ludwig Friedrich Laves (1788–1864), Carl Wilhelm Friedrich Oesterley (1805–1891) und Georg Heinrich Busse (1810–1868). Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 37.
427 Rom, den 14. April 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 14. April 1860. […] Ein vortrefflicher Sänger braucht noch lange kein Musikverständiger zu sein, von dem man vieles erlernen kann. Die meisten dieser Leute sind es in Wahrheit auch nicht, sondern durchschnittlich rohe und in hohem Grade ungebildete und verdorbene Subjekte. Wenn das hart klingt, so ist es doch nicht mehr, als ich durch vieljährige Bekanntschaft mit derart Leuten gesehen habe. Eine wahrhaft ehrenwerthe Erscheinung unter diesen Leuten gehört zu den größten Seltenheiten. Ich habe meine Abneigung gegen diese Bretterhelden nicht aus der Luft gegriffen, sondern könnte mit vielen Erfahrungen in dieser Sache dienen. Wie wenig dazu nöthig ist, wenn man Stimme und Instinkt hat, beweisen alle, die sich im Fach ergeben, denn in wenigen Jahren kommt stets eine solche Größe zu Stande, was sonst in keiner Kunst vorkommt. […] — Ich bin deutsch geboren und ich ehre alles, was zu verehren ist, aber ich bin Künstler und der hat sein eigentliches Vaterland hier. Was mir dort lieb und theuer gewesen und geworden, ich habe es hier keinen Augenblick vergessen und werde es mit aller tiefen Liebe wieder umfassen, ja mehr lieben als je und will nur wünschen, daß man mich nicht schief beurtheilt. So ist mein Leben sonderbar getheilt zwischen wahrster innigster Liebe des Vaterlandes und dessen, was es umschließt und der Liebe zu Italien, die nur der in dem Maße begreifen wird, dessen ganzes Sein mit der Kunst bis ins’s Innerste verwachsen ist. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 62.
428 Rom, den 21. April 1860. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1864), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Hochverehrter Freund! In Ihrer Familie naht ein schöner Festtag, der erste Mai.* Möge er Ihnen und all den theuren Ihrigen nur Freude bringen, und Ihnen vor allem die theure Gesundheit erhalten. So fern vom lieben Vaterlande will ich doch den Tag mit den meinigen in der Erinnerung Ihrer und Ihrer verehrten Familie, in der ich voriges Jahr so schöne Tage verlebte, feiern und mich in Ihre Mitte versetzen. Die erwachende Natur in Mitten des einzigen Roms trägt mich mit all meinen Gefühlen oft weit weg, in die stillen Thäler von Carlsbad, dem ich so vieles verdanke. Trotz dem 411
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erfreulichen Befinden im Süden, fühle ich deutlich daß ich die einzige Quelle wiederholt aufsuchen werde. Mit wahrer Sehnsucht gedenke ich der Berge und heimlichen Abendstunden, die wir zumeist mit einander theilten, und sehe wie Sie verehrter Freund allmälig Anstalt treffen nach dem Hause Biteroff für einige Zeit zurück zu kehren. Daß ich aber bei all den süßen Heimathgefühlen doch sehr glücklich mit den meinigen hier bin, darf ich Ihnen nicht erst versichern, da Sie den Zweck meiner Reise kennen, und von dem Sie wissen, daß er mich ganz erfüllt. Rom wird, trotz allen Veränderungen in Volk und deren Politik, stets das Vaterland der Künste bleiben, und somit ist es der einzige Ort an dem ich mich für die große Arbeit vorbereiten kann. Die Kunst unsrer Zeit hat, einige Ausnahmen abgerechnet, hier so wenig Erfreuliches, daß einem bittere Stunden nicht erspart werden. Den vergangenen Winter habe ich be[n]utzt, so viel ich konnte, und bereite mich mit Freude auf Neapel und will’s Gott auch auf Sicilien jetzt vor. Wie oft ich bei alldem meines ersten Aufenthalts und dabei Ihres seligen Herrn Bruders gedenke, darf ich Ihnen nicht erst versichern. Der Brief Ihres Sohnes Herrmann hat mich unendlich beglükt, und ich bitte ihm herzlich dafür zu danken. Er giebt mir viel Andeutungen, die ich nicht unbenutzt lassen werde. Leider werde ich bei der zu schnell fliegenden Zeit nicht alles aufsuchen können was mir dienen könnte. Sagen Sie ihm meinen besten Gruß, auch von Wittmer Konze Lötsch u. so vielen andern soll ich grüßen. Empfehlen Sie mich aufs beste Ihrer verehrten Gemahlin sowie Herrn und Frau Laves nebst Sohn, dessen Bekanntschaft zu machen ich mich freue, und nun leben Sie wohl und bleiben mir gewogen. In wahrster wärmster Verehrung Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. Rom d 21 April 1860. * Der 1. Mai ist Georg Kestners Geburtstag. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 12.
429 Rom, den 21. April 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 21. April 1860. […] Endlich sind auch die letzten Osterfeierlichkeiten, die sich durch das unbeständige Wetter verspätet hatten, glücklich vorüber und Rom ist wieder das alte ernste geworden. Ich meine die Kuppelbeleuchtung und Girandola; von beiden ist viel erzählt und geschrieben worden. Ich selbst habe oft Gelegenheit zu Hause gehabt, davon zu reden und doch haben beide Erscheinungen alle, die sie noch nicht sahen, so überrascht und ergriffen, daß alle eingestanden, ohne es zu sehen, sei es nicht möglich, sich im Entferntesten eine Vorstellung zu machen. Schon bei eintretender Dämmerung tritt der ungeheure Bau 412
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des St. Peter mit seinen den Platz einschließenden Colonaden in feinster Zeichnung als Lichterscheinung uns entgegen. Mit steigender Dunkelheit verliert sich das Material des Baues und die ungeheure Erscheinung wird dadurch, daß man nur die Conture des Ganzen und der Details in Linien sieht, zur feenhaften Erscheinung. So steht die Beleuchtung bis 1 Uhr nach Ave Maria. Mit dem Schlag 1 Uhr sieht man eine Fackel das Kreuz über dem Knopfe ersteigen. In diesem Augenblicke leuchtet es herrlich strahlend über Rom und das weite Land und das Zeichen der Verwandlung ist damit gegeben. Nach Ablauf einer halben Minute steht der ganze Bau verändert vor unseren Augen. Welch’ nie geahnte Wirkung dieser Augenblick macht, ist nicht mit Worten zu sagen. Die vorherige Erleuchtung durch kleine Lampen verschwindet ganz vor der strahlenden durch große Pechpfannen – Einige Tage später war Girandola. Die kleine Girandola von 1500 Racketen giebt das Zeichen zum Anfang und ehe sie erloschen, stand der ganze Bau des Capitols in allen Details vor uns und zwar, als bestände er nur aus Diamanten. Kleine Zwischenspiele unterhalten das Volk auf wenige Augenblicke und eine neue Dekoration, welche die ganze Passeggiata einnimmt, entwickelt sich in einem Augenblicke vor unseren Augen. So wechseln vielleicht 10 große Dekorationen; die Luft ist währenddem stets mit den herrlichsten Leuchtkugeln und anderen Dingen aller Farben ausgefüllt. Die große Girandola von 5000 Racketen schließt das Schauspiel, was etwa ¾ Stunden gedauert. Sehr überraschend war die Beleuchtung der piazza del popolo, in deren Mitte ein großer Obelisk steht. Nach diesem hin kamen vom Platz des Schauspiels brennende Boten in Form von Tauben, stießen sich an dem Obelisk und gingen von hier aus an alle Punkte des großen Platzes, um die Pfannen anzuzünden, welche eine Tageshelle verbreiteten und dem Volke den Heimweg erleuchteten. Da das Alles über den Köpfen der Menge geschah, war die Wirkung bei denen, welche es zum ersten Male sahen, höchst komisch, denn diese beugten sich meist, fürchtend, daß ihnen das Feuer auf die Köpfe flöge. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 62–64.
430 Rom, den 29. April 1860. Preller Nachsatz eines Briefes seiner Frau an „Hanchen“. Verehrtes liebes Fräulein! Nehmen Sie auch von mir die Versicherung einer innigsten tiefsten Theilnahme an dem schreklichen Trauerfall, der Sie, für uns so ganz unerwartet betroffen hat. Daß die selige von uns allen so verehrte Frau leidend, hatte Genelli geschrieben, doch weit entfernt war uns allen der Gedanke an den Tod, der, wo er auftritt, durch keine menschlichen Trostgründe kein andere, als grausame Erscheinung ist. Zu heftige Leiden können sein Erscheinen oft wünschenswerth machen, doch trit er wirklich auf, ist der ungeheure Verlust der geliebten nicht minder schrecklich. Nur die Zeit bringt uns nemlich Ruhe u das beste vom Menschen, seine schönen Tugenden stehen licht u strahlend vor unsrer Seele und lassen uns seiner in reiner Liebe und Verehrung gedenken. Diese Erinnerung hat etwas Beseligendes u 413
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nur sie ist im Stande uns nicht erliegen zu lassen. Möge diese Zeit Ihnen allen nicht zu weit hinaus geschoben werden. Grüßen Sie Papa u die lieben Geschwister auch von mir aufs herzlichste u sein Sie von unsrer innigsten Anhänglichkeit u Theilnahme überzeugt. Möge der schreckliche Fall auf das Befinden des Vaters nicht all zu harte Einwirkung haben. In wahrester Verehrung u Treue Ihnen ergeben Fr. Preller. Rom d. 29.April 1860. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/64,5.
431 Rom, den 3. Mai 1860. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Rom d. 3. Mai 1860. Durchlauchtigste Fürstin! Bevor ich meine Weiterreise nach Neapel und hoffentlich nach Sicilien antrete, finde ich durch Herrn Professor Stickel* aus Jena die beste Gelegenheit Ihrer Durchlaucht die nordische Scizze zu übersenden. Dieselbe steht seit dem Monat November schon fertig hier, doch habe ich sie weder durch Ir. Durchlaucht noch auf andern Wege schiken wollen, weil die Dogana** all zu viel Weitläufigkeiten macht, und Prinzeß Hohenloh*** in Petersburg war. Von Weimar aus stellt sich dem bequemen Transport nichts entgegen und ich wollte Ihro Durchlaucht nur bitten das Bildchen aufzuspannen und den Firnis geben zu lassen. Mit meinen vorbereitenden Arbeiten zur Odyssee gehe ich gleichmäßig vorwärts, obgleich der sehr böse und lange Winter mir in mancher Weise sehr hinderlich war. In Neapel und Sicilien hoffe ich alle mir noch fehlenden Studien nachholen zu können. An den Compositionen der Figuren habe ich gar mancherlei verändert und ich hoffe das Ganze damit verbessert. Das Studium der herrlichsten Kunstwerke in den hiesigen Gallerien hat vieles in mir reifer und klarer gemacht, und nun kann ich nichts mehr wünschen, als daß der Bau die Arbeit nicht unnützigerweise verzögert. In dem alten lieben Rom bin ich wieder so heimisch geworden, daß mir der Abschied davon sehr schwer werden wird. Ich glaube fest, daß ich ohne den schönen Auftrag mich entschließen könnte für immer Rom als Aufenthalt zu wählen, doch beglükt mich dieser Auftrag so sehr, daß ich mich vielleicht besinnen würde das Paradies damit zu vertauschen. Die neuere Kunst hat bis wenige Ausnahmen, nichts erbauliches, und ich stehe ihr mit meiner ganzen Natur schroff gegenüber. Ich hoffe die Erfindung der Phothografie macht dieser Gattung in der Kunst bald ein Ende, da sie auf diesem Wege doch besseres zu Stande bringt.
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P. Cornelius ist an seinem großen Werke unausgesetzt thätig, und vollbringt immer Schöneres. Sein Umgang ist mir von unendlichen Werth, und fördert meine Arbeit in vieler Weise. Bei Uebersendung meiner Arbeit an Prinzeß Mehentok wollte ich Ihro Durchlaucht unterthänigst bitten mich zu empfehlen. In wahrster Verehrung Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Für Liszt meinen wärmsten Gruß und die Versicherung meiner treuen Liebe. * Johann Gustav Stickel (1805–1896), Theologe. ** Zollamt. *** Marie Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein (1837–1920), Fürstin zu Hohenlohe. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
432 Neapel, den 19. Mai 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Neapel, den 19. Mai 1860. […] Unter den Mosaiken wird die vielfach besprochene Alexander-Schlacht, welche in casa del fauno gefunden wurde, als das Vorzüglichste gezeigt. Ich will seine weltbekannten Vorzüge und Schönheiten nicht nochmals aufzählen, doch meine individuelle Ansicht über das Werk nicht verschweigen. Jedenfalls ist das Bild nach meiner Ansicht eine Berühmtheit im Alterthum, jedoch eine Tafel gewesen. Dies ergiebt sich aus der Composition, die sehr viele Verkürzungen hat. Wäre das Werk als Zierde eines Fußbodens entstanden, so dürfte es als solches wohl geschmacklos zu nennen sein. Ich vermuthe, daß das Bild wohl als andere Zierde gedient hat und erst später in einen Fußboden eingefügt wurde. Komposition, Bewegung und Färbung, alles ist im wahren Sinne malerisch, während es als Fußboden architectonisch sein müßte. Da Pompeji nicht der höchsten Kunstblüthe angehört, läßt sich ein Mißgriff derart wohl denken. Die Arbeit ist jedoch von einer außerordentlichen Schönheit und gleicht mehr einer Malerei. Ich möchte wohl die Lebensgeschichte dieses Werkes kennen.* […] * Das Alexandermosaik aus Pompeji entstand nach neueren Forschungen wohl nach einer Vorlage, die ursprünglich in eine Wand eingelassen war. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 64.
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37. Friedrich Preller d. Ä.: Sorrent, Zeichnung, 1860.
433 Sorrent, den 31. Mai 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
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Sorrento, den 31. Mai 1860. […] Sorrentos Umgebung ist theilweise großartig in seiner massenhaften Felsbildung, theilweise aber auch höchst anmuthig und wer diesen Theil recht zu nehmen wüßte, dürfte diesem kleinen Paradiese wohl das Beste abfinden. Die letzten Tage fuhren wir öfters nach Capo di Sorrento, da ich dort zwei für mich brauchbare Studien gefunden hatte. Den ganzen Tag ging die See hoch und wir hatten Noth, an einer geschützten Stelle an’s Land zu kommen. Unsere Bemühung fand an Ort und Stelle aber den schönsten Lohn. Obgleich die Luft sehr dunstig und wenig bewegt war, ging an diesem äußersten Punkte des Caps die See so hoch, und bildete eine Brandung, die an Pracht alles übertraf, was ich in dieser Weise je gesehen. Ich habe in solchen Momenten die Nordsee viel gesehen und unwillkürlich kommt man zu einem Vergleich. Aber wie verschieden unter ganz ähnlichen Bedingungen ist der Norden vom Süden! Die Nordsee in ihrem höchsten Ernst möchte ich mit einer Schicksalsgöttin vergleichen, die unaufhaltsam vernichtet, was ihr entgegentritt. Neapels blaues Meer gleicht einer schönen Muse, die ihre Gesänge vorträgt. Im höchsten Affekt ist sie immer nur schön, an Unerbittlichkeit denkt man nicht. Bei der immer höher steigenden Sonne erreichte Land und Meer seine vollste Herrlichkeit in der Farbe und diese ist unmöglich zu beschreiben. Ich wurde nicht satt, das Schauspiel zu bewundern. Wenn in diesen Stunden der mit dem Dreizack bewaffnete Neptun in seinem Gefolge von Tritonen und Nereiden erschienen wäre, ich würde keinen Augenblick überrascht sein. Hier tritt mir die griechische Fabelwelt lebendig vor die Seele und ihre Schönheit ist mir nie so überzeugend gewesen. Hier möchte ich wohl die Skizzen zu meiner Odyssee malen können! […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 64–65.
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[Wohl Ergänzung:] Sorrento, 1. Juni 1860 […] Friedrich u ich fahren alle Morgen 7 Uhr nach capo di Sorrento u malen dort. […] Hier bekommen die alten Dichter u vor allem der Homer wirkliches Leben. Ohne Grieche zu sein, würde ichs ganz in der Ordnung finden, wenn die melodische Leycotia mir auf meinen Wanderungen ihren Schleier reichte. Ich würde mit dem Schleier aber ihre Hand fassen u sie nicht mehr in die blauen Fluthen zurücklassen, od. mit ihr gehen!!! – Die Sehnsucht nach dem Reich der Tritonen u. Nereiden, kann einem nur in Neapel begreiflich werden. […]. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 27.
434 Sorrent, den 14. Juni 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Sorrento, den 14. Juni 1860. […] Heute ist das große Fest, le sette altare; die Vorbereitungen solcher Feste sind in hohem Grade characteristisch und nur den Italienern eigenthümlich. Schon seit mehreren Tagen werden überall Altäre und Bögen gebaut, durch welche das Allerheiligste getragen und die Benediction erteilt wird. Vor unserem Gasthof steht bereits bis auf kleine Ausschmückungen der größte Altar fertig. Es hat uns wahrhaft amüsirt, diesen Bau, der über 2 Stockwerke hoch ist, vom ersten Beginn verfolgen zu können. Stangen und Knittel von allen Längen, Stöcke und Bindfaden aller Art und bunte Fetzen von Futterkattun, Papier, Flittergold u. s. w., das ist das Material, aus welchem der für’s Volk prachtvolle Bau ausgeführt wird. Da wir der Sache im Rücken stehen, sahen wir die Lumperei in ihrer ganzen Vollkommenheit. Beim leisesten Luftzug bewegte sich die ganze Maschine, und sollte ein Windstoß kommen, so bin ich gewiß, daß der ganze Kram das Weite sucht. Daß an der ganzen Vorbereitung nichts ist, was man geschmackvoll nennen könnte, braucht wohl keine Versicherung, aber bewundernswürdig ist die Geschicklichkeit und Sicherheit, mit der 2–4 Leute die Fetzen aller Art verwenden, um Pilaster, Kronen, Sterne, Baldachine u. s. w herzustellen und damit endlich ein Zusammenhängendes aufzubauen. Ich habe die Ueberzeugung, daß in dem großen Bau weder eine Klammer noch ein Nagel verwendet wurde. Alles ist zusammengebunden und geflickt. Höchst halsbrechend sieht es aus, wenn die Leute aus solcher Höhe auf den Knitteln und Stangen ihre eigene Last balanciren. Eben bemerkt Friedrich, daß der große Bau mit einem Strick an unserem Balcon befestigt ist und sicher davon fliegen würde, wenn man denselben durchschnitte. Sobald die Baukünstler ihre Herrlichkeit verlassen, findet sich die Jugend ein und betrachtet die Sache als ihren Spielplatz. Dies ist besonders gegen Abend, wenn die Hitze abnimmt, sehr ergötzlich. […] Kinderspiele, besonders die der kleinen Mädchen, zeigten schon gestern Abend den Charakter des Festes an. Durch all den Lärm hindurch hörte ich nämlich eine Art Litanei 417
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von Kinderstimmen. Als ich hinaus sah, zieht eben ein Schwarm kleiner Mädchen vorüber, wovon die vorderste einen Stock trägt, darauf eine Orangenschale hängt, paarweise folgen die anderen und durchkreuzen singend die Menge, bis eine Schaar Jungens heranstürmt und die Prozession auseinander sprengt; Gelächter von allen Seiten. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 65–66.
435 Sorrent, den 15. Juni 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. 15. Juni 1860. […] Jetzt ist das Fest vorüber, die Baldachine schon wieder abgebrochen und nichts erinnert mehr an gestern. Die sich nähernde große Prozession wurde mit heiterer Polka empfangen, die 5 Musikanten auf einer brillanten Tribüne ausführten. Als der Priester das Allerheiligste hob, fiel die Menge auf die Knie und ein Peloton von Böllern begleitete diesen feierlichsten Moment. Vorher führte ein Sänger mit guter Stimme eine Arie aus irgend einer Oper als Begleitung der Handlung aus. Nachdem die Prozession an den verschiedenen Altären dieselbe Ceremonie wiederholt hatte, war das Fest beendigt, von welchem wochenlang gesprochen und welches tagelang vorbereitet war. Ohne dergleichen Aufwand und Pomp für’s Auge kann nach meiner Ueberzeugung aber auch keine kirchliche Handlung, besonders in Unteritalien, begangen werden. Mag sich in der katholischen Kirche begeben und verändern, was da will, eine glänzende Außenseite wird sie immer behalten müssen. Wie es aber möglich ist, daß jemand bei solcher Schauspielerei übertreten kann, das ist mir jeden Tag, den ich hier verlebe, unbegreiflicher und dennoch wäre manches Beispiel von Leuten anzuführen, denen es wahrhaft nicht an Kopf fehlt. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 67.
436 Capri, den 30. Juni 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Unsre Reise nach Pestum, die ein wenig angreifend war, werden wir alle niemals vergessen. Die Tempel sind, besonders der des Neptun gut erhalten u von unbeschreiblicher Schönheit. Vielleicht hat Griechenland nichts derart aufzuweisen. […] Pestum gehört zu den Größten Herrlichkeiten von ganz Italien. Wäre es möglich der aria cativa wegen, ich würde dort geblieben sein, doch ist es ein Wagstück auch nur 1 Nacht dort zu verbringen. Es ist herzzerreißend die dort lebenden menschen zu sehen. Ich konnte indeß nicht unterlassen einige kleine Zeichnungen zu machen. […] Wie viel ich das erstemal verloren, 418
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da ich Pestum nicht kannte, sehe ich erst jetzt, wo ichs gesehen. Hier wär das treffendste Motiv für ein herrliches Bild von vergangener Größe u Herrlichkeit. – Calame ist der einzige, der es behandelt u etw. daraus gemacht hat, doch scheint mir der Gegenstand noch tiefer ergreifend zu behandeln sei. Sie erinern sich vielleicht des großen Bildes im Leipziger Museum.* […] * Preller bezieht sich hier auf das Gemälde Die Tempelruinen von Paestum (1847) von Alexander Calame (1810– 1864) im Museum der bildenden Künste, Leipzig. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 395–396.
437 Rom, den 26. Juli 1860. An Gustav Adolf Schöll (1805–1882), Archäologe und Direktor der Kunstanstalten in Weimar. Verehrtester Herr Hofrath! Ein Gruß aus Rom, dem lieben Rom, war mir, wenn auch verspätet, immer noch willkommen, und so wünsche ich von Herzen, daß Sie den meinigen nicht verschmähen und mir glauben daß ich Ihrer bei so viel Herrlichen und Großen oft gedacht. Seit einigen Tagen befinde ich mich wieder hier, die neapolitanische Reise mit all ihren Strapazen liegt hinter mir, und ich darf sagen, daß ich tapfer gearbeitet habe. Meinem spätern Plan zufolge wollte ich den nächsten Herbst nach Weimar zurück, um mit dem Frühjahre an die Arbeit im Baue gehen zu können. Dies ist, wie die Sachen stehen, eine Unmöglichkeit, denn der Bau hat ja noch keinen Anfang gemacht, und so sind wir wenigstens in unsrer Rechnung um 1 Jahr aus einander gekommen, was mich in verschiedene Verlegenheiten bringt. Um Ihnen nur eine zu nennen, sage ich Ihnen, daß ich 7 Bestellungen ausgeschlagen, um ungestört an der Sache arbeiten zu können. Jetzt habe ich nicht das eine und kann nicht das andere, und bin wenigstens um 1 Jahr hinausgeschoben. Wer die Schuld solcher Verzögerung trägt, weiß ich nicht, soll sie aber mit meinem Gelde bezahlen. Dies ist mein offenes Glaubensbekenntnis an den neuen weimarischen Kunstzuständen, soweit ich davon unterrichtet bin. Sollten die Zeitungen falsch berichtet haben, bin ich gern bereit meine Ansicht je nach dem wahren Sachverhalt zu ändern. Obgleich im alten Rom seit dreißig Jahren sich viel verändert hat, kann man sich doch an Natur und Kunst erheben wie ehedem u ich halte es für ein großes Glük wieder eine Zeit hier zu verbringen. Den Herbst denke ich noch in den Sabinerbergen zu verleben und mancherlei zu ergänzen. Von den politischen Ereignissen in Neapel haben wir nicht im mindesten zu leiden gehabt, vieles daran mag in der Ferne schlimmer aussehen und gefährlicher klingen, als wenn man sich in mitten drin befindet. Das Schlimmste nimmt dort noch immer einen heitern Anstrich an. Ich habe nicht gehört daß nur ein Fremder belästigt worden wär. Und nun leben Sie wohl, empfehlen Sie uns den Lieben Ihrigen aufs beste. In wahrster Verehrung 419
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Ihr ergebener Fr. Preller. Caffe greco Rom d. 26 Juli 1860. Klassik Stiftung Weimar, GSA 113/192.
438 Rom, den 13. September 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 13. September 1860. […] Soeben hatten wir unter dem Fenster ein echt römisches kleines Schauspiel. Der alte Pietro Bomba, ein Pifferaro mit 3 Anderen stand unter unserem Fenster und blies, während sein jüngstes Söhnchen Guiseppe, den ich vor einigen Tagen gezeichnet, Saltarello tanzte. Schon vorigen Winter blies er vor einer Madonna auf unserer Treppe. Ich fand ihn in Neapel wieder und habe den alten braven Kerl in Wahrheit lieb. Derart Menschen mit großer Anhänglichkeit und vom besten Herzen findet man viel in Italien und wer im Volke viel lebt, wie das Landschaftsmaler thun müssen, kommt bald zu der Ueberzeugung, daß das Volk ein ganz anderes ist, als man es im Auslande glaubt. Trotz vielen Fehlern und manchen, was uns wenig zusagt, haben die Leute schöne, selbst großartige Eigenschaften, mit denen etwas anzufangen wäre. Ich liebe die Leute und komme stets in bester Weise mit ihnen aus. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 67–68.
439 Olevano, den 18. September 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
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[…] Je länger wir hier sind, um so reicher wird die Natur, u der Wunsch um so lebhafter, noch einige Hände zu besitzen. Jeden Tag sehe ich Neues Herrliches, obgleich ich Weg u Steg kenne wie ein eingebohrener. Olevano ist eben unerschöpflich u jedenfalls einer der schönsten Fleken in ganz Italien, der, Gott sei Dank, von den Zugvögeln fast nie besucht wird, u somit dem Studirenden Ruhe u Muse nicht gestört werden. […] Da sich an meinem Bau in Weimar manches verzögert hat, werde ich im Laufe des Winters vielleicht ein Bild von Olev. malen, da ich noch manchen Auftrag habe. Auch Friedrich hat eine Bestellung und will ein gleiches tun. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 349.
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38. Friedrich Preller d. Ä.: Landleute und Schweinehirt bei Civitella, Zeichnung, 1860.
440 Olevano, den 25. September 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Neapel mit all seiner Pracht ist mir frisch in Erinerung, überstrahlt aber die hiesige Natur in keiner Weise, ja steht in vielen nach. Olevano möchte ich inniger nenen u dabei ist es noch reicher an grosartigen Motiven. Capri allein verliert nichts von seiner Bedeutung u Paestum steht einzig unter allem, was ich je gesehen. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 344.
441 Rom, den 5. November 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Meine Arbeit besteht jetzt darin die hohen Bilder in die etwas enger gewordenen architektonischen Räume um zu arbeiten, was bei einigen große Schwierigkeiten hat. Die Sirenen haben mich noch imer nicht aus ihren Armen gelassen, ich habe deshalb eine nochmalige Veränderung vorgenommen, u glaube daß jetzt das drinen, was ich hineinlegen 421
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wollte. Auch für die ganze Architektur wird jetzt hier der Plan gemacht, da die mir von Weimar zugesendeten weder Geschik noch Art hatten. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 148.
442 Rom, den 1. Dezember 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
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[…] Was Sie mir über die Sirenen schreiben ist sehr hübsch u hat mich gefreut, doch ist es nicht richtig. Es darf mir nicht Hauptsache sein ein paar hübsche Figuren zu machen, sondern den Gedanken scharf u richtig auszusprechen. Daß das Unheil hier von ein u denselben Punkte ausgeht, daß der Knäul dicht beisamen, hat etwas dämonisches, so auch ist die ganz gleiche Bewegung der Arme beider Figuren von festen bezeichnenden
39. Friedrich Preller d. Ä.: Odysseus und die Sirenen, Zeichnung, 1860.
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Ausdruk u nicht zufällig, sondern mit Ueberlegung gethan. Wie viel mich der Gegenstand beschäftigt, sehen Sie aiuch [sic!] den sehr vielen Versuchen ihn gut zu behandeln. Ich habe nicht weniger als 8 Compositionen gemacht. Die letzte hat vollkomen die Zustimung von Cornelius. Ich bin dran jetzt den Carton zu zeichnen u zwar in der Größe, die das Bild auf der Mauer bekomt. Daß ich dabei mit aller Liebe bin, werden Sie wohl begreifen, der Gegenstand ist eben so schwer als er schön ist. Diese ist indeß die einzige Composition welch eine wesentliche Veränderung erleidet. In der Hauptsache bleiben alle obigen wie sie sind. […] Ich habe so eben die Gruppe der Sirenen vollendet, die Landschaft ist auch fertig, u so fehlt nur noch das davon eilende Schiff, was mir einige Schwierigkeiten macht, doch hoffe ich auch das zu überwinden. Die Localität wird Ihnen einen Begriff der so höchst phantastischen Insel Capri geben, die mich ausschließlich für die Umgebung der Sirenen bestimt hat. Die Sage dieser reizenden Hexen ist auch dort zuhauß. Noch heute heißt eine gefährliche Felseneke die sich ins Meer erstrekt, die Sirene. (S. 150). […] Der Plan zum Bau* wird jetzt hier unter meinen Augen gemacht. Die von Weimar mir zugesendeten Pläne waren so wenig genügend daß ich dem Grosherzog sogleich schrieb: ich sei mit einem geistreichen jungen Architekten beschäftigt den Plan zu machen, den ich ihm übersenden werde. Umgehend bekam ich die Antwort daß der Grosherzog ganz damit einverstanden sei. […] (S. 79). * Damit ist das geplante Großherzogliche Museum in Weimar gemeint, für dessen Bau Preller den Architekten Josef Zitek (1832–1909) vorschlug. Siehe die Briefe 448, 449, 454, 461. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
443 Rom, den 2. Dezember 1860. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 2. Dezember 1860. […] Unser Umgang und das Leben im Hause hat viel deutsches. Wir sehen alle Abende irgend einen oder mehrere junge Künstler. Auch kehrt Cornelius wöchentlich 2–3 mal bei uns ein und trinkt sein Glas Bier bei interessantester und belehrender Unterhaltung. Sonntag Abend sind wir stets bei ihm in gewählter kleiner Gesellschaft. Marie macht die Honneurs, schenkt Thee und befindet sich dabei gemüthlich und vergnügt. Der Alte schafft wie ein Jüngling und Sie werden begreifen, wie uns all sein Hiersein beglückt. Neulich kamen wir auf meine Arbeit zu reden und ich war bei der Aufgabe etwas verzagt. Da sagte er ernst und bestimmt: Geh’ frisch an’s Werk, was Du vor hast und schon gethan, macht Dir kein Lebender nach; Du wirst ein Werk in die Welt setzen, was unserem Vaterland und unserer Zeit Ehre bringt! Ich hatte nur das eine Wort: „Ich weiß, daß Du mich liebst und mir mehr zutraust, als ich vermag, doch soll Dein Ausspruch mich wenigstens aufrecht halten. Beim Weggehen küßte er mich und rief mir nochmals zu: Habe Muth und sei tapfer! Ich bin seitdem kleinmüthiger als je, denn ich sehe, daß der Alte das Beste von mir erwartet; gebe mir der Himmel doch Gesundheit und Kraft, damit ich wenigstens nicht schlecht vor ihm 423
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bestehe! — Neulich waren wir alle auf dem evangelischen Kirchhof; ich wollte meine geschiedenen Freunde besuchen. Die poetische und großartige Erscheinung machte alle stumm und zwang ihnen das Geständnis ab, daß ein solcher Ort in der Welt nicht mehr zu finden sei. Das Ganze ist ein Hain von hohen schwarzen Cypressen, so dicht beieinander, daß kein Sonnenstrahl durchkommt. In tiefer Dämmerung stehen die herrlichsten weißen Marmor-Monumente, viele von künstlerischer Bedeutung. Der Ort ist ruhig und liegt an der Pyramide des Cajus Cestius. Auch ich bin der Meinung, daß ein so poetischer Begräbnisort nicht mehr zu finden ist. An Goethes Grabe durchlief ich mein Leben seit jener Zeit*. Ich stand wieder an der Stelle, wo ich vor 30 Jahren gestanden, von der man mich schon todtkrank wegführte, denn ich hatte die Ansteckung im Körper. Damals dachte ich neben ihm zu liegen und nach so langer Zeit bin ich immer noch thätig und mehr als je zuvor. […] Die Briefe sollten Sie nie frankiren, denn die Willkr auf den Posten ist so groß, daß man hier das Ganze doch wieder zahlen muß. Neulich haben wir einen Brief der Großherzogs, der mit 14 Gr. frankirt war, hier nochmals mit 16 zahlen müssen. Schicken Sie also unfrankirt, wir thun es hier auch, denn man sagt, daß sie die Marken abnehmen, wieder verkaufen und die Briefe wegwerfen. Die Willkür in allen möglichen Dingen ist unbeschreiblich und dies die einzige Last, an der natürlich die Fremden am meisten zu leiden haben. […] * August von Goethe starb den 28. Okt. 1830 in Prellers Armen, der infolge der Ansteckung gleichfalls von der Blatternkrankheit befallen wurde, deren Spuren bis an sein Lebensende sichtbar waren. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 68–69.
444 Rom, den 13. Dezember 1860. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Rom d. 13 Decbr. 1860. Mein verehrter Freund! Als was mag ich Ihnen, nach 2 erhaltenen so liebenswürdigen Briefen, wohl erscheinen? Ich selbst habe mich täglich angeklagt, täglich vorgenommen: besser zu werden, u. bin täglich, wenn nicht faul, doch lässiger geworden. Wie oft habe ich zu meiner Frau gesagt: morgen schreibe ich an H. Kestner, u. sollte es wirklich an die Ausführung gehen, dann schwindelte mir vor dem Gedanken: wo anfangen, wie bewältigen, wo aufhören? Ganz anders ist es Jemand von Italien schreiben der es nicht gesehen, Sie lieber Freund, kennen es besser als ich selbst, u. so dürfte ich nur nach dem Stoff langen, der mir in jedem Augenblicke so über den Kopf wächst, daß ich mich oft verwirre u. verliere. Sein Sie mir vor u. nach allem, nicht böse, sondern glauben mir auf mein Wort: daß ich immer derselbe, Ihrer täglich in Liebe u Dank gedacht u. mich unendlich auf die Zeit freue in der wir uns einmal mündlich so recht nach allen Seiten hin austauschen u. uns des genossenen Glückes mit einander erinnern können. 424
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Wir gehen jetzt einem neuen Jahre rasch entgegen, und in diesen letzten Tagen des laufenden Jahres blike ich oft zurük um mich zu fragen: hast du auch wohl die dir verliehene Zeit so verwendet, daß du bestehen kannst? Zuweilen, wenn ich meine Arbeit überrechne, sage ich mir ein Ja, bedenke ich aber, was mir noch zu thun geblieben, dann möchte ich wohl verzweifeln, u. wünschte oft 20 Jahre zurükrechnen zu können. Mit diesen zwanzig Jahren würde ich gewiß etwas vollbringen, wovon sich allenfalls ein Wort reden ließe. Dieser Gedanke treibt mir oft das Blut nach dem Kopfe. und ich werfe mich mit neuer Hast in die Arbeit um wenigstens etwas von dem zu erobern, was mir in seinem ganzen unerreichbar bleibt. In meiner eigentlichen Aufgabe hier, komme ich, wenn auch nicht in Riesenschritten, doch allmälig weiter u. hoffe daß zu letzt etwas dabei herauskommt, was nicht jeden Tag gemacht wird. Daß ich bei diesem Streben jetzt in Rom isolirt stehe, werden Sie begreifen, wenn ich Ihnen sage, daß Rom für die moderne Kunst nicht viel mehr ist, als ein gewöhnlicher Geldmarkt. Ohne Interesse bei den besten Künstlern ist aber weder die Aufgabe, noch das wenige, was bereits darin geschafen ist. Mit Trauer sehen diese auf die vergangene Periode zurük, besonders wohl, weil sie mit allem Talent, sich den modernen Forderungen gefügt, u. nicht lieber vorgezogen zu entbehren u für das höchste zu streiten. Ich bin jetzt in meinem Fache der einzige, der jener Zeit angehört u. freue mich deß, denn mir wird täglich ja stündlich Überzeugung genug, daß sie auf andrer Höhe steht als das heut. Vor einiger Zeit wurden mir zwei Pläne für die Architektur von Weimar eingeschikt mit dem Bemerken von Seiten des Großherzogs, daß ich in der Wahl entscheidend sein sollte. Beide Arbeiten waren so wenig eingehend u. mir so ungenügend, daß ich den Großherzog sogleich bat: mir die Sorge für den Plan zu überlassen, ich würde den rechten Mann dafür hier zu finden wissen, was mir umgehend gewährt wurde. So hatte ich bei der ersten noch eine zweite Sorge u Verantwortung auf den Schultern, hatte aber zugleich die Ueberzeugung daß die Sache sich besser gestalten müsse, wenn wir beide mit Einsicht u. Liebe für die Sache, gemeinschaftlich arbeiten könnten. Der Architekt war schon gefunden, ich hatte in Neapel nehmlich einen jungen Böhmen kennen lernen, in welchem Talent u. Ernst gleich bedeutend sind.* Mit diesem habe ich die neue Arbeit begonnen, u. sie ist bereits so weit gediehen, daß wir sie vor einigen Tagen dem Altmeister Cornelius vorlegen konnten. Dieser rieb sich vor Freuden die Hände, sein Adlerauge glänzte wie ein großer Stern, u. er brach in die Worte aus: Gott sei Dank es giebt doch noch Kerle, die etwas respektables in die Welt setzen können. So u. nicht anders ist die Aufgabe zu lösen, ich werde Euch ein schriftliches Gutachten bei legen, wenn Ihr die Sache fortschikt. Sie können denken, lieber Freund, daß wir nun mit aller Liebe die Sache vollenden. Um mir bei der Größe von 5 ½ Fuß, welche die Bilder hoch sein müssen, über vielerlei Aufschluß zu verschaffen, habe ich jetzt einen Carton gezeichnet, die Sirenen, welche von Grund aus nun geschaffen worden sind, da die vorhandene Composition mir nirgend ausreichend vorkam, u Cornelius mich in meiner Ansicht bestärkte. Jetzt ist der Alte ganz zufrieden gestellt. Sein Hiersein u. unsre alte Freundschaft sind mir von unendlichen Werth, denn wir verschweigen unsre Ansichten gegenseitig keinen Augenblik u. ich kann dadurch nur gewinnen. Der Auftrag hat ihn von Anfang an aufs lebendigste interessirt u. sein Rath fehlt uns nie, wenn wir ihn bedürfen. Wir sehen uns auch nebenbei sehr viel, u dieser vertraute Umgang gleicht alles Unangenehme, was einem jetzt hier begegnen kann, reichlich aus. Sein hohes Alter hat ihm 425
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wenig an, er ist gesund u. geistig frisch, wie ein Jüngling, daher er stets großes u. Herrliches vollbringt. Der herannahende Winter ist abwechselnd wie immer, doch die herrlichen sonnigen Tage lassen uns die schlechten leicht vergessen u die Zeit der prachtvollen Blumen ist bereits im Anzuge. Orangen, Zitronen u alle Arten immergrüner Pflanzen lassen selten den Gedanken an eigentlichen Winter aufkommen, oft aber durchlebt mich ein unaussprechliches Gefühl innersten Glükes, wenn ich mich besinne daß ich noch in Rom bin. Sie, lieber Freund, kennen diese Empfindung u verzeihen mir gewiß gern, wenn sie als schlecht patriotisch erscheint. Der Gedanke an Rom wird mich für meine Lebenszeit noch beglücken u. erheben, wenn ich auch nie zurükkehren kann. Das nächste Jahr treibt mich nun sicher fort, u. noch bin ich unter vielen zu beneiden bei dem schönen Auftrag. Ein großer Trost wird es mir sein bald mit Ihnen zusammen zu sein. Höchst wahrscheinlich gehe ich sogleich nach Carlsbad, da ich nicht gern 2 Jahre aussetzen möchte, trotz des leidlichen Wohlbefindens. Vielleicht wird mir die große Freude Ihren Herrn Vater noch dort zu finden. Sagen Sie ihm dies u. bringen ihm, so wie der innigst verehrten Mutter meine u. meiner Frau beste u herzlichste Grüße, auch Herrn u Frau Lawes, so wie Ihrem verehrten Onkel u Gemahlin. Die bei Ihnen verlebten Tage sind uns stets die schönsten Erinnerungen aus dem Vaterlande u Sie kehren öfterer wieder, als Sie glauben können. Mögte Ihnen allen ein schönes Fest werden, Ihre liebe Frau Mutter sich wohl befinden u. alle Ihre Wünsche in Erfüllung gehen! — Denken Sie unsrer zuweilen wie wir immer Ihrer gedenken. In treuester Anhänglichkeit u Freundschaft Ihr Friedrich Preller. Via de’ Capuccini No 6 * Josef Zitek (1832–1909). Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 38.
445 Rom, den 13. Dezember 1860. An Marie Soest(1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Jetzt ist der Carton der Sirenen vollendet u hat den Beifall aller, die ihn gesehen. Sie werden ihn nicht wieder erkennen, denn es ist keine Parthie in erster Form geblieben, die Landschaft viel phantastischer, das Schiff näher u von größerer Bedeutung u die Sirenen dämonischer u großartiger. Und so mußte es werden, wenn ich zur Ruhe komen sollte. Für den Ulysses habe ich ein vortreffliches wunderschönes Modell gefunden u bin jetzt beschäftigt so viel nach ihm zu zeichnen, als nur möglich, denn in unserm Vaterlande dürfte ich danach vergeblich suchen. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 149.
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446 Rom, den 3. Januar 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Möge der G–g [Großherzog] nicht mit Blindheit geschlagen sein, wie es solchen Herren meist geht. Der Bau ist in seiner Erscheinung u Construction ein tüchtiges Kunstwerk u kann ein Schmuck unsers Vaterlandes werden, wenn er so zustande komt wie er jetzt dasteht. Unser gemeinschaftliches Werk, sowohl Architektur als meine Compositionen machen hier Aufsehen, u wenn das auch uns gleichgültig ist, so ist es von einer gewissen Bedeutung für die Sache, da der G–g sehr gern von sich reden läßt. (S. 80) […] Ich selbst habe nun den Carton der veränderten Sirenen vollendet. (S. 149) […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
447 Rom, den 20. Januar 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Liszt. Rom, den 20. Januar 1861. […] Vor 8 Tagen war ich in den Stanzen des Vatikan, habe die Fresken Raffaels auf einem hohen Gerüst ganz in der Nähe gesehen und habe keine Worte für deren unendlichen Werth. Nur so gesehen kann man empfinden, welch’ hoher Geist und ganz vollendeter Künstler Raffael gewesen. […] Wie wenig geben uns auch die besten Kupferstiche. Wir sehen außer der Composition und dem Gedanken im allgemeinen Großen nichts von seiner unendlichen Geistestiefe und Kenntnis des menschlichen Herzens, von seiner höchsten Grazie in Form und Seelenausdruck, von seiner höchsten Kunst der Farbe und Harmonie. Wer Rom nicht gesehen, hat nur die gröbste und rauheste Außenseite, hinter welcher die hohe Seele dieses gottähnlichen Menschen in aller Bescheidenheit wohnt und nur von denen entdeckt wird, die sich ihm in Liebe und Demuth nähern. Diesen Tag will ich nie vergessen, er brachte mir einen geistigen Genuß, wie ich selten im Leben gehabt. […] Gestern war ich mit Marie, Emil und Friedrich bei Meister Cornelius. Dort fanden wir noch drei Töchter meines Freundes Wittmer* mit dem Vater, eine reizende liebenswürdige Italienerin, welche im Hause wohnt, und einige Künstler. Der Alte war heiter, frisch und somit alle anderen im besten Humor. Wir tranken den Thee in seinem Arbeitslokal, vor uns die Vision des Ezechiel, an der er jetzt arbeitet, ein herrliches gewaltiges Werk. Wir nahmen die Lichter, erstiegen das Gerüst und mir war es von hohem Interesse zu sehen, in welcher Weise sich sein großer Geist auf ’s Papier überträgt. Unter uns stand der große Mensch und freute sich wie ein Kind unseres Beifalls an seiner Arbeit. Als ich herunter stieg, nahm er mich beim Arm und sagte: Siehst Du, wenn ich an so einem Werk beginne, dann ist mir der Beifall anderer ein wirkliches Bedürfnis, später ist er mir von keinem Werth. Ist der Anfang gut, gehe ich mit Heiterkeit und Liebe jede Stunde zur Arbeit. 427
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* Johann Michael Wittmer (1802–1880), Maler, Schwiegersohn und Verwalter des Nachlasses von Joseph Anton Koch (1768–1839). Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 69–70.
[…] Heut erwarte ich die Fürstin W[ittgenstein], die noch immer hier ist. Sie will die architektonischen Zeichnungen v. Zitek sehen, die nun endlich fertig u morgen die Reise nach W. antreten. Endlich, Gott sei Dank! werden wir wieder Ruhe haben. Unsere Atteliers wurden nicht leer bisher, die Aufgabe u unsere Arbeiten haben wirkliches Aufsehen gemacht, obgleich wir nie öffentlich damit herausgegangen sind u allen Versuchen, dieselben auszustellen, widerstanden haben. (…) So eben bringt Emil Ziteks Pläne u ich habe abermals große Freude an der schönen Arbeit. Z. ist jedenfalls einer der begabtesten jungen Architekten, die ich je gekannt. Käme das Werk in dieser Form zur Ausführung, Deutschland hätte nichts der Art aufzuweisen, wenngleich viele größere u bedeutendere Kunstwerke. Hier ist Architektur u Malerei so [Rest fehlt]. (S. 79–80). […] In den nächsten Tagen will ich ein Bild anfangen, davon ich die Composition gemacht. Als Staffage Satiren u. Faunen. […] Jetzt will ich mit allen Kräften an ein kleines Oelbild, dessen Gegenstand heiter u reizend ist. […] (S. 353). Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
448 Rom, den 1. Februar 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 1. Februar 1861. […] St. Pietro gehört nicht nur zu den großartigsten, sondern auch zu den schönsten Bauten der Welt und scheint für die Ewigkeit gebaut zu sein. Hier bewundert man wieder den Riesengeist des Michel Angelo, der die schönste Kuppel der Welt gebaut und verziert hat. Welch’ wunderbarer Anblick, wenn man am Tabernakel steht, über sich sieht und die Riesenglocke wie der Himmel über unseren Köpfen über sich wölbt. Ihre Höhe ist so gewaltig, daß die Cherubim schon anfangen, unserem Blicke duftig zu erscheinen. Die Dekoration von Bildern und Architektur ist so vollendet, daß man dreist sagen kann: an dieses Werk reicht keines an Schönheit auf dem weiten Erdenrund. Wir erstiegen die erste und zweite Gallerie der Kuppel im Innern und sahen in die Tiefe, ein nie gehabter Anblick, denn bei der ungeheuren Höhe ist das Menschengewühl mit einem Ameisenhaufen zu vergleichen. Auf dem Plateau des Würfels giebt es so große Räume, daß Hunderte von Menschen oben wohnen, die stets damit beschäftigt sind, den Bau in größter Ordnung zu erhalten. Die aufgestellten Jünger und Jesus sind aus aufeinander gethürmten Felsenstücken gehauen und geben uns den Begriff der immensen Größe des Ganzen. Nun stiegen wir der Kuppel entgegen, endlich in derselben immer aufwärts bis zur Laterne; jetzt lag ganz Rom, die ganze weite Champagna von 80 [quadrat / Schema] Meilen vor unseren Blicken. Der Ausblick ist überwältigend, der Mensch verschwindet in ein Nichts und man vergißt zuletzt selbst seine eigene Existenz. Immer 428
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noch höher stiegen wir, zuletzt eine eiserne Leiter empor, die uns in den Knopf führt, der bequem 18–20 Menschen faßt. […] Unser Aufenthalt auf Rom’s höchster Höhe währte wohl 1 ½ Stunden. Der ausgebreitete Bau des Vatikan lag uns zu Füßen und jetzt begriffen alle, daß er wirklich 11000 Zimmer enthalten könne und müsse. Der Umfang ist so groß, daß Weimar sehr bequem in seine Ringmauern geht. […] Wäre der Bau äußerlich, besonders der Würfel, auf dem sich die Kuppel erhebt, so schön wie diese selbst, es würde vielleicht nie etwas Herrlicheres aufzuweisen sein. […] Wenn diese Zeilen zu Ihnen gelangen, sind wir inmitten des Carnevals, der hoffentlich etwas besser ausfällt, als vergangenes Jahr. Die Fremden haben den eigentlichen Character der Festlichkeit herabgezogen. Die Römer haben bei solcher Gelegenheit mehr Takt und Feinheit, die Engländer unter allen am wenigsten. Wer überhaupt die Rohheiten dieser Nation sehen will, muß einige Zeit in Rom leben. Bei der Freiheit, die jeder Fremde hier genießt, geben sich alle, wie sie sind. Vor allem aber leuchtet die Arroganz und Gemeinheit der Engländer heraus. Im Carneval macht sie keine Verkleidung unkenntlich. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 70–72.
[…] Jetzt faselt der Grosh. wieder von einem Museum, wohin auch meine Bilder sollen.* Dagegen aber werde ich mich stemmen bis zum letzten Augenblik denn ich müßte Gegenstände u Form derselben ganz u gar verändern, was nicht möglich ist, ohne daß ich total an der Sache ermüden müßte. (S. 80). […] Um aber nicht müßig zu sein, habe ich einige kleinere Zeichnungen gemacht, eine davon ist: der heil. Eustachius, wovon ich Ihnen schon geschrieben. Die zweite untermale ich jetzt, es ist ein Motiv von Olevano, mit Faunen u Satirn staffirt, die sich in ihrer Weise bewegen u belustigen. Auch hierin würden Sie eine charakteristische Seite Italiens finden obgl. weder Cipressen Pinien noch irgendwo Orangen sichtbar sind, diese überlasse ich gern denen, welche die neugierigen Fremden zu versorgen haben. Olevano gehört, Dank dem Himel! zu den Orten, welche von den Zugvögeln nicht besucht werden. […] (S. 353). * Ursprünglich war ein Galerie-Bau eigens für die Odyssee-Bilder geplant gewesen. Siehe die Briefe 442, 449, 454, 461. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
449 Rom, den 16. Februar 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 16. Februar 1861. […] in letzter Zeit habe ich besonders viel nach dem Modell gezeichnet, da ich für den Odysseus einen prächtigen Menschen gefunden hatte; auch nach den weiblichen habe ich mancherlei gemacht, da ein Modell vorhanden, welches als Erscheinung eine Merkwürdigkeit genannt werden kann. Es ist ein Mädchen von meiner Nachbarschaft, in diesem Monat 429
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13 Jahre alt, die Tochter eines Betturino, von einer solchen Schönheit und Vollendung des Baues, daß man oft meint, einen antiken Marmor vor sich zu sehen. Es bedarf vielleicht noch einige Monate und man wird nichts mehr an ihr finden, was nicht höchste Schönheit wäre. Geistig ist das arme Ding ganz vernachlässigt und dieser Mangel wird die Schuld sein, daß sie als geschicktes brauchbares Modell sich nie ausbilden wird. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 72.
[…] Auch ich habe ein mittelgroßes Bild auf der Staffelei, u zwar einen sehr heitern Gegenstand. Tanzende u musicirende Sayren u Faunen machen die Staffage in einer sehr reizenden Landschaft, deren Motiv mir Olevano gegeben hat. Ganz vollenden will ich es erst in Deutschland, da der Rahmen nöthig ist u ich ohnehin schon so viel Gepäck zu transportiren habe. […] Ueber mein Faunenbild kann ich Ihnen diesmal nichts näheres sagen. […] Es ist das vergnüglichste Bild, was ich vielleicht je gemalt habe. Olevano hat mich dafür angeregt, ja eigentlich ist das Ganze ein Portrait jener einzigen Gegend, die nirgend ihres gleichen hat. (S. 353). […] Ich bin fest entschlossen, wenn die Sache in Weimar nicht angenommen u vielleicht auf ein Museum übertragen wird,* zurükzutreten, da ich in diesem Falle die ganzen Compositionen umarbeiten müßte, wozu ich weder Lust noch Ruhe habe. Die Räume würden andere Verhältnisse haben u die Bilder sich accomodiren müssen, während jetzt die Architektur aus den Bildern hervorgegangen ist. (S. 80). * Siehe die Briefe 442, 448, 454, 461. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
450 Rom, den 11. März 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] wir standen an einem der schönsten Punkte in Roms Nähe, bei aqu’acetosa. Die Tage sind jetzt fast regelmäßig so schön u klar, daß wir meist eine Tur nach Tisch in die Campagna unternehmen. Gestern schlug ich die genante vor u fand allgemeine Zustimmung. Emil u Friedr. gingen früher u weiter doch fanden wir uns alle an der Salzquelle wieder. Diese liegt dicht am Tiber der hier ziemlich breit ist, über den Fluß hinweg eine wirklich classische Landschaft, die ich von hier aus schön [sic.] öfteren gezeichnet habe. Gern möchte ich noch ein Farbenstudium daselbst malen. (S. 355) […] Mein angefangenes heiteres Bild* ist eigentlich ein Portrait von Olevano, der Gegenstand aber so classisch, daß eine wesentliche Veränderung sündhaft sein würde. (S. 353) […] * Es handelt sich um ein Motiv aus der Serpentara mit Satyrn und Bacchantinnen, das Preller für den Eisenacher Fabrikanten und Kunstmäzen Julius von Eichel-Streiber (1820–1905) gemalt hat. Das Bild gilt als verschollen. Siehe auch Brief 452. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
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451 Rom, den 21. März 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ich will die Ankunft des Od. auf Itaka vornehmen, diese Scene hatte in letzter Zeit eine besondere Anziehung für mich, und so möge der Vorgang sich deutlich u klar mir offenbaren! mir die Ruhe selbst nicht fehlen, welche das Ganze stimmen u beherrschen muß. Ich denke mir einen heitern feierlichen Abend. Die Sonne soll noch alle Gegenstände beleuchten, muß aber in ihrem Lichte anzeigen, daß sie mit dem Helden einer friedlichen Ruhe entgegen geht. Alle Handlungen der Nebenfiguren müssen geräuschlos sein, selbst Bäume u Pflanzen müssen der Erquickung harren. Gelingt es mir das auszusprechen, ist die Hauptsache gelöst. Die paßlich Form dafür zu erfinden, das ist die Schwierigkeit, doch da ich mit Lust an die Arbeit gehe, hoffe ich auch das Gelingen. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 168.
452 Rom, den 2. April 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Rom, den 2. April 1861. […] Die Osterfeiertage sind vorüber. Ich sah nur die Benediction und die Prozession in St. Pietro. Von den Misereres habe ich leider nichts gehört. Um dies zu erlangen, muß man den ganzen Tag stehen, nachdem man sich den Unverschämtheiten der Engländer ausgesetzt. Der Posaunen-Chor, der aus der Kuppel in die Kirche hernieder klingt, ist von so großartiger Wirkung, daß ich ihr nichts vergleichen kann. Ueberhaupt macht sowohl Instrument- als Vokalmusik in dieser einzigen Kirche eine nie geahnte Wirkung. Die prachtvolle Prozession ist, wie alles übrige, eine gut berechnete Komödie, die man jedoch gesehen haben muß. Der das ganze Volk segnende erhöht getragene Papst ist immer eine ehrwürdige ernste Erscheinung und den Segen eines alten Mannes darf man schon hinnehmen. Bei einem leichten Regen warteten wir dort den Segen vom Balkone ab. Die unübersehbare Menge auf dem Platze scheint mehr neugierig als kirchlich gestimmt und zieht mit Getöse ab, sobald sie den Segen in der Tasche hat. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 72–73.
[…] Mein Bild* geht seiner Vollendung entgegen, doch soll es die letzte Hand erst in Weimar haben, da ich keinen Rahmen hier kaufen will. Gestern erhielt ich Brief von Fr. Wesendonk, welche mich bittet ihr das Bild zu überlassen. Eigentlich ist es für Eichel in Eisenach bestimt, doch bin ich noch unschlüssig ob ichs nicht W…s überlasse, die jedenfalls mehr davon haben […] Das Bild lasse ich ungern von mir. Der Faunentanz unter dem Schlage des tamburello ist eine schöne Erinerung an meine Jugend. Auch wir haben an diesem Orte getanzt u uns des göttergleichen Lebens gefreut. Die jungen 431
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schönen Fauninen sind verwandelte Mädchen aus Olevano welche uns das Mittagessen brachten u bei Musik verzehren halfen. Das Hirtenleben ist noch heut, wie damals auf der Serpentara u das Ganze in dem Drange mir eine Erinerung der Vergangenheit zu schaffen, entstanden. (S. 353) [Datiert 3.April 1861, aber wohl dem obigen Brief zugehörig] […] Noch bin ich in meiner Arbeit an der Scene der Ankunft des Helden auf seiner Heimatinsel. Das verd… Modell lässt mich einige Tage sitzen, u die Figuren sind zu groß, als daß ich sie ohne Anschauung einer schönen Natur zeichnen möchte. (S. 168). * Siehe Brief 450. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
453 Rom, den 17. April 1861. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Mein verehrtester Freund! Der Monat April eilt mit geflügelten Schritt einem Tage zu, der Ihrem Hause u. all Ihren Freunden ein Fest ist. Ich meine den 1.ten Mai. Möchte doch dieser Tag diesmal ein recht freudiger werden, Sie u. alle die theuren Ihrigen sich vor allem einer festen Gesundheit freuen, Ihre verehrteste liebe Frau den bösen Winter mit seinen Schmerzen vergessen können, damit nichts als Frohsinn bei Ihnen einkehre. Dies mein ein und aller der meinigen, sowie Olinda Bouterwecks innigster herzlichster Wunsch für Ihren Geburtstag, den wir im Geiste mit Ihnen allen feiern wollen. Der Monat Mai ist bei uns bestimmt nun wieder ins Vaterland zurück zu kehren, nachdem wir fast zwei Jahre hier glüklich verlebten, u. uns alle so gewöhnt haben daß es keinem leicht werden wird das einzige Rom für immer auf zu geben. Möge der Himmel uns allen die Gesundheit erhalten, der wir uns in dem herrlichen Clima Italiens erfreuten, damit es mir möglich wird mit Lust an meine große Arbeit zu gehen, die mich geistig in Italien fortleben läßt. Eine gewisse Sehnsucht hieher wird mir freilich für’s ganze Leben bleiben, u. ohne die vorliegende große Arbeit dürfte es schwer sein in Deutschland für immer auszuhalten, um so weniger, da ich mich auch körperlich entschieden wohler fühle als in einem nördlichen Clima. Da ich fast unausgesetzt u mit großer Freude gearbeitet habe, ist es mir möglich gewesen, mich nach allen Seiten hin gründlich für meine Aufgabe vorbereiten zu können, u. ich sehe mit einer wohlthuenden Ruhe der Zukunft entgegen. Mein erster Haltpunkt in Deutschland soll Carlsbad sein, u. hoffentlich habe ich die große Freude, Sie verehrtester Freund, dort noch zu finden damit wir unsere Spaziergänge und kleineren Vergnügen wieder gemeinschaftlich genießen. Ohne Ihr Dortsein mag ich mir Carlsbad nicht denken, um so weniger, da Sie ja nicht unter die Leidenden gehören, allen aber ein tröstliches Vorbild sind. Meine Frau denkt wenigstens 14 Tage daselbst mit mir zu sein, u so könnte sie uns des Abends wieder einige kleine Dienstleistungen verrichten. z.B. einen Häring präpariren 432
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u.s.w. Wie ich höre, ist auch Frau Arnemann zu erwarten, u so fehlte es wiederum nicht an kleinen Händeln, die immerhin der Gesundheit von Nutzen sind. Da meine Frau auch schreiben will schließe ich jetzt mit der Bitte mich der hochverehrten lieben Frau Archivräthin aufs beste zu empfehlen, Ihren lieben Sohn für seinen letzten Brief bestens zu danken u. alle aufs innigste zu grüßen. Und nun auf baldiges heiteres Wiedersehen Mit wahrster Verehrung Ihr Fr. Preller. Rom d. 17 April 1861. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 15.
454 Rom, den 26. April 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Ein zweiter Plan zu einem Museum, welches auch meine Wandmalereien einschließen soll wurde mir geschikt u ich habe darauf an den Grosherzog schon geantwortet, da derselbe dem Zweck durchaus nicht entsprach, u in der Erfindung wahrhaft elend zu nennen ist.* […] * Siehe die Briefe 442, 448, 449, 461. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 80.
455 Karlsbad, den 17. Juni 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Doch da fällt mir ein daß Sie mein Schiff falsch segelnd gefunden haben, ein Beweiß daß Sie nicht mit den Gedanken im Bilde waren. Es geht von der linken zur rechten Hand, Steuerruder wie heut, gab es damals nicht, der Pilot steuert einfach mit dem Handruder. Der Wind bläst von links ins Segel u so muß es sein. Der aufwärts stehende Kiel ist Ihnen wahrscheinl. als Vordertheil erschienen, u so haben Sie Segel u Ruder nicht beachtet. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 148.
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456 Karlsbad, den 30. Juni 1861. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Karlsbad 30. Juni 1861 Hochverehrter Freund! Gestern erhielten wir Ihren lieben Brief vom 26. t. d. der uns nochmals die an Ihnen vorübergegangene Gefahr meldet, die erste Nachricht davon erhielten wir durch Frl. Bouterweck dem Himmel sei Dank dafür. Bei meinem sehr wechselnden Befinden, was jedoch ohne jede ernste Bedeutung ist, ließ sich meine Frau nicht bereden, früher zurück zu kehren, und so habe ich die Freude die Rückreise mit ihr anzutreten. Noch vor einigen Tagen machten wir allerlei Pläne wie wir Ihrer wiederholten so freundlichen Einladung folgen, wie wir die schönen Tage an die vergangenen anknüpfen wollen, und jetzt trauern wir über das Mißlingen, die Unausführbarkeit unsrer Träume. Trotz allen Gesundheitsrücksichten, die ich zu nehmen hätte, läßt sich mein Eintreffen in Weimar nicht mehr verschieben, da wir an dem Punkte angelangt sind, wo statt des guten, das widersinnigste Zeug ins Leben zu treten droht. Maries schnelle Gegenwart in Weimar ist vielleicht noch im Stande das Steuer in die Hände zu nehmen. Sie sehen mein verehrter Freund daß ich selbst hier, wo man nur seine Gesundheit leben soll, wenig Freude und keine Ruhe haben soll. Wäre die Arbeit mir nicht von so großer Bedeutung fürs noch übrige Leben, ich hätte schon längst die ganze Sache aufgegeben, denn die Unannehmlichkeiten scheinen gar kein Ende nehmen zu wollen. Auf Augenblike kommt mir indeß immer noch die Hoffnung auf Sieg, und so will ich wenigstens das thun, was in meinen Kräften ist. Vielleicht will es mein guter Stern, daß ich das Kommen zu Ihnen nur auf einige Zeit verschieben kann, und dann will ich eilen und ein fröhliches Gesicht mitbringen, denn dann bin ich Sieger. Heut morgen ist Frau Arnemann endlich abgereist. Wir alle glaubten kaum noch an ihr Weggehen, da es sich immer und immer verschob. Die evangelische Partei in Karlsbad athmet auf, die bisher wenig Ruhe vor ihr hatte. Da es mir nicht vergönnt ist, so schnell bei Ihnen zu sein, wie ich möchte, so will ich mich wenigstens in meinen ruhigen Stunden geistig dahin versetzen, und die schönsten sonnigen Stunden mit Ihnen allen verleben. Empfehlen Sie mich der hochverehrten Frau und Sohn aufs beste und nehmen die Versicherung meiner unausgesetzten Liebe und Verehrung, in der ich bin Ihr Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 17.
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457 Weimar, nach Juni 1861. An Gustav Adolf Schöll (1805–1882), Archäologe und Direktor der Kunstanstalten in Weimar, ab 1861 Oberbibliothekar. [Auf Billet] Herrn Hofrath Schöll bitte ergebenst Herrn Holzmann die Erlaubnis zu geben die Bibliothek sehen zu dürfen. Herr Holzmann reist heute ab u möchte gern die Bibliothek sehen. Düsseldorf, Heinrich-Heine-Institut, Handschriftenabteilung/Archiv, Signatur: 86.5068/16.
458 Weimar, den 11. Juli 1861. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Verehrtester Freund! Da ich mich nicht ganz wohl fühle, nehme ich die Feder zur Hand um eine Frage an Dich zu richten, welche ich schon gestern mündlich thun wollte, aber Deine Reise erfuhr. Musikdirektor Stöhr sagte mir Du kämest heute zurük und also zur Sache! — Frau Arnemann in Eisenach will nehmlich wissen ob es gerathen sei daß Herr Giaffei, Dräger, und Frl. Dozi*, erste Sängerin aus Neapel nach Weimar kommen, um eine Abend unterhaltung zu geben, bei welcher etwas mehr herauskomme, als die Kosten. Beide Künstler habe ich mit Herrn Sabatier aus Florenz u. Dessauer aus Wien in Carlsbad zu deren großer Freude gehört, u glaube daher daß es nicht riskant ist, wenn man sie dem Hofe empfielt. Denn in Weimar, sagte mir Stöhr, ist nichts zu erwarten. Dies mein Geschäft, in welchem ich Dich um womöglich baldigste Antwort bitte, da ich sogleich nach Eisenach schreiben soll, wohin sie wie ich vermuthe, auf ihrer Reise kommen, oder gekommen sind. In wahrster Verehrung Dein Friedrich Preller Weimar d. 11 Juli 1861. * Wohl Clotilde Tosi. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25,16 Brief 8.
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459 Weimar, den 30. August 1861. An Julius Mosen (1803–1867), Schriftsteller. Hochverehrter Herr! Ihr werthes Schreiben vom 25.t. mit Beilage der Studien habe ich erhalten und ersehe daraus, daß Frl. Krause mit vieler Liebe sich dem Fache der Landschaftsmalerei ergeben, leider aber einen elenden Unterricht gehabt haben muß. Wie Frl. Krause auf diesem Wege ein wirkliches Wissen od. Können der Natur erlangen könnte, begreife ich nicht, u finde fürs erste ein weiteres Arbeiten nach solchem Prinzip ganz u. gar unütz. Vor allem wär es nöthig daß ich die junge Dame selbst spräche, ich will also die sogenannten Studien so lange hier behalten, bis sie selbst hieher zurükkehrt, um mich ihr verständlich zu machen. Sie haben vollkommen recht, geehrtester Herr wenn Sie meine Scheu vor dem Dilletantismus erwähnen. Hat Frl. Krause den Ernst die Sache zur Kunst zu erheben, dann bin ich bereit sie aufzunehmen. Ich nehme vierteljährig 25 Rt. Mit der Bitte dies Frl. Krause mit zu theilen, zeichne ich mich in Hochachtung Ihr Ergebenster Fr. Preller. Weimar 30 Aug. 1861. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.496,III,Nr.319.
460 Weimar, im Herbst 1861. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Die Herrn von der Kunstschule haben mir den Handschuh vor die Füsse geworfen, jetzt stehe ich ihnen mit scharfer Klinge gegenüber und werde sie treffen, wo sie mir eine Blösse geben. Ein Schädelspalten hat auch seine Reize. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 278.
461 Weimar, den 19. September 1861. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Verehrter lieber Freund! Seit Empfang Ihres lieben letzten Briefes mit der uns allen so höchst vertraulichen Beilage des Bildes von Ihren verehrten Papa, ist eine lange Zeit verflossen, in welcher ich Ihnen zehnmal schreiben wollte, wohl auch doppelt so viel Zeit, als dazu nöthig gewesen, leicht 436
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gefunden hätte, und doch habe ich’s aus verschiedenen, theils sehr unangenehmen Ursachen bisjetzt verschoben. Sie werden mich gewiß entschuldigen, wenn ich Ihnen sage daß Aerger u Mißmuth in der meine Arbeit betreffenden Angelegenheit die Hauptursach meiner Mißstimmung war, die ich allein tragen wollte, noch immer hoffend, die Sache werde sich zuletzt erfreulich lösen. Noch bin ich nicht über den steilen schwarzen Berg hinweg um ins Licht bliken zu können, ich steige aber muthig aufwärts u bin entschlossen: da wo Dornen u Disteln mir den Weg verrammeln, wacker mit meinem Knittel drein zu schlagen. Nur so hoffe ich noch durch zu kommen, in andrer sanfterer Weise geht es nach mancherlei bitterer Erfahrung nicht. Unser Großherzog ist von einer Gesellschaft halbschüriger Leute umgeben u beherscht daß es einem wirklich leid sein muß. Es werden ihm gewiß die Schuppen von den Augen fallen, doch dann erst, wenn er die kleinen ihm zu Gebote stehenden Mittel vergeudet hat. Darin, mein lieber Freund, liegt eigentlich das größte Unglük, was mir schon so viel bittere Stunden gebracht hat. Meine Arbeit ist nun in den Bau eines Museums einverleibt worden, u zwar so, daß die innere architektonische Eintheilung u Anordnung aller Ornamente so bleibt, wie es im ersten Plan festgestellt war. Dieser Plan war in jeder Weise ein Meisterstük, u seine Ausführung hätte sowohl dem Architekten als auch dem Großherzog Ehre gebracht.* Da wir aber ein Museum wirklich nöthig haben, läßt sich für den zweiten Plan, in Hinsicht auf meine Arbeit, ebenfalls dafür sprechen. Der Himmel gebe nur, daß nun von dieser Seite nichts mehr dazwischen komme. Ich hoffe daß kommendes Frühjahr der Bau beginne. Bisher hat das Verschieben des Baues meine Arbeiten nicht gehindert, denn das vergrößern der Cartone zur wirklichen Größe, braucht mit den noch zu machenden Compositionen u Farbenscizzen, mehr als Jahr u Tag. Ich bin daher unausgesetzt in der Sache thätig u fleissig, u kann sagen: daß ich niemals mit mehr Freude u Erfolg gearbeitet habe, als gerade in dieser Zeit, woran meine Reise in Italien großen Theil hat, da ich mich auf derselben in jeder Art gut vorbereitet habe. Nach meiner Rükkehr habe ich ein in Rom angefangenes Bildchen der Serpentara vollendet, bin dann aber zu den Cartonen übergegangen u denke dabei nun mich nicht mehr unterbrechen zu lassen. Die Sirenen habe ich in Rom verändert u den Carton gezeichnet. Jetzt steht auch eines der Mittelbilder (der Polyphem, wie er dem Ulyss den Stein nach schleudert) fertig vor mir, u ich denke mir: Sie verehrter Freund würden gewiß Freude an der Arbeit haben, da ich glaube: es wird sie nicht leicht heut einer besser machen. In der bedeutenden Vergrößerung ist sie natürlich reicher in den Motiven geworden, u gewissenhaft u organisch durchgebildet. Morgen gehe ich an die Rinder des Helios, da diese Composition im Gedanken wohl ziemlich fertig ist. Wenn der Himmel mir leidliche Gesundheit schenkt denke ich ohne sonstige Störung in der Sache, ziemlich rasch vorwärts zu kommen, da meine Reise mich in vielem klarer u entschiedener gemacht hat. Ein Lieblingsnebengedanke bei dieser schönen Arbeit ist immer der: ob Sie verehrter Freund nicht einmal einen kleinen Abstecher nach dem alten Weimar machen könnten? Wir würden gar mancherlei zu bereden u überlegen haben u uns die Zeit nicht lang werden lassen. Es würde Sie gewiß auch interessieren den Genelli in seiner Werkstadt zu sehen, der immer vorwärts geht, u in letzter Zeit Dinge vollbracht hat, die ihm keiner gleich thut. 437
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Er ist eben doch einer der bedeutendsten Künstler aller Zeiten, trotz seinen kleinen Eigenheiten die ich nicht ableugnen will. Unsre Zeit hat mit Cornelius sicher kein größeres Genie, diese beiden Riesen werden sicher dereinst unsere Zeit stempeln. Dabei kann er hinreißend liebenswürdig sein, u ist es fast ohne Ausnahme. Ich meine: Sie müßten ihn wirklich kennen lernen. — Ihren verehrten lieben Eltern bringen Sie meine u meiner Frau aller herzlichste u beste Grüße, mit der Versicherung unsrer Freude u des Dankes für das liebe kleine Bild, was uns so oft an die schönen Tage in Ihrem Hause erinnert u unsre Sehnsucht dahin wach hält. In jedem Falle, so ich am Leben bin, denke ich kommendes Frühjahr Ihnen meinen Besuch nach der Carlsbader Reise zu machen. Wie mag es wohl Ihrer theuren verehrtesten Mama gehen, deren immerwährendes Leiden uns so schmerzlich ist. Möchte doch der Himmel ihr einen bessern Winter bescheren, da ihr der Sommer so wenig gute Tage gebracht. Wir hoffen u wünschen daß die Schmerzen vorüber u Sie gute Aussicht in die Zukunft haben. In den letzten Tagen hatten wir von unserm jüngsten Sohn aus Olevano einen muntern Brief, der mich auch bestimmt hat ihm seinen Aufenthalt in Italien zu verlängern. Er sollte eigentlich diesen Herbst zurük, doch habe ich, wie gesagt, noch zu gegeben u hoffe davon für ihn gute Früchte. Hoffentlich treten die politischen Ereignisse dort für die Fremden nicht störender ein, als sie schon gethan. Ich mußte leider Sicilien in Folge der Unruhen dort, aufgeben, was ich immer bedauern werde. Den Plan, nochmals nach Italien später zu gehen, gebe ich nicht nur nicht auf, sondern bilde ihn immermehr aus, u tröste mich damit in der Zeit, die ich hier verleben muß, obgleich Italien auch so mancherlei aufweist, was wir im Vaterlande besser haben. Rom ist aber eben das Vaterland der Künste u Künstler u wer es einmal als solcher betreten hat, dem wird die Sehnsucht dahin nie mehr verlassen. Glüklich, der es wieder aufsuchen kann. Auch meine Frau hat sich dort so eingelebt, u uns allen ist das Clima so zuträglich gewesen, daß sie mit unendlicher Freude an die Zeit zurükdenkt. Sie fragt an was Ihr Liebling Leporetto mache? Nehmen Sie die besten u herzlichsten Grüße für sich u die theuren Ihrigen von uns allen, zürnen Sie mir nicht wegen meines langen Schweigens u vergelten nicht gleiches mit gleichen. In treuer Liebe u Ergebenheit Ihr Friedrich Preller Weimar 19 Septbr 1861. Sollten Sie Joachim sehen, so bringen Sie ihm einen herzlichen Gruß. * Ursprünglich war ein eigenes Bauwerk für den Zyklus der Odyssee-Landschaften geplant gewesen, der schließlich in das Gebäude des Großherzoglichen Museums integriert wurde. Siehe die Briefe 442, 448, 449, 454. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 39.
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462 Weimar, den 8. November 1861. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Weimar d 8 Novbr. 1861 Mein verehrter Freund! Bei sehr häßlichen Wetter aber leidlicher Gemüthlichkeit in meinen vier Pfählen des Studiums, wohin ich sogleich nach der Rückkehr meine Zuflucht genommen, sei es mein erstes, bevor ich mich in die Arbeit stürze, Ihnen u. den lieben Ihrigen Nachricht von mir zu geben. Ich nehme an, daß Sie, verehrter Freund, wie ich selbst, sich des Wohlseins wieder erfreuen, die Unannehmlichkeiten des Schnupfens vergessen u sich für lange Zeit alles Ueble beseitigt haben. Ach! könnte ich noch dieser Zuversicht in Beziehung auf das schrekliche Leiden Ihrer hochverehrten Mutter vertrauen.— Möchte sie doch wenigstens recht bald eine dauernde Erleichterung haben, damit alle beglücken welche die vortreffliche Frau kennen. Wir alle wollen der Hoffnung laben daß unser heißester Wunsch in Erfüllung gehe. Daß ich der schönen Tage, des Zusammenlebens mit Ihnen in Ihrem Hause nie vergessen werde, aber immer in Dankbarkeit u Sehnsucht gedenke, das brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern. Trotz der kleinen körperlichen Widerwärtigkeiten, hat mir der Aufenthalt bei Ihnen geistig so erfrischt, daß ich jetzt mit Freude wieder an die Arbeit zurükkehre, bei der ich in letzter sehr herunter gestimmt war. Daraus mögen Sie ersehen daß ich meines Aufenthalts bei Ihnen nur freudig gedenken kann. Meine Rükreise wurde genau so ausgeführt wie wir dieselbe projektirt hatten. Nachts 3 Uhr langte ich munter u frisch bei den meinigen an, schlief noch eine Stunde u erfreue mich seitdem eines leidlichen Wohlseins. Die Tur nach Celle war mir mehr, in Beziehung der Bilder, interessant als erbaulich.* Die viel besprochne Leda hat freilich dem Leonardo ihr Dasein zu danken, ist aber sicher nichts weniger, als ein Original. Dieselbe Leda existirt in verschiedener Qualität mehrfach in der Welt, u.a. einmal in der Gallerie Borghese in Rom, u zwar der raffaelischen Zeichnung viel näher tretend, in der Farbe leuchtender, u ist, leonardische Schule verzeichnet. Das Exemplar des Herrn Hostmann habe ich mit aller Aufmerksamkeit untersucht u geprüft, u kann Ihnen folgendes mittheilen. Gegen eine Originalität spricht zu erst die rohe u schlechte Zeichnung, des Ganzen wie der Theile. Das Original war jedenfalls in der Proportion viel schlanker, in den Theilen schöner. Hätte Leonardo je einen solchen dicken Kopf auf so schlecht gezeichnete Schenkel u Füße gesetzt? Der Kopf hat zwar etwas von dem Tipus des Meisters, ist aber ins wahrhaft widerwärtige u. frazzenhafte übersetzt. Die Brust hat nichts von dem, was man anmuthig nennen könnte, sondern entbehrt alle Form. Die Malerei u der Ton des Ganzen scheint mir allein das zu sein, wofür man sich interessirt u das zu meist an Leonardo erinnert. Die Restaurationen sind aber nicht nur neu, sondern das Bild hat deren schon so viel alte, daß nach meiner Ueberzeugung man nur von Aechtheit sprechen kann an dem Bauche, wo der Borstpinsel u die Modulation der Form rein dasteht. Am Gesicht, Haar, Armen u Beinen wie den Füßen, scheinen mir ältere u alte Ueberschmierungen in Menge vor zu kommen. Die Kinder scheinen mir von ganz anderer Hand, auch begreife ich nicht weshalb ein so 439
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verschiedener Fleischton in denselben ist. Der grünliche Farbenton der Leda erinnert mich mehr an Luino** als Leonardo, ist mir aber an diesem Bilde das aller anziehendste. Wär alles andere eben so gut, würde ich das Bild für eine Copie des Luino ohne Scheu erklären. Bei Leonardo kommt wohl ein od. das andere mal dieser grüne Ton vor, ist aber nicht charakteristisch für ihn, sein Ton ist zumeist leuchtender u frischer. Dies, mein verehrter Freund, ist das Ergebnis meiner Untersuchung. Unter den andern Bildern mag manches Original, ist aber wenig anziehendes für mich. Der Guido, den Herr Hostmann hochhält, ist eine schlechte Copie. Das Portrait von Fr. Hals ist ächt, aber nicht anziehend, die Malerei daran verwegen, lebendig u der Ton wahr, wie das bei allen seinen Arbeiten. Eine Venus von Tizian mag ich nicht dafür kaufen. Herr Hostmann jun. sagte mir daß die ganze Sammlung für 1500 rth. angekauft sei, freilich für die Menge wenig Geld, doch immer zu theuer, wenn ich die Qualität betrachte. Für diesen Preis hätte Herr H. vielleicht ein wirklich gutes Bild haben können. Doch Liebhaber wie er, denken anders als wir, u halten jedes Machwerk, das 200 Jahre erlebt, für etwas ganz besonderes. An den Menschen allein finde ich das Alter an sich ehrwürdig. Ein altes Bild ohne andere vortreffliche Eigenschaften, hat für mich keinen Werth, die Mittelmäßigkeit ist mir vielleicht noch widerwärtiger als das entschieden schlechte, da ich in derselben stets Mühe u. Zeitverschwendung endeke, das letzte hat meist nur Liederlichkeit zum Grund, u oft überrascht uns noch ein genialer Zug darin. Herr Hostmann jun. besitzt einige hübsche Kleinigkeiten zB. einen Kopf, Ostade getauft, der ein sehr gutes Machwerk des Dietrich, in der Manier von Ostade ist. Von neuen bewundere ich in diesem Bildchen die fabelhafte Leichtigkeit des Dietrich, sich in die Natur eines andern zu versetzen u ihn bis zur Täuschung nach zu ahmen. Vor allen andern scheint ihm der Ostade gelungen zu sein. Seine Imitationen des Rembrand entbehren immer das, was wir in Rembrand schwer mit Worten klar machen können, u was ich Genius nenne. In meiner eigenen Angelegenheit habe ich beim Großherzog ernstliche Schritte gethan, da von seiner Seite zur Entscheidung wenig od. besser Nichts geschieht. Eine Antwort auf meinen Brief den ich ihm vorgestern übergeben habe, muß in der Sache mich tüchtig fördern od. ihn ein Ende machen. Nichts ist mir lästiger als eine Ungewißheit, der ich doch immer alle Kräfte u Zeit widmen muß, so gut, als wär die Sache entschieden. Eine derartige umfassende Arbeit unternimmt man nicht aufs Geradewohl. Kennte ich unsern gnädigsten Herrn als Mann von wirklichen Charakter, so wär mir sein Wort genug, hier muß ich schwarz auf weiß besitzen. Mit der Neigung: etwas zu sein, ist man es nicht. Er möchte vor der Welt Carl August erscheinen, besitzt aber keine einzige Eigenschaft dieses herrlichen Menschen. Dieser wollte Nichts scheinen weil er alles war, unser jetziger ist Nichts u. daher die Scheincomödie in allem möglichen. Sie sehen aus alldem, daß ich durch allerlei Unannehmlichkeiten nicht allein gestört sondern oft zur Arbeit untätig gemacht werde. Könnte ich mich abschließen, nur für mich schaffen, ich wollte doppelt u Besseres vollbringen. In manchen Augenbliken hoffe ich noch immer glükliche Lösung u so bald sich etwas ergiebt, erhalten Sie Nachricht. Jetzt will ich Sie nicht länger mit meinen Klagen belästigen. Sagen Sie Ihren verehrten Eltern wie sehr mich der Aufenthalt in ihrem Hause beglükt hat, u bringen Ihnen die Versicherung eines tiefgefühlten Dankes für all die Freundligkeit, die mir über schwere 440
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Stunden hier hinweg helfen wird. Meine Frau u Kinder, sowie Frl. Bouterwerk’s empfehlen sich Ihnen u den Ihrigen bestens. Mit herzlichstem Gruß treu Ihr Friedrich Preller. Meine Frau wird Ihrer Frau Mutter nächstens für den theuren Brief danken. * Preller nahm auf Bitten Hermann Kestners die Bildersammlung des Celler Unternehmers und Bankiers Carl Hostmann (1799–1858) in Augenschein. ** Aurelio Luini (1530–1592). Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Sign.: I/C/I/799/Nr. 40.
463 Weimar, den 28. November 1861. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar 28. Nov. 1861 Mein lieber Freund! Gestern ist die Kiste angekommen. Wie, wo soll ich beginnen, Ihnen mein Glück zu schildern, meinen Dank so warm auszusprechen, wie ich ihn im allerinnersten empfinde. Sie haben mir eine Freude bereitet, die ich mit Nichts vergleichen kann, die fürs ganze Leben ausreicht. Gott! welcher Mensch ist das gewesen! Gestern habe ich den Kopf* unter der Lampe gehabt bis 12 Uhr in der Nacht, er atmete, mir stockte Herz und Atem und die Nacht habe ich grösstenteils schlaflos verbracht. Jetzt steht er im Studium, unter Napoleon’s Maske, gut beleuchtet und wird mich jeden Morgen zu Arbeit stimmen und erheben. Dies Werk ist wie die Venus von Melos, ein Triumph der Kunst. Mit all diesen schönen Dingen, welche mich im Studium umgeben, denke ich Ihrer täglich, mein lieber Freund, denn der grösste Teil davon stammt von Ihnen her. Wie viel habe ich Ihnen zu danken! Die Freude und Ruhe, die mich jeden Tag hier erwartet, hat mich über tausend Unannehmlichkeiten weg gebracht, die jetzt bei meiner Arbeit auf mich einstürmen. — Mit dem Portrait der Fr. Arnemann haben Sie mich unendlich erfreut.** Sie wissen wie viel ich von dieser Arbeit als solcher halte, aber dass sie mich von Neuem in hohem Grade überrascht, das muss ich Ihnen doch sagen. Dies Relief dürfen Sie getrost vor jeden strengen Richter aufstellen. Auch habe ich Ihnen noch für den Luther nicht gedankt, der mich jetzt so oft mahnt, trotz aller List und jedem niederträchtigen Kniff, auf meinem Recht ohne Furcht zu beharren. Mündlich mehr davon. — Mit der Vergrösserung meiner Cartone gehe ich, ohne mich in etwas beirren zu lassen, vorwärts. Sie finden, wenn Sie kommen, mancherlei. Der Steinschleuderer Polyphem und die Helios Rinder als lange Bilder, die Leucothea und den Hirschträger als hohe, stehen in ihrer wirklichen Grösse da, und ich hoffe und glaube, dass Sie nun sehen werden, wie ich’s damit meine. In dieser Grösse bekommen die Sachen ihre Durchbildung und ihren rechten Rhythmus. Da, wie ich höre, Sie zu Weihnachten kommen, will ich sehen, Ihnen noch 441
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etwas vorzuführen. – Nochmals muss ich Sie meines herzlichsten Dankens versichern. Empfehlen Sie mich der Frau Rietschel, Schnorr’s, und denken Sie unserer zuweilen. Ihr Friedrich Preller. * Es könnte sich um das große Medaillonbildnis des am 21. Januar 1861 verstorbenen Ernst Rietschel handeln. ** Eine Abbildung des Reliefbildnisses von Mathilde Arnemann (1809–1896) in Ulrike Fuchs: Der Bildhauer Adolf Donndorf. Leben und Werk, Stuttgart 1986, S. 130. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 113–114. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
464 Weimar, den 8. Dezember 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Die besten Stunden verbringe ich an meiner Nausikaa, u bin ich einmal in der Arbeit dann vergesse ich alles Ueble um mich, lebe einer schönen Vergangenheit u träume mich gern in künftige ähnliche Stunden. Das Bild rükt dabei vorwärts u nimt den Ausdruck an der mein Innerstes beherrscht. In diesem Bilde wendet sich das Schicksal des armen Odysseus endlich zum Besseren, der Ausdruk darf nur heiter werden, die Gastlichkeit thut sich ihm auf, Liebe, wenn auch unbewußte, tritt ihm hülfreich zur Seite u führt ihn der Erlösung entgegen. Alle folgenden Scenen sind friedlichen, ja heitern Charakters, u dafür wünsche ich nur eine dauernde Heiterkeit meines Ichs, ohne welche die zweite Hälfte schlecht ausfallen würde. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 163.
465 Weimar, den 17. Dezember 1861. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Ich habe mich gefreut nach langer Zeit wieder von Ihnen zu erfahren. In Ihrer Angelegenheit habe ich sogleich die rechten Schritte gethan, und in Erfahrung gebracht, daß die Sendung ganz wohl behalten zu rechten Zeit angekommen, Gott weiß aber, durch welch Zwischenspiel ungeöffnet zur Verwahrung gegeben worden war, Herr Rath hat die Sache jetzt übernommen und wird für das Weitere in aller nächster Zeit Sorge tragen. Dies die Versicherung aus seinem Munde. Möchte mein Wunsch, Sie und Ihre letzten Arbeiten zu sehen recht bald in Erfüllung gehen. Ich bin jetzt seit meiner Rückkehr aus Italien fleißig an den Cartonen der Odyssee, die in einer eignen Gallerie auf der Mauer zur Ausführung kommen sollen. Der Himmel beschere mir die dazu nöthige Kraft und Gesundheit. Mit bestem Gruß Ihnen ganz ergeben 442
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Friedrich Preller Weimar d. 17. Dcbr. 1861. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 16611.
466 Weimar, den 22. Dezember 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] dies Jahr bin ich zu Nichts gekomen. Jede gesunde Stunde galt meiner großen Arbeit, die wenigstens in den Cartonen um jeden Preiß vollendet werden muß. […] Die Feiertage finden Sie mich, wie immer im Studium. Die Zeichnung der Nausikaa ist noch nicht fertig u Freude würde es mir sein sie noch im alten Jahre vollenden zu könen. Daß sie mich mehr geplagt, als alle bishersigen [sic.!] könen Sie schon daraus sehen, daß sie so lange unter den Händen. Der Gegenstand ist sehr schwer zum rechten Ausdruk zu bringen, doch ich denke daß ich alles frühere darin verbessert habe, u der Moment klar u verständlich in passendster Umgebung steht. Die Landschaft trägt den heitersten freisten Charakter u wird durch die Morgenfrische der Farbe durchaus reizend werden. Ohne die Reise nach Neapel hätte ich diese Composition nie befriedigend wenigstens mir machen könen. Jetzt ist sie den andern wenigstens nicht nach zu setzen, die meisten werden sie in ihrer graziesen Heiterkeit allen andern vorziehen. Nun, mag jeder das seine heraus suchen, ich habe die schwere Aufgabe dem Homer in jeder seiner poetischen Stimungen zu folgen u ihnen den richtigen Ausdruk zu geben. Glükt mir das zu erreichen, dann frage ich ruhig: wer machts besser? […] Mit dem G…g* bin ich noch nicht aufs Reine, er windet sich wie ein Wurm meine Bedingungen ein zu gehen, u diese sind nur in höchstem Grade bescheiden. Aber daran etwas vermindern lasse ich unter keiner Bedingung. (S. 163–164) […] Mit der Kunstschule komen wir andern in keine Berührung. Neulich ließ Herr v. Ramberg durch den Bildhauer Hänel, sein Freund, bei mir anfragen: ob er mir seinen Besuch machen dürfe, worauf er von meiner Seite die Antwort erhielt: daß ich nicht geneigt sei einen der Herren kenen zu lernen, u so entging ich diesem lästigen Besuche. (S. 86) […] * Großherzog. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
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467 Weimar, den 29. Dezember 1861. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Meine Arbeit, die Nausikaa ist dabei ins Stocken gerathen, ich wollte sie im alten Jahr vollenden, u hätte es bequem vollbracht. Nun das Neujahr wird ihr wohl auch gut bekomen. Es fehlen nur die Figuren, die Landschaft ist fertig u ohne jeden Vergleich besser u richtiger im Ausdruck als die frühere Compositionen dieses Gegenstandes. Genelli der sie neulich sah, war überrascht. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 164.
468 Weimar, den 10. Januar 1862. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Weimar d. 10 Jan. 1862. Verehrter lieber Freund! Schon haben wir 10 Tage im Neujahr u. meine besten Wünsche für Sie u das ganze Haus finden erst heut ein Känuchen auf dem sie zu Ihnen gelangen können. Mochten Sie doch, u. vor allen die so sehr gegrüßte theure Mutter, so wie Ihr Herrn Vater die schönen Festtage u. das Neujahr in guter Gesundheit u. damit froh verlebt haben! Damit hat man, wenn auch ohne eigentlichen Grund, doch stets die Hoffnung auf eine Dauer für die folgenden Tage, um so mehr, da wir dem Frühjahr entgegen gehen. Wenn ich einer innern Stimme Gehör geben kann, so geht es wenigstens ganz erträglich bei Ihnen allen, u Besseres kann ich Ihnen vor der Hand auch nicht wünschen, da wir ohne Gesundheit die übrigen Freuden des Lebens doch nur theilweiß oder gar nicht genießen. Ich selbst habe von Weihnachten an nur wenige gesunde Stunden auf zu zählen. Der nordische Winter, obgleich dies Jahr mild, läßt seine Tüken an mir wieder freien Lauf u damit komme ich immer mehr zu der Ueberzeugung, daß der Himmel mich eigentlich für den Süden bestimmt, u. auf dem Wege dahin nur verlohren hat. Nun, ich baue auf bessere Tage im Frühjahr. Bei alledem habe ich, wenn es nicht zu toll wurde doch gearbeitet, u darin einen Erfolg gefunden für das, was ich in letzter Zeit verlohren u getragen habe. Meine Lieblingsarbeit rükt trotz vieler Widerwärtigkeiten vorwärts. Ich denke in diesen Tagen den 6 ten Carton, die Nausikaa zu vollenden. Diesen Gegenstand zum richtigen Ausdruk zu bringen, war eine Arbeit welche zu überwinden mir oft Muth u. Kraft gebrach. Der Gegenstand an sich hat gewiß für jeden seine Schwierigkeit, für mich doppelte weil meine ganze Natur mehr zu schroffen scharf ausgeprägten Gegenständen neigt. Hier ist in den Schiksalen des Odysseus der Wendepunkt, u das muß auf den ersten Blik dem Beschauer deutlich werden. Ob ich das erreicht, das sollen Sie werther Freund entscheiden, denn ich halte Sie bei Ihrem Versprechen, das Sie mir bei meinem letzten Aufenthalt bei Ihnen gegeben. Sie müssen doch endlich Weimar wieder sehen, u ich glaube daß Sie mancherlei finden werden was zu sehen, der Mühe werth ist. 444
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In meinem speciellen Interesse liegt es, gar mancherlei mit Ihnen zu besprechen. Sie sehen: ich bin Egoist, aber daran haben Sie gewisse Schuld, Sie haben mir in Ihrer eigenen Person den Mann sehen lassen, mit dem allein ich bei meiner Arbeit in vielen Dingen zur Klarheit kommen kann. Der letzte Aufenthalt bei Ihnen ist mir, bei all den kleinen Störungen, die mir der böse Schnupfen brachte, unvergeßlich, u die Erinnerung an jene Tage hat mir hier schon manche böse Stunde erleichtert, bessere versüßt. Also, sehen müssen wir uns einmal wieder, u daran wollen wir beide arbeiten. Wegen der alten Kupferstiche vom Abendmahle des Raffael, welche sich in Gotha befinden sollen, habe ich Nachricht, doch noch keine Gelegenheit gehabt mich selbst zu überzeugen, hoffe aber im Frühjahre selbst dahin zu kommen. Giebt die Sache uns eine Aufklärung so wird es leicht werden davon Pausen zu erhalten. Aus Ihrem Hause habe ich den letzten Gruß durch Fräulein Bouterwerk erhalten, die Ihren Herrn Vater dafür herzlichst danken. Sie hatten große Freude seine eigene Handschrift zu sehen. Beide empfehlen sich Ihrem ganzen Hause aufs Beste. Im Namen meiner Frau tausend herzliche Grüße jedem Einzelnen auch der Familie Lawes. Der auch ich mit Gruß in Erinnerung gebracht sein möchte. Gern hätte meine kleine Frau einige Zeilen an Ihre Frau Mutter hinzugefügt, doch nothwendige Geschäfte haben sie noch kaum ins Haus gebracht. In nächster Zeit wird sie sich die Freude machen selbst zu schreiben. Und nun leben Sie wohl, bringen Sie meine aller besten Grüße an die theuren Eltern, u. lassen Sie gelegentlich etwas von sich hören. Treu ergeben Ihr Friedrich Preller. Auch mein Seeman empfiehlt sich Ihnen bestens. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 41. Ein Auszug bei Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 96.
469 Weimar, den 12. Januar 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Mit der Nausikaa bin ich jetzt soweit daß ich hoffe kann diese Woche bequem fertig zu werden. Ich selbst kann über das Gelingen der Arbeit Nichts sagen, weiß nur, daß sie mir im Ausdruck dessen, was ich erstrebt habe, richtiger als das vorhergegangene erscheint. Genelli, der sie gestern sah, sagte: wenn ich Geld hätte müßte ich diese Landschaft besitzen. Diese Anerkenung hat großen Wert für mich. Der Gegenstand wird für jeden eine schwere Aufgabe sein, für mich war er es doppelt, weil meine ganze Natur mehr grossartig ernten [sic.!] Gegenständen sympathisch ist. Der erste Lichtblik in den Schiksalen des Helden mußte nothwendig einen heitern Charakter in der Composition, so wie in allen Formen u Linien haben. Mit dieser Ueberzeugung ging ich an die Arbeit, konnte aber lange nicht die Bahn finden auf der ich dem Ziele näher rükte. Was jetzt vor mir steht, giebt mir den 445
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Homer, ob andern? Die Arbeit war eine dreifache, den 3 mal habe ich den ganzen Bau der Landschaft verändert u eben so vielmal fast fertig gehabt. Wie viel Freud, aber auch Leid in dieser Zeichnung stekt, wird niemand sehen, der aber kann es wissen, der mit mir die Zeit durchlebt hat. Die andern Gegenstände haben diese Bedeutung nicht u werden daher leichter zu bewältigen sein. Ich denke zunächst die Calypso vor zu nehmen, u freue mich der Arbeit. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 164.
470 Weimar, um den 20. Januar 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Heut sitz ich vor der nun vollendeten Nausikaa, die noch heut fixirt werden soll. Am Donerstag zeichnete ich, wie ich Ihnen schrieb, die Hauptfigur hinein, u Sie standen mir während dieser Zeit ohne Unterbrechung vor der Seele. Modell habe ich dafür nicht genomen, ich dachte die Sache damit zu entweihen, u wie sie nun ist gehört sie Ihnen allein. Bis gestern habe ich noch allerlei in der Landschaft hervorgehoben u berichtigt, jetzt sage ich amen. Genelli sah sie gestern fertig, höchst zufrieden mit dem ganzen Bau. Nur ich hatte noch anderes damit im Sinn, das was ich gewollt, was mir so deutlich vor der Seele schwebte, steht nun nur theilweiß vor meinem Auge. Wie wenige werden verstehen, was ich erzielt, man wird dereinst das nehmen, was greifbar u das ist natürlich das wenigste. Ich kann mir nur einzig sagen, daß ich unermüdlich gekämpft u damit muß ich mich leider beruhigen. […] Morgen werde ich den 7ten Carton vornehmen, noch ungewiß, welchen Gegenstand ich nehme. Die Circe ausgenommen, werde ich leichtere Arbeit haben, ich will auf so harte Tage, einen kleinern Carton anfangen. Vielleicht die Calypso. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 164–165.
471 Weimar, den 26. Januar 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Mit Beseitigung des Cartones der Nausikaa ist mir in Wahrheit eine große Last von der Seele. (S. 165) […] Vorgestern habe ich die Calypso angefangen. Der Bau der Landschaft wird wenig Veränderung im Großen erhalten, das Innere jedoch mehr Motive u dadurch mehr Leben bekomen. Die Handlung der Figuren aber wird jedenfalls bezeichnender u interessanter. Odysseus sitzt von der Cal. etwas abgewendet, in die Ferne schauend, während sie, etwas mehr im Vordergrunde, nach ihm zurückblikt u ihn verläßt. Dadurch, daß im Schiffe die 446
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Segel schon liegen, ist die Abreise bezeichnet, ihr Weggehen erklärt sich deutlich als Abschied. (S. 155) […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
472 Weimar, den 2. Februar 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, den 2. Februar 1862. im Stud. […] In meiner Angelegenheit mit dem Großherzog noch einiges zum Verständnis. Was Sie von einer Belohnung anderen gegenüber sagen, ist mir von keiner Bedeutung, haben doch würdigere als ich um geringen Lohn gearbeitet; denken Sie an Genelli, Koch und viele Andere. In der Kunst giebt es ebenfalls eine Mode, diese wird gesucht und bezahlt. Wird Kaulbach nicht dreifach gegen Cornelius honorirt? Die Mittel hier sind keine königlichen. Der Großherzog hat selbst vom Landtag die Bewilligung eines Zuschusses nöthig für den Bau eines Museums. Bei mir ist die Frage „entweder – oder“. Soll das Werk zur Anschauung kommen, darf es unsere Möglichkeit nicht übersteigen. Daß mir daran liegt, meinem Vaterlande ein Zeichen meiner künstlerischen Existenz zu hinterlassen, begreifen Sie. Von beiden Seiten, um das zu erlangen, waren Opfer nöthig. Ich bin in den Stand gesetzt, in unserer den Künsten ungünstigen Zeit eine Reihe Jahre mein bestes Werk ruhig und ohne Sorgen auszuführen und erübrige doch ein paar Tausend Thaler. Friedrich hat dabei Gelegenheit, viel zu lernen und das ist nicht der kleinste Vortheil dabei. Werden die 16 Bilder gemalt, was ich noch zu erreichen gedenke, so ergiebt sich die Summe von 12800 Thalern. Dabei bleiben mir alle Skizzen und Cartone und jede nicht verschuldete Verzögerung muß mir vergütet werden. Das Werk soll beginnen im Frühling 1864. Bis dahin müssen alle Vorarbeiten im Stande sein und hoffentlich bleibt mir Zeit, das eine oder andere nebenher zu thun. Zuletzt fragt man nicht, was hat das Werk gekostet, wohl aber ist es gut? Ist mir’s vom Himmel bescheert, die Arbeit zu vollenden, dann hat Weimar etwas, woran die Besten sich freuen können und ich habe dem Leben meinen Tribut gezahlt. Glücklich noch immer, wer es in dieser Weise belegen kann. Ich bin in der Sache dem Großherzog mehr Dank, als Unzufriedenheit schuldig. — Vor einigen Tagen war er mit einigen anderen Herrschaften hier. Er sah die Sachen, ohne ein Wort zu reden, ruhig an; beim Weggehen drückte er mir die Hand mit den Worten: „Sie haben mich auf ’s Höchste überrascht, die Arbeit bringt Ihnen die größte Ehre, mir die größte Verehrung derselben. Im Publikum muß sich die Sache, wenn auch nur bei wenigen, Anerkennung verschaffen. Sie wird über meine Zeit hinausreichen und damit kann und will ich zufrieden sein.“ […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 73–74.
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473 Weimar, den 17. Februar 1862. An Marie Soest(1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Meine Arbeit, seit der Großherzog die Bestimmung getroffen, geht ruhig vorwärts und ich hoffe, wenn ich sie vollenden kann, daß sie mir Ehre bringt. Mehr beanspruche ich nicht. Zeitliche Güter sind bei unseren kleinen Mitteln nicht zu erübrigen. Ich trage das Verhängniß mit vielen anderen tüchtigeren Leuten, als ich bin. Koch hat bis zu seinem Ende am Hungertuche genagt, ist sich und seiner Kunst aber treu geblieben; auch hierin soll er mir Vorbild bleiben. Genelli hat jahrelang weder Licht noch Holz im Winter gehabt, er blieb aber derselbe strebsame Mensch und die Welt muß ihn desto höher achten. Mir geht es noch immer besser, als beiden und ich kann mich doch nicht mit ihnen messen. Daß ich reicher sein könnte, weiß ich, und vielleicht hätte ich die Verpflichtung gehabt, mehr an die Kinder zu denken, doch mit dem Aufgeben meiner Ueberzeugung wäre ich unglücklich geworden und wahrscheinlich zugleich unfähig, mich der Mode anzupassen, denn leider giebt es eine Mode in unserer Kunstrichtung. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 74.
[…] Ich schike Ihnen anbei das Scizchen von der Nausikaa, damit Sie wenigstens den Bau der Landschaft u Anordnung der Figuren sehen. Mehr läßt sich in dem Miniaturmaasstabe nicht geben. In der Farbe denken Sie sich einen schönen heitern Morgen, der mit seiner Frische in Luft u Ferne in Silberduft badet, sonnig sich gegen den Vorgrund ziehend u den waschenden u spielenden Mädgen durch die silbernen Oliven kühlen Schatten bereitend. Durch die Oliven ranken strotzende Weingewinde. Die Mädgen machen sich fertig den Ort zu verlassen, der Wagen ist vorgefahren. Die Körbe mit Wäsche stehen gepakt, da erscheint ihnen der schlaue Held, kniet vor der N. u sagt ihr allerlei Schmeicheleien. Dies der von mir gewählte Moment. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 165.
474 Weimar, im Februar 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […]Morgen, wenn ich ein paßliches Modell finde will ich noch den Telemach zeichnen u dann wird der Carton wohl ohne Schwierigkeit zu vollenden sein. Gestern war Genelli hier u fand die Aufgabe in glüklichster Weise gelößt. Einige bedeutende Winke bezüglich der Figuren waren mir willkommen. […] In dieser unglüklichen Wochen ist nun auch mein Carton nicht fertig geworden, was ich so sehr wünschte u hoffte. Noch fehlen der Eum. der Telem. u die Hunde. Hoffentlich gelingt mirs die nächsten Tage andampfen zu können. [...] Mit diesem Cart. ist die große Hälfte vollendet u damit eigentlich das Theil womit ich Friedrich überraschen wollte. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 171.
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475 Weimar, den 23. Februar 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Gegenwärtig bin ich am Eumaeos. Der in mancherlei wieder besser werden kann. Statt der Olive kommen Feigen in die Nähe des Hauses, diese Frucht ist ein Begriff der Nährung. Der Eumaeos steht nicht, sondern geht dem Telemach, die Arme ausbreitend sogar die Stufen herunter entgegen, während dieser mit den ihn umhüpfenden Hunden ihm entgegen kommt. Dadurch wird die Scene iniger u lebendiger zugleich. Durch das engere Format schließt sich alles mehr an einander u erhöht die Stimmung. (S. 171) […] Auch die Abfahrt von der Calypso ist sprechender geworden, dadurch daß ihn die Nimpfe verläßt während der Held etwas weiter zurük von ihr abgewendet, sehnsuchtsvoll in die sanft anrauschende Fluth hinausblikt. Er stützt sich auf den Ellenbogen u hält das Schwert in der Linken, im Begriff sich damit zu umgürten. Hinter ihm steht das fertige Schiff, die Segel liegen bereit, die Axt hat er von sich geworfen, u so ist der Zeitpunkt klar, daß er die Schöne verläßt, die er doch keinen Augenblik mit ganzer Seele geliebt. Die Landschaft selbst ist freier arangirt, in ruhiger sehnsuchtserweckender Stimmung gehalten. (S. 156) […] So wenig die Zeichnung* auch durchgebildet ist, so wird sie Ihnen doch einen deutlichen Begriff von der neuen Auffassung des Gegenstandes u dem Bau der Landschaft geben können. Im Vergleich zum ersten Entwurf kommt sie mir vielmehr als ein Ganzes vor, während jener mir jetzt als ein Stück der Scene erscheint. Der Gedanke war eben nicht reif, u ich gestehe, ehe es bis zu diesem Stadium der Reife kam ist eine lange Zeit vergangen u manch Stück Papier mit unnützer Kritzelei verdorben worden. Der Carton birgt gar manche trübe Stunde, ich sagte mir oft genug daß sich mein Talent nicht bis zu der Grazie erheben könne, welche gerade dieser Gegenstand verlangt. Die Ueberzeugung einer gewissen rauhen Einförmigkeit, gegen die ich immer angekämpft, stand Nachts als höhnendes Gespenst an meinem Lager u verscheuchte die Ruhe, die ich für den nächsten Tag nöthig hatte. Nun! so wie die Sage jetzt dasteht, mag sie die Welt hinnehmen, ich habe gethan was ich konnte, auch zähle ich selbst diese Composition nicht zu den schlechtesten die von mir existiren. Für meine Natur, die sich mehr zu den wilden leidenschaftlichen Gegenständen hingezogen fühlt, giebt es schwerlich in der Odyssee einen Moment, vor dem ich rathloser stehen würde. In diesem Augenblike verwandelt sich das herbe Geschik des Helden in lichte Hoffnung, er naht sich zum erstenmale der milden Lösung seines Schiksals, ahnungsvoll tritt ihm die glükliche Heimkehr vor die Seele. Das mußte sich im ganzen Bau der Landschaft mit den Figuren wenigstens ahnen lassen. Sonnig u heiter liegt die schöne Ferne mit ihrer Meeresfläche vor ihm, die waldigen kühlen Schatten haben den schwergeprüften erquickt u wie ein mildglänzender Stern, vor dem er sich beugt, tritt Nausikaa tröstend entgegen. Mit den fliehenden Mädchen flieht ihn das letzte Ungemach, was er als Mensch nicht besiegen konnte. Der zürnende Gott ist von der schützenden Göttin überlistet u tritt machtlos zurük. Menschen gegenüber fühlt er seine Kraft u damit vollendet er seine Aufgabe. (S. 165) […] * Odysseus und Nausikaa. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
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476 Weimar, den 5. März 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Der Eumaeos ist bis auf drei Figuren fertig u ich denke in vielen Dingen vollendeter als der Entwurf. Der E. geht dem Telemach die Stufen herab entgegen ihn zu umarmen. Diese Scene ist dadurch iniger u verständlicher, im Entwurf könnte der Eumaeos auch wohl ein Redner sein, hier ist kein Zwischengedanke möglich. Der Vater sitzt ganz im Schatten nach vorn übergebeugt den Sohn ruhig beobachtend, die Hunde umhüpfen lustig den ankommenden. Dieser ganze Vorgang ist unter Feigen u Weingewinden. Am Hügel, von welchem ein Hirt die Herde eintreibt, murmelt ein Brunnen, im Waldschatten sieht man noch Schweine die Eicheln aufsuchend. Jetzt muß ich erst Modell zeichnen u dann ist in wenigen Tagen die Sache vollendet. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 172.
477 Weimar, den 8. März 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, den 8. März 1862. i. St. […] Die letzte Zeit beschäftigte mich vielfach Kestner’s Bemerkung über das nicht griechische Knieen und ich rief mir so manche Momente aus den alten Dichtern in Erinnerung, die alle die Uebereilung dieser Bemerkung beweisen. Das Knieen ist, so weit unsere Geschichte reicht, bei allen civilisirten Völkern der Ausdruck der Verehrung, Ergebenheit und flehenden Bitte gewesen. Wir finden diese Bezeichnung in den urältesten Resten der Skulptur bei den Phöniziern, Aegyptern und allen späteren Völkern. Bei den Griechen in den Dichtern und in den Künsten, wohin wir schauen, z. B. Ganymed kniend vor Zeus, ihm die Schale reichend. König Priamus vor Achilles, Hektors Leiche erbittend. Eteokles, in den Kampf eilend, seine Familie sucht ihn kniend zurückzuhalten. Jason begegnet seinem Vater, das Volk hält ihn für einen Gott und sinkt in die Kniee. Der Sänger im Palast des Odysseus bittet kniend um sein Leben. Odysseus soll stehend der Nausikaa Mutter die Kniee umfassen u. s. w. Eines dieser Beispiele würde ausreichen, ihn zu widerlegen, doch um all das kann sich’s nicht handeln. Die Hauptsache ist: daß dem Beschauer die Handlung deutlich werde, selbst um den Preis, daß die Ausdrucksweise echt deutsch wäre. Ueber diesen Punkt sprach ich einmal gründlich mit Cornelius. Er antwortete mir auf verschiedene Fragen in der Weise: „Werde Deiner Nation verständlich in dem, was Du darstellst, mehr wird und darf sie nicht verlangen. Bei meiner Erkennungsscene im Joseph habe ich statt der ägyptischen Architektur römische gemacht und niemand hat je daran etwas auszusetzen gehabt. Die plumpe ägyptische Scenerie ist uns zu fremd und spricht nicht mehr aus, als jede andere. Hat Raffael irgendwo sich an morgenländische Tracht oder Sitte gehalten? Seine Bewegungen sind 450
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durch ihre Allgemeinheit jedem verständlich, die Trachten niemand störend.“ Daß dies alles richtig, davon kann sich jeder überzeugen; der Vatikan so wie die Glyptothek in München stehen allen Menschen offen. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 75.
478 Weimar, den 22. März 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt.
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Weimar, den 22. März 1862. […] Wir waren gestern im Theater und haben die Ristori wieder gesehen und einen schönen Abend gehabt. Adelaide Ristori* ist noch dieselbe schöne, ja viele sagen, viel schöner gewordene Frau als vor 8 Jahren, echt römische Erscheinung äußerlich und innerlich; eine Medea kann heute unter denselben Umständen auch noch in Rom gefunden werden. Mich hat sie theilweise entzückt, ja größtentheils ganz befriedigt, wenn ich an ihr künstlerisches Spiel nicht den höchsten Maßstab gelegt habe. Für das Höchste hätte sie wohl die Gaben, doch sie erliegt oft ihrer Leidenschaft; ein nothwendiges Gehaltensein, was jedes Höchste in den Künsten hat und haben muß, geht ihr ab. Wahrhaft große Momente fehlen ihrem Spiel nicht, besonders im höchsten Affekt der Leidenschaft, aber die maßvolle Haltung darin. Schwächer, wenigstens in dieser Rolle sind die Erscheinungen, die ein tief- und zartfühlendes Herz äußert. Wenn diese Erscheinung auch bei einer Südländerin weniger zu tadeln wäre, als bei uns, so fordern wir doch darin vielleicht die höchste Befriedigung. Sie ist eben an Leib und Seele eine Römerin und das so scharf, daß ich mich ganz beglückt fühlte; manirirt, wie ich sie hier und da nennen gehört, kann ich sie durchaus nicht nennen. Wer das italienische Volk mehr als nur oberflächlich kennt, wird sie durchaus wahr finden müssen. Die raschen Uebergänge in den verschiedenen Empfindungen kennen wir an unserer Nation nicht. Der Südländer ist aber viel biegsamer und in allem entzündbarer. Sie ist eben doch eine große seltene Erscheinung, die ihren Ruhm verdient, wenngleich noch etwas über ihr denkbar ist. Ihre äußere Erscheinung ist oft bezaubernd, sie hat ganz antike Momente, freilich dafür viel von der Natur. Gestalt und Kopf, sowie Bewegung von höchster Schönheit. Sie repräsentirt Roms schöne Frauen genügend und ich werde noch lange des Genusses gedenken, den uns die gestrige Vorstellung gebracht. Ihr Organ und ihre Sprache kann man nur in Rom hören; darin liegt ein Zauber dem ich keine Worte zu geben weiß. Die ersten Töne durchbebten mein Herz, mir liefen die Thränen über die Wangen, ich fühlte die Seligkeit, die mich immer überkommt, wenn ich an Rom denke, im allerhöchsten Grade, dabei die Anschauung einer echten römischen Körperbildung!!! – Die Bearbeitung** des Gegenstandes ist lumpig, das Ende fast lächerlich und die Truppe höchst mittelmäßig, einige Mitglieder sogar sehr schlecht, reizend ein Knabe von ca. 9 Jahren, vielleicht ein schönes Talent, dessen Reinheit des Organs und der Sprache sogleich für sich einnimmt. Der Creon erinnerte mich lebhaft an unseren Hauswirth in Rom Sgr. Luigi, welcher die 451
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40. Adelaide Ristori del Grillo, Lithographie nach Eduard Kaiser, 1856.
Rolle aber sicher besser gespielt haben würde. Vom Jason wäre höchstens zu sagen, daß er Prügel verdient, so wie er erscheint, bis an’s Ende. […] * Die italienische Schauspielerin Adelaide Ristori (1822–1906) gastierte im März 1862 in Weimar. ** Medea, Trauerspiel in 3 Aufzügen von Ernst Legouvé, übersetzt von Joseph Montanelli. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 76–77.
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479 Weimar, letzte Woche im März 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, im März 1862. […] Den Abend vorher war ich am Hof und habe nun zum zweiten Male diese Kopfschmerzen davon getragen. Ist es die mir nie zusagende Hofluft oder, was ist die Ursache? Die Ristori, welche am Montag Abend* die Maria Stuart unvergleichlich gegeben, recitirte einiges und las den 6. Gesang des Dante, die Geschichte der Francesca da Rimini. Wie sie das gethan, können Sie wohl denken; gewiß, niemand wird es richtiger, großartiger und ergreifender thun. Unter anderer Umgebung kann ich mir nichts erhebender denken, als einen Vortrag dieser so ganz einzigen Frau. Sie ging in der Sache auf. Sie war die klagende Francesca selbst. Der Dante in seiner Größe und feinsten Dichterseele lebte in ihr auf und riß das beste Publikum in den Wirbeltanz hinein. Ein tief innerlicher Schmerz durchbebte mich den ganzen Abend. Die höchste Verehrung für dies seltene Talent wird mir bleiben, so lange ich lebe. Ihre Erscheinung am Hofe elektrisirte alle Damen wie Herren, ihre Schönheit und Benehmen drückte alle zu Boden. Sie war die Königin, von deren Lippen jeder sich glücklich pries, ein Wort zu hören. Obgleich nicht in dem Alter, wo die Schönheit die Spitze erreicht, sondern weit darüber hinweg, war sie doch die einzige majestätische Schönheit, die alles mit ihren Strahlen überglänzte. Ich sah zum ersten Male wieder den Typus römischer Schönheit und Hoheit (sie ist Venezianerin), den Unterschied der Nationalität Ihr Kopf ist im Ganzen, wie in den Theilen, wunderschön, ihr Ausdruck wahrhaft zauberisch, Hals und Schuldern antik, ihre Farbe jene reizende Marmorweiße der vornehmen Römerinnen, ihre Gestalt junonisch, Hände und Füße Modelle der Schönheit. Mir ward wieder italisch zu Muthe und ich hoffe, der Eindruck wird nicht bald in mir erlöschen. […] * Die italienische Schauspielerin Adelaide Ristori (1822–1906) trat am Montag, den 24. März 1862 als Maria Stuart auf. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 77–78.
480 Weimar, im März 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] In meiner Arbeit habe ich die Rükkehr des Od. nach Ithaka angefangen, u daran sehr viel verändert. Der ganze Vorgang geschieht jetzt nicht in der Grotte (diese ist etwas zurük, an der rechten Seite) sondern am Stamme des Oelbaumes, was mich in der Composition etwas freier handeln läßt, u die schwarze Einfassung beseitigt. Der Od. wird nicht erst niedergelegt, sond. liegt ruhig schlafend im Sande, die Faiaken tragen […] Geschenke aus dem Schiff. [unterer Teil abgerissen]. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 168.
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481 Weimar, Anfang April 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Gestern habe ich den Carton geendigt*, heut wird angedampft u dann mit einer kleinen Zwischenarbeit 2 Tage geruht. Diese Zeichnung ist total neu geworden, keine Figur dieselbe geblieben. Handlung derselben, so wie die Landschaft, alles anders. Das Ganze viel sonniger aber auch grosartiger. Odysseus mit dem Mantel bedekt, liegt ruhig schlafend im Sande. Ach! er hatte so viele unenbare [sic.] Leiden erduldet, u. nun schlief er so ruhig u all seine Leiden vergeßend. Dies der Inhalt meiner Composition. Das Schiffsvolk enthebt dem Schiffe die Schätze u legt sie leise zu den Füßen des göttergleichen Helden, am Stamme des alten Olivenbaums, der seinen friedlichen Schatten über Brust u Angesicht des Odysseus wirft. Mir scheint diese Auffassung viel poetischer u zugleich deutlicher, als die in der ersten Scizze. Dabei ließ sich vielmehr Schönheit der Gestalten in Gruppirung u Form entwickeln. In der Farbe muß das Ganze von einem süßen Abendlicht übergoßen werden, u damit der Eindruk unfehlbar sein, wenn alles glükt, wie es mir vor der Seel lebt. Der 9te Cart. steht also vollendet, die große Hälfte, gebe der Himmel seinen Segen für die andere. […] * Die Heimkehr des Odysseus nach Ithaka. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 168.
482 Weimar, den 3. April 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, den 3. April 1862. im St. […] Mir hat das Frühjahr die Ruhe zum Schaffen entführt. Seit den prächtigen Tagen wird mir das Arbeiten beschwerlich und am liebsten überließe ich mich allerhand Träumereien, die sich häufiger anmelden, als mir lieb ist, doch, wie Sie wissen, gehöre ich nicht zu denen, die so ganz abhängig von ihren Stimmungen sind. Ich habe mich durch viele Jahre überzeugt, daß man seinem Genius gebieten kann, wenn man nur den Muth hat, es zu thun. Wie wäre es möglich, daß die Alten so unendlich viel Großes und Herrliches geschaffen, wenn sie immer auf Stimmung gelauert hätten, die man heute die rechte zu nennen beliebt? Ein schaffender Mensch muß bei gesundem Körper auch geistig stets schlagfertig sein und ist es. Dafür haben wir mehr Beweise, als für’s Gegentheil. Die Erwartung des günstigen Moments scheint mir eine moderne Koketterie oder ein bequemer Vorwand, sich gehen zu lassen; beides soll bei mir nicht Fuß fassen. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 78.
Daß ich als Anfang der ganzen Abenteuer die Abfahrt von Troja u den Kampf der Kikonen machen werde, habe ich Ihnen wohl schon geschrieben. Beide Gegenstände wären sowohl 454
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richtig als interessant, wenn das hohe Format nicht ein Hinderniß wär dieselben in ihren reichen Motiven gehörig zur Anschauung zu bringen. Doch da es keinen Ausweg giebt bei den feststehenden architektonischen Räumen, so muß ich schon sehen, daß ich mich leidlich aus der Affaire ziehe. Es ist wohl kaum möglich andere Gegenstände zu finden, in diesem Stadium ist das Gedicht wenig dramatisch, mein Cyklus will u muß aber bei alldem einen Anfang haben u womöglich einen nicht ungünstigen. (S. 125). […] Noch bin ich in meiner Arbeit an der Scene der Ankunft des Helden auf seiner Heimatinsel. […] Ueber den besten Schuß des ganzen Cyklus bin ich lange unschlüssig gewesen, habe manche unruhige Nacht gehabt u endlich einen Entschluß gefaßt. Ich will nehmlich mit der Ankunft bei dem alten Vater Laertes schließen. Die Beschützerin des Helden, Pallas würde dann, sowie die Verfolger Poseidons über den Hauptbildern in bezüglichen Momenten vorkomen. (S. 75–76). Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
483 Weimar, im April 1862 (?). An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Fragment […] treibende Heerden. Sie sehen daraus, daß sich die Dinge imermehr reifen. Da ich die Cartone ganz abschließen will, auch wenn sie nicht alle gemalt werden sollten, was ich indeß noch immer hoffe, so macht es sich nöthig daß ich ein Bild noch erfinde. Ich denke die Einschiffung bei Troja zu wählen, statt der Ziegenjagd aber ein andres gehaltreicheres zu nehmen, vielleicht das Treffen bei den Kikonen. Es wäre dies das einzige, wo Odysseus menschlicher Gewalt unterliegt, denn alles sonstige Unheil trifft ihn durch den beleidigten Neptun, u diese Abwechslung trüge doch zur Vervollständigung des Ganzen bei. Die Ziegenjagd, so hübsches Bild sie auch macht, ist eine Episode u nebenbei Wiederholung des hirschtragenden Helden. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 75.
484 Weimar, den 29. April 1862. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d. 29 April 1862. Hochverehrter Freund! Für Ihren so nah bevorstehenden Festtag empfangen Sie vorerst die aller besten Glückwünsche von uns allen, sowie von beiden Schwestern Bouterwerk, mit denen wir, fern von Ihnen den Tag feiern wollen. Gott erhalte Ihnen noch lange die theure Gesundheit und 455
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Kraft, welche bisher Ihre treuen Begleiter waren, und lasse sie von diesem Tage an doch in Ihrem Hause einziehen, damit wir alle, früher oder später, frisch und heiter wieder begrüßen können. Und nun tausend Dank für Ihren letzten so lieben Brief, der wie alle andern, uns allen große Freude war. Der Monat Mai soll auch mich wieder für eine Zeit in Karlsbad erheitern und für kommende arbeitsschwere Tage stärken. Obgleich der gefürchtete Winter nach so vielen im Süden verlebten schönen Tagen leichter an mir vorüber ging, als wir alle glauben konnten, so will ich doch nicht versäumen nach der Quelle zu eilen, der ich so unendlich viel zu verdanken habe, und wäre es wirklich nur, mir meinen innigsten Dank in Person zu bringen. Auf die Freude meine liebe Frau mit zu nehmen muß ich wohl diesmal verzichten, da ihre Gegenwart im Hause wirklich nöthig ist. Im Monat Mai erwarten wir unsern lieben Friedrich aus Italien zurück und unser Ernst Hemken aus Jever ist auch seit seiner Rükkunft hiehier, beide Jungen würden ohne die Mutter höchst wahrscheinlich alles im Hause auf den Kopf stellen. Daß meine Frau höchst ungern zurükblickt brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern. In der Hoffnung, daß alles im Hause seinen guten Gang geht, folge ich für meine Person aber Ihrer gütigen Einladung und komme für einige Tage nach Hannover, die Hoffnung nicht aufgebend, daß mich die liebe Frau dort abholen könne. Die letzte Nachricht aus Rom stellt mir die Freude in Aussicht unsern lieben Friedrich auf seiner Rükreise vielleicht ein paar Tage zuerst in Karlsbad zu sehen. Daß sich die Mutter um so mehr auf sein Kommen freut, da die beiden älteren so gut als immer das Haus verlassen haben, werden Sie denken können. Der Gedanke keines der Kinder um sich zu haben, ist mir ebenfalls drückend obgleich in geringerem Maaße fühlbar, da meine Arbeit mich mehr ausfüllt und beschäftigt. Unser Ernst, der älteste, geht in nächster Zeit für Hamburg als Obersteuermann wieder in See, und Emil, der zweite, ist als Arzt in Ilmenau angestellt. Erst vorgestern kehrten wir von einem Besuche bei letzterem zurück und hatten dort die Freude ihn in unermüdenter Thätigkeit und von allen geschätzt zu sehen. Die Reise des Herrn Arnemann und Frau durch Weimar haben wir bei dieser Abwesenheit versäumt, jedoch erfahren, daß Frau Arnemann abermals Carlsbad zum Frühjahr aufsuchen wird. Möchte sie diesmal nur ihre liebenswürdigen Seiten herauskehren! —. Zum Schluß habe ich noch die Bitte, Ihrer hochverehrten Gemahlin unsere besten Grüße zu bringen, und Ihrem Sohn, nebst Dank für den lieben Brief und herzlichem Gruß, zu sagen, daß ich sein Hierherkommen noch immer erwarte. Hochachtungsvoll und treu ergeben Ihr Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 19.
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485 Karlsbad, im Mai 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad [Ohne Datum] 1862. […] Soeben wird eine Arbeit eines meiner Bekannten in Rom, des Bildhauers Schubert *) ausgepackt, eine Grablegung, die für die protestantische Kirche bestimmt ist. Sie ist Relief und Wiederholung im Kleinen. Das Original **) ist überlebensgroß, eine tüchtige Arbeit, die in Rom Aufsehen gemacht. Die Frau Arnemann hat, den Künstler zu unterstützen, die Mühe übernommen, die Summe von 900 Thalern guldenweis zusammen zu betteln. Einer ihrer mannigfachen schönen Züge. […] *) Prof. Schubert, herzogl. anhalt. Hofbildhauer, lebt in Dresden. Siehe auch Brief 486. **) Das Original wurde 1869 in der Petrikirche in Hamburg aufgestellt. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 80.
486 Karlsbad, Mitte Mai/Anfang Juni 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Carlsbad [Ohne Datum] 1862. […] Schuberts Grablegung* hat mich abermals als künstlerisches Werk erquickt. Der Gegenstand gehört unter den christlichen immer noch zu den besten. Ich selbst könnte mich nie entschließen, einen christlichen Gegenstand künstlerisch zu behandeln und doch halte ich mich für eben so gut, als manchen, der nur in Demuth und Knieen für die Kirche arbeitet; jeder in seiner Weise. Meine Kirche ist Gottes herrlichste Natur. Ich bete überall, am liebsten unter freier Luft. Ich sehe den Allmächtigsten in jedem Steine. Ich fühle sein ewiges Wesen in jeder Pflanze, in jedem unbedeutenden Käfer. Die düsteren Mauern und Pfaffen schrecken mich. * Der in Rom tätige Bildhauer Hermann Schubert (1831–1917) hat mehrfach Reliefs mit dem Motiv der Grablegung Christi geschaffen. Siehe auch Brief 485. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 81.
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487 Karlsbad Ende Mai 1862. An seinen Sohn Friedrich (1838–1901), Landschaftsmaler. [Notiz beiliegend]: Abschrift eines Briefes von Professor Fr. Preller d. Aelteren an seinen Sohn Friedrich. Original befindet sich in den Händen des Rechtsanwalts Reimann Ilmenau. Mein theurer lieber Friedrich! Ich möchte Dir in der ersten deutschen Hauptstadt, welche Du auf Deiner Reise berührst so gern das erste Willkommen zurufen, da das aber in Person unmöglich ist, so nimm von hier aus meinen herzlichsten u. besten Gruße schriftlich.* Im Geiste habe ich Dich auf der ganzen Reise begleitet, Tag für Tag mir die Karte in die Erinnerung gebracht, wo Du sein könntest u. so das Eine u. Andere gemeinschaftlich mit Euch wieder gesehen u. bewundert. Was Ihr verlassen, kann Euch im Norden nichts ganz ersetzen, doch ist immer erhabend in München einer Zahl Geister zu begegnen, die nicht jedes Jahrhundert aufweisen wird. Auch vergönnt Euch die schöne Gallerie einen nochmaligen erfreulichen Rückblick in’s Vaterland aller Künste, ins unvergessliche Italien. München bewahrt noch manche schöne Blüthe der ganzen italienischen Periode. Sieh dort das beste mit Ruhe u. bewahre es in Reinem Herzen. Seit Mitte Mai bin ich hier in Carlsbad ohne Unterbrechung bis jetzt wohl, habe manchen alten Freund wiedergefunden u. damit ein Mittel gegen die Langeweile, die indeß niemals fehlen kann, wenn man wieder allein steht. Ich denke hier zu bleiben bis zum 9 ten Juni, also Du mußt bis zum 7 ten, entweder hier sein, od. mir Nachricht zukommen lassen, damit du nicht eintriffst wenn ich schon fort bin. Meine Adresse ist F.P. Carlsbad, im Gartenthale. Sollte sich’s um 1–2 Tage handeln, diese könnte ich wohl zugeben, aber ohne Ursach bleibt man nicht gern hier, da das Leben sehr theuer ist. Kämst Du zeitig an, so würde ich gern mit Dir über Dresden gehen. Nach der Kur habe ich Kestner versprochen nach Hannover zu kommen. In dieser Zeit denke ich, werdet Ihr Emil in corpore einen Besuch abstatten, der gute Junge würde sich unendlich freuen, u. ich glaube die Mutter hat das Päckchen schon lange fertig. Emil, als practicus, hat unendlich viel zu thun, so daß ich fürchte: er kann es so nicht lange aushalten. Für den Winter, wenn er keinen Assistenten hat, muß er sich wenigstens für ein Pferd entschließen. Die Praxis auf dem Lande ist doch sehr angreifend da er Wege von 2 bis 2 ½ Stunde zu machen hat. Doch will ich schließen, damit noch heut der Brief weggeht. Grüße mir Köhler aufs herzlichste u. gieb mir bestimmte Nachricht, wenn Du nicht bis zum 7 ten Abends hier sein kannst. Behüte Dich Gott mein lieber Frieder. In treuster Liebe Dein Vater Fr. Preller. * Friedrich war gemeinsam mit seinen Eltern 1859 nach Italien gereist, blieb dann aber länger in Rom und kehrte im Sommer 1862 nach Weimar zurück. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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488 Celle, den 12. Juni 1862. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Donnerstag, Celle Mein verehrter Freund! Sie werden sich wundern Nachricht über den vom Schiksal umhergeworfenen Odysseus von dem kleinen Celle aus zu erhalten. Auf dem Wege zu Ihnen hatte ich bestimmt einige Tage in Braunschweig zu bleiben, doch das abscheulichste Wetter benahm mir alle Lust dazu, u so machte ich den kleinen Abstecher hierher um die Geschwister Soest zu sehen. Morgen zu Ihnen zu kommen ist mein Vorsatz, den auszuführen mich mit wahrer Freude erfüllt. Möge mich nichts unvorher gesehenes abhalten! Ihren Herrn Vater, von dem ich Grüße zu überbringen habe, verließ ich in besten Wohlsein, nur mit einigen Heimweh behaftet, was nun seiner completen Heilung in nächster Zeit entgegen sieht. Sehr viel Freude würde es mir sein ihn auf dem Bahnhofe mit empfangen zu dürfen, ihn abermals gestärkt in Hannover einziehen zu sehen. Möge der Himmel ihm die seltene Frische noch viele Jahre erhalten, die alle seine Freunde u. Verehrer immer gleich u. unverändert an ihm überrascht. Daß wir in Carlsbad manch schönen Tag mit einander verlebt, haben Sie wohl schon gehört. Von meiner guten vielgeliebten Frau habe ich nur Gott, sei gedankt, gute u. tröstliche Nachrichten. Jetzt ist ihr noch die Freude geworden unsern aus Rom zurükgekehrten Friedrich bei sich zu haben, u von seiner Gegenwart erwarte ich besten Erfolg auf ihre noch immer gedrükte Stimmung, welche wohl eine Folge ihrer in hohen Grade angegriffenen Nerven sein mag. Wir alle hoffen daß die nächste Zeit uns ihre vollständige Genesung bringen wird. Ihrem eigenen Wunsch gehorchend halte ich das Fernsein von ihr nur sehr schwer aus, wie lange? ich glaube nur ganz kurze Zeit, und das werden Sie mir nach empfinden. Empfehlen Sie mich Ihrer verehrten geliebten Frau Mutter u. bringen ihr die wärmsten herzlichsten Grüße meiner lieben Frau, die ihr letzter Brief mir für Sie überbringt. Auf freudiges baldiges Wiedersehen Ihr Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 42.
489 Weimar, den 24. Juni 1862. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d. 24 Juni 1862. Mein hochverehrter Freund! Obgleich seit Sontag Abend nach glücklich zurükgelegter Fahrt hier im alten Weimar und unter meinen Lieben, lebe ich doch in gemeinschaftlicher Erinnerung mit meiner Frau fast 459
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unausgesetzt mit und bei Ihnen. Die in Ihrem Hause verlebten Tage sind uns beiden eine Reihe schöner Festtage, die bei dem trüben Wetter nur stets Sonne und Wärme bringen, und denen wir immer gedenken werden. Meine liebe herzige Frau fand ich heiter und guten Muths auch sagte mir ihr Aussehen daß wir auf den besten Ausgang zu hoffen haben. Die Anwesenheit unsers Friedrich ist eine Quelle der liebevollsten Heiterkeit, die ihre Wirkung auf alle u. jeden Einzelnen nicht verfehlt. Seine augenscheinliche Frische u. Anmuth im Leben spiegelt sich rein u. klar auch in seinen Kunstleistungen, und seine Fortschritte sind mir nicht nur genügend, sondern haben mich in hohem Grade überrascht. Ich habe die schöne Hoffnung daß er sich bald in edler Weise über Winter unserer Zeit erheben wird. Aus alledem ersehen Sie mein verehrtester Freund, daß ich große Ursach habe dem Himmel für das Gegenwärtige dankbar zu sein. Möge die Zukunft uns nicht zu härter vorbehalten! —. Meine kleinen in Ihrem Hause gefertigten Arbeiten sind die Freude der Meinigen u. an sie reihen sich immer neue glückliche Erinnerungen schöner mit Ihnen verbliebener Zeiten. Wie unendlich schwer es meiner geliebten Frau in gesunden Tagen gewesen sein würde, bei der treu bewahrten Anhänglichkeit für Ihr Haus, mich allein gehen zu lassen, habe ich nie so klar gesehen, als jetzt, wo ich ihr nur von Ihnen u all den theuren Ihrigen erzählen muß. Wie gern ich diesen ihren Wünschen nachkomme, das wissen Sie. Hoffentlich ist sie im Stande einige Zeilen bei zu fügen u. der verehrten Frau Archivräthin ihren Dank selbst zu sagen deren glücklicher Überbringer ich werde. Möchten doch die unfreundlichen Tage nicht zu schlimmen Einfluß auf ihr Befinden äußern, u. es ihr bald vergönnt sein wieder sonnige Stunden im Garten zu verbringen. Mit dem heißesten Wunsche für das Wohl Ihres ganzen Hauses bin ich in treuster Liebe und Verehrung Ihr ganz ergebener Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 20.
490 Weimar, den 24. Juni 1862. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Weimar d. 24 Juni 1862. Verehrter lieber Freund! Ich sitze wieder in meinen vier Pfählen, unter Cartonen, Mappen Gipsen, alten Papieren, vernachlässigten eingerosteten Paletten und allerlei andrer Erinnerungen vergangener Thätigkeit, und weiß wirklich nicht wie u. wo ich beginnen soll um zu ruhiger Arbeit zu gelangen. Ich versetze mich daher mit all meinen Gedanken am liebsten wieder zu Ihnen in das stille heimliche Zimmer u. umgebe mich mit den Reichthümern Ihrer Sammlung, die mir eine unerschöpfliche Fundgrube ist. Ich brauche Ihnen nicht zu wiederholen welche schönen Stunden mir Ihre Freundlichkeit und sorgliche Güte verschaffen, Sie wissen es. 460
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Einsam od. in Gemeinschaft mit meiner Frau durchlebe ich die schönen ruhigen und erquiklichen Tage wiederholt, unsere ganze Unterhaltung dreht sich um Ihr Haus. Daß ich, je näher ich Weimar kam, immer unruhiger über das Befinden meiner lieben Frau wurde, können Sie denken, ich fand sie indeß besser als ich gefürchtet hatte. Hoffentlich haben wir in nächster Zeit die schweren Tage ganz hinter uns, u. durch Friedrichs Heiterkeit wird das Leben wieder in alter Weise heiter u. zufrieden seinen Gang gehen. Große Ueberraschung u. Freude bereitete mir der prächtige Junge durch seine mitgebrachten Arbeiten. Bilder u. Studien, das eine wie das andere geben Zeugnis eines reichen schönen schöpferischen Talentes, einer tief innigen Empfindung für edle Größe und Reinheit der Natur, eines seltenen feinen Farbensinns. Das letzte Jahr in Italien hat ihn, wie ich erwartete, selbständig u. frei gemacht. Frisch u. in seiner Sache klar verfolgt er den Weg, der zum guten führen muß. Sie würden sich gewiß freuen den liebenswürdigen Jungen zu kennen, u. ich habe mir vorgenommen Ihnen keine Ruhe zu lassen, bis Sie im Herbst einmal die Reise zu uns unternehmen. Kestner heißen u. Weimar nicht kennen, ist unverzeihlich u. das sollen Sie von mir so lange hören, bis Sie sich entschließen den Weg zu mir zu machen. Heut, zu des Großherzogs Geburtstag muß ich nothwendig krank sein, ich umgehe damit die widerwärtigste Ceremonie u kann vergnügt den meinigen u mir selbst leben. Alle empfehlen sich Ihnen aufs herzlichste. Die Einlage sind Sie wohl so gütig Frau Laves zukommen zu lassen. Mit meinem besten u. herzlichsten Gruß treu der Ihrige Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 43.
491 Weimar, im Juli 1862. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein alter lieber Freund! Zuerst Dir die Nachricht daß ich mit ziemlichen Wohlbefinden glücklich zurück u mich freue wieder in das alte Geleis fahren zu können. Ich war zuletzt 8 Tage in Hannover, wo ich erfahren, daß Fr. Arnemann noch in Eisenach. Ist dies wahr, so frage sie doch, wie lange man hoffen kann, sie dort zu finden u schreibe mir das sogleich, damit ich, wenn sie mich nicht holen will, wie sie versprochen, ich sogleich für einige Tage aufpacken kann u zu Euch kommen. Gern möchte ich Frau A. nochmals sprechen bevor sie nach Hamburg zurückgeht. Wie ich höre wird auf der Wartburg derb geschafft. Deine dortige Gegenwart wird mich auch hinaufziehen. Die Sache hat mir schon sehr lange nichts erquickliches mehr. Genug davon. Ich sehne mich Dich zu sehen und würde große Freude haben wenn aus der Sache etwas würde. Für das Fest hier scheint sich mancherlei vor zu bereiten u nicht schwer dürfte es sein die Geschichte hübsch u feierlich zu machen. Ich hoffe Du wirst nicht fehlen, wenn die Sachen gut gehen. Schuchardt wartet auf mich und ich schließe daher diesmal mit 1000 herzlichen 461
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Grüßen von meiner Frau und mir. Nochmals die Bitte um sofortige Nachricht wegen Fr. Arnemann. Grüße mir auch Wislicenus u frage, ob er nicht mal herkommt, u wie es mit seinem Bilde steht. Grüße die Deinen bestens von Deinem alten Fr. Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3667.
492 Weimar, im August 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Seitdem bin ich sehr fleißig u denke mein Bild in ohngefähr 14 Tagen vollenden zu können. Ich denke daran dann die zwei letzten Cartone zu zeichnen, damit die Folge abgeschlossen wird. In der Sgenerschen[?] [sic!]* Zeitung steht ein Aufsatz über die letzten 6 Zeichnungen, der mir ehrenhaft erscheint. […] * Im Originaltext Prellers heisst es Spenerschen. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 141.
493 Weimar, im August 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Gestern habe ich einige Stunden im Studium der Frl. Seidler gearbeitet u den Carton der Unterwelt vollendet, den Sie in vielen Theilen sehr verändert finden werden, obgleich der Gedanke u die Anordnung des Ganzen unverändert geblieben. Ihre Bemerkung liebe Marie über das luftige Obertheil, war nicht falsch. Jemehr ich unten vorschritt desto entschiedener forderte der obere Theil eine Correspondenz. […] Jetzt hat der ganze Gegenstand nur Licht durch das Feuer beim Opfer. Ich halte die Composition als eine der gelungenen u jedenfalls als die schwierigste, da sie ihre Klarheit nur in der Plastik finden konnte, bei dem gänzlichen Mangel an Licht, oder Beleuchtung. Die Staffage hat etwas dämonisches u unter den heranschwebenden Schatten ist der Aegist u Clithemnestra bemerklich. Die ganze rechte Seite ist grandioser u ernster geworden, der Eingang erweiter u unheimlicher. […] Nun will ich endlich das Bild vollenden, um dann noch den letzten Carton vorzu nehmen, der mich weniger plagen wird, da der Gegenstand einfach in jeder Beziehung ist. […] Ines Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 143.
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494 Weimar, im August 1862 (?) An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein alter theurer Freund! Durch Freund Herrn Schöne erhälst du diese Zeilen. Von Deinem Unglücksfall haben wir verschiedene Nachricht, u zuletzt die Freude gehabt daß Dirs im Ganzen wieder den Umständen nach gut geht. Möchte es Dir bald ganz gut wieder gehen. Unsre innigste Theilnahme sich zu versichern wär eine Redensart, Du weißt, daß wir immer Freud u Leid mit Dir theilen. Morgen erwarte ich meine gute Marie von Ilmenau wieder zurück. Sie war 3 Wochen dort, u ich hoffe daß ihre Nerven sich wieder gestärkt haben, welche nach ihrer Operation in einen traurigen Zustand waren. Das Beisammensein mit Emil ist ihr sehr freudvoll gewesen trotz des vielen schlechten Wetters. Auch ich war 3 Tage dort u habe das Gabelbach wieder gesehen, was sich in jeder Weise sehr verschönt hat. Die Aussicht vom Hause hat mich wahrhaft entzückt. Ich dachte lebendig jener Tage wo wir zusammen so schöne Stunden verlebten. Hier bin ich jetzt trotz der Hitze ziemlich fleißig an meinen Cartonen von denen ich jetzt wieder 6 ausgestellt habe. Über den Bau oder dessen Platz ist noch leider Nichts bestimmt. Ich bin sicher, daß der Sommer vergeht ehe der G – g* einen Entschluß fasst, ein Unglück in vielen Dingen. Ich denke immer daran im Laufe des Sommers Dir einen Besuch zu machen u wenn es nur auf einen Tag sein kann. Ich wollte Du könntest Friedrichs beide Bilder fertig sehen, das letzte besonders hat große Schönheiten. Der liebe Kerl hat seine Zeit im Ganzen vortrefflich benutzt, u jetzt die Freude seine Aufträge in Ruhe hier ausführen zu können. Wie geht es wohl unsern alten guten Heinrich?** Dessen ganzes Befinden auf mich einen erschreckenden Eindruck gemacht hat. Ich fürchte daß an eine Besserung bei ihm nicht mehr zu denken ist. Der Herr Baurath Selzer Tod ist uns allen sehr leid.*** Die nachgelassene Generation hat wenig Ähnlichkeit mit den beiden Alten, die mir in vielerlei Hinsicht theuer waren. Hast Du einmal eine Stunde, in der du Schreiblust fühlst, dann denke daß ein Wort von Dir uns immer Freude bringt. Möchte es dir bald ganz gut gehen! Mit tausend Grüßen treu Dein Fr. Preller. * Großherzog. ** Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald (1813–1894), Bruder des Bernhard von Arnswald. *** Der Architekt und Großherzoglicher Baurat Johann Wilhelm Sältzer starb am 12. Juli 1853. Er ist wesentlich für den Wiederaufbau der Wartburg verantwortlich gewesen. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3659.
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495 Weimar, im August 1862 (?) An seine Ehefrau Marie, geb. Erichsen (1811–1862). Sontag Morg. 7 Uhr Mein geliebtes theures Herz! Ich schreibe Dir heut noch ein paar Zeilen, falls Du morgen noch nicht wegkannst, was ich freilich von ganzem Herzen wünsche. Das Hiersein ohne Euch Lieben ist durchaus nur halb, denn abges. ich des Morgens arbeite, bringt mir der Nachmittag die Erquikung nicht, die Ihr Lieben mir gewährt. Choland ist gestern nach Eisenach u nun sind wir wieder unter uns bei denen nur Ihr beiden fehlt. Hoffentlich ist das Bad bei Euch von guter Wirkung gewesen. Mein Spaziergang geht von jetzt nur nach dem Bahnhof Mit 1000 Küssen bis aufs Wiedersehn treu Fr. Preller. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
496 Weimar, den 29. August 1862. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Weimar d 29 Aug. 1862 Grüß Gott mein verehrter lieber Freund! Mir scheint es eine Ewigkeit u. all den meinen, seit wir von Ihnen und Ihrem Hause gehört. Möchte doch alles wohl bei Ihnen sein, bessern Wunsch weiß ich zu Anfang meines Briefes nicht. Bei der so herzlichen innigen Theilnahme welche Ihr ganzes Haus an unsern Schiksal nimmt berichte ich Ihnen zuerst vom Befinden meiner lieben einzig vortrefflichen Frau. Dank sei dem Himmel, ihr Befinden ist der Art, daß nur die ihr aller nächsten von Zeit zu Zeit noch eine Abspannung der Nerven wahrnehmen, sie ist fast eben so kräftig wie früher, macht ihre weiten Spaziergänge, u. sieht so wohl aus wie wir Jahre vorher sie nicht gesehen haben. Wenn sich der rechte Arm mit der Zeit wieder ganz gekräftigt haben wird, hoffe ich, daß jede Spur des Ueberstandenen verschwunden ist. Sie werden begreifen daß die liebe mir neu geschenkt ist. Was wir alle mit ihr gelitten ist unsäglich. Gott gebe daß uns in der Sache nichts mehr bevorsteht. Bei meinem letzten mir so freudvollem Aufenthalt in Ihrem Hause gaben Sie Hoffnung uns im Herbste einmal zu überraschen. Der Herbst steht vor der Thüre, ist schön u. einladend u. wir denken jeden Tag an das freudige Ereignis Ihres Kommens. Ich selbst bin fleißig um Ihnen auch von meiner Arbeit etwas sehen zu lassen u. sehne mich danach mit Ihnen über das ein u. andere mit zu besprechen. Welche unendliche Freude wir alle haben würden Sie hier zu sehen, wissen Sie, u. so sehen Sie dann zu die Geschäfte für eine kurze 464
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Zeit bei Seite zu schieben u den Wanderstab zur Hand zu nehmen. Daß Sie hier manch Interessantes im Kunstfach sehen sollen, dafür will ich Sorge tragen. Da Sie Weimar überhaupt nicht kennen, fürchte ich nicht daß der Aufenthalt Sie gereut. Anbei erhalten Sie ein kleines Theil des Inhaltes vom Album meiner Frau, was ich ihr angelegt von den, seit einer Reihe Jahren weggegangenen Staffeleibildern, meist Bilder in kleinen Maaßstabe. Der alte Koch nannte solche Arbeiten: Kuchelmisere,* konnte aber bei seinem großen Talente eben so wenig darüber hinwegkommen, wie manch anderer Schluker. Dergleichen Dinge erzählen uns unser vergangenes Leben u. selbst bittere Rükerinnerungen, wenn sie überstanden, unterhalten uns oft recht angenehm. Möchten die kleinen Dinge Ihnen ein Viertelstündchen Unterhaltung gewähren. — Gegenwärtig zeichne ich am 12.ten Cartone, wie der Odysseus mit den Gefährten der Höhle des Polyphem entflieht. Die Composition ist wie manch andere von der Scizze abweichend u hoffentlich besser. Die Dinge reifen immer mehr u. ich bin mit aller Liebe bei der Arbeit. Von meiner lieben Frau habe ich den Auftrag Sie, die lieben Eltern u das Haus Lawes aufs herzlichste tausendfach zu grüßen. Wir alle rechnen darauf Sie recht bald zu sehen. Vergessen Sie auch meine Grüße nicht zu überbringen. Treu Ihr Friedrich Preller. * Kuchel ist ein Autor in Wien, Joseph Anton Koch (1768–1839) bezeichnet ihn in seiner Modernen Kunstchronik als Kuchelbäcker. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 44.
497 Weimar, den 31. August 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Daß ich den kleinen Polyphem ganz umgeschaffen, habe ich Ihnen wohl geschrieben, jetzt ist die Ausführung des Cartons schon weit gediehen, u hät ich die Studien der Figuren gemacht, die mich noch aufhalten, würde ich vielleicht in acht Tagen mit der Sache fertig werden. […] Heut morgen sehr früh war Genelli hier u überrascht von der ganz neuen Conception, aber ganz einverstanden mit der totalen Veränderung. Er fand die Anordnung organischer u ausdruksvoller, den Gedanken grosartiger u schwungvoller. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 130–131.
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498 Weimar, den 1. September 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, den 1. September 1862. […] Wir gingen wieder durch den Park, der Morgen ist herrlich, immer glänzender Sonnenschein. Köhler *) wird nicht satt, aus der früheren Dichterzeit zu hören, da so vieles noch damit in Verbindung steht und damit, wenigstens mit Goethes Alter trifft vieles meiner Jugend zusammen, was in meinem Leben von Bedeutung ist. Wir kamen auf meine Richtung in der Kunst und die jetzige Arbeit. Ob, wenn Goethe noch lebte, er nicht Freude hätte an dem, was ich jetzt unter seinen Augen schaffte? War er es nicht zuerst, der mich durch seine klassischen Gedichte anzog und begeisterte? War er nicht der Erste, der den Knaben anfeuerte und in der Wahl der Gegenstände anwies? War er es nicht, der mich bei meiner Abreise nach Italien an das wies, was meinem Talent fehlte, um nicht einseitig zu werden? Wie wunderbar, daß der herrliche Mensch im Knaben das noch ganz verborgene erkannte, sich bemühte, es zu Tage zu fördern, während neben ihm sich niemand für mich interessirte. Noch in Rom schrieb er mir 4 Briefe, welche den größten Einfluß auf meine Ausbildung ausübten. Bei meiner Rückkehr sah er nur Vorbereitungen für das, was 30 Jahre später entsteht. Was gäbe ich wohl darum, jetzt ein einziges Wort der Zufriedenheit von ihm zu hören! – Ob er wohl die Auffassung des Homer als recht gut anerkennte? Sein Rath, nur ein Wink von ihm würde mir unschätzbar sein. Oft gedenke ich jetzt einzelner Momente, kurzer Erläuterungen von dem und jenem, was mir in der Jugend unklar war und sich mir nun als tief begründet erschließt. Wie oft denke ich seines Ausspruchs: Die Sirenen sind darzustellen. Er hatte vollkommen recht, als selbständiges Bild sind sie nicht deutlich zu machen, im Cyclus dürfen sie jedoch nicht fehlen und werden durch Vorhergehendes und Nachfolgendes erklärt. […] *) Ein junger livländischer Künstler. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 81–82.
499 Weimar, den 7. September 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Der kl. Polyphem muß in dieser Woche fertig werden. Die Composition ist ganz neu u erinert in Nichts an die Scizze. […] das Ganze ist grosartiger, mit dem großen Bild harmonisch u hat viel mehr Zug im Gedanken u Bau des Bildes. Was ich dann begine weiß ich noch nicht, ich will die augenblikliche Stimung für das eine od. andere entscheiden lassen. Der Rest, welcher noch zu machen ist, ist ein Viertel. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 131.
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500 Weimar, im Herbst 1862 (?) An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [ohne Datum] 1862. […] Friedrichs Olevano rückt in schönster Weise vorwärts. Ich bekomme stets Sehnsucht bei Betrachtung seiner Arbeit, der beste Beweis, daß er seine Natur tief erfaßt und mit aller Liebenswürdigkeit wieder zu geben weiß. Olevano ist eine so fein organisirte Natur, daß es niemals denen gelingt, sie wieder zu bringen, welche nicht selbst auf ’s Feinste begabt sind. Daß mir sein Schaffen daher große Freude bringt, begreifen Sie wohl. Die Zeit in Italien hat sein ganzes Wesen so vollständig und glücklich entwickelt, daß ich ihn in nichts anders wünschen könnte. Er ist in jeder Weise sprudelnd geistreich, thatkräftig und in allem wahrhaft graziös. Möge der Himmel ihm diese geistige und körperliche Frische erhalten, damit wird er viel Schönes vollbringen. Noch einige Jahre auf dem richtigen Wege und er ist als Künstler für alle Zeit fest. Schenkt der Himmel mir selbst noch diese Zeit, so kann er an meinem Werke bei der Ausführung die rechte Hand werden. Bis dahin hat er Aufträge, an denen er sich auf ’s Beste vorbereiten kann und wird. Ihn soweit in seiner künstlerischen Ausbildung zu bringen, war mein ganzes Leben ein heißer Wunsch von mir; der Himmel hat mir ihn gewährt und tief inniger Dank erfüllt mich täglich. Mag er mit mehr Glück als ich den angebahnten Weg weiter gehen, als ich gekommen. Dieser Gedanke gehört zu den beglückendsten. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 79.
501 Weimar, im Herbst 1862 (?) An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein theurer alter Freund! Es ist sehr lange daß wir nichts von einander gehört u da wir gestern gute Nachricht von Ernst erhalten, soll es Veranlassung sein, auch Dir die Hauptsache mitzutheilen, da ich weiß welche Theilnahme Du für alles hast was uns betrifft. Vor ohngefähr 4 Wochen kehrte Ernst von Neu York in der fabelhaft kurzen Zeit von 24 Tagen glücklich zurück. Damals schrieb er, daß sein geliebter Lehrer Herr v. Breimann (auf der teutschen Flotte) als Obersteuermann in kurzem eine Reise um die Welt machen würde, u zwar mit einem prachtvollen Schiffe. Im Stillen wünschte ich Ernst das Glück mitzukönnen. Darauf erhalten wir keine Nachricht mehr von ihm u erfuhren nur durch einen Freund in Hamburg, daß Ernst das Glück habe auf einem wunderschönen großen Schiffe eine lange Reise zu machen u sei bereits am 10 November von Hamburg am 24 von Cuxhaven in See gegangen. Mehr wußten wir nicht. Gestern erhielten wir 2 Briefe von ihm, in denen sich die Sache aufklärt u meine Wünsche in Erfüllung brachten. Er ist wirklich so glücklich, mit dem Fregatschiff Oskar Vital Capit. 467
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Rush eine Reise um die Welt zu machen. Sein lieber Lehrer u Freund v. Breimann ist Obersteuermann u seit dem 24 vorigen Monats ist er in See auf dem Wege nach Australien. Von dort geht er nach Indien oder China u dann nach der Westküste von Amerika. Erst in 2 Jahren wird er die Reise zurücklegen können u nach Hamburg zurückkehren. Wir alle haben große Freude u er selbst ist glücklich. Er hat jetzt monatlich 9 Rt, alles frei auf dem Schiff u kommt er zurück mit demselben Schiff noch 40 Rt Prämie. Möge ihn der Himmel in allen Gefahren behüten u glücklich wieder zurückbringen. Theile dies auch meinem lieben Freunde Heinrich Müller mit, ich weiß er freut sich mit uns. Hier geht alles den gewohnten Schlendrian. Ich bin so fleißig als ich kann u hab mancherlei vollbracht. Kannst Du, so schreibe mir bald einige Worte. Ich sehne mich recht nach Brief von Dir. Grüße mir die Lieben Deinigen herzlichst, so auch wer sonst in Eisenach meiner denkt. Alle die meinigen befinden sich bestens u grüßen tausendmal mit mir Deinem treuen Fr. Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3663.
41. Hermann Wislicenus: Marie Preller auf dem Totenbett, Zeichnung, 1862.
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502 Abb. 41 Weimar, den 3. Dezember 1862. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler mit der Nachricht vom Tode Maries, vermittelt über seinen Schüler Richard Schöne (1840–1922). Weimar am 3. Dec. 1862 mit der Nachricht, dass Marie Preller am Morgen verstorben ist. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 22.
503 Weimar, den 10. Dezember 1862. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler.
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Weimar d. 10 Decbr 62 Theurer lieber Freund! Vom Grabhügel meiner unvergeßlichen Maria so eben zurük, sei es mein erstes, Ihnen u. den theuren Ihrigen von ganzem Herzen für die Liebe u Theilnahme zu danken an der wir immer so reich waren u die zu unsern höchsten Lebensfreuden gehörte. Mit welcher Liebe meine verewigte Frau an Ihnen allen hing, das wird Ihnen u den Ihrigen auch ohne ihre Versicherung nicht entgangen sein. Sie besaß ein unvergleichliches liebevolles Herz. Die Familie Kestner umschloß es als ein theures Juwel u. oft in den peinigendsten Schmerzen, tröstete sie der Gedanke: kommenden Sommer nach Hannover zu Ihnen zu kommen. Gott hatte es anders u. besser beschlossen, denn hätte sich ihr Leiden bis dahin verspätet, konnte sie den unsäglichsten Qualen nach menschlicher Berechnung nicht entgehen. Wieviel sie gelitten war mir unbekannt, da sie dem Arzt u meiner guten Schwester das Wort abgenommen, mir alles geheim zu halten. Vierundzwanzig Stunden vor ihrem Ende erfuhr ich erst daß ihr Leben nicht zu retten sei. Wie hätte ich, die Gefahr kennend, leben u arbeiten können? Das wissend, trug sie so schwer, u hatte stets ein heiteres Trostwort für mich u ihre Umgebung. Eine dazu gekommene Lungenentzündung führte das schnelle Ende ihrer Leiden herbei. Daß unsere drei Söhne zugegen, war der lieben Mutter noch eine Freude, uns andern ein großer Trost. Wie schwer unser armer Emil, der Doctor getragen, können Sie wohl denken, er sah den Verlauf der Krankheit u. das unvermeidliche Ende schon vergangenen Sommer. Als angestellter Arzt in Ilmenau konnte er nur selten u dann nie länger als 24 Stunden bei uns sein. Der Seemann war noch zeitig genug hier angekommen um sie am Leben zu finden. Sehr schmerzlich war es ihr den letzten Brief Ihrer geliebten Frau Mutter unbeantwortet zu lassen. Der rechte Arm war durch ungeheure Geschwulst unbrauchbar geworden, in den letzten Tagen auch der Linke. Sie hoffte immer auf Besserung u. freute sich auf die Selbstbeantwortung des lieben Briefes. Den Tod erwartete sie in großer Ruhe u. bei klarem Bewußtsein. Sie entschlief ganz ruhig. Welche allgemeine Liebe u. Verehrung die Selige genossen, erweist ihre Beerdigung. Die Künstler trugen den in Blumen u. Kränze gehüllten 469
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42a. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Hermann August Kestner vom 10. Dezember 1862.
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42b. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Hermann August Kestner vom 10. Dezember 1862.
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42c. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Hermann August Kestner vom 10. Dezember 1862.
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42d. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Hermann August Kestner vom 10. Dezember 1862.
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Sarg, der Hof war durch den Hofmarschall vertreten, eine unabsehbare Menge aus allen Ständen folgten. Jetzt ruht sie unter einen Berg von frischen Kränzen. Von mir selbst will ich nur sagen daß ich bei aller Liebe der meinen u. mancher Freunde, in furchtbarster Oede lebe. Meine herrliche Frau war die Seele meines Lebens. Sowohl im Haus als im Atelier durchlebte u durchdachte sie alles mit mir. Ihr Herz u. feinster Sinn in allem war mir stets zur Seite. Jetzt bin ich allein, ganz allein u. noch weiß ich nicht wie ich das tragen soll. Die Arbeit allein, an der sie so große Freude vom ersten Beginn gehabt, bringt mich über manche Stunde hinweg. Oft meine ich ihre liebe Stimme neben mir zu hören. Möchte mir das nie fehlen! — Ihrer liebevollen Einladung jetzt zu folgen, ist mir unmöglich, doch danke ich Ihnen dafür von ganzem Herzen. Vorerst muß ich noch eine zeitlang da sein, wo ich überall Spuren ihres Waltens finde. Bleiben Sie mir wie bisher der treue Freund, u grüßen alle die theuren Ihrigen Ihr Friedrich Preller. Privatbesitz Baden-Württemberg.
504 Weimar, den 13. Dezember 1862. An Georg Schöler (1793–1865), Gymnasialdirektor in Erfurt. Mein verehrter lieber Freund! Nehmen Sie ein Wort des Dankes für die so liebevollen Zeichen Ihrer und Ihrer theuren Familie bei den harten Schiksale was durch den Tod meiner mir unvergeßlichen einzigen Frau über uns gekommen. Wer die theure Entschlafene, unser inniges Zusammenleben kannte, wird den Verlust uns nach empfinden. Sie war die Seele meines ganzen Lebens, sowohl im Hause als bei meiner Arbeit. Was, oder wie ich beginnen muß, um nur zu einiger Ruhe zu gelangen, ich weiß es nicht denn ich vermisse überal die Liebe mit der sie alles umfasste, mit der sie mein eigentliches Leben leitete. Vier und zwanzig Stunden vor ihrem Ende glaubte ich noch an eine Möglichkeit der Wiederherstellung, sie hatte meine Schwester und dem Arzte das Wort abgenommen mir alles zu verbergen, wohl wissend daß mir die Kraft fehlte den Jammer zu ertragen. In klarstem Bewußtsein und vollkommener Ruhe erwartete sie ihr Ende. Bei allem schweren Leide hat nie jemand eine Klage gehört. Dagegen dankte sie Gott täglich für alles Gute und Schöne was er ihr im Leben beschert. In Sehnsucht erwarte ich die Stunde die mich wieder zur Arbeit fähig findet, denn sie hat die hervorgerufen und ihr als ein Denkmahl will ich die vollenden wenn ich nicht früher abgerufen werde. Der Gedanke das Werk dereinst als ganzes vor sich zu sehen, gehörte zu ihren schönsten Freuden. Das ganze, wie alle Einzelheiten hat sie mit mir vom ersten Anfang durchdacht und durchlebt. Werde ichs ohne die theure vollbringen können? Ach, bitte theurer Freund, entschuldigen Sie meine Klage. Vielleicht sehe ich Sie und die lieben Ihrigen bald auf eine Stunde. Ich wiederhole meinen tiefst gefühlten Dank Ihnen allen mit dem herzlichsten Gruß für alle 474
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Ihr Friedrich Preller. Weimar 13 Decbr. 1862. Jena, THULB, Handschriften, Brandis 816. Abgedruckt in: Allgemeine Thüringische Landes Zeitung, Sept. 1930, S. 5.
505 Weimar, Mitte Dezember 1862. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Sie wissen, wie wenig Andre meiner Freunde, was ich besessen, was ich verloren habe. Wie sich mein Leben gestalten soll, ich weiss es nicht. Marie war eben die Seele, welche Alles erwärmte und belebte. Ich fühle mich so verlassen wie ein hülfloses Kind, das ohne die Muttersorge vergehen muss. Ich lebe ohne Gedanken an Anderes, als an sie, ich verfolge in trostlosester Unruhe ihre Spuren und komme nicht aus dem Jammer heraus. In Sehnsucht blicke ich oft nach meiner Arbeit und das ist die einzige Hoffnung auf einige Ruhe für die Zukunft. Soll ich noch so lange ohne sie leben, so will ich die Odyssee als ein Denkmal ihres Wirkens hinterlassen. Der Gedanke, dass dies Werk nicht ohne ein bedeutungsvolles Dazwischenkommen entstehen werde, ist eine schreckliche Wahrheit geworden. Ich hatte aber am wenigsten an Mariens Scheiden, vielmehr an das meine gedacht. Dass sie uns verlassen würde, war mir vierundzwanzig Stunden vorher noch unglaublich, ich sah in ihrem Zustande noch eine Besserung. Wie ihr Zustand, war zwischen ihr, dem Arzte und meiner Schwester ein Geheimniss geblieben, bis den Tag vorher. Sie hatte Beiden das Versprechen abgenommen, mir Alles geheim zu halten, sie wüsste genau, dass ich dieser schrecklichen Gewissheit unterlegen wäre, hätte ich sie mit mir herumtragen müssen. Sie starb ruhig und war bis zuletzt bei klarem Bewusstsein. Ihr Begräbniss kann ein Beweis sein, wie sie nach allen Seiten hin verehrt und geliebt wurde. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 283–284.
506 Weimar, im Dezember 1862 (?). An Henriette Kestner, geb. Partz (1784–1867), Ehefrau des Georg Heinrich Friedrich Kestner. Der Frau Archivräthin Hochverehrte liebe Frau! Ach! Wie danke ich Ihnen jede Stunde für die Liebe u. Theilnahme an dem was uns betroffen, für die Liebe die Sie so oft für meine arme selige Marie gehabt u mit der Sie ihr 475
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so selige Stunden bereitet. Der Gedanke, Sie im kommenden Sommer wieder zu sehen richtete sie oft in den schmerzhaftesten Stunden auf. Sie, hochverehrte Freundin waren in allem weiblichen u. ächten Tugenden ihr theures Vorbild, an dem sie bis zu den letzten Stunden ihres theuren Lebens in treuster Liebe und Anhänglichkeit festhielt. Klage über das, was sie trug, habe ich nie gehört, wohl aber daß sie dem Himmel für das ihr verliehene Erfreuliche u Schöne dankte. Der Aufenthalt bei Ihnen richtete sie stets auf u die Hoffnung Sie im nächsten Sommer wieder zu sehen, ließ ihr schon allerlei kleine Vorkehrungen treffen. Gott! wie anders hast du doch alles gefügt! — An demselben Tage, an welchem Sie ihrer so lebhaft dachten, war sie des Morgens 8 Uhr ruhig bei klarem Bewußtsein in ein besseres Leben eingegangen. Unvergeßlich wird mir der Anblik der abgeschiedenen sein, verklärte Liebe u. Ruhe überstrahlte ihr liebes süßes Gesicht, was sich durch das lange Leiden in Nichts verändert hatte. So soll u wird sie mir vorschweben, bis auch ich abgerufen werde. Daß die Selige mir jeden Augenblik u überall fehlt, braue ich Ihnen, verehrteste Freundin nicht zu versichern, Sie haben das theure Herz gekannt. Möge der Himmel einen Theil der Liebe, die Sie für sie hatten, mir erhalten! — Das, was sie so gern wollte, Sie sehen, will ich womöglich im Laufe des Sommers ausführen. Gott schenke Ihnen theuerste Frau, Gesundheit. Ihr treu ergebener Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 35.
507 Weimar, im Dezember 1862 (?) An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Hochverehrter lieber Freund! Nehmen auch Sie ein Wort des Dankes für die so innige Teilnahme an meinem Schicksal. Daß Sie u. die Theuren Ihrigen die traurige Botschaft schmerzlich empfinden würden, das wußte ich, u. konnte sie Ihnen doch nicht vorenthalten. Wie sehr die Selige von Ihnen allen geliebt war, wußte sie u. alles was mit Ihrer Familie in freudiger Verbindung war, beglückte sie unbeschreiblich. Meine Besuche bei Ihnen waren auch in der Entfernung ihr Festtage, von denen ich nie genug erzählen konnte. Auch in Rom war jede Stelle ihr von hoher Bedeutung, welche auf ein Glied Ihrer theuren Familie hinwies. Die Reise dahin u. die dortigen Erlebnisse sollten in Verbindung mit dem, was ihr im Vaterlande lieb war für unser Leben ausreichen, alle ihre Wünsche waren erfüllt, aber in Gemeinschaft sollten wir des Glückes nur kurze Zeit genießen. Ach! Wie herb hat das unerbittliche Schicksal all unsere schönen Pläne durchschnitten! —. Wir Zurückgebliebenen stehen trost und planlos für die Zukunft da, sie fehlt jeden Augenblick u. überall, denn ihr Leben u. Wirken beseelte und kräftigte unsere ganze Umgebung u. reichte viel weiter als wir dachten. Mir ist eines geblieben, u. ich bitte Gott stündlich daß es mir für immer bliebe, ich höre nehmlich 476
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unausgesetzt ihre süße liebe Stimme wo ich auch sein mag. Mein Aufenthalt von früh bis zur Nacht ist im Atelier, nur in der Arbeit, die ihre ganze Freude war, u. die sie gewiß hervorgerufen, finde ich einige Ruhe. In den Tagen, wo sie noch ausging, versäumte sie nie den Besuch im Atelier. Jetzt sitze ich traurig allein in unabwendbarer Sehnsucht, und finde doch keine Stelle, wo ich für den Augenblick lieber wäre, da so vieles in unmittelbarer Verbindung zu ihr steht. Werde ich ohne sie die große Arbeit vollbringen? Wenn es so bestimmt ist, wird sie mir doch immerfort fehlen. Entschuldigen Sie, theuerster Freund, meine Klage, u. bleiben mir für alle Zeit, was Sie bisher gewesen. Bringen Sie der Familie Laves auch meinen besten Dank für die innige Theilnahme. Möchte es Ihnen allen gut gehen. Mit treuer Liebe Ihr Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/ Nr. 23.
508 Weimar, im Dezember 1862 (?). An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. [Ohne Datum] 1862. ? […] Gott erhalte mir die kurze Zeit noch alles, was ich dafür nöthig habe, weiter zu arbeiten. Die weitumfassenden Pläne meiner Jugendjahre bleiben unausgeführt, dazu reicht mein Leben nicht mehr aus. Ich werde aber keinen Augenblick vergehen lassen, in welchem ich noch dafür wirken kann. Was ich davon an Friedrich übertragen kann, wird nicht versäumt werden, wenn mir der Himmel noch so viel Zeit schenkt, als nöthig ist, ihn dafür zu präpariren und ihm selbst Empfänglichkeit beschieden ist. Ich sehe allem Kommenden ruhig entgegen, weil ich mir in keiner Stunde den Vorwurf machen kann, das Ziel meines ernstesten Strebens aus dem Auge verloren zu haben; was ich vollbracht, ist nur ein Weniges von dem, was ich mit allen Kräften erstrebt. Vieles, was schon in frühester Jugend überwunden werden muß, blieb mir unerreichbar, weil meine ersten Jahre verliefen, wie so vielen anderen, in Bewußtlosigkeit. Dafür kann ich nichts. Meine Umgebung, meine Lehrer, meine Vorbilder waren alle nicht geeignet das mir geschenkte Talent zur raschen Entwicklung zu bringen. Was ich besitze, habe ich durch schwere Arbeit und harten Kampf errungen. Vielleicht ist es auf diese Art mehr mein Eigenthum geworden, als es sonst geschehen wäre, ich habe dabei aber manches auf dem Wege liegen gelassen, was, wenn mir früh schon die Augen offen gewesen wären, auch Früchte getragen hätte. Mögen andere begabtere Naturen nach mir die einzelnen angeschlagenen Akkorde verstehen und aus diesen Weisen Lieder singen, die die Welt besser versteht, als meine abgerissenen unverbundenen Töne. Was ich gewollt, halte ich für Recht, was ich erreicht, nur für Bruchstück. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903, S. 79–80.
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509 Weimar, den 29. Dezember 1862. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. Weimar, [den 29. Dezember 1862]. im St. […] Meine Arbeit, die Nausikaa, ist während meines Unwohlseins in’s Stocken gerathen. Ich wollte sie im alten Jahre vollenden und hätte es bequem vollbracht: es fehlen nur die Figuren. Sie ist ohne jeden Vergleich besser und richtiger im Ausdruck als die früheren Compositionen dieses Gegenstandes. Genelli, der sie neulich sah, war überrascht und sagte, daß er sie nicht schöner und ausdrucksvoller sich denken könne. Welche beruhigende Freude mir dieser Ausspruch ist, begreifen Sie vollständig. Genelli ist auf diesem Gebiet erste Instanz. Wer ist in seiner ganzen Natur wohl mehr Grieche, als er? Mit Vollendung dieses Cartons ist das schwerste in den Compositionen beseitigt und ich denke, bei dem übrigen mit weniger Anstrengung zu arbeiten, obgleich in dieser Aufregung und in dem unausgesetzten Kampfe auch ein besonderer Reiz liegt. Genellis Hercules musagetes rückt jetzt sichtbar vorwärts und wird ein höchst bedeutendes Werk. G. ist ein seltener Mensch und hätte er in der großen Periode des cinque cento gelebt, man würde ihn mit Raffael und Michel Angelo nennen. Unsere arme Zeit versteht diesen göttlichen Genius nicht; nur wenige ahnen seine reine übermenschliche Größe und Schönheit. […] Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren. Weimar 1903, S. 82.
510 Weimar, den 31. Dezember (1862 ?) An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] habe heute die Composition der Circe als Carton aufgezeichnet. Der Ausdruk des Gegenstandes ist mir unter allen am schwersten geworden, da mir das erste in keiner Weise genügte. Die Localität muß sinlich verführerisch werden, dabei darf ihr der phantastische Theil nicht fehlen und das Ganze einen großartigen Eindruk machen. Bei dem vorgeschriebenen Palast u Wald ist mir das unsäglich schwer geworden, doch glaube ich daß ich jetzt auf dem rechten [fehlt] bin. […] Ich werde mich schwer entschließen können die Zeichnung liegen zu lassen u zur Malerei gehen zu könen. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 141.
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511 Weimar, im Januar 1863 (?) An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler, Fotograf und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Lieber Freund! Haben Sie vielleicht 2 Portraits meiner Frau nach der Zeichnung von Frl. Boutherwek, u können mir dieselben heut Nachmittag zu kommen lassen, so thun Sie mir einen großen Gefallen. Mit bestem Gruß Ihr Fr. Preller. Berlin, Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Signatur: Do 90/9829.5.
512 Weimar, im Januar 1863 (?) An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler, Fotograf und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Mein lieber Freund! Wie es scheint, haben Sie sich vorgenommen, mich durchaus zu beschämen denn Sie überhäufen mich in Wahrheit mit Ihrer Hände Werk. Welche Freude mir, selbst in trüben Stunden, die in diesen Tagen nicht gefehlt, mit den herrlichen Schöpfungen des seltenen Menschen bereitet wurde, brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern. Einige prächtige Ausnahmen abgerechnet, ekelt mich unser heutiger Kunstmarkt an, und immer gehe ich in vergangene Tage zurük, wenn ich geistige Erhebung u Labung bedarf. Daß mir Karstens nicht unter die letzten zählt, wissen Sie lieber Freund, und so nehmen Sie den wärmsten herzlichsten Dank für das Andenken, welches mir von Werth sein wird, solange ich noch lebe. Möchten Sie mit den lieben Ihrigen das schöne Fest ohne jede Störung froh verlebt haben. Mit herzlichem Gruß u. treuer Anhänglichkeit Ihr Friedrich Preller. Berlin, Deutsche Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Signatur: Do 90/9829.8.
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513 Weimar, den 6. Januar 1863. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Von jeher kam mir alles heilbringende, theure von Rom, nein ich hing seit dreissig Jahren in Liebe und Sehnsucht an allem was die ewige Stadt umschließt. Ich war endlich nach vielen, theils schwer durchgearbeiteten Jahren, namenlos glüklich mit den meinigen für eine kurze Zeit dahin zurükkehren zu können, und das sollte für mein und meiner mir unvergesslichen Frau Leben ausreichen. Der Himmel hatte es anders beschlossen. Alles dort erlebte Schöne verwandelte sich bald nach meinem Hieherkommen in Widerwärtigkeiten und bald genug in das grausamste Elend. Die gesunden Tage meiner lieben Marie waren einzig der Erinnerung geweiht und erzeugten manch schönen Plan für die Zukunft, doch sie wurden mit dem Fortschreiten der Krankheit immer blasser und endlich ist mit dem Tode der theuersten Frau alles für mich in diesem Leben untergegangen. Meines tiefgefühlten Dankes für Ihrer Durchlaucht so warme innige Theilnahme an meinem und der meinen Unglük braucht es keine Versicherung, ich hatte ja seit Jahren das Glük und die Freude in Ihnen meine hohe Beschützerin und theilnehmende Gönnerin zu verehren. Sie, Durchlauchtigste Fürstin waren allein mich aufzurichten im Stande, wenn mich so viel Widerwärtigkeiten aller Art drükten und mein Hiersein mir verbitterten. Sie allein können den Verlust ermessen der mir durch das Hinscheiden meiner Frau wurde, denn Sie haben die Treffliche genugsam erkannt. Wenn ich Ihrer Durchlaucht nicht sogleich Bericht erstattete; so rechnen Sie das meinem unendlichen Schmerz und eigener Krankheit zu. Erst seit wenigen Tagen ist es mir möglich an das nöthigste fürs Weiterleben, an meine Arbeit zu denken. Was darin bis jetzt geschehen, steht in innigster Verbindung mit meinem letzten glüklichen Aufenthalt in Italien, ohne welchen mir die Ausführung der Arbeit unmöglich gewesen wär. In Weimar hat mich persönlich nur Aerger und Unglük aufgesucht. Daß der Bau des Museums noch immer nicht bis zum Beginn gelangt, wird Ihrer Durchlaucht bekannt sein. Unsere hiesigen Baumeister haben ihr Talent und armseliges Wissen schon längst zum Nichts verarbeitet und so stehen wir auf demselben Punkte, wo wir vor drei Jahren gestanden. Jetzt setze ich all meine Hoffnung aufs nächste Frühjahr, verläuft dieses wie die vergangenen, dann bin ich mit Sr. Königlichen Hoheit fertig, denn damit ist auch die Freude an der Arbeit für mich dahin. Daß ich bisher mit Lust und Ausdauer nur der schönen Aufgabe gelebt, werden Ihro Durchlaucht ermessen, wenn Sie erfahren wie viel bereits geschehen. Gestern nehmlich habe ich den vierzehnten Carton in der Größe der Bilder vollendet und mir bleiben daher nur noch zwei, beides Momente aus dem Zauberleben der Circe. Daß ich bei nochmaligen Durcharbeiten mancherlei verändert, ja das ein und andere ganz neu gemacht, hat hoffentlich Ihrer Durchlaucht Billigung. Als Einleitung der Abenteuer habe ich den Weggang des Odysseus von Troja gewählt und den Carton bereits fertig. Diese Scene weist auf die große Begebenheit zurük und bereitet die Fahrten des Helden vor. Das zweite Bild 480
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stellt den Kampf bei den Kikonen vor, der Odysseus unterliegt zuerst menschlicher Kraft und Entschlossenheit, und nun geht er zu dem Polyphem über, von welchem ab er der Verfolgung des Neptun verfällt. Den Schluß macht das Wiedersehen seines alten in Gram versunkenen Vaters, des Laaertes, der sich in harter Arbeit müht während Odysseus etwas entfernt stehend sich die Thränen troknet. Der ganze Cyclus beginnt also in großartigen rauhen Handlungen bis zur Leucothea, dem Wendepunkte des Schiksals des Odysseus. Mit der Landung bei den Phäaken wird ihm menschliche Hülfe [zuteil] und ihr verdankt er Heimkehr Wiedersehen und Sieg. Den bedeutenden Handlungen der Figuren entspricht die jedesmalige Landschaft. Ihrer Durchlaucht über die Arbeit selbst zu berichten, will ich andern überlassen, daß ich aber mit allem Ernst und Fleiß gearbeitet habe, darf ich Ihnen wohl versichern und in diesem Punkte bin ich des Beifalls Ihrer Durchlaucht gewiß und mehr bedarf ich nicht um getrost weiter zu gehen. Nach Vollendung der großen Cartone will ich die Geschichte der Penelope und der Freier beginnen, damit das Ganze, wenn es nicht zur Ausführung kommen sollte, wenigstens in Zeichnungen vorhanden ist. Als Erhohlung werde ich das eine oder andere malen, denn an Aufträgen der verschiedensten Art habe ich, Gott lob, keinen Mangel. Wie sich mein übriges Leben gestalten wird, wie ich darin nur einige Ruhe wieder erlangen soll, da mir die Seele zu allem fehlt, das wüßte ich Ihrer Durchlaucht nicht zu sagen. Meine einzige Freude, da zwei meiner Söhne vom Hause weg sind, ist Friedrich, der seinen Aufenthalt in Italien wohl genützt und sehr erstaunliche Fortschritte gemacht hat. Unser eigentliches Leben besteht in gemeinsamer Arbeit, und in dieser finden wir beide das einzige Mittel uns zweitweis den tiefsten Schmerz erträglicher zu machen. Freie Stunden bringen wir meist in der Erinnerung an die glüklichsten Jahre unsers Aufenthaltes in Italien zu, doch auch hier ist nur der bittere Verlust stets fühlbar. Möchten Ihro Durchlaucht das schöne Weihnachten und das neue Jahr froher verlebt haben, als wir armen, möchte es Ihnen nur gut gehen und Sie mir Ihre hohe Gewogenheit auch in Zukunft nicht entziehen. An Liszt bitte ich meinen besten Gruß zu sagen. In tiefster Verehrung und Ergebenheit Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Weimar d. 6 Januar 1863. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
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514 Weimar, den 14. Januar 1863. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Weimar 14. Jan. 1863 Mein verehrter theurer Freund! Erst heute komme ich dazu Ihnen für Brief u. allerliebste Beilage v. Getl meinen herzlichen Dank zu sagen, u. alles Liebe u. Gute fürs neue Jahr zu wünschen. Daß ich Ihrer u der Ihrigen viel gedacht, können Sie denken, da ich weiß wie namentlich die theure Mama in Winterszeit meist leidet. Möchte der Himmel ihr doch diesmal bessere Tage beschert haben! — Daß bei uns die Festzeit sehr traurig verlaufen, brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern, uns allen fehlte die Seele, die alles belebte u. erheiterte. Ach! wieviel glückliche schöne Festtage hatte meine theuerste Frau allen, nah u fern bereitet! — Mein armes Leben kommt mir seit ihrem Scheiden so zweklos und nichtsagend vor, daß mir die Freude selbst an der Arbeit oft ganz abgeht. Ihre Teilnahme an allem belebte mich stets fürs Beste u Höchste jetzt stehe ich allein. — Doch ich will Sie nicht mit meinen Klagen belästigen, hat doch jeder Mensch das seine zu tragen u Mühe sich oben zu halten. Sie werden, wie manch andrer Freund mir rathen der Arbeit an zu gehören u sie ist wirklich in dieser Zeit ein wahrer Segen für mich, wenn ich die Stunde gefunden daran zu gehen. Aber das ist auch nicht wie früher, mir fehlt ihr Blik, ihr Händedruk, wenn ich das Haus verließ, ihr freundliches Wort, wenn ich zurück kehrte. Jetzt schleiche ich einsam ins Atelier. Bei alldem ist manches geschehen, ich habe in letzter Zeit 2 Cartone gemacht: Odysseus der Troja verläßt u den Kampf mit den Kikonen. In den letzten Tagen habe ich den Palast der Circe begonnen u das ist der vorletzte Gegenstand. Im Monat Mai denke ich mit dem ganzen Cyklus zu Stande zu kommen. Gegen meine Neigung wird die ganze Arbeit doch nochmals eine Wanderung machen, u auf derselben auch Hannover berühren da H.— zur Kunstgenossenschaft gehört. Hoffentlich wird dann in künftigem Frühjahr auch der Bau in Angriff genommen. Nach Vollendung der Cartone werde ich 2 Bilder malen, die Leucothea u die Syrenen für Baron Schak* in München, der sich für die Arbeit lebendig interessirt. Neugierig bin ich, was Sie lieber Freund über die mancherlei Veränderungen sagen werden, welche theilweis schon durch die veränderten Formate geboten werden, theilsweis aber nach meiner Einsicht Verbesserungen sind.— Immer habe ich bisher gehofft, Sie würden mich einmal an der Arbeit überraschen, jetzt denke ich oft daß Sie ein in Aussicht stehendes großes Künstlerfest interessiren u zu uns führen wird. Im Laufe des Sommers nehmlich kommt die deutsche Künstlergenossenschaft in Weimar zusammen, wir rechnen auf wenigstens 600 Individuen. Ein Wartburgzug steht damit in Aussicht.** Obgleich ich persönlich gegen all dergl. Anstalten u. Kraftanstrengungen bin, muß ich doch zugeben daß sie theilweis durch Zeit u Umstände veranlasst u geboten sind, u mache gute Miene zum curiosen u oft bösem Spiele.
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Das angenehmste für mich ist, daß ich manch alten lieben Kammeraden wiedersehe der sich ohne solche Veranlassung schwerlich zu mir auf die Beine gemacht haben würde, und diese Freude wird manch andere werden. Schon jetzt fängt die Jugend mit Vorbereitungen aller Art an, u das hat für die ältern immer etwas anregendes. Von Frl. Soest habe ich seit ihrem Aufenthalt in Venedig nur 2 mal Nachricht. Bei der Pflege ihrer Freundin scheint sie für nichts anderes Zeit u Stimmung zu haben. Die ganze Geschichte scheint mir von ihrer Seite wenig überlegt zu sein, doch das hat sie mit sich aus zu machen. In ihrer Kunst wird sie dabei wenig vorwärts kommen. Ich denke morgen für einige Tage nach Berlin zu gehen. Den alten P. Cornelius wieder zu sehen, freue ich mich sehr. Für heut leben Sie wohl, bringen Sie die allerherzlichsten Grüße Ihren theuren verehrten Eltern und der Familie Lawes. Mit treuer Liebe u Anhänglichkeit Ihr Fr. Preller. * Der Kunstsammler Adolf Friedrich von Schack (1815–1894). ** Vom 16. bis 20. August 1863 tagte in Weimar die achte Allgemeine deutsche Künstlerversammlung mit einem großen Fest und einem Empfang auf der Wartburg. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 45.
515 Weimar, den 16. Februar (1863 ?) An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Meine Cartone gehen ihrer Vollendung in nächstem Monat entgegen, falls nicht abermals Störungen eintreten. Die deutsche Kunstgenossenschaft* hat sie bestimmt gegen Tantieme in allen zur Genossenschaft gehörigen deutschen Städten auszustellen, eine Auszeichnung, welche nur dem Besten wiederfährt. Sobald der Cyklus vollendet, geht die Sendung nach Leipzig Dresden, Hannover u Kassel, später nach Wien, München, Carlsruh, Frankfurt Düsseldorf u Berlin. […] meine Arbeit mich erwartet. Es ist die Zauberin Circe in ihrem Palast, Mercur u Odyssee am Brunnen. […] *1856 in Bingen als Dachorganisation verschiedener örtlicher Künstlervereinigungen gegründet nach dem Vorbild des Düsseldorfer Malkastens. Ziele: Vorbereitung einer gesamtnationalen Ausstellungen [sic.], die dann 1858 in München stattfand. vergl. hierzu: Geschichte der dt. Kunst 1848–1890, S. 23–24. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 138.
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43. Friedrich Preller d. Ä.: Dolly und Margarethe Schöler, Zeichnung, 1860.
516 Weimar, im April 1863. An Dolly Schöler (geb. 1835), Tochter der Luise Schöler, geb. Bartholomäi und des Georg Schöler (1793–1865). Verehrtes Fräulein! Nach einem sehr bösen Tage und bei leidlichen Befinden heut wiederhole ich die Bitte um ein halbes Stündchen, welche Zeit ausreichen wird einige Linien für die Nausikaa nach Ihnen zu entwerfen. Sollte es Ihnen unbequem sein, so sind Sie wohl so gütig Ueberbringerin Bescheid zu geben. Ein von Ihrem Herrn Vater empfangener Brief hat mir große Freude gemacht, die erbetene Erlaubnis scheint erfolgt zu sein. In Verehrung ergebenst Fr. Preller. Jena, THULB, Handschriften, Brandis 816. Abgedruckt in: Allgemeine Thüringische Landes Zeitung, Sept. 1930, S. 5.
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517 Weimar, den 13. April 1863. An Georg Schöler (1793–1865), Gymnasialdirektor in Erfurt.
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Hochverehrter Freund! Mein Wunsch Sie und die theuren Ihrigen in Erfurt zu besuchen hat sich bisher nicht erfüllen wollen, um so freudiger aber wurde ich vor einigen Tagen überrascht durch die zwei prächtigen, liebenswürdigen Töchter. Ach! wieviel Trauer und schwere Tage liegen zwischen unserm heitern Beisammensein in Ilmenau und Jetzt! — Die lieben herlichen Mädchen kamen eben, als ich den letzten Carton zur Odyssee aufgestellt hatte und wir alle bedauerten von ganzem Herzen, daß wir Sie verehrter Freund nicht hier hatten, da Sie ja mit wärmsten Interesse meine Arbeit vorschreiten sahen. In dieser Arbeit allein habe ich einige Ruhe gefunden, die Verewigte hatte sie zuerst hervorgerufen und stets mit Liebe und Freude begünstigt. Warum konnte oder sollte sie dieselbe nicht vollendet sehen! — Die Freundlichkeit Ihrer lieben Töchter verhalf mir zu einem lang gehegten Wunsch, den nehmlich, beide zu zeichnen. Jetzt bin ich damit beschäftigt, da es aber nicht möglich ist beide bis morgen zu vollenden, so wage ich die Bitte um eine kleine Verlängerung ihren Urlaubs. Nächst den Portraits möchte ich eine der schönen Schwestern in den Cartons festhalten. Da ich noch manches zu verändern habe, vor allem die Figur der Nausikaa, so wüßte ich in Wahrheit nicht wo mir ein schöneres Abbild dafür begegnen sollte. So kann, so muß sie dem armen Odysseus erschienen sein. Auch hiezu erbitte ich die Erlaubnis der verehrten Eltern. Nach Vollendung geht die ganze Zeichenfolge vorerst nach München und einige andern Orte. Ich selbst will nach Carlsbad und denke später Ihnen einen Besuch entweder in Erfurt oder auf Ihrem Sommersitz abzustatten. Seien Sie bis dahin von ganzem Herzen gegrüßt und empfehlen Sie mich Ihrer verehrten Gemahlin Hochachtungsvoll ergeben Ihr Friedrich Preller. Weimar 13 April 1863. Jena, THULB, Handschriften, Brandis 816. Abgedruckt in: Allgemeine Thüringische Landes Zeitung, Sept. 1930, S. 5.
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518 Weimar, den 28. April 1863. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d. 28. April 1863 Hochverehrter Freund! Empfangen Sie den herzlichsten Gruß und beste Wünsche für den herrannahenden Festtag der Kestnerschen Häuser und aller Freunde derselben.* Mit unendlicher Freude ward durch Herrn Lawes mir die Kunde daß Ihnen allen der letzte Winter ein besserer war als ich in Bangigkeit fürchtete. Möchte es dem Himmel doch gefallen Ihnen nur frohe Tage zu bescheren, und diese in weiteste Ferne aus zu dehnen. Das kurze Hiersein des Herrn Lawes und dessen lieblicher Gemahlin gehört zu den Freuden, die mir in letzter Zeit so spärlich geworden. Ich hörte durch sie von Ihnen allen Erfreuliches und Tröstendes, wonach ich schon lange in Sehnsucht gewartet. Ihren Festtag, verehrtester Freund will ich, diesmal freilich allein im Geiste mit feiern, und mir die schönen mit meiner einzigen Frau bei Ihnen verlebten Tage zurückrufen. Ach! Wie oft denke ich jener Zeit. — Daß ich jetzt alle Cartone der Odyssee vollendet habe, werden Sie durch Herrn Laves erfahren haben. Dieser Arbeit allein verdanke ich eine Milderung meines unsäglichen Schmerzes, der stets aufs Neue hervorbricht, wenn ich die Arbeit verlasse. In den nächsten Tagen treten sie ihre Reise nach München an, von wo sie auch Hannover auf kurze Zeit besuchen sollen. Ob ich je zur Ausführung auf die Mauer komme? Gott mag es wissen. – Der Museumbau ist zwar beschlossen, doch zieht sich bei uns alles in die Länge und ich werde dabei jeden Tag älter, ohne die Sache fördern zu können. Mein körperliches Befinden macht die Carlsbader Reise nöthig u. damit steht mir die Freude bevor Sie, hochverehrter Freund wieder auf einige Wochen zu sehen. Wir werden dann unsere bekannten kleinen Wanderungen abermals gemeinschaftlich machen, und uns gegenseitig trösten, wenn uns das Heimweh beschleicht. Bis dahin leben Sie wohl, bringen Sie meinen herzlichsten Gruß der verehrten Frau Archivräthin, so wie allen theuren Gliedern Ihrer Familie. Mit wahrster Verehrung u. treuer Anhänglichkeit Ihr Friedrich Preller. * Georg Kestner feiert am 1. Mai seinen Geburtstag. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 24.
519 Weimar, im Frühjahr 1863. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Wie viel sich in den grösseren Rahmen an den Dingen verändert, hoffentlich verbessert hat, das wird Sie, liebe Freundin, überraschen. Einige der vorhandenen Compositionen sind sogar ganz neu entstanden. Wenn die Sache einmal als Ganzes dastehen wird, hat sie 486
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Derartiges nicht zur Seite. Ich denke damit dem Einen oder Andern einen Weg zu zeigen, auf dem er dann weiter gehen kann, als meine Kräfte zuliessen. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 287–288.
520 Weimar, Anfang Mai 1863. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Es war das erstemal, dass mir an diesem Morgen* meine Marie nicht entgegen kam, mit ihrem lieben heiteren Gesicht mir den Tag nicht einweihte. Mich überkam ein solcher Schmerz, dass ich den ganzen Tag keine Ruhe fand. Um allen Besuchen auszuweichen, vergrub ich mich in die Arbeit und verschloss die Thür. Ich hätte es wahrhaftig nicht aushalten können. Doch genug davon, ich will, da ich muss, sehen wie ich durchkomme. – Die Zeit, da Sie so wenig von mir erfuhren, kann ich in keiner Weise mit andern Zeiten vergleichen. Ich habe unablässig so streng gearbeitet, dass ich auch selbst viele Nächte in Aufregung durchwachte, um mit dem ersten Lichte wieder an die Arbeit zurückzukehren. Meine Gesundheit hat jetzt für mich keinen Werth, meine angefangene Arbeit aber zu vollenden, lag mir am Herzen und in ihr allein fand ich einige Ruhe. Anstatt von all der Anstrengung aber müde und gleichgültig zu werden, wuchs meine Kraft und Gesundheit mit jedem Tage und so war ich im Stande, die Cartons schon jetzt fertig vor mir zu sehen. Heute werden sie verpackt und treten ihre erste Reise nach München an. Möchten sie wohlbehalten dort anlangen. Da ich bis jetzt mich auf Photographien nicht einlassen wollte und also nichts davon besessen hätte, wenn auf der Reise Unglück vorgekommen wäre, unternahm ich mit einem meiner Schüler und Friedrich die schreckliche Arbeit, sämmtliche Cartons zu bausen und zwar im Tempelherrnhause (im Parke), einem feuchten, kalten Orte. Was wir bei den rauhen, dunklen Tagen ausgestanden haben, können Sie sich vorstellen. Beide arme Jungen haben sich schrecklich erkältet, ich bin unangefochten geblieben und in zwölf Tagen war die grosse Arbeit hinter uns. Wie gern hätte ich erlebt, sie wären hier gewesen und hätten alles beisammen gesehen! Nach meiner Karlsbader Reise muss ich drei Bilder aus dem Cyklus in Oel malen, eine Arbeit, die ich nur angenommen, weil ich doch in der Sache noch alle Zeit habe, denn obgleich der Bau beschlossen, ist er doch noch nicht in Angriff genommen. – Das Glück, was in einer stillen Beschäftigung liegt, und worin ich so viele Jahre glücklich gelebt habe, kenne ich nicht mehr. Ich bin daher fest entschlossen, wenn mir Zeit bleibt, nach Vollendung meiner Arbeit abermals nach Rom zu gehen und dort in aller Stille meine Jahre zu verbringen. Ach, warum wurde mir nicht beschieden, immer da sein zu können? Vielleich hätte ich Marien noch, die sich so wohl dort befand! Seit sie mich verlassen, habe ich nirgend mehr Ruhe, als wenn ich an ihrem Hügel stehe. Warum konnte ich nicht mit ihr sterben? Was soll ich ohne sie hier? Unbegreifliches Schicksal! Das trefflichste Weib so früh dahin! – Friedrich ist fleissig an einigen sehr angenehmen Aufträgen italienischer Bilder, und hat Fortschritte gemacht, an denen man Freude haben muss. Als Mensch ist er so vortrefflich und ächt, dass ich ihn nicht mehr entbehren kann. 487
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Ohne ihn wüsste ich, bei Gott, nicht zu leben! Gott erhalte ihn mir und Allen, denen er nahe steht. Von den beiden Älteren habe ich so gut als nichts mehr. Ihr Beruf hält beide fern und sie leben ihm, wie sich’s gehört. Dass sich Emil verlobt hat, wird er Ihnen angezeigt haben. Die Braut ist höchst liebenswürdig und sehr hübsch. Ach, hätte doch Marie die Freude haben können! Ernst ist auf drei bis vier Jahre als Obersteuermann weg. Nach glücklicher Heimkehr hat er Aussicht zum Capitain auf demselben Schiffe. Zuerst nach Ostindien, vielleicht von da nach China. Gott schütze ihn! […] * Prellers Geburtstag am 25. April. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 284–286.
521 Karlsbad, im Mai 1863. An die Schwester Charlotte Preller (1815–1907). Grüß Gott liebes Lottchen! Wahrscheinlich bist Du nun wieder im alten Jägerhause, während ich gezwungen hier sitze u mich zu Euch zurüksehne. Nichts ist doch unerträglicher, als die Hände in den Schoos legen, die man das ganze Leben hindurch tüchtig hat rühren müssen. Ich komme mir selbst recht überflüssig vor, u zähle jeden Tag der von meinem Aufenthalte abgeht. Ach! wie beneide ich jeden abfahrenden Wagen, die darin strahlenden Gesichter derer, die Carlsbad den Rüken kehren. Nun! der 4 te Theil wäre ja überstanden, u hoffentlich geht auch die übrige Zeit ohne böse Zwischenfälle vorüber! — Unter meinen anwesenden Freunden sind einige sehr leidend, u ich kann mir unberufen gratuliren, denn das Wasser thut auffällig gute Wirkung. Wenn Friedrich, wie ich glaube, wieder zuhaus ist, so sage ihm doch, daß, wenn er über meine Cartone etwas hört, er mir berichten soll. Mit dem Auszug soll er sich ja nicht übereilen, damit auch mir noch etwas übrig bleibt. Die Photographien von mir haben schon ihre Abnehmer gefunden, u gelten für besonders gute Abzüge. Meine Verköstigung ist der Art daß ich mit großer Sehnsucht nach Deinen Kochkünsten zurükdenke, ja selbst nach Möhren u Rindfleisch. Mache Dir also einen Begriff, wenn mir das als Ideal vorschwebt, was mir zuhause einen Schrek in die Glieder jagt. Kaffe ist u bleibt das einzige Labsal, obgl. Deiner in seinem Werthe noch immer obenan steht. Hätten wir nur das schöne Backwerk! — Grüße mir die alte gute Seidler, Helenen u Schuchardts. Möge es Dir gut gehen. Mit herzlichem Gruß Dein Dich liebender Bruder F.P. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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522 Karlsbad, den 28. Mai 1863. An Friedrich Voltz (1817–1886), Tier- und Landschaftsmaler. Verehrter lieber Freund! Gestern erhielt ich über Weimar Ihren lieben Brief, u. dies ist die Ursach meines verspäteten Dankes u der Versicherung meiner großen Freude über dessen Inhalt. Bei dem warmen Interesse, welches Sie werther Freund, stets an meinen Arbeiten genommen, habe ich bei Absendung der Cartone Ihrer lebhaft gedacht u. im stillen gehofft ein Wort von Ihnen darüber zu hören. Daß ich mich nicht getäuscht, ist mir ein neuer Beweis Ihres warmen Herzens für den Freund u. dessen Streben. Sie sehen, daß der Gegenstand im Laufe der Zeit immer reicher in mir geworden u. daß ich mit aller Liebe daran fest gehalten habe. Mein letzter Aufenthalt in Unteritalien diente mir einzig u. allein zu dessen Durchbildung. Wie sehr mich die freundliche Aufnahme von Münchens hervorragenden Künstlern beglükt, brauche ich Ihnen nicht erst zu versichern, die der Besteller hat ja so selten einen Werth! — Wie gern böte ich die Hand zur Vervielfältigung, doch ist es immer fraglich: ob das Interesse an meiner Arbeit so allgemein ist, daß sich die Vervielfältigung verlohnt. Wohl habe ich daran gedacht ob die Herausgabe bei Albert* in München geschehen könnte, doch scheue ich mich sie an zu bieten. Eine Anfrage der Münchner Künstler würde vielleicht zuerst zu etwas führen. Da die Cartone jetzt am Platz sind wäre die Gelegenheit vortrefflich. Schreiben Sie mir doch ein Wort in dieser Angelegenheit, ich denke von jetzt an, noch 14 Tage sicher hier zu bleiben. Da wir die Versammlung der Kunstgenossenschaft dies Jahr in Weimar haben, lebe ich der Hoffnung, daß mit so manchem alten Freunde auch mein lieber Voltz einrüken u bei mir Verlies nehmen wird. Es sollte mir eine große Freude werden Ihnen so manch altehrwürdiges Plätzchen zu zeigen. Grüßen Sie die braven Kammeraden die meiner gern gedenken, u lassen bald ein Wort hören Ihrem treuen Fr. Preller. im Gartenthale, Carlsbad. * Joseph Albert (1825–1886), Fotograf und Verleger. Siehe auch die Briefe 523–525, 530. Privatbesitz.
523 Karlsbad, den 16. Juni 1863. An Friedrich Voltz (1817–1886), Tier- und Landschaftsmaler. Mein lieber theurer Freund! Nur wenige Woerte sind mir erlaubt, u. doch möchte ich Ihnen so gern viel herzliches sagen. Nehmen Sie vorerst meinen tiefgefühlten Dank für soviel Freundlichkeit, mit der Sie sich meiner Angelegenheit bei Herrn Albert angenommen.* Trotz der vielen Bekannten, 489
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die ich in München habe, besitzt niemand ausser Ihnen meine ganze Zuneigung u. das eigentlichste Vertrauen. Daß sich aber damit für Sie Mühe u. Versäumnis verbinden, hat mich schon manche Stunde gequält. Sein Sie mir nicht bös deshalb, mein lieber Freund. Die Probedruke von Herrn Albert haben mich, besonders in dem großen Exemplare wahrhaft entzükt. Die kleinen haben eine taube Stelle, doch vielleicht nur in diesen paar Blättern! Der Ton u Klarheit lassen nichts zu wünschen übrig, besonders in der grauen Farbe, welche der Kohle sich am meisten nähert. Der mehr violätte Ton ist zwar klar u. kräftig, aber auch härter. Ich habe Herrn Albert meine Freude u den richtigen Empfang der Sachen angekündigt. Von Weimar aus denke ich ihm ausführlicher u. eingehender zu schreiben. Mit dieser Woche ist meine Cur zu Ende u. dann gehe ich direkt nachhaus. Im geschäftlichen Theile unserer Angelegenheit würde mir am liebsten sein, Hrr. A. zahlte die runde Summe, auf Tantieme lasse ich mich ungern ein, weil mich derlei Geschäfte in andern Dingen stören. Ich bin nichts im Leben weniger geworden als Geschäftsmann. Herr Albert hat ja dann auch freie Hand u kann die Sache nach Gefallen ausbeuten, wozu sich allerlei Wege bieten, da der Homer nie veralten wird. Meine Arbeit, denke ich, wird wohl auch einige Zeit vorhalten. Daß die Sache in München zur Veröffentlichung kommt, ist mir in vielem Betracht lieb, daß Sie daselbst Anerkennung gefunden, war über alles schätzenswerth, denn ich habe stets eine große Anhänglichkeit für diese Stadt u ihre Künstler gehabt. Wenn Sie mein theurer Freund, nach Vollendung der Aufnahme, für die baldigste Weiterreise der Cartonen etwas thun könnten, würden Sie mich sehr verbinden. Wohin sie fürs erste bestimmt sind, weiss ich selbst nicht, da die Kunstgenossenschaft die Sache in den Händen hat. Aerztlicher Vorschrift gehorchend schließe ich für diesmal nur noch meine besten Grüße beifügend. Treu Ihr Friedrich Preller. Karlsbad 16 Juni 1863. * Siehe auch die Briefe 522, 524, 525, 530. Privatbesitz.
524 Karlsbad, im Juni 1863. An Friedrich Voltz (1817–1886), Tier- und Landschaftsmaler. Lieber Freund! Endlich wieder im alten Weimar, die böse Zeit der Cur hinter mir, vor mir die frohe Aussicht auf die Arbeit, nach der ich mich recht herzlich gesehnt habe. Noch einige Tage still, u. dann aber nach gewohnter Weise mit vollen Händen darin. Ich preise jeden glüklich, dem es gegönnt ist ruhig weiter zu leben, seiner elenden Hülle nur dann gedenkend, wenn ihm Hunger oder Durst anverwandelt, wider den Durst 4 Wochen lang warmes Wasser zu schluken, ist aber in Wahrheit eine harte Aufgabe. 490
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Daß ich mit meinen Gedanken jetzt, da ich die Hände noch in den Schoß legen muß viel bei Ihnen u. in München überhaupt bin werden Sie recht denken, umsomehr, als ich von dort gar nichts höre. Vor allem ist mir auffallend u. wirklich unangenehm, daß meine Cartone noch immer nicht in Cassel sind, da die Herren dort seit 4 Wochen ihr Local für die Ausstellung hergerichtet, alles andre abgewiesen haben. Woran mag das wohl liegen? Ich kann mir unmöglich denken, daß Herr Albert noch mit der Sache beschäftigt ist. Von Herrn Albert selbst höre ich auch in unserer Angelegenheit nichts, obgl. ich ihm geschrieben u. gebeten habe die Sache aufs reine zu bringen.* Die mir nach Carlsbad geschikten Probeblätter waren so vortrefflich, daß ich wahrlich nicht wüßte wie sie schöner gemacht werden könten, u. Sie können wohl denken welche Freude ich darüber hatte. Diese Erscheinung hat mir die letzte Zeit dort wirklich erleichtert. Jetzt erwarte ich in großer Sehnsucht ein ganzes Exemplar. Besonders schön scheint mir die große Ausgabe, u ich mache damit wieder die Erfahrung, daß im großen Raum gedachte Bilder nicht jede beliebige Verkleinerung vertragen. Hoffentlich behält Hrr. Albert auch für die Mittelbilder die gleiche Höhe bei, denn wenn diese wegfiele, u. das ganze Bild den Raum des Hochformats nur einnehmen sollte, würden sie sehr verlieren. Wissen Sie lieber Freund hierüber etwas bestimmtes, so lassen Sie mir’s doch wissen, denn wie es scheint, soll ich von anderer Seite Nichts hören. Können Sie überhaupt durch ein Wort die Sache fördern so thun Sie mir einen großen Gefallen. Hier wird jetzt in mancherlei Weise viel gearbeitet, d. h. weniger für die Unsterblichkeit als für das nahe bevorstehende Fest, was bei gutem Wetter recht schön zu werden verspricht.** Eine große Freude würde es mir neben vielleicht vielen andern sein, Sie lieber Freund hier zu haben. Diese Feste bringen uns einmal, oft nach vielen Jahren, wieder zu einander, u. das ist wahrlich nicht das geringste an ihnen. Leute, die gemeinschaftlich das Beste wollen, müssen sich auch einmal sehen. Dabei läuft freilich viel gesindel aus u ein, doch die rechten finden sich heraus. Bedenken Sie die Sache einmal gründlich, u sehen zu ob Sie mir nicht die Freude machen können! Ich wüßte wahrhaftig keinen, dessen Erscheinen ich so von herzen wünschte. — An mir soll es nicht liegen sich den Aufenthalt gereuen zu lassen. Für heut zum Schluß. Nehmen Sie noch die besten Grüße Ihres treuen Fr. Preller. * Siehe die Briefe 522, 523, 525, 530. ** Die achte Allgemeine deutsche Künstlerversammlung fand vom 17. bis 21. August 1863 in Weimar statt. Privatbesitz.
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525 Karlsbad, im Juli/August 1863. An Friedrich Voltz (1817–1886), Tier- und Landschaftsmaler. Herrn Fr. Voltz. München. Verehrter lieber Freund! Gestern hatte ich die Freude Ihren lieben Brief mit allerlei erfreulichen Nachrichten aus dem alten lieben München zu erhalten. Die Sache meiner Cartone betreffend, muß ich Ihnen sagen, daß ich mich in unangenehmer Lage befinde. Die Zeit der Ausstellung derselben ist abgelaufen, neue erwartet sie bald, so viel ich weiß in Leipzig, u. doch wär es wünschenswerth, wenn die Reproduction in München geschähe, daß sie für die Arbeit des Photographen noch eine gewisse Zeit dort blieben. Herr Albert, der scheinbar geneigt ist die Sache zu unternehmen, schrieb an Director Hauser in München, einen alten Freund von mir, er möge doch veranlassen daß er ein od. mehrere Proben machen könne, das übrige würde sich dann wohl ergeben. Hierauf schrieb ich selbst sogleich da der Brief an Hauser mir zugeschikt wurde, an Herrn Albert meine Zustimmung, höre u sehe aber von der Sache kein Wort mehr.* Daß Herr Hanfstängel sich der Sache an zunehmen geneigt ist, könnte mir nur sehr erfreulich sein, sie wär ja in den besten Händen, aber eh ich nicht weiß, wie es mit Herrn Albert steht, kann ich nicht mit ihm verhandeln, da das mögliche Mißverständnise geben könnte. Meine Ansicht in der Sache wär also diese: zuerst müsse man in Erfahrung bringen, ob Herr Albert Proben gemacht hat. Das ja oder nein würde mich zuerst binden, oder vollständig frei in jeder Weise handeln lassn. Daß mir daran liegt die Sache in München erscheinen zu sehen, sage ich Ihnen ganz offen. Um in der Sache aber etwas weiter zu kommen, halte ich für nöthig Ihnen zu sagen, daß mir von den verschiedensten Orten Anerbietungen gemacht wurden u werden. Eine der letzten war die Summe von fünfzehn hundert Thaler u einige Lieferungen Drüke. Somit hätte Herr Hanfstängel einen Punkt, von dem aus man sich verständigen könnte. Damit die Cartone aber nicht ohne Zwek in München aufgehalten werden, wäre es mir sehr erwünscht fein baldigst etwas bestimmtes zu erfahren. Ist es Ihnen daher möglich zu erfahren, ob Herr Albert sich in der Sache zu betheiligen denkt od. nicht, so haben wir freies Feld. Ich sollte meinen ein einfaches Wort als Antwort auf mein Schreiben an Herrn Albert wär der Gegenstand doch werth! Daß der Absatz der Photographien nicht fraglich sein kann, dafür birgt wohl der Gegenstand. Sollte Herr Hanfstängel auf die Sache eingehen, so kann er seine Briefe unter d. Adresse: Fr. Preller Weimar spediren. Ich habe die Führung des Geschäfts meinem Sohn übergeben, da meine Cur mir größte Ruhe u. Unthätigkeit vorschreibt. Nun mein theurer Freund die Frage: werden Sie mir verzeihen, daß ich Ihnen soviel Unbequemlichkeit mache? Geben Sie mir bald Gelegenheit Ihnen gleiches zu thun. Ein erklärendes baldiges Wort würde mich höchlichst erfreuen. Treu Ihr Fr. Preller. Bitte umzuwenden! * Siehe auch die Briefe 522–524, 530. Privatbesitz.
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44. Achte deutsche Künstlerversammlung und das Künstlerfest in Weimar, Holzstich nach Carl Emil Doepler, 1863.
526 Weimar, den 8. August 1863. An Peter von Cornelius (1783–1867), Maler.
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Hochverehrter Freund! Die Zeit der Künstlerversammlung trit uns immer näher*. Daß Deine Zusage alle erhebt und mit Jubel erfüllt, brauche ich eigentlich nicht zu sagen. Du weißt es. Wahrscheinlich wird Dich der Großherzog besonders einladen sein Gast zu sein, er weiß aber auch daß Du von den Künstlern eingeladen, daß diese aufs anständigste für Deine Bequemlichkeit gesorgt, und ist vorbereitet, wenn Du den Aufenthalt im Schlosse nicht nimmst. Jeder ist bemüht Dir den Aufenthalt ruhig und angenehm zu machen, alle beglükt Dich zu begrüßen. Laß mir nur durch ein Wort wissen, wessen Einladung Du folgst. Mit der Bitte Deiner Gemahlin mich zu empfehlen in treuster Anhänglichkeit dein Friedrich Preller. Jägerhaus Weimar d. 9 Aug 1863.
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* Die achte Allgemeine deutsche Künstler-Versammlung fand vom 17. bis 21. August 1863 in Weimar statt. Preller war für die Organisation mitverantwortlich. Privatbesitz, erworben von Kunsthandel Chidsanucha Walter e. K. Leipzig, (ebay, 19. Okt. 2015).
527 Weimar, den 25. August 1863. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d. 25 Aug 1863. Hochverehrter Freund! Ich will die ersten ruhigen Augenblicke nützen Ihren letzten so überaus liebenswürdigen Brief zu beantworten, da ich noch allerlei Abhaltungen, welche unserm Feste nachfolgen werden, sicher zu erwarten habe. Ach! wie gern folgte ich Ihrer so freundlichen Aufforderung zu Ihnen zu kommen! – Unmöglich, das ist das schrekliche Wort, was mir außer anstrengender Arbeit gar nichts mehr übrig läßt. Morgen den 26.t. sind meine Ferien zu Ende, eine Zeit in der ich statt der Ruhe nichts als widerwärtige Arbeit und andere unangenehme Dinge durch zu machen hatte. Jetzt heißt es wieder: Schule halten, sich ungern und viel versäumtes nachholen. Ist das nicht zum verzweifeln wenn man weiß, daß man für Besseres geboren? Doch genug von all der Misere. Ich danke Ihnen trotz aller Abhaltung eben so herzlich und warm für die so verlokende wie freundliche Einladung, und da es mir nicht jetzt vergönnt ist den Wanderstab zu ergreifen, so hoffe ich doch bald ein Bäumchen zu finden, und will es dann gewiß zu nutzen suchen. Damit ich mich aber bei Ihnen und den theuren Ihrigen in guter Erinnerung erhalte, sollen Sie doch ein Theil, und nicht das Schlechteste von mir nach Hannover bekommen. Ich meine damit meine Homerischen Cartone, welche in den nächsten Tagen bei Ihnen eintreffen müssen, oder wohl gar schon angekommen sind. Nehmen Sie dieselben als einen warmen Gruß von mir auf. Große Freude würde es mir sein, wenn Hannover, sowie München und Cassel, wo die Arbeit in letzter Zeit ausgestellt war, ihr einige Aufmerksamkeit schenken wollte. Unser altes Weimar ist seit dem Wegzug der Künstler wieder in seine bekannte Ruhe zurückgetreten.* Hätte der Himmel eben soviel guten Geschmack wie die arbeitenden Künstler bewiesen, das Fest wär in Wahrheit ein prächtiges geworden. Was wir gesündigt haben, oder womit wir uns die Wasserstrafe zugezogen, ich weiß es nicht, aber das wird jeder, der dabei war bezeugen, daß wir eher Fischen als Menschen ähnlich sahen. Bei all dem war das Fest in den Räumen der Wartburg in höchster Weise schön und erhebend. Die Erinnerung an diesen Zug wird jedem fürs Erdenleben ausreichen. Unter vielen alten Freunden und Bekannten hatte ich die Freude auch Busse** zu finden und wir bedauerten gegenseitig daß Ihr Herr Sohn unser Entzüken nicht theilen wollte oder konnte. Wie schön wär es gewesen wenn wir all das Schöne dort und in der Erinnerung hätten theilen können. Der Abend brachte uns alle in heiterster Weise die kurze Strecke nach Weimar zurück. Für uns Weimaraner bleibt nun freilich noch manche unangenehme Arbeit zu bewältigen, denn dergleichen Feste verlangen vor und nach dem Vorgang viel Kräfte und Zeit. Noch böse 8 Tage und auch wir werden in’s alte Gleis kommen. Hoffentlich ist Ihnen lieber Herr Archivrath 494
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Carlsbad dies Jahr besser bekommen als mir, der ich viel Nachwehen aus zu stehen hatte. Jetzt fange ich an der alte zu werden und damit will ich zufrieden sein. Empfehlen Sie mich der besten Gemahlin auf herzlichste und bringen ihr meine guten Wünsche für ihr Wohlsein, sowie die warmen Grüße für Ihren Sohn. Möge es Ihnen allen nur gut gehen. — In treuster Anhänglichkeit Ihr Friedrich Preller. * Am 20. August 1863 endete die achte Allgemeine deutsche Künstlerversammlung in Weimar. ** Georg Busse (1810–1868), Zeichner und Kupferstecher. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 25.
528 Weimar, den 8. September 1863. An August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874), Schriftsteller.* Fleiß bricht Eis. Unverdrossen hat’s oft genossen. Der Eine die Mühe, Der Andere die Brühe. Trink und iß, Der Armen nicht vergiß. Acht dich klein, Halt dich rein, Mach dich nicht zu gemein, So wirst du lieb gehalten sein. Gut verloren, nichts verloren Muth verloren, halb verloren, Ehre verloren, alles verloren. Eintracht hat große Macht. Ein freundlich Gesicht das beste Gericht. Es ist kein Unglük so groß, Es trägt ein Glük im Schoß. 495
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Was versehret, das lehret. Schade, Sorge u. Klage wechseln alle Tage. Wäre Lügen so schwer wie Steine tragen, würde Mancher lieber die Wahrheit sagen. Scharfe Schwerter schneiden sehr, Falsche Zungen noch viel mehr. Ein jeder kehre vor seiner Thür, So braucht er Besen genug; Schreib seine Fehler aufs Papier, So wird er davon klug. Wer will haben den Genuß, der muß auch haben den Verdruß. Jede Sach hat sein Ungemach. Gute Zucht, gute Frucht. Wer seine Sach will haben recht, Muß selber sein bald Magd, bald Knecht. Scheiden bringt Leiden Wiederkommen macht, daß man das Scheiden nicht acht. Wer nicht kann Spaß verstehn, muß nicht unter die Leute gehen. * Siehe auch Brief 211. Berlin, Bundesarchiv, Nachlass Hoffmann von Fallersleben, Akte N 2120/15.
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529 Weimar, den 3. November 1863. An den Kunstverein Kassel (gegründet 1835). Fünfundzwanzig Thaler bei Ausstellung der homerischen Cartone als Tantieme vom Kunstverein zu Cassel, erhalten zu haben, bescheinige ich hiermit. Friedrich Preller. Weimar d. 3 Novbr. 1863. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Slg. Darmstaedter 2 n 1830.
530 Weimar, den 10. November 1863. An Adolf Friedrich von Schack (1815–1894), Dichter und Kunstsammler. Hochverehrter Herr ! Ew. Hochwohlgeboren ehrenvolle Zuschrift v. 5.t. Novbr. und die Summe von fünfhundert Rt. habe ich erhalten und beeile mich Ihnen den Empfang mit besten Dank an zu zeigen. Das die Leucothea fertig dasteht, bedarf es jetzt nur noch der Kiste um sie Ew. Hochwohlgeborn zu übersenden.* Ich habe das Bild so einfach behandelt, wie es auf die Mauer kommen soll, und ich denke es mit den andern ebenso zu halten, denn die Gegenstände sind sämtlich so gedacht und vertragen keinen gesuchten Effekt, sie sollen still harmonisch wirken. Der Wunsch Ew. Hochwohlgeborn noch andere Bildern des Cyclus zu besitzen, ist mir eben so anregend als ehrenvoll, und es dürfte nicht schwer sein unter den Hochformat noch ein paar zu einander passende zu finden, außerdem würde der große Polyphem sich als Staffeleibild vor allen eignen. Die Photographien werden bei Albert in München erscheinen und zwar hoffe ich in allerhöchster Zeit, Probedruke in zwei verschiedenen Größen sind genügend ausgefallen.** Dem fernern Wohlwollen Ew. Hochwohlgeboren mich bestens empfehlend, zeichne ich in Hochachtung ergebenster Friedrich Preller Weimar d. 10 Novbr. 1863. * Adolf Friedrich von Schack erwarb für seine Sammlung zwei Odyssee-Landschaften von Preller. Es handelte sich dabei um die Gemälde zu Leucothea und Calypso. Siehe auch die Briefe 531, 537, 538. ** Joseph Albert (1825–1886), Fotograf und Verleger. Siehe auch die Briefe 522–525. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Schackiana I.
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531 Weimar, den 18. November 1863. An Adolf Friedrich von Schack (1815–1894), Dichter und Kunstsammler. Weimar d. 18 Novbr. 1863 Hochverehrter Herr! Endlich kann ich Ihnen den Abgang der Leucothea anzeigen.* Unsre Handwerker sind wirkliche Muster der Wortbrüchigkeit. Die Kiste ging am 17.t. hier ab und wird hoffentlich wohlbehalten ankommen. Da die Kiste das zweite Bild ebenfalls transportiren könnte, wollte ich Ew. Hochwohlgeborn bitten, selbige retour gehen zu lassen. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. * Siehe auch die Briefe 530, 537, 538. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Schackiana I.
532 Dresden (?), den 26. Dezember 1863. An die Schwester Charlotte Preller (1815–1907). Zweiter Feiertag. Morg. Guten Morgen liebes Lottchen! Möchtest Du das Fest gesund u heiter verlebt haben, dies ist ein Wunsch den ich beim Genuß der schönen Tage hier stets lebendig für Dich fühlte, u nun will ich ihm durch ein paar Worte Ausdruk geben. Ich bin die Zeit seit meinem Hiersein doch weniger vom Zahnweh geplagt, als ichs auf der Reise war u so konnte ich auch froher genießen. Die Bescherung in Jenny’s Wohnung war so reich, als ich noch keine gesehen. Außer Friedemann’s war niemand hier u so das Fest um so ungestörter. Jenny* war über alles ihr geschenktes unbeschreiblich beglükt, u somit kommt Dir ein Theil ihres Dankgefühles zu, denn das reitzende Mützchen gefiel ihr über die Maaßen. Die weiße Beduine war ein alter nun ins Leben getretener Wunsch, u sie paßt ganz vollständig u steht ihr reizend. Dir alles zu beschreiben, müßte ich besseres Gedächtnis haben u Bogen voll schreiben. Nur noch soviel davon, was meine schönen Geschenke angeht. Von Jenny habe ich einen wunderschönen grünen Pelz u eine Hausmütze, od. auch Reisemütze, von Mama eine Schreibmappe, u von Clara Friedemann eine große schöne Tasse. Das erste Geschenk ist wahrhaft prächtig u äußerst zwekmäßig, denn an frieren kann ich nicht mehr denken. Auch Friedrich hat sie ein Kästchen mit allerlei hübschen Dingen geschikt. Wir hatten den Tag vorher erfreulichen u beruhigenden Brief von ihm. Es scheint doch jetzt nach Wunsch zu gehen, u größere Freude hätte er uns allen nicht bereiten können, als wenn er gekommen wär. Nun! wer weiß wozu sein Bleiben gut ist. An ihn gedacht wird viel, denn Mama Ventzky u Jenny haben ihn wahrhaft lieb u Friedemanns haben soviel von ihm durch beide gehört, daß sie nichts mehr 498
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wünschen, als ihn zu sehen. Ich denke Dir liebes Lottchen wird Jenny gewiß sehr gefallen, denn sie ist von Innen u Außen eine reitzende Person. Hoffenlich bist Du in Apolda gewesen, od. noch u so bitte ich Hundeshagens u Zimmermanns aufs herzlichste von mir zu grüßen. Emil wird wohl schon wieder weg sein, sonst vergiß nicht auch ihn bestens von mir zu grüßen. Möchte es Dir und allen gut gehen, bringe jedem meinen Gruß der mit Liebe an mich denkt. In treuer Liebe Dein Bruder Fr Pr. * Jenny Ventzky, verw. Krieger (1834–1906), Prellers spätere Ehefrau. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
533 Weimar, um 1864. An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler, Fotograf und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Ich stehe im Begriffe nach Erfurt zu gehen, kann aber nicht umhin Ihnen meine Freude aus zusprechen über die Schönheit der Blätter*. Schuchardt’s Carton ist das Einzige, welches etwas kräftiger sein könnte. Die Liboriuskapelle** u Hummels Blatt sind wirkliche Meisterstüke, von ersterer habe ich 2 Bl. zurükbehalten von den übrigen 1 Bl. Meine Freude u Dank bringe ich Ihnen nach Zurükkunft. Mit bestem Gruß Ihr Fr. Preller. * Es handelt sich wahrscheinlich um Fotografien von Zeichnungen, die Preller seinem ehemaligen Schüler für Aufnahmen zur Verfügung gestellt hatte. ** Die Liboriuskapelle in Creuzburg hatte Preller um 1843 im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Conseil-Saals im Weimarer Schloss gezeichnet. Siehe die Briefe 116 und 121. Berlin, Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Signatur: Do 90/9829.6.
534 Weimar, 1864 (?). An die Schwester Charlotte Preller (1815–1907). […] Die Ueberzeugung auf ruhige Weise in gewissen Dissonanzen sich zu verständigen, die mir in letzter Zeit leider nicht durch Dich geworden, läßt mir nur diesen Weg offen. Wie tief betrübt ich aus den Räumen scheiden muß, in welchen seit so vielen Jahren mir nur Liebe und Friede begegnete, jetzt Zwist und Uneinigkeit, aus Mißtrauen oder Hetzerei böser Menschen entstanden, denn anders kann es nichts sein, wie ganz anders ich zu scheiden gewünscht, das wird Dir vielleicht in ruhiger Stunde vor die Seele treten, und dann wünsche ich daß Dir die Reue nicht zu hart begegne. Wenn das, was Du mir vielfach vorgeworfen, 499
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Mißtrauen jemals mir nahe gekommen wär, wie hätte ich alles, ohne je anders als zufrieden und ruhig, in Deine Hände legen können? Wenn ich noch soviel schlimme Eigenschaften besitze, des Mißtrauens wird mich niemand zeihen, der auch nur oberflächlich mich kennt. Das kann ich mit voller Ueberzeugung von mir sagen. Du, meine Schwester, bist der erste Mensch von dem ich dies Urtheil über mich, erfahren mußte, u. wie hart das mir gewesen, magst Du bedenken, wenn Du kannst. In meiner Verlobung habe ich Dich nicht übergangen, Du erfuhrst zu gleicher Stunde die Gewißheit derselben mit Frl. Olinda, die wie niemand, außer Friedrich, die Nothwendigkeit einsah daß mein Leben, sollte es nicht am Ende sein, wieder des geistigen Austausches bedurfte*. Frau Jenny ist nur in Liebe, im zartesten Verhältnis zu ihrer ganzen Familie erzogen worden, u so ist es noch heut. Ihr mit Freundlichkeit zuerst zu begegnen, sie nicht erst um dieselbe werben zu lassen, das war Olindas zarter u richtiger Gedanke, und in diesem Sinne schrieb sie ihr zuerst, und erbot sich für alles, was ihr hier Erleichterung schaffen konnte, u was sie mit Dank u Freundlichkeit angenommen. Obgleich es, einfach betrachtet, ganz unnöthig war: Dich in die Sache zu ziehen so hat doch Frl. Olinda gar manchmal Dich zu Rathe ziehen wollen. Wie viel Kämpferei damit verbunden ist, brauche ich dir wohl nicht auseinander zu setzen, u. wie wenig Zeit Dir dafür hätte bleiben können, da Du das Haus besorgtest, ebensowenig, das sieht jeder Mensch der eben sehen will. Und gerade dieser Punkt erzeugt bei Dir Hass u Mißtrauen gegen mich, Olinda u. Friedrich, u. verschließt Dein Innerstes für jede Freundlichkeit, durch die allein mein verödetes Leben Ruhe u ein gewisses Gleichgewicht hätte erhalten können. Mit dieser Kurzsichtigkeit in die einfachste Sache u der daraus entstehenden Mißdeutung in allem möglichen, hast Du Jenny einen Eintritt in ihre neue Heimath bereitet, wo sie niemand kennt, der zum mindesten von Deiner Seite hätte ganz anders sein müssen u können. Konnte u mußte sie nicht von der Schwester ihres Mannes Liebe u Zuvorkommenheit, Freude u. Verträglichkeit erwarten? Was kannst Du ihr entgegen bringen, die nur Liebe aller Menschen erfahren hat, die ihr nahe gekommen? Ich hatte es ganz anders erwartet. Das Frl. Olinda geschenkte Vertrauen was Du als eine Beeinträchtigung Deines Schwesternrechtes hälst, ist von meiner Seite schon eine Pflicht, die ich der seligen Marie schulde, selbst wenn sie mir ferner stünde. Wer war seit 30 Jahren zu jeder Stunde in Freud u Leid, selbst mit Opfern, der Seligen zur Seite? Wer hat unser Leben, unsere Verhältnisse, selbst unsere Kinder besser gekannt u in jeder Weise gefördert? Olinda war es, u damit ist alles gesagt, was ich sagen kann. So wie die selige Marie nie aus meiner Erinnerung, nie aus meinem Herzen weichen wird, ebensowenig werde ich je vergessen, wieviel Du ihr in ihrem letzten Leiden gewesen, u. daß es so ist, könntest Du längst wissen. Hätte sie Deine jetzige Stellung eingenommen, sie würde mit ihrer Liebe aber ganz anders gedacht u gehandelt haben. Ich verlasse das Jägerhaus tief betrübt, wie gern hätte ich diesem Orte eine reine freundliche Erinnerung bewahrt, wo sie so viele Jahre in Frieden u Liebe für alle Menschen gelebt u geschaft hat. Ich bitte Dich schließlich, da ich früher reisen will als anfänglich beschlossen war, richte meine mir nothwendigen Sachen so daß ich gehen kann, sobald hier alles in Ordnung gebracht ist. Glaube nicht von mir daß ich den geringsten Groll gegen Dich hege, ich bedaure einzig daß Du mich verkennst, den Du besser zu kennen, Gelegenheit genug haben könntest, u wohl auch gehabt hast, ich bedaure eben so viel daß Jenny durch all dies 500
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Mißverstehen von Deiner Seite in nicht bessere Verhältnisse eingeführt werden kann, was ich zu denken für unmöglich gehalten habe. Da ich hier vielerlei zu besorgen habe u zu jeder Zeit hier sein muß, ist es mir bequemer im Gasthof zu essen, da ich zuhaus ohnehin auf Freundlichkeit keine Aussicht habe. Häufe deshalb nicht mehr Groll auf mich als Du schon hast. Ich wiederhole daß ich keinen Groll hege, aber unter den Umständen nicht gern im Haus bin, was Du wohl einsiehst. Treu Dein Fr. Pr. * Die Verlobung Prellers mit Jenny Ventzky, verw. Krieger (1834–1906) und die Heirat im März 1864, nachdem Marie erst im Dezember 1862 verstorben war, führte zu erheblichen Spannungen in der Familie. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
535 Weimar, den 12. Januar 1864. An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler, Fotograf und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Weimar 12 Jan. 64 Mein lieber Freund! Von Berlin zurük soll es mein erstes sein Ihnen abermals eine Zahl Zeichnungen zu senden die Sie nach Gefallen verwenden mögen. Es sind deren 12 u sie gehören sämtlich der Fräulein O. Bouterwerk, welche Sie bitten läßt, wenn es möglich ist, dieselben doch recht bald zurük zu senden, da sie sich ungern auf längere Zeit davon trennen kann. Von den Geiern habe ich eine Bleistiftzeichnung beigelegt in dem Glauben daß diese sehr gut kommen müßte. Alle Uebrigen werden Ihnen neu sein, u ich meine das Ganze dürfte ein nicht uninteressantes kleines Album geben. Wenn es Ihnen möglich ist, so machen Sie sich bald an die Arbeit, damit wir die Frl. B. nicht mißmuthig machen.* Sollten Sie in Dresden selbst nicht Geschäfte damit machen können? Hier scheint mancherlei in die Oeffentlichkeit gegangen zu sein. Grüßen Sie Ihre liebe Frau, resp. Collegin herzlichst von mir u lassen mir den Empfang der Zeichnungen wissen. Mit bestem Gruß Ihr Friedrich Preller. N. S. Für die Aufbewahrung scheinen mir einfache Kästchen, statt der Bücher, wie Sie im Sinn hatten, geeigneter zu sein. Bauer hat hier solche gemacht. Mir scheint er schwer die Ausschnitte immer so zu machen daß nichts von den Zeichnungen verloren geht, in den Kasten können sie größer u kleiner bequem liegen, u man könnte ihnen sogar noch einen kl. Untersatzbogen geben. Sie erinnern sich vielleicht die Albums meiner sel. Frau. Diese verkleinert scheint mir das rechte. — 501
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* Kemlein fotografierte die ihm von Preller zugesandten Arbeiten. Siehe auch die Briefe 533 und 646. Berlin, Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Signatur: Do 90/9829.7.
536 Weimar, den 19. Januar 1864. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Möchten Sie die verspätete Erwiederung auf Ihr werthes Schreiben vom 9. d. gütigst entschuldigen. Um Ihnen in Betreff meiner Cartone nun, einigermaßen bestimmte Antwort geben zu können, war ich genöthigt mich in Düsseldorf zu erkundigen, ob dieselben noch dort sind und auf welche Zeit, denn die Ausstellung liegt in den Händen der Kunstgenossenschaft, ich selbst habe nur den Vortheil der Tantiemen. Die Kunstgenossenschaft wird sie in diesen Tagen, zufolge eines frühern Versprechens nach Cöln und dann nach Frankfurt a/M für einige Zeit schiken. Von Anfang April an, könnte Dresden dann wohl darauf rechnen, wenn es sich den Bedingungen unterzieht, welche damit in Verbindung sind, anteilig den Transport, die Versicherung und die Tantieme zu übernehmen. Sollte Dresden darauf einzugehen nicht geneigt sein, so habe ich nur die ergebenste Bitte: mich durch ein Wort benachrichtigen zu lassen, damit ich über den nächsten Ort der Ausstellung bestimmen kann. In wahrster Verehrung ergeben Fr. Preller. Weimar d. 19 Jan. 1864. St. Gallen, Kantonsbibliothek, Handschriften, Sammlung Robert Alther, Signatur: VadSlg. NL. 202:45:236q.
537 Weimar, den 12. Februar 1864. An Adolf Friedrich von Schack (1815–1894), Dichter und Kunstsammler. Hochverehrter Herr, Ich freue mich Ew. Hochwohlgeborn anzeigen zu können daß die Calypso fertig, zur Versendung in einigen [Tagen] bereit dasteht, ich will das Bild nur leicht übertroknen lassen.* Damit auf der Reise nicht abermals Unglück vorkomme, habe ich nur einen einfachen Holzrahmen als Abschluß darum machen lassen. Da es auf Kreide gemalt ist, wird es wohl total eingeschlagen Ihnen sich präsentiren in einigen Monaten ist es jedoch wünschenswerth, daß ihm ein Firniß zukomme. Mit den Wünschen, daß das Bild wohlbehalten zu Ihnen gelange, empfehle ich mich Ew. Hochwohlgeborn Hochachtungsvoll ergeben 502
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Friedrich Preller. Weimar d. 12. Febr. 1864. * Siehe auch die Briefe 530, 531, 538. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Schackiana I.
538 Weimar, den 28. Februar 1864. An Adolf Friedrich von Schack (1815–1894), Dichter und Kunstsammler. Hochverehrter Herr! Mit größtem Dank bescheinige ich hiermit den Empfang der fünfhundert Thaler für das Bild der Calypso.* Welche Freude mir durch das Vertrauen Ew. Hochwohlgeborn geworden, indem Sie den Wunsch aussprachen noch mehrere Compositionen des Cyklus zu besitzen, vermag ich nicht auszusprechen, hoffe aber in der Vollendung des Bildes den Beweis davon zu liefern. Das bequemste Material für uns Künstler, unsere Gedanken und Empfindungen auszusprechen, bleibt stets unser Handwerkszeug. Sehr gern würde ich, wenn die Arbeit, welche ich gegenwärtig auf der Staffelei habe, vollendet ist, den großen Polyphem beginnen, der an sich als Mittelbild für Leucothea und Calypso vortrefflich eignen würde. Auf ausdrücklichen Wunsch Ew. Hochwohlgeborn füge ich noch hinzu, daß der Preis der großen Bilder etwa 1500 Thaler sein würde. In wahrster Verehrung Ew. Hochwohlgeborn ergebenster Friedrich Preller. Weimar 28. Februar 1864. * Siehe auch die Briefe 530, 531, 537. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Schackiana I.
539 Weimar, im März (?) 1864. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Verehrter Freund! Auf die Freude ein paar Stunden mit Dir zu sein und Dir mündlich nochmals für die herrliche Uebersendung* danken zu können, muß ich leider verzichten, da Kaiserliche Hoheit sich so eben für 12 Uhr anmeldet und mich zur Tafel einladen läßt. Der Tausch eines wahren Kunstgenusses gegen den Anblik einiger höchst langweiligen Hofschranzen ist Deines Mitleids wohl werth. 503
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Mit herzlichem Gruß Dein Fr. Preller. * Es könnte sich um ein Präsent zur Hochzeit Prellers Mitte März 1864 mit Jenny Ventzky (1834–1906) handeln. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/25, 16 Brief 9.
540 Abb. 45 Weimar, den 15. April 1864. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar 15 April 1864. Hochverehrter Freund! Es sind Monate vergangen ohne daß direkte Mittheilung weder nach Hannover noch nach hieher gekommen. Auf meine Erkundigungen nach Ihnen u. Ihrem Hause erhielt ich wohl öfters Kunde, unterließ aber das Schreiben, weil ich von mir aus trauriges hätte melden können. Der Tod meiner unvergeßlichen Marie brachte meinem Leben nur trübes, ja die
45. Friedrich Preller d. Ä.: Jenny Krieger, Zeichnung, 1864.
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größte Wohlthat wär es gewesen ihr der Theuren folgen zu können. Mein Leben hatte nur noch Werth für mich, wenn ich des jüngsten Sohnes gedacht, der meines Rathes u Beistandes noch sehr bedurfte u noch bedarf. Ein vielfach, besonders in letzter Zeit ausgesprochener Wunsch meiner theuren Marie, die vielleicht ihr baldiges Ende ahnen mochte, war: nicht allein zu bleiben. Der Gedanke an eine Wiederverheirathung in meinen Jahren aber war mir unerträglich, obgleich ich, bei meiner gänzlichen Unkenntniß in allen häuslichen Dingen, keinen Weg zu Ruhe u Lust für die Arbeit finden konnte. Das wiederholte Anliegen meiner Kinder, der heiße Wunsch der Geschiedenen ließ mich endlich einen Entschluß fassen. Jetzt bin ich seit 4 Wochen verheiratet, u zwar mit der Frau, die die Selige liebte u mir gewissermaßen zuführte. Frau Jenny Krieger, geboren Ventzky aus Breslau, die Sie kennen u mit der Sie viele Jahre zu gleicher Zeit Karlsbad besuchten.* Da wir zum 27.d. von hier nach Karlsbad reisen, u Sie dort jedenfalls erwarten können, hoffe ich die Freude zu haben Sie mit der kleinen Frau empfangen zu können. In mein Leben ist eine gewisse Ruhe u Gleichmäßigkeit zurükgekehrt. Ich arbeite wieder mit alter Lust u Kraft an dem Werke, was mich schon seit Jahren beschäftigt, u das ich aufgegeben hatte da die eigentliche Seele mir fehlte. Meine Marie hatte es hervorgerufen u war die stete Anregung bei dessen Fortschreiten. Ihr Tod hatte alle meine Thätigkeit vernichtet, u ich war entschlossen in Rom mein Leben zu beschließen. Nach ihrem heißesten Wunsche ist es nun anders u hoffentlich besser geworden. Frau Jenny ist der seligen Marie in Vielem sehr ähnlich, stets geistig anregend u hat Liebe u Freude an meinem Schaffen, u damit denke ich noch manches zu vollbringen. Daß wir uns gemeinschaftlich freuen Sie verehrtester Freund bald zu sehen, brauche ich Ihnen nicht zu versichern. Bitte lassen Sie mir doch durch ein Wort wissen, in welcher Zeit wir Sie ohngefähr erwarten können. Wie mag es wohl der hochverehrten lieben Frau Archivräthin gehen? – Ich bitte mich aufs Beste zu empfehlen so auch der Familie Lawes. Ihren Sohn Herrmann auf seinen lieben Brief eine Antwort zu schulden, drükt mir auf die Seele. In meinen Trauertagen konnte ich an niemand schreiben. Grüßen Sie ihn herzlich, u nun leben Sie wohl, möge es Ihnen u allen Theuren gut gehen. Meine Frau empfiehlt sich mit mir Ihnen angelegentlichst. Treu ergeben Ihr Fr. Preller. * Jenny Ventzky, verw. Krieger (1834–1906), geboren in Königsberg. Sie lebte vor ihrem Umzug nach Weimar in Breslau. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 26.
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541 Weimar, den 8. Juni 1864. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Hochverehrter Freund! Endlich nach 5 zwar langen, aber doch großentheils sehr angenehm verlebten Wochen, sind wir wieder wohlbehalten in der Heimath angelangt. Es überkommt uns stets ein wohliges Gefühl, wenn wir in die Räume eintreten, in denen unser Leben überall Anknüpfungs u. Ruhepunkte findet, u. damit schwindet augenblicklich der Zeitraum, den wir außerhalb verlebt haben. Vom ersten Moment an verschwinden die Unannehmlichkeiten u. unsere Erinnerung beschäftigt sich nur mit dem was uns erfreute u. erfreut. Wir sprachen viel von den schönen Stunden, sie wir mit Ihnen theurer Freund noch in Carlsbad verleben konnten. In Dresden fanden wir meiner Frau Schwester mit ihrem Mann u den Kindern, die wir jetzt bei uns haben, u bleiben werden. Damit hat sich unser neues Leben abgerundet u. mit der Ruhe, die uns die Heimat immer entgegen trägt, freue ich mich der Zeit, die mich in die gewohnte u geliebte Arbeit führt. Ein kurzer Besuch der Verwandten wird die Zeit angenehm ausfüllen, die ich stets nach Carlsbad noch ohne Beschäftigung verbringe. Mit dem größten Danke erhalten Sie hiebei das edle Metall zurük, was uns die Reise in Ruhe antreten ließ. Es muß am selben Morgen, als wir Carlsbad verließen, dort eingetroffen sein, denn als wir hier eintrafen, war es schon wieder zurük. Möge es unangefochten nun in Ihre Hände zurükkehren. —* Die Zeit Ihres Aufenthaltes in Carlsbad wird Ihnen durch die Verwandten in jeder Weise verschönt werden u so muß die Kur das an Ihnen vollbringen, was wir alle in tiefsten Herzen wünschen. Möchten die sonnigen Tage Ihnen nicht fehlen. – Meine Frau empfiehlt sich Ihnen aufs freundlichste, u. bittet mit mir, uns den Ihrigen in Hannover bestens zu empfehlen. Möge es allen gut gehen! – Treu ergeben Ihr Friedrich Preller Weimar 8 Juni 1864. * Der Brief ist adressiert an Herrn Archivrath Kestner, Carlsbad, Kettenbrücke und mit dem Zusatz versehen: Inliegend fünfzig Thaler in Kassenscheinen. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 27.
542 Weimar, den 1. Juli 1864. An Friedrich Bruckmann (1814–1898), Verleger. Weimar d. 1 Juli 1864 Geehrter Herr ! 506
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Auf Ihr geehrtes Schreiben vom 21. Juni würde ich sogleich erwiedert haben, hätte ein längeres Unwohlsein mich nicht für alles mögliche untauglich gemacht. Sehr leid ist es mir auf Ihr ehrendes Anerbieten, die homerischen Cartone betreffend, nicht eingehen zu können, da Herr Albert* die Vervielfältigung derselben bis zum Jahre 1870 hat, auch selbst, wenn dies nicht der Fall wär, ich mich sehr bedenken müßte sie dem Stiche anzuvertrauen, da wir leider mit meinem Wissen keine tüchtigen Kupferstecher in der Landschaft haben. Der Holzschnitt dürfte sich vielleicht mehr eignen, u dafür giebt es geschikte Leute. — Sehr einladend und meinem Talent paßlich wäre wohl Ihr zweiter Auftrag, doch bin ich gegenwärtig und auf einige Jahre hinaus so beschäftigt, daß ich eine größere Arbeit zu übernehmen keine Zeit finde. Einen derartigen Auftrag nebenher zu machen, wage ich nicht denn er verlangt den ganzen Menschen. Noch ergiebiger und allgemein interessanter dürfte jedoch das alte Testament sein, auch würde ich das mit besonderer Liebe unternehmen, da ich schon lange den Plan dafür habe. Empfangen Sie jedoch meinen Dank und die Versicherung meiner Freude für das mir geschenkte Vertrauen in eine Sache von solcher Wichtigkeit. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. * Joseph Albert (1825–1886), Fotograf und Verleger. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Cgm 8164 (169,1).
543 Weimar, den 31. August (1864 ?). An Hermann Moritz (1820–1885), Bankier in Weimar. Geehrtester Herr! Durch einen meiner Schüler, Herrn Knebel erfahre ich soeben, daß Sie gegen ihn den Wunsch ausgesprochen, irgend etwas von meiner Hand zu besitzen. Meine große Arbeit für das neue Museum ist seit 2 Jahren Ursach, daß ich neben dieser durchaus nichts anderes vollenden konnte. Im andern Falle würde es mir Freude machen Ihnen das Beste zur Verfügung zu stellen. Vorausgesetzt daß Sie nicht gerade ein Original von meiner Hand wünschen, könnte ich Ihnen ein Bildchen nach einer Zeichnung von mir vorschlagen, welches genannter Herr Knebel in letzter Zeit vollendet hat. Hochachtungsvoll ergeben Weimar 31 August Friedrich Preller. Klassik Stiftung Weimar, GSA 151/170.
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544 Weimar, im Spätjahr 1864. An Otto Benndorf (1838–1907), Archäologe. Werther Herr! Möchten Sie mir verzeihen, wenn ich Ihnen schon wieder lästig werde. Soeben erhalte ich beifolgenden Carton von meinem Sohn aus Ilmenau, mit der Bitte ihn an Friedrich kommen zu lassen. Ich ersuche Sie daher, vorausgesetzt, daß es nicht genirt, den lieben Friedrich das Mäppchen mitzunehmen. Von Herzen grüßend u gute Reise wünschend* Ihr ergebenster Friedrich Preller. * Benndorf erhielt 1864 ein Reisestipendium für Italien. Er kehrte 1868 zurück. 1865 besuchte er gemeinsam mit Friedrich Preller d. J. (1838–1901) Olevano. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
545 Weimar, den 6. November 1864. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler und Antiquar in Leipzig. Weimar 6 Novbr 1864. Sehr geehrter Herr! Durch Herrn Direktor Schuchardt erfuhr ich vor wenigen Tagen daß Sie meiner kleinen Cartone noch gedenken, und an ihn die Frage gestellt haben: ob dieselben noch zu haben seien, u für welchen Preis. Trotz verschiedener Anfragen habe ich mich noch nicht von denselben trennen mögen, doch da ich nicht Hausbesitzer bin u der Raum nicht überall paßlich ist sie aufzuhängen, so habe ich mich entschlossen dieselben bei Gelegenheit abzugeben. Der Preis dafür ist 1200 Rth. Ale sind wohl erhalten, in dem Zustande wie Sie sie früher gesehen haben. Bei dieser Gelegenheit könnte es Ihnen vielleicht auch erwünscht sein zu wissen wie es mit den Farbenscizzen steht. Damit bin ich jetzt beschäftigt u diese machen, wenn sie vollendet, gewiß eine gute Wirkung, denn sie sind mehr als Scizzen, ausgeführte kleine Bilder.* Sollten Sie bei Gelegenheit auch Weimar berühren, so würden Sie mir eine Freude durch Ihren Besuch bereiten. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. * Eventuell handelt es sich dabei um die bei Ketterer Kunst im November 2019 angebotenen kleinen Ölbilder Lot 19–21. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
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546 Weimar, den 29. Dezember 1864. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Weimar 29 Decbr. 1864. Mein theurer lieber Bernhard! Hoffentlich sind die Weihnachtfeiertage bei Dir und den lieben Deinigen ohne Störung vorübergegangen. Meine gute Jenny u ich lagen bis den Tag vor dem Feste zu Bett, doch der heilige Abend fand uns sämtlich heiter u leidlich wohl auf. Mein Kopfweh hat noch etwas weiter gebrummt, doch jetzt ist alles, wie es sein sollte. Da wir alle erwarten, daß Du zu Neujahr hieher kommst, bin ich beauftragt: Dir zu sagen, daß für Dich alles in Bereitschaft stehe. Die Mama läßt dir nebenbei sagen, daß, wenn Dir die Cur an Hof nicht convenire, du ihr ja die Cur machen könntest. Jedenfalls bist du von allen mit Sehnsucht erwartet, u herzlich willkommen. Das Fest hat so manches Neue in meinen Schrank gebracht u ich freue mich die schönen Dinge mit Dir abermals zu genießen. Daß ich eine zeitlang nicht arbeiten konnte, ist jetzt mein größter Verdruß, doch hoffe ich, das neue Jahr soll in der Sache fördernd werden. Ich schließe mit den besten Grüßen von allen für Dich u die lieben Deinen in der Hoffnung, Dich baldigst bei mir zu sehen. Treu Dein Friedrich Preller Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3669.
547 Weimar, den 1. März 1865. An Unbekannt. Wertester Herr! Sie verzeihen wohl die so verspätete Rückgabe der Götheschen Hefte. Meiner Schwiegermutter Geburtstag entschied erst gestern, was sie besaß, und nicht. Außer dem Beschaulichen hat sie alles andere, ich bezahle dies zurück und füge den Betrag von drei Thalern hier bei. Hochachtungsvoll Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: Slg. Liebeskind I, 46.
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548 Weimar, den 19. März 1865. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Entschuldigen Sie gütigst meine späte Erwiederung auf Ihr werthes Schreiben vom 13.t. d. Krankheit hielt mich bisher zurük. Anbei sende ich Ihnen die Proben der Holzdruke zurük. Ich ersehe daraus daß der Schneider gewissenhaft und geschikt ist. Ich denke damit könnte er sich wohl auch in meine Art zu zeichnen finden. Nach Vollendung meiner Farben-Scizzen werde ich mich sogleich an eine Zeichnung für den Schnitt begeben und zwar um 1/3 vergrößert, als sie für den Druck bestimmt ist. Da es keine Schwierigkeiten macht Bleistift zu photographiren, so denke ich die Zeichnung damit herzustellen, da der Stift sich freier als die Feder behandeln läßt. Hoffentlich wird es mir möglich nach Vollendung meiner jetzigen Arbeit noch einmal nach Leipzig zu kommen, da wohl mancherlei mündlich sich leichter als schriftlich beseitigen läßt. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Weimar 19 März 65. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/125.
549 Abb. 46 Weimar, um 1865. An Johann Christian Schuchardt (1799–1870), Jurist, Kunsthistoriker, Sekretär der Grafischen Sammlungen und von 1861–1868 Direktor des Kunstinstitutes und der Freien Zeichenschule in Weimar. Guten Morgen lieber Freund!* Gestern Nachm. war ich beim geheim Staatsrath u habe lange u. über mancherlei mit ihm gesprochen. Ich hoffe der Logispunkt wird keine Schwierigkeit haben, St. hat mir versprochen Deine Wünsche in jeder Weise zu befürworten u. damit ist wohl alles gemacht. Dein Gesuch möchtest Du an das Ministerium richten, u den künstlerischen Nachlaß betreffend, sprach St. den Wunsch aus: ein Verzeichnis der Sachen zu erhalten u den Preis zu wissen, da er beides vorzulegen habe. Der Thonsche Punkt soll erledigt werden, u in der Bauerschen Sache wolle er sich mit ihm besprechen. — Somit wäre denn alles zur Zufriedenheit hoffentlich ganz gelöst. In der Restaurationsgeschichte sieht St. ziemlich klar, u ich glaube bestimmt daß er mir mehr zutraut, als gewissen andern Herrn. Mit herzlichem Gruß Dein Friedrich Preller. Entschuldige das schlechte Papier, ich sah den Fehler erst nach Beendigung des Briefes. 510
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46. Friedrich Preller d. Ä.: Johann Christian Schuchardt, Zeichnung, undatiert.
* Dieser Brief bezieht sich auf die Nachfolgeregelungen des Weimarer Kunstinstitutes, nach denen der PrellerSchüler Sixtus Armin Thon (1817–1901) bereits 1865 die Vertretung Schuchardts als Direktor des Kunstinstitutes übernehmen sollte und 1868 dann auf Vorschlag Schuchardts zu dessen Nachfolger ernannt wurde. Im September 1866 übernahm Thon die Fürsorge für die Restaurierung der Großherzoglichen Kunstsammlungen. Der Brief dürfte also auf das Jahr 1865 zu datieren sein. Der Herausgeber dankt Dr. Iris Berndt für diese Hinweise. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
550 Weimar, den 1. Mai 1865. An Christian Friedrich Kanoldt, Apotheker, Vater des Edmund Kanoldt (1845–1904). […] Die bevorstehende Studienreise Ihres Sohnes giebt mir Veranlassung Ihnen zu sagen, daß ich bisher nur Freude an seinem Eifer und den dabei gemachten Fortschritten habe. Möge er in gleicher Weise fortschreiten! Das Resultat kann dann nur ein Erfreuliches sein. — Mit großer Leichtigkeit findet er sich in das malerische Element, im Verständniß der Form hoffe ich soll der herankommende Sommer ihn vorwärts bringen. […] Reinhold Lichtenberg und Ernst Jaffé: Hundert Jahre deutsch-römischer Landschaftsmalerei, Berlin 1907, S. 179.
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551 Weimar, den 24. Mai 1865. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Sechzig Thaler Für eine Bleistiftzeichnung aus dem Cyklus der Homerischen Odyssee von Herrn A. Dürr empfangen zu haben, bescheinigt hiermit Friedrich Preller. Weimar d. 24 Mai 1865. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/126.
552 Weimar, 1865 (?). An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt. Dein Brief mein lieber Emil hat uns alle in tiefe Trauer versetzt. Erst Freude in uns allen, jetzt schon Trauer, so wechselt es durchs ganze menschliche Leben, und oft werden wir irr an einer höhern gütigen Leitung. Kehrt dann unsere Ruhe zurük, so verstehen od. begreifen wir erst, daß es gut war, wie es der Himmel gemacht hat. Sollte Euch das liebe Kind genommen werden; so ist es immer leichter zu tragen, ehe es mit tausend Fäden Euch ans Herz geklammert hatte. Wieviel schwerer trifft uns der Schlag, wenn das Kind in seiner herrlichen Entwicklung nur schon mehr genähret, ja in vielen Fällen unentbehrlich geworden ist? Gott tröste und erhalte nur das liebe gute Minchen, die als Mutter gewiß sehr leidet. Bringe ihr unsere besten und herzlichsten Grüße, die Versicherung unserer innigsten Theilnahme bedarf es wohl nicht. Auch Du mein theurer lieber Emil vergiß nicht Deiner eigenen Schonung. Wir alle sind sterblich u oft ist ein geringer Anlaß ausreichend uns in Gefahr zu bringen. Wir haben ein Beispiel an Clairchens letzter Krankheit, die ihr anflog, ohne daß wir das geringste versäumt zu haben glauben.* Daß Brehme an ihrem Aufkommen selbst gezweifelt, haben wir durch Andere erfahren. Gestern ist sie zuerst wieder außer Bett gewesen u so hoffen wir jetzt einen guten Fortgang. Jenny versucht jetzt außer Bett zu sitzen, doch geschieht der Transport auf den Stuhl noch stets mit einer Ohnmacht. Möchte doch auch ihr der Himmel gnädig sein. Im Bett scheint sie vollkommen gesund, sie hat körperlich sichtbar zugenommen. Br. wünscht sie ins Freie zu bringen u hofft viel davon. Addio mein theurer Emil u liebes Minchen, mit herzlichem Gruß Euer Euch treu liebender Vater Fr. Preller Von Friedel gute Nachricht. * Clara Krieger (um 1859– ?) Tochter von Prellers zweiter Ehefrau Jenny Ventzky (1834–1906). Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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553 Weimar, den 2. September 1865. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 2 Septbr 1865 Geehrtester Herr! Ihr werthes Schreiben nebst Beilage des Probedrucks habe ich erhalten. Sie erhalten ihn hierbei zurük da es wahrscheinlich der einzige ist. Der Schnitt ist sehr schön u. ich meine daß man dem Künstler ohne Bedenken die Sache anvertrauen könne. Etwas mehr Mittelton würde der Erscheinung gut stehen. Ich hatte große Lust, als ich in Leipzig war, etwas an der Zeichnung zu thun, nur auf Anrathen des Herrn v. Zahn* unterließ ich es. In den folgenden Blättern soll es nicht fehlen. Ich überlege mir soeben, daß mir der Druk für die folgenden Blätter von Nutzen sein kann u ich will ihn daher zurükbehalten. Haben Sie irgend etwas noch zu erinnern, so bitte ich mir recht bald Nachricht zu geben, da ich in diesen Tagen eine zweite Zeichnung vorzunehmen denke. Hochachtungsvoll ergeben Ihr Friedrich Preller. Bitte Gärtner** herzlichst zu grüßen u ihm zu sagen daß Wislicenus*** den Preis in der Goethestiftung erhalten hat. * Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker. ** Heinrich Gärtner (1820–1909), Landschaftsmaler, tätig u. a. in Leipzig. *** Hermann Wislicenus (1825–1899), Historienmaler, erhielt 1865 den Preis der Deutschen Goethe-Stiftung Weimar. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/127.
554 Weimar, den 3. September 1865. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. d. 3 Septbr. 1865. Mein alter theuerer Freund! Beiliegend erhälst Du eine Anfrage an mich, die nur Sr. Königl. Hoheit beantworten kann, u ich bitte Dich daher den Brief dem gnädigsten Herrn vorzulegen u mir die Antwort womöglich umgehend zukommen zu lassen. Du kannst Dir denken daß es mir große Freude ist eine solche Anerkennung meiner Odyssee noch zu erleben. Daß sie früher od. später durchschlagen mußte, das konnte ich wissen, daß es aber in unsrer traurigen Zeit, die nur Sinn für den plattesten Naturalismus hat, geschah, ist mir ein Beweis, daß sie sich bei den Besten rasch abwickeln wird. Ein erfreulicher Beweis dafür war ebenfalls die neuliche Concurrenz, in welcher Wislicenus den Preis gewonnen. Wie leuchtete diese herrliche Composition über alles andere hinaus! Einen Gegensatz bildete das 513
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letzte Bild von Pauls*, nichts als sehr farbige Gewänder, in denen keine Menschen Platz fanden, eine Composition von einigen 40 Personen, in welcher 3 paar Füße u. nur leblose Köpfe zu sehen waren. Das Ganze machte die Wirkung eines Glasfensters u das Urtheil aller Verständigen ist: daß P. bisher nur rückwärts gegangen. Ramberg mit seiner letzten Arbeit hat glänzend bewiesen daß die Niederländer nicht mit den deutschen kämpfen können. Ein Tuch voll treu u glänzend nachgeahmter Stoffe ist noch nie ein Kunstwerk gewesen, am wenigsten wenn man es historisch tauft. Ich für meine Person hätte gewünscht daß P. durch eine vortreffliche Arbeit sich bei den Künstlern wieder in Credit gesetzt hätte. In Schleswig bei dem Karstensdenkmale hat er sich sehr verhaßt gemacht u den gnädigsten Herrn als Abgeordneten schlecht vertreten. Während die Abgeordneten alle in galla erschienen, trug er ein leichtes Sommerkleid u verlangte daß man der belgischen u französischen Kunst Rechnung trüge. Hat P. jemals gewußt wer u was Karstens ist? Ich zweifle daran. Genug davon. — Meine Schwiegermutter und Frau grüßen Dich herzlich. Erstere läßt Dir sagen daß Du die Broschüre über Holz Cement erhalten wirst. Vergiß nicht Deine liebe verehrte Mama von mir zu grüßen. Ist es möglich so schick mir den Brief aus Meißen und die Antwort des gnädigsten Herrn schleunigst zurück. Mit alter Treue Dein Fr. Preller. * Ferdinand Pauwels (1830–1904) war 1862–1872 Professor an der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar, schuf u. a. mehrere Wandbilder für den Martin Luther-Zyklus auf der Wartburg. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3671.
555 Weimar, den 8. September 1865. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein lieber Freund! Ich schickte Dir vor einigen Tagen die Anfrage von Meißen wegen der Copien einiger Landschaften der Odyssee, u habe noch keine Antwort, was mir unangenehm ist, da ich den Brief doch in jedem Falle beantworten muß. Sollte Dirs unmöglich sein od. unangenehm die Frage Sr. K. Hoheit vorzulegen so sage mir nur Ein Wort. Meinem Vertrag mit dem Großherzog ist eine Wiederholung durchaus nicht zuwider, ich hätte ohne seine besondere Genehmigung zusagen können, doch hielt ichs für besser, ihn das Wort zu gönnen. Mir persönlich liegt dran u ist Pflicht eine höhere Richtung in diesem Fache zu unterstützen u zu fördern. Wie die Cartone nach allen Seiten hin wirken, davon könnte ich Dir viele Beweise liefern, u die Generation nach uns wird auf dem gebahnten Wege in breiter Weise vorwärts gehen. Mein Werk soll nichts mehr als ein Fingerzeig sein, u das wird es sicher. Andere mögen vollkommner schaffen denn sie haben es leichter als ichs gehabt. 514
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Du bist Zeuge seit vielen Jahren gewesen, wie ich unermüdlich gekämpft habe, u dazu genöthigt war, weil ich so kärglich besoldet war. Nun! Ich bin mit Ehren durchgekommen u hoffentlich nicht vergessen, wenn ich selbst nicht mehr bin. Ich wiederhole die Bitte mir womöglich schnell ein Wort zu schreiben. In treuster Liebe Dein Friedrich Preller. Weimar d 8 Septbr 1865. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3672.
556 Weimar, den 20. November 1865. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 20 Novbr 1865. Verehrter Herr! Sie erhalten anbei wieder eine Zeichnung aus dem Homer. Ich habe dieselbe durch etwas mehr Mittelton ruhiger gehalten, als die erste, und denke alle übrigen ähnlich zu zeichnen. Ich denke der Holzschneider wird mit der einfachen Art zufrieden sein. In den nächsten Tagen werde ich ausführlicher sein. Mit bestem Gruß Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/128.
557 Weimar, wohl Ende 1865. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrtester Herr! Ihren freundlichen Brief nebst Beilage des Probedruckes habe ich erhalten, und schike diesen mit einigen Bemerkungen hiermit zurük. Im Ganzen gefällt mir der Schnitt besser als der erste, er ist in der Behandlung feiner und im Ton zart, nur hat er einige Schwärzen, die erkennbar störend sind. Dagegen giebt es aber Mittel, der Schneider darf nur etwas vom Holz wegnehmen. Beim ersten Schnitt fehlt der verbindende Ton, und daher erscheint er weiß und schwarz, was mir stets unangenehm. Ist Ihnen die Erscheinung des zweiten zu zart, so liegt das ganz in der Hand dessen, der den Schnitt macht, er darf nur den Strich etwas breiter stehen lassen. Ich schike Ihnen hierbei eine andere Zeichnung, den Eumaeos und hoffe dieselbe wird Ihnen recht sein. Ein kleiner Unterschied in der Behandlung macht sich nöthig, da die Gegenstände sehr verschieden sind. 515
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Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/131.
558 Weimar, 1856 oder 1866. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Fragment […] Von Friedrich aus Rom haben wir oft Nachricht über seinen Fleiß, aber leider ist er nicht immer zufrieden mit seinem Befinden. Das Clima sagt seiner Natur nicht zu. Hoffentlich kehrt er im Frühjahr zurück. Durch des Erbgroßherzogs und von Eichels Anwesenheit in Rom, wird ihm manch schöne Stunde*. Er ist voll des Rühmens über die Liebenswürdigkeiten und Einfachheit unsres jungen Fürsten. Ich habe die Überzeugung: Rom wird den besten Einfluß auf ihn ausüben. Gebe Gott, daß er gesund u frisch zurückkehrt. Daß Friedrichs Berichte mir oft eine unüberwindliche Sehnsucht erwecken, wirst Du Dir bei meiner Liebe für Italien denken können. Gott mag wissen, ob ich die noch einmal stillen soll! Doch es ist spät geworden, Mitternacht ist heran, möchtest Du wohl ruhen! Die meinigen grüßen Dich mit mir aufs herzlichste. Deiner verehrten Mama bringe den besten Gruß von Deinem Dich liebenden Fr. Preller. * Der Eisenacher Fabrikant und Kunstmäzen Julius von Eichel-Streiber (1820–1905) begleitete Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1844–1894) auf dessen Italienreise. Friedrich Preller d. J. hielt sich von 1864 bis Sommer 1866 in Rom auf. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3673.
559 Weimar, um 1865/66. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Auszug aus einem Brief: Friedrich geht es fortwährend gut in Rom. Hemken ist hier fleissig und seine Arbeit wird um vieles besser. Meine Frau und Kinder tragen mir ihre Grüsse ebenfalls auf. Auf freudiges Wiedersehen. Dass Sie mit Genelli die Medaille erhielten wusste ich schon einige Zeit und habe grosse Freude. (goldene Medaille von König von Preussen) Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 1, S. 114–115. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
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560 Weimar, den 22. Januar 1866. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Sie erhalten anbei abermals eine für den Schnitt vorbereitete Zeichnung, die wie ich glaube, so einfach hergestellt ist, daß die Ausführung des Schnittes keine Schwierigkeiten macht. Daß ich Freude an der Arbeit habe, sehen Sie wohl an der Zeichnung selbst. Ihren mir übersendeten Contract habe ich noch einige Kleinigkeiten beigefügt, und sind Sie damit einverstanden, so schiken Sie mir wohl eine Abschrift zurük. Noch erfreulicher wäre mir’s freilich: es fände sich bei Ihnen wieder ein Feiertag u. Sie brächten dann auch den lieben Gärtner* mit, den ich meine Grüße zu bestellen bitte. Ich arbeite auch bei dem abscheulichen Wetter an den großen Bildern weiter u. geschieht auch des Tags wenig, so sammelt sich’s doch nach Monaten. Mich Ihnen bestens empfehlend Friedrich Preller Weimar 22 Jan. 1866. * Wohl Heinrich Gärtner (1820–1909), Maler. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/132.
561 Weimar, den 14. März 1866. An Adrian Ludwig Richter (1803–1884), Maler. Guten Morgen liebster Freund! Ich habe die ärztliche Erlaubnis heut einige Zeit das Bett zu verlassen, u damit soll mein erstes Wort nach außen zu Dir wandern. Hoffentlich geht es mit Deiner Gesundheit leidlich, denn auf das Vortrefflich ist bei uns beiden doch nicht viel zu geben. Ein heftiger Grippeanfall hat mich bös hergenommen u. noch hat mein Arzt nicht ausgesprochen, wann ich das Zimmer ohne Gefahr verlassen kann. Daß mir die Stunden der Anstalt die meiste Unruhe in meinem Arrest verursachen, brauche ich Dir nicht zu versichern. Ein leichtes ist es ja, Jemand hinzustellen, aber gerade den, welcher in meinem Sinne lehrt, das ist nicht so leicht. Du weißt wie mir die Sache am Herzen gelegen u liegt, solange ich Theil an der Anstalt habe, u deshalb trage ich Sorge daß nichts verdorben werde, was ich aufzubauen gestrebt habe. Wie oft habe ich wohl in diesen Tagen an Friedrich gedacht! – In seine Hände kann ich alles legen, was ich nicht mehr vollbringen kann, u das wird wohl gar Manches sein. — Er wär der Zuverlässigste gewesen in solchen u ähnlichen Fällen, die in langen Jahren öfters bei Einem od. den Andern wiederkehren können. Ohne die Anstellung eines tüchtigen Menschen, kann die Anstalt ohne Störung doch nun einmal nicht bestehen. Daß er ohne 517
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Veranlassung in Rom bleibt, solange als die Mittel reichen, kann ich nur loben, denn was er dort gelernt, verwerthet er reichlich überall. Was aber ist im Augenblike zu thun? So oft ich mir die Frage vorlege, ich kann keine Antwort darauf finden.* Ist es Dir möglich so sage mir ein Wort der Sache bezüglich. Mit herzlichem Gruß Dein Friedrich Preller. d. 14 ten März 1866. * Friedrich Preller d. J. (1838–1901) zog dann im Sommer 1866, aus Italien kommend, unmittelbar nach Dresden, wo er mehrere Aufträge erhielt. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriften, Autogr. Friedrich Preller d. Ä.
562 Weimar, 21. März 1866, [Poststempel]. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Sie erhalten hiermit abermals eine Zeichnung. Ich habe dieselbe mit weichern Stift, da es der Gegenstand verträgt, gezeichnet, und bin bereit auch die andern auf Ihren Wunsch so herzustellen, finde jedoch daß die Zeichnung, trotz der Schwärze, weniger bestimmt wird, was dem weichern Blei zuzuschreiben ist. Falls dem Schneider die vorigen Zeichnungen zu zart sind, so darf er den Schnitt etwas breiter halten, u. die Sache wird vollkommen gut sein. Soviel Freiheit darf man einem geschikten Schneider wohl lassen, anders stempelt man ihn zur Maschinen. Erwünscht wär mir wenn Sie mir umgehend Ihren Wunsch aussprächen damit ich ohne Unterbrechung weiter arbeiten kann. Hochachtungsvoll Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/129.
563 Weimar, den 31.März 1866. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrtester Herr! Wie wahr alte Sprichwörter noch heut sich an uns geltend machen, habe ich in letzter Zeit erfahren. Bös Ding ist immer nütze. Unwohlsein hielt mich im Hause, und dies der Grund, weshalb Sie schon wieder eine Zeichnung erhalten. Ich hoffe der Holzschneider wird damit zufrieden sein. 518
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Mich bestens empfehlend Friedrich Preller. Weimar 31 März 1866. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/133.
564 Weimar, im Frühjahr 1866. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Dass ich in letzter Zeit von Leipzig aus aufgefordert wurde, die Zeichnungen für eine Prachtausgabe des Homer abzulassen und für den Holzschnitt selbst zu zeichnen, hat mir grosse Lust gemacht, das Unmögliche zu versuchen und den Antrag anzunehmen. Ich könnte in dieser Zeit noch einen Kopf und noch ein paar Hände gut verwenden. Schade, dass man beides nicht bei Bauer u. Sohn kaufen kann! Die Cartone sind jetzt in Leipzig in der Rotunde aufgestellt und werden wahrscheinlich dort bleiben. Neugierig bin ich schon, die Sachen endlich einmal anständig aufgestellt zu sehen. […] Von Friedrich hatte ich kürzlich Nachricht aus Rom, er scheint fleissig zu sein. Kürzlich hatte er eine Komposition der schwersten Art unternommen: Das Paradies! Begierig bin ich, zu sehen, wie er die Aufgabe gelöst. Ich selbst trage schon lange den Gedanken mit mir herum, bin aber noch nicht aufs Reine gekommen und werde wohl damit stecken bleiben. Ich freue mich der Verwegenheit Friedels, kommt nichts dabei heraus, ist die Niederlage doch nicht ohne Ehre, andre Namen als der seine haben auch dabei Schliff gebacken. Das Einem in Unteritalien der Gedanke des Paradieses näher liegt als in Norwegen, oder auch im geliebten Tyrol, das werden Sie mir wohl glauben. Wer weiss, ob es in der Wirklichkeit mit Neapel wetteifern könnte! Ich würde am italischen Paradiese wenig auszusetzen haben, wenn ich für meine Person zu wählen hätte, nur die Wahl unter den Even würde mir einige Beschwerden verursachen. Friedel bekam plötzlich die Sehnsucht, auf vier Wochen Sicilien zu sehen. Ich habe ihm nicht zugeredet, er hat für das, was er sich vorgenommen, nur knappe Zeit, und mit vier Wochen lässt sich nichts Gründliches erobern. Später wird ihn die Reise wohl noch mal in den Süden führen und da mag er etwas Neues willkommen heissen. Das viele Sehen bereichert nicht, das gründliche Sehen bereichert die Phantasie und fordert zum eignen Schaffen auf. Friedels Aufträge lauten Rom, ein Zeitverlust wär ein Unrecht an der Sache. Seine Entwürfe für Canossa und Campo d’Annibale, von denen er Photographien geschickt, versprechen interessante Bilder zu werden. Seine Briefe sind voll Glückes, wieder in dem gelobten Lande zu sein, damit aber die Stimmung nicht monoton werde, erscheint zuweilen ein sehnsüchtiger Ton hindurch. Mag er so malen! – […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 311–313.
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47. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Alphons Dürr, 1866.
565 Weimar, den 7. Mai 1866. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig.
Abb. 47
Weimar d. 7 Mai 1866. Hochverehrter Herr! Die erste Arbeit nach Zurükkunft von Leipzig war die hierbei folgende Zeichnung. Ich hoffe bestimmt daß sie im Sinne des Holzschneiders gezeichnet ist. Die nächste Zeichnung soll abermals eine große sein, Abwechselung in der Sache erhält mir die dazu nöthige Frische. Sehr leid ist mir’s Freund Gärtner nicht gesehen zu haben, bringen Sie ihm meinen Gruß. In Verehrung Ihr ergebenster Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/134.
566 Weimar, den 21. Mai 1866, [Poststempel]. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Anbei erhalten Sie die soeben vollendete Zeichnung der Nausikaa, welche nicht minder gut ausgefallen als der Polyphem. Mein Zwiegespräch mit Herrn Brendamour* hatte den 520
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großen Vortheil, daß ich nicht mehr unklar in dem bin, was der Schneider vollbringen kann, und wie die Zeichnung dafür hergestellt sein muß. Möglicherweise tritt in meine Arbeit eine kleine Pause ein, ich hoffe jedoch daß der Schneider jetzt eine zeitlang an dem Vorrath zu thun haben wird. Meine Gesundheit fordert nehmlich dringend ein Fernhalten von aller Arbeit für eine kurze Zeit. Wie ich das durchstehen werde, mag Gott wissen. Ihrem Wohlwollen mich bestens empfehlend Friedrich Preller. * Richard Brend’amour (1831–1915), Xylograph und Verleger. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/130.
567 Weimar, den 7. November 1866. An Adolf Stern (1835–1907), Schriftsteller. Lieber Herr Doctor! Ich hoffe Sie entschuldigen meine späte Antwort auf Ihren lieben Brief aus Schandau, zu dessen Entschuldigung ich nichts anzuführen weiss, als daß ich Ihre liebe Frau erwartete, um mit ihr genauer Rücksprache in Ihrer Sache zu nehmen. Was die Notizen über mein einfaches uninteressantes Leben betrifft, so muß ich Ihnen bekennen, daß ich nie der Mühe werth gehalten habe, eine Silbe aufzuschreiben. Schöne* hatte vor kurzer Zeit die Aufforderung meine Biographie für die Rezensionen (Wienerbl.) zu schreiben, u. gelangte in der Sache ebenfalls an mich als die beste Quelle, (wie er meinte) ich mußte ihm aber dieselbe Antwort geben. Hierauf unternahm er ein förmliches Examen mit mir, in welchem ich leider nur in Quintaner Art zu antworten wußte. Was ich wußte, weiß er nun, u mit dem, was Schuchardt od. Genast von mir bereits herausgequetscht, wird wohl etw. zu Stande kommen, was nächstens in diesen Blättern erscheinen wird. Besseres kann ihnen wohl schwerlich von mir zukommen, u ich hoffe daß ihnen das dienen kann, glaube aber daß sie wenig finden werden, was des Schreibens werth ist. Hoffentlich ist Ihnen beiden der Sommer in dem hübschen Schandau angenehm vergangen. Jetzt erscheint die Zeit, die mir im höchsten Grade zuwider ist. Ich bin für den Süden bestimmt gewesen, weiß der T___l, wie ich mich bis hieher verlaufen konnte. Nun! ich bin da, u muß die paßliche Stunde erwarten, in der ich die 7 Sächelchen zusammensuchen kann um über die Alpen einmal wieder meinen Flug anzutreten. Friedrich geht im März voran u bestellt vielleicht Quartier. Ist der Junge nicht zu beneiden? Doch, ich gönne ihm sein Glük, um so mehr als er in bessern Verhältnissen das gelobte Land sieht, als ich’s in der Jugend gesehen. Schieben Sie werther Freund, es nicht zu lange hinaus die kleine Tur nach Rom u Neapel zu unternehmen, denn je früher man dort, desto länger zehrt man an der herrlichen Speise. Ich denke man muß sich die kurze Lebenszeit so schön zu bereiten suchen als irgend möglich. 521
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Möge es Ihnen immer gut gehen, grüßen Sie die liebe Frau herzlich von Ihrem treu ergebenen Fr. Preller. W. d. 7 Novbr 1866. * Richard Schöne (1840–1922), ehemaliger Schüler Prellers, Archäologe. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.416,Bd.9,Bl.22(1).
568 Weimar, den 29. November 1866. An Josef Zitek (1832–1909), Architekt, Erbauer des Großherzoglichen Museums in Weimar. Weimar 29 Novbr 1866. Mein verehrter Freund! Schon längst hätte ich Ihnen gern geschrieben und meinen Dank gesagt für gütige Uebersendung der Grundrisse, wär mir nicht alsbald die Nachricht Ihrer Schweizerreise zu Ohren gekommen, von der Sie nun doch hoffentlich glüklich heimgekehrt sein werden. Hier hat man Sie wohl schon längst erwartet, od. doch wenigstens Vorlagen für die Arbeiter erwartet. Wie ich höre haben die Arbeiten eingestellt werden müssen, was mir sehr leid ist, da dies Jahr alles so recht im Zuge zu sein schien. Wieviel in der Sache Wahrheit od. Gerücht ist, kann ich freilich nicht sagen, da ich lange niemand gesehen habe, der in der Sache mir hätte reinen Wein einschenken können. — Wie ich heute gehört, soll Dr. Stegmann* einen Ruf nach Stuttgard angenommen haben, was mich in Beziehung zum Museumsbau ein wenig erschrekt hat. Wen würden Sie wohl an seine Stelle zu setzen gedenken? Eine Frage, die Sie selbst augenbliklich schwerlich beantworten könnten. Neugierig bin ich, was an allen diesen Stadtgesprächen wahr ist. — Mit meinen Arbeiten geht es langsam vorwärts, ich denke in der Hälfte des kommenden Monat’s mit dem letzten der kleinen Bilder fertig zu werden. Sobald die Tage wieder zunehmen u klarer werden, will ich an die großen Mittelbilder gehen, auf welche Arbeit ich mich in Wahrheit sehr freue. Von Neuigkeiten die Ihnen von Interesse sein könnten, weiß ich nichts zu melden, denke auch, daß Sie in nächster Zeit hier einmal vorkommen. Die meinen grüßen Sie durch mich aufs Beste, vergessen Sie meinen Gruß für Trenkwald** nicht u lassen bald ein Wort von sich hören. In alter Treue Ihr Friedrich Preller. * Carl von Stegmann (1832–1895), Architekt und Kunsthistoriker. Er leitete den Bau des von Josef Zitek entworfenen Großherzoglichen Museums in Weimar. ** Josef Trenkwald (1824–1897), Historienmaler, Direktor der Akademie der Künste in Prag. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3603.
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569 Weimar, den 17. Dezember 1866. An Josef Zitek (1832–1909), Architekt, Erbauer des Großherzoglichen Museums in Weimar. Weimar 17 Decbr 1866. Mein lieber Freund! Endlich komme ich dazu Ihnen auf Ihr letztes Schreiben antworten zu können. Ich beginne mit der geschäftlichen Hauptsache, den Prädellen. Die Größe der Figuren auf dem ersten Plan säm[t]licher Bilder beträgt 14 ½ Zoll sächsisch Maaß. In gutem Verhältnis müßten nun die Figuren der Prädella natürlich unter dem genannten Maaße sein u ich wär daher der Meinung Sie gingen mit dem architectonischen Maaße der Prädellen nicht über 12 Zoll sächsisch. — Gestern habe ich das letzte der kleinen Bilder vollendet u sämtliche in’s Fürstenhaus par terre schaffen lassen weil der Gedanke eines möglichen Brandes der Last der Bilder wegen, mich immerwährend ängstigte. Zum Verbrennen scheinen mir die Bilder doch etwas zu gut. Noch diese Woche soll das erste große herausgeschafft werden, und da zur Befestigung des Corridors einige Steifen angebracht werden, wird der Transport hoffentlich ohne jede Gefahr zu bewerkstelligen sein. — Sehr begierig bin ich, von Ihnen zu hören durch wen Sie Dr. Stegmanns Stelle beim Bau zu ersetzen gedenken. Wie ich höre soll er seine Stelle in Stuttgard schon zu Ostern antreten wollen. Sehr erwünscht würde es mir sein wenn wir kommendes Frühjahr eine Gruppe von 3 Bildern in die Wand einsetzen könnten, damit ich bei der Vollendung der übrigen großen Bilder mehr Sicherheit in der Tiefe der Farben haben könnte, als bisher, denn die Veränderung des Lichtes u die Höhe, in welcher die Bilder zu stehen kommen, müssen nothwendig eine gewisse Einwirkung auf die Bilder ausüben. Hoffentlich sagen Sie in Ihrem nächsten Schreiben mir ein Wort über diesen Punkt. — Wie geht es denn mit des lieben Trenkwald* kranken Frau? Wir alle nehmen den innigsten Antheil an seinem Schiksale. Vergessen Sie nicht ihn von mir aufs beste zu grüßen u zu sagen wie mich die traurige Nachricht tief betrübt. Hier haben wir gestern den jungen Schwertgeburt durch den Tod verloren.** Wir betrauern einen tüchtigen Menschen und selten begabten Künstler. Bei uns im Hause geht es jetzt leidlich doch ist Arthur*** in Folge einer Lungenentzündung noch immer leidend. Mit meiner Frau geht es den Umständen nach erfreulich u hoffentlich immer vorwärts. Für heut nehmen Sie noch die besten Grüße von uns allen u lassen Sie bald von sich hören. Ihrem Friedrich Preller. Halten Sie gesunde u frische Feiertage. * Josef Trenkwald (1824–1897), Historienmaler, Direktor der Akademie der Künste in Prag. ** Otto Schwerdtgeburth (1835–1866), in Weimar tätiger Historienmaler. *** Arthur Krieger, Sohn von Prellers Ehefrau Jenny Ventzky (1834–1906). Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3603.
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570 Weimar, den 5. Januar 1867. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Grüß Gott mein alter theurer Freund! Ich danke Dir von ganzem Herzen für Deinen lieben letzten Brief, den ich sogleich gern beantwortet hätte, wär nicht ein Zwischenfall eingetreten, der mich geradezu für alles untauglich machte. Für allererst jedoch nimm die besten u herzlichsten Grüße fürs neue Jahr, sowohl von mir, als dem ganzen Hause, was Dich vor Georgs Ankunft ganz sicher hier u zwar im Hause erwartete. Wir alle hatten uns kindisch gefreut, Dich wieder einige Tage bei uns zu haben. Es sollte nicht sein u so wollen wir wünschen, daß Dein Unfall sich bald beseitigen läßt u Du uns dann recht bald die verlorene Freude ersetzest. Neben Dir stehen auch die innigsten Wünsche für Deine liebe verehrte Mama, die Euch noch recht lange der Himmel erhalten möge! Dein Pathe Friedrich, der uns die Feiertage durch sein Hiersein verschönt hat, hatte ganz bestimmt auf Deinen Besuch gerechnet, u ich denke, Du würdest gewiß Deine Freude an ihm gehabt haben, denn er brachte seine letzte Arbeit mit. Hoffentlich siehest Du sie bald bei Jul. von Eichel, in dessen Besitz sie kommt. Es ist eine Ansicht von Genzano am Nemisee im Albanergebirge. Mir hat das Bild eine unbegrenzte Sehnsucht erweckt, es ist aber auch so wahr in Form und Farbe, daß ich in Wahrheit nichts daran auszusetzen wüßte. Kommenden Montag geht er nach Dresden zurück. Wie schwer es mir ist, ohne ihn hier zu sein, wirst Du begreifen, denn wer steht mir wohl so nahe, in jeder Beziehung, wie er? Doch hier darf kein Egoismus sprechen. Nun sollst Du erfahren, was mich so ganz muthlos während der Feiertage stimmte. Nach Vollendung der 12 kl. Bilder hatte ich meinem Liebling, den großen Polyphem in Arbeit genommen u schon zur Hälfte untermalt, als das Bild anfing zu reißen u zwar in einer Weise, daß ichs abwaschen und den Grund abschleifen mußte. Die verlorene Zeit und Arbeit war mir das wenigste, doch daß ich den Grund des Übels nicht finden konnte, beunruhigte mich dermaßen, daß ich Tag u Nacht keine Ruhe finden konnte. Glücklicherweise hat das abschleifen geholfen, also der Oelanstrich, etwas zu fett, hatte das Unglück herbeigeführt. Jetzt bin ich wieder tief in der Arbeit u ich hoffe, daß mein Liebling im Cyklus auch das Beste wird in der Ausführung. Im künftigen Neujahr denke ich, die 4 Hauptbilder der Vollendung nahe zu bringen. Das Werk wird im Ganzen wohl eine Zierde der Stadt werden, wenn auch der G – g *nicht besonders daran eingenommen ist. Mag er sich auf seiner Pflanzenschule was Besseres bestellen. Die Herrn werden wohl alle die Nasen davon lassen! Wie man hört, sind die Wartburgarbeiten nun wirklich an Pawls, Blokhorst und Thumann vergeben worden**. Was daraus wird, mag Gott wissen! Jedenfalls wird die Öffentlichkeit sich daran stoßen, daß ein erzogener Lutherhasser jetzt seinen Triumpf malen will oder soll. Nun! Erwarten wir in Geduld. Eben kommt Friedrich nachhaus und trägt mir noch besondere Grüße für Dich auf. Ich schließe damit, nur noch die Grüße meiner Frau und Großmama beifügend. Behüt Dich Gott mein theurer Bernhard u behalte lieb Deinen alten 524
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Friedrich Preller. d. 5 Jan. 1867. * Großherzog. ** Die Maler Ferdinand Pauwels (1830–1904) und Paul Thumann (1834–1908) schufen mehrere Wandbilder für den Martin Luther-Zyklus auf der Wartburg. Bernhard Plockhorst (1825–1907) lehrte von 1866 bis 1869 an der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule in Weimar. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3674.
571 Weimar, den 10. Januar 1867. An Josef Zitek (1832–1909), Architekt, Erbauer des Großherzoglichen Museums in Weimar. Weimar 10 Jan. 1867. Mein lieber Freund! Nehmen Sie meinen u der meinigen herzlichen Dank für Ihren Wunsch u Gruß zum schönen Feste. Ich würde Ihnen sogleich unsere besten Wünsche erwiedert haben, doch ich befand mich in einer Lage, deren Wiederkehr ich nie mehr wünsche. Ich hatte nehmlich den großen Polyphem begonnen, u gleich am ersten Tage bemerkte ich einige Risse, die sich in Folge der Arbeit so anhäuften u verschlimmerten, daß ich gezwungen war, das Bild abzuwaschen u den Grund abzuschleifen wieviel ich nur vermuthen konnte, daß der Oelanstrich nicht mager genug sei. Meine Vermuthung war richtig gewesen. Daß ich weder Tag noch Nacht Ruhe gehabt, können Sie recht denken, denn, nicht die gehabte Mühe u verlorne Zeit versetzte mich in solchen Zustand, wohl aber die Rathlosigkeit. Jetzt ist nichts mehr zu fürchten, alles in Ordnung u die Arbeit rükt vorwärts. — Mit Dr. Stegmann habe ich in Beziehung auf die Vorbereitung der Gallerie gesprochen u die Antwort bekommen, daß er nichts unternehmen könne, bevor er nicht Ihre Zeichnungen erhalten habe. Was nun zuthun ist, werden Sie am besten wissen. Mein Wunsch ist freilich im nächsten eine Gruppe aufstellen zu können. Sehr neugierig bin ich auf die von Ihnen gefertigten Pläne der Ornamentik für die Gallerie. Wir wollen beide das Beste thun um ein tüchtiges Werk hinzustellen. Wer kann wissen ob uns noch einmal die Gelegenheit wird in Zeiten, deren nächste Schiksale niemand berechnen od. voraussagen kann. — Zu den Feiertagen hat Friedrichs Besuch uns große Freude gemacht. Er hatte seine letzte Arbeit, ein Bild vom Nemisee mitgebracht, was in jeder Weise gesund u tüchtig war. Gott erhalte ihm Gesundheit Kraft u den rechten Sinn, mit dem er bis jetzt rüstig u mit Glük schaffte. Wie geht es wohl dem armen Trenkwald?* Grüßen Sie ihn aufs beste von mir u bringen Sie ihm die Versicherung meiner innigsten Theilnahme. Möchte die nächste Zeit ihm erfreulichere Tage bringen. Die meinigen alle grüßen Sie bestens u schließen ihre guten Wünsche bei. Lassen Sie bald von sich hören Ihrem ergebenen treuen Friedrich Preller. 525
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* Josef Trenkwald (1824–1897), Historienmaler, Direktor der Akademie der Künste in Prag. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3603.
572 Weimar, den 26. Januar 1867. An Hermann Küchling (geb. 1841), Schriftsteller und Redakteur. Weimar 26 Jan. 1867. Verehrter Herr! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Uebersendung Ihrer treffenden tiefergreifenden Worte auf Camillo’s* Tod. Die Gedanken sind im Innersten geboren, darum ergreifen und bewegen sie unser Innerstes. So, und nicht anders sollen Poesie und Künste nach außen schaffen und wirken. Sie werden manch schönes Wort ernden, ich danke Ihnen nochmals und bin in wahrer Verehrung Ihr ergebenster Friedrich Preller. * Der Maler und Zeichner Camillo Genelli (geb. 1840), verstarb im Januar 1867 in Weimar. Düsseldorf, Heinrich-Heine-Institut, Handschriftenabteilung/Archiv, Signatur: 77.5058.
573 Weimar, den 4. Februar 1867. An seinen Sohn Friedrich (1838–1901), Landschaftsmaler. Weimar 4 Febr. 1867. Grüß Gott mein lieber Friedel! Ich danke Dir herzlich für Deinen lieben letzten Brief, auch in Jenny’s Namen, denn sie freut sich immer mit mir, wenn etwas von Dir ankommt. Neuigkeiten von hier weiß ich Dir nicht zu schreiben, da ich selbst von dem wenigen, was im kleinen Weimar passirt, nichts erfahre. Mein Weg geht ins Studium u zurük u dort verfließt ein Tag wie der andere in Mühe u Plage. Mein Lieblingsbild der Polyphem geht zwar vorwärts, doch übermale ich oft Stellen die Tage vorher als gelungen u fertig gelten konnten wieder u wieder, weil sie das nicht ausdrücken, was ich im Ganzen anstrebe. Das Bild ist, wie ich glaube, als Gegenstand eben so gut gedacht, als es für die Darstellung günstig ist, doch hat es bei der Ausführung Schwierigkeiten, über die hinweg zu kommen, ich recht oft verzweifele u darüber die Ruhe bei Tag u Nacht entbehre. Zuweilen habe ich große Lust zum andernmale Terpentin u Filz anstatt der Farben zu gebrauchen, u gewiß wär es schon geschehen, wenn ich allein im Zimmer säße. Komm ich dann frisch am andern Morgen wieder, so tritt mir die Sache anders entgegen als den Abend vorher, u ich gehe mit Lust wieder an die Arbeit zurük. So wechselt Freud u tiefes Herzeleid täglich u in diesen Wechselgefühlen geht die Arbeit immer ein Stükchen voran. Ach! wie oft habe ich in solchen Stunden heiße Sehnsucht 526
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nach Dir! — Genug. — Heut war Schaller* hier um ein Briefchen an Cornelius mit zunehmen, morgen soll die Reise nach Berlin vor sich gehen. Möchte er dort alle Klippen glüklich zu vermeiden wissen. Daß er hier auf der Kunstschule nicht recht am Flek ist, begreife ich wohl, auch wünscht der Herzog von Meiningen, der ihn jetzt unterstützt, daß er hier nicht länger bleibt. Seine Ansicht von der Anstalt hat er einmal offen gegen mich ausgesprochen, u diese war wenig erbaulich. Wenn er sie so dem gnädigsten Herrn mitgetheilt, könnten dem die Augen jetzt offen sein, wenn er solche u ein Verständnis vom rechten hätte. Doch beides habe ich an ihm schon längst aufgegeben. Freilich haben das überh. nur wenig Menschen seines Standes, aber ihre Ohren sind für bessern Rath offner als die seinen. Nun, vielleicht tagt es dereinst auch bei ihm, nachdem er viel Geld u schöne Zeit verschwendet u seine schönsten Kräfte erlahmt sind. — Die Glorie aller auf der Kunstschule geförderten Werke wird in diesem Jahre erscheinen. An dem Produkt arbeiten 3 famose Kerle, Pawls Thumann u Gussow, einer ist der Componist, der zweite zeichnet es u der dritte malt es**. Was ich von verschiedenen Seiten darüber gehört, ist haarsträubend. Bis jetzt sind an dem allegorischen Werke, (es ist eine Union, für Amerika bestimmt) nur Mandelsäke u Stiefeln, diese aber täuschend gemalt. Das ganze Bild soll eine Niederlage von Stoffen, Lumpen Reisesäcken verschweißten Mützen u. s. w. sein. Alles andere ist buchstäblich Nebensache. — Ist es nicht eine wahre Schande daß in Weimar solche Dinge zutage gefördert werden? — Doch bevor ich schließe noch eine Frage. Im Jägerhause, in dem Locale, wo Du gearbeitet, hing eine Seestudie, derselbe Gegenstand, den Börner gekauft, u diese fehlt. Hast Du sie etwa mit deinen Sachen eingepakt? Vergiß nicht diese Frage zu beantworten. Hast Du sie nicht, so ist sie gestohlen, was mir umsom. leid ist, als Börner sie ebenfalls gut bezahlt hätte. Ich bin der Meinung alles entbehrliche dem Liebhaber zu überlassen, da man nicht wissen kann wie lange die Leute ihre Freude daran zu bewahren wissen. Nebenbei wechselt nichts rascher als die Mode u der heutige Kunstgeschmak. — Daß heut Tonchen zu Emil’s abgereist ist, wirst Du wohl schon wissen. Bis jetzt geht alles nach Wunsch, möge es so bleiben! — Jenny u die Großmama grüßen Dich herzlichst. Schreib doch wie es bei Weigel’s geht u bring meine besten Grüße, so auch Dondorf. Hat Schnorr noch nicht Wort gehalten? Mit tausend Grüßen Dein Dich innigstliebender Vater Fr. Preller. * Ernst Johann Schaller (1841–1887), Tier- und Historienmaler, Schüler von Preller. ** Ferdinand Pauwels (1830–1904), Paul Thumann (1834–1908) und Karl Gussow (1843–1907). UB Basel, Autogr. Geigy-Hagenbach 1885.
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574 Weimar, den 7. Februar 1867. An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt und an dessen Ehefrau. Weimar 7 Feb. 67. Mein lieber Emil u Minchen! Nach Jenny’s Brief, wofür sie herzlich dankt, geht es bei Euch alles nach Wunsch wofür dem Himmel gedankt sei. Möge es so weiter gehen! — Du erhältst hierbei das Campo Santo u die Sammlung v. Carstens, an beiden wirst Du große Freude haben, so oft Du einen Blik hineinthuest.* Das Anschauen der besten Kunstwerke bringt uns immer einen Schritt weiter u bewahrt uns vor Liebhaberei am mittelmäßigen. Ich lasse selten einen Tag vergehen ohne solche Herzstärkung. Ich bin tief in meiner Arbeit versunken, weil mir oft der Gedanke kommt: ich könnte an der Vollendung unterbrochen werden. Für einen Menschen ist die Arbeit fast zu umfangreich. — Möge mir dauernde Gesundheit bleiben damit ich der seligen Mutter das Werk als Monument setzen kann, was sie angeregt u mit immer wachsenden Interesse bis zu ihrem Ende verfolgt hat. Ich dachte freilich daß sie die Vollendung erleben u mir die schweren Stunden dabei versüßen würde. Gott hat es anders gewollt, in der Erinnerung an die uns allen unvergeßliche werde ich die Freude an der Arbeit nie verlieren. — Grüße unser liebes Minchen u Janchen von uns allen. In treuer Liebe Dein Vater Fr. Preller. * Peter von Cornelius (1783–1867) hatte ab 1844 einen Zyklus mit christlichen Motiven für die geplante königliche Grablege am Berliner Lustgarten entworfen. Die Kunstsammlungen in Weimar besaßen davon 27 kleine Originalzeichnungen. (Siehe Brief 609). Preller bezieht sich wohl auf Photographien sowohl dieser Entwürfe, als auch einer Auswahl von Zeichnungen des Malers und Zeichners Asmus Jacob Carstens (1754–1798), dessen künstlerischer Nachlass sich in ebenfalls in Weimar befand. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
575 Weimar, den 11. Februar 1867. An Paul Erwin Boerner (?) (1836–1880), Kunsthändler und Antiquar in Leipzig. Weimar 11. Febr. 1867 Wertester Freund! Entschuldigen Sie die etwas verspätete Bescheinigung der erhaltenen fünf und vierzig Thaler für Ihre übersandten Zeichnungen. Das schlimme Wetter hat meinen armen Kopfe viel zu schwer gemacht und damit meine Arbeit nur langsam vorwärts gebracht. Ich hatte gedacht Ihre Reise nach München würde Sie dahin oder zurück wieder zu uns führen doch scheint es vergebens. Sie haben mich, durch immer neues Schöne, was Sie von der Reise mitbringen, derart verwöhnt, daß mit Ihren Reisen bei mir der Gedanke des Genießen sich verbindet.
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Die von Ihnen gewünschte Seestudie findet sich nirgend, u das was Sie gesehen war eine Copie von Gehbe [?]. Sobald sich das Blatt findet, sollen Sie es erhalten. Die meinigen grüßen mit mir ganz herzlich. Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: Slg. Nebauer/K/Kr-Sch/K399.
576 Weimar, um 1867. Wohl an Johann Christian Schuchardt (1799–1870), Jurist, Kunsthistoriker, Sekretär der Grafischen Sammlungen und von 1861–1868 Direktor der Freien Zeichenschule in Weimar. Mein lieber Freund! Eine im Museum geholte Erkältung u Heiserkeit machen, daß ich heut zuhaus bleiben werde. Meine letzte Halsentzündung ist mir in der Erinnerung noch zu neu. Ich wollte Dich daher bitten: heut die Classe schließen zu lassen. Möge es Dir leidlich gehen. Mit herzlichem Gruß Dein Fr. Preller. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
577 Weimar, den 1. Mai 1867. An Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar, Bankier und Kunstsammler. Weimar d.1 Mai 1867. Hochverehrter Freund! Wir schreiben heut den 1 Mai, Ihren Festtag,* und dabei kommt mir die lebendige Erinnerung an viele schöne in Ihrem Hause verlebte Tage, die nicht verklingen soll ohne daß ich Ihnen meine und der meinigen allerbeste und herzlichste Glückwünsche sende. Möchten Sie den Tag und viele nach ihm nur froh und gesund unter den theuren Ihrigen verleben, und allen Ihren Freunden das Glück bereiten Sie in gewohnter Weise begrüßen zu können. Durch meinen Schüler Cohen** habe ich zeitweis Nachricht von Ihnen und den verehrten Ihrigen gehabt, und nun habe ich mit meiner guten Frau die frohe Aussicht Sie verehrter Freund in Carlsbad zu begrüßen. Wie viel traurige Tage ich, seit wir uns zuletzt sahen, durchlebte, ist Ihnen wohl bekannt, doch Gottlob hat es jetzt den Schein, als sollte meine gute Frau vollkommen genesen, und von Carlsbad hoffen wir das Beste. Bei all dem Schlimmen ist meine große Arbeit doch verhältnismäßig vorgerükt und das Schwerste bereits vollendet. Gott gebe daß ich in Gesundheit vollenden kann.
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Wie mag es doch der hochverehrten Frau Archivräthin gehen? Ich bitte ihr und Herrn Herrmann mich in freundlicher Weise ins Gedächtnis zu rufen. Mit den besten innigsten Grüßen für alle zeichne ich in treuester Anhänglichkeit Ihr ergebener Friedrich Preller. Auch meine liebe Frau bittet ihre Grüße beizufügen. * Der 1. Mai ist Georg Kestners Geburtstag. ** Eduard Cohen (1838–1910). Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/c/I/799/28.
578 Weimar, im Mai 1867. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Um Ihnen Einiges zu erzählen, muss ich mit Jennys Sorglichkeit für den Tag* beginnen. Die Gute hatte Alles in Bewegung gesetzt, um Heiterkeit und Frische ins Haus zu zaubern, was ihr auch vollkommen geglückt, da ich an diesem Tage, als Seltenheit, völlig gesund war. In frühster Morgenstunde besuchte ich Mariens Grab, mir war gar wunderbar zu Muthe, ich hörte wieder ihre liebe süsse Stimme und empfand lebendig, dass ihr Geist mich umschwebte. Ihren steten Wunsch, wenn sie mich verliesse, nicht allein zu bleiben, sieht sie jetzt erfüllt, und gewiss segnet sie den Bund, denn Jenny ist in jeder Weise ihre würdige Nachfolgerin. Mit einer wunderbaren Ruhe im Herzen kehrte ich in’s Haus zurück und freute mich an Allem, was mich erwartete. Für den Abend hatte Jenny heimlich alle Freunde gebeten, die mir nahe stehen, und so wurden die Stunden gehaltvoll und heiter. Dass ich meine Kinder, Sie, liebe Freundin und noch einige Entfernte, schwer vermisste, darf ich Ihnen nicht erst versichern. […] Sind Sie erst in Kösen, dann ist ja Weimar eine kleine Spazierfahrt, die sich doch immer in etwas lohnt. Ich denke bis zur Zeit Ihres Kommens sämmtliche Farbenskizzen vollenden zu können, die mir freilich bedeutend mehr Arbeit verursachten, als ich zu Anfang gedacht, denn der Gedanke, dass ich die Hülfe Andrer bedürfen könnte, liess mich die Bilderchen sorgfältiger ausführen. Der Cyklus im Kleinen gibt wieder einen Zimmerschmuck, wenn man das Ornament dazu mit Geschmack anzupassen weiss. Ich habe die Arbeit mit viel Freude begonnen und hoffe sie so zu beendigen. Ich hoffe, dass auch Sie Freude daran haben werden. Die Wachstechnik ist mir für diese Arbeit höchst bequem gewesen. Ein darüber gezogener Firniss gibt den Dingen das Ansehen der Ölmalerei, mit dem Vorzuge, dass in Öl das Licht nicht zu erreichen ist, wie in Wachs. Der kleine Cyclus hat durch seine Erscheinung schon viele Freier angezogen und der Himmel mag wissen, nach welcher Gegend er die Abschiedsreise einst antritt. […] * Prellers Geburtstag am 25. April. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 310–311.
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579 Weimar, den 20. Mai 1867. An Johanna Friederike Gams, Mutter des Edmund Kanoldt. Verehrte Frau! Erlauben Sie, Ihnen, die Vollendung der ersten selbständigen Arbeit Ihres Sohnes, die Versicherung meiner ganzen Zufriedenheit über Verwendung seiner Zeit und seines Strebens auszusprechen. Möge es ihm vom Schicksale bestimmt sein, ohne Störung auf dem betretenen Wege weiter zu gehen, eine Anerkennung seiner ernsten Thätigkeit wird dann gewiß nicht ausbleiben. Noch freue ich mich Ihnen versichern zu können, daß er als Mensch von den meinigen allen geachtet und geliebt ist. Weimar 20 Mai 1867. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Reinhold Lichtenberg und Ernst Jaffé: Hundert Jahre deutsch-römischer Landschaftsmalerei, Berlin 1907, S. 179.
580 Weimar, 1867. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Unser kleiner Bau* interessirt mich mehr, als ich gedacht hätte. Wenn ich die Vollendung erlebe, muss es paradiesisch werden und sich dort nach schwerer Arbeit ruhen lassen. Alles wird durchaus einfach aber ganz solid, so dass schon jetzt alle Leute ihre Freude dran haben, einmal ein hübsches Häuschen entstehen zu sehen. Alle Fenster und Thürgewände werden von Sandstein und das ziert ganz anders als der verfl– Stuck, mit dem heut den Menschen Sand in die Augen gestreut wird. Steht es erst, dann müssen Sie uns besuchen und auch Ihre Freude daran haben.[…] * Prellers im Bau befindliches Wohnhaus an der Belvederer Allee (heute Nr. 8) in Weimar. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 315.
581 Weimar, den 9. September 1867. An Heinrich Dreber (1822–1875), Landschaftsmaler.
Abb. 48
Weimar, 9 Septbr 1867 Mein verehrter lieber Freund! Nehmen Sie den besten Dank für Ihren Brief aus Ischia. Unendlich leid ist es mir, daß Sie Gesundheit halber das schöne Stückchen Erde aus aufgesucht, wieviel besser würde es sein
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48. Friedrich Preller d. Ä.: Franz, genannt Heinrich Dreber, Zeichnung, 1860.
ohne an den eigenen Corpus zu denken, nur der Freude dort leben zu können! Hoffentlich kommen Sie bald so weit. — Ihr Bild ist glüklich hier eingetroffen u. die nächsten Tage sollen es in seinem Glanze sehen.* Ich will es unter meiner Aufsicht auf den Blendrahmen ziehen lassen u ihm einen leichten Firnis geben, der Goldrahmen muß auch in einigen Tagen eintreffen. Friedrich hat ihn nehmlich in Dresden bestellt, weil sie besser gemacht werden als hier. – Welche Freude ich beim Wiedersehen der herrlichen Arbeit gehabt habe, werden Sie denken können, da Sie wissen können, wie hoch ich alles stelle was aus Ihren Händen gekommen. Gott erhalte Sie bei Kraft u. Gesundheit um der Kunst u Ihrer Verehrer willen. Ihr letzter Aufenthalt in Deutschland gab mir die freudige Hoffnung Sie einige Tage bei uns halten zu können, aber wie traurig machte mich die Nachricht Ihrer Rükreise!! – Alle unsere Plänchen blieben nun unausgeführt, u so muß ich mich wohl damit trösten Ihnen einem nochmaligen Besuch in Rom zu machen. – Daß Sie wahrscheinlich für allezeit in Italien bleiben werden, begreife ich vollständig, nicht der schönen Natur aber der Ausübung Ihrer Kunst u Ruhe wegen. Die Landschaftsmalerei ins besondere wird im Ganzen wie jeder andere Handelsartikel gepflegt u getrieben, jedes irgend paßliche Photographiechen möglichst treu copirt läuft bei uns als hohes Kunstwerk entweder in die Hände eines Liebhabers oder nach dem gelobten Land: Amerika. 532
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Daß jeder, der es einfach gut meint mit der Kunst bei solchem Treiben einen Eckel bekommt, können Sie wohl denken. Eine Fabrik derartiger Erzeugnisse producirt in Weimar massenhaft, u mir bleibt nur das Eine: in der Stille auf entgegengesetzte Weise zu arbeiten. Sie, lieber Freund, wissen wie hoch ich das unmittelbare Studium der Natur schätze, doch will ich mit eigenen Augen, mit meiner ganzen Seele vor Gottes Schöpfung stehen, u nicht durch eine todte Maschine schauen, die als solche, von allerlei Umständen abhängig, in der Betonung oft ganz falsche Wirkungen hervorbringt. Genug davon! — Friedrich erwarten wir in der nächsten Zeit hier, damit er nach seinem Willen, seine Tour herführe. Hoffentlich sehe ich die 3 Brüder wieder bei einander, auf welche Freude ich seit dem Tode meiner unvergesslichen Frau verzichtet hatte. Dresden scheint ihm bis jetzt zuzusagen, u gern gebe ich alle schönen Pläne in Beziehung auf mich auf, wenn ihm Glück daraus erwächst. Ihrer denkt er bei jeder Gelegenheit in Dankbarkeit u liebevoller Anhänglichkeit. Der Gedanke: wie, wo u wann wir alle uns einmal wiedersehen, beschäftigt mich viel. — Haben Sie bald Gelegenheit Dr. Schöne zu sehen, so bringen Sie ihm doch die herzlichsten Grüße von uns. Ich schulde ihm einen Brief, komme aber fast gar nicht mehr ans Briefschreiben, so sehr ich mich selbst auch tadele. Und nun leben Sie wohl, pflegen Sie Ihre Gesundheit vor allem, damit Sie mit aller Kraft rüstig weiter schaffen können. In treuster Anhänglichkeit u Verehrung Ihr Friedrich Preller. N.S. Dr. Härtel in Leipzig ließ die Bitte an mich ergehen: Ihr Bild doch nach Leipzig zu schicken. Hoffentlich ist es Ihnen recht, wenn ich es thue, nachdem es hier eine Weile gesehen worden. * Preller hatte sich in den vergangenen Monaten bereits sich um den Verkauf mehrerer Bilder Drebers bemüht, der aufgrund seiner Krankheit in finanzielle Not geraten war. So vermittelte er ein Gemälde an die Familie von Eichel-Streiber. Bei dem hier genannten Werk handelt es sich um den Herbstmorgen in der Campagna, das Preller als Studie bereits 1859 bei seinem Besuch in Drebers römischem Atelier gesehen hatte. Es traf im Juli 1867 in Weimar ein. Der Verkauf allerdings erwies sich als schwierig. Siehe dazu Brief 585. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass 251, Heinrich Dreber.
582 Weimar, den 23. Oktober 1867. An Unbekannt. Weimar 23 Octbr 1867. Mein lieber Freund! Wie gern hätte ich auf Deine uns allen so erfreuliche Anzeige der Verlobung Deiner lieblichen Tochter durch unsern herzlichsten Glükwunsch geantwortet! — Ich lag zu Bett mit unsaglichen Glieder u Zahnschmerzen, nun soll es aber mein erstes sein da ich wieder auf den alten Beinen stehe, Dir u. dem lieben Mädchen unser aller Freude und innigste Theilnahme zu versichern. Daß der Auserwählte mit solcher Frau die Reise 533
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durchs Leben muthig u heiter antritt, ist wohl eine ausgemachte Sache, auch ihm gelten unsere besten Wünsche. — Mit der Gesundheit meiner guten Frau geht es wacker vorwärts, u in der Freude über die glükliche Wendung meines Schiksals habe ich mich entschlossen in der Belvedereallee uns ein hübsches wohnliches Häuschen zu bauen wo ich einige ruhige Jahre noch zu leben hoffe. Hoffentlich komme ich im nächsten Jahre mit der Hauptsache meiner großen mühevollen Arbeit zustande. Ehe das aber geschieht hoffe ich auf einen glüklichen Zufall, der Dich einmal wieder hierher führt u mir Deinen guten Rath bringt. — Alle die meinigen tragen mir die besten Grüße für Dich und Deine herrlichen Töchter auf, denen sich anschließt Dein treuer Friedr. Preller. Briefe von Friedrich Preller d. Ä. an einen Freund, 1856–1872, Autographen Sammlung, Preller, aus der ehem. Preussischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen Bibliothek, Krakau.
583 Weimar, den 31. Oktober 1867. An Hermann August Kestner (1810–1890), Komponist und Kunstsammler. Weimar 31 Octbr 1867. Verehrter lieber Freund! Welche Erschütterung und tiefe Betrübnis die Anzeige aus Ihrem Hause über mein ganzes Haus gebracht ist, brauche ich Ihnen nicht zu versichern. Sie wissen mit welcher Verehrung und Liebe ich an dem Verewigten gehangen.* — Wer hätte wohl vergangenen Sommer in Carlsbad den Gedanken an ein Nichtwiedersehen fassen können! Ein Beisammensein am Posthofe, wo der allgemein geliebte und verehrte Greis in seiner unveränderten Frische stets der Mittelpunkt war, gehörte zu unsern höchsten Freuden, in denen wir für den kommenden Sommer Pläne und Verabredungen trafen. — und Nun?— Es ist mir unmöglich Ihr Haus ohne den Verewigten zu denken. Da, wo nur stille Freude und Glück seinen Sitz hatte, herrscht jetzt wohl Schmerz und Trauer um den so allgemein Geliebten! – Wie mag es wohl Ihrer theuren verehrten Frau Mutter gehen? Die vortrefflichste Frau mag den unabwendbaren Schlag wohl am hartesten treffen. —Bringen Sie der theuren Mutter unsere besten Grüße und die Versicherung der treusten wahrsten und innigsten Theilnahme, sagen Sie ihr, daß ich mit all meinen Gedanken und besten Wünschen bei ihr weile. Haben Sie Zeit und Muße lieber Freund, so lassen Sie wohl gelegentlich von sich und dem Befinden der hochverehrten Mutter hören. In treuster Liebe und Verehrung Ihr Friedrich Preller. * Am 25. Oktober 1867 ist Georg Heinrich Friedrich Kestner, der Vater des Adressaten, verstorben. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 46.
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584 Weimar, den 13. Dezember 1867. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Wie soll ich Ihnen meine Freude, meinen tiefgefühltesten Dank versichern. Das einzige Werk liegt jetzt als Ganzes wieder vor mir, was ich in früherer Zeit zwar oft, aber immer nur theilweis bewundern konnte.* Genelli allein ist im Stande derlei scheinbar unbedeutende Gegenstände zum bedeutenden großen Kunstwerke zu erheben, u. Dank der Vorsehung u. Ihrer Liebe für alles Große u. Schöne, welche solch Vortreffliches zur Erhebung Vieler der Mitwelt übergiebt. Ich wiederhole meinen innigsten freudigsten Dank mit der Versicherung meiner unendlichen Freude am Besitz des unübertrefflichen Werkes und bin hochachtungsvoll ergeben Ihr Friedrich Preller Weimar 13 Decbr 1867. * Es handelt sich dabei wohl um ein druckfrisches Exemplar des gerade bei Dürr in Leipzig erschienene Werks von Bonaventura Genelli: Aus dem Leben eines Künstler. 24 Compositionen mit dem Erscheinungsjahr 1868. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/135.
585 Weimar, den 2. Februar 1868. An Heinrich Dreber (1822–1875), Landschaftsmaler. Weimar den 2 Febr. 1868. Verehrter lieber Freund! Ihr Schreiben aus Ischia habe ich erhalten u mich gefreut Ihnen in kleinen Diensten thätig sein zu dürfen. Auch von Frl. v. Eichel hatte ich den Auftrag bei Ankauf Ihres schönen Werkes das Nöthigste unter meine Aufsicht zu nehmen*. Welche ungeheure Freude ich gehabt Ihr vortreffliches Werk wieder zu begrüßen, kann ich Ihnen gar nicht sagen. Ich habe das liebe Bild in Wahrheit nicht genug sehen können, so oft ichs auch besucht habe.** Alle meine Erinnerungen an das römische Gebirg wurden wieder wach u endigten stets in nicht zu bekämpfende Sehnsucht nach dem einzigen Lande, das nochmals zu sehen, mein heißester Wunsch ist. Das Bild habe ich her auf einen festen guten Keilrahmen ziehen lassen, u hinter einen sehr hübschen Goldrahmen, den Friedrich in Dresden machen ließ, gebracht. Nachdem er mit einer ganz leichten Mastix überzogen u trocken war, habe ich es dem Publikum eine längere Zeit ausgestellt u die große Freude gehabt daß es viel besucht wurde u die beste Anerkennung erfahren hat. Unter den Fremden, die es mit großem Interesse gesehen, war auch Baron v. Schack, u dieser hatte große Lust das Bild zu kaufen, nur war ihm die Größe 535
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störend, da seine Räumlichkeiten, wie er sagte, etwas beschrenkt seien. Als ich endlich dem Großherzog ankündigte: das Bildwerk zu befördern, wenn es nicht in seinem Besitz bliebe, bat er das Werk noch eine kurze Zeit im Schlosse behalten zu dürfen, es sei ihm Bedürfnis es noch allein länger zu sehen. Jetzt glaubte ich mit Gewißheit daß wir im Besitz bleiben würden, doch die vielen Ausgaben zur silbernen Hochzeit unsers Fürstenpaares u die allgemeine Noth in Deutschland haben wohl die mäßigen Mittel, die wir haben sehr geschwächt, u so sah ich mit Schmerz dem Augenblike entgegen, der uns das herrliche Werk wieder entführen würde. Ich bekam endlich die Weisung das Bild wieder einpacken zu lassen, u so trat es die Reise nach Leipzig an, wo es jetzt wohl angelangt ist. Ich denke bald durch Dr. Jordan od. Herrn v. Zahn Nachricht zu erhalten.*** Daß der Aufenthalt in Ischia Ihrer Gesundheit von dauernden Vortheil sei, ist unser innigster Wunsch, denn wie störend Krankheit in unserm Berufe ist, habe ich durch viele Jahre an mir erfahren. Ueberhaupt haben die letzten Jahre mir Schmerzen gebracht. – Daß ich Friedrich nicht in meiner Nähe habe, ist mir recht schmerzlich, doch geht es ihm bisjetzt in Dresden gut, u damit muß jeder Egoismus schweigen. Zuletzt, etwa vor 3 Monaten sahen wir uns in Dresden, leider nur 1 Tag, denn ich wurde krank u eilte wieder zuhaus zu kommen, wo ich längere Zeit im Bett zubringen mußte. Jetzt geht es mir wieder leidlich gut, u damit bin ich wieder an meine Arbeit gegangen, welche um zu Ende zu führen, ich mich wirklich sehne. Für einen Menschen ohne jedwede Hülfe, aber viel Aerger ist die Arbeit zu groß. Ich bin jetzt am letzten Bilde, das in einigen Monaten wohl beendigt sein wird. Die Prädella, die nur in 2 Farben gemalt, wird mich hoffentlich nicht sehr lange aufhalten, wenn die Compositionen gemacht sind. – Als ich in Rom war, hatte Friedrich mir freilich seine Hülfe zugesagt, doch mit seiner Verheiratung konnte ich diese nicht mehr beanspruchen, u so habe ich, freilich mit Anstrengung das Werk ganz allein so weit gebracht, wie es jetzt ist. Ein 2 tes möchte ich unter ähnlichen Umständen nicht wieder beginnen. — In nächster Zeit werden Sie die Familie Härtel aus Leipzig in Rom sehen, u Sie mögen denken: wie sehr mich die Nachricht von dieser Reise aufgeregt. Mein kleiner Hausbau in der schönsten Lage beschäftigt u erfreut mich zwar sehr, doch ist es bei allem nicht möglich, meine Sehnsucht nach Italien zu beschwichtigen. Im Hintergrund von all meinem Denken u Sinnen liegt Rom, u Ruhe werde ich schwerlich wieder erringen, bis ich nochmals bei Ihnen gewesen. Für heut leben Sie wohl, möge es Ihnen mit Ihrer Gesundheit nur gut gehen! – Kann ich später in irgend einer Sache Ihnen wider zu Dienst sein, so können Sie versichert sein daß ich immer bereit bin. Mit dem besten u herzlichsten Gruße Ihr treu ergebener Friedrich Preller. [Ergänzung:] Der Brief ist einige Zeit liegen geblieben, weil ich Ihren lieben Brief verlegt hatte, u um die richtige Adresse in Verlegenheit war. – Ihr Bild ist jetzt in Leipzig u soll von dort nach Dresden gehen, wo Friedrich alles aufbieten wird es dort zu halten. Er hat deshalb schon mit Schnorr gesprochen u jetzt wohl noch mit Hübner.**** der viel vermag. Hätte ich die 536
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Mittel, kein andrer dürfte Ihr Bild besitzen, doch die Welt ist voll Esel, u Esel kaufen keine Bilder. Ihr ganzes Glük besteht darin, den Sack nicht zu schwer zu schleppen. Mit den nochmaligen herzlichsten Gruß Ihr Fr. Preller. d. 18. Febr. 1868 Weimar. * Preller hatte 1866 den Verkauf des Gemäldes Der Raub des Hylas von Heinrich Dreber an die Familie von Eichel-Streiber vermittelt (Brief 581). Richard Schöne: Heinrich Dreber, Berlin 1940, Kat. 34, S. 165. ** Das Gemälde Herbstmorgen im Sabinergebirge von Heinrich Dreber war im Juli 1867 in Weimar eingetroffen (Brief 581). Trotz vielfacher Bemühungen Prellers scheiterte ein Verkauf und so kam es Anfang 1870 nach Rom zurück. Erst nach dem Tod Drebers erwarb es die Berliner Natinalgalerie. R. Schöne (siehe oben) Kat. 40, S. 167–168. *** Max Jordan (1837–1906), Kunsthistoriker. Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker, wurde 1868 als Direktor an das Großherzogliche Museum in Weimar berufen. **** Julius Hübner (1806–1882), Maler, seit 1841 Professor an der Kunstakademie in Dresden. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass 251, Heinrich Dreber.
586 Weimar, Anfang März 1868. An Wilhelmine Preller, geb. Zimmermann (1845–1910), Ehefrau seines Sohnes Emil (1836–1893). Grüß Gott mein lieb Minchen! Dein Geburtstag steht vor der Thür, u dafür nimm auch meinen besten ernst gemeinten Wunsch für Deine theure Gesundheit. Gott erhalte Dir alles was Dir lieb u werth u behalte auch mich u die meinen lieb, wie bisher, denn darin besteht ein großer Theil unsers Glükes. Wie gern ich zu Euch käm, Dir meine Wünsche in Person zu bringen, das wirst Du wohl wissen, doch darauf muß ich in dieser Zeit verzichten. Die Bilder werden in die Mauer eingesetzt*, u daß ich dabei keinen Tag fehlen darf, versteht sich von selbst, auch kann ich jede Stunde Ziteck erwarten, dessen Hiersein bei der Versetzung der Bilder u Anordnung der Umgebung so sehr wünschenswerth ist. Ein überraschender Besuch ist mir Hofmann von Fallersleben, der mir den weimarischen Theil seiner Biographie vorliest. Er grüßt Emil herzlich. Der alte Kamerad ist in den vergangenen Jahren in nichts verändert, er frißt wie vordem u so bekommt es ihm auch. Agnes zum Berge ist in Bothfeld verheiratet. Wie geht es mit Eurem Bau? Hoffentlich erlaubt das Wetter bald unser Häuschen zu vollenden. Behüt Euch Gott! in Liebe Euer Fr. Preller. * Im Frühjahr 1868 wurden die Odyssee-Bilder im Großherzoglichen Museum Weimar angebracht. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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587 Weimar, den 21. April 1868. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Soeben erinnere ich, daß morgen meine Stunden in der freien Zeichenschule wieder beginnen, und ich verhindert bin mein Wort zu halten. Erlaubt es Ihre Zeit, so stehe ich um 4 Uhr zu Ihrem Dienst, und erwarte Sie in meiner Wohnung. Ergebenster Friedrich Preller Weimar 21. Apr. 1868. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,Nr.566..
588 Weimar, den 21. Mai 1868. An Dolly Schöler (geb. 1835), Tochter der Luise Schöler, geb. Bartholomäi und des Georg Schöler. Verehrteste liebe Freundin! Es sind Wochen vergangen, u noch habe ich Ihnen nicht für Ihren so sehr liebenswürdigen Brief gedankt. Sein Sie mir deshalb nicht bös, Entschuldigungen zu lesen will ich Ihnen ersparen, denn im besten Falle sind diese doch immer noch langweilig, weil einen Brief zu schreiben alle Menschen die Zeit finden werden, wenn sie sich besser als ich einzutheilen wüßten. Ich habe für Briefschreiben nur die allerfrühsten Morgenstunden in denen das ganze Haus noch der süßen Ruhe pflegt, weil meine Arbeit mich alle Tage und Jahre fordert u festhält bis es dunkel wird. Wie unendlich mich jede Nachricht von Ihnen freut, das können u werden Sie wohl durch Ihre liebe Mutter wissen. Sie bereiten uns allen wirkliche Festtage mit dem, was Sie uns mittheilen u mir in Sonderheit oft die Sehnsucht nach dem herrlichen Lande. Ich bin gewiß der einzige von denen, die so glücklich sind von Ihnen zu hören, der den Zauber des Südens ganz versteht, denn meine Kunst u gleichbedeutend mein Leben, führen mich immer u immer wieder in jene Sonne, u so können Sie wissen, in welch hohem Maaße mich alles interessirt, was Sie liebe Freundin mir von dort berichten. Nehmen Sie dafür meinen besonderen Dank. Wie wir hier fortleben, das erfahren Sie wohl immer durch die Ihrigen in einigen Worten, denn große Abwechslung oder außerordentliches fehlt so ganz. Nur die letzten paar Tage haben etwas besonderes gebracht, wir begleiteten die Großmama die nach Gratz geht bis Eisenach u waren mit ihr zwei Tage v. Arnswaldt’s Gäste auf der Wartburg. Dort weht freilich aus Thüringen eine ganz besondere pontische Luft u entrückt uns der Gegenwart. Die Zeit der Landgrafen wird uns verständlich und tritt uns in ihren schönsten Momenten vor die Seele. Diese Tage, sie waren durchs schönste Wetter begünstigt, werden uns allen lange 538
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als Glanzpunkte in der Erinnerung bleiben. Auch dort haben wir Ihrer in Liebe gedacht u Sie zu uns gewünscht, denn wir zählen Sie nun einmal zu uns, u das müssen Sie sich gefallen lassen. Ins Alltagsleben zurükgekehrt bin ich wieder an der alten Ihnen bekannten Arbeit die ich so gern in diesem Jahre ganz vollenden möchte. Ich zeichne jetzt die Predellen (die Abenteuer der Freier u der Penelope) die zwar sehr lustig zu machen sind, aber noch viel Zeit fordern. – Hoffentlich erlebe ich Ihre dereinstige Rükkehr u habe dann die Freude, Ihnen wieder etwas Neues zeigen zu können! Unser Hausbau geht auch seinem Ende entgegen u wird höchst einladend für den zweiten Theil des Sommer den wir dort zu genießen denken. Das nächste mir nicht sehr erfreuliche, wird wohl unsere gemeinschaftliche Reise nach Carlsbad sein, doch Jenny’s Gesundheit fordert sie u dieser Grund beseitigt alles Murren u Klagen. Gott sei Dank, daß die arme die Reise doch unternehmen kann! – Hoffentlich treffen Sie das liebe Weib wieder in ihrer frühern Gesundheit. — Damit mein Geplauder Ihnen liebe Dolly nicht lästig wird, u Sie nicht im Stillen schelten, will ich für diesmal schließen, Gott erhalte Sie uns allen frisch, geneigt wie sonst und lasse Ihnen nur Erfreuliches erleben. Haben Sie im Laufe der Zeit wieder einmal ein halb Stündchen für mich, so können Sie wissen, daß Sie mit einigen Worten unendliche Freude bereiten. Mit den besten u herzlichsten Grüßen Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. Weimar 21. Mai 1868. Jena, THULB, Handschriften, Brandis 816. Abgedruckt in: Allgemeine Thüringische Landes Zeitung, Sept. 1930, S. 5.
589 Weimar, den 24. Mai 1868. An Bernhard Carl August von Arnswald (1ß07–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Threuester Freund! Schon sind 8 Tage ins Land u noch hast Du nicht gehört, daß wir ohne jeden Anstoß nach dem alten Weimar zurückgekommen sind. Ich sowie meine gute Jenny zahlten aber doch später den, der Wartburg zukommenden kleine Tribut, da sie einen rauhen Hals, ich mein Kopfweh für 7 Tage mit herumschlepte. Doch was ist das gegen die unvergleichlichen Tage u die ausgesuchten Annehmlichkeiten, die wir alle Dir u Deiner Güte zu danken haben? Ich bin beauftragt: Dir von allen Seiten den innigsten Dank u die Versicherung zu geben, daß diese Tage als Glanzpunkte im Leben in aller Erinnerung ihren festen Platz für allezeit 539
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behalten werden. Wie oft u schön die Frauen auch vorher sich den Aufenthalt auf der Burg vorgestellt hatten, die Wirklichkeit hat jede Vorstellung weit hinter sich zurückgelassen, u bis jetzt hört man kaum ein anderes Wort, als Deine Liebenswürdigkeit und den Aufenthalt auf Wartburg lobpreisen. Du kannst Dir wohl denken, daß ich aus dem Innersten meines Herzens in dieses Lied einstimme. Ach! mein alter theurer Freund, ich gehe oft und gern mit meiner Erinnerung in jene Jahre zurück, in denen wir jung u frischer als heut, schon oft u viel auf der alten herrlichen Burg geschwärmt u Pläne gemacht haben. Es ist kein Jahr vergangen, das solche Freuden nicht zurück gelassen hätte. Immer denke ich dabei auch der seligen Marie, Deiner lieben Gönnerin u Freundin, wie Du sie stets nanntest. Daß der Himmel die Edle mir genommen, das zu überleben habe ich immer für unmöglich gehalten, u doch lebe ich wieder, in ganz anderer Weise zwar, doch glücklich u in jederart befriedigt! Ist mirs doch oft, als machten beide Frauen nur Ein Ganzes, was mir angehört. Ich bin wieder tief in der Arbeit u arbeite mit alter Lust u Freudigkeit, denn jeder Tag bringt Neues zur Anschauung. Ich fühle oft, daß meine ganze Natur mehr schaffend, als ausführend ist, u hätte ich für lezteres eine mir zusagende Hülfe haben können, das Werk stünde längst fertig uns vor Augen. Hemken u Kanoldt werden hoffentlich sich für die Ausführung der Predellen eignen. Über die Hälfte der Compositionen bin ich hinweg u ist das Glück mir günstig vollende ich noch die andre vor der Carlsbader Reise, damit wär dann die Möglichkeit da, im Spätherbst die Gallerie ganz fertig zu bekommen. Ehe ich so weit gelange, hoffe ich Dein Kommen, denn mit niemand bespreche ich doch so gern, als mit Dir Kunstgegenstände. Für heut nur noch die Grüße u den wiederholten Dank aller, die durch Deine Liebenswürdigkeit so schöne Tage gehabt. Grüße herzlich auch die Deinigen von Deinen treuen Friedrich Preller. Weimar 24 Mai 1868. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3676.
590 Weimar, Ende Mai 1868. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein theurer lieber Freund! Daß wir ohne Unfall hier angekommen, die meinigen uns froh empfangen haben, wirst Du wohl denken können, aber vor allem drängt es mich, Dir für alle uns erwiesene Freundlichkeit so recht von Herzen meinen Dank auszusprechen. Mit Dir einige Stunden auf der alten Burg zu verleben, gehört immer zu meinen höchsten Freuden, diesmal hat Deine große Freundlichkeit auch das liebe Luisichen* wahrhaft beglückt und der Genuß: mit uns alles Sehenswerthe durchzugehen, wird ihr unvergeßlich sein. Ich habe den Auftrag, auch ihren Dank Dir aufs wärmste auszusprechen. Daß Du bei 540
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Wolfs aber das berichtigt, was uns zukam, hat das gute Ding ganz außer Fassung, in große Verlegenheit gebracht. Ich habe Noth gehabt sie zuletzt noch zu beruhigen. Das sollst Du nie wiederholen, sonst werde ich mich einmal in schlimmster Weise revangiren. Alle die meinigen grüßen Dich herzlichst, u fragen an, ob Du nicht bald wiederkommst. Dein Hiersein hat alle sehr erfreut u beglükt. Ach! wie schön könnte es sein, wenn wir an demselben Orte lebten. Habe ich nicht meinen Kamm liegen lassen? Noch ein Andenken von meiner seligen Marie, das zu verlieren mir ein großer Schmerz sein würde. Findet er sich in der Schlafstube oder irgendwo, so sende mir ihn, aber etwas hartes beigepackt, damit er nicht zerbreche. Mit den besten Gruß für Dich und die lieben Deinigen. Treu Dein Fr. Preller. * Wohl Luise Stichling (1839–1906), Tochter des Gottfried Theodor Stichling (1814–1891), Schülerin Prellers. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3670.
591 Weimar, 1868. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin! Fast nehme ich Anstand Ihnen schon wieder zu schreiben. In einem der nächsten Tage geht Fräulein Aberg* nach dem alten lieben Rom, und hat den dringenden Wunsch Ihro Durchlaucht ihren Besuch machen zu dürfen, was, wie sie meint, durch einen Gruß von mir zu erreichen sei. Ich wage es, bei Ihnen mich wieder in Erinnerung zu bringen, und zu sagen, daß auch ich an den Arbeiten der Fräulein Aberg viel Freude habe, und dem Urtheil Ihrer Durchlaucht vollständig beistimme. Meine Sehnsucht Rom und alle Herrlichkeit dort noch einmal zu sehen, wächst mit jedem Tage, umsomehr, als ich mich jetzt nur mit Arbeiten beschäftige, die in Rom ihren Ursprung haben. In den uns Malern ungünstigen Tagen zeichne ich nur, und habe in letzter Zeit verschiedene größere Compositionen gemacht. Mein Alleinstehen, der Kunstschule gegenüber, die ganz andere Wege geht, als die meinen, ist nicht immer erbaulich, doch ich nehme die Umstände, wie sie nun einmal sind. Erhalten Ihro Durchlaucht mir Ihr Wohlwollen auch ferner und nehmen Sie die Versicherung der steten und treusten Anhänglichkeit, mit der ich mich nenne Ihrer Durchlaucht ergebenster Friedrich Preller. * Victoria Aberg (1824–1892), finnische Landschaftsmalerin, seit 1863 in Weimar. Sie hielt sich 1868 bis 1869 und 1870 bis 1876 in Italien auf. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
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592 Weimar, den 22. August 1868. An die Deutsche Goethe Stiftung Weimar. Weimar, 22. 8. 1868 Da Gesundheitsrücksichten mich nöthigen, während der Versammlung des Kunstverständigen Ausschusses der Göthestiftung abwesend zu sein; so mögen ein paar geschriebene Worte über die vorliegenden Arbeiten, mein Gutachten abgeben. Die mit dem Motto: Providentiae memor bezeichnete Arbeit ist leider bei der Concurrenz ausgeschlossen, da sie den ersten Anforderungen nicht nachkommt, die zweite, mit dem Motto aus Göthes Künstlerlied aber so durchaus unbefriedigend, daß ich vorschlagen möchte: den Preis von 1000 Rtl. für diesmal zurükzuziehen, und den beiden Concurrenten eine Entschädigung zukommen zu lassen, da bei derlei Arbeiten immerhin bedeutende Auslagen nicht zu umgehen sind. Friedrich Preller Weimar 22 August 1868. Klassik Stiftung Weimar, GSA 131/1.
593 Ilmenau, den 2. September 1868. An Marie. Liebe Marie, ich übersende Ihnen von hier aus das Ihnen gehörige Buch, da mein Aufenthalt in Weimar nur ein ganz kurzer war. Ich bin von Karlsbad kränker zurückgekommen, als ich dahin ging. In der Kur habe ich schon den 12 t. Tag abbrechen müssen, da meine Nerven statt beruhigt, immermehr aufgeregt wurden. Nur eine kräftige elastische Luft wie die von Ilmenau, scheint meinem Befinden wieder aufzuhelfen, u so will ich es denn noch etwa 8 Tage hier versuchen. Länger wegzubleiben, erlaubt meine Arbeit u Anstellung nicht, um so weniger als mir jetzt die Direktion sowohl der Anstalt als der decorativen Arbeit in der Prellergallerie obliegt. Möchte es Ihnen u der theuren Freundin besser gehen, als mir. — Ich wiederhole mein Anerbieten der Frl. Hoffmann behülflich zu sein wie u wo ich kann. Bei ihrem schönen Talente für das Blumenfach wär es wirklich bedauerlich, wenn sie nicht weiter strebte u sich immer höhere Ziele setzte. Sagen Sie ihr liebe Marie, daß ich an ihren Arbeiten eine wahre u reine Freude gehabt. Emil ist in seinem Berufe als Arzt hier unglaublich thätig u hat die Anstalt jetzt in seinen Händen, die herrlich aufblüht. Friedrich in Dresden hat einen schönen Auftrag ähnlich wie der meine im Museum, u so geht ja alles leidlich gut. Mit mir wird’s wohl auch wieder werden. Mit den herzlichstem Gruß für Sie u die liebe Freundin Ihr ergebenster 542
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Fr. Preller. Ilmenau 2 Septbr. 1868. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich, d. Ä.
594 Ilmenau, den 3. September 1868. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Ilmenau 3 Septbr. 1868* Carl Augusts Geburtstag Mein alter threuester Freund! Glaube nicht, daß ich an Deinem Geburtstage nicht mit allen Gedanken bei Dir gewesen bin. Wäre das wohl möglich bei meiner guten Jenny? die immer Tage voraus an alles denkt, was mit dem Hause in Verbindung ist. Am schreiben hielt mich nur mein schlechtes Befinden zurück, an Friedel ging der Brief mit den besten Wünschen schon einige Tage vorher ab, u. so will [ich] den Wunsch für alles Gute, was Dir im neuen Jahr begegnen möge, heut nachholen. Möge vor allem der Himmel Dir mit Deiner Gesundheit günstig sein, alles andere hat ohne dieselbe nicht den rechten Werth. Ich habe den Beweis davon in letzter Zeit recht hart empfunden. Meine Carlsbader Cur, die mir immer auf ein Jahr wieder Frische gegeben, hat mir diesmal entschieden geschadet. Mein Unwohlsein ist diesmal eine Überreizung der Nerven, die ich der zu angestrengten Arbeit zuschreiben muß. Ich sah nemlich ein, daß, wenn die Vollendung der Prellergallerie dies Jahr zu Stande kommen sollte, ich vor der Reise die Predellen componiren und zeichnen mußte, damit Hemken u Kanoldt dieselben auf die Mauer bringen konnten. Der Gegenstand interessirte mich dermaßen, daß ich selbst die Nächte keine Ruhe finden konnte, am Tage aber mit großer Leichtigkeit arbeitete, was bei mir immer der Fall ist, wenn ich nervös aufgeregt bin. In 2 ½ Monat waren die Cartone vollendet, u zum Theil schon gemalt, weil die beiden Tüngner** sie mir unter den Händen wegrissen. Daß die Arbeit rasch gehen mußte, war eine Nothwendigkeit deshalb, weil die Umgebung nicht früher angefangen werden konnte. Bei fertiger Umrahmung will ich dann die großen Bilder retouchiren, was ebenfalls früher nicht möglich war. Hoffentlich ist nun alles soweit, daß ich ungehindert an die letzte Arbeit gehen kann! Daß Ilmenau der echte Ort ist für meine Wiederherstellung, empfinde ich schon jetzt, dabei habe ich noch die Freude, Emil in seinem wahrhaft schweren Berufe Tag u Nacht segensreich wirken zu sehen. Ohne seine herkulische Natur würde es nicht möglich sein, seiner Pflicht nach zu kommen. Gott erhalte ihn! Daß ich unsern gnädigsten Herrn hier sah, war mir eine große Freude, schmerzlich aber, mich bei ihm nicht verabschieden zu können, da ein Irrthum in der Bestellung obgelegen haben mag. Bald nachher kam Direktor v. Zahn*** hier durch, u wir waren 1 Tag 543
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mitsammen. Er ist auf 14 Tage nach Baiern. Diesen tüchtigen Mann für Weimar gewonnen zu haben, ist ein großes Glück, denn für seine Stellung einen besseren zu finden, möchte schwer sein, er besitzt alle Eigenschaften für die Stelle in hohem Grade, u dabei das Talent, überall anzuregen. Leipzig wird sein Weggehen lange Zeit betrauern. Daß Leipzig auch die Cartone der Predellen fürs Museum dort in Beschlag genommen, wird Dich interessiren, mich freut es sehr, weil ich sehe, daß es die Arbeit zu schätzen weiß. Eine andere Freude wurde mir noch in Carlsbad, Wien nemlich übersandte mir das Diplom als wirkliches Mitglied der K.K. Akademie für bildende Kunst. Wie ich höre, ist Genelli dieselbe Auszeichnung geworden. Außerdem wurde mir noch die freudige Überraschung den Conte Conestabile**** aus Perugia, den Besitzer des herrlichen kleinen Bildes von Rafael, wiederholt zu sprechen. Die Sprache einmal wieder zu hören, war mir wie schöne Musik. Italien u was damit in Zusammenhang ist, beherrscht doch mein ganzes Empfinden! Noch etwas Erfreuliches muß ich Dir doch von Deinem Pathchen Friedrich mittheilen. Sein Fleiß u Talent hat ihn in Dresden einen sehr schönen Auftrag gebracht, nemlich einen Saal mit bedeutungsvollen Landschaften zu decoriren, vielleicht in ähnlicher Weise, wie ich so glücklich bin, gegenwärtig auszuführen. Die Wahl des Gegenstandes bleibt ihm überlassen. Ich weiß, daß sich mit uns niemand mehr freut, als Du theurer treuer Freund. Du kannst Dir wohl denken, daß in mir der Wunsch öfters lebendig wird, den braven tüchtigen u strebsamen Jungen mir näher zu wissen, umsomehr da er selbst mit Vorliebe sich einen Weimaraner nennt u sich sicher gehörig denkt. Oft denke ich: daß wir Weimaraner unserer Stadt doch keine Schande bringen. Es wird nicht viel Orte geben, die verhältnismäßig mehr tüchtige Künstler hervorgebracht haben, u doch finden Fremde stets leichter einen Platz ihrer Thätigkeit bei uns, als dies welche mit allem, was sie besitzen an ihrem lieben Weimar hängen. Nun! Es scheint so sein zu sollen. Du wirst Dich gewiß freuen bei Deinem nächsten Hiersein, die talentvolle plastische Arbeit des jungen Härtel (Bruder des Eisenacher Härtel) im Museum zu sehen. Der strebsame Bursch hat sich aus der Lehre eines Goldschmied mit allen Entbehrungen soweit gebracht, daß er die Menschen gleichsam zwingt, Respekt vor seinem Talent zu haben. So u nicht anders thun es immer wahre Talente. Gewöhnliche Talente, denen es heut Regimenter gibt, buhlen um eine Anerkennung, die überragenden erzwingen sie. Doch ich verliere mich zu weit, u so will ich für heut zum Schluß kommen. Hast Du Gelegenheit, so empfiehl mich aufs beste Sr. Königl. Hoheit. Daß es Dir leidlich geht, erfuhr ich durch Herrn v. Rödern, es soll Dir aber ganz gut gehen. Dies der Wunsch Deines treusten alten Fr. Preller N.S. Vergiß nicht Deiner verehrten Frau Mutter zu empfehlen, auch meine liebe Jenny grüßt bestens. * Der Empfänger des Briefs ist ebenso wie Prellers Sohn Friedrich (1838–1893) am 1. September, Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828) am 3. September geboren worden. ** Tüncher. Die Arbeiten an Prellers Odyssee-Zyklus im Großherzoglichen Museum standen Ende 1868 vor dem Abschluss. Das Museum wurde am 27. Juni 1869 eröffnet. *** Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker. Er wurde 1868 als Direktor an das neu gegründete Großherzogliche Museum in Weimar berufen.
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**** Die sog. Conestabile Madonna Raffaels (1483–1520), benannt nach ihrem Auftraggeber, dem Conte Conestabile della Staffa. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3677.
595 Weimar, den 21. November 1868. An Ernst Ludwig Hähnel (1811–1891), Bildhauer. Weimar 21 Novbr. 1868. Verehrter Freund! Ihren Brief vom 16 d. M. habe ich erhalten, u. danke Ihnen dafür, denn er giebt mir die Ueberzeugung, daß Sie nach bösen Tagen wieder frisch u. frei aufathmen, Ihrer Kunst sich aufs neue freuen können. Durch meinen lieben Friedrich’s Briefe erhielt ich immer Bericht über den Verlauf Ihres Befinden’s, soweit er davon wußte, u so wurde mir gar manche bange Stunde nicht erspart. Der Himmel gebe, daß Sie nun ohne weitere Anfechtung rüstig weiter schaffen, wie wir an Ihnen gewohnt sind. Ihr Auftrag für Genelli’s Beerdigung ist bestens besorgt worden, u den Betrag werde ich der Post entnehmen. Erlassen Sie mir von Genellis letzten Tagen zu sprechen, ich selbst habe zu sehr dabei gelitten. Ich war ihm zur Seite, soweit eigenes Befinden mir nur irgend zuließ, aber die Qual dem Vortrefflichen in nichts Erleichterung schaffen zu können hat mich fast zurmalmt [?]. Die einzige Beruhigung die ich jeden Tag, u besonders in der letzten Zeit mitnahm, war die Ueberzeugung, daß er selbst in lichten Augenbliken, seinen Zustand nicht übersah. Diese Bewußtlosigkeit, in der der Arme die meiste Zeit hinbrachte halte ich für ein großes Glük für ihn wie für seine Umgebung. Mein täglicher inniger Wunsch war: baldigste Erlösung, denn von Genelli, den wir gekannt, war nichts mehr vorhanden, weder an Geist noch an Körper. Der Gedanke, daß Sie Ihre vortreffliche Büste den Freunden Genellis zugängig machen wollen ist höchst erfreulich u dankenswerth. Die Sache ist hier eingeleitet u ich zweifele keinen Augenblik daran, daß der Former ein hübsches Geschäft machen wird, vorausgesetzt daß der Preis sich nicht über 5 Rt. steigern wird. Was G. an Zeichnungen hinterläßt, weiß ich nicht, jedenfalls ist eine bedeutende Masse der schönsten u werthvollsten Studien vorhanden, die beim Verkauf seiner Familie ein erklekliches Sümmchen einbringen wird. Der nicht vollendete Carton: Bacchus von Piraten überfallen, dieselben in Delphine verwandelnd, ist ebenso genial als schön u ich habe die Ueberzeugung, daß das Bild unter seinen herrlichsten Leistungen gezählt worden wär. Den Gegenstand so erfinden u bewältigen konnte nur er, kein anderer, wie sie auch heissen mögen. Was ich persönlich an Genelli verloren, wissen Sie. Für heut genug, möge es Ihnen gut gehen. In treuer Anhänglichkeit u Verehrung Ihr Friedrich Preller. Briefe von Friedrich Preller d. Ä. an einen Freund, 1856–1872, Autographen Sammlung, Preller, aus der ehem. Preussischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen Bibliothek, Krakau.
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596 Weimar, um 1868. An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Nachdem wir geschieden, trat mir eine wunderschöne Zeichnung von ihm deutlich vor die Seele. Er* erzählte mir bei Gelegenheit einmal daß er in seiner Jugend oft gewünscht: nach seinem Tode einige Leute zu finden, u mit diesen verbunden weiter zu leben. Diesen Gedanken hat er componirt. Zur Linken sitzen auf Wolken: Karstens, Thorwaldsen, Müller / Teufelsmüller / u etw. tiefer Koch. Diesen gegenüber: sein Onkel sein Vater u er, im Wechselgespräch. Hinter letztern Gruppe St. Lucas, andeutend daß die Versammlung aus Künstlern besteht. ich sah vor kurzem die Zeichnung unter vielen Episoden seines Lebens, u sie ergriff mich tief inerlich. Gestern Nacht wurde ich sie nicht wieder los u sein ganzes Leben beschäftigte mich noch den größten Teil der Nacht, bis ich endlich erst gegen Morgen einschlief. […] * Bonaventura Genelli. Sog. Genelli-Fries im Prellerschen Haus von dieser Erzählung inspiriert. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 89.
597 Weimar, den 6. Dezember 1868. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Weimar 6 Decbr. 1868 Mein theurer lieber Bernhard! Es ist Sontag, ich bin eine Stunde länger im Hause u so soll es mein erstes sein: Dir für Deinen lieben letzten Brief, der uns allen große Freude bereitet, herzlich zu danken. Daß Du uns nun bald besuchen wirst, darauf freut sich jung u alt, u nebenbei denkt die gute Jenny mit einem gewissen Wohlgefühl daran: Dir ihre neue Einrichtung sehen zu lassen. Nun! Was wahr ist, das ist wahr, sagt der Weimaraner. Sie hat alles so eingerichtet, daß es in jedem Eckchen behaglich ist. Luxus findet u fand niemals eine Heimath in meinem Haus, dafür ist ein anderer Geldbeutel nöthig, aber wohnlich u einigermaßen bequem muß ichs haben, wenn ich oft von saurer Arbeit ermüdet, zuhaus komme, u das war bei dieser Einrichtung zu erreichen. Selbst der Winter hat seine Annehmlichkeiten, unter denen die wohlthuende Ruhe u Stille nicht die geringste ist. Möchte Dein Kommen nicht etwa durch Unwohlsein gestört werden! Über die gute Nachricht von Georg* habe ich mich innigst gefreut, obgl. ich mir sagen muß, daß für die Folge schwerlich an Genesung zu denken sein wird. Indes jedes leidliche Befinden während einer Krankheit ist des Dankes werth, u so wollen wir wünschen, daß seine Besserung Bestand haben möge. Genellis trauriges Dahinsigen u Absterben war für mich eine schreckliche qualvolle Zeit, in der ich den Himmel oft gebeten: er möge den Armen erlösen. Von dem Genelli, den wir 546
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gekannt, war geistig u körperlich nichts mehr vorhanden. Ich fand für ihn selbst den größten Trost, daß er nur selten klar war, u so seinen Zustand nicht empfinden u übersehen konnte. Theurer Freund! Was war aus diesem prächtigen Menschen geworden? Wer mag das Rätsel lösen, was Gott über das Dasein des Menschen u seine Bestimmung ausgebreitet hat? Wir stehen eben vor einem undurchdringlichen Vorhang u all unsere Gedanken verwirren sich. Ich bin meinem Schicksal dankbar, einen in jeder Weise herrlichen Menschen von Jugend an nahe gestanden zu haben. Wer Genelli nicht genau gekannt hat, hat ihn eben gar nicht gekannt. Er war in allem, was in u an ihm war, groß edel und das kann man nicht von vielen Menschen sagen. Wie leicht hätte der Großherzog, ohne uns damals an Leute kommen können, die mit Genelli nur zu nennen, schon ein Verbrechen ist. Ob ihn der Großherzog zu schützen wußte? Geliebt hat er ihn, u das ist eigentlich genug, denn seine Kunst ist eine so hohe, daß alle, die mit der Zeit gehen, ihn nicht verstehen können. Mit Wislicens Weggehen ist der Kunstmarkt hier wieder um etwas erweitert worden, das Verdienst der Herrschaften aber um die Kunst schmälert sich mit jedem solchen Ereignis. Auch ich werde den Herrn nicht sehr lange mehr im Wege sein, u dann haben sie ja, was sie wollen. Ich denke Deiner sehr oft bei den Vorträgen unsers Direktors von Zahn.** Er hat viel Redegabe u durchdenkt die Dinge ernst u gut. Er hat sich die Aufgabe gestellt, die Zeit u Entwicklung der Kunst von Mengs bis Karstens deutlich zu machen. Die Vorlesungen sind zahlreich besucht. Über Friedrichs Glück freust Du Dich mit uns, das weiß ich. Sein schöner Auftrag sagt mir wieder, daß doch noch tüchtige Leute unter der Sonne leben. Auch mir wurde wieder ein schöner Auftrag nach Amerika. Ich müßte noch recht lange leben, sollte ich alle Aufträge ausführen, die mir geworden. Wenn ich aber auch abgerufen werde, das Eine weiß ich: ich bin mir durchs ganze Leben treu geblieben, mich hat keine Rücksicht oder Ansicht jemals wankend gemacht, u so will ich weiter leben bis die Scheidestunde kommt. Noch bin ich immer fleißig im Museum, denn wenn die Bilder als fertig gelten, so erscheinen immer wieder neue Dinge in der Decoration, die kein Anderer machen kann. Hoffentlich hast Du Deine Freude, denn seit Du die Arbeit nicht gesehen hast, ist gar vieles geschehen, u jemehr das Ganze vorwärts schreitet, desto mehr sehe ich, daß es ein unicum ist. Hoffentlich sind wir im Stande, die Arbeit im Januar ganz zu vollenden. Für heut zum Schluß, ich will noch nach dem Museum. Alle grüßen Dich herzlich mit Deinem alten Fr. Preller. * Georg V. Ludwig von Arnswald (1811–1869). ** Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker, seit 1868 Direktor des Großherzoglichen Museums in Weimar. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3678.
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598 Abb. 49 Weimar, den 13. Dezember 1868. An Josef Zitek (1832–1909), Architekt, Erbauer des Großherzoglichen Museums in Weimar. Weimar d. 13 Decbr. 1868 Mein lieber Freund! Ihre letzte Nachricht von der aufgefundenen Rolle brachte viel Freude ins Haus u neuen Muth zur Fortsetzung der Arbeit. Das Candelaberchen ist angekommen u entzükt uns alle. Schade, daß wir den schwarzen Grundton nicht benutzen können, da er alleinstehend von der wundervollsten Wirkung ist. Zwischen den Bildern reißt er dieselben auseinander, u die Gruppe der drei zueinander gehörigen vereinzelt sich. Wir haben, wie ich glaube, zu einer guten Ordnung gefunden. Unter den heut angestellten Versuchen ist einer der Ihnen ebenfalls zusagen wird. Das Bild nehmlich, worauf der Candelaber kommt, grau u zwar so tief, wie der Ton, worauf das grec steht, hierauf den Candelaber gelb u die kl. Zweige farbig, die Färbung ist ganz reizend, u da es sehr zart gehalten wird, steht das ganze Ornament als reizendster Schmuck zwischen den Bildern ohne dieselben zu trennen. — Die von mir gezeichneten Figürchen im Fries sehen zierlich aus, u ich denke damit die Umrahmung aufs schönste zu vollenden. Da ich täglich die Morgen in der Gallerie bin, entsteht nichts, was nicht von mir controllirt ist. Das Gold in der Umrahmung war nothwendig u ziert jetzt die Wand, sich vortrefflich an die Decke anschließend. Schicken Sie nur bald den Pilaster u Fries damit Sie den Eindruk der ganzen Wand haben können. Ich denke Sie sollen Ihre Freude daran haben, denn an Mühe u Ausdauer fehlt es keinem von uns, jeder einzelne hat seine Freude daran, je weiter wir vorrücken. Auf die Lösung über den Thüren bin ich sehr begierig. Jemehr ich darüber denke, desto klarer u schöner erscheint mir ein ziemlich großes Medaillon mit plastischer Umrahmung. [Skizze] Doch ich vertraue Ihrem Genius, der ja bisher immer das rechte getroffen hat. Anbei erhalten Sie die Maaße der Predella für die Einrahmung der Köpfe. —Die 4 Götterköpfe sind auch schon gezeichnet u machen sich vortrefflich. Mit den besten Grüßen von allen Ihr Fr. Preller. Ihr letztes Schreiben kam gestern an, als ich meinen Brief eben absenden wollte. Ich schreibe jetzt im Museum, damit Sie nicht lange auf Antwort warten dürfen. Die Lösung der Stirnwände in geraden Linien ist unmöglich, nach allen Ueberlegungen. Der Raum von 3 Zoll über den Thüren ist zu wenig, da er schon in kl. Entfernung überschnitten wird. Die Höhe der Bilder ist zu gering, die Figuren in den Landschaften haben zum th. 14 Zoll, u diese würden auch nicht mehr bekommen, vor allem aber wäre ein Motiv von 14–18 Figuren nöthig u diesen Reichthum giebt die ganze Odyssee nicht her. Die vorhandenen passlichen Motive, die ich Ihnen auch mitgetheilt, haben nur 3 und 1 Figur. Es bleibt nach meiner Ansicht nur der Ausweg mit dem Medaillon u zwar in plastischer Umrahmung, was zu den Pilastern gut passen würde u uns erlaubt eine beliebige Größe anzunehmen. Beide 548
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49. Friedrich Preller d. Ä.: Skizze der Stirnwand des Preller-Saals im Großherzoglichen Museum Weimar im Brief vom 13. Dezember 1868 an Josef Zitek.
Medaillons wären Prolog u Epilog der ganzen Ausführung u dürfen meiner Meinung nach hervorgehoben werden, ja ich glaube sogar, daß diese Abwechselung nicht übel sein dürfte. Dies meine unmaaßgebliche Ansicht in der Sache. Anbei erhalten Sie die Größe der Köpfe u Umgebung in der Predella. Was Sie recht bald schiken, ist herzlich willkommen. Wir arbeiten tapfer u frieren schon jetzt oft wie die Schneider. Mit bestem Gruß Ihr Fr. Pr. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3603.
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599 Weimar, den 25. Dezember 1868. An Ernst Ludwig Hähnel (1811–1891), Bildhauer. Verehrter Freund! Welch harten Schlag das unerbittliche Schiksal für Sie gehabt, erfuhr ich gestern am Christtag, u ich habe mit dieser Kunde das Fest trotz mancher Ursach zum Frohsinn, ernst begonnen. Beim ersten Morgenstrahl drängt es mich mit einem Worte Ihnen, verehrter Freund, die innigste Theilnahme meines ganzen Hauses zu versichern. Ich glaube Ihnen nachfühlen zu können, wie unendlich schwer solcher Verlust zu tragen, u. daß es kein Mittel zur augenbliklichen Linderung der berichtigsten Schmerzen giebt, als den Kampf, in welchem wir nur im Verlauf einer geraumen Zeit Sieger bleiben. Ist diese gekommen, tritt mit der Ruhe der geliebte Verlorene uns wieder nahe, und wir empfinden seine Nähe wie unsern guten Genius. So lebe ich jetzt mit meiner seligen Frau Jahr um Jahr, Tag um Tag weiter, u ich segne jede Stunde, in der ich durch nichts von außen gestört bin. Denken Sie lieber Freund, nun auch an die eigene Erhaltung. Des Leben und die Kunst fordern das von Ihnen. Vielleicht wär eine kleine Reise das geeignete Mittel Ihnen Stärkung u Freude zu bringen, soweit das überhaupt möglich ist. Führte Ihr Weg dann in unsere Nähe, dürften Sie wohl darauf rechnen, einen Ihrer wahrsten Verehrer u. treuesten Freund zu finden. Mit warmen Händedruck Ihr Friedrich Preller. Weimar 25 Decbr 1868. Briefe von Friedrich Preller d. Ä. an einen Freund, 1856–1872, Autographen Sammlung, Preller, aus der ehem. Preussischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen Bibliothek, Krakau.
600 Weimar, den 26. Dezember 1868. An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt und dessen Familie. Weimar 26 Decbr 1868. Guten Morgen Ihr Lieben! Der schönste Festtag des Jahres ist dahin, wo die andern weilen, wir kehren allgemag mit der schönen Erinnerung daran in das Alltagsleben, an die gewohnten Geschäfte zurück, haben das Ein oder Andere liebe verloren, u sind um 1 Jahr älter geworden. Nun! das ist einmal so, u kann nicht nach Gefallen geändert werden, darum nehmen wir’s mit Schmerz oder Ruhe hin, u schauen auf, bis auch dies uns verboten wird. Sobald die Festtage vorüber sein werden, gehe ich wieder an die Arbeit in der Gallerie, denn das Umherirren ohne ernste Arbeit halte ich nicht lange aus u schon jetzt habe ich die Sehnsucht aus dem hübschen Hause in die Schmutzerei der Gallerie. 550
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Für heut adio, Gott behüte Euch alle u denkt gern an Euren Euch treu liebenden Fr. Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
601 Weimar, den 1. Februar 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 1 Febr. 1869. Hochverehrter Herr! Sie erhalten hierbei nach langer Zwischenzeit wieder zwei Zeichnungen der Odyssee, von denen ich hoffe daß sie zu den frühern paßlich sind. Ich werde die noch übrigen Vier jetzt nach der Reihe vollenden, um dann mit Ruhe an die Vignetten gehen zu können. Diese denke ich ganz einfach auf dunkeln Grund herzustellen, in ähnlicher Art, wie die Predellen. Durch Herrn v. Zahn habe ich das Maaß dafür erhalten. Die Zeichnungen werde ich ebenfalls zur Hälfte größer machen, als die Schnitte hergestellt werden müssen. Lassen Sie mir bei Gelegenheit wissen, ob Sie damit einverstanden sind. Mit dem Auftrage Ihnen die meinigen bestens zu empfehlen zeichne ich in Verehrung ganz ergeben Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/136.
602 Weimar, den 6. Februar 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 6 Febr. 1869 Hochverehrter Herr! Durch Unwohlsein verhindert bin ich bis heut meiner Pflicht untreu gewesen, und so empfangen Sie jetzt die verspätete Anzeige, der am 4 d. M. erhaltenen Hundert und Zwanzig Thaler, und meinen besten Dank. Gegenwärtig zeichne ich die Sirenen, die nächste Zeit soll Ihnen wieder zwei Blätter bringen. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/137.
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603 Weimar, Ende Februar 1869. An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt. Mein lieber Emil! Aus dem Atelier kommend, begrüßte mich die erfreuliche Botschaft von Minchen’s glüklicher Entbindung. Nimm auch meine sowie Tante Lottchens beste u herzlichste Glückwünsche. Möge der Himmel sein Gedeihen geben, u das liebe Frauchen vor jedem Unfalle beschützt bleiben. Das wird der Gedanke beim Niederlegen u Aufstehen von uns allen sein, denn ich brauche Dir wohl nicht zu sagen, wie tief uns allen Minchen in’s Herz gewachsen ist. Bring ihr meinen besten Gruß u lege ihr ans Herz, daß sie sich ja recht in Acht nehme. In treuer Liebe Euer Vater Fr. Preller. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
604 Weimar, den 1. März 1869. An Heinrich Dreber (1822–1875), Landschaftsmaler. Hochverehrter Freund! Durch meinen Schüler, Herrn Kanoldt aus Jena möge Sie mein herzlichster Gruß in bester Gesundheit erreichen. – Herr K. denkt auf unbestimmte Zeit in Italien zu verweilen u sein sehnlichster Wunsch ist: Sie verehrten Freund zu sehen, dessen vortreffliches Werk seine ganze Bewunderung u Verehrung hat. Sie würden ihn u mich sehr verpflichten, sollten Sie ihm bei Gelegenheit Ihren Rath nicht entziehen. Vor Zudringlichkeit sind Sie sicher gestellt, u sein Streben wird Ihnen zusagen. Da er einige Jahre mit uns gewohnt, kann er Ihnen über Friedrich u mich alle Nachricht geben. Daß Friedrich in Dresden einen schönen Auftrag hat u einige Jahre beschäftigt, hat er Ihnen vielleicht schon selbst mitgetheilt.* Seine Sehnsucht nach Rom theile ich mit ihm, doch mag Gott wissen wie früh oder spät wir an die Ausführung unsers schönsten Planes denken können. — Kommende Osterzeit denke ich mit meiner großen Arbeit endlich fertig zu werden, u damit bin ich eine Last los, die mich hart gedrückt hat.** Der abnorme Sommer u Winter haben meiner Gesundheit wenig gute Tage gebracht, doch hoffe ich dies Jahr auf bessere. Ist Herr Gerhardt noch mit Ihnen, so vergessen Sie meinen Gruß nicht, u erhalten mir die Freundschaft wie bisher. Unverändert Ihr Friedr. Preller. Weimar 1 März 1869.
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* Im Verzeichnis der Arbeiten Friedrich Prellers d. J. bei Max Jordan: Friedrich Preller der Jüngere, München u. Kaufbeuren 1904, sind für den Zeitraum von 1868 bis 1871 in Dresden nur vier Wandgemälde zur griechischen Mythologie für John Meyer angegeben. (S. 297). ** Im Frühjahr 1869 konnte Preller seine Arbeiten an den Odyssee-Landschaften im neu errichteten Großherzoglichen Museum beenden. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass 251, Heinrich Dreber.
605 Weimar, den 9. März 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Sie erhalten anbei die vier letzten Zeichnungen der Odyssee an denen ich ohne Unterbrechung gearbeitet. Der Unterschied von der Mauer auf das kleine Blatt Papier war mir zuerst recht unbequem, doch hoffe und wünsche ich, daß man es den Zeichnungen nicht anmerkt. Das nächste wär nun daß ich mich mit Herrn v. Zahn* über den Platz für die Vignetten verständige und genau bespreche, wozu, wie er sagt, ein Exemplar des Homer nöthig wär, um dessen baldigste Uebersendung wir beide ergebenst bitten. Es würde mir jetzt paßlich sein, ohne große Unterbrechung auch diese Arbeit vorzunehmen. Mit dem besten Gruße meines ganzen Hauses Ihr ergebenster Friedrich Preller. Weimar 9 März 1869. * Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker, seit 1868 Direktor des Großherzoglichen Museums in Weimar. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/138.
606 Weimar, den 16. März 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 16 März 1869. Hochverehrter Herr! Mit bestem Dank zeige ich Ihnen den Empfang der zwei Hundert u Vierzig Thaler für die vier letzten Zeichnungen zur Homer’s Odyssee an. Die Vignetten in den nächsten Tagen beginnen zu können macht mir große Freude. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/139.
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607 Weimar, den 24. März 1869. An Ernst Ludwig Hähnel (1811–1891), Bildhauer.
Abb. 50
Weimar 24 März 1869. Verehrter Freund! Nach vielen traurig durchlebten Tagen, nach dem Abscheiden unsers gemeinschaftlichen Freundes, des herlichen Genelli, wurde mir die Erfüllung des sehnlichsten Wunsches: sein Bild besitzen zu können, durch Ihre Güte u. von Ihrer Hand. Wie soll ich Ihnen die Freude beschreiben, wie Ihnen danken? Sie wissen, wie ich dem einzigen Menschen seit beinah 40 Jahren in Verehrung u Freundschaft nahe gestanden, Sie wissen, wie wenige, was die Kunst, was seine Freunde verloren, wie ich in Mitte von vielen Künstlern nun doch eigentlich allein stehe, u. werden somit begreifen, wie viel ich Ihnen danke. Ich danke Ihnen aber auch im Namen vieler von Genelli’s Freunden u. Verehrern, denen Sie durch Ihre herrliche Arbeit eine lebendige Erinnerung an den Geschiedenen geschenkt. Die lebensvolle Büste ist mein schönster Besitz u hat in meinem neuen Häuschen den Ehrenplatz erhalten, ich sehe sie stündlich u. werde Ihnen dafür den wärmsten Dank erhalten, so lange ich lebe. In wenigen Tagen vollende ich die Homerische Gallerie, u nichts würde mir erwünschter sein, als Ihr Urtheil. Möchten Ihre Wege doch bald einmal das kleine Weimar passiren lassen! Ich wiederhole noch einmal die Versicherung meines innigsten Dankes u bin in treuer Anhänglichkeit u Verehrung Ihr Friedrich Preller. Briefe von Friedrich Preller d. Ä. an einen Freund, 1856–1872, Autographen Sammlung, Preller, aus der ehem. Preussischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen Bibliothek, Krakau.
608 Weimar, den 30. März 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Sie erhalten anbei die drei ersten Zeichnungen der Vignetten. Nach Herrn von Zahn’s* u. meiner Ansicht dürfte die Art der Zeichnung im Zusammensein mit der Schrift die rechte sein. Der Holzschneider hat nun die Aufgabe die paßliche Stärke des Striches zu finden, u die ganze Sache womöglich mit Eleganz auszuführen. Ein Probedruck des ersten Blattes wär mir sehr erwünscht. Herr v. Zahn sprach beiläufig von einer Verkleinerung biblischer Blätter nach Führich, welche in der Ausführung als Muster gelten könnten. Mir sind sie nicht bekannt, doch wär es rathsam diese dem Schneider zu empfehlen. Schließlich habe ich die Bitte: mir recht bald Nachricht zu geben, ob Ihnen die Blätchen zusagen. 554
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50. Ernst Ludwig Hähnel: Bonaventura Genelli, Portraitbüste, 1837.
Mit bestem Gruß, ergebenster Friedrich Preller. Weimar 30 März 1869. * Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker, seit 1868 Direktor des Großherzoglichen Museums in Weimar. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/140.
609 Weimar, den 29. April 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar d. 29 April 1869 Verehrtester Herr! Anbei erhalten Sie 7 Zeichnungen die hoffentlich Ihren Beifall haben. Herr Dir. v. Zahn* hat noch 2 fertige, fügt aber noch eine kl. Verzierung hinzu, u findet im Augenblik dafür 555
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keine Zeit, da das Museum seine ganze Thätigkeit fordert. Bei nächster Sendung erhalten Sie dieselben mit. Die Arbeit macht mir große Freude u wird wohl nicht mehr unterbrochen. Mich u die meinigen bestens empfehlend Fr. Preller. * Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker, seit 1868 Direktor des Großherzoglichen Museums in Weimar. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/141.
610 Weimar, im Mai 1859. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Verehrtes liebes Fräulein! Ich danke Ihnen u Ihrer lieben Frau Mutter von ganzem Herzen für die guten Wünsche, wie überhaupt für das Gedenken meines Geburtstages, an dem mein Wohlbefinden ausnahmsweise das ganze Haus froh stimmen konnte. Durchschnittlich war es ja anders u der Tag ist oft in Tränen zu den vorherigen gegangen. Sein Sie beide mir nicht ungehalten über meine späte Erwiederung, ist es doch, als hätte sich alles gegen mich verschworen u nähme mir jede Stunde durch Arbeiten, die nicht verschoben werden können. Desto öfter, ja ich kann sagen: jede Stunde habe ich Ihrer gedacht, wenn auch zuweilen mit einer Beimischung von Unruhe, denn in Ihrem Andenken möchte ich am wenigsten lästig od. gleichgültig gelten. Zwischendurch bin ich auch viel leidend gewesen. Doch genug der Entschuldigungen! Mir ist es oft, als hörte ich Sie mit Ihrer lieben Stimme die Worte sprechen: das braucht es ja alles nicht, ich kenne ihn ausreichend, u weiß, daß er unsrer gedenkt. — Nach Carlsbad gehen wir diesen Sommer nicht, meine Frau wie ich, wollen, wenn es nöthig wird, einmal hier trinken, u dann vielleicht eine kurze Zeit nach Eisenach u Ilmenau gehen. Sollten wir davon verhindert werden, so ist es wahrhaftig in unserm hübschen Besitz aufzuhalten. Das Haus ist so bequem u anmuthig, daß wir kaum noch etwas mehr wünschen, im Frühjahr um uns her so herrlich geschmückt, daß man jede Stunde Gott dankt, athmen zu können. Mehr als Karlsbad hat mich der Gedanke an Italien für ein paar Monate gequält, doch muß ich den aufgeben, weil eingegangene Verpflichtungen mich an die Arbeit schmieden. Die Gallerie ist endlich, bis auf die noch nicht fertigen Möbles u den Fußboden vollendet, u Sie werden begreifen: welche schwere Last mir damit von den Schultern genommen ist. Wär ich nicht mit aller Liebe u Ausdauer an der Arbeit gewesen, könnte ich schon lange abgeschlossen haben, doch einen solchen Auftrag leichtfertig behandeln, würde ich mir selbst nie verziehen haben, u so ist der letzte Stich in dem Bewußtsein gemacht: daß ich das gehalten, was ich verantworten kann. Was die Welt jetzt u später damit anfängt, quält mich keine Minute, denn wer mir nachempfinden kann, wird fühlen, daß ein ganzer Mensch geistig dasteht. Was mir der Himmel beschieden, hat eine sichtbare Form gefunden. Mehr als sein bestes kann der Künstler nicht bringen u somit übergiebt er der Nachwelt eine lebendige eigene Lebensbeschreibung, denn das, was sie nicht erzählt, ist 556
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doch meist nur Qual, Noth u Unzufriedenheit mit sich selbst. Das kann begraben werden, denn es bringt Niemand Nutzen, oder Erbauung. — Bei dem warmen Interesse, was Sie liebes Fräulein an mir u meinem Leben nehmen, ist es mir eine gewisse Pflicht, auch das zu erwähnen, was die nächste Zeit von mir fordert. Daß im Jahre 1870 eine Prachtausgabe der Odyssee erscheint, habe ich Ihnen schon mitgetheilt. Diese Ausgabe braucht jetzt jede Stunde meines oft mangelhaften Lebens, (denn dauerhafte Gesundheit ist nicht mein Erbtheil). Da die 24 Vignetten ebenfalls wie die landschaftl. Sachen, in Satz geschnitten werden müssen, vergeht wohl eine lange Zeit, bevor diese mechanische aber mühevolle Zeit zurükgelegt ist. Die meisten Gegenstände sind neu erfunden, oder die, welche ich aus den Predellen benutzen muß, so für den neuen Raum hergestellt, daß sie eigentlich auch als neu gelten können. Durch den geistigen Theil dieser Arbeit bleibe ich frisch u die Sache wird lebendig. Die Hälfte der anmuthigen Scenen ist fertig, u. so bleibt mit nur noch die Retouche der Farbenscizzen, die dann in den Besitz des Herrn v. Eichel* in Eisenach übergehen. Uebersehe ich jetzt alles, was die Sache gefordert, ehe sie zur Erscheinung in der Gallerie kommen konnte, so muß ich mir selbst gestehen, daß die Arbeit, die ich ohne jede Hülfe durchsetzen mußte, eine riesige war. Daß ich oft, wenn mich Kränklichkeit unterbrach, der Gedanke nicht los wurde: ich vollende das Werk mit aller Mühe u Anstrengung doch nicht, werden Sie liebe Freundin wohl begreiflich finden. In jener Zeit sah ich den körperlich wie geistig riesenhaft gutgestalteten Genelli hinwelken u begleitete den ältesten Freund endlich zu Grabe. Was ich an diesem edlen Menschen, der fast 40 Jahre mit mir nach denselben Zielen gestrebt, verloren habe, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Jetzt stehe ich mit meiner Kunst hier wieder ganz isolirt, doch kommen mir täglich neue Beweise von Anerkennung u Auszeichnung, die freilich meinen Schmerz um den Geschiedenen nicht mildern können. Sein letzter nicht ganz vollendeter Carton, den er für Herrn v. Schack in München ausführen wollte, gehört wohl zu den geistreichsten Erscheinungen in der Kunst unserer u vorhergehender Zeit. War es doch, als sollte sich seine ganze Kunst noch einmal concentrieren u das Herrlichste vollbringen. Diese Arbeit besitzt jetzt das Museum, u sie beglükt mich im Schauen fast täglich. O!, wär mir doch noch einmal vergönnt: Sie mit Ihrer Frau Mutter durch die Räume zu führen, die den 24 Juni eingeweiht werden sollen–. Doch die nächste Zeit schreibt Ihnen ganz andere Wege vor, fordert vielleicht gerade das, was uns einander nie wieder begegnen läßt. Gebe der Himmel Ihnen alles, was Sie erstreben, u beglücken kann. Ihre Liebe zur Kunst, wird Ihnen bei Ihrem öfteren Alleinsein stets Trost u Freude schaffen wo vieles andere unzureichend ist. Ist es zuviel, wenn ich Sie bitte: mir den Tag Ihrer Trauung wissen zu lassen? – Ich will ihn im Geiste feiern, Ihnen nahe sein. Gott mag wissen, ob wir uns, u wo im Leben einmal wieder sehen! – Die Tage u Stunden, da wir uns nah waren, werde ich nie vergessen, sie gehören zu den schönsten meines Lebens. – Grüßen Sie Ihren Bräutigam von mir herzlich u sagen ihm, daß meine Wünsche dahin gehen: Sie zu beglücken u sein eigen Glück zu finden. — Ich grüße Sie tausendfach aufs innigste u bin für alle Zeit in liebevoller Verehrung Ihr ergebenster Fr. Preller. * Julius von Eichel-Streiber (1820–1905), Textilfabrikant in Eisenach und Mäzen Prellers. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
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611 Weimar, den 1. Mai 1869. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Dass Sie, liebe Frau, wieder mit eigner Arbeit und Stundengeben den Menschen nützen und sie erfreuen, habe ich erwartet, denn Ihre Natur ist, wie die meinige, nicht zum ruhigen Zusehen geschaffen; und wahrlich, das ist nicht das Schlechteste an uns beiden, mögen die Menschen daraus machen, was sie wollen. Die Hauptsache ist immer, dass wir uns selbst bis zu einem gewissen Grad damit genügen. Auf viel Anderes bin ich durch’s ganze Leben nicht gekommen, und damit auch zufrieden. Die Wenigen, denen wir mit unsrem Arbeiten und Streben wirklich Freude machen, sind viel mehr werth, als das ganze wetterwendische Publikum, welches Geschmack und Ansichten wechselt, wie das Chameleon seine Farbe. Nur eigne Überzeugung und Ansicht von einer Sache ist im Stande uns vorwärts zu schieben. Gewisse Dinge muss man der Masse aufzwingen, so sehr sie sich auch dagegen sträubt. Diese Erfahrung habe ich ganz besonders in den letzten zehn Jahren an meiner Arbeit gemacht. […] Da ich weiss, wie viel Theil Sie an meinem Leben und Schaffen nehmen, will ich Ihnen aus letzter Zeit manches berichten. Seit etwa vierzehn Tagen habe ich mit den Dekorationsmalern die Galerie verlassen. Das noch Fehlende, wie Möbeln, Vorhänge zum Absperren des bösen Reflexes, u. s. w. ist nicht in meinem Auftrage. Jetzt wird der Fussboden hergestellt, und v. Zahn richtet ein, was wir haben, dass am Geburtstage des Grossherzogs das Museum übergeben werden kann. Der schönste Schatz besteht aus Zeichnungen, und damit hat Zahn* einen Saal dekorirt, der seinesgleichen nicht findet. Dort hängen siebenundzwanzig Carstens, die kleinen Originalzeichnungen zum Campo Santo von Cornelius, die sieben Raben von Schwind, der letzte Carton von Genelli (das Geistreichste, was er je gemacht) und die Preiszeichnung von Wislicenus. Wie gefällt Ihnen das? Dass wir von Bildern wenig, und nichts erster Klasse besitzen, wissen Sie, dagegen ist eine hübsche Zahl Abgüsse der bedeutendsten plastischen Werke angekauft worden, und darauf freue ich mich ganz besonders, denn Sie kennen ja meine Liebe zur Plastik. Von meiner Galerie weiss ich nur zu sagen, dass ich sie bis zum letzten Strich mit grosser Liebe durchgebildet habe, und dass sie schwerlich bis jetzt eine andre zur Seite hat, weil es nie jemand versuchte, einen landschaftlichen Cyklus aufzustellen. Ich habe damit einen Weg angebahnt, auf dem nach mir Kommende bequem marschiren mögen. […] Daneben habe ich die noch fehlenden sechs Zeichnungen zum Holzschnitt gemacht, und jetzt bin ich damit beschäftigt, vierundzwanzig Vignetten für die Prachtausgabe des Homer zu zeichnen, wovon zwölf bereits vollendet sind. Diese Arbeit macht mir viel Freude, da die ersten zwölf alle neu erfunden sind. Ist diese Arbeit fertig, dann retouchire ich die Skizzen, und zwar nach den ausgeführten Bildern, und damit schliesse ich die ganze Sache ab, denn die aus dem Cyklus mir aufgetragnen Bilder (in Öl) zu malen, bin ich jetzt nicht im Stande. […] Überblicke ich jetzt die ganze Arbeit mit all ihren Vorbereitungen und Studien, so muss ich wohl staunen, dass ich sie vollbracht. Mehrmals und zwar inmitten der Arbeit, ist mir der Gedanke gekommen, ich werde doch nicht fertig damit, aber die Freude daran habe ich keinen Augenblick verloren, und Gott hat mir die Kraft bis zuletzt nicht ausgehen lassen. Wie grosse 558
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Freude es mir sein würde, Sie, liebe Freundin, einmal selbst an der Arbeit vorüber führen zu können, glauben Sie mir ohne Versicherung. Waren Sie es nicht die mich zuerst überredete, die kleinen Cartons auszustellen? Dass ich, obwohl ungern, Ihnen doch folgte, war der Grund der weiteren Ausbildung und die erste Ursache für den Auftrag hier! Denn, dass sie die Anerkennung der Besten fanden, gab mir den Muth, sie nach München zu schicken, wo sie vollständig durchschlugen. Was und wie viel liegt zwischen jenen Tagen und heut! Wie oft muss ich an Marie denken, die so unendliche Freude an der Sache hatte, die jede Vorbereitung in Italien mit durchlebte, und starb, ehe sie das Werk erstehen sah! Zuweilen habe ich das Gefühl gehabt, als umschwebe während der stillen Arbeit mich ihr Geist unablässig. Und wurde ich missmuthig, was durch mancherlei Ärger dann und wann der Fall war, so sagte ich mir immer, dass es Pflicht sei, der seligen lieben Marie ein sichtbares Monument zu setzen. Nun, jetzt steht die Arbeit da, und wenn ich nicht zufrieden damit bin, so hat es nicht an Ausdauer und hingebender Liebe gefehlt, sondern an meinen Talenten gelegen! […] Die Zeichnungen der Predellen hat das Museum in Leipzig angekauft, was mir grosse Freude macht; die kleinen Cartons, die Börner in Leipzig besitzt, werden wohl nach Hamburg kommen. Ehe mir nicht Alles aus den Augen ist, habe ich keine Aussicht auf Ruhe und Lust zu neuer Arbeit. […] Im neuen Hause ist es wahrhaft paradiesisch bei dem schönen Frühlingswetter. Jenny waltet und belebt Alles, wie eine kleine Fee! Sie hat wieder Freude am Leben, und der alte Humor ist vollständig zurückgekehrt. Sie können wohl denken, dass auch ich wieder auflebe. […] * Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker, seit 1868 Direktor des Großherzoglichen Museums in Weimar. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 317–320.
612 Weimar, den 26. Mai 1869. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Verehrtes liebes Fräulein! In meinem letzten Briefe bat ich Sie, mir den Tag Ihrer Verheirathung wissen zu lassen, u. das lastet mir jetzt auf dem Herzen, weil ich hätte bedenken können, daß in solcher Zeit Ihr Thun u. Denken auf andere Plätze nöthiger u. besser verbraucht werden muß, als beim briefschreiben. Verzeihen Sie meine augenblikliche Zumuthung, der einzige Grund dafür war: Ihnen an dem Tage, der in Ihrer Zukunft von großer Bedeutung ist, geistig nahe sein zu können. Doch! Ich denke Ihrer ja jeden Tag u. so würde ich am Trautage auch nicht sehr fern stehen. — Immer habe ich gewünscht Ihnen ein kleines Andenken von meiner Hand an die schönen Tage unseres Zusammenseins verehren zu können, und nie bis heut dafür die Zeit finden können, was die Meinung derer wiederlegt, die da glauben, daß wir Künstler unsere ganze Zeit nur für uns haben. Hätte ich vier Hände u zwei Köpfe, ich würde den Herausgeber der Pracht Odyssee schwerlich auch damit befriedigen, u. da ich nur die Hälfte zur Verfügung 559
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habe, so werde ich dermaßen gehetzt, daß ich oft glaube: mir fehlt auch dieser Kopf. Ich fürchte fast, daß ein aufmerksamer Beschauer meinen gehetzten Genius auf den ersten Blik entdecken wird, u das thut mir für das Werk wahrhaft leid. Sollten Sie liebes Fräulein jemals einen Blick darauf thun so beurtheilen Sie die Arbeit mit Ihre mir so oft bewiesenen Nachsicht. — Sie wissen u kennen meine Verehrung für den göttlichen Raffael. Beiliegende heilg. Cecilie, ist ein Werk vor dem ich manche Stunde in ernster Andacht gestanden. Als Schutzpatronin höherer Musik ist sie jeder höhern Kunst geneigt u so möge sie auch Ihnen die reine Liebe für das beste u höchste in den Künsten heut u immer erhalten u vermehren. Das Blatt war mir immer ein Kleinod u. mit Freuden lege ich es in Ihre lieben Hände in der Zuversicht, daß Sie es lieben, wie ich es geliebt. Vielleicht beglücken Sie schon heut als Frau Ihren Gemahl, u dann bringen Sie ihm meinen besten treu gemeinten Glückwunsch. Daß ich ihn gesehen, ist mir eine Freude u Beruhigung, denn ich habe den Glauben, daß Sie in seinem Schutz geborgen u. glüklich sein werden. Die meinigen alle verbinden mit meinen besten Wünschen für Sie die ihrigen u grüßen von ganzem Herzen. In liebevoller Verehrung Ihnen ganz ergeben Friedrich Preller. Weimar 26 Mai 1869. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
613 Weimar, den 10. Juni 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 10 Juni 69. Verehrtester Herr! Die Zeichnungen zur Odyssee sind nun alle vollendet, und eine große Freude würde es mir sein, entsprächen dieselben Ihrer Erwartung. Ich bin bis zum letzten Augenblik mit Frische u. Lust an der Aufgabe gewesen, weil sie keine Wiederholung war, die meisten Gegenstände neu erfunden werden mussten. Sie erhalten hiermit 8 Stück. 6 kleinere Compositionen, welche zu Seiten ein Ornament brauchen, hat Herr v. Zahn u Sie erhalten dieselben nach Uebergabe des Museums, da die kurze Frist bis dahin, ihm keine Ueberarbeit erlaubt. Mein Wunsch geht nun dahin: die Blätter möchten mit mehr Wärme geschnitten werden, als der Probeschnitt des Herrn Brendamour, denn dieser ist zwar geschikt, aber frostig. Mit bestem Gruß Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/142.
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614 Weimar, den 30. Juni 1869. Begleitschreiben Prellers an die Königliche Akademie der Künste zu Berlin mit einem umfangreichen eigenhändig verfassten Lebenslauf* aus Anlass seiner Ernennung zum Mitglied der Akademie. Die mich hochehrende Zuschrift der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin habe ich erhalten, und erst heut nach Beseitigung so mancher nicht abzuweisender Arbeit zur Eröffnung unsers neuen Museums ist es mir vergönnt meinen Dank und den Wunsch auszusprechen: der hohen Ehre in der Reihe der ausgezeichnetsten Männer ein würdiges Glied zu sein. Jetzt soll es mein erstes sein, die kleinen Vorfälle und Ereignisse meines Künstlerlebens aufzuzeichnen, um dieselben sogleich nach Beendigung der Königlichen Akademie übersenden zu können. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Prof. Weimar 30 Juni 1869. * Die Biographischen Notizen aus meinem Leben umfassen 37 Seiten. Ihr Inhalt hat in der Biographie von Otto Roquette, Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main, 1883 Eingang gefunden. Akademie der Künste, Berlin, Archiv PrAdK 938.
615 Weimar, den 8. August 1869. An Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872), Maler. Hochverehrter Herr u Freund! Durch meinen Sohn Friedrich haben Sie mir eine so überraschende Freude bereitet, daß ich in Wahrheit nicht weiß, wie ich Ihnen dafür danken soll. Ich sprach früher, da Sie Franz Horny gekannt u. gezeichnet hatten, einmal die Bitte gegen Sie aus: von diesem Portrait, durch Friedrich, mir eine Bause machen zu lassen, was Sie auch gütigst zusagten, u. jetzt setzen Sie mich in den Besitz einer mit der größten Liebe vollendeten unvergleichlichen Zeichnung. Ich wiederhole es, wie soll, wie kann ich Ihnen für solche Güte danken? Die Zeichnung gehört in die Zahl meiner besten Schätze, u. wird es fürs Leben bleiben. Nach meinem Tode soll dieselbe, mit einer Parthie Zeichnungen von Horny, die ich in einer Reihe von Jahren gesammelt, dem hiesigen Museum einverleibt, u. damit dem zu früh dahin gegangenen ein Denkmal gesetzt werden. Weimar soll seinen strebsamen Sohn nicht vergessen, u. da sein Bild an der Spitze der eigenen Arbeiten u. von Ihrer Hand, steht, erhält das Ganze eine Weise, die es ohne Ihr Hinzuthun entbehrt hätte. Eine unbesiegbare Sehnsucht treibt mich in der nächsten Zeit noch einmal nach Italien. Daß das Unternehmen in Begleitung meines Friedrich, mich aufs höchste beglükt, können Sie mir gewiß nachfühlen. Vor allem bitte ich den Himmel, er möge mir Gesundheit schenken, damit ich des hohen Glückes mir bewußt bleibe. 561
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Empfangen Sie, hochverehrter Freund noch einmal meinen tiefinnigsten Dank und empfehlen mich Ihrer verehrten Familie. In wahrster Verehrung u treuen Anhänglichkeit Ihr Friedrich Preller. Weimar 8. Aug. 1869. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.n,Inv.15,Bd.30,Bl.145–146.
616 Weimar, den 21. August 1869. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Grüß Gott mein lieber alter Freund! Hoffentlich bist Du von Deiner Badereise u mit neuen Kräften zurück, dies wenigstens mein bester Wunsch für Dich. In der Zeit Deiner Abwesenheit hat sich in Beziehung auf mich mancherlei zugetragen. Dir vielerlei Festlichkeiten will ich Dir nicht vorerzählen, Du wirst ohnehin davon gehört haben. Die Übergabe des Museums war feierlich, der Gr–g* hat vortrefflich gesprochen, so auch Richling u von Zahn. In meiner Gallerie haben die Herrschaften mir viel Schmeichelhaftes gesagt, u ihre Zufriedenheit hat mir große Freude gemacht. Die Kunstschule hat sich am Festmahl betheiligt, K–th** hat einen elenden Toast gebracht, aber keiner weder Groß noch Klein hat mir je ein Wort der Anerkennung oder des Tadels gesagt, sie schweigen alle, als wärs bei Zuchthausstrafe verboten, ein Wort laut werden zu lassen. Alle Welt macht sich darüber lustig, ich habe auch meine Freude dran. Basta. Daß von Eichel Friedrich einen schönen Auftrag gegeben, wirst Du wohl wissen. Er, u ebenso ich, haben große Freude. Damit ist eine Reise nach Italien in Verbindung. Was sagst Du, daß ich mich entschlossen, mit zu gehen? Am Ende des Monats August gehe ich mit Finanzrath Herwart nach München, dort treffen wir Friedrich u Hummel, der nach [?]. will, und wir 4 gehen über Insbruck ins gelobte Land der Kunst u Künstler, u zwar direkt nach Neapel. Vorläufig haben wir 2 Monate für die Reise festgelegt. Den Monat Oktober wollen wir in Rom zubringen. Meine gute Jenny geht mit den Kindern am selben Tage nach Schlesien zu ihrer Mutter u Schwester, mit nach Italien zu gehen, glaubt sie noch nicht kräftig genug zu sein, u ich will ihr nicht zureden um keine Verantwortung auf mich zu nehmen. Hoffentlich kehre ich recht frisch zurück u dann soll etwas Neues vorgenommen werden. Jetzt retouchire ich die Scizze für Eichel u bin damit schon über die Hälfte fertig. In diesem Zustande kann ich sie mit guten Gewissen aus den Händen geben. Sie waren doch sehr unscheinbar durch den Gebrauch geworden. Mit Vollendung dieser Arbeit habe ich die ganze schwere Last endlich von mir losgelöst. Du weißt am besten, daß diese Aufgabe für Einen Menschen wahrhaftig schwer genug war. Für Dürr ist alles vollendet u ich denke die 562
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Herausgabe der Odyssee soll eine gute Erscheinung werden. Ähnliches existirt noch nicht. Jetzt zum Schluß. Grüße mir alle die lieben Deinigen von ganzem Herzen, schone Deine Gesundheit, damit mir die Freude auch in der Ferne bleibe, Dich frisch u heiter wieder zu finden. Ich möchte gern mit Dir noch ein paar Jahre auf glattem Wege laufen. Behüte Dich Gott in allem, was Du unternimmst. Von ganzem Herzen treu Dein Fr. Preller d. 21 Aug. 69 * Großherzog. ** Stanislaus von Kalkreuth (1820–1894), Maler, seit 1860 Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule in Weimar. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3679.
617 Weimar, den 24. August 1869. An Dolly Schöler (geb. 1835), Tochter der Luise Schöler, geb. Bartholomäi und des Georg Schöler. Herzliche liebe Freundin! Ich habe nur noch wenige mit allerlei Reiseunbequemlichkeiten zerstückelten u zerrissenen Tage, bevor ich das liebe bequeme Haus verlasse um mich abermals ins gelobte Land der Kunst führen zu lassen. Ich will eine günstige Stunde mir nicht mehr entgehen lassen und fürs erste Ihnen herzlichst danken für das Mützchen was mich wie man sagt, zum completen alten Türken stempelt. Damit sehe ich einmal wieder: Kleider machen Leute, u damit diese Erscheinung von einiger Dauer sein kann, soll mich das liebe Andenken auf meiner italienischen Reise überall begleiten. Der gütigst erlaubte Kuß ist von der Hand abgegeben worden, doch habe ich mir gelobt, ihn bei erster Gelegenheit dort, mit od. ohne Erlaubnis zu wiederholen, wohin er so eigentlich gehört. Das Ihnen gegebene, nicht erfüllte Versprechen einer Zeichnung des Hauses drückt mich mehr, als Sie wohl glauben u da ich jetzt Gelegenheit habe, eine Bitte auszusprechen, so soll sie auch benutzt werden. Die Bitte ist um Erlassung dieser Schuld, ich verschreibe Ihnen dafür ganz eine andere, die Ihnen auch genehm sein wird. Bestimmen Sie ohne Zurükhaltung: wessen Portrait ich Ihnen zeichnen soll, ich thu es mit wahrer Lust u weiß daß ich’s besser vollbringe, als eine Sache, die nur aus geraden Linien besteht und bestehen muß. Welche Freude das Hiersein Ihrer lieben Schwester überall gewährt, werden Sie wohl schon vielfach durch die Ihrigen erfahren haben. Mit wahrer Sehnsucht erwarten alle Freunde die Zeit, welche die ganze Familie Schöler hier wieder vereinigen wird. Gott gebe daß diese Zeit nicht zu weit verschoben werde u wir alle uns froh u frisch wieder begrüßen können! — Unsere Reise nach Rom u Neapel, sehe ich, trotz der Trennung, von so vielen nur Lieben, vor allem von meiner nun wieder gesunden Frau, doch freudig entgegen, denn ich fühle 563
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daß sie für neues zu vollbringende, mich frisch u heiter anregen wird. Meine letzte Arbeit war zu umfassend, u zuletzt fast ermüdend, da ich verurtheilt war, auch unthergeordnete Arbeiten ohne Hülfe zu vollbringen. Nun ist es vollbracht u hoffentlich hat die Welt mehr Freude daran als ich selbst, der ich weit hinter dem Ziele zurükgeblieben, welches ich mir gestellt hatte. Geht es andern auch so? Ich glaube jeder strebsame ernste Mensch hat doch dasselbe Gefühl, u damit werde ich mich zuletzt beruhigen müssen. Und nun, verehrte liebe Freundin, leben Sie wohl. Gott schenke Ihnen nur die nöthige Kraft und Gesundheit, die Ihr schwerer Beruf verlangt. Durch meine Frau hoffe ich dann u wann von Ihnen zu hören. In treuster Verehrung und Anhänglichkeit Ihr Friedrich Preller. Weimar 24 Aug. 1869. Jena, THULB, Handschriften, Brandis 816. Abgedruckt in: Allgemeine Thüringische Landes Zeitung, Sept. 1930, S. 5–6.
618 Rom, den 16. September 1869. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Rom 16 Septbr. 1869 Mein alter lieber Freund! Durch Herrn Mohn, Landschaftsmaler u Königl. Pensionair aus Dresden, sollst Du von uns wieder einen Gruß erhalten. Seine Rückreise über Eisenach u Weimar giebt Gelegenheit über uns hören zu lassen, denn wir haben stets mit Herrn M. gespeist und sind sonst öfters mit ihm gewesen, besonders Friedrich.* Vor meiner Abreise aus Weimar hab ich Dir geschrieben, wußte aber nicht, ob der Brief Dich schon in Eisenach treffen würde. Seitdem habe ich Deiner viel gedacht u stets gewünscht: Du möchtest mit mir sein können. Venedig Florenz Rom u Neapel wieder zu sehen, gehört zu den größten u glücklichsten Ereignissen für den, der einen Tiefblick in geistiges Kunstleben thun kann. Du wirst Dir leicht denken können, in welchem Stadium der Freude u des Glücks wir hier leben. In Rom verändert sich nach u nach viel, besonders im Volke u in der äußern Erscheinung der Zustände. Wie vortheilhaft erscheint das Königreich Italien!! — Wohlstand, geregelte Zustände, Frische im Volk Lust u Heiterkeit überall, hier von allem das Gegentheil. Gott erhalte Rom seine Kunstwerke, sonst muß es bald verhungern! Morgen d. 17 Septbr. wollen wir unsere Reise nach Neapel antreten, u darauf freue ich mich sehr, da ich durch die Eisenbahn einen neuen schönen Weg kennen lerne. Mit Ende Octbr. bin ich zurük, u dann werde ich Dir mancherlei Neues erzählen. 564
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Grüß alle die Deinigen herzlich u sei tausendfach gegrüßt von Deinem treuen Friedrich Preller. * Victor Paul Mohn (1842–1911) verließ am 17. September 1869 Rom und traf einen Monat später wohl auf der Wartburg ein. In Weimar stattete er Jenny Preller, geb. Ventzky (1834–1906) einen Besuch ab. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3680.
619 Weimar, den 10. November 1869. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Weimar 10 Novbr. 1869 Verehrte liebe Frau! Wenn ich auf Ihren von Düsseldorf ganz unerwarteten Brief erst heut einen Antwortversuch mache, so schreiben Sie das nur einem Unwohlsein zu, was mich mehr als 4* Wochen im Hause hielt, u von dem ich mich jetzt allmälig erhole. Der schroffe Unterschied des Climas hatte mir einen sehr schlimmen Hals zugezogen, u der Zustand war eine zeitlang so schmerzhaft, daß ich mich zuweilen wieder in das Land der Kunst zurüksehnte. Jetzt bin ich wieder an ernstere Arbeit gegangen, obgl. ich in guten Stunden auch im Hause nicht müßig war. Es entstanden 3 größere sehr ausführliche Zeichnungen, die alle schon in andern Besitz übergegangen sind. In Italien ist auch vielerlei zu Papiere gekommen, obgl. ich mit dem Vorsatz abreiste: nur die höchsten Kunstwerke wieder zu sehen. Da ich wenigstens aber, nicht ganze Tage sehen kann, u die Natur so überaus herrlich ist, konnte ich gegen meinen Grundsatz, doch nicht wiederstehen. — Ich freue mich von Ihnen selbst zu hören, daß Sie in Düsseldorf sich ganz befriedigt u glücklich fühlen, ich würde es andern, als Ihnen selbst nicht geglaubt haben. Sie kennen meine Ansichten u Forderungen von höchster Kunst, u werden es nicht sonderbar finden, daß ich das Feld dafür nicht in Düsseldorf suche, wo man des Höchsten nur mit gedenkt, u sich nicht scheut dasselbe als überwunden zu betrachten. Ich rühre nicht an die Tüchtigkeit vieler dort lebender Künstler, doch, was sie wollen u theilweis erreichen, ist nun einmal keine Kunst, die man mit dem Namen höchste bezeichnen kann. Sie ist die in’s Haus zur Erheiterung u Ausruhen gehörige, zur Erhebung gehört eine ganz andere, u Sie können wissen, was ich damit meine. Daß diese ihr volles Recht hat, wird wohl niemand bezweifeln, daß das Höchste aber wenigstens dasselbe Recht besitzt, das wollen die Leute dort u leider fast aller Orten, ungern od. gar nicht zugeben, ja sie bemühen sich diese Tollheit zu verbreiten u selbst zu lehren. Doch davon genug! —. In Ihrem mir sehr lieben Briefe berühren Sie einen Punkt, der mich auf ein Mißverstehen Ihrerseits schließen läßt. Sie sagen: daß ich ausgesprochen, eine Frau könne keine Künstlerin werden. Wollen Sie das denn wirklich? Freilich habe ich die Ueberzeugung noch heut, weil die Kunst ohne jede andere Beschäftigung den ganzen, u wenn es sein kann, den ganzen u begabten Menschen verlangt. Eine verheirathete Frau aber hat tausend Pflichten gegen das Haus, u diese sind dem Manne jedenfalls von größerem Werth, als die Ausübung 565
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der Kunst, in der sie im besten Falle nur das mittelmäßige erreichen kann, weil ihr eine Menge Dinge unzugänglich bleiben, die uns nicht erspart werden. Meine Ansicht in Beziehung auf Ihre Person, war freilich von der Künstlerei absehend. In Carlsbad dachte ich Ihnen verständlich zu sein, wenn ich sagte: in Abwesenheit Ihres lieben Mannes, sollten Sie sich doch in der Kunst beschäftigen. In diesem Sinne war auch meine Antwort an Ihren Herrn Gemahl. Daß Sie zwar nach Weimar gewollt, habe ich nicht abgewiesen, Sie haben diesen Punkt mißverstanden. Nun aber erlauben Sie mir die Frage: Glauben Sie, Künstlerin auf halben Wege, sei ein Glük? Ich kann Ihnen aus tiefem Herzen antworten, das ist ein Unglück, u zwar wächst dies mit dem Verständnis u dem geistigen Voraussein. Ich habe mehrere sogenn. Künstlerinnen gekannt, u lange genug gelebt, um zu wissen, daß auch dem begabtesten und strebsamsten Manne trübe Tage in Fülle nicht erspart bleiben. — Nach meinen Erfahrungen erwächst dem Menschen ein viel reineres Glük, aus dem Verstehen u Nachfühlen dessen, was wirklich berufene Menschen erstrebt u erreicht haben. Auch das verlangt, daß man sich mit der Kunst beschäftige, aber erspart dem strebenden Menschen das herbe Urtheil jedes beliebigen Richters, der nicht danach fragt, wie sehr weh er in den meisten Fällen that. — In diesem Sinne glaubte ich für Ihre Neigung u für ein zu erreichendes Glück bei Ihnen wirken zu können, ohne Sie dem zu entziehen, was den Mann im Hause erfreut u beglükt. Ich spreche mich Ihnen so ausführlich aus, weil ich weiß, daß Sie mich nicht mißverstehen. Was ich gesagt, ist Ueberzeugung, die sich auf manigfache Erfahrung gründet. — Meine Reise in Italien hat mich in jeder Weise erfrischt. Es ist ein großes Glück soviel Herrliches, Einziges wieder zu sehen. Natur u Kunst reichen sich dort die Hände, u wir verstehen leichter, als irgend wo, daß beides nicht getrennt werden kann, soll etwas Großes entstehen. Die Sprache in der Natur klingt in der Kunst uns als Poesie wieder entgegen. Ich sah die 3 Kunststädte: Venedig, Florenz u Rom in guter Gesellschaft wieder u hatte die Freude meiner Begleiter erwachen u geistig wachsen zu sehen. Auf der Insel Capri habe ich mancherlei gezeichnet u viel Neues gesehen. Die in Pompeji zuletzt ausgegrabenen Bäder sind für mich vom höchsten Interesse, man sieht immer deutlicher in das Privatleben jener Menschen, in denen die griegische Kunst ihre Ausläufer repräsentirt. Im Hause fand ich alle wohl auf u nur leid ist es mir, daß meine Person auf eine Weile störend einwirkte. Unsere Häuslichkeit ist wahrhaft zauberisch da sich unser Häuschen in allem bewährt. Noch ist meine Schwiegermutter in Schlesien, doch erwarten wir sie bald zurük. — Mit dem besten Gruß von meiner Frau nehmen Sie auch den meinigen, u gelegentlich lassen Sie wieder von sich hören Ihrem Friedrich Preller. * die 4 ist mit einer 2 etwas unleserlich überschrieben. Tatsächlich war Preller erst Ende September aus Italien zurückgekehrt. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
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620 Weimar, den 29. November 1869. An Adrian Ludwig Richter (1803–1884), Maler. Mein alter lieber Freund! nächst dem besten Gruße Dir u Deinem ganzen Hause, drängt es mich Dir eine Bitte aus zusprechen. Bei der großen Entfernung zwischen Stuttgart u. Weimar ist es sehr fraglich, ob Du von Schuchardt’s nun mehrjährigen Befinden gehört haben wirst. Wie es scheint, leidet er an einem unheilbaren Rückenmarkübel, was sowohl seine geistige als körperliche Thätigkeit förmlich gestört u zeitweis als nicht mehr vorhanden constatirt. Wie es unter diesen Umständen im Hause steht, brauche ich wohl nicht auseinander zu setzen. Du wirst Dir denken können, daß die arme Frau, welche die Pflege allein besorgt, theils der Ersparnis halber, theils bei dem Eigensinn des Kranken, bis auf Nichts reducirt ist. Ich, sein ältester Freund, versäume keine Gelegenheit, wo ich hülfreich beistehen kann, und damit hängt meine Bitte an Dich zusammen. Der jüngste Sohn Walther erlernt nehmlich die Holzschneidekunst, u. steht bei Flegel in Leipzig in der Lehre, welche aber mit dem 1 Januar zu Ende geht. Für ihn einen Platz zu finden, auf dem, wenn es möglich wär, er sich bescheiden selbst helfen kann, ist jetzt die große Sorge der Mutter, u in hellen Augenblicken auch die des Kranken. In Stuttgart soll ein großes u gutes Geschäft für Holzschneider sein, der Name des Unternehmens ist mir entfallen. Wolltest Du nun nicht so gut sein, die Anfrage zu thun: ob der Mann den jungen Sohn nicht beschäftigen könne? Eine günstige Antwort von Dir würde im Hause der armen Schuchards eine große Sorge beseitigen. Daß Du Dich in diesem Falle verwendest, bin ich von vornherein überzeugt, u danke Dir dafür herzlich. Laß mir bald ein Wort hören. — Seit einem Monat bin ich aus Italien zurük, ich hatte mich für 2 Monate dahin geflüchtet, weil ich überanstrengt am Museum, des Ausruhens bedurfte. Zwischen Rom u Neapel habe ich die Zeit vertheilt u schätze mich glüklich das Land mit seinen Herrlichkeiten wieder gesehen zu haben. Die dort gepflegte neue Kunst hat mich durchaus nicht berührt, das ist aber auch nur in wenigen Ausnahmen erquicklich. Die Erinnerung an die 20 her Jahre ist mir viel erheblicher gewesen. Leider habe ich Overbeck nicht gesehen u nun ist es ja unmöglich geworden. Er war in Rocca di Papa u dorthin zu gehen, erlaubte mir die Zeit nicht. Mit Gegenbauer habe ich manchen Abend verlebt. Doch für heut genug. Möchtest Du ein tröstliches Wort in Schuchardts Angelegenheit berichten können. Ich wiederhole meinen besten Gruß für Dich u die lieben Deinen u bin in alter Verehrung u Anhänglichkeit Dein treuer Friedrich Preller W. d. 29 Novbr 1869. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriften, Autogr. Preller, Friedrich d. Ä.
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621 Weimar, den 10. Dezember 1869. An Justus von Liebig (1803–1873), Chemiker. Ew. Hochwohlgeboren geehrte Zuschrift vom 1 Decbr. d. J. welche mir die Nachricht der mir wiederfahren hohen Auszeichnung durch Verleihung des Maximilian Ordens brachte, habe ich erhalten, und darf Ihnen wohl die Versicherung geben, daß ich nicht ermangeln werde, mich ihrer jeder Zeit würdig zu erweisen. Ew. Hochwohlgeboren mein lebhaftes Dankgefühl aussprechend, erlaube ich mir zugleich Sie ganz ergebenst zu bitten: Sr. Majestät dem Könige von Baiern meinen tiefgefühltesten unterthänigsten Dank in meinem Namen darzubringen. Sobald die Insignien mir zu gekommen, werde ich nicht ermangeln Ew. Hochwohlgeboren sogleich Anzeige davon zu machen, und empfehle ich mich Ihrem geneigten Wohlwollen so achtungsvoll als ergebenst. Friedrich Preller. Weimar 10 Decbr. 1869. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Liebigiana II B Preller, Friedrich.
622 Weimar, den 19. Dezember 1869. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 19 Decbr. 1869. Hochverehrter Herr! Abermals haben Sie meinem Weihnachtstischchen die schönste Krone aufgesetzt, und ich weiß in Wahrheit nicht wie ich solche Güte verdienen kann, und wie ich Ihnen danken soll, wenn nicht meine große Freude an der Sache, statt des Dankes gilt. Ich kannte das Werk aus einer sehr vortheilhaften Recension, jetzt gehe ich in dem Lande meiner heißen Sehnsucht, und zwar ohne jede Anstrengung spazieren und träume mich immer als Ihren Begleiter.* — Italien wieder zu sehen ist ein großes Glük, es hat aber stets die Sehnsucht in seinem Geleite, und so denke ich schon jetzt wieder an eine Reise dorthin. Die letzten Probedrucke der Vignetten zum Homer haben mir Freude gemacht und ich denke, das fertige Werk soll sich gut ausnehmen. Nochmals versichere ich Ihnen mit tausend Dank meine große Freude an Ihrem lieben Geschenke, und füge nur noch die Grüße des ganzen Hauses für das Ihrige bei. Mögen die nahen Feiertage Ihnen allen nur erfreuliches bringen. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. * Es könnte sich bei dem Buch um den 1868 bei Dürr in Leipzig erschienenen Band von Ferdinand Gregorovius (1821–1891) Die Insel Capri mit Illustrationen von Karl August Lindemann-Frommel (1819–1891) handeln. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/143.
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623 Weimar, den 21. Dezember 1869. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Weimar d. 21 Decbr 1869 Verehrte liebe Frau! Ihren Brief vom 19 d. M. aus Düsseldorf. Habe ich erhalten und beim Erkennen Ihrer Handschrift große Freude gehabt. Aber wie weh ward mir um das Herz, nachdem ich den Inhalt erfahren. Ihr ganzer Brief ist ein Testimonium des eigenen Mißfallens in Düsseldorf, was mich theilweis Wunder nimmt, da fast alle Menschen vom dortigen Künstlerleben entzückt sind, Ihr erster Brief auch durchaus keine andere Farbe trug, theils mich aber auch freut, weil Sie mir die Ueberzeugung geben, daß die dort heimische Kunst Sie durchaus nicht ausfüllt. Im großen Ganzen kann ich Ihnen nicht wiedersprechen, doch meine ich, daß Ihr Bekanntsein mit Bendemann Sie für Vieles entschädigen könnte, auch Prof. Sohn, Ihr Lehrer hat den Ruf eines ausgezeichneten Künstler. Ebenso nennt man für die Landschaft Namen, die einen vortrefflichen Klang haben. Sollte bei Ihnen nicht ein wenig Heimweh u Sehnsucht nach Ihren Lieben mit im Spiel sein? Eines ist freilich fast so schlimm, wie das Andere, u ich bin in beiden Fällen ein wenig erfahrner Arzt, sonst würde ich Ihnen gewiß das probateste Mittel reichen. Vor längerer Zeit schrieb ich sehr ausführlich an Ihre verehrte Frau Mutter, ohne jedoch einer Erwiederung mich bis jetzt zu erfreuen. In diesem Briefe theilte ich Ihr alles auf Sie bezügliche mit, falls mir die Freude geworden wär, Sie in meinem Atelier zu haben. Das Eine will ich Ihnen wiederholen, daß nehmlich die Vorstellung: Künstlerin zu sein od. zu werden, eine schöne Außenseite hat, aber Kummer u ewige Unzufriedenheit aufs engste damit in Verbindung ist. Das Glück, Einsicht u Verständnis in den Künsten zu erlangen würde Sie jedenfalls in schönster Weise ausfüllen u Sie würden die Freude haben können, beglückend weiter zu wirken, was in einem mittelmäßigen Künstlerleben unmöglich ist. Bedenken Sie liebe Frau, mit welcher Anstrengung wir Männer viele Jahre uns quälen, nichts anderes nur am Herzen liegt u wie selten im besten Falle, etwas wahrhaft erfreuliches das Endresultat ist. Wie beglükend u erfreulich dagegen die Erkentnis des wahren u ächten in der Kunst sein kann. Daß dieser Satz unbestritten wahr, habe ich an meiner seligen Frau erlebt. Daß Sie sich praktisch in den Künsten versuchen, kann nur schneller zu einem gewissen Ergebnis führen u in sofern kann ich Ihre Freude am praktischen Theile nur für wichtig u fördernd ansehen, um so mehr, da Sie als Frau wohl mehr Zeit darauf verwenden können als viele andern. Haben Sie noch heut das Vertrauen zu mir, wie Sie es früher hatten, so lege ich Ihnen nichts in den Weg, falls Sie sich in Düsseldorf mißfallen, nach Weimar zu kommen. Es würde mir eine große Freude sein, Ihnen das mitzutheilen, was ich in einer langen Reihe von Jahren erfahren u erprobt habe. Der Platz in meinem eigenen Atelier steht Ihnen jeden Augenblik zur Verfügung. Eine sehr große Freude würde es uns allen sein, wollten Sie liebe Frau sich’s bei uns gefallen lassen u bei dieser Gelegenheit das Terrain untersuchen. Weimar ist freilich auch kein Elisium, das sehe ich aus einem Mädchen aus Heidelberg, die vielleicht hier ebenso leidet, wie Sie in Düsseldorf, obgleich ich ihr nach Möglichkeit den Weg ebene. — 569
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Vielleicht eignen sich die jetzigen Ferien für eine Spazierfahrt nach dem alten Weimar, und der Belvedereallee, wo das Häuschen steht, in welchem Sie nur freundlichen Gesichtern begegnen werden. Ueberlegen Sie sich die Sache u dann zögern Sie nicht zu lange. Von meiner unbedeutenden Person weiß ich Ihnen nicht viel mehr zu erzählen, als was Sie schon wissen. In meinem Unwohlsein habe ich drei ausführliche Bleistiftzeichnungen gemacht, von denen ich die eine angefangen habe in Oel zu malen. Ich denke noch 2 zugleich anzufangen. Als ich wieder ausgehen konnte, war meine erste Arbeit, im Museum, die Figur der Nausikaa weg zu waschen u eine andere bessere an die Stelle zu setzen. Nun werde ich aber an nichts mehr die Hand legen. Daß ich nach so vielen Erfahrungen heut die Sache besser machen würde, glaube ich gewiß, doch, ich sehne mich nach neuen Aufgaben. Das alte Testament zieht mich gewaltig an, doch muß ich erst einige alte Aufträge abstreifen. Von außen trift mich mancherlei Erfreuliches. Berlin hat mich zum wirklichen Mitglied der dortigen Akademie ernannt, und der König von Bayern mir den Maximilians Orden geschikt.* Dieser ist ein hoher Verdienst-Orden u wird nur an eine kleine Zahl gegeben. Für heut liebe Frau, sage ich Ihnen Addio u schließe mit den herzlichsten Grüßen des ganzen Hauses für Sie. Mögen die Festtage Ihnen nur Erfreuliches bringen. Dies der innigste Wunsch Ihres treuen Freundes Fr. Preller. [Kommentar zu Tintenflecken am Ende des Briefes:] bitte 1000mal um Entschuldigung * Siehe Brief 621. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
624 Weimar, um oder nach 1870. An seinen Sohn Friedrich (1838–1901), Landschaftsmaler. Mein theurer Friedel! Ich kann Dir nur einen Gruß von uns allen schreiben, da es bereits Postzeit ist. Grüße mir Fr. Weigel besonders an ihrem Festtage, u sage ihr daß ich mich freue ihr eine kleine Freude machen kann. Dein Kommen ist eine Festzeit für uns alle. Mit Gruß u Kuß Dein Vater. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur.: Rep. IX 30, Nr. 26.
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625 Weimar, den 12. Januar 1870. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein alter liebster Bernhard! Ich danke Dir und alle die meinigen für Deinen lieben Brief. Meine besten Wünsche für Dich u die theuren Deinen zum neuen Jahre gehen zwar etwas spät zu Dir, doch die kommen ja jede Stunde zur rechten Zeit, u beim Antritt des Jahres habe ich wahrhaft keines Menschen mit meinem besten Wunsche so innig gedacht, als Deiner u all der meinigen. Du bist mein ältester u treuester Freund, u alles was mich betrifft, steht in einer gewissen Verbindung zu Dir. Möchte es der Vorsehung gefallen, uns noch einige Jahre mit einander wandern zu lassen! Dein Nichterscheinen am Neujahrstag war uns allen ein wirklicher Schrecken. Die gute Jenny hatte mit besonderer Freude alles so geordnet, daß Dir der Aufenthalt bei uns so recht nett werden sollte, u Tage vorher sprachen wir immer von den schönen Tagen, die wir mit einander verleben wollten. Hoffentlich hat sich Dein Unwohlsein nicht in die Länge gezogen! In letzter Zeit hat der Großherzog an den Professor Verlat*, einen Maler aus Antwerpen, eine Aquisition für die Kunstschule gemacht, von der ich nur wünschen kann, daß sie Bestand habe. Du kennst meine Ansichten über u von der Kunstschule so genau, daß ich darüber nichts mehr sagen will, als daß eine derartige Anstalt nur gedeihen kann, wenn eine tüchtige Kraft im Fache der Historie an der Spitze steht. Bisher war das nicht der Fall, weil das Prinzip an dieser Anstalt sich bis dahin nicht erheben konnte, u alles in die Hände der Direktors gelegt war. An Plockhorst’s Stelle kam Verlat, wahrscheinlich aus Versehen, denn Verlat ist ein großer kirchlicher Historienmaler, neben dem ganz vollendeten Techniker, u als der im wahren Sinne Idealist. Wer hätte das je gedacht? Ein solcher Künstler wirkt nicht nur nach allen Seiten hin erhebend, er ist auch im Unterricht strenger, denn das gründlichste Studium der Natur war auch bei ihm nöthig, ehe er zur Produktion höchster Aufgaben schreiten konnte. Prof. Verlat ist ein Mensch von großer u reicher Phantasie, eminentem Wissen, u eine durchaus poetische Natur. – Das sind Eigenschaften, ohne welche niemals ein großer Künstler gelebt hat. Freilich kann man große Künstler nicht erziehen, wenn solche Eigenschaften nicht wenigstens im Keime vorhanden sind. Sind sie aber vorhanden, so lassen sie sich entwickeln, doch das kann nur Einer, der durch sein Beispiel vorangeht, was bis jetzt nicht nur fehlte, aber auch im Prinzip bekämpft wurde. – Verlat hat die aller verschiedensten Gegenstände ausgestellt, alsda sind: Hunde, Katzen, Schafe, Affen, Heilige, Madonnen und Christi, alles vortrefflich, doch das allervortrefflichste ist ein todter Christus mit der klagenden Mutter unter dem Kreuze. Das Bild ist von a bis z gesund und frisch. Wer an diesem Bilde nur die vortreffliche Technik bewundert, kann wohl Verstand, aber kein Herz haben. Alles ist aus der tiefsten Empfindung für den ernsten Gegenstand hervorgegangen, alles hat die schlagendste Wahrheit u doch ist Natürlichkeit kein Ziel des großen Kunstwerkes gewesen. Der Styl ist ächt kirchlich, die Zeichnung gut u streng, die Farbe tief u im hohen Grade einfach u ernst. Ein solches Kunstwerk kann seine seelische Wirkung nur an denen 571
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verfehlen, die selbst nicht hoch über dem Thiere stehen. Ich für meine Person gestehe aus reiner Überzeugung, daß mir in unserer Zeit nur sehr wenige derartige Erscheinungen vorgekommen sind, u ich schätze es für ein Glück, solche Leute noch im Leben zu wissen. Sehr komisch klingt es, daß die Herrn der Kunstschule, wenn man sie direkt fragt, die Arbeit augenblicklich bewundern, aber durchaus nicht wissen, was sie bewundern, denn ihre ganze Tendenz geht dem Werke schnurstracks entgegen. Die Basis des ganzen großen Unheils ist am Institut ist: Gedankenlosigkeit. Was die Kunst ist, oder soll, darüber hat keiner der Herrn jemals gedacht. ( Jener Gute sagte: ja denken ist zu schwer.) Verlat ist ein Mensch, der hier viel nützen könnte, wenn seine Collegen zur Einsicht kommen, doch das wird schwerlich der Fall werden. Daß Du das Bild nicht siehst, lieber Bernhard, das schmerzt mich förmlich. Eine interessante Erscheinung kurz vor Verlats Auftreten, wurde mir durch v. Eichels Bild von Schirmer. Dasselbe ist keines seiner schönsten, u hat mancherlei kleine Mängel. Unter einer Menge von Schulbildern in der Kunstschule wurde diese Arbeit mit ausgestellt. Da hättest Du die Wirkung sehen sollen. Unter Salat u Eierbildern in Unzahl stand ein kerngesunder Mann und schlug schonungslos alles zu Boden. Ist es nicht Sünde u Schande, daß alle Jugend in einen, vielleicht für Viele, zu engen Schuh eingeschnürt werden? Wer etwa sich nach einen bequemeren umsieht, wird mit Gewalt in den engen verwiesen. Möchte doch der Großherzog endlich einen zur Klarheit in dieser Sache kommen! Doch ich will über eine Sache schweigen, in der ich doch keine Änderung absehe. In unserm Hause ist alles gut, bis auf Clairchen**, die mit dem Ziegenpeter zu Bett liegt. Hoffentlich ist in einigen Tagen dies kleine Übel auch wieder beseitigt. Meine Frau u Schwiegermutter grüßen aufs freundlichste u wünschen mit mir Dein baldiges Kommen. Vergiß nicht unsere Grüße bei Deiner lieben Mama u Bruder. Für heut addio theurer Freund, laß bald von Dir hören. Treu Dein Fr. Preller Weimar 12 Jan. 1870. * Charles Verlat (1824–1890), Genre- und Tiermaler. Er wurde 1869 als Professor an die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule zu Weimar berufen. ** Clara Krieger (um 1859– ?) Tochter von Prellers zweiter Ehefrau Jenny Ventzky (1834–1906). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3681.
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626 Weimar, den 18. Januar 1870. An Charlotte Kestner (1788–1877), Schwester des Georg August Christian Kestner (1777–1853). Weimar, 18. Januar 1870. Hochgeehrtes Fräulein, Gestern, am 17. d. M. erhielt ich Ihre gütige Zusendung aus Basel, wofür ich Ihnen aus vollem Herzen danke. Es ist mir durchaus unmöglich dem wahren Ausdruck zu geben, was ich in tiefster Seele empfand. Eine lange Reihe von Jahren ging mit Allem, was sie umschließen, an meinem Innersten vorüber und riefen Dinge wach, an die ich lange Zeit wie eines gehabten Traumes nur denken konnte. Das Bild Ihres verewigten Bruders August, dem ich während meines ersten Aufenthaltes in Rom so viel, so unendlich viel Gutes und Schönes zu danken hatte, rief mit aller Deutlichkeit jene so reiche und für mein späteres Leben so entscheidende Zeit mir so lebendig vor, daß ich wirklich auf Augenblicke der Jahre und jetzigen veränderten Zustände mich enthoben glaubte. Ach Gott! Wie viel habe ich seit jenen glücklichen Tagen in Rom durchlebt! Viel Gutes und Schönes, aber auch Hartes ist an mir vorüber gegangen! Nur der Gedanke, daß Alles eine Veränderung erleide, erhielt mir den Muth, wenn ich zu erliegen glaubte, und so hat mich der Himmel für ein ruhigeres Alter ausersehen und mir Manches bescheert, woran zu denken ich mich nie erhoben habe. Nach Goethe’s und August Kestners Tode führte mein Schicksal mich wieder zwei Mal nach Rom, einmal mit meiner seligen Frau und 2 Söhnen, das letzte Mal mit meinem jüngsten Sohne, der Maler ist, im vergangenen Jahre. Wie früher habe ich auch dieses letzte Mal die nicht zu tilgende Sehnsucht nach dem Lande der Kunst zurückgebracht und schon werden allerlei Pläne lebendig, die hoffentlich mit einer abermaligen Reise endigen. Seit lange bin ich gewohnt, daß man mich einen unruhigen Geist nennt, und fast fürchte ich auch von Ihnen diesen Titel zu erhalten, da außer meiner Sehnsucht mir keine Entschuldigung bleibt. Seit der Zeit meines ersten Aufenthalts in Italien hat mich unablässig der Gedanke beschäftigt, eine Reihenfolge aus Homers Odyssee zu malen. Schon im Jahre 1858 wurde eine Zahl solcher Gegenstände auf der großen Ausstellung in München ausgezeichnet und von Seiten unseres Großherzogs erfolgte der Auftrag für die Ausführung derselben in Weimar. Ich erhielt Urlaub eine Reise nach Italien zu machen und die dortige Natur für dieses Unternehmen auf längere Zeit wieder zu sehen. Jetzt ist die große Arbeit, die 16 Bilder umfaßt, in einer dafür erbauten Gallerie im neuen Museum zu Ende gebracht, aber durch die zu anstrengende Arbeit war ich nervös so angegriffen, daß der Arzt mir jede Beschäftigung entzog. Ich rüstete mich zur dritten italiänischen Reise, von der ich erst seit 3 Monaten zurückgekehrt bin. Zum dritten Male habe ich unvergleichliche Zeiten, die höchsten erhebendsten Kunstgenüsse, die schönsten Erinnerungen an meine Jugend durchlebt und zehre vorläufig davon, so lange es eben gehen will. Die Zahl meiner dort ansässigen Freunde ist freilich eine kleine geworden, doch war mir’s eine heilige Pflicht, die Gräber von Allen aufzusuchen, denen ich nicht mehr die Hand drücken konnte. Unter den herrlichsten Cypressen stand ich am Grabe Ihres seligen Bruders eine lange Zeit und 573
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mir war’s als fühlte ich seine treue Liebe wie in der Zeit meiner Jugend. Er war es ja, der unermüdlich anregend mein geistiges Leben verfolgte und unterstützte. Die spätere Zeit verband mich mit Ihrem zuletzt dahin gegangenen Bruder und dessen Sohn Hermann, und die in Hannover verlebten Tage werden zu meinen schönsten Erinnerungen fürs noch übrige Leben zählen. Sie, hochverehrtes Fräulein, haben den Gedanken in mir wachgerufen auch Ihnen noch meinen Besuch anzukündigen. Noch erfreue ich mich einer dauerhaften Gesundheit und Frische, sodaß ich mit Zuversicht und Freude der Zeit entgegen sehe, die mich zu Ihnen führen wird. Empfangen Sie nochmals die Versicherung meines tief empfundenen Dankes für die Freude, welche mir durch Ihre gütige Sendung zu Theil wurde. In hochachtungsvoller Ergebenheit Friedrich Preller. Hermann Kestner-Köchlin: Briefwechsel zwischen August Kestner und seiner Schwester Charlotte, Straßburg 1904, S. 378–379.
627 Weimar, den 21. Februar 1870. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar 21. Februar 1870. Mein verehrter lieber Freund! Wenn ich erst heute auf Ihren lieben Brief und Sendung der höchst erfreulichen beiden Blätter antworte, so rechnen Sie mir die Verspätung nicht als Saumseligkeit an. Ich habe eine wenig erquickliche Zeit in Beziehung auf meine Gesundheit zu durchleben gehabt. Der anhaltende Winter hat mich viel mehr zum Dulder als zum Arbeiter gestempelt, und erst seit gestern scheint eine Wendung in meinem heftigen Kopfschmerz eingetreten zu sein. Dass ich mich, bei vieler erfreulicher Arbeit, nach dem Atelier sehne, werden Sie mir nachempfinden. – Vorerst lassen Sie mich Ihnen die hiesige Versicherung geben, dass ich, trotz mancher Meinungsverschiedenheiten zwischen uns, nie die Absicht gehabt habe, an Ihrer Überzeugung zu rütteln. Ich verehre und halte jeden Künstler hoch, der mit seinem ganzen Ich seinen Weg verfolgt, aber verlange auch, dass mir das Gleiche zugestanden werde. Das Interesse, was ich an Ihnen und Ihrer Ausbildung von jeher genommen, ist im engsten Zusammenhang mit Ihrem ungewöhnlichen bedeutenden Talente, und so wird es bleiben für alle Zeit. — Ihre schöne Arbeit hat mich viel beschäftigt und in bösen Stunden selbst, hoch erfreut.* Auf Ihre Aufforderung will ich ohne Rückhalt aber auch das erwähnen, was mich persönlich berührt. Über den schönen würdigen Aufbau des Ganzen werden Sie neben der eigenen Überzeugung jedenfalls vielfach Erfreuliches gehört haben. Sie wissen, dass ich lange Zeit das Glück hatte dem bedeutenden einfachen Manne nahe zu stehen, den Sie eben verherrlichen sollen. Seine ganze Erscheinung in Ihrem Werke tritt mir lebensvoll entgegen, doch befremdet mich in etwas: Die Neigung des Kopfes nach der rechten Schulter, während die Wendung nach links frisch und lebendig aussieht. Mir persönlich 574
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würde die einfache Wendung nach links charaktervoll und an ihm gewohnt erscheinen. Sie werden sich vielleicht erinnern, dass ich bei der Skizze Zweifel hatte wegen des Hermelin und der Reiterstiefeln. Von Leuten, die es verstehen müssen, habe ich indess gehört: dass zur Uniform auch der Hermelin getragen werden könne, obgleich er zu grosser Gala gehörig sei. Ist diese also in Ihrem Plan, so will ich mir erlauben, gegen das Stoffliche etwas einzuwenden. Mir scheinen nämlich die Falten des Hermelin auf einen sehr feinen Stoff, weniger auf Pelz schliessen zu lassen. – An dem Postament, welches, wie Sie sagen, noch einiger Berichtigungen bedarf, fällt mir die Diagonale, in der die beiden Genien gedacht sind, nicht ganz glücklich zur Architektur auf, wenigstens würden dieselben nur still wirken, wenn sie sehr flach gearbeitet würden. Sie sehen, lieber Freund, dass ich sehr ins Detail der Arbeit gehe, was nur darum geschieht, weil mir sowohl die Sache als Ihre Person von Bedeutung erscheint. Ich hoffe dass diese kleinen Einwürfe Sie in Nichts irren; Ihnen können sie ja nur willkommen sein, wenn Sie selbst mit der Sache einverstanden sind. Ein frischer Blick auf das, was ich tue, ist mir immer gelegen, doch bestimmt es mich nur dann für etwas, wenn ich selbst mich damit einverstanden erklären kann. Ich habe die Überzeugung, dass Sie ähnlich fühlen. Gott erhalte Ihnen Gesundheit und Kraft für das Werk, das Ihnen als weimarisches Kind Ehre bringen und jeden Weimaraner erheben und erfreuen wird. Sollten Sie Friedrich sehen, so bringen Sie ihm einen herzlichen Gruss. In alter treuer Liebe und Anhänglichkeit Ihr Friedrich Preller. * Preller bezieht sich hier auf das von Donndorf als Reiterstandbild geschaffene und 1875 enthüllte Carl-AugustDenkmal in Weimar. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 2, S. 2–3. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
628 Weimar, den 9. März 1870. An Wilhelmine Preller, geb. Zimmermann (1845–1910), Ehefrau seines Sohnes Emil (1836–1893). Grüß Gott mein gutes liebes Minchen! Da Dein Geburtstag herannaht, will ich meine seit Wochen faule Feder wieder zur Hand nehmen, und Dir meine besten Wünsche, da ich sie nicht in Person bringen kann, in schöner Handschrift zu Dir auf Reisen schiken, mit dem herzlichen Wunsche, daß sie Dich u. die liebe Kleine gesund finden mögen. Wie gern ich käm, um Dir meine [Skizze: Verbeugung] zu machen, das weißt Du, doch es ist eben nicht möglich, u so muß ich aushalten, bis es Sommer wird. Alle meine Wünsche concentriren sich in dem einen: daß Dir u allen die Du liebhast, dauernde Gesundheit bescheert werde. Alles übrige liegt mehr od. minder in unsern 575
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Händen, u. wenn diese sich am rechten Fleck u zu rechter Stunde rühren, dann kann es nicht leicht schief gehen. — Ich spreche aus Herzensgrunde und aus Erfahrung. Wie anders hat sich mein ganzes Leben gestaltet, seit die gute Jenny wieder in Gesundheit über Stock u Stein läuft. Sie blüht wie eine Rose u hat ihren alten immer gleichen Humor wieder, freut sich mit innigen Dank gegen Gott, ihres Lebens u des Könnens mir das Dasein bequem u angenehm machen zu können. Laßt nur, wo möglich bald von Euch hören u behalte lieb Deinen Dich innigst liebenden Vater Friedrich Preller. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Autogr. Preller, Friedrich, d. Ä.
629 Weimar, den 13. April 1870. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Durchlauchtigste Fürstin, Hochverehrte Frau! Wie und wo soll ich beginnen, Ihnen meinen tiefstgefühlten Dank auszusprechen! Ich will es unterlassen, da Ihro Durchlaucht ja genügsam wissen, wie kärglich die Natur mich mit Sprach und Schreibtalent versehen hat, und Ihnen nur die einfache Versicherung geben, daß mir seit langer Zeit keine Freude geworden, welche ich mit der vergleiche, als ich durch Freund Liszt Ihren doppelten Gruß empfing. Seit jenem Tage sitze ich dankerfüllt immer vor dem unsterblichen Werke des göttlichen Raffael, und schreibe in Gedanken an Ihro Durchlaucht. Gott! wie unendlich viel habe ich schon Ihrer Gewogenheit zu danken, und immer fehlt mir der Mittel Ihnen das zu bestätigen! — Ich segne fast jeden Tag die Erfindung der Photographie, denn durch sie sind wir jetzt so hochbeglückt, uns unausgesetzt an den unsterblichen Werken der großen Meister zu erheben, und ihnen wenigstens nachempfinden zu können. Wer hat jemals sagen können, daß ihm die Decke der Capella Sistina, oder die Loggien des Raffael durch die vorhandenen Stiche ganz vergegenwärtigt würden? Erst jetzt reden die Heroen in verständlicher Sprache zu uns und gönnen uns das Glück ihnen in’s unsterbliche Anlitz zu schauen. — Für die Bekanntschaft mit dem Direktor der französischen Akademie, Herrn Heber*, zu danken, ward mir in Rom nicht vergönnt, da ich Ihro Durchlaucht zu der mir befohlenen Stunde, nicht zuhaus fand. Dem Schlüsselloch vertraute ich meine Karte an, weil schon am andern Morgen meine Abreise bestimmt war. Mit großer Freude sah ich das schöne Portrait Ihrer Durchlaucht, obgleich noch unvollendet, aber so sprechend, daß ich nicht zweifeln kann, es ist nebenbei auch ein wirkliches Kunstwerk entstanden. Ueber mein eigenes Schaffen kann ich Ihnen wenig berichten, ich vollende, seit vielen Jahren versprochene Arbeiten, darunter ein Bild mit dem barmherzigen Samariter für das Museum in Leipzig. 576
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Nochmals bringe ich Ihnen meinen tiefstgefühlten Dank, und bitte um die Erlaubnis: mit Liszt’s Abreise von hier für Ihro Durchlaucht einige Striche meiner letzten Arbeiten übersenden zu dürfen. Der fernern Gewogenheit Ihrer Durchlaucht mich empfehlend, verharre ich in steter Verehrung Friedrich Preller. Weimar 13 April 1870. * Ernest Hébert (1817–1908), von 1867 bis 1873 und von 1885 bis 1890 Direktor der Académie de France à Rome. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
630 Weimar, den 14. April 1870. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar 14. April 1870 Verehrter Freund! Erst gestern abend spät erhielt ich durch Herrn von Wedel* die Antwort auf Ihr Schreiben zurück, und ich lege dieselbe als Aktenstück bei, weil man nicht wissen kann, ob Sie dasselbe nicht gelegentlich bedürfen. — Persönlich habe ich dem Grossherzog klar gemacht, dass man immer am besten tue, dem Künstler volles Vertrauen zu schenken, und das scheint von guter Wirkung gewesen zu sein. Jetzt ist es Ihnen überlassen nach eigener Überzeugung zu arbeiten, und dazu gratuliere ich Ihnen. — Frühere Erfahrungen ähnlicher Art sind die Ursache, dass ich alles getan, um mich den Herrschaften gegenüber frei zu stellen und zu halten. Jetzt habe ich keine Anfechtungen mehr zu fürchten. – Für das sehr schöne Relief des Königs danke ich Ihnen aufs Herzlichste, es hängt bereits in dem Loggia-Zimmerchen, wohin ich gern alles Künstlerische bringen möchte. Leider fehlt mir wie immer der Raum, die Sachen würdig aufzustellen. Sehen Sie Friedrich und Hemken, so vergessen Sie meinen Gruß nicht; auch seien Sie mit all den lieben Ihrigen von uns bestens gegrüsst. Treu Ihr Friedrich Preller. * Oskar von Wedel (1835–1908), Kammerherr und später Oberhofmarschall in Weimar. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 2, S. 4. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
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631 Weimar, den 21. April 1870. An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt, und an dessen Familie. Guten Morgen Ihr Lieben! Es ist recht lange, seit Ihr von uns zuletzt gehört habt, aber ich weiß wirklich oft nicht die Zeit zu finden. Des Morgens arbeite ich bis 1 Uhr, dann Essen, Schlafen u meist nach Belveder gehen. Komme ich dann zurük, bin ich so müde, daß mir das Schreiben als eine Unmöglichkeit erscheint. Meine ganze Lebensart ist in Allem eine andere geworden, u wär das ewige Fleischessen nicht, möchte das Uebrige noch angehen, Ihr Aerzte habt mir aber Alles entzogen, was ich vorzugsweise gern aß. Nun! mit Ach u Krach werde ich ja noch ein Weilchen aushalten! — [Seite fehlt] d. 21. April 70. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
632 Weimar, den 31. Mai 1870. An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt. Di d. 31. Mai 1870 Guten Morgen lieber Emil! Nun die besten u. herzlichsten Wünsche für Deinen morgenden Geburtstag, vor allem erhalte Gott Dir Gesundheit u Zufriedenheit, denn darin liegt alles was zum menschlichen Glück nöthig ist. Ich schike Dir als Erinnerung an den Tag das Neuste von Ludw. Richter, bei dessen Beschauung obiger Wunsch seine Bestätigung findet. Wir haben Friedrich’s letztes Bild hier u ich habe große Freude an seinen gediegenen Fortschritten. Hoffentlich sehen wir ihn bald hier, denn er will nach Eisenach. — Das Musikfest ist, Gott sei Dank, nun auch abgethan. Wir haben Dammrosch* gehabt u noch hier. Er ist der alte liebe Mensch geblieben u wir danken ihm manche gemüthliche Stunde. Mit meinem Befinden geht es wieder aufwärts, ich brauche Malzbäder u diese haben eine gute Wirkung auf mein Befinden. Wir freuen uns schon jetzt auf den Aufenthalt bei Euch, ich will heuer noch recht fleißig sein, damit der Samariter womögl. noch zum Abschluß kommt, ehe wir weggehen. Von der Mama laufen aus Carlsbad gute Nachrichten ein. – u somit steht alles vor der Hand gut im Hause. Grüße mir Minchen u die beiden lieben Kinder recht herzlich. Das ganze Haus, der Hut an der Spitze, schiken seinen Gruß. Mit alter treuer Liebe dein Vater Fr. Preller. * Leopold Damrosch (1832–1885), Dirigent, Geiger und Komponist. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
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633 Weimar, den 10. Juli 1870. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter Freund! In aller Eile nur ein paar Worte. Heut geht das Bild an Herrn C. Voigt Gartenstr. 14 nach Leipzig ab. In der Kiste befindet sich auch Ihr Carton, u. gut wär es, wenn Sie dem Herrn Voigt wissen ließen, was damit anzufangen ist. Meine Radirungen nehme ich mit nach Ilmenau u dort hoffe ich Sie bald zu sehen. Mit bestem Gruß des ganzen Hauses Ihr Friedrich Preller. Weimar 10 Juli 1870. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
634 Ilmenau, den 16. Juli 1870. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein lieber alter Bernhard! Ich danke Dir für Deinen lieben letzten Brief, jedes Wort von Dir ist mir ja immer eine große Freude. Seit Montag bin ich mit Jenny u Frl. von Ysselstein in Ilmenau. Ich brauche Dir nicht erst zu sagen, daß auf Weg u Steg mir alte liebe Erinnerungen durch die Seele ziehen u daß Du in jeder unzertrennlich verwebt bist. Das in vieler Beziehung veränderte Leben hat die Natur nicht verändert u mit vollen Zügen genieße u labe ich mich in ihrer Umgebung. Emils Haus hat uns freundlich aufgenommen u ich wünsche jede Stunde, Du möchtest es einmal sehen. Ich weiß daß Dich das ganze Machwerk bis zu Ende fächlich interessiren würde. Man sieht, daß der Bau seine ganze Freude war, nichts ist Schein, alles ächt u planmäßig durchgebracht. Bei dem herannahenden Geburtstag Emils hat seine Frau einen hübschen Gedanken, bei dessen Ausführung Du uns behülflich sein kannst. Sie wollte nehmlich über die Thür am Treppenthurm einen hübschen paßlichen Spruch in Stein hauen u einsetzen lassen. Nun erinnere ich mich, daß es auf der Wartburg ein Heftchen mit schönen Sprüchen allerart gibt. Du würdest uns einen großen Gefallen thun, uns dasselbe womöglich umgehend zu schicken, damit die Sache noch zur Ausführung kommen kann. Bei unserm Hieherkommen hat mich Emil in zarter Weise überrascht. Er wußte wohl, daß ein Lieblingsweg mich oft nach dem Wellenbach führte. Der Stille Wald zieht mich dort vorzugsweise an. Eines schönen Morgens spaziere ich mit ihm dorthin u finde unter der schönsten Linde einen Stein mit der Inschrift: Friedrich Preller’s Linde. Darunter 579
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die Worte von Göthe: Ihr Geister des Waldes, Nymphen des Flusses. Seid gedenk Eurer Fernen, der Nahen zur Lust. Du kannst Dir wohl meine Überraschung u Freude vorstellen. Mit meinem Befinden geht es leidlich gut. Von allen die herzlichsten Grüße. Besondere von Deinem treuen Friedrich Preller Ilmenau 16 Juli 1870. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3682.
635 Weimar, den 28. August 1870. An seinen Sohn Friedrich (1838–1901), Landschaftsmaler. […] Mit bestem Vorsatz, Dir auf Deinen letzten Brief recht bald zu antworten, habe ich die Tage doch vertrödelt, ohne dass man sehen könnte, welche Früchte sie hinterliessen. Hauptsächlich ist es die Unruhe, die mehr oder minder gewiss jeder Mensch mit sich herumschleppt, welche mich zu nichts kommen lässt. Bei allem furchtbaren Elend, hat die Zeit etwas gewaltig Grosses, und ich danke Gott, dass ich die Tage bis hierher noch erleben durfte. Möchte es mir doch bestimmt sein, auch Zeuge des Finales zu werden.* […] * Preller bezieht sich hier auf den Krieg zwischen Deutschland und Frankreich. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 331–332.
636 Weimar, den 15. September 1870. An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt. Mein lieber Emil! Es wird Zeit, daß ich Dir auf Deine Theaterfrage eine Antwort gebe. Bis jetzt ist noch, wie angezeigt, die Leonore* in Aussicht. Wenn du kommst, triffst du den Jewer** hier, u kann ich nicht mit in’s Theater, so hast Du eine sichere Gesellschaft an ihm. Ich bin nehmlich seit einigen Tagen an’s Zimmer verurtheilt, da mich ein böser Rheumatismus seit einigen Tagen am Kopfe plagt, u für alles untauglich macht. Brehme hat hinterlassen nicht früher auszugehen, ehe er die Erlaubnis gegeben. Nun geht mir’s heut viel besser u. ich hoffe daß wenn Du kommst, alles wieder gut sein soll. Der heutige Tag brachte uns zwei Ueberraschungen, von denen die Eine sehr traurig ist. Watzdorf nehmlich ist heut früh seiner Frau gefolgt. An ihm verliert der Hof wie das ganze Land einen Ehrenmann, der als Minister unermüdlich das Gute gewollt. Die andere war v. Zahn’s Ankunft vom Kriegsschauplatz, wohin er mit Medicamenten u Erfrischungen gegangen war. Ich hoffe, er wird uns diesen Abend mancherlei erzählen können. 580
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Bei mir findest Du wieder ein fertiges Bild aus der römischen Campagna. Alles grüßt dich herzlich mit den lieben Deinigen. Auf frohes Wiedersehen Dein Fr. Preller d. 15 Septbr 1870. * Leonore ist der Titel der Urfassung der Oper Fidelio von Ludwig van Beethoven (1770–1827). ** Damit ist der aus Jever stammende Ernst Hemken (1834–1911), ein ehemaliger Schüler Prellers, gemeint. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
637 Weimar, den 12. Oktober 1870. An Lisbeth von Suchodolska, geb. Bauer (1844–nach 1912), Malerin.* […] Sie kennen mich genugsam, kennen meinen jedesmaligen moralischen Katzenjammer, wenn die Zeit kommt, in der ich mit einer Arbeit abschliesse, da sie doch zuletzt in der Hauptsache nicht mehr zu verbessern ist, u wissen genau wie einem armen Teufel zumuthe ist, wenn er seine Arbeit dahin stellt, wo sie wahrscheinlich eine zeitlang der Kritik von Berufenen u. Unberufenen preisgegeben ist, u. wo man vor allem daran gewöhnt wird, nichts geradezu Schlechtes zu sehen. Sie kennen eine Fähigkeit u. Liebe zur Kunst aber auch meine Zaghaftigkeit mit der ich jede meiner Arbeiten aus den Händen lasse, weil ich weiss, wie viele Gegner mein Streben hat. (S. 100–101). […] Für Frl. v. Eichel habe ich jetzt ein Bild derselben Grösse begonen wie der Samariter war, u. dafür Rebecca u Eliesar gewählt. Die Brunnenscene ist, wie mir scheint, landschaftlich gut zu behandeln, nur komt es darauf an, daß ich der rechte Mann dafür bin. (S. 390–391). * Als Adressatin dieses Briefes nennt Weinrautner einmal Marie Soest (S. 100) und einmal v. Suchedelsky (S. 101). Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
638 Weimar, den 31. Oktober 1870. An Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887), Lebensgefährtin von Franz Liszt. Hochverehrte Frau! Durch die Reise des Herrn Jädekens*, Professor der Archäologie in Jena, finde ich endlich eine schon lange ersehnte Gelegenheit, Ihnen einige Kleinigkeiten aus meinem Studium übersenden zu können, in Dank tiefempfindende, welch Interesse Ihro Durchlaucht seit vielen Jahren an allem genommen, was ich, in Liebe zur Kunst gearbeitet habe. Seit meiner letzten Reise in Italien habe ich fleißig gearbeitet, da neue Anregung nicht der geringste Gewinn der unvergeßlichen Reise war. Mein letztes größeres Bild: der 581
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barmherzige Samariter, hat einen Platz im Museum zu Leipzig gefunden, und jetzt male ich die Rebecca mit Eliesar am Brunnen, für Fräulein v. Eichel in Eisenach. Die Gegenwart mit ihren Jammer und Sorgen erfüllt auch in Weimar die Gemüther aller Menschen, und schwer wird es einem Jeden, Ruhe für seinen Beruf zu finden, ich suche sie in meiner Arbeit, und da finde ich sie auch oft, hoffend, daß sie der Menschheit auch bald wiederkehre. Der Gedanke: bald wieder nach Italien zu gehen, ist der herschenste meines Herzens, Ihrer Durchlaucht in Rom mich abermals vorzustellen zu dürfen ein wahrhaft beglückender. Mit dem Wunsche für Ihre hohes Wohl und fernerer Gewogenheit Ihrer Durchlaucht unterthänigster Friedrich Preller. Weimar 31 Octbr. 1870. * Rudolph Gaedechens (1834–1904), Archäologe. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass Sayn-Wittgenstein.
639 Weimar, den 22. November 1870. An Lisbeth von Suchodolska, geb. Bauer (1844–nach 1912), Malerin.* […] Ihr lieber Landsmann Börner hat uns allen einen vergnügten Tag bereitet, mir aber Verschiedenes entführt. Bei dem wechselnden Wetter habe ich die Palette in eine Ecke verdamt, zeichne mit ungünstigen Leidenschaft einige Compositionen u alles war dem Herrlichen wilkomen, sogar die Campagna zog seine Liebesblicke auf sich u wird diese also auch wohl in Leipzig ein Domicil finden. […] * Bei Weinrautner als „Suchedelsky“ bezeichnet. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 374.
640 Weimar, den 2. Dezember 1870. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Mit bestem Dank erhalten Sie hierbei den Empfangsschein der 500 Rth. Sie nach langer Zeit in Leipzig wiederzusehen, war mir eine große Freude, u. recht von Herzen wünsche ich daß Sie Ihren weimarischen Besuch nicht zu weit hinausschieben. Der Dresdner Aufenthalt war mir allseitig interessant. Jetzt arbeite ich wieder fleißig. Mit bestem Gruß Ihr ganz ergebener Friedrich Preller. 582
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Weimar 2 Decbr. 1870. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/144.
641 Weimar, den 4. Dezember 1870. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig.
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Hochverehrter Herr! Wie soll ich Ihnen nur annähernd die Freude beschreiben, die mich überkam, als ich das übersendete Paquet erbrochen hatte. Unser unsterblicher Freund trat mir mit seiner ganzen großen Natur, obgleich ich ihn stets im Geist mit mir trage, so lebendig vor die Seele, daß ich meinte, er stehe neben mir. Habe ich doch einen großen Theil der vorliegenden Blätter vom ersten Beginn ihrer Entstehung bis zur heutigen glanzvollen Erscheinung mit dem Unvergleichlichen durchlebt, und immer von ihm zu lernen gestrebt.* Keines der Blätter war mir unbekannt, aber neu und bewundernswürdig sind und bleiben sie mir, so lange ich lebe.
51. Max Jordan (Hrsg.): Satura, Leipzig 1871.
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Mit der Zueignung des köstlichen Werkes beehren Sie mich in höchster Weise, und kann ich auch nicht die Ehre verdienen, weiß ich sie doch zu würdigen. Im Gefühl des innigsten Dankes gegen Sie u. Freund Jordan, sowie der treuen Liebe für den Seligen lege ich das Werk zum Kostbarsten, was ich besitze. Empfangen Sie noch die Grüße der meinigen u. meine in’s besondere u. erhalten Sie das Wohlwollen Ihrem treuergebenen Friedrich Preller. Weimar 4 Decbr 1870. * Es handelt sich bei dem Geschenk um ein druckfrisches Exemplar des bei Dürr in Leipzig erschienenen Bands Satura mit 28 Tafeln von Bonaventura Genelli (1798–1868) und einem Begleittext von Max Jordan (1837–1906). Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/145.
642 Weimar, den 11. Dezember 1870. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Weimar 11 Decbr. 1870. Grüß Gott lieber Freund! Sie erhalten hierbei die 4 Zeichnungen, hoffentlich kommen sie wohl behalten in Ihre Hände. Da ich stets in Verlegenheit bin über meine Arbeiten zu urtheilen u. Preise zu bestimmen, so bat ich Ruland* mir bei zu stehen, u der hat sie taxirt in Bezug auf Sie, wie folgt: Jede der großen Zeichnungen zu 100 Rth. Die Centauren 40 ‘‘ Olevano läuft nebenher Suma 240 Rth. Sobald die hellen Tage wiederkehren soll die Campagna fertig gemacht werden. Bis dahin, wenn ich wohl bin, will ich den Actäon für Dr. Haertel als Carton in mittlerer Größe zeichnen. Die Ihnen übersendeten großen Zeichnungen fanden manchen Liebhaber in Dresden, wohin ich dieselben mitgenommen hatte, als ich Friedrich zurük begleitete. Beiliegend ist auch die Quittung über die empfangenen Zwei Hundert Thaler. Das ganze Haus trägt mir Grüße für Sie auf, die meinigen füge ich bei u bin Ihr Fr. Preller. Weimar 11 Decbr 1870. * Der Kunst- und Literaturhistoriker Carl Ruland (1834–1907) wurde 1870 Direktor der Großherzoglichen Kunstsammlungen in Weimar. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
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643 Weimar, den 23. Dezember 1870. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrtester Herr! Ich habe, damit die Sache keinen Aufschub erleidet, sogleich die nothwendigen Correkturen vorgenommen, und schike Ihnen das Paquet mit besten Dank zurük. Sobald Sie die Prädellen erhalten, bitte ich um ein gleiches damit vorzunehmen. In wahrster Verehrung u. mit dem Wunsche: Sie u. Ihr ganzes Haus möchten ein frohes Fest erleben Ihr Friedrich Preller. Weimar 23 Decbr 1870. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/146.
644 Weimar, den 25. Dezember 1870. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter lieber Freund! Sie erhalten hiermit die Bescheinigung über die zwei Hundert empfangenen Thaler. Ueber den Rabattpunkt wird es einfacher sein, sich mündlich zu besprechen. Bisher habe ich Ihnen die Zeichnungen mit Rücksicht auf Ihr Geschäft angerechnet, was Sie dem Käufer anrechnen wollen, ist mir bisher gleichgültig gewesen. Doch genug davon bis wir uns sehen. Sie erhalten wieder eine Zeichnung, dessen Gegenstand in der Campagna mir immer lieb war, u den ich in guten Stunden vielfach aufsuchte. Ich rechne dafür Fünf und Zwanzig Thaler, können Sie hundert bekommen, soll mir’s recht sein. Seit etwa 5 Tagen bin ich ins Haus verurtheilt, hoffentlich entlässt mich der Arzt als genesen, bald wieder. Hol der T—l das Kranksein! — Der Weihnachtsabend war reizend bei uns, schade daß nicht alle Tage Weihnachten ist, würde der selige Schuchardt sagen. Ich bin mit Einem pr. Jahr zufrieden. Möge es Ihnen die ganze Zeit gut gehen. Mit den besten Wünschen für’s neue Jahr vom ganzen Hause Treu Ihr Fr. Preller Weimar 25 Decbr. 1870. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
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645 Weimar, den 26. Dezember 1870. An Wilhelmine Preller, geb. Zimmermann (1845–1910), Ehefrau seines Sohnes Emil (1836–1893). Mein liebes Minchen! Nimm meinen aufrichtigen herzlichen Dank für Dein liebes, wohlgelungenes Geschenk, das mir stets eine liebe Erinnerung an das merkwürdige Jahr 1870 sein u bleiben wird. Wir haben Eurer am Christabend lebhaft bei einem Glase Punsch gedacht u alles Liebe u Gute Euch gewünscht. Glüklicherweise war ich nach einem harten Magenkrampf wieder leidlich wohl. Heut bin ich zuerst wieder ausgegangen, mir aber alle Utensilien ins Jägerhaus bringen lassen, da ich das große Studium nicht erwärmen kann. Ich wünsche daß Emil die kl. Zeichnung von Olevano eine kl. Freude gemacht u ihn in das dort glüklich verlebte Jahr zurükgeführt hat. Ich habe sie mit Lust gezeichnet u dabei der seligen Mutter ohne Unterbrechung in Liebe gedacht. Laß Du liebes Minchen das Zeichnen nicht ganz ruhen, immer habe ich Freude an dem, was Du vollbringst. Sollte das Neujahr erscheinen, bevor ich wieder schreibe, so nehmt alle, meine besten Wünsche im Voraus. In treuer Liebe Dein Fr. Preller. Weimar 26 Decbr. 1870. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
646 Weimar, nach 1870 (?) An Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler, Fotograf und Restaurator, ehemals Schüler von Preller. Liste der zum Fotografieren an Kemlein gesandten Werke Prellers und Olinda Bouterweks. No. 32. B. Album d. Frl. Bouterwek. 9. P. Bild in Prellers Album 7. P. Bild im Schloß zu Weimar. 3. P. Zeichn. Alb. der Frl. Bouterwek. 42. B. Originaloelgem. Frl. “ 27. B. Zeichn. Alb. der Frl. Bouterwek. 31. “ Orig. Oelgem. Schloß zu Weimar 7. “. Oelgem. Herr Landcammerrath Vogt.* 13. B. Zchn. Album v. Frl. Bouterw. 586
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25. B. “ dito. 2 9. P. Zeichn. Prellers Album. 17. B. “ Alb. v. Frl. Bouterw. 13. P. Zeichn. Prellers Alb. 37. P. “ “ 48. P. Oelgem. Frau Oetker in Cassel 4. B. Zeichn. Alb. v. Frl. B. 4. P. Oelg. Kais. v. Rußland.** 6. P. Oelg. Fa. Seburg in Leipzig***. 15. B. Zeichn. Alb. v. Frl. B. 15. P. Oelg. Staatsanwalt Genast**** 31. P. Oelg. im Schloß zu Weimar. 1. P. “ Frl. Seidler in Weimar. 8. B. Zeichn. Album v. Frl. B. 31. B. dito 30. P. Zeichn. Preller Album. 26. B. Zeichn. Alb. v. Frl. L. 37. P. Zeichn. Pr. Album. 21. B. dito Alb. v. Frl. B. 6. B. Zeich. dito. 12. B. “ dito. “ P. Pr. Alb. mit verschm. Ecken P. dito erste römische Landsch. * Evtl. Landschaft aus dem Sabinergebirge mit barmherzigem Samariter, 1870; Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv.-Nr.: G 415, erworben 1870: gestiftet vom Kaufmann Carl Voigt (1805–1881) zum Gedächtnis an seinen im selben Jahr verstorbenen Sohn. ** Alexander II. (1818–1886). Kaiser von Russland. *** Sturm an der Küste, 1856; Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv.-Nr.: G 632: Vermächtnis Frau Dr. Elisabeth Seeburg, 1888. **** Küstenlandschaft an der Ostsee, 1849; Kunstsammlungen zu Weimar, Ident: 352944 / Inv.-Nr.: G 1767: erworben von Fr. Merian-Genast, Weimar; Familienbesitz Staatsanwalt Wilhelm Karl Albert Genast (1822 –1887). Berlin, Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente, Sign. Do 90/9829.9.
647 Weimar, den 2. Januar 1871. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein theurer lieber Bernhard! Ein neues Jahr hat nach unsrer alter Rechnung angefangen, wir sehen ins vergangene schwere Jahr zurück u hoffen vom neuen, was im alten nicht erreicht u errungen werden konnte. Gott mag wissen, was alles dem treuen tapfern Volke bevorsteht! 587
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Ich versichere Dir, Daß mich die Ereignisse unserer Tage noch ganz krank machen, soviel u so oft ich auch alles versuche, über das Unheil mit meinem Sinn hinweg zu kommen. Es drückt mich wahrhaft durchaus Nichts thun zu können, was mir sagt, daß ich fürs Ganze nach Pflicht gethan, u was von Wirkung ist. Für Recht u Vaterland kämpfen u das Leben hingeben, erscheint mir als eine besondere Bevorzugung, u ich beglückwünsche Jeden, der gerüstet der Canaile entgegen gehen darf u kann. Was dem Humpenvolke, den Franzosen auch Hartes u Schweres begegnen mag, haben sie es an uns nicht verdient? Gott gebe, daß wir einem ehrlichen Frieden bald flaggen können! Ich danke Dir herzlich für Deine guten Wünsche u erwiedere sie aus tiefen Herzensgrunde. In den Feiertagen haben wir Deiner viel gedacht, obgleich auf die Freude Deines Kommens nicht fest gerechnet, denn lange schon wußte man, daß am Hofe alles still blieb. Jeder Einzelne sieht mit Dank im Herzen, wieviel die Fr. Großherzogin öffentlich u im Stillen an den unglücklichen Menschen zur Erleichterung der schweren Schicksale thut! Gott möge das edle Paar erhalten! Unser einfaches Leben geht ohne Besonderheit den alten Gang, den Du kennst. Ich arbeite viel, d. h. in Zeichnungen, da die kurzen dunkeln Tage der Malerei Hindernisse entgegenstellen, wogegen es keine Mittel gibt. Gegenwärtig zeichne ich den Actäon in Kohle für den Haertel in Leipzig, eine reiche wohlgelungene Composition. Nach Vollendung derselben beginne ich den Elias, den die Raben Nahrung bringen. Diese Zeichnung will ich dem Großherzog ins Museum schenken, und ich hoffe, er soll sich freuen, denn sie gilt als tüchtig. Ausgeführte Bleistiftzeichnungen habe ich [?] gemacht, wovon der Elias nach Hamburg, die andern nach Leipzig gekommen. Daß die liebe Mama in ihrem hohen Alter wieder genesen, hat im Hause große Freude erregt. Bitte ihr die besten Wünsche von uns allen zu bringen. Daß Du aber bei der heftigen Kälte auf der Burg bleibst, ist leichtsinnig, an Deiner Stelle würde ich die harten Tage in der Stadt leben. Eine heftige Magenerkältung, die mich bei den heftigsten Schmerzen ins Bett brachte, habe ich einer Erkältung im Atelier zu danken. Seitdem leide ich noch stets. Für heut nur noch die besten Wünsche u Grüße des ganzen Hauses, insbesondere Deines Dich treu u innig liebenden Friedr. Preller. Weimar 2 Jan. 1871. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3683.
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648 Weimar, den 17. Januar 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Lieber Freund! Heut morgen habe ich eine große Kohlezeichnung, den Actäon an Dr. Härtel abgeschikt. Sie kennen genügsam meine Schwäche, wenn es an’s Bestimmen des Preises geht. Ich habe Dr. H. den Rath gegeben: Sie darüber zu befragen, u denke, Sie werden uns beiden aus der Verlegenheit helfen. Gern würde ich H. damit ein Geschenk machen, doch Sie kennen seine Aengstlichkeit in derlei Dingen, u ich habe daher nur den Wunsch, daß Sie einen mäßigen Preis bestimmen. Jetzt zeichne ich für das Museum hier, da mich Ruland stets plagt, den Elias in der Wüste.* Hält dann die Kälte noch an, sodaß ich das große Studium nicht heizen kann, so mache ich einige kl. Zeichnungen, die Ihnen zur Verfügung stehen. Das ganze Haus grüßt Sie herzlich mit Ihrem Fr Preller. Weimar 17 Jan. 1871. * Der Kunst- und Literaturhistoriker Carl Ruland (1834–1907) war seit 1870 Direktor der Großherzoglichen Kunstsammlungen in Weimar. 1871 lieferte Preller den Carton des Elias in der Einöde an das Museum. Ein entsprechendes Ölgemälde hatte die Familie von Eichel-Streiber aus Eisenach in Auftrag gegeben. Siehe Brief 660. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
649 Weimar, den 2. Februar 1871. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig.
Abb. 52
Verehrtester Herr! Die Probedrücke der Predellen haben mir durchschnittlich große Freude gemacht, denn sie sind zart geschnitten, u. erfüllen vollständig ihren Zweck. Sehr begierig bin ich von jetzt an das fertige Werk zu sehen. — Nehmen Sie meinen besten Dank für die Sendung u. die Grüße Ihres treu ergebenen Friedrich Preller. Weimar 2 Febr. 1871. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/147.
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52. Friedrich Preller d. Ä.: Predella zu Odysseus als Gast bei Eumäos, Holzschnitt, 1872.
650 Weimar, den 22. Februar 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter Freund! Morgen vollende ich eine Zeichnung Via Latina, etwa eine Stunde von Rom. Nun wollte ich einfach anfragen: ob Sie dieselbe haben wollen, weil ich in andrer Weise sonst darüber verfüge. Die Zeichnung ist ohngefähr 20 Zoll lang u 12–15 Z. hoch, der Preis 35–40 Rth. Da der Gegenstand als Campagna einfach ist, habe ich alle Mühe auf die charakteristische Durchbildung der Theile u des Ganzen verwendet. Ich erwarte baldigst Ihre Antwort. Ich danke Ihnen bestens für die Freundlichkeit, mit der Sie sich in der Härtelschen Angelegenheit erboten. Die Sache ist beendigt, u ich wünschte wohl, daß Sie den Carton in Augenschein nähmen. Nach Prag habe ich den Elias geschikt, er gehört dem hiesigen Museum. Möge es Ihnen gut gehen! Mit bestem Gruß Ihr Friedrich Preller. Weimar 22 Febr. 1871. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
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651 Weimar, den 26. Februar 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Lieber Freund! Sie erhalten anbei die Zeichnung der Via Latina, die erste, der ich mit Sehnsucht nachsehe, den es ist die Gegend, in welcher ich mit Vorliebe studirt, u. die ich nie vergessen werde. Hoffentlich ist Ihnen der Preis von 40 M. nicht zu hoch, im andern Falle theilen wir uns in die 5 M. Daß Dr. Härtel große Freude am Actäon hat, wird mir von vielen Seiten versichert.* Da das Wetter wieder mild zu werden scheint, kommt auch die Lust zum Malen wieder. Ich werde daher den Elias untermalen u dann Ihre Campagna fertig machen, was in einigen Tagen zu vollbringen ist. Bleibe ich gesund, hätt ich wohl Lust den Actäon zu malen. Der müßte aber die Größe der großen Odyssee Landschaften bekommen. Im Hause bei mir sieht es unerfreulich aus, Mama Ventzky ist sehr leidend. Mit bestem Gruß Ihr Fr. Preller. Weimar 26 Febr. 1871. * Siehe die Briefe 658, 660. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
652 Weimar, den 17. März 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter Freund! Diesen Morgen habe ich die Campagna vollendet, nachdem ich noch 10 Tage an deren Vollendung gearbeitet habe.* Ich wollte, Sie könnten dieselbe jetzt sehen, da das Ganze leidlich gut in seiner richtigen Wirkung ist. Ich werde sie jetzt ein paar Tage übertrocknen u dann verpacken lassen, um sie Ihnen zu senden. Wir haben freudige Tage hier gehabt, der Kaiser hat Weimar mit seiner Gegenwart die Ehre angethan u ist heut früh 10 Uhr für Berlin abgereist. Neben all den Vorkehrungen für’s Fest, hatte ich die Freude Herrn Dürr u Gemahlin hier zu sehen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie fragen: Haben Sie außer der magern Germania von Schwind, etwa noch andere Zeichnungen von ihm? So schicken Sie mir dieselben. Wie ich höre ist die Melusine jetzt in Leipzig, hätte ich einige Tage auf die Reise zu verwenden, ich würde gewiß nicht fehlen. Ein Rheumatir. im Arm hält mich von allem zurük. Noch möcht ich bitten: Lassen Sie mir doch wissen, wie wir jetzt zu einander geschäftlich stehen. Mit bestem Gruß des ganzen Hauses, Ihr Fr. Preller. 591
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Weimar 17 März 1871. * Das Gemälde Torre die Schiavi befindet sich heute im Thüringer Museum Eisenach, Stiftung Curt ElschnerGalerie. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
653 Weimar, den 23. März 1871. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar 23. März 1871. Grüss Gott lieber Freund! Diesmal nur einige Worte in der Monument Angelegenheit. Sie können wohl denken, dass ich die Photografie mit dem Lorbeer sogleich von einigen Zeilen begleitet nach Versailles geschickt habe. Die Antwort liess aber auf sich warten, und da der Grossherzog zurück war, und dennoch nichts erfolgte, schlug ich einen andern sicheren Weg ein. Mein Freund Guyet, den ich vor der Reise nach Berlin glücklich noch traf, brachte die Sache noch am letzten Tage in Anregung.* Auf das Verlangen, nun auch eine Photographie ohne Lorbeer, wegen des Vergleiches zu haben, schickte ich die meinigen, da die seinen in die Wildnis geraten waren. Diese sind gestern nach Berlin gegangen und da die mit dem Kranz, dabei ist, muss ich jetzt notwendig zum Ende kommen. Sollte der Grossherzog bei seinem früheren Ausspruch bleiben, dann bleibt nichts übrig als die Sache dem Comité zur Entscheidung vorzulegen, und so vile ich mich erinnere, waren alle für den Kranz. – Guyet, den ich vor einer Stunde sprach, lässt Ihnen sagen, dass Sie kommende Woche auf Erledigung der Frage rechnen können. Mit bestem Gruss Ihr Friedrich Preller. * Der Jurist und Verwaltungsbeamte im großherzoglich-sächsischen Staatsdienst Adolph Guyet (1835–1891) verhandelte in den Kontroversen um die Ausgestaltung des Carl-August-Denkmals von Donndorf in Weimar. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 2, S. 4–5. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
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654 Weimar, den 17. April 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. W. d. 17 Apr. 1871 Lieber Freund! Soeben komme ich vom Tischler der mir versprach: morgen früh (Dienstag) das Bild zu verpacken, um es am selben Tage absenden zu können. Hoffentlich hält der H—ke Wort was freilich bei uns unter diesen Leuten eine Seltenheit ist. Geben Sie dem Bilde nur nicht zu früh den Firnis, ertragen Sie seine schlechte Uniform lieber ein wenig länger, desto klarer u kräftiger wird es Ihnen dann erscheinen, u Sie sind der Erhaltung sicher. Mit dem Elias bin ich zum 2ten male durch, jetzt mag es einige Wochen trocknen bevor es wieder unter’s Messer genommen wird.* Da ich nicht gewohnt bin, die Hände in den Schoos zu legen, werde ich morgen eine Kohlezeichnung beginnen, um mit Verlat einen Tausch zu machen. Er will nehml. meine Frau malen. Ueber den Holzschneider Dupont habe ich Erkundigung eingezogen, u vorläufig gehört, daß er wenig od. nur kl. Bestellungen annimmt, weil er einen sehr umfassenden Auftrag aus zu führen hat. Vielleicht lerne ich ihn selbst kennen, u dann könnte ich ein weiteres mit ihm bereden, wenn Sie es wünschen. Ob Sie wohl in Bezug der Schnorrschen Zeichnung meiner gedacht haben? Lassen Sie mir doch ein Wort über diese Sache zukommen. Fr. Pr. Die Kiste bitte ich zurück zu senden. * Siehe die Briefe 658, 660. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
655 Weimar, den 24. April 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Lieber Freund! Es war mir eine Freude, gestern gegen Abend Kemlein’s freundliches Gesicht von Ihnen zurükkehren zu sehen, freilich brachte er Gutes u Schlimmes von dort mit. Ihr Unwohlsein ist mir sehr leid, ich blase indessen seit 4 Tagen auf denselben Instrumente mißmuthig bei allem, was mir begegnet. Sie können sich denken, wie sehr ich mich auf die Schnorrsche Zeichnung freue, die mir Kemlein heute in Aussicht gestellt hat. Ich gehe gern auf Ihren Vorschlag ein. Durch K. erhalten Sie die Quittung, er hat sie gestern mitgenommen. Jäger’s Tod* hat mich tief erschüttert. Dies Jahr hat unter den Künstlern gar schlimm gewirthschaftet, aber wie so oft, kommen auch diesmal die Lumpen gut weg. Wie heilsam 593
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hätte es sein können, wenn anstatt eines Tüchtigen, immer ein Schok Tanhagelschmierer** gegangen wär! — Nun! wir müssen eben nehmen, was da kommt. Das ganze Haus grüßt Sie mit mir Treu Ihr Fr. Preller Weimar 24 April 1871. * Gustav Jäger (1808–1871), Historienmaler in Leipzig. ** Tanhagel, alter Spottname. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
656 Weimar, den 27. April 1871. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Ich habe schwer an der Zeit gelitten, und die Vorgänge haben meine Ansicht über deutsch und französisch nur befestigen und erweitern können. Was ich an der französischen Nation von Jugend auf verachtet und gehasst, hat im letzten Jahre wahrlich keine Verminderung erfahren. In grosser Sehnsucht habe ich stets nach der alten Kunst geschaut, die in Paris vielfach aufgestapelt ist, doch zu einer Reise dahin hat mich nie jemand bereden können, ebensowenig je ein Wort ihrer Sprache zu reden, seit ich dem Lande fern lebe, in welchem man dieselbe zu reden gezwungen ist. Ich erlaube Ihnen, mich wacker auszulachen, meine Abneigung aber gegen jeden französischen Einfluss bleibt dieselbe, da ihre Kunst im besten Falle von aussen nach innen geht, ich aber fest daran halte, dass es umgekehrt das Rechte ist. Die deutsche Kunst ist nie von Franzosen besiegt worden, wohl aber das zur Kunst gehörige Handwerk, wobei es jedoch in Frankreich geblieben ist. Frankreich hat keinen Cornelius, Overbeck, Schwind, Führich, Ludw. Richter aufzuweisen, obgleich die Herren da vielfach nach dem Einen oder Andern gestrebt haben. Ich erkenne beider Nationen Vorzüge, die Deutschen stehen mir aber ungleich höher und diese Überzeugung will ich mit mir begraben lassen. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 332–333.
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657 Weimar, den 28. April 1871. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Gott grüße Sie liebe Frau! Daß Sie soweit entfernt, bei so viel Neuen in Erwartung Ihres Gemahl’s dennoch des Farben Professor’s gedenken, hat mich wirklich gerührt u. viel dazu beigetragen, daß ich den ganzen Tag über von sanftester Stimmung war. Ein immer in ähnlicher Weise wiederkehrender Tag hat für mich im Ganzen wenig Anziehendes, doch bin ich gegen alle Freundlichkeit empfänglich, u. undankbar wäre es, wollte ich gegen die mir so vielfach entgegengebrachte unempfindlich sein. Nehmen Sie daher meinen tiefgefühlten Dank für die guten Wünsche, die zu jeder Stunde willkommen u. zu gebrauchen sind. Ob ich Ihnen aber, die auf den Lachs u Ihre Person wohl überlegte Kränkung, vergeben soll, das muß ich erst reiflich überlegen, denn Sie wissen, daß ich etwas schwerfällig denke u. zum Entschluß komme. Besser steht es mit dem Mundwerk u allem, was damit in Verbindung tritt, u so kann ich Ihnen hoch u theuer versichern, daß Lachs u Baumkuchen über die schöne Erscheinung hinweg, ganz vortrefflich mundeten. Dafür nehmen Sie u die vortreffliche Frau Mama noch einen ganz besonderen Dank, u die Versicherung, daß letzterer in seiner vollsten Glorie ganz allgemeinen Effekt hervorgebracht. Eine große Freude war allen die Erscheinung der Großmama, die, wenn auch nicht ganz ohne Schmerzen, doch den ganzen Tag mit uns erleben konnte. Während der vielen Besuche, die Putt bis zu 49 gezählt, hatte Großmama sich still zurükgezogen u so ermöglicht daß wir sie bis zum Abend hatten. Der starke Blumenduft hatte aber auf mein Befinden übel gewirkt u mich gezwungen daher früh das Bett zu suchen, überhaupt leide ich viel an meinem Kopfschmerz u komme deshalb selten zur Arbeit. Hoffentlich bringt anhaltend gute Witterung auch meine Gesundheit zurük, denn Sie werden wohl wissen, daß man mit unklaren Sinnen gar nichts vollbringen kann. Der Elias ist in noch gesunden Tagen indes gut vorwärts gekommen. Der Carton von Prag zurük, bereits im Museum an seinem Platze. Jetzt zeichne ich in guten Stunden abermals einen Carton, habe die Campagna abgeschikt u mit Börner einen Tausch gegen eine vortreffliche Zeichnung von Schnorr gemacht (Bathseba, Federzeichnung). Nach meinem Begriff habe ich beim Tausch gewonnen, denn auf die ihm geschikten Kleinigkeiten habe ich nie Werth gelegt. Daß Sie die Sitina in Dresden nicht bekommen, habe ich mir nicht denken können, da die Arnoldsche Kunsthandlung eine umfassende Auswahl hat. Im Museum sind gegenwärtig einige zwanzig Cartone von Schwind ausgestellt. Der eingegangene Geldbetrag wird für ein Schwind Monument verwendet, was die Künstler ihm am Starenberger See errichten. Es besteht in einer von ihm projektirten Rotunda, welche die Melusine aufnimmt. Der Gedanke scheint mir glüklich. Ich kann mir auch gar nicht denken, daß dieser einzige ächt deutsche Künstler dem Leben enthoben ist. In Leipzig ist Jäger* an den Blattern gestorben, in München Hoschelt**, u so scheidet einer nach dem andern bis endlich die Marktlieferanten übrig sind. Was die 20ger Jahre hervorgebracht, ist heut wohl nur theilweis verstanden, wird in der Kunstgeschichte aber immer ein Lichtpunkt bleiben. 595
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Verlat hat das Portrait meiner Frau angefangen in Wachsfarben zu malen, u ich glaube, daß ers vortrefflich zustande bringt. Die Malerei ist vollständig ohne Glanz, hat aber viel mehr Licht, als die Oelschmiere, von der Sie wissen daß sie an mir einen Gegner hat. Damit will ich für heut schließen. Empfehlen Sie mich mit all den meinigen Ihren verehrten Eltern, sowie dem lieblichen Schwesterchen bestens, u denken Sie zuweilen gern ans alte Weimar u der Freunde. Herzlichst grüßend Ihr Fr. Preller. W. d. 28 Apr 1871. * Gustav Jäger (1808–1871), Historienmaler. Er hatte 1847 bis 1848 das Herder-Zimmer im Weimarer Stadtschloss ausgemalt. ** Theodor Horschelt (1829–1871), Historienmaler. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
658 Weimar, im Mai 1871. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Verehrte Frau Dittmer! Von einem ziemlichen rheumatischen Fieber erstanden, sei meine erste Beschäftigung, Ihren lieben Brief endlich zu beantworten, wenn Sie auch gleich nach der Antwort weniger Sehnsucht empfinden mögen, als nach dem schwanzlosen kleinen Krokodil, vor dem ich mich beuge, wie vor jeder mir neuen göttl. Erscheinung. Die Aussage eines Fachgelehrten hat jedenfalls mehr Werth, als die eines Beobachters, der, (es thut mir leid nicht anders zu können,) seine Beobachtungen mehrere Sommer lang, in freier Natur gemacht hat. In der Serpentara v. Olevano hatten wir nehml. eine Anzahl Eidechsen aller Größen durch Musik ganz zutraulich gemacht. Bald erkannten dieselben auch unsere Stimmenlaute, u fehlten nie, wenn wir das Mittagmahl vornahmen. Unter ihnen befand sich eine kl. Eidechse welche um die schöne Zierde ihres Schwanzes gekommen war. Nach 3 monatlicher treuer Beobachtung fehlte ihr aber noch immer der Schwanz. An andern E. habe ich nichts anderes erfahren, doch trete ich bei der Aussage eines Fachgelehrten zurük, u nehme die Spitze vorläufig als vollen Schwanz. Habe ich Gelegenheit, werde ich nicht unterlassen: meine Beobachtungen fortzusetzen. Sie sehen liebe Frau, daß ich nicht halsstarrig bin, aber die eigene Erfahrung werfe ich auch nicht ohne weiteres durchs Fenster. — Nach Aussage praktischer Gärtner, ist es ewiges Gesetz, daß die Pflanze ihre Nahrung durch die Wurzel aus der Mutter Erde zieht. Auf anderm Wege thun es die Blätter aus der Atmosphaire, das ewige Gesetz bleibt bei etwaiger Abweichung, doch dasselbe. Wenn also einige Pflanzen, auch umgekehrt, eine kümmerliche Existenz erreichen können, so sind es doch Ausnahmen einiger Pflanzen, von denen auch wohl die Mehrzahl untergeht. — Der Mensch nimmt nach ewigen Gesetz seine Nahrung gehend od. stehend, wenngleich 596
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einige Individuen auf dem Kopfe stehend, auch essen od. trinken lernen. Was Menschen mit Mühe u allerlei Versuchen als Kunststück erreichen mögen, Naturgesetz wird es eben nie werden. Dies liebe Frau, meine Ansicht, bis ich durch die Natur des besseren belehrt werde. — Da meine liebe Jenny mitschreiben will, wird sie Ihnen wohl mehr u interessanteres berichten, als ich in meinem einfachen Leben vollbringen kann. Daß ich arbeite, wenn ich gesund, müssen Sie nun schon wissen. Der Elias rükt immer vorwärts, u neue Aufträge fehlen nicht. Am meisten freut mich ein Auftrag für den Actäon aus Berlin, in einer Größe, welche ich für gut finde.* Jeder Preis ist angenommen. Von ebendaher noch 2 andere ähnlicher Art. Gott erhalte mir Gesundheit u die nöthige Frische, wie bisher, dann wird die Sache wohl gehen! — Bei dem schönen Wetter ist die Natur in herrlicher [Weise] erstanden, u ein Blik durchs Fenster macht die Seele aufjauchzen. Von Fr. Seeburg erhielt ich kürzlich ein schönes Geschenk, nehmlich 20 nach Koch’s Zeichnungen photogrph. Studien aus Olevano. Damit läßt sich deutlich beweisen, daß eine durchgeistigte Auffassung der Natur, ein ander Ding ist, als eine sclavische Copie derselben, u wieviel höher erstere steht. Andere kl. Dinge im selben Sinn haben meine Sammlung vermehrt, u darin besteht ein Theil meines höchsten Glückes, wovon ich Ihnen etwas mehr wünschen könnte, da Sie empfänglich dafür waren. Was große Menschen vollbracht u vollbringen, hat mir einen andern Werth, als mein mangelhaftes Eigene. Doch ich soll nicht viel schreiben, u so leben Sie wohl für heut. Empfehlen Sie mich Ihrem lieben Mann u verehrten Elternhause. Unverändert Ihr Fr. Preller. * Siehe die Briefe 651, 660, 705. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
659 Abb. 53 Weimar, den 9. (Mai ?) 1871. Brief an die Ehefrau des Malers Bernhard Plockhorst (1825–1907). Hochverehrte liebe Frau! Da ich die Schuld meines späten Dankes für die liebenswürdigste Theilnahme an meinem Geburtstage, ohne Gewissensbisse meiner Frau zuschreiben kann, weil sie durchaus mitschreiben wollte, so nehmen Sie, verehrteste Frau, meinen warmen Gruß und die besten herzlichsten Wünsche für Ihren Geburtstag, auf direktem Wege. Wenn es wahr, daß man mit festen Willen seine eigene Person in weitester Ferne zur Erscheinung bringen kann, so erschrecken Sie doch ja nicht, wenn Sie den alten Graubart der Belvederallee unter Ihren Gratulanten sehen! Am Morgen des 25 Apr. sahen wir dies Jahr die Freunde zum ersten male so zahlreich beisammen, doch wär die Zahl auch doppelt gewesen, das liebe Blockhorstsche Ehepaar hätte uns dennoch gefehlt. 597
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53. Friedrich Preller d. Ä.: Golf von Sorrent, Zeichnung, 1860.
Im Geiste bin ich gern an diesem Tage, viel in Ihrer Nähe gewesen u. habe mich herzlich gefreut daß man in Berlin den Meister besser zu schätzen weiss, als das hier geschah wenngleich ich bekennen muß, daß ich nicht ohne egoistische Wünsche war. Wie es in unserm Hause geht und steht, das wird Ihnen wohl meine Frau mitgetheilt haben, u. so will ich das, was getragen werden muß, Ihnen nicht wiederholen. Bringen Sie meinen herzlichen Gruß Ihrem lieben Mann u bleiben Sie beide die werthesten Freunde des Prellerschen Hauses. Auch die lieben Kinder seien herzlichst gegrüßt von Ihrem treu ergebenen Freunde Friedrich Preller. Weimar 9 Apr. 1871. Beiliegend: Zeichnung einer Küstenlandschaft von Preller, (22,5 × 35 cm.). Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachl. 141 (Slg. Adam), Kaps. 114.
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660 Weimar, den 5. Juni 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter Freund! Sie erhalten anbei den Weinberg mit Unterschrift zurük.* Das Jahr trifft nur ohngefähr, da ich das Nähere nicht genau erinnere. Ihre Zeichn. ist noch nicht gemacht, ich habe krank gelegen u möchte vor allem den Elias die Thür von außen zu machen lassen. Auf die Centauren u Actäon habe ich Aufträge u werde beide mit Vergnügen malen.** Mit herzlichen Gruß des ganzen Hauses Ihr Fr. Preller. Weimar 5 Juni 1871. * In seinem Brief vom 17 März 1871 an Boerner (Brief 652) hatte Preller um eine Arbeit des am 8. Februar verstorbenen Moritz von Schwinds (1804–1871) gebeten. Wahrscheinlich handelt es sich hier um dessen Aquarell des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg aus dem Jahr 1835. ** Über den Verbleib des 1871 fertiggestellten Bildes Elias in der Einöde, gemalt für die Familie von EichelStreiber in Eisenach, ist nichts bekannt. Das Germanische Nationalmuseum Nürnberg besitzt von Preller das Gemälde Arkadische Landschaft mit Kentauren von 1873. Im selben Jahr hat Preller zwei Bilder nahezu gleichen Formats (134 × 188 cm) mit dem Motiv Diana und Aktaeon fertiggestellt, von denen eines verschollen ist. Das zweite Gemälde befindet sich in der Gemädegalerie Lwiw, Ukraine. Die Aufträge für wohl drei der genannten Werke kamen aus Berlin. Preller nennt als Käufer des Bildes Diana und Aktaeon den französischen Konsul in Berlin, Marchand. Siehe die Briefe 658, 661, 662, 705. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
661 Weimar, den 28. Juni 1871. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Verehrte Frau! Ich wurde heut durch eine Sendung Ihrer Frau Mutter (4 Portraitzeichnungen) an eine Schuld erinnert, deren ich zwar wiederholt gedachte, aber an deren Beseitigung bisher gehindert wurde. Ich meine die Beantwortung eines Briefes, in welchem Sie Ihre Reise nach Kopenhagen u der dortigen schönen Kunstwerke mit einiger Ausführlichkeit gedenken. Sie haben, wie ich aus dem Briefe ersehe, ganz vergessen, daß ich die dortigen Sammlungen, wahrschl. viel genauer kenne, als Sie das in wenigen Tagen ermöglichen konnten. Bei meiner Reise nach Norwegen war Kopenhagen gerade der Ort, an welchem ich länger verweilte, weil damals Thorwaldsen dort war, den ich auch längere Zeit gern wiedersehen wollte, was damit auch wiederholt geschah. Einige römische Freunde waren mir stets behilflich die Zeit zweckmäßig zu verwenden. Sie werden begreifen daß die Gallerie eigentlich meine Zeit ausfüllte, da ich von einigen Meistern das Vortrefflichste sehen konnte. Davon habe ich Ihnen das Eine u. Andere erzählt, doch Sie scheinen es nicht werthgehalten 599
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zu haben. Bei dieser Gelegenheit muß ich Ihnen aber doch bemerken, daß Asm. Carstens nichts weniger war, als Däne, nur einige Zeit als junger Mann sich in Copenhagen aufhielt, seiner Studien wegen, sich aber in die Vorschriften des Professors nicht fügte, sodann C–n verließ. Carstens war ein Norweger [Randbemerkung: Carstens war in St. Jörgen bei Schleswig geboren, in Rom gestorben, u stand mit Dänemark in keiner Verbindung] u hat nie etwas anderes zu sein begehrt. Daß die Dänen ihn jetzt gern zu sich zählen möchten, ist nicht unnatürlich, denn damit hätte Thorwaldsen keinem Deutschen etwas zu verdanken. Carstens war mit Th–n u Koch in genauen Verkehr u ohne C–s wär vielleicht Th–n das nicht geworden, was er in der That ist. Da ich im Augenblik Ihr Gegner bin, muß ich doch noch erwähnen, daß ich über die Eidechse u umgekehrte Bäume folgendes bei Fachgelehrten erfragt habe. Das Geschlecht der Eidechsen hat am meisten Reproduktionskraft, u die Ergänzung des Schwanzes kommt vielfach vor, doch nicht ohne Ausnahmen. Verschiedene Individuen haben verschiedene Kraft daher der Schwanz oft in einer Spitze ohne Rückenwirbel ihr Ende hat. Daß der Baum an der in die Luft gekehrten Wurzel Blätter produzirt, ist eine Fabel, da alle neuern Versuche ohne Ausnahme gescheitert sind. Was ich gesagt, hat seine Richtigkeit, die Wurzel ist so organisirt, daß sie aus der Luft ihre Nahrung, nicht, wie in der Erde, saugen kann, ebenso verhält sich’s mit den Zweigen. Das Naturgesetz kann kein Mensch ändern. Dies der Ausspruch des Prof. Haeckel in Jena. Hoffentl. ist damit unser Streit beseitigt. — Jetzt komme ich zur Sendung Ihrer Frau Mutter, die einen etwas anderen Charakter trägt. Die Sendung besteht aus einem jugendlich weiblichen u 3 männlichen Portraits. [Randnotiz von Dittmer: 4 Portraitzeichnungen die ich in Danzig gemacht] Alle vier sind erstaunliche Arbeiten, jedoch das weibliche, sowohl in Frische der Auffassung als im Gefühl der Zeichnung wie der Materie, bei weitem das künstlerischeste. Nächstdem ist der bärtig Mann mir beiweitem das liebste, da er so männlich schöne Form u einen gewissen bestimmten Ausdruck hat. Die beiden jungen Herrn erreichen die vorhergenannten nicht. Ich sehe aus diesen arbeiten, daß Sie auf bestem Wege zur wirklichen Kunst sind, bedaure aber noch heut, wie ich’s immer gethan, daß Sie doch vorziehen: sich mit der Mittelmäßigkeit herum zu schlagen. Ehe Sie bei allem Vorrath der Zeit, einen Kopf malen lernen, der mit den Zeichnungen einen Vergleich aushält, dürfte eine lange Zeit vergehen, u. noch ist die Frage: ob Sie Talent u Auge für die Farbe haben. Die Beurtheilung der weiblichen Schülerarbeiten nur von Verlat selbst geschrieben, u zwar sehr geschikt. Eine strenge Kritik von anderer Seite dürfte etwas weniger gefällig ausgefallen sein. —Ein altes Sprichwort sagt: des Menschen Wille ist sein Himmelreich, u so möchte ich Ihnen rathen, thun Sie, was Sie nicht lassen können, od. wollen. Ich wiederhole, daß ich aufrichtige Freude an diesen Arbeiten gehabt, u daß ich mit einer gewissen Genugthuung sehe, daß meine Lehre auf guten Boden gefallen ist. — Aus dem Hause kann ich nicht das erfreulichste melden, denn Großmama wird immer schwächer u an eine Genesung denkt auch Brehme nicht mehr. Wenn der Himmel nur leidliche Tage sendet, sind wir schon glüklich. Gegenwärtig ist Jenny’s Schwester mit ihrem Pflänzchen hier, u damit haben wir einigen Wechsel im Leben. Der Elias ist vollendet u die Photographie nach dem Carton hat mir aus Berlin die Bestellung von 3 großen Bildern, ohne jede Bedingung zugeführt. Ich nehme den Actäon u ein Bild mit Centauren in die Hände, sobald der E. Platz gemacht. Für’s dritte will ich eine 600
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neue Composition machen. Den Elias habe ich 2 Tage ausgestellt, u der vielfache Besuch dürfte den Eremiten wohl zuweilen gestört haben.* — In Meissen haben die Künstler nachträgl. das Dürer Jubiläum gefeiert, u ein Festspiel aus Dürer’s Leben aufgeführt. Friedrich hatte die Rolle des Dürer u soll ganz gut gespielt haben. Der Dichter, Jul. Grosse, u Marschall waren dort u haben sich gut unterhalten. In nächster Zeit erwarten wir Friedr. hier, er geht nach Eisenach u ich habe große Lust, ihn für einige Tage Gesellschaft zu leisten, worauf ich mich wahrhaft freue. Mein Ernst ist vor wenig Tagen in Hamburg eingetroffen, wird wohl aber nicht sehr lange bleiben. — Gestern Abend, während wir zu Tisch saßen, wurden wir unangemeldet vom Großherzog überrascht. Er trank den Thee mit u später kam Verlat. Erst gegen 10 Uhr fuhr er nach Belveder zurük u wir hatten beim Sehen vieler Zeichnungen uns recht gut unterhalten. Tags vorher habe ich ihn 2 Stunden lang im Atelier von vielen u ernsten Dingen, auf die Kunst bezüglich, unterhalten müssen. Sie können wohl denken, daß ich nicht hinter dem Berge gehalten habe. Ob er auf seine Weise lernt, ist seine Sache. Ich bin gewöhnt ohne Umschweife zu reden, u so hat er Dinge gehört, die ihm vielleicht nie gesagt worden sind. Damit ich Ihnen aber nicht zuviel unnützes vorplaudere, will ich heut schließen. Nehmen Sie noch die besten Grüße des ganzen Hauses, die meinigen besonders für Ihren Gemahl. Unverändert Ihr Fr. Preller. Weimar 28 Juni 1871. * Siehe Brief 660. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
662 Wartburg, den 24. Juli 1871. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein theurer lieber Bernhard! Es ist mir unendlich schmerzlich zu erfahren, daß Du krank, anstatt hier, in Marburg steckst. Ich brauche Dir nicht zu sagen, mit welcher Freude ich die Gelegenheit wahrmache, Dich nach so langer Zeit, auf der lieben Burg aufzusuchen zu können, u jetzt? muß ich durch den Schwarzen hören, daß Du krank!! — Mit mir ist der bekannte tüchtige Bildhauer Kopf aus Rom, der in Weimar meine lebensgroße Büste gemacht hat.* Jetzt sitze ich in Deiner heimlichen Stube um Dich aus tiefstem Herzensgrunde zu grüßen, u zu wünschen, daß Du statt meiner recht bald frisch und beglükt hier sitzen mögest. Hoffentlich macht Dir der Elias für Frl. A. von Eichel, der jetzt hier ist, einige freudige Momente.** Bauer hat 4 Bilder ausgestellt, alle 10 Jahre aus einander, u ich war dabei in einer sonderbaren Stimmung bei Beschauung derselben. Friedrich hat die 2 andern an v. Eichel gebracht und malt noch einiges daran. 601
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Das alte liebe Eisenach wirkt in alter Weise auf mich, nur Du lieber herziger Mensch fehlst mir, u was soll Dich ersetzen? So reise ich ab in Unruhe und Trübsinn. Gib, wenn Du kannst, mir recht bald Nachricht, schöner noch wär freilich, wenn Du selbst bald kommen könntest. Mit den besten Wünschen für Deine schnelle Genesung bin u bleibe ich Dein treuer Fr. Preller Wartb. 24 Juli 1871. * Joseph Kopf (1827–1903), Bildhauer. ** Siehe Brief 660. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3684.
663 Weimar, den 3. August 1871. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Weimar 3 Aug. 1871. Verehrte liebe Frau! Es ist viel Zeit in’s Land gegangen, bevor ich zur Beantwortung Ihres letzten Briefes kommen kann, Unwohlsein, viel Arbeit u endlich eine Tur nach Eisenach u Ilmenau, wo ich mich ein wenig erholen sollte, sind wohl Gründe, welche vor Ihnen Gnade finden. Daß der kleine Krieg ganz eingestellt ist, macht in meinem ganzen Leben eine Lücke, die auszufüllen, ich mich bis jetzt vergebens bemüht habe. Mit mir selbst kann ich nichts unternehmen, Jennychen ist zu sanft, aber vielleicht läßt sich mit Elschen Schindelmeihser etwas anstellen, da sie wenigstens ein wenig Widerspruchsgeist besitzt, was immerhin auf günstige Augenblicke eine gewisse Einwirkung hat. Wenn ich Ihnen die Zeichnungen nicht längst zurükschikte, so entschuldigen Sie wohl gütigst mit obigen Gründen. Es würde ganz sicher heut geschehen sein, wenn ich’s nicht vorgezogen hätte, Ihnen zu schreiben, ich will Ihnen hiermit aber versprechen, daß es nun geschehen soll. Mein nervoses Leiden ist abermals durch verschiedene Portraitzeichnungen entstanden. Ein alter Freund, Jos. Kopf, einer der bedeutendsten Bildhauer in Rom, hat mich nehmlich überredet: ihm für meine Büste zu sitzen, was er ohne Erfolg schon in Rom versuchte.* Alle Gründe, die mir zu Gebote standen, waren ohne Wirkung, ich saß, u eine Peinigung, wie die ausgestandene ging über meine Kräfte, Sie selbst sind ja Augenzeuge von ähnlicher Wirkung auf mich gewesen. Gott sei dank! Die Büste ist zur Zufriedenheit aller Freunde nun vollendet, u ich habe mir das Wort gegeben: niemals irgend Jemanden wieder zu sitzen. Die Arbeit geht in den nächsten Tagen nach Dresden, damit dort von einem geschikten Former eine gute Form darüber gemacht werde. Bauer u Comp. haben dieselbe in Verlag genommen, u so muß ich armer T–l vielleicht in Besitz übergehen, wohin ich niemals mich gesehnt habe. Nach Ilmenau reiste ich mit Dürr u. dessen liebenswürdiger heiterer Frau, nachdem ich Friedrich bei seiner Arbeit in v. Eichels Hause mehrere Tage besucht hatte. Bei dieser 602
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Gelegenheit theilte mir Dürr mit, daß die Prachtausgabe der Odyssee längstens im Monat October erfolgen werde. Die Zueignung hat der Großherzog freudig aufgenommen u so steht der Sache nichts mehr im Wege. Einem Auftrage von 12 Zeichnungen, die in Holz geschnitten werden, konnte ich mit allen Entschuldigungen nicht entgehen, der Himmel aber mag wissen, wann od. ob die Ausführung dieses Auftrages jemals zu Stande kommen wird, da mich jetzt ein großer Auftrag von Berlin erst beschäftigt u. alle Zeit beansprucht. Ich soll nehmlich 3 große Bilder dorthin malen, bei denen ich alle Freiheit in der Wahl der Gegenstände habe. Eine solche Gelegenheit hat etwas reizendes u ich habe dafür Gegenstände gewählt, die mir jederzeit Freude machen würden. Mein einziger Wunsch dabei ist nur der, daß Gott mir Gesundheit schenken möge, alles Uebrige wird ja hoffentl. leidlich gehen. Die Scizzen zu malen, bin ich jetzt beschäftigt, da ich diesmal keine Cartone machen will. — d. 4 Aug. 1871 Nach abermaliger Abhaltung will ich heut den Brief vollenden, merke aber zu meinem Schrecken, daß ich im vorigen Blatte mehr von mir geredet habe, als recht u. löblich ist, u bitte deshalb nach Gebühr um gütige Entschuldigung. Wie sehr mir beiliegende Zeichnungen, namentlich der Cavaliere u die kl. Donina gefallen, habe ich Ihnen schon gesagt. Ich habe die Zeichnungen wiederholt gesehen, u keine andere Meinung über dieselben bekommen. Der Fortschritt ist augenscheinlich, ja ich bin der Meinung, daß Sie bei Uebung immer weiter schreiten werden. Was Ihnen der Bildhauer N.n. wegen des Modellierens gerathen hat, ist mir aus der Seele gesprochen. Weshalb alle guten Maler modellirt haben, hat keinen andern Grund, als sich in tüchtigster Weise mit der Form vertraut zu machen. Ja selbst der unsterbliche M. Angelo, ein geborner Maler wie die Capella Sistina darlegt, wär nach dieser Seite hin, (ich meine die Kentniß der Form) weniger groß, wär er nicht zugleich Bildhauer gewesen. Wer gleicht diesen Riesen? Ich gestehe Ihnen ohne Rückhalt daß ich für Ihre Verhältnisse keinen bessern Rath zu geben wüßte. Dabei erlaubt das Modelliren Ihnen, jede freie Stunde zu nutzen, während Sie beim malen entweder Ihren Mann od. das Malen hintansetzen müßten. Wollen Sie das Modellieren, des Schmutzes wegen, mit Thon umgehen, so bietet das Wachs in kleinern Maasstab dasselbe, ja selbst das Formen hat seinen großen Reiz u der Ausguß läßt jede beliebige Vervielfältigung zu, sodaß Sie vielseitige Freude bereiten können. Ich selbst habe früher viel modellirt, u glaube fast mit Sicherheit, daß mein Streben nach ausdruksvoller Form seinen Ursprung in dieser Beschäftigung hat. Mein späterer Beruf hat mich zwar von der praktischen Uebung abgebracht, doch die Liebe für Plastik um nichts geschwächt u das Verständnis nur erhöht. Nehmen Sie meinen tiefgefühlten Glükwunsch für Ausübung dieses Kunstzweiges, wenn Sie überh. sich in Zukunft mit der Kunst beschäftigen wollen u können. — Damit aber in diesem Blatte der Zwist nicht ganz fehlt, will ich Ihnen doch sagen, daß Sie nordische Bilder u Zeichnungen wohl gesehen aber die Wenigkeit vergessen haben. In unserm Hause geht es den alten Gang, die Großmama leidet viel u wird fast jeden Tag schwächer, obgl. In leidlichen Stunden ihr unversiegbarer Humor immer die Oberhand hat. Daß meine arme Frau durch den Fall mit leidet, ist wohl nicht anders zu denken, besonders 603
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ist es an ihrem Nervenzustand sehr merklich. Doch die Sache muß getragen werden u das Ende davon wird uns wenigstens nicht unerwartet finden. Der Pütt blüht wie eine Rose u macht sich im Hause über Erwarten nützlich, was uns alle ganz besonders freut. Daß aus meiner Reise mit Verlat nach Antwerpen vor der Hand nichts werden kann, liegt in den unglüklichen Verhältnissen, was Verlat vollständig einsieht. Doch nun leben Sie wohl, mein Brief dürfte sich wohl etwas gedehnt haben, was Sie entschuldigen mögen. Das ganze Haus schikt Ihnen herzliche Grüße. Bringen Sie Ihrem lieben Mann Gruß u Handdruck von Ihrem Ihnen ergebenen Friedrich Preller. * Joseph Kopf (1827–1903), Bildhauer. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
664 Weimar, den 3. August 1871. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochgeehrtester Herr! Beiliegend erhalten Sie die soeben eingegangene Genehmigung der Zueignung unseres gnädigsten Herrn für das Odysseewerk. Hoffentlich haben Sie die Reise mit den ver[e]hrten Ihrigen durch das grüne liebe Thüringen vergnügt zurückgelegt, und geht es allen wohl. Mit der ergebensten Bitte, mich bestens zu empfehlen, zeichne ich in Verehrung Ihr Friedrich Preller. Weimar 3 Aug. 1871. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/148.
665 Weimar, den 10. August 1871. An Heinrich Dreber (1822–1875), Landschaftsmaler. Verehrter Freund! Ich benutze die Gelegenheit durch Ueberbringer, Herrn Lugo* aus Freiburg im Breisgau, einen jungen angehenden Landschaftsmaler, Sie herzlichst zu grüßen, in der Hoffnung, daß es Ihnen mit Ihrer Gesundheit nach Wunsch geht. Herr Lugo gehört nicht der allgemein herrschenden leichtfertigen Richtung an, er ist ein ernst strebender Mensch, u. wenn Sie ihm Ihren guten Rath bei Gelegenheit nicht versagen wollen, werden Sie ihn hoch beglücken. 604
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Von mir u. Friedrich weiß ich wenig zu melden, wir sind beide fleißig, immer mit der Sehnsucht im Herzen: Ihnen bald wieder einen Besuch zu machen. Ob man Rom unter heutigen Verhältnissen, so wieder finden wird, wie man es verlassen? Wer kann das richtig beantworten? Die letzte Zeit hatte für jeden Deutschen große erhabene Tage, ich schätze mich glüklich die Zeit erlebt zu haben. Der Himmel möge Deutschland einig erhalten! — Vielleicht wird uns die Freude durch Herrn Lugo bald von Ihnen zu hören. Mit der Bitte, Ihrer liebenswürdigen Gemahlin mich in Erinnerung zu bringen grüße ich Sie herzlich. Friedrich Preller. Weimar 10 Aug. 1871. * Emil Lugo (1840–1902), Landschaftsmaler. Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachlass 251, Heinrich Dreber.
666 Weimar, den 20. August 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter Freund! Sie erhalten anbei die Zeichnungen zurük. Bei dem Wunsche, allmälig die Zeit der 20 cher Jahre in, wenn auch nur in kleinen Vertretungen, zu sammeln, konnte ich nicht widerstehen, statt Einer, Zeichnung, Zwei zu nehmen, da beide Leute nicht zu übergehen sind. Sie sind: der Bildhauer Wagner u Eberle.* Bei Gelegenheit läßt sich der Ausgleich wohl herstellen. Mit herzlichen Gruß Fr. Preller. Weimar 20 Aug. 1871. * Johann Martin von Wagner (1777–1858) und wohl der Zeichner und Maler Robert Eberle (1815–1860). Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
667 Weimar, den 25. August 1871. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Ihr Schreiben vom 23 Aug. ist mir zugekommen, und ich sehe daraus daß es Ihnen, die Aufzeichnungen meines Lebens betreffend, wirklich Ernst ist. Die Honorarangelegenheit hat mich überrascht, und da ich in dergl. Dingen keine Kentniß habe, so lege ich die Sache ganz in Ihre Hände, ganz zufrieden mit Ihrem Entschluß. 605
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Bei der Veröffentlichung dieser unbedeutenden kleinen Ereignisse plagen mich aber andere Dinge, und hierüber erlauben Sie mir noch einige Worte. Durch ein ziemlich langes Leben bin ich stets bemüht gewesen im Stillen und in meiner Weise zu arbeiten. Die Ausführung der Odyssee hat mich in die Oeffentlichkeit gebracht, und ich habe meine frühern Grundsätze hierüber aufgegeben. Könnten meine vielen Gegner beim Erscheinen meines einfachen Lebens, mir nicht eine gewisse Eitelkeit zum Vorwurf machen? Diesen Punkt fürchte ich am meisten, weil ich nichts mehr hasse, als Eitelkeit. Daß meine Ansicht in der Kunst der Masse gefalle, das erwarte ich nicht, bin auch darüber beruhigt, denn wie und was ich denke, das erzählen ja doch meine Arbeiten ausreichend. Daß die Blätter nicht für die Oeffentlichkeit, sondern für meine Kinder geschrieben wurden, ließe sich wohl am besten durch eine passende Einleitung bewerkstelligen, jedenfalls wird aber nöthig sein, daß das Ganze einen gewissen Zusammenhang erhält, den es, wie ich glaube, bisjetzt durchaus nicht hat. Sollten Sie, wie ich glaube, Freund Jordan* damit beauftragen, so würde mir nichts lieber sein, als mit ihm noch einmal die Blätter durchzugehen, um vielleicht das Ein od. Andere zu streichen, oder noch Anderes mit einigen Worten zu ergänzen. — Wäre es möglich, daß Freund Jordan der Sache einen Tag schenken könnte, u. deshalb hieher käm, so wäre dieser Punkt freilich am leichtesten zu beseitigen, da das Ausscheiden oder Hinzufügen im Druck, viel umständlicher oder unmöglich sein würde. Hierüber lassen Sie mir doch recht bald noch ein Wort hören, da mein Kommen nach Leipzig von viel andern Dingen abhängen könnte. Mit herzlichem Gruß die ergebenste Bitte, mich der verehrten Gemahlin auf beste zu empfehlen Ihr Friedrich Preller Weimar 25 Aug. 1871. * Max Jordan (1837–1906), Kunsthistoriker, von 1871 bis 1874 Leiter des Städtischen Museums (später: Museum der bildenden Künste) in Leipzig. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/150.
668 Weimar, den 27. August 1871. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Aus Ihrem letzten Briefe ersehe ich, daß an Jordans Kommen, durchaus nicht zu denken ist, was ich wahrhaft bedauere, da ich gern das ganze Manuscript mit ihm noch einmal durchlaufen hätte. Um jedmöglicher Unannehmlichkeit auszuweichen, wär das wohl gut gewesen. Ich habe daher nur die Bitte, den Theil nach der Eröffnung des Museums mir, damit Ihnen die Sache keinen Aufenthalt macht, umgehend für ein paar Tage schicken zu wollen. Da die Sache für meine Kinder geschrieben wurde, möchte mancherlei eine kleine Veränderung oder Zusatz nöthig machen. 606
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Ich schicke Ihnen die Blätter mit meinen Bemerkungen bald möglichst zurük. Mit herzlichem Gruß Ihr Friedrich Preller. Weimar 27 Aug 1871. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/151.
669 Weimar, den 1. Oktober 1871. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Verehrte Frau! Zürnen Sie mir nicht daß ich auf zwei Ihrer Briefe erst heut zum antworten komme. Wie gern wär ich damals nach Dresden gekommen! Doch ich bin Staatsdiener von dem es nicht abhängt, beliebige Ferien anzuordnen. Die freien Tage u. das Drängen der Großmama reiften den Entschluß mit meiner Frau u. Frl. Else Schindelmeihser einige Tage für eine Erholung zu verwenden, die uns jeden einzelngenommen, sehr nöthig war. Fr. Schöler hatte sich erbeten in’s Haus zu ziehen u alles Nöthige zu besorgen, damit wir in einigem Ruhn die Zeit verbringen sollten. Da ich auch Friedrich mit den seinigen gern sehen wollte, u Schöll mit Dolli Schöler nach Dresden gingen, entschlossen wir uns rasch: mit ihnen zu gehen. — Obgleich ich mir fest vorgenommen hatte, in der Hollbein Angelegenheit kein Wort zu verlieren, da die ganze Sache von Leuten angezettelt u. geführt wird, die nicht competend sein können, so wurde ich durch v. Zahn doch veranlaßt, meinem Grundsatz untreu zu werden.* Die Vorzüge des Darmstädter Bildes sind Jedem bekannt, der das Bild kennt, und Kenntnisse besitzt, darüber ein Urtheil zu fällen. Sie liegen in einigen Portraits der Familie Meyer, u zwar darum, weil jenen Portraits die lebende Natur gedient hat, da es eine Votivtafel ist. Das Dresdener Bild ist eine Wiederholung, deren Grund niemand kennt. Hier liegt der Schwerpunkt, nicht wie beim Ersten auf den Portraits, sondern auf der Madonna. Der Grundgedanke ist derselbe geblieben, der Bau des Bildes sowohl, wie die abweichenden Einzelheiten sind aber so viel schöner, als im Darmstädter Bilde, daß nothwendig, wenn das Werk nicht von Hollbein sein soll, ein Mann gehabt haben muß, welcher den Hollbein unendlich weit als Künstler überragt. Vor allem ist der Kopf der Maria in der ganzen deutschen Kunst weder erreicht, nochweniger übertroffen worden. Sämtliche, viel schönere Veränderungen, als im ersten Bilde gestehen wohl die Herren zu, behaupten aber ohne jedweden Grund für sich zu haben, mit einer unglaublichen Dumm u. Frechheit, das Bild sei eine Copie. — Nun! wer sind die Herrn? Einige Architekten, kunstschreibende Judenbengel u. einige, die sich ohnlängst in Beurtheilung andrer Dinge schon so blamirt haben, daß jeder Verständige lacht, ihren Umgang aber flieht. Unser Freund v. Zahn ist wirklich zu bedauern, daß er, wenn auch nicht ohne eigene Schuld, in diese Gesellschaft gerathen ist. Warum haben die Herren vermieden die Maler hinzu zu ziehen, welche allein es verstanden, den Ausschlag zu geben? ich meine Schnorr, Veit, Steinle, Führich, 607
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Verlat u.s.w. Diese alle fußen auf der alten deutschen Kunst, u haben wohl mit mehr Auge u Kenntniß den Hollbein gesehen als die Kunstschreiber jemals thun werden.— Man hat niemand zu rathgezogen, sondern der eigenen Dummheit zu viel eingeräumt. Jetzt haben sie freilich den Vorzug allein ausgelacht zu werden, (ich meine von denen, welche wirkliches Wissen besitzen,) u das göttliche Dresdner Bild ist um nichts geringer geworden. Würde der Meister genügend documendirt, welcher größer war als Hollbein, Deutschland dürfte sich gratuliren, u würde hoch beglükt sein. Wie weit v.Z. in der Kritik über diesen Gegenstand unfähig ist, habe ich zu meinem Bedauern an ihm selbst erlebt. Er hat sich nebenbei in Dresden vielfach geschadet, u das ist mir wahrh. leid. Ob, u was die Künstler in der Sache thun werden, weiß ich nicht, fast möchte ich wünschen, daß sie schweigen, denn die ganze Angelegenheit ist ein unüberlegter od. dummer Streich, in den man sich nicht wagen sollte, weil man mit gerechnet wird. Ich für meine Person habe bestätigt gefunden, was ich schon längst geglaubt, daß das Publikum gar keine Ansicht von einer Sache hat, sondern nur nachschwatzt, wenn Jemand spricht, der eine kl. Autorität hat. Der Wille, etwas zu lernen, ist in der Masse nicht vorhanden doch möchte Jeder etwas gelten, u so schwatzt er mit.** Mit welcher Erhebung ich die Gallerie wiedergesehen, können Sie sich denken. Die neuere Kunst mit allen ihren Vortrefflichkeiten hat noch einen weiten Weg vor sich, wenn sie der alten die Hand reichen will. Nun! mag sie sich zusammennehmen. Es ist Sontag, ich will zu den Antiken ins Museum, u so leben Sie wohl für heut. Grüßen Sie Ihren lieben Mann bestens. Ihr ergebenster Fr. Preller Weimar 1 Octbr 1871. * Im August 1871 wurde in der Dresdener Gemäldegalerie eine große Holbein-Ausstellung eröffnet. Dabei präsentierte das Museum das in ihrem Besitz befindliche Bild Madonna des Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen neben einer zweiten in Darmstadt aufbewahrten Fassung. Begleitet wurde diese Präsentation von einem Kongress (1.–3. September 1871), auf dem führende Kunsthistoriker im Streit um Original und Kopie des 1625 von Hans Holbein d. J. (1497/98–1543) gemalten Tafelbildes die Darmstädter Fassung zum eigenhändigen Werk Holbeins erklärten. Unter den Sachverständigen befanden sich auch die mit Preller eng verbundenen Kunsthistoriker Wilhelm Lübke (1826–1893) und Albert von Zahn (1836–1873). In den für die Methodendiskussion in der Kunstgeschichte bedeutenden Kontroversen im Umfeld dieser Präsentation bezieht Preller eindeutig Stellung für die Urteilskraft der Künstler gegenüber den Kriterien der Kunstgelehrten. ** Preller bezieht sich hier wohl auf die von Gustav Theodor Fechner (1801–1887) anlässlich der Ausstellung initiierte Publikumsbefragung zur Authentizität der beiden Bilder. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
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670 Weimar, im Oktober 1871. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Verehrte liebe Frau! Es ist eine lange Zeit vergangen seit ich Ihnen zum letztenmale geschrieben habe, ich habe mir täglich die bittersten Vorwürfe gemacht, wohl auch die Stunden gut eingetheilt, bin aber trotz alledem doch nicht an den Schreibtisch gekommen. Noch heut habe ich die zweite Erinnerung vom Ministerium erhalten, auf die geforderte Frage endlich Antwort zu geben, gebe aber meinem Herzen u Gewissen Gehör, u schreibe Ihnen vorerst, eine dritte dritte Lange-Nase erwartend. — Fast wird mir’s schwer Nichts zu vergessen, was nothwendig beantwortet werden muß, u ich will daher damit anfangen, daß Freund Verlat noch immer auf sich warten läßt, u das Album also in guter Verwahrung in meinen Händen ist. Daß Ihre Arbeit daran Verlat ganz besonders freuen wird, bin ich überzeugt, doch darüber wird er sich selbst aussprechen, u damit Sie nicht Schriftdupletten bekommen, ziehe ich mich vorläufig still zurük. Wir erwarten Verlat ohngefähr den 7–8 Novbr. Zurük, da seiner Mutter Geburtstag den 5.t. fällt, u er diesen Tag gern noch mit ihr verlebt. Wir alle freuen uns ihn wieder zu sehen. Wenn ich den Brief u Auftrag Ihres Herrn Gemahl’s nicht sogleich mit einigen Worten erwiederte, so gilt auch dafür meine obige schlechte Entschuldigung, die Sie mit einigen schmeichelnden Küßchen verbessern mögen. Der Auftrag ist dieselbe Stunde in Ausführung gebracht worden, u ich hoffe, zur Zufriedenheit ausgefallen.* Von Verlat komme ich auf Pawels** der wahrscheinlich Weimar im Frühjahr verlassen wird, da der hochgeborne Graf [Einschub: Kalkreuth] von einem erneuerten Engagement nichts wissen will. Wer an dessen Stelle treten wird, ist noch Geheimnis u wird es bleiben, bis wir überrascht werden. Ein jeder hat seine Gedanken hierüber, ich glaube Pawels nicht die unschuldigsten, alle erwarten in Geduld das neue große Ereignis. — Der kurze Aufenthalt in Dresden, u in so guter kurzweiliger Reisegesellschaft, hat auf mein ganzes Befinden, u selbst auf meine jetzige Arbeit guten Einfluß gehabt. Mit großem Jubel habe ich wieder die einzige Gallerie begrüßt, u geistige Genüsse gehabt, die man außerhalb Dresden nur in Italien suchen kann. Die Hollbein Angelegenheit hat mich nicht so tiefbewegt, daß ich außerhalb derselben gestört worden wär. Möchte doch im Laufe der Zeit der Mann noch an’s Tageslicht treten, der über Darmstadt hinweg so Herrliches schaffen konnte! Bis dahin ist Hollbein der mit vollem Recht Gefeierte.*** — Freund v. Zahn hat schwerlich unbequemere Tage gehabt, als die waren, in denen Vernunft u gründliches Wissen ihm feindlich gegenüber standen. — Von neuer Kunst habe ich nur die Ausstellung gesehen, mich aber über einzelne Dinge aus Herzensgrunde gefreut. Vor vielem ist mir ein Bild mit 3 Kindern u einem Windhund in Erinnerung geblieben. Ich glaube der Maler ist ein Schweizer****, der Name ist mir entfallen, aber der Mann war hier u hat mich aufgesucht, leider aber verfehlt. Daß in den Schneebergen der Schweiz soviel Poesie noch Platz hat, hätte ich kaum geglaubt. Das Bild erinnert mich an eines der herrlichsten Bilder des Corregio, die Danae in der Gallerie Borghese in 609
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Rom. Hier ein Beweis, daß ein wirkliches Kunstwerk auch einen grauen Ton haben u vollendet sein kann. Genanntes hohes Kunstwerk in Rom hat nur einen silbergrauen Fleischton, grünen Vorhang als Hintergrund u ein weißes Tuch, worauf die herrliche Danae sitzt. Wer dies Werk einmal nur gesehen, wird es mit zum Höchsten rechnen, was Farbe jemals erreicht hat. Wie es dem Nichtgeweihten erscheinen mag, darüber habe ich kein Urtheil, wenigstens will ich’s nicht näher bezeichnen. — Auch in Leipzig habe ich einige genußreiche Stunden im Museum verbracht u dort den Samariter wiedergesehen, den man mehr favorirt, als ihm eigentlich zukommt. Daß das Odysseewerk bei Dürr endlich die große Arbeit würdig abgeschlossen hat, bringt eine wohlthuende Ruhe in mein weiteres Leben. Ich fühle mich von einer drückenden Last befreit u schaffe Neues mit doppelter Freude. Die 3 großen Bilder für Berlin stehen in einigen Tagen, wohl vorbereitet im Atelier u erwarten das Weitere. Im Hause geht es wenig erfreulich, die Großmama nimmt an Kräften immer mehr ab, u die Schmerzen verlassen sie eigentlich keine Stunde mehr. Alle grüßen Sie herzlich durch mich. In unveränderter Verehrung Ihr ergebenster Friedrich Preller. Soeben kommt Frl. v Groß u Luischen St. beide bitten ihre Grüße beizufügen. * Randnotiz Dittmer: Prellers Büste. ** Charles Verlat (1824–1890), in Weimar tätiger Genre- und Tiermaler, Professor an die Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule. Ferdinand Pauwels (1830–1904), Maler. Er verließ 1872 Weimar und kehrte nach Belgien zurück. *** Siehe Brief 669. **** Wohl Arnold Corrodi (1846–1874). Der Katalog zur Jahresausstellung der Königlichen Akademie der bildenden Künste von 1871 versieht ihn mit dem Zusatz a. d. Schweiz und verzeichnet eines seiner beiden ausgestellten Bilder unter dem Titel Hirtenkinder. Genrebild aus dem römischen Gebirge. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
671 Weimar, den 15. Oktober 1871. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig.
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Verehrtester Herr! Der Homer ist in überraschenden Umfang gestern glüklich angelangt, und hat all den meinigen eine Freude bereitet, die ich Ihnen nicht beschreiben kann.* Wenn ich lange nicht mehr bin, denkt Ihrer gewiß ein Jeder der meinigen im innigsten Dankgefühl, denn nur durch Ihre Güte bleibt ihnen ein Andenken von mir, was sie immer hoch halten werden. Die Ausstattung ist nicht heiterer, würdiger und schöner denkbar. Dem Großherzog, der augenbliklich in Heinrich-Au** sich aufhält, werde ich nach seiner Zurükkunft das prächtige Exemplar überreichen, aber schon jetzt freue ich mich auf den Augenblick seiner Ueberraschung. 610
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54. Friedrich Preller d. Ä.: Abzug von Troja, Holzschnitt, 1872.
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Die große Arbeit, an deren Vollendung ich mehr als einmal gezweifelt, hat nun durch Ihre Würdigung und Verbindung des herrlichen Gedichtes, einen Abschluß gefunden, den zu denken, ich nie gewagt habe. Ein kaltes Wort des Dankes sage ich Ihnen nicht, versichere aber, daß ich nie im Leben eine größere Freude gehabt, und denke, der Dank der Vielen, die Sie beglücken, schließt auch meinen Dank mit ein. Noch wenige Stunden, und Sie mit den lieben Ihrigen treten die Reise nach Italien an. Im Geiste begleite ich Sie dahin und habe nur den einen Wunsch, daß Sie mit dem ganz gesundeten Kinde beglükt zurükkehren. Das ganze Haus schließt sich mir mit den besten Wünschen an, und empfiehlt sich dem Hause Dürr. In wahrster Verehrung Ihnen ergeben Friedrich Preller. Weimar 15 Octbr. 1871. * Es handelt sich um die Prachtausgabe von Homers Odyssee in der Vosschen Übersetzung mit 40 Illustrationen Prellers, die im Spätjahr 1871 bei Dürr in Leipzig erschien. ** Das schlesische Klostergut Heinrichau ging 1863 in den Besitz des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach über. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/152.
672 Weimar, den 22. Oktober 1871. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Weimar 22 Octbr 71. Mein lieber Freund! Schon mehrmals war ich im Begriff Ihnen, den Samariter-Carton betreffend, zu schreiben, u Sie zu bitten mir denselben zu schiken, u immer kam eine neue Abhaltung. Frl. Luise Stichling will nehmlich denselben für ihren Vater zum Weihnachten copiren, u. da ist keine Zeit zu verlieren, auch möchte ich ihr ungern den Wunsch abschlagen, da ich dem Vater manche Gefälligkeit schulde.* Da ich nicht weiß, ob Sie die Kiste noch in Leipzig haben, so schike ich keine, sollte sie aber zurük sein, so schicken Sie mir wo möglich umgehend das Maaß, damit ich sogleich eine paßliche spediren kann. Mit meinen 3 großen Bildern beeile ich mich vor dem Winter so weit zu kommen, daß sie ruhig troknen können**. An jedem derselben arbeite ich mit Lust, da ich die Gegenstände nach Gefallen wählen konnte. Das Atelier habe ich vertauscht und bin im Ganzen mit der Veränderung wohl zufrieden, abgs. das Local etwas kleiner ist, als das Vorige.*** Die Homer-Ausgabe bei Dürr ist nun endlich heraus u. sieht sehr anständig aus. Sie können sich wohl vorstellen, wie angenehm mir zumuthe ist, die große Arbeit nun endlich vollständig abgeschüttelt zu haben u. zu etwas Neuem übergehen zu können. In der ersten Zeit wollte das Oelmalen mir durchaus nicht zusagen, jetzt finde ich mich allmälig wieder in das Unvermeidliche. 612
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Meine Bitte in Betreff des Cartons wiederholend, füge ich noch die Grüße der meinigen bei u bin Ihr treuergebener Friedrich Preller. * Gottfried Theodor Stichling (1814–1891), Staatsminister des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. ** Siehe Brief 660. *** Im Herbst 1871 hatte Preller sein seit Dezember 1868 benutztes Studium im Wittumspalais aufgegeben und ein Atelier in dem Gebäude des Dekorationsmalers Wilhelm Westphal in der Amalienstraße 13 (heute Nr. 17) bezogen. Siehe auch Brief 673. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
673 Weimar, den 4. November 1871. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein alter lieber Bernhard! Es ist manche Woche, ja mancher Monat an uns vorübergegangen u wir haben, einer vom andern, wohl kaum vielmehr gehört, als daß wir leben. Was Millionen ergriff u bewegte, hat auch uns beide gewiß nicht kalt oder mäßig gefunden, doch sind wir nicht direkt betheiligt gewesen, u so ist das Unglück, was viele so schwer getroffen, uns doch fern geblieben. Jetzt ist fast Jeder ins alte Geleis zurückgekehrt (d.h. wer nicht Ruhe im Feindesland gefunden), u mit der wiederkehrenden Ruhe, u all dem, was damit in Verbindung ist, setzen wir wieder alles fort, was uns lieb u theuer geworden war. Mit doppelter Anhänglichkeit setzen wir da fort, wo wir vor Jahr u Tag aufhören mußten. Wo Dich diese Zeilen finden werden, ob in Eisenach oder noch im Bade, mag Gott wissen, mein Wunsch ist immer derselbe: sie möchten Dich gesund finden. Daß wir beide allmälig anfangen, wackelich zu werden, darf uns nicht wundern, es ist so u nicht anders der Weltlauf. Wenn wir auch manchen überlebt haben, vielleicht noch überleben, ders mit ansehen konnte, dürfen wir doch nicht vergessen, daß wir schon lange die Schulbücher beiseit gelegt haben. Besonderes Glück bleibt es doch, daß unser gewählter Beruf uns immer treu u freudig gefunden hat. Wie viel uns in demselben auch Schweres u Hartes betroffen, der Muth in die Ausdauer hat uns bisher keine Stunde vergessen. Uns so wollen wir ausharren, bis eine andere Bestimmung uns nöthig hat. Der anhaltende Antheil, den Du stets an meinem Leben sowohl als Mensch, wie als Künstler genommen, macht mir’s immer zur Pflicht, Dir von Zeit zu Zeit Bericht zu erstatten, u so will ich Dir vorerst melden, daß nun meine große Arbeit der Homerischen Odyssee ihren Abschluß in der Dürrschen Herausgabe, einem sowohl ehrenvollen als stattlichen Abschluß gefunden hat.* Die Zueignung hatte der Großherzog angenommen, u das Werk selbst, seine eine schriftliche Beilage habe ich dem Grafen Wedel mit der Bitte übergeben, beides dem gnädigen Herrn zu zuschicken, was nun wohl geschehen sein wird. Ich sehe, wenn auch nicht mit voller Befriedigung, doch mit Freude auf die Zeit zurück, u werde dem Großherzog bis an mein Ende in Dank verpflichtet bleiben, denn er war’s, der mir 613
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Gelegenheit gab, dem mir vom Himmel verliehenen Talente Ausdruck geben zu können. Das Werk wird mich um einige Jahre überleben u seine Wirkung hoffentlich segensreicher werden als sie schon jetzt geworden. Das herrlichste Gedicht der Welt hat eine Verbreitung schon jetzt erlebt, die meine Erwartung beiweiten übertroffen, u so mag es dazu beitragen, den Homer ganz populär zu machen. Der weitverbreitete gute Name als Künstler, der mir speziell durch diese umfassende Arbeit geworden, hat keinen besondern Werth für mich, Du weißt ja, daß ich gearbeitet wie der Vogel singt. Ich habe das Gut verwaltet (und werde es noch nach Kräften thun, so lange ich lebe), was mir der Himmel anvertraut hat, finde aber keinen Grund, mich deswegen für etwas Besonderes zu halten. Mein größter Kummer als Künstler, ist die nicht viel bedeutende Richtung der heutigen Kunst, die ihren Grund in den unzähligen Anstalten u in dem dafür eingerichteten Markt hat. Kunst läßt sich durchaus nicht anerziehen, man kann nur das dafür nöthige Handwerk mit Hilfe ausbilden, die Kunst ist in ihrem Keim angeboren. Die Spitzen der heutigen Kunst, für alle Zeit von Bedeutung, haben alle die Schulen verlassen u ihre Eigenthümlichkeiten ausgebildet. Ich nenne nur Cornelius, Overbeck, Schnorr usw. Die große Zeit des Cinque cento hat keine Anstalten gekannt, wie wir sie kennen. Heut meint Jeder, er könne Künstler werden, u es schon sein, wenn er ein Stückchen Natur nachahmt. Kenntnis der Natur nach allen Seiten hin ist das nothwendige Mittel die Kunst zum Ausdruck zu bringen, aber nicht die Kunst selbst. In dem Nichtverstehen dieses einfachen Satzes, liegt der heutige Weg vorgezeichnet. Doch ich verliere mich in nichtsnützenden Gedanken, u will lieber hier abbrechen. — Wie ich höre, verliert die Kunstschule hier ihren besten u talentvollsten Künstler u Lehrer Pawels**. Was mit ihm fortgeht, wird man bald merken, wenn er geschieden. Über diesen Punkt ließe sich viel sagen, doch das ist nicht mein Beruf u um Dinge, die mich nichts angehen, werde ich nicht reden ohne besondere Aufforderung. Daß ich nach Vollendung u Ausgabe des Homer fleißig gewesen, würdest Du mir attestiren. Drei Untermalungen großer Bilder, die von Berlin mir aufgetragen sind, stehen fertig im frisch bezogenen Atelier bei Westphal. Hoffentlich erkälte ich mich hier weniger, denn im Palais brachte ich die Wärme nicht auf 10 Grad.*** Die nun in Aussicht stehenden trüben Tage werden mich an dem Übermalen vorerst verhindern, indessen habe ich mehr Aufträge für Zeichnungen, als ich in Jahren bewältigen kann, u so ist keine Noth, die Zeit zweckmäßig auszufüllen. Zuerst verlangt Dürr wieder 12 Zeichnungen, um sie in Holz schneiden zu lassen. Nebenbei bin ich daran, eine Skizze meines Künstlerlebens zu schreiben. Dieselbe war ursprünglich für die Kinder bestimmt, doch hat mich Dürr so lange geplagt, bis ich ihm das Versprechen geben mußte, dieselbe drucken zu dürfen. Ich habe ihr zugesagt, doch nur unter der Bedingung, daß ein Vorwort dem Publikum den wirklichen Thatbestand zu wissen thut. Nach meinem Ableben wär die Sache wohl richtiger gewesen, doch ist sie so objectiv gehalten, daß niemand eine Eitelkeit drin finden kann, Du kennst meine entschiedene Abscheu vor jeder Eitelkeit. Mein Plan fürs Leben ist durch’s Schicksal umgestürzt worden. Ich habe nur den Wunsch gehabt, ganz unbekannt arbeiten zu können, jetzt bin ich überall bekannt, u leicht könnte es mir werden, ein reicher Mann zu werden, hätt ich einige Jahre mehr die nöthige Frische. Doch Du weißt, wie wenig Werth zeitliche Güter immer für mich gehabt. 614
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Daß Du den Bildhauer Kopf**** kennen gelernt, macht mir Freude, er ist ein geistiger u geschickter Künstler. Meine gelungene Büste ist nun im Handel. Im Hause geht es, wie Du weißt, immer so, daß uns alle Hoffnung für Herstellung der Gesundheit der Grosmama geschwunden ist. Sie grüßt Dich ganz besonders. Auch alle Übrigen wollen nicht vergessen sein. Empfiehl mich dem Großherzog aufs beste, wie ich höre, soll er auf der Burg sein. Und nun mein theurer Bernhard, zürne mir nicht, daß ich Dich gelangweilt. In treuster Liebe Dein Fr. Preller W. 4 Novbr. 1871. * Die im Verlag von Alphons Dürr in Leipzig 1872 erschienene Vossische Übersetzung von Homers Odyssee mit 40 Illustrationen von Friedrich Preller. ** Der Historienmaler Ferdinand Pauwels (1830–1904) war zehn Jahre als Professor an der Großherzoglich Sächsischen Kunstschule in Weimar tätig gewesen, bevor er 1872 nach Belgien zurückkehrte. *** Siehe Brief 672. **** Joseph Kopf (1827–1903), Bildhauer. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3685.
674 Weimar, den 15. Dezember 1871. An den Sohn Emil (1836–1893). Mein lieber Emil! Ihr erhaltet anbei einige Kleinigkeiten für’s Fest. Der Homer sei Euch eine Erinnerung an die theure selige Mutter, welche mich vielfach für die große Arbeit anregte u ihre größte Freude in der Arbeit sah. Ich habe oft an meinen Kräften dafür gezweifelt, doch ihre Freude hielt mich immer wieder oben. Die Arme sollte die Vollendung nicht erleben, aber das Werk ist fertig u steht nun als ein Monument für sich. Für Minchen folgt eine seidene Schürze in Lottchens Paquet u die Büste steht schon wohl verpakt hier, um, wahrschl. mit Reichardt zu Euch zu wandeln. Möge der Himmel Euch gesunde freudige Feiertage bescheren. Mit den herzlichsten Grüßen des ganzen Hauses, Euer Euch treu liebender Vater Fr. Preller Weimar 15 Decbr. 1871. Notiz von Emil Preller in Bleistift: Weihnachtsbrief an mich unter Uebersendung der Dürrschen Ausgabe von Homers Werken mit Holzschnitten nach Zeichnungen unseres Vaters und seiner Büste im J. 1871 gefertigt zu Weimar vom Bildhauer Kopff aus Rom. Nachrichtlich Dr. Preller Ilmenau d. 4. April 1872 Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/3602 a.
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675 Weimar, den 3. Januar 1872. An Ottilie von Goethe (1796–1872), Schwiegertochter Goethes. Hochverehrte Frau! Durch Krankheit ans stille Haus gefesselt, ist mir die Freude genommen: Ihnen Hochverehrte Frau, meinen tiefgefühlten Dank und meine besten Wünsche für’s kommende Jahr in Person zu bringen. Ich thue es auf diesem Wege mit der frohen Aussicht, Ihnen möglichst bald meinen Besuch machen zu dürfen. Das vergangene Jahr hat schwer auf mein Haus gedrückt, doch der Gedanke, noch Mancherlei vollbringen zu müssen, wird mir Muth und Frische noch einige Zeit gnädig erhalten. Dem Goetheschen Hause nur Heil und Segen. In treuster Verehrung und Anhänglichkeit Ihro Hochwohlgeboren ergebenster Friedrich Preller. Weimar 3 Jan. 1872. Klassik Stiftung Weimar, GSA 40/XIV,4,7.
676 Weimar, den 20. April 1872. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Die auf mich gefallene Wahl unter die Preisrichter, bei Errichtung einer Statue für Göthe in Berlin, gereicht mir zu besonderer Ehre, und gern stelle ich mich dem verehrten Comite jederzeit zur Verfügung, vorausgesetzt, daß die Versammlung nicht in die Zeit meiner Abwesenheit von Weimar fallen. Eine lange und schwere Krankheit hat mir nehmlich den Besuch von Carlsbad zur dringenden Pflicht gemacht, der ich schon in der allernächsten Zeit nach zu kommen, gezwungen bin. Meine Abwesenheit von hier kann im besten Falle, wohl 4 bis 5 Wochen dauern. In Verehrung Ew. Hochwohlgeboren ganz ergebener Friedrich Preller. Weimar 20 April 1872. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,Nr.567.
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677 Weimar, den 26. April 1872. An Unbekannt Hochverehrtes Fräulein! Die beiden von Ihnen bezeichneten Blätter habe ich zurükgelegt, und werde sie heut, womöglich, photographiren lassen, damit ich für den erscheinenden Holzschnitt einen Anhalt habe. Vielleicht erhalten Sie auch im Laufe des Tages beide Zeichnungen, und ich würde mich freuen, Sie in Ihrem Besitz zu wissen, da beide abermals gewünscht wurden. Sie erhalten beide Blätter unter der Tax des Kunsthändlers Capri nehml. für 50, und den Mönch für 65 Rt. Für den Fall, daß die Photographien heut nicht gemacht werden können, erhalten Sie die Sache durch Herrn Kemmlein, da ich morgen früh nach Carlsbad abreise. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller Weimar 26 Apr. 1872. Düsseldorf, Goethe-Museum, Handschriften, Signatur: 0.
678 Karlsbad, im Mai 1872 (?) An Marie Soest (1826–1900), Pianistin, Schülerin von Franz Liszt. […] Unter den Scizzen aus seinem Leben befindet sich eine, welche eine römische Kneipenscene vorstellt. Eine kleine Künstlergesellschaft, Thorwaldsen, Reinhard, Teufelsmüller, der alte Wagner, Genelli u ich ergötzen sich am Saltarello, welcher der alte Koch zum gaudium aller aufführt. Comus schlägt das tamburino. Diese Zeichnung führte er in großem Maasstabe aus, ich hatte ihm für mein Portrait gesessen. […] Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 89.
679 Wohl Karlsbad, im Mai 1872. An Marie Schnorr von Carolsfeld (1807–1882), Ehefrau von Julius Schnorr von Carolsfeld, gestorben am 24. Mai 1872. [Visitenkarte Prellers mit Kondolenz zum Tod des Dresdener Malers]. In tiefster Betrübnis mit inniger Theilnahme. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.n,Inv.56,120.
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55. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait, Kupferstich, Beilage zum Brief vom 6. Juni 1872 an Unbekannt.
680 Karlsbad, den 6. Juni 1872. An Unbekannt [mit beiliegendem Portrait].
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Carlsbad 6. Juni 1872. Guten Morgen lieber Freund! Da unsere Rückreise allmälig heranrückt, wird es nöthig, daß ich Sie davon benachrichtige. Kommenden Sontag sind wir 6 Wochen hier, ich habe die sog. große Kur gebraucht, u. versichere Ihnen, daß das Manöver in hohem Grade anstrengend ist. Nach Ausspruch meines Arztes habe ich eine ausgezeichnete Kur gemacht, u. daran zu glauben, habe ich alle Ursach, denn von meinem Uebel habe ich nichts wieder gehört, ich bin wieder etwas stärker geworden, nur ist mir, bei längern Gehen, eine gewisse Schwäche in den Beinen fühlbar, die jedenfalls durch die sehr angreifenden Bäder nicht vermindert, aber erhöht werden könnte. Alle ärztliche Vorschriften habe ich gewissenhaft befolgt, u. so hoffe ich, daß Ruhe das noch Fehlende auch bringen wird. Durch die Begleitung meiner Frau u Clärchens ist mir der Aufenthalt bedeutend erleichtert u. verschönt worden. Allein würde ich gewiß nicht so lange ausgehalten haben. Ziteck’s 618
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Besuch mit seiner liebenswürdigen Schwägerin, war uns sehr angenehm. Wir haben mehrfach über die Prager Arbeit gesprochen, u. ich wünsche von ganzem Herzen, daß sie Ihnen nicht entgehe, was in Oestreich nicht zu den Wundern gezählt werden dürfte, wenn es doch geschehe. Jemehr man zB. hier in die Wirtschaft blickt, destomehr entdeckt man Mängel an verschiedenen Stellen. Ich will nicht sagen, daß man dasselbe überall erwarten solle, aber die Verwaltung mag derart sein, wie wir sie nicht kennen, u damit kann uns vielerlei unerwartet in den Weg treten. Leid thut uns allen, daß Z. nicht länger bleiben konnte, denn wir haben keine Bekanntschaften anknüpfen wollen, u sein Umgang war uns daher angenehm u interessant. Da ich nach meiner Rükkunft noch eine kurze Zeit nach Ilmenau soll, ich daher nicht lange in Weimar verweilen kann, so dürfte es gut sein, wenn Sie das vorbereiteten, wozu meine Ansicht Ihnen nöthig erscheint. Kommenden Montag (10 Juni) gehen wir von hier weg, u. würden demnach am Dienstag in W. ankommen, worauf wir alle uns ganz besonders freuen. Daß ich in der langen Zeit nicht ganz unthätig geblieben, können Sie wohl denken. Den Fries auf der Loggia* bringe ich vollendet mit, u. wenn Sie die Zeit erübrigen können, Durchzeichnungen zu machen, so dürften Sie viel Dinge finden, die sich in Ihrem Fache gut verwenden lassen, besonders wenn man sie etwas vergrößert. Daneben habe ich noch 2 Landschaftliche Zeichnungen gemacht. Neues werde ich nicht mehr beginnen, da mir von jetzt an die Ruhe fehlen würde. Das in den letzten Tagen eingetretene schlechte Wetter, läßt mich oft in Sorge an die Arbeit am Hause denken. Möchte es ohne Grund sein. Für heut will ich mich mit den besten Grüßen für Ihr ganzes Haus von uns allen, schließen u nur den Wunsch beifügen, daß wir uns frisch u. froh wiedersehen. Treu Ihr Friedrich Preller. * Den Genelli-Fries hatte Preller zum Gedächtnis an den Freund für die Loggia seines neu errichteten Hauses an der Belvederer Allee entworfen. Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, Signatur: A/2014/3492.
681 Karlsbad, den 7. Juni 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Die Carlsbader, 6 Wochen lange sehr lästige Cur geht zu Ende, und da meine Rückreise wahrscheinlich über Leipzig geht, so würde mir nichts angenehmer sein, als Sie, und ist es auch nur ganz kurz, zu sehen und manches zu besprechen. Mir ist nehmlich zumuth, als wären Sie mit den theuren Ihrigen aus Italien zurück. Ueberkommt mich nicht ganz Unvorhergesehenes, so reisen wir am nächsten Montag von hier ab, und würden somit den Abend in Leipzig eintreffen. Am darauf folgenden Tage ist die kurze Tur bequem zurück zu legen, und mir bleiben also jedenfalls einige Stunden für Leipzig. 619
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Sind Sie nun wirklich in Leipzig, so wollte ich ergebenst bitten: mir zu telegraphiren. Kommt kein Telegramm, so schließe ich, daß Ihre Ankunft noch nicht erfolgt ist. Daß ich, während meines langen Leidens die besten Stunden für Zeichnungen benutzt habe, werden Sie wohl durch L. Brauer erfahren haben. Auf Ihren Wunsch können dieselben nach meiner Ankunft in Weimar, sogleich an Sie abgehen. Unter ihnen dürfte leicht eine Anzahl für den besprochenen Zweck auszuwählen sein. Auch hier bin ich nicht ganz unthätig geblieben, weil Kopf du Hände die alten geblieben sind. Daß Carlsbad mir auch im nächsten Jahre bevorsteht, macht mir recht oft traurige Stunden, so viel meine arme Frau sich auch bemüht, mir diese Aussicht leidlich erscheinen zu lassen. Ich schließe heut mit dem Wunsche, daß Ihre Rückreise eine erfreuliche gewesen sein möge und bitte: mich der verehrten Gemahlin bestens zu empfehlen. ergebenster Friedrich Preller im Gartenthale. Carlsbad 7 Juni 1872. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/153.
682 Leipzig, den 11. Juni 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Leipzig 11 Juni 1872 zur Stadt Hamburg: Verehrter Herr! In Leipzig wären wir glüklich angekommen, damit aber der ärztlichen Tyrannei noch nicht ganz entlaufen, denn ich habe den Befehl: mich möglichst ruhig zu verhalten, und meine Frau als strenge Wache neben mir. Ich will demnach einen Gang in’s Museum unternehmen, wo, wie ich höre, eine ansehnliche Zahl Schnorrscher Arbeiten ausgestellt sind. Erlaubt es Ihre Zeit und Geschäfte, so würde ich große Freude haben, Sie begrüßen zu können. Bis 12 ½ Uhr denke ich dort zu verweilen Mit bestem Gruß Ihr ergebenster Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/154.
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683 Weimar, den 12. Juni 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Weimar 12 Juni 1872. Verehrter Herr! Sie erhalten anbei die 16 Zeichnungen aus denen eine Auswahl von 12 Blättern nicht schwer sein dürfte. Die gewählten Blätter werden Sie wohl die Güte haben, auf irgend eine Art zu bezeichnen. — Ich gehe kommenden Sonabend nach Ilmenau, und wollte daher bitten: die Mappe so bald als möglich unter meines Sohnes Adresse, dorthin zu senden. Ich werde eins der Blätter für den Holzschnitt zeichnen und Ihnen dasselbe zuschicken, damit wir möglichst schnell erfahren, ob es sich für den Holzschneider eigne. — Die Blätter sind so verschiedener Art, daß eine Monotonie unmöglich sein wird. Unsere Rükfahrt war ohne jedes Hindernis, und ich bin vergnügt mein altes liebes Weimar wieder zu sehen, denn die Ruhe ist meinem jetzigen Befinden eine Nothwendigkeit. Empfehlen Sie mich der verehrten Gemahlin und erlauben Sie, nochmals um baldige Rücksendung bitten zu dürfen. In Verehrung Ihr Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/155.
684 Weimar, wohl Juni 1872. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Grüß Gott mein alter Freund! Von Carlsbad zurük, leidliches Befinden von uns beiden, u dem zufolge eine Frage: Bist Du, u wie lange vor Deiner Badereise bist Du in Eisenach? Jetzt dürfte ich wohl ein paar Tage zu unsrer Erholung verwenden, u würde es umsolieber da mein Schwager u Schwägerin auf kurzen Besuch bei uns sind. Gieb mir nur mit Einem Worte Bescheid u sei einstweilen von uns herzlich gegrüßt. Treu Dein Fr. Preller. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3686.
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685 Ilmenau, den 22. Juni 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Sie erhalten hierbei eine Zeichnung für den Holzschnitt, wobei ich keinen Wischer angewendet habe. Ich habe dieses Instrument absichtlich in Weimar gelassen um nicht in Versuchung zu kommen. Daß die Zeichnung an Kraft der andern nicht gleich komt, ist freilich ihre Natur, da die Strichlagen immer Zwischenräume haben müssen. Die zweite will ich indeß mit Anwendung des Wischers versuchen, u. zwar in der vom Schneider angegebenen Weise. Beifolgende Zeichnung, wollte ich Sie bitten: dem Schneider sogleich vorzulegen, u. mir wissen zu lassen, ob sie so geschnitten werden kann. Mein Aufenthalt in Ilmenau wird wohl 4 Wochen dauern, was mir der Zeichnungen halber lieb ist, da ich einige vollenden kann, weshalb ich aber die ergebenste Bitte ausspreche: mir so bald, als möglich das Resultat mit zu theilen, damit ich die schöne Zeit nicht verliere. Ihrem ganzen Hause mich empfehlend Friedrich Preller. Ilmenau 22 Juni 1872. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/156.
686 Ilmenau, den 2. Juli 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrtester Herr! Lust zur Sache und günstiges Wetter, (d. h. Regenwetter) haben meinen Fleiß begünstigt, und so bin ich im Stande Ihnen heut wieder 2 Zeichnungen senden zu können. Nebenbei kam mir der Gedanke, daß es schwerlich möglich sein wird, alle Blätter von einem Mann schneiden zu lassen, und nun können doch einige die Sache in die Hände nehmen. Da das Zeichnen jedenfalls schneller geht, als das Schneiden, so wird es mir möglich sein, immer einen Vorsprung zu haben. Da Herr Oertel mit der ersten Zeichnung in Bezug auf den Schnitt zufrieden war, will ich den Versuch machen, den Wischer, so lange diese Arbeit dauert, Ferien zu geben. Bei dem mühsamen Verfahren des Schneidens, werde ich doch immer Schritt halten können. In der Hoffnung, daß auch Ihnen die Arbeit nicht mißfällt, bin ich in treuer Verehrung Ihr ergebenster Friedrich Preller. Ilmenau 2 Juli 1872. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/157.
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687 Ilmenau, den 23. Juli 1872. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter Freund! Sie erhalten hiermit die Schnorrschen Zeichnungen zurük, deren richtige Ankunft [Sie] mir gefälligst anzeigen wollen. Frl. Popert* hat die Zeichnung: Jacob ringt mit dem Engel zurückbehalten, deren Betrag Ihnen baldigst zukommen wird. Sehr leid ist es mir, das gewünschte nicht vorgefunden zu haben. Ich hätte so gern ein Portrait einer bek. Persönlichkeit gehabt, u. wär ich neidisch, würde ich das Museum beneiden, welches den Schatz bergen soll.** Hoffentlich denken Sie an mich wenn Ihnen künftig etw. derart vorkommt. In Ilmenau haben wir Ihrer oft gedacht u Sie glüklich gepriesen in den Gedanken an das liebe Florenz. Denken Sie meiner bei Beschauung der Herrlichkeiten. Mit bestem Gruß Ihr Fr. Preller. Ilmenau 23 Juli 1872. * Charlotte Popert (1848–1922), Schülerin von Preller, Portrait- und Genre-Malerin. ** Offenbar wollte Boerner Arbeiten des Dresdener Malers und Zeichners Julius Schnorr von Carolsfeld (1794– 1872) nach dessen Tod einem bedeutenden Museum anbieten. Siehe Brief 707. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
688 Ilmenau, den 6. August 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Ilmenau 6 Aug 1872. Verehrtester Herr! Noch immer sitze ich in dem schönen Ilmenau, bin fleissig an Ihren Zeichnungen, und gelegentlich auch faul an schönen Tagen. Die unvergleichliche Luft stärkt mich immer mehr, und wäre meine dumme Person nicht auch in Weimar nöthig, könnte ich mich wohl entschließen den Herbst hier zu verleben. Dortige Verpflichtungen werden mich aber wohl bald zurükrufen. In Beziehung der Zeichnungen möchte ich mir die Frage erlauben: ob der Holzschneider deren bedarf, in welchem Falle ich sogleich eine Anzahl schiken kann. Vielleicht wäre es gut, wenn ich einen Probedruk sehen könnte, denn Ihnen, wie mir, muß doch daran liegen, daß die Sachen gut und charakteristisch geschnitten werden. Ueber die Fähigkeiten des Herrn Oertel, in der Landschaft, habe ich keine Einsicht, da mir niemals etwa der Ort zu Gesicht gekommen ist.
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Ist das Einschiken der vollendeten Zeichnungen nicht nöthig, so zeichne ich die noch am dutzend fehlenden, und sende Ihnen alle zugleich. Die andern 12 Stück brauchen wohl keine Eile, was mir lieb wär, da ich diese, wie die ersten mit Liebe vollenden könnte. Eine Antwort auf meine Vorschläge würde mir sehr erwünscht sein. ergebenster Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/158.
689 Ilmenau, den 17. August 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Guten Morgen verehrter Herr! Gestern habe ich die 12te. Zeichnung vollendet. Die Sammlung umschließt 5 St. aus der Sabina, 2 St. aus der C. di Roma, 2 St. Aus Neapels Umgegend, 2 St. Von Capri u. 1 St. Von Rom. Demnach ist eine gewisse Abwechslung in dem Cyclus, u. ich hoffe daß alle den Charakter haben, der ihnen gebührt. Um dem Holzschneider Verlegenheit u Mühe zu ersparen, habe ich den Wischer in keiner Weise gebraucht, sondern alles mit der Spitze gezeichnet. Fraglich bleibt es freilich immer: ob Herr Oertel Leute hat, welche sich in die eigenthümliche Art des Zeichnens finden können, weshalb mir sehr viel daran liegen muß, einen Probedruck zu sehen. Sämtliche Zeichnungen will ich mit nach Weimar nehmen, und eine ganz besondere Freude erwartet mich dort, wenn Sie dahin kommen, um die Sachen in Empfang zu nehmen. Heut über 8 Tage kehre ich zurük, u da der folgende Tag ein Sontag ist, dürfte Ihnen die Zeit gelegener sein als wenn Sie einen Wochentag Ihrem Geschäft entziehen. Mit meinem Empfinden geht es immer, zwar langsam, aber stätig vorwärts, u. so hoffe ich, noch einige Zeit thätig sein zu können. Die prächtige Luft von Ilmenau hat an mir ihre Schuldigkeit gethan, ich gehe ohne besondere Anstrengung wieder nach dem Gabelbach. Mit der Bitte, der verehrten Gemahlin mich bestens zu empfehlen, zeichne ich ergebenst Friedrich Preller. Ilmenau 17 Aug. 1872. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/159.
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690 Weimar, den 9. September 1872. An Ernst Ludwig Hähnel (1811–1891), Bildhauer. Verehrter Freund! Das Kistchen mit den Juwelen ist gesund u. zur Zeit angelangt. Ein armes Wort ist wenig geeignet den Dank u. die Freude zu schildern die ich an den kleinen Arbeiten des göttlichen M. Angelo empfinden werde, so oft ich sie sehe, u. das geschieht jeden Tag. Da ich aber nichts anderes geben kann, so nehmen Sie lieber Freund, doch diesmal die Versicherung meines wärmsten tiefgefühlten Dankes. Welches Glück muß es gewesen sein, unter dem lebendigen Einfluß solcher Menschen leben zu dürfen, die uns nach Jahrhunderten immer wieder mit der höchsten Verehrung erfüllen! Möge es Ihnen gut gehen u. nehmen Sie die Grüße meines ganzen Hauses. In wahrster Verehrung Ihr treuer Friedrich Preller. Weimar 9 Septbr 1872. Briefe von Friedrich Preller d. Ä. an einen Freund, 1856–1872, Autographen Sammlung, Preller, aus der ehem. Preussischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen Bibliothek, Krakau.
691 Ilmenau, den 28. September 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Da eine bisjetzt noch vorhandene Schwäche in den Beinen, den Besuch des Ateliers mir nicht zuläßt, so habe ich mich wieder an die Erinnerungen an Italien begeben, wovon Sie hierbei 2 Zeichnungen erhalten. Beide Gegenstände haben ein besonderes Interesse für mich, da ich an beiden Orten glükliche Stunden verlebt habe. In der Cirvera* haben wir früher stets unsere heitern Feste gefeiert, und da die Campagna nach dieser Seite hin überall schön ist, führte mich mein Weg öfters dorthin. Das Casino Baldi war mir mit manchem andern eine zweite Heimat geworden, und so sind beide Orte mir theuer geworden. — Ob ich sogleich an die Fortsetzung dieser Arbeit denken kann, ist etwas zweifelhaft, da ich in der nächsten Zeit versuchen möchte: an die großen Staffeleibilder zu gehen, welche, wenigstens die erste Zeit, jede Arbeit neben sich verdrängen würden. Doch ich denke, der Holzschneider wird wohl für’s erste, vollauf Beschäftigung an den vorhandenen haben. Die Zeichnungen lege ich wieder auf Untersatzbogen, da einem ausgeführten Blatte nichts empfindlicher ist als ein Bruch. Gegenwärtig haben wir die Freude Frl. Brauer auf einige Tage bei uns zu sehen. Von hier will sie wieder die Reise nach Italien antreten. Sie empfiehlt sich Ihnen allen aufs Beste und mein ganzes Haus schließt sich an. 625
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Treu ergeben Friedrich Preller Weimar 28 Septbr 1872 * Die Ponte-Molle-Gesellschaft, zu der sich seit 1813/14 die deutschen in Rom lebenden Künstler zusammengeschlossen hatten, veranstaltete jährlich um den 1. Mai ein Fest an den Ufern des Aniene bei Torre Cervara. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/160.
692 Weimar, den 5. Oktober 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Sie erhalten anbei den von mir unterzeichneten Contract, die Zeichnungen betreffend, zurük. Ueber die beigelegte Probe des Holzschnittes habe ich kein Urtheil. Von wirklicher Bedeutung kann der Schnitt nur dann sein, wenn der Gegenstand im Ganzen charakteristisch wiedergegeben ist. Ich ersuche Sie daher mir das erste ganze Blatt zu schicken, worüber ich Ihnen gern meine Ansicht von der Sache unumwunden mittheilen will. An meinem Hause wird heut noch die Loggia mit dem Genelli Fries vollendet, und ich glaube man darf die Arbeit einen kleinen Schmuck nennen. Die beiden Pilaster Figuren werden noch ein Weilchen zögern. Ihnen und der verehrten Gemahlin mich empfehlend Friedrich Preller Weimar 5 Octbr. 1872. Die Zwei Hundert Thaler für No. 13 u 14 der Zeichnungen, habe ich erhalten. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/161.
693 Weimar, den 6. November 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Endlich, nach vielen Kummer und sorgenschweren Tagen, während der lebensgefährlichen Krankheit meines Friedrich, kehre ich allmälig zur Arbeit zurück, und da wird zuerst die Frage lebendig: wie steht es wohl mit der Reproduction der italienischen Zeichnungen? 626
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Ein ganzes Blatt zu sehen, ist einer meiner lebendigen Wünsche, und ist es möglich, so lassen Sie mir recht bald das Eine oder Andere zu kommen. — Eine Kohlenzeichnung aus dem Dante gehört zu meinen neusten Arbeiten. Dieselbe ist für das Album des Königs von Sachsen* bestimmt, und hätte schon vergangenes Jahr fertig sein sollen. Was mich abgehalten, irgend etwas derart zu unternehmen, wissen Sie ja. Vor einigen Tagen wurde von der Jugendzeitung gesprochen, welche bei Ihnen erscheint, und damit in Verbindung kam mir folgender Gedanke: ob Sie nicht Vielerlei bei meinem Sohne Friedrich finden würden. Derselbe hat nehmlich oft davon gesprochen, daß er beabsichtige eine kl. Sammlung für derartige Zwecke zu machen. Da es gewiß eine geraume Zeit dauern wird, bevor er an große Arbeit gehen kann, dürfte es ihm wahrscheinlich erwünscht sein, im Hause eine Unterhaltung in dieser Weise vorzunehmen. Daß er die Sache gut herstellen würde, davon bin ich überzeugt, und gewiß würde er die Gegenstände nach Ihren Wünschen wählen. Mit der Bitte den Ihrigen mich bestens zu empfehlen, bin ich stets Ihr ergebenster Friedrich Preller. Weimar 6 Novbr. 1872. * Johann (1801–1873), König von Sachsen. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/162.
694 Weimar, den 6. November 1872. An Julius Hübner (1806–1882), Maler, Direktor der Gemäldegalerie Dresden. Geehrtester Herr und Freund! Endlich, nach vielen sorgenschweren Tagen, während der gefährlichen Krankheit meines lieben Sohnes, der sich das Uebel in Italien zugezogen hatte, komme ich wieder zur Ruhe, und nun soll meine erste Beschäftigung sein: Ihnen zu melden, daß die Dantezeichnung längst fertig hier liegt, und nur darauf wartet, daß Sie dieselbe geschikt haben wollen, oder daß ich sie selbst bringe, welches Letztere geschehen würde, sobald ich mich der Nachricht freuen kann, daß mein Kommen ohne Störung in der Genesung meines Sohnes sein kann. Die Zeichnung habe ich in Kohle gemacht, (freilich ein Material, was noch besser für ganz große Gegenstände gebraucht werden könnte), indeß hoffe ich: damit vor Ihren Augen erscheinen zu können. Wollten Sie mir nur durch ein Wort wissen lassen, ob ich das Blatt bringen oder schicken soll, so würde ich Ihnen sehr verbunden sein. Die Gallerie einmal wieder zu sehen, würde mich unsäglich beglücken. Mit bestem Gruß Ihr ganz ergebener Friedrich Preller Weimar 6 Novbr. 1872. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: I/C/I/799/Nr. 50.
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695 Weimar, den 23. November 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Entschuldigen Sie die verspätete Antwort auf Ihr letztes gütiges Schreiben, und den geschikten Probedruck, der mir eine besondere Freude gemacht hat. Geht die Sache in diesem Sinne weiter, so wird das Blatt charaktervoll und lebendig. Die 24 Blätter beisammen können interessant genug werden. Die Aussicht: Ihnen in diesen Tagen meinen Besuch zu machen, ist durch ärztliches Verbot in Nichts zerfallen. Die Sehnsucht nach Friedrich, der sehr gelitten, zog mich nach Dresden, aber unsere Aerzte halten unser Wiedersehen für zu früh, und so muß es bleiben, bis ich nach Carlsbad gehe, oder von dort zurükkehre. Um ihn einigermaßen zu entschädigen, schike ich dem armen heut eine Parthie meiner letzten kleinern Arbeiten, und bei dieser Gelegenheit wage ich’s, Ihnen eine Bitte vorzulegen, deren Erfüllung mich sehr verbinden würde. Friedrich kennt nehml. noch Nichts von den, für Sie gefertigten Zeichnungen. Da die Holzschneider jedenfalls nur wenige Blätter in Arbeit haben, so wär es vielleicht möglich: durch Ihre Güte eine Parthie derselben für ein paar Tage zur Ansicht zu erhalten. Ich weiß, daß ihn die Sendung, besonders in dieser Zeit, sehr beglücken würde. Für vorsichtige Behandlung dürfen Sie durchaus keine Sorge tragen. Meine Gesundheit wird immer fester, und mit der Rückkehr der hellen Tage denke ich an die großen Bilder zu gehen. Mit der Bitte mich den Ihrigen bestens zu empfehlen, zeichne ich in Ergebenheit Friedrich Preller. Weimar 23 Novbr 1872. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/163.
696 Weimar, den 26. Dezember 1872. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Ganz besondere Freude hat am Festabend, mir Ihr liebes schönes freundliches Geschenk gemacht. Seitdem sitze ich immer wieder dabei und bewundere das herrliche Talent, was Schwind so treu bis an sein Ende verwaltete. Ich danke Ihnen aus Herzensgrunde für die Freude, die Sie bereitet. Möchten Ihnen und all den lieben Ihrigen die Festtage nur Frohes bereiten! — In treuer Ergebenheit Ihr Friedrich Preller. 628
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Weimar 26 Decbr 1872. Neugierig bin ich auf den ersten fertigen Probedruck Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/164.
697 Weimar, den 30. Dezember 1872. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Weimar 30. Dec. 1872 Mein lieber Freund! Vor allem empfangen Sie meinen aufrichtigsten Dank für das mir doppelt werte liebe Geschenk, mit welchem Sie mich in einer Weise beglückt haben, die ich in Worten unmöglich aussprechen kann. Mir scheint dies Bildnis ein abgeschlossenes rundes Kunstwerk, auch wenn es die frappante liebenswürdige und lebensvolle Ähnlichkeit nicht hätte, die es im höchsten Grade besitzt. Wenn ich mich so recht ohne Störung in die Arbeit vertiefe, ist mir’s immer, als würde mich der grosse Meister in seiner höflichen Weise anreden. Die Arbeit zähle ich unter die erquicklichsten Kunstsachen, an denen ich mich immer wieder erfrische. Ich wiederhole meinen Dank mit besonderer Freude, auch für die Statuette, die mir eine neue Freude bereitet. Morgen zählen wir den letzten Tag des Jahres und unser aller Wünsche gehen dahin, dass es alle Lieben ruhig und froh beschliessen mögen, damit sie das Neujahr in froher Zuversicht antreten möchten! — Wie viel Schweres mir im vergangenen Jahre zugeteilt war, wissen Sie, doch danke ich Gott, dass es nicht noch trauriger geworden. Mit den nächsten Tagen hoffe ich den Versuch wagen zu können wieder an grössere Arbeiten zu gehen, die nun Jahr und Tag geruht haben. Was ich bei dieser langen Unterbrechung gelitten, das werden Sie begreifen, da Sie mich seit Jahren kennen. Ihr Urteil über mein kleines Gedenken an Genelli hat mich in Wahrheit beschämt. Die Arbeit entstand in Karlsbad, wo ich mich noch immer halb krank fühlte. Mein so langer Verkehr mit den edlen Menschen machte mir’s gewissermassen zur Pflicht ihm ein sichtbares kleines Andenken zu stiften, mochte es ausfallen wie es wolle. Deshalb bitte ich es mit Nachsicht anzusehen. – Möge Ihnen das Neujahr mit Ihrem ganzen Hause nur Gutes bringen, so auch der Familie Weigel, die wir alle herzlichst grüssen. Treu Ihr Friedrich Preller. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 2, S. 21–22. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
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698 Weimar, nach 1872. An Unbekannt. Lieber Freund! In Ihrer Abwesenheit sehe ich mich genöthigt in der Abschätzung Ihnen folgendes zu bemerken: Meine Besoldung u einige Werthpapiere, die ich von dem angekauft, was ich jährlich von der Summe des Odysseewerkes voraus habe, versteure ich besonders. Daß ich neben der Arbeit nur Kleinigkeiten machen konnte, wissen Sie, u ist dafür eine Summe anzusetzen, so dürfte sie schwerlich über 5–600 Rthl. gehen, auch diese Summe ist reichlich gerechnet. Mit herzlichen Gruß Ihr Fr. Preller. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 13122.
699 Um 1873. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Neben dieser Arbeit* habe ich zehn Zeichnungen für einen Bakchuszug erfunden und in Farbe gesetzt, was mir viel Vergnügen gemacht hat, da sich der Vorgang auf schwarzem Grund sehr gut ausnimmt. Sie sehen, liebe Freundin, dass ich wieder allerlei in die Hände genommen und vollbracht habe. Gott erhalte mir nur noch einige Jahre Kopf und Hand, dann sollen Sie mich gewiss nicht klagen hören, denn auf Erwerbung grosser Reichthümer habe ich’s nie abgesehen und ruhig in meinen Verhältnissen kann ich dann leben. Ich habe so viel Aufträge, dass ich mir das herausnehme, was mir sympathisch ist. Somit ist mir das Leben im Atelier immer angenehm und bei leidlicher Gesundheit wünsche ich nicht viel mehr. Mein Häuschen sieht aus wie ein Schmuckkästchen und ich kann Ihnen nicht sagen, wie dieser kleine Besitz mich beglückt. […] * Prellers Entwürfe für den Genelli-Fries an der Loggia seines neu erbauten Hauses an der Belvederer Allee in Weimar. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 334–335.
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700 Um 1873. An Lisbeth von Suchodolska, geb. Bauer (1844–nach 1912), Malerin.* […] Seit einiger Zeit ist landschaftlich, Schmuzwege u Gänse, ein beliebter Gegenstand. Was geistlose Menschen mit solchem Material zu Stande bringen, will ich Ihnen nicht verrathen. Es ist aber zum Erbarmen! (S. 85). […] Daneben habe ich für die Loggia ein Künstlerleben gezeichnet, bei welchem ich an Genelli dachte dasselbe umfasst seine heitere Jugend, Blüthezeit, seine künstlerische Richtung u das Alter. Ich lasse es in 2 Farben in den Gurt malen, den die Loggia bietet.** (S. 88). * Bei Weinrautner als „Suchedelsky“ bezeichnet. ** Preller bezieht sich hier auf den Genelli-Fries in der Loggia seines eigenen Hauses an der Belvederer Allee (heute Nr. 8). Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997.
701 Um 1873. An den Sohn Friedrich (1838–1901), Landschaftsmaler. […] Dem Ganzen zu gute kommen müßte: eine kleine Veränderung der Luft und einige Striche in der Felspartie rechts, die an innerem leben etwas zurückbleibt.* Die Hellung in der Luft hat nicht ganz den richtigen Ton, vielleicht dürfte sie milder und etwas wärmer sein. Ferner ist zuviel kleine dunkle Form nach oben. Wäre die Luft rechterhand nach der Höhe hin weicher, so würde die große Silhouette des schönen Berges kräftiger, das weißbeleuchtete Kloster noch feiner wirken. Die Tiefe nach unten ist sehr gut, die Lichtführung vortrefflich, und mit diesen Kleinigkeiten wird das Bild entschieden noch gewinnen. Noch mehr zu schwätzen, überlasse ich den Leuten, die nichts verstehen und doch gern klug tun. […] * Preller bezieht sich hier auf ein Bild seines Sohnes, das Kloster Santa Scholastica darstellend. Das Werk befindet sich heute in der Gemäldegalerie Dresden Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 74.
702 Weimar, den 7. Januar 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochverehrter Herr! Hoffentlich sind die lieben Fest und Feiertage in Ihrem Hause bei Lust und Freude dahingegangen, wo alle vorhergegangenen auf neuen Zuschuß warten. Mit der Genesung meines lieben Friedrich sind auch bei uns wieder frohe Stunden eingekehrt. 631
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Ich danke Ihnen bestens für Uebersendung des letzten Probeabzugs, der im Ganzen so erfreulich ausgefallen ist, daß Jederman meint, es sei eine Radirung meiner Hand. Besseres könnte man nur dann erwarten, wenn ich selbst besser radiren könnte! — Jetzt freue ich mich schon auf das ganze Blatt, und bitte nur die Zeichnung beizulegen, damit ich vielleicht das eine od. andere erinnern könnte, was wahrscheinlich gar nicht nöthig sein wird. Da ich unwiderruflich nach Carlsbad beordert bin, dort aber nicht ganz müßig sein kann, so denke ich die kleinen deutschen Zeichnungen zu machen, doch wär dabei meine Ansicht: dieselben wengsten um 1 Zoll zu vergrößern, da der von Ihnen bestimmte Maaßstab mir sehr klein erscheint. Ueber diesen Punkt erbitte ich mir Ihre Bestimmung. — Seit 4 Tagen arbeite ich wieder im Atelier und kann Ihnen gar nicht sagen, wie glüklich ich mich dort fühle. Wohl ist uns Malern nur dann, wenn wir Pinsel u Palette in den Händen haben und die Farbe riechen können. Ausführliche Zeichnungen habe ich in letzter Zeit verschiedene gemacht, aber nur solche die schon Jahre gewartet hatten. Ihrem ganzen Hause das Beste wünschend, Ihr Friedrich Preller Weimar 7 Jan. 1873. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/169.
703 Weimar, den 9. Januar 1873. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Leider verhindert mein Gesundheitszustand noch immer jede Reise, und so bin ich jetzt verhindert der ehrenvollen Aufforderung als Preisrichter nach Berlin zu kommen. Mich Ihnen bestens empfehlend ergebener Friedrich Preller Weimar 9 Jan. 1873. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.1191,Nr.568.
704 Weimar, den 21. Januar 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig.
Abb. 56
Verehrtester Herr! Mit den Abzügen der Landschaft mit den Mönchen* haben Sie mir eine große Freude bereitet. Ich habe nichts zu erinnern, alles ist vortrefflich, nur Wolke u Berg könnte einen 632
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56. Friedrich Preller d. Ä.: Italienisches Landschaftsbuch, Holzschnitt Tafel VI, 1878.
halben Ton lichter sein. Vielleicht liegt das in der Hand des Drucker’s. Wenn alle so gut geschnitten werden, muß die Reihenfolge sehr erfreulich werden. Mit nächster erhalten Sie die Zeichnung zurück. Allzeit Ihr ergebenster Friedrich Preller. Weimar 21 Jan. 1873. * Das von Max Jordan herausgegebene und bei Dürr in Leipzig 1878 erschienene Italienische Landschaftsbuch mit zehn Holzschnitten nach Zeichnungen Prellers enthält die Darstellung einer Landschaft mit Mönchen, bezeichnet S. Francesco bei Civitella. Der Bildtext lautet: Das Wetter hat sich entladen. Dämmerung deckt das Thal und der Blitz fährt nieder dicht beim Franciskaner-Kloster von Civitella; Mönche eilen angsterfüllt vom Felde herbei; ächzend knarren die Bäume, der Ginster am Steingeröll des Weges sträubt das starre Haar und die Wanderer ziehen bang dem nächsten Schlupfwinkel zu. Siehe auch Brief 705. Das Motiv diente Preller auch für ein Ölgemälde. Siehe die Briefe 722 und 726. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/170.
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705 Weimar, den 14. März 1873. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Liebe Frau! Seit dem Weihnachtsfest u. jetzt liegt eine lange Zeit, u. wenn ich denke daß Sie mich für eine kalte od. gleichgültige Natur ansehen, wozu Sie ein wirkliches Recht haben, wird es mir doch bang, denn das bin ich in Wahrheit nicht, wenngleich mir viel zur Last gelegt werden kann. Zuerst mußte ich wohl glauben, daß Ihnen ein Wort des Dankes od. überhaupt ein Wort von mir, wenig erwünscht sei, da Sie Ihre Adresse complet verschwiegen hatten. Nach Empfang derselben kam mir vielerlei in den Weg, vor allem aber eine gewisse Abgespantheit, so daß ich des Abends gar nichts unternehmen konnte, wollte ich den kommenden Morgen der Arbeit widmen, welche über 14 Monate geruht hatte. In dieser Zeit hatte ich das Atelier nicht betreten, weil ich doch nicht arbeiten durfte. Möge der Himmel jeden Menschen vor solchen Prüfungen behüten, besonders solche, denen er geistige Kraft u Freude an der Arbeit geschenkt hat! — Sie kennen mich genugsam u ersparen mir daher wohl eine Beschreibung des Glückes, als ich wieder die Palette zur Hand nehmen durfte. Seit der Zeit habe ich manches vollbracht, in erster Reihe den Actäon, der nun an Ort u Stelle angelangt, wohl längst den ihm bestimmten Platz eingenommen hat. Der Besitzer ist Herr Consul Marchand am Pariser Platz No. 1. Jetzt bin ich an den Centauren, die ebenfalls nach Berlin wandern, aber erst vollendet werden, wenn ich von Carlsbad zurük bin*. Im ganzen stehen 7 angefangene Bilder um mich herum u warten meiner Hände. Wie heißhungrig über die Sachen herfalle, können Sie wohl denken. — Für Uebersendung der Schinkelschen Blätter danke ich Ihnen aus vollem Herzen, ich sehe sie wieder u wieder, denn ich merke in allen den begabten vielseitigen Menschen, der freilich von anderm Standpunkte ausgeht, als die heutige Landschaftmalerei, der ich auch keineswegs ihr Recht abspreche, denn sie bringt etwas zum Ausdruck, was ihr total fehlt: die pulsirende Wärme nehmlich. Leben, u warmes Leben, muß jedes vollendete Kunstwerk haben, wenn dieses ihm fehlt, wird es durch höchsten Schönheitssinn doch nur theilweis ersetzt, ja es kann uns selbst bis zur Langen weile bringen, diese hohe Eigenschaft, warmes Leben, besaßen viele Niederländer, u. damit nehmen sie uns dermaßen gefangen, daß wir selten den Mangel der Schönheit od. der Größe, welche die Italiener besitzen, fühlen lassen. Die großen Italiener haben auch Mängel, u. die meisten wohl haben wir selbst. Daher scheint mir: der Mensch erkenne sich möglichst selbst, u bringe das zur Anschauung, was der Himmel ihm verliehen hat. Verwaltet er das ihm anvertraute mit Verehrung u Liebe, muß immer etwas Gutes herauskommen. Die ganz allgemeine Anerkennung wiegt nicht schwer. Doch entschuldigen Sie mein langes Verweilen auf Dingen, von denen ich am liebsten schweige. Im Hause geht es mit allen ganz gut, Clairchen erblüht immer lieblicher und ganz weiblich. Sie ist der Liebling aller, die ihr nahe stehen. Alle tragen mir die Grüße für Sie auf, ich füge die meinigen für Sie u Herrn Gemahl bei u wiederhole meinen besten Dank. In treuer Verehrung Ihr Fr. Preller 634
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Weimar 14 März 1873. * Das Gemälde Diana und Actaeon befindet sich heute in der Gemäldegalerie von Lwiw, Ukraine, und die Arkadische Landschaft mit Kentauren im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Siehe auch Brief 660. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
706 Weimar, den 18. April 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochgeehrter Herr! Sie erhalten anbei die Zeichnung mit den Mönchen zurük, die ich so lange Zeit zurückhielt, weil ich wieder eine Probe des nächsten Blattes erwartete, worüber ich Ihnen meine Ansicht mitgetheilt hätte.* Die nächste Zeit führt mich nun nach Karlsbad, und da ist es besser, daß vorher Ordnung gemacht wird. Ich nehme allerlei kleine Arbeit mit und werde dabei Ihrer viel gedenken. Möge es Ihnen und der verehrten Familie nach Wunsch ergehen! — In treuer Verehrung Ihr Friedrich Preller. Weimar 18. April 1873. * Siehe Brief 704. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/171.
707 Karlsbad, den 1. Mai 1873. An Paul Erwin Boerner (1836–1880), Kunsthändler in Leipzig. Verehrter Freund! Ihr Brief hat mich in Carlsbad gesucht u. gefunden, bei dem häßlichen Wetter, eine wahre Freude. Ich will das geschäftliche, sogut ich kann, sogleich beantworten. In Weimar hätte ich’s ganz ausführlich thun können, da Profs. Verlat mir nahe steht. Ich bin zu lange Zeit von dort weg, um die jetzigen Verhältnisse genau zu kennen, doch sollte ich glauben, daß De Keyser, Direktor der Akademie u Historienmaler, der rechte Mann sei, den Sie nicht übergehen dürfen. Ein besonderes Cabinet für Cartone kenne ich in Antwerpen nicht, doch scheint mir, daß man v. Schnorr’s Werken jedenfalls ein besonderes Local einrichten würde. Schade ist es aber, daß Deutschland seine Leute nicht so hoch zu achten weiß, daß man ihre Arbeiten dem Ausland anbieten muß. Ich sollte meinen: die ganze Periode habe Deutschland Ehre genug gebracht. Es scheint, das National-Museum in Berlin treibe jetzt 635
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Gänse u Schaafhandel, lasse das Höchste, als unbrauchbar links liegen. — Antwerpen hat von jeher, wenn auch nicht das rechte Verständnis, doch Freude an Kunst, u Geld, sie zu unterstützen gehabt, deshalb habe ich den Glauben, daß die herrlichen Dinge von Schnorr dort einen Platz finden werden. Nach meinem Hiersein werde ich wieder nach Ilmenau gehen, aber sobald ich wieder in Weimar bin, gebe ich Ihnen Nachricht, u dann würde es mich hoch beglücken, wollten Sie mir irgend etwas von Schnorr zur Ansicht schicken. Wir alle, denn meine Frau u. Clairchen begleiten mich, empfehlen sich Ihnen bestens. Treu ergeben Ihr Friedrich Preller Carlsbad 1 Mai 1873. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL C. G. Boerner, Kunsthandlung.
708 Karlsbad, um den 15. Mai 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrtester Herr! Ihren Brief nebst Probedruck habe ich über Weimar, in Carlsbad erhalten und Freude an beiden gehabt. Wenn Herr Kaeseberg die vordersten Gründe etwas breiter im Strich gehalten hätte, dürfte die ganze Wirkung ehe gewinnen, als verlieren. Gegenwärtig zeichne ich an den nordischen Gegenständen u. bin am 7ten Blatte. Sie werden in der Ausführung der großen Blätter ebenbürtig, da sich eine leichtere Behandlung nur für wenige verwenden lassen würde, da die Gegenstände zu reich sind. Hoffentlich ist es Ihnen auch in dieser Weise nicht unangenehm. In 14 Tagen denke ich über Dresden u. Leipzig nach Weimar zurük zu kehren. Ergebenster Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/174.
709 Weimar, den 7. Juni 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig.
Abb. 57
Hochgeehrter Herr! Ihr Schreiben nebst Probeabzug des Palazzo di Pussino* habe ich erhalten und große Freude an beiden gehabt. Das Blatt, wenn die andere Hälfte ebenbürtig wird, dürfte das
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57. Friedrich Preller d. Ä.: Italienisches Landschaftsbuch, Holzschnitt Tafel I, 1878.
höchste Lob verdienen. Ich gestehe gern, daß ich die eigene Hand darin fühle und nichts mehr wünschen könnte, als daß alle in derselben Weise zur Erscheinung kämen. Mit Ihrem gütigen Anerbieten bin ich vollständig einverstanden und danke Ihnen ganz besonders, daß Sie mir eine Verlegenheit erspart haben. Die drei noch fehlenden Blätter habe ich, als charakteristisch nordische ausgesucht und bereits eines davon unter den Händen. Ihnen mich empfehlend Friedrich Preller. Weimar 7 Juni 1873. * Der erste Holzschnitt nach Zeichnungen Prellers in dem von Max Jordan bei Dürr in Leipzig herausgegebenen Ansichtenband Italienisches Landschaftsbuch zeigt ein mächtiges Gebäude, die sog. Fabricca di Poussino im hier bezeichneten Val di Pussino. Die Landschaft diente Preller auch als Vorlage für das Gemälde Ruth und Boas auf dem Felde, das der Künstler zwei Jahre später für Hermann Böhlau (1826–1900) in Weimar fertigstellte. Siehe Brief 740. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/172.
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710 Weimar, den 10. Juni 1873. An Lisbeth von Suchodolska, geb. Bauer (1844–nach 1912), Malerin.* […] Es ist ein wahrer Gräul, verfolgt man den Gedanken: was ist aus der Kunst geworden? Das Gesindel, welches heut den Namen Künstler so schmachvoll besudelt, sollte man mit Eselsdr…k bewerfen, u trotzdem machen sie sich breit, füllen sich die Taschen u verhöhnen alle die, welche mit Ernst u heiligem Eifer einem höheren Ziele nachstreben. Die zweite Frage ist: wird das noch lange mit Sturmschritt dem Sumpfe entgegeneilen in welchem es doch zuletzt versinken muß, oder stehen wir auf dem Punkte: bald umzukehren? Hoffen wir u. gehen auf dem eingeschlagenen Wege getrost weiter! […] * Bei Weinrautner als „Suchedelsky“ bezeichnet. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 86.
711 Weimar, den 15. Juni 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Hochgeehrter Herr! Sie erhalten anbei die noch fehlenden Zeichnungen, (nordische Gegenstände). Morgen hoffe ich nach Ilmenau gehen zu können, vorausgesetzt, daß es das Befinden meiner Frau erlaubt. Leider wird ihre völlige Genesung nur langsam gehen. Mit bestem Gruß treu ergeben Friedrich Preller. Weimar 15 Juni 1873. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/173.
712 Ilmenau, den 5. Juli 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Vorerst nehmen Sie die besten und herzlichsten Glückwünsche zur glüklichen Ankunft des willkomnen Weltbürgers.* Gott schütze ihn und lasse ihn zum tüchtigen Menschen emporwachsen. Daß ich ohne Unterbrechung Ihrer gedenke, werden Sie an der Beilage erkennen. Kleinere Arbeiten sollen auch diesmal meine Zeit hier ausfüllen helfen. Ich bin als Begleiter meiner Frau hier, die wieder sehr an ihren Nerven leidend ist. 638
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Für die Verlängerung des Genellifrieses, dem Herr Meyer in Hamburg gern einen Platz in seiner Villa anweisen möchte, habe ich in Carlsbad allerlei lustige Dinge componirt und hier einige davon auf sehr verschiedene Weise colorirt.** Nach meiner hier abgelaufenen Zeit werde ich in Weimar wieder in Oel malen. Meine Frau empfiehlt sich mit mir Ihrem ganzen Hause. Treu ergeben Friedrich Preller. Ilmenau 5 Juli 1873. * Am 30. Juni 1873 wurde Walter Dürr geboren. ** Preller hat eine erweiterte Variante des sog. Genelli-Frieses im eigenen Anwesen an den Hamburger Kunstsammler Arnold Otto Meyer (1825–1913) verkauft. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/175.
713 Ilmenau, den 28. Juli 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrtester Herr! Da ich hier jeder größeren Arbeit mich enthalte, ist mir’s möglich gewesen: Ihnen wieder einige Blätter schicken zu können. Sehr angenehm würde mir’s sein, zu erfahren, wieviele noch an der von Ihnen festgesetzten Zahl fehlen. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Ilmenau 28 Juli 1873. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/176.
714 Ilmenau, den 28. Juli 1873. An Reinhold Köhler (1830–1892), Bibliothekar der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar. Verehrter lieber Freund! Nächst meinem besten Gruß aus dem alten lieben Ilmenau, erlaube ich mir eine Frage u vielleicht auch eine Bitte Ihnen vorzulegen. Zur Verheiratung unser’s Erl. Großherzogs hat die Stadt Weimar den Entschluß gefasst, als Geschenk, von mir ein Bild malen zu lassen u zwar mit einer Staffage aus dem Großherz. Hause. Der Auftrag ist immerhin ein ehrenvoller, u ich habe mich dafür entschlossen, jedoch ist die Aufgabe keine leichte, da ich mich schwer überred könnte, moderne Figuren zu malen. 639
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In ganz Thüringen giebt es schwerlich ein Stückchen Natur, die malerischer u in jeder Weise interessanter sein kann, als Eisenach mit seiner Umgebung. Meine Bitte geht nun dahin: Können u. wollen Sie mich in der Sache unterstützen? Ich denke mir daß die Bibliothek gewiß mancherlei enthält, was Sagen und Facte berichtet, woraus leicht etwas Paßliches für den Maler zu ziehen ist. Da ich nicht weiß, ob die Bibliothek noch geschlossen ist, u ich also eine Vorbereitung bis zu meinem Zurükkommen verschieben muß, so sind Sie wohl so freundlich mich mit einer einfachen Antwort zu erfreuen. Sind Sie im Stand mir, sobald als möglich, etwas Paßliches mit zu schiken, bin ich Ihnen tausendfältig dankbar.* Durch Luft und Wetter begünstigt, bin ich mit den meinigen wohl beneidenswerth, umsomehr, da sich meine Frau in der Besserung befindet. Herzlich grüßend Ihr Fr. Preller. Ilmenau 28 Juli 1873. * Preller entschließt sich dann für eine Darstellung des Rosenwunders, eine Begebenheit mit der Hl. Elisabeth in der sog. Armenruhe in Eisenach. Siehe auch Brief 718. Klassik Stiftung Weimar, GSA 109/609.
715 Ilmenau, den 10. August 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Ilmenau 10 Aug 73. Geehrtester Herr! In Erwartung des Probedrucks, der gestern Abend hier eintraf, hat sich mein Dank u. Empfangsschreiben einige Zeit verzögert, was ich bitte, gütigst entschuldigen zu wollen. In Beziehung auf den Druck bekenne ich gern meine Bewunderung, ganz besonders der Vorgrundparthien. Zu hart ist der Palast u der Kegel, auf dem er steht. Die Luft ist wenig verstanden, denn die Schattenseiten stehen in keinem Verhältnis zum Licht. Aus diesen Gründen entsteht eine gewisse Härte, der gewiß vielfach noch abgeholfen werden kann, wenn die dunkeln Töne in der Luft u dem Palast etwas gelichtet werden. Ein großer Unterschied zwischen Zeichnung u Druck wird durch das Material hervorgebracht. Der graue Bleistiftstrich steht zum Papierton in anderm Verhältnis, als der schwarze Druckstrich, weshalb ich ganz entschieden rathe: Die Drucke nicht schwarz, sondern in grauer Farbe machen zu lassen. Einen solchen Druck bitte ich recht dringend mir schiken zu lassen, weil ich dann erst streng u richtig urtheilen kann. Wär das Schneiden aber so bequem, als das Radiren auf Kupfer, die Künstler würden es gewiß selbst machen, u diese Mängel würden vermieden werden. Vielleicht andere dafür auf zu weisen sein. 640
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Entschuldigen Sie meinen Tadel gütig, ich bin mir’s vor der Oeffentlichkeit aber schuldig, u. das Gesagte schützt vor ähnlichen spätern Fehlern, in diesem Blatte kann ja die Hauptsache auch gut verbessert werden. Das noch immer mangelhafte Befinden meiner guten Frau wird mich wohl noch einige Zeit hier festhalten. Ich bin thätig, soviel als möglich, doch meine großen Arbeiten in Weimar werden mich wohl vermissen. Die meinigen empfehlen sich mit mir Ihrem ganzen Hause. Treu ergeben Ihr Friedrich Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/177.
716 Ilmenau, den 10. August 1873. An Reinhold Köhler (1830–1892), Bibliothekar der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar. Verehrter Freund! Ich danke Ihnen herzlich für die schnelle Uebersendung der Thüringischen Sagen. Sie erhalten anbei die Bescheinigungen, und die freundlichen Grüße von Emil, Friedrich u der meinigen Treu ergeben Ihr Friedrich Preller. Ilmenau 10. Aug. 1873. Klassik Stiftung Weimar, GSA 109/609.
717 Weimar, den 5. Oktober 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Ihren lieben Brief nebst Beilage des Holzschnittes, habe ich erhalten u. über beide große Freude gehabt. An der Wiedergabe der Zeichnung bemerke ich nur eine zu harte Behandlung des Striches, etwas mehr Breite des Striches würde der Sache noch vortheilhafter sein. Das Blatt ist sonst mit großer Pietät gefolgt. Herzlich grüßend, Ihr Friedrich Preller. Weimar 5 Octbr. 1873. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/178.
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718 Weimar, den 7. Oktober 1873. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein lieber alter Bernhard! Seit ich Dir zuletzt schreib, ist uns Beiden gar mancherlei begegnet, worauf wir nicht gerechnet hatten. Obgleich indirekte Nachrichten immer an den rechten Mann gekommen, lobe ich mir doch ein direktes Wort. Die Einzugsfeierlichkeiten in Eisenach haben mich von a bis z sehr interessirt u erfreut, weil ich eine entschiedene Neigung für das junge Paar fühle.* Mir traten gewisse Momente meines Jugendlebens vor die Seele, der Vater der liebenswürdigen Prinzeß war damals noch Kind, als ich im Gefolge des mir unvergeßlichen Carl August, im Hause des Herzogs Bernhard in Gent wohnte. Was ich damals erlebte, ist mir alles unvergeßlich geblieben. Der Herzog Bernhard hat mir viele Jahre später das Ein oder Andere wieder in Erinnerung gebracht. Mein heutiger langweiliger Brief hat etwas im Hintergrunde, was mich eigentlich in ganz andere Sphäre versetzen sollte. Es ist dies nichts weniger als eine Bitte an das junge Paar. Die Stadt Weimar nehmlich will als Geschenk für das junge Paar: ein Bild von mir haben. Du wirst mir glauben, daß ich diesen ehrenvollen Auftrag hochhalte. Ich habe, wie Du denken kannst, ein Motiv aus meinem Geburtslande Eisenach gewählt, die Armenruh mit einer Staffage der heil. Elisabeth und dafür vorläufig den Carton gezeichnet, da für das Bild die Zeit zu kurz war. Besagter Carton sowie eine Bleistiftzeichnung, die ich ganz besonders der hohen Prinzeß zueignete, sind mir nun unzugänglich, u meine Bitte an Dich, geht nun dahin, den Erbgroßherzog zu bitten, daß er Befehl giebt, mir beide Dinge zukommen zu lassen, da ich das Bild nicht ohne den Carton beginnen kann, u von der Zeichnung gern eine Photographie besitzen möchte. Der Gegenstand ist interessant genug. Es ist nehmlich die Begegnung des Eliesar mit der Rebecca am Brunnen vor dem Ort, die Kamele werden getränkt und beide Hauptfiguren sind leicht heraus zu finden, ebenso die etwas ferner liegenden Andeutungen, z.b. an die Reise des Erbgroßherzogs.** Im Hause habe ich nicht auf Rosen gewandelt. Meine liebe Jenny war, wie ich nun erfahren, lebensgefährlich krank u ist noch leidend, indes hoffe ich, daß im Hause des Winters alles wieder gut wird, da mein Clairchen*** in Coburg bei Rückert’s ist, dürfte es möglich werden, Dir einen kurzen Besuch zu machen, indem ich denke, sie von Eisenach ab zu holen. Die Bitte an den Erbgroßherzog lege ich nochmals Dir ans Herz. Grüße mir alle Deine Lieben und denke an Dein eigenes Wohlbefinden. Treu Dein Fr. Preller. d. 7 Octbr. 1873. * Der Erbgroßherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1844–1894) hatte am 26. August 1873 Prinzessin Pauline (1852–1904) geheiratet.
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** Neben dem Rosenwunder für das Brautpaar arbeitete Preller auch an dem 1874 fertiggestellten Gemälde Rebecca und Elieser am Brunnen für die Familie von Eichel-Streiber in Eisenach. Die hier genannte Bleistiftzeichnung aus dem Besitz der Prinzessin Pauline bezieht sich auf ein Blatt mit dem von Preller mehrfach dargestellte Motiv der Rebecca am Brunnen. *** Clara Krieger (um 1859– ?) Tochter von Prellers zweiter Ehefrau Jenny Ventzky (1834–1906). Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3687.
719 Weimar, den 7. November 1873. An Franz Liszt (1811–1886), Komponist und Musiker. Verehrter Freund! Eingedenk einer schönen Zeit meines Lebens will ich an Deinem Festtag nicht fehlen, und so komme ich mit den besten und innigsten Glükwünschen. Gebe der Himmel, daß Du in Deiner Weise fortschaffen kannst, denn Besseres können wir doch nicht bringen, als was Gott uns zugetheilt. Mit dem besten Gruß treu Friedrich Preller. Weimar 7 Novbr 1873. Klassik Stiftung Weimar, GSA 59/ 25,16 Brief 10.
720 Weimar, den 12. November 1873. An Lisbeth von Suchodolska, geb. Bauer (1844–nach 1912), Malerin.* […] für die Verlängerung des Genellifrieses, den ich nach Hamburg verkauft,** u nun verlängern muß, da er für den neuen Platz zu kurz ist, habe ich wohl 12–16 neue Scenen des Gesindels gezeichnet. (S. 90). […] Trotz der halbjährigen Abhaltung in Carlsbad u Ilmenau, habe ich doch mancherlei fertig bekommen. […] Gemalt habe ich das grosse Bild vom Actäon, […] ein anderes mit tanzenden Faunen u Satyrn […], die badenden Centauren […]. (S. 385). * Bei Weinrautner als „Suchedelsky“ bezeichnet. ** Preller hat eine erweiterte Variante des sog. Genelli-Frieses im eigenen Anwesen an den Hamburger Kunstsammler Arnold Otto Meyer (1825–1913) verkauft. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 90.
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721 Weimar, den 12. November 1873. An Unbekannt. Sehr geehrter Herr! Eine große Freude würde es uns sei, wollten Sie heut Abend den Thee bei uns einnehmen. Das Portrait Göthes ist zu Ihrer Disposition. In wahrer Verehrung Fr. Preller. Weimar 12. Novbr. 1873. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: 14/M-Sp/P/144.
722 Weimar, den 29. November 1873. An Hedwig Kräger […] In Erwartung Ihres lieben Besuchs auf der Rückreise von Leipzig, habe ich habe ich [sic.] damit Sie etwas sehen sollen, Ihr Bild* in Arbeit genomen, und bin damit ziemlich weit vorgeschritten. Da ich an diesem Bilde mit großer Freude und bestem Gefühle arbeite, hoffe ich meinem Danke lebendigeren Ausdruck geben zu könen, als es meine mangelhafte Feder im Stande sein dürfte. […] * Das Bild einer italienischen Gewitterlandschaft mit Mönchen aus dem Jahr 1873 befindet sich im Besitz der Nachkommen von Hedwig Kräger. Siehe auch die Briefe 724 und 726. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 387.
723 Weimar, den 3. Dezember 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr! Wieder ist ein sehr schönes Werk aus Ihren Händen in meine kleine Sammlung gewandert, und ich weiß in Wahrheit nicht, wie ich Ihnen meine Freude und Dank bestätigen kann, wenn es nicht die Versicherung ist, daß mir die Freistunden des Winters durch Ihre Geschenke zu genußreichen festlichen werden. Die sieben Raben des Meister Schwind, ist ein von mir geliebtes u bewundertes Werk, was ich fast ohne Ausnahme jeden Sontag sehe. Nun beglückt es mich noch im eigenen Hause. Gegenwärtig vollende ich zwei kleinere Bilder, die schon eine lange Zeit meiner warten. Mit warmen Interesse sehe ich dem nächste Probedruck von Herrn Oertel entgegen.
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Möge es Ihnen und den verehrten Ihrigen stets gut gehen, ihnen allen empfehle ich mich, sowie meine Frau, u. zeichne in Verehrung Ihr ergebenster Friedrich Preller. Weimar 3.t. Decbr. 1873. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/179.
724 Weimar, den 11. Dezember 1873. An Hedwig Kräger. […] Morgen, d. 12. d. M. geht das für Sie gemalte Bild* zur Eisenbahn und ich wünsche nur, daß es ohne jeden Schaden bei Ihnen anlangt. […] Es war mir eine große Freude, mich in das herrliche Sabinerland zurükversetzen zu könen. Daß ich mit aller Liebe gearbeitet, mag das Bild Ihnen selbst erzählen! Der Preis ist 800 RTH. * Siehe die Briefe 722 und 726. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 387.
725 Weimar, den 12. Dezember 1873. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Das neue Blatt von Herrn Kaeseberg, welches Sie mir zu schicken die Güte hatten, ist ganz vortrefflich ausgefallen. Frisch u. frei ist die Behandlung durchschnittlich, u. wenn ich durchaus etwas aussetzen sollte, so würde ich den Wunsch haben den Mönch und ein paar dunkele kleine Stellen im Terrain ein kleinwenig lichter zu stimmen, das wär aber auch alles. Hochachtungsvoll Friedrich Preller. Weimar 12 Decbr. 1873. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/180.
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726 Abb. 58 Weimar, den 28. Dezember 1873. An Valeska Brentano, geb. Erbreich (1851–1918), Ehefrau von Lujo Brentano (1844–1931). Liebes Vallychen, kleines liebliches Erbmägelchen ! Hoffentlich ist das schönste Fest des Jahres ohne jede Störung an Ihnen und den theuren Ihrigen vorübergegangen. Dies unser aller innigster Wunsch. Jetzt tanzen Sie, u. holen alles nach, was Sie in den alten Prellerhause nicht gefunden, wohl auch zuweilen denken: hole der T— die langweilige, die Menschen nur plagende Kunst. Und ich sage: Sie haben vollkommen Recht! Die Kunst ist eben eine zwar vornehme, aber durch u durch eifersüchtige Frau, die jeden hasst, der ihr eine Stunde entwendet. Sie weiß aber auch, daß sie eine beseligende Frau ist. Sie fordert den ganzen geistigen u phisischen Menschen, fragt wenig danach: ob der Himmel nicht noch andere Neigungen in uns gelegt hat, ist der Ueberzeugung, sie vereinige alles, was ein armes Menschenkind beglücken könne. Bedauern Sie mich nicht liebe Vally, ich bin ein freiwilliger Kämpfer (es giebt deren mehr u. diese
58. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait, Zeichnung, um 1873.
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wollen besonders an Sontagen unterhalten sein u mir sind die Festtage bei der Arbeit recht genug verflogen, trotzdem hoffe ich daß Sie bei Ihrem Zurück kommen das Bild, bis auf die Retouche fertig finden sollen. Frl. Kräger hat mir sehr beglükt die gute Ankunft Ihres Bildes gemeldet, u. obgleich ich etwas hartfellig bin, macht mir die Zufriedenheit des Besitzers doch immer Muth etwas Neues zu unternehmen.* Entschuldigen Sie gütigst der langen Rede kurzer Sinn von meiner unbedeutenden Person u. empfangen lieber den tiefgefühlten Dank für die lieben Herz u Magen erquikenden Geschenke, welche auf dem Weihnachtstisch eine Rolle spielen, die ihresgleichen vergeblich suchte. Für die sich immermehr anfüllenden Kunstschätze werde ich wohl oder übel, noch eine Gallerie bauen müssen. Wär es nicht besser gewesen, ich hätte mich als Antiquar etablirt? Doch Nein, ich wär ja verhungert, da ich aus meinen Händen Nichts in andere übergeben kann, ausser das wenige launige, was ich selber mache. Nun, ein S—e wer’s besser macht, als ers kann, Daß ich jetzt ganz allein arbeite, können Sie wohl denken. Alle haben mich verlassen, selbst der Ofen bekümmert sich nicht um mich, er hat freilich schönere Persönchen zur Bedienung gehabt, u da diese jetzt fehlen, trotzt er u läßt mich frieren. Ich will nicht sagen, wie u wo Sie überall fehlen, sein Sie uns nicht bös, wenn wir alle Sie so liebgewonnen haben! — Mit der Bitte: den verehrten Ihrigen das ganze Prellerhaus bestens zu empfehlen zeichne ich Ihr aller Friedrich Preller Weimar 28. Decbr. 1873. * Siehe die Briefe 722 und 724. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 13007.
727 Weimar, den 6. Januar 1874. An Valeska Brentano, geb. Erbreich (1851–1918), Ehefrau von Lujo Brentano (1844–1931). Grüß Gott mein verehrtes liebes Vallychen! Wir sind nun schon einige Tag im neuen Jahr u mein guter Vorsatz: Ihnen am 1.tn Tage zu schreiben ist zunichte geworden. Seien Sie mir deshalb nicht bös, die Sorge um meinen kleinen Liebling hat mich fast ganz unthätig gemacht. Jetzt geht es dem Liebling wieder viel besser u damit beginnt Arbeitslust u. guter Humor. Bei alledem ist es mir doch nur halb Gut zumuthe, denn Sie haben mich im Atelier zu sehr verwöhnt. Comischer war die Feiertage hindurch unsichtbar geworden. Der Platz neben mir war täglich leer, u so konnte ich nicht ausfallen. Ich bat Frl. Hastmann sich während ihrer Abwesenheit herunter zu setzen, u obgleich das bereitwillig geschehen, ist mir doch zu Sinn, als wär mein Genius in die Ferien gegangen.
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Das Eisenacher Bild ist bis zur Retouche fertig u ich bin beschäftigt einige Veränderungen an der Rebecca zu machen, da sie Herr v. Eichel bestellt hat, u ich sehe, daß man vieles besser machen kann.* Eine Feiertagsarbeit war beiliegende Skizze, die ich für Herrn Molinari auszuführen große Lust habe.** Sehen Sie: ob ihm der Gegenstand gefällt, vorausgesetzt, daß er anmuthig, wie er verdient, durchgebildet wird. Der Rahmen ist bereits bestellt, denn malen will ich das Bild jedenfalls, die Bause gehört Ihnen, doch bitte ich, daß Sie diselbe mit bringen, da einiges darin ist, was mir wohl gefält. Die Zeichnung habe ich des Abends mit der Feder gezeichnet. Die Fasanen haben lecker geschmekt u die ganze Familie Molinari u wer dazu gehörig hat laut ein Lebehoch erhalten. Jetzt fragen wir uns gegenseitig: wann wird wohl die liebe Vally wiederkommen? Vielleicht denkt sie noch gar nicht daran, schwärmt u. tanzt u kommt blas wieder zu uns. Möge das Neujahr Ihnen nur Gutes bescheren. Empfehlen Sie mich den liebenswürdigen Ihrigen aufs beste u nehmen den herzlichsten Gruß vom ganzen Haus. Auf frisches Wiedersehen Treu Ihr Friedrich Preller Weimar 6 Jan. 1874. * Mit dem Eisenacher Bild bezeichnet Preller das 1874 fertiggestellte Rosenwunder, ein Hochzeitsbild anlässlich der Vermählung des Erbgroßherzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach (1844–1894) mit Prinzessin Pauline (1852–1904). Neben dem Rosenwunder für das Brautpaar arbeitete Preller auch an dem Gemälde Rebecca und Elieser am Brunnen für die Familie von Eichel-Streiber in Eisenach. Siehe Brief 718. ** Für den Kaufmann Leo Molinari (1827–1907) in Breslau malte Preller 1874 eine Landschaft mit Nymphenraub, die sich heute in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden befindet. Siehe Brief 729. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 13008.
728 Weimar, den 7. Januar 1874. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Wenn dies Jahr meine besten Wünsche zu Antritt des neuen ausgeblieben, so zählen Sie diese Versäumnis auf die schweren Sorgen, welche wir um unser liebes Clairchen gehabt, die sich am heiligen Abend zu Bett legen mußte, und heut noch immer festliegt, obgleich der Zustand eine vollständige u. baldige Besserung erwarten läßt. Der letzte Probeabzug der fliehenden Mönche ist etwas fleckig und dürfte wohl im Strich etwas markiger sein. Die schwarzen störenden Flecken lassen sich wohl leicht beseitigen? — Große Freude habe ich an den Kuppeln von Grose* gehabt, u wenn Sie erlauben, behalte ich dieselben noch einige Tage. Da ich ihre weitere Bestimmung nicht kenne, erwarte ich noch ein Wort von Ihnen. 648
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Möge das kommende Jahr Ihrem Hause nur Erfreuliches bringen. Treu Ihr Friedrich Preller. Weimar 7 Jan. 1873.** * Wohl Franz Theodor Grosse (1829–1891), in Dresden tätiger Maler. Er führte zahlreiche Wand- und Deckengemälde u. a. für das Residenzschloss, die Gemäldegalerie und das Hoftheater aus. ** Prellers Stieftochter Clara Krieger (geb. um 1859) erkrankte an Weihnachten des Jahres 1873 schwer. Der Brief wurde im Januar des darauf folgenden Jahres, also 1874 verfasst. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/181.
729 Weimar, den 23. Januar 1874. An Valeska Brentano, geb. Erbreich (1851–1918), Ehefrau von Lujo Brentano. Verehrtes liebes Vallychen! Wenn ich nicht Ihre Güte und Liebenswürdigkeit genugsam zu empfinden soviel Gelegenheit gehabt hätte, würde ich denken: Sie müßten an unserer Theilnahme an dem höchst erstaunlichen Ergebnis zu zweifeln, mehr als Recht haben. Empfangen Sie vorerst die innigsten und herzlichsten Glückwünsche der Familie Preller, die gegenwärtig freilich nur in 3 Personen vertreten ist. — Und nun zur Ursach meines ziemlich späten Schreibens. Sie wissen ja, daß bei Ihrer Abreise, unser liebes Puttchen* schon eigentlich leidend war. Der Zustand hat sich von Tag zu Tag verschlimmert, und noch gestern hatten wir die traurige Aussicht im besten Falle: ein blindes liebes Kind zu besitzen. Der Augenarzt Brehme aus Erfurt wurde sogleich zugezogen, erklärte den Fall aber als höchst bedenklich und damit schloß seine Aussage. — Heut Nacht hat sie etwas mehr geschlafen, ihre Nerven haben sich gehoben und Br. Erklärt: daß alle Symptome auf eine kleine Besserung schließen lassen, doch sei der Fall noch immer sehr bedenklich, daß wir bei der geringsten Besserung freier athmen, u. uns mit aller Macht an die Hoffnung klammern, können Sie wohl denken.—Gott gebe daß alle Vorsicht u zweckmäßige Behandlung doch die Ueberhand behält! Dies, liebe Vally, die Ursach der Verspätung unsrer besten Glückwünsche. Da meine Gegenwart im Hause ohne Bedeutung ist, bringe ich die Zeit, wie gewöhnlich im Atelier zu, oft freilich in Angst u Sorgen, doch arbeite ich fleißig u finde in der Beschäftigung allein einige Ruhe, da ich in ganz anderer Weise denken u empfinden muß.— Das Bild für Herrn Molinari rückt vor, u ich glaube mit Sicherheit, daß es anmuthig genug werden muß.** Für heut will ich schließen u nur noch, bei Wiederholung unserer besten Wünsche die herzlichsten Grüße, auch von Putt beifügen. Möge es Ihnen u allen, die Sie lieben, nach Wunsch gehen. In steter Verehrung Ihr Friedrich Preller 649
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Weimar 23 Jan, 1874. * Clara Krieger (geb. um 1859) Tochter von Prellers zweiter Ehefrau Jenny Ventzky (1834–1906). ** Siehe Brief 727. Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS 13009.
730 Weimar, den 6. Februar 1874. An Lionel von Donop (1844–1912), Kunsthistoriker. Hochgeehrter Herr! Die kummervolle trübe Zeit im eigenen Hause welche alle schuldige Rüksicht zurückdrängte und versäumen läßt, läßt mich auf Ihre gütige Entschuldigung hoffen. Ich schicke Ihnen anbei den einzigen noch vorhandenen Brief von Genelli und wünsche, daß er Ihnen von einigem Nutzen sein kann. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Weimar 6. Febr. 1874. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/I/291.
731 Weimar, den 10. Februar 1874. An Lisbeth von Suchodolska, geb. Bauer (1844–nach 1912), Malerin.* […] Bei meiner Ameisen Natur bedaure ich nur die kurzen dunklen Tage. Gegenwärtig habe ich 2 Bilder unter den Händen, die Rebecca am Brunnen u einen Nimphenraub. Beide sind untermalt, nebenbei habe ich ein Motiv von Eisenach gemalt. […] * Bei Weinrautner als „Suchedelsky“ bezeichnet. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 389 und 391.
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732 Weimar, den 13. Februar 1874. An Bernhard Carl August von Arnswald (1807–1877), Kammerherr, Major, Kommandant der Wartburg. Mein lieber Bernhard! Heut erhielt ich Deinen lieben Brief u die in demselben ausgesprochene Versicherung Deines Besserbefindens, was mich sehr beglückt, da ich offen gestanden, bei unserm letzten Wiedersehen wirkliche Besorgnis hinsichtlich Deiner Gesundheit hatte. Später habe ich wiederholt gehört, daß Du wieder munter u vergnügt seyst. Wir Alten haben eben zähe Naturen, wollen aber lieber nicht übermüthig werden, denn man kann nie für den nächsten Tag Rechnung machen. Ich habe die letzten 2 Monate sehr traurige Zeit durchlebt. Unser liebes Clairchen war sehr krank u erst seit ein paar Tagen können wir von Besserung reden. Die Krankheit begann mit einer sehr merklichen Nervenverstimmung, die sich im Laufe der Zeit auf den Augen durch eine heftige Entzündung kund gab. Dabei blieb es aber nicht, sondern es entstanden kleine Geschwüre, welche die Sehkraft gefährdeten, besonders war das rechte Auge bedroht, u der Ausspruch des Dr. Brehme in Erfurt ließ wohl eine ganze Woche lang gänzliche Erblindung fürchten. Gott sei gedankt, die Augen sind jetzt gerettet, das Kind aber immer noch in Dunkelheit und zu Bett. Du wirst begreifen, wieviel wir in dieser Zeit gelitten, welche Sorge und Kummer Tag u Nacht auf uns lastete. Mehr als 6 Wochen haben wir, meine Frau und ich, keine ruhige Stunde des Schlafes genossen, das arme Kind war gänzlich ohne Schlaf. Langsam, aber doch merklich, scheint sich die Natur wieder zu heben, doch ist die Arme so abgemagert, daß ich glaube: ich würde sie ohne Anstrengung auf einer Hand nach Belvedere tragen. Hiermit hast Du in großem Umriß eine Schilderung von unserer traurigen Lage, die auch bei uns Alten nicht ganz ohne fühlbare Simptome bleiben wird. Möge der Himmel es gnädig machen! Wunderbar ist es, daß ich einige Beruhigung immer in der Arbeit finde, u während ich in meiner Jugend immer ernste Motive wählte, bin ich jetzt geneigt: heitere Sachen zu malen. In der Arbeit habe ich gegenwärtig 3 Bilder. Nr. 1 die Armenruh bei Eisenach, für den Erbgroßherzog, Nr. 2 Rebecca mit Elesar, am Brunnen, Nr. 3 Ein Nimpfenraub für Breslau.* Hätte ich den Rahmen, so würde Nr. 1 in 3–4 Tagen vollendet sein. Nr. 2 und 3 machen mir besondere Freude, die Rebecca ist eine sehr reiche Composition. Der Brunnen liegt, wie immer im Süden, außerhalb des Ortes. Der Eliesar kommt mit seinen Kamelzug aus den Bergen, macht am Brunnen halt, tränkt die Thiere, und die Menschen unterhalten sich, wie überall, mit dem Femininum, während der Eliesar kniend aus dem Krug trinkt, welchem ihn die Rebecca reicht. Außerdem ist noch manch anderes Motiv in der Staffage. Der Ort liegt nicht weit vom Brunnen, doch muß man eine kleine Brücke passiren, u ich glaube: die Sache dürfte Dir nicht mißfallen. Da das Bild an Herrn v. Eichel kommt, kannst Du denken, daß ich’s gern male. Nr. 3 der Nimpfenraub, ist ganz heiter. Bei dieser Composition habe ich mich in das anmutige Albanergebirg versetzt. Diese Gegenden sind vulkanisch. Ein ausgebrannter Krater, den 651
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nun ein Bergwasser füllt, macht den Mittelgrund. Die Ufer sind reich mit immergrünen Eichen besetzt u geben dem Ganzen einen waldigen Charakter. Hier haben Nimpfen gejagd, u beschäftigen sich theils mit Blumen u Kranz binden, theils sind sie beim Baden. Ein Centauer springt ihnen aber in die Flanke u bemächtigt sich der Einen, vor deren Geschrei mehrere fliehen u sich bergen wollen. Die Beleuchtung ist gegen Abend gedacht u die Wirkung dürfte pikant werden. Du siehst lieber Freund, daß ich nicht müßig sein kann, u das ist in trauriger Zeit für mich ein wahres Glück, da es mein ganzes Sinnen und Denken auf andere Wege führt, denn helfen kann doch nur der Himmel u der, welcher es besser versteht, als ich armer Schlucker. Mein Actäon, dessen Besitzer in Wien an der Cholera gestorben, ist prämirt worden, doch höre u sehe ich nichts von der Prämie. Nun! daran hängt mein Herz nicht, wie Du weißt, die Hauptsache ist u bleibt, daß die Arbeit gut sei. Mit meiner Gesundheit geht es leidlich u ich bitte Gott täglich, daß er mit die Fähigkeit zur Arbeit noch einige Zeit läßt. An allerlei Aufträgen fehlt es mir nicht. Mein etwas unheimlicher Name klingt doch über Weimars Grenze hinaus leidlich gut, u damit bin ich wohl zufrieden. Als weimarischer Professor und Hofmaler verdiene ich doch keinen Heller. Für heut nimm nur noch die besten u herzlichsten Grüße des ganzen Hauses für Dich, die mamina u die Familie Deines Bruders. Treu Dein Friedrich Preller. Weimar 13 Febr. 1874. * Zu den drei Gemälden siehe Brief 727. Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3688.
733 Weimar, den 15. Februar 1874. An Friedrich Bruckmann (1814–1898), Verleger. Sehr geehrter Herr! Entschuldigen Sie zutiefst die sehr verspätete Antwort auf Ihr geehrtes Schreiben. Eine gefährliche Krankheit meiner geliebten Tochter ließ mich alles Uebrige im Leben vergessen. Eine Erlaubnis vom Großherzog ist zwar nicht viel mehr als eine Förmlichkeit, da ich mir das Recht für die Vervielfältigung vorbehalten habe, indeß würde ich doch der Ansicht sein, dieselbe einzuholen. Trotz anderer Anerbietungen gebe ich aus verschiedenen Gründen das Vorrecht doch Ihm, und nun bliebe nur der Punkt zu erledigen: wie wir beide zueinander passen. Sie sind wohl so gütig mir Ihre Gedanken mit zu theilen. Ein Satz in dem Contract mit Herrn Dürr in Leipzig, den ich im Jahre 1866 abgeschlossen, schließt jeden Gebrauch des Holzschnittes aus und den bitte ich zu bedenken, denn in einen Streit mich einzulassen, bin ich nicht gesonnen da Herr Dürr mir sehr befreundet ist. 652
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Da ich keine Kenntniß bei Hervorbringung des Farbendrucks habe, so wird wohl ein Urtheil eines Technikers in der Sache von Bedeutung sein. Der Paragh. II lautet ausgeschlossen bleibt außer dem Holzschnitt Vervielfältigung anderer Art. Hierüber habe ich ein endgültiges Urtheil, und die Aussage eines Rechtsgelehrten würde sich wohl nöthig machen. Hochachtungsvoll Friedrich Preller. Weimar 15 Febr. 1874. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Cgm 8164 (169,2).
734 Weimar, den 6. März 1874. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Sehr geehrter Herr! Mit großer Freude habe ich das letzte Blatt (Bajä) wiederholt gesehen. Dasselbe ist mehr, als ich für Möglichkeit hielt, charaktervoll u frei geschnitten. Sobald das Blatt zusammengesetzt ist, bitte ich um 1 Exemplar. Die schwere Krankheit meines geliebten Töchterchens*, hat mich manche Pflicht hintan setzen lassen, weshalb ich um Entschuldigung bitte. Mit herzlichem Gruß Ihr Friedrich Preller Weimar 6 März 1874. * Clara Krieger (um 1859– ?) Tochter von Prellers zweiter Ehefrau Jenny Ventzky (1834–1906). Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/182.
735 Weimar, den 2. April 1874. An Lionel von Donop (1844–1912), Kunsthistoriker. Hochgeehrter Herr, Die verlegte Adresse trägt die Schuld meiner Pflichtversäumnis, und ich bitte um Ihre gütige Nachsicht. Doch wer gut sucht, findet doch zuletzt, und so ist mirs möglich geworden, Ihnen die gewünschte Adresse zukommen zu lassen. Herr Meyer hat manch schöne Zeichnung von Genelli. In meinem Besitz ist nur 1 colorirte Zeichnung der Kentauren Familie. Die Adresse des Herrn Meyer ist: Meyer, Hamburg, Grimm 15 653
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Nochmals Ihre gütige Entschuldigung erbittend Ew. hochwohlgeboren ergebenster Friedrich Preller Weimar 2. April 1874. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Signatur: nl/255/I/292.
736 Weimar, den 23. April 1874. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Ihre gütige Sendung habe ich empfangen, und sehe mit großer Freude, daß die Blätter immer freier und frischer werden. Auf diese Weise darf man wohl sich die Wiedergabe gefallen lassen. Ich wiederhole die Versicherung meiner großen Freude und danke Ihnen herzlich. In Verehrung Ihr Friedrich Preller. Weimar 23 April 1874. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/183.
737 Weimar, den 4. Mai 1874. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Hochverehrte Frau! Wieder sind wir alle ein Jahr älter geworden, und glüklich sind wir, es in Gesundheit erlebt zu haben. Möge es bei Ihnen der Fall gewesen sein. — Mein Festtag war ein sehr freudiger, denn unser liebes Clairchen war der Gefahr, total zu erblinden entgangen und freute sich ihres neuen Lebens, wir waren überglüklich die Arme wieder froh mit uns zu sehen, und viele meiner Freunde feierten sonach ein doppeltes Fest mit uns. Und so empfangen Sie den besten u. wärmsten Dank für den schönen und schmakhaften Baum, der einzige der mir bei einem langen Leben in Praxis vorgekommen ist. Haben Sie an diesem Tage eine feierliche Ohrenmusik wahrgenommen, so glauben Sie, daß sie aus dem Prellerschen Hause kam, denn hier wurde Ihrer viel gedacht und enthusiastisch auf Ihr Wohl ein Glas italienischen Wein getrunken. Am Nachmittage waren wir still im
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poetischen Tiefurt, und zwar ganz allein, da Clairchen noch jede Aufregung zu vermeiden hat. Sie werden in Gedanken fragen, wie es mit meinem Künstlerleben steht. Mit Freude darf ich Ihnen, verehrte Frau hierauf vergnügt antworten: benone, denn ich fühle Kraft u. Liebe zur Arbeit, bin fleißig und habe im Laufe des Jahres 6 Bilder gemalt, von denen 3 groß genannt werden dürfen. Da ich die nur gewordenen Aufträge nicht alle zu vollenden vermag, denn ich bin 70 Jahre alt geworden, suche ich die heraus die meiner Natur zusagen, und meiner würdig bleiben werden. Jetzt stehe ich der Reise nach Karlsbad nahe, denn dorthin bin ich für jedes Jahr von den Aerzten verurtheilt worden. Wieviel schöne Erinnerungen an dem Orte auch haften, so sage ich mir doch immer: wär ich ganz gesund, ich würde die Zeit besser zu verwenden streben. Da ich nun aber Vertrauen zu dem Arzt habe, gehorche ich Demuth u hoffe gesund wieder zu kehren. Unsere von Rom zurükgekehrten Freunde haben abermals meine Sehnsucht dorthin so rege gemacht, daß ich beschlossen habe: im nächsten Jahre die Reise zu machen. Rom ist nun doch einmal mein geistiges Vaterland, und ich will ihm treu bleiben. Damit ich Sie verehrte Frau, aber nicht bis zur Langeweile durch mein elendes Geschreibsel treibe, will ich Ihnen heut nur noch die Grüße meines ganzen Hauses für das Ihrige und ein Lebewohl zu rufen. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Weimar 4 Mai 1874. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
738 Weimar, den 5. Mai 1874. An Unbekannt. Geehrtester Herr, Mit besonderen Dank erhalten Sie anbei den Betrag (13 rth 14 gl. 8cr.) kleiner Rechnung vom 29. April 1874. Meine Reise nach Carlsbad verhindert vielleicht Ihnen einen besondern Abschiedsbesuch zu machen, ich sage Ihnen und der verehrten Frau also hiermit ein Adio u. auf Wiedersehen. Mit Hochachtung ergebenst Friedrich Preller. Weimar 5. Mai 1874. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/2221.
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739 Karlsbad, den 6. Juni 1874. An das Bankhaus Julius Elkan in Weimar. Ew. Wohlgeborn Die ergebenste Bitte: Herrn Maurer Mstr. Röhr jun. Eine Summe von 143 Rt. auf meine Rechnung gütigst auszahlen zu wollen. Ergebenst Friedrich Preller Prof. Carlsbad 6 Juni 1874. Klassik Stiftung Weimar, GSA 151/109.
740 Weimar, im Oktober 1874. An Clara Krieger (um 1859– ?) Tochter seiner zweiten Ehefrau Jenny Ventzky. Mein liebes Herzens-Putt! Erst morgen ist der Schreibtag für die Mama, u. so sollst Du an dem Zwischentag ein paar Worte von Deinem Päpchen haben. Heut beginnt der Jahrmarkt, das Vieh geht vorüber u versucht auf verschiedne Art, zu musiciren, ich bin aber für das wenig empfänglich u ziehe es vor in aller Ruhe ein paar Stunden zu arbeiten. Wenn Ihr Lieben zurükkommt, wird Böhlau’s Bild* bis auf die Figuren fertig sein, u diese hineinzumalen ist mehr Vergnügen als Arbeit zu nennen. Mit meinem Befinden geht es gut, mich plagt nur die Sehnsucht nach Euch Lieben, denn Nichts kann mir diese Lücke meines Innern ausfüllen, u mein eigentliches Leben beginnt erst wieder mit Eurem Hiersein. Im letzten Falle rechne ich noch 10 Tage, u dann habe ich Euch wieder. So, wie diesmal, habe ich noch nicht empfunden, daß ich sehr allein stehe, wenn Ihr beiden mir fehlt. Wenn mich irgend jemand verwöhnt, so seid eben Ihr es u dafür kann ich Euch nur danken, denn diese Verwöhnung gehört ja zu meinem Wohlbefinden. Gestern war Vogelschießen im Bürgerverein, wohin ich mit Friedrich Toni u den Kindern ging, welche letztere sich herrlich amusirten u durchaus heut wieder dahin wollen. Ob etwas daraus wird, weiß ich noch nicht, denn mir liegt mehr daran in der Natur umher zu gehen, als den Staat so vieler Damen zu sehen, der ja doch wenig erquiklich ist. — Neues weiß ich Euch nicht zu erzählen denn an meine langen Ohren kommt Nichts. Ich bin mit dem zufrieden gestellt, was mir im lieben Hause vorkommt, u das wiederholt sich täglich ohne Besonderheit. Vor mir steht Deine kl. Photographie, u zuweilen ist es mir, als wärst Du um mich her. Das Bildchen giebt Deine Außenseite doch recht gut, doch mir fehlt Dein liebes Stimmchen, 656
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was ich in diesen Stunden der schönsten Musik gleich achte. Nun noch 1000 herzliche Grüße der lieben Mama u einen warmen Morgenkuß. Schreibt mir viel u alle 2 Tage, sonst fehlt mir alles. Adio mein süßes Pütt. Mit aller Liebe Dein Päpchen Fr. Preller. * Für den Verleger Hermann Böhlau (1826–1900) hat Preller 1875 das Gemälde Ruth und Boas auf dem Felde (Privatbesitz) vollendet. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL Preller, Friedrich d. Ä., II, C-2, 0003ad.
741 Weimar, den 19. November 1874. An seine Ehefrau Jenny (1834–1906), geb. Ventzky, verw. Krieger und deren Tochter Clara (geb. um 1859). Mein theures liebes Herzens Jennychen, u mein liebes süßes Puttchen, auch Engelchen! Ich schreibe Euch heut nur einige Zeilen da ich mit heftigen Kopfweh das das Tageslicht begrüßte, was auch noch jetzt in gewohnter Weise weiter geht. Ich habe deshalb das Arbeiten ganz ausgesetzt u sehr lange geschlafen, jedoch ohne Erfolg u nun will ich in Geduld die 9 te Stunde erwarten, da sie mir immer Erleichterung bringt. Euren Weg nach Berlin habe ich jeden Augenblik verfolgt, u mich halb 11 Uhr ruhig schlafen gelegt, weil ich mir dachte, daß Ihr ruhig bei der liebenswürdigen Tante geborgen sein würdet. Kopfweh u das stille Bett neben mir machten mir einen traurigen Effekt u trieben mich ziemlich früh heraus. Der gemachte Spaziergang brachte mir keine Veränderung u so schlich ich nach dem Atelier um nachzusehen was das junge Volk trieb. Im Hause fehlt mir Nichts, denn Minchen ist in jeder Weise die Liebenswürdigkeit selbst, u unermüdlich mir alles bequem u angenehm herzurichten. Nach dem Mittagsschlaf fand ich einen Brief von Emil aus Capri, wo ich in selben Hause wiederholt die gastlichste Aufnahme gefunden hatte. Heut dürfte er wohl nach Rom zurükgekommen sein. Ich freue mich unendlich auf seine mündlichen Erzählungen u Minchen hat versprochen recht bald mit ihm hieher zu kommen. Das wird schöne Stunden für uns alle geben! — Er hat viel u mit Interesse gesehen u so wird er viel zu erzählen wissen. Olevano, Pestum u Capri sind die ihn am meisten zusagenden Punkte gewesen. Ich denke daran: für Minchen ein Bild von Pestum zu malen, das wird Emil gewiß immer interessiren.* — Jetzt will ich ruhig fort arbeiten, damit ich der Arbeit dann alle Zeit widmen kann. Schon jetzt freue ich mich auf diese Arbeit. – Von hier genug, da Ihr wißt, daß mir nichts fehlt u M. für alles sorgt. Für Berlin habe ich einzig u allein die Bitte: Deine über alles liebenswürdige Schwägerin in herzlichster Weise zu grüßen. Käme sie mit Euch hieher, sie würde mir unsagliche Freude bereiten. 657
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Von uns allen 1000 innige Grüße Immer Euer alter treues Päpchen Fr. Preller. Weimar 19 Novbr 1874. * Siehe Brief 744. Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller.
742 Weimar, im November 1874. An Clara Krieger (um 1859– ?) Tochter seiner zweiten Ehefrau Jenny Ventzky. Grüß Gott mein lieb süßes Puthühnchen! Ich bin wohl, aber sehn mich schreklich nach Dir. Die Tage sind noch einmal so lang, als sie sein dürfen, u zu Mittag sitzt an Deinem Platz jetzt niemand was mir immer das Herz schwer macht. Ach, wie froh werde ich wieder sein, wenn Du hier bist! — Dein liebes Bild steht vor mir auf dem Schreibtisch u. ich grüße es in Gedanken alle Augenblicke. Früh liege ich lange Zeit im Bett, u beim Caffee fehlst Du mir überall. Genieße die Zeit, damit Du dann viel erzählen kannst denn es ist viel Zeit verflossen seit meinem letzten Aufenthalt in Berlin u in einer großen Stadt passirt jede Stunde etwas. Unser Leben ist so, wie Du es kennst, ich arbeite mache meine Tour u lege mich bald zu Bett, weil ich mich sehne. Morgen geht Cousinchen fort u dann sind wir wieder allein. Sie ist liebenswürdig wie immer u grüßt Dich 1000 mal. Neues weiß ich nicht zu schreiben, denn ich erfahre nichts, da ich immer arbeite u spazir. Die Freunde besuchen wir selten, da das Puttchen fehlt. Nun behüte Dich Gott Ich bin immer Dein Papchen Fr. Preller. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL Preller, Friedrich d. Ä., II, C-2, 0001ad.
743 Weimar, im November 1874. An Clara Krieger (um 1859– ?) Tochter seiner zweiten Ehefrau Jenny Ventzky. Guten Morgen mein süßes Puttengelchen! Ich danke Dir recht herzlich für Deinen lieben Brief u will nun auch sogleich einige Worte erwiedern. 658
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Bei Frau von Blomberg u Schölers habe ich Besuch gemacht, u erstere ruhiger gefunden, als ich mir nur denken konnte. Die Menschen sind eben verschieden. Unser Haus u Garten sehen aus, als hätten sie die Zeither in einem Putzschränkchen gestanden. Wohl hundertmal habe ich gedacht: wenn das doch mein liebes Clairchen den Garten sehen könnte! Von den Rosen sind nur Krüppel u halb abgefallene Exemplare zu sehen, u davon so viel, daß sich daran der Gedanke an unendlich viel Schönheit reiht. Im Geist bin ich Euch Lieben keine Minute fern. Soeben erhielt ich der Mutter lieben Brief von Cenka u danke ihr herzlich. Gott sei gedankt, daß bei Euch alles gut geht u. steht, wenn im Hause alles wechselt, werdet ihr froh sein, ebenfalls bald fort zu kommen, denn so bekannt als man wünschen könnte, wird man doch nicht in so wenig Tagen. Jetzt gehen alle meine Gedanken auf den Tag Eures Kommens. Wenn Ihr Eure Abreise kennt, so schreibt sie genau, damit man Euch Lieben abholen kann. Adio mein süßes Putt, immer dein Päpchen Fr. Preller. Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv, NL Preller, Friedrich d. Ä., II, C-2, 0002ab.
744 Weimar, im Dezember 1874. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Verehrte liebe Frau! Endlich haben wir, nach manchem schweren Leiden die Feiertage in Ruhe, und daher auch heiter zurükgelegt. Wir alle waren wohl und damit darf eine Familie schon zufrieden gestellt sein. Aber auch vielfache Beweise lebendiger Erinnerung fanden sich zum schönen Feste, und damit dehnte sich unser kleiner Kreis zum weiten Ring aus. Ganz besondere Freude hat mir das Werk von Ihrer Hand gemacht, und wenn Ihnen die Ohren musikalisch an diesem Abend geklungen, so denken Sie daß im Prellerschen Hause Ihrer viel laut gedacht wurde. Empfangen Sie hiermit den herzinnigsten Dank und die Versicherung wahrer Freude von allen Seiten. Von meinem einfachen immer gleichen Leben kann ich wenig, oder besser: Nichts Neues berichten, denn Sie kennen dasselbe. Daß mir der Himmel die Kraft schenkt noch tüchtig zu arbeiten, dafür empfinde ich den lebhaftesten Dank, unbekümmert ob das irgend wie oder wo wirkt. Ich liebe meinen Beruf und habe, soweit ich mit meiner Erinnerung zurük gehen kann nach Einsicht nur nach dem Höchsten und Besten gestrebt, untersuche aber nicht: ob ich auf gutem Wege geblieben, denn damit würde ich nicht besser, und nebenbei giebt es ohnehin mehr Stimmen, als gut ist, welche dies Geschäft gut oder schlecht besorgen. Diese Gedanken sind mir stets fern geblieben. Denken Sie liebe Frau, daß ich nach 47 Jahren wieder ein Portrait in Lebensgröße, und zwar meinen eigenen Fratzen, (wie der Wiener sagt), in Oel gemalt habe.* Jetzt bin ich zu Wasser, ich male eine Sündflut und dann ein Bild von Pestum.**
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Ich will Sie indeß nicht langweilen und schließe daher mit den innigsten und besten Wünschen für Sie und die theuren Ihrigen. Vor allem möge Gesundheit Sie alle beglücken. In wahrster Verehrung und treuer Anhänglichkeit Ihr ergebener Friedrich Preller * Siehe Brief 747. ** Das Bild Die Sintflut malte Preller im Auftrag von Hedwig Kräger. Siehe Brief 746. Seinem Sohn Emil und dessen Ehefrau schenkte Preller ein ebenfalls 1875 fertiggestelltes Gemälde mit den drei Tempeln von Paestum bei heranziehendem Gewitter. Siehe Brief 741. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
745 Weimar, den 4. Januar 1875. An Unbekannt. Hochverehrter Herr! Empfangen Sie den herzlichsten besten Dank für das mir sehr werthe Andenken der Landschaften von Rottmann, deren Entstehung ich zum Theil durchlebt habe. Noch heut wie damals bewundere ich die große Geschiklichkeit sowohl im Lineament als Farbe, mit welchen prächtigen Eigenschaften er jeden Gegenstand zum künstlerischen zu erheben wußte. Unter allen Künstlern meines Faches, habe ich ihn stehts hochgehalten und dieses Andenken wird mich beglücken, so lange ich lebe. Für unsere Zwecke habe ich vielerlei gethan, und wenn ich noch einige Arbeiten beseitigt habe, denke ich alle Zeit auf diesen Punkt zu concentriren. Sobald das Wetter gelind wird, hoffe ich meinen Sohn hier zu behalten. Nehmen Sie noch meinen wiederholten Dank und die besten Wünsche fürs laufende Jahr. Ihr ergebenster Friedrich Preller. Weimar 4 Jan 1875. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.u,338.
746 Weimar, den 3. März 1875. An Hedwig Kräger […] Daß Ihnen das Bild der Sündflut* Freude bereitet, beglükt mich außerordentlich ein Loos, was uns nicht immer zutheil wird. […]. * Siehe Brief 744. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997, S. 393.
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747 Karlsbad, den 3. Juni 1875. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Carlsbad 3 Juni 1875 Verehrte liebe Frau! Verzeihen Sie gütig, wie Sie immer waren u sind, die große Verspätung meines Schreibens und innigsten Dankes zu meinem Geburtstag. Mein Befinden hat nicht den geringsten Theil daran, denn war ich auch nicht, was man mit krank bezeichnet, so war ich doch nicht in der Stimmung: an liebe Freunde zu schreiben. Sie sehen, mein Schiksal hat mich abermals hieher geführt, ich habe viel verlassen müssen, was mir wirklich am Herzen liegt. Im vorigen Jahr war ich zweimal hier, was Gott doch diesmal verhüten möge! ich hatte mich in Ilmenau erkältet u danach schwer leiden müssen. Mein Hiersein ist wenig erbaulich, doch ich gehorche ohne Murren. Die ital. Reise ist in Aussicht, wenn sie nicht, wie manches Andere nur ein Traum bleibt. Sie können wohl denken, daß ich mich sehne, das Land meiner Jugend noch einmal zu sehen. Hat doch mein ganzes Künstlerleben seine Wurzeln dort, und alles, was ich jetzt mache, ist auf ital. Fundament gebaut. Wie schön könnte es werden, wenn wir uns daselbst wieder fänden u das Höchste mitsammen sehen u durchleben könnten! — In effigie bin ich schon vorausgegangen, die Sammlung von Gemälden im Palazzo dei Uffizii hat nehmlich mein Portrait verlangt, eine Ehre, der ich mich durchaus nicht würdig erachte, doch es zurück zu halten, keinen Grund finde, ohne die Gesellschaft zu beleidigen. Seit 47 Jahren habe ich wieder ein Portrait malen müssen, was mir hart angekommen ist.* Bei ungünstigem Befinden habe ich im vergangenen Winter doch vielerlei gemacht. Bei den schönen langen Tagen aber muß ich feiern. Möchte es Ihnen, liebe Frau, besser gehen! — Für heut nur noch tausend herzliche Grüße u die Versicherung meiner unveränderten Anhänglichkeit, mit der ich bin u bleibe Ihr ergebenster Fr. Preller. * Preller hatte 1874 ein Selbstportrait für die Galerie berühmter Maler in den Uffizien geschaffen, das sich im Palazzo Pitti, Florenz, befindet. Siehe Brief 744. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
748 Weimar, den 12. Juli 1875. An Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. […] Dass ich mich unendlich auf Rom freue, können Sie wohl denken, ist es doch Rom, was mein bischen Talent wach gerufen hat. Und dass mit mir Jenny und Putt dort nicht lange fremd sein werden, glauben Sie wohl. Der Gedanke an Unteritalien macht mir immer 661
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das Herz schlagen. Im Geiste werde ich wieder jung werden, habe ich gleich einen weissen Bart. […] Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883, S. 338.
749 Weimar, Anfang September 1875. An Adolf Donndorf (1835–1916) Bildhauer, tätig in Dresden und in Stuttgart. Telegramm aus Anlass der Enthüllung des Denkmals für den Großherzog Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach. Tag seiner Ehre – bringet ihr Lüfte, geschwind Ihm meinen festlichen Gruss! Preller. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf. 3 Bde. Typoskript, 1932. Teil 2, S. 44. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4.
750 Florenz (?), im Spätjahr 1875. An seinen Sohn Emil (1836–1893), Sanitätsrat und Badearzt. […] Ich hatte die Freude, daß ich das Bild besser produzirte, als ich gefürchtet. Beschämt aber war ich immerhin, mich in so vornehmer Gesellschaft zu sehen. […] Man hat mich zum berühmten Maler machen wollen. […] Gott weiß, daß ich solche Gedanken nie gehabt, ich habe gearbeitet, weil ich die Kunst liebe, und bin meinem Berufe nachgekommen. Die Freude der Meinigen ist mir immer eine Freude, und so mag die Sache gut sein. […].* * Siehe Brief 744. Adelheid von Schorn: Zwei Menschenalter. Erinnerungen und Briefe aus Weimar und Rom, Weimar 1912, S. 123.
751 Rom, den 29. Dezember 1875. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Es ist für Jedermann eine schöne Sache: sich in Rom zu befinden, für den Künstler giebt es kein Wort, daselbst aber liebe Briefe in Begleitung von einem schönen Geschenk zu erhalten, rechne ich zum schönsten, was einem Menschen begegnen kann. Den Fries zur Odyssee habe ich, wenngleich etwas spät, doch unbeschädigt erhalten, und sehr gut gefunden. Empfangen Sie meinen besten und wärmsten Dank. Der rothe Grund macht sich bei der 662
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Selbständigkeit der Arbeit sehr gut, für den Leihen hat er etwas sich einschmeichelndes, und ist gewiß der Vertreibung günstig. Ich bin, einige Kleinigkeiten abgerechnet, sehr faul, sehe viel und fühle, daß ich immer muthloser werde. Wie könnte es hier aber auch anders sein? Ich bewundere den Muth, der hier etwas Tüchtiges zu Stande zu bringen hofft. Die Jugend ist die unternehmenste hier. Jeder glaubt es dem Rafael wenigstens gleich zu thun, wenn sie einem Modelle nachgeschrieben hat. Meine Produktivität hoffe ich, wird im Vaterlande zurükkehren. Das Weihnachtsfest haben wir alle gesund durchlebt. Möchten Sie mit all den theuren Ihrigen das neue Jahr frisch und gesund antreten und froh durchleben. Dis der innigste Wunsch Ihres Sie hochverehrenden Friedrich Preller. Rom 29 Decbr. 1875. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/184.
752 Rom, den 19. April 1876. An Dolly Schöler (geb. 1835), Tochter der Luise Schöler, geb. Bartholomäi und des Georg Schöler. An Frl. Tolly Schöler Verehrte liebe Freundin! Daß wir nun schon eine gute Zeit in Rom sind, das wissen Sie hoffentlich. Daß es aber ein großes Glük ist, das alte liebe Rom wieder zu sehen das kann ich Ihnen versichern. Mit den Durchlaufen der alten Stadt kehrt noch einmal ein Stük Jugend zurück u es sollte mir schwer werden dem Glücke Ausdruck zu geben, das mein ganzes Innere durchlebt, wär ich auch noch so geschikt im Beschreiben meines Gefühls. Rom ist u bleibt einmal meine geistige Vaterstadt, ich bin ihr aber auch treu geblieben, denn alles ist mir so bekannt, als hätte ich es gestern verlassen. Ich sehe alles Große u Herrliche nun zum 4 ten male wieder, werde aber nicht müde es aufzusuchen und mich daran zu erlaben. Der Riese M. Angelo steigt zu uns hernieder u offenbart sich dem, der mit Hingabe ihn begrüßt. Raffael mit seinem Gefühl für alles Schöne beglükt mich in hoher Weise u ich kann Ihnen versichern, daß ich mir wünsche: ich möchte mit meinem Glücke nicht allein stehen. Die Stadt hat sich vielfach verändert, das Beste kann man ihr aber doch nicht nehmen, u so komme ich mir wie ein alter Freund vor der seinen Kameraden wiederfindet. Findet sich Gelegenheit, so sehen wir die Campagna mit oder ohne weitere Gesellschaft u immer gern wieder. Jenny und Putt sind überglücklich bei allem was sie sehen u finden sich bequem in Sprache u Umgang mit Menschen. Was soll ich Ihnen aber nun vom Wetter sagen? Während wir von harten Winter in Deutschland hören u lesen haben wir hier die schönsten warmen Tage, oft so warm, daß man im Schatten gern u lange weilt, die Sonne flieht, u alles thut, was wir nur im Sommer 663
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thun können. Die Pracht u der Duft der Blumen, besonders der Rosen u Veilchen begleiten uns, wo wir auch sein mögen. Sie sind oft Ursach, daß wir vom Vaterlande u allen Lieben dort sprechen u uns wohl auch tüchtig sehnen, wenngleich es eine Wohlthat ist, einen harten Winter zu umgehen. Jetzt denken wir erstlich an Neapel u dann an die Rückreise. Wann wir zu hause anlangen, ist schwer zu sagen, aber da Jenny an Carlsbad denkt, dürfen wir nicht zu lange weilen. Mir graut vor diesem Orte, aber ich bin still u trage in Geduld. Unsere Wohnung liegt unfern der Porta del Popolo, ist gesund, weil sie Sonne hat, aber so geräuschvoll, daß ich oft meine Arbeit beende u fortlaufe. Die längste Zeit haben wir hinter uns, die Sehnsucht nach allen Lieben vor uns u die Arbeit in mitten beider. Also Muth, wenn nur die weite Reise nicht wäre. Möge es Ihnen immer gut gehen liebe Tolly u Sie der Reisenden zuweilen gedenken. Grüßen Sie die liebe Mutter u Schwestern herzlich, u sein Sie tausendfach gegrüßt von Ihrem alten Freunde Friedrich Preller Rom 19 April 1876. Jena, THULB, Handschriften, Brandis 816. Abgedruckt in: Allgemeine Thüringische Landes Zeitung, September. 1930, S. 6.
753 Capri, im Mai 1876. An die Mutter von Lucy Dittmer (1844–1920) von der italienischen Reise. Verehrte Frau! Es ist für meinen Gruß noch Platz u. so will ich der lieblichen Tochter Brief eine Zeile beifügen. Daß wir mancherlei mitsammen sahen, werden Sie wohl denken. Soeben kommen wir von einer kleinen Seefahrt zurük, u nun soll uns das Mittagessen vortrefflich munden. Wär der kleine Unfall mit meiner Frau (die rücklings vom Esel fiel) nicht gewesen, wir alle würden sehr vergnügt gewesen sein. Capri ist ein schönes Stückchen Erde, u meine Jugendwanderungen treten mir abermals lebendig vor die Seele. Leben Sie wohl u empfehlen mich Ihren Herrn Gemahl. In Verehrung Fr Preller. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
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754 Weimar, den 27. Juli 1876. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Wenn ich auf Ihre gütige wunderschöne Sendung nicht sogleich die Versicherung meiner großen Freude und den besten Dank zurük sendete, so haben Sie diesmal Nachsicht mit mir. Von Verona an verfolgte mich ein lästiges Unwohlsein, was nun, Gott sei Dank, ganz gehoben ist, und was mich so verstimmte, daß ich für nichts tauglich war, am wenigsten für einen Brief u. Dank, die Ihnen zugehen sollten. Ihr Ruthgedanke* hat mich sogleich an die Arbeit gebracht und ich schike Ihnen das erste Blatt, um zu erfahren: ob sich die Art der Zeichnung für den Holzschnitt eignet. Ich habe die Feder in Bewegung gesetzt weil ich glaube, daß sich der Schneider der Sache leichter anpaßt. Empfehlen Sie mich bestens den verehrten Ihrigen. Hochachtungsvoll ergeben Friedrich Preller. Weimar 27 Juli 1876. * Auf Anregung Dürrs befasste sich Preller mit Illustrationen zum Buch Ruth. Das Vorhaben eines eigenen Landschaftszyklus wurde dann aber aufgegeben. Siehe die Briefe 756 und 757. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/187.
755 Weimar, den 8. August 1876. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. [Telegramm] Bitte umgehend frühere Zeichnung und Holzschnitt als Muster für spätere Preller Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/188.
756 Pyrmont, den 28. August 1876. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Pyrmont 28 August 1876. Verehrte liebe Frau! Wie Sie sehen haben wir Italien mit Pyrmont vertauscht, meine Seele weilt aber immerwährend dort, wo ich meine Jugend verlebte, wo ich all das, was ich in der Kunst jetzt mein nenne, kann, mit Unermüdlichkeit errungen habe. Aber diese Zeit nicht allein, auch meine 665
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Spätere, die Sie liebe Frau, mit mir durchlebt, steht so lebendig vor meiner Seele, daß ich die letztere wohl schon hundertmal durchlebt u noch hundertemal durchleben werde, denn sie hatte ja nur Schönes für mich, während die meiner Jugend mit den empfindlichsten Schmerzen durchzogen war. Wie sollte die weibliche Natur das vollbringen? was dem Manne mit unerbittlicher Strenge entgegentritt. Gott hat es weise eingerichtet, daß er dem Stärkern die große Last auferlegte. Was mir auch im Leben noch beschert sein mag, Rom u was damit in Verbindung, werde ich in dem Erdenleben nie vergessen, u wenn es das Schöne noch weniger hätte, als es in Wirklichkeit hat. Daß Sie Italien mit mir gesehen, gehört zu meinen schönsten Erlebnissen, u treu werde ich alles bewahren was mir dort gereicht wurde. Hier hüte ich mich vor jedem Vergleich der beiden Naturen, so schön auch Pyrmont von den meisten Menschen gefunden wird. Ich bewundere die reiche Vegitation, aber nicht mehr. Die Ursach, weshalb ich einsam zuhaus der Arbeit lebe, die in Italien reiche geistige Nahrung geboten. Ich liebe mein Vaterland als guter Deutscher, als Künstler, zu dem ich nun einmal gekommen, kenne ich nur das schöne Italien. Für Dürr in Leipzig zeichne ich hier einen kleinen Zyklus aus dem Buche Ruth u zwar bin ich am vierten Blatte.* Vielleicht kommt Ihnen später das Eine oder Andere zu Gesicht, dann habe ich die Bitte, daß Sie die Arbeit mit Milde beurtheilen, denn was ich empfinde vernichte ich nie, u das ist mein Herzleid. In Weimar kehre ich zu den Griechen zurük, was das Bessere sein wird, das mag ein Anderer beurtheilen. Gott lasse mir nur Leben in geistiger Beziehung, denn in der Arbeit lebe ich u bin glüklich. Wollen Sie mir eine sehr große Freude machen, so lasse Sie nur einige Worte zukommen, denn seit Rom habe ich nun nichts mehr von Ihnen gehört. Leben Sie gesund u denken Sie zuweilen an die, welche Ihnen fern u immer nahe sind. Meine Frau hat Ihnen selbst geschrieben, weshalb ich keinen Gruß schike. Verdoppeln Sie die meinigen u thun tausend dazu, Immer in Verehrung Ihr Friedrich Preller. * Siehe die Briefe 754 und 757. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
757 Weimar, den 11. September 1876. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig.
Abb. 59
Sehr geehrter Herr u Freund! Vorerst meinen besten Gruß und dann 6 Zeichnungen aus dem Buche Ruth.* Trotz allem Suchen habe ich doch sich aussprechende Gegenstände, nicht gefunden. Morgen früh gehe ich nach Carlsbad u dort werde ich noch allerlei zeichnen. Was Sie dann brauchen können, steht zu Befehl. In großer Eil. ergebenster 666
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59. Friedrich Preller d. Ä.: Boas fragt seinen Knecht nach Ruth, Zeichnung, 1876.
Friedrich Preller. Weimar 11 Septbr 1876. * Siehe die Briefe 754 und 756. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/189.
758 Karlsbad, den 21. September 1876. An Edmund Kanoldt (1845–1904), Landschaftsmaler, ehemaliger Schüler Prellers. Lieber Freund!, Ihre Briefe, Delegramm u Photographie habe ich erhalten u danke Ihnen von ganzem Herzen. Ich klage mich an: Ihnen noch nicht geantwortet zu haben, doch würden Sie mich entschuldigen wüssten Sie was alles dazwischen liegt. Jetzt bin ich wieder im alten Karlsbad u langweile mich schrecklich, habe zu Nichts Lust, u doch die Hände voll Arbeit. Ihre Zeichnung hat mich sehr erfreut, es ist ein ernster Sinn sichtbar, u ich denke: Sie fahren fort auf dem begonnenen Wege. Ihrer lieben Frau, mich bestens zu empfehlen, bitte ich sehr, ohne Ihr Geständnis würde ich sie doch für sehr liebenswürdig gehalten haben. Ich bin wieder an der Ilias, u mache immer mehr die Erfahrung, daß sie dem Künstler der Odyssee nachsteht. Schöne Formen hat sie viel, doch einen sichtbaren Gang zu zeichnen, dürfte schwer fallen, da sie zureich u mannigfach ist. 667
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Wie Sie wohl wissen, habe ich nun 1 Jahr nichts sichtbares gethan. In Italien habe ich nur gesehen u bewundert, die Lust zum eigenen Schaffen fast verloren. In Rom wird nicht viel Bedeutendes geschaft, das Alte behält seinen Werth od. steigt noch u damit begnüge ich mich vollständig. Seitdem bin ich in Pyrmont gewesen u nun trinke ich wieder Karlsbader Wasser. Es ist ein Elend mit seinem Körper unausgesetzt zu thun zu haben. Große Freude habe ich an Friedrich’s Arbeiten, er macht gute Fortschritte. Auf der Rückfahrt will ich ihn besuchen. Von Dresden ist nur Hähnel hier, er ist der Alte u sehr unterhaltend. Was ich arbeite, ist der Mühe nicht werth, denn mir fehlt jede Lust, vielleicht wird es noch einmal anders. Ich brauche doch zuweilen einiger Anregung, u das fehlt hier ganz. Von Weimar hört man nicht sehr Erfreuliches, die Kunstschule will mir gar nicht gefallen. Gott gebe daß meine Erwartungen nicht eintreffen. Mir thäte Carl Alexander leid, dem die Sache viel Geld kostet. Kürzlich ist Frl. Olinda B.* in Ilmenau gestorben. Doch nun addio. Empfehlen Sie meine Frau u mich bestens. In Treue Ihr Fr. Preller. * Olinda Bouterweck (gest. 1876), Tochter des Göttinger Philosophen Friedrich Bouterweck (1766–1828) war eine enge Vertraute im Hause Preller. Akademie der Künste, Berlin, PrAdK I/294, Bl. 93.
759 Weimar, den 24. Oktober 1876. An Friedrich Bruckmann (1814–1898), Verleger. Hochgeehrter Herr! Ihre werthen Briefe vom 18.t. und 20.t. d.M. habe ich erhalten und beeile ich Ihnen hierauf nachstehendes ebenso aufrichtig als ergebenst zu erwiedern. Was den Vorschlag anlangt 7–8 Compositionen zur Ruth als ein Aequivalent der gezahlten Summe Ihnen zu liefern, so bedaure ich hierauf nicht eingehen zu können daß aber auch die zweite Insertion: der Vorschlag eines Schiedsgerichts mir ganz unannehmbar erscheinen muß bedarf wohl keiner weiteren Ausführung. Im Hinblick auf die Bestimmungen vom 28–29 August 1875 liegt für mich in keiner Weise eine Verpflichtung vor, mich und meine künstlerische Arbeit dem Urtheile Anderer zu unterwerfen. Nach den gemachten Erfahrungen bin ich aber noch jetzt bereit in Auflösung jenes Vertrags zu willigen wenn solche Auflösung in einer angemessene billigen, auch einer Vergütung meiner Vorarbeiten bietenden Weise geschehen kann. Da Sie meine briefliche Offerte abgelehnt haben, mache ich statt derselben Ihnen folgenden Vorschlag: No. 1 Der Vertrag vom 28–29. August 75 wird wieder aufgehoben. 2. die gelieferten 4 Cartone verbleiben mir zu beliebiger Verwendung 3. Von den empfangenen 6000 Mark zahle ich bis 1. März 1877 die Hälfte, also 3000 Mark zurück. 4. Sie verzichten auf Rückzahlung der anderen Hälfte d.h. der übrigen 3000 Mark. 668
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Sollte Ihnen diese, meines Erachtens billigen Bedingungen convenniren, so sehe ich Ihrer gefällign Erklärung bis zum 1. Novbr. entgegen, da ich auch bis dahin an vorstehenden Vorschlag gebunden sein mag. Hochachtungsvoll ergebenst Friedrich Preller Weimar 24. Octbr 1876. München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung, Cgm 8164 (169,3).
760 Weimar, den 12. November 1876. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemals Schülerin Prellers. Verehrte liebe Frau! Das Alltagsleben ist wieder in sein Recht getreten, wir sind wieder in der Heimath und das Erlebte liegt wie ein wunderbarer Traum hinter uns. Dieser Traum soll aber nicht endigen, bevor ich selbst endige. Gegen die Sehnsucht vor der Reise hatte ich keine Medicin mehr, als den Stab zur Hand nehmen. Ich habe es gethan, und nun liegt alles Herrliche schon ein gutes Stück hinter mir, und mir bleibt nur die Erinnerung, die ich jedoch mit aller Liebe pflege, damit mir nichts davon verloren gehe. Im Hause ist es mir stets, als wär ich nie weg gewesen, aber in gewissen Stunden fühle ich mich viel reicher, und wär ich noch jung, sollte mir dieser Reichthum gute Interessen tragen. Glauben Sie indessen nicht, daß ich faul bin, ich habe seit meinem Hiersein 9 Zeichnungen für Rom gefertigt, und jetzt werde ich eine Antwort auf einen Brief an Herrn v. Hoffmann, (dem die Villa Mathei gehört) u der einige Bilder von mir wünscht.* Vielleicht verwirft er alle 9, vielleicht wird ihm die Wahl schwer.— Ich habe Geduld, nur darf sie nicht zu lange auf die Probe gestellt werden. — Hoffentlich würde Ihnen die eine od andere nicht mißfallen haben, ich glaube es deswegen, weil keine der andern gleicht. Im Atelier habe ich ein kleines Bild vom Palazzo Poesino** angefangen. Unser Dortsein ist mir ganz lebendig gegenwärtig, und nur in einer Arbeit davon konnte ich mir genüg thun. Wenn Sie mir die große Freude machen: einmal zu schreiben; so sagen Sie mir doch was Sie jetzt vorhaben, denn ganz ohne künstlerische Arbeit können wir alle nicht ganz glücklich leben. Wenn ich nicht arbeite, muß ich wenigstens vom Besten etwas sehen, u da ich mancherlei dergl. habe, so verbringe ich manche halbe Stunde in dem Geschäft des Sehens. Das sich hieranknüpfende Denken ist zuweilen nicht ganz verwerflich u so entsteht in guter Stunde das ein u. andere, was man bei anderer Laune wieder verwirft und zuletzt Nichts gethan hat. Die größte Erquikung ist mir jetzt: eine, in meiner Jugend gemachte Copie des schönen großen Poesino in d. Gallerie Corsini***, die ich wie ein Heiligthum halte, da Kupferstiche die Sache durchaus nicht geben. Darüber habe ich eine Ansicht von Aqua Cetosa gehangen. Diese Gegend war mir immer das schönste der Camp. di Roma. Ich denke: Sie haben 669
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ohngefähr dieselbe Ansicht. Um Italien mir in rosigen Lichte und stets fühlbar mache, legte mich meine Vaterstadt sogleich einige Tage ins Bett. Die Kälte (meine immerwährende Feindin) kann ich nun einmal nicht vertragen, u da die Mehrzahl kalte Tage sind, habe ich am Klima wenig Freude, weshalb ich die meiste Zeit im Hause verbringe. Für diesmal sage ich Ihnen addio. Möge es Ihnen u. allen die Ihnen theuer, gut gehen. In Verehrung ganz ergeben Friedrich Preller Weimar 12 Novbr. 1876. * Freiherr Richard von Hoffmann (gest. 1909), ein Sohn des Leipziger Bankiers Ludwig Ferdinand von Hoffmann, erwarb 1869 die Villa Mattei in Rom. ** Siehe Brief 709. *** Es handelt sich dabei um das Gemälde Rinaldo und Armida in der der Galleria Nationale D’Arte Antica Di Palazzo Corsini, Rom, von Gaspar Dughet (1615–1675). Im 19. Jahrhundert hielt man es für ein Werk von dessen Schwager Nicolas Poussin (1594–1665). Siehe Brief 22. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
761 Weimar, den 24. November 1876. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr und Freund! Ich sende Ihnen anbei die 2 Hefte der italienischen Zeichnungen mit meinem besten Dank zurück und versichere Ihnen, daß mich die Sachen im höchsten Grade interessiert haben. Nehmen Sie meinen wärmsten Dank für die große Freude, welche mir bei jedem Blatte neu wurde. Aus allem sehe ich heraus, daß so hoch begabte Menschen, wie die vorliegenden nicht immer auf den ersten Wurf das ihnen genügende getroffen haben, was einem armen T[eufel]. wohl trösten kann. Bei den meisten Zeichnungen kommt einem das eine oder andere Bild wieder in Erinnerung; und bei strenger Aufmerksamkeit fühlt man oft wie und wo die Sache endigen musste. Ich habe die schönen Dinge mehrmals durchgesehen und hohen Genuß davon gehabt. Empfangen Sie nochmals meinen besten Dank. Um vom Höchsten auf Kleinigkeiten zu kommen, kann ich Ihnen melden, daß ich fleißig an der Aenderung meiner Zeichnungen bin, und in einigen Tagen die Sendung zurükschicke. Wie die Figuren jetzt darin stehen, ist durch die Umgebung geboten, aber ich hoffe daß Nichts mehr störend wirkt. Das weiße Papier wieder zu erhalten, macht die Arbeit etwas beschwerlich, die Zeichnung verlangt wenig Mühe. Die Flickerei ist nicht fühlbar, und so dürfte der Holzschneider wenig Mühe haben. Mit bestem Gruß Ihr ganz ergebener Friedrich Preller Weimar 24 Novbr. 1876. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/190.
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762 Weimar, den 7. Dezember 1876. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr u. Freund! Sie erhalten anbei die corrigierten Zeichnungen mit den Verkleinerungen der Figuren zurük. Einige sind um ein Beteudendes [sic.] verkürzt, andere haben weniger nöthig gehabt. Ich denke Sie werden nun die rechte Größe haben. — Sehr neugirig bin ich sie geschnitten zu sehen. Sobald ein Blatt fertig, bitte ich um einen Abzug, es wär doch möglich daß noch etwas zu erinnern wär, was ich indeß nicht glaube. Neben dieser Arbeit habe ich ein Campagnabild untermalt, und erwarte mit Sehnsucht, daß es trokne. Möge es Ihnen und der theuren Familie gut gehen. Ich empfehle mich mit der Versicherung steter Hochachtung u. bin Ihr ganz ergebener Fr. Preller. Weimar 7 Decbr. 1876. Für die Odyssee meinen ganz besondern innigsten Dank. Ich lese fleissig darin und finde manche Stelle schärfer u eindringlicher, manch neuer Gedanke findet wieder Raum u. bei Gelegenheit dürfte wieder mancherlei entstehen. Rom hat mich wieder wach gemacht, denn ich war wirklich am einschlafen. Ich bin immer Ihr ganz ergebener Fr. Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/192.
763 Weimar, den 13. Januar 1877. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Verehrter Herr u Freund! Meine erste Arbeit nach zurückgelegter italienischer Reise, war beiliegende Zeichnung, von der ich glaube, daß sie Ihnen recht, u. bequem für den Holzschneider ist. Die Figuren sind in der vorgeschriebenen Größe u ich glaube: die Handlung ist deutlich. Die Ruth ist arm für den Maler u so glaube ich daß man abschließen könnte. Sagen Sie mir recht bald Ihre Meinung. In wahrster Verehrung Fr. Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/193.
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764 Weimar, den 29. Januar 1877. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Sehr geehrter Herr u Freund! Ihr werthes Schreiben vom 28. d. M. habe ich erhalten, und mancherlei in der Sache durchdacht, indeß zur Ausführung kann ich jetzt nicht kommen, weil ich tief in der Arbeit zweier Gemälde für Rom stecke.* Der Moses ist eine schöne Figur und ergiebt sich etwas, werde ich gewiß mit besonderer Lust zur Arbeit schreiten. Ob ich der Sache gewachsen bin, muß sich finden, wenn ich mich an die Arbeit gemacht habe. Bisher habe ich schon mancherlei angefangen z.B. drei Bilder untermalt u verschiedene Zeichnungen gemacht. Die Vollendung der Bilder wird auf sich warten lassen. Seit ich Rom wieder gesehen, will mir nichts mehr gefallen. Hoffentlich sehen wir uns vor Beginn der Zeichnungen einmal. Gott laß es Ihnen gut gehen. Ich bin in treuer Verehrung Ihr Fr. Preller Weimar 29 Jan, 1876.** * Wohl ein Auftrag für Freiherr Richard von Hoffmann (gest. 1909), einen Sohn des Leipziger Bankiers Ludwig Ferdinand von Hoffmann, der 1869 die Villa Mattei in Rom erworben hatte. Siehe Brief 760. ** Preller versah manchmal seine Briefe im Januar versehentlich mit der Jahreszahl des vergangenen Jahres. Zum Jahreswechsel 1875/76 hielt sich Preller noch in Rom auf. Der Poststempel für diesen Brief dokumentiert den Januar 1877. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/185.
765 Weimar, den 1. August 1877. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Lieber Freund Dürr! Der Grund meines heutigen Briefes sind die beigehenden Blätter von Fr. Direktor Prate zu empfehlen. Was ich gesehen, war in aller Weise lobenswerth, und dürfte sich für ein größeres Publikum wohl eignen. Sie ist eine Frau von feinem künstlerischen Sinn, die in ihrer Weise geschikt zu nennen ist. Mit herzlichem Gruß Ihr Fr. Preller. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/194.
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766 Weimar, den 15. November 1877. An Alphons Dürr (1828–1908), Verleger und Verlagsbuchhändler in Leipzig. Geehrtester Herr! Der arme Heinrich* liegt vor mir und ich bin in Wahrheit verlegen Ihnen so zu danken, wie es das Werkchen in Wahrheit verdient. Alles, was Führich macht, ist gut und ich sammle mit Leidenschaft, was ich von ihm bekomme; Nehmen Sie also meinen herzlichsten besten Dank für das liebe Geschenk. In besonderer Verehrung denke ich immer des tüchtigen Künstlers. Ich wohnte in Rom mit ihm in denselben Hause. Ich wiederhole meinen Dank und bin stets Ihr ganz ergebener Fr. Preller. Weimar 15 Novbr 1877. * Das mittelalterliche Epos Hartmann von Aues erschien offiziell erst 1878 mit sieben Illustrationen von Joseph von Führich (1800–1876) bei Alphons Dürr in Leipzig. Preller erhielt ein noch druckfrisches Exemplar. Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/195.
767 Weimar, 1877 oder Anfang 1878. An Adolf Stern (1835–1907), Schriftsteller. Sehr geehrter Herr! Die beiden Bilder Ihrer seligen Frau stehen in meinem Atelier und da ich noch bis heut Herrn Ruland nicht getroffen habe, ist die Sache (wegen des Museums) nicht besorgt aber ich denke, es soll bald in Ordnung kommen*. Die Verzögerung ist Ursach meines späten Schreibens. Mit vorzüglicher Hochachtung Ew. Wohlgeborn ergebenster Fr. Preller. * Offenbar sollte Preller die Aufnahme zweier Bilder der Malerin Malwina Stern, geb. Krause nach deren Tod am 10. Mai 1877 in die Großherzoglichen Kunstsammlungen in Weimar vermitteln, deren Direktor seit 1870 Carl Ruland (1834–1907) war. SLUB Dresden / Mscr.Dresd.App.416,Bd.9,Bl.22(2).
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768 Weimar, im Februar 1878. An Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin und ehemalige Schülerin Prellers. Liebe Frau Dittmar, Zuerst nehmen Sie meinen herzlichen Dank für Brief u schön gearbeitetes Kissen, auf welchem ich täglich mein Mittagsschläfchen halte u so Zeit habe Ihrer täglich zu denken. Sie leben gegenwärtig im lieben Wilhelmsh. während wir hier im Schnee sitzen u Pläne fürs Frühjahr machen, aus denen wahrscheinlich nichts wird. So ungefähr geht es allen, die in der Arbeit sitzen, wie ich es thue. Was werden Sie thun? Denn müßig können Sie so wenig sein, als ich, der schon in Gedanken an den kommenden Tag u die Arbeit schlecht schläft. Nun, ich bin zufrieden u damit ist alles gut. Was ich mache, gelingt mir alles nicht, doch nuschle ich fort u denke: das ist ja nicht die Hauptsache im Leben. Mehr als das, was Gott bescheert, kann der Mensch sich nicht geben, basta. Unter den Händen habe ich ein Bild für Rom, was daraus wird, mag Gott wissen! * Ich meine: die Leute haben genug geschikte Leute, die uns nicht nöthig haben. — Eine Neuigkeit, die mir Freude gemacht hat ist: die Universität Jena hat mich zum Doctor honoris ernannt. Paß auf Fritze, daß du den Collegen keine Schande machst. Ich denke viel an Italien u speziell an Rom, wo es jetzt, wieder kalt ist u die Lust zur Arbeit wegfält, während hier die Lust zum Faulenzen oft kommt. Weimar hat manches Hübsche, doch der Vatican ist nur Einmal in der Welt u war immer der, welchen ich stets aufsuchte. Ob ich wohl das Letztemal dort war? Wenn mir Gott Gesundheit schenkt, gehe ich noch einmal dahin. Rom u das Paradies ist mir immer gleichbedeutend vorgekommen. Meine Bilder im Museum gehören zum besten, was ich gemalt habe. Ich sehe die Fehler darin, u doch macht mir Freude, alles kann man nicht gut machen. Zu thun habe ich genug bis a mein Ende, damit ich aber in der Sache bleibe, versammle ich alles alles römische um mich. Da ich Nichts interessantes zu schreiben, weiß, empfehle ich mich Ihnen u bitte mich Ihren Herrn Gemahl bestens zu empfehlen. In steter Verehrung Ihr ganz ergebener Friedrich Preller. * Es handelt sich wohl um einen Auftrag für Freiherr Richard von Hoffmann (gest. 1909) in Rom. Siehe Brief 760. Weimar, Stadtarchiv, Archiv Nr. 5350/11.
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N I C H T Z U D AT I E R E N 769 Weimar, ohne Datum. An Angelica Facius (1806–1887), Bildhauerin. Liebe Angelika! Haben Sie denn weder Scheu noch Scham? daß Sie gar nicht sehen lassen. Fast hätte ich ohne Abschied von Ihnen zu nehmen, abfahren müssen, und ich muß glauben Sie hätten sich gar kein Gewissen draus gemacht, da Sie sich gar nicht sehen lassen. Kommen Sie heute Abend nicht, so kündige ich Ihnen meine Freundschaft auf, kommen Sie aber, so bin ich, wie bisher Ihr treu ergebener Friedrich Preller. Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen, Sign.: nl/255/d 70.
770 Ohne Ort, ohne Datum. An Margarete Ludolf (1840–1898), Schülerin Prellers. […] Auch in der Ausübung der Kunst bringen die Verhältnisse oft gegen unsere Wünsche das, was man gern links liegen ließe. Ich sage mir dann: wer weiß wozu auch das gut ist? und gehe mit Ruhe und Fleiß daran, erwartend, daß die rollende Zeit bald wieder eine andere Seite herauskehrt, und ich täusche mich nicht. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 67.
771 Ohne Ort, ohne Datum. An eine Schülerin. […] Verzweifeln Sie nur nicht beim Mißlingen einer Arbeit, und denken Sie, daß Sie alle zu Genossen haben, die wirklich mit Ernst nach etwas Höherem streben. […] Spielend ist noch niemand zu etwas Tüchtigem in den Künsten gelangt. Die größten Talente plagen sich fast immer am meisten, und das dauert an, solange man lebt, denn je höher wir steigen, desto weiter können wir auch sehen, und wir merken, daß wir stets unendlich viel vor uns haben. Schon das Streben soll beglücken und tut es auch, sobald wir über die ersten Schwierigkeiten hinweg sind. […] Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904, S. 72.
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I V. A R C H I V B E S TÄ N D E
Basel, Universitätsbibliothek, Autographensammlung Berlin, Akademie der Künste, Historisches Archiv Berlin, Bundesarchiv Berlin, Deutsches Historisches Museum, Sammlung Dokumente Staatliche Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz, Zentralarchiv, Autographensammlung Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriften Bad Blankenburg, Friedrich-Fröbel-Museum Bonn, Universitäts- und Landesbibliothek, Abt. HSS. und Rara, Autographensammlung Kunstsammlungen der Veste Coburg Dortmund, Stadt- und Landesbibliothek, Handschriftenabteilung Dresden, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek (SLUB), Handschriften Dresden, Sächsisches Staatsarchiv Dresden, Stadtarchiv Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett Düsseldorf, Goethe-Museum, Handschriften Düsseldorf, Heinrich-Heine-Institut, Handschriftenabteilung/Archiv Eisenach, Thüringer Museum, Nachlass Preller Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, Handschriften Frankfurt am Main, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Hannover, Stadtarchiv, Autographen Jena, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek (THULB), Handschriften Jagiellonen Bibliothek, Krakau, Autographensammlung Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum, Handschriften Leipzig, Universitätsbibliothek, Sondersammlungen München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftensammlung Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv St. Gallen, Kantonsbibliothek Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv (GSA) Weimar, Stadtarchiv Wien, Antiquariat Inlibris Wiesbaden, Verlag Breitkopf und Härtel, Archiv Briefe in Privatbesitz Bayern, Baden-Württemberg, USA (Texas) Der Herausgeber dankt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Archiven und Bibliotheken für die großzügige Unterstützung bei der Recherche und der Bereitstellung des Quellenmaterials.
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V. L I T E R AT U R ( A U S WA H L )
Hugo Blank: Weimar und Mailand. Briefe und Dokumente zu einem Austausch um Goethe und Manzoni, Heidelberg 1992. C. Brandis: Briefe Friedrich Prellers an Mitglieder der Familie Schöler, in: Allgemeine Thüringische Landes Zeitung, September 1930, S. 5–6. Lore Donndorf: Biographie von Adolf Donndorf, 3 Bde., Typoskript 1932, Bd.1, S. 16–17. Klassik Stiftung Weimar, GSA 96/5340,4. Lionel von Donop: Nekrolog Friederich Preller, Sonderdruck aus der Weimarischen Zeitung 1878, Nr. 105. Alphons Dürr: Preller und Goethe, in: Zeitschrift für bildende Kunst, Bd. 17, 1882, S. 357–365. Julius Gensel: Friedrich Preller der Ältere, Bielefeld und Leipzig 1904. Homers Odyssee. Vossische Übersetzung. Mit 40 Original-Compositionen von Friedrich Preller, Leipzig 1872. Max Jordan: Friedrich Preller d. J. Tagebücher des Künstlers, München, Kaufbeuren 1904. Hermann Kestner-Köchlin: Briefwechsel zwischen August Kestner und seiner Schwester Charlotte, Straßburg 1904, S. 378–379. Richard und Lucie König (Hrsg.): Friedrich Preller d. J., eine Künstlerjugend, Weimar 1930. Reinhold Lichtenberg und Ernst Jaffé: Hundert Jahre deutsch-römischer Landschaftsmalerei, Berlin 1907. Martin Naumann: Das römische Haus zu Leipzig, Leipzig 2007. Friedrich Preller d. Ä.: Italienisches Landschaftsbuch, Leipzig 1878. Friedrich Prellers des Älteren Odyssee-Landschaften. Nach den Kohlezeichnungen in der Nationalgalerie zu Berlin, herausgegeben vom Kunstwart, München 1905. Hugo Preller: Die Stammtafel des Malers der Weimarer Odysseebilder, Friedrich Preller, in: Die Thüringer Sippe, 3, Jahrgang 1937, S. 65–74. Otto Roquette: Friedrich Preller. Ein Lebensbild, Frankfurt am Main 1883. Carl Ruland: Die Radierungen Friedrich Prellers, Weimar 1904. Fritz Schoell (Hrsg.): Mitteilungen aus dem Goethe- u. Schiller-Archiv; ein Brief Goethes an Friedrich Preller nebst Briefen Prellers, in: Goethe-Jahrbuch, Bd. 23, 1902, S. 3–36. Richard Schöne: Friedrich Prellers Odyssee-Landschaften, Leipzig 1863. Christian Scholl: Historisierter Klassizismus. Die Odyssee-Landschaften Friedrich Prellers d. Ä. und ihre zeitgenössische Rezeption, in: Imagination und Evidenz: Transformationen der Antike im ästhetischen Historismus, herausgegeben von Ernst Osterkamp, Berlin 2011, S. 101–128. Adelheid von Schorn: Zwei Menschenalter. Erinnerungen und Briefe aus Weimar und Rom, Weimar 1912. Anna Thaeter (Hrsg.): Julius Thaeter. Das Lebensbild eines deutschen Kupferstechers, Neukirchen o. J. (um 1890). Julius Vogel: Das Römische Haus in Leipzig, Leipzig 1903. Ina Weinrautner: Friedrich Preller d. Ä. (1804–1878), Leben und Werk, Münster 1997. Walther Witting: Künstlerisches aus Briefen Friedrich Prellers des Älteren, Weimar 1903.
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V I . A D R E S S AT E N
Die Zahlen bezeichnen die Briefnummern. Akademie der Künste Berlin 614. Mathilde Arnemann 327. Bernhard Carl August von Arnswald 67, 70–73, 75, 76, 85, 89, 92, 94, 96, 97, 101–105, 107, 111–114, 116, 118, 121, 125–128, 131, 137, 138, 144, 146, 154, 155, 160, 164, 166, 174, 177, 181–183, 195, 201, 211, 250, 388, 397, 400, 491, 494, 501, 546, 554, 555, 558, 570, 589, 590, 594, 597, 616, 618, 625, 634, 647, 662, 673, 684, 718, 732. Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald 100. Ferdinand Konrad Bellermann 106. Otto Benndorf 544. Ferdinand Freiherr von Biedenfeld 87. Carl Gustav Boerner 56, 64, 90, 110, 134. Paul Erwin Boerner 129, 545, 575, 633, 642, 644, 648, 650–652, 654, 655, 660, 666, 672, 687, 707. Valeska Brentano 726, 727, 729. Friedrich Bruckmann 542, 733, 759. Hugo Bürkner 300. Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach 11. Carl Gustav Carus 2, 3, 387, 398. Peter von Cornelius 526. Deutsche Goethe Stiftung Weimar 592. Dittmer, Mutter der L. Dittmer 753. Lucy Dittmer 610, 612, 619, 623, 657, 658, 661, 663, 669, 670, 705, 737, 744, 747, 756, 760, 768. Adolf Donndorf 206, 209, 218, 238, 245, 249, 317, 321, 463, 559, 627, 630, 653, 697, 749. Lionel von Donop 730, 735. Heinrich Dreber 581, 585, 604, 665. Alphons Dürr 548, 551, 553, 556, 557, 560, 562, 563, 565, 566, 584, 601, 602, 605, 606, 608, 609, 613, 622, 640, 641, 643, 649, 664, 667, 668, 671, 681–683, 685, 686, 688, 689, 691–693, 695, 696, 702, 704, 706, 708, 709, 711–713, 715, 717, 723, 725, 728, 734, 736, 751, 754, 755, 757, 761–766. Julius Elkan 739. Eline Erichsen 10. Marie Erichsen siehe M. Preller Angelica Facius 769. Friedrich Fröbel 117, 120.
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Johanna Friederike Gams 579. Bonaventura Genelli 43, 44, 123, 143, 372, 373, 375, 378, 383, 386, 390, 423. Johann Wolfgang von Goethe 1, 22, 24, 26, 28. Ottilie von Goethe 675. Ludwig Gruner 17. Ernst Ludwig Hähnel 307, 595, 599, 607, 690. Hermann Härtel 32, 33, 35, 36, 39, 52, 60, 74, 77, 79–82, 91, 119, 151, 156, 159. Hanchen 430. Adolf von Heideck 124, 136. Carl Emil Helbig 25. Ernst Hemken 241, 243. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 528. Julius Hübner 694. Christian Friedrich Kanoldt 550. Edmund Kanoldt 758. Wilhelm Kemlein 140, 141, 389, 511, 512, 533, 535, 646. Charlotte Kestner 626. Georg August Christian Kestner 31, 34, 37, 38, 40, 41, 93, 109, 176. Georg Heinrich Friedrich Kestner 331, 332, 334, 351, 357, 365, 399, 404, 413, 426, 428, 453, 456, 484, 489, 502, 507, 518, 527, 540, 541, 577. Henriette Kestner 506. Hermann August Kestner 444, 461, 462, 468, 488, 490, 496, 503, 514, 583. Albert Emil Kirchner 237, 370. Reinhold Köhler 714, 716. Hedwig Kräger 722, 724, 746. Clara Krieger 740–743. Hermann Küchling 572. Kunstverein Kassel 529. Justus von Liebig 621. Blandine Liszt 422. Franz Liszt 158, 161, 172, 291, 320, 323, 458, 539, 719. Ludolf, Mutter der M. Ludolf 314. Margarete Ludolf 770. Marie 593. Hermann Moritz 543.
V I . A dressaten
Julius Mosen 459. Carl Oesterley 139. Plockhorst, Ehefrau des Bernhard Plockhorst 659. Charlotte Preller 54, 521, 532, 534. Emil Preller 130, 552, 574, 600, 603, 631, 632, 636, 674, 750. Friedrich Preller d. J. 487, 573, 624, 635, 701. Jenny Preller, geb. Ventzky 741. Johann und Johanna Preller 18, 21, 23, 29. Marie Preller, geb. Erichsen 4–9, 12–16, 19, 20, 27, 30, 45, 49, 50, 57, 58, 61, 84, 98, 99, 115, 133, 135, 142, 145, 152, 153, 162, 167–169, 178–180, 196, 216, 219, 221, 225, 226, 495. Wilhelmine Preller 586, 628, 645. Johann Gottlob von Quandt 147–150. Carl Reinhardt 175. Adrian Ludwig Richter 184, 318, 353, 561, 620. Ernst Rietschel 199, 200, 251. Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein 242, 244, 247, 262, 264, 266, 268, 269, 271, 281, 292, 297, 304, 309–311, 315, 316, 342, 394, 415, 419, 431, 513, 591, 629, 638. Marie zu Sayn-Wittgenstein 422. Adolf Friedrich von Schack 530, 531, 537, 538. Adelbert Schenk 53. August Wilhelm Ferdinand Schirmer 68. Johann Wilhelm Schirmer 273, 277, 284. Julius Schnorr von Carolsfeld 239, 246, 248, 615. Marie Schnorr von Carolsfeld 679. Dolly Schöler 516, 588, 617, 752. Georg Schöler 504, 517. Gustav Adolf Schöll 392, 402, 437, 457. Ludwig von Schorn 42, 46–48, 51, 55, 59, 62, 63, 83, 95. Franziska Schreck 217.
Johann Christian Schuchardt 549, 576. ein Schüler 197. eine Schülerin 771. Friedrich Johann Christian Heinrich von Seebach 122. Marie Soest 185–187, 189–194, 203–205, 207, 208, 212, 214, 215, 220, 222–224, 227–231, 233–236, 240, 252–254, 256, 257, 260, 263, 265, 274–276, 278–280, 282, 283, 285, 287–290, 293–296, 298, 299, 301–303, 305, 306, 308, 312, 319, 322, 324, 328–330, 335, 336, 338, 341, 345, 354, 355, 358–364, 366–369, 376, 377, 379, 380, 382, 384, 385, 391, 393, 395, 396, 401, 403, 405–412, 414, 416–418, 420, 421, 425, 427, 429, 432–436, 438–443, 445–452, 454, 455, 464, 466, 467, 469–483, 485, 486, 492, 493, 497–500, 508–510, 515, 596, 678. Städelsches Kunstinstitut 165. Edward von Steinle 261, 267, 270, 272, 286. Adolf Stern 567, 767. Anna Friederike Storch 170, 171, 188, 198, 202, 210, 213, 258, 259, 313, 325, 326, 333, 337, 339, 340, 343, 346, 347, 356, 381, 424, 460, 505, 519, 520, 564, 578, 580, 611, 656, 699, 748. Anton Storch 173. Lisbeth von Suchodolska 637, 639, 700, 710, 720, 731. Julius Thaeter 69, 78, 88. Sixtus Armin Thon 86, 157, 163. Theodor Thon 65, 66. Unbekannt 132, 232, 255, 344, 348–350, 352, 371, 374, 465, 536, 547, 582, 587, 676, 677, 680, 698, 703, 721, 738, 745. Friedrich Voltz 522–525. Theodor Winkler 108. Josef Zitek 568, 569, 571, 598.
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VII. REGISTER
Die Zahlen bezeichnen die Briefnummern.
PERSONEN Victoria Aberg (1824–1892), Landschaftsmalerin 591. Ackermann 50, 153, 162. August Wilhelm Ahlborn (1796–1857), Maler 34, 37. Joseph Albert (1825–1886), Fotograf und Verleger 522–525, 530, 542. Alexander II. (1818–1881), Kaiser von Russland 646. Albrecht Altdorfer (1480–1538) 311. Samuel Amsler (1791–1849), Kupferstecher 56. Hans Christian Andersen (1805–1875) siehe auch J. Lind 233. Antonelli 423. Julius Appelius (1826–1900), Jurist 133. Ludovico Ariosto (1474–1533) 417. Mathilde Arnemann (1809–1896), Mäzenatin 327, 334, 388, 390, 399, 400, 453, 456, 458, 463, 484, 485, 491. Bernhard Carl August von Arnswald (1807– 1877) 61, 67, 70–76, 87, 89, 92, 94, 96–105, 107, 111–116, 118, 121, 125–128, 131, 133, 135, 137, 138, 144, 146, 154, 155, 160, 164, 166, 174, 177, 181–183, 195, 201, 211, 216, 219, 250, 388, 397, 400, 491, 494, 501, 546, 554, 555, 558, 570, 588–590, 594, 597, 616, 618, 625, 634, 647, 662, 673, 684, 718, 732. Ernestine von Arnswald (1789–1877), Mutter des B. v. Arnswald 57, 60, 61, 70, 97, 107, 127, 131, 249, 570. Georg V. Ludwig von Arnswald (1811–1869), Bruder des B. v. Arnswald 67, 70, 72, 250, 570, 597. Friedrich Heinrich Ernst Hermann von Arnswald (1813–1894), Bruder des B. v. Arnswald 89, 100, 101, 104, 107, 128, 137, 155, 494.
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Marie von Arnswald, Schwester des B. v. Arnswald 57, 70, 76, 92, 97, 114. Daniel-Francois-Esprit Auber (1782–1871), Komponist 305. J. G. Bach, Verleger 348, 349. Johann Sebastian Bach 205. Karl Baedeker (1801–1859), Verleger 284. von Barkardi, Schwester des H. Haertel 298. Franz Xaver Barth (1821–1894), Maler 62. Jakob Salomon Bartholdy (1779–1825), Diplomat 416. Jacopo Bassano (1510–1592) 306. Bauer 549, 662. Bauer, Schreiner 535. Martin Bauer, Verleger 111, 564, 663. Baumgärtner, Ehefrau des J. A. Baumgärtner 295. Julius Alexander Baumgärtner (1797–1855), Buchhändler 143. Carl von Beaulieu-Marconnay (1811–1889), Geheimrat 186, 189, 214, 215, 219, 263, 377. Paul Beck (1814–1879), Opernsänger 235. Ludwig van Beethoven (1770–1827) 186, 189, 192, 207, 208, 215, 233, 253, 263, 254, 276, 303, 361, 377, 636. Carl Joseph Begas (1794–1854), Maler 71. Ferdinand Bellermann (1814–1889), Maler 68, 76, 84, 85, 88, 106. Giovanni Bellini (1430–1516) 306, 418. Eduard Bendemann (1811–1889) 354, 623. Otto Benndorf (1838– 1907), Archäologe 544. Nicolaes Pietersz. Berchem (1620–1683) 311. Agnes zum Berge (1834–1871), Schwägerin des A. H. Hoffmann von Fallersleben 586. Hector Berlioz (1803–1869) 233, 263.
V I I . R egister
Bernhard (1792–1862), Herzog von Sachsen-WeimarEisenach 718. Friedrich Justin Bertuch (1747–1822), Verleger 338. Betzold siehe Petzold von Beust 95. Ferdinand Freiherr von Biedenfeld (1788–1862) 87. Karl Eduard Biermann (1803–1882) 342. Carl von Binzer (1824–1902), Maler 379. Blockhorst siehe Plockhorst Adelheid von Blomberg, geb. von Eberhardt (1830–1904) 743. Blumenröder 63. Hermann Böhlau (1826–1900), Verleger 709, 740. Carl Gustav Boerner (1790–1855), Kunsthändler 35, 56, 64, 90, 110, 134, 151. Paul Erwin Boerner (1836–1880), Sohn des C. G. Boerner 129, 545, 573, 575, 611, 633, 639, 642, 644, 648, 650–652, 654, 655, 657, 660, 666, 672, 687, 707. Georg Friedrich Bolte (1814–1877), Maler 166. Guiseppe Bomba, Sohn des P. Bomba 438. Pietro Bomba, Pfifferaro 438. Gerard ter Borch (1617–1681) 311. Francois Boucher (1703–1770) 311. Friedrich Bouterweck (1766–1828), Philosoph 758. Malwina Bouterweck, Tochter des Fr. Bouterweck 56, 58, 70, 73–75, 88, 97, 98, 99, 186, 190, 208, 216, 221, 223, 381, 468, 484. Olinda Bouterweck (gest. 1876), Tochter des Fr. Bouterweck 56, 58, 70–73, 75, 84, 88, 97–99, 145, 153, 162, 167, 169, 185, 186, 189–191, 192, 208, 213, 214, 216, 221, 223, 228, 229, 234, 258, 357, 370, 381, 422, 426, 456, 468, 484, 511, 534, 535, 646, 758. Brahn 61. Brancadori 21. Brand 344. Heinrich Brandes (1803–1868), Maler 221. Brauer 691. Ludwig Brauer, Akademielehrer 681. Mathieu Ignace van Breé (1773–1839), Maler 4, 10, 11, 87, 179, 196, 220, 341. Brehme, Augenarzt 729, 732. Richard Brehme (1826–1887), Arzt 552, 636, 661. Breimann, Obersteuermann 204, 501. Richard Brend’amour (1831–1915), Verleger und Xylograph 566, 613. Valeska Brentano (1851–1918) 726, 727, 729. Brey 95. Friedrich Bruckmann (1814–1898), Verleger 542, 733, 759.
Bruckner siehe D. Pruckner Pieter Bruegel d. Ä. (um 1530–1569) 311. Julius Buddeus (1812–1873), Verleger 93. Hugo Bürkner (1818–1897), Maler 300. de Buhr, Kapitän 178. Bunnemeyer, Kapitän 178. Jacob Daniel Burgschmiet (1796–1858), Bildhauer 169. Georg Busse (1810–1868), Zeichner und Kupferstecher 426, 527. Alexandre Calame (1810–1864), Maler 281, 436. Capri, Kunsthändler 677. Carl Alexander (1818–1901), Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach 121, 125, 137, 144, 160, 174, 183, 192, 219, 245, 254, 263, 339, 372–375, 378, 383, 386, 399, 419, 442–444, 446, 448, 454, 461, 462, 466, 472, 473, 490, 494, 513, 526, 554, 555, 570, 585, 597, 611, 616, 625, 630, 647, 653, 661, 663, 671, 673, 733, 749. Carl August (1757–1828), Großherzog von SachsenWeimar-Eisenach 2, 3, 8, 10, 11, 15, 16, 59, 87, 190, 220, 333, 462, 594, 627, 718. Carl August (1844–1894), Sohn des Carl Alexander 133, 558, 714, 718, 732. Carl Friedrich (1783–1853), Großherzog von SachsenWeimar-Eisenach 21, 24, 25, 48, 146, 201, 249. Agostino Carracci (1557–1602) 306. Annibale Carracci (1560–1609) 305, 306. Asmus Jacob Carstens (1754–1798) 69, 78, 88, 103, 305, 306, 512, 554, 574, 596, 597, 611, 661. Carl Gustav Carus (1789–1869), 1, 2, 3, 31, 318, 323, 325, 331, 341, 366, 387, 398. Caroline Carus (1784–1859), verh. mit C. G. Carus 398. Gaetano Cattaneo (1771–1841), Maler 7, 10, 11. Cenka 743. Choland 495. Clärchen siehe C. Krieger Eduard Cohen (1838–1910), Landschaftsmaler 577. Comus 678. Conestabile della Staffa 594. Conzert 306. Geltrude von Cornelius, geb. Ferretini (gest. 1853), verh. mit P. v. Cornelius 416. Peter Cornelius (1824–1874), Komponist 327. Peter von Cornelius (1783–1867), Maler 52, 69, 93, 170, 222, 247, 328, 354, 367, 382, 408, 416–419, 421, 422, 425, 426, 442–444, 447, 472, 477, 514, 526, 573, 611, 656, 673. Antonio da Correggio (1489–1534) 418, 670. Arnold Corrodi (1846–1874) 670.
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V I I . R egister
Clemens Wenzeslaus Coudray (1775–1845) 37, 67. Covin 194. Charles–Antoine Coypel (1694–1752) 311. Lukas Cranach d. Ä. (1472–1553) 113, 420. Georg Heinrich Crola (1804–1879) 52. Alexander von Cronhelm (1810–1846), Landschaftsmaler 76. Johan Christian Clausen Dahl (1788–1857) 79, 85, 88, 119, 328. Leopold Damrosch (1832–1885), Musiker 327, 632. Dante Alighieri (1256–1321) 417, 479, 693, 694. Bogumil Dawison (1818–1872), Schauspieler 263. Karl Friedrich Demiani (1768–1823), Galerie-Inspektor 1, 338. Josef Dessauer (1798–1876), Komponist 458. Christian Wilhelm Ernst Dietrich (1712–1774) 328, 462. Emilie Dietrich 98, 99. Wilhelm von Diez (1839–1907), Maler 154, 155. Ditmold 139. Dittmar 181, 182. Lucy Dittmer (1844–1920), Malerin 610, 612, 619, 623, 655, 658, 661, 663, 669, 670, 705, 737, 744, 747, 753, 756, 760, 768. Domenichino (1581–1641) 306. Gaetano Donizetti (1797–1848) 217. Adolf von Donndorf (1837–1916), Bildhauer 199, 200, 205, 206, 209, 218, 230, 231, 238, 245, 249, 317, 321, 463, 559, 573, 627, 630, 653, 697, 749. Martin Gottlieb Adolf Donndorf, Tischlermeister, Vater des A. v. Donndorf 199, 200, 206. Otto Donner von Richter (1828–1911), Maler 136, 140, 212, 271, 298, 397. Lionel von Donop (1844–1912), Kunsthistoriker 730, 735. Dosso Dossi (um 1469–1542) 35, 306, 418. Dozi siehe Tosi Dräger 458. Anton Josef Dräger (1794–1833), Maler 34, 37, 38, 40. Heinrich Dreber (1822–1875) 147, 581, 585, 604, 665. Albrecht Dürer (1471–1528) 2, 169, 181, 311, 368, 661. Alphons Dürr (1828–1908), Verleger 548, 551, 553, 557–559, 562, 563, 565, 566, 584, 601, 602, 605, 606, 608, 609, 613, 616, 622, 640, 641, 643, 649, 652, 663, 665, 667, 668, 670–673, 681–683, 685, 686, 688, 689, 691–693, 695, 696, 702, 704, 706, 708, 709, 711–713, 715, 717, 723, 725, 728, 733, 734, 736, 751, 754–756, 761–766.
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Walter Dürr (geb. 1873), Sohn des A. Dürr 712. Gaspard Dughet (1615–1675) 22, 124, 760. Dupont, Holzschneider 654. Josephus Laurentius Dykmans (1811–1888), Maler 221. Robert Eberle (1815–1860), Maler 666. Johann Peter Eckermann (1792–1854) 27. Edward VI. (1537–1553), König v. England 293. Julie von Egloffstein (1792–1869), Hofdame, Malerin 27, 31, 37, 127. Ehrhardt, Maler 95. A. von Eichel-Streiber, Tochter des J. von EichelStreiber 397, 585, 662, 637, 638, 662. Julius von Eichel-Streiber (1820–1905), Fabrikant 450, 452, 558, 570, 581, 585, 610, 616, 625, 648, 660, 663, 718, 727, 732. Thomas Bruce (1766–1841), 7. Earl of Elgin 203, 384. Julius Elkan, Bankier 739. Marie Ellenrieder (1791–1863), Malerin 38. August van der Embde (1780–1862), Maler 127. Erbgroßherzogin von Mecklenburg 147–149. Eline Erichsen (1771–1856), Mutter der Marie Preller 10, 30, 76, 105, 119, 125, 140, 151, 153, 195, 211, 221, 257, 271, 277, 282, 283, 285, 286, 301. Christian Etzdorf (1801–1851), Maler 85. Allart van Everdingen (1621–1675) 105, 354. Jan van Eyck (1390–1441) 222, 223. Angelica Bellonata Facius (1806–1887), Bildhauerin 55, 89, 383, 769. Dolph Facius 72. Falckert 182. Cornélie Falcon (1814–1897), Opernsängerin 133. Gustav Theodor Fechner (1801–1887) 670. Feige 254. Fra Angelico da Fiesole (um 1395–1455) 222. Johann Gottfried Flegel (1815–1881), Holzschneider 620. Francesco Francia (gest. 1517), Maler 418. Christian Gottlob Frege (1778–1855), Bankier 176. Woldemar Frege (1811–1890), Sohn des Chr. Frege 176. Wilhelm Frey (1826–1911), Maler 62. Clara Friedemann 532. Johann Friedrich I. (1503–1554), Kurfürst von Sachsen 113. Friedrich II. von Preußen (1712–1786) 213. Capar David Friedrich (1774–1840) 328. Fries, Maler aus Kopenhagen 90. Friedrich August v. Fritsch (1768–1845), Oberjägermeister 57.
V I I . R egister
Friedrich Fröbel (1782–1852), Pädagoge 117, 120. Robert Froriep (1804–1861), Arzt 234, 238, 245, 276, 283, 298. Joseph von Führich (1800–1876) 608, 656, 669, 766. Rudolph Gaedechens (1834–1904), Archäologe 638. Heinrich Gärtner (1820–1909), Landschaftsmaler 553, 560, 565. Louis Gallait (1810–1887), Maler 196. Johanna Friederike Gams, Mutter des Ed. Kanoldt 579. Anton von Gegenbaur (1800–1876), Maler 620. Anton Genast (1763–1831), Schauspieler 361. Franz Genast (1797–1866), Schauspieler und Sänger 99, 133, 180, 186, 189, 361. L. Genast 265. Wilhelm Genast (1822–1887), Jurist und Schriftsteller 361, 567, 646. Bonaventura Genelli (1798–1868), Historienmaler 36, 37, 39, 42–44, 123, 143, 196, 237, 367, 370, 372, 373, 375, 378–381, 383, 386, 390, 392, 395, 405, 406, 411, 422, 423, 430, 461, 470, 472–474, 497, 509, 559, 584, 594–597, 607, 610, 611, 641, 678, 692, 697, 699, 700, 712, 720, 730, 735. Camillo Genelli (1840–1867), Maler, Sohn des B. Genelli 423, 572. Caroline Genelli, geb. Kübler (1808–1880) verh. mit B. Genelli 411. Friedrich Gustav Gensel (vor 1840– nach 1894) 164. Georg II. (1826–1914), Herzog von SachsenMeiningen 573. Wilhelm Georgy (1819–1878), Maler 140, 141. Victor Friedrich Gerhardt (1828–1921), Maler 604. Ernst Bruno Freiherr von Gersdorff (1820– 1883) 154. Giaffei 458. Giorgione (1477–1510) 35, 253, 306. Girtche 178. De Glimes, Maler 141. Glintwort siehe Klindworth August von Goethe (1789–1830) 27, 443. Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) 1, 3, 8, 22, 23, 24, 26, 27, 28, 31, 32, 34, 35, 37, 40, 59, 79, 199, 230, 259, 263, 326, 334, 341, 366, 387, 498, 592, 626, 634, 676, 721. Ottilie von Goethe (1796–1872), Schwiegertochter des J. W. v. Goethe 675. Walter von Goethe (1818–1885), Enkel d. J. W. v. Goethe 186.
Karl Wilhelm Göttling (1793–1869), Klassischer Philologe 319. Ferdinand Gregorovius (1821–1891) 622. Gretchen siehe M. Ludolf Grosnart 54. Frl. von Gross, Tochter des Rudolf Gabriel Freiherr von Gross (1822–1907) 670. Julius Grosse (1828–1902), Jurist und Dichter 661. Franz Theodor Grosse (1829–1891), Maler 728. Großmann 62. Grünlich 25. Ludwig Gruner (1801–1882), Kupferstecher 17. Louis Gurlitt (1812–1897), Maler 413. Karl Gussow (1843–1907). Maler 573. Adolph Guyet (1835–1891), Jurist 653. Jakob Philipp Hackert (1737–1807) 341. Ernst Haeckel (1834–1919) 661. Ernst Ludwig Hähnel (1811–1891), Bildhauer 307, 354, 466, 595, 599, 607, 690, 758. Emil Härtel (1835–1904) Zeichenlehrer 300, 353, 594. Hermann Härtel (1803–1875), Verleger 30, 32–37, 39, 42, 52, 61, 74, 77, 79–82, 87, 90, 119, 151, 156, 159, 162, 190, 211, 254, 258, 263, 298, 313, 324, 376, 377, 581, 585, 642, 647, 648, 650, 651. Frans Hals (1582–1666) 462. Franz Hanfstaengel (1804–1877) Fotograf und Verleger 525. Ferdinand von Harrach (1832–1915), Maler 379. Hartmann von Aue (1160–1210) 766. Ferdinand Hartmann (1774–1842), Akademiedirektor 17. Hastmann 727. Hauser 44, 525. Friedrich Hebbel (1813–1863) 360, 361. Ernest Hébert (1817–1908), Maler 629. Adolf von Heerwart (1828–1899), Finanzrat 616. Friedrich Heerwart (1787–1863), Justizrat 174. Hefer 123. Adolf von Heideck (1787–1856), Kunstsammler und Maler 124, 136. Adolf Heideloff (1802–1826), Maler 6, 15. Heidloff 219. Heinken 225. Heinrich Heinlein (1803–1885), Maler 52, 170. Johann Carl Gottfried Heinzmann, Zahnarzt 234. Carl Emil Helbig (1777–1855), Hofrat 25. Ernst Hemken (1834–1911), Maler 164, 168, 190, 192, 221, 225, 239, 241, 243, 248, 253, 276, 298, 303, 317, 324, 365, 422, 484, 559, 589, 636, 594, 630, 636.
683
V I I . R egister
Johannes Hemken, Bruder des E. Hemken 276. Henz 97. Johann Gottfried Herder (1744–1803) 161, 162, 657. Heinrich Maria von Hess (1798–1863), Maler 52, 170. Hetzer 115. von Heyne 95. Hilgersberger 51. H. van Hoboke 178. Gustav Hölzel (1813–1883), Sänger u. Komponist 186. Franz Hoet, Kapitän 135, 178–180, 219, 219, 223. Hoffmann 593. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798–1874) 133, 163, 201, 211, 230, 251, 298, 303, 528, 586. Ludwig Ferdinand von Hoffmann, Bankier 760, 764. Richard von Hoffmann (gest. 1909), Sohn des L. F. v. Hoffmann 760, 764, 768. Hofmann 274, 298, 303. Hans Holbein d. Ä. (1460–1524) 2. Hans Holbein d. J. (1497/98–1543) 2, 293, 669, 670. Carl Wilhelm Holdermann (1783–1852), Theatermaler 41, 92, 94, 96, 111, 113. Carl Ludwig Anton von Holleben (1786–1849) 85. Holzmann 457. Homer 240, 277, 303, 330, 388, 399, 403, 407, 409, 418, 419, 433, 466, 469, 498, 523, 527, 529, 542, 551, 556, 564, 605–607, 611, 622, 626, 671–674. Emil Hopfgarten (1821–1856), Bildhauer 298. Wilhelm Hopfgarten (1789–1860), Bronzegießer 298. Franz Horny (1798–1824) 15, 615. Carl Hostmann (1799–1858), Bankier 462. Hout 178. Wolf von Hoyer (1806–1873), Bildhauer 423. Julius Hübner (1806–1882), Maler 585, 694. Alexandra Hummel, geb. Völkel (1825–1911), verh. mit C. Hummel 167, 168, Carl Hummel (1821–1906), Maler 52, 56, 58, 70, 76, 77, 79, 84, 88, 93, 94, 99, 103, 104, 106, 107, 109, 110, 121, 127, 137, 139, 151, 153, 180, 186, 196, 397, 533, 616. Edward Hummel, Bruder des C. Hummel 121. Hundeshagen 532. Huschke 101. Hutter 58. Max Imhof (1795–1869), Bildhauer 423.
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Franz Jaede (1813–1890), Maler 249. Jädekens siehe Gaedechens Gustav Jäger (1808–1871), Historienmaler 277, 655, 657. Jähnigen, Maler 145. Karoline Jagemann (1777–1848), Schauspielerin 8. Johann (1801–1873), König von Sachsen 693. Max Jordan (1837–1906), Kunsthistoriker 585, 641, 667, 668, 704, 709. Jütter, Dekorationsmaler 90. Julius II. (1443–1613), Papst 203. Karl Wilhelm Emil Kämpfer (1803–1847), Arzt 58, 64, 92, 101, 102, 288. Ehefrau des K. W. E. Kämpfer 276. Känzler 61. Hugo Kaeseberg (1847–1893), Holzschneider 708, 725. Adolf Kaiser (1804–1861), Maler 7, 10, 17, 29, 52, 94, 95, 107, 135, 137, 397. Stanislaus von Kalkreuth (1820–1894) 379, 381, 616, 670. Christian Friedrich Kanoldt, Vater des Ed. Kanoldt 550. Edmund Kanoldt (1845–1904) 550, 589, 594, 604, 758. Karstens siehe Carstens Wilhelm von Kaulbach (1805–1874) 52, 69, 88, 170, 171, 345, 395, 405, 472. Kegel 132. Wilhelm Kemlein (1818–1900), Maler 140, 141, 389, 511, 512, 533, 535, 646, 655, 677. Friedrich August Keßler (1826–1906), Maler 95. Charlotte Kestner (1788–1877), Schwester des G. H. F. und des G. A. Chr. Kestner 626. Henriette Kestner, geb. Partz (1784–1876) verh. mit G. H. F. Kestner 404, 453, 462, 468, 506, 514, 540, 577, 583. Georg August Christian Kestner (1777–1853), Diplomat 27, 31, 34, 37, 38, 40, 41, 93, 109, 175, 176, 293, 334, 428, 477, 626. Georg Heinrich Friedrich Kestner (1774–1867), Archivar 293, 331–334, 351, 357, 365, 399, 403, 404, 413, 426, 428, 453, 456, 468, 484, 487, 489, 502, 507, 518, 527, 540, 541, 577, 583, 626. Hermann August Kestner (1810–1890), Sohn des G. H. F. Kestner 404, 428, 444, 453, 461, 462, 468, 488, 490, 496, 503, 514, 540, 577, 583, 626. Wilhelmine Kestner (1803–1855), Tochter des G. H. F. Kestner 403. Nicaise de Keyser (1813–1887), Maler 221, 707. Albert Emil Kirchner (1813–1885), Maler 237, 370.
V I I . R egister
Leo von Klenze (1784–1864) 51, 52. Karl Klindworth (1830–1916), Komponist 208. Knebel, Schüler von Preller 543. Knig 162. Konrad Knoll (1829–1899), Bildhauer 181, 182. Knoop, Sängerin 192. Joseph Anton Koch (1768–1839) 36, 37, 42, 74, 75, 87, 148, 175, 235, 277, 293, 305, 315, 317, 344, 417, 447, 472, 473, 496, 596, 658, 661, 678. Köhler, livländischer Künstler 487, 498. Reinhold Köhler (1830–1892), Bibliothekar 714, 716. Wilhelm von Köln (2. Hälfte d. 14. Jhds.), Maler 223. Robert Kohl (1813–1864), Theologe 117. Konewitz 192. Konze 428. Joseph Kopf (1827–1903), Bildhauer 662, 663, 673. Koßmann, Musiker 192. Hedwig Kräger 722, 724, 726, 744, 746. Adam Kraft (um 1455–1509) 368. Krause 459. Eduard Kretzschmar (1806–1858), Holzschneider 300. Theodor Kreuter (1790–1856), Bibliothekar 200. Arthur Krieger, Sohn der Jenny Ventzky 569. Clara Krieger (geb. um 1859), Tochter der Jenny Ventzky 552, 625, 657, 663, 680, 705, 718, 728, 729, 732–734, 737, 740–743, 748, 752. Kronhelm siehe Cronhelm 76. Krügler, Arzt in Weimar 76. Kuchel, Autor 496. Hermann Küchling (geb. 1841), Schriftsteller 572. Heinrich Kümmel (1810–1855), Bildhauer 293. Ferdinand Laub (1832–1875), Violonist 192. Richard Lauchert (1823–1868), Maler 274. Georg Laves (1825–1907), Maler, Sohn des G. F. Laves 426, 444. Georg Friedrich Laves (1788–1864), Architekt 351, 403, 404, 444, 468, 496, 507, 514, 518, 540. Ernest Legouvé (1807–1903), Dramatiker 478. Lemser, Hauswirt d. Marie Soest 280. Philipp Leplay, Stadtrat in Leipzig 77. Leporetto 461. Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) 308. Lieber 397. August Lieber (1828–1850), Maler 123, 141. Justus von Liebig (1803–1873) 621. Jenny Lind (1820–1887), Opernsängerin 233.
Karl August Lindemann–Frommel (1819– 1891) 622. Johannes Lingelbach (1622–1674), Maler 90. Blandine Liszt (1835–1862), Tochter des F. Liszt 421. Daniel Liszt (1839–1859), Sohn des F. Liszt 230, 231, 233. Franz Liszt (1811–1886) 158, 161, 172, 182, 183, 186, 189, 192, 208, 212, 214, 215, 223, 228, 230, 231, 233, 236, 238, 245, 249, 254, 261, 265, 275, 286, 291, 304, 308, 320, 323, 363, 377, 384, 405, 419, 431, 458, 513, 539, 629, 719. Claude Lorrain (1600–1682) 124, 328, 354. Christian Lotsch (1790–1873), Bildhauer und Zeichner 38, 40, 428. August Lucas (1803–1863), Maler 34, 38, 40. Ludolf, Mutter der M. Ludolf 313. Margarete Ludolf (1840–1898), Malerin 192, 212, 305, 314, 361, 381, 770. Heinrich Ludwig (1829–1897), Maler 156. Ludwig I. (1786–1868), König von Bayern 52, 170, 328, 368. Ludwig II. (1845–1886), König von Bayern 623. Ludwig der Bärtige (1020–1060), Graf 95. Ludwig der Eiserne (1140–1172), Landgraf 95. Ludwig der Springer (1042–1123), Graf 95. Wilhelm Lübke (1826–1893), Kunsthistoriker 322, 326, 333, 347, 382, 669. Emil Lugo (1840–1902) 665. Luigi, Hauswirt Prellers in Rom 478. Aurelio Luini (1530–1592), Maler 462. Martin Luther (1483–1546) 463, 570. Macetti 419. Marchand, Konsul 660, 705. Marie 593. Marie von Sachsen-Weimar-Eisenach (1808– 1877) 339. Ferdinand Marinus (1808–1890), Maler 21, 30. Heinrich Marr (1797–1871), Theaterdirektor 163. James Marshall (1813–1902), Maler 661. M. Martins 49. Friedrich Martersteig (1814–1899), Maler 71, 140, 155, 397. William Mason (1829–1908), Komponist 208. Carlo Massimo (gest. 1827) 417. Matho 282. Ernst Mayer (1797–1861), Maler 30. Meinner 310. Hans Memling (1430–1494) 222, 224. Mempel (Mämpel) 294. Anton Raphael Mengs (1728–1779) 597.
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V I I . R egister
Adolph Menzel (1815–1905) 171, 213. Merker 95. Meyer 190. Arnold Otto Meyer (1825–1913), Kunstsammler 712, 720, 735. Ernst Meyer (1797–1861), Maler 30. Jakob Meyer zum Hasen (1482–1531) 669. John Meyer 604. Johann Heinrich Meyer (1760–1832), Maler 39, 43, 338. Michelangelo Buonarroti (1475– 1564) 43, 192, 203, 222–224, 276, 305, 311, 354, 361, 367, 382, 417, 419, 448, 509, 663, 690, 752. Hans Feodor Milde (1821–1899), Opernsänger 235, 275, 280. Milchen siehe E. Preller Rosalie Agathe Milde (1827–1906), Opernsängerin 235, 280, 303. Mizder 133. Victor Paul Mohn (1842–1911), Maler 618. Leo Molinari (1827–1907), Kaufmann 727, 729. Monnet 120, 126. Giuseppe Montanelli (1813–1862), Politiker und Autor 478. Carl Morgenstern (1811–1893) 52, 170, 237. Hermann Moritz (1820–1885), Bankier 543. Julius Mosen (1803–1867), Schriftsteller 459. Franz Heinrich Müller (1793–1866), Maler und Lithograph 67, 75, 89, 98, 99, 104, 105, 112, 116, 122, 128, 133, 135, 137, 174, 177, 216, 225, 501. Friedrich von Müller (1779–1849), Staatskanzler 37, 103. Johannes Friedrich Müller, genannt Teufelsmüller (1749–1825), Maler 596, 678. Thomas Müntzer (um 1489–1525) 94, 95, 155. Mull siehe E. Hemken Heinrich Mylius (1769–1854), Bankier 10, 11, 21, 22, 25, 29. Franz Nadorp (1794–1876), Maler 175. Napoleon Bonaparte (1769–1821) 463. Bernhard von Neher (1806–1886), Maler 52, 53, 58, 60, 67, 79, 81, 85, 104, 151, 247, 277. Nehus 55. Friedrich Nerly (1807–1878). 40. Nikolaus I. (1796–1855), Kaiser von Russland 71, 146, 189. Nikolaus Friedrich Peter von Oldenburg (1827– 1900), Großherzog 303–305, 316. Noteboom 178. Oberbeck 400. Oberbeck siehe auch Fr. Overbeck
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Oelzer 98. Adriaen van Ostade (1610–1685) 462. Kaspar Oertel (geb. 1840), Holzschneider 686, 688, 689, 723. Carl Oesterley (1805–1891), Maler 139, 426. Friedrich Oetker (1809–1881), Rechtsanwalt 223, 646. Friedrich Overbeck (1789–1869) 40, 277, 416, 417, 423, 620, 656, 673. Jacopo Palma (1480–1520) 420. Parmigianino (1503–1540) 311. Pauline (1852–1904), Prinzessin von SachsenWeimar-Eisenach 718. Ferdinand Pauwels (1830–1904), Maler 554, 570, 573, 670, 673. Maria Pawlowna (1786–1859), Großherzogin 31, 35, 37, 41, 47, 59, 87, 95, 114, 121, 131, 143, 155, 165, 183, 201, 252, 255, 263, 288, 352, 402. Carl Gottlieb Peschel (1798–1879), Maler 42, 49, 184. Angiatina Pettrich, verh. mit F. Pettrich 423. Ferdinand Pettrich (1798–1872), Bildhauer 30, 44, 423. Carl Friedrich Christian Petzold (1783–1866), Vater des E. Petzold 153. Eduard Petzold (1815–1891), Hofgärtner 137, 144, 153, 293. Pfester 17. Phidias (gest. 430 v. Chr.), Bildhauer 203, 305. Sebastiano del Piombo (1485–1547) 420. Bernhard Plockhorst (1825–1907), Maler 570, 625, 659. Pölchen 146. Charlotte Popert (1848–1922), Malerin 687. Paulus Potter (1625–1654) 341. Nicholas Poussin (1594–1665) 22–24, 37, 124, 136, 284, 305, 328, 354, 760. Prate 765. Praxiteles (395–330 v. Chr.), Bildhauer 203. Carl Preller (1802–1877), Bruder des Fr. Preller 29. Charlotte Preller (1815–1907), Schwester des Fr. Preller 30, 54, 503, 521, 532, 534, 603, 674. Emil Preller (1836–1893), Sohn des Fr. Preller 56, 63, 72–74, 100, 105, 106, 128, 130, 164, 176, 180, 192, 195, 211, 219, 233, 249, 254, 276, 404, 447, 450, 484, 487, 503, 520, 532, 544, 552, 573, 574, 586, 593, 594, 600, 603, 626, 631, 633, 634, 636, 645, 674, 683, 716, 741, 744, 750. Ernst Preller (1835–1925), Sohn des Fr. Preller 52, 58, 72, 73, 89, 98, 100, 110, 111, 115, 121, 125, 127, 153,
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155, 162, 167, 168, 176–178, 183, 192, 195, 204, 252, 276, 277, 468, 484, 503, 501, 520, 661. Friedrich Preller d. J. (1838–1901), Sohn des Fr. Preller 71–73, 76, 89, 99, 111, 141, 154, 176, 180, 184–186, 192, 195, 218, 219, 221, 223, 225, 233, 249, 253, 258, 282, 353, 356, 363, 374, 399, 404, 422–424, 426, 434, 447, 450, 451, 472, 484, 487–490, 494, 500, 503, 508, 513, 520, 521, 532, 534, 544, 558, 559, 561, 564, 570, 571, 573, 581, 585, 593, 595, 604, 615, 618, 624, 626, 627, 630, 632, 635, 642, 661–663, 665, 669, 693–695, 701, 702, 716, 758. Jenny Preller, geb. Ventzky, verw. Krieger (1834–1906) verh. seit 1864 mit Fr. Preller 532, 534, 539, 540, 541, 546, 552, 554, 570, 573, 578, 588, 589, 594, 597, 616, 618, 625, 628, 634, 641, 654, 657, 658, 661, 663, 680, 711, 714, 715, 718, 729, 734, 741, 743, 748, 752, 753. Johann Ernst Preller (1777–1834), Vater des Fr. Preller 8, 14, 15, 16, 18, 21, 23, 29, 338. Johanna Friederike Preller (um 1771–1834) Mutter des Fr. Preller 14, 21, 29, 30. Karl August Louis Preller (1822–1901), Maler 159. Marie Preller (1811–1862), geb. Erichsen, verh. mit Fr. Preller 4–10, 12–16, 19, 20, 27, 30, 41, 45, 49, 50, 56–58, 61, 75, 76, 79, 84, 86, 96, 98, 100, 104, 105, 115, 116, 121, 127, 131, 134, 135, 140, 145, 152, 153, 162, 167–169, 178–180, 189, 192, 194–196, 211, 212, 216, 218–221, 223, 225, 226, 229–231, 233, 235, 238, 243, 247, 248, 252, 253, 257, 258, 260, 273, 274, 276, 277, 283, 285, 288–290, 308, 331, 332, 337, 356, 357, 361, 367, 388, 399, 411, 422, 426, 443, 447, 453, 456, 468, 484, 488–490, 494–496, 502–507, 513, 514, 520, 534, 539, 540, 581, 589, 590, 611, 623, 626, 645, 674. Wilhelmine Preller, geb. Zimmermann (1845–1910), verh. mit E. Preller 552, 574, 586, 603, 628, 632, 634, 645, 674, 741. Probst 147. Dionys Pruckner (1834–1896), Komponist 208, 298. Silly Pruckner (1837–1901), verh. mit D. Pruckner 363. Putt siehe C. Krieger Johann Gottlob von Quandt (1787–1859), Kunsthistoriker 22, 147–150. Joachim Raff (1822–1882), Komponist 189, 265. Raffael (1483–1520) 56, 75, 154, 203, 268, 293, 305, 306, 333, 355, 367, 374, 382, 403, 418–420, 422, 447, 462, 468, 477, 509, 594, 612, 629, 751, 752. Arthur von Ramberg (1819–1875) 466, 554. Christian Daniel Rauch (1777–1857) 329, 351.
Reichardt 168, 674. Karl Ludwig Reimann (1802–1878), Arzt 132, 137. Reinhardt, Arzt in Eisenach 133. Carl Reinhardt (1818–1877), Maler und Schriftsteller 175, 176. Johann Christian Reinhart (1761–1847) 93, 124, 277, 305, 678. Louise Reinhardt, Tochter des Arztes Reinhardt 133. Rembrandt van Rijn (1606–1669) 462. Guido Reni (1575–1642) 462. Martin von Rhoden (1778–1868) 423. Richling 616. Adrian Ludwig Richter (1803–1884) 157, 184, 318, 353, 561, 620, 632, 656. Johann Elias Ridinger (1698–1767) 338. August Riedel (1799–1883), Maler 196, 423. Johannes Riepenhausen (1787–1860) 423. Ernst Rietschel (1804–1861) 141, 199, 200, 206, 209, 212, 213, 238, 245, 249, 251, 259, 315, 329, 333, 335, 351, 354, 384, 463. Adelaide Ristori (1822–1906), Schauspielerin 478, 479. Hugo von Ritgen (1811–1889), Architekt 160, 174, 181, 183. von Rödern 594. Röhr, Maurermeister 739. Gustave-Hippolyte Roger (1815–1879), Opernsänger 217. Otto Roquette (1824–1896), Schriftsteller 250. Salvator Rosa (1615–1673) 306, 311. Carl Rottmann (1797–1850) 52, 311, 745. Peter Paul Rubens (1577–1640) 179, 220, 222. Friedrich Rückert (1788–1866) 718. Jacob van Ruisdael (1628–1682) 1, 2, 341, 354. Carl Ruland (1834–1907), Kunsthistoriker 642, 648, 767. Rush, Kapitän 204, 501. Francois Sabatier (1818–1891), Kunstgelehrter 458. Martha von Sabinin (1831–1892), Musikerin 344. Johann Wilhelm Sältzer (1779–1853), Baurat 99, 102, 111, 174, 494. Sante, Gräfin 358. Hermann Sauppe (1809–1893), Altphilologe 245, 265, 306. Carolyne Elisabeth Fürstin zu Sayn-Wittgenstein (1819–1887) 163, 172, 189, 192, 223, 228, 233, 237, 238, 242, 244, 245, 247, 262, 264–266, 268, 269, 271, 273, 275, 281, 286, 291, 292, 297, 298, 304, 308–311, 315, 316, 323, 342, 345, 380, 384, 394, 405, 415, 419, 431, 447, 513, 591, 629, 638.
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Marie Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein (1837– 1920) 212, 213, 228, 230, 231, 233, 238, 242, 245, 249, 263–265, 286, 304, 308, 316, 323, 405, 415, 419, 422, 431. Schaap, Kapitän 178. Wilhelm Schadow (1788–1862) 416. Adolf Friedrich von Schack (1815–1894) 514, 530, 531, 537, 538, 585, 610. Ferdinand Schaeck (1807–1877), Maler 112, 133, 145. Ernst Johann Schaller (1841–1887), Maler 573. Schambach 219. Schazer 62. Scheidemantel 135. Adelbert Schenk (1811–1876), Maler 53. Schetz 231. Friedrich Schiller (1759–1805) 53, 259. Else Schindelmeihser 663, 669. Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) 705. Richard Schinzel (1818–1864), Maler 107, 116, 117, 120. August Wilhelm Ferdinand Schirmer (1802– 1866) 68, 76, 106. Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863) 156, 273, 277, 284, 289, 322, 328, 625. Schmidt 53, 182. Gustav Schmidt (1816–1882), Komponist 143, 144. Hans Veit Schnorr von Carolsfeld (1764–1841) 81. Julius Schnorr von Carolsfeld (1794–1872) 52, 69, 78, 88, 104, 239, 243, 246, 248, 277, 284, 312, 313, 354, 365, 367, 417, 463, 573, 585, 615, 654, 655, 657, 669, 673, 679, 682, 686, 687, 707. Marie Schnorr von Carolsfeld (1807–1882), verh. mit J. S. v. Carolsfeld 246, 679. Franz von Schober (1796–1882), Legationsrat 181, 183, 184, 217, 249. Franziska Schober 217, 221. Dolly Schöler (geb. 1835), Tochter des G. Schöler 274, 516, 588, 617, 669, 743, 752. Georg Schöler (1793–1865), Gymnasialdirektor 254, 257, 504, 516, 517. Luise Schöler, geb. Bartholomäi, verh. mit G. Schöler 516, 588, 669. Gustav Adolf Schöll (1805–1882), Direktor der Kunstanstalten 280, 342, 392, 402, 437, 457, 669. Richard Schöne (1840–1922), Archäologe 502, 567, 581. Johann Baptist Scholl (1818–1881), Künstler 307.
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Ludwig von Schorn (1793–1842), Kunsthistoriker 42, 43, 46–48, 51, 55, 59, 62, 63, 67, 69, 75, 78, 83, 94, 95, 97, 104, 111. Johann Heinrich Schramm (1809–1865), Maler 111. Johann von Schraudolph (1808–1879), Maler 170. Franziska Schreck, Opernsängerin 215, 217, 219, 231, 232, 240, 276, 282, 285, 288, 303. Schröll 228. Franz Schubert (1797–1828) 192. Hermann Schubert (1831–1917), Bildhauer 485, 486. Johann Christian Schuchardt (1799–1870), Kustos 85, 90, 95, 96, 98–100, 102, 104, 111, 113, 140, 144, 154, 180, 186, 189, 199, 236, 239, 252, 397, 420, 491, 521, 533, 545, 549, 567, 676, 620, 644. Walther Schuchardt, Sohn des J. Chr. Schuchardt 620. Karl Friedrich Schulz (1796–1866), Maler 92. Schwabe (gest. 1847) 144. Ludwig Schwanthaler (1802–1848) 52, 266. Christian Wilhelm Schweitzer (1781–1856), Geheimer Staatsrat 95, 114, 181. Otto Schwerdgeburth (1835–1866), Maler 192, 569. Moritz von Schwind (1804–1871) 136, 183, 192, 196, 216, 219, 271, 277, 397, 611, 652, 656, 657, 660, 696, 723. Friedrich Johann Christoph Heinrich von Seebach (1767–1847), Oberstallmeister 122, 180, 192, 219. Elisabeth Seeburg (1816–1888), Mäzenatin 263, 299, 303, 305, 646, 658. Louise Seidler (1786–1866) 38, 40, 42, 105, 111, 112, 114, 121, 169, 204, 208, 221, 383, 493, 521, 646. Selzer siehe Sältzer Carl Alexander Simon (1805–1852), Maler und Dichter 70–73, 79, 80, 82, 94, 104, 121. Marie Simon 400. Skopas (395–350 v. Chr.), Bildhauer 203. Clara Soest, Schwester der M. Soest 223, 227–231, 232, 236, 252, 253, 488. L. Soest, Obrist, Vater der M. Soest 196, 282, 293. Marie Soest (1826–1900), Musikerin 185–187, 189, 190–194, 203–205, 207, 208, 212, 214–217, 219–224, 227–235, 240, 252–254, 256, 257, 260, 265, 271, 274–276, 278–280, 282, 283, 285, 287–290, 293–296, 298, 299, 301–303, 305, 306, 308, 312, 315, 319, 322, 324, 328–330, 335, 336, 338, 341, 345, 354, 355, 358–364, 366–369, 376, 377, 379, 380, 382, 384, 385, 391, 393, 395, 396, 401, 403, 405–412, 414, 416–418, 420, 425, 427, 429, 432–436, 438–443, 445–452, 454, 455, 464, 466,
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467, 469–483, 488, 492, 493, 496–500, 508–510, 514, 515, 596, 678. Oskar Soest, Bruder der M. Soest 280, 283. Carl Ferdinand Sohn (1805–1867), Maler 623. Sophie von Oranien-Nassau (1824–1897), Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach 369, 647 Steendorf 111. Carl von Stegmann (1832–1895), Architekt 568, 569, 571. Gustav Steinacker (1809–1877), Theologe u. Schriftsteller 254, 265. Carl Steinhäuser (1813–1879), Bildhauer 423. Edward von Steinle (1810–1886) 261, 262, 267–272, 277, 286, 316, 342, 667. Adolf Stern (1835–1907), Schriftsteller 567, 767. Malwina Stern, geb. Krause (gest. 1877) verh. mit A. Stern 767. Gottfried Theodor Stichling (1814–1891), Minister 590, 572. Luise Stichling (1839–1906), Tochter des G. Th. Stichling 590, 670, 572, Johann Gustav Stickel (1805–1896), Theologe 431. Carl Stöhr, Musikdirektor 458. Anna Friederike Storch (1815–1898), Malerin 166, 167, 170, 171, 173, 188, 192, 196, 198, 202, 210, 212, 213, 258, 259, 313, 322, 325, 326, 333, 337, 339, 340, 343, 346, 347, 356, 381, 424, 460, 505, 519, 520, 564, 578, 580, 611, 656, 699, 748. Anton Storch (1835–1898), Sohn der A. Storch 173, 212. Stosch 318. Veit Stoß (1447–1533) 368. Ferdinand Streichhan (1814–1884), Oberbaudirektor 174. Lisbeth von Suchodolska, geb. Bauer (1844–nach 1912), Malerin 637, 639, 700, 710, 720, 731. van der Swieb 178. Torquato Tasso (1544–1595) 417. Teufelsmüller siehe J. F. Müller Julius Thaeter (1804–1870), Zeichner 53, 69, 78, 98, 99, 104, 111, 119, 196. Sixtus Armin Thon (1817–1901), Maler 65, 66, 79, 84, 86, 88, 93, 94, 96, 104, 106, 114, 126, 127, 157, 163, 316, 549. Theodor Thon (1792–1838), Naturforscher 65, 66. Thonmöller, 95. Bertel Thorvaldsen (1770–1844) 71, 93, 596, 661, 678. Paul Thumann (1834–1908), Maler 570, 573. Tizian (um 1485–1576) 203, 253, 305, 306, 418, 462. Tondorf siehe Donndorf
Clotilde Tosi, Opernsängerin 458. Traeger siehe A. J. Dräger Josef Trenkwald (1824–1897), Historienmaler 568, 569, 571. Triebel 41. Claudius Ulmann, Arzt in Weimar 93, 209. Friedrich Unger (1811–1858), Illustrator 116, 120, 121. Vally siehe V. Brentano Philipp Veit (1793–1877), Maler 192, 277, 416, 417, 669. Johann Carl Christian Vent (1802–1880), Kammerdiener 160, 245, 383. Charles Verlat (1824–1890), Maler 625, 654, 657, 661, 663, 669, 670, 707. Augustin Verlinde (1801–1877), Maler 221, 225, 243. Heinrich Ludwig Verlohren (1753–1832), Diplomat 338. Paolo Veronese (1528–1588) 311. Jan Antoon Verschaeren (1803–1863), Maler 30. Versleus, Kapitän 178. Leonardo da Vinci (1452–1519) 203, 293, 462. Peter Vischer d. Ä. (1455–1529), Bildhauer 169. Francois Vivares (1709–1780), Kupferstecher 124. Voigt 245. Carl Voigt (1805–1881), Kaufmann 633, 646. Volkammer, Patrizierfamilie in Nürnberg 169. Volkers 4, 12. Voltaire (1694–1778) 213. Friedrich Voltz (1817–1886), Maler 522. Carl Wagner (1796–1867), Maler 678. Johanna Wagner (1828–1894), Opernsängerin 263, 280. Johann Martin von Wagner (1777–1858), Bildhauer 666. Otto Wagner (1803–1861), Maler 42. Richard Wagner (1813–1883) 182, 183, 189, 235, 361. Johann Wilhelm Wahnes, Vergolder 155. Wallak 100. Wallenstein (1583–1634), Feldherr 355. Gustave Wappers (1803–1874), Maler 170, 221. Anthonie Waterloo (1609–1690) 2, 106. Christian Bernhard von Watzdorf (1804–1870), Jurist 181, 192, 636. Carl Maria von Weber (1786–1826) 254. Oskar von Wedel (1835–1908), Oberhofmarschall 630, 673. Weigel 624.
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Johann August Gottlob Weigel (1773–1846), Auktionator 124. Theodor Oswald Weigel (1812–1881), Sohn des J. A. G. Weigel 573. Weiße 321. Werner 316. Robert Wesselhöft (1796–1852), Arzt u. Burschenschaftler 89. Wilhelm Westphal, Maler 672, 673. Wiedemann 219, 221, 225. Wiegand 423. Rudolf Wiegmann (1804–1865), Architekt u. Maler 37, 39. Christoph Martin Wieland (1733–1813) 67, 73, 77, 83, 87, 90, 92, 94, 95, 159, 343, 402. Wilhelm I. (1781–1864), König von Württemberg 248, 255. Wilhelm II. (1792–1849), König der Niederlande 139. Theodor Winkler (1775–1856), Opernregisseur 107. Hermann Wislicenus (1825–1899), Maler 216, 423, 491, 553, 554, 597, 611. Witter 162. Wittig, Maler 98, 126. Johann Michael Wittmer (1802–1880), Maler 175, 315, 419, 422, 428, 447.
Witzke 178. Albrecht Friedrich Karl von Witzleben (1763– 1843) 110. Gerhard August von Witzleben (1808–1880), Generalleutnant 204. Charlotte von Witzleben (1826–1903), geb. von Boscovius 208. Wolf 590. Pius Alexander Wolff (1782–1828), Schauspieler 263. von Ysselstein 634. Emil Zachariae (gest. 1844), Maler 98, 103, 105, 121. Albert von Zahn (1836–1873), Kunsthistoriker 553, 585, 594, 597, 601, 605, 608, 609, 611, 613, 616, 636, 669, 670. von Zeschau 131. Georg Friedrich Ziebland (1800–1873), Architekt 110, 196. August Albert Zimmermann (1808–1888), Maler 170, 370. Zimmermann 45, 532. Josef Zitek (1832–1909), Architekt 442, 444, 447, 568, 569, 571, 586, 598, 680. Wilhelm Zwez (geb. 1808), Justizrat 206, 209, 249.
O RT E Aachen 4. Albaner Berge 570, 732. Allstedt 94–96. Altenburg / Weimar 182, 192, 230, 254, 275, 282, 287, 308, 323, 327, 345, 377, 405. Altona 334. Amalfi 340. Amsterdam 140. Antwerpen 3– 5, 10–12, 15, 30, 79, 87, 106, 141, 179, 196, 219–222, 225, 226, 341, 408, 412, 625, 663, 707. Apolda 532. Aqua Acetosa 450, 760. Arbosto 17. Arkona 114. Arlberg 283. Arnstadt 294.
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Athen 170, 203. Bacharach 5. Bajae 734. Bamberg 116. Basel 412, 626. Batavia 178, 183. Berchtesgaden 283. Bergen 84, 88, 93, 105. Berka 151. Berlin 49, 50, 66–68, 76, 85, 93, 104, 106, 139, 166, 192, 213, 215, 284, 303, 318, 319, 322, 325, 326, 336, 344, 346, 352, 377, 514, 535, 573, 614, 623, 652, 653, 658, 659, 661, 663, 670, 673, 676, 705, 707, 741, 742. Biebrich 298. Bingen 515. Blankenburg 107, 117.
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Bludenz 283. Bodensee 283. Bothfeld 192, 586. Bozen 283. Brake 162. Braunschweig 221, 252–254, 488. Bregenz 283. Bremen 154, 161, 162, 253. Bremerhaven 162. Brenner 283. Breslau 540, 727, 732. Brügge 222–224. Brüssel 196, 221, 224, 225, 400, 407. Campagna 13, 26, 27, 32, 35, 419, 422, 424, 448, 450, 581, 636, 639, 642, 644, 650–652, 657, 689, 691, 752, 760, 762. Campi d’Annibale 564. Canossa 564. Capri 436, 440, 442, 619, 689, 741, 753. Cavi 423. Celle 462, 488. Christiania (Oslo) 95, 105, 113, 125. Civitavecchia 412. Civitella 21, 26, 175, 277, 704. Coburg 106, 718. Como 11, 412. Comer See 12. Creuzburg 114, 116, 121, 533. Cuxhaven 125, 501. Danzig 661. Darmstadt 669, 670. Dessau 124, 136. Dover 179, 180. Drachenstein 99. Dresden 2, 5, 15, 22, 30, 38, 79, 85, 87, 92, 94, 96, 104, 107, 115, 116, 125, 134, 136, 139, 141, 147–150, 184, 206, 210, 213, 221, 239, 243, 248, 249, 252, 253, 255, 312–314, 317–319, 322–325, 331, 338, 341, 344, 353, 354, 367, 398, 404, 487, 515, 532, 535, 536, 541, 561, 570, 581, 585, 593, 594, 604, 618, 640, 642, 657, 663, 669, 670, 695, 708, 727, 728, 758. Düsseldorf 93, 105, 107, 139, 322, 326, 328, 336, 344, 390, 515, 536, 619, 623. Eisenach 59, 67, 68, 70, 87, 92, 94, 96, 98, 99, 105, 115, 116, 122, 127, 133, 135, 138, 140, 142, 148, 174, 177, 180–182, 216, 217, 219, 227, 231, 240, 298, 333, 334, 372, 373, 390, 397, 450, 452, 458, 491, 495, 501, 559, 588, 594, 610, 618, 638, 660–663, 673, 684, 714, 718, 727, 731, 732. Elgersburg 74, 96. England 179, 191, 192, 203, 221, 223, 418.
Erfurt 41, 43, 66, 106, 133, 145, 160, 204, 208, 219, 223, 227, 228, 232, 234, 236, 238, 252, 257, 263, 275, 288, 294, 504, 517, 533, 729, 732. Ettersburg 137, 144, 153. Falkenburg 162. Fend siehe Vent Filefjell 105, 108. Flensburg 279. Flirsch 283. Florenz 5, 170, 422, 458, 618, 619, 687, 747, 750. Frankfurt am Main 4, 5, 69, 165, 192, 219, 225, 262, 308, 397, 515, 536. Frascati 27, 426. Freiburg 665. Gabelbach 57, 59–61, 72, 73, 494, 689. Gent 87, 718. Genua 412. Genzano 570. Gerlos 168, 283. Ginsling 168, 283. Göttingen 70, 342. Goslar 185, 186, 189, 190, 192, 208, 253, 275, 288, 290, 291, 294, 331, 409. Gotha 45, 113, 133, 135, 144, 145, 234, 295, 413, 468. Graz 588. Grimmel siehe Krimml Großglockner 168, 283. Großvenediger 168, 283. Haag 106, 114, 178. Hall 283. Hamburg 252, 276, 280, 293, 327, 484, 485, 491, 501, 647, 661, 712, 735. Hampelbaude 152. Hannover 39, 40, 293, 331, 333, 357, 365, 403, 426, 484, 487, 488, 491, 503, 514, 515, 518, 527, 540, 541, 626. Harz 103, 105, 186. Heidelberg 623. Heilsau 125. Heinrichau 671. Helgoland 114, 121, 123–125, 225, 252. Heringsdorf 114. Hermannstein 59, 73. Hiddensee 142. Hintersee 170. Hinterzarten 283. Holland 79, 113, 139, 178. Ilmenau 57–61, 64, 71–74, 87, 92, 94, 96–98, 484, 487, 494, 503, 517, 544, 593, 594, 610, 633, 634, 663, 680, 683, 685–689, 711–716, 720, 758.
691
V I I . R egister
Innsbruck 196, 283, 616. Ischia 581, 585. Java 178. Jena 52, 65, 90, 92, 114, 208, 319, 353, 384, 431, 604, 638, 661, 768. Jever 190, 192, 221, 239, 253, 365, 484. Kamschatka 253. Karlsbad 318, 323–332, 334, 355–357, 381, 383, 398–401, 404, 428, 444, 453, 455, 456, 458, 461, 484–488, 517, 518, 520–525, 540, 541, 577, 583, 588, 589, 593, 594, 610, 632, 676–681, 684, 695, 697, 702, 705–708, 712, 720, 737–739, 747, 752, 757, 758. Karlsruhe 216, 289, 328, 515. Kassel 161, 216, 223, 301, 515, 524, 527, 529, 646. Keilhau 116. Kiel 293. Koblenz 5. Köln 4, 178, 203, 219, 221, 223, 408, 536. Königsberg 540. Königsee 283. Kösen 578. Kopenhagen 90, 93, 112, 661, Kranichfeld 96. Kreutzburg siehe Creuzburg Krimml 168, 283. Lago Maggiore 12. Landeck 283. Lecco 11. Leipzig 30, 37, 41, 42, 46–49, 54, 55, 62, 77, 79, 87, 90, 101, 114, 116, 119, 124, 129, 143, 145, 155, 162, 190, 239, 240, 260, 277, 290, 295, 299, 300, 303, 304, 313, 324, 331, 348, 367, 376, 436, 525, 548, 553, 564, 565, 581, 584, 585, 594, 611, 620, 629, 633, 638, 640, 646, 647, 652, 667, 670–672, 681, 708, 733, 756. Lima 270. Livorno 30. London 180, 190, 263. Loveno 6. 12. Luisenthal 98. Luzern 412. Lwiw 660, 705. Magdeburg 287, 289, 290. Mailand 7, 8, 10, 11, 14, 17, 21, 190, 412. Mainz 4, 162, 219, 225. Mannbach 61. Marburg 662. Mayrhofen 168. Meißen 554, 555, 661.
692
Menaggio 12. Merate 17. Mittersill 283. Monte di Brianza 13. München 29, 30, 51–53, 93, 104, 121, 169, 170, 196, 239, 266, 275, 328, 356, 365, 368–375, 378, 382, 383, 386, 390, 400, 477, 487, 514, 515, 518, 520, 522–525, 527, 530, 575, 610, 611, 616, 626, 657. Muskau 153, 154. Naturns 283. Naumburg 66. Neapel 26, 27, 30, 114, 419, 424, 426, 428, 431–433, 437, 438, 440, 444, 458, 466, 564, 567, 616–618, 620, 689, 752. Nemisee 570, 571. Neuenburg 253. New York 501. Niederlande 12, 84, 87, 90, 93, 104, 106, 114, 125, 190, 196, 218, 220. Norwegen 79, 84, 85, 87, 88, 93, 94, 106, 108, 114, 119, 127, 154, 564, 661. Nürnberg 169, 170, 196, 355, 368, 660. Oldenburg 250, 253, 303–305, 316. Olevano 21, 27, 34, 175, 419, 422–424, 426, 439, 440, 448–450, 452, 461, 500, 544, 642, 645, 658, 741. Ostende 134, 179, 180, 219, 221–223, 225. Paestum 436, 440, 741, 744. Paris 15, 97, 103, 124, 140, 219, 263, 302, 405, 656. Paulinzella 97. Perugia 594. Pillnitz 331. Pirna 106. Pompeji 432, 619. Pozzuolli 26. Prag 354, 355, 568, 571, 650, 657, 680. Putbus 114. Pyrmont 756, 758. Ramsau 168, 170. Rammelsberg 185. Rocca di Papa 620. Rom 5, 15, 18–25, 28–31, 33, 34, 38, 40, 41, 74, 75, 87, 93, 109, 151, 166, 170, 175, 190, 192, 249, 263, 293, 298, 306, 315, 332, 333, 376, 382, 408, 412, 413, 416–431, 437, 438, 441–454, 461, 478, 484, 485, 487, 488, 498, 507, 513, 558, 561, 564, 567, 581, 585, 591, 604, 616–620, 626, 629, 638, 650, 661–663, 665, 670, 689, 737, 748, 751, 752, 756, 758, 760, 762, 764, 766, 768. Rotterdam 177, 178, 221. Rudolstadt 72, 85, 116, 125, 126, 147, 250.
V I I . R egister
Rügen 66–68, 75, 76, 87, 93, 106, 112–114, 125, 140, 141, 150, 151, 246. Ruhla 95. Saalfelden 283. Sabiner Berge 21, 422, 437. Salzburg 87, 164, 167, 168, 170, 283. Schandau 567. Scheveningen 106, 114. Schleswig 554, 661. Schwarzburg 97. Schwaz 283. Schweiz 12, 25, 30, 568, 670. Serpentara 34, 450, 452, 461, 658. Sizilien 424, 426, 428, 431, 461, 564. Skudesnaes 123, 189, 215, 377. Soden 180. Sorrent 26, 175, 433–435. Starnberger See 657. St. Anton 283. St. Jürgen 661. St. Petersburg 146, 293, 431. Stillup 168. Stuttgart 568, 569, 620. Subiaco 34, 175. Swinemünde 114. Tabarz 98. Tiefurt 144, 366, 737. Tirol 30, 185, 186–190, 192, 193, 244, 283, 564. Torre Cervara 691. Torre di Quinto 34, 35, 38, 40.
Tournai 196. Tower siehe Dover Troistedt 30. Umhausen 283. Venedig 29, 30, 514, 618, 619. Venezuela 105. Vent 283. Verona 754. Versailles 653. Villafranca 404. Vilm 142. Vitte Fiöl siehe Filefjell Wachsenburg 295. Wangerooge 114. Wartburg 45, 67, 70, 71, 84, 94, 95, 98–101, 103–105, 111, 113, 116, 121, 126–128, 133, 136, 137, 144, 164, 174, 181, 190, 195, 201, 211, 216, 219, 271, 397, 491, 514, 527, 554, 570, 588, 589, 634. Wien 11, 167, 168, 263, 265, 283, 417, 458, 496, 515, 594, 732. Wiesbaden 298. Insel Wight 223. Wilhelmshaven 768. Wilhelmsthal 99, 135. Würzburg 38. Zell am See 168, 283. Zell am Ziller 167, 283. Zemmgrund 168. Zwickau 324. Zwieselstein 283.
693
VIII. ABBILDUNGSVER ZEICHNIS UND BILDNACHWEISE
1. 2.
3.
4. 5. 6. 7.
8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
694
Anton Krüger: Friedrich Preller d. Ä.; Graphit auf Papier; 28,0 × 22,2 cm; bez. o. r.: Preller; bez. u. l.: A. Krüger / Mailand 1828, Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inv.-Nr.: KK 6899. Friedrich Preller d. Ä.: Wilhelm Heinrich Ludwig Gruner; Bleistift auf Papier; 21,8 × 17,0 cm; bez. u. m.: Mailand / Ludwig Gruner [darunter die Zeichnung eines Spazierstocks] / Fr. Preller; um 1828; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr.: C 1937–1776. Friedrich Preller d. Ä.: Georg August Christian Kestner; Bleistift auf Papier; 18,5 × 15,6 cm; bez. o. r.: Roma 1829 / FP; unter der Darstellung: G Kestner / Königl Hannoversh Gesandter in Rom. / gest. in Rom 1853; Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Leihgabe der Stadt Hannover (ehemals Museum August Kestner), Inv.-Nr.: Slg. N. 1928,228. Friedrich Preller d. Ä.: Bonaventura Genelli; Bleistift auf Papier; 11,5 × 10,4 cm; bez. u. l.: FP / Leipzig am 7 Aug. / 1833.; u. m.: Bonaventura Genelli, Privatbesitz. Friedrich Preller d. Ä.: Die Wartburg im 14. Jahrhundert; Radierung; 33,0 × 24,5 cm; Plattengröße; bez. u. r.: F. Preller gem. u. rad.; u. m.: Wartburg / im 14ten Jahrhundert. 1836; Zustand VI, Privatbesitz. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait; Bleistift auf Papier; 23,6 × 18,9 cm; bez.: Weimar am 28 Aug. / 1837, Privatbesitz. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait; Graphit auf Papier; 21,2 × 17,1 cm; auf der alten Montur von anderer Hand bez.: Herbst 1838 gezeichnet / Selbstportrait v. Friedr. Preller / Geschenk v. Frau G[...] Bergmann / im Aug. 1899. Cleveland Museum of Art / Ohio, Accession Number: 2002.56, Gift of the Helen Greene Perry Charitable Trust and John L. Severance Fund. Friedrich Preller d. Ä.: Hünengrab auf Rügen; Bleistift auf bräunlichem Papier; 20,0 × 24,8 cm; 1839, Privatbesitz. Friedrich Preller d. Ä.: Julius Thaeter; Bleistift auf bräunlichem Velin; 18,3 × 14,4 cm; bez. u. r.: Thäter; um 1840, Privatbesitz. Friedrich Preller d. Ä.: Sixt Thon; Bleistift auf Papier; 12,0 × 16,3 cm; bez. u. r.: Thon; um 1845; aus dem Portrait-Skizzenbuch „Keilhauer Album“, Privatbesitz. Maximilian Franck: Johann Lingelbach; Lithographie aus: Deutsche Künstler-Gallerie; 1813. Friedrich Preller d. Ä.: Die Wartburg von der Südseite; Radierung; auf dem Stein u. r. datiert 1842 und monogrammiert; unter der Darstellung bezeichnet: Jahresgabe der Erfurter Museumsfreunde 1933 – Neudruck der Originalplatte „die Wartburg“ Friedrich Preller. Friedrich Preller d. Ä.: Eline Erichsen; Bleistift auf Papier; 27,5 × 22,2 cm; bez. r.: Eline Erichsen / im 73t Jahre; u. r.: zum 24t Maerz / 1844, Privatbesitz. Friedrich Preller d. Ä.: Die Kinder des Künstlers; Graphit auf Papier; 14,3 × 20,7 cm; bez. u. l.: Unserm / Freund Eduard.; unter der Darstellung: Friedrich. Emil, Ernst; um 1848, Metropolitan Museum of Art, New York, Accession Number: 2003.377. Friedrich Preller d. Ä.: Marie Preller beim Spinnen, Bleistift auf Papier; 12,0 × 16,3 cm; bez. u. r.: Mutter; um 1845; aus dem Portrait-Skizzenbuch „Keilhauer Album“, Privatbesitz. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait; Bleistift auf Papier; 12,0 × 16,3 cm; bez. u. r.: Vater; um 1845; aus dem Portrait-Skizzenbuch „Keilhauer Album“, Privatbesitz. Heinrich, genannt Franz: Pilger im Felsental; Bleistift auf Papier, Pinsel, in Blau laviert; 33,5 × 48,1 cm; bez. u. l.: Franz=Dreber fecit; u. r.: Roma 1848 Februar. Richard Schöne: Heinrich Dreber, Berlin 1940, Abb. Nr. 35.
Brief 14
Brief 17
Brief 31 Brief 43 Brief 67 Brief 67
Brief 71 Brief 76 Brief 78 Brief 86 Brief 90 Brief 107 Brief 127 Brief 129 Brief 135 Brief 135 Brief 147
V I I I . A bbildungsverzeichnis und B ildnachweise
18. Friedrich Preller d. Ä.: Im Zillergrund bei Bramberg; Pinsel in Braun, weiß gehöht, über Bleistift auf Papier; 30,2 × 43,0 cm; bez. u. l.: Bramberg / d 1 August.; u. r. gegen Mitte: im Zillergrund / Aug 51. Museum der bildenden Künste, Leipzig; Inv.-Nr.: NI. 902. Brief 167 19. Friedrich Preller d. Ä.: Ernst Preller als Seekadett; Graphit auf Papier; 21,7 × 15,6 cm; Anfang Juli 1852, Privatbesitz. Brief 178 20. Friedrich Preller d. Ä.: Bernhard von Arnswald; Bleistift auf Papier; 24,2 × 19,2 cm; bez. u. r.: FP. Eisenach / d 11 Septbr / 1852; Wartburg-Stiftung Eisenach, Inv.-Nr.: G1935. Brief 181 21. Ludwig Richter: Landschaft bei Civitella; Tusche über Bleistift; um 1825; Privatbesitz. Brief 184 22. Friedrich Preller d. Ä.: Marie Soest; Bleistift auf Papier; 24,7 × 19,0 cm; bez. u. m.: 18FP53 / Weimar; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr.: C 2010-602. Brief 185 23. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Marie Soest vom 25. März 1853; auf dem Umschlag BleistiftSkizze der Leukothea, Privatbesitz. Brief 189 24. Programmzettel des Hofkonzerts vom 18. April 1853 in Weimar mit eigenhändigen Notizen Prellers, Privatbesitz. Brief 192 25. Gratulation der Familie Preller zur Ernennung Bernhard von Arnswalds zum Major auf der Wartburg; datiert 17. Juni 1853; Eisenach, Wartburg-Stiftung, Archiv, Handschriften Hs. 3689. Brief 195 26. Friedrich Preller d. Ä.: Franz Liszt; Graphit auf hellbraunem Tonpapier; 26,4 × 21,9 cm; Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inv.-Nr.: LHz/01689. Brief 215 27. Friedrich Preller d. Ä. und d. J.: Odysseus empfängt von Hermes das Moly; Bleistift, Feder und Pinsel in Braun auf Papier; 28,5 × 19,2 cm; 1855; Kopie aus dem Römischen Haus in Leipzig, Privatbesitz. Brief 240 28. Friedrich Preller d. Ä. und d. J.: Der schlafende Odysseus; Bleistift, Feder und Pinsel in Braun auf Papier; 28,2 × 18,5 cm; 1855; Kopie aus dem Römischen Haus in Leipzig, Privatbesitz. Brief 240 29. Ernst Hemken: Anna Friederike Storch; Bleistift auf Papier; bez. u. l.: Hemken/Dresden Sept. 1855; u. r.: Frau Geheimrat Storch, Malerin; 30,0 × 23,2 cm; Privatbesitz. Brief 258 30. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Johann Wilhelm Schirmer vom 30. Mai 1856; Ausschnitt mit Skizze nach Zeichnung von Schirmer, Frankfurt am Main, Freies Deutsches Hochstift, HS13504. Brief 284 31. Johann Wilhelm Schirmer: Kains Flucht; Kohle auf Papier; 54,8 × 74,1 cm; bez. u. r.: WSchirmer; 1855; Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. VIII 2489. Brief 284 32. Friedrich Preller d. Ä.: Odysseus erhält Rettung durch die aus der Fluth auftauchende Leukothea; Kohle auf braunem Papier; 70,0 × 48,0 cm; verschollen, in: Friedrich Prellers des Älteren Odyssee-Landschaften. Nach den Kohlezeichnungen in der Nationalgalerie zu Berlin, herausgegeben vom Kunstwart, München 1905. Brief 337 33. Johann Poppel: Der Theresienbrunn und Der Freundschaftssaal in Karlsbad, Stahlstich; um 1850. Brief 357 34. Friedrich Preller d. Ä.: Archivrat Georg Kestner; Bleistift auf Papier 27,2 × 23,2 cm; bez. u. r.: Carlsbad 18FP58 am 21 Mai / [ausradiert: 1856.]; u. m.: Georg Kestner aus Hanover. Niedersächsisches Landesmuseum Hannover, Leihgabe der Stadt Hannover (ehemals Museum August Kestner), Inv.-Nr.: Slg. N. 1928,227. Brief 357 35. Friedrich Preller d. Ä.: Odysseus und die Seinigen bei der Abfahrt von der Insel des Polyphems, Kohle auf braunem Papier; 70,0 × 100,0 cm; dat.: 1854; verschollen, in: Friedrich Prellers des Älteren Odyssee-Landschaften. Nach den Kohlezeichnungen in der Nationalgalerie zu Berlin; herausgegeben vom Kunstwart. München 1905. Brief 401 36. Peter von Cornelius: Hagen, den Hort der Nibelungen im Rhein versenkend. Öl auf Leinwand; 80 × 100 cm; 1859; Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie. Copyright: Andres Kilger Brief 419 37. Friedrich Preller d. Ä.: Sorrent; bez. u. r.: Sorrento, d. 24. Mai 1860; III. Skizzenbuch von der zweiten Italienreise Blattmaß: ca. 15,2 × 23,8 cm; Privatbesitz. Brief 433 38. Friedrich Preller d. Ä.: Landleute und Schweinehirt bei Civitella; Graphit auf gelblichem Papier; 40,4 × 59,6 cm; bez. u. r.: FP / Civitella 30 Aug. 1860. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett SZ Preller d. Ä. 26. Brief 439
695
V I I I . A bbildungsverzeichnis und B ildnachweise
39. Friedrich Preller d. Ä.: Odysseus und die Sirenen; Bleistift auf Papier; 41,7 × 25,6 cm; bez. u. r.: Rom 60 / FP. Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv.-Nr.: I. 2167. 40. Adelaide Ristori del Grillo; Lithographie nach Eduard Kaiser; 50,2 × 33,9 cm; 1856. 41. Hermann Wislicenus: Marie Preller auf dem Totenbett; Bleistift; 20,7 × 24,2 cm; bez. u. r.: H. Wislicenus fec. 1862; Anfang Dezember 1862; Privatbesitz. 42 a–d. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Hermann Kestner vom 10. Dezember 1862; Privatbesitz. 43. Friedrich Preller d. Ä.: Dolly und Margarethe Schöler; Bleistift auf Papier; 28,9 × 27,4 cm; bez. u. r.: 18FP60 Weimar; u. m.: Dolly Schöler Margar. Schöler 1860; Privatbesitz. 44. Achte deutsche Künstlerversammlung und das Künstlerfest in Weimar; Holzstich nach Carl Emil Doepler, 24 × 35 cm; 1863. 45. Friedrich Preller d. Ä.: Jenny Krieger; Bleistift auf Papier; 36,8 × 21,9 cm; bez. u. l.: 18FP64, Zur freundlichen Erinnerung an den 30 Juli 1864 für die liebe Linda; Privatbesitz. 46. Friedrich Preller d. Ä.: Johann Christian Schuchardt; Bleistift auf Papier; 18,9 × 13,8 cm; unter der Darstellung bez. u. l.: F. Preller del; u. r.: Ch. Schuch; Klassik Stiftung Weimar, Museen, Inv.-Nr.: KHz/02103, Stiftung Graf Henckel von Donnersmarck und Vulpius-Stiftung; Graf Henckel von Donnersmarck. 47. Friedrich Preller d. Ä.: Brief an Alphons Dürr (Umschlag); gestempelt am 7. Mai 1866, Leipzig, Deutsches Buch- und Schriftmuseum, Nachlass Alphons Dürr, Bö-Archiv/141/134. 48. Friedrich Preller d. Ä.: Heinrich, genannt Franz Dreber; Bleistift und schwarze Kreide auf Papier; 27,1 × 22,8 cm; bez. o. r.: Franz Dreber; u. r.: 18FP60, Rom d. 22 April 1860; Privatbesitz. 49. Friedrich Preller d. Ä.: Skizze der Stirnwand des Preller-Saals im Großherzoglichen Museum Weimar im Brief vom 13. Dezember 1868 an Josef Zitek. 50. Ernst Ludwig Hähnel: Bonaventura Genelli; Portraitbüste, Gips, Höhe 56 cm; auf der Plinte bezeichnet: E. Hähnel fec. 1837; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum, Skulpturensammlung; Inv.ASN 997 (Ab..-ZV 3660), Aufnahme: Reinhard Seurig. 51. Max Jordan (Hrsg.): Satura, Compositionen von Bonaventura Genelli; erschienen 1871 im Verlag Alphons Dürr, Leipzig; Einband, Exemplar der ETH Zürich. 52. Friedrich Preller d. Ä.: Predella zu Odysseus als Gast bei Eumäos, der ihn nicht erkennt (Odyssee, 14. Gesang); Holzschnitt. In: Homers Odyssee. Vossische Übersetzung. Mit 40 Original-Compositionen von Friedrich Preller, Leipzig 1872. 53. Friedrich Preller d. Ä.: Italienische Küstenlandschaft, Golf von Sorrent, Bleistift; 22,5 × 35 cm; Staatsbibliothek zu Berlin, PK, Abt. Handschriften und Historische Drucke, Nachl. 141 (Slg. Adam), Kaps. 114. 54. Friedrich Preller d. Ä.: Abzug von Troja; Holzschnitt. In: Homers Odyssee; Vossische Übersetzung; mit 40 Original-Compositionen von Friedrich Preller, Leipzig 1872. 55. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait; Kupferstich von Conrad Geyer nach einer Zeichnung Prellers; 23,6 × 17,5 cm; Beilage zum Brief vom 6. Juni 1872 an Unbekannt. 56. Friedrich Preller d. Ä.: Italienisches Landschaftsbuch; Tafel VI: S. Francesco bei Civitella; Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1878. 57. Friedrich Preller d. Ä.: Italienisches Landschaftsbuch; Tafel I: Val di Pussino; Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1878. 58. Friedrich Preller d. Ä.: Selbstportrait; Bleistift auf Papier; 27,8 × 21,1 cm; um 1873; Thüringer Museum Eisenach, Inv.-Nr.: FP EvS 154 (7051). 59. Friedrich Preller d. Ä.: Boas fragt seinen Knecht nach der Ähren lesenden Ruth; Bleistift auf Papier; 24,6 × 41,9 cm; bez. u. r.: 18FP76; Museum der bildenden Künste Leipzig, Inv.-Nr.: NI. 913.
696
Brief 442 Brief 478 Brief 502 Brief 503 Brief 517 Brief 526 Brief 540
Brief 549 Brief 565 Brief 581 Brief 598 Brief 607 Brief 641 Brief 649 Brief 659 Brief 671 Brief 680 Brief 704 Brief 709 Brief 726 Brief 757