Bilder von Krieg und Nation: Die Einigungskriege in der bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands 1864–1913 [Reprint 2014 ed.] 9783486596151, 9783486565454

Bilder von Krieg und Nation - das sind die Vorstellungen, die es im bürgerlichen Deutschland zur Zeit der Einigungskrieg

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German Pages 601 [632] Year 2001

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Bilder von Krieg und Nation: Die Einigungskriege in der bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands 1864–1913 [Reprint 2014 ed.]
 9783486596151, 9783486565454

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von Krieg und Nation das sind die Vorstellungen, die es im bürgerlichen Deutschland zur Zeit der Einigungskriege über das Wechselspiel von militärischer Aktion und nationaler Identität gegeben hat und die

Bilder

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sich in einer Vielzahl von textuellen und visuellen Zeugnissen ausgesprochen haben. Diese Zeugnisse demonstrieren, wie stark der Nationsbegriff von militärischen Denkmustern durchdrungen war und wie entschieden das Bild und der Mythos der Einigungskriege die Konzepte für den Aufbau des Nationalstaates und für die nationale Selbstdefinition prägten. Insbesondere der deutsch-französische Krieg von 1870/71 geriet zu einem politischen Mythos, an den sich zentrale soziale Leitideen knüpften: die Idee einer gelungenen Synthese von Führung und Partizipation, die Idee einer Nation, die sich vor allem den Normen des Bürgertums verpflichtet weiß. Im Ergebnis stellt sich der bürgerliche Militarismus des Kaiserreichs in einem veränderten Licht dar. Er war weniger Ausdruck von Untertanengeist, weniger Störfaktor der Modernisierung, als vielmehr selbst moderner Ausdruck einer selbstbewußten Teilhabe der bürgerlichen Schichten am neuen Nationalstaat.

Frank Becker ist Privatdozent am Historischen Seminar der Universität Münster

Oldenbour

Becker Bilder •

von

Krieg und Nation

Ordnungssysteme Studien zur

Ideengeschichte der Neuzeit

r Herausgegeben von Dietrich Beyrau, Anselm Doering-Manteuffel und Lutz Raphael Band 7

R. Oldenbourg Verlag München 2001

Frank Becker

Bilder von

Krieg

und Nation Die

Einigungskriege in der

bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands 1864-1913

R. Oldenbourg Verlag München 2001

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen

Die Deutsche Bibliothek

Forschungsgemeinschaft

CIP-Einheitsaufnahme -

Becker, Frank:

Krieg und Nation : die Einigungskriege in der bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands 1864-1913 / Frank Becker. München : Bilder von

Oldenbourg, 2001 (Ordnungssysteme ; Bd. 7) Zugl.: Münster (Westfalen), Univ., Habil.-Schr., 1998

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ISBN 3-486-56545-1

© 2001 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Internet: http://www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Umschlaggestaltung: Dieter Vollendorf, München Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht). Gesamtherstellung: Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbH, München ISBN 3-486-56545-1

Inhalt Vorwort.

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Einleitung.

9

Krieg und Bürger in der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts Profile einer ambivalenten Beziehung. I. Medien der Kriegsdarstellung als Quellen einer Ideen- und Wahrnehmungsgeschichte des Krieges. II. (Bildungs-)Bürgertum und Krieg seit 1800. III. Zwischen Distanz und Annäherung: Der bürgerliche Kommentar zu den Kriegen von 1864 und 1866. 1. Der Konflikt um Schleswig-Holstein. 2. Der deutsche Krieg von 1866. IV. Der deutsch-französische Krieg 1870/71 und das Engagement der Bildungsbürger. -

Bürgerliche Öffentlichkeit und deutsch-französischer Krieg 1870/71 Deutungsmuster. I. Die Kriegsdeutung im Medium der Sprache. 1. Kriegführung und Heeresverfassung. a) Kabinettskrieg und Nationalkrieg. b) Wahre und falsche Volkskriege. c) Krieg als Staatstätigkeit. d) Gesellschaft im Schulterschluß. 2. Nationale Integrationsmythen oder Die Geburt der Nation aus dem Krieg. Ideen und

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37 39 77

109 109 135 159

201 203 203 204 219 250 275

Die verletzte Nationalehre. Die historische Analogie: Das Jahr 1813. Die Armee stellt die Nation her. Krieg und nationale Selbstdefinition.

292 295 306 321 341

II. Die Kriegsdeutung im Medium des Bildes. 1. Methodologische Vorbemerkung. 2. Die Kriegsgraphik der Zeitungen und Zeitschriften. 3. Der gemalte Krieg. a) Zur Tradition der europäischen Kriegsmalerei.

377 377 380 398 400

a) b) c) d)

6

Inhalt

b) Die Malerei der Einigungskriege: Herstellung und

Verbreitung.

c) Malerei und Kriegsbild. 4. Das Schlachtenpanorama.

Zusammenfassung und Ausblick

411 425 470

.

483

Bildnachweis.

513

Quellen und Literatur.

514

Personenregister.

594

Vorwort Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird die Kriegführung in der westlichen Welt mehr und mehr internationalisiert. Nicht mehr Nationalstaaten, sondern supranationale Organisationen treten als Subjekte militärischer Aktionen in Erscheinung. Auch aus diesem Grunde wird in Deutschland die Allgemeine Wehrpflicht wieder zur Diskussion gestellt. Gleichzeitig sind in anderen Teilen der Welt die Armeen nach wie vor Paradigmen für die Identität und die politischsoziale Ordnung von Nationalstaaten. Vor dem Hintergrund dieser ambivalenten Situation drängt sich ein Rückblick auf die europäische, insbesondere deutsche Geschichte des 19. Jahrhunderts auf, eine Zeit, in der sich Krieg und Nationalismus sukzessive zu einer unauflöslichen Einheit verbanden. Das vorliegende Buch, das diesen Rückblick vornimmt, ist die überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift am Münsteraner Historischen Seminar von 1998. Betreut wurde die Arbeit von Hans-Ulrich Thamer. Ihm danke ich dafür, daß er sich trotz seines vielfältigen Engagements in Wissenschaft und Wissenschaftsmanagement immer Zeit dafür nahm, mich mit Rat und Tat zu unterstützen, und daß er mir, auch in der Assistentenzeit, die nötigen Freiräume gewährte, um das Thema kontinuierlich und intensiv verfolgen zu können. Außerdem ließ er mich in großzügiger Weise an der personellen und materiellen Infrastruktur des Lehrstuhls teilhaben. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich bei allen Hilfskräften, insbesondere bei Götz Hamann, Peter Hoeres, Uta Rasche und Michael Wessel, für die engagierte Unterstützung bei der Beschaffung des Text- und Bildmaterials. Aufmunterndes Interesse und freundliche Unterstützung fanden meine Forschungen zum Beziehungsgefüge von Krieg, Gesellschaft und Kultur stets bei Bernhard Sicken. Bei ihm sowie Wolfgang Hardtwig, Frank Kämpfer, Joachim Poeschke und Barbara Stollberg-Rilinger bedanke ich mich für die Mitwirkung am Habilitationsverfahren. Dieter Langewiesche gab mir die Gelegenheit, ein erstes Konzept der Arbeit in seinem Tübinger Gesprächskreis zur Neueren Geschichte vorzustellen. Für instruktive Gespräche danke ich Eberhard Kolb und Karl Rohe. Wolfgang Erdbrügge, Anne von der Heiden und Ekkehard Mai haben die ikonographisehen Kapitel der Arbeit vorab gelesen und mir wertvolle Hinweise zur Theorie und Praxis der Bildanalyse gegeben. Ein besonderer Dank gebührt auch dem Rektorat der Universität Münster, das mich 1998 dazu einlud, mein Habilitationsprojekt im Rahmen einer Ausstellung in der Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union in Brüssel zu präsentieren. Bei den umfangreichen Vorarbeiten zu dieser Ausstellung haben mir Dirk Brunsmann, Kerstin Ciba, Doris Esser und Sven Schlebes geholfen.

8

Vorwort

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft habe ich in dreifacher Hinsicht zu danken. Die Grundlegung der Arbeit förderte sie mit einem Postdoktorandenstipendium, ihren Abschluß mit einem Projekt im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit Ansätze zu einer neuen ,Geistesgeschichte'"; schließlich hat sie die Druckkosten, auch die Kosten für die teuren Abbildungen, in voller Höhe über-

nommen.

Bei Dietrich Beyrau, Anselm Doering-Manteuffel und Lutz Raphael bedanke ich mich für die Aufnahme der Arbeit in ihre Reihe „Ordnungssysteme. Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit". Besonders Anselm Doering-Manteuffel hat mit seinen Hilfestellungen bei der Kürzung und Überarbeitung dafür gesorgt, daß die Prägnanz und Aussagekraft der Arbeit noch einmal deutlich erhöht werden konnte. Cordula Hubert vom Oldenbourg Verlag schließlich ist es zu verdanken, daß aus dem Manuskript letztendlich ein Buch geworden ist. Gewidmet ist das Buch meiner Frau Elke Reinhardt-Becker, als Dank auch dafür, daß sie den gesamten Entstehungsprozeß der Arbeit trotz eigener wissenschaftlicher Verpflichtungen mit ihrer Kritik und ihren Anregungen begleitet hat. -

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Münster und

Königshardt, im November 2000

Frank Becker

Einleitung Als der legendäre William Howard Russell in den Jahren 1854 und 1855 mit seinen Reportagen von der Krim die englische Öffentlichkeit aufrüttelte, hatte ein neues Zeitalter in der Geschichte der Kriegsberichterstattung begonnen. Russells Artikel ließen zum ersten Mal deutlich werden, welche Macht der Zeitung auch bei der Darstellung und Vermittlung militärischer Ereignisse inzwischen zugewachsen war. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hatten sich die Anzahl und die Auflagen der Zeitungen so drastisch erhöht, daß sie längst eine Öffentlichkeit mit Massenbezug herstellten; diese Öffentlichkeit bemächtigte sich auch der Wirklichkeit des Krieges. Dadurch vergrößerte sich einerseits der Kreis derjenigen Menschen, die überhaupt mit der Tatsache des Krieges konfrontiert und über seine Ereignisse informiert wurden, andererseits schob sich aber durch die öffentliche Thematisierung auch ein Vorhang zwischen Beobachter und Realität, der kaum noch zu durchdringen war; die meisten Zeitgenossen begegneten fortan dem Krieg bevorzugt in Gestalt seiner medialen Inszenierung. Die Presse, die Gesamtheit der Druckerzeugnisse schuf eine Wirklichkeit aus zweiter Hand, die von der eigentlichen Realität kaum noch zu unterscheiden war die Wahrnehmung der Ereignisse wurde nun tendenziell stärker von ihrer öffentlichen Präsentation als von ihrer faktischen Gestalt ab-

hängig.

Die Wucht und Rasanz, mit der im Verlauf des 19. Jahrhunderts neben die militärischen Ereignisse ihre öffentliche Darstellung, neben den Krieg das medial produzierte Kriegsbild tritt, läßt diese zweite Wirklichkeit zu einem wichtigen Gegenstand des historischen Fragens werden. Wie setzte die Öffentlichkeit das enorme Potential ein, über das sie nunmehr verfügte, wie zeigte sie den Menschen den Krieg, die praktisch keine Möglichkeit hatten, dieses Bild mit der Realität abzugleichen? Wie wurde der Krieg von jenen Druckerzeugnissen präsentiert, kommentiert, interpretiert, die eine immer größere Deutungsmacht über die Wirklichkeit erhielten? Da es in Deutschland nach den Befreiungskriegen eine jahrzehntelange Friedensperiode gab, die nur von den Bürgerkriegsaktionen im Umfeld der Revolution von 1848/49 unterbrochen wurde, sind die ein rundes Jahrzehnt nach dem Krimkrieg geführten Reichseinigungskriege in diesem Sinne als die ersten .Pressekriege' der deutschen Geschichte zu bezeichnen.1) Hier fanden die militärischen Ereignisse in einem Ausmaß Eingang in die Spalten der Zeitungen und Zeitschriften, hier wurden Bücher, Bilder und Druckwerke aller Art produziert, wie es in den Jahren 1813-15 bei weitem noch nicht möglich war. -

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') So auch Stig Förster/Jörg Nagler, Introduction, in: dies. (Hgg.), On the Road to Total War. The American Civil War and the German Wars of Unification, 1861-1871, Cambridge/ New York 1997, S. 5.

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Einleitung

Der preußisch-österreichisch-dänische Krieg von 1864, der deutsche Krieg von 1866 und vor allem der deutsch-französische Krieg von 1870/71 lösten eine Flut von Publikationen aus, die eine bisher nicht gekannte Anzahl von Menschen mit Informationen über die jeweiligen Feldzüge versorgte. Da jede Darstellung des Krieges, ob explizit oder implizit, mit einer Interpretation verbunden ist, trugen diese Kriegsberichte immer auch zur Entstehung eines bestimmten Kriegsbildes bei. Eine Untersuchung, die weniger nach der Realgeschichte des Krieges als nach dem Kriegsbild, nach der Wahrnehmung und Interpretation des Krieges fragt, stellt sich in den Kontext zahlreicher Forschungen, die in den letzten Jahren einer Kulturgeschichte des Krieges gewidmet worden sind. Dabei reichte das Spektrum von Arbeiten zur Rolle von Künstlern und Intellektuellen im Krieg2) über die Frage nach der Ritualisierung militärischer Handlungen3) bis hin zur Erforschung von Wahrnehmungen, Erfahrungen und Mentalitäten, also gleichsam der subjektiven Seite der objektiven Kriegsrealität.4) Vor allem an den Ersten Weltkrieg sind diese Fragestellungen bislang herangetragen worden vielleicht deshalb, weil dieser Krieg schon traditionell mit einem kulturellen Umbruch identifiziert wurde, mit dem Ende des bürgerlichen 19. Jahrhunderts und der Heraufkunft der modernen Massengesellschaft. Zudem liefert das Stichwort der Industrialisierung des Krieges und der damit einhergehenden Veränderung von ,Kriegserlebnis' und soldatischer Erfahrung ein dankbares Thema; die mehrjährige Mobilisierung von Millionenheeren und die vorher in diesem Ausmaß unbekannte Einbeziehung der Zivilbevölkerung läßt auch mentalitätengeschichtliche Untersuchungen sinnvoll erscheinen.5) -

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2)

Klaus Vondung (Hg.), Kriegserlebnis. Der Erste Weltkrieg in der literarischen Gestaltung und symbolischen Deutung der Nationen, Göttingen 1980; Jean-Jacques Becker/Jay M. Winter/Gerd Krumeich/Annette Becker/Stéphane Audoin-Rouzeau (Hgg.), Guene et Cultures 1914-1918, Paris 1994; Wolfgang J. Mommsen (Hg.), Kultur und Krieg: Die Rolle der Intellektuellen, Künstler und Schriftsteller im Ersten Weltkrieg, München 1996; Wolfgang Michalka (Hg.), Der Erste Weltkrieg. Wirkung Wahrnehmung Analyse, München 1994. 3) John Keegan, Die Kultur des Krieges, Reinbek 1997; Norbert Ohler, Krieg und Frieden im Mittelalter, München 1997. 4) Paul Fussell, The Great War and Modern Memory, New York/London 1975; Jost Dülffer/ Karl Holl (Hgg.), Bereit zum Krieg. Kriegsmentalität im wilhelminischen Deutschland 1890-1914. Beiträge zur historischen Friedensforschung, Göttingen 1986; Modris Eksteins, Tanz über den Gräben. Die Geburt der Moderne und der Erste Weltkrieg, Reinbek 1990; George Mosse, Fallen Soldiers: Reshaping the Memory of the World Wars, New York/Oxford 1991 ; Reinhart Koselleck, Der Einfluß der beiden Weltkriege auf das soziale Bewußtsein, in: Wolfram Wette (Hg.), Der Krieg des kleinen Mannes. Eine Militärgeschichte von unten, München 1992, S. 324ff.; Gerhard Hirschfeld/Gerd Krumeich/Irina Renz (Hgg.), Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkriegs, Essen 1993; Gerhard Hirschfeld/Gerd Krumeich/Dieter Langewiesche/Hans-Peter Ulimann (Hgg.), Kriegserfahrungen. Studien zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs, Essen 1997. 5) Zu den neueren Forschungen auf diesem Gebiet siehe auch die Literaturberichte von -

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Einleitung

Es kann nicht überraschen, daß die Einigungskriege, die vergleichsweise kleinen Kriege aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, gegen diese Übermacht des Interesses am Ersten Weltkrieg nicht ankommen man könnte zugespitzt formulieren, daß sie gleichsam im Schatten des Ersten Weltkrieges verschwunden sind.6) Dabei wird leicht übersehen, welche Brüche und Neuerungen sich auch mit diesen Kriegen verbanden, die im laienhaften Geschichtsverständnis gerne nur mit ,Preußens Gloria' identifiziert und damit gleichzeitig archaisiert, das heißt mit (vermeintlich) traditionellen Formen der Kriegführung ineinsgesetzt werden. Statt dessen war ein spezifisches Spannungsverhältnis traditioneller und moderner Elemente für die Einigungskriege kennzeichnend, das ihnen ein unverwechselbares Gesicht verlieh: Traditionelle Verhaltensweisen, Ehrbegriffe und Hierarchien verbanden sich mit zahlreichen Innovationen, unter denen die Revolutionierungen des Truppentransports durch die Eisenbahn und der Kommunikationstechnik durch den elektrischen Telegraphen herausragten.7) Außerdem sorgten die Einführung gezogener Läufe bei der Artillerie und die Durchsetzung des Hinterladergewehrs dafür, daß sich auch die Gefechtstechnik grundlegend veränderte. Die neue Feuerkraft stärkte die Position des Verteidigers, die Fernwirkung der Waffen machte das anonyme Töten aus der Distanz immer mehr zum Regelfall.8) Bei den großen Belagerungen von Sewastopol im Krimkrieg, von Atlanta und Petersburg im Amerikanischen Bürgerkrieg, aber auch von Straßburg, Metz und Paris im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 gab es Artillerieschlachten, bei denen eine Feuerwirkung entfaltet wurde, die schon auf den Ersten Weltkrieg vorauswies;9) in den Verteidigungsstellungen, die diesem Feuer widerstehen sollten, deuteten sich bereits die Grabensysteme der Jahre 1914-18 an. Auf den Meeren wurden die hölzernen Boote schrittweise durch stählerne Kriegsschiffe ersetzt. Auch bei den Wehrverfassungen, mit denen die kriegführenden Mächte operierten, läßt sich diese eigenwillige Mischung aus traditionellen und modernen Elementen beobachten. Nach den napoleonischen Kriegen hatte es in ganz Europa den Versuch gegeben, den totalen National- und Volkskrieg, dessen Schrecken 1809 in Spanien und Tirol, 1812 dann in Rußland sichtbar geworden waren, um jeden Preis wieder einzudämmen und eine strenge Scheidung zwi-

Gerd Krumeich, (1994), H.2.

6)

Stéphane Audoin-Rouzeau, Jay Winter und Holger Afflerbach in

NPL 39

Zu dieser Einschätzung auch Stéphane Audoin-Rouzeau, 1870. La France dans la Guerre, Paris 1989, S. 15. 7) Ebd., S. 319. 8) Theodore Ropp, War in the Modem World, London/Durham, N.C. 1959, S. 144. 9) Am Beispiel des Amerikanischen Bürgerkrieges ist die vor allem mit dem Phänomen der großen Artillerie- bzw. Materialschlacht in Verbindung gebrachte Industrialisierung des Krieges zuletzt herausgearbeitet worden von Giampiero Carocci, Kurze Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs. Der Einbruch der Industrie in das Kriegshandwerk, Berlin 1997; einen Vergleich zu den deutschen Einigungskriegen stellen die Beiträge her in Förster/ Nagler (Hgg.), On the Road to Total War.

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Einleitung

sehen kämpfender Truppe und Zivilbevölkerung aufrechtzuerhalten. Diesem Vorhaben lief die zunehmende Nationalisierung der Massen im Verlauf des 19. Jahrhunderts zuwider, die es den Regierungen nahelegte, sich im Kriegsfall der Hilfe dieser Kräfte zu bedienen; selbst dort, wo die Regierungen zauderten, drohten die national Enthusiasmierten eigenmächtig in das Geschehen einzugreifen, wenn die Sache der Nation auf dem Spiel zu stehen schien. Folglich waren die Kriege des vorangeschrittenen 19. Jahrhunderts stets durch einen Balanceakt zwischen rigider staatlicher Kontrolle aller militärischen Aktionen auf der einen, Mobilisierung der nationalen Kräfte auf der anderen Seite gekennzeichnet; unter jedem so gewollten Kabinettskrieg gärte das Potential des Volkskrieges. Diese Unentschiedenheit und Widersprüchlichkeit drückte sich auch in den verschiedenen Wehrsystemen aus, die von den europäischen Großmächten in dieser Ära noch bevorzugt wurden, während sich im Verlauf des Ersten Weltkrieges dann endgültig die fast einhellige Nutzung der allgemeinen Wehrpflicht durchsetzte.10) Neben der englischen Berufsarmee stand das französische Konskriptionssystem, neben der schweizerischen Miliz das preußische Wehrpflichtigenheer jede europäische Nation versuchte das Problem der .richtigen' Heeresverfassung und der nichtigen' Kriegführung anders zu lösen. Einmal wurde der Kriegsdienst zu einem frei wählbaren Beruf versachlicht, ein anderes Mal durch das System des Freikaufs weitgehend den sozialen Unterschichten aufgebürdet; einmal sollte sich die gesamte Gesellschaft bewaffnen, ein anderes Mal der Staat die Kräfte der Gesellschaft aufsaugen und in seine Institutionen hineinleiten. Jeder europäische Krieg ließ auch diese verschiedenen Wehrsysteme in Konkurrenz zueinander treten, und bei diesem Wettstreit stand immer auch die Frage im Vordergrund, welches System moderner und insofern der Entwicklung von Staat, Gesellschaft und Nation besser angepaßt sei. Bei der wissenschaftlichen Behandlung der deutschen Einigungskriege haben solche Aspekte allerdings bisher nur am Rande interessiert. Zu dominant waren die Fragen nach den politischen und diplomatischen Verwicklungen, die jeden Feldzug begleiteten und letztlich vor allem als Mittel zum Zweck des Erreichens bestimmter politischer Ziele erscheinen ließen. Im Falle des deutschfranzösischen Krieges kamen noch die besonderen Probleme der Kriegsschuld und der Annexion von Elsaß-Lothringen hinzu, welche die Aufmerksamkeit der Historiker aufgrund ihrer nachhaltigen Brisanz in hohem Maße beanspruchten. Vor allem die Arbeiten Eberhard Kolbs haben hier Maßstäbe gesetzt.11) Auf französischer Seite waren es ebenfalls vor allem die politischen -

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10) Ropp, War in the Modern World, S. 179. ") Eberhard Kolb, Bismarck und das Aufkommen der Annexionsforderung 1870, in: HZ 209 (1969), S. 318-356; ders., Der Kriegsausbruch 1870. Politische Entscheidungsprozesse und Verantwortlichkeiten in der Julikrise 1870, Göttingen 1970; ders., Der Kriegsrat zu Herny am 14. August 1870. Zur Entstehung des Annexionsentschlusses der preußischen Führungsspitze im Krieg von 1870, in: MGM 9 (1971), S. 5-13; ders., Der Pariser Commu-

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Einleitung

Kriegsausbruch, Regimewechsel und Kommuneaufstand, die die spärliche Forschung zum Krieg von 1870/71 beherrscht haben; erst die Arbeit von Stéphane Audoin-Rouzeau bezieht auch sozialgeschichtliche Aspekte in ihre Gesamtdarstellung von Krieg und Zusammenbruch ein.12) Gleiches gilt für eine deutsch-französische Gemeinschaftsproduktion, den von Philippe Levillain und Rainer Riemenschneider herausgegebenen Sammelband „La Guerre de 1870/71 et ses conséquences"13), der sich auf zwei Pariser Kolloquien aus den Jahren 1984 und 1985 stützt. Hier werden auch kulturgeschichtliche Apekte einbezogen und damit Trends gesetzt, die in der deutschen Historiographie zuletzt vor allem von Michael Jeismann, Thomas Rohkrämer und Frank Kühlich aufgenommen worden sind. Während Rohkrämer und Kühlich anhand der überlieferten Selbstzeugnisse den Erlebnishorizont der Kriegsteilnehmer zu rekonstruieren versuchen14), beschreibt Jeismann in dem einschlägigen Kapitel seiner Dissertation über das „Vaterland der Feinde" die wechselseitige Wahrnehmung der Kriegsgegner des Jahres 1870: diejenigen nationalen Stereotypen also, die hier wie dort die Perzeption des Feindes und in Abgrenzung hiervon auch die eigene Selbstdefinition prägten.15) Damit geht es Jeismann weniger um das Kriegsbild als um das während des Krieges produzierte Bild des militärischen Gegners; dennoch ist sein Ansatz dem hier verfolgten sehr eng verwandt schließlich untersucht auch Jeismann Formen der öffentlichen Diskussion und Darstellung, um weniger der geschichtlichen Wirklichkeit als vielmehr einer historischen Realitätskonstruktion16) auf die Spur zu kommen. Jeismann beschreibt konstruierte natioUmstände

von

jahrzehntelang

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ne-Aufstand und die Beendigung des deutsch-französischen Krieges, in: HZ 215 (1972), S. 265-298; ders., Ökonomische Interessen und politischer EntScheidungsprozeß. Zur Aktivität deutscher Wirtschaftskreise und zur Rolle wirtschaftlicher Erwägungen in der Frage von Annexion und Grenzziehung 1870/71, in: VSWG 60 (1973), S. 343-381; ders. (Hg.), Europa und die Reichsgründung. Preußen-Deutschland in der Sicht der großen europäischen Mächte 1860-1880, München 1980; ders., Der schwierige Weg zum Frieden. Das Problem der Kriegsbeendigung 1870/71, in: HZ 241 (1985), S. 51-79; ders. (Hg.), Europa vor dem Krieg von 1870. Mächtekonstellation Konfliktfelder- Kriegsausbruch, München 1987; ders., Der Weg aus dem Krieg. Bismarcks Politik im Krieg und die Friedensanbahnung 1870/71, München 1989. 12) Stéphane Audoin-Rouzeau, 1870. La France dans la Guerre, Paris 1989. 13) Actes du XXe colloque historique franco-allemand organisé à Paris par l'Institut Historique Allemand en coopération avec le Centre de Recherches Adolphe Thiers, du 10 au 12 octobre 1984 et du 14 au 15 octobre 1985, Bonn 1990. 14) Thomas Rohkrämer, Der Militarismus der „kleinen Leute". Die Kriegervereine im Deutschen Kaiserreich 1871-1914, München 1990; Frank Kühlich, Die deutschen Soldaten im Krieg von 1870/71. Eine Darstellung der Situation und der Erfahrungen der deutschen Soldaten im Deutsch-Französischen Krieg, Frankfurt/M. u.a. 1995. 15) Michael Jeismann, Das Vaterland der Feinde. Studien zum nationalen Feindbegriff und Selbstverständnis in Deutschland und Frankreich 1792-1918, Stuttgart 1992. 16) Peter L. Berger/Thomas Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, Frankfurt/M. 41978. Zur Anwendung dieses Begriffs in der Kultur- und Ideengeschichte zuletzt Paul Nolte, Gesellschaftstheorie und Ge-

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Einleitung

nale Selbst- und Feindbilder; hier wird es darum gehen, ein öffentlich konstruiertes Kriegsbild zu analysieren. Dabei ist der Begriff der Öffentlichkeit allerdings noch zu weit gefaßt. In der Ära der Einigungskriege hat die öffentliche Darstellung der militärischen Aktionen bereits ein Ausmaß angenommen, das es völlig illusorisch erscheinen läßt, diese Darstellung zur Gänze einfangen zu wollen. Nur die Beschränkung auf ein bestimmtes Öffentlichkeitssegment verspricht noch die Chance, eine wenn auch nicht vollständige, so doch zumindest repräsentative Auswertung der Quellen vorzunehmen. In diesem Sinne soll hier die bürgerliche Öffentlichkeit thematisiert werden. Daß gerade diese Teilöffentlichkeit ausgewählt wird, hat verschiedene Gründe. Zum einen haben die bürgerlichen Schichten aufgrund ihrer ausgeprägten Schreib- und Lesekompetenz in sehr intensiver Weise an der öffentlichen Schriftkultur teil; die Frage nach dem öffentlich konstruierten Kriegsbild ist hier nicht nur besonders relevant, sondern aufgrund der vorliegenden Materialmengen auch in besonders fundierter Weise zu beantworten. Zum anderen gestaltete sich das Verhältnis des Bürgertums zu Krieg und Militärwesen im gesamten 19. Jahrhundert sehr schwierig und sehr widersprüchlich; von säbelrasselndem Nationalismus bis zu aufklärerischem Pazifismus, von Militärvergötzung bis -Verachtung reichte das Spektrum der Auffassungen. Die Wahrnehmung und Interpretation der Einigungskriege durch diese Gruppe zu untersuchen, kann dazu beitragen, ein insgesamt prekäres Verhältnis zumindest für einen bestimmten Zeitabschnitt etwas genauer zu bestimmen. Der besondere Stellenwert der Öffentlichkeit, des öffentlichen Räsonnenments gerade für die bürgerlichen Schichten, ist seit der bekannten Studie von Jürgen Habermas über den „Strukturwandel der Öffentlichkeit" immer wieder von der sozial- und kulturgeschichtlichen Forschung herausgestellt worden. Auch wenn einige von Habermas' Thesen so zur Antizipation der politischen durch eine literarische Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert sowie zum Schriftmonopol der bürgerlichen Publizisten im Gegensatz zu einer weitgehend illiteraten, repräsentativen höfisch-feudalen Öffentlichkeit inzwischen sehr stark relativiert worden sind17), wird doch daran festgehalten, daß öffentliche Diskussion und öffentlicher Austausch auch noch im 19. Jahrhundert für das Selbstverständnis und den Weltbezug der bürgerlichen Schichten eine heraus-

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sellschaftsgeschichte. Umrisse einer Ideengeschichte der modernen Gesellschaft, in: Thomas Mergel/Thomas Welskopp (Hgg.), Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft. Beiträge zur Theoriedebatte, München 1997, S. 284; einen konkreten Bezug zur Medienrealität des Krieges stellt her Bernhard Rosenberger, Schreiben für Kaiser und Vaterland? Die Rolle der Presse beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in: Siegfried Quandt/Horst Schichtel (Hgg.), Der Erste Weltkrieg als Kommunikationsereignis, Gießen 1993, S. 17 f. 17) Falko Schneider, Öffentlichkeit und Diskurs. Studien zur Entstehung, Struktur und Form der Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert, Bielefeld 1992, S. 14ff; Andreas Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Göttingen 1994, S. 16ff.

Einleitung

15

ragende Bedeutung hatten.18) Die laut Habermas in der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzende Entwicklung von der räsonnierenden zur konsumierenden Öffentlichkeit, das heißt von der um der Ermittlung von objektiv nachvollziehbaren Vernunftlösungen willen geführten öffentlichen Debatte zu ihrer Verfallsform, in der in immer stärkerem Maße nur noch Interessengruppen ihre Sichtweisen durchsetzen wollen, indem sie sich einen möglichst großen Anteil an der öffentlichen Meinung sichern19), macht es allerdings nötig, den universalistischen Anspruch der bürgerlichen Öffentlichkeit in der Ära der Einigungskriege bereits einzuschränken und stärker an die genuin bürgerlichen Interessen zu erinnern, die hier in einem Deutungskampf mit anderen Teilöffentlichkeiten durchgesetzt werden sollten. Beide Aspekte, der Glaube daran, daß alle Phänomene des politisch-sozialen Lebens, also auch der Krieg, von der „einen" Öffentlichkeit gerichtet werden und hier ihre allgemein verbindliche Beurteilung und Deutung erfahren, wie auch die Einstellung, die von der Durchsetzung einer bestimmten Position im öffentlichen Raum ausgeht, überlappen sich und spielen gleichermaßen für die öffentliche Darstellung und Interpretation der Einigungskriege eine wichtige Rolle. Der Universalismus verleiht den bürgerlichen Kommentatoren das Sendungsbewußtsein, mit ihren

öffentlichen Äußerungen alle Standes- und Schichtenunterschiede überschreiten und damit zur Herstellung einer nationalen (Kommunikations-)Gemeinschaft beitragen zu können20) und tatsächlich führt er ihnen viele Leser und Anhänger zu, die gesellschaftlich oberhalb oder unterhalb des bürgerlichen Milieus anzusiedeln sind. Das schichtenspezifische Bewußtsein hingegen, für das jede Deutungsleistung der Ausdruck von Kultur und Interessenlage einer bestimmten sozialen Schicht ist, will eben diese Schicht mit Argumenten beliefern und gleichzeitig dafür sorgen, daß sie ihre Definitionsmacht auch zur -

18) Hierzu etwa Werner Faulstich (Hg.), Konzepte von Öffentlichkeit. 3. Lüneburger Kolloquium zur Medien Wissenschaft, Bardowick 1993 (vor allem die Beiträge von Uwe Thaysen, Ulf Waggenig und Carsten Winter), sowie Friedhelm Neidhardt (Hg.), Öffentlichkeit, öffentliche Meinung, soziale Bewegungen, Opladen 1994 (hier besonders die Artikel von Friedhelm Neidhardt, Bernhard Peters und Jürgen Gerhards). Einen Überblick über die neuere Forschung zum Themenkomplex Öffentlichkeit und Medien allgemein bietet Jörg Requate, Öffentlichkeit und Medien als Gegenstände historischer Analyse, in: GG 25 (1999), S. 5-32.

19) Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Darmstadt/Neuwied l61984, S. 193, 211 ff. u. 233 ff. 20) Für die Entstehung von Nationalbewußtsein ist Kommunikation, das heißt das Wissen voneinander und der Austausch miteinander, selbstverständlich eine entscheidende Voraussetzung; zugespitzt ließe sich formulieren, daß nur diejenigen eine Nation bilden können, die auch an einer gemeinsamen Öffentlichkeit partizipieren. Ähnlich Lucian Hölscher, Art. Öffentlichkeit, in: Otto Brunner u.a. (Hgg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 4, Stuttgart 1978, S. 451 f.

16

Einleitung

Geltung bringt, indem sie das ideologische Ausschlachten der Ereignisse nicht konkurrierenden Gruppen überläßt.21) Getragen wurde die bürgerliche Öffentlichkeit im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts noch fast ausschließlich von den Bildungsbürgern, die sich in der Rolle von Sprechern für das gesamte Bürgertum, also auch für wirtschaftsund kleinbürgerliche Gruppen sahen.22) Eine stärkere Binnendifferenzierung innerhalb des bürgerlichen Milieus, die auch die intellektuelle Führerschaft der Gebildeten in Frage stellte, setzte erst kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert ein.23) Die bürgerliche Öffentlichkeit .gehörte' in der Ära der Einigungskriege noch dem Bildungsbürgertum, und ihre Untersuchung erschließt damit zwangsläufig vor allem einen Teilbereich der bildungsbürgerlichen Kultur. Diese Kultur aber ist für die neuere Bürgertumsforschung der einzige Kitt, der die soziale Formation .Bildungsbürgertum' überhaupt zusammenhält; ein .Bildungsbürgertum' ist kaum über formale Kriterien wie Schul- und Universitätsabschlüsse oder sozialstrukturelle Merkmale wie berufliche Lagen und Einkommensverhältnisse zu definieren, es ist nur sinnvoll als die Gruppe derjenigen einzugrenzen, die an einer bestimmten Kultur teilhaben, das heißt einige

weltanschauliche Grundannahmen und ein bestimmtes Set von kulturellen Praktiken miteinander teilen.24) Dieses Miteinander-Teilen ist dabei primär über das Medium der Öffentlichkeit vermittelt; vor allem hier werden die kulturellen Muster erzeugt und verbreitet, deren Adaption den Leser, Hörer oder Betrachter zum Bildungsbürger machen kann. Eine Analyse öffentlicher Deutungsleistungen zielt also keineswegs nur auf ein Randphänomen bildungsbürgerlichen Lebens ab, sondern führt vielmehr in das sozialkulturelle Herz einer Gruppe hinein, die sich durch den öffentlichen Austausch überhaupt erst konstituieren konnte.25)

21)

Bei dieses Deutungskämpfen geht es letztlich wieder darum, daß eine bestimmte Realitätskonstruktion gegen andere Konstruktionen durchgesetzt werden muß. Zur Bedeutung des Konzepts der Realitätskonstruktion für die neuere Forschung zur Theorie und Geschichte der Öffentlichkeit siehe auch die Beiträge von Krippendorff und Bentele in Günter Bentele/Manfred Rühl (Hgg.), Theorien öffentlicher Kommunikation. Problemfelder, Positionen, Perspektiven, München 1993. 22) M. Rainer Lepsius, Zur Soziologie des Bürgertums und der Bürgerlichkeit, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, Göttingen 1987, S. 89; Wolfgang J. Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850-1890, Berlin 1993, S. 704. 23) Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, S. 704 u. 712f.; Hans Mommsen, Die Auflösung des Bürgertums seit dem späten 19. Jahrhundert, in: Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, S. 290. 24) Jürgen Kocka, Bürgertum und Bürgerlichkeit als Probleme der deutschen Geschichte vom späten 18. zum frühen 20. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, S.42f. 25) Zu den Anschlüssen an die Bürgertumsforschung und zur genaueren Bestimmung des Begriffs .Bildungsbürgertum' siehe auch das Kapitel „(Bildungs-)Bürgertum und Krieg seit 1800".

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Einleitung

Selbstverständlich ist es nicht möglich, die verschiedenen Teilöffentlichkeiten, die in der Ära der Einigungskriege und während des Kaiserreichs in Deutschland bestanden, empirisch ganz exakt voneinander zu trennen. Sowohl auf der Ebene der Produktion von öffentlichen Äußerungen wie auch auf der Ebene ihrer Rezeption sind selten eindeutige soziale Zuordnungen möglich. Bildungsbürger traten auch im konservativen Lager in Erscheinung; auch Karl Marx und Friedrich Engels, die von London aus den deutsch-französischen Krieg für eine sich entwickelnde proletarische Gegenöffentlichkeit interpretierten, sind fraglos als Bildungsbürger einzustufen. Im Bereich der Rezeption zeigt sich ein ähnlich unübersichtliches Bild: Ohne daß die empirische Rezeptions- und Wirkungsforschung hier bereits konkrete Ergebnisse vorgelegt hätte, läßt sich doch konstatieren, wie oben bereits angedeutet, daß auch Adelige und unterbürgerliche Gruppen an den Erzeugnissen der bürgerlichen Presse teilhatten. Es kann nur von einer primär bürgerlichen Rezeption gesprochen werden, der auch eine primär bürgerliche Produktion solcher Publikationen gegenüberstand. Unter dieser Voraussetzung ist der Begriff der bürgerlichen Öffentlichkeit aber durchaus als analytische Kategorie verwendbar. Schließlich wandten sich die Bildungsbürger im Dienst der konservativen Presse nicht an ein primär bürgerliches Publikum, und auch Autoren wie Marx und Engels, um bei diesem Beispiel zu bleiben, hatten zumindest intentional eine andere Leserschaft im Blick. Insofern ist der vermeintlich diffuse Begriff der Bürgerlichkeit in Verbindung mit der strikten Kopplung von (vorrangig) bürgerlicher Produktion und Rezeption sehr wohl geeignet, um bestimmte Bereiche der Öffentlichkeit mit ausreichender Deutlichkeit von anderen Feldern zu scheiden. Die Darstellung der Einigungskriege in der bürgerlichen Öffentlichkeit und ihre Diskussion durch das Bildungsbürgertum sind zudem in der Forschung bisher allzu wenig beachtet worden. Nur zwei kleine Aufsätze haben sich bisher mit diesem Thema befaßt.26) Auch hier gilt wieder, daß die Einigungskriege zugunsten des Ersten Weltkrieges vernachlässigt worden sind. Die Ideen von 1914 und das sogenannte Augusterlebnis, an dessen Inszenierung ja auch das akademische Milieu maßgeblich beteiligt war, fordern immer wieder zu neuen Darstellungen und Analysen heraus27), und gleichzeitig sind die Ideen ,

26)

Gerhard R. Kaiser, Der Bildungsbürger und die normative Kraft des Faktischen. 1870/71 im Urteil der deutschen Intelligenz, in: Hans-Jürgen Lüsebrink/Jänos Riesz (Hgg.), Feindbild und Faszination. Vermittlerfiguren und Wahrnehmungsprozesse in den deutschfranzösischen Kulturbeziehungen (1789-1983), Frankfurt/M. u.a. 1984, S. 55-74; Hans Fenske, Die Deutschen und der Krieg von 1870/71 : Zeitgenössische Urteile, in: Levillain/ Riemenschneider (Hgg.), La Guerre de 1870/71 et ses conséquences, S. 167-214. 27) So etwa Reinhard Rürup, Der „Geist von 1914" in Deutschland. Kriegsbegeisterung und Ideologisierung des Krieges im Ersten Weltkrieg, in: Bernd Hüppauf (Hg.), Ansichten vom Krieg. Vergleichende Studien zum Ersten Weltkrieg in Literatur und Gesellschaft, Königstein/Ts. 1984, S. 1-30; Rüdiger vom Bruch, Krieg und Frieden. Zur Frage der Militarisierung deutscher Hochschullehrer und Universitäten im späten Kaiserreich, in: Dülffer/Holl (Hgg.), Bereit zum Krieg, S. 74-98; speziell zum Augusterlebnis Thomas Rohkrämer, Au-

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1870' und das Julierlebnis' desselben Jahres fast völlig in Vergessenheit geraten.28) Dabei sollte doch gerade das besondere Interesse am Ausbruch des Ersten Weltkrieges den Blick auch auf die Einigungskriege lenken; schließlich waren diese Kriege die einzigen militärischen Auseinandersetzungen mit deutscher Beteiligung für einen Zeitraum von fast einhundert Jahren29) und müssen aufgrund dieses singulären Charakters das Kriegsbild, das den gebildeten Zeitgenossen im Sommer 1914 vorschwebte, fast zwangsläufig in ganz entscheidendem Maße mitgeprägt haben. Auch die Kardinalfrage, wie die Kriegsbegeisterung, ja Kriegseuphorie gerade der Gebildeten in jener Situation eigentlich zu erklären und verständlich zu machen ist, weist auf die Erfahrung der Einigungskriege zurück; schließlich wurde hier die spezifische Form des (bürgerlichen) Militarismus grundgelegt, die der politischen Kultur des Kaiserreichs ihren Stempel aufdrückte und in den ersten Wochen des Weltkrieges dann ihren Kulminationspunkt erreichte. Die Kriegsbegeisterung und Militärfrömmigkeit von 1914 kann durch den Rekurs auf die Einigungskriege gleichsam an der Wurzel gefaßt werden. Der Krieg, mit dem das Kaiserreich seinen Untergang besiegelte, setzte viele Traditionen fort, die von den militärischen Auseinandersetzungen an seiner Schwelle begründet worden waren. Für die Bürgertumsgeschichte ist das Verhältnis zu Krieg und Militarismus weit mehr als nur ein kleines Nebenkapitel. Viel zu wichtig waren Fragen des Militärwesens und der Heeresverfassung für das gesamte politische Leben im 19. Jahrhundert, als daß man sie als Marginalien abtun könnte. Die Frage, wer Waffen trägt und wer in wessen Interesse Krieg führt, berührte elementare Probleme der Souveränität und des Verhältnisses von Staat, Nation und Gesellschaft. In vielerlei Hinsicht war die Militärfrage der Schlüssel zur Programmatik und zum politischen Selbstverständnis des bürgerlichen Lagers. Im Vorfeld der Einigungskriege bewies der preußische Heereskonflikt noch einmal, wie hoch der Stellenwert des Wehrsystems in den Augen des politischen Bürgertums war die liberale Mehrheit im Abgeordnetenhaus blockierte die Roonschen Reformen so hartnäckig, daß sich die Regierung dazu gezwungen sah, zum wahrhaft letzten Mittel des Verfassungsbruchs zu greifen. Im Sommer 1866 markierte dann die Erfahrung des preußisch-österreichischen Krieges den berühmten Schwenk großer Teile des politischen Bürgertums zur Person Bismarcks und zur Indemnitätspolitik, so daß sich der Krieg auch hier als entvon

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gust 1914 Kriegsmentalität und ihre Voraussetzungen, in: Michalka (Hg.), Der Erste Weltkrieg, S. 759-777, sowie Berliner Geschichtswerkstatt (Hg.), August 1914: Ein Volk zieht in den Krieg, Berlin 1989; als Materialsammlung auch Klaus Böhme (Hg.), Aufrufe und Reden -

deutscher Professoren im Ersten Weltkrieg, Stuttgart 1975. 28) Zu den Kriegen der Jahrhundertmitte liegt aus ideengeschichtlicher Perspektive nur eine Studie zum amerikanischen Bürgerkrieg vor von George M. Fredrickson, The Inner Civil War. Northern Intellectuals and the Crisis of the Union, New York/Evanston 1965. 29) Die militärischen Aktionen des Revolutionsjahres 1848/49 und die Kolonialkriege des kaiserlichen Deutschland sind hier selbstverständlich ausgeklammert.

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scheidende Bezugsgröße und als wichtiger Impuls des politischen Denkens erwies. Eine Politik-, Sozial- und Kulturgeschichte des Bürgertums darf also an Krieg und Militarismus nicht achtlos vorübergehen; die Bürgertumsforschung der letzten Jahre, die fast alle Facetten (bildungs-)bürgerlichen Lebens im 19. Jahrhundert sorgfältig ausgeleuchtet hat30), wäre hier noch um einen weiteren wichtigen Aspekt zu ergänzen. Sowohl der Begriff des Krieges wie auch der im Zusammenhang mit den Einigungskriegen sich wandelnde Begriff der Nation sind zentrale Bestandteile der politischen Vorstellungswelt des Bürgertums. Beide Begriffe werden in den Darstellungen und Deutungen des Krieges, die in der Ära der Einigungskriege öffentlich vorgetragen werden, ständig aufgegriffen und mit Bedeutung erfüllt. Die Erfahrung der konkreten Kriegsereignisse erzwingt immer wieder Stellungnahmen zur grundsätzlichen Beurteilung des Krieges und zu seinen Wechselwirkungen mit der Nationswerdung. In jede Stellungnahme, und sei sie noch so direkt und detailliert auf ein bestimmtes Ereignis bezogen, fließt explizit oder implizit auch eine abstrakte Vorstellung von den zur Diskussion stehenden Phänomenen ein. Damit werden die Kriegsdarstellungen fast zwangsläufig auch zu einer aussagekräftigen Quelle für die Geschichte der politischen Ideen des deutschen Bildungsbürgertums im 19. Jahrhundert. Hiermit ist freilich eine Ideengeschichte gemeint, die nicht auf dem Höhenkamm der philosophischen Diskussion verbleiben will. So wie in der Politikund Sozialgeschichte schon längst der Mythos der ,großen Männer' zugunsten der Analyse von Strukturen und Systemzusammenhängen aufgegeben worden ist, geht es auch einer modernen Sozialgeschichte der Ideen nicht mehr nur um das große Individuum und seine originären geistigen Hervorbringungen, sondern auch um kollektiv geteilte Weltbilder, die tief in der Gesellschaft verankert sind. Das Denken des einzelnen erscheint in dieser Perspektive als ein Element von komplexen Denkströmungen, die in den unterschiedlichsten Formen in der Gesellschaft präsent waren und in sie hineingewirkt haben. Soziale Schichten als Trägergruppen dieser Strömungen sind dabei genauso von Interesse wie Organisationen und Institutionen, die sich der Verbreitung und Etablierung der entsprechenden Gedanken und Konzepte verschrieben haben.31)

30) Forschungsüberblicke geben Andreas Gestrich, Zarte Leidenschaft in Bielefeld und Heidelberg. Neue Literatur zur Sozialgeschichte des Bürgertums, in: Die alte Stadt 16 (1989), S. 531-554, sowie Utz Haltern, Die Gesellschaft der Bürger, in: GG 19 (1993), S. 100-134. 31 ) Hierzu grundlegend Roger Chartier, Geistesgeschichte oder histoire des mentalités'!, in: Dominick LaCapra/Steven L. Kaplan (Hgg.), Geschichte denken. Neubestimmungen und Perspektiven moderner europäischer Geistesgeschichte, Frankfurt/M. 1988, S. 11^44; Günther Lottes, „The State of the Art". Stand und Perspektiven der „intellectual history", in: Frank-Lothar Kroll (Hg.), Neue Wege der Ideengeschichte. Festschrift für Kurt Kluxen zum 85. Geburtstag, Paderborn u.a. 1996, S. 27-46.

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An die Gesellschaft zurückgebunden ist eine moderne Ideengeschichte aber nicht nur insofern, als sie die soziale Verankerung der Ideen untersucht, sondern auch in der Weise, daß sie die Entstehung und die inhaltliche Ausformung ideeller Konzepte in einen ursächlichen Zusammenhang mit gesellschaftlichen Entwicklungen bringt. Das Aufkommen und die Ausgestaltung von Ideen sind keine selbstbezüglichen Prozesse, sie stehen in einer Wechselwirkung mit der Gesellschaft: zum einen, indem sie selber auf die Realgeschichte gestaltenden Einfluß nehmen, zum anderen, indem sie auf soziale Veränderungen reagieren, diese Veränderungen mithin geistig verarbeiten und in neue Weltbilder integrieren. Sehr passend ist hier die Vorstellung eines Problemdrucks, der in der Gesellschaft erzeugt wird und damit auf der ideellen Ebene die Entwicklung von Problemlösungen provoziert.32) Die bürgerliche Kriegsdeutung in der Ära der Einigungskriege wäre aus diesem Blickwinkel als Reaktion auf Veränderungen im Verhältnis von Kriegführung, Nation und Politik zu fassen eine neue Situation entstand, die intellektuell bewältigt werden mußte, die nach Interpretationen verlangte, die der neuen Selbst-Positionierung der bürgerlichen Schichten in Staat und Gesellschaft entsprachen. Eine weitere Neuerung gegenüber der klassischen Geistesgeschichte leitet sich vom Ideenbegriff selber ab. Ideen werden nicht mehr als rein geistige, abstrakte Gebilde aufgefaßt; statt dessen wird ihre Materialität betont, d. h. auf die Medien hingewiesen, in denen sie notwendigerweise nur existieren können: Eine Idee ist gar nicht vorhanden, bevor sie sich nicht in einem Medium manifestiert hat. Diese Manifestation ist viel mehr als nur ein Transport, denn wenn das Medium die Idee nur transportierte, dann wäre sie in ihrer Gestalt vom Medium letztlich unabhängig, dessen sie nur zu ihrer Weitergabe bedürfte. Tatsächlich bilden Idee und Medium jedoch eine unauflösliche Einheit. Ideengeschichte muß also gleichzeitig Medienforschung sein; sie nimmt die Texte und Bilder selber ernst als notwendige Bedingungen der Möglichkeit gedanklicher Entwürfe. Auch die bürgerliche Kriegsdeutung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts läßt sich nicht in Form einiger abstrakter Thesen referieren, sondern muß jeweils in ihrer konkreten medialen Gestalt aufgesucht werden. Dieses Verfahren schließt nicht aus, daß es letztlich ähnliche Ideen und Interpretationen sind, die in den verschiedenen Medien auftauchen; die historische Analyse, und das ist der entscheidende Punkt, muß aber jede Äußerungsform und innerhalb dieser Form jede kleine, scheinbar noch so triviale Äußerung beachten, weil erst aus dem Zusammenspiel all solcher Äußerungen, all solcher Bausteine historische „Bedeutungswelten"33) hervorgehen. -

32) Zu diesem Analysemodell, das schon in den 1950er und 1960er Jahren von der „Cambridge School" entwickelt wurde, neuerdings noch einmal Herfried Münkler, Die Selbstauslegung der Gesellschaft und der sozio-politische Wandel, in: Hartmut Kaelble/Jürgen Schriewer (Hgg.), Diskurse und Entwicklungspfade. Der Gesellschaftsvergleich in den Geschichts- und Sozialwissenschaften, Frankfurt a.M./New York 1999, S. 317f. 33) Diese Begriffsverwendung bei Rolf Reichardt, Historische Semantik zwischen léxico-

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Eine in diesem Sinne verbreiterte Geschichte der politischen Ideen verfolgt Ziele, wie sie in fast identischer Form von der Politischen Kulturforschung anvisiert werden. Auch die Politische Kulturforschung fragt nach der Wahrnehmung und Deutung von politischen Phänomenen durch bestimmte Bevölkerungsgruppen; auch hier geht es darum, nicht nur die Ideen und Diskussionen der Elite, sondern auch die Vorstellungen größerer Kreise, ja ganzer Sozialund Kulturmilieus in den Blick zu bekommen. Um diese kollektiven Ideen analytisch zu fassen, hat Karl Rohe das Begriffspaar der Sozial- und Deutungskultur vorgeschlagen.34) Als Sozialkultur werden die unhinterfragten Weltbilder und Vorstellungen der Menschen sowie die hieran geknüpften Lebensstile bezeichnet, als Deutungskultur hingegen deren Reflexion und öffentliche Thematisierung; auf der Ebene der Sozialkultur sind bestimmte Vorstellungen einfach gegeben und werden wie selbstverständlich gelebt, auf der Ebene der Deutungskultur hingegen werden sie ins Bewußtsein gehoben und damit auch zur Diskussion gestellt: Aus diesem Prozeß können Vorschläge zu ihrer manchmal revolutionären Veränderung oder auch nur zu einer geringfügigen Abwandlung hervorgehen, aber es ist ebenso gut möglich, daß sie nur zu einem vielten Male in ihrer bestehenden Form bestätigt und bekräftigt werden. Nicht das Ergebnis der Reflexion ist von Belang, sondern die Tatsache der Reflexion selber; überall dort, wo die Vorstellungen oder Deutungsmuster, um den mittlerweile auch in der Geschichtswissenschaft etablierten Begriff aus der Politischen Kulturforschung zu verwenden, überhaupt thematisiert und zur Diskussion gestellt werden, findet die Arbeit der Deutungskultur statt. Jeder, der sich öffentlich zu Fragen des Weltbildes und des Lebensstils äußert, sei es in kritischer oder bestätigender, umstürzender oder modifizierender Absicht, hat an der Deutungskultur teil. Um welche Personen und Personengruppen es sich hierbei bevorzugt handelt, hängt von den jeweiligen Milieus und Teilkulturen ab. In der vormodernen Gesellschaft hatte der Klerus ein weitgehendes Deutungsmonopol inne, in der Moderne sind es Künstler und Intellektuelle, Philosophen und Politiker, Publizisten und Funktionäre, die den Markt der Deutungstätigkeit unter sich aufteilen. Das Bild des Marktes scheint hier besonders gut geeignet, weil es deutlich werden läßt, daß es zumindest unter den Bedingungen einer pluralistischen Gesellschaft immer verschiedene Deutungsmuster gibt, die miteinander konkurrieren müssen, die sich in einem Kampf um -

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metric und New Cultural History, in: ders.

(Hg.), Aufklärung und Historische Semantik. Interdisziplinäre Beiträge zur westeuropäischen Kulturgeschichte, Berlin 1998 (=Zeitschrift für Historische Forschung; Beiheft 21), S. 8. 34) Karl Rohe, Politische Kultur und ihre Analyse. Probleme und Perspektiven der Politische Kulturforschung, in: HZ 250 (1990), H.2, S. 321-330; ders., Wahlen und Wählertraditionen in Deutschland. Kulturelle Grundlagen deutscher Parteien und Parteiensysteme im 19. und 20. Jahrhundert. Frankfurt/M. 1992, S. 14-18; ders., Politische Kultur: Zum Verständnis eines theoretischen Konzepts, in: Klaus von Beyme/Oskar Niedermayer (Hgg.), Politische Kultur in Ost- und Westdeutschland, Berlin 1994, S. 8-11.

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die kulturelle Hegemonie befinden neu entwickelte Deutungsmuster sind in diesem Sinne als Angebote zu interpretieren, die sich nur dann auf dem Markt behaupten können, wenn sie auch nachgefragt werden. Gerade in Phasen größerer politisch-sozialer Umbrüche entsteht ein starker Druck auf die Instanzen der Deutungskultur, neue Sinnangebote bereitzustellen, die imstande sind, die neuen Gegebenheiten adäquat zu interpretieren und damit ihre intellektuelle und pragmatische Bewältigung zu ermöglichen. Sind die neuen Deutungsangebote hierzu geeignet, dann ist es wahrscheinlich, daß sie sich durchsetzen und andere, möglicherweise veraltete Deutungsmuster verdrängen. Die Behandlung von kollektiv geteilten Vorstellungen und breit in der Gesellschaft verankerten Ideen scheint auch in die Richtung einer mentalitätengeschichtlichen Fragestellung zu weisen.35) Diese vermeintliche Nähe darf nicht über einen grundsätzlich verschiedenen Ansatz hinwegtäuschen. Die zur Diskussion stehende Gruppe, das deutsche Bildungsbürgertum in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ist viel zu heterogen, als daß man ihr eine einheitliche Mentalität zuschreiben könnte. Der konfessionelle Gegensatz von Protestanten und Katholiken36), die regionalen Unterschiede in einem Land, das noch immer im Bann der Vielstaaterei steht, und das komplizierte Generationenverhältnis etwa der „1848er" zu den Nationalliberalen der 1860er Jahre um nur zwei extreme Pole zu benennen lassen die deutsche Bildungsschicht ausgesprochen zerklüftet erscheinen; eine Mentalitätengeschichte müßte hier so oft differenzieren und einschränken, daß von dem kollektiven Bewußtsein, das es eigentlich zu rekonstruieren gälte, nicht mehr viel übrig bliebe. Den einzigen Ausweg böte hier eine sehr starke regionale Beschränkung: etwa auf die Bildungsschicht in einer bestimmten Stadt. Ein solcher Zugriff wäre allerdings mit unüberwindlichen methodischen Schwierigkeiten verbunden. Nicht jeder Bildungsbürger hat seine Auffassungen von Krieg und Nation zu Papier gebracht; eine serielle Quelle, wie sie vergleichbar angelegten mentalitätengeschichtlichen Studien zugrundeliegt37), fehlt hier gänzlich. Um so reichlicher sind hingegen Quellen vorhanden, die von jener öffentlichen Darstellung und Interpretation des Krieges zeugen, die unter den Begriff der Deutungskultur fällt. Selbstverständlich ist die Analyse einer solchen Deutungskultur nicht mit -

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35) Einen Überblick über Ansätze, Konzepte und Ergebnisse der mentalitätenhistorischen Forschung bietet Peter Dinzelbacher (Hg.), Europäische Mentalitätsgeschichte. Hauptthemen in Einzeldarstellungen, Stuttgart 1993. 36) Zur Rolle des konfessionellen Faktors bei der Auffassung der Einigungskriege und bei der Bestimmung einer deutschen Nationalidentität siehe das Kapitel „Krieg und nationale Selbstdefinition" dieses Buches sowie noch einmal speziell Frank Becker, Konfessionelle Nationsbilder im Deutschen Kaiserreich, in: Heinz-Gerhard Haupt/Dieter Langewiesche (Hgg.), Nation und Religion. Trennlinien in der deutschen Geschichte, Frankfurt a. M./New

York 2001 [im Druck]. 37) Siehe etwa die Studie zur Volksfrömmigkeit von Rudolf Schlögl, Glaube und Religion in der Säkularisierung. Die katholische Stadt Köln, Aachen, Münster 1700-1840, München 1995. -

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der Rekonstruktion von Mentalitäten gleichzusetzen. Zwischen dem, was öffentlich artikuliert wird, und dem, was .wirklich' gedacht wird, können sehr wohl Unterschiede bestehen. Dennoch ist es wahrscheinlich, mit dem Rekurs auf die öffentliche Debatte zumindest annäherungsweise auch die tatsächlichen Vorstellungen der Menschen zu erfassen; erstens beteiligten sich sehr viele, auch durchaus gewöhnliche Sprecher der unterschiedlichsten Herkunft an dieser Debatte, zweitens gab es im Untersuchungszeitraum keine strenge, wirklich durchgreifende Zensur, und drittens mußte jeder Sprecher, der an einer positiven Aufnahme seiner Äußerungen interessiert war, auch auf die Meinungen seiner Zeitgenossen Rücksicht nehmen: Den größten Erfolg versprach es zumeist, gerade diejenigen Auffassungen in Worte zu kleiden, die beim Publikum ohnehin am stärksten verbreitet waren. Daß die in der Öffentlichkeit zirkulierenden Deutungsmuster mit den mentalen Dispositionen der Menschen übereinstimmten, ist folglich nicht zu beweisen, aber doch immerhin zu einer großen Evidenz zu bringen.38) Die politische, konfessionelle und regionale Zerklüftung der Bildungsschicht müßte sich allerdings, so sollte man vermuten, auch in die bürgerliche Öffentlichkeit hinein fortsetzen. Diese Annahme ist jedoch nur teilweise richtig. In den 1850er und 1860er Jahren bildete sich in Deutschland eine nationale Öffentlichkeit heraus, die es sich zum Ziel setzte, alle noch bestehenden Unterschiede im Zeichen der Etablierung einer Nationalkultur einzuebnen.39) Auch wenn dieser Anspruch von der Wirklichkeit nicht immer eingeholt wurde, löste er doch eine starke Homogenisierung der bürgerlichen Öffentlichkeit aus. Wer sich als Mitglied oder Träger der Nationalkultur verstand, sei er protestantischer Schwabe oder katholischer Badener, preußischer Liberaler oder sächsischer Demokrat, schloß sich bestimmten Grundüberzeugungen an, ja begann eine bestimmte Sprache zu benutzen, die ihn mit den anderen Teilhabern an dieser Kultur verband. Gerade die Fragen von Krieg und Nationswerdung fielen in diesem Bereich der Öffentlichkeit auf einen fruchtbaren Boden. Die nationale Öffentlichkeit war es, die sich des Krieges bemächtigte, die ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit thematisierte und in ihrem Sinne interpretierte wer sich außerhalb der nationalen Kultur und ihrer Öffentlichkeit situierte, äußerte sich in der Regel erst gar nicht zu den Kriegen, die so augen-

31i) Diese Evidenz geht über die bloßen „Wirkungsvermutungen", die zuletzt von Dieter Langewiesche bespöttelt worden sind, sicherlich deutlich hinaus (Dieter Langewiesche, Nation, Nationalismus, Nationalstaat. Forschungsstand und Forschungsperspektiven, in: NPL 40 [1995], S. 210). 39) Heinrich Best, Soziale Morphologie und politische Orientierungen bildungsbürgerlicher Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung und in der Pariser Assemblée nationale constituante 1848/49. in: Jürgen Kocka (Hg.), Politischer Einfluß und gesellschaftliche Formation, Stuttgart 1989 (=Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert; 4), S. 61; Andreas Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland 1857-1868. Nationale Organisationen und Eliten, Düsseldorf

1994, S. 46.

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scheinlich den eigenen Interessen zuwiderliefen. Die nicht-nationalen und nicht-militaristischen bürgerlichen Kreise, die es auch nach den Einigungskriegen, wenn auch in der Minderheit, fraglos noch gab, überließen den Krieg gleichsam den Nationalisten, die ihn zum Fixpunkt ihrer Weltanschauung und ihres politischen Denkens gemacht hatten. Während in den Jahren 1864 und 1866 noch ein relativ breites Meinungsspektrum zu beobachten war, ließ der deutsch-französische Krieg dieses Spektrum zu einer fast einhelligen Kommentierung zusammenrinnen; wer sich überhaupt öffentlich zum Krieg äußerte, tat dies in affirmativer Weise, wer ihn ablehnte, wandte sich in der Regel anderen Themen zu. Kaum jemand versuchte, die Wahrnehmungen und Deutungen des nationalen Lagers zu irritieren, indem er ein abweichendes Kriegsbild in die Öffentlichkeit lancierte. Der Krieg ,gehörte' den nationalen Kräften, und als Alternative zu seiner positiven Aneignung war im bürgerlichen Milieu praktisch nur noch das Schweigen verblieben. Für die national gesonnenen Kreise war die Thematisierung des Krieges hingegen mehr als nur der Reflex auf politische und militärische Ereignisse, die auf die Initiative der Regierungen, insbesondere Bismarcks zurückgingen und von den bürgerlichen Parteien ohnehin de facto kaum beeinflußt werden konnten. Im Gegenteil: Vieles spricht dafür, daß die bürgerlichen Schichten ihre Ohnmacht bei der politischen Einleitung und der Durchführung der Einigungskriege durch ein besonderes Engagement bei ihrer Darstellung und Stilisierung regelrecht zu kompensieren versuchten. Wenn man schon in der politischen und militärischen Wirklichkeit nur geringe Mitwirkungschancen gehabt hatte, dann wollte man wenigstens seinen großen Einfluß in der Öffentlichkeit geltend machen, um das Kriegsbild, die kollektive Wahrnehmung der Geschehnisse, in seinem Sinne aktiv mitzugestalten. Am Krieg selber hatte der bürgerliche Nationalismus nur wenig Anteil, um so mehr jedoch an seiner öffentlichen Darstellung, und diese Deutungsmacht wurde konsequent ausgenutzt. Für die Feldzüge von 1864 und 1866, die zeitgenössisch noch sehr widersprüchlich kommentiert worden waren, bedeutete dies die Einbettung in eine Trias von nationalen Einigungskriegen; die Auseinandersetzungen mit Dänemark und Österreich erhielten dabei einen gleichsam vorbereitenden Charakter zugesprochen, während mit dem deutsch-französischen Krieg des Jahres 1870/71 dann der krönende Abschluß erreicht worden sein sollte. Die letztgenannte Stilisierung wurde, von den Ereignissen nahegelegt, nicht erst im nachhinein vorgenommen, sondern setzte sich schon kontemporär durch. Bereits im Juli 1870 begann die Arbeit der Interpretation und führte Deutungskonventionen ein, die sich trotz des Stimmungstiefs in den Wintermonaten bis zum Kriegsende behaupteten und auch darüber hinaus das Bild der Ereignisse prägten; was in der Kriegszeit die kontemporäre Wahrnehmung bestimmte, drückte auch der Erinnerung seinen Stempel auf. Die Quellen sprechen hier eine ein-

Die zeitgenössische Kriegsdarstellung verfestigte sich sehr einem bestimmten Bild des deutsch-französischen Krieges, das in

deutige Sprache: schnell

zu

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folgenden Jahrzehnten praktisch unverändert kolportiert wurde über alle politisch-kulturellen Umbrüche in der Geschichte des Kaiserreichs hinweg. Die zeitgenössischen Schilderungen deuten den Krieg im Prinzip genauso, wie es auch noch die Darstellungen tun, die zehn, zwanzig oder dreißig Jahre später erscheinen und insofern, um den aktuellen Begriff der Forschung zu verwenden, der Erinnerungskultur zuzuschlagen wären.40) Noch am Vorabend des Ersten Weltkrieges werden Stellungnahmen und Zeugnisse veröffentlicht, die nach wie vor denselben Deutungskonventionen verhaftet sind, die schon in den Tagen von Weißenburg und Worth die öffentliche Debatte beherrschten. Die Deutungskultur des Krieges von 1870/71, die sich in diesem Sinne aus den beiden Komponenten der aktuellen Wahrnehmung und der Erinnerungskultur zusammensetzt, stellt sich als ein Kontinuum dar, als ein Inventar von Begriffen, Argumenten und Metaphern, das über vier Jahrzehnte hinweg praktisch unverändert geblieben ist. Dieses Beharren auf einer bestimmten Sichtweise und Interpretation des Krieges, die in stereotypen Formen immer wieder aufs neue beschworen wird, deutet darauf hin, daß der Krieg hier eine Bedeutung zugewiesen erhält, die über seine konkrete politisch-militärische Gestalt weit hinausgeht. Die Deutung des Krieges wächst sich zur Deutung der gesamten politisch-sozialen Wirklichkeit aus. Das militärische Geschehen repräsentiert offenkundig weitergehende ideelle Bezüge, die durch seine Thematisierung indirekt vermittelt bzw. wieder wachgerufen werden sollen. Die Geschichte des Krieges wird erzählt, um bestimmte Handlungsweisen und -ziele, ja um ein komplexes politisch-soziales Projekt zu beschwören der Krieg dient bis zu einem gewissen den

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Grade nur noch als Folie, nur noch als kommunikatives Vehikel, um eine komplexe politische Botschaft weiterzugeben. Als eine Erzählung, die man nicht um ihrer selbst willen vorträgt, sondern wegen des Sinns, der zwischen ihren Zeilen wohnt, wird der Kriegsbericht zu einem wichtigen Bestandteil der politischen Kultur des Kaiserreichs. Er gehört zu jenen Erzählungen, in denen die Nation ihre Entstehung, ihre Identität und ihre Ziele spiegelt mit einem Wort, er hat den Stellenwert eines politischen Mythos, eines Mythos zumal, der wie kaum ein zweiter das Bewußtsein der national gesonnenen Schichten in Deutschland geprägt hat.41) -

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40) Grundlegend

zu diesem Forschungsansatz Pierre Nora, Zwischen Geschichte und Gedächtnis, Berlin 1990; Peter Burke, Geschichte als soziales Gedächtnis, in: Aleida Assmann/

Dietrich Harth (Hgg.), Mnemosyne. Formen und Funktionen der kulturellen Erinnerung, Frankfurt/M. 1991, S. 289-305; Jacques Le Goff, Geschichte und Gedächtnis, Frankfurt a.M./NewYork 1992. 41) Zum Begriff des politischen Mythos siehe Gerd Krumeich, Jeanne d'Arc in der Geschichte. Historiographie Politik Kultur, Sigmaringen 1989, sowie Rolf Reichardt/HansJurgen Lüsebrink, Die Bastille. Zur Symbolgeschichte von Herrschaft und Freiheit, Frankfurt/M. 1990. -

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Diese Verbindung von Kriegsbild und politischer Kultur leitet zur Frage nach dem grundsätzlichen Stellenwert des Militarismus im Kaiserreich über. Seit von Militarismus nicht mehr nur dann gesprochen wird, um Ritters klassische Definition aufzugreifen, wenn ein Staat sein Handeln stärker von militärischen als von politischen Faktoren bestimmen läßt42), sondern auch der prägende Einfluß des Militärischen auf die Gesellschaft im Sinne eines Sozialmilitarismus in den Blick der Forschung getreten ist43), hat die Frage nach der Militarisierung bürgerlicher Sozialnormen und Verhaltensweisen im Kaiserreich eine besondere Brisanz erhalten. Zwei verschiedene Konzepte bestimmen hier seit längerem die wissenschaftliche Debatte. Auf der einen Seite wird die Militarisierung der bürgerlichen Schichten als Ausdruck von deren Feudalisierung interpretiert; so wie man sich grundsätzlich der Kultur der Aristokratie anzupassen versucht habe, so habe man auch den kriegerischen Habitus des Adels kopieren wollen.44) Das sprichwörtliche Streben der bürgerlichen Akademiker nach dem Status des Reserveleutnants erscheint in diesem Zusammenhang wie das typische Verhalten von Emporkömmlingen, die beflissen die Sozialnormen jener Schicht übernehmen, in die sie nur allzu gerne aufsteigen würden. Anstatt die Aristokratie zu kritisieren und zu attackieren, wie es das politische Bürgertum bis zum Kniefall des Jahres 1866 noch getan habe, habe man im Kaiserreich nun seinen Frieden mit der Vorherrschaft des Adels gemacht die Aristokratie sei vom Feindbild zum Vorbild geworden. Diese Einschätzung stellt den bürgerlichen Militarismus in den größeren Zusammenhang der Sonderwegsthese, die es gerade zum Spezifikum der deutschen Geschichte erklärt, daß sich das Bürgertum und die von ihm verkörperten politischen Ideen im 19. Jahrhundert nicht durchsetzen konnten; die Unterordnung der bürgerlichen Schichten unter die Aristokratie in der verspäteten Nation und ihre widerstandslose Einordnung in den Obrigkeitsstaat hätten genau jene Autoritätsgläubigkeit und jenen Untertanengeist begünstigt, der im 20. Jahrhundert dann in die Unfähigkeit zur Demokratie einmündete und letztlich auch für die NS-Diktatur verantwortlich zu machen sei. Während in der westlichen Welt also ein selbstbewußtes Bürgertum zusammen mit dem Aufbau liberaler Institutionen -

42) Gerhard Ritter,

Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des „Militarismus" in Deutschland. Erster Band: Die altpreußische Tradition (1740-1890), München 1954. 43) Hans-Ulrich Wehler, Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, Göttingen 71994, S. 158f.; Wolfgang Petter, Deutscher Bund und deutsche Mittelstaaten, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/2: Militärgeschichte im 19. Jahrhundert (1814-1890), München 1976, S. 275 f. 44) Norbert Elias, Studien über die Deutschen. Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. M. Schröter, Frankfurt/M. 1992, S. 271 ff. (dazu auch Hans J. Lietzmann, Kriegerethos und Verfassungslehre. Karl Mannheims und Carl Schmitts Platz in

Norbert Elias' „satisfaktionsfähiger Gesellschaft", in: Karl-Siegbert Rehberg [Hg.], Norbert Elias und die Menschenwissenschaften. Studien zur Entstehung und Wirkungsgeschichte seines Werkes, Frankfurt/M. 1996, bes. S. 393 f.); Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, S. 702 f.

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auch eine von liberalen Vorstellungen geprägte politische Kultur geschaffen habe, sei die Nicht-Existenz einer solchen Kultur in Deutschland am deutlichsten an der Unterwerfung der bürgerlichen Schichten unter das feudale Kriegerideal abzulesen gewesen. Der strammstehende Bürger wurde geradezu zum Symbol für die politische Ohnmacht und sozialkulturelle Selbstaufgabe seiner Klasse erklärt. Die Gegenposition geht von völlig anderen Prämissen aus. Ihr erscheint der Weg der bürgerlichen Schichten in das Kaiserreich hinein durchaus als eine Erfolgsgeschichte; hier habe man zwar nicht alle, aber doch zumindest wesentliche Ziele durchsetzen können, und die Zusammenarbeit mit der Aristokratie sei eher als ein Bündnis gleichberechtigter Partner denn als ein Akt der Unterwerfung zu charakterisieren.45) Insgesamt habe die bürgerliche Kultur in all ihren Erscheinungsformen das Kaiserreich ohnehin viel stärker geprägt46), als dies die These vom Semiabsolutismus oder vom autoritären Obrigkeitsstaat suggeriere.47) Vor diesem Hintergrund zeigt sich auch der bürgerliche Militarismus in einem neuen Licht. Schließlich waren schon in den Befreiungskriegen auch bürgerliche Gruppen mobilisiert worden, und der militante Nationalismus, der hier grundgelegt worden war, zog sich als wichtige Traditionslinie politischen Denkens und sozialkultureller Praxis erinnert sei nur an die Bürgerwehren und die Burschenschaften, an die Turner und die Schützenvereine durch das gesamte 19. Jahrhundert hindurch. Der militärische Habitus der bürgerlichen Schichten des Kaiserreichs mußte also gar nicht der Ausdruck einer Anpassung an die Aristokratie sein, sondern er konnte sehr wohl auch an genuin bürgerliche Traditionen anknüpfen. In diesem Sinne wäre, wie Stig Förster vorgeschlagen hat, von einem doppelten Militarismus im Kaiserreich zu sprechen: Aristokratischer und bürgerlicher Militarismus existierten praktisch nebeneinander, ohne daß der eine das Vorbild oder auch nur der Bezugspunkt des anderen gewesen sein müßte.48) Die demonstrative Zurschaustellung von -

-

45)

David Blackbourn/Geoff Eley, Mythen deutscher Geschichtsschreibung. Die gescheibürgerliche Revolution von 1848, Frankfurt/M. u.a. 1980, bes. S. 54ff. und 123ff.; neuerdings auch noch einmal Randall Collins, German-Bashing and the Theory of Democratic Modernization, in: Zeitschrift für Soziologie 24 (1995), H.l, S. 3-21. 46) Eine solche Dominanz der bürgerlichen Kultur im Kaiserreich legte auch nahe, daß die bürgerliche Öffentlichkeit eine zentrale Deutungsleistung innerhalb dieses politisch-sozialen Systems erbracht haben müßte, die auch auf andere gesellschaftliche Gruppen abstrahlte womit auch die bürgerliche Kriegsdeutung eine zusätzliche Relevanz erhielte. Zu dieser Einschätzung auch Gustav Schmidt, Gelehrtenpolitik und politische Kultur in Deutschland Zur Einführung, in: ders./Jöm Rüsen (Hgg.), Gelehrtenpolitik und politische Kultur in Deutschland 1830-1930, Bochum 1986, S. lOff. 47) Hans-Ulrich Wehler, einer der Schöpfer solcher Begrifflichkeiten, wertet den bürgerlichen Militarismus auch prompt als Indiz dafür, daß es im Kaiserreich eben keine Dominanz der bürgerlichen Kultur gegeben habe (Hans-Ulrich Wehler. Wie „bürgerlich" war das Deutsche Kaiserreich?, in: Kocka [Hg.], Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, S. 266). 48) Stig Förster, Der doppelte Militarismus. Die deutsche Heeresrüstungspolitik zwischen terte

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-

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militärischer Einsatzbereitschaft, die immer auch Ausdruck von politischer Souveränität ist, könnte sogar als Zeugnis eines besonderen Selbstvertrauens der bürgerlichen Schichten interpretiert werden. In jede Untersuchung von Kriegswahrnehmungen und Kriegsdeutungen in der Ära der Einigungskriege spielt dieses Problem der grundsätzlichen Einschätzung des bürgerlichen Militarismus selbstverständlich mit hinein. Die Darstellung der Einigungskriege, die nie beim Referat der Fakten und beim persönlichen Erlebnisbericht stehenbleibt, sondern immer auch allgemeine Vorstellungen vom Krieg artikuliert, wirft auch ein Licht auf die prinzipielle Einstellung gegenüber militärischen Belangen, von der sich wiederum auch der kriegerische Habitus zu einem großen Teil herleitet. Insofern müßte die Rekonstruktion des bürgerlichen Kriegsbildes auch eine genauere Kennzeichnung des bürgerlichen Militarismus ermöglichen. Gleiches gilt für den bürgerlichen Nationalismus, der von der Forschung ebenso widersprüchlich bewertet wird wie der Militarismus. Auf der einen Seite wird die Wendung zum Staatsnationalismus nach 1866, die sich vor allem an der Erfolgsgeschichte des Nationalliberalismus ablesen läßt, gerne als Rechtsschwenk bezeichnet und mit der Unterordnung unter die alten Eliten gleichgesetzt, auf der anderen Seite akzeptiert man die stärkere Gewichtung des Einheits- gegenüber dem Freiheitsgedanken als eine Weiterentwicklung des liberalen Denkens, die das Projekt eines Nationalstaats ermöglichte, der von einem Bündnis der alten mit den neuen Eliten getragen wurde, von einem Bündnis aber, in dem die bürgerlichen Schichten als gleichberechtigte Partner mitwirkten. Die Analogie zur Bewertung des Militarismus liegt auf der Hand; auch auf dieser Ebene offenbart sich der enge innere Zusammenhang der beiden Phänomene. In die Darstellung der Einigungskriege fließen auch Deutungen von Nationsidee und Nationswerdung ein, und diese Deutungen können in gleichem Sinne als Quelle für die Rekonstruktion und Einschätzung des bürgerlichen Nationalismus verwendet werden. Wenn der Nationalismus hier im Spiegel der Kriegsdarstellung und -deutung aufgesucht wird, dann ist damit der Anschluß an die neuere Nationalismusforschung hergestellt an jene Forschung nämlich, die unter dem Titel einer Kulturgeschichte des Nationalismus firmiert. Diesem Ansatz geht es weniger um die Realgeschichte der Nationalstaaten und Nationalbewegungen als vielmehr um Fragen der kommunikativen Vermittlung nationalen Ideenguts, der nationalen Identität sowie der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Nationen.49) Je -

Status-Quo-Sicherung und Aggression 1890-1913, Stuttgart 1985, S. 90 u. 300; Peter Brandt, Reichsgründung, in: Lutz Niethammer u. a., Bürgerliche Gesellschaft in Deutschland. Historische Einblicke, Fragen, Perspektiven, Frankfurt/M. 1990, S. 216; Christoph Schubert-Weller, Vormilitärische Jugenderziehung, in: Christa Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. IV: 1870-1918. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, hg. v. Christa Berg, München 1991, S. 508. 49) Die Rolle von Kommunikation und Öffentlichkeit bei der Konstruktion von Nationen ist vor allem von Benedict Anderson herausgestellt worden, für den der Nationalismus des

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stärker sich die Auffassung durchsetzt, daß Nationen nicht per se in der politisch-sozialen Wirklichkeit vorhanden sind, sondern gleichsam konstruiert oder erfunden werden müssen50), desto größere Relevanz erhalten diese kulturwissenschaftlichen Fragestellungen. Die Menschen, so könnte man zugespitzt formulieren, sind erst einmal davon zu überzeugen, daß sie Mitglieder einer Nation sind und daß die Nation diejenige Bezugsgruppe ist, die ihre Identität bestimmt; wenn sich diese Überzeugung durchgesetzt hat, richten die Menschen auch ihr Handeln daran aus, und auf diesem Wege wird die Nation schrittweise zu einer tatsächlich vorhandenen, das Leben der Menschen realiter mitbestimmenden Größe. Am Anfang ist immer der Entwurf einer Nation, so das Credo der kulturwissenschaftlichen Nationalismusforschung, und diesem Entwurf nähert sich in der Folge die Wirklichkeit an. Zu dem Entwurf einer Nation gehören mehrere Komponenten. Die Kriterien, die darüber entscheiden sollen, wer zur Nation gehört und wer ausgeschlossen wird, verdichten sich in der Regel schnell zu festgefügten Selbstund Feindbildern; diese Bilder wiederum werden in die Konstruktion einer nationalen Geschichte eingewoben, die eine lange Tradition suggerieren soll, auf die sich die Nation längst zu beziehen vermag: Was praktisch immer schon dagewesen ist, muß eine wirklich maßgebliche politisch-soziale Größe sein und ist damit scheinbar auch in besonderer Weise legitimiert. Sowohl die nationale Identität als auch der nationale Geschichtsentwurf sind dabei an zahlreiche Symbole und Mythen geknüpft.51) Erst diese Bilder und Erzählungen verleihen den abstrakten Konstruktionen jene Anschaulichkeit und (vermeintliche) Plau19. Jahrhunderts im wesentlichen ein Effekt der Printmedien ist (Benedict Anderson, Die

Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Frankfurt a.M./New York 1988, passim; kommentierend hierzu auch Siegfried Weichlein, Nationalismus als Theorie sozialer Ordnung, in: Mergel/Welskopp [Hgg.], Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft, S. 190 ff.).

50)

Diese Position vertreten Ernest Gellner, Nationalismus und Moderne, Berlin 1991, S. 16 ff. u. 83 ff.; Eric J. Hobsbawm, Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt a.M./New York 1991, S. 19ff; Etienne François/Hannes Siegrist/Jakob Vogel, Die Nation. Vorstellungen, Inszenierungen, Emotionen, in: dies. (Hgg.), Nation und Emotion. Deutschland und Frankreich im Vergleich 19. und 20. Jahrhundert, Göttingen 1995, S. 14f. 51) In diesem Rahmen sind bisher die nationale Festkultur und das Nationaldenkmal von der Forschung besonders beachtet worden (Rainer Noltenius, Schiller als Führer und Heiland, in: Dieter Düding/Peter Friedemann/Paul Münch [Hgg.], Öffentliche Festkultur. Politische Feste in Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg, Reinbek 1988; Fritz Schellack, Nationalfeiertage in Deutschland von 1871 bis 1945, Frankfurt/M. u.a. 1990; Franz Bauer, Gehalt und Gestalt in der Monumentalsymbolik. Zur Ikonologie des Nationalstaats in Deutschland und Italien 1860-1914, München 1992; Charlotte Tacke, Denkmal im sozialen Raum. Nationale Symbole in Deutschland und Frankreich im 19. Jahrhundert, Göttingen 1995; Reinhard Alings, Monument und Nation. Das Bild vom Nationalstaat im Medium Denkmal zum Verhältnis von Nation und Staat im deutschen Kaiserreich 1871-1918, -

Berlin/New York -

1996).

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auch bei einem Massenpublikum Anklang zu finden.52) Jeder Nationalstaat verfügt in diesem Sinne über ein Inventar von symbolischen Formen, das sehr viel über das jeweilige nationale Selbstverständnis und dessen kommunikative Vermittlung verrät; hier besitzt eine Kulturgeschichte des Nationalismus ihr bevorzugtes Aufgabenfeld.53) Unter den Mythen und Symbolen, in die sich der Nationalismus kleidet, spielen militärische Themen und Formen eine überragende Rolle. Dies hat einerseits damit zu tun, daß der Krieg für den Nationalstaat oft eine konstitutive Bedeutung hat: Nationen werden durch Kriege geschaffen, sie rücken in Kriegszeiten zusammen, und auch im Frieden verkörpern vor allem die Armeen das nationale Selbstbewußtsein; außerdem erheben sie den Anspruch, nationale Erziehungsanstalten zu sein, die Soldaten also im Zeichen der Nationsidee beeinflussen und zusammenschweißen zu können.54) Andererseits gibt es aber auch noch eine Identifikation der Nation mit dem Krieg und des Krieges mit der Nation, die über diese faktischen und psychologischen Wechselwirkungen weit hinausgeht; es ist die Ineinssetzung der Nation mit der existentiellen Erfahrung entscheidender Feldzüge und Schlachten, es ist die fast religiöse Weihe, die der Nation durch das Blut verliehen wird, das Menschen im Krieg für sie vergießen. Gerade im nationalen Totenkult, der sich seit der Französischen Revolution zu einem festen Bestandteil der politischen Kultur aller (entstehenden) Nationalstaaten entwickelt, wird die Identifikation des individuellen Kriegstodes mit dem Weiterleben der Nation zu einer regelrechten Mystik gesteigert.55) Entscheidende Schlachten, in denen das Schicksal der Nation auf

sibilität, die nötig ist,

um

52) Siehe auch die Beiträge in Jürgen Link/Wulf Wülfing (Hgg.), Nationale Mythen und Symbole in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Strukturen und Funktionen von Konzepten nationaler Identität, Stuttgart 1991. 53) Hierzu auch Hans Rudolf Wahl, Zur Ästhetik des Nationalismus. Plädoyer für eine kulturgeschichtliche Neukonzeption der Nationalismusforschung, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 44 (1996), H.7, S. 609-616, bes. S. 609f.; Heinz-Gerhard Haupt/Charlotte Tacke, Die Kultur des Nationalen. Sozial- und kulturgeschichtliche Ansätze bei der Erforschung des europäischen Nationalismus im 19. und 20. Jahrhundert, in: Wolfgang Hardtwig/Hans-Ulrich Wehler (Hgg.), Kulturgeschichte Heute, Göttingen 1996 (GG, Sonderheft 16), S. 255-283, bes. S. 264ff.; Andreas Geier, Hegemonie der Nation. Die gesellschaftliche Bedeutung des ideologischen Systems, Wiesbaden 1997, S. 129ff.; Jakob Vogel, Nationen

im Gleichschritt. Der Kult der .Nation in Waffen' in Deutschland und Frankreich, 1871-1914, Göttingen 1997, S. 13; Etienne François/Hagen Schulze, Das emotionale Fundament der Nationen, in: Monika Flacke (Hg.), Mythen der Nationen. Ein europäisches Panorama. Ausstellungskatalog, Berlin/München 1998, S. 19f. 54) Zu diesen Zusammenhängen auch Anthony D. Smith, National Identity, Reno u. a. 1991, S. 27, sowie der Literaturbericht von Langewiesche, Nation, Nationalismus, Nationalstaat, in: NPL 40 (1995), S. 192ff.; außerdem Ute Frevert, Nation, Krieg und Geschlecht im 19. Jahrhundert, in: Manfred Hettling/Paul Nolte (Hgg.), Nation und Gesellschaft in Deutschland. Historische Essays, München 1996, S. 151 ff. 55) Siehe Reinhart Koselleck, Einleitung, in: ders./Michael Jeismann (Hgg.), Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, München 1994, S. 9ff.

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dem Spiel stand und sich die nationalen Eigenschaften wie nirgends sonst bewähren mußten, werden zu Geburtsstunden ganzer Nationen erklärt; „France was Marengo, Austerlitz and Jena", schreibt Michael Howard, „Britain was Trafalgar [...], Russia was the Triumph of 1812. Germany was Gravelotte and Sedan. Italy was Garibaldi and the Thousand"56). Schon die Wortwahl zeigt an, daß die Nationen ihre Schlachtensiege nicht einfach nur erinnern, sondern praktisch mit ihnen identisch sind Frankreich ,war' Marengo, Austerlitz und Jena. Jede Distanz der erinnernden Nation zu den erinnerten Kriegserfahrungen ist aufgehoben, die Identifikation mit den militärischen Ereignissen gleichsam total geworden.57) Dieser Stellenwert des Militärischen für das nationale Selbstverständnis läßt den Mythen und Symbolen aus dem Kontext des Krieges eine herausragende Bedeutung zuwachsen; die Inszenierung von Krieg und Kriegserinnerung trägt wesentlich zur Konstituierung der nationalen Selbstwahrnehmung bei. Die Nationsidee im Spiegel der Kriegsdarstellung und -deutung aufzusuchen heißt, sie an einer ihrer Wurzeln zu fassen. Die Stilisierung des Krieges in der Ära der Einigungskriege gibt auch über die Gestalt des nationalen Denkens in diesem Zeitraum Auskunft. Vor allem die zuletzt noch von Dieter Langewiesche aufgeworfene Frage, ob die zunehmende Militarisierung des Nationalismus in Deutschland auch mit seiner Entbürgerlichung gleichzusetzen sei, kann vor diesem Hintergrund verfolgt werden.58) Läßt die Kommentierung des Krieges durch die bürgerliche Öffentlichkeit den Schluß zu, daß der liberale Nationalismus zugunsten eines konservativen Reichsnationalismus aufgegeben wurde? Ist die Amalgamierung der Nationsidee mit dem Krieg notwendigerweise ein Indiz für die Preisgabe traditionell-bürgerlicher Vorstellungen? Offenkundig spielt die grundsätzliche Einschätzung des Militarismus und Nationalismus während des Einigungsprozesses und im Kaiserreich ganz massiv in diese Fragen mit hinein. Der Versuch, sie zu beantworten, ist immer auch als ein Beitrag zu den Kontroversen um den deutschen Militarismus und Nationalismus im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu verstehen. Wenn sich die Forschung bislang mit öffentlichen Kriegsdeutungen befaßt hat, stand zumeist das Medium des Denkmals im Vordergrund.59) Hier schien -

56) Michael Howard, War and the Nation State, in: ders., The Causes of Wars, and other Essays, Cambridge, Mass. 21983, S. 26f; ähnlich auch Ekkehart Krippendorff, Staat und Krieg. Die historische Logik politischer Unvernunft, Frankfurt/M. 1985, S. 313 ff. 57) Zum Zusammenhang von Krieg und Nationalismus grundsätzlich auch Karen Hagemann, Nation, Krieg und Geschlechterordnung. Zum kulturellen und politischen Diskurs in der Zeit der antinapoleonischen Erhebung Preußens 1806-1815, in: GG 22 (1996), H.4, S. 562-591; konkret am Beispiel von Militärfeiern auch Jakob Vogel, Militärfeiern in Deutschland und Frankreich als Rituale der Nation (1871-1914), in: François/Siegrist/Vogel (Hgg.), Nation und Emotion, S. 199-218. 58) Dieter Langewiesche, Reich, Nation und Staat in der jüngeren deutschen Geschichte, in: HZ 254

(1992), S. 372f. 59) Grundlegend hierzu

Reinhart Koselleck,

Kriegerdenkmale

als

Identitätsstiftungen

der

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Quelle vorzuliegen, die den Krieg mit dem Anspruch auf Dauer und Repräsentativität interpretierte und insofern für die Rekonstruktion historischer Kriegsbilder bestens geeignet sein mußte. Andere Medien, die weniger repräsentativ und von eher flüchtiger Konsistenz sind, haben unter dieser Fragestellung noch fast gar keine Beachtung gefunden. Wenn also hier mit der Kategorie der bürgerlichen Öffentlichkeit gearbeitet wird, dann steht eine Flut von Schrift- und Bildzeugnissen zur Untersuchung an, deren Deutungspotential hinsichtlich des Krieges erst sehr wenig beachtet worden ist. Allein die schriftlichen Darstellungen des Krieges, die in der Regel aus der Feder jener „protestantischen Theologen, Historiker, Schriftsteller, Beamten" und „Gymnasiallehrer"60) stammen, die im 19. Jahrhundert in Deutschland für das nationale Milieu gesprochen haben, füllen ganze Bibliotheken. Nur die Selbstzeugnisse der Kriegsteilnehmer aus diesem Milieu die Memoiren, Tagebücher und Briefe der Soldaten des Feldzuges von 1870/71 sind bisher von einer wahrnehmungsgeschichtlich orientierten Forschung zur Kenntnis genommen worden.61) Wahrnehmungsgeschichte meint hier allerdings das konkrete Interesse an den Alltagserfahrungen der Soldaten, an ihrer Bewertung der verschiedenen Probleme des Lebens im Felde, seien es eigene Verwundungen oder der Tod von Kameraden, Strapazen oder Krankheiten, das Verhältnis zu den Vorgesetzten oder zu Gleichgestellten; jene abstrakteren Vorstellungen vom Sinn und Wesen des Feldzuges, die als Elemente einer Deutungskultur des Krieges anzusprechen wären, werden von diesen auf der Ebene der Alltagskultur angesiedelten Untersuchungen kaum berührt. Naturgemäß tauchen abstrakte Reflexionen zum Krieg auch in den Selbstzeugnissen der gebildeten Kriegsteilnehmer nur relativ selten auf; ganz eindeutig dominieren der einfache Erlebnisbericht und die Beschreibung der täglichen Sorge um Ernährung, Unterkunft und körperliches Wohlergehen nur selten schwingen sich die Autoren zu grundsätzlichen Stellungnahmen auf.62) Der Historiker muß gleichsam mit einer Harke

eine

-

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Überlebenden, in: Odo Marquardt/Karlheinz Stierle (Hgg.), Identität, München 1979; Michael Jeismann/Rolf Westheider, Bürger und Soldaten. Deutsche und französische Kriegerdenkmäler zum Ersten Weltkrieg, in: Gewalt Kriegstod Erinnerung, S. 6-16, sowie die Beiträge in Koselleck/Jeismann, Der politische Totenkult. 60) Hans-Ulrich Wehler, Nationalismus, Nation und Nationalstaat in Deutschland seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Ulrich Herrmann (Hg.), Volk Nation Vaterland, Ham-

burg 1996, S. 271.

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61) Rohkrämer, Der Militarismus der „kleinen Leute"; Kühlich, Die deutschen Soldaten im Krieg von 1870/71. 62) Bei den unveröffentlichten Selbstzeugnissen ist der Anteil dieser reflektierenden Passagen noch weitaus geringer; erst der Gang an die Öffentlichkeit hat viele Autoren offensichtlich zu weiterführenden Stellungnahmen veranlaßt. Wenn das unveröffentlichte Material nicht schon dadurch ausgeschlossen wäre, daß hier grundsätzlich mit der Kategorie Öffentlichkeit gearbeitet wird, ließe sich die Beschränkung auf edierte Selbstzeugnisse auch mit diesem Argument begründen. Siehe hierzu auch Kühlich, Die deutschen Soldaten im Krieg von

1870/71, S. 26f.

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durch das Textmaterial hindurchgehen, in der all jene Passagen hängenbleiben, die eine Interpretation oder einen weiterführenden Kommentar beinhalten und in diesem Sinne Deutungsmuster des Krieges sind. Bei den Kriegsbüchern, also den (pseudo-)historiographischen Darstellungen des gesamten Feldzuges, stellt sich die Situation etwas günstiger dar. Hier werden zumindest in den Einleitungs- und Schlußkapiteln in der Regel ausführliche Einschätzungen vorgenommen, die sich allerdings auch in den Hauptteilen noch zwischen langwierigen militärischen Schilderungen verbergen können. Bei der Zeitungsberichterstattung muß in ähnlicher Weise zwischen deskriptiv-informierenden und deutenden Passagen unterschieden werden. Besonders ergiebig hingegen sind (gedruckte) öffentliche Reden und Traktate, die ausdrücklich zu dem Zweck entstanden sind, den Zuhörern oder Lesern eine Erklärung und Interpretation der Ereignisse zu liefern. Das gesamte Spektrum dieser kriegsdarstellenden Quellen, das im nächsten Kapitel noch ausführlicher vorgestellt wird, kann jedoch nur im Falle des deutsch-französischen Krieges aufgespannt werden. Bei den Kriegen von 1864 und 1866 muß die Zeitung als Quelle genügen; dies hat einerseits damit zu tun, daß die Überfülle des Materials grundsätzlich an einigen Stellen zur Beschränkung zwingt, andererseits aber auch mit dem Umstand, daß im Gefolge der vergleichsweise kurzen und unpopulären Kriege im Vorfeld der Reichseinigung kein so umfängliches und aussagekräftiges Schrifttum wie im Falle des Feldzuges von 1870/71 entstanden ist kein Schrifttum also, das für das hier verfolgte Untersuchungsziel ergiebig genug wäre. Außerdem sind der Krieg um Schleswig-Holstein und der preußisch-österreichische Krieg, so vielschichtig ihre kontemporäre Wahrnehmung auch gewesen sein mag, nach der Entscheidung von 1870/71 sehr schnell und sehr einseitig in die Vorgeschichte des deutsch-französischen Krieges hineingepreßt worden; man zwang sie so lange in eine Trias, in eine homogene Reihe von drei aufeinander aufbauenden, ursächlich miteinander verknüpften Einigungskriegen hinein, bis sie nur noch wie die Vorstufen, ja wie die Präludien des großen Krieges gegen Frankreich erschienen. Vor diesem Hintergrund müssen die jeweils aktuellen, in den Zeitungen abgedruckten Kommentare zu den Kriegen von 1864 und 1866 als wesentlich aussagekräftiger gelten als ihre Aufbereitung in anderen, eher der Erinnerung und der Fixierung eines bestimmten Kriegsbildes verpflichteten Medien, wo ihre Deutung ohnehin später mit der Stilisierung des deutsch-französischen Krieges fast gänzlich zusammenfloß. Beim Krieg von 1870/71 verhielt es sich, wie bereits erwähnt, fast durchweg anders. Hier wurde die zeitgenössische Wahrnehmung durch die retrospektive Darstellung im wesentlichen nur bestätigt; die kontemporäre Kriegsdeutung verfestigte sich zu einem Kriegsbild, das bis zum Vorabend des Ersten Weltkriegs Bestand hatte. Bei der Aufbereitung der Deutungsmuster, die in den verschiedenen Medien verwendet werden, ist also keine zeitliche Differenzierung, etwa im Sinne der Einteilung in bestimmte Phasen der Kriegsrezeption, gebo-

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Der Versuch einer solchen Einteilung führte nur zu unnötigen WiederhoBei der Untersuchung der verschiedenen Quellengruppen verhält es sich ähnlich; da es keine spezifischen Perspektiven gibt, keine Deutungsweisen, die für ein bestimmten Medium typisch wären und von den Darstellungen in anderen Medien entschieden abwichen, erscheint es unsinnig, die einzelnen Quellengruppen getrennt voneinander abzuarbeiten. Auch hier entstünden nur ermüdende Wiederholungen. Alle Formen des öffentlichen Sprechens über den Krieg sind so offensichtlich denselben Deutungskonventionen verpflichtet, daß sich vielmehr ein Gliederungsprinzip empfiehlt, das den Stoff in bestimmte Sinnblöcke einteilt und nur innerhalb dieser Sinnblöcke noch einmal getrennt auf die Beiträge der einzelnen Medien eingeht.63) Die Sinnblöcke werden dabei nach Maßgabe der zentralen Probleme gebildet, die von der öffentlichen Darstellung und Diskussion der Einigungskriege immer wieder umkreist werden und nach deren Behandlung durch die bürgerlichen Kommentatoren hier gefragt wird. Dabei drängt sich eine Einteilung in zwei große Abschnitte auf. Im ersten Teil geht es um die Heeresverfassung, um die Frage, durch wen und in welcher Form der Krieg geführt wird. Wie werden das preußisch-deutsche Wehrpflichtsystem, wie das Konskriptionssystem der Heere Napoleons III. und wie die Volksarmeen und Freischärler Gambettas bewertet? Die Stellungnahme zu diesen verschiedenen Formen der Kriegführung und des Wehrsystems ist mit weitreichenden politischen Implikationen verbunden, die im einzelnen herauszuarbeiten sind. Das Konzept des „Volkes in Waffen", das schließlich für Deutschland vereinnahmt und in immer neuen Wendungen gefeiert wird, ist in vielfältiger Weise mit grundlegenden politischsozialen Vorstellungen verknüpft zwischen Heeresverfassung und Staatsverfassung finden zahlreiche Wechselwirkungen statt. Der zweite Teil thematisiert den Zusammenhang von Krieg und Nationsbildung. Welche Gründungsmythen stellt der Krieg bereit, die für die Konstruktion einer nationalen Identität und für die Legitimation der politisch-sozialen Ordnung des Nationalstaats genutzt werden können? Gerade weil die Nation im Krieg zum ersten Mal als handelndes Subjekt in Erscheinung tritt, liegt es nahe, die im Krieg offenbarten Eigenschaften sogleich auch zu den Charakteristika der Nation zu erklären. Die bürgerlichen Kommentatoren interpretieren den Krieg als einen Ausnahmezustand, in dem die Nation gleichsam ihr Wesen offenbart. Die Armee, die im Juli 1870 mit ihrem unvermittelt-geschlossenen ten.

lungen.

-

63)

Auf eine Quantifizierung der Deutungsmuster wird hierbei verzichtet. Sie hat nur dort wo mit seriellen Quellen gearbeitet wird, wo also Gesamtmengen von Quellen ausgezählt werden, auf die hin dann prozentuiert werden kann. Die Anzahl der Kriegsdarstellungen ist aber prinzipiell offen. Außerdem können Aussagen unterschiedlicher Sprecher und unterschiedlicher Publikationsorgane nicht einfach miteinander verrechnet werden; der Einfluß einer bestimmten Aussage auf das öffentliche Meinungsbild hängt schließlich ganz maßgeblich vom .Gewicht' des jeweiligen Senders ab. Insgesamt ist also nur eine qualitative Analyse möglich.

Sinn,

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Auftreten die Nation vorwegzunehmen scheint, zieht all die Attribute auf sich, die von der bürgerlichen Öffentlichkeit auch in die Nationalidentität hineinkonstruiert werden. Um welche Attribute es sich hierbei handelt und in welcher Weise man den Krieg grundsätzlich für die Selbstdefinition der Nation nutzt, wird in diesem Teil zu klären sein. Von der oben beschriebenen Einteilung des Materials in Sinnblöcke sind die Bildquellen allerdings ausgenommen. Sie sollen in einem eigenständigen Abschnitt untersucht werden; schließlich sind visuelle Zeichen und Schriftzeichen, visuelle und sprachliche Kommunikation nicht ohne weiteres gleichzusetzen. Dennoch ist die grundsätzliche Einbeziehung von Bildquellen unverzichtbar. Schließlich war die Öffentlichkeit im Untersuchungszeitraum keineswegs mit der Schriftkultur identisch; der Krieg wurde nicht nur im Medium der Sprache, sondern auch im Medium des Bildes dargestellt und gedeutet. Eine Rekonstruktion der öffentlichen Kriegsdeutung bliebe unvollständig, wenn die Deutungsleistung der Bilder keine Beachtung fände. Zumal gerade der Vergleich zwischen den hier wie dort vorgetragenen Deutungen aufschlußreich sein kann: Verwendeten die Bilder dieselben Deutungsmuster wie die Texte, um sie nur mit ihren spezifischen Mitteln in Szene zu setzen, oder sprachen sie vielleicht eine ganz andere Sprache? Solche und ähnliche Fragen werden seit einigen Jahren verstärkt an historische Bildquellen herangetragen. Überwunden ist der Standpunkt, daß Bilder, die vermeintlich vor allem schönen Schein produzieren, dem Historiker allenfalls zu Zwecken der Illustration dienen können; überwunden auch das Vorurteil, daß ein Medium wie etwa die Malerei nur im Elfenbeinturm einer kleinen Elite von Kunstsinnigen wirkt. Statt dessen besteht eine historische Ikonographie64) darauf, daß alle in einer bestimmten Phase verfügbaren Bilder auch einen Beitrag zur Herstellung des visuellen Erlebnishorizonts der Zeitgenossen leisten, ja daß visuelle Zeichen in sämtlichen Kontexten menschlichen Handelns und Wahrnehmens eine so bedeutende Rolle spielen, daß deren Rekonstruktion ohne die Einbeziehung von Bildquellen zwangsläufig unvollständig bleiben muß. Gerade dort, wo es um die Vorstellungen geht, die sich Menschen von bestimmten Phänomenen gemacht haben, sind Bilder eine besonders aussagekräftige Quelle. Vorstellungen, Ideen und Deutungen sind auch visualisier-

64) Grundlegend

hierzu Klaus Herding/Rolf Reichardt, Die Bildpublizistik der Französischen Revolution, Frankfurt/M. 1989; Christoph Danelzik-Brüggemann, Ereignisse und Bilder. Bildpublizistik und politische Kultur in Deutschland zur Zeit der Französischen Revolution, Berlin 1996; mit Bezug auf die Wahrnehmung von Krieg auch Hubertus F. Jahn, Patriotic Culture in Russia during World War I, Ithaca/London 1995, bes. Kapitel 1; Christof Römer, Die Bildwelt des Patriotismus und die Ikonographie seiner Helden in Deutschland (1806-1815), in: Ulrich Herrmann (Hg.), Volk Nation Vaterland, Hamburg 1996, S. 369-389; Detlef Hoffmann, Das Volk in Waffen. Die Kreation des deutschen Soldaten im Ersten Weltkrieg, in: Annette Graczyk (Hg.), Das Volk. Abbild, Konstruktion, Phantasma, Berlin 1996, S. 83-100. -

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bar; sich etwas vorzustellen heißt immer, sich ein Bild von etwas zu machen, und dieses Bild im metaphorischen Sinne wird ganz maßgeblich von Bildern im materiellen Sinne beeinflußt. Auch das Kriegsbild der Zeitgenossen der Einigungskriege ist durch Kriegsbilder geprägt worden. Während aber die Zeitgenossen immerhin noch die Chance hatten, dieses Bild durch die persönliche Anschauung zu korrigieren, gab es für die Nachgeborenen schon gar keine andere Möglichkeit mehr, als sich an den gemalten oder gedruckten Abbildungen zu orientieren. Ungefähr so, wie diese Abbildungen den Krieg präsentiert haben, muß er von den Betrachtern imaginiert worden sein.65) In diesem Sinne ist die Geschichte der visuellen Kriegsdarstellungen, wie zuletzt noch Peter Paret vorgeschlagen hat66), auch als eine Vorstellungsgeschichte des Krieges im Medium des Bildes zu schreiben. Vor diesem Hintergrund erscheint es möglich, die im Zusammenhang mit den literarisch-publizistischen Quellen diskutierten Fragen ohne Vorbehalt auch an die bildlichen Darstellungen des Krieges heranzutragen.67) Das Problem der Heeresverfassung etwa kann sehr wohl auch mit visuellen Mitteln behandelt werden. Hier wäre beispielsweise danach zu fragen, welche Truppenteile bevorzugt gezeigt und welche anderen auffällig selten dargestellt werden; wie das Führungspersonal präsentiert wird und wie sich das Verhältnis von Offizieren und Mannschaften darbietet; wie der einzelne in Relation zur Gemeinschaft gezeigt wird und welche Formen das gemeinsame Agieren in größeren Verbänden annimmt. Der Themenkomplex Krieg und Nation findet in der gesamten Zeichnung der Armee seinen Niederschlag, in den Attributen, die den Soldaten beigegeben werden, und in den Mythen, welche die Bilder zwar nicht vollständig erzählen, auf die aber doch angespielt wird. Um diese nationale Selbstdefinition im Medium des Bildes zu entschlüsseln, wird der Vergleich mit den Deutungsmustern der literarisch-publizistischen Quellen sicherlich hilfreich sein, ohne daß aber der Fehler gemacht werden darf, die Aussagen beider Quellengruppen voreilig in eins zu setzen und damit die Eigengesetzlichkeit der visuellen Kommunikation zu unterschlagen. Die Bilder sind mehr als nur Illustrationen dessen, was im Medium der Sprache womöglich viel deutlicher und viel präziser zum Ausdruck gebracht werden kann.

65) Zur grundsätzlichen Bedeutung von Bildquellen für eine Geschichte des kollektiven Imaginären auch Jacques Le Goff, Phantasie und Realität im Mittelalter, Stuttgart 1990. 66) Peter Paret, Imagined Battles. Reflections of War in European Art, Chapel Hill, N.C./ London 1997.

67) Zur genaueren Kennzeichnung der verwendeten Bildsorten gehens bei der Bildanalyse siehe die einschlägigen Kapitel.

und des methodischen Vor-

Krieg und Bürger in der deutschen

Geschichte des 19. Jahrhunderts Profile einer ambivalenten Beziehung -

I. Medien der Kriegsdarstellung als Quellen einer Ideen- und Wahrnehmungsgeschichte des Krieges Seit es Kriege gibt, stellt sich das Problem ihrer Schilderung. Die Resultate der Schlachten und Feldzüge sollen den Interessierten bekanntgegeben, ganze Kriegsverläufe der Nachwelt überliefert werden. Schon in der Antike widmeten sich Autoren wie Herodot oder Livius der literarischen Bewältigung mehrjähriger Völkerkriege. Der Läufer von Marathon bezahlte die Überbringung der Botschaft vom Sieg der Griechen über die Perser mit seinem Leben. In den Zeiten geringer Schriftlichkeit war selbstverständlich auch der Kriegsbericht in erster Linie Aufgabe der mündlichen Kommunikation; er entzieht sich folglich weitgehend dem Zugriff des Historikers. Bei der Weitergabe der Nachrichten von Mund zu Ohr waren gewiß der gewollten und ungewollten Entstellung der Ereignisse keine Grenzen gesetzt. Lieder und Dichtungen trugen noch zusätzlich zur Stilisierung des Geschehens bei. Greifbar werden solche Darstellungen in stärkerem Maße seit der Erfindung des Buchdrucks. Seit dem 16. Jahrhundert liegen gedruckte Volkslieder, Pamphlete und Flugblätter vor; im 17. Jahrhundert wurden bereits Bilderbogen und Einblattdrucke als sogenannte „Neue Zeitungen" vertrieben. Propagandaabsichten der Kriegsparteien und das Interesse der Hersteller am Verkauf begehrter Informationen zum Kriegsgeschehen sind zumeist Motiv solcher Publikationen gewesen.1) Mit dem Entstehen von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung im 18. Jahrhundert wuchs auch der Wunsch nach deren Beeinflussung; wenn die öffentliche Meinung zu einem politischen Faktor wird, ist es wichtig, sie auf der eigenen Seite zu wissen. Friedrich der Große griff während der Schlesischen Kriege und während des Siebenjährigen Krieges oftmals selbst zur Feder, um die preußischen Zeitungen mit Kriegsberichten zu versorgen.2) Einige Jahrzehnte später perfektionierte Napoleon Bonaparte dieses System, indem er bei seinen Kriegszügen sogar eigene Felddruckereien mitführte, die für den nötigen Ausstoß an Flugblättern und anderem Propagandamaterial sorgten. Dabei übernahm der Feldherr auch persönlich die Autorschaft von Bulletins und Schlachtenbeschreibungen.3) Neben der offiziellen Berichterstattung traten

') Wilfried B. Lerg, Geschichte der Kriegsberichterstattung. Ein Literaturbericht, in: Publizistik 1992, S. 407. 2) Johann Gustav Droysen, Kriegsberichte Friedrichs des Großen aus den beiden schlesischen Kriegen, in: Militair-Wochenblatt, Beiheft VIII (1875), S. 238 ff.; ders. (Hg.), Die preußischen Kriegsberichte der beiden schlesischen Kriege, in: Militair-Wochenblatt, Beiheft IX (1876), S. 305; auch Friedrich Bertkau u.a., Kriegsberichterstattung, in: Walther Heide (Hg.), Handbuch der Zeitungswissenschaft, Bd. 2, Leipzig 1940, S. 2673 f. 3) Lorenz Fischaleck, Napoleon und die Presse, in: Zeitungswissenschaft 13 (1938),

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napoleonischen Kriege auch bereits erste eigenständige Kriegszeitungen hervor4), die sich zwar ebenfalls in den Dienst der Regierungen stellten, aber immerhin von der besonderen Initiative einiger Journalisten und Schriftsteller zeugten.5) So wurde in Berlin im Oktober 1805 im Schatten der während der

Schlacht von Austerlitz der „Telegraph" aus der Taufe gehoben, ein „Journal der neuesten Kriegsbegebenheiten"6), und Friedrich Schlegel begründete im Juni 1809 im Hauptquartier des Erzherzogs Karl die „Österreichische Zeitung", ein Blatt, das den Feldzug gegen Frankreich bis zur endgültigen Niederlage Österreichs mit Berichten und Proklamationen begleitete.7) Die Expansion des Zeitungsmarktes im Verlauf des 19. Jahrhunderts ließ die Zeitung zum maßgeblichen Medium der Kriegsberichterstattung werden. Dabei geht es nicht nur um quantitative Zuwächse, sondern auch um die grundlegende Neuheit, daß mit der Zeitung letztendlich ein Forum neutraler Berichterstattung geschaffen wurde. Trotz unterschiedlicher Eingriffsmöglichkeiten der Zensur und anderweitiger Manipulationen haben sich die meisten größeren Zeitungen im 19. Jahrhundert eine weitgehende Unabhängigkeit bewahrt. Im Kriegsfall druckten sie keine amtlichen Bulletins ab, sondern entsandten eigene Berichterstatter zu den Kriegsschauplätzen, die aufgrund selbständiger Beobachtungen zu den Kampfhandlungen Stellung nahmen.8) Die Konsequenzen dieser neuen Form der Berichterstattung wurden während des Krimkriegs besonders deutlich sichtbar9), als William Howard Russell für die Londoner Times von den Epidemien in den Lagern der Alliierten berichtete. Seine Reportagen von den katastrophalen hygienischen Bedingungen in den Trappenunterkünften schockierten die englische Öffentlichkeit so sehr, daß sich die Regie-

S. lOOf; Hermann Giehrl, Der Feldherr Napoleon als Organisator. Betrachtungen über seine Verkehrs- und Nachrichtenmittel, seine Arbeits- und Befehlsweise, Berlin 1911, S. 56. 4) Zur Zeitungsberichterstattung während der Befreiungskriege generell Jürgen Wilke, Der nationale Aufbruch der Befreiungskriege als Kommunikationsereignis, in: Ulrich Herrmann (Hg.), Volk Nation Vaterland, Hamburg 1996, S. 353ff. 5) Bertkau u.a., Kriegsberichterstattung, in: Heide (Hg.), Handbuch, Bd. 2, S. 2678; auch Friedrich Bertkau, Krieg und Presse, in: ebd., S. 2625, sowie Robert Schmelzer, Aus der Geschichte der Kriegsberichterstattung, in: Zeitungswissenschaft 15 (1940), H. 2, S. 70f. 6) Ursula E. Koch, Berliner Presse und Europäisches Geschehen 1871. Eine Untersuchung über die Rezeption der großen Ereignisse im ersten Halbjahr 1871 in den politischen Tageszeitungen der Reichshauptstadt, Berlin 1978, S. 48. 7) Ernst Behler, Friedrich Schlegel in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Reinbek 1978, S. 110. 8) Scott D. Denham, Visions of War. Ideologies and Images of War in German Literature Before and After the Great War, Bern u. a. 1992, S. 33. 9) In der Forschung ist der Krimkrieg als der erste .Pressekrieg' in der Geschichte bezeichnet worden. Siehe Thomas Dominikowski, .Massenmedien und .Massen'krieg. Historische Annäherungen an eine unfriedliche Symbiose, in: Martin Löffelholz (Hg.), Krieg als Medienereignis. Grundlagen und Perspektiven der Krisenkommunikation, Opladen 1993, S. 37. -

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rung zur nachdrücklichen Verbesserung der Versorgung ihrer Soldaten am Schwarzen Meer entschließen mußte.10) Russell, der auch nach dem Krimkrieg auf allen Kriegsschauplätzen der sechziger und siebziger Jahre anzutreffen war"), wurde zum Prototyp des zivilen Kriegsberichterstatters, des Zeitungsreporters auf dem Schlachtfeld. Zahllose Korrespondenten zogen in seinem Gefolge den Truppen nach und versuchten die Arbeitsweise ihres Vorbilds zu imitieren: unter Lebensgefahr einen Beobachtungspunkt in unmittelbarer Nähe des Schlachtfeldes erreichen, noch während der Kampfhandlungen oder in der Nacht darauf einen Bericht abfassen, diesen Bericht auf schnellstem Wege, sei es per Telegraph, sei es per Brief, der Heimatredaktion zuleiten. Im Amerikanischen Bürgerkrieg war die Nachfrage nach Kriegsnachrichten bereits so groß, daß es während der Kriegsjahre zu einer gewaltigen Aufblähung des Zeitungsmarktes in den USA kam.12) Louis M. Starr hat von dieser „news revolution" außerdem die Beobachtung abgeleitet, daß der Reporter anstelle des Herausgebers oder des politischen Essayisten zur Leitfigur des amerikanischen Journalismus avancierte.13) Im Krieg schlössen sich die Reporter zu einem Verband zusammen, den sie ironisch als „Bohemian Brigade"14) bezeichneten Ausdruck des Galgenhumors dieser häufig in Lebensgefahr schwebenden Journalisten. Zu ihren bekanntesten Vertretern gehörten Januarius A. MacGahan, die Brüder Vizetelly, Bennet Burleigh und Edmond O'Donovan.15) Die Reportagen der „Bohemians" informierten die amerikanischen Zeitungsleser so exakt über den Kriegsverlauf, daß eine große Schar von Schlachtfeldtouristen imstande war, aufgrund einer genauen Kenntnis der Truppenbewegungen rechtzeitig vor Eröffnung der Schlacht bei Bull Run in der Nähe des Kampfplatzes einzutreffen, um den ersten großen Sieg der Konföderierten als Augenzeugen zu verfolgen.16) Blieben solche Formen von Schlachtfeldtourismus auch selten, so war doch die Informationsdichte bemer-

l0) Phillip Knightley, The First Casualty. From the Crimea to Vietnam: The War Corresponas Hero, Propagandist, and Myth Maker, New York/London 1975, S. 9ff. ") Ebd., S. 5; John B. Atkins, The Life of Sir William Howard Russell. The First Special Correspondent, 2 Bde., London 1911, passim; Rupert Furneaux, The first war correspondent. William Howard Russell of „The Times", London u.a. 1945, passim. 12) Louis M. Starr, Bohemian Brigade. Civil War Newsmen in Action, Madison, Wise. dent

1987, S. XXII; zur Kriegsberichterstattung in den amerikanischen Zeitungen auch J. Cutler Andrews, The North Reports the Civil War, Pittsburgh, Pa. 1955; Bernard A. Weisberger, Reporters for the Union, Boston 1953; Emmet Crozier, Yankee Reporters 1861-65, New York/Oxford 1956. 13) Starr, Bohemian Brigade, S. XIII. 14) William C. Davis/Bell I. Wiley (Hgg.), Photographic History of the Civil War, Bd. 2, New York 1994, S. 119. 15) Frederick L. Bullard, Famous War Correspondents, New York 1974, S. 115ff., 192ff., 23 Iff. und 247 ff. 16) Ken Burns, The Civil War Der Amerikanische Bürgerkrieg, München 1992, S. 34. -

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kenswert, die von den Zeitungen in allen Teilen des Landes erzeugt wurde. Jeder, der lesen konnte, wußte, wie dick die Wände von Ford Sumter waren, schreibt Starr in zugespitzter Formulierung17), und er schlußfolgert daraus, daß erst die Zeitungen den Krieg zum „people's war"18) gemacht haben, zu einem Krieg also, in den die gesamte Nation involviert war.

der Nation in das Kriegsgeschehen ist also einerseits Medienrevolution des 19. Jahrhunderts, der zunehmenden LeiFolge der stungsfähigkeit der Medien bei der sprachlichen und bildlichen Vergegenwärtigung des Geschehens. Andererseits trägt umgekehrt aber auch der Prozeß der Nationalisierung von Staat und Gesellschaft seinerseits zur Verstärkung des Interesses der Bevölkerung an den Kriegsereignissen bei. Ein Krieg, den nicht Fürsten, sondern Nationen führen, wird für jeden Einwohner zur persönlichen Schicksalsfrage. Das Interesse jedes Mitgliedes der Nation und damit jedes Mitverantwortlichen für den Krieg wird von den Zeitungen genauso geweckt wie befriedigt. Erst die Zeitung stellt die Anbindung der Nation an den Krieg wirklich her.19) Die Berichterstattung zum Amerikanischen Bürgerkrieg repräsentiert den Stand der technischen Möglichkeiten, der auch für die Reichseinigungskriege in Deutschland zu veranschlagen ist mit der Einschränkung freilich, daß in Deutschland mit geringeren Ressourcen und stärkeren Eingriffen der Obrigkeit gerechnet werden mußte. Telegraphenkabel waren rar und zumeist der unmittelbaren militärischen Nutzung vorbehalten. Sogar während des großen Krieges gegen Frankreich durften die meisten deutschen Korrespondenten den Telegraphen nicht benutzen und blieben auf das zeitaufwendigere Versenden von Briefen angewiesen.20) Im Notfall wurden sogar Kurierdienste eingerichtet; die Nachricht von der Schlacht am Spicherer Berg wurde von Saarbrücken aus mit einer Stafette in die Redaktion der „Kölnischen Zeitung" gebracht.21) Es war ohnehin nicht einfach, überhaupt eine Zulassung zu den Hauptquartieren der Armeen zu erhalten, wo erfahrungsgemäß die meisten Informationen zusammenflössen.22) Gewöhnlich war fürstliche Protektion vonnöten, um hier zu Die

Einbeziehung

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17) Starr, Bohemian Brigade, S. 11. 18) Ebd., S. 350. 19) Zur Rolle von Alphabetisierung

und Zeitungslektüre im Prozeß der Nationalisierung siehe Otto Dann, Nationalismus und sozialer Wandel in Deutschland, in: ders. (Hg.), Nationalismus und sozialer Wandel, Hamburg 1978, S. llOff., sowie Benedict Anderson, Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts, Frankfurt/M. u.a. 1988, S. 41 u.S. 82. 20) Koch, Berliner Presse, S. 34 u. S. 194f. 21 ) Hans Wachenhusen, Aus bewegtem Leben. Erinnerungen aus dreißig Kriegs- und Friedensjahren, Bd. 2, Straßburg 1890, S. 274. 22) Von den Schwierigkeiten, eine Zulassung für die deutschen Hauptquartiere zu erhalten, berichtet der österreichische Korrespondent Heinrich Pollak in seinen Memoiren (R Heinrich [d.i. Heinrich Pollak], Erlebnisse eines Kriegskorrespondenten aus den Jahren 1859, 1866 und 1870, Wien 1908, bes. S. 273 ff.).

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reüssieren; viele Korrespondenten mußten sich ohne Anbindung an ein Haupt-

quartier durchschlagen oder sogar Informationen aus zweiter Hand verwenden. Besonders beliebt waren dabei die englischen Zeitungen, die ihren Berichterstattern zumeist die Nutzung von Telegraphenleitungen ermöglichen konnten.23) „Times" und „Daily News" wiesen das geringste „time lag" zwischen Ereignis und Abdruck der Nachricht auf und waren insofern eine beliebte Quelle für säumige Kollegen.24) Das relativ freie Herumziehen in den Kampfgebieten hatte zudem den Nachteil, die Berichterstatter immer wieder dem Spionageverdacht auszusetzen. Theodor Fontane ist das prominenteste Beispiel; er wurde am 5. Oktober 1870 in Domrémy bei Orléans als vermeintlicher Spion verhaftet und geriet für mehrere Wochen in französische Kriegsgefangenschaft.25) Bekannt wurde auch der Fall zweier Korrespondenten des „Gaulois" und des „Figaro", die zur Beobachtung der Schlacht von Wörth auf einem alten Turm Posten bezogen hatten und dort von den Deutschen, ebenfalls wegen des Verdachts der Spionage, in Haft genommen wurden.26) Noch schlechter erging es dem „Times"-Berichterstatter Pemberton, der am 1. September 1870 bei Douay von einer französischen Kugel getötet wurde.27) Trotz dieser Risiken und Schwierigkeiten rückte im Spätsommer 1870 ein beachtliches Heer deutscher Kriegsberichterstatter in Frankreich ein. Die Berliner „Nationalzeitung" beschäftigte während der sieben Kriegsmonate mehr als zehn Korrespondenten in Frankreich.28) Wenn die Zeitungen keine eigenen Reporter mit Kriegserfahrung aufbieten konnten, beauftragten sie oftmals schriftgewandte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mit der schwierigen Mission im Feindesland. Der Reichstagsabgeordnete Hans Blum, Sohn des Re23) Elisabeth Wentz, Die Behandlung des Deutsch-Französischen Krieges 1870-71 in der englischen Presse. Ein Beitrag zur Geschichte der Kriegsberichterstattung, Bd. 2, Würzburg 1940, S. 20 u. S. 52; zu den besonderen Leistungen der Londoner Nachrichtenagentur Reuter siehe Oskar Meding, Memoiren zur Zeitgeschichte, Bd. 1, Leipzig 1881, S. 330ff. 24) Nach Sedan informierte Bismarck infolgedessen zuerst die englischen Berichterstatter, die den Ausgang der Schlacht schneller als ihre Kollegen der europäischen Öffentlichkeit bekanntgeben konnten (Max Dittrich, König Albert und seine Sachsen im Felde 1849, 1866, 1870-1871, Berlin 31898, S. 74f). 25) Günter Jäckel, Fontane und der Deutsch-Französische Krieg 1870/71, in: Fontane-Blätter^ (1970), S. 99. 26) Paul Hassel, Der Gaulois in Worth, in: Grenzboten 29 (1870), Bd. 3, S. 340ff; auch William H. Russell, Kriegstagebuch, Leipzig 1874, S. 22f.; Adolf Kayser, Erlebnisse eines rheinischen Dragoners im Feldzuge 1870/71, Nördlingen 1889, S. 25 f.; Georg Müller, Kriegs-Erinnerungen eines Elsässers 1870-71, Weißenburg i.E. 1894, S. 192; Karl Klein, Fröschweiler Chronik. Kriegs- und Friedensbilder aus dem Jahre 1870, München 261910,

S. 141 ff. 27) Friedrich Bertkau u.a., Kriegsberichterstattung, in: Heide (Hg.), Handbuch, Bd. 2, S. 2681; auch Constantin von Voigts-Rhetz, Briefe aus den Kriegsjahren 1866 und 1870/71, Berlin 1906, S. 109; Ernst Freiherr von Plener, Erinnerungen, Bd. 1, Stuttgart/Leipzig 1911, S. 251. 28) Koch, Berliner Presse, S. 69.

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volutionärs Robert Blum, ließ sich von der Familienzeitschrift „Daheim" in Dienst nehmen;29) Gustav Freytag reiste für die „Grenzboten" nach Frankreich und durfte sich dem Hauptquartier des preußischen Kronprinzen anschließen.30) Die „Kölnische Zeitung" entsandte Hans Wachenhusen, der schon 1864 in Schleswig gewesen war und den Sturm auf die Düppeler Schanzen von einem Signalturm aus mit dem Fernrohr beobachtet hatte.31) Der Historiker Paul Hassel, Dozent an der Berliner Universität, schrieb für den „Königlich Preußischen Staats-Anzeiger" und für die „Nationalzeitung"32); Ludwig Pietsch, Journalist und Zeichner, belieferte die „Vossische Zeitung"33), während die „Augsburger Allgemeine Zeitung" einmal mehr der Erfahrung Friedrich Wilhelm Hackländers vertraute, der schon 1849 und 1859 aus Italien berichtet hatte.34) Im elsässischen Merzweiler wurde 1870, gewissermaßen als Pendant zur amerikanischen .Bohemian Brigade', von Pietsch, Hassel und Freytag scherzhaft ein „Hauptquartier für deutsche Litteratur und Kunst" ein-

gerichtet.35)

Die gewährte oder verweigerte Zulassung der Berichterstatter zu den Hauptquartieren kann als Mittel indirekter Pressezensur interpretiert werden. Darüber hinaus kamen auch direkte Zensurmaßnahmen zum Tragen. In der hektischen Phase der Mobilmachung wurden kritische Blätter mit Verboten belegt. Heinrich von Sybel berichtet von der Beschlagnahme ultramontaner und demokratischer Zeitungen in Bayern.36) Das herrschende Presserecht hielt die Möglichkeit bereit, durch den Entzug der Konzession oder die Verweigerung des Postvertriebs unliebsame Publikationen sehr schnell zum Verstummen zu bringen. Zusätzlich wurde mit Sondermaßnahmen auf die Presse Einfluß genommen; so verbot ein Dekret vom Januar 1871 allen Soldaten die Lektüre der oppositionellen „Berliner Volkszeitung"37). Diesen Formen der Unterdrückung gesellten sich Maßnahmen der aktiven Presselenkung bei. Bismarcks Pressestelle, das von Moritz Busch geleitete „Litterarische Büro", versorgte nicht nur

29) Hans Blum, Lebenserinnerungen, Bd. 1, Berlin 1907, S. 305. 30) Ernst Deuerlein (Hg.), Die Gründung des Deutschen Reiches 1870/71

in

Augenzeugen-

berichten, München 1977, S. 70. 31 ) Hans Wachenhusen, Vor den Düppeler Schanzen. Skizzen aus den preußischen Vorposten-Lagern, Berlin 1864, S. 78 f. 32) Paul Hassel, Von der dritten Armee. Kriegsgeschichtliche Skizzen aus dem Feldzuge von 1870-71, Leipzig 1872, S. XL 33) Annegret Fleer, Der deutsche Kriegsbericht und die Kriegsberichterstatter in den deutschen Einheitskriegen. Ein Beitrag zur Geschichte des Kriegsberichtes, Diss. Berlin 1944, S. 121.

34) Ebd., S. 13 ff.; auch Friedrich Wilhelm Hackländer, Der Roman meines Lebens, Bd. 2, Stuttgart 21879, S. 251 ff. u. 268 ff. 35) Ludwig Pietsch, Von Berlin nach Paris. Kriegsbilder (1870-1871), Berlin 1871. 36) Heinrich von Sybel, Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I., Bd. 7, München/Leipzig 41894, S. 361. 37) Kaiser Friedrich III., Das Kriegstagebuch von 1870/71, Berlin/Leipzig 1926, S. 312.

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regierungstreue Blätter wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" mit Informationen38), sondern nahm auch, teils von Schmiergeldern unterstützt, auf andere Zeitungen Einfluß.39) Dennoch sollte man das Ausmaß der Pressemanipulation in der Zeit der Einigungskriege nicht überschätzen.40) Die Zensur steckte einen Rahmen ab, der immer noch eine so große Bandbreite möglicher Äußerungen zuließ, daß die tatsächlich von den Zeitungen eingenommenen Standpunkte signifikant blieben. Von einer simplen Wiedergabe offiziell vorformulierter Sprachregelungen konnte keine Rede sein. Im übrigen mußten die meisten Zeitungen im Jahr 1870 zu einem nationalistischen und kriegsfreundlichen Kurs keineswegs gezwungen werden, sie wählten ihn aus freiem Entschluß.41) Die Kriegsberichterstattung in der Phase der Reichseinigungskriege ruhte

also in erster Linie auf den Schultern der Journalisten; die Zeitungen berichtein einem zeitlichen Abstand von oft nur drei oder vier Tagen von den Kriegsereignissen und wurden von den Zeitgenossen als bevorzugtes Auskunftsmittel genutzt. Eine Wahrnehmungsgeschichte der Einigungskriege fragt aber nicht nur nach der Kriegsberichterstattung im engeren Sinne, sie nimmt auch jede andere Form der Kriegsdarstellung in den Blick, die Rückschlüsse auf Wahrnehmungs- und Deutungsmuster erlaubt. Damit weitet sich die Geschichte der Kriegsberichterstattung zu einer Geschichte der Kriegsdarstellung in den unterschiedlichsten Medien aus. Kriterium bei der Auswahl dieser Medien muß ein klarer, wenn auch niemals ganz eindeutiger Bezug zum bildungsbürgerlichen Publikum sein. Die Erörterung der einzelnen Medien der Kriegsdarstellung ist im Sinne der ideen- und wahrnehmungsgeschichtlichen Fragestellung gleichzeitig Präsentation und Diskussion des verwendeten Quellenmaterials. Die Darstellungsweisen in den verschiedenen Medien werden auf das Bild hin befragt, das sie vom Krieg zeichnen und vermitteln. Jede Darstellung ist Bestandteil der öffentliten

38)

Moritz Busch, Tagebuchblätter, Bd. 1, Leipzig 1899, S. 2; in der Forschung Lothar Gall, Bismarck. Der weiße Revolutionär, Frankfurt/M. u.a.51981, S. 266; Richard Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes. Methoden staatlicher Pressepolitik nach der Revolution von 1848, Tübingen 1995, S. 135 ff. 39) Michael Hughes, Nationalism and Society. Germany 1800-1945, London u.a. 1988, S. 125. 40) Zumal schon pragmatische Gründe die ständig wachsende Menge der Zeitungen, der Zeitmangel bei der Kontrolle eine wirkungsvolle Aufsicht nahezu unmöglich machten. Siehe Wolfram Siemann, Ideenschmuggel. Probleme der Meinungskontrolle und das Los deutscher Zensoren im 19. Jahrhundert, in: HZ 245 (1987), S. 104. Daß das .Bundespreßgesetz' von 1854 schon aufgrund der Sonderregelungen in den verschiedenen Einzelstaaten relativ .zahnlos' blieb, hat neuerdings noch einmal Richard Kohnen festgestellt (Kohnen, Pressepolitik des Deutschen Bundes, S. 54 u. 66). 41 ) Zu diesem Urteil kommt auch Wolfgang J. Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850 bis 1890, Berlin 1993, S. 233. -

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chen Präsentation des Krieges und insofern auch Element seiner Deutungskultur. Daß den Zeitungen hierbei eine entscheidende Rolle zuwächst, steht außer Frage; mehr als die anderen Formen der Kriegsdarstellung, mehr als Memoiren und Kriegsbücher, mehr als Reden und Vorträge, mehr als Gemälde und Fotografien tragen sie zur Konstruktion des Bildes bei, das die Gebildeten sich vom Krieg machen. Der Rolle und Funktion der Zeitungen während der Einigungskriege muß also noch ein genauerer Blick gehören. Voraussetzung für die Lektüre von Zeitungen ist selbstverständlich Lesefähigkeit. In Preußen hatte die allgemeine Schulpflicht die Alphabetisierungsquote bei den Heranwachsenden in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts bereits auf etwa 91% eines Jahrgangs hochgetrieben42); bezogen auf die Gesamtbevölkerung kann von einem Verhältnis von potentiellen Lesern zu NichtLesern wie 3:1 gesprochen werden.43) Aus dieser Alphabetisierungsquote resultierte zwar durchaus auch eine „Leserevolution"44), doch das regelrechte Halten einer Zeitung blieb aus Kostengründen zunächst weiterhin den begüterten Schichten vorbehalten. Wer sich ein Abonnement nicht leisten konnte, hatte allerdings noch die Chance, in Cafehäusern, Bibliotheken oder Lesegesellschaften verschiedene Blätter einzusehen. Zur Jahrhundertmitte, urteilt Rolf Engelsing, war das Halten einer Zeitung im deutschen Mittelstand noch unüblich, erst seit der Reichsgründung begann es langsam dazuzugehören', zum Regelfall zu werden.45) So nehmen sich die Auflagenhöhen der deutschen Zeitungen in den sechziger Jahren noch recht bescheiden aus. Die „Vbssische Zeitung" wurde 13 OOOmal gedruckt, die „Nationalzeitung" brachte es nur auf 8500 Exemplare; zu den Spitzenreitern gehörten die „Berliner Vblkszeitung" mit 22000 Exemplaren und die „Kölnische Zeitung", die immerhin 17000 zahlende Leser hatte.46) Zieht man zum Vergleich die Auflagenhöhen englischer Zeitungen heran, dann zeigt sich, daß in Großbritannien die Entwicklung zum Massenblatt bereits sehr viel früher einsetzte; Zeitungen wie die „Daily News" oder der „Daily Telegraph" erreichten schon am Ende der fünfziger Jahre Auflagenhöhen von 150000 bzw. 200000 Exemplaren.47) In Deutschland hinge-

42)

Rolf Engelsing, Analphabetentum und Lektüre. Zur Sozialgeschichte des Lesens in Deutschland zwischen feudaler und industrieller Gesellschaft, Stuttgart 1973, S. 103. 43) Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, München61993, S. 587. **) Ebd., S. 589. 45) Wolfgang von Ungern-Sternberg, Medien, in: Christa Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III: 1800-1870. Von der Neuordnung Deutschlands bis zur Gründung des Deutschen Reiches, hg. von Karl-Ernst Jeismann und Peter Lundgreen, München 1987, S. 399. 46) Ebd., S. 398f.; ähnliche Zahlen nennt Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Dritter Band: Von der „Deutschen Doppelrevolution" bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1849-1914, München 1995, S. 438. 47) Richard D. Altick, The English Common Reader. A Social History of the Mass Reading Public 1800-1900, Chicago/London 1957, S. 355.

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gen blieben die Zeitungen bis 1871 zumindest auf der Ebene von Kauf und Abonnement ein relativ exklusives Medium, das sich primär an die Mitglieder der begüterten städtischen Bildungsschicht richtete. Die „bürgerliche Bildungs- (und Ober-)schicht, vornehmlich der Stadt", ist fraglos der „Kern, von dem die Leserevolution ausgeht und sich verbreitet"; doch „ihre Literatur ist im Gegensatz zur Hof- und Gelehrtenliteratur der alten Welt ausbreitungs-, ist ,sinkfähig'"48). Schrittweise werden seit der Jahrhundertmitte die Mittel- und schließlich auch Teile der Unterschichten an die Lesekultur herangeführt. Nach der Rolle der Zeitungen in den Reichseinigungskriegen zu fragen, heißt nicht nur, die Leistungen auf dem Gebiet der Kriegsberichterstattung zu beschreiben. Auch in anderer Form nahmen die Zeitungen auf das Kriegsgeschehen Einfluß. Schon beim Ausbruch des deutsch-französischen Krieges im Juli 1870 spielten die Zeitungen eine wichtige Rolle. Bismarck ließ die von ihm redigierte Emser Depesche in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" abdrucken und löste damit den bekannten Protest in der französischen Öffentlichkeit aus. Napoleon III. hat nach dem verlorenen Krieg sein Verhalten in der Julikrise häufig damit gerechtfertigt, daß die öffentliche Meinung in Frankreich, hauptsächlich repräsentiert von den Pariser Zeitungen, soviel Öl in das Feuer des Konflikts um die spanische Thronkandidatur gegossen hätten, daß ihm fast gar nichts anderes mehr übriggeblieben sei, als Preußen den Krieg zu erklären. Handelt es sich hierbei auch gewiß um eine nachträgliche Stilisierung der tatsächlichen Abläufe49), so bleibt doch unbestritten, daß die Emser Beleidigungsaffäre in ganz entscheidendem Maße von den Zeitungen ,gemacht' wurde. Der Krieg von 1870/71 gehört zu den ersten Kriegen in der Geschichte, die von Beginn an von der öffentlichen Meinung begleitet und beeinflußt wur-

den.50)

In der zweiten Phase des Krieges, als die französische Regierung der nationalen Verteidigung den uneingeschränkten Volkskrieg proklamierte, wurden die propagandistischen Möglichkeiten der Zeitung noch einmal weidlich ausgenutzt. Die Presse sollte das Nationalbewußtsein der Franzosen stärken und sie zu Widerstandsaktionen gegen die deutschen Invasoren anstacheln. Gambettas neue „levée en masse" wäre ohne die Werbetrommel der von den großen Städten bis in die Provinz hineinwirkenden Zeitungen gar nicht möglich gewe-

48) Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 588. 49) E. M. Carroll hat nachgewiesen, daß die öffentliche Meinung in Frankreich während der Julikrise geteilt war. Den (häufig von der Regierung bezahlten) Kriegsbefürwortern standen durchaus auch Kriegsgegner von ähnlichem Gewicht gegenüber: „Public opinion was not so clearly in favor of war as has been generally believed; the government anticipated and even manufactured opinion rather than followed it" (E. M. Carroll, French Public Opinion on War with Prussia in 1870, in: American Historical Review 31 (1925/26), S. 679). 50) Siehe auch Martin Winckler, Die Rolle der Presse bei der Vorbereitung des deutsch-französischen Krieges 1870/71, in: Presse und Geschichte. Beiträge zur historischen Kommunikationsforschung, München 1977, S. 171 ff.

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Auch den deutschen Beobachtern fiel auf, daß die Renitenz der französischen Zivilbevölkerung immer dort am größten war, wo insbesondere die Pariser Zeitungen ihre Wirkung entfalteten.51) Dabei konnte man im Jahre 1870 durchaus schon auf Erfahrungen zurückblicken, die während des deutschen Krieges von 1866 mit den propagandistischen Möglichkeiten der Presse gemacht worden waren. Preußische und österreichische Zeitungen überboten sich in Verunglimpfungen des Kriegsgegners und Schuldzuweisungen an die Adresse der feindlichen Regierung. Hans Viktor von Unruh, Mitbegründer der Nationalliberalen Partei, beobachtete in Berlin die besonderen Maßnahmen, die auf preußischer Seite zur nochmaligen Steigerung dieser propagandistischen Effekte eingesetzt wurden:

sen.

Wesentlich gehoben wurde die Stimmung im Publikum durch die Artikel der österreichischen Zeitungen, auch der offiziösen, worin gesagt wurde, Preußen sei ein Störenfried in Deutschland, seine Macht müsse für immer gebrochen und es ihm unmöglich gemacht werden, sich gegen die Präsidialmacht Oesterreich aufzulehnen. Die Berliner Zeitungen teilten Auszüge aus diesen Artikeln mit, die jedem Preußen klar machten, daß es sich um die Existenz des Staats handle, um den Verlust dessen, was Preußen seit dem Großen Kurfürsten gewonnen hatte. Der Prinz Friedrich Karl hat später nach dem Einrücken in Böhmen solche Aussprüche der österreichischen Zeitungen auf kleine Blättchen metallographiren und unter die Truppen verteilen lassen. Ein Neffe von mir, der bei der Armee in Böhmen stand, schickte mir ein solches Blättchen und bemerkte, daß dasselbe auch auf die Mannschaft vortrefflich gewirkt habe. Allerdings ist das nur bei einer Armee möglich, die lesen kann.52)

Die Zeitungen begnügten sich nicht damit, den Gegner einfach zu denunzieren, sie druckten auch dessen Denunziationen des eigenen Landes ab, um die Stimmung zusätzlich anzuheizen. Wut und Erbitterung über die Unterstellungen des Feindes sollten einen Haß schüren, der allein mit den Mitteln der eigenen Propaganda niemals so wirkungsvoll herstellbar gewesen wäre. Die preußische Armeeführung überbot dieses Verfahren noch einmal, indem sie die verleumderischen Artikel der feindlichen Blätter sogar auf gesonderte Handzettel drucken ließ, die an die Feldsoldaten verteilt wurden. Jeder Soldat, der lesen konnte und das war in der preußischen Armee die überragende Mehrheit wurde auf diesem Wege zusätzlich indoktriniert. Preußen nutzte den Alphabetisierungsgrad seiner Bevölkerung und Armee zur Steigerung der Effizienz seiner Propaganda aus. Die Zeitungen des Kriegsgegners wurden aber nicht nur zur Kenntnis genommen, um sie propagandistisch auszuschlachten, sie lieferten auch wichtige Informationen über Strategien und Absichten des Feindes. Obwohl die Regierungen versuchten, die Zeitungen an der Verbreitung von Nachrichten zu hindern, die dem Kontrahenten militärische Vorteile verschaffen könnten53), ließ sich das Durchsickern solcher Informationen nie gänzlich unterbinden. Die -

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51)

Adolf Kayser, Erlebnisse eines rheinischen

1889, S. 182.

52) 53)

Dragoners im Feldzuge 1870/71, Nördlingen

Hans Viktor von Unruh, Erinnerungen, Stuttgart u.a. 1895, S. 253. Adolf Schaal, Unterm Roten Kreuz 1870/71, Stuttgart 1895, S. 11.

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deutsche Armeeführung nutzte die französische Presse 1870/71 immer wieder als Quelle zur Aufklärung feindlicher Truppenbewegungen.54) Während der Belagerung von Paris ließ sich das deutsche Oberkommando regelmäßig mit den Zeitungen der Hauptstadt versorgen, die von Spionen herangeschafft wurden.55) Diese Blätter berichteten, wie auch immer verzerrt, von den Plänen der französischen Regierung und der Stimmungslage in der Bevölkerung. Wer zwischen den Zeilen lesen konnte, gewann Aufschluß über die Chancen von Widerstand und Kapitulation. Von einer besonders zynischen Variante dieses ,Feind liest mit'-Spiels berichtet der preußische Generalstäbler Verdy du Vernois in seinen Memoiren. Als im Januar 1871 das Bombardement der Hauptstadt aufgenommen wurde, informierten sich die Belagerer aus den Pariser Zeitungen darüber, wo ihre Granaten eingeschlagen waren.56) Man feuerte blind in die Stadt hinein und erfuhr bei der Zeitungslektüre, wen oder was man getroffen hatte; denkbar wurde eine Ausrichtung der Geschütze an den Orientierungspunkten, die von der französischen Presse unfreiwillig angegeben wurden. Waren die Zeitungen auch in verschiedener Weise unmittelbar in das Kriegsgeschehen einbezogen, ihre wichtigste Funktion blieb doch die Information der Heimat, die Kriegsberichterstattung für diejenigen, die zu Hause geblieben waren und nur aus der Presse etwas über die Kampfhandlungen in Erfahrung brinkonnten. die Nation an den Krieg anzubinden, mußte mit Der gen Anspruch, und schnellen Informationsflüssen möglichst möglichst umfassender Berichtwerden. Jeder erstattung eingelöst Zeitungsleser sollte ein Mitglied der Nation und insofern zumindest ein imaginärer Kriegsteilnehmer sein. Etliche Zeugnisse aus der Zeit der Einigungskriege belegen, daß diese Gleichung bei vielen Zeitgenossen aufging. So berichtet Rudolf von Jhering, Juraprofessor in Gießen, daß er im Sommer 1866 so stark von den Kriegsereignissen in Anspruch genommen war, daß er über der Lektüre der Zeitungen sogar das „Präparieren auf die Vorlesungen"57) versäumt habe. Schließlich steigerte sich die Beschäftigung mit dem Krieg und den Zeitungen zu einer regelrechten Manie. Jhering mußte Ende August seinem Freund Oskar Bülow gestehen: Seit 5 Wochen tue ich nichts, gar nichts; denn wenn ich einmal ein wissenschaftliches Buch zur Hand nehme, sind meine Gedanken nicht bei ihm, sondern bei dem Kriege. Um 7 Uhr morgens bekomme ich das Morgenblatt der „alten" Presse, kurz nachher das der „neuen", mittags 2 Uhr die Allgemeine Augsburger Zeitung, nachmittags gegen 5 die Abendblätter der beiden genannten Zeitungen. In der Zwischenzeit gehe ich gewöhnlich noch in die Stadt,

54)

Julius Hartmann, Erlebtes aus dem Kriege 1870/71, Wiesbaden 21885, S. 130; Paul Bronsart von Schellendorff, Geheimes Kriegstagebuch 1870-71, Bonn 1954, S. 277. 55) Leonhard Graf von Blumenthal, Tagebücher aus den Jahren 1866 und 1870/71, Stuttgart/Berlin 1902, S. 133. 56) J. von Verdy du Vernois, Im Großen Hauptquartier 1870/71. Persönliche Erinnerungen, Berlin 31896,S. 268. 57) Rudolf von Jhering, R. v. J. in Briefen an seine Freunde, Leipzig 1913, S. 208.

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entweder auf dem Klub sonstige Zeitungen zu lesen, oder in einem hiesigen Kaffeehause die dort angeschlagenen neuesten Depeschen zu erfahren. Was ich außerdem noch tue, ist Essen, Trinken, Schlafen und unausgesetztes Denken über den Krieg und seine Folgen, und in dem Maße hat mich dieses Denken und Grübeln gepackt, daß es mich selbst im Schlaf und Traum nicht losläßt, denn sooft ich in der Nacht aufwache (was mir jetzt in der Aufregung oft passiert), betreffe ich mich im Kriege.58) um

Die unausgesetzte Zeitungslektüre zieht den Leser so stark in das Geschehen hinein, daß ihn der Krieg selbst in seinen Träumen nicht mehr losläßt. Wer die Kriegsereignisse so intensiv verfolgt, der kann mit Recht von sich behaupten, den Krieg quasi miterlebt zu haben. Jhering fühlt sich vier Jahre später, während des deutsch-französischen Krieges, schon fast wie ein Feldsoldat, wenn er beschreibt, wie der „jetzige Krieg", den er „auf dem Zimmer verlebt habe", ihn ,,verwilder[n]" ließ: „Wie habe ich mich geweidet an der Demütigung der Franzosen, wie habe ich ihnen aus innerster Seele alles Schlechte gegönnt und gewünscht. Es ist nicht gut für den Menschen, wenn er öfter einen solchen Krieg mitmacht hoffentlich ist es für mich der letzte."59) Der Schlußsatz macht keinen Unterschied mehr zwischen der Kriegserfahrung des Soldaten und derjenigen des Zeitungslesers. Auch die Kräfte des Lesers sind verbraucht, auch er wird keinen weiteren Feldzug durchstehen können. Gewiß sind solche Exzesse bei der Zeitungslektüre die Ausnahme gewesen. Auch wenn Heinrich von Treitschke, der 1870/71 Geschichtsprofessor in Freiburg war, und Felix Dahn, Jurist, Schriftsteller und Hochschullehrer in Würzburg, von ähnlichen Erfahrungen berichten60), bleibt doch der Einwand bestehen, daß hier von der akademischen Freiheit profitiert wurde oder doch zumindest ein besonderes politisches Interesse und eine besondere Lektürefähigkeit vorausgesetzt werden müssen. Der gewöhnliche, wenn auch gebildete Zeitungsleser wird den Krieg als Medienereignis nur in weit abgeschwächter Form zur Kenntnis genommen haben. Dennoch bleibt das Verhalten der Jhering, Treitschke und Dahn beispielhaft, denn es realisierte konsequent die Möglichkeiten, die von der neuen Häufigkeit und Intensität der Kriegsberichterstattung geschaffen wurden. Sie waren gewissermaßen die idealen Zeitungsleser, die idealen Medienkonsumenten, die radikal umsetzten, was von anderen Zeitgenossen nur bruchstückhaft realisiert werden konnte. Zeitungen wurden nicht nur in der Heimat gelesen, sie waren auch im Feld ein begehrtes Gut. Der bequemste Weg, sich in den Besitz dieses Gutes zu versetzen, war der Postweg; zu den Leistungen der Feldpost gehörte auch die Beförderung von Zeitungen. Ein Kriegsfreiwilliger berichtet, welch ein Segen der Zeitungsdienst der Feldpost für viele Soldaten war: -

58) Ebd., S. 251 f. 59) Ebd., S. 259. 60) Heinrich von

Treitschke an Hermann Baumgarten (18.8. 1870), in: Heinrich von Treitschke, Briefe, Bd. 3, Leipzig 1917/1920, S. 284; Felix Dahn, Erinnerungen. Viertes Buch: Würzburg Sedan Königsberg (1863-1888), 1. Abtheilung, Leipzig 1894, S. 62f. -

-

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Eine Wohlthat war's, daß die allzeit prompte Feldpost uns ziemlich regelmäßig mit den Tagesblättern, auf die man abonniert war, versorgte. Nationalzeitung, Kölnische, Post, Kreuzund Nordd. Allgem. Zeitung, einige Provinzialblätter, ja auch die Leipziger und Stuttgarter Illustrierte Zeitung kamen immer 4 bis 5 Tage nach ihrem Erscheinen in unsere Hände und versorgten uns mit der Kenntnis dessen, was in der Ferne und in unserer unmittelbaren Nähe, in der großen Politik und auf dem Kriegsschauplatz vorgegangen war.61)

im Krieg von 1870/71 laut Auskunft des Großen Generalstabswerks allein von der Norddeutschen Feldpost 2354310 Zeitungen nach Frankreich expediert.62) Rechnet man die Werte der süddeutschen Postanstalten hinzu63), so ergibt sich eine Gesamtzahl von ungefähr drei Millionen beförderten Blättern. Auch wenn sicherlich nur die Offiziere und die wohlhabenderen Soldaten imstande waren, sich regelmäßig Zeitungen zusenden zu lassen, bestand doch prinzipiell für jeden lesefähigen Armeeangehörigen die Möglichkeit, irgendeine Zeitung zu ergattern. Oftmals wurden die Blätter nach der Lektüre an den nächsten Interessenten weitergegeben;64) viele Soldaten lasen ihren Kameraden auch aus der Zeitung vor.65) Das, Wandern' der Zeitungen von den Offizieren zu den Mannschaften gehörte fast schon zu den Gepflogenheiten des Lebens im Feld.66) Die deutschen Zeitungsverleger erkannten die geschäftlichen Chancen, die der Krieg bot. Sie offerierten den Feldsoldaten Abonnements und garantierten die Zuverlässigkeit der Zustellung. Die Namen bekannter Kriegsberichterstatter warben für den Kauf einer stets bestens informierten Zeitung. Zusätzliche Reklame versprach man sich von der kostenlosen Belieferung der Lazarette.67) Die Versorgung der Verwundeten mit Lesestoff zeugte genauso von Humanität wie von aufrechter nationaler Gesinnung; außerdem bestand Aussicht, daß die Blessierten sich an eine Zeitung gewöhnten und sie auch nach dem Feldzug nicht mehr missen wollten. Einige Memoirenschreiber haben penibel registriert, welche Blätter sich in den Lazaretten der größten Beliebtheit erfreuten. Der Feldarzt Vormeng bemerkte ein besonderes Interesse an der Kölnischen

Insgesamt wurden

61) Vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen im Gardefüsilierregiment, München 21896 (1. Aufl. Stuttgart 1871), S. 142. 62) Der deutsch-französische Krieg 1870-71. Redigirt von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des großen Generalstabes, Bd. 11,3, Berlin 1874, S. 1457. «) Ebd„S. 1457f. M) G. Türk (Hg.), Feldpostbriefe eines vermißten ehemaligen Afraners aus dem Kriege

1870, Leipzig 1893, S. 62; Hermann Tiedemann, Erinnerungen aus dem Kriege gegen Frankreich 1870-71, Bergedorf 1909, S. 36; Karl Sander, Bergische Jonges. Ernste und heitere Erlebnisse aus dem Feldzuge 1870-71 im X. Armeekorps, Elberfeld 1914, S. 74. 65) F. Hex, Vor Straßburg. Erinnerungen aus dem Jahre 1870, Straßburg 1895, S. 26. 66) Hanns von Zobeltitz, Im Knödelländchen und anderswo. Lebenserinnerungen, Bielefeld/Leipzig 1916, S. 74. 67) A. Ruppersberg, Saarbrücker Kriegs-Chronik. Ereignisse in und bei Saarbrücken und St. Johann, sowie am Spicherer Berge 1870, Saarbrücken 1895, S. 250; G. Huyssen, Bilder aus dem Kriegsleben eines Militärgeistlichen. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des deutschfranzösischen Krieges von 1870-71, Berlin 6o.J., S. 76.

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Zeitung, an der Norddeutschen Allgemeinen und, bis sie in Mißkredit geriet, an der Berliner Vblkszeitung;68) der Feldgeistliche Schuster erkannte in den Illustrierten Zeitungen sofern sie auch Kriegsbilder abdruckten die Favoriten der Soldaten. Grundsätzlich aber galt, daß alle neuen Zeitungen, von der Kölnischen über die Kreuzzeitung bis zu den Lokalblättern aus den Heimatstädten der Soldaten, in den Lazaretten regelrecht umlagert wurden.69) Manchem Leser konnte es dabei passieren, seine eigenen Briefe in der Zeitung abgedruckt zu finden.70) Viele Familien, die Post von ihren in Frankreich stationierten Söhnen erhielten, gaben die Briefe an die Lokalzeitungen weiter, um die Öffentlichkeit der Stadt über das Schicksal des Eingezogenen zu informieren. Die Zeitungen waren gerne bereit, ihre Spalten für die Kriegsberichte -

-

der Söhne der Stadt zu öffnen; liefen die Blätter dann nach Frankreich zurück, konnte es geschehen, daß ein Soldat sich vor das Problem gestellt sah, seinen eigenen Schilderungen Informationen über die Kriegsereignisse entnehmen zu sollen. Solche Formen der Rückkopplung gehörten für die professionellen Kriegsberichterstatter zum Alltag.71) Sie belieferten die Zeitungen mit Informationen, die sie von Offizieren und Soldaten erhalten hatten, die anschließend in den nachgeschickten Zeitungen die fertigen Berichte lasen und sich daran aufs neue ihre Meinung bildeten. Die Wahrnehmung der Kriegsereignisse konnte den Teufelskreis der Zeitungsberichterstattung selten durchbrechen. Bei der Lektüre von Briefen der Kriegsteilnehmer an ihre Gatten und Familien fällt immer wieder auf, daß die Soldaten mit Absicht darauf verzichten, von den Kriegsereignissen zu berichten. Die Zeitungen, so die stereotype Begründung, hätten die Daheimgebliebenen längst so ausführlich über die Ereignisse in Kenntnis gesetzt, daß es völlig müßig sei, noch weitere Informationen nachliefern zu wollen. „Ueber die Lage der Dinge vor Paris seid Ihr wahrscheinlich besser, jedenfalls eben so gut unterrichtet wie ich; deshalb hieße es Eulen nach Athen tragen, wollte ich hierüber ein Wort weiter verschwenden"72), schreibt Georg Berlit, Einjährig-Freiwilliger im 88. Regiment, während der Belagerung von Paris lakonisch an seine Familie; Georg Niethammer, Enkel des schwäbischen Dichters Justinus Kerner, teilt seiner Mutter mit, daß

68)

K. Vormeng, Erlebnisse eines Arztes aus der französischen Kriegs- und OccupationsZeit 1870-1871, Berlin 1892, S. 59; Ernst Stier führt bei seiner Aufzählung der beliebtesten Zeitungen bei der deutschen Armee neben der Kölnischen auch die Augsburger Allgemeine Zeitung an (Ernst Stier, Unter Prinz Friedrich Karl. Erlebnisse eines Musketiers vom X. Armeekorps im Feldzuge 1870/71, München 21891, S. 139). 69) Richard Schuster, Erlebnisse und Beobachtungen eines deutschen Feldgeistlichen während des Krieges 1870-71, Darmstadt 1871, S. 59. 70) S. Husser, Erlebnisse eines badischen Trainsoldaten im Feldzuge 1870/71, Karlsruhe 1895, S. 82. 71 ) Wachenhusen, Aus bewegtem Leben, Bd. 2, S. 260. 72) Alfred Berlit, Vor Paris und an der Loire 1870 und 1871. Feldpostbriefe des ReserveLieutenants im 83. Rgt. Alfred Berlit und des einjährig Freiwilligen im 88. Rgt. Georg Berlit, Kassel 1872, S. 80 f.

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sie „den Bericht von der Schlacht bei Wörth [...] gelesen haben"73) wird und folglich jedes weitere Wort von seiner Seite überflüssig sei. Der westfälische Infanterist Gustav Fischer, der die in Frankreich ergatterten Zeitungen in den Schäften seiner Stiefel aufbewahrt und die Artikel so oft liest, bis er sie fast auswendig kennt74), leitet seine Bemerkungen zum Kriegsgeschehen gern mit der Formel ein „Ihr werdet schon aus den Zeitungen wissen ."75). Die Kriegsberichterstattung der Zeitungen ist offenbar so leistungsfähig, daß die Briefschreiber von eigenen Schilderungen absehen. Die Berichte sind früher in den Zeitungen, als die Postsendungen der Soldaten in der Heimat eingetroffen sein können, und die Reportagen sind so anschaulich und lückenlos, daß weitere Auslassungen wie Verschwendung erschienen. Umgekehrt: Die Heimat weiß nicht nur längst, was der Soldat vermelden könnte, sie verfügt auch über Nachrichten, die der Soldat noch nicht kennt. Dadurch wird es für den Soldaten interessant, aus der Heimat informiert zu werden. Der Zeitungsleser in Deutschland kann den Feldzugsteilnehmer in Frankreich über das Kriegsgeschehen in Kenntnis setzen. Zahllose Kommentare der Kriegsteilnehmer bezeugen diesen paradoxen Sachverhalt. Der einzelne Soldat überblickt nur einen winzigen Ausschnitt der Kampfhandlungen und erfährt erst aus der Zeitung, was sich im größeren Umkreis ereignet. Nur die Informationen, die den Zeitungslesern in der Heimat längst bekannt sind, ermöglichen ihm eine Gesamteinschätzung der Abläufe. Der moderne National- und Massenkrieg hat sich in so viele Einzelereignisse aufgelöst, daß niemand mehr weiß, wo sich die entscheidenden Aktionen abspielen. Sogar führende Offiziere räumen ein, daß sie das Kriegsgeschehen nicht mehr überblicken können. Der Generalstabsoffizier Verdy du Vernois reflektiert bei einer Schilderung der Schlacht bei Gravelotte darüber, daß „selbst in dem Verlaufe eines Kampfes, den man in der Nähe unter Augen hat, sich während der Aktion doch recht falsche Anschauungen ausbilden können"76) der Diplomat Paul Graf Hatzfeldt, als Mitarbeiter des „ambulanten Auswärtigen Amtes"77) stets in unmittelbarer Nähe Bismarcks, muß in einem Brief an seine Frau offen zugeben, daß er die „militärischen Ereignisse [...] erst durch ..

-

73) Georg Niethammer, Feldzugsbriefe von G. N. an seine Mutter. Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben, Stuttgart 1890, S. 11. 74) Gustav Fischer, Feldzugs-Briefe 1870/71, [Minden 1901], S. 36 u. 69. 75) Ebd., S. 24; ähnlich Hermann Radestock, Acht Feldpostbriefe aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71, Hannover 1967 (= Stück G 7 der familienkundlichen Sammlung Radestock), S. 5; Fedor von Rauch, Briefe aus dem großen Hauptquartier der Feldzüge 1866

und 1870/71, Berlin 1911, S. 45, 71, 86, 135 f. u. 140. J. von Verdy du Vernois, Im Großen Hauptquartier 1870/71. Persönliche Erinnerungen, Berlin 31896, S. 107. 77) Paul Graf Hatzfeldt, Hatzfeldts Briefe. Briefe des Grafen Paul Hatzfeldt an seine Frau. Geschrieben vom Hauptquartier König Wilhelms 1870-71, Leipzig 1907, S. IV

76)

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Berliner Zeitungen"78) erfährt. Noch viel weniger waren selbstverständlich die rangniedrigeren Kriegsteilnehmer imstande, sich ein realistisches Bild von den Abläufen zu machen. „Über den Verlauf und die Folgen der großen Ereignisse, die wir selbst herbeigeführt und welchen wir beigewohnt haben, wußten wir oft so gut wie gar nichts"79), klagt der Frankfurter Student Adolf Kayser; Karl Zeitz, Kaufmann mit Sekundareife und Kriegsfreiwilliger aus Sachsen-Meiningen, war sogar als Teilnehmer an den entscheidenden Kämpfen bei Sedan nicht in der Lage, auch nur das Ergebnis der Schlacht festzustellen: Der Telegraph trug am 2. September die Siegesbotschaft in ihrer ganzen Ausdehnung bis an die entferntesten Grenzen Deutschlands; zu uns, die wir dicht an den Festungswällen von Sedan lagen, drang sie an diesem Tage nicht. Wir lebten mitten in diesen Ereignissen und waren die letzten, die sie in ihrer ganzen Größe erfuhren. Noch am Morgen des 3. September meldete einer unserer Posten: „Da unten brechen Franzosen aus dem Thore heraus, sollen wir schießen?" Der Mann ahnte nicht, daß es die ersten Gefangenen waren, welche die Fe-

stung verließen.80)

Während in Deutschland bereits allerorten der Sieg bejubelt wurde, hatten die eigentlichen Sieger noch gar nicht realisiert, welcher Erfolg ihnen vergönnt war. Noch zwei Tage nach der Schlacht glaubte ein Posten, er müßte auf Franzosen schießen, die sich längst ergeben hatten. So blieben die Soldaten auf die Zeitungen angewiesen, wenn es darum ging, die militärische Lage zu beurteilen. „Die Zeitung", schreibt Edmund Pfleiderer, brachte „uns draußen vielfach die erste umfassendere Kunde dessen, was wir selbst erlebt und was das Heer geleistet; denn der Einzelne an seinem beschränkten Ort hört und sieht zwar viel, aber meist nur reines Detail und nicht den Zusammenhang"81). Dieselbe Einschätzung nimmt auch der Briefautor Isenburg vor. „Der Gesichtskreis desjenigen, der mitkämpft, bleibt immer ein äußerst beschränkter", formuliert er, so daß die Heimat „durch die Zeitungen besser unterrichtet" ist als „wir" die Mitkämpfer „selber"82). Feldprediger Haupt, unmittelbar an den Gefechten bei Metz beteiligt, ist nach der Lektüre einer Zeitung „erstaunt über den großartigen Sieg bei Gravelotte, dessen Größe wir noch gar nicht kannten, der aber auch theuer erkauft ist"83). Sein Fazit lautet, daß „man hier eben nichts gewahr [wird], als was in der nächsten Nähe passirt, während man in der Heimath Alles weiß"84). Ohne die Unterstützung -

78) Ebd., S.

179.

79) Kayser, Erlebnisse eines rheinischen Dragoners, S.

80)

-

181.

Karl Zeitz,

Kriegserinnerungen eines Feldzugsfreiwilligen aus den Jahren 1870 und 1871, Altenburg 21895, S. 184. 81 ) Edmund Pfleiderer, Erinnerungen und Erfahrungen eines Feldpredigers aus dem Krieg des Jahres 1870/71, Stuttgart 1874, S. 103. 82) L. Isenburg, 1870-1871. Feldpostbriefe eines Mitgliedes der 22. Division, Imshausen beiBebra 1882, S. 15. 83) W. Haupt, Erlebnisse unter den Verwundeten aus der Schlacht bei Gravelotte, den 18. August 1870, Hamburg 1870, S. 4L 84) Ebd., S. 41; ähnlich auch Heinrich Wichern, Tagebuchblätter eines Sechsundsiebzigers

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der besser informierten Heimat bliebe der Krieg für die Feldsoldaten ein Rätsel. „Mein Bruder Hermann hatte mir einen ganzen Pack Zeitungen geschickt", trägt ein hessischer Jäger am 21. August 1870 in sein Tagebuch ein, „und daraus konnten wir Mancher wird diesen Ausdruck unbegreiflich finden und doch war es so endlich einmal erfahren, was in der Welt und besonders auf dem Kriegsschauplatz vorging"85). Die Zeitungsberichte müssen die Soldaten darüber aufklären, was sie selber vollbracht haben; erst die Zeitungslektüre schafft Verständnis für das eigene Tun. Ein Kriegsfreiwilliger der 25. hessischen Division bittet seine Eltern „dringend um regelmäßige Zusendung von Zeitungen, um einigermaßen betreffs der Ereignisse des Kriegsschauplatzes auf dem Laufenden zu sein; denn die Zeitungen wissen immer schnelleren und besseren Bescheid als wir, die Soldaten, die doch die Kriegsereignisse ma-

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chen"86).

Wenn die

schon besser Bescheid wissen als diejenigen, die den dann ist auch der Schluß erlaubt, daß die Wahrnehmung des Krieg ,machen', bereits stärker den Zeitungen gemacht' wird, als daß sie noch von Krieges vom Augenschein und von der persönlichen Einschätzung der Soldaten abhinge. Die unstrittige Feststellung, daß die Kriegswahrnehmung der Daheimgebliebenen in entscheidendem Maße von den Zeitungen geprägt wird, muß um die zunächst paradox wirkende Behauptung ergänzt werden, daß auch die Kombattanten ihr Kriegsbild zu großen Anteilen aus der Presse beziehen. Orientierungslose Glieder eines gigantischen Heereskörpers können nur mit Hilfe der Zeitung zum Bewußtsein der Bedeutung ihres eigenen Tuns und der um sie herum ablaufenden Ereignisse kommen. Erst die Zeitung ermöglicht es den Soldaten, sich das Kriegsgeschehen in einem größeren Zusammenhang vorzustellen, sie ist das Forum, über das die Feldzugsteilnehmer miteinander und mit der Heimat kommunizieren, um auf diesem Wege letztendlich ein gemeinsames Kriegsbild zu konstruieren. Für eine Wahrnehmungsgeschichte des Krieges ist die Zeitung folglich eine herausragende Quelle; Nicht-Kombattanten wie Kombattanten bezogen aus diesem Medium Kenntnisse über das Kriegsgeschehen und Kommentare zu seiner Deutung. Dabei spielt es keine so große Rolle, ob in den Zeitungsberich-

Zeitungen

,

aus dem Feldzuge 1870, Hamburg 1870 u. 1871, S. 89; Karl Homann, Kriegstagebuch eines deutschen Reservemannes, Nürnberg 21879, S. 110; Paul Bauriedel, Meine Erlebnisse während des Feldzugs im Jahre 1870/71, Nürnberg 1895, S. 49. 85) Aus dem deutsch-französischen Kriege 1870-1871. Tagebuch eines Dreiundachtzigers, Marburg 1879, S. 21; ähnlich auch Friedrich Bernhard Wagner, 300 Tage im Sattel. Erlebnisse eines sächsischen Artilleristen 1870/71, Dresden/Leipzig 1892, S. 17 u. 99; C. G. A. Mauerhof, Kriegs-Erinnerungen eines vor dem Feinde verwundeten deutschen Kriegers aus dem deutsch-französischen Feldzuge vom Jahre 1870 bis 1871, Eilenburg 71903, S. 111. 86) Feldzugs-Erinnerungen eines Kriegsfreiwilligen der 25. hessischen Division. Aus Tagebuchblättern und Briefen zusammengestellt und herausgegeben von Dr. M., Augsburg 1895, S. 29.

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die Wahrheit gesagt oder gelogen wird. Bisher wurde der Quellenwert der Zeitungen gerne mit dem Argument bestritten, ihre Berichterstattung sei fehlerhaft und unzuverlässig; aus wahrnehmungsgeschichtlicher Perspektive verliert dieses Kriterium an Bedeutung, denn auch Lügen und Fehleinschätzungen können auf verbreitete Vorstellungen verweisen, können Auskunft darüber geben, welches Bild man sich von der Wirklichkeit machte. Die Differenz zwischen dem, was sich nach dem Kenntnisstand der modernen Geschichtswissenschaft in der Realität abspielte, und den zeitgenössischen Realitätskonstruktionen bleibt aber insofern von Interesse, als sie die Stilisierungen als solche erkennbar macht und die Frage ermöglicht, warum die realen Gegebenheiten gerade in dieser Weise verzerrt wurden. Die Vielzahl der vorhandenen Titel legt nahe, daß nur ein kleiner Anteil der deutschen Zeitungen tatsächlich zur Auswertung herangezogen werden kann.87) Bei der Auswahl dieser Blätter sind verschiedene Kriterien wirksam. Natürlich soll es sich um die großen, gewissermaßen marktführenden Organe handeln, die schon von den Zeitgenossen als die bedeutendsten Zeitungen eingestuft wurden. Vor allem die „Augsburger Allgemeine" und die „Kölnische Zeitung" erfüllen diesen Anspruch.88) Zweitens wird ein ausgewogenes Verhältnis von preußischen und nichtpreußischen Blättern angestrebt. „Vossische Zeitung", „Nationalzeitung" und „Kölnische Zeitung" erschienen auf preußischem Staatsgebiet, „Augsburger Allgemeine Zeitung", „Münchner Neueste Nachrichten" und „Frankfurter Zeitung" hingegen jenseits der Mainlinie.89) Norddeutsche und süddeutsche Positionen sind also, solange sie überhaupt voneinander abweichen, gleichberechtigt erfaßt. Zuletzt ist eine ungefähre Abbildbarkeit der von den Zeitungen markierten politischen Positionen auf das vom Bildungsbürgertum umspannte politische Spektrum erwünscht; die linksliberal-demokratische „Frankfurter Zeitung"90) auf der einen, die nationalliberalen „Münchner Neuesten Nachrichten"91) sowie die „Kölnische Zeitung"92) ten

87) Wolfgang von Ungern-Sternberg nennt für das Jahr 1872 eine Gesamtzahl von 1743 Zeitungs- und Zeitschriftentiteln in Deutschland (Wolfgang von Ungern-Sternberg, Medien, in: Christa Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. 3, München 1987, S. 382).

88)

Otto Bandmann bezeichnet die „Kölnische Zeitung" neben der „Augsburger Allgemeinen" als das einzige .Weltblatt' in Deutschland (Otto Bandmann, Die deutsche Presse und die Entwicklung der deutschen Frage 1864-66, Leipzig 1910, S. 97). 89) Auch wenn die Stadt Frankfurt nach dem Krieg von 1866 formal zu Preußen kam, blieb die Frankfurter Zeitung doch dem Sinne nach ein nicht-preußisches Blatt. 90) Verlag der Frankfurter Zeitung (Hg.), Geschichte der Frankfurter Zeitung 1856 bis 1906, Frankfurt/M. 1906, S. 41 u. 132 f. 91 ) Die „Münchner Neuesten Nachrichten" hatten seit ihrer Gründung 1848 schon mehrere politische Kurswechsel vollzogen, bis sie 1867 den Weg zum Nationalliberalismus fanden. Siehe Hermann Rau, Die Entwicklung der deutschen Frage im Spiegel der Münchner Neuesten Nachrichten 1848-1871, Diss. München 1926, S. 122; auch Erich Frisch, Die Einigung Deutschlands 1870/71 im Lichte der bayrischen Publizistik, Diss. Leipzig 1915, S. 11.

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auf der anderen Seite zeigen die Pole dieses Spektrums an. Ohne den Anspruch erheben zu wollen, durch diese Auswahl die Vielfalt der Meinungen im deutschen Bildungsbürgertum vollständig erfassen zu können, scheint sie doch zu gewährleisten, daß die wichtigsten Positionen eingefangen sind. Eine Auffassung, die in keiner der sechs genannten Zeitungen artikuliert worden ist, kann für die deutschen Bildungsschichten zumindest kaum von herausragender Bedeutung gewesen sein. Weniger an Reportage und Kriegsberichterstattung orientiert, dafür um so mehr der Deutung und Kommentierung der Ereignisse verpflichtet ist die Zeitschriftenliteratur der sechziger und frühen siebziger Jahre gewesen. Periodika wie die „Grenzboten" oder die „Preußischen Jahrbücher" waren Foren politischer Meinungsbildung. Rudolf Haym hat als Herausgeber der „Preußischen Jahrbücher" mit Stolz darauf hingewiesen, daß seine Zeitschrift zwar nicht „alle Akte des Krieges [...] begleiten" konnte, dafür aber den „großen Sinn der Dinge [...] ausgesprochen und überzeugend gedeutet"93) hat. Für diese Deutungsleistung öffneten die politisch-literarischen Zeitschriften, die nach dem Vorbild der französischen Revuen entstanden waren, ihre Spalten den führenden Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft, den Meinungsführern des bildungsbürgerlichen Milieus. Hatten auch die „Grenzboten", in der Konfliktzeit noch im Lager der Gegner Bismarcks, später auf Regierungskurs94), nur eine Auflage von ca. 1000 Exemplaren95), so kam ihnen doch als dem Sprachrohr einer Synthese von Preußentum und Liberalismus eine politisch-kulturelle Bedeutung zu, die sich mit der simplen Feststellung ihrer Auflagenhöhe kaum angemessen erfassen läßt.96) Zeitschriften vom Format der „Preußischen Jahrbücher" oder der „Grenzboten" wurden von anderen Publizisten rezipiert, die sich hieran ihre Meinungen bildeten; meinungsführend für andere Meinungs-

92)

Die „Kölnische Zeitung", die bislang Bismarck bekämpft hatte, schwenkte 1866 auf die Linie des Kanzlers und der Nationalliberalen um. Siehe Franz Dieudonné, Die Kölnische Zeitung und ihre Wandlungen im Wandel der Zeiten, Berlin 1903, S. 68, 71 u. 82. 93) Rudolf Haym an Heinrich von Treitschke (20. 11. 1870), in: Rudolf Haym, Ausgewählter Briefwechsel, Osnabrück 1967, S. 280. 94) Michael Thormann, Für die „nationale Hälfte des Bewußtseins": der Beitrag der Grenzboten zur kleindeutschen Nationalstaatsgründung 1871, in: Klaus Amann/Karl Wagner (Hgg.), Literatur und Nation. Die Gründung des Deutschen Reiches 1871 in der deutschsprachigen Literatur, Wien u.a. 1996, S. 82. 95) Joachim Kirchner, Das deutsche Zeitschriftenwesen. Seine Geschichte und seine Probleme. Teil II: Vom Wiener Kongress bis zum Ausgange des 19. Jahrhunderts, Wiesbaden 1962, S. 137. 96) Außerdem gilt auch für die Zeitschriften, daß sie in den Lesegesellschaften zirkulierten und sich dadurch ihre Leserschaft im Verhältnis zur Auflage durchaus multiplizieren konnte. Siehe Otto Dann, Die Lesegesellschaften und die Herausbildung einer modernen bürgerlichen Gesellschaft in Europa, in: ders. (Hg.), Lesegesellschaften und bürgerliche Emanzipation. Ein europäischer Vergleich, München 1981, S. 9ff.

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führer, entfalteten diese Zeitschriften eine Wirkung, die weit über den Kreis ih-

Käufer hinauswies. Gegensatz zu den politisch-literarischen Zeitschriften konnten die Unterhaltungs- oder Familienzeitschriften auch enorme Auflagenhöhen vorweisen. Die 1853 von Ernst Keil gegründete „Gartenlaube", unangefochtener Bestseller unter den Familienblättern, erreichte 1875 eine Höchstauflage von 382000 Exemplaren.97) Blieben solche Zahlen auch die Ausnahme, so war doch beachtenswert, wie viele Unterhaltungszeitschriften die durchschnittlichen Auflagenhöhen der Zeitungen überbieten konnten. Das „Daheim", konservativer als die liberale „Gartenlaube", aber auch bürgerlich und national98), wurde 1867 bereits 35 000 mal gedruckt; „Ueber Land und Meer", 1858 von Friedrich Wilhelm Hackländer in Stuttgart gegründet, hatte im selben Jahr eine Auflage von 55000 Exemplaren.99) Vieles spricht für die These, daß die Zeitschriften noch viel mehr als die Zeitungen zu den Schrittmachern der Leserevolution in Deutschland gehörten.100) Die hohen Auflagen der Familienzeitschriften bezeugen jedoch ebenso wie ihr niedriges intellektuelles Niveau, daß sie nicht direkt auf die Bildungsschichten zugeschnitten waren. Mittel- und kleinbürgerliche Leser sollten sich gleichfalls angesprochen fühlen; Zielgruppe war das am Horizont erscheinende ,Volk der Leser'. Wenn die Unterhaltungszeitschriften dennoch als Quelle eine Rolle spielen, dann deshalb, weil sie zwar nicht ausschließlich, aber auch von Bildungsbürgern gelesen wurden. Auch die Zeitschriften gehörten der Welt der Bildung an, und viele Leser, denen die Weihen einer höheren Ausbildung fehlten, verschafften sich über das Abonnement eines Blattes wie der „Gartenlaube" vermeintlich den Zutritt zu dieser Welt. So können gerade die Unterhaltungszeitschriften auch das Abstrahlen der bildungsbürgerlichen (Deutungs-)Kultur auf das mittlere und kleine Bürgertum dokumentieren. Die Kriegsberichterstattung der Familienzeitschriften war aufwendig und konnte durch die Beifügung von Illustrationen sogar diejenige der Zeitungen überbieten, die auf das Medium der Sprache festgelegt waren. Während der Kriegszeiten warben die Unterhaltungsblätter mit Rang und Zahl der Künstrer

Im

97) Kirchner, Das deutsche Zeitschriftenwesen, S. 225 ff; Heinrich Wuttke gibt in einer älteren Untersuchung für das Jahr 1873 sogar eine Auflage von 460000 Stück an (Heinrich Wuttke, Die deutschen Zeitschriften und die Entstehung einer öffentlichen Meinung. Ein Beitrag zur Geschichte des Zeitungswesens, Leipzig 21875, S. 76). 98) Nipperdey. Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 593; Georg Jäger, Medien, in: Christa Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. IV: 1870-1918. Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, hg. v. Christa Berg, München 1991, S. 477.

99) Kirchner, Das deutsche Zeitschriftenwesen, S. 225 ff. 10°) Ungern-Sternberg, Medien, in: Berg u.a. (Hgg.), Bildungsgeschichte, Bd. 3, S.

399.

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1er101), die in ihrem Auftrag im Feld unterwegs waren und für hochwertige und authentische Bilder vom Kriegsgeschehen sorgten. Sogar Abonnements für Feldsoldaten waren möglich102); auch die „Gartenlaube"103), das „Daheim"104) oder der „Lahrer hinkende Bote"105) fanden ihren Weg in die Biwaks und Lazarette und gesellten sich dort den Zeitungen bei. Konnten sich die Familienzeitschriften auch in der Aktualität der Berichterstattung nicht mit den Zeitungen, in der Elaboriertheit der Kommentare und Deutungen nicht mit den politisch-literarischen Zeitschriften messen, so präsentierten sie doch in Wort und Bild eine spezifische Sichtweise des Krieges, die als Bestandteil seiner Deutungskultur Berücksichtigung finden muß. Die Berichterstatter und Korrespondenten, von denen die Spalten der Zeitungen und Zeitschriften gefüllt wurden, zogen oft doppelten Nutzen aus ihrer Tätigkeit im Feld. Neben der regelmäßigen Belieferung der verschiedenen Periodika stand die Abfassung kompletter Feldzugsschilderungen106), die zumeist aus dem Material der einzelnen Reportagen zusammengestellt wurden. Diese Kriegsbücher, teils schon während des Feldzugs107), teils erst in den Jahren danach publiziert108), lassen sich für den deutsch-französischen Krieg nach Hunderten zählen. Führt man sich vor Augen, daß die Zahl der im Jahre 1870

101)

Die Zeitschrift ,Ueber Land und Meer' nennt in ihren Werbeanzeigen neben den Nader Künstler sogar die Titel ihrer aktuellen Illustrationen, um die Neugierde des Publikums zu wecken (Augsburger Allgemeine Zeitung, 27. 2. 1871, Nr. 58, S. 979). 102) Friedrich Bertkau, Krieg und Presse, in: Heide (Hg.), Handbuch, Bd. 2, S. 2650; für die „Gartenlaube" auch Regina Hartmann, Von .Bruderkrieg', .Erbfeind' und Reichsgründung in der Lyrik der Gartenlaube zwischen 1867 und 1871, in: Amann/Wagner (Hgg.), Literatur und Nation, S. 100. 103) Kriegs-Erinnerungen eines bayerischen Jägers aus den Jahren 1870/71, Nürnberg 1894, S. 77. 104) Richard Schuster, Erlebnisse und Beobachtungen eines deutschen Feldgeistlichen während des Krieges 1870-71, Darmstadt 1871, S. 59. Iü5) Feldzugs-Erinnerungen eines Kriegsfreiwilligen der 25. hessischen Division, S. 26. I06) Theodor Fontane, Journalist und Schriftsteller, hat die vielleicht bekanntesten dieser Kriegsbücher verfaßt. Jedem der drei Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 hat Fontane ein voluminöses Werk gewidmet. Siehe Gerhard Friedrich, Theodor Fontane als Militärschriftwahr muß es sein". Militär und steller, in: Fritz Peter Hoppe/Gerhard Schurig (Hgg.), Journalismus in zwei Jahrhunderten, Herford/Bonn 1989, S. 35^t6; Gordon A. Craig, Vorwort: Fontane als Historiker, in: Theodor Fontane, Der Krieg gegen Frankreich 1870-1871, Bd. 1, Zürich 1985. S. XIII-XXXII; ders., Über Fontane, München 1997, S. 109 ff. Iu7) Rudolf Schenda (Hg.), Die Lesestoffe der kleinen Leute. Studien zur populären Literatur im 19. und 20. Jahrhundert, München 1976, S. 101. ,08) Den vielen Veröffentlichungen im unmittelbaren Anschluß an den Krieg folgte 1890 bis 1895 zur Vorbereitung der 25-Jahr-Feier eine zweite .Welle' nach. Siehe Widolf Wedlich, Der deutsch-französische Krieg 1870/71. Literaturbericht und Auswahlbibliographie mit Anhang „Die Presse der Jahre 1870-71, in: Jahresbibliographie der Bibliothek für Zeitgeschichte 42 (1970), S. 399. men

„...

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Kriegsdarstellung

Bücher bei rund 10000 Titeln lag109), wird deutlich, wie beachtlich der Anteil des Kriegsgenres war. Die Volkstümlichkeit der meisten Kriegsbücher in Sprache und Aufmachung belegt ihre Ausrichtung an einem Lesepublikum, das weit über die Bildungsschichten hinausging.110) Dennoch kann erneut, wie bei den Familienzeitschriften, argumentiert werden, daß Bildung von der Lektüre aber auch nicht ausschloß. Bei einer Wendung des Blicks von der Leser- zur Produzentenseite fällt zudem auf, daß der Bezug zum Bildungsbürgertum hier fast immer eindeutig herstellbar ist. In den Titeleien der Kriegsbücher geben neben den genannten Journalisten zumeist Studienräte, Gymnasialdirektoren und Hochschuldozenten ihre Berufe preis.111) Die beamteten Bildungsbürger in den Lehrberufen fühlten offenbar eine besondere Verantwortung für die Pflege der Erinnerung an die Kriegsereignisse, sei es aus pädagogisch-nationalpolitischem Engagement, sei es aus professionellem Interesse an der Aufbereitung von Geschichte. Insofern können die Kriegsbücher sehr wohl Aufschlüsse zur bildungsbürgerlichen Kriegsdeutung liefern. Die reinen Ereignisschilderungen im Zentrum der Bücher verzichten in der Regel auf jegliche Kommentierung des Geschehens, doch die Einleitungs- und Schlußkapitel stellen den Krieg auch in größere Zusammenhänge und leisten Beiträge zu seiner Interpretation. Für eine Ideen- und Wahrnehmungsgeschichte des Krieges sind diese Kapitel die bevorzugte Quelle. Neben den Feldzugsbeschreibungen gingen auch zahlreiche Populärformen auf das Kriegsgeschehen ein. Kriegs-Chroniken lieferten Tag-für-Tag-Schilde-

insgesamt in Deutschland produzierten so

l09) Engelsing, Analphabetentum und Lektüre, S. 117; Ilsedore Rarisch, Industrialisierung und Literatur. Buchproduktion, Verlagswesen und Buchhandel in Deutschland im 19. Jahrhundert in ihrem statistischen Zusammenhang, Berlin 1976, S. 41 f. no) Zu den konkreten Auflagenhöhen der Kriegsbücher ist wenig bekannt. Manchmal finden sich in einem Vorwort Hinweise auf die Zahl der bereits gedruckten Exemplare. So wird in Max Dittrichs Gedenkbuch „Der Deutsch-Französische Krieg 1870 und 1871", das 1895 bereits in der 40. Auflage erscheint, von 30000 verkauften Exemplaren gesprochen; Professor Hottingers „Deutsch-Französischer Krieg 1870-71" ist im Jahr 1910, zum Zeitpunkt der 15. Auflage, bereits in 230000 Exemplaren verbreitet. Die Tatsache, daß Bücher im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts immer noch eher in Volksbibliotheken entliehen als gekauft werden (Engelsing, Analphabetentum und Lektüre, S. 135), gibt diesen Zahlen zusätzliches Gewicht. '") Die Überblicksdarstellungen zu den Kriegen von 1864 und 1866 sind noch fast ausschließlich von militärwissenschaftlicher Seite vorgelegt worden; wenn überhaupt, dann wurden Kriegsbücher von Offizieren und anderen Fachleuten geschrieben, die ein sachkundiges Publikum über die im engeren Sinne militärischen Abläufe informieren wollten. Erst für den deutsch-französischen Krieg ist eine drastische Erhöhung des .Laienanteils' an der Produktion von Kriegsbüchern festzustellen. Bücher, die von Nicht-Militärs geschrieben und an ein Laienpublikum adressiert waren, gewannen eindeutig die Oberhand: auch ein Indiz für das stärkere Interesse der bürgerlichen Schichten an den Kriegsereignissen, für die fortschreitende Entfaltung einer bürgerlichen Deutungskultur des Krieges.

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rangen der Feldzugsereignisse112), Kriegs-Kalender setzten dieses Verfahren in eine kalendarische Form um;113) Depeschen-Sammlungen kompilierten die offiziellen Telegramme vom Kriegsschauplatz114), Kriegs-Tagebücher stellten Zeitungsartikel und -meidungen aus den Kriegsmonaten zusammen.115) Die .heitere' und .gemütliche' Seite des Krieges wurde von Humoresken- und Anekdotensammlungen beleuchtet116), während verschiedene Sammlungen von Erlebnisberichten den individuellen .Heldentaten' der Feldzüge gewidmet waren.117) Mit solchen und ähnlichen Erzeugnissen wurde der literarische Massenmarkt versorgt, der nach der Reichsgründung in Deutschland große Zuwächse erzielte.118) Für die Bildungsschichten waren sie höchstens am Rande von Interesse, so daß ihnen hier nur ein kurzer Seitenblick gilt. Im Mittelpunkt der bildungsbürgerlichen Kultur standen die Texte, in denen das Individuum sich selber bespiegelte und seine Erfahrungen mitteilte: Briefe, Tagebücher und Memoiren. Seit Empfindsamkeit und Romantik waren diese Medien zum bevorzugten Ort bürgerlicher Selbstthematisierung und Wirklichkeitsdeutung geworden. Wer Briefe verfaßte, ein Tagebuch führte oder seine Erinnerungen niederschrieb, thematisierte seine eigene Befindlichkeit, drückte sich aus, wie die Zeitgenossen sagten, und unterwarf sich dabei gleichzeitig den Regeln, die diesen Ausdruck in genau festgelegte Bahnen lenkten. Die Medien des individuellen Bekenntnisses leiteten von ihrer Tradition und von den Kategorien ihrer .richtigen' Handhabung die Vorschriften ab, die jede Äußerung letztlich in eine stereotype Form gössen. Wer als Individuum anerkannt sein wollte, hatte sich den strengen Gesetzen zu unterwerfen,

112) Siehe z.B. [Hermann Fechner], Kriegs-Chronik 1870-1871. Chronologische Zusammenstellung aller wichtigem Ereignisse, Schlachten, Gefechte, diplomatischer Actenstücke des deutsch-französischen Krieges 1870/71, Leipzig 1871; Illustrirte Kriegs-Chronik. Gedenkbuch an den Deutsch-Französischen Feldzug von 1870-1871, Leipzig 21871. 113) So etwa C. Magg, Kriegs-Kalender des deutsch-französischen Feldzugs 1870-1871,

Karlsruhe 1871. 114) Amtliche Depeschen vom Kriegsschauplatz. Veröffentlicht durch das königliche Polizei-Präsidium in Berlin, Berlin 1871; Officielle Depeschen. Veröffentlicht in Leipzig während des deutsch-französischen Krieges 1870-1871. 191 Blätter, incl. Titelblatt. Genauer Abdruck der an den Straßenecken Leipzigs veröffentlichten Plakate, Leipzig o.J. "5) Paul von Elpons, Tagebuch des deutsch-französischen Krieges 1870/71. In Zeitungsberichten aus jenen Jahren, Saarbrücken [1895]. 116) Humor und Ernst des deutschen Kriegers im Jahre 1866. Piquante, humoristische und interessante Züge des Soldatenlebens aus dem letzten deutschen Kriege. Ein Gedenkblatt für das deutsche Volk, Wittenberg 1866; Humor im Felde. Heiteres aus dem Deutsch-französischen Kriege von 1870, Leipzig 1870. 117) Friedrich Freiherr von Dincklage-Campe, Kriegs-Erinnerungen: Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben. Nach persönlichen Berichten bearbeitet, Leipzig/Berlin 1895. 118) Peter Uwe Hohendahl, Literarische Kultur im Zeitalter des Liberalismus 1830-1870, München 1985, S. 402; Georg Jäger, Medien, in: Berg u.a. (Hgg.), Bildungsgeschichte, Bd. IV, S. 485 ff.

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I. Medien der

die im

bildungsbürgerlichen

regelten.119)

Kriegsdarstellung

Milieu die

Konstituierung

von

Individualität

Kriegsteilnehmer aus den Bildungsschichten hielten auch unter den extremen Bedingungen des Lebens im Felde an der Gewohnheit fest, die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse aufzuschreiben. Die kulturellen Praktiken, die während des Friedens eingeübt worden waren, kamen auch auf dem Kriegsschauplatz zur Anwendung. Mehr noch: Viele Soldaten, die im bürgerlichen Leben nie zur Feder gegriffen hatten, wurden erst von den übermächtigen Kriegserfahrangen dazu gedrängt, ihre Erlebnisse aufzuschreiben; die Kenntnis von .unerhörten Begebenheiten' ermutigte die Kriegsteilnehmer zur Selbstthematisierang.120) Einfachste Form dieser Thematisierung war der Brief, der im Biwak, während der Einquartierung oder sogar in einer Gefechtspause verfaßt werden konnte; aufwendiger schon war das Führen eines Tagebuchs, das immerhin regelmäßige Gelegenheiten zur Anfertigung von Eintragungen voraussetzte. Beide Textsorten, Briefe wie Tagebücher, konnten im nachhinein als Gedächtnisstützen für die Abfassung größerer Erinnerungsschriften genutzt Viele

werden. Für die Beförderung der Briefe zwischen den Kampfgebieten und der Heimat war die Feldpost zuständig.121) Im deutsch-französischen Krieg stellte allein die Norddeutsche Feldpost 89659000 Briefe und Postkarten zu. Hinzu kamen fast 2 Millionen Paketsendungen. Noch einmal rund 11 Millionen Briefe und Postkarten expedierten die Feldpostabteilungen der süddeutschen Länder.122) Damit war eine Dichte und Intensität der schriftlichen Kommunikation zwischen Armee und Heimat erreicht wie noch in keinem Krieg in der europäischen Geschichte zuvor. Natürlich waren die Beförderangszeiten der Postsendungen sehr unterschiedlich. Bei schnellen Truppenbewegungen hatten die Postbeamten oft Schwierigkeiten, den genauen Standort der zu beliefernden Einheiten auszumachen, so daß es zu drastischen Verzögerungen kommen konnte. Im Idealfall reichten wenige Tage aus, um einen Brief von Frankreich nach Deutschland, einige Tage mehr, um ihn von Deutschland nach Frankreich zu befördern.123)

119) Siehe auch Wolfgang Kaschuba, Deutsche Bürgerlichkeit nach 1800. Kultur als symbolische Praxis, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, Bd. 3, München 1988, S. 10f.; Gunilla-Friederike Budde, Auf dem Weg ins Bürgerleben. Kindheit und Erziehung in deutschen und englischen Bürgerfamilien 1840-1914, Göttingen 1994, S. 124 ff. I2°) Siehe Thomas Rohkrämer, Der Militarismus der „kleinen Leute". Die Kriegervereine im Deutschen Kaiserreich 1871-1914, München 1990, S. 19. 121) Allgemein zum Feldpostbrief als historischer Quelle siehe Peter Knoch, Feldpost eine unentdeckte historische Quellengattung, in: Geschichtsdidaktik 11 (1986), H. 2, S. 154—171. 122) Der deutsch-französische Krieg 1870-71. Redigirt von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des großen Generalstabes, Bd. 11,3, S. 1457f.; Die Feldpost. Ihre Geschichte, Organisation und Leistungen von 1870/71, in: Allgemeine Militär-Zeitung Nr. 56 (1894), S. 445. 123) Franz Anton Roth, nach dem Krieg Hauptlehrer, berichtet in seinem Tagebuch von -

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Kriegsdarstellung

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In der schwierigen Phase des schnellen Vormarsches im August 1870 berechnete ein deutscher Soldat, daß seine Briefe in 8-10 Tagen zu Hause eintrafen, während die Post aus der Heimat 10-14 Tage unterwegs war.124) Andere Kriegsteilnehmer hatten weniger Glück. Wer in der zweiten Augusthälfte mit der Dritten Armee den berühmten Rechtsschwenk auf Sedan vollzog, unterlag einem grundsätzlichen Schreibverbot; die deutsche Heeresleitung befürchtete, daß die Franzosen durch abgefangene Briefe über Marschrichtung und Position der deutschen Truppen informiert werden könnten.125) In der zweiten Hälfte des Krieges litt der Postverkehr zudem unter den Freischärler-Aktionen gegen die deutschen Nachschublinien, vor allem gegen die Eisenbahnverbindungen; so kam es vor, daß ein einzelnes Paket fast zwei Monate unterwegs war.126) Der Paketdienst gehörte ohnehin zu den besonderen Serviceleistungen der deutschen Feldpost. Verwandte und Bekannte, Heimatstädte und Vereine wetteiferten darin, den Soldaten durch die Zusendung sogenannter ,Liebesgaben' das Leben im Feld zu erleichtern. Kleidungsstücke und Eßwaren fanden stets begeisterte Aufnahme, weniger beliebt waren schlechte Zigarren, die von den Soldaten als,Liebeszigarren' bespöttelt wurden. Teilweise mußte die Flut solcher Sendungen von der Feldpost durch Beförderungsverweigerung eingedämmt werden; dabei blieb allerdings die Weihnachtszeit ausgenommen, weil der Heeresleitung daran gelegen war, den Soldaten Geschenke zukommen zu lassen, um ihnen das Gefühl zu geben, das Weihnachtsfest im Kreis ihrer Angehörigen, in einer imaginären Verbindung mit der Heimat zu verleben.127) Die Verbindung mit der Heimat sollte auch durch die Verteilung von Korrespondenzkarten gefördert werden. Erst kurz vor dem deutsch-französischen Krieg war die Postkarte als neue Form der Postsendung eingeführt worden; während des Krieges, zur Korrespondenzkarte umgetauft, gewann sie rasch große Popularität. Ebenso wie jede Briefsendung, die weniger als 15 Lot Gewicht hatte, konnte die Korrespondenzkarte portofrei verschickt werden;128) durch die kostenlose Verteilung der Karten wurden die Soldaten regelrecht aufgefordert, an ihre Freunde und Familien zu schreiben.129) Ein zeitgenössischer

Briefen, die er bereits „drei Tage nach der Absendung" erhielt (Franz Anton Roth, Aus dem Tagebuche eines freiwilligen Unteroffiziers des 5. badischen Infanterie-Regiments im Feld-

zuge 1870/71, Karlsruhe 1895, S. 111). 124) L. Isenburg, 1870-1871. Feldpostbriefe eines Mitgliedes der 22. Division, Imshausen beiBebra 1882, S. 10. 125) Türk (Hg.), Feldpostbriefe eines vermißten ehemaligen Afraners, S. 59. 126) Justus Pape, „Auf nach Frankreich!" Kriegsfreiwillig bei den Dreiundachtzigern 1870-71, Stuttgart21914, S. 109. 127) Karl Sautter (Hg.), Geschichte der deutschen Post, Bd. 2: Geschichte der norddeutschen Bundespost (1868-1871), Berlin 1935, S. 80f.; G. Tybusch, Die deutsche Feldpost, in: Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine 1 (1871), S. 212. 128) Sautter (Hg.), Geschichte der deutschen Post, Bd. 2, S. 80. 129) Siehe auch die Meldung in der Vossischen Zeitung vom 24. Juli 1870 (Nr. 170, S. 6).

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Beobachter schildert den Gebrauch, den viele Postkarte machten:

Kriegsteilnehmer von der neuen

Wer kennt nicht die vortreffliche Erfindung der Correspondenzkarten, jener Kurzbriefe, die ganz dazu geeignet sind, unserem vielschreibenden Geschlecht zeitersparende, lakonische Kürze im Ausdruck anzugewöhnen. Dem Soldaten im Felde sind diese Karten unentbehrlich. Die Feldpost hatte daher auch bereitwillig jedem Kriegsmann einen Vorrath von diesen bequemen Correspondenzmitteln mitgegeben. Schnell sind die Karten aus dem Tornister hervorgeholt, werden mit Adresse und Mittheilungen, geflügelten Worten in Bleistift, beschrieben, wobei oft der Rücken eines Kameraden die Stelle des Schreibpults versehen muß, dann einer vorübergehenden Feldpost übergeben, die jedesmal Säcke voll aus den Bivouacs mitnimmt, und wandern in denkbar kürzester Frist heimwärts.130)

Auch wenn in Wirklichkeit nicht immer just die Feldpost vorüberging, wenn eine Karte fertiggeschrieben war, bringt die stilisierte Darstellung doch zum Ausdruck, wie stark die Kommunikation mit der Heimat durch die Korrespondenzkarten erleichtert wurde. Die Portofreiheit markierte den Ansprach der Nation, jedem ihrer Mitglieder die gleiche Chance zum Austausch mit den Daheimgebliebenen einzuräumen. Eine Armee, die im Auftrag der Nation kämpfte, sollte auch in ständiger Verbindung mit ihr bleiben. Viele Feldpostbriefe wurden schon während des Krieges in den Zeitungen publiziert, andere zu Sammlungen vereinigt und in Buchform herausgegeben. Daß die Autoren von Kriegserinnerungen die eigenen Feldpostbriefe, von den Eltern oder den Bräuten aufbewahrt, bei der Rekonstruktion ihrer Kriegserlebnisse häufig als Quelle verwendeten, sorgte für eine zusätzliche wenn auch öffentliche Wirkung dieser Korrespondenzen. In ähnlicher nur indirekte Weise wurden oftmals die Tagebücher genutzt, die während des Feldzuges geführt worden waren; wenn sie nicht selber druckreif erschienen, dienten sie als Materialgrundlage für einen Memoirenband, der die einzelnen Tagebucheintragungen zu einer geschlossenen Erzählung verschmolz. Diese Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Aufzeichnungen und Präsentationsformen trägt auch dazu bei, den Umstand zu erklären, daß sich die Deutungsangebote der Kriegsdarstellungen in den Jahrzehnten des Kaiserreichs so wenig verändert haben. Die Publikationen, die nicht bereits in unmittelbarer Folge des Krieges, sondern erst in den achtziger oder neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts vorgelegt wurden, fußten zumeist auf Aufzeichnungen, die bereits während des Feldzuges entstanden waren. Ein Trend zu einer stärkeren Stilisierung, ja zu einer schrittweisen Verklärung der Ereignisse mit zunehmender zeitlicher Distanz ist nicht zu beobachten; dort, wo stilisiert und verklärt wurde, geschah es im Herbst 1870 bereits ebensogut wie am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Unter den Selbstzeugnissen der Kriegsteilnehmer ragten die Memoiren, die im Zusammenhang erzählten Feldzugserinnerungen, in Anzahl und Umfang heraus. Soldaten aus allen Teilen Deutschlands griffen zur Feder, um von ihren -

-

13°) Tybusch, Feldpost, in: Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine 1 (1871), S. 203.

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Erlebnissen und Eindrücken in Frankreich zu berichten. Auch diejenigen Kriegsteilnehmer, die nur eine ausgesprochen untergeordnete Funktion in der Armee innehatten, die möglicherweise außer Landstraßen und Biwakplätzen nichts vom Krieg gesehen hatten, trugen keine Bedenken, dem Publikum ihre Feldzugserinnerangen vorzutragen. Der kleinste Soldat war ,memoirenfähig', noch der unbedeutendste Zeuge der Ereignisse konnte hoffen, bei den Lesern Gehör zu finden. Dafür war einerseits die grundsätzliche Popularität des Krieges verantwortlich; jedes Detail, und sei es auch scheinbar noch so unwichtig, gewann dadurch Bedeutung, daß es Bestandteil der weltbewegenden Ereignisse war. Andererseits kam in der Flut der Memoirenliteratur aber auch ein selbstbewußter bürgerlicher Individualismus zum Ausdruck, der die Erfahrungen des einzelnen stets hoch bewertete, wenn sie nur zu dessen Bildung und Persönlichkeitsentwicklung beitrugen. Ob der einzelne den großen Gang der Dinge entscheidend beeinflußt hatte, blieb letztlich nebensächlich; ausschlaggebend war, daß der Gang der Dinge ihn beeinflußt hatte, daß er von Erfahrungen Zeugnis ablegte, die seine Auffassungen und seinen Charakter geformt hatten. So hielten die selbstbewußten Bildungsbürger der Einigungskriege noch Erlebnisse und Erfahrungen fest, die einige Jahrzehnte später niemand mehr für mitteilenswert gehalten hätte, die niemand mehr hätte aufschreiben können, ohne als Narziß oder Hochstapler zu gelten. Nebenbei konnten Kriegserinnerungen, wenn sie von Zeitungen abgedruckt oder von Verlagen in hohen Auflagen auf den Markt geworfen wurden, durchaus auch zu einem finanziellen Zugewinn verhelfen. Neben Memoirenbänden, die in kleiner Auflage und im Selbstverlag produziert wurden, standen große Verkaufserfolge wie die Bücher von Huyssen, Tañera oder Klein.131) In die Gesellschaft drang diese Literatur nicht nur über den Verkauf, sondern auch durch das Verleihen von Büchern ein; die Volksbibliotheken empfahlen ihren Kunden ausdrücklich die Lektüre von Kriegserinnerungen.132) Dabei konnten sie offenbar vielerorts auf beträchtliche Bestände an Memoirenbänden zurückgreifen. Der bayerische Offizier Koch-Breuberg stellte im Jahre 1891 schon die Berechtigung seiner eigenen Kriegserinnerungen mit dem Hinweis in Frage, daß

131) Huyssens „Bilder aus dem Kriegsleben eines Militärgeistlichen" erlebten sechs Auflagen, Tañeras „Ernste und heitere Erinnerungen eines Ordonnanzoffiziers" gingen 1914 in die zwölfte Auflage, während der unangefochtene .Bestseller', Kleins „Fröschweiler Chronik", im Jahre 1910 bereits zum 26. Mal aufgelegt wurde. Zum „massenhaften Absatz" der Kriegserinnerungen grundsätzlich auch Johann Bengl, Erlebnisse eines Oberkrankenwärters in einem Feldspitale während des Feldzuges 1870/71, Nürnberg 1900, S. 3f.; eine konkrete Angabe zur Höhe der Auflage (70000 Exemplare) enthält Johannes Diehl. Meine Kriegs-Erlebnisse von 1870/71, Minden i.W. 1904. 132) Schenda, Die Lesestoffe der kleinen Leute, S. 96.

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die öffentlichen Büchereien mit Memoirenliteratur aus dem 70/71-Krieg ohnehin bereits völlig überfüllt seien.133) Der erzählerische Aufbau der Feldzugserinnerangen ist ausgesprochen stereotyp. Am Anfang steht zumeist ein Bescheidenheitstopos, der die Veröffentlichung der Memoiren auf das Drängen von Freunden oder die Ermutigung durch Verleger zurückführt; eigentlich nur für die Erzählung im Kreis der Familie oder der besten Freunde bestimmt, finden die Kriegserinnerungen so doch noch ihren Weg zum großen Publikum. Gerechtfertigt erscheint dies aber insofern, als der eigene Erlebnisbericht immerhin eine kleine Facette der bedeutenden Ereignisse widerspiegelt der Leser wird keine politische oder militärische Belehrung erhalten, aber er wird immerhin erfahren, wie es einem gewöhnlichen Soldaten während des Feldzugs ergangen ist. Stärker als auf Unterweisung und Information setzen die Memoiren auf das Prinzip der Identifikation, auf das Interesse der Menschen an denjenigen Erlebnissen, die ihnen selber in vergleichbarer Situation hätten widerfahren können. Beliebt ist dabei eine direkte oder indirekte Anspielung auf Goethes „Campagne in Frankreich", den Prototyp einer subjektiven Kriegsschilderung ohne den Anspruch objektiver Berichterstattung.134) Wie sich Goethe, vom deutschen Bildungsbürgertum als Großmeister der Literatur verehrt, darauf beschränkt, den Feldzug der Koalitionsmächte gegen das revolutionäre Frankreich aus der Perspektive seiner persönlichen Wahrnehmung zu schildern, ziehen es auch die Memoirenschreiber der Einigungskriege vor, den eigenen Erlebnishorizont zur Grundlage ihrer Kriegsdarstellung zu machen. Die Beschreibung größerer Zusammenhänge, die Analyse von Ursachen und Folgen der beobachteten Ereignisse werden absichtlich zurückgestellt, um den Rahmen eines reinen Erlebnisberichts nicht zu sprengen. Mit ihren detaillierten Schilderungen des Soldatenlebens könnten die Feldzugserinnerungen auch als Quelle für eine Alltagsgeschichte des Krieges genutzt werden. Thomas Rohkrämer hat einen Schritt in diese Richtung unternommen.135) Der tägliche Kampf um die Nahrung, die Anstrengungen der Märsche und die Suche nach Quartieren bilden die Hauptthemen der meisten Memoirenbände. Nur selten abstrahieren die Autoren von ihrem permanenten Existenzkampf und wenden sich der Kommentierung der Ereignisse zu. Hier meldet die Sozialgeschichte der Ideen ihr Interesse an; kommentierende Passagen sind Belege für die Deutung und Interpretation des Kriegsgeschehens. Sie müssen aus dem Dickicht der alltagsperspektivischen Detailschilderungen -

-

,33)

-

Friedrich Koch-Breuberg, Drei Jahre in Frankreich. Erinnerungen eines Truppenoffiaus dem Feldzug 1870/71 und der Occupation 1871-1873, München 1891, S. I. 134) Ausdrücklich hergestellt wird dieser Bezug etwa bei Georg Heinrich Rindfleisch, der bei der Herausgabe seiner „Feldbriefe" auf die Vorbildfunktion von Goethes „Campagne" hinweist (Georg Heinrich Rindfleisch, Feldbriefe 1870-71, hg. v. Eduard Arnold, Halle a.S. 21889, S. V). 135) Rohkrämer, Der Militarismus der „kleinen Leute", S. 90ff. ziers

I. Medien der

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Kriegsdarstellung

herausgelöst werden. So kann auch die Analyse der Kriegserinnerungen, die in weiten Teilen als reine Erlebnisberichte abgefaßt sind, ihren Beitrag zur Rekonstruktion einer bürgerlichen Deutungskultur der Einigungskriege leisten.

In Briefen, Tagebüchern und Memoiren schildern bürgerliche Kombattanten ihre Kriegserfahrangen. Eine Flut von Publikationen beleuchtet zahllose Aspekte des Feldzugsverlaufs. Vieles bestätigt das Apercu Theodor Lindners, daß die „Überlebenden" des Krieges „alle zu Schriftstellern"136) wurden. Vielleicht hat diese Form der Schriftstellerei die professionellen Literaten abgeschreckt. Die Frage nach der Deutungsleistung der Literatur, nach dem Kriegsbild, das sie möglicherweise für ein bildungsbürgerliches Publikum entworfen hat137), führt zu einem überraschenden Ergebnis: Die gehobene Literatur, die deutsche Kunstliteratur hat den deutsch-französischen Krieg, der vielen Zeitgenossen wie ein Jahrhundertereignis erschien, fast gar nicht thematisiert.138) Nur wenige Ausnahmen bestätigen diese Regel. Gustav Frenssen lieferte in seinem „Jörn Uhl" eine Beschreibung der Schlacht von Gravelotte139), Detlev von Liliencron verfaßte Kriegsnovellen140), Ernst von Wildenbruch schuf Versepen zu den Schlachten von Vionville und Sedan.141) Ansonsten gehörten die Autoren der Romane und Erzählungen zum Krieg von 1870/71 praktisch durchgängig zur ,zweiten Reihe' und dies nicht nur im Urteil einer rückblikkenden Literaturgeschichtsschreibung, sondern auch schon in ihrem Stellenwert im zeitgenössischen Literaturbetrieb.142) Der Krieg von 1866 hatte immerhin noch eine Reihe von historischen Romanen auf den Plan gerufen, die das Geschehen des deutschen Krieges mit dem Dreißigjährigen Krieg analogisierten; der konfessionelle Gegensatz zwischen dem protestantischen Preußen -

136)

Theodor Lindner, Der

1895, S. 132.

Krieg gegen

Frankreich und die

Einigung Deutschlands,

Berlin

137) Zur Bedeutung der .literarischen Kultur' für das deutsche Bildungsbürgertum siehe Eberhard Lämmert, Bürgerlichkeit als literarhistorische Kategorie, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, Göttingen 1987, S. 205 ff; Peter Uwe Hohendahl, Bürgerliche Literaturgeschichte und nationale Identität. Bilder vom deutschen Sonderweg, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, München 1988, S. 204ff.; James J. Sheehan, German History 1770-1866, Oxford 1989, S. 801 ff; Thomas Nipperdey, Wie das Bürgertum die Moderne fand, Berlin 1988, S. 18ff. 138) Etwas übertrieben spricht Theodor Schieder sogar von einem Versagen' der deutschen Literatur bei der Aufarbeitung der Ereignisse von 1870/71 (Theodor Schieder, Das Deutsche Kaiserreich von 1871 als Nationalstaat, hg. v. H.-U. Wehler, Göttingen 21992, S. 68). 139) Gustav Frenssen, Jörn Uhl. Roman, Berlin 1903, S. 255-272. 140) Detlev von Liliencron, Krieg und Frieden. Novellen, Berlin 1895; ders., Unter flatternden Fahnen. Militärische und andere Erzählungen, Leipzig 1888; ders., Eine Sommerschlacht, Berlin 1895. 141 ) Ernst von Wildenbruch, Vionville. Ein Heldenlied in drei Gesängen [1874], in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 15, Berlin 1924, S. 324-363; ders., Sedan. Ein Heldenlied in drei Gesängen, in: ebd., S. 363-416. 142) Richard Hamann/Jost Hermand, Gründerzeit, München 1971, S. 156. ,

68

I. Medien der

Kriegsdarstellung

und den (überwiegend) katholischen Mächten des Südbundes mußte dafür herhalten, eine Brücke zwischen den beiden Bruderkriegen' zu schlagen.143) Im Gefolge des deutsch-französischen Krieges fehlten sogar solche Schlüsselromane, es sei denn, man unterstellt allen Kriegsromanen des Kaiserreichs eine unterschwellige Thematisierung der Probleme, die der Feldzug von 1870/71 für die moderne Kriegführung aufgeworfen hat. In diesem Sinne ließe sich das Schweigen der Kunstliteratur zum deutsch-französischen Krieg als bewußte Reaktion auf seine allzu häufige und allzu prahlerische Beschwörung in anderen Bereichen der Öffentlichkeit interpretieren. Das, was die Schriftsteller über den Krieg zu sagen hatten, ließen sie lieber in Darstellungen einfließen, die absichtlich und mit Bedacht anderen Epochen der deutschen Geschichte gewidmet waren. Die Angst vor dem enthegten, vor dem totalen Krieg, die durch Gambettas „guerre à outrance" neue Nahrung erhalten hatte, wurde von Ricarda Huch mit den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges in Verbindung gebracht;144) Wilhelm Raabe nahm Ereignisse aus dem Siebenjährigen Krieg auf, um dieselbe Szenerie, vom Pessimismus Schopenhauers hergeleitet, als Weltenchaos zu entwerfen.145) Auch der Blick nach Frankreich konnte die deutschen Schriftsteller offensichtlich nicht zu einer unverstellten literarischen Aufarbeitung der Kriegsereignisse motivieren. Dort legte Emile Zola mit seinem Roman „La Debacle" eine erzählerische Gesamtdarstellung des Krieges vor, die maßgeblich in die öffentliche Auseinandersetzung um die Ursachen der französischen Niederlage eingriff.146) Zola zeigte ein dekadentes Frankreich, desorganisiert, uneins und kraftlos, das unter den Schlägen einer ebenso jungen wie zielstrebigen deutschen Armee beinahe wehrlos zusammenbrach. Dem Alter und der Fäulnis Frankreichs stand die Vitalität und Entschlossenheit Deutschlands gegenüber; überlegen an Zahl und an Willensstärke, gelang es den deutschen Truppen, das kaiserliche Heer, das sich selbst überlebt hatte, wie ein Kartenhaus zusammenfallen zu lassen; die Anstrengungen der französischen Republik verstärkten nur noch das Ausmaß der Katastrophe, die mit dem Aufstand der Pariser Kommune zu einem furiosen Finale gesteigert wurde. Zolas sozialbiologische Inter-

143)

Hartmut

Eggert, Studien

zur

Wirkungsgeschichte des

deutschen historischen Romans

1850-1875, Frankfurt/M. 1971, S. 120ff. u. S. 174ff; Günther Hirschmann, Kulturkampf im historischen Roman der Gründerzeit 1859-1878, München 1978, S. 167-172. 144) Ricarda Huch, Der Dreißigjährige Krieg. Zwei Bände [1912-1914], Frankfurt/M. 1974, besonders S. 749ff. u. S. 826ff.; Huch verwendet sogar den Begriff .Exterminie-

rungskrieg', der seit der Jahrhundertmitte in der militärpolitischen Debatte die Vernichtungsdrohung gegen die feindliche Zivilbevölkerung markiert (S. 774). 145) Wilhelm Raabe, Das Odfeld [1888], Frankfurt/M. 1985; ders., Hastenbeck [1898], Frankfurt/M. 1981. 146) Emile Zola, Der Zusammenbruch [La Débâcle; 1892], München 1977 (=Die RougonMacquart. Natur- und Sozialgeschichte einer Familie unter dem Zweiten Kaiserreich, hg. v. R. Schober).

I. Medien der

69

Kriegsdarstellung

pretation des Krieges verurteilte das kranke Frankreich zu einem Untergang im Fieberwahn,

um

damit die

Voraussetzung

für eine

Neugeburt

der Nation

zu

schaffen.147) Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sich die europäische Literatur im Zeichen der napoleonischen Kriege verstärkt dem Krieg und der Kriegsdarstellung zugewandt. Neben Versuchen der erzählerischen Bewältigung von

Kriegserfahrungen, etwa Stendhals berühmter Schilderung der Schlacht bei Waterloo in der „Kartause von Parma", standen dabei antizipierende Entwürfe möglicher Strategien der Kriegführung wie in Heinrich von Kleists „Hermannsschlacht"148) oder direkte Indienstnahmen der Literatur, insbesondere der Lyrik, zu Propagandazwecken.149) In der Darstellung noch den napoleonischen Kriegen verpflichtet, in Motiv und Anlaß aber bereits dem Krimkrieg zugeordnet war Leo Tolstois Epos „Krieg und Frieden", der vielleicht bedeutendste Kriegsroman des 19. Jahrhunderts. Tolstoi, als Leutnant der rassischen Artillerie 1854 an der Belagerung von Silistria beteiligt150), wollte nach dem verlorenen Krieg das nationale Selbstbewußtsein Rußlands durch die Erinnerung an den Sieg des Jahres 1812 wiederherstellen.151) Zwar nicht in einem großen Roman, dafür aber in den Gedichten Walt Whitmans und in den Erzählungen Ambrose Bierce' hinterließ der Amerikanische Bürgerkrieg seine literarische Spur. Ein Problem, das von den Kriegsromanen und -erzählungen des 19. Jahrhunderts ständig umkreist wurde, war die angemessene Darstellung der Kampfhandlungen, der Ereignisse und Abläufe in einer Massenschlacht. Stendhals Waterloo-Schilderung blieb hier für viele weitere Texte stilbildend; aus der Perspektive eines kleinen Rekruten erzählt, denaturiert die Schlacht in der „Kartause von Parma" zum chaotischen Durcheinanderfluten von Menschengrappen. Jegliche Ordnung scheint zu fehlen, der einzelne kämpft um sein nacktes Leben, ohne auch nur noch ahnen zu können, was um ihn herum vorgeht. Tolstoi hat diese Erfahrung, die er selber im Krimkrieg gewann, in den Gefechtsszenen seines Romans „Krieg und Frieden" noch weiter radikali147) Zur literarischen Aufarbeitung des 70/71-Krieges in Frankreich zuerst Karl Frenzel, Zur französischen Literatur. Die französische Literatur während des Krieges, in: ders., Deutsche Kämpfe, Hannover 1873, S. 119-140, sowie später Eduard Koschwitz, Die französische Novellistik und Romanliteratur über den Krieg von 1870/71, Berlin 1893. Neuere Untersuchungen liegen nicht vor. 148) Siehe Wolf Kittler, Die Geburt des Partisanen aus dem Geist der Poesie. Heinrich von Kleist und die Strategie der Befreiungskriege, Freiburg i.B. 1987, S. 226-255. 149) Die Leistungen der österreichischen Literatur im Aufstandsjahr 1809 werden geschildert im Vorwort von Robert F. Arnold/Karl Wagner (Hgg.), Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909, S. IX-XVIII. I5°) German Werth, Der Krimkrieg. Geburtsstunde der Weltmacht Rußland, Erlangen u.a. 1989, S. 126. >51) Ebd., S. 310.

70

I. Medien der

Kriegsdarstellung

siert.152) Die Schlacht verwandelt sich nach kürzester Frist in ein Chaos; im allgemeinen Tumult gehen sämtliche Befehle unter, oder sie erreichen ihre Empfänger erst dann, wenn die Situation, auf die sie sich beziehen, schon wieder eine völlig andere und der Befehl damit sinnlos geworden ist. Alle Versuche, Schlachtenerfolge auf geniale Feldzugspläne oder ein besonderes Geschick der Schlachtenlenker zurückzuführen, sind pure Stilisierungen. In Wirklichkeit regiert das Gesetz des Zufalls aus vielen kleinen Zufällen und egoistischen Handlungen ergibt sich eine Resultante, die letztendlich das Ergebnis der Schlacht markiert.153) Ob die Schlacht aus der Froschperspektive einer beteiligten Person, ob sie aus der Vögelperspektive eines außenstehendes Betrachters oder im Stil eines Generalstabsberichts geschildert wird, der sich das Schlachtfeld wie ein Schachbrett vorstellt, auf dem die einzelnen Truppenbewegungen wie die Züge von Schachfiguren rekonstruiert werden können154) ob man der Darstellung der objektiven oder der Erfahrangswirklichkeit einer Schlacht den Vorzug gibt, all diese Möglichkeiten standen als potentielle Darstellungsweisen und Erzähltechniken schon vor den Einigungskriegen bereit und wurden in den verschiedenen Kriegsschilderungen, vom Kriegsbuch bis zum Feldpostbrief, wahlweise genutzt und angewendet. Neue Darstellungstechniken, deren Entwicklung und Bereitstellung Aufgabe der Kunstliteratur hätte sein können, fehlten weitgehend. -

-

Statt dessen verteilte sich das Gros der literarischen Produktion zum deutschfranzösischen Krieg auf triviale Erzählungen155), minderwertige Dramen und Dramolette, die bevorzugt an Sedantagen aufgeführt wurden156), und eine epi-

152) Siehe auch W. B. Gallie, Philosophers of Peace and War. Kant, Clausewitz, Engels and Tolstoj, Cambridge u.a. 1978, S. 104f. 153) Ekkehart Krippendorff leitet von diesen Auffassungen Tolstois eine regelrechte Kriegstheorie ab, die den russischen Schriftsteller zum Antipoden von Clausewitz macht (Ekkehart Krippendorff, Staat und Krieg. Die historische Logik politischer Unvernunft, Frankfurt/M. 1985, S. 406).

154) Siehe auch Herfried Münkler, Schlachtbeschreibung: Der Krieg in Wahrnehmung und Erinnerung. Über „Kriegsberichterstattung", in: ders., Gewalt und Ordnung. Das Bild des Krieges im politischen Denken, Frankfurt/M. 1992, S. 182ff. 155) Besonders beliebt waren Geschichten, die sich um die .Franctireurs', die französischen Freischärler drehten. So etwa Ferdinand Kießling, Ein weiblicher Franctireur. Wahre Bege-

benheit aus dem vergangenen Kriege, in: ders., Tornister-Geschichten. Erzählungen aus Krieg und Frieden. Für deutsche Soldaten und deren Freunde, Leipzig 1871, S. 143-162; Ewald August König, Die Tochter des Franctireurs. Roman, 3 Bde., Jena 1873; Friedrich Gerstäcker, Die Franktireurs, in: ders., Kriegsbilder. Erzählungen und Erinnerungen aus den Kriegsjahren 1870/71, Leipzig [1908], S. 1-85. 156) Zum Beispiel Ludwig Egler, Deutschlands Ehrenkampf 1870-71. Dramatische Bilder, Sigmaringen 1873; Adolf Wechßler, Der Franctireur. Schauspiel in fünf Akten, Stuttgart 1889; J. Chr. Glücklich, Kriegers Abschied und Wiedersehen. Episoden aus Deutschlands schwerer, trüber Zeit bis zu seiner Erhebung, Einigung und Sieg. Vortrag, mit 7 lebenden Bildern ausgestattet, besonders geeignet für Krieger-, Turn-, Schützen-, Gesang- und gesel-

71

I. Medien der Kriegsdarstellung

gonale Kriegslyrik157), die im wesentlichen nur ein Neuaufguß des Liedguts von 1813 war.158) Sogar die „Wacht am Rhein", das Lied, das geradezu sprichwörtlich für den 70/71-Krieg geworden ist, war schon im Zusammenhang mit der Rheinkrise des Jahres 1840 von Max Schneckenburger gedichtet worden. Gewiß trag auch die Lyrik des Jahres 1870/71, wie Ernst Weber für das Liedgut der Befreiungskriege nachgewiesen hat, wiederum dazu bei, nationales, und das heißt primär bürgerliches Ideengut auch an andere soziale Schichten weiterzugeben.159) Dabei wurden allerdings zumeist so banale und stereotype Themen und Motive verwendet Gernot Sittner hat insgesamt elf Topoi gezählt, die in der Kriegslyrik immer wieder aufs neue variiert wurden160) -, daß ihre Befragung im Hinblick auf eine elaboriertere Deutungs- und Interpretationsleistung des Krieges sowie der Art und Weise der Kriegführung unergiebig -

Vereine bei Weihnachts-, Kaisers Geburtstags- und patriotischen Feiern, Wiesbaden 1894; Fortunat Torney, Im Kriegsjahr 1870. Drama, Gotha 1895.

lige

157) Auch die Kriegslyrik, die von namhaften Literaten verfaßt wurde, unterschied sich nicht wesentlich von der gängigen Produktion. Siehe hierzu etwa die Gedichte Storms und Fontanes zum Krieg von 1864, die bei Vogel im Anhang abgedruckt sind (Winfried Vogel, Entscheidung 1864. Das Gefecht bei Düppel im Deutsch-Dänischen Krieg und seine Bedeutung für die Lösung der deutschen Frage, Koblenz 1987, S. 150ff). 158) Eine Vielzahl von Anthologien belegt diesen Sachverhalt. Siehe K. Trebitz (Hg.), Trutznachtigall. Sammlung deutscher Lieder, gesungen im deutschen Kriege wider Frankreich 1870, Jena 1870; Franz Lipperheide (Hg.), Lieder zu Schutz und Trutz. Gaben deutscher Dichter aus der Zeit des Krieges 1870 und 1871, 4 Bde., Berlin 1870/71; Alldeutschland. Dichtungen aus den Ruhmestagen des Heldenkrieges 1870-1871, hg. v. M. von der Werra und W. von Baensch, Leipzig 1871; E. Wachsmann (Hg.), Sammlung der deutschen Kriegs- und Volkslieder des Jahres 1870, Berlin 1871; A. Enslin (Hg.), Der deutsch-französische Krieg 1870-1871 in Liedern und Gedichten, Berlin 1871; Friedrich Geßler, Sonette eines Feldsoldaten, Stuttgart 1871; Ernst Hensing u.a. (Hgg.), Die Kriegs-Poesie der Jahre 1870-1871, geordnet zu einer poetischen Geschichte, 6 Bde., Mannheim 1873/74; Karl Koch, Stimmungs-Bilder aus dem Großen Kriege 1870/71, Minden i.W. 31895; Ludwig Bund, Alldeutschland. Eine Sammlung vaterländischer Kriegs- und Soldatenlieder, Düsseldorf 1876. 159) Ernst Weber, Lyrik der Befreiungskriege (1812-1815). Gesellschaftspolitische Meinungs- und Willensbildung durch Literatur, Stuttgart 1991, S. 327; ders., Zwischen Emanzipation und Disziplinierung. Zur meinungs- und willensbildenden Funktion politischer Lyrik in Zeitungen zur Zeit der Befreiungskriege, in: Herrmann (Hg.), Volk Nation Vaterland, S. 325 ff. Zur direkten Funktionalisierung der Literatur im Dienst der .mentalen Mobilmachung' im Vorfeld und während der Befreiungskriege auch Otto W. Johnston, Der deutsche Nationalmythos. Ursprung eines politischen Programms, Stuttgart 1990. Eine kritische Stellungnahme zu beiden Büchern Weber wird ein .Schönfärben' des ideologischen Programms der Kriegslyrik, Johnston eine mangelhafte empirische Fundierung seiner Thesen vorgeworfen liefert Hans Rudolf Wahl, Zur Ästhetik des Nationalismus. Plädoyer für eine kulturgeschichtliche Neukonzeption der Nationalismusforschung, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 44 (1996), H.7, S. 612ff. 160) Gernot Sittner, Politik und Literatur 1870/71. Die Spiegelung des politischen Geschehens zur Zeit des deutsch-französischen Krieges in der zeitgenössischen deutschen Literatur, Diss. München 1966, S. 5. -

-

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-

72

I. Medien der

Kriegsdarstellung

erscheint.161 ) Zudem fehlen Texte aus dem Bereich der Kunstliteratur, die einen deutlicheren Bezug zu den Bildungsschichten aufwiesen, nahezu vollständig. Insgesamt ist die Literatur für die Rekonstruktion einer bildungsbürgerlichen Deutungskultur der Reichseinigungskriege im Hinblick auf die vorliegende Fragestellung! eine Quelle von nur sehr begrenzter Aussagekraft, die allenfalls sporadisch herangezogen werden soll.162) Die erzählerische Darstellung der Einigungskriege war nicht nur Aufgabe der Literatur, sie mußte auch von den Historikern geleistet werden, die sich im Kaiserreich der Aufarbeitung der neueren deutschen Geschichte zuwandten. Vor allem die kleindeutsch-borussianische Schule, die in der Geschichtswissenschaft der Reichsgründungsära dominierte163), sah sich herausgefordert, die Ereignisse der letzten Jahre und Jahrzehnte in ihrem Sinn darzustellen und zu interpretieren. Droysen, Sybel und Treitschke um nur einige der wichtigsten Vertreter dieser Schule zu nennen arbeiteten die historische Mission Preußens und die letztendliche Identität der preußischen Interessen mit dem deutschen Nationalinteresse heraus.164) In dieser konstruierten Geschichte spielten auch die Einigungskriege eine große Rolle. Hier entpuppte sich das von den Liberalen zunächst verkannte Preußen schrittweise als Führungsmacht der deutschen Nationalbewegung. Die Schilderung dieser Kriege, in der Darstellungsweise zwar von den Regeln geschichtswissenschaftlicher Analyse be-

-

-

-

161)

Zu dieser Einschätzung schon Rolf Neumann, Die deutsche Kriegsdichtung von 1870/71, Breslau 1911, S. 85; Alfred Steinitzer/Wilhelm Michel, Der Krieg in Bildern, München 51912, S. 119-123. In der neueren Forschung Hasko Zimmer, Auf dem Altar des Vaterlands. Religion und Patriotismus in der deutschen Kriegslyrik des 19. Jahrhunderts, Frankfurt/M. 1971, S. 7ff; Angelika Menne, Einigkeit und Unité. Die Legitimation politi-

scher

Vorgänge

mit

lyrischen

Mitteln in den deutschen und französischen

Kriegsgedichten

1870-71, Diss. Berlin 1980, S. 353ff.; ebenso bereits die zeitgenössischen Beobachter W. Kopp, Der Krieg Kaiser Wilhelms 1870-1871, Berlin 1872, S. 37, Karl Buchner, Das literarische Geschäft während des Krieges, in: Im Neuen Reich 1 (1871), Bd. 2, S. 881 ff. von

und Friedrich Koch-Breuberg, Drei Jahre in Frankreich. Erinnerungen eines Truppenoffiziers aus dem Feldzug 1870/71 und der Occupation 1871-1873, München 1891, S. 106. Als Beispiel für die Nutzung von Kriegslyrik als Quelle für eine geschichtswissenschaftliche Analyse ist zu nennen Rudolf Buchner, Die deutsche patriotische Dichtung vom Kriegsbeginn 1870 über Frankreich und die elsässische Frage, in: HZ 206 (1968), S. 327-336. 162) Dieser Befund enttäuscht besonders im Vergleich zum Ersten Weltkrieg, der auch in der Kunstliteratur seit Mitte der zwanziger Jahre verstärkt aufgearbeitet wurde. Siehe HansHarald Müller, Der Krieg und die Schriftsteller. Der Kriegsroman der Weimarer Republik, Stuttgart 1986. 163) G. P. Gooch, Geschichte und Geschichtsschreiber im 19. Jahrhundert, Frankfurt/M. 1964, S. 160ff. 164) Siehe auch Wolfgang Hardtwig, Geschichtsinteresse, Geschichtsbilder und politische Symbole in der Reichsgründungsära und im Kaiserreich, in: Ekkehard Mai/Stephan Waetzoldt (Hgg.), Kunstverwaltung, Bau und Denkmal-Politik im Kaiserreich, Berlin 1981, S. 47.

I. Medien der

Kriegsdarstellung

73

stimmt, ist dennoch gleichzeitig als Kommentar und Interpretation der Ereig-

nisse zu lesen.165) Die Deutungsleistungen der Historiker fielen in den deutschen Bildungsschichten der Reichsgründungsära auf einen fruchtbaren Boden. Die überragende Bedeutung von Geschichte und Geschichtswissenschaft für die bildungsbürgerliche Kultur ist in der Forschung schon oft herausgestellt worden. Als .Ersatzreligion der Gebildeten' stellte die Geschichte Sinnangebote für die Zeitgenossen bereit und etablierte sich als „Führungswissenschaft"166) gegenüber anderen Fächern, die sich im 19. Jahrhundert gleichfalls historisierten und insofern der alles überwölbenden Geschichtswissenschaft beiordnen mußten. Aber nicht nur im Wissenschaftsbetrieb, auch in der Öffentlichkeit gaben Historiker vielerorts den Ton an.167) Geschichtsprofessoren saßen in den Parlamenten, füllten die Spalten der großen Zeitungen und wirkten als Redner und Ideengeber auf die „Geschichtskultur"168) ein, die sich in Vortrags Veranstaltungen, Museen und Denkmälern auskristallisiert und gleichsam zwischen Fachwissenschaft und Gesellschaft eingeschoben hatte. Mit all diesen Aktivitäten nahmen die Historiker eine „Schlüsselstellung" für die „politische Deutungskultur"169) des 19. Jahrhunderts ein. Spürt man der Kriegsdarstellung und -interpretation der Historiker nach, so ist man also nicht nur auf die Geschichtswerke, sondern ebensogut auf öffentliche Vorträge, Traktate und Zeitungsartikel verwiesen. Auch hier, und vielleicht noch deutlicher als in den historiographischen Texten, kommen die Historiker ihrer Aufgabe nach, die aktuellen Ereignisse im Lichte der Vergangenheit auszulegen und den Zeitgenossen verständlich zu machen. In den Geschichtswerken schließlich wird auch an die Nachwelt gedacht, deren Bild von den Kriegen der Reichsgründungsära eines Tages maßgeblich von den Darstellungen der Historiker geprägt sein wird.

165) Zur Nutzung historiographischer Texte als historischer Quelle, ebenfalls auf die Ereignisse der Reichsgründungsära bezogen, siehe Friedhelm Grützner, Die Politik Bismarcks 1862 bis 1871 in der deutschen Geschichtsschreibung. Eine kritische historiographische Betrachtung, Frankfurt/M. u.a. 1986; Elisabeth Fehrenbach, Die Reichsgründung in der deutschen Geschichtsschreibung, in: Theodor Schieder/Ernst Deuerlein (Hgg.), Reichsgründung 1870/71. Tatsachen Kontroversen Interpretationen, Stuttgart 1970, S. 259-290. 166) Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918. Erster Band: Arbeitswelt und Bürgergeist, München 1990, S. 633. 167) Georg G. Iggers, Geschichtswissenschaft in Deutschland und Frankreich 1830 bis 1918 und die Rolle der Sozialgeschichte. Ein Vergleich zwischen zwei Traditionen bürgerlicher Geschichtsschreibung, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, Bd. 3, München 1988, S. 199. 168) Wolfgang Hardtwig, Vorwort, in: ders., Geschichtskultur und Wissenschaft, München 1990, S. 10. 169) Gangolf Hübinger, „Historiker des Lebens". Gervinus und die politische Deutungskultur 1830-1871, in: Gustav Schmidt/Jörn Rüsen (Hgg.), Gelehrtenpolitik und politische Kultur in Deutschland 1830-1930. Referate und Diskussionsbeiträge, Bochum 1986, S. 59. -

-

74

I. Medien der Kriegsdarstellung

Selbstverständlich haben nicht nur Historiker Traktate und Pamphlete verfaßt, sind nicht nur Historiker aufgefordert worden, in öffentlichen Vorträgen zu den Kriegsereignissen Stellung zu nehmen. Im Umfeld der deutschen Universitäten hat sich ein umfängliches Vortragswesen entfaltet, zu dem auch Ver-

anderer Fakultäten beigetragen haben. Viele dieser Reden sind gedruckt worden und folglich der Auswertung zugänglich. Der besondere Wert dieser Quelle besteht darin, daß sie in wünschenswerter Eindeutigkeit dem akademischen Milieu zugeordnet ist. Die Redner sprachen im Namen ihrer Hochschule und wandten sich dabei an Kollegen, Studenten und Absolventen, mithin an das gesamte akademische Milieu der jeweiligen Universitätsstadt, über deren Mauern der Text dann noch hinausdringen konnte, indem er anschließend veröffentlicht wurde.170) Wenn die Reden und Traktate der Professoren, bezogen auf die Deutungsleistung, den einen Pol auf der Skala der Druckerzeugnisse bildeten171), dann waren am anderen Pol die verschiedenen Plakate und Handzettel angeordnet, die während der Feldzüge aufgehängt und ausgegeben wurden. Plakate trugen Bekanntmachungen oder Aufrufe, sie verunglimpften den Feind oder spornten die eigenen Truppen an; in jedem Fall beinhalteten sie nur einige imperativische Sätze oder Satzfragmente, die zur Interpretation des Krieges denkbar treter

l70) Einige dieser gedruckten Reden und Traktate sind 1870/71 sogar bis nach Frankreich gelangt. Ein preußischer Füsilier berichtet in seinem Kriegstagebuch, daß er im Felde Gelegenheit hatte, Karl Gutzkows Flugschrift „Das Duell wegen Ems" und Emil Du Bois-Reymonds „treffliche akademische Philippika" mit dem Titel „Über den deutschen Krieg" zu lesen (Vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen, S.

52).

m) Zu den Quellen, die einen klaren Bezug zu den Bildungsschichten aufweisen, gehören auch Konversationslexika, Schulbücher für Gymnasien und Parlamentsreden, die sehr wohl auch für die Tribüne, also für die Öffentlichkeit gehalten werden. Die Lexikonartikel, die ohnehin immer erst relativ spät auf die jeweils aktuellen Kriege reagieren können, sind im wesentlichen bereits

von

Wilhelm Janssen ausgewertet worden

(Wilhelm Janssen,

Art.

Krieg, in: Otto Brunner u. a. [Hgg.], Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 3, Stuttgart 1982, S. 597 ff.; auch Frank Nagler, Von der Idee des Friedens zur Apologie des Krieges. Eine Untersuchung geistiger Strö-

mungen im Umkreis des Rotteck-Welckerschen Staatslexikons, Baden-Baden 1990). Bei den Schulbüchern stellt sich das Problem, daß sie sich in der Regel mit einem kurzen Ereignisreferat begnügen; eine Interpretation der Geschehnisse findet höchstens insofern statt, als einige Nationalstereotype aufgelistet werden (siehe Dieter Tiemann, Die Vorgeschichte des Krieges von 1870/71 in deutschen und französischen Schulgeschichtsbüchern, Diss. Wuppertal 1976, besonders S. 47 ff). Die Parlamentsreden sind zusammen mit der gesamten parlamentarischen Diskussion militärpolitischer Fragen in der Forschung bereits gründlich abgehandelt worden (z.B. Michael Stürmer, Militärkonflikt und Bismarckzeit. Zur Bedeutung der Reichsmilitärgesetze 1874-1890, in: Gerhard A. Ritter [Hg.], Gesellschaft, Parlament und Regierung. Zur Geschichte des Parlamentarismus in Deutschland, Düsseldorf 1974, S. 225-248; Stig Förster, Der doppelte Militarismus. Die deutsche Heeresrüstungspolitik zwischen Status-Quo-Sicherung und Aggression 1890-1913, Stuttgart 1985). Alle drei Quellen finden aus den genannten Gründen keine Berücksichtigung.

I. Medien der Kriegsdarstellung

75

wenig beitragen.172) Gleiches gilt für die Handzettel, die zu Informationszwekan die Trappen verteilt wurden.173) Für die Kriegsbilder, für die visuellen Darstellungen der Kampfhandlungen läßt sich ein ähnliches Spektrum aufspannen. Hier reichte die Palette von Schlachtengemälden, die in mehrjähriger Arbeit entstanden, über Panoramen, von denen Kampfszenen mit naturalistischer Detailtreue nachgestellt wurden, bis zu gedruckten Zeichnungen, Fotografien und Bilderbogen. All diese Bildwerke sind, in ihrer Bedeutung abgestuft, als Quellen für eine Wahrnehmungsgeschichte des Krieges interessant; schließlich wurde das Kriegsbild der Gebildeten auch von den Kriegsbildern

ken

geformt.174)

Überblickt man die verschiedenen Darstellungsformen von Krieg in der Ära der Einigungskriege, dann wird die Veränderung offenbar, die durch die Medienrevolution des 19. Jahrhunderts auch in diesem Bereich ausgelöst wurde. Eine starke, vor allem von den Zeitungen, aber auch von vielen anderen Druckerzeugnissen getragene Öffentlichkeit bemächtigte sich der Kriegsereignisse, um sie in Darstellung und Diskussion, in Analyse und Interpretation für das Publikum aufzubereiten. Dort, wo zur Zeit der napoleonischen Kriege nur wenige Datenflüsse, zumeist regierungsamtlichen Ursprungs, die Bevölkerung mit spärlichen Informationen speisten, schob sich nun ein Wust von Druckerzeugnissen zwischen das Kriegsgeschehen und die lesehungrige Heimat. Der Krieg wurde nachgerade ,zugedeckt' von dem, was die Drackerpressen täglich ausstießen, und das nicht nur im metaphorischen, sondern durchaus auch in einem wörtlichen Sinne:

172)

Die deutsche Seite setzte Plakate

vorrangig als Propagandamittel ein: in Form der soge-

.Zündnadeln' (Ursula Zeller, Die Frühzeit des politischen Bildplakats in Deutschland [1848-1918], Stuttgart 1987, S. 14 u. S. 259 [Abb.4-10]); außerdem zum Zweck der Information im Felde (L. Kayßler, Aus dem Hauptquartier und der Kriegsgefangenschaft, Berlin 1871, S. 60) sowie an den Litfaßsäulen der Heimatstädte (Hans Vollmer, Der deutschfranzösische Krieg 1870/71, Erster Teil, Berlin 31907, S. 180; Ernst Deuerlein [Hg.], Die Gründung des Deutschen Reiches 1870/71 in Augenzeugenberichten, München 1977, S. 103). Auf französischer Seite wurden die Plakate mit den Aufrufen der jungen Republik bekannt, die teilweise von Victor Hugo abgefaßt waren (Hans Wachenhusen, Vom ersten bis zum letzten Schuß. Kriegserinnerungen 1870/71, Berlin 1896, S. 38f.; Paul Hassel, Von der dritten Armee. Kriegsgeschichtliche Skizzen aus dem Feldzuge 1870-1871, Leipzig 1872, S. 296). 173) Ein Bericht von der Verteilung solcher Handzettel findet sich bei Stier, Unter Prinz Friedrich Karl, S. 32. Die Bevölkerung der deutschen Großstädte wurde auch durch die Planannten

katierung der Depeschen

aus dem deutschen Hauptquartier über die Kriegsereignisse informiert. In Berlin bildete das .Depeschenhaus' von Ernst Litfaß eine der wichtigsten Anlaufstellen für den informationshungrigen Bürger; hier wurden nicht nur Anschläge und Plakate präsentiert, sondern auch große Bogen vor der Fassade aufgehängt, die Bilder von den Kriegsereignissen zeigten (Klaus Wiede [Hg.], Der Deutsch-Französische Krieg 1870-1871, Bd. 2, München 1970, S. 112). 174) Genauere Informationen zu den Bildquellen liefern die einschlägigen Kapitel.

76

I. Medien der

Kriegsdarstellung

Diese Unmasse aufrechtstehender Gewehre [...] ist dem Schlachtfelde ebenso charakteristisch, wie die Unzahl von Papieren und Fetzen aller Art, welche den ganzen weiten Raum erfüllen. Eine große Menge liefern die Hüllen der Patronenpakete, an deren Lage allein man recht wohl den Gang einer Schlacht studieren könnte, das übrige bilden in der Hauptsache Briefe, Soldbücher und Schriften aller Art, so daß dieser in der Tat überraschende Anblick einen Begriff von der Herrschaft des Papieres in unserer Zeit gibt.175)

.Schriften aller Art' bedecken den Boden und ziehen das Auge des Betrachters in ihren Bann. Das von Papier übersäte Schlachtfeld wird zum Symbol für die neue Gewalt der Druckmedien über die Wahrnehmung des Krieges.

175) Kurt von Einsiedel, Breslau 1907, S. 41.

Tagebuchblätter

aus

dem deutsch-französischen

Krieg,

Berlin/

II.

(Bildungs-)Bürgertum und Krieg seit

1800

Bürgertums zum Krieg im 19. Jahrhundert war zwiespältig. und Militärdienst wurden teils lautstark gefordert, teils als ZuKriegsteilnahme mutung empfunden; die ideelle Bewertung des Krieges, primär im Bildungsbürgertum artikuliert, reichte von enthusiastischer Begeisterung bis zu rigidester Kritik. Seit der Französischen Revolution und den Befreiungskriegen bildete sich ein breites Spektrum von Positionen heraus, das auch im Vorfeld der Reichseinigungskriege noch die bürgerliche Öffentlichkeit beherrschte und vor dessen Hintergrund die Kommentierang der Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 erst in ihrer vollen Bedeutung begriffen werden kann. Wer von bildungsbürgerlichen Auffassungen von Krieg und Militärdienst sprechen will, muß vorab klären, was er unter Bildung und Bildungsbürgern versteht. Die Definition von M. Rainer Lepsius kann hier eine Hilfestellung geben. Das Bildungsbürgertum ist jener Teil des Bürgertums, so Lepsius, dessen Lebenslage und individuelle Lebenschance durch den Besitz von Bildungspatenten bestimmt wird1). Damit wird Bildung weitgehend mit Ausbildung gleichgesetzt; derjenige Bürger, der zwar über Bildungswissen verfügt, dessen Lebenslage und Lebenschance hiervon jedoch nicht abhängig sind, bleibt ausgeklammert. Ebenso ergeht es dem Adligen, der zwar eine akademische Ausbildung durchlaufen hat, aber nicht dem Bürgertum zugeschlagen werden kann. Lepsius verengt den Begriff des Bildungsbürgers weitgehend auf den Typus des bürgerlichen Akademikers. Diese relativ enge Definition hat zwar den Vorteil einer vergleichsweise klaren Grenzziehung zwischen Bildungsbürgern und Nicht-Bildungsbürgern, aber sie erkauft diese Eindeutigkeit mit einer unzulässigen Vereinfachung vieldeutiger gesellschaftsgeschichtlicher Sachverhalte. So setzt sich die Konstruktion eines deutschen Bildungsbürgertums als geschlossener sozialer Formation ohnehin über viele regionale, konfessionelle und politisch-soziale Gegensätze hinweg, die kaum durch die Tatsache eines vergleichbaren Ausbildungsweges allein haben überschritten werden können. Nur eine gemeinsame Kultur der Gebildeten schuf die Plattform, auf der sich Bildungsbürger aus allen Teilen Deutschlands begegnen und zum Bewußtsein ihrer mehr sozialkulturellen als sozialökonomischen Gemeinsamkeiten kommen konnten. Der ähnliche soziale Status hätte innerhalb des sehr wenig an Solidarisierung interessierten bürgerlichen Milieus nicht hingereicht, um einen Das Verhältnis des

') M. Rainer Lepsius, Das Bildungsbürgertum als ständische Vergesellschaftung, in: ders. (Hg.), Lebensführung und ständische Vergesellschaftung, Stuttgart 1990 (= Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert; 3), S. 8; ders., Zur Soziologie des Bürgertums und der Bürgerlichkeit, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, Göttingen 1987, S. 86.

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stärkeren Zusammenhalt zu erzeugen. Ob dieser Zusammenhalt auch mit dem Gefühl der Zusammengehörigkeit verbunden war, ist in der Forschung nach wie vor umstritten;2) immerhin kann festgehalten werden, daß es gemeinsame kulturelle Praktiken und ein vielfach geteiltes Bildungswissen gab und daß solche Übereinstimmungen immer auch zur Entstehung von Gruppenbewußtsein und Gruppenidentität beitragen. An dieser bildungsbürgerlichen Kultur hatten selbstverständlich auch gebildete Aristokraten3) und Vertreter des Bürgerstandes ohne akademische Ausbildung teil. Die bürgerlichen Akademiker bildeten zwar den Kern des Bildungsmilieus, doch dieses Milieu faserte an seinen Rändern in die über- und unterbürgerlichen Schichten hinein aus. Bildungsbürger war nicht, wer einen Hochschulabschluß besaß und kein ,von' im Namen trug, sondern wer an der bildungsbürgerlichen Kultur partizipierte, indem er die Interessen pflegte, die von dieser Kultur nahegelegt und gefordert wurden. Wer Hausmusik schätzte und ein Tagebuch führte, wer mit Freunden korrespondierte und Gedichte auswendig lernte, wer Bildungsreisen unternahm und Romane verschlang, der hatte an der bildungsbürgerlichen Kultur teil, egal, ob er formal als bürgerlicher Akademiker gelten konnte oder nicht. Auch wenn die bürgerlichen Akademiker ohne Frage die wichtigste Trägergrappe der bildungsbürgerlichen Kultur waren, muß doch von Fall zu Fall, von Individuum zu Individuum entschieden werden, wie stark die Partizipation an dieser Kultur tatsächlich gewesen ist. Nur ein konstruierter Idealtyp des deutschen Bildungsbürgers wird alle kulturellen Praktiken ausgeübt und sämtliche Wissensgebiete beherrscht haben, die zum Kanon des Bildungsbürgerlichen gehörten. Die Lebenspraxis und das Wissen wirklicher Menschen sind weniger konsistent, sie sind durch Ereignisse und Zufälle bedingt, die in jeder Biographie zu anderen Konstellationen führen. Die bildungsbürgerliche Kultur kann als Abstraktum rekonstruiert werden, als ein Set von Wissensbeständen und von kulturellen Praktiken, die unregelmäßig auf konkrete Individuen verteilt sind. Die Kultur der Gebildeten ist mit wünschenswerter Eindeutigkeit zu bestimmen, die Teilhabe der Menschen an ihr ist nur als ein Mehr oder Weniger, als ein fallweise verschiedenes Sammelsurium zu fassen.4)

2) Jürgen Kocka, Bildungsbürgertum Gesellschaftliche Formation oder Historikerkonstrukt?, in: ders. (Hg.), Politischer Einfluß und gesellschaftliche Formation, Stuttgart 1989 (=Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert; 4), S. 11. -

3) Zum Problem der Verbürgerlichung des Adels durch Bildung Karl-Ernst Jeismann, Einleitung: Zur Bedeutung der „Bildung" im 19. Jahrhundert, in: Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. III. S. 17. 4) Zu diesem Abschnitt Thomas Nipperdey, Wie das Bürgertum die Moderne fand, Berlin 1988, passim; Jürgen Kocka, Bürgertum und BUrgerlichkeit als Probleme der deutschen Geschichte vom späten 18. zum frühen 20. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, Göttingen 1987, S.42f.; M. Rainer Lepsius, Zur Soziologie des Bürgertums und der Bürgerlichkeit, in: Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit, S. 89 u. 91 ; Wolfgang Kaschuba, Deutsche Bürgerlichkeit nach 1800. Kultur als symbolische Praxis, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Ver-

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Die Rede vom Bildungsbürgertum als sozialer Formation ist also nur mit Vorbehalten möglich. Der Fokus auf die bürgerlichen Akademiker darf nicht über die ausgefransten Ränder des Bildungsmilieus hinwegtäuschen. Nur die bevorzugte, nicht die ausschließliche Teilhabe der Hochschulabsolventen bürgerlicher Herkunft an der Herausbildung und Tradierung der bildungsbürgerlichen Kultur seit der Wende zum 19. Jahrhundert rechtfertigt diese Vorgehensweise. Gewiß gab es auch schon im 18. Jahrhundert gebildete Bürger. Ein Bildungsbürgertum als eigenständige Gruppierung innerhalb der bürgerlichen Schichten ist trotzdem erst im frühen 19. Jahrhundert identifizierbar.5) Erst die strikte Reglementierung des Zugangs zu vielen hochqualifizierten Tätigkeiten schuf die Voraussetzung für die Entstehung einer Funktionselite, die sich über die gemeinsame Absolvierung von Ausildungsgängen definierte. Wer Arzt, Studienrat oder höherer Verwaltungsbeamter werden wollte, mußte studieren und neuerdings auch ein Staatsexamen mit genau definierten Anforderungen ablegen.6) Damit entstand das einheitliche Berufsbild des Akademikers, das durch die obligatorische Abfolge von Abitur, Studium und Examen auch mit einem spezifischen Biographiemuster verknüpft war. Die ähnliche Biographie und der vergleichbare soziale Status schweißten die Hochschulabsolventen zusammen. Darüber hinaus sorgten die studentischen Verbindungen, die Burschenschaften und Corps, für die Herausbildung eines gemeinsamen Habitus. Der Akademiker wurde zu einem Sozialtyp, der sich von anderen Vertretern des Bürgertums deutlich abgrenzte. Sinn dieser Abgrenzung war vor allem eine Rangerhöhung, ein Herabsehen des Akademikers auf seine ungebildeten Standesgenossen. Der alte Typus des Bd. 3, München 1988, S. 16f; Hannes Siegrist, Bürgerliche Berufe. Die Professiound das Bürgertum, in: ders. (Hg.), Bürgerliche Berufe. Zur Sozialgeschichte der freien und akademischen Berufe im internationalen Vergleich, Göttingen 1988, S. 18 f.; Gangolf Hübinger, Kulturprotestantismus und Politik. Zum Verhältnis von Liberalismus und Protestantismus im wilhelminischen Deutschland, Tübingen 1994, S. 17ff. 5) Im 19. Jahrhundert wurde zwar von .Bildung' und .gebildeten Bürgern' gesprochen, der Begriff ,Bildungsbürgertum' entstand jedoch erst nach dem Ersten Weltkrieg. Zumeist wurde er mit einem abwertenden Unterton verwendet, um den ,Untergang', um den ,Verfall' des Bildungsbürgertums und seiner Kultur zu beschwören. Siehe Ulrich Engelhardt, „Bildungsbürgertum". Begriffs- und Dogmengeschichte eines Etiketts, Stuttgart 1986, S. 180 ff; zu den Bedeutungskomponenten des Bildungsbegriffs auch Reinhart Koselleck, Einleitung Zur anthropologischen und semantischen Struktur der Bildung, in: ders. (Hg.), Bildungsgüter und Bildungswissen, Stuttgart 1990 (=Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert; 2), S. 13ff. 6) Peter Lundgreen, Zur Konstituierung des „Bildungsbürgertums": Berufs- und Bildungsauslese der Akademiker in Preußen, in: Werner Conze/Jürgen Kocka (Hgg.), Bildungssystem und Professionalisierung in internationalen Vergleichen, Stuttgart 1985 ^Bildungsbürich wünschte ein Bürger zu sein". gertum im 19. Jahrhundert; 1), S. 80 ff; Lothar Gall, Zum Selbstverständnis des deutschen Bürgertums im 19. Jahrhundert, in: HZ 245 (1987), S.610f.

gleich, nen

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Stadtbürgers, zumeist in einem kaufmännischen oder handwerklichen Beruf tätig, wurde schon von den Studenten als Philister verspottet;7) noch tiefer wurde die Kluft, als sich diejenigen Teile des gewerblichen Bürgertums, die von der Industrialisierungsphase seit der Jahrhundertmitte nicht zu profitieren vermochten, zu einem Kleinbürgertum wandelten8), dessen materielle und geistige Beengtheit die Bildungsbürger mit Verachtung quittierten. Aber auch die

Profiteure des industriellen Fortschritts, die reichen Fabrikanten und Finanziers, kamen an das Sozialprestige der Akademiker nicht heran. Ihre Arbeit galt immer noch als schmutzig, die höheren Weihen der Bildung und Geisteskultur, welche den Hochschulabsolventen zierten, blieben ihnen vorenthalten.9) Das Bildungsbürgertum war, wenn auch ärmer an Mitteln, in der sozialen Hierarchie über dem Besitzbürgertum plaziert; bis in die frühen Jahre des Kaiserreichs hatte diese Rangfolge Bestand.10) Die Akademiker leiteten von ihrer Ausbildung und geistigen Schulung ohnehin den Anspruch ab, nicht nur sozial höher angesiedelt zu sein als ihre Standesgenossen, sondern gleichzeitig noch als deren Pädagogen und Sprecher auftreten zu dürfen.11) Die Bildungsbürger wollten stellvertretend für das gesamte Bürgertum denken, sprechen und schreiben; die intellektuell weniger versierten Standesgenossen auch die Besitzbürger schickten ihre Söhne bis in die siebziger Jahre hinein in der Regel nicht zur Universität erhielten von den Akademikern Formulierangshilfen.12) Der privilegierte Zugang der Gebildeten -

-

ich wünschte ein Bürger zu sein", S. 616. 7) Gall, 8) Hans-Ulrich Wehler, Die Geburtsstunde des deutschen Kleinbürgertums, in: Hans-Jürgen Puhle (Hg.), Bürger in der Gesellschaft der Neuzeit. Wirtschaft Politik Kultur, Göttingen „...

1991, S. 201.

9)

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-

Friedrich Zunkel, Das Verhältnis des Unternehmertums zum Bildungsbürgertum zwischen Vormärz und Erstem Weltkrieg, in: M. Rainer Lepsius (Hg.), Lebensführung und ständische Vergesellschaftung, Stuttgart 1990 (=Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert; 3), S. 82 ff. 10) Hans-Ulrich Wehler, Wie „bürgerlich" war das Deutsche Kaiserreich?, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit, S. 247. ") Wolfgang J. Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850 bis 1890, Berlin 1993, S. 704. I2) Die soziale Nähe der beiden Gruppen wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß Besitz und Bildung oft am selben Holz wuchsen: Bürgerliche Akademiker entstammten sehr häufig wirtschaftsbürgerlichen Elternhäusern, wo sie als zweit- oder drittgeborene Söhne ohnehin nicht für das Weiterführen der Geschäfte vorgesehen waren. Der Wohlstand der Eltern erlaubte dann aber ohne weiteres eine langjährige Universitätsausbildung; der wirtschaftsbürgerliche Reichtum, um die Formulierung von Lepsius aufzugreifen, alimentierte die bildungsbürgerliche Karriere (Lepsius, Zur Soziologie des Bürgertums, in: Kocka [Hg.], Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, S. 97f). Durch diese unterschiedlichen beruflichen Optionen wurde der Zusammenhalt der Familien bzw. des gesamten Milieus aber keineswegs in Frage gestellt. Lothar Gall hat am Beispiel der Bassermanns aus Mannheim aufgezeigt, welch vielfältige Karrieren sich mit dem Status einer gutsituier-

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Schriftkultur, zu den Druckmedien, die im 19. Jahrhundert die Öffentlichkeit beherrschten, erleichterte diesen Vorgang. Bücher, Zeitungen und Zeitzur

schriften waren die Sprachrohre des Bürgertums, sie dienten der Artikulation seiner Interessen genauso wie der Belehrung des bürgerlichen Lesepublikums. Diese Rollenverteilung macht bereits deutlich, daß der Einfluß des Bildungsbürgertums weit über die Grenzen des eigenen, im engeren Sinne akademischen Milieus hinausging. Wenig Sinn hat es insofern auch, von der Anzahl der Gebildeten in der Gesellschaft auf deren Stellenwert und deren Bedeutung schließen zu wollen. Die nackten Zahlen erwecken in der Tat den Eindruck, als habe es sich bei den Akademikern nur um eine verschwindend kleine Gruppierung gehandelt. Hans-Ulrich Wehler hat neuerdings den Bevölkerangsanteil des Bildungsbürgertums in Preußen für das Jahr 1870 bei rund 0,75 Prozent angesetzt;13) andere Berechnungen gehen davon aus, daß im Jahr 1865 nur ein halbes Prozent der entsprechenden Altersklasse an den Universitäten studierte. 14) Ihr besonderes Gewicht erhielt diese kleine Minderheit aber dadurch, daß sie nicht nur eine überragende Rolle in der Öffentlichkeit spielte, sondern darüber hinaus auch wichtige Funktionsstellen in der Gesellschaft besetzte. In Lehre und Verwaltung, in Seelsorge und medizinischer Versorgung, im Kulturbetrieb und an den Gerichten gaben Akademiker den Ton an. Außerdem beherrschten die Hochschulabsolventen das politische Leben, sofern es sich bereits in Parlamenten oder parlamentsähnlichen Körperschaften ereignete. Vor allem die rhetorisch geschulten Professoren und Anwälte fanden hier eine Bühne für die Entfaltung ihrer politischen Ideen. Diese Ideen waren zumeist im Umfeld des Liberalismus angesiedelt.15) Bis in die sechziger Jahre des 19. Jahrhunderts hinein kann der Liberalismus als die „politische Normalhaltung"16) des deutschen Bildungsbürgertums gelten. Akademiker sein und liberal denken waren die beiden Seiten einer Medaille. Erst im Zuge der Einigungskriege wurden die liberalen Vorstellungen der Gebildeten zunehmend

ten

bürgerlichen Familie vertragen konnten (Lothar Gall, Bürgertum in Deutschland, Berlin

1989).

13) Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Dritter Band: Von der „Deutschen Doppelrevolution" bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1849-1914, München 1995, S. 127. 14) R. Steven Turner, Universitäten, in: Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. Ill, S. 239f.; der Anteil der Gymnasiasten in Preußen wird von Hohendahl für das Jahr 1864 auf 2,62% geschätzt (Peter Uwe Hohendahl, Literarische Kultur im Zeitalter des Liberalismus 1830-1870, München 1985, S. 311). 15) Dieter Langewiesche, Bildungsbürgertum und Liberalismus im 19. Jahrhundert, in: Jürgen Kocka (Hg.), Politischer Einfluß und gesellschaftliche Formation, Stuttgart 1989 ^Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert; 4), S. 97. 16) Rudolf Vierhaus, Art. Bildung, in: Otto Brunner u.a. (Hgg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 1, Stuttgart 1972, S. 534.

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Ideengut konterkariert.17) Insbesondere der ausgeprägte EtatisZeit viele Anhänger fand und für den vielleicht unter ande-

mus, der in dieser

auch der hohe Beamtenanteil unter den Akademikern verantwortlich zu machen war18), widersprach der traditionellen liberalen Auffassung von einem möglichst schwachen Staat. Auch der Nationalismus, neben dem Liberalismus und an diesen geknüpft das zweite Prinzip bildungsbürgerlichen politischen Denkens19), konnte Formen annehmen, die mit traditionellem liberalen Denken nur noch wenig gemein hatten.20) Radikale Nationalisten stellten schon seit den Befreiungskriegen die Nation so eindeutig über das Individuum, daß die Freiheit und Selbstverwirklichung des einzelnen, ein Kernbestand liberalen Denkens, in den Hintergrund trat. In diesem Sinne wäre der Nationalismus, zumindest in seiner radikalen Ausprägung, schon seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts als eine Sondertradition politischen Denkens in den deutschen Bildungsschichten anzusprechen, die nur lose mit dem Liberalismus verbunden war.21) Aus anderer Perspektive stellten Etatismus und illiberaler Nationalismus, die sich in den sechziger und siebziger Jahren zu einem Staats- oder Reichsnationalismus verdichteten, nur neue Varianten liberalen Denkens dar; sie verließen den Boden des Liberalismus nicht, sondern entwickelten das liberale Ideengut in bestimmter Weise weiter. Seit 1866/67 bildete dann die Nationalliberale Partei das politische Dach, unter dem sich klassische und neuformulierte liberale Positionen zusammenfanden.

rem

Für Woodruff Smith löst dieses neue Denken sogar einen regelrechten Generationsbruch Die Generation der „1860er" ist im Gegensatz zu den Achtundvierzigern' -jene Gruppe innerhalb des politischen Bürgertums, die sich in der Ära der Einigungskriege vom klassischen Liberalismus abwendet und statt dessen Ideologeme wie den Etatismus oder auch den Sozialdarwinismus in ihr politisches Denken aufnimmt (Woodruff D. Smith, Politics and the Sciences of Culture in Germany 1840-1920, New York/Oxford 1991, S. 89ff.). Die Schwäche dieses Modells besteht allerdings darin, daß es sehr leicht darüber hinwegtäuschen kann, wie viele ,alte Demokraten' von 1848 später ebenfalls in den Sog des Nationalliberalismus gerieten (Andreas Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland 1857-1868. Nationale Organisationen und Eliten, Düsseldorf 1994, S. 360). ich wünschte ein Bürger zu sein", S. 614; Jürgen Kocka, Bürgertum und Bür18) Gall, gerlichkeit als Probleme der deutschen Geschichte vom späten 18. zum frühen 20. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit, S. 53. Hans-Ulrich Wehler hat in diesem Zusammenhang den Terminus der „verstaatlichten Intelligenz" geprägt (Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, S. 112). 19) Bildungsidee und Nationalidee hingen schon insofern miteinander zusammen, als es primär die deutsche Nationalkultur war, die der Gebildete sich verfügbar machen, an der er teilhaben wollte. Siehe Karl-Ernst Jeismann, Einleitung: Zur Bedeutung der „Bildung" im 19. Jahrhundert, in: Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. III, S. 6. 20) Siehe auch Konrad H. Jarausch, Deutsche Studenten 1800-1970, Frankfurt/M. 1984, S. 59f. u. 82. 21) Zu dieser Auffassung Karl Rohe, The State Tradition in Germany: Continuities and Changes, in: Dirk Berg-Schlosser/Ralf Rytlewski (Hgg.), Political Culture in Germany, Basingstoke/London 1993, S. 217 ff.

17)

aus.

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Die politische Spaltung der liberalen Bewegung in Fortschritt und Nationalliberalismus setzte sich dabei keineswegs in die Gesellschaft hinein fort. Eine soziale oder kulturelle Kluft zwischen Linksliberalen und Nationalliberalen tat sich nicht auf, eine regelrechte Milieuspaltung innerhalb des deutschen Bildungsbürgertums unterblieb.22) Die Option für oder gegen Bismarck, für den Vorrang von Einheit oder Freiheit konnte innerhalb ein und derselben Familie unterschiedlich ausfallen. Auch das Besitzbürgertum entwickelte noch kein politisch-soziales Sonderbewußtsein, sondern verteilte sich relativ gleichmäßig auf die beiden liberalen Parteien; hiermit war auch eine implizite Anerkennung der Sprecher- und Führungsrolle der akademischen Eliten verbunden. Erst in den 1880er Jahren brach dieser Zusammenhalt auseinander. Im Zuge eines zweiten Industrialisierungsschubs verselbständigten sich die wirtschaftsbürgerlichen Schichten mehr und mehr gegenüber ihren gebildeten Standesgenossen.23) Seit der Wende zum 20. Jahrhundert schließlich zerfiel das ehemals relativ homogene deutsche Bürgertum in eine Vielzahl von Sozialgruppen;24) das Bildungsbürgertum, nur noch eine von vielen Fraktionen innerhalb des bürgerlichen Spektrums, mußte erhebliche Statuseinbußen hinnehmen und gab die politisch-ideelle Orientierung am Liberalismus schrittweise auf.25) Die Geschichte des Verhältnisses der bürgerlichen Schichten zu Krieg und Militärwesen ist noch im ausgehenden 18. Jahrhundert als eine Geschichte weitgehenden wechselseitigen Ignorierens zu schreiben. Adlige Offiziere und Mannschaften aus den ländlichen Unterschichten bildeten die Fürstenheere des späten Absolutismus, in die sich nur wenige Vertreter des Bürgerstandes verirrten.26) Für einen höheren Offiziersrang kam der Bürgerliche nicht in Frage, weil er nicht ,von Familie' war, für einen Mannschaftsdienstgrad galt er als nicht genügend abgehärtet und kräftig, zudem als nicht gehorsam genug. Außerdem besaßen bürgerliche Handwerker und Kaufleute, noch mehr die hochausgebildeten Akademiker, ein berufliches Fachwissen, das nicht leichtfertig im Krieg aufs Spiel gesetzt werden sollte. Könige und Fürsten, die durch die Schule des Merkantilismus und der Kameralistik gegangen waren, wollten das ökonomische Florieren ihrer Länder nicht gefährden; sie opferten im Felde lieber die unausgebildeten Landleute, deren Tod keine so großen Lücken in das Wirtschaftsleben riß.

22)

James J. Sheehan, Der deutsche Liberalismus. Von den Anfängen im 18. Jahrhundert bis Ersten Weltkrieg 1770-1914, München 1983, S. 150ff. u. 206. 23) Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, S. 704. 24) Hans Mommsen, Die Auflösung des Bürgertums seit dem späten 19. Jahrhundert, in: Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit, S. 290. 25) Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, S. 712f.; Hübinger, Kulturprotestantismus und Politik, S. 44. 26) Zum preußischen Kantonssystem siehe Gordon A. Craig, Die preußisch-deutsche Armee 1640-1945. Staat im Staate, Königstein/Ts. u. Düsseldorf 1980, S. 27. zum

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Das städtische Bürgertum hatte in direkter Form wenig mit dem Krieg zu schaffen, auch wenn es die indirekten Folgen der Feldzüge, die Steuerlasten und Verwüstungen, ebensogut zu spüren bekam. Der faktischen Distanz entsprach ein ausgesprochenes Desinteresse an militärischen Belangen, die nur den Fürsten etwas angingen, der sein Territorium vergrößern oder seine Macht vermehren wollte. Die Offiziere wurden von den Bürgerlichen oft als arrogant und schmarotzerhaft wahrgenommen, das ,gemeine Soldatenvolk' verachtete man wegen seiner Roheit und Brutalität.27) Mit der Armee konfrontiert zu werden, bedeutete für den Stadtbürger in der Regel nur die Furcht vor Einquartierung und Requirierung, vor gewaltsamen Übergriffen und Demütigungen.28) Die Ergebnisse der mühsam erduldeten Feldzüge waren für den Bürgersmann fast ohne Interesse, es konnte ihm relativ gleichgültig sein, ob eine Grenze um ein paar Kilometer verschoben wurde, ob ein Fürst seinen Ansprach auf eine Provinz oder einen Titel durchsetzte oder nicht. Das Ende des klassischen Kabinettskrieges, der seit dem Westfälischen Frieden das europäische Kriegstheater geprägt hatte29), wurde in den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts an der amerikanischen Ostküste eingeläutet. Die englische Armee, in der Logik des Kabinettskrieges durch Söldner aus allen Teilen Europas verstärkt, sah sich dort neben bezahlten Truppen auch amerikanischen Siedlern gegenüber, die sich zu Milizen zusammengeschlossen hatten, -

27)

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Klaus Latzel, „Schlachtbank" oder „Feld der Ehre"? Der Beginn des Einstellungswandels gegenüber Krieg und Tod 1756-1815, in: Wolfram Wette (Hg.), Der Krieg des kleinen Mannes. Eine Militärgeschichte von unten, München 1992. S. 81; Michael Howard, Der Krieg in der europäischen Geschichte. Vom Ritterheer zur Atomstreitmacht, München 1981, S. lOOf. Diese Negativ-Stereotype verstärkten sich allerdings noch, als es seit dem frühen 19. Jahrhundert darum ging, im Vergleich zum .verkommenen' Heerwesen des Absolutismus die Vorzüge des Wehrpflichtsystems desto heller erstrahlen zu lassen (Bernhard R. Kroener, „Das Schwungrad an der Staatsmaschine?" Die Bedeutung der bewaffneten Macht in der europäischen Geschichte der Frühen Neuzeit, in: ders./Ralf Pröve [Hgg.], Krieg und Frieden. Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Paderborn u.a. 1996, S. 12). 28) Neben diesen Nachteilen, die von der bürgerlichen Polemik oft überakzentuiert wurden, konnte dem Stadtbürgertum, zumal in Friedenszeiten, durch garnisonierte Truppen durchaus auch ein wirtschaftlicher Nutzen erwachsen. Die ständige Nachfrage der Garnison nach Gebrauchsgütern und Ausrüstungsgegenständen aller Art belebte den lokalen Markt. Ralf Pröve ist am Beispiel der Stadt Göttingen im 18. Jahrhundert diesem Zusammenhang nachgegangen (Ralf Pröve, Stehendes Heer und städtische Gesellschaft im 18. Jahrhundert. Göttingen und seine Militärbevölkerung 1713-1756, München 1995, S. 319; ähnlich auch schon Klaus Schwieger, Militär und Bürgertum. Zur gesellschaftlichen Prägkraft des preußischen Militärsystems im 18. Jahrhundert, in: Dirk Blasius [Hg.], Preußen in der deutschen Geschichte, Königstein/Ts. 1980, S. 179ff.). Neuerdings wird die Notwendigkeit der differenzierten Betrachtung noch einmal unterstrichen von Holger Th. Graf, Militarisierung der Stadt oder Urbanisierung des Militärs? Ein Beitrag zur Militärgeschichte der frühen Neuzeit aus stadtgeschichtlicher Perspektive, in: Ralf Pröve (Hg.), Klio in Uniform? Probleme und Perspektiven einer modernen Militärgeschichte der Frühen Neuzeit, Köln u. a. 1997, S. 89 ff. 29) Siegfried Fiedler, Kriegswesen und Kriegführung im Zeitalter der Kabinettskriege, Koblenz 1986, S. 21.

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gemeinsamen Einsatz von Leben und Eigentum ihre Freiheit zu erkämpfen.30) Der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg markierte in seinem Wechselspiel von traditionellen und neuartigen Elementen der Kriegführung, um

durch den

Söldnereinsatz bis zum Guerillakrieg31), einen entscheidenden Bruch in Kampftechnik und Kriegsideologie einen Brach, der im Gefolge der Französischen Revolution noch einmal radikalisiert wurde. Hier kämpften Nationalarmeen, so der ideologische Ansprach, gegen Söldner und Fürstenknechte, die in Frankreich einfielen, um die Republik zu liquidieren; jeder Franzose war aufgefordert, seine Freiheit und die von ihm selbst gewählte Lebensordnung gegen diesen feindlichen Übergriff zu verteidigen. Die Idee des Nationalstaats mündete in die Idee der Nationalarmee ein, in der jeder Staatsbürger, der das Recht der politischen Mitbestimmung erhalten hatte, nunmehr auch der Pflicht genügen mußte, die Interessen des Gemeinwesens mit Waffengewalt zu schützen. Die „levée en masse" des Jahres 1793 versuchte jeden Franzosen in den Dienst der nationalen Sache zu stellen; jedermann, egal ob Frau, Kind oder Greis, sollte seinen Beitrag zur nationalen Verteidigung leisten. Keine von der Nation abgetrennte Armee führte den Krieg, sondern die Nation selber, die sich der Armee nur als ihres Werkzeugs bediente.32) Natürlich klafften Ansprach und Wirklichkeit dieses nationalen Krieges auseinander. Der für die Sache der Nation entflammte Bürger in Uniform blieb eine seltene Erscheinung. Die Aushebungen der französischen Revolutionsregierung stießen vielerorts auf erbitterten Widerstand. Die Zahl der Desertionen in der französischen Armee überstieg noch die Vergleichszahlen in den Heeren der Koalitionsmächte, die doch vermeintlich ihre Soldaten zum Dienst gepreßt vom

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30) Jürgen Heideking, Die demokratische Herausforderung. Revolution, Unabhängigkeitskrieg und Bundesstaatsgründung in Nordamerika 1763-1815, in: Dieter Langewiesche (Hg.), Revolution und Krieg. Zur Dynamik historischen Wandels seit dem 18. Jahrhundert, Paderborn 1989, S. 39; Werner Hahlweg, Preußische Reformzeit und revolutionärer Krieg,

Berlin/Frankfurt a.M. 1962 (= Wehrwissenschaftliche Rundschau, Beiheft 18), S. 21. 31) Auch der Kabinettskrieg kannte bereits den .kleinen Krieg', doch er hatte für die Strategie noch keine entscheidende Bedeutung (Johannes Kunisch, Der kleine Krieg. Studien zum Heerwesen des Absolutismus, Wiesbaden 1973, S. 5—49). In der neueren Forschung wird ohnehin wieder auf etliche Kontinuitäten zwischen vorrevolutionärer und revolutionärer bzw. napoleonischer Kriegführung hingewiesen. Siehe Siegfried Fiedler, Kriegswesen und Kriegführung im Zeitalter der Revolutionskriege, Koblenz 1988, S. 12f; Panajotis Kondylis, Theorie des Krieges. Clausewitz Marx Engels Lenin, Stuttgart 1988, S. 76. 32) Zu diesem Abschnitt auch Eberhard Kessel, Die Wandlung der Kriegskunst im Zeitalter der Französischen Revolution, in: ders., Militärgeschichte und Kriegstheorie in neuerer Zeit. Ausgewählte Aufsätze, hg. v. Johannes Kunisch, Berlin 1987, S. 19ff.; Quincy Wright, A Study of War, Chicago/London 21965, S. 297; Wolfram Wette, Revolution und Krieg: Wendepunkte in der Idee des Krieges, in: Wehrwissenschaftliche Rundschau 17 (1967), H. 2, S. 81 ; Werner Gembruch, Zum Verhältnis von Staat und Heer im Zeitalter der Großen Französischen Revolution [1986], in: ders., Staat und Heer. Ausgewählte historische Studien zum ancien régime, zur Französischen Revolution und zu den Befreiungskriegen, hg. v. Johannes Kunisch, Berlin 1990, S. 263 ff. -

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hatten und nur mit Mühe bei der Fahne halten konnten.33) Offensichtlich war der in Aussicht stehende Sold doch ein stärkeres Motiv für den Verbleib bei der Truppe als der vielbeschworene nationale Enthusiasmus. Zumal dieser Enthusiasmus wenig ausrichten konnte, wenn eine gründliche militärische Ausbildung fehlte;34) ohne die einexerzierten Kader der alten bourbonischen Armee wäre das französische Revolutionsheer wohl kaum feldtüchtig gewesen. Erst im Laufe der Kriegsjahre gewannen die jungen Rekruten die militärische Erfahrung, die in Einzelfällen den Soldatentypus hervorbrachte, dem die französischen Armeen, neben vielen anderen Faktoren, an der Wende zum 19. Jahrhundert ihre Stärke und Überlegenheit verdankten: den selbständig agierenden Plänkler, der keiner ständigen Kontrolle bedurfte, weil er von der Sache überzeugt war, für die er eintrat, und der kraft seiner Intelligenz und Selbständigkeit all jenen Feinden überlegen war, die nur wie Marionetten den Befehlen ihrer

Vorgesetzten folgten.35)

In Preußen wurde der Bruch zwischen vor- und nachrevolutionärer Kriegführung erst einige Jahre später vollzogen. Bei Jena und Auerstedt kämpfte noch die alte friderizianische Armee, die seit den großen Siegen des Siebenjährigen Krieges nicht mehr reformiert worden war. Erst nach der katastrophalen Niederlage gegen die napoleonische Armee wurde eine Neustrukturierang des preußischen Heerwesens in Gang gesetzt. Der berühmte Aufruf, der in Berlin nach der verlorenen Doppelschlacht plakatiert wurde: „Der König hat eine Bataille verlohren [sie]. Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht"36), markierte dabei symbolträchtig den Gipfel- und Endpunkt der Ära der Kabinettskriege in Preußen. Der König hatte die Schlacht verloren, nicht die Nation; den Bürgerstand ging dieses Ereignis nur insofern an, als er aufgefordert wurde, sich still zu verhalten. Nur wenige Jahre später, im Frühjahr 1813, hatten sich die Verhältnisse bereits grundlegend geändert. Nun appellierte Friedrich Wilhelm III. in seinem Landsturmedikt an alle Untertanen, die Waffen gegen den französischen Eindringling zu erheben. Unter Beteiligung aller sozialen Schichten wurden Landwehren formiert, die der regulären Armee beigegeben wurden; ein besonderes Freiwilligencorps, die Lützowschen Jäger, setzte sich vor allem aus Vertretern des Bürgerstandes zusammen. Dabei überwogen allerdings die Handwerker, nicht die Studenten, wie die spätere Legendenbildung wollte.37) Zwar leisteten

33) Peter Paret, Clausewitz and the Nineteenth Century, in: Michael Howard (Hg.), The Theory and Practice of War. Essays Presented to Captain B. H. Liddell Hart, London 1965,

S. 35. 34) Dennis E. Showalter, The Retaming of Bellona: Prussia and the Institutionalization of the Napoleonic Legacy, 1815-1876, in: Military Affairs 44 (1980), S. 60. 35) Günther E. Rothenberg, The Art of Warfare in the Age of Napoleon, Bloomington/London 1978, S. 95. 36) Zit. n. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 61993, S. 15. 37) Rudolf Ibbeken, Preußen 1807-1813. Staat und Volk als Idee und in Wirklichkeit, Köln/

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preußischen Universitäten durch Propaganda und die Abstellung von Freiwilligen einen Beitrag zu den Befreiungskriegen, doch die Stilisierung der Lützowschen Jäger zu einem regelrechten Sammelbecken von national enthusiasmierten bürgerlichen Intellektuellen geht an der historischen Realität weit vorbei. Der militärische Nutzen dieser Freiwilligenverbände war ohnedies äußerst gering.38) Eher als ein politischer Mythos, der die Wandlung des Krieges zum Nationalkrieg und das besondere Engagement der Gebildeten verkörpern und ausdrücken sollte, gingen die Lützowschen Jäger in die Geschichte des auch die

19. Jahrhunderts ein. Als der Wiener Kongreß im Jahre 1815 mehr als zwei Jahrzehnte fast permanenten Krieges beendete, gehörte die Garantie einer längerfristigen Friedensordnung zu den Hauptzielen europäischer Politik.39) Gerade die Schrecken des National- und Volkskrieges, den die Französische Revolution heraufbeschworen hatte, sollten für immer gebannt werden. In Spanien im Jahre 1808, in Tirol 1809 oder in Rußland im Herbst und Winter 1812, als die Bauern die zurückflutenden französischen Soldaten auf ihren Feldern mit Knüppeln erschlugen, hatte sich der Krieg zu einem Kampf aller gegen alle ausgeweitet, zu einem Morden, das keinen Unterschied mehr kannte zwischen Soldaten und Zivilisten. Der Guerillakrieg, zuerst in Spanien erprobt, dann von Tirolern und Russen übernommen, verwischte mit seinen versteckten Attacken und den folgenden Vergeltungsmaßnahmen des Feindes jede Grenze zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten. Eine solche Enthegung des Krieges, um den Begriff von Carl Schmitt zu verwenden, forderte zu seiner neuerlichen Einhegung heraus.40) Die Brutalität der napoleonischen und anti-napoleonischen Kriegführung, die dem Kabinettskrieg in dieser Form fremd gewesen war41), ließ den totalen Volkskrieg zu einem Schreckbild werden, das um jeden Preis zu bannen war. Die lange Friedensperiode in Zentraleuropa bis 1859, unterbrochen nur von den Kämpfen der Revolutionsjahre 1848/49, hat ihre Ursache auch darin, Berlin 1970, S. 406, 417 u. 444-447; Peter Brandt, Einstellungen, Motive und Ziele von Kriegsfreiwilligen 1813/14: Das Freikorps Lützow, in: Jost Dülffer (Hg.), Kriegsbereitschaft und Friedensordnung in Deutschland 1800-1814 (=Jahrbuch für historische Friedensforschung 3 [1994]), S. 214. 38) George L. Mosse, Gefallen für das Vaterland. Nationales Heldentum und namenloses Sterben, Stuttgart 1993, S. 32. 39) Gordon A. Craig/Alexander L. George, Zwischen Krieg und Frieden. Konfliktlösung in Geschichte und Gegenwart, München 1984, S. 43 ff; Quincy Wright, A Study of War, Chicago/London 21965, S. 340f. 40) Carl Schmitt, Theorie des Partisanen. Zwischenbemerkung zum Begriff des Politischen, Berlin 21975,S. 17 u. 56. 41) Zum vergleichsweise unblutigen Charakter des Kabinettskriegs, der sich oft damit begnügte, den Gegner einfach nur zu ermatten oder auszumanövrieren, siehe J. F. C. Fuller, Die entartete Kunst Krieg zu führen 1789-1961, Köln 1964, S. 30ff; auch Gerhard Ritter, Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des „Militarismus" in Deutschland. Erster Band: Die altpreußische Tradition (1740-1890), München 1954, S. 84.

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daß die europäischen Großmächte das Risiko eines nicht mehr kontrollier- und eingrenzbaren, sondern sich schrittweise zum totalen Volkskrieg wandelnden Konflikts scheuten. In Preußen hatte man zwar auch die Schrecken des enthegten Krieges kennengelernt, doch immerhin auch die positive Erfahrung gewonnen, daß eine reguläre Armee durch die Hinzuziehung von Landwehren erheblich verstärkt werden konnte. Das Landwehrinstitut sollte folglich auf Dauer gestellt werden. Die neue Wehrverfassung des Jahres 1814 stellte die Landwehren als selbständige Trappenkörper neben die Linie.42) Im Kriegsfall sollten die Landwehren im Schulterschluß mit der Linie, aber unter selbständiger Führung kämpfen.43) Diese Aufwertung der Landwehr ging konservativen Militärs zu weit. Sie mißtrauten den vermeintlichen Heldentaten der Landwehreinheiten an der Katzbach oder am Grimmaischen Tor während der Völkerschlacht bei Leipzig;44) hier sei es zu politisch motivierten Stilisierungen gekommen, die mit der Wirklichkeit wenig gemein hätten. Mit Freizeitsoldaten, so die Gegner der Regelungen von 1814, könne ein Krieg nicht gewonnen werden.45) Als die Euphorie der Befreiungskriege verebbt war, erhielten die konservativen Militärs Oberwasser. Schon im Jahre 1819 wurde im Zeichen der Restauration eine neue Wehrverfassung erlassen. Die Landwehren verloren ihre Selbständigkeit und wurden in die Linienregimenter integriert.46) Der schlechtere Ausbildungsstand der Landwehrsoldaten sollte mit dieser Maßnahme kompensiert werden; die Linie bildete das Rückgrat der Trappe, von dem die eingebundenen Landwehrabteilungen mit abgestützt wurden. In jedem Regiment sollten fortan im Kriegsfall Linien- und Landwehrabteilungen in einem genau festgelegten Mischungsverhältnis zusammengeführt werden. Das Offizierkorps der Landwehr stand bürgerlichen Kandidaten offen. Nach dem Dienst bei der Linie wurden alle Soldaten zunächst der Reserve, dann der Landwehr zugeschlagen; für die gebildeten Bürger bestand die Möglichkeit, in der Landwehr einen Offiziersposten zu erhalten.47) Auch Ungediente trotz -

42) Dennis E. Showalter, The Prussian Landwehr and Its Critics, 1813-1819, in: Central European History 4 (1971), S. 3; Heinz Stübig, Die Wehrverfassung Preußens in der Reformzeit. Wehrpflicht im Spannungsfeld von Restauration und Revolution 1815-1860, in: Roland G. Foerster, Die Wehrpflicht. Entstehung, Erscheinungsformen und politisch-militärische Wirkung, München 1994, S. 46f; auch schon Emil Knorr, Von 1807 bis 1893. Zur Entwicklungsgeschichte unserer Heeresverfassung, Berlin 1893, S. 38. 43) Manfred Messerschmidt, Die politische Geschichte der preußisch-deutschen Armee, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1: Militärgeschichte im 19. Jahrhundert (1814-1890), München 1975, S. 64.

**) Showalter, The Prussian Landwehr, S. 17. 45) Ebd., S. 14. 46) Messerschmidt, Die politische Geschichte,

in: Handbuch

zur

deutschen

Militärge-

schichte, Bd. 4/1, S. 74f; Showalter, The Prussian Landwehr, S. 27. 47) Heinz Stübig, Das Militär als Bildungsfaktor, in: Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. Ill, S. 363. I

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der allgemeinen Wehrpflicht wurden immer nur Teile eines Jahrgangs eingezogen wurden ersatzweise zum Dienst in der Landwehr verpflichtet. Die Anforderungen in diesem Dienst beschränkten sich in der Regel auf eine mehrtägige Übung pro Jahr.48) Diejenigen Landwehrmänner, die nicht zuvor bei der Linie ausgebildet worden waren, konnten also kaum als feldtauglich gelten. Auch die Ausbildung bei der Linie wurde verkürzt, wenn der Rekrut die Sekundareife vorweisen konnte. Vor allem das gebildete Bürgertum profitierte von diesem Privileg; mit der mittleren Reife trat der Soldat als Einjährig-Freiwilliger in die Armee ein, wo er sich zwar selber versorgen mußte, dafür aber auch nach dem Dienst nach Hause gehen und etwa bei geeigneter Ortswahl seinem Studium obliegen konnte. Damit zollte die preußische Wehrverfassung den militärpolitischen Veränderungen seit der Französischen Revolution und dem neuen nationalpolitischen Selbstbewußtsein des Bürgertums in dreierlei Hinsicht Tribut: mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, mit der wenn auch 1819 eingeschränkten Beibehaltung der Landwehren und schließlich mit der Gewährung einer auf zwölf Monate verkürzten Dienstzeit für die Absolventen höherer Schulen. Im außerpreußischen Deutschland galten in der Regel Wehrverfassungen, die am französischen Konskriptionssystem ausgerichtet waren. Die ehemaligen Rheinbundstaaten konnten diese Einrichtung aus der Zeit des Bündnisses mit Frankreich in die neue Friedensordnung nach 1815 hinüberleiten. Feste Kader von Berufsoffizieren und Berufssoldaten wurden um Kontingente von Wehrpflichtigen aus allen Landesteilen ergänzt. Die Wehrpflicht war jedoch nicht allgemein, sie betraf nur eine Auswahl junger Männer, die durch das Los bestimmt wurde. Wer das Pech hatte, vom Los für den unliebsamen Militärdienst getroffen zu werden, hatte immer noch die Chance, durch die Benennung eines Stellvertreters der Dienstpflicht zu entkommen.49) Der Stellvertreter ließ sich für diese Gefälligkeit teuer bezahlen. Zumeist waren es also Söhne aus begütertem Hause, die junge Männer aus den Unterschichten, die das Lösegeld sehr gut gebrauchen konnten, an ihrer Statt einrücken ließen. Weniger begüterte Dienstunwillige konnten vielerorts sogar Versicherungen gegen das Lospech bei der Konskription abschließen. Vorausschauende Väter legten ihren Sprößlingen eine solche Police bereits in die Wiege. Wenn dann später die Notwendigkeit des Freikaufs entstand, sprang die Versicherung ein und zahlte die für den Stellvertreter benötigte Summe. Die Preise auf diesem Markt waren schwankend; drohte Kriegsgefahr, so schnellten die Ablösesummen in die Höhe, in längeren Friedensperioden pendelten sie sich auf niedrigerem Niveau ein.50) -

-

-

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-

48) Messerschmidt,

Die politische Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1, S. 66 ff. 49) Zur Praxis des Freikaufens siehe etwa Jörg Callies, Militär in der Krise. Die bayerische Armee in der Revolution 1848/49, Boppard a.R. 1976, S. 25 u. 46ff.

Das Konskriptionssystem wird erläutert am Beispiel Bayerns und des Großherzogtums Hessen-Darmstadt von Bernhard Sicken. Landstreitkräfte in Deutschland 1815-1914. Beob-

5n)

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Die wehrpolitische Landschaft im Deutschland der Restaurationszeit wurde also primär von zwei verschiedenen Modellen beherrscht: auf der einen Seite das preußische System der Kombination von Berufsarmee und allerdings nie konsequent durchgeführter allgemeiner Wehrpflicht, auf der anderen Seite unterschiedliche Ausprägungen des Konskriptionssystems. In beiden Fällen dominierten in den Heeren die alten Eliten der Militäraristokratie. Die Soldaten wurden während ihrer Dienstzeit dem bürgerlichen Leben entrissen, sie wurden kaserniert und permanent bei der Trappe gehalten. Die deutschen Armeen waren als stehende Heere organisiert, nur die preußischen Landwehren zollten dem Milizgedanken Tribut. Die bürgerliche Bildungsschicht stand diesen Heereseinrichtungen zwiespältig gegenüber. Dort, wo sich in Organisationen oder Publikationen bereits liberale Stimmen zu Wort meldeten, fielen die Stellungnahmen höchst unterschiedlich aus. In Preußen dominierte eine Zustimmung zur Heeresverfassung von 1814/19, in der man bürgerliche Interessen berücksichtigt sah: Einjährigendienst und Landwehrinstitut ließen zumindest der Einbildung Raum, daß die preußische Armee ganz wesentlich auch auf einem bürgerlichen Pfeiler ruhte. Hier bestand eine Möglichkeit der Identifikation, die durch die Pflege -

-

der Befreiungskriege immer wieder bestäGerade die Burschenschaften hielten die Legende des Jahres 1813 tigt wurde. während seines Universitätsstudiums Burschenschaftler am Leben. Jeder, der Fechtböden genauso die Erinnerung an die Lütgewesen war, hatte auf den zowschen Jäger gepflegt wie auch die Vorbereitung für einen neuerlichen Kampf für das Vaterland erhalten. Desinteresse und Abneigung gegenüber militärischen Belangen, die es selbstverständlich auch in Preußen gab51), hatten außerhalb des HohenzollernStaates ein noch viel größeres Gewicht. Hier bildeten die Universitäten mit ihren patriotisch-militaristischen Organisationen nur Enklaven innerhalb einer bürgerlichen Gesellschaft, deren Hauptsorge darin bestand, keinen Militärdienst leisten zu müssen. Gerade in Süddeutschland verband sich das Bestreben, zumindest in eigener Person die Armee zu meiden, häufig mit einer fundamentalen Kritik am gesamten Militärapparat. Dabei verbanden sich die alten stadtbürgerlichen Ressentiments gegenüber der ,Soldateska' mit politischen Argumenten, die vor allem auf die Nachteile des stehenden Heerwesens abzieldes

politisch-militärischen Mythos

ten.

zur Struktur und zu den militärisch-zivilen Beziehungen, in: ders. (Hg.), Stadt und Militär 1815-1914. Wirtschaftliche Impulse, infrastrukturelle Beziehungen, sicherheitspolitische Aspekte, Paderborn 1998, S. 121 ff. 51) So wurde auch der Verpflichtung zum Landwehrdienst, trotz aller Rhetorik von staatsbürgerlicher Verantwortung und wehrpolitischer Partizipation, oft nur noch sehr unwillig begegnet (Ute Frevert, Das jakobinische Modell, in: dies. [Hg.], Militär und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart 1997, S. 29).

achtungen

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Eher noch den alten Ressentiments zuzuschlagen war in diesem Sinne die moralische Kritik an den Lebensgewohnheiten der Offiziere. Glücksspiele und Wetten, Trinkfreudigkeit und Mätressenwirtschaft waren Teufelswerk in den Augen bürgerlicher Kritiker. Bürgerlichem Nützlichkeitsdenken widersprach die demonstrative Untätigkeit der Militärs, bürgerlichem Selbstbewußtsein stachen der Hochmut und die Arroganz der Offiziere ins Auge. Der flanierende, genauso hochmütige wie arbeitsscheue ,Geck in Uniform' wurde zur bevorzugten Zielscheibe der bürgerlichen Verachtung. Anstatt eine Familie zu gründen, umgab er sich mit,liederlichen Frauenzimmern' oder verführte die Töchter des Bürgers; statt regelmäßig zu arbeiten, lebte er von den Steuern der Werktätigen; statt als Beschützer den Menschen zu Diensten zu sein, kehrte er Dünkel und herrschaftliches Gebaren heraus. Mit den Mannschaften verfuhr der Offizier in einer Weise, die dem bürgerlichen Beobachter ebenfalls unerträglich schien: Stockhiebe und erniedrigende Tätigkeiten entwürdigten den einfachen Soldaten, der zu einem willenlosen Automaten gedrillt wurde, anstatt wie es dem bürgerlichen Ideal entsprochen hätte die Chance zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit zu bekommen. An die Seite dieser moralisierenden Kritik an den ,Zuständen' in der Armee traten aber nach der Epochenscheide der Revolutionskriege und der napoleonischen Ära verstärkt auch politische und volkswirtschaftliche Argumente. Das politisch erwachte Bürgertum des frühen 19. Jahrhunderts empfand den Militärapparat nicht mehr einfach nur als lästig und verdorben, es hatte auch gelernt, in der Militäraristokratie einen politischen Gegner und in der Armee das ausführende Organ der Interessen dieses Gegners zu erkennen. Schon aus innenpolitischen Gründen also war auf ein stehendes Heer tunlichst zu verzichten; eine solche Einrichtung war der Hort der Reaktion, sie blockierte jeden politischen und gesellschaftlichen Fortschritt. In jeder denkbaren Revolution, in jedem denkbaren Bürgerkrieg würde ein stehendes Heer den Fürstenstaat und die tradierte Ordnung schützen. Karl von Rotteck, der in seinem berühmten Traktat „Ueber stehende Heere und Nationalmiliz"52) aus dem Jahre 1816 diese Argumentation entfaltet hatte und damit eine jahrzehntelange Traditionslinie liberalen militärpolitischen Denkens begründete53), spielte gegen das stehende Heerwesen, das immer reaktionärer Interessen verdächtig blieb, den Aufbau einer Nationalmiliz nach Schweizer Vorbild aus. Die Schweiz sollte im Kriegsfall von Männern verteidigt werden, die erst durch den Krieg zu Soldaten gemacht wurden; sie gingen einer bürgerlichen Tätigkeit nach, die nur einmal im Jahr durch eine militäri-

52) 53)

-

Karl von Rotteck, Ueber stehende Heere und Nationalmiliz, Freiburg 1816. Werner Conze/Michael Geyer, Art. Militarismus, in: Otto Brunner u.a. (Hgg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 4, Stuttgart 1978, S. 16ff.; Messerschmidt, Die politische Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1, S. 11 Of.

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sehe Übung unterbrochen wurde, und bewahrten die Waffe in ihrem Hause auf, mit der sie im Ernstfall vor den Feind treten sollten. Ein solches Bürgerheer wäre der beste Garant für die Wahrung bürgerlicher Rechte und bürgerlicher Freiheiten es könnte sich nicht gegenüber der Gesellschaft verselbständigen, weil es mit der Gesellschaft gewissermaßen identisch ist. Von Freiburg aus, wo Rotteck als Geschichtsprofessor lehrte und die Schweizer Verhältnisse aus nächster Nähe studieren konnte, drangen diese Ideen in die militärpolitische Diskussion vor allem des süddeutschen Liberalismus ein. Das,Schweizer Modell' wurde den stehenden Heeren als eine militärische und politische Alternative entgegengehalten, deren Kriegstauglichkeit genauso unbestreitbar war sie konnte auf den unbeugsamen Patriotismus ihrer Soldaten zählen wie ihr vitales Interesse an der Wahrung freiheitlicher Verhältnisse im Lande.54) Auch wenn Rotteck eine Nationalmiliz formieren wollte, die sich, abgesehen von kurzen Übungen, nur im Kriegsfall zu einer regulären Armee zusammenschloß, glaubte auch er nicht auf einen festen Kern von länger gedienten Soldaten verzichten zu können. Eine ständige Nationalwehr' sollte der Milizarmee ein festes Rückgrat verleihen.55) Damit rückten Rottecks Konzepte scheinbar wieder in die Nähe des Konskriptionssystems und der preußischen Heeresverfassung, die doch beide feste Kader mit dem Einbau von Wehrpflichtigen-Kontingenten verbanden, insofern also, bei großzügiger Interpretation, eine Synthese von stehendem Heer und Nationalarmee bildeten. Trotzdem blieben hier entscheidende Unterschiede zu Rottecks Entwurf bestehen. Allein schon die Tatsache, daß die Wehrpflichtigen während ihrer Dienstjahre permanent unter Waffen bleiben mußten, ordnete sie bedingungslos in das stehende Heer ein; außerdem waren alle höheren Offiziersränge dem Adel vorbehalten, so daß die Machtverhältnisse innerhalb des Heeres bereits dessen primäre Definition als Fürstenheer garantierten. Ein stehendes Heer mit einigen Wehrpflicht-Komponenten kann niemals zu einer Nationalarmee werden im Gegenteil, die Wehrpflichtigen werden nur in den „Sumpf der stehenden Heere „hineingeführt"56). Je größer der Anteil der Wehrpflichtigen in einem stehenden Heer ist, desto größer ist auch die Gefahr, daß zuletzt die ganze Nation der -

-

-

,

-

„Sclaverey"57) erliegt:

54) Selbstverständlich flössen in diese liberale Sichtweise der Wehrverfassung des Nachbarlandes, auch wenn sie im Kern zutreffend war, sehr wohl wieder Momente der Idealisierung

ein. Eine differenzierte Darstellung von Wehrsystem und -diskussion in der Schweiz zwischen der napoleonischen Ära und dem Ersten Weltkrieg aus der Perspektive der modernen Geschichtswissenschaft liefern Hans Rudolf Fuhrer, Das Schweizer System. Friedenssicherung und Selbstverteidigung im 19. und 20. Jahrhundert, in: Foerster (Hg.), Die Wehrpflicht, S. 193ff., sowie Rudolf Jaun, Vom Bürger-Militär zum Soldaten-Militär: Die Schweiz im 19. Jahrhundert, in: Frevert (Hg.), Militär und Gesellschaft, S. 48-77. 55) Rotteck, Ueber stehende Heere, S. 128ff. 56) Ebd., S. 85. 57) Ebd., S. 124.

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Wenn alle nachwachsenden Jünglinge zum Heer berufen werden [...], so wird allerdings die ganze Nation soldatisch, d.h. von den Gesinnungen des Miethlings und Kriegsknechts durchdrungen werden. Alle Bürger haben alsdann die Schule des soldatischen Gehorsams gegen den Herrn, und des soldatischen Uebermuthes gegen das Volk durchlaufen; sie werden auch fernerhin soldatisch gehorsam, und verarmt an Freyheitsgedanken, so wie uneingedenk der Nationalwürde seyn. Es werden in alle Zweige der Verwaltung, anfangs durch die Denkweise der einzelnen Beamten, bald aber durch gesetzliches System, die Grundsätze und der Geist der militärischen Subordination eindringen, das ganze Volk auf soldatische Weise gleich einer Maschine beherrscht und geleitet werden, der Staat selbst einem Kriegslager oder einem militärischen Erziehungshaus ähnlich seyn.58)

Rottecks Befürchtungen nehmen in schlagender Weise vorweg, was gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Kennzeichen des preußisch-deutschen Militarismus' gelten wird. Militaristische Verhaltensnormen und Mentalitäten dringen zwangsläufig in die Gesellschaft ein, wenn die Gesellschaft ihrerseits durch den Dienst in einem stehenden Heer hindurchgeschleust wird. Nur eine militärische Ausbildung ohne die langwierige Dienstverpflichtung gegenüber dem stehenden Heer kann diesen Mechanismus außer Kraft setzen. Waffenfähige, die in der bürgerlichen Gesellschaft verbleiben, bewahren ihren bürgerlichen Habitus. Die Soldaten sollen zu Bürgern, so das Credo Rottecks, und nicht die Bürger zu Soldaten werden.59) Die Frage nach der richtigen Wehrverfassung hat aber nicht nur einen politischen, sondern in gleichem Maße auch einen ökonomischen Hintergrund. Die traditionelle Kritik an den schmarotzenden und unproduktiven Militärs wird bei Rotteck ins Volkswirtschaftliche ausgeweitet. Stehende Heere werden zu einer unerträglichen Belastung für das Wirtschaftsleben eines Volkes erklärt. Die Verpflegung der Armee verschlingt Millionen; der Fürst, der dieses Machtinstrument mit den Steuern seiner Untertanen finanziert, bringt sein Land in unverantwortlicher Weise an den Rand des Ruins. Hinzu kommt der indirekte Verlust, welcher der Volkswirtschaft durch den Entzug von Arbeitskräften entsteht. Jeder Wehrpflichtige muß für die Dauer seiner Dienstzeit alle Geschäfte ruhen lassen. Die Arbeitsleistung, die der Wirtschaftskraft des Landes zugute kommen könnte, verpufft im sinnlosen Kasernendienst. Im Kriegsfall kommen zu diesen Kosten noch Zerstörungen und Verwüstungen hinzu, die nur in jahrelanger Friedensarbeit wieder auszugleichen sind. Die Wirtschaft der Nationen ächzt unter der Last der stehenden Heere, und sie wird darunter zusammenbrechen, wenn der Ehrgeiz der Fürsten zu immer aufwendigeren Rüstungen ,

drängt.60)

58) Ebd., S. 86. 59) Ebd., S. 54. 60) Ebd., S. 47 ff; ähnlich auch L.

A. F. von Liebenstein, Ueber stehende Heere und Landwehr mit besonderer Rücksicht auf die deutschen Staaten, Karlsruhe 1817, S. 3; Johann Sporschil, Die allgemeine Volksbewaffnung, ihre Organisation und ihre Vorzüge vor den stehenden Heeren in Bezug auf Landesvertheidigung, Gesittung, Politik und Staatswirthschaft, Leipzig 1831, S. 114.

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Eine Volksarmee hingegen stellt die Wirtschaft vor keinerlei Probleme. Milizsoldaten werden dem Erwerbsleben, von kurzen Ausbildungs- und Übungsphasen abgesehen, nie gänzlich entzogen. Ein großer feststehender Militärapparat mit dazugehörenden Unterhaltskosten entfällt. Indem die „vaterländischen Streiter"61) eine doppelte Leistung erbringen, indem sie nach dem Tagewerk noch zur Waffenübung schreiten, ersparen sie sich die Steuerzahlung, die für ein stehendes Heer aufgewendet werden müßte. Außerdem sind mit einer Nationalarmee keine Angriffskriege zu führen; nur ein stehendes Heer ist für die Machtinteressen eines Fürsten jederzeit disponibel. Eine Völksarmee kann nur zu Verteidigungszwecken aufgeboten werden; der wehrhafte Bürger greift nur dann zu den Waffen, wenn Haus und Herd bedroht sind. Eine Veränderung der Wehrverfassung, eine Ersetzung des stehenden Heeres durch eine Nationalmiliz könnte also auch zur Sicherung des Friedens beitragen.62) Damit waren die Argumente ausformuliert, die noch jahrzehntelang die liberale Diskussion um das Kriegswesen maßgeblich mitbestimmen sollten.63) Die stehenden Heere wurden zum Grundübel erklärt. Sie waren die Werkzeuge des Despotismus, die Verderber der Jugend, die Geißel des Wirtschaftslebens. Völlig übersehen wurde dabei ihre historische Leistung; indem sie eine klare Trennlinie zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten zogen und den Krieg durch strenge Rituale kanalisierten, tragen sie wesentlich zu seiner Einhegung bei. Die Volksarmeen der Liberalen dagegen, die doch vermeintlich nur dem Frieden und der Wohlfahrt dienen sollten, bargen mit ihrer bewußten Einbeziehung aller Bürger ein Potential zur Totalisierang des Krieges in sich, das seine verheerenden Wirkungen bereits in den napoleonischen Kriegen offenbart hatte. Neben der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika ist für den deutschen Liberalismus lange Zeit England das große Vorbild gewesen. Die englische Heeresverfassung besaß diese Vorbildfunktion nicht. Obwohl die Berufsarmee, die in England ständig unter Waffen gehalten wurde64), dem liberalen Prinzip Rechnung trug, daß niemand zu etwas gezwungen werden, sondern vielmehr aus freiem Entschluß eine bezahlte Tätigkeit, wie in jedem anderen Beruf, für sich auswählen sollte, fand dieses System in Deutschland nur wenige Freunde. Rotteck zollte ihm wenigstens noch insofern Tribut, als er die

61) Rotteck, Ueber stehende Heere, S. 101. 62) Ebd., S. 89. 63) Siehe Hajo Herbell, Die Idee vom Staatsbürger

in Uniform und ihre Rolle im Kampf zwischen Demokratie und Militarismus in Deutschland 1780-1960, Bd. 1, Diss. Leipzig 1966, S. 23 ff. u. 47 ff.; Hans Wilhelm Pinkow, Der literarische und parlamentarische Kampf gegen die Institution des stehenden Heeres in Deutschland in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts (1815-1848), Diss. Berlin 1912, S. 8ff.; Philipp Königs, Das Bild vom Kriege im Frühliberalismus, Diss. Berlin 1941. M) Zur englischen Wehrverfassung siehe Hew Strachan, Militär, Empire und Civil Society: Großbritannien im 19. Jahrhundert, in: Frevert (Hg.), Militär und Gesellschaft, S. 78-93.

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1800

Nationalwehr, den festen Kern seiner Vblksmiliz, mit freiwillig geworbenen

Berufssoldaten ausstatten wollte. Doch schon sein Adlatus Liebenstein widersprach ihm in diesem Punkt. Eine Konskription mit Stellvertretung schien für die Nationalwehr geeigneter zu sein, da sie der Gefahr einer Abkoppelung der Kader von der Gesellschaft wirksamer begegnete.65) Den deutschen Liberalen blieb eine Berufsarmee immer als unzuverlässige Söldnertruppe verdächtig; daß die Führung der Waffen in die Hände von Volk und Nation gelegt werden müsse, war Voraussetzung aller wehrpolitischen Überlegungen. Sofern die in Deutschland unter Waffen stehenden Armeen als stehende Heere' wahrgenommen wurden, sahen sie sich der Kritik der liberalen Bildungsbürger ausgesetzt; sofern man sie als eine Mischform von Königsheer und Bürgermiliz ansehen konnte, wie es häufig bei der preußischen Armee geschah, brachte man ihnen auch Sympathie entgegen.66) Daß das bürgerliche Element im preußischen Heer schon seit 1819 immer weiter zurückgedrängt wurde67), spielte dabei keine so große Rolle; zu stark wirkte der Landwehrmythos der Jahre 1813 bis 1815 in der bürgerlich-liberalen Vorstellungswelt nach. Die bürgerliche Kritik an den stehenden Heeren darf ohnehin nicht mit einer grundsätzlich antimilitaristischen Haltung verwechselt werden. Der Pazifismus der Aufklärung, der dem Liberalismus in seiner ideengeschichtlichen Geburtsstunde eine kosmopolitische und kriegsächtende Ausrichtung verlieh68), war durch den aggressiven Nationalismus der Revolutions- und Befreiungskriege längst in den Hintergrund gedrängt worden. Zum Selbstverständnis des von den Liberalen propagierten Nationalstaats gehörte seither auch eine Wehrhaftigkeit, die den nationalen Interessen jederzeit mit Waffengewalt Geltung verschaffen konnte.69) Romantik und idealistische Philosophie verliehen diesem Bellizismus auch theoretische Weihen; der Krieg wurde hier zum schaffenden Weltprinzip' erklärt, das die Kräfte der Völker mobilisiere, die im ,Sumpf des Friedens zu verkommen drohten.70) Zur Diskussion stand im ,

65

) Liebenstein, Ueber stehende Heere und Landwehr, S. 35 u. 41. Die politische Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1, S. 111.

66) Messerschmidt, 67) 68)

Carl Hans Hermann, Deutsche Militärgeschichte, Frankfurt/M. 21968, S. 205. Siehe Claudius R. Fischbach, Krieg und Frieden in der französischen Aufklärung, Münster/New York 1990, passim. 69) Geoffrey Best, War and Society in Revolutionary Europe, 1770-1870, Fontana 1982, S. 206. 70) Zum Kriegsbild der Romantik Albert Portmann-Tinguely, Romantik und Krieg. Eine Untersuchung zum Bild des Krieges bei deutschen Romantikem und „Freiheitssängern": Adam Müller, Joseph Görres, Friedrich Schlegel, Achim von Arnim, Max von Schenkendorf und Theodor Körner, Freiburg (Schweiz) 1989; das Kriegsdenken Hegels wird untersucht von Shlomo Avineri, Das Problem des Krieges im Denken Hegels, in: Iring Fetscher (Hg.), Hegel in der Sicht der neueren Forschung, Darmstadt 1973, S. 464^182; grundsätzlich Wilhelm Janssen, Krieg und Frieden in der Geschichte des europäischen Denkens, in: Wolfgang Huber/Johannes Schwerdtfeger (Hgg.), Kirche zwischen Krieg und Frieden. Stu-

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19. Jahrhundert also stenz von Armeen

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keineswegs die Berechtigung von Kriegen oder die Exiüberhaupt, sondern nur die Art und Weise, in der das

Militärwesen zu organisieren war. In der Revolution von 1848/49 bestand kurzfristig die Möglichkeit, bürgerlich-liberale Vorstellungen von einer angemessenen Wehrverfassung in die Tat umzusetzen. Die Paulskirche erarbeitete den Entwurf für eine Nationalarmee, die nicht länger der souveränen Verfügungsgewalt der Fürsten unterstand, sondern an die Verfassung gebunden war.71) Nur im Rahmen der von der Verfassung festgelegten Rahmenbedingungen sollte diese Armee aufgebaut und eingesetzt werden können. Der Idee einer Nationalmiliz kam sie allerdings nur insofern entgegen, als sie die Dienstzeit für die Infanterie bei anderthalb Jahren festlegte; die Kavallerie sollte zwei Jahre dienen, für die technischen Truppen, zeitgenössisch Genietruppen genannt, waren zweieinhalb Jahre vorgesehen.72) Das war zwar im Vergleich zu den vorher üblichen Dienstzeiten eine Verkürzung, doch die Wunschvorstellung der Milizionäre von den kleinen Unterbrechungen der bürgerlichen Geschäfte durch militärische Ausbildung und Übung blieb unerfüllt. Viel stärker orientierte sich der Plan an der preußischen Wehrverfassung, der man das Konzept der allgemeinen Wehrpflicht entlieh;73) preußische Offiziere waren an der Ausarbeitung maßgeblich beteiligt. Wenn sich die Armee erst einmal in den Händen der Nation befand, war auch eine etwas längere permanente Dienstzeit nicht mehr von Übel. Sie garantierte vielmehr einen Ausbildungsstand der Soldaten, der an ihrer Feldtauglichkeit keinen Zweifel ließ. Neben der Neugestaltung des Landheeres widmete sich die Nationalversammlung auch dem Aufbau einer Kriegsflotte. Kriegsschiffe hatten nicht nur eine militärische Funktion, sie symbolisierten auch die Einheit und Stärke der Nation, unter deren Flagge sie die Meere befuhren. Eine deutsche Marine sollte der Repräsentant des neuen Deutschland sein, nachdem jahrzehntelang die Schwäche der deutschen Kleinstaaten vor allem darin zum Ausdruck gekommen war, daß es keine nennenswerte deutsche Seestreitmacht gab.74)

dien zur Geschichte des deutschen Protestantismus, Stuttgart 1976, S. 67-129; Otto Dann, Vernunftfrieden und nationaler Krieg. Der Umbruch im Friedensverhalten des deutschen Bürgertums zu Beginn des 19. Jahrhunderts, in: ebd., S. 169-224. 71) Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Bd. II: Der Kampf um Einheit und Freiheit 1830-1850, Stuttgart 1960, S. 647ff.; Manfred Messerschmidt, Die preußische Armee während der Revolution in Berlin 1848, in: ders., Militärgeschichtliche Aspekte der Entwicklung des deutschen Nationalstaates, Düsseldorf 1988, S. 58. 72) Emil Knorr, Von 1807 bis 1893. Zur Entwicklungsgeschichte unserer Heeresverfassung, Berlin 1893, S. 63. 73) Pinkow, Der literarische und parlamentarische Kampf gegen die Institution des stehenden Heeres, S. 76 ff. 74) Günter Wollstein, Das „Großdeutschland" der Paulskirche. Nationale Ziele in der bürgerlichen Revolution 1848/49, Düsseldorf 1977, S. 255 ff.

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Projekte, die Reform des Heeres und der Aufbau einer Flotte, blieben unausgeführt. Als der Bundestag später die ersten deutschen Kriegsschiffe versteigern ließ, wurde dieser, Ausverkauf in national gesinnten Kreisen wie eine Demütigung empfunden.75) Auch die Bürgerwehren, mit deren Formierung im Beide

Auftrag der Paulskirche schon 1848 in allen Gemeinden begonnen worden war76), mußten mit der Revolution zusammen wieder verschwinden.77) Die von der Nationalversammlung eingeleitete Konstitutionalisierang der Armee scheiterte endgültig im Jahre 1850, als die neue preußische Verfassung auf Drängen der Krone keinen Verfassungseid für das Heer vorsah.78) Die Revolution hatte ohnehin den alten Konflikt zwischen liberalem Bürgerund stehendem Heerwesen wieder neu aufbrechen lassen. Die Fürstenheere hatten, von wenigen Ausnahmen im südwestdeutschen Raum abgesehen, strikt auf Seiten der alten Ordnung gestanden und damit das Vorurteil bestätigt, daß stehende Heere per se die Diener des Despotismus seien.79) Der Krieg in Schleswig-Holstein hatte zusätzliche Verbitterung ausgelöst. Die Befreiung der Herzogtümer von dänischer Herrschaft löste 1848 eine Woge nationaler Begeisterung in Deutschland aus. Zahlreiche Freiwilligenverbände, unter anderem eine Studenten-Freischar80), unterstützten die schleswig-holsteinischen Völkswehren in ihrem Kampf gegen Dänemark. Schließlich beauftragte die provisorische Regierung die reguläre preußische Armee mit der Wahrnehmung der deutschen Interessen.81) In Anbetracht wachsenden internationalen Drucks und eines deutlichen Abflauens der Revolution in Deutschland setzte sich in der preußischen Führung die Ansicht durch, daß es eher dem eigenen Machtinteresse entspreche, den Krieg zu beenden und damit die nationalrevolutionäre

tum

75) Siehe etwa im Rückblick Johannes von Miquel, Der Nationalverein und die deutsche Flottenfrage (Rede vor dem Nationalverein in Coburg, 6. 10. 1862), in: ders., Reden, hg. v.

Thimme, Bd. 1, Halle a.S. 1911, S. 37. Die politische Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1, S. 145; zu den häufig auftretenden Konflikten zwischen Bürgerwehren und regulären Truppen siehe am Beispiel Preußens Wolfram Siemann, Die deutsche Revolution von 1848/49, Frankfurt/M. 1985, S. 170. 77) Emil Obermann, Soldaten Bürger Militaristen. Militär und Demokratie in Deutschland, Stuttgart 1958, S. 161. Für das Königreich Württemberg ist dieser Prozeß von Paul Sauer nachgezeichnet worden (Paul Sauer, Revolution und Volksbewaffnung. Die württembergischen Bürgerwehren im 19. Jahrhundert, vor allem während der Revolution von 1848/49, Ulm 1976, S. 74 ff. u. 201 ff.). 78) Messerschmidt, Die politische Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1, S. 160f. 79) Siehe auch Bernhard Mann, Soldaten gegen Demokraten? Revolution, Gegenrevolution, Krieg 1848-1850, in: Langewiesche (Hg.), Revolution und Krieg, S. 103 ff, sowie neuerdings Sabrina Müller, Soldaten in der deutschen Revolution von 1848/49, Paderborn 1999,

W. Schultze

u.

F.

76) Messerschmidt,

-

-

passim. 80) Feldpost-Briefe im Kriege gegen Frankreich, zur Wiederherstellung von Unabhängigkeit 1870. Von einem Bürger Hamburg's, München 1870, S. 13. 8') Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 624.

Deutschlands

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Schleswig-Holstein-Bewegung zum Stillstand zu bringen, als sich vor deren Karren spannen zu lassen. Ein preußisches Abkommen mit Kopenhagen beendete den Krieg und lieferte die Herzogtümer den Dänen aus.82) Die deutsche Nationalbewegung fühlte sich verraten.83) Für sie war der schleswig-holsteini-

sche Krieg eine traumatische Erfahrung, die eindeutig bewies, daß den Königsheeren nicht zu trauen war; die stehenden Heere handelten nur im Interesse ihrer Fürsten und standen der nationalen Sache gleichgültig gegenüber. Nur eine wirkliche Nationalarmee würde sich rückhaltlos für die Belange der Nation einsetzen. Nach der gescheiterten Revolution blieb das wechselseitige Mißtrauen zwischen konservativen Militärs und bürgerlichen Militärreformern noch jahrelang unvermindert bestehen. Während die liberalen Reformer die Heere jetzt nur noch einseitig im Auftrag der Reaktion handeln sahen, wiesen die Militärs auf die in der Revolution erwiesene Unbrauchbarkeit der Nationalmilizen und Bürgerwehren hin: Unbrauchbarkeit sowohl im Sinne der militärischen Unfähigkeit wie auch der politischen Unzuverlässigkeit.84) Die bürgerliche Seite betonte dagegen die in Schleswig-Holstein offenbar gewordene nationalpolitische Unzuverlässigkeit der regulären Truppen. In zahlreichen Traktaten wurde die klassische Kritik des Liberalismus an den stehenden Heeren wieder aufgegriffen und neu variiert;85) die Königsarmeen blockierten jeden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlich-industriellen Fortschritt.86) Fürstenhof, Aristokratie und Armee bildeten gemeinsam einen reaktionären Block, der quer zu allen liberalen Zielen und Forderungen stand: der Nationalidee, der Parlamentarisierung, der technisch-industriellen Entwicklung.87) Gerade der nationale Gedanke hatte durch die 1848/49 kurzfristig geschaffene Einheit Deutschlands im bürgerlich-liberalen Milieu neuen Auftrieb erhalten. Nach der

82) Ebd., S. 625. 83) Heinz Helmert/Hansjürgen Usczeck, Bewaffnete Volkskämpfe in Europa 1848/49, Berlin

84)

(Ost) 1973, S. 116.

Markus Ingenlath, Mentale Aufrüstung. Militarisierungstendenzen in Frankreich und Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg, Frankfurt a.M./New York 1998, S. 55. 85) Zum Beispiel Wilhelm Rüstow, Der deutsche Militärstaat vor und während der Revolution, o.O. 1850; ders., Untersuchungen über die Organisation der Heere, Basel 1855; Wilhelm Schulz-Bodmer, Militärpolitik. Mit besonderer Beziehung auf die Widerstandskraft der Schweiz und den Kampfeines Milizheeres gegen stehende Heere, Leipzig 1855; ders., Die Rettung der Gesellschaft aus den Fängen der Militärherrschaft. Eine Untersuchung auf geschichtlicher und statistischer Grundlage über die finanziellen und volkswirtschaftlichen, die politischen und socialen Einflüsse des Heerwesens, Leipzig 1859; N.N., Finanzgeschichtliche und volkswirthschaftliche Betrachtungen über den Krieg, in: Deutsche Vierteljahrs-Schrift 22 (April-Juni 1859), Nr. 86, S. 1 ff. 86) Zum Antagonismus von Militarismus und Industrialismus siehe auch Volker R. Berghahn, Militarismus. Die Geschichte einer internationalen Debatte, Hamburg u.a. 1986, S. 25. 87) Werner Conze/Michael Geyer, Art. Militarismus, in: Otto Brunner u.a. (Hgg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 4, S. 20 u. 22.

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Revolution konnten viele Gegensätze zwischen Nord- und Süddeutschen, zwischen Rechts- und Linksliberalen im Zeichen des nationalpolitischen Konsenses überbrückt und ausgeglichen werden.88) Gemeinsame wehrpolitische Anstrengungen diesseits der etablierten Armeen sollten dem Ziel der nationalen Einigung Vorschub leisten. Auf freiwilliger Basis wurden Bürgerwehren und Milizen formiert; die Turn- und Schützenvereine, gewissermaßen das paramilitärisch organisierte Fußvolk der Nationalbewegung, sollten im Ernstfall einer Revolution oder eines nationalen Krieges das Gerüst der neuen Nationalarmee bilden.89) Dabei verband sich die Aussicht eines nationalen Krieges häufig mit der Hoffnung einer revolutionären Umgestaltung der Verhältnisse in Deutschland selbst; ein äußerer Feind, der von den vereinten Kräften aller Deutschen zurückgeschlagen würde, könnte in Deutschland eine nationalrevolutionäre Energie freisetzen, die auch die innenpolitischen Ziele der Nationalbewegung durchzusetzen erlaubte. Der große Nationalkrieg sollte beides in einem sein, Krieg und Bürgerkrieg. In der Euphorie der nationalen Erhebung sollten die deutschen Kleinstaaten wie Kartenhäuser zusammenfallen.90) Der nationale Krieg, der gleichzeitig als Bürgerkrieg die alten Obrigkeiten hinwegzuschwemmen drohte, schwebte seit der Revolution von 1848/49 wie ein Damoklesschwert über der europäischen Staatenwelt. Das Staatensystem, das der Wiener Kongreß geschaffen und die Heilige Allianz aufrechterhalten hatte, wurde durch die nationalen und nationalrevolutionären Kräfte existentiell gefährdet. Auch nach der gescheiterten Revolution flammten kriegerische Revolten, sogenannte Insurrektionskriege91), immer wieder auf. Im Jahre 1856, in der Schlußphase des Krimkriegs, versuchten anglo-polnische Einheiten in Polen einen kriegerischen Aufstand zu initiieren, der die rassische Westgrenze destabilisieren sollte.92) In Deutschland begann schon 1855 die Agitation für eine Ausweitung des Kabinettskriegs auf der Krim zu einem großen Nationalkrieg gegen das reaktionäre Rußland.93) Diese Agitation verschärfte sich während des italienischen Krieges 1859 gegen Österreich; nun sollte dem deutschen Brudervolk im Kampf gegen Welschland', gegen Italien und vor allem gegen das mit den Italienern verbündete Frankreich beigestanden werden. Deutsche Nationalisten wollten am Rhein eine zweite Front gegen Frankreich ,

88) Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 38 u. 44-46. 89) Ebd., S. 153-191. 9") Ebd., S. 122 u. 154. 91 ) Best, War and Society in Revolutionary Europe, S. 271 f. 92) Winfried Baumgart, Der Friede von Paris 1856. Studien zum Verhältnis von Kriegführung, Politik und Friedensbewahrung, München/Wien 1972, S. 33. 93) Dieter Langewiesche, Liberalismus und Demokratie in Württemberg zwischen Revolution und Reichsgründung, Düsseldorf 1974, S. 285.

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errichten. Der schnelle Friedensschluß der Österreicher nach den Niederlagen bei Solferino und Magenta erstickte diese Überlegungen im Keim.94) Trotzdem hatte der italienische Krieg auch für Deutschland militärpolitische Konsequenzen. Preußen, neben Österreich die stärkste Militärmacht im Deutschen Bund, begann 1859 mit einer Strukturreform seiner Armee. Die Mobilmachung, mit der die preußische Regierung den Österreichern die Bereitschaft zur militärischen Unterstützung signalisiert hatte, ließ erhebliche Mängel in der preußischen Heeresorganisation sichtbar werden. Ähnliche Erfahrungen hatte man bereits 1850 in der Olmütz-Krise gemacht; auch hier konnten die preußischen Truppen nur mühsam in Gefechtsbereitschaft versetzt werden.95) Wilhelm L, ohnehin in der Armee groß geworden, setzte unmittelbar nach seiner Inthronisierang ein Reformwerk in Gang, das die volle Einsatzbereitschaft der Armee wieder gewährleisten sollte. Drei Aspekte, auf die bereits Reformansätze der frühen 1850er Jahre hingewirkt hatten96), standen hierbei im Vordergrund: eine deutliche Vergrößerung der Armee, eine Festschreibung der dreijährigen Dienstzeit bei der Linie und eine Neuordnung der Landwehren. Die Landwehr ersten Aufgebots wurde kurzerhand aufgelöst, indem ihre drei jüngeren Jahrgänge der Reserve, ihre älteren Jahrgänge hingegen der ehemaligen Landwehr zweiten Aufgebots zugeschlagen wurden, die nun allgemein als „Landwehr" firmierte.97) Für diese neue Landwehr galt nun endgültig, daß sie nicht mehr gleichberechtigt den Linienregimentern zur Seite stand, wie es noch die Wehrverfassung von 1819 vorgesehen hatte, sondern zur Ersatzreserve degradiert war. Die Landwehr war der Linie nicht mehr bei-, sondern nachgeordnet, sie stand hinter der Linie als ein Auffangbecken bereit, in das die älteren Jahrgänge überführt wurden, nachdem sie Linie und Reserve durchlaufen hatten. Der Regierungsentwurf sah ein dreigliedrige Armee mit Linie, Reserve und Landwehr vor, wobei die Landwehr im Kriegsfall erst dann in die Kämpfe eingreifen sollte, wenn die Verluste von Linie und Reserve dies unbedingt erforderlich machten. Ansonsten hatten die Landwehrsoldaten nur Festungs- und Etappendienst zu leisten. Die Rolle der Landwehr in den Befreiungskriegen, als ihre Regimenter gemeinsam mit der Linie an vorderster Front gefochten hatten, schien vergessen zu sein.98) Über die Motive der Regierung für diese Strukturreform ist schon von den Zeitgenossen erbittert gestritten worden. Auch die neuere historische Forschung hat noch nicht klären können, ob eher sachorientierte oder eher poli-

94) Annie Mittelstaedt, Der Krieg von 1859, Bismarck und die öffentliche Meinung in Deutschland, Stuttgart/Berlin 1904, S. 65 ff. u. 97ff. 95) Messerschmidt, Die politische Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1, S. 172.

96) Sicken, Landstreitkräfte in Deutschland, in: ders. (Hg.), Stadt und Militär, S. 111. 97) Ebd. 98) Eugene N. Anderson, The Social and Political Conflict in Prussia, 1858-1864, York 1968, S. 84ff.

New

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tisch-ideologische Überlegungen den Ausschlag gaben. Wahrscheinlich waren beide Motive gleichberechtigt im Spiel. In der Diskussion, die nach 1859 geführt wurde, waren die Argumente allerdings klar verteilt: Die Regierung machte in ihren offiziellen Verlautbarungen nur militärische Sachzwänge geltend, während die Opposition der Krone die politisch-ideologische Absicht unterstellte, die Landwehr als das bürgerliche Element in der preußischen Armee schwächen und zurückdrängen zu wollen. ,Sachzwänge' waren in den Augen der Regierung vor allem die neuen Anforderungen, die durch die Innovationen auf dem Gebiet der Waffen- und Transporttechnik an den Ausbildungsstand der Trappen gestellt wurden. Die neuen Hinterladergewehre machten eine sorgfältige Schieß- und Gefechtsausbildung nötig, die nur bei einer längeren Dienstzeit realisierbar war. Die Eisenbahn ermöglichte eine Schnelligkeit des Aufmarsches, die jeden Versuch zum Scheitern verurteilte, schlecht ausgebildete Landwehreinheiten noch während des Marsches zum Kriegsschauplatz in Waffengebrauch und Taktik zu unterweisen.99) Dieses Einexerzieren während wochenlanger Märsche war in den Befreiungskriegen noch gängige Praxis gewesen. Der rapide Eisenbahntransport drohte die ungeübten Landwehren an den Feind zu bringen, bevor sie auch nur die Chance gehabt hatten, ihre einmal erlernten Fähigkeiten wieder aufzufrischen. Nur Linientruppen, die unmittelbar aus der Übungspraxis heraus in die Schlacht gingen, konnten den Anforderungen genügen, die hier an sie gestellt wurden. Hinzu kam die Absicht, mit einer Reform des Landwehrinstituts auch eine größere Wehrgerechtigkeit herzustellen.100) Da die allgemeine Wehrpflicht in Preußen nie in dem Sinne durchgeführt worden war, daß ein Geburtsjahrgang wirklich komplett, das heißt mit einer Aushebungsquote von praktisch hundert Prozent den Militärdienst ableisten mußte101), gab es viele junge Männer, die nicht ausgebildet waren und im Kriegsfall zu Hause bleiben konnten, während ältere, gediente Männer, die oft schon Familien gegründet hatten, einrücken mußten. Gerade unter diesen älteren Männern war es bei den Mobilmachungen der Jahre 1850 und 1859 zu großen Unmutsbekundungen gekommen; die Landwehren waren durch Langsamkeit, Desorganisiertheit und Meckerei aufgefallen. Ein Ausbau der Linie 99)

Rolf Helfert, Der preußische Liberalismus und die Heeresreform von 1860, Bonn 1989, S. 83. 10°) Curt Jany, Geschichte der Preußischen Armee vom 15. Jahrhundert bis 1914. Bd. 4: Die Königlich Preußische Armee und das Deutsche Reichsheer 1807 bis 1914, Osnabrück 21967, S. 214ff. 101 ) Faktisch lag die Aushebungsquote in den fünfziger und frühen sechziger Jahren bei rund einem Drittel des entsprechenden Jahrgangs; zwei Drittel wurden ausgemustert oder freigelost. Siehe Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 750. Im Jahre 1820, bei weitaus niedrigerer Bevölkerungszahl, waren von 50000 Tauglichen noch 30000 eingezogen worden (Alf Lüdtke, „Wehrhafte Nation" und „innere Wohlfahrt": Zur militärischen Mobilisierbarkeit der bürgerlichen Gesellschaft. Konflikt und Konsens zwischen Militär und ziviler Administration in Preußen 1815-60, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 29-30 [1981], S. 13).

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versprach die Landwehr künftig mehr zu schonen und die Hauptlast den jungen Liniensoldaten aufzubürden. Die dreijährige Dienstzeit und eine erhöhte Aushebungsquote sollten die Linie soweit vergrößern und stärken, daß sie allein den Anforderungen eines modernen Massenkrieges genügen konnte.102)

Für die liberalen Kritiker der Heeresreform waren diese Argumente nur vorgeschoben. Militärische Sachzwänge und allgemeine Gerechtigkeitserwägungen würden in zynischer Weise dort geltend gemacht, wo es in Wirklichkeit nur darum gehe, die große Errungenschaft der Befreiungskriege, die aus Volk und Bürgerstand hervorgehende Landwehr, zurückzudrängen. Konservative Militärs, so die Unterstellung der liberalen Parlamentarier im preußischen Abgeordnetenhaus, wollten die Armee zu einem reinen Königsheer machen, das die von den Landwehren verkörperte Verbindung mit der Nation wieder preisgab. Das bürgerliche Element in der Armee, das den Junkern schon immer ein Dorn im Auge gewesen war, sollte zur Bedeutungslosigkeit verdammt werden. Bei aller Kritik an den konkreten Plänen der Regierung standen die preußischen Liberalen jedoch einer grundsätzlichen Vergrößerung und Verstärkung der Armee nicht abgeneigt gegenüber. Wenn sich der preußische Staat nur dazu bewegen ließ, seine Macht zugunsten Deutschlands, zugunsten der nationalen Einigung einzusetzen, dann war man auch gerne bereit, ihm die nötigen militärischen Hilfsmittel zu gewähren.103) Insofern schwankten die Liberalen zwischen grundsätzlicher Opposition gegenüber allen Regierangsplänen auf der einen und einem an nationalpolitische Bedingungen geknüpften Entgegenkommen auf der anderen Seite. Diese Ambivalenz erklärt die Schaukelpolitik der liberalen Mehrheit im preußischen Abgeordnetenhaus während der ersten Jahre des Heereskonflikts. Im Jahre 1861 bewilligte das Abgeordnetenhaus die Heeresvorlage der Regierung provisorisch für ein Jahr, weil man im Banne des italienischen Krieges immer noch an die Möglichkeit der Benötigung und des Einsatzes preußischer Truppen im (groß-) deutschen Interesse glaubte.104) Als die Krise in Italien endgültig beigelegt war, besann man sich im liberalen Lager wieder stärker auf das innenpolitische Argument der Wahrung bürgerlicher Interessen innerhalb der preußischen Heeresorganisation.105) In den nächsten Jahren verhärtete sich die Front zwischen Regierung und Opposition so sehr, daß die Krone schließlich das Budgetrecht des Abgeordnetenhauses ignorierte und ihr Reformwerk unter Ausschaltung der Volksvertretung durchsetzte; der Heereskonflikt weitete sich zum Verfassungskonflikt aus. Dabei gerieten die Konfliktparteien in einen Teufelskreis hinein. Je härter die Regierung gegen das Abgeordnetenhaus vorging, desto deutlicher trat in den Augen der Libera-

102)

Sehr anschaulich

zusammengefaßt

wird die

Argumentation

der Militärs bei Theodor

Bernhardi, Die Reform der Heeresverfassung. Eine Denkschrift, Berlin 1860, S. 20 ff. 103) Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, S. 122. •o4) Ebd., S. 125. 105) Rolf Helfen, Die Taktik preußischer Liberaler von 1858 bis 1862, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 53 (1994), S. 44.

von

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len deren reaktionärer Charakter hervor. Einer reaktionären Regierung konnte man selbstverständlich keine militärpolitischen Zugeständnisse machen; solche Zugeständnisse waren nur gegenüber einer Regierung denkbar, die sich den nationalpolitischen Vorstellungen der Liberalen annäherte. Eine Königsarmee mit zurechtgestutzter Landwehr, also ohne nennenswerten bürgerlichen Einfluß in den Händen eines Otto von Bismarck damit schien dem Militärdespotismus Tür und Tor geöffnet zu sein. Bismarcks Politik gegenüber dem aufständischen Polen im Jahre 1863 bestätigte die schlimmsten Befürchtungen. Preußen verbündete sich mit dem ultrakonservativen Rußland, seine Armee, die einst als Synthese von Königs- und Nationalarmee106) die Sympathie vieler Liberaler gefunden hatte107), schien endgültig in die Hände der Junker zurückgelegt und als Werkzeug einer nationalen Einigungspolitik nicht mehr tauglich zu sein. Im liberalen Lager wurden während des Konflikts einmal mehr die alten Argumente gegen das stehende Heerwesen aktiviert.108) Sie lagen wie eine Münze bereit, die ihre Kaufkraft noch nicht verloren hatte und im Bedarfsfall stets wieder eingesetzt werden konnte. Die bürgerliche Öffentlichkeit überschlug sich in Schmähungen des Junkerheeres' und glorifizierte das seit den Befreiungskriegen treu bewährte Landwehrinstitut.109) Im Gegenzug sprachen konservative Militärs der Landwehr unter den Bedingungen eines modernen Krieges, zumindest im unmittelbaren Kampfeinsatz, jeglichen militärischen Nutzen ab. Außerdem sei die Landwehr eine uralte Einrichtung innerhalb der preußischen Armee, die längst vor den Befreiungskriegen bestanden habe und nichts mit einer Nationalmiliz im bürgerlichen Verständnis zu tun habe. Dies sei eine unverschämte Stilisierung durch die Liberalen, die versuchten, eine Heereseinrichtung politisch-ideologisch für sich in Beschlag zu nehmen, die eine viel längere Tradition besitze. Wenn der König beschließe, die Rolle und Funktion dieses Heeresbestandteils neu zu definieren, dann gehe eine solche Neuverteilung der Aufgaben das Bürgertum, zumal die liberalen Fraktionen im preußischen Abgeordnetenhaus, überhaupt nichts an.110) -

106) So etwa die Argumentation bei Constantin Frantz, Der Militairstaat, Berlin 1859, S. lOOff.u. 148f. 107) Ritter, Staatskunst und Kriegshandwerk, S. 166. 108) Siehe beispielsweise Georg Friedrich Kolb, Die Nachtheile des stehenden Heerwesens und die Nothwendigkeit der Ausbildung eines Volkswehrsystems, Leipzig 1862; Wilhelm Rüstow, Von den Hindernissen einer zweckmäßigen Heeresbildung und erfolgreichen Kriegführung, Coburg 1862; stärker vermittelnd Rudolf Gneist, Die Lage der Preußischen Heeresorganisation am 29. September 1862 nebst einem Zusatz über die Landwehr. Berlin 1862. 109) Walter Bußmann, Königliche Armee Volksheer. Zur Geschichte des preußischen Heereskonflikts in den sechziger Jahren, in: Schicksalsfragen der Gegenwart. Handbuch politisch-historischer Bildung, hg. v. Bundesministerium für Verteidigung, Bd. 3, Tübingen 1958, S. 38 ff. no) Zu dieser Argumentation R. Bräuner, Geschichte der preußischen Landwehr. Histori-

104

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1800

bürgerliche Öffentlichkeit im Zeichen des Heeres- und Verfassungskonflikts gegen die preußischen Heereseinrichtungen polemisierte, Auch

wenn

die

blieb doch auf der anderen Seite ein Trend bemerkbar, der in den deutschen Armeen im 19. Jahrhundert fast überall Platz griff: der Trend zu einer Erhöhung des Anteils bürgerlicher Offiziere. Eine vergrößerte Armee brauchte auch ein größeres Offizierkorps; dieser Satz hatte auch im Preußen der sechziger Jahre Gültigkeit. Da die Aristokratie, das vielgescholtene Junkertum, nicht unbegrenzt für Offiziersnachwuchs sorgen konnte, mußte zwangsläufig auf Anwärter zurückgegriffen werden, die bürgerlicher Herkunft waren.111) Gerade in der Artillerie war eine stetig anwachsende Gruppe bürgerlicher Offiziere vertreten.112) Als Fernwaffe galt die Artillerie dem Ehrenkodex der Militäraristokratie als weniger edel und konnte insofern noch am ehesten bürgerlichen Aspiranten preisgegeben werden. Grundsätzlich galt aber, daß die höheren Offiziersränge zumeist dem Adel vorbehalten blieben; die Bürgerlichen kamen nur selten über die unteren Chargen hinaus. In Preußen hatte es schon seit den Befreiungskriegen für die Einjährig-Freiwilligen die Chance gegeben, zu Reserve- und Landwehroffizieren ernannt zu werden.113) Die Quote solcher Ernennungen hing von der Zahl adliger Mitbewerber und von politischen Konjunkturen ab. In Zeiten großen Personalbedarfs und politischen Friedens zwischen der Regierung und den bürgerlich-liberalen Kräften gab es relativ viele Ernennungen, in Zeiten geringen Bedarfs und schwelender Konflikte wurde der Zustrom bürgerlicher Kandidaten zum Landwehroffizierkorps radikal abgedrosselt.114) Die Regierung setzte dann lieber ehemalige Linienoffiziere bei der Landwehr ein. Während des Heeres- und Verfassungskonflikts wurde in derselben Weise verfahren. Bürgerliche Landwehroffiziere galten als unzuverlässig, wenn sie nicht vorher bereits Linienoffiziere gewesen waren. Insofern bestand auch kein Widersprach zwischen der Erhöhung des Anteils bürgerlicher Offiziere bei der Linie und der gleichzeitigen Blockierung bürgerlicher sehe Darstellung und Beleuchtung ihrer Vorgeschichte, Errichtung und späteren Organisation, Berlin 1863; im Rückblick auch Emil Knorr, Wie sich die Demokratie das Volk in Waffen dachte, Berlin 1886 und A. von Boguslawski, Die Landwehr von 1813 bis 1893, Berlin 1893. Manfred Messerschmidt, Das preußisch-deutsche Offizierkorps 1850-1890, in: Hans Hubert Hofmann (Hg.), Das deutsche Offizierkorps 1860-1960. Büdinger Vorträge 1977, Boppard am Rhein 1980, S. 31 ff.; auch schon Eckart Kehr, Zur Genesis des KöniglichPreußischen Reserveoffiziers, in: Der Primat der Innenpolitik. Gesammelte Aufsätze zur preußisch-deutschen Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Hans-Ulrich Wehler, Berlin 1965, S. 53 ff. 112) Messerschmidt, Das preußisch-deutsche Offizierkorps, in: Hofmann (Hg.), Das deutsche Offizierkorps 1860-1960, S. 28. "3) Heinz Stübig, Bildung, Militär und Gesellschaft in Deutschland. Studien zur Entwicklung im 19. Jahrhundert, Köln u.a. 1994, S. 21 f. 114) Messerschmidt, Die politische Geschichte, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1, S. 92, 98f. u. 100.

m)

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Offizierslaufbahnen bei der Landwehr. Der Linienoffizier bürgerlicher Herkunft galt als unbedingt königstreu, sein Beitritt zum regulären Offizierkorps wurde als politische und kulturelle Assimilierang an die Militäraristokratie gewertet. Blieb der Bürgerliche auch ein Offizier zweiter Klasse, so war er doch

wenn auch nur als Juniorpartner, an die Seite des Adligen Für den Einjährig-Freiwilligen, der Landwehroffizier werden wollte, galt dies nicht; er blieb dem bürgerlichen Milieu verhaftet und drohte sein Amt bei der Landwehr im Sinne der Wahrnehmung liberaler Interessen zu

gesellschaftlich,

getreten.115) nutzen.

Die Einjährig-Freiwilligen, die den Beitrag des gebildeten Bürgertums zum Wehraufkommen in Preußen verkörperten, hatten also in den sechziger Jahren keinen leichten Stand in der Armee. Dennoch wurde Bildung an sich zu einem immer kostbareren Gut für die Trappe. Die moderne Kriegführung verlangte mehr organisatorisches und administratives Wissen, die moderne Waffentechnik ein besseres technisches Know-how, die verstärkte öffentliche Diskussion um militärische Belange eine größere Kompetenz in politischen und gesellschaftlichen Fragen. Diesen Anforderungen sollte mit einer verbesserten Offiziersausbildung Rechnung getragen werden. 1859 setzte in Preußen eine Ausbildungsreform ein, die der humanistischen Bildung und den technischen Kenntnissen gegenüber der rein militärischen Schulung größeres Gewicht verlieh. Die neuen Lehrpläne der Kriegsakademien setzten militärfachlichen und allgemeinbildenden Unterricht im Verhältnis von 10:7 an.116) 1861 wurde ein Gesetz erlassen, das vom Offiziersnachwuchs das Zeugnis der Primareife verlangte.117) In der Praxis wurde diese Vorschrift allerdings oft umgangen, wenn adlige Anwärter zwar theoretisch unbedarft waren, aber als charakterlich besonders geeignet eingestuft wurden. Die höheren Bildungsanforderungen sollten den bürgerlichen Anwärtern mit Gymnasialausbildung keinen einseitigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Im Zweifelsfall blieben Herkunft und Gesinnung wichtiger als gute Schulnoten.118) Bürgerliche Anwärter reüssierten nach wie vor hauptsächlich bei der Artillerie, wo schon traditionell technische und mathematische Kenntnisse eine besondere Rolle gespielt hatten; die Flotte, die in der Aristokratie stets unpopulär blieb, stellte für die Bürgerlichen erst etliche

ll5) Heinz Stübig, Das Militär als Bildungsfaktor, in: Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. Ill, S. 368; Detlev Bald, Vom Kaiserheer zur Bundeswehr. Sozialstruktur des Militärs: Politik der Rekrutierung von Offizieren und Unteroffizieren, Frankfurt/M. u.a. 1981, S. 8 u. 17. "6) Detlev Bald, Der deutsche Generalstab 1859-1939. Reform und Restauration in Ausbildung und Bildung, in: Schriftenreihe Innere Führung. Reihe Ausbildung und Bildung, H. 28, München 1977, S. 42. Il7) Detlev Bald, Sozialgeschichte der Rekrutierung des deutschen Offizierskorps von der Reichsgründung bis zur Gegenwart, in: Schriftenreihe Innere Führung. Reihe Ausbildung und Bildung, H. 29, München 1977, S. 24. HS) Ebd.

106

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(Bildungs-)Bürgertum und Krieg seit

1800

Jahre später in nennenswertem Umfang Karrierechancen bereit.119) Dennoch hatten die Neuordnung der Zugangsvoraussetzungen zur Offizierslaufbahn und die Strukturreform der Offiziersausbildung eine deutliche Aufwertung von Bildung und Wissen innerhalb der Armee zur Folge. Auch die Öffentlichkeit nahm diese Veränderung wahr; für sie wurde bald die Institution des Generalstabs zum Inbegriff militärischer Intelligenz und Professionalität.120) In die Steuerungszentrale und Planungsabteilung der preußischen Armee gelangten nur Männer, die politisch und geographisch, historisch und verwaltungstechnisch bestens beschlagen waren. Sie verkörperten einen positivistischen und zweckrationalen ,Geist der Armee'121), der mehr war als der alte Geist von Königstreue, Ehre und Gehorsam, den viele Kritiker einseitig mit der Armee in Verbindung brachten. Der Generalstab war jederzeit auf der Höhe des Wissens seiner Zeit, er brauchte den Vergleich mit den Wissens- und Bildungsstandards der Absolventen der Universitäten und anderer Bildungseinrichtungen nicht zu scheuen. Der Überblick über bürgerliche Konzepte und Vorstellungen zu Krieg und Militärwesen zeigt ein breites Spektrum möglicher Positionen auf. Auch eine weitgehende Identifikation der bürgerlichen Vorstellungswelt mit dem Liberalismus, die historisch ohnehin nur mit Vorbehalten möglich ist, führt keine größere Klärung oder Vereindeutigung herbei. Andreas Biefang hat für die sechziger Jahre fünf politische Hauptströmungen innerhalb des liberal-demokratischen Bürgertums in Deutschland unterschieden.122) Jede dieser Strömungen verband sich mit einer anderen, wenn auch oft nur geringfügig modifizierten militärpolitischen Position. Dominierend waren auf der einen Seite die Sympathie mit dem preußischen Wehrsystem, auf der anderen Seite die Forderung nach der Einrichtung von Bürgerwehren und Nationalmilizen. Die Anhänger der preußischen Heeresverfassung sahen durch Einjährigenstatut, Landwehr und allgemeine Wehrpflicht die bürgerlichen Interessen in der Armee ausreichend gewahrt; das preußische Heer wurde als gelungene Synthese einer militärisch effizienten Berufs- und Wehrpflichtarmee mit verschiedenen Elementen eines Milizsystems wahrgenommen. Den Verfechtern des reinen Milizgedankens genügte diese Kombination nicht sie wollten die stehenden Heere vollständig beseitigen und durch Bürgerwehren ersetzen. Der verantwortlich handelnde Staatsbürger, so die Argumentation, sei nach kurzer Ausbildung selber -

ll9) Ebd., S. 25. 12°) Bald, Der deutsche Generalstab 1859-1939, S. 32. 121) Messerschmidt. Die politische Geschichte, in: Handbuch

schichte, Bd. 4/1, S. 324.

122)

zur

deutschen

Militärge-

Altliberale standen neben gemäßigten (Rechts-)Liberalen und Linksliberalen, gemäneben revolutionären Demokraten (Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 47f.); ähnlich auch schon Theodor Schieder, Das Jahr 1866 in der Deutschen und Europäischen Geschichte, in: Richard Dietrich (Hg.), Europa und der Norddeutsche Bund, Berlin 1968, S. 20 ff.

ßigte

II.

(Bildungs-)BUrgertum und Krieg seit

107

1800

in der Lage, die Interessen des Gemeinwesens mit der Waffe in der Hand zu schützen. Stehende Heere seien nur eine Belastung für die Volkswirtschaft und eine Bedrohung der politischen Freiheit. Zu einfach wäre es, diese beiden Grandpositionen auf einen rechten oder linken Liberalismus, auf Demokraten oder Konstitutionelle abbilden zu wollen. Die militärpolitischen Auffassungen liefen vielfach quer durch die politischen Fraktionen hindurch. Zumal auch die regionale Komponente eine große Rolle spielte: Preußische Liberale optierten oft anders als ihre nichtpreußischen Gesinnungsgenossen. Ein preußischer Linksliberaler konnte auf die preußische Wehrverfassung schwören, ein süddeutscher Rechtsliberaler, vom Schweizer Vorbild beeindruckt, Anhänger des Milizgedankens sein. Viele Demokraten ächteten den Krieg als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, andere wünschten ihn als Mittel zur nationalen Revolution sehnlichst herbei. Viele Konstitutionelle erblickten in der preußischen Armee das Paradigma für eine gelungene Verbindung von Staat und Nation, von Krone und Volk andere standen sämtlichen Militaría völlig gleichgültig oder sogar ablehnend gegenüber. Gerade in den Provinzen, die erst seit 1815 zu Preußen gehörten, kleidete sich ein unterschwelliger Antiborassianismus gerne in einen mehr oder minder offen zur Schau gestellten Antimilitarismus.123) Auch in Süddeutschland war dieser Mechanismus oft zu beobachten; die Aversion gegen Preußen drückte sich in einer Verachtung des Säbelrasselns und der Pickelhaube aus, während man die eigene Bürgerlichkeit vor allem dadurch zur Geltung brachte, daß man darauf bestand, in jeder Hinsicht ein Zivilist zu sein. Berücksichtigt man noch die wenigen Vertreter des englischen Modells einer Berufsarmee, die das liberale Prinzip der freien Berufswahl, unabhängig von staatlich verordnetem Zwangsdienst, nur bei freier Anwerbung der Soldaten gewahrt sahen, dann wird die Vielfalt und Vielseitigkeit militärpolitischer Positionen im bürgerlich-liberalen Milieu erst recht offenbar. Zahlreiche Einstellungen zum Krieg, zahlreiche Vorstellungen von einer gerechten und politisch opportunen Wehrverfassung koexistierten und verteilten sich mit verwirrender Regellosigkeit auf die einzelnen bürgerlichen Parteiungen. Eine klare Zuordnung dieser oder jener Auffassung zu einer bestimmten Region oder politisch-ideologischen Gruppierung ist, von bestimmten Dominanzen oder Schwerpunkten abgesehen, kaum jemals möglich. Gewiß hat der fehlende Einfluß der Liberalen auf konkrete militärpolitische Entscheidungen dazu beige-

-

-

tragen, die Ausformulierang klarer Positionen zu verhindern; je größer der Abstand von der Macht ist, desto leichter kann sich ein Chaos von widersprüchlichen

Meinungen herausbilden. Aber auch im preußischen Heeres- und Verfas-

123) Im Rheinland war der Widerstand gegen die einjährige Dienstverpflichtung der Gebildeten besonders groß. Die vom Staat erzwungene Unterbrechung von Ausbildung und Erwerbstätigkeit wurde vielerorts als eine Zumutung empfunden. Siehe Friedrich Meinecke, Das Leben des Generalfeldmarschalls Hermann von Boyen, Bd. 2, Stuttgart 1899, S. 148.

108

II.

(Bildungs-)Bürgertum und Krieg seit

1800

sungskonflikt, als die Liberalen gezwungen waren, eindeutig Stellung zu beziehen, taten sie sich ausgesprochen schwer, zwischen der radikalen Kritik an den einzelnen Reformvorschlägen der Regierung und der grundsätzlichen Zustimmung zur preußischen Wehrverfassung einen politisch gangbaren Weg zu finden. Man wollte die Pläne Roons vereiteln, doch gleichzeitig die preußische Armee nicht durch eine strikte Verweigerungshaltung gänzlich den Junkern' überlassen. Dieses Dilemma war für die Schaukelpolitik verantwortlich, welche die Liberalen von der provisorischen Zustimmung zur Heeresreform im Jahre 1861 zur reinen Obstruktion während der Ministerpräsidentschaft Bismarcks führte. Einig war man sich nur in der Ablehnung der Regierangspolitik, bei der Entwicklung von Gegenvorschlägen und Alternativkonzepten konnte kein Konsens hergestellt werden.124) Als im Winter 1863/64 mit der Krise in Schleswig-Holstein die Ära der Reichseinigungskriege begann, war die bürgerliche Öffentlichkeit in militärpolitischen Fragen zerstrittener als je zuvor. Zahlreiche Positionen, zahlreiche Argumente und Denkfiguren standen bereit und konnten potentiell genutzt werden, um den Krieg, der von einem abstrakten Gegenstand der politischen und philosophischen Diskussion wieder zu einer handgreiflichen Realität wurde, intellektuell zu bewältigen, zu kommentieren und zu interpretieren. In umgekehrter Weise konnte die Erfahrung der Einigungskriege, ihre öffentliche Darstellung und Kommentierung auch aktiv und gestaltend auf die Meinungslandschaft im bürgerlich-liberalen Milieu zurückwirken: Dominanzen und Schwerpunkte herstellen, zur Klärung oder Veränderung von Positionen beitragen, eine dezidierte Meinung dort schaffen, wo bislang Indifferenz und Gleichgültigkeit vorherrschten.

I24) Helfen, Die Taktik preußischer Liberaler von 1858 bis 1862, S. 40; zur Vielfalt und Widersprüchlichkeit der liberalen Positionen auch schon Ludwig Dehio, Die Taktik der Opposition während des Konflikts, in: HZ 140 (1929), S. 300ff.

III. Zwischen Distanz und Annäherung: Der bürgerliche Kommentar zu den Kriegen 1864 und 1866 1. Der Konflikt

um

von

Schleswig-Holstein

Zu keinem Zeitpunkt war klar, ob der Krieg um die Herzogtümer Schleswig und Holstein überhaupt als ein Krieg zu bezeichnen war.1) Die Exekution des Deutschen Bundes gegen Holstein, die im Dezember 1863 eingeleitet wurde, hatte eher den Charakter einer polizeilichen als einer militärischen Maßnahme; das Übergewicht der beiden Großmächte Preußen und Österreich gegenüber der kleinen dänischen Armee war so deutlich, daß auch die Besetzung Schleswigs seit Ende Januar 1864 fast wie eine politisch-militärische Strafexpedition wirkte die Dänen waren außerstande, den verbündeten Armeen in einer offenen Feldschlacht entgegenzutreten, sie konnten nur versuchen, durch die hartnäckige Verteidigung ihrer Festungen so viel Zeit zu gewinnen, bis eine andere europäische Großmacht an ihre Seite trat. Dabei wurden die militärischen Aktionen immer wieder von diplomatischen Initiativen begleitet oder unterbrochen; die gesamte Krise um Schleswig-Holstein wirkte wie ein primär politisch-diplomatischer Konflikt, in den militärische Aktionen nur eingeflochten wurden, um die Verhandlungsposition des Gegners zu schwächen. Ohne die Gefechte und Scharmützel in Schleswig verharmlosen zu wollen, muß doch eingeräumt werden, daß die beiden Großmächte nur sehr begrenzte Truppenkontingente einsetzten und kein Hehl daraus machten, daß sie ihre Armeen nicht in Kriegsstärke aufzubieten gedachten. Auch die Verluste an Toten und Verwundeten bei den Haupttreffen des Krieges waren vergleichsweise gering. Die Erstürmung der Düppeler Schanzen kostete die Preußen rund 1200 Tote und Verwundete, die dänischen Verteidiger verloren ungefähr 2200 Mann. Die Gesamtzahl der während des mehrmonatigen Feldzugs getöteten Preußen lag bei knapp über tausend Soldaten.2) -

1 ) Zum Kriegsverlauf siehe grundsätzlich Der Deutsch-Dänische Krieg 1864, hg. v. Großen Generalstab, 3 Bde., Berlin 1887; Winfried Vogel, Entscheidung 1864. Das Gefecht bei

Düppel im Deutsch-Dänischen Krieg und seine Bedeutung für die Lösung der deutschen Frage, Koblenz 1987; zu den diplomatischen Verwicklungen Eberhard Kolb, Großpreußen oder Kleindeutschland? Zu Bismarcks deutscher Politik im Reichsgründungsjahrzehnt, in: Johannes Kunisch (Hg.), Bismarck und seine Zeit, Berlin 1992, S. 23, sowie Kurt Jürgensen, Die preußische Lösung der Schleswig-Holstein-Frage 1863-1867, in: ebd., S. 57 ff. 2) Zu diesen Zahlen Meinhold Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland. Bd. 2: Einigungskriege, Heidelberg 1985, S. 125 f.; K. Klüpfel, Geschichte der deutschen Einheitsbestrebungen bis zu ihrer Erfüllung 1848-1871, Bd. 1, Berlin 1872, S. 352.

110 Nicht

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

das ungleiche Kräfteverhältnis und die komplizierte politischdiplomatische Situation verhinderten, daß der Krieg um Schleswig-Holstein zu einem großen Staatenkrieg wurde. Auch das Interesse der beteiligten Regierungen stand einer solchen Ausweitung entgegen. Preußen und Österreich wollten mit begrenzten militärischen Operationen genau definierte politische Ziele erreichen; einen großen Staatenkrieg, der sich jederzeit zu einem Nationalkrieg ausweiten konnte, wollten die verbündeten Mächte um jeden Preis verhindern.3) Ein solcher Krieg hätte sich zu einem nationalrevolutionären Bürgerkrieg entwickeln können, der die politische Ordnung nicht nur in SchleswigHolstein, sondern in ganz Deutschland gefährdete. Der Krieg sollte im Kabinett geplant, geleitet und beendet werden, ohne daß die Öffentlichkeit von den Zielen der Regierung erfuhr, noch gar auf sie Einfluß nehmen durfte. Ein klassischer Kabinettskrieg, im Jahre 1864 fast schon ein Anachronismus, wurde dem großen Krieg, dem Nationalkrieg vorgezogen, dessen innenpolitischen Preis man nicht bezahlen wollte. Kein Zugeständnis an die Nationalbewegung durfte die Einhegung des Krieges gefährden, keine Beteiligung nicht-regulärer Truppen seine Enthegung herbeiführen. Der Einsatz von Bürgerwehren und Milizen, von den Schleswig-HolsteinVereinen, vom Nationalverein und von der nationalen Presse immer wieder gefordert und angeboten4), wurde infolgedessen sowohl vom Bundestag wie auch von den Regierungen Preußens und Österreichs strikt abgelehnt. Mit liberalen Nationalisten, schon gar mit Demokraten, wollte man keine gemeinsame Sache machen. Die Vertreter der Nationalbewegung folgerten daraus zunächst, daß die Großmächte offensichtlich nicht bereit seien, im Interesse Deutschlands zu handeln; im Gegenteil, das Wort vom Verrat machte die Runde, der wie 1848/50 dem nationalen Aufbegehren den Todesstoß versetzen würde. Die verbündeten Regierungen taten nichts, um diese Unterstellung zu entkräften. Im Gegenteil, sie vermieden alles, was den Anschein erwecken konnte, daß sie sich vor den Karren der Nationalbewegung spannen ließen. Schon die Tatsache, daß Preußen und Österreich den Feldzug in Schleswig gemeinsam bestritten, obwohl die militärischen Kräfte jeder der beiden Großmächte allein bei weitem ausgereicht hätten, um die kleine dänische Armee zu besiegen, ist als eine bewußt anti-nationalistische Demonstration zu werten. Der Konflikt sollte damit in einer für jeden Beobachter augenfälligen Weise internationalisiert werden.5) Zwei europäische Staaten, die überdies zu den Garantiemächten des Londoner Protokolls gehörten, taten sich zu einer gemeinsamen Polizeiaktion nur

3) Alexander Scharff, Vom übernationalen zum nationalen Staat. Ursachen und Bedeutung des deutsch-dänischen Konflikts von 1864, in: GWU 15 (1964), S. 729. 4) Hans-Thorald Michaelis. Unter schwarz-rot-goldenem Banner und dem Signum des Doppeladlers. Gescheiterte Volksbewaffnungs- und Vereinigungsbestrebungen in der Deutschen Nationalbewegung und im Deutschen Schützenbund 1859-1869 Elemente einer deutschen Tragödie, Frankfurt/M. u.a. 1993, S. 334ff. 5) Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 772. -

1. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

111

Herzogtümern die Ordnung wiederherzustellen. Dieser sorgfältig gepflegte Augenschein hatte mit nationalem Enthusiasmus denkbar wenig zu tun. Darüber hinaus erhielt ausgerechnet General von Wrangel den Oberbefehl über die preußischen Truppen6), jener Wrangel, der schon 1848/49 gegen die Revolution eingesetzt worden war und seither bei den Liberalen als der Inbegriff eines reaktionären Militärs galt.7) Damit sollte der Nationalbewegung jede Illusion einer möglichen politisch-militärischen Zusammenarbeit genommen werden. Der über achtzigjährige Wrangel, dessen Berufung mehr politische Demonstration als Ausdruck militärischer Hochschätzung war, erwies sich jedoch als völlig überfordert; er wurde noch während des Feldzugs zusammen, um in

den

durch den Prinzen Friedrich Karl ersetzt.8) Während der gesamten Dauer der Auseinandersetzung um Schleswig-Holstein wurde in Preußen der Heeres- und Verfassungskonflikt mit unverminderter Schärfe weitergeführt. Die preußische Armee, die in den Eibherzogtümern operierte, handelte ohne die Einwilligung des Abgeordnetenhauses; noch im Januar 1864, kurz vor dem Einmarsch in Schleswig, verweigerte die preußische Volksvertretung die Bewilligung der von der Armee geforderten Gelder. Militärs und liberale Parteien standen sich nach wie vor unversöhnlich gegenüber. Die preußische Regierung setzte ihre Politik des Ignorierens der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses fort; jede Brücke zwischen Staat und Nation, zwischen Königsheer und bürgerlicher Gesellschaft schien abgebrochen zu sein. Im konservativen Lager wurde nach dem 18. April unverhohlen von einem ,inneren Düppel' gesprochen, das im Anschluß an den großen Sieg in Schleswig nun dem innenpolitischen Gegner zu bereiten sei; so erfolgreich, wie das preußische Heer den äußeren Feind in die Flucht geschlagen habe, müsse auch der Widerstand des inneren Feindes, des von den Liberalen dominierten Abgeordnetenhauses, gebrochen werden.9) In der bürgerlichen Presse wurde dagegen seit Beginn der Krise im November 1863 Öl in das Feuer der nationalen Begeisterung gegossen. Ein zweites Mal dürften die Eibherzogtümer nicht den Dänen ausgeliefert werden; diesmal müsse, anders als 1848-50, die deutsche Nation mit aller Entschlossenheit gegen Dänemark auftreten. Wer nun der legitime Sachwalter und Interessenvertreter Deutschlands sei, blieb dabei umstritten. Der Deutsche Bund in Verbindung mit dem Augustenburger, eine noch zu formierende deutsche Nationalwehr und die beiden Großmächte Preußen und Österreich kamen für diese Funktion in Frage im Wechsel wurde sie diesen Akteuren zu- und auch wieder abgesprochen. Eine klare Linie innerhalb der bürgerlichen Presse, schon -

6) Vogel, Entscheidung 1864, S. 24. 7)

Wolfram Siemann, Die deutsche Revolution

8) Vogel, Entscheidung 1864, S. 61. 9) Heinrich von Sybel, Die Begründung München/Leipzig 31890, S. 291.

von

1848/49, Frankfurt/M. 1985, S. 173.

des Deutschen Reiches durch Wilhelm I., Bd. 3,

112

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

gar über die gesamte Dauer des fast ein Jahr lang schwelenden Konflikts, war nicht erkennbar. Einig war man sich nur darin, daß die Herzogtümer vom panischen Joch' befreit und dem deutschen Herrschaftsbereich eingegliedert werden sollten. Schon bei der Frage nach der Art und Weise dieser Eingliederung brachen wieder Gegensätze auf. Zunächst gab es jedoch einhellige Sympathiebekundungen für die Schleswig-Holstein-Bewegung und für die politischen Aktivitäten im Umfeld der deutschen Nationalbewegung. Eifrig berichteten die Zeitungen von den Volksversammlungen, die in zahlreichen deutschen Städten zusammengerufen wurden, um Resolutionen zugunsten der Ansprüche des Herzogs von Augustenburg zu erlassen. „Aus Dresden erhalten wir die telegraphische Nachricht", führt beispielsweise die National-Zeitung am 17. November 1863 aus, „daß eine gestern Abend dort gehaltene Versammlung des Nationalvereins eine Resolution gefaßt hat, dahin lautend, daß in Schleswig-Holstein nur der Mannsstamm erbberechtigt ist, und daß jeder Versuch, die Thronfolge der Herzogthümer zu ändern, eine Verletzung der Rechte und Interessen Deutschlands enthalte und sofort mit allen Kräften, nöthigenfalls mit Waffengewalt, zurückgewiesen werden müsse"10). Von vornherein wurde die Möglichkeit eines Krieges in das Kalkül einbezogen. Spenden und Geldsammlungen sollten zu seiner Finanzierung beitragen; außerdem wurde Geld für Propaganda und Agitation benötigt. In den Universitätsstädten wurden die Schleswig-Holstein-Komitees massiv von der Studentenschaft unterstützt. Die National-Zeitung berichtet von einem Schleswig-Holstein-Ausschuß in Erlangen, in dem „sowohl die Universität als die Bürgerschaft durch angesehene Namen aller Kreise vertreten [war]"11). Bevor dieser Ausschuß gebildet wurde, hatten die Studenten der Erlanger Universität schon eine Adresse an Friedrich von Augustenburg formuliert, um den ,Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein', wie sie ihn bereits titulierten, ihrer unverbrüchlichen Gefolgstreue zu versichern: Euer Hoheit fürstliches Wort

[...] hat

wie ein Blitz in

unserm

Herzen

gezündet.

Dankbar

freudig begrüßen wir hierin die Gewähr, daß Recht nun endlich Recht werden soll. Geruhen Euer Hoheit den Ausdruck der Freude und Hingebung huldvollst entgegenzuneh-

men, die uns, die unterzeichneten Commilitonen der Friderico-Alexandrina zu Erlangen, er[...]. Mit uns, des sind wir gewiß, harren alle deutschen Hochschulen des Augenblicks,

füllt

erlauchten deutschen Fürsten in kräftiger Wahrung deutschen Rechtes und deutuns aufrufen, einzustehen mit Allem, was wir sind und haben für das altgeheiligte gute Recht der Nordmark unseres Vaterlandes! Einstimmen werden alle deutschen Stämme in unsern Ruf: „Hoch lebe Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein! Hoch Schleswig-Holstein ungetheilt für immer! Möge Gott der Allmächtige Euer Hoheit in Seinen Schutz nehmen und in unserm ganzen Vaterlande die Herzen der Fürsten und Völker lenken zu Seinem Preis und Deutschlands Ehre!"12) wo unsere

scher Ehre

-

I0) National-Zeitung (NZ), 17. 11. 1863, Nr. 537, S. 1; ähnliche Berichte lagen gart, München, Hamburg und Bremen vor (NZ, 24. 11. 1863, Nr. 548, S. 2f.). U) NZ, 23. 11. 1863, Nr. 547, S. 2. 12)

Ebd.

aus

Stutt-

I. Der Konflikt

Die

Erlanger

um

Studenten wissen sich

Schleswig-Holstein

einig

113

mit ihren Kommilitonen in ganz

Deutschland, wenn sie dem Augustenburger ihre Huldigung darbringen. Mit allem, was sie ,sind und haben', wollen die Studenten für die Rechte des Herzogs und damit für die Interessen Deutschlands eintreten. Die Adresse macht keinen Unterschied zwischen dem Interesse der Fürsten und dem Interesse der Nation; das Recht des Augustenburgers und die Legitimität seines Anspruchs müssen genauso von den Fürsten geschützt werden, wie auch die deutsche Nation nicht zulassen kann, daß ihre ,Nordmark' von Dänemark einverleibt wird. Die nationalistische Rede von deutscher Ehre und der Nordmark des Vaterlandes steht unmittelbar und ohne einen Widerspruch zu erzeugen neben den Demutsbezeigungen gegenüber dem vermeintlichen neuen Herzog von Schles-

wig-Holstein.13)

Zwei Wochen später berichtet die National-Zeitung von einer Zusammenkunft der in Berlin wohnenden Schleswig-Holsteiner. Auch hier erhielten die zahlreich erschienenen Handwerker intellektuelle Schützenhilfe von Vertretern der Berliner Universität. Zunächst teilte „Herr Studiosus Versmann" mit, daß die „hier studirenden Schleswig-Holsteiner zusammengetreten seien, um eine Adresse an den Herzog Friedrich zu senden", und daß „300 Studenten der hiesigen Hochschule einen Verein zu Geldsammlungen und zur Wehrbarmachung gebildet hätten"14), dann trat der Geschichtsprofessor Theodor Mommsen vor die Versammlung, um seine Landsleute mit eindringlichen Worten auf die nationale Sache einzuschwören:

Schleswig-Holsteiner! Die Sache Schleswig-Holsteins ist die Sache Deutschlands [...]. Wir [müssen] zuerst einstehen, wenn Herzog Friedrich, dem unberechtigte diplomatische Actenstücke sein Recht streitig machen wollen, sein Volk zu den Waffen ruft. Wäre dies schon geschehen, wäre in Schleswig-Holstein der Kampf bereits ausgebrochen, es würde heute wahrscheinlich schon anders um uns stehen, denn die Tintenfässer würden gewiß gezittert haben, wenn man in Frankfurt von dem Donner der Kanonen jenseit [sie] der Elbe gehört hätte, es würde wohl ein anderer Beschluß gefaßt worden sein, als der [,] eine Bundesexekution ins

Leben zu rufen [...]. Unsere Brüder in Holstein können sich leider nicht selber helfen, da man ihnen sehr bald das Handwerk legen würde; desto mehr aber sind wir verpflichtet, sie zu ersetzen. Wir brauchen Mannschaften und Geld, und wer den Thaler giebt, soll uns ge-

13)

Auch innerhalb Schleswig-Holsteins gehörten die Studenten zu den aktivsten Verfecheiner Loslösung der Herzogtümer von Dänemark. Die Kieler Universität war ein Zentrum der deutschen Nationalbewegung. Als im Februar 1864 das Dannewerk von den Dänen geräumt wurde und die Pioniere der verbündeten deutschen Armeen daran gingen, die einzelnen Schanzen dieser Verteidigungslinie zu zerstören, „bearbeiteten" die Kieler Studenten „ihre eigene Schanze und ruhten nicht eher, bis über die Stelle, wo das Zwing-Uri Dänemarks mit seinen drohenden Feuerschlünden gestanden, der friedliche Pflug gehen konnte" (Alexander Hornstein, Der Schleswig-Holsteinische Krieg 1864, seine Ursachen und Folgen, Mannheim 1867, S. 101). Das Symbol der verhaßten Dänenherrschaft wurde dem Erdboden gleichgemacht, und die Studenten der Universität Kiel ließen es sich nicht nehmen, in einer gleichfalls symbolischen Handlung an der Schleifung des dänischen ,Zwing-Uri' mitzuwirken. 14) NZ, 10. 12. 1863, Nr. 576, S. 5. tern

114

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

lobt sein und wer die Flinte führen will, soll uns doppelt gelobt sein [...]. Ich mache Ihnen daher den Vorschlag, [...] Behufs der Wehrbarmachung sich einem Turnverein anzuschließen oder einen eigenen Turnverein zu bilden.15) waren die Turnvereine, die schon seit den Befreiungskriegen zur Heder Wehrkraft der Bevölkerung beitragen wollten, als paramilitärische bung Ausbildungsstätten vorgesehen. Hier konnten die designierten Kriegsfreiwilligen feldtauglich gemacht werden.16) Im Gefolge des Augustenburgers wären sie dann imstande, die Freiheit der Herzogtümer zu erkämpfen. Der Frankfurter Beschluß einer Bundesexekution gegen Holstein war in Mommsens Augen völlig unzulänglich. Nur ein energisches militärisches Eingreifen, das sich der Unterstützung der Volksbewegung versicherte, konnte dem Augustenburger zu seinem Recht verhelfen, der gut daran tat, nicht ausschließlich auf die Hilfe des Deutschen Bundes zu vertrauen. Indem die Nationalbewegung aber immer wieder betonte, daß es ihr um die Wahrung der legitimen Erbansprüche des Augustenburgers ging, stellte sie sich bewußt auf den Boden eines dynastischen Denkens, das jederzeit mit den Interessen der Fürsten und Obrigkeiten vereinbar blieb. Die Nationalbewegung bot den Fürsten ihre Unterstützung an, sie drohte nicht damit, an ihre Stelle treten zu wollen; allein der Verdacht schon hätte sofort zur Unterdrückung der nationalen Organisationen geführt. So waren die militanten Nationalisten gut beraten, sich den Fürsten als Juniorpartner anzudienen, um auf diesem Wege zumindest einen gewissen Einfluß auf die Politik der Kabinette zu gewinnen. Wenn die Bürgerwehren und Freischaren einbezogen würden, so das Kalkül, müßten auch ihre politischen Ziele Berücksichtigung finden; durch ihre Existenz allein und ihr Umfang hielt sich trotz aller Großsprecherei in sehr engen Grenzen verkörperten sie die Ansprüche der Nationalbewegung, die von den Regierungen besser befriedigt wurden, als daß sie sich in gefährlicher Weise

Wieder

-

-

verselbständigten.

Dabei überschätzten die Vertreter der Nationalbewegung ihren politischen Einfluß allerdings bei weitem. Schon im November und Dezember 1863 gingen viele Regierungen rabiat gegen die aufkeimende Milizbewegung vor. Vielerorts wurden die Turnvereine von den Polizeibehörden bereits verwarnt, wenn sie nur Versammlungen einberufen wollten. So erwähnt die Vossische Zeitung am 22. Dezember 1863, daß der Krefelder Turnverein, „weil derselbe

15) Ebd., S. 5 f. 16) Am 12. Dezember

druckte die NZ einen Aufruf des „engeren Ausschusses der deutschen Turnvereine" an alle „Turngenossen" ab, mit dem die Turner ausdrücklich an die Tradition des Jahres 1813 anknüpften. „Unter Leitung eines gedienten Militärs" sollten die Turner „Uebungen im Fechten, Bajonnetfechten, Schießen, sowie in Dauermärschen, Dauerläufen und Springen betreiben"; Ziel war die Ertüchtigung zur Teilnahme „an einem harten Kampfe für deutsche Ehre und Unabhängigkeit". Gefordert wurde kein ,,vereinzelte[s] Handeln", sondern der Eintritt „in ein für Schleswig-Holstein zu bildendes Heer" (NZ, 12. 12. 1863, Nr. 581, S. 1 f.).

1. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

115

eine Generalversammlung einberufen wollte, in der die Art und Weise der Unterstützung Schleswig-Holsteins berathen werden sollte", eine vom „PolizeiInspektor" unterzeichnete Verwarnung erhielt, „darauf hinauslaufend, der Turnverein habe mit Politik sich nicht zu befassen"17). Gerade Preußen kannte gegenüber der Milizbewegung kein Pardon. Als die Truppen König Wilhelms in den ersten Februartagen des Jahres 1864 in Schleswig einrückten, gehörte das Verbot der Schleswig-Holstein-Komitees und der Bürgerwehren zu den ersten Amtshandlungen des preußischen Zivilkommissars. Auch die Hoffnung der Nationalbewegung, im Schutz des liberalen Großherzogs von Sachsen-Coburg-Gotha eine große Freiwilligenarmee in Coburg zusammenziehen zu können, zerschlug sich; am 30. Dezember 1863 trat die Vbssische Zeitung allen diesbezüglichen Gerüchten mit einem entschiedenen Dementi entgegen.18) Ein Bündnis der Nationalbewegung mit den Fürsten, das ohnehin mehr Appell als realpolitisches Konzept gewesen war, rückte also, vornehmlich in Bezug auf Preußen, in immer weitere Ferne; wenn überhaupt, dann schien der nicht durch das Londoner Protokoll verpflichtete Deutsche Bund zu einer Kooperation mit den nationalen Kräften bereit zu sein. Doch auch in Frankfurt hatten Preußen und das nicht minder reaktionäre Österreich großen Einfluß. Es stand nicht zu erwarten, daß sich die deutschen Klein- und Mittelstaaten gegen die Großmächte durchsetzen könnten. Im Grande bestand für die Nationalbewegung nur die Alternative, entweder ohnmächtig gegen die Großmächte zu protestieren und auf eine Zusammenarbeit des Deutschen Bundes mit dem Herzog von Augustenburg und der National- sowie Schleswig-Holstein-Bewegung zu hoffen, oder aber die Idee einer nationalen Befreiungsarmee für die Eibherzogtümer gänzlich fallenzulassen und statt dessen die regulären Streitkräfte der Großmächte, insbesondere Preußens, als legitime Sachwalter der deutschen Interessen anzuerkennen. Auf diesem Wege konnten die nationalen Kräfte, gewissermaßen als Trittbrettfahrer der Großmächte, wenigstens symbolisch noch an der Auseinandersetzung um Schleswig-Holstein teilnehmen und einen Anteil am zu erwartenden Sieg für sich beanspruchen. Zunächst herrschte in der bürgerlichen Presse große Uneinigkeit darüber, welche Strategie nun einzuschlagen sei. Leitartikel, in denen an die Regierungen appelliert wurde, die Rechte des Augustenburgers und damit auch Deutschlands entschlossen wahrzunehmen, wechselten sich mit Mißtrauensbekundungen ab, die kein Hehl aus der Angst machten, daß es zu einem Verrat der Großmächte an der nationalen Sache kommen könnte. In Preußen wurde hierbei oft direkt an die Frontstellungen und Argumentationen des Heeres- und Verfassungskonflikts angeschlossen. Die National-Zeitung, die noch am 8. November daran erinnert hatte, daß die Heeresreform einzig von „landwehrfeind-

17) Vossische Zeitung (VZ), 22. 12. 1863, Nr. 299, S. 2. 18) VZ, 30. 12. 1863, Nr. 305, S. 6.

116

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

liehen Ansichten"19) getragen sei, ist das Musterbeispiel für diese Unentschlossenheit. Immer wieder beschwört sie die „preußische Staatspflicht", in Schleswig-Holstein „nichts verloren gehen zu lassen"20); Preußen sei schon seiner eigenen Geschichte den Einsatz für die Herzogtümer schuldig: Sobald wir uns nur die Frage vorlegen, mit welchem Auge der Große Kurfürst, wenn er heute lebte, so wie sämmtliche preußische [sie] Regierungen des achtzehnten Jahrhunderts die gegenwärtige Verwickelung ansehen würden, müssen wir eingestehen, daß sie alle der entschiedenen Meinung sein würden, hier sei eine preußische Aufgabe. Es würde nur beweisen, daß es keine preußische Staatskunst mehr giebt, wenn man jetzt in Berlin leugnen wollte, daß man zum Handeln verpflichtet ist.21)

Schon am Tag darauf findet sich im Leitartikel der National-Zeitung die überdeutliche Anspielung, daß es „sehr schlimm sein [würde], wenn die Nation den einzelnen Regierungen geradezu mißtrauen müßte"; einigen von ihnen könne sie jedenfalls nur „halb vertrauen"22). So bleibe am Ende „nur übrig, daß die Nation selber sich ermannt, um zu vollbringen, was vollbracht werden muß"23). Dieses Tätigwerden der Nation bedeutete den großen Nationalkrieg, darin sind sich die Kommentatoren der National-Zeitung einig. Ein solcher Nationalkrieg hätte auch den Vorteil, vom Ausland eher akzeptiert zu werden; und wenn er nicht akzeptiert würde, so hielte doch seine unwiderstehliche Kraft und Dynamik jede andere europäische Großmacht davon ab, in den Krieg gegen Deutschland einzutreten.24) Am 2. Dezember 1863 zitiert die National-Zeitung eine Rede des Abgeordneten Löwe im preußischen Abgeordnetenhaus: Wir fürchten uns nicht vor dem Auslande; wenn wir eine schlechte Regierung haben, so werden wir sie loswerden in den ersten Stunden eines großen Krieges. Wenn Sie die Besorgniß haben, daß uns der Krieg bevorsteht [...], dann dürfen Sie die große nationale Bewegung nicht abdämmen, sondern sie stärker und stärker werden lassen [...]. Dann müssen Sie dem Fremden zeigen, daß das alte germanische Blut sich vor dem Kriege nicht fürchtet, daß es sich nicht eine schöne Provinz, einen schönen Volksstamm entreißen läßt [...]. Dann zeigen Sie dem Fremden, dem Feinde, dem Manne in Frankreich zeigen Sie, daß er nicht nur das große Militärduell zu bestehen hat und wenn er dasselbe bestanden, Herr ist in Deutschland, sondern daß er dann das deutsche Volk und einen Volkskrieg zu fürchten hat.25)

Nationalkrieg wird nationalrevolutionäre Energien freisetzen, denen die schlechten Regierungen' in Deutschland nicht lange widerstehen können. Wer sich nicht auf die Seite der Nationalbewegung stellt, wird von ihr hinweggeDer

schwemmt. Kein äußerer Feind wird

es

wagen, nicht

nur

gegen die deutschen

Armeen, sondern gegen das deutsche Volk Krieg zu führen. Viele Liberale berauschten sich

l9) 2") 21) 22) 23) 24) 25)

regelrecht an der Vorstellung eines großen Krieges, der endlich

NZ, 8. 11. 1863, Nr. 522, S. 1. NZ, 26. 11. 1863, Nr. 552, S. 2. Ebd.

NZ.27. 11. 1863, Nr. 554, S. 1. Ebd.

NZ, 19. 11. 1863, Nr. 540, S. 1. NZ, 2. 12. 1863, Nr. 562, Zweites Beiblatt, S. 3.

1. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

117

die

festgefahrenen innen- wie außenpolitischen Verhältnisse in Bewegung bringen sollte. In der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" wird sogar das Szenario eines „Weltkampfes"26) beschworen, der um Schleswig-Holstein entbrennen könnte und den es im nationalen Interesse hinzunehmen gelte. Während der Abgeordnete Löwe sich mit versteckten Drohungen gegen .schlechte Regierungen' begnügte und im Unklaren ließ, wer denn nun genau den großen Nationalkrieg führen sollte, bezog sein Kollege Groóte vom linken Flügel der Fortschrittspartei unmißverständlich gegen die preußische Regierung Stellung. Die National-Zeitung gab Auszüge seiner Rede vor dem Abgeordnetenhaus wieder:

Wenn die Krone das Volk und das Haus zu großen Aufgaben aufriefe, so wäre das etwas Anderes. Ein Vergessen des Streites mit dieser Regierung würde eine Hingabe an ein reaktionäres Regiment sein. Einer Regierung, wie der gegenwärtigen, kann man die Führung für eine solche Sache nicht anvertrauen [...]. Aber ebenso wenig dürfe man sich von der Begeisterung hinreißen lassen, sich einem Ministerium Bismarck anzuschließen. Man möge bedenken, mit welchen Mitteln dieses Ministerium den Krieg beginnen würde, zunächst mit der Militärreorganisation, welche durch die Begeisterung nicht beseitigt werde.27)

Abgeordnete Groóte ist nicht bereit, im Bündnis mit der Regierung vorzugehen. Eine gemeinsame Intervention zugunsten Schleswig-Holsteins bedeutete, dem Ministerpräsidenten die Hand reichen zu müssen und die Heeresreorganisation zu akzeptieren. Grootes Argumentation ist typisch für das Dilemma, in dem sich die Liberalen schon seit Beginn des Heereskonflikts befanden. Einerseits möchte man Preußen vor den Karren einer nationalen Einigungspolitik spannen, andererseits will man der preußischen Regierung keine Zugeständnisse machen, solange es keine Garantie dafür gibt, daß Preußen tatsächlich die Einigung Deutschlands vorantreibt. Wenn die Absichten der Regierung völlig Der

unklar sind und ein Ministerium Bismarck Anlaß zu den ärgsten Befürchtungen gibt, fällt es schwer, Gelder zu bewilligen, die möglicherweise zu reaktionären Zwecken, zur Bekämpfung der Liberalen und ihrer politischen Ziele verwendet werden. Am 27. November hatte die National-Zeitung ihren Lesern bereits die Gegenposition präsentiert. Aus Stuttgart wurde berichtet, daß Julius Holder in der württembergischen Abgeordnetenkammer einen Antrag „wegen Schleswig-Holsteins" eingebracht und dabei ausgeführt habe: Die jetzige Lage sei trostlos, indem heule noch von den Regierungen nichts für das Rech! dieser deutschen Provinzen geschehen sei, indem noch keine Bundestruppen sich in Bewegung gesetzt haben, um der Schmach, daß deutsche Provinzen in dänischen Händen sich befinden, ein Ende zu machen [...]. Darum sei es Pflicht des deutschen Volkes, die Regierungen zum Vorschreiten zu ermahnen. Die deutschen Großmächte haben nun Gelegenheit, zu beweisen, ob sie würdig seien, an der Spitze Deutschlands zu stehen. Man müsse aussprechen, daß es im höchsten Grade zu bedauern wäre, wenn die preußische Kammer der Regierung wegen innerer Streitigkeiten die Mittel zur Kriegführung verweigerte. Mit allen zu Ge-

26) Augsburger Allgemeine Zeitung (AAZ), 2. 27) NZ.2. 12. 1863, Nr. 563, S. 1.

12. 1863, Nr. 336, S. 3.

118

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

! 864 und 1866

bote stehenden Mitteln müsse man die Regierungen bitten und beschwören. Der werde und müsse geführt werden, mit oder ohne die Regierungen. Wenn der Ruf Waffen erfolge, so werde das deutsche Volk ihn befolgen.28)

Holder kritisiert die Politik der

Kampf zu

den

preußischen Liberalen, die sich in der Budget-

frage unnachgiebig zeigen. Im höheren nationalpolitischen Interesse sei es nötig, von inneren Streitigkeiten abzusehen und die preußische Armee instandzusetzen, im Interesse Deutschlands zu den Waffen zu greifen. Statt Obstruktion zu betreiben, solle man besser so lange auf die Regierungen einwirken, bis sie die nationale Sache ihrerseits entschlossen verträten. Auch Holders Optimismus ist jedoch nicht grenzenlos; am Schluß des Zitats räumt er ein, daß der Kampf möglicherweise ohne die Regierungen geführt werden müsse. Das

deutsche Volk jedenfalls sei zu allem bereit. Mit dem Einmarsch der Preußen und Österreicher in Schleswig wurde die Spaltung der bürgerlichen Öffentlichkeit noch zusätzlich forciert. Ob der Nationalkrieg von den Großmächten stellvertretend geführt wurde oder ob Berlin und Wien ihn mit Vorsatz unterdrückten, um im Verbund mit den anderen Garantiemächten des Londoner Protokolls die nationalen Interessen Deutschlands zu verraten, war eine offene Frage, die zu immer wieder neuen Interpretationen einlud. Ohne die Vielstimmigkeit der Diskussion im liberal-demokratischen Milieu in ganz Deutschland unterschlagen zu wollen, lassen sich doch in der preußischen und außerpreußischen Presse nunmehr deutlichere Trends feststellen. Während die preußischen Blätter, wenn auch nach anfänglichem Zögern, die Verbindung zwischen Armee und bürgerlicher Gesellschaft in keinem Fall abreißen lassen wollen, dominiert in der außerpreußischen Presse, zumindest bis zur Londoner Konferenz, der Vorwurf des Verrats, dem nur mit dem neuerlichen Versuch der Mobilisierung einer ,wahren' Nationalarmee zu begegnen sei. Vor allem die Frankfurter Zeitung, für die schon seit Jahren ausgemacht war, daß die Heeresreform in Preußen nur dem Zweck diente, dem Junkertum zu neuen Offiziersstellen zu verhelfen29), deutete den Alleingang der Großmächte als die endgültige Aufkündigung des Bündnisses zwischen den Fürsten und der Nationalbewegung. Der Aufruf des Deutschen Abgeordnetentages, den die Frankfurter Zeitung schon am 26. Januar 1864 abdruckte, blieb in den nächsten Monaten für das demokratische Blatt richtungweisend. Wenn Preußen und Österreich sich auf den „Boden des Londoner Protokolls" stellten, hieß es hier, ergriffen sie „Partei für die Feinde der Herzogthümer und Deutschlands"30); die Antwort der deutschen Nation auf diesen Verrat könne nur darin bestehen, daß jede Regierung der „Sache Deutschlands ihre ganze Wehrkraft ohne Rückhalt zur Verfügung stellt"31). Mit der .ganzen Wehrkraft'

28) 29) 30) 31)

NZ, 27. 11. 1863, Nr. 554, S. 2. (Neue) Frankfurter Zeitung (FZ), 4. 1. 1864, Nr. 4, S. 1 ; FZ, 4. 2. 1864, Nr. 35, S. 1. FZ, 26. 1. 1864, Nr. 26, S. 4. Ebd., S. 5.

I. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

119

sind für die Frankfurter Zeitung stets die Truppen gemeint, die bei einer Aufbietung aller Wehrfähigen in der gesamten Bevölkerung ins Feld gestellt werden könnten.32) Eine solche Armee wäre mit der Nation quasi identisch und folglich gar nicht zu einem Verrat an deren Interessen fähig. Die Großmächte schlagen das Bündnis mit dieser Nationalarmee aus politischen Gründen aus, so die Frankfurter Zeitung, obwohl sie die militärische Unterstützung durch diese Truppen, gerade in Anbetracht eines möglichen Eingreifens Englands oder Frankreichs, sehr wohl gebrauchen könnten. Preußen und Österreich leugnen lieber scheinheilig, in Schleswig überhaupt einen Krieg im vollen Wortsinne zu führen: Die beiden Mächte wollen zwar eigentlich keinen Krieg; sie rücken in Schleswig ein, sie fechten mit den Dänen, sie werden Schlachten schlagen und Städte belagern: aber all das soll kein Krieg sein. Man nennt es [...] ein Land in Pfand nehmen. Diese Pfandnahme geschieht in bester Freundschaft, um die andere Partei auf eindringliche Weise von ihrem Unrecht, das heißt von der Nothwendigkeit des Nachgebens zu überzeugen [...]. Es muß ein sehr tiefer Plan und eine unwiderstehliche Nothwendigkeit sein, welche die beiden Häupter der Politik zu Wien und Berlin leitet, daß sie einen Krieg führen [,] der nicht Krieg ist, nur um einem Kriege zu entgehen [,] der wirklich Krieg sein würde.33)

Das Wortspiel am Schluß des Zitats macht die Paradoxie im Vorgehen der Großmächte deutlich. Sie bestreiten, einen Krieg zu führen, um einen Krieg zu vermeiden, der nicht mehr ,ihr' Krieg, sondern der Krieg Deutschlands wäre. Dabei könnte die Hilfe der gesamten deutschen Nation sehr schnell benötigt werden, wenn die anderen europäischen Großmächte in den Konflikt eingriffen; schon im Hinblick auf die äußeren Gefahren, die von Frankreich oder, im Falle Österreichs, von Italien ausgehen könnten, wäre es ratsam gewesen, das Bündnis mit den „siebenzehn Millionen deutschen Kernvolkes"34) zu suchen, die in einem großen Nationalkrieg an der Seite der regulären Armeen stünden. Aus einem durchsichtigen machtpolitischen Egoismus heraus hätten Preußen und Österreich mit ihrem potentiellen Bündnispartner, dem bewaffneten deutschen Volk, nicht zusammenarbeiten wollen. In den nächsten Wochen und Monaten begleitete die Frankfurter Zeitung das Geschehen in Schleswig-Holstein mit einer steten Kritik an der Politik und Kriegführung der Großmächte. Dabei diskutierte sie auch Fragen des Wehrsystems und der Heeresverfassung. Während auf der einen Seite die Einrichtung von Bürgerwehren gefordert wurde, welche die Keimzellen einer noch zu formierenden Nationalarmee bilden sollten, ging man auf der anderen Seite hart mit dem preußischen Heer ins Gericht. Alle Fehler, die man der Armee Preußens während des Feldzugs unterstellte, wurden auf die typischen Mängel zuDie Agitation für eine Nationalarmee nahm in der FZ auch konkrete Gestalt an. So wurden zum Beispiel regelmäßig Anzeigen abgedruckt, die zur Bildung von Jugendwehren nach Schweizer Vorbild aufriefen (FZ, 18.4. 1864, Nr. 108, S. 1). 33) FZ, 4. 2. 1864, Nr. 35, S. 1. 34) Ebd.

32)

120

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

rückgeführt, die schon traditionell mit dem stehenden Heerwesen in Verbindung gebracht worden waren. So heißt es am 11. April, daß ein Sturmangriff auf die Düppeler Schanzen aufgrund „schwerster Mißgriffe" bei der Vorbereitung immer noch nicht möglich sei. Mit der Benennung der Ursachen für diese Fehler ist die Frankfurter Zeitung schnell bei der Hand: Der Fehler liegt bei den Preußen wohl darin, daß in ihren höchst vortrefflichen Armeereglements eine gewisse Lücke besteht; sie sind nämlich vortrefflich für den Exercierplatz und die Kaserne, aber nur nicht für den Kriegsfall berechnet. Jedermann, vom General bis zum Rekruten herab, hat sein Reglement vollständig im Kopf, aber es paßt leider nicht für die fatalen Verlegenheiten, in welche die Preußen durch die dänische Bosheit versetzt sind [...]. Es rächt sich jetzt an der preußischen Armee das ihr durch die Junker aufgezwängte Ka-

maschenthum.35)

Der stumpfsinnige Drill, der die Soldaten zu Marionetten macht, wird mit Hohn und Spott Übergossen; er taugt zwar für den Exerzierplatz, aber nicht für den Kampfeinsatz, wo jeder Soldat auf immer wieder neue Situationen flexibel reagieren muß. Die Frankfurter Zeitung spielt das Milizideal des intelligenten und selbständigen Bürgersoldaten gegen ein ,Kamaschenthum' aus, das die Kampfkraft der preußischen Armee entscheidend herabsetzt. Dabei wird allerdings sehr wohl unterschieden zwischen den Junkern', die der Armee dieses System aufgezwungen haben, und den Mannschaften, deren Substanz an und für sich gut ist: Die deutschen Armeen haben das vortrefflichste Material

an

Mannschaften

[...], trotzdem

entsprechen sie im Felde nicht den gehegten Erwartungen. Woran liegt dies anders, als an den junkerhaften und den bureaukratischen Elementen, die sich in den Oberkommandos, den Verwaltungen und den Officierkorps festgenistet haben [...]. Die Soldaten sind intelligent, tapfer, ausdauernd; in manchem Lieutenant mag das Zeug zu einem Feldherrn stecken, aber die Führung durch einen 80jährigen Marschall, der seinen größten Sieg gegen die Berliner „Demokraten" erfochten hat, und einen prinzlichen General, der seine vergebliche Kanonade von Missunde dem Siege von Austerlitz an die Seite stellt, können die Armee nicht zu Triumphen führen.36) Schuld am Versagen der Armee ist die Führung, nicht der einfache Soldat, der bei guter Ausbildung und intelligenter Operationsplanung zu ganz anderen

Leistungen fähig wäre. Die Männer an der Spitze der preußischen Trappen, die ihre Position nur fürstlicher Gunst, aber keineswegs individueller Leistung verdanken, machen die besten Anlagen ihrer Untergebenen zunichte, in deren Reihen manch wirkliches Feldherrntalent schlummert. Sogar nach der Erstürmung der Schanzen wenige Tage später ist die Frankfurter Zeitung nicht bereit, der preußischen Führung einen Anteil am Gelingen der Attacke zuzugestehen. „Mögen die preußischen Anführer auch viele Fehler begangen haben", urteilt das Blatt, „es hat sich vor ganz Europa die Tüchtigkeit der deutschen Truppen, der Soldaten, wie der großen Mehrzahl der Officiere in einer Weise bewährt, 35) FZ, 12.4. 1864, Nr. 102, S. 36) Ebd.

1.

1. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

121

die dem ganzen deutschen Volk zu hoher Genugthuung gereichen muß"37). Die Leistung der Mannschaften und der Mehrzahl der Offiziere wird für Deutschland' vereinnahmt, während die Repräsentanten der reaktionären preußischen Regierung nur Fehler verursacht haben Fehler allerdings, die das Gelingen der gesamten Aktion zum Glück nicht gefährden konnten. Sicherlich vertrat die Frankfurter Zeitung, die sich gerne in der Rolle eines Sprachrohrs der Demokratie in Deutschland sah, zumeist radikalere Ansichten als die anderen außerpreußischen Zeitungen. Die großen liberalen Blätter, die Augsburger Allgemeine Zeitung und die Münchner Neuesten Nachrichten, kleideten ihre Aversion gegen Preußen in vorsichtigere Formulierungen. Während die Münchner Neuesten Nachrichten immerhin noch unverhohlen die „unerhörten Willkürakte" anprangerten, „welche das preußische Junkerthum mit abgefeimter Bosheit an deutschen Patrioten in Schleswig begeht"38), und angesichts der „Verhöhnung der Bundesrechte durch die deutschen Großmächte"39) die unverzügliche „Berufung eines deutschen Parlamentes" mit einer „kräftigen Exekutive"40) forderten, argumentierte die Augsburger Allgemeine Zeitung ausgesprochen zurückhaltend. Im gesamten Verlauf des Konfliktes plädierte sie für eine strikte und ausschließliche Wahrnehmung der Interessen des Augustenburgers durch den Deutschen Bund. Preußen und Österreich wurden dabei mit dem Schein-Argument abgedrängt, daß eine nationale Angelegenheit nicht von Staaten vertreten werden könne, die zu großen Anteilen aus einer nicht-deutschen Bevölkerung bestünden und insofern niemals im rein deutschen Interesse handeln könnten. Außerdem riefe ein Einschreiten der Großmächte, die eine genau definierte Position im europäischen Mächtesystem einnähmen, sofort das Mißtrauen Englands, Frankreichs und Rußlands auf den Plan. Nur im Notfall, wenn der Krieg tatsächlich eskalierte, müßte die Hilfe Preußens und Österreichs erbeten werden. Bis dahin sei es „Aufgabe des deutschen Volks selbst und der reindeutschen Staaten, der Mittel- und Kleinstaaten, worin die deutsche Nation ihre reinste, kräftigste Vertretung findet", in „dieser Sache das erste, das lauteste Wort"41) zu sprechen. Bis zum Ende des Krieges hielt die Augsburger Allgemeine Zeitung an der TriasIdee fest, an der Vorstellung, daß es neben den beiden Großmächten noch ein „drittes Deutschland" geben müsse, einen Verbund der Klein- und Mittelstaaten, dessen vereinte Kräfte ausreichten, um gleichberechtigt an die Seite Preußens und Österreichs zu treten. Der Alleingang der Großmächte in Schleswig wurde insofern stets mißbilligt; schon im Februar 1864 wurde der Verdacht geäußert, daß Preußen und Österreich möglicherweise eine Annexion der Her-

37) FZ, 20.4. 1864, Nr. 110, S. 1. 38) Münchner Neueste Nachrichten (MNN), 22. 2. ») MNN, 4. 4. 1864, Nr. 95, S. 1. 40) Ebd. 41) AAZ, 2.

12. 1863, Nr.

336, S. 3.

1864, Nr. 53, S. 1.

122

III. Der bürgerliche Kommentar

zu

den

Kriegen von

1864 und 1866

zogtümer beabsichtigten. Dagegen wurden immer wieder die legitimen An-

des Augustenburgers auf den Herzogtitel in Schleswig-Holstein betont. Auch wenn die Augsburger Allgemeine Zeitung die endgültige Lossagung der beiden Großmächte von den Bestimmungen des Londoner Protokolls von 1852 auf der Londoner Konferenz im Mai und Juni 1864 mit großer Erleichterung registrierte, weil nun immerhin die Abtrennung der Herzogtümer von Dänemark garantiert schien42), wich sie nicht von der Vorstellung ab, daß Schleswig-Holstein als selbständiges Herrschaftsgebiet in den Staatenverband des Deutschen Bundes integriert werden müsse.43) Noch am 28. Juni forderte das Blatt die Aufstellung eigener Truppenkontingente in den Eibherzogtümern, aber nicht im Sinne einer Bürgermiliz, sondern gemäß der Wehrordnung des Deutschen Bundes; damit sollte die eigenstaatliche Souveränität SchleswigHolsteins genauso demonstriert werden wie seine fraglose Mitgliedschaft im Deutschen Bund.44) In der Militärfrage verhielt sich die Augsburger Allgemeine Zeitung grundsätzlich zurückhaltender als andere süddeutsche Blätter. Die Kritik am stehenden Heerwesen im allgemeinen, an der preußischen Junkerarmee im besonderen wurde eher unterschwellig angebracht. Zu Beginn des Jahres 1864 war es eine „Charakteristik des englischen Militärwesens"45), die Anlaß zu einigen Seitenhieben gegen das deutsche Wehrsystem gab. So wurde die Festlegung des Militäretats durch das englische Parlament lobend hervorgehoben, weil dadurch das „Bewußtseyn der Abhängigkeit vom guten Willen der Volksvertretung" in der Armee lebendig bleibe; folglich mache sich der „Soldat im Verkehr mit anderen Ständen hier weniger mausig" als „anderswo"46):

sprüche

Die Uniform ist nach englischen Anschauungen das Abzeichen dienstbarer Abhängigkeit [...]. Das eigentliche Gardelieutenantthum, das in gewissen deutschen Residenzstädten auf der Straße herumläuft, mit knappen Uniformschnürbrüsten und unwiderstehlichen Augengläsern so schreckliche Verwüstung unter den Damenherzen anrichtet, und die nichtuniformirte bürgerliche Canaille so cavaliermäßig zu behandeln pflegt diese jammervollste Entartung des militärischen Geistes, die Kladderadatsch als „Strudelwitz" und „Prudelwitz" gelungen personificirt, ist hier unbekannt.47) -

Die Bescheidenheit des englischen Offiziers kontrastiert wirkungsvoll mit dem ,Gardelieutenantthum' in den deutschen Residenzstädten, zu dessen Beschreibung die alten Topoi der bürgerlichen Militärkritik wieder abgerufen werden: der Offizier als Geck, als Herzensbrecher, als arroganter Verächter des Zivilisten. Nicht weniger klassisch ist der Vorwurf der wirtschaftlichen Unproduktivität, des Schmarotzertums, gegen den die Augsburger Allgemeine Zeitung die

42) AAZ, 9. 6. 1864, Nr. 161, S. 1. 43) AAZ, 12. 6. 1864, Nr. 164 (Beilage), S. 44) AAZ, 28. 6. 1864, Nr. 180 (Beilage), S. 45 ) AAZ, 4. 1. 1864, Nr. 4 (Beilage), S. 2. 46) Ebd. 47) Ebd.

1. 1 f.

1. Der Konflikt

um

123

Schleswig-Holstein

englische Armee wieder ausdrücklich in Schutz nimmt, um ihn unterschwellig desto wirkungsvoller den deutschen Heeren zu machen: Ferner besitzt die englische Armee den großen Vorzug vor denen des Continents[,] daß sie eine arbeitende Armee und vor den entsittlichenden Folgen des Müßiggangs oder der unproductiven Geschäftigkeit, der verderblichsten Form des Nichtsthuns, bewahrt ist. Die englische Armee ist keine Parade-Armee, sondern eine harte ökonomische Realität, die selbst vom Standpunkt des einseitigsten „Utilitarianismus" aus berechtigt erscheint und Anerkennung verdient. Sie kostet viel Geld, aber sie bringt auch viel Geld ein [...]. Sie verwerthet sich, indem sie dem englischen Handel neue Märkte öffnet und den englischen Fabricanten gefügige Kunden verschafft; indem sie die britischen Colonien in Ordnung [...] hält, und rebellische Eingeborene civilisirt und zu rentablen Christen macht [...]. Diese productive Arbeit der englischen Armee ist allerdings weniger romantisch als die französische Gloire oder die preußische Parade, aber sie ist nützlicher und sittlicher [...]. Der englische Soldat fühlt sich im Zusammenhang mit der Arbeit und dem Wohlstand seiner Nation, und daher nicht im Gegensatz zum Bürgerthum, sondern als wesentlicher und bevorzugter Factor der

bürgerlichen Existenz.48)

die preußische ,Paradearmee' wird eine Truppe ausgespielt, die sich wie ein Rädchen im Getriebe in das englische Wirtschaftsleben einfügt. Wenn die englische Armee nicht die Kolonien sicherte, die Schiffahrtswege offenhielte und die Eingeborenen zu .rentablen Christen' machte, könnten die Kaufleute keine Profite erzielen und der Wohlstand in England nicht steigen. Das Bewußtsein um ihre ökonomische Nützlichkeit nähert die englische Armee fast automatisch der bürgerlichen Gesellschaft an; beide ziehen am gleichen Strang, es gibt keinen Grand für eine Abkapselung oder die Entwicklung eines Sonderbewußtseins, wie es in Deutschland so oft eine tiefe Kluft zwischen Heer und Bürgertum entstehen ließ. Bei der Lektüre der Zeitungen, die auf preußischem Staatsgebiet veröffentlicht wurden, bietet sich ein durchaus abweichendes Meinungsbild dar. Nach dem Einmarsch der Preußen und Österreicher in Schleswig wurde nicht sogleich Verrat geschrien, sondern erst einmal abgewartet, welche Ziele und Absichten die Großmächte wirklich erkennen ließen. Die preußischen Blätter statteten die Invasionsarmee mit einem großen Vertrauensvorschuß aus sei es aus Angst vor Zensurmaßnahmen, sei es aus Patriotismus oder sei es aus Naivität und Gutgläubigkeit. In jedem Fall rühmte die National-Zeitung bereits Ende Februar das „entschlossene und schlagfertige Vorgehen der beiden deutschen Großmächte"49), nachdem sie noch vier Wochen zuvor, am Vorabend des Übergangs über die Eider, die Angriffsvorbereitungen der Verbündeten als eine „Ueberraschung und ein Räthsel"50) bezeichnet hatte. Aber von Anfang an hielt die National-Zeitung den Großmächten zugute, daß sie mit Rücksicht auf das Ausland gar nicht anders konnten, als ihre wahren Kriegsziele zunächst zu verheimlichen das Risiko einer Intervention durch England oder Frankreich

Gegen

-

-

48) Ebd. 49) NZ, 27. 2. 1864, Nr. 97, S. 50) NZ, 31. 1. 1864, Nr. 51, S.

1. 1.

124

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von 1864 und 1866

groß, daß ein geschickter Stratege seine Absichten so weit wie möglich herunterspielen mußte.51) Nur wenn die europäischen Mächte lange genug in dem Glauben belassen wurden so ließe sich dieser Gedanke fortspinnen -, daß es Wien und Berlin nur um die Garantie des Londoner Protokolls ging, konnte eine Intervention so lange hinausgezögert werden, bis in Schleswig vollendete Tatsachen geschaffen waren. Auch wenn ihre ausgesprochen borussische Haltung es der National-Zeitung gewiß besonders leicht machte, sich so schnell mit dem Vorgehen der Großmächte zu identifizieren, war doch unverkennbar, daß nach anfänglichem Zögern auch die Vbssische Zeitung und die Kölnische Zeitung auf den Siegeszug der preußischen Armee aufzuspringen versuchten. Die Absicht hierbei lag offen zu Tage: Man wollte die militärischen Erfolge in Schleswig nicht gänzlich dem innenpolitischen Gegner überlassen. Auch wenn man mit der preußischen Regierung und schon gar mit der Heeresreform nicht einverstanden war, blieb man doch Preuße und beanspruchte, die Siege dieses Staates auch auf die eigewar so

-

nen

Fahnen schreiben

nen

bürgerlichen Beitrag in den so erfolgreich verlaufenden Feldzug hineinzu-

zu

können. Man bemühte sich, auch einen liberalen, ei-

konstruieren. Geradezu allergisch reagierte die Vossische Zeitung auf den Versuch der Regierung, die positive Einstellung der Berliner Bevölkerung zum Krieg gegen die Verweigerangshaltung der Liberalen auszuspielen und damit die Fortschrittspartei politisch ins Abseits zu drängen. „Die rege Theilnahme, welche sich namentlich auch hier in Berlin für die Armee in Schleswig werkthätig zeigt", führt die Vbssische Zeitung am 4. März 1864 aus, und das „lebhafte Interesse für den Sieg der preußischen Fahnen" erfahren von „Seiten der reaktionären Richtung eine Auslegung, welche unsrer Ansicht nach eine durchaus irrthümliche ist" insofern nämlich, als man sie „künstlich in einen Gegensatz mit der allgemeinen politischen Richtung" bringt, „welche in Berlin die vorherrschende ist"52). In Wahrheit gibt es keinen solchen Gegensatz: -

aber von dem allgemein menschlichen Standpunkte, der bei Nothleidenden, Kranken und Verwundeten mit Recht nicht nach der politischen Richtung fragt, können wir in der lebendigen Theilnahme Berlins an den Vorgängen in Schleswig nur einen neuen Beweis finden von der Einheit seines politischen Bewußtseins. Der Ruhm und die Ehre preußischer Fahnen war gerade in der verhängnisvollsten Zeit Preußens eng verbündet mit der Verbindung der preußischen und der deutschen Sache, die preußischen Erfolge auf dem Schlachtfelde waren die Gegenseite zu den großen Reformen im Innern.53)

Abgesehen

-

In einer geschickten Argumentation bringt die Vossische Zeitung die Unterstützung der Armee durch die Bevölkerung auf der einen Seite mit humanitären Beweggründen in Verbindung, auf der anderen Seite unterstellt sie der Bevöl-

51) 52) 53)

Ebd. Vossische Ebd.

Zeitung (VZ), 4. 3. 1864, Nr. 56, S.

1.

1. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

125

kerung eine Hoffnung auf Reformen, die gleichfalls zu der positiven Einstellung gegenüber dem Krieg beigetragen haben soll; ähnlich wie in der Zeit zwischen Jena und Belle-Alliance schien wieder der Krieg als Auslöser eines großen Reformwerks dienen zu können. Die Siege der preußischen Trappen lösten also nur deshalb im Volk Jubel aus, so die sophistische Behauptung des Blattes, weil allgemein erwartet wurde, daß die Erfolge auf dem Schlachtfeld das Gegenstück zu nachhaltigen innenpolitischen Reformen bilden müßten. Die Begeisterung in der Bevölkerung lief den Absichten der Liberalen nicht zuwider, sondern drückte einen Wunsch nach Reformen aus, der mit den Zielen des Abgeordnetenhauses in Einklang stand. Dabei unterstellte die Vossische Zeitung noch zusätzlich, daß es eine Verbindung der preußischen und der deutschen Sache' gebe; eine Aussage, die in den ersten Märztagen des Jahres 1864 nur als Wunschdenken bezeichnet werden kann. Die Großmächte hatten noch nicht erkennen lassen, daß sie bereit waren, auch nur den Boden des Londoner Protokolls zu verlassen. Die Zeitung versuchte das Bündnis der Invasoren mit der Nation mehr herbeizureden, ja mehr zu beschwören, als daß es tatsächlich bestanden hätte: Wie sehr auch eine gewisse Richtung einen [...] angeblichen Gegensatz betonen mag: Berlin sieht in dem Eintreten preußischer Kriegsmacht für Schleswig eine preußisch-deutsche Aktion; eine Aktion, deren Erfolg für Deutschlands und Preußens nationale Machtentfaltung gleichbedeutend sein müsse. Die nationale Machtentfaltung beruht aber in ihrer Gesammtheit, unserer Ansicht nach, auf der geschichtlichen Thatsache der Verbindung eiserner Thatkraft mit besonnener politischer Reform. In diesem Sinne leben Friedrich der Große, leben die Helden des Freiheitskrieges im Herzen des Volkes. Gerade die Tapferkeit im Felde, welche die Berliner im Wetteifer mit ihren Waffengefährten beweisen, sowie die lebhafte Theilnahme der gesammten [sie] Hauptstadt sollten daher eher dahin wirken, auch auf die inneren Verhältnisse ein aufklärendes, versöhnendes Licht zu werfen, statt der schiefen Auffassung das Wort zu reden, auf welche, wenn man ihr ohne Weiteres folgen wollte, die Enttäuschung schwerlich ausbleiben könnte.54)

Die Vbssische Zeitung besteht darauf, daß der Feldzug der preußischen Armee eine ,preußisch-deutsche Aktion' ist; das nationale Interesse Preußens fällt mit dem nationalen Interesse Deutschlands zusammen. Zu einer wirklichen Machtentfaltung Preußens wie Deutschlands gehören aber auch innere Reformen, wie die Erfahrung der Befreiungskriege gelehrt hat. Die gemeinsame Anstrengung im Krieg um Schleswig-Holstein könnte auch auf die preußische Innenpolitik ein versöhnendes Licht' werfen. Gerade im Zeichen des militärischen Erfolges, so das Plädoyer der Zeitung, sollte die Regierung der Opposition die Hand reichen, um die Einheit von Staat und Nation wieder herzustellen. Auch nach dem Sieg der Preußen bei Düppel, dem vielleicht wichtigsten militärischen Ereignis des Feldzugs, betont die Vossische Zeitung noch einmal ausdrücklich, daß nur das Zusammenspiel der „Kriegstüchtigkeit" des Heeres

54)

Ebd.

126

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

„Sinn und Geist der Bevölkerung daheim"55) diesen Erfolg möglich habe. Erstens könne die Armee gar nicht unabhängig von der Bevölgemacht weil ihre Soldaten „aus der Mitte der jugendkräftigsten männhandeln, kerung lichen mehr oder weniger gebildeten Bevölkerung genommen"56) seien, zweitens habe die Heimat in vielfältigster Weise den Einsatz der Truppen untermit dem

stützt: Der erste Kanonenschuß, der die Losung zum Beginn des muthigen Kampfes eines im Volke von vornherein national aufgefaßten Krieges gab, hat alle in dem Bemühen geeint, die kämpfenden Söhne und Brüder zu den Anstrengungen zu befähigen und zu ermuthigen, welche nicht minder der Ehrgeiz des preußischen Volkes, als das Interesse und Recht Deutschlands forderten. Hoch und niedrig hat nicht gesäumt [,] durch persönliche oder Geld-Opfer seine Sympathien für die Vertreter des Ruhms preußischer Waffen und nationaler Unabhängigkeit kundzugeben [...]. Und diese Zeugnisse der Opferwilligkeit und Hingabe [...] sind auch Erfolge, die wie die Erstürmung der Düppeler Schanzen ihren Eindruck im Auslande nicht verfehlen werden. Sie beweisen, daß etwaige Spekulationen auf Zwietracht im Innern nicht so leicht ihre Rechnung finden dürften [...]. Sie zeigen zugleich, welcher Geist in undann wird serem Volke der lebendige ist. Möge die Regierung ihn wahrhaft begreifen, nicht nur dieser Krieg zum Ruhm, zur Erhöhung Preußens und Deutschlands beendet, sondern auch im Innern der Weg gefunden werden, auf welchem wahrer Friede und Freiheit -

erblühen.57)

Preußen und Deutschland werden in einem Atemzug genannt, es wird kein Unterschied zwischen dem Interesse des engeren und des weiteren Vaterlandes gemacht. Die Opferwilligkeit der Bevölkerung hat zum Sieg bei Düppel beigetragen, und sie hat gewiß ebensoviel Eindruck im Ausland gemacht wie der militärische Erfolg. Jetzt ist es an der Regierung, in den innenpolitischen Streitfragen einzulenken und einen Weg zu finden, auf dem Friede und Freiheit' wieder ,erblühen' können welcher militar- und verfassungspolitische Kompromiß mit dieser Metapher auch immer gemeint sein mag. Das Gefecht bei Düppel gibt auch der Kölnischen Zeitung Anlaß, ihre Position in der Frage von Krieg und Militärorganisation noch einmal zu klären. Hatte das Blatt in den ersten Wochen des Feldzugs noch zwischen der Verratsthese und der Beschwörung eines Bündnisses der preußischen Regierung mit der Nationalbewegung geschwankt58), so brachte sie am 20. April ihre unverhohlene Freude über den großen Sieg zum Ausdruck den deutschen Sieg allerdings, wie ausdrücklich hervorgehoben wurde. Um den deutschen Charakter seiner Unternehmungen zu unterstreichen, sollte Preußen nun auch endlich die nationalen Kräfte an der Kriegführung beteiligen. Preußen erwürbe sich ein ,

-

-

„großes „wenn

Verdienst" um „Deutschland", führte die Kölnische Zeitung aus, die Schleswig-Holsteiner zu seinen Bundesgenossen machte, wenn

es

55) VZ, 24. 4. 1864, Nr. 98, S. 1. 56) Ebd. 57) Ebd. 58) Siehe etwa die Leitartikel in der Kölnischen Zeitung (KZ) 4.2. 1864 (Nr. 35, S. 1).

vom

3.2. (Nr. 34, S. 1) und

1. Der Konflikt

um

127

Schleswig-Holstein

für endliche amtliche Einberufung der holsteinischen Stände-Versammlung Sorge trüge und die Bildung eines schleswig-holsteinischen Heeres betriebe"59). Mit dem Beweis seiner militärischen Durchsetzungskraft hat der preußische Staat noch lange nicht das Recht erworben, im Stile eines Alleingangs gegen Dänemark vorzugehen. Auch das Lob des preußischen Heeres erfährt insofern eine charakteristische Einschränkung:

es

Inzwischen wollen wir uns über die deutsche Waffenthat [...] von ganzem Herzen freuen. Wir wissen zwar die Güter des Friedens zu schätzen und bedauern es, daß die wachsende Vermehrung der stehenden Heere unserem Zeitalter, abgesehen von den schweren Lasten, die der bürgerlichen Gesellschaft aufgebürdet werden, einen immer mehr militärischen Charakter aufzudrücken droht. Wir möchten keinen Krieg um des Krieges halber führen. Aber Preußen ist ein Staat, der sich durch seine Waffen emporgeschwungen hat, und es war bedenklich, daß Preußen allein seit fünfzig Jahren keine Gelegenheit gehabt hatte, sich in den Waffen zu üben. Seine Waffen [...] haben sich vor Düppel glänzend bewährt, und namentlich die bürgerliche Artillerie hatte Gelegenheit, ihre Tüchtigkeit und Vortrefflichkeit darzu-

thun.60)

Daß die

preußische

Armee bei

Düppel

ihre

Leistungsfähigkeit

unter

Beweis

gestellt hat, darf nicht über die Belastung hinwegtäuschen, die ein stehendes

Heer grundsätzlich für die bürgerliche Gesellschaft bedeutet. Aus der Freude über den Sieg folgt nicht das Einverständnis mit der preußischen Heeresverfassung. Im Gegenteil: Für die erfolgreiche Attacke bei Düppel wird insbesondere die .bürgerliche Artillerie' verantwortlich gemacht, eine Interpretation, die an die Argumentationskünste der Vossischen Zeitung erinnert. War die Nationalbewegung auch de facto nicht in die Kriegführung einbezogen, so konstruierte man sie doch wenigstens ex post in den Feldzug hinein. Der relativ hohe Anteil bürgerlicher Offiziere bei der Artillerie erlaubte ihre Stilisierung zu einer bürgerlichen Waffe, und diese Waffe hatte bei der Vorbereitung des Sturmangriffs Entscheidendes geleistet Grund genug, den Sieg bei Düppel an die Fahnen des bürgerlichen Elementes' in der preußischen Armee zu heften. Waren die bürgerlichen Landwehren auch an den Rand gedrängt worden, so stahl sich das Bürgertum eben über die Artillerie wieder in das Heer hinein. Die Kölnische Zeitung scheute keine Entstellung der Wirklichkeit, um den großen Waffenerfolg nur nicht den konservativen Militärs überlassen zu müssen.61) Ebensowenig war die Kölnische Zeitung bereit, den konservativen Militärs in der Frage der Heeresreform entgegenzukommen. Brüsk verwahrte sie sich gegen jeden Versuch, die preußischen Siege ursächlich mit den Roonschen Neuerungen in Verbindung zu bringen. „Der einzige Mißklang, welcher die -

59) KZ, 20. 4. 1864, Nr. 110, S. 1. 60) Ebd. 61 ) Nach dem zweiten großen Sieg der Preußen in Schleswig, dem Übergang nach Alsen, reagierte die Kölnische Zeitung in ähnlicher Weise; nun stellte sie ausdrücklich die Leistung der „Ingenieur-Officiere" heraus, ohne deren technisches Können der Angriff nicht hätte gelingen können. In der Auflistung der Beteiligten, der Adler, Lücke und Lehmann schwingt der Stolz auf die bürgerlichen Namen dieser Offiziere mit (KZ, 7. 7. 1864, Nr. 187, S. 2).

128

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

Siegesfeier stört", schreibt das Blatt am 25. April, „ist der thörichte Versuch, sie in einseitigem Partei-Interesse auszubeuten, ja, die Siegesfreude schöne

selbst darzustellen als eine Billigung der Armee-Reorganisation; als ob die etwas mit der Erstürmung von Düppel zu thun hätte!"62) Die Taktik der Regierung, aus der allgemeinen Euphorie auch gleich das Einverständnis mit der Heeresreform herauslesen zu wollen, muß in jedem Fall unterlaufen werden. Die Kölnische Zeitung weist akribisch nach, daß die Veränderungen in der preußischen Heeresorganisation überhaupt keinen Einfluß auf die militärischen Abläufe bei Düppel hatten: Die

Armee-Reorganisation beruht auf drei Puncten: Verstärkung der Aushebung, Beibehal-

tung der wieder eingeführten dreijährigen Dienstzeit und demnach bedeutende Verstärkung

des stehenden Heeres in Friedenszeit. Hat irgend einer dieser Puñete etwas zu schaffen mit der bewunderungswürdigen Beschießung von Düppel? Gewiß nicht und um so weniger, als die Artillerie bisher gar nicht reorganisirt wurde. Oder mit dem tapferen Sturme? Es ist dabei von einem Unterschiede der Jahrgänge, ob Jemand ein. zwei oder drei Jahre gedient hat, nicht das Geringste bemerkt worden. Und endlich wäre auch ein Heer von 150-160000 Mann ebenso gut wie eine Armee von 210-220000 Mann sehr wohl im Stande gewesen, die für die Führung eines Krieges mit Dänemark erforderliche Truppenzahl abzugeben.63)

Expeditionskorps, das für den Krieg gegen Dänemark aufgeboten werden von einer wesentlich kleineren Armee bereitgestellt werden können. Beim Angriff auf Düppel spielte es keine Rolle, wie lange die beteiligten Soldaten gedient hatten. Die Abwesenheit der Landwehr, ebenfalls eine Folge der Heeresreform, wird von der Kölnischen Zeitung wohlweislich verschwiegen; sie erwähnt lieber noch einmal die grandiose Leistung der bürgerlichen Artillerie, einer Waffe zumal, die von der Heeresreorganisation noch gar Das

mußte, hätte auch

nicht erfaßt worden war. Neben dem Versuch, sich mit einiger Interpretationskunst in den Feldzug und seine Erfolge hineinzukonstruieren, gab es im preußischen Bildungsmilieu allerdings auch Stimmen, die sich mit der Junkerarmee' in den Eibherzogtümern beileibe nicht identifizieren konnten und wollten. Für sie blieb der Feldzug in Schleswig der Krieg Bismarcks. Jeder Sieg, so lautete die Befürchtung, könne nur zur Stärkung der reaktionären Regierung beitragen. Folgerichtig sei es für die Liberalen eher von Vorteil, wenn die preußische Armee erfolglos bliebe. Eine militärische Niederlage müßte auch Bismarcks innenpolitische Position schwächen. Dann könnte es auch in Preußen endlich zu den ersehnten Reformen im Sinne einer Liberalisierung von Staat und Gesellschaft kommen. Einige Kriege der jüngsten Vergangenheit schienen den Lehrsatz zu bestätigen, daß nur Niederlagen die europäischen Regierungen reformwillig machten. Rußland hatte nach dem verlorenen Krimkrieg seine Bauern befreit, Österreich gab sich nach der Niederlage in Italien 1859 eine Verfassung. In Preußen schien eine ähnliche Entwicklung möglich zu sein; ein Mißerfolg des riskanten

62) KZ, 25. 4. 1864, Nr. 115, S. 63) Ebd.

1.

1. Der Konflikt um

Schleswig-Holstein

129

Unternehmens in Schleswig-Holstein müßte die Entlassung Bismarcks und das Einlenken der Krone im Verfassungskonflikt nach sich ziehen. Selbstverständlich war es kaum möglich, eine solche Auffassung öffentlich zu artikulieren. Die offene Kriegssituation seit dem Februar 1864 gab ihr den Anstrich des Hochverrats. Erst im nachhinein, als diese Position korrigiert und überwunden war, konnte sie ausgesprochen, gleichsam eingestanden werden. So gehörte es zu Hermann Baumgartens „Selbstkritik" des „deutschen Liberalismus" aus dem Jahre 1866, auch diese Verfehlung der preußischen Liberalen zu tadeln. Die Opposition „fürchtete" im Frühjahr 1864 „mehr", stellte Baumgarten fest, „daß die Regierung und die Armeereform sich im Krieg bewähren und befestigen möge, als daß Preußen einen unvergleichlichen Moment unbenutzt lasse"64). Viele Liberale hatten Angst vor einem Sieg der preußischen Waffen sie wünschten eher eine Niederlage der Armee, weil ihr innenpolitisches Interesse stärker wog als das machtpolitische Interesse des preußischen -

Staates.65)

So klaffte während des Konflikts um die Eibherzogtümer bereits jener Gegensatz zwischen liberaler Macht- und Prinzipienpolitik auf, den Hermann Baumgarten noch zwei Jahre später zum entscheidenden Dilemma des Liberalismus erklären mußte. Prinzipientreue Liberale konnten weder den Verfassungsbrach der Regierung Bismarck verwinden, noch die Rechtsansprüche des Augustenburgers auf den Herzogtitel in Schleswig-Holstein verleugnen. Wer programmatisch für Rechtssicherheit und gegen feudale Willkür gekämpft hatte, konnte nicht plötzlich Rechtsbeugungen akzeptieren, nur weil er als Preuße an jedem Machtzuwachs Preußens Gefallen fand. Die liberalen Machtpolitiker argumentierten genau umgekehrt. Für sie stand fest, daß die nationale Einigung Deutschlands nur von einem starken Preußen wirkungsvoll vorangetrieben werden konnte. Dabei waren auch Rechtsverletzungen in Kauf zu nehmen; das übergeordnete Ziel der Nationsbildung wog schwerer als jeder Paragraph des Gesetzbuches. Ohnehin drohte eine Politik, die sich ausschließlich an Rechtsnormen orientierte, auf der Stelle zu treten. Das komplizierte Gefüge von Verträgen und Ansprüchen in den Eibherzogtümern hätte bei Wahrung aller juristischen Verfahrensregeln zu einem jahrzehntelangen Konflikt geführt. Nur konsequente Machtpolitik konnte diesen gordischen Knoten durchschlagen. In der Frage von Annexion oder Rechtswahrung setzten sich die NationalZeitung und die Vossische Zeitung für eine direkte Einverleibung der Herzogtümer in den preußischen Staat ein. Beide Blätter waren spätestens seit der Londoner Konferenz davon überzeugt, daß die Großmächte, insbesondere

M)

Baumgarten, Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik, hg. v. Adolf M. u.a. 1974 [1866], S. 122. 65) Siehe auch Ludwig Dehio, Die Taktik der Opposition während des Konflikts, in: HZ 140 (1929), S. 337. Hermann

Birke, Frankfurt/M.

130

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

der Spitze der Nationalbewegung marschierten. Jeder Gewinn für deshalb ein Gewinn für Deutschland, lautete das Credo; nur PreuPreußen sei sei ßen imstande, die Herzogtümer für die Nation zu sichern:

Preußen,

an

In der That würden nur Kinder glauben dürfen, die schleswig-holsteinsche Freiheit sei schon damit für alle Zeiten sicher gestellt, daß die Preußen am 18. April d. J. die Düppeler Schanzen erstürmt und am 29. Juni den Alsensund überschritten haben. Wenn Preußen nicht fortwährend den Willen und die Kräfte behält, das Gewonnene zu behaupten, so geht dies ganz sicher früher oder später wieder verloren und die uralte Geschichte dänischer Eroberungen wird zeigen, daß es mit ihr noch nicht zu Ende ist. Die Frage kann höchstens aufgeworfen werden, ob außer Preußen eine andere Macht vorhanden sei oder geschaffen werden kann, die man mit dem Schütze Schleswig-Holsteins würde betrauen können, und eine solche Macht ist entschieden zur Zeit weder vorhanden, noch kann sie geschaffen werden.66)

Mit der Eroberung der Herzogtümer allein ist es nicht getan. Keine andere Macht außer Preußen ist in der Lage, sie längerfristig vor dänischen Übergriffen zu schützen. Auch ein deutscher Gesamtstaat, der eines Tages Schleswig und Holstein einbegreifen könnte, wäre im wesentlichen auf die Stärke Preußens gegründet.67) Beide anderen Lösungen, die völlige Selbständigkeit der Herzogtümer oder ihre Integration in den Deutschen Bund, mögen aus rechtlichen Gründen zu bevorzugen sein, aber sie verbieten sich aufgrund machtpolitischer Erwägungen. Solange Deutschland noch nicht existiert, müssen „deutsche Thaten"68) von Preußen vollbracht werden. Auf eine knappe Formel bringt die Vossische Zeitung diesen Sachverhalt. Wir fordern den „festen Anschluß" der Herzogtümer an „Deutschland", heißt es hier am 15. Juni 1864, und „da der deutsche Bund das Gegentheil deutscher Macht und Einheit ist, an Preußen, um endlich zur Verwirklichung jener Macht und Einheit einen entscheidenden Schritt zu thun"69). Preußen nimmt nicht nur stellvertretend die Interessen Deutschlands wahr, es kann durch den Anschluß der Herzogtümer sogar dazu befähigt werden, in stärkerem Maße als bisher für die Einheit der Nation zu wirken. Je mächtiger der Kern des künftigen Deutschland bereits ist, desto schneller kann dessen staatliche Existenz durchgesetzt werden. Eine fortdauernde Selbständigkeit Schleswig-Holsteins würde den nationalen Einigungsprozeß dagegen behindern, weil sie der deutschen Vielstaaterei neuen Auftrieb gäbe. Nicht die Vermehrung der Kleinstaaten, nicht die Förderung immer neuer Sonder- und Partikularinteressen sei das Gebot der Stunde, sondern die staatliche und territoriale Einschmelzung möglichst großer Teile eines künftigen deutschen Nationalstaats. Von der anderen Großmacht, die im Bündnis mit Preußen den Krieg gegen Dänemark führte, war in diesem Zusammenhang kaum noch die Rede. Österreich, das ohnehin mit einem viel kleineren Expeditionskorps in Schleswig und -

66) NZ, 10.8. 1864, Nr. 369, S. 67) Ebd. 68) NZ, 10. 6. 1864, Nr. 265. S. 69) VZ, 15.6. 1864, Nr. 140, S.

1.

1: ähnlich auch NZ, 21.7. 1864, Nr. 335. S. 1. 1.

1. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

131

Jutland engagiert war als Preußen, schien sowohl geographisch wie auch nach der Aufkündigung des Londoner Protokolls interessenpolitisch so weit von den Eibherzogtümern entfernt zu sein, daß mit einem längerfristigen Festsetzen dieses Staates in Norddeutschland im Frühjahr 1864 kaum gerechnet wurde. Die Vbssische Zeitung berief sich auf die Willensbekundungen der schleswig-holsteinischen Presse, als sie am 22. Mai feststellte, daß die Schutzmacht der Herzogtümer selbstverständlich ein „benachbarter Staat" sein müsse; außerdem sei wichtig, daß es sich um eine „protestantische"70) Macht handle. Beide Kriterien schlössen Österreich aus, beide Eigenschaften wiesen mit wünschenswerter Eindeutigkeit auf Preußen hin. Im Gegensatz zur National-Zeitung und zur Vbssischen Zeitung rief die Kölnische Zeitung in der Annexionsfrage zur Mäßigung auf. Sie stellte der Forderung nach einer direkten Einverleibung der Herzogtümer in den preußischen Staat immer wieder Alternativvorschläge entgegen. Vor allem müsse der Eindruck vermieden werden, so ein Leitartikel aus den ersten Julitagen, daß Preußen den Krieg nur zu dem Zweck seiner eigenen, egoistischen Bereicherung geführt habe. Nachdem gerade der Verdacht zerstreut worden sei, Preußen arbeite im Sinne des Londoner Protokolls der dänischen Krone zu, müsse nun endlich ein klares Bekenntnis zu den Ansprüchen des Augustenburgers jeden Zweifel an der Integrität Preußens beseitigen; die „schleunige Anerkennung des Herzogs Friedrich" werde alle Kritiker verstummen lassen, die unterstellten, „daß Preußen sich besondere materielle Vbrtheile aus diesem für allgemeine deutsche Interessen geführten Kriege herausschlage"71). Außerdem dürfe ohnehin nur der deutschsprachige Teil von Schleswig für Deutschland beansprucht werden, denn wenn man auch die dänischsprachigen Gebiete bis zur Königsau von Dänemark abtrennen wolle, verletze man das Nationalitätsprinzip, auf das man sich bislang doch in eigener Sache berufen habe. „Wir wünschen", bescheidet sich die Kölnische Zeitung, „daß der Erfolg des Krieges für einen mäßigen, billigen und gerechten Frieden mit Dänemark benutzt werde" zumal der „Versuch, auch den dänischen Theil von Schleswig in Deutschland einzuverleiben, einen europäischen Krieg zum Ausbruche bringen [kann]"72). Grundsätzlich setzt sich das Blatt für eine Volksabstimmung ein, die es den Bürgern von Schleswig erlaubt, selber über ihre staatliche Zuge-

-

-

hörigkeit zu entscheiden.73) Bei aller Meinungsvielfalt in den verschiedenen national- und militärpolitischen Fragen, die sich um den Konflikt in Schleswig-Holstein rankten, gab es doch in der bürgerlichen Öffentlichkeit zu einem wichtigen Thema einen weitgehenden Konsens: zum Thema der Flottenpolitik. Nationale Gesinnung und ™) VZ, 22. 5.

1864, Nr. 120, S. 1.

71) KZ, 5.7. 1864, Nr. 185, S. 1. 72) Ebd. 73) KZ, 25. 7. 1864, Nr. 205, S. 1.

132

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

die Forderung nach dem Aufbau einer deutschen Kriegsflotte waren untrennbar verbunden. Der Krieg gegen Dänemark machte das Fehlen eigener Kriegsschiffe wieder schmerzlich spürbar. Sogar ein kleines Land wie Dänemark besaß zur See ein deutliches Übergewicht gegenüber der Großmacht Preußen. Nur die Einbeziehung Österreichs in den Krieg und die Bereitstellung von Einheiten aus dessen Mittelmeerflotte hielten die dänischen Kriegsschiffe wirksam in Schach. Eine deutsche Flotte, eine Bundesflotte, die den „europäischen Mächten" hätte zeigen können, daß die „Deutschen ein Volk sind, welches stark ist durch die Einigkeit des Wollens"74), existierte weiterhin nur in den Träumen der Nationalisten. Schon im November und Dezember 1863 verband sich die Agitation der Nationalbewegung zugunsten Schleswig-Holsteins mit dem Aufruf zu Spenden für die private Finanzierung des Kaufs von Kriegsschiffen. Geschickt wurden Gerüchte von einem bereits erfolgten Erwerb zweier Panzerschiffe durch Bremer Kaufleute verbreitet, um die Zahlungswilligkeit der Vaterlandsfreunde zu erhöhen.75) Blieben solche Versuche, das mehr oder weniger imaginäre Deutschland bereits vor der Eröffnung des Krieges mit einer Flotte zu wappnen, auch auf eine symbolische Wirkung beschränkt, so konkretisierten sich die Pläne der Flottenagitatoren doch während des Krieges erheblich; nun wollte man die Flotte nicht mehr so sehr um Schleswig-Holsteins willen, sondern mit der Hilfe und Unterstützung der Herzogtümer aufbauen. Das Land nördlich der Elbe wurde vom Zweck zum Mittel des Flottenbaus. Hier gab es Häfen, die zu großen Kriegshäfen ausgebaut werden konnten; hier lebte eine Bevölkerung, die mit der Seefahrt vertraut war und Matrosen für eine künftige deutsche Flotte bereitstellen konnte. „Ein großen Schiffen zugänglicher Eidercanal zur Verbindung der Nord- und Ostsee", schwärmt die Augsburger Allgemeine Zeitung im Juni 1864, wäre für die „Kriegs- wie für die Handelsmarine" von unschätzbarem Wert; „dieser Canal wie ein Kieler Kriegshafen und die Matrosenaushebung in dem matrosenreichen Lande" werden um der „Herstellung einer deutschen Kriegsflotte" willen bald „vom deutschen Bund in die Hand genommen werden müssen"76). Zudem seien die „Frieseninseln der Westsee" hervorragend geeignet, dieser „Kriegsflotte" der „Zukunft" den „sichersten Schutz"77) zu bieten. Wird hier der Deutsche Bund für den Aufbau der nationalen Kriegsmarine verantwortlich gemacht, so ist es an anderer Stelle Preußen, das im Auftrag der Nation und für die Nation aus den Herzogtümern eine Marinebastion entstehen lassen soll. Die Pläne sind im Prinzip gleich, nur ist es einmal der Deutsche Bund, ein anderes Mal Preußen für Deutschland oder Deutschland durch Preußen, das mit der Durchführung betraut wird. Die Vossische Zeitung frohlockt am 23. Juli 1864,

74) AAZ, 2. 12. 1863, Nr. 340, S. 2. ?5) Ebd. 76) AAZ, 12. 6. 1864, Nr. 164 (Beilage), S. 77) AAZ, 7. 8. 1864, Nr. 220, S. 1.

1.

1. Der Konflikt

um

Schleswig-Holstein

133

daß der „schleswig-holsteinsche Seemannsstamm" nunmehr in den „Bereich der preußischen Marineconscription gezogen werden" könne und damit eine „Friedensstärke des Marinestammes von vorläufig mindestens 15000 Seeleuten" denkbar werde, womit immerhin schon „Staaten [...] zweiten Ranges"78) zu überbieten seien. Im Idealfall aber könne der Einfluß Schleswig-Holsteins bewirken, daß die „Kriegsflotte und die Schifffahrt überhaupt beständig zunähme und die ganze Nation nach und nach zu einem ächten Seevolke umgeschaffen würde"79). Die ,ganze Nation' ist auch bei den Flottenplänen der National-Zeitung immer gegenwärtig. Schon im März 1864, als das Blatt zum ersten Mal die Meinung ausspricht, daß die „Lage und die Hülfsmittel" Schleswig-Holsteins dieses Land geradezu dafür prädestinieren, „einer zu schaffenden deutschen Seekriegsmacht dienstbar [zu] werden"80), wird ausdrücklich das Attribut .deutsch' vor die ,Seekriegsmacht' gesetzt. „Eine deutsche Flotte ist eine unentbehrliche Ergänzung der deutschen Kriegsmacht", fährt der Artikel im gleichen Stil fort, „und nun ist Schleswig-Holstein das einzige deutsche Gebiet, dessen Besitz die Gründung einer tüchtigen deutschen Flotte gestattet"81). Erst einige Monate später erklärt die National-Zeitung, wie der deutsche Charakter des Flottenunternehmens denn nun konkret gewahrt bleiben soll. Indem „man grundsätzlich eine einheitliche preußisch-schleswig-holsteinsche Flotte gründet", so der Vorschlag, „und sie als deutsche Schöpfung auffaßt"82). Preußen und die beiden Eibherzogtümer bauen die Flotte gemeinsam auf und treten damit in ein bundesstaatliches Verhältnis ein: „Wenn zwei Staaten auch nur eine gemeinschaftliche Flotte halten und sonst weiter nichts gemeinsam haben, kann man doch schon sagen, daß sie sich in einem bundesstaatlichen Verhältnis zueinander befinden"83) ein solcher Bund zwischen zwei deutschen Staaten kann der Kern eines künftigen Deutschland sein. Die Flotte ist also keine Schöpfung des vollendeten Nationalstaats, sondern sie trägt ihrerseits dazu bei, daß dieser Nationalstaat überhaupt erst entstehen kann. Es gibt „unabweisbare Bedürfnisse der Nation", die „nur befriedigt werden können", wenn die Einzelstaaten „sich eine gemeinschaftliche Staatsgewalt zu diesem Zwecke geben"84). Der Wunsch nach einer Flotte und ihr schrittweiser Aufbau drängen die deutschen Länder in eine gemeinsame Staatlichkeit hinein. Die einmütige Forderung der bürgerlichen Öffentlichkeit nach dem Aufbau einer Flotte war gewiß auch darin begründet, daß eine Verstärkung der Seemacht im Vergleich zu einem Ausbau des Heeres als weniger problematisch -

78) 79) 80) 81) 82) 83) 84)

VZ, 23. 7. 1864, Nr. 173, S. 2. Ebd., S. 3. NZ, 17.3. 1864, Nr. 129, S. 1. Ebd.

NZ, 14. 8. 1864, Nr. 377, S. 1. Ebd. Ebd.

134

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

galt.85) An die Landstreitkräfte war untrennbar die Frage nach der Heeresorga-

nisation geknüpft; seit der Heeresreform in Preußen war jede Vergrößerung der Armee mit dem Verdacht behaftet, möglicherweise nur der Aristokratie in die Hände zu arbeiten. Die Flotte war in dieser Hinsicht unkompromittiert. Hier konnte das bürgerliche Lager seinen Träumen von einer wahrhaft nationalen Waffe ungestört nachhängen.86) Insgesamt reagierte die bürgerliche Öffentlichkeit auf den Konflikt und die militärischen Ereignisse in Schleswig-Holstein in ausgesprochen vielstimmiger Weise. Klare und eindeutige Positionen sind selten erkennbar; vorherrschend ist das Lavieren zwischen verschiedenen Positionen oder ein Wechsel der Meinungen und Auffassungen, der während des fast einjährigen Konflikts auch mehrfach erfolgen konnte. Nur dominierende Positionen, nur argumentative Schwerpunkte sind erkennbar, ohne daß es möglich wäre, diese Positionen parteipolitisch, geographisch oder zeitlich exakt zuzuordnen. Nicht-preußische Borussen konnten genauso die preußische Annexionspolitik unterstützen, wie preußische Legalisten die Gewaltpolitik ihrer Regierung anklagten. Gewiß dominierte in Süddeutschland die Kritik an der Vorgehensweise Preußens, dessen vermeintliche Junkerarmee Anlaß gab, die traditionelle Kritik an den stehenden Heeren zu wiederholen; die Forderung nach Völkswehren und Milizen, nach einer Nationalarmee, die im Spätherbst 1863 in ganz Deutschland erhoben wurde, blieb in Süddeutschland während der gesamten Kriegszeit virulent. Aber auch Süddeutsche konnten der preußischen Durchsetzungspolitik Sympathien entgegenbringen. Innerhalb Preußens lag diese Position näher, weil die preußischen Liberalen vielfach zuerst Preußen und dann erst Liberale waren. Teils aus taktischen Gründen, teils aus Wunschdenken beschworen die liberalen Zeitungen einen Anteil der bürgerlichen Schichten an den preußischen Waffenerfolgen. Dieser Anteil müsse nun auch die Regierung dazu bewegen, ihrem innenpolitischen Antipoden entgegenzukommen. Damit war genauso das Einlenken im Heeres- und Verfassungskonflikt gemeint wie die konsequente Verfolgung nationalpolitischer Ziele. Die bürgerliche Öffentlichkeit Preußens schwankte zwischen Kritik und Identifikation, zwischen dem Beharren auf der Opposition gegen Bismarck und der immer wieder durchbrechen-

85)

Zu dieser Einschätzung Johannes von Miquel, Das künftige Schicksal SchleswigHolsteins [1.11. 1864], in: ders., Reden, hg. v. W. Schultze u. F. Thimme, Bd. 1, Halle a.S. 1911,S. 134. 86) Siehe auch die Flottenpläne und -phantasien bei Heinrich von Treitschke, Die Lösung der schleswig-holsteinischen Frage. Eine Erwiderung [15. 1. 1865], in: Preußische Jahrbücher 15 (1865), H. 2, S. 171; Gustav Freytag, (Brief v. 5. 6. 1864), in: Gustav Freytag und Herzog Ernst von Coburg im Briefwechsel 1853-1893, hg. v. Eduard Tempeltey, Leipzig 1904, S. 191; Johann Gustav Droysen, (Brief an Heinrich von Sybel v. 30. 4. 1864), in: ders., Briefwechsel, Bd. 2, S. 839. Für Theodor Mommsen wären die Herzogtümer „in der Hand Preußens das Stammkapital der maritimen Zukunft der Nation", der „Schlüssel zum Weltmeer und zur Weltpolitik" (Theodor Mommsen, Die Annexion Schleswig-Holsteins [1865], in: ders., Reden und Aufsätze, Berlin 1905, S. 383).

2. Der deutsche

Krieg von

135

1866

den Hoffnung, daß die Regierung doch letztlich auch im Interesse der Liberalen und der Nationalbewegung handeln werde. Diese zumindest partielle Identifikation mit der preußischen Staatsführung und den Kriegserfolgen in Schleswig wirkte sich jedoch nicht auf die Bewertung der Heeresreform aus. Hier blieb die liberale Presse unnachgiebig. Wenn die Armee gelobt wurde, dann pries man die Menschen, gerade die Gebildeten in ihren Reihen, niemals die Organisation, die ihr im Zuge der Heeresreform gegeben worden war. Das Lob richtete sich auf den Soll-Zustand der Armee, auf ihren angestammten Charakter einer Mischform von Königs- und Volksarmee, der von einer einsichtigen Regierung alsbald wieder herzustellen wäre. Der Ist-Zustand, das reformierte Heer, fand in den Augen der bürgerlichen Beobachter keine Gnade, auch wenn man seine Erfolge gerne zur Verwirklichung der eigenen nationalpolitischen Ziele genutzt hätte. Die nationale Zielsetzung der Politik Preußens und Österreichs stand im übrigen während des Krieges permanent in Frage; große Teile der bürgerlichen Öffentlichkeit befürchteten einen Verrat der Großmächte an der nationalen Sache. Hier wurde der Feldzug in Schleswig nicht als Nationalkrieg, sondern im Gegenteil als anti-nationalistische Militäraktion der Garanten des Londoner Protokolls wahrgenommen. Erst im nachhinein ist der ,deutsch-dänische Krieg' in dieser Eindeutigkeit zum Nationalkrieg, zum Kampf um die ,Nordmark Deutschlands' stilisiert worden.87) Erst einige Jahre später, als es darum ging, eine kontinuierliche Geschichte preußisch-deutscher Einheitsbestrebungen zu konstruieren, hat man ihn kurzerhand als Auftakt' in die Serie der Reichseinigungskriege gestellt. ,

2. Der deutsche

Krieg von

1866

In der deutschen Bevölkerung war der preußisch-österreichische Krieg, der im Sommer 1866 die deutsche Frage innerhalb weniger Wochen zugunsten Preußens entschied, ausgesprochen unpopulär.88) Gerade in nationalen Kreisen wurde es als unerträglich empfunden, daß Deutsche auf Deutsche schössen; der

87)

Besonders drastische Beispiele für diese Stilisierung sind Victor von Strantz, Die Deutschen Einigungskriege. Illustrierte Kriegschronik der Jahre 1864, 1866 und 1870-71, Leipzig [1897], S. V; Carl Bleibtreu, Düppel-Alsen, Stuttgart o.J., S. 160. 88) Zur Vorgeschichte des Krieges siehe Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 61993, S. 777 ff; zum Kriegsverlauf Der Feldzug von 1866 in Deutschland. Redigirt von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des Großen Generalstabes, Berlin 1867; Eduard Bartels von Bartberg, Kritische Beiträge zur Geschichte des Krieges im Jahre 1866, Zürich 1901 ; die Beiträge in Wolfgang von Groóte/ Ursula von Gersdorff (Hgg.), Entscheidung 1866. Der Krieg zwischen Österreich und Preußen, Stuttgart 1966; Gordon Craig, Königgrätz, Wien/Hamburg 1966, S. 102; Wolfgang v. Groóte, Königgrätz im Blick der Militärgeschichte, in: Richard Dietrich (Hg.), Europa und der Norddeutsche Bund, Berlin 1968, S. 109-133.

136

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von 1864 und

1866

Bürger- oder sogar Bruderkrieg war ein neuer Akt der deutschen Tragödie.89) Beide Kriegsparteien versuchten selbstverständlich, sich als Sachwalter der Interessen ganz Deutschlands hinzustellen, um die Nationalbewegung, die ein zwar nicht entscheidender, aber immerhin beachtenswerter politischer Faktor war, auf die eigene Seite zu ziehen. Österreich hatte sich in Schleswig-Holstein für die Rechte des Augustenburgers eingesetzt und glaubte insofern den Interessen der Nationalbewegung zugearbeitet zu haben;90) außerdem hatte es den Deutschen Bund und damit die überragende Mehrheit der deutschen Staaten auf seiner Seite. Preußen hingegen wurde in Anlehnung an den Amerikanischen Bürgerkrieg der Sezession bezichtigt. Bismarck hatte sich über die Bundesgesetze hinweggesetzt und offen den Bruch mit der Gemeinschaft der deutschen Staaten betrieben. Überdies habe Preußen sich des Verrats schuldig gemacht, indem es sich nicht scheute, mit einer nicht-deutschen Macht wie Italien ein Bündnis gegen das übrige Deutschland abzuschließen.91) Preußen argumentierte genau umgekehrt: Österreich handle den deutschen Interessen zuwider, weil es die von Preußen eingeleitete Bundesreform blockiere, die den Deutschen endlich das seit vielen Jahren ersehnte frei gewählte Nationalparlament bringen sollte. In weiten Teilen der Nationalbewegung wurde dieses Versprechen Bismarcks allerdings nur als Köder wahrgenommen, der den Nationalisten hingehalten wurde, um sie auf die Seite Preußens zu ziehen; wie Bismarck mit Parlamenten umgehe, habe der preußische Verfassungskonflikt zur Genüge gezeigt.92) Auch die preußischen Liberalen blieben skeptisch; wieder bezweifelten sie, wie schon während des Konflikts um Schleswig-Holstein, daß Bismarck sich ernsthaft nationalpolitischen Zielen verschrieben habe. Der Verfassungskonflikt wurde mit unverminderter Härte fortgesetzt. Wieder verweigerte das preußische Abgeordnetenhaus die für die Kriegführung benötigten Gelder; wieder setzte sich die Regierung über den Willen der liberalen Opposition hinweg. In den wenigen Wochen des von Preußen so schnell zu seinen Gunsten entschiedenen Krieges fand jedoch ein entscheidender Umschwung statt, der von der Forschung gerne unter dem Etikett der Wende von der Ideal- zur Realpolitik' abgehandelt wird. Große Teile der Fortschrittspartei lenkten in der Verfassungsfrage ein und definierten ihr Verhältnis zu Bismarck neu. Ob dieser Wandel auf eine stärkere Berücksichtigung macht- und realpolitischer Gegebenheiten zurückzuführen war oder ob auch die katastrophale Wahlniederlage der ,

89) Biefang,

Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 389; Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 782. 90) Wolfgang J. Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850-1890, Berlin 1993, S. 137. 91) Siehe z.B. AAZ, 29. 6. 1866, Nr. 180, S. 1; FZ, 24. 6. 1866, Nr. 172, S. 1. 92) Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 389.

2. Der deutsche

Krieg von

1866

137

Liberalen am 3. Juli, dem Tag von Königgrätz93), zu einem politischen Kurswechsel gezwungen hatte, blieb dabei eine offene Frage; feststeht, daß die neuen Bismarck-Anhänger eine „Nationalliberale Partei" gründeten, die unmittelbar nach dem Krieg einer Indemnitätsvorlage der Regierung zustimmte.94) Damit wurden die Mittel, die von der Krone für die Heeresreform aufgewendet worden waren, nachträglich bewilligt und der Verfassungskonflikt in Preußen endgültig beigelegt. Die preußische Regierung hatte auf die Obstruktionspolitik der Liberalen bei Kriegsausbruch zunächst wieder damit reagiert, daß sie den Feldzug vom Kabinett aus und im Stile eines Kabinettskrieges zu führen beschloß. Eine weitgehende Ausklammerung der bürgerlichen Elemente in der Armee war allerdings nicht mehr in dem Maße möglich, wie es noch 1864 geschehen war, als nur ein kleines Expeditionscorps ausgerüstet werden mußte. Die Mobilmachung der gesamten Armee im Sommer 1866 ließ für solche Rücksichtnahmen keinen Raum mehr.95) Die Feinde Preußens leiteten von diesem Umstand eine Hoffnung ab: daß sich der Konflikt zwischen Regierung und Opposition in die Armee hinein verlängerte. Liberal gesonnene Offiziere und Mannschaften würden, so glaubte man, der Regierung und der Heeresleitung die Gefolgschaft verweigern. Diese Hoffnung trog. Außer einigen Unmutsbekundungen bei der Mobilmachung96) sind keine Fälle von Befehlsverweigerung oder gar Aufruhr in der preußischen Armee bekannt. Auch die bürgerlichen Soldaten beugten sich der militärischen Disziplin und ordneten sich der Staatsräson unter. Nationale Leidenschaften allerdings waren in diesem Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland weder auf der einen noch auf der anderen Seite zu vermelden. Der Krieg wurde als Kabinettskrieg geführt, als ein militärischer Schlagabtausch, der nötig war, um eine politische Frage zu klären, die auf friedlichem Wege, wie die letzten Jahrzehnte gezeigt hatten, offenbar niemals zu einer Lösung gelangen würde.97) Preußen und Österreich fochten ein Duell aus, und der Sieger in diesem Duell sollte die Hegemonie in Deutschland errin-

93)

James J. Sheehan, Der deutsche Liberalismus. Von den Anfangen im 18. Jahrhundert bis Ersten Weltkrieg 1770-1914, München 1983, S. 147. 94) Anders als die Nationalliberalen stimmte die Fortschrittspartei zwar der preußischen Annexionspolitik, nicht jedoch der Indemnitätsvorlage zu (Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland, S. 421). 95) Die unerwartete Kürze des Feldzugs sorgte letztlich doch dafür, daß die Landwehren kaum zum Einsatz kamen. Ihre wenigen Kampfeinsätze, zum Beispiel in der Schlacht bei Langensalza, verliefen ausgesprochen unglücklich. Siehe Hancke, Die Theilnahme der Landwehr an dem Feldzuge von 1866, in: Militär-Zeitung für die Reserve- und LandwehrOffiziere des Deutschen Heeres, Nr. 7, 12, 16 u. 17 (1878), S. 83-85, 141-143, 186-189 u. 199-202. 96) Siehe die Berichte bei Vasen, Aus zwei Kriegen. Selbsterlebtes 1866 und 1870/71, Berlin [1897], S. 4 f., sowie Leonhard Graf von Blumenthal, Tagebücher aus den Jahren 1866 und 1870/71, Stuttgart/Berlin 1902, S. 6. 97) v. Groóte, Königgrätz, in: Dietrich (Hg.), Europa und der Norddeutsche Bund, S. 129. zum

138

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

gen. In diesem Sinne wurde die Schlacht bei Königgrätz fast wie ein Gottesurteil aufgefaßt, das endlich definitiv über die Rollenverteilung bei der Herstellung der nationalen Einheit entschied. Die kurze Dauer des Krieges konnte noch zusätzlich dazu beitragen, den Eindruck von seinem Duellcharakter zu

verstärken.98) Trotzdem darf die

gelungene Einhegung des deutschen Krieges, seine erfolgreiche Beschränkung auf einen Kabinettskrieg nicht darüber hinwegtäuschen, daß es auch Versuche zu seiner Enthegung gab. Solche Versuche gehen in der Regel von der unterliegenden Partei aus, die in der Völksbewaffnung das letzte Mittel sieht, den Kriegsausgang noch einmal zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Der Sieger insistiert gewöhnlich auf der Beibehaltung der regulären Kriegführung, weil er erstens seine Ziele bereits mit regulären Mitteln erreicht hat und zweitens eine Invasionsarmee schwieriger mit Milizen zu verstärken ist; hier hat der Verteidiger den Vorteil, die eigene Bevölkerung und das vertraute Terrain viel effektiver für einen Volkskrieg nutzen zu können. Sowohl der Bundestag in Frankfurt99) wie auch die Regierung in Wien100) machten den Versuch, eine Völksbewaffnung gegen die preußischen Invasoren zu organisieren. Beide Versuche blieben ohne größere Folgen. Als der Kaiser nach der Niederlage bei Königgrätz zum Volkswiderstand aufrief, begann schon die Cholera in den verfeindeten Armeen zu wüten und dämpfte das Interesse an einer Fortsetzung des Krieges bei beiden Kriegsparteien.101) Abgesehen von einigen Freischärler-Aktionen in Böhmen, die sich gegen die preußischen Nachschublinien und Telegraphenleitungen richteten102), blieb der Volkskrieg in Österreich ohne größere Folgen.103) Zu seinem Mißlingen trug vielleicht auch der Umstand bei, daß sich die Bevölkerung in einem Vielvölkerstaat wie der Habsburgermonarchie nur schwer für einen Nationalkrieg begeistern ließ. Im Ge98)

Siehe die Einschätzung bei Max Duncker, (Brief an die Gattin v. 7. 6. 1866), in: ders., Politischer Briefwechsel aus seinem Nachlaß, hg. v. J. Schultze, Osnabrück 1967, S.414; Rudolf von Jhering, (Brief an Julius Glaser v. 1.5. 1866), in: Rudolf von Jhering in Briefen an seine Freunde, Leipzig 1913, S. 197; Eduard Arnd, Geschichte der Gegenwart, Bd. 1, Leipzig 1873, S. 182; Karl Biedermann, 1840-1870. Dreißig Jahre deutscher Geschichte. Vom Thronwechsel in Preußen 1840 bis zur Aufrichtung des neuen deutschen Kaiserthums, Bd. 2, Breslau 3o.J„ S. 447. 99) Der Bundestag rief am 5. Juli 1866 die Bundesstaaten dazu auf, alle „Milizen, Landwehren, Freikorps und andere Wehrkräfte" gegen Preußen zu mobilisieren (Albert Pfister, Deutsche Zwietracht. Erinnerungen aus meiner Leutnantszeit 1859-1869, Stuttgart/Berlin 1902, S. 163f.). 10°) Heinrich Lutz, Zwischen Habsburg und Preußen. Deutschland 1815-1866, Berlin 1985, S. 464. 101) Heinz Helmert, Kriegspolitik und Strategie. Politische und militärische Ziele der Kriegführung des preußischen Generalstabes vor der Reichsgründung (1859-1869), Berlin (Ost) 1970, S. 207ff. 102) Günther E. Rothenberg, The Army of Francis Joseph, West Lafayette, Indiana 1976, S.71. 103) Lutz, Zwischen Habsburg und Preußen, S. 464.

2. Der deutsche

Krieg von

139

1866

genteil, ein bewußtes Schüren nationalen Ideenguts konnte sich sehr leicht verselbständigen und in einen tschechischen oder ungarischen Nationalismus einmünden, der für den Wiener Hof weitaus gefährlicher als die äußere Bedro-

war. In dieser Hinsicht hatte es Italien leichter, das nach der Niederlage bei Custozza sofort einen Kleinkrieg gegen Österreich an der Tiroler Grenze eröffnete. Angeführt wurden die italienischen Freischärler von Giuseppe Garibaldi, einer der Galionsfiguren der nationalrevolutionären Kriegführung in

hung

Europa.104)

Auch 1866 war also die Beschränkung des Schlagabtausches auf einen Kabinettskrieg keine Selbstverständlichkeit. Die Möglichkeit eines enthegten Krieges war jederzeit gegeben. An einigen Stellen flackerte er auf, stets stand er als Drohung im Raum. Möglicherweise verhinderten nur die schnelle militärische Entscheidung und der schnelle Friedensschluß seinen Ausbrach. Die Schnelligkeit der Abläufe im Sommer 1866 verdankte sich unter anderem den neuen technischen Möglichkeiten, die der Kriegführung seit der Jahrhundertmitte zu Gebote standen. Was der Feldzug in Schleswig bereits in Ansätzen demonstriert hatte, machte der große Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland mit einem Male deutlich: Nach der langen Friedensperiode in Mitteleuropa seit dem Wiener Kongreß, die nur 1848/49 und 1859 kurz unterbrochen worden war, kehrte der Krieg mit verwandeltem Gesicht zurück. Vor allem im Bereich der Transport- und Kommunikationsmittel, aber auch auf dem Feld der Waffentechnik waren bahnbrechende Neuerungen erfolgt. Die Eisenbahn ermöglichte den Transport und die Versorgung immer größerer Trappenmassen; die Télégraphie sorgte für die schnellen Informationsflüsse, die nötig waren, um diese Trappenmassen effektiv zu lenken.105) Geschütze mit gezogenen Läufen verliehen der Artillerie auch über weite Distanzen hinweg eine große Treffsicherheit; Hinterladergewehre erzeugten ein Schnellfeuer, das die Stellung des Verteidigers gegenüber dem Angreifer einseitig verbesserte. Der Frontalangriff hatte nur noch bei deutlicher zahlenmäßiger Überlegenheit Sinn, weil die Verluste des Angreifers in jedem Fall wesentlich höher waren als diejenigen des Verteidigers, der aus der Deckung heraus schon über große Entfernungen hinweg und mit schneller Schußfolge die Reihen des Gegners lichtete. Sämtliche Innovationen, abgesehen vielleicht von der verbesserten Artillerie, waren in Preußen weiter vorangetrieben und besser in die strategisch-taktische Planung einbezogen worden als in Österreich. Preußen besaß das bessere Eisenbahnnetz106), das bessere Gewehr und setzte den Telegraphen geschickter ein, als es

m) Julius Mühlfeld, [1878], S. 140. 105)

Deutschlands

Einheitskämpfe.

1864

1866 -

1870/71, Leipzig -

Dennis E. Showalter, Railroads and Rifles. The Influence of Technological Developon German Military Thought and Practice 1815-1866, Diss. Minneapolis, Minn. 1969, S. 222 ff. 106) Alf Lüdtke, Eisenbahnfahren und Eisenbahnbau, in: Lutz Niethammer u.a. (Hgg.), ment

140

III. Der

bürgerliche Kommentar zu den Kriegen von

1864 und 1866

Kriegsgegner gelang;107) der Habsburgerstaat hatte trotz seiner Niederin lage Italien 1859 viele notwendige Reformen in Armee und Verwaltung versäumt.108) So setzte sich vor den Augen einer verblüfften europäischen Öffentlichkeit das kriegsentwöhnte Preußen in wenigen Wochen gegen die kriegserfahrene Donaumonarchie durch. Die moderne, geschickt geführte und entschlossen vorgehende preußische Armee widerlegte alle Behauptungen, daß eine Wehrpflichtigenarmee, ein Heer von „Referendaren, Postgehilfen und Schneidern"109), den länger gedienten Trappen ihres Kriegsgegners niemals gewachsen sein könnte. Auf den böhmischen Schlachtfeldern erwies sich auch die Durchschlagskraft der preußischen Linie, die aus kurzgedienten Soldaten aus allen Bevölkerangsschichten zusammengesetzt war. Das preußische System der allgemeinen Wehrpflicht errang einen bedeutenden Prestigeerfolg über das Konskriptionssystem Österreichs sowie der nicht-preußischen deutschen Länder.110) Häufig wurde der preußische Schulmeister für die Siege des Hohenzollernstaates verantwortlich gemacht.111) Die allgemeine Schulpflicht in Preußen habe, so glaubte man, die intelligenten jungen Männer herangebildet, die sich anschließend, von der allgemeinen Wehrpflicht erfaßt, auf den Schlachtfeldern bewährten. Die moderne Kriegführung, die das Mitdenken und eigenständige Handeln der Soldaten voraussetzte, war auf Rekruten angewiesen, die bereits über elementare Kenntnisse verfügten. Schulpflicht und Wehrpflicht waren miteinander verzahnt und garantierten gemeinsam die Funktionstüchtigkeit der dem

preußischen Kriegsmaschinerie. In den Tagen des Kriegsausbruchs war von einer positiven Bewertung der beteiligten Armeen, der Art und Weise ihrer Kriegführung oder der Tatsache des Krieges an sich allerdings wenig zu bemerken. Die bürgerliche Öffentlichkeit überschlug sich in Entsetzensbekundungen. Weder in Berlin noch in Wien oder in irgendeiner anderen deutschen Hauptstadt gab es Jubel, Euphorie oder sonstige Äußerungen freudiger Kriegsbereitschaft.112) Die Einschätzung des Konflikts als eines deutschen Bürgerkriegs oder, noch pathetischer, als eines Bürgerliche

Gesellschaft in Deutschland. Historische Einblicke, Fragen, Perspektiven, 1990, S. 102f. 107) Willy Real, Die Ereignisse von 1866/67 im Lichte unserer Zeit, in: Historisches Jahrbuch 95 (1975), S. 344f.; Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 783ff. 108) Rothenberg, The Army of Francis Joseph, S. 60ff. 109) Felix Dahn, Erinnerungen, Bd. 4/1, Leipzig 1894, S. 122. no) Zum österreichischen Wehrsystem siehe Antonio Schmidt-Brentano, Die Armee in Österreich. Militär, Staat und Gesellschaft 1848-1867, Boppard am Rhein 1975, S. 65 ff. m) Michael Stürmer, Das ruhelose Reich. Deutschland 1866-1918, Berlin 1983, S. 136; Lutz, Zwischen Habsburg und Preußen, S. 460. 112) Karl Heinrich Höfele, Königgrätz und die Deutschen von 1866, in: GWU 17 (1966), S. 400f; eine plastische Schilderung der Friedhofsruhe in den preußischen Städten liefert Hans Viktor von Unruh, Erinnerungen, Stuttgart u.a. 1895, S. 239f. Frankfurt/M.

2. Der deutsche

Krieg von

1866

141

Bruderkriegs113) dominierte eindeutig. Im nicht-preußischen Deutschland war

überwiegend der Auffassung, daß die Kriegsschuld bei Bismarck liege, der das Register seiner politischen Hasardspiele um eine weitere reaktionäre Freveltat verlängere, indem er Deutsche gegen Deutsche in den Krieg hetze. Auch innerhalb Preußens war diese Position im bürgerlichen Lager weit verbreitet114), auch wenn die innenpolitische Aversion gegen Bismarck schon bald wieder von einem preußischen Patriotismus überlagert wurde, der insbesondere die einseitige Kriegsschuldzuweisung an Preußen nicht hinnehmen wollte; Österreich und der Deutsche Bund hatten schließlich die Bundesexekution gegen Berlin beschlossen und damit den Krieg ausgelöst. Insgesamt läßt sich die Spaltung der bürgerlichen Öffentlichkeit in eine pro-österreichische und eine preußenfreundliche Fraktion jedoch keineswegs an der preußischen Staatsgrenze festmachen. Auch nichtpreußische Borussen, die ohnehin für eine kleindeutsche Lösung der nationalen Frage plädierten, fanden sich im Lager der Hohenzollern ein; der Sachse Heinrich von Treitschke, dessen Bruder bei Königgrätz gegen die Preußen kämpfte und verwundet wurde, ist vielleicht das prominenteste Beispiel für diesen Typus. Die Polarisierung der bürgerlichen Öffentlichkeit in Großdeutsche und Kleindeutsche, in Gegner und Freunde Österreichs und des Deutschen Bundes oder Preußens ist also nicht auf Staatsgebiete abbildbar. Sie durchzog das bürgerlich-liberale Milieu ganz Deutschlands und setzte sich bis in die Familien hinein fort. Ein Konsens bestand anfänglich nur darin, daß man der Tatsache des Krieges mit äußerster Ablehnung gegenüberstand. Daß Deutsche auf Deutsche schössen, war für jeden Nationalisten absolut unerträglich.115) Mit dem Beginn des Krieges trat die Frage seiner Befürwortung oder Ablehnung jedoch in den Hintergrund. Als die militärischen Aktionen einmal angelaufen waren, konnten Proteste ohnehin nichts mehr bewirken. Viel wichtiger wurden nun die Beurteilung der Kriegführung und die Bewertung der Militärsysteme, die sich auf dem Kriegsschauplatz gegenüberstanden. Immerhin waren mehrere Konskriptionsarmeen und ein Wehrpflichtigenheer an diesem man

113)

Siehe z.B. AAZ, 17.6. 1866, Nr. 168, S. 2; AAZ, 30. 6. 1866, Nr. 181, S. 2; FZ, 10.6. 1866, Nr. 158, S. 1; FZ, 12. 6. 1866, Nr. 160, S. 1. 114) Heinrich von Treitschke berichtet davon, daß es auch 1866 wieder preußische Liberale gab, die eine Niederlage der preußischen Armee und damit auch Bismarcks erhofften, um auf diesem Wege endlich von einem Ministerpräsidenten befreit zu werden, dessen Rücktritt den Weg für Reformen bereiten würde (Heinrich von Treitschke, Der Krieg und die Bundesreform [1866], in: ders., Zehn Jahre deutscher Kämpfe. Schriften zur Tagespolitik, Bd. 1, Berlin 31897, S. 94). Ähnliche Beobachtungen stellte Hans Viktor von Unruh an, der sich allerdings ausdrücklich auf den linken Flügel der preußischen Liberalen bezog (Unruh, Erinnerungen, S. 243). "5) Überall in Deutschland, auch innerhalb Preußens, bildeten sich im Juni 1866 bürgerli-

che Friedenskomitees, die Friedensresolutionen faßten und an die Monarchen weiterleiteten (Heinrich von Sybel, Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I., Bd. 4, München/Leipzig 21890, S. 362 f.).

142

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

die Möglichkeit der Bildung von Volks- und Bürgerwehren, Nationalmilizen und Freischaren stand permanent im Raum. Damit war eine Konstellation gegeben, welche die traditionelle bürgerliche Diskussion um die richtige Wehrverfassung mit Notwendigkeit wieder anheizen mußte. In Süddeutschland machten die großen Zeitungen zunächst kein Hehl daraus, daß die preußische Regierung für sie geradezu der Inbegriff einer Militärdespotie sei. Die „Augsburger Allgemeine Zeitung" sprach am 16. Juni 1866 offen die Befürchtung aus, daß es Preußen in dem bevorstehenden Krieg nur darum gehe, die „Gesammtheit" aller Deutschen der ,„straffen preußischen Disciplin' mit Gewalt und Hinterlist zu unterwerfen" und die „selbständigen freien deutschen Länder und Staaten ihrer junkerlichen Zuchtrathe unterthänig zu machen"116). Die Herrschaft Preußens ist die Herrschaft des Militarismus, dessen Attribute straffe Disziplin und die Zuchtrate des Junkers sind. Dabei werde die preußische Junkerarmee, so mutmaßte das Blatt am nächsten Tag, kaum imstande sein, einen längeren Krieg durchzustehen. Die Wehrverfassung des Hohenzollernstaates verbiete geradezu ein längerfristiges militärisches Engagement. Wenn die Reservisten und Landwehrmänner, die einen großen Teil des preußischen Heeres ausmachten, für mehrere Monate ihrer Berufstätigkeit entzogen würden, drohe dem Staat König Wilhelms der wirtschaftliche Kollaps. „Blicken wir dagegen auf die Stimmung des preußischen Heers", resümiert die Augsburger Allgemeine Zeitung, „auf die Erbitterung der Landwehrmänner, auf die Unmöglichkeit alle diese Arme auch nur sechs Monate der bürgerlichen Thätigkeit zu entziehen", dann können wir „beruhigt dem Erfolg des blutigen Kampfes entgegen sehen"117). Auch aus der vermeintlich schlechten Stimmung im preußischen Heer leitet das Blatt noch besondere Hoffnungen für die Bundestruppen ab; hier spielt offenkundig wieder die Vorstellung herein, daß Preußen durch den inneren Streit zwischen Regierung und liberaler Opposition entscheidend geschwächt sein könnte. Schon nach wenigen Kriegstagen war diese Vorstellung widerlegt. Die preußischen Truppen eilten von Sieg zu Sieg. Immer deutlicher zeichnete sich die Unterlegenheit der verbündeten Armeen ab. Schon am 3. Juli leitete die Augsburger Allgemeine Zeitung von dieser Unterlegenheit wehrpolitische Konsequenzen ab. In einer neuen Friedensordnung werde sich das nicht-preußische Deutschland nur gegenüber dem „militärisch-diplomatischen Junker- und Muckerthum"118), der „militärisch-junkerlich-pietistischen Despotie"119) des Hohenzollernstaates behaupten können, wenn es auch eine „schlagfähigere Heeresverfassung"120) besitze. Wie diese Heeres Verfassung im Detail aussehen

Krieg beteiligt;

116) 117) 118) 119) 120)

AAZ, 16. 6. 1866, Nr. 167, S. 2. AAZ, 17. 6. 1866, Nr. 168, S. 2. AAZ, 3. 7. 1866, Nr. 184, S. 1. Ebd., S. 2. Ebd., S. 1.

2. Der deutsche

Krieg von

1866

143

sollte, wurde nicht ausgeführt; favorisiert wurde aber offensichtlich ein Vblks-

denn einige Wochen später deutete ein Leitartikel an, daß die wohl deshalb von einer rechtzeitigen Militärreform abgesehen weil sie hatten, „von der Erstarkung der Volkskraft unfaßlicher Weise Gefahren fürchteften]"121). So mußte sich die Bundesarmee den preußischen Waffen beugen, deren Leistungsfähigkeit auch von der Augsburger Allgemeinen Zeitung letztendlich zugestanden wurde. „Die Größe der Waffenerfolge Preußens gegen Österreich wie gegen die bundestreuen Staaten ist unbestreitbar", heißt es in einem Fazit am 17. August; sie übertraf die „kühnsten Erwartungen Ber-

wehrsystem, Regierungen

lins"122). Die Zurückhaltung der Augsburger Allgemeinen in der Frage einer alternativen Heeresverfassung wurde von der Frankfurter Zeitung nicht geteilt. Daß der „Kampf gegen das verhaßte preußische Säbelregiment"123) nur mit einer Volksarmee zu bestehen sei, stand für das Blatt von Beginn an außer Frage. Damit erhielt der deutsche Krieg nationalrevolutionäre Züge; der Widerstand gegen den preußischen Militarismus und die Angst vor seinem ,Säbelregiment' könnten zum Motor einer großen politischen Umgestaltung in Deutschland werden. Am 14. Juni zitiert die Frankfurter Zeitung einen Abgeordneten der Hessen-Darmstädtischen Zweiten Kammer, der den verbündeten Regierungen empfiehlt, „durch ein an den preußischen Grenzen aufgestelltes Vblksheer die Revolution gegen das Bismarckische Regiment zu provociren und dann zu stützen"124). Krieg und Bürgerkrieg verschmölzen zu einer Einheit, wenn die preußischen Liberalen, gestützt auf das an den Grenzen bereitstehende Volksheer, den Aufstand gegen die Regierung Bismarck wagten. Der Appell, der von diesem Volksheer ausginge, fiele noch wirkungsvoller aus, wenn er mit dem Versprechen eines Nationalparlaments verbunden wäre. Für die Frankfurter Zeitung sind Volksbewaffnung und Vblksparlament zwei Seiten einer Medaille. Die Volksbewaffnung ist eine militärische Notwendigkeit, wenn die preußische Armee geschlagen werden soll, das Vblksparlament eine politische Notwendigkeit, um die deutsche Bevölkerung zu einer Massenerhebung zu motivieren und Preußen innenpolitisch zu destabilisieren. „Hinter den Heeren die für das Recht, nein die für die Existenz Deutschlands kämpfen", führt das Blatt aus, „muß die ganze Nation stehen; wie aus ihr die Kämpfer im Feld hervorgehen, so hat sie die Männer zu stellen, deren Arbeit der politischen Wiedergeburt Deutschlands gewidmet ist" „Volksparlament" und „Volksheer" sind die beiden Hauptbestandteile einer „volksthümlichen Neugestaltung des gesammten Vaterlandes"125). Eine Woche später druckt die Zeitung einen Auf-

121) 122) 123) 124) i")

AAZ, 23. 7. 1866, Nr. 204, S. 1. AAZ, 17. 8. 1866, Nr. 229, S. 1. FZ, 10.6. 1866, Nr. 158, S. 1. FZ, 14. 6. 1866, Nr. 162, S. 1. FZ, 27. 6. 1866, Nr. 175, S. 1.

144

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

ruf ab, den der Ausschuß einer Frankfurter Völksversammlung am 1. Juli, also noch vor der Schlacht bei Königgrätz, aber bereits nach den ersten Niederlagen der Österreicher in Böhmen formuliert hatte: Die deutschen Stämme, welche die Berliner Gewaltspolitik gegen sich in Waffen gerufen hat, [haben jetzt die] Pflicht, mit voller Kraft und einmüthiger Entschlossenheit sich die Mitwirkung an der Entscheidung ihrer Geschicke zu sichern durch allgemeine Volksbewaffnung und gemeinsame Volksvertretung. Auf diese beiden Forderungen ist sofort und aller Orten die Thätigkeit des deutschen Volks zu richten; eine allgemeine Agitation in öffentlichen Volksversammlungen muß schleunigst dafür organisirt werden. Das deutsche Volk allein kann noch das deutsche Vaterland retten.126)

Völksbewaffnung und Volksvertretung werden in einem Atemzug genannt; sie sind das Allheilmittel, das Deutschland jetzt noch retten kann. Die Analogie ist sogar noch weiter fortsetzbar. Am 6. Juli führt die Frankfurter Zeitung erneut aus, welche Maßnahmen nun dringend von den verbündeten Regierungen zu

treffen sind: „Sie müssen [...] das deutsche Volk in Waffen und ohne Waffen einberufen, so schleunig es nur immer möglich ist; in Waffen d.h. als Landesheer, als Volkswehr; ohne Waffen d.h. als Parlament"127). Parlament und

Volkswehr sind zwei verschiedene Formen der Einberufung des Volkes. Auf der einen Seite übernimmt das Volk die politische Verantwortung, auf der anderen Seite nimmt es sein militärisches Schicksal selbst in die Hand. Nationalparlament und Nationalarmee sind Ausdruck derselben Volkssouveränität, welcher der Krieg der deutschen Staaten als gleichzeitiger Bürgerkrieg Geltung verschaffen soll. Der Anspruch der preußischen Armee, aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht als Volksheer gelten zu können, wurde von der Frankfurter Zeitung energisch zurückgewiesen. Eine Armee, deren Kern von der reaktionären Junkerklasse gebildet werde und die trotz einiger volkstümlicher Einsprengsel letztlich ein Königsheer geblieben sei, könne höchstens als Pseudo-Völksheer bezeichnet werden. Es gehört zu den Propagandalügen der preußischen Regierung, wenn man diese „Einrichtung" dem „Volke gegenüber ebenso unwahr für ein Volkswehrsystem ausgeben will, wie ein Bismarckisches Schein-Parlament für eine wahre Völksvertretung gelten soll. Das Eine ist Trug wie das Andere"128). Wieder wird die Frage der Völksvertretung direkt mit dem Problem der Wehrverfassung verknüpft. Der volkstümliche Charakter der preußischen Armee ist genauso Schein und Lüge wie das Versprechen Bismarcks, ein frei gewähltes deutsches Parlament einrichten zu wollen. Eine wirkliche Volksarmee gibt es in Preußen ebensowenig wie in allen anderen deutschen Staaten. Hier könnte erst eine Initiative des Deutschen Bundes Abhilfe schaffen. Wenn die verbündeten Regierungen in ihrem Machtbereich eine Volksbewaff-

126) FZ, 5. 7. 1866, Nr. 183 (Zweites Blatt), S. 127) FZ, 6. 7. 1866, Nr. 184, S. 1. 128) FZ, 28. 6. 1866, Nr. 177, S. 1.

1.

2. Der deutsche

Krieg von

145

1866

nung durchführten, wäre der Krieg gegen Preußen noch zu gewinnen. Mit den überkommenen stehenden Heeren allerdings, da ist die Frankfurter Zeitung sicher, gibt es keine Hoffnung mehr. Alle Kritikpunkte, die immer schon gegen das stehende Heerwesen geltend gemacht worden seien, hätten in diesem Krieg ihre Bestätigung erhalten. Außerdem bringe eine stehende Armee das Bevölkerungspotential der nicht-preußischen deutschen Länder gar nicht angemessen zur Geltung; die wehrhaften Massen Süddeutschlands müßten tatenlos zusehen, wie ihre relativ kleinen regulären Armeen von der preußischen Übermacht erdrückt würden, einer Übermacht, die nur auf dem Schlachtfeld, nicht aber in der Bevölkerungszahl bestehe: Gerade darin

gibt sich auch die Schwäche des stehenden Heerwesens gegenüber einer allge-

meinen, gut durchgeführten Volkswehrverfassung kund [...]. Eine Schlacht, in welcher die

des einen Theiles völlig unterliegen, kann bei jenem System über das Schicksal eines ganzen Staates entscheiden, wie dies der Tag von Jena bewies, während ein für seine Sache kämpfendes militärisch gut organisirtes Volk nie durch einen Schlag niedergeworfen

Truppen

wird.129)

Kämpft nur ein stehendes Heer, dann kann der Krieg nach einer Schlacht entschieden sein. Kämpft allerdings ein ganzes Volk, dann müssen Niederlagen keine Endgültigkeit besitzen, solange noch neue Einheiten ins Feld gestellt werden können. Ein Volkskrieg entzieht den Kriegsausgang der grausamen Zufälligkeit einer einzigen Schlachtentscheidung. Eine Kriegspartei, die das Übergewicht der Bevölkerung auf ihrer Seite weiß, handelte töricht, wenn sie nicht zum Mittel des Volkskrieges griffe. Mit geringerem programmatischen Aufwand, aber ähnlicher Zielsetzung forderten auch die Münchner Neuesten Nachrichten während der gesamten Kriegszeit die sofortige Einrichtung von Bürgerwehren.130) Wieder war es die Kritik an den militärischen Leistungen der regulären Armee den bayerischen Truppen wurde Untätigkeit vorgeworfen131) -, die den Ruf nach einer Vblkswehr laut werden ließ; wieder war der Gedanke der Volksbewaffnung untrennbar mit der Forderung nach einem Vblksparlament verknüpft. Die Volksbewaffnung müsse von einem Parlament veranlaßt werden, dessen Fortbestehen wiederum von den Volkswehren zu garantieren sei; Parlament und Nationalarmee seien wechselseitig aufeinander angewiesen.132) Am 12. Juli 1866 radi-

l29) FZ, 23. 6. 1866, Nr. 170, S. 1. ,3°) Neben den bürgerlichen Zeitungen propagierte auch eine spezielle Militärzeitung den Volkswehrgedanken; die „Deutsche Wehrzeitung" verstand sich als geistiger Mittelpunkt der Milizbewegung in Deutschland. Seit ihrer Gründung 1864 kritisierte sie das stehende Heerwesen und forderte die Einrichtung von Bürger- und Jugendwehren. Diese Forderung wurde im Sommer 1866 zum Plädoyer für eine allgemeine Völksbewaffnung gegen Preußen gesteigert (Deutsche Wehrzeitung. Hg. von einer Anzahl von Offizieren in und außer Dienst. Organ des deutschen Offiziertages, 3. Jg. [25. 6. 1866], Nr. 126, S. 1022ff.). I31) MNN, 5. 7. 1866, Nr. 186, S. 2. >32) MNN, 3. 7. 1866, Nr. 184, S. 3.

146

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von 1864 und

1866

kalisieren die Münchner Neuesten Nachrichten diese Position noch einmal, indem sie angesichts der drohenden Niederlage die verbündeten Regierungen dazu auffordern, endlich ein deutsches Nationalparlament einzuberufen und für diesen Fall eine bewaffnete Volkserhebung gegen den Landesfeind in Aussicht stellen: „Bei Gewährung dieser Forderungen wird das ganze bayerische Volk aufstehen wie Ein Mann gegen die Unterdrücker seiner dann gewährten und beschützten Freiheit und Selbständigkeit"133). Der Volkskrieg wird regelrecht angeboten, er ist ein politisch-militärischer Joker, den die Bevölkerung auszuspielen bereit ist, wenn die Regierung sich ihrerseits entgegenkommend verhält. Die Regierung jedoch weiß ebenfalls um diesen Zusammenhang und sieht von der Volksbewaffnung ab, um nicht gezwungen zu sein, auch innenpolitische Reformen bis hin zur Einrichtung eines frei gewählten Parlaments -

gewähren zu müssen.134) Die Aufstellung eines

Vblksheeres wurde von den Münchner Neuesten Nachrichten nicht nur abstrakt gefordert, sondern auch konkret in allen Details der Organisation und Ausbildung durchgeplant. Am 21. Juni druckte das Blatt einen Aufruf des Münchener Völksvereins135) ab, in dem die „schon bestehenden Schützen-, Turn und Arbeitervereine" aufgefordert wurden, „sich als taktische Körper zu organisiren und sich die Fähigkeit anzueignen, einstweilen unbewaffnet in größeren Trupps militärische Bewegungen auszuführen"136). Die Mobilisierung der Schützen und Turner sollte aber nur den Anfang machen. Anvisiert wurde eine .militärische Vorschule' für die gesamte wehrfähige Bevölkerung .Vorschule' deshalb, weil der Gebrauch von Waffen nach wie vor untersagt war: -

Noch bestehen die alten, vom Mißtrauen der Regierungen gegen die eigenen Völker diktirten Verbote gegen bewaffnetes Zusammenkommen, noch will man diese gegen den Drang des Volkes, sich und das Vaterland selbst schützen zu können, anwenden. Da gilt es, wenigstens das einzuleiten und anzubahnen, was nicht untersagt werden kann, bis endlich die noch hemmenden Schranken eines ungerechtfertigten Verbotes fallen. Organisiren wir einstweilen wenigstens unbewaffnete taktische Körperschaften, und bereiten wir dadurch den Boden für eine künftige Volkswehr aus unserer eigenen Kraft heraus, wenn auch nur provisorisch und so weit es unter der Ungunst der Verhältnisse eben möglich ist [...]. Wir bedürfen dazu gedienter Militärs, die den Geist der neuen Kriegführung erfaßt haben, als Lehrer [...]. Wird dann das Vertrauen der Regierung oder die Noth des Vaterlandes uns endlich auch die Waffen in die Hand geben, so werden wir auf diese Weise wenigstens vorbereitet sein, sie mit Nutzen zu führen und dazu nur noch geringer Vorübung bedürfen.137)

133) MNN, 12. 7. 1866, Nr. 193, S. 1. 134) MNN, 10.7. 1866, Nr. 191, S. 1. 135) In zahlreichen deutschen Städten wurden im Sommer 1866 vaterländische Volksvereine gegründet, die aus bürgerlich-patriotischer Perspektive zur Neugestaltung Deutschlands beitragen wollten. Die Konstituierung des Münchener Volksvereins erfolgte am 18. Juni 1866 (siehe die Meldung in MNN, 19. 6. 1866, Nr. 170, S. 1). 136) MNN, 21.6. 1866, Nr. 172, S. 2. 137) MNN, 1. 7. 1866, Nr. 182, S. 4.

2. Der deutsche

Krieg von

1866

147

Militärische Trockenübungen sollen eine richtige Ausbildung ersetzen, solange das Tragen von Waffen noch verboten ist. Im Ernstfall kann die volle Feldtauglichkeit der Bürgersoldaten dann sehr schnell hergestellt werden. Jeder ist in der Lage, sich in dieser Weise auf einen möglichen Kriegseinsatz vorzubereiten. Geeignete Übungsplätze werden von den Turnvereinen zur Verfügung gestellt.138) Wem die Turnplätze nicht genügen, der kann sich Spaziergängen anschließen, die in das Umland der Städte führen und dort verschiedenen Wehrübungen Raum geben. Die Münchener Neuesten Nachrichten berichten am 3. Juli erstmalig von einem solchen Spaziergang, der unter Leitung der „HH. Knorr und Mederer" nach „Großhesselohe" führte, wo zahlreiche „Uebungen" mit „Erfolg begonnen wurden"139). Eine Woche später fand erneut ein „militärische[r] Spaziergang (ohne Waffen)" in der Umgebung von München statt, an dem „anderthalbhundert Mann" teilnahmen; er lieferte das „überraschende Resultat, daß die vorgenommenen Evolutionen schon gleich zum Anfange auf das Beste gelangen"140). Außerdem „vergnügte sich die größtentheils junge Mannschaft ebenso sehr an dem schönen Waldesgrün, als bei der heitern Rast, die zum Zwecke einiger Erfrischung in Hadern gemacht wurde"141). Ob nun die angekündigten .Evolutionen' oder eher die unterwegs eingenommenen Erfrischungen' zur Teilnahme an solchen Wehrübungen motivierten, muß dahingestellt bleiben; fest steht, daß gerade für die Jugend eine wichtige Rolle in der Volkswehrbewegung vorgesehen war. Der Plan einer Gründung von Jugendwehren stand während der Kriegswochen ständig im Raum. Am 4. Juli meldeten die Münchner Neuesten Nachrichten, daß die „studirende Jugend" der Universität München beabsichtige, „während der Ferienzeit militärische Uebungen" durchzuführen; hierzu hätten sich zusätzlich auch „48 Gymnasiasten" vom „Wilhelmsgymnasium" gemeldet „ein sehr begrüßenswerther Anfang zu den bereits in Württemberg bestehenden Jugendwehren"142). Wieder wurden die Württemberger Wehrvereine zum Vorbild erkoren.143) Die bayerische Regierung war allerdings weniger tolerant als die württembergische: Sie verbot die Jugendwehren, ja sie bestand sogar bei der Einberufung der Landwehr am 12. Juli 1866 noch einmal ausdrücklich auf dem ungesetzlichen Charakter aller Freikorps.144) Selbst im Angesicht der Niederlage war die Krone nicht bereit, militärische Aktivitäten außerhalb der regulären Verbände zu dulden. -

I38) >39) I4°) 141) 142) 143)

MNN, 3. 7. 1866, Nr. 184, S. 4. Ebd.

MNN, 10. 7. 1866, Nr. 191, S. 2f. Ebd., S. 3. MNN, 4. 7. 1866, Nr. 185, S. 5.

Zu diesen Vereinen in der Forschung auch Paul Sauer, Revolution und Volksbewaffnung. Die württembergischen Bürgerwehren im 19. Jahrhundert, vor allem während der Revolution von 1848/49, Ulm 1976. 144) MNN, 13. 7. 1866, Nr. 194, S. 3.

148

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

Innerhalb Preußens stellten sich die Kriegsereignisse selbstverständlich anders dar. Weite Teile der bürgerlichen Öffentlichkeit schlössen dabei unmittelbar an die Strategie an, die schon während des Konflikts um Schleswig-Holstein gegenüber der Regierangspolitik angewendet worden war. So macht die National-Zeitung zu Beginn des Krieges kein Hehl daraus, daß sie der Regierung Bismarck nach wie vor mit äußerstem Mißtrauen begegnet einem Mißtrauen allerdings, das von der Krone sofort zerstreut werden könnte, wenn sie bereit wäre, in der Situation gemeinsamer Bedrohung der Opposition entge-

genzukommen:

Es geht einmal in einem Existenzkriege heutigentags nicht mit der Unterschrift eines Acceptes seitens der Volksvertretung, das, gegen Sicherheiten gewährt, der Geschäftswelt genügt, aber das Volk kalt läßt [...]. Er [der Finanzminister] braucht, darüber täusche er sich nicht, für die Kriegsfinanzen den guten Willen, was sagen wir! die ganze opferwillige Hingebung des Volkes. Und diese wird er mit einem die tiefste Ueberzeugung des Volkes verletzenden Regierungssystem, über die weit offene Kluft des Verfassungskonflikts hinweg nimmermehr

gewinnen.145)

Schon 1864 hatte die National-Zeitung an die Regierung appelliert, im Interder nationalen Geschlossenheit den Verfassungsstreit beizulegen. Noch viel stärker muß dieses Argument wirken, wenn es sich, wie im Sommer 1866, um einen ,Existenzkrieg' des preußischen Staates handelt, der mit dem Feldzug in Schleswig gar nicht zu vergleichen ist. Jetzt besteht eine Aussicht auf Erfolg nur dann, wenn die gesamte Bevölkerung Preußens mit aller Kraft und allem Enthusiasmus mitzuziehen bereit ist. Voraussetzung hierfür ist natürlich ein Einlenken der Regierung im Verfassungskonflikt. Für den bürgerlichen Patriotismus besteht der Staat „in der Verfassung und den Gesetzen"; „unsere Vaterlandsliebe" kann sich „nur in dem Maße befriedigt fühlen, wie die Staatseinrichtung von Werth ist und wie die auswärtige Politik gut geleitet wird"146). Ob die auswärtige Politik ,gut', das heißt in Übereinstimmung mit den nationalpolitischen Zielen der Liberalen geleitet wurde, blieb zunächst offen; in jedem Fall versuchte man aus der Kriegssituation Profit zu schlagen, indem man die Regierung in der Verfassungsfrage unter Druck setzte. Dieser Druck konnte die Form einer Bitte, eines Appells haben, er konnte aber auch unterschwellig erpresserische Züge annehmen. „Wohl mag es diesen oder jenen geben", deutete die National-Zeitung geschickt an, „der sich nicht grämen würde, wenn die Verfassung durch ein beiläufiges Kriegsunglück wie ein Pulverthurm in die Luft flöge"147). Wenn die Regierung nicht gemeinsam mit der Opposition siegen will und durch die Beilegung des Verfassungsstreites die Voraussetzung hierfür schafft -, dann wäre auch eine Konstellation denkbar, bei der die Liberalen infolge einer militärischen Niederlage zu ihrem innenesse

-

145) NZ, 23. 6. 1866, Nr. 287, S. 1. 146) NZ, 1.7. 1866, Nr. 301, S. 1. 147) Ebd.

2. Der deutsche

Krieg von

1866

149

Die Regierung hätte dann in doppelter Hinsicht das Nachsehen. Ob die Krone von diesen Bitten und Drohungen beeindruckt wurde, muß dahingestellt bleiben. Die schnellen Siege der preußischen Truppen enthoben die Regierung in jedem Fall der Notwendigkeit, einen Ausgleich mit der Opposition zu suchen. Auch ohne die Bewilligung der für den Krieg benötigten Gelder durch das Abgeordnetenhaus ließen sich offensichtlich siegreiche Schlachten schlagen. Am 15. Juli, knapp zwei Wochen nach der entscheidenden Begegnung bei Königgrätz, klangen die Bündnisangebote der National-Zeitung auch schon wesentlich reservierter:

politischen Recht kämen.

gehört für einen preußischen und überhaupt für die deutschen Liberalen viel Selbstüberwindung dazu, um unserer gegenwärtigen Regierung zu folgen und beizustehen. Freilich bleibt dem Staatsbürger in Kriegszeiten nichts anderes übrig, als die Männer, welche sich an der Spitze des Staates behaupten, im Kampfe gegen den äußeren Feind zu unterstützen, jene Selbstüberwindung, wie schwer sie auch falle, muß daher geleistet werden. Daneben bleibt doch aber zu beachten, daß der Bürgerpflicht eine ebenso entschiedene Regierungspflicht gegenübersteht, die Mitbürger als Gehülfen und Genossen zu behandeln und nicht als Gegner [...]. Wenn es ernstlich gemeint und keine bloße Redensart ist, daß in jetziger Zeit alle Parteibefehdungen ruhen müssen [...], so darf die feudale Partei so gewiß keinen Krieg gegen die liberale führen, wie das eine Schwächung der Landeskraft zur Folge haben würde.148) Es

Aus dem pathetisch beschworenen Bündnis ist ein zähneknirschendes Stillhalund Tolerieren geworden. Die Regierung hat den Krieg im Alleingang gewonnen, es bleibt nur zu hoffen, daß sie diesen außenpolitischen Erfolg nicht ausnutzt, um weitere Maßnahmen gegen die Opposition zu ergreifen. Die .feudale Partei' möchte doch bitte die Liberalen als .Gehülfen' achten und keinen Krieg gegen sie führen. Kurze Zeit später, nach dem Friedensschluß, besann sich die National-Zeitung jedoch auf eine Argumentation, die schon während des Konflikts um Schleswig-Holstein eine Rolle gespielt hatte. Wenn es auch kein politisches Bündnis zwischen Krone und Abgeordnetenhaus gegeben hatte, mithin von einer politischen Beteiligung der Liberalen an dem gewonnenen Krieg keine Rede sein konnte, so versuchte man doch, die Liberalen als die .Partei des Volkes' über eine Hilfskonstruktion in den preußischen Waffenerfolg .hineinzudeuten'. Das bürgerliche Lager wollte den Sieg nicht vollständig der feudalen Partei überlassen, sondern sich einen Anteil daran sichern, um auf diesem Wege wiederum innenpolitische Zugeständnisse fordern zu können. Der Anteil des Volkes am preußischen Sieg wurde dabei über seinen Anteil an der preußischen Armee definiert. Auch wenn das politische Bündnis von der Regierung verweigert worden war, hier hatte das Volk mitgewirkt und sich große Verdienste um den preußischen Staat erworben. Diese Tatsache, führt die

ten

l48) NZ,

15.7. 1866, Nr. 327, S. 1.

150

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

National-Zeitung am 26. Juli aus, könne Konservativen nicht hinwegleugnen:

Kriegen von

1864 und 1866

auch der verblendete Parteihaß' der

Wie nach den schönen Thaten im dänischen Kriege das berüchtigte Feldgeschrei des .inneren Düppel' in die Welt hineingerufen wurde, wie die Organe der Konservativen damals keinen Anstand nahmen, Kinder desselben Landes, Bürger desselben Staates, Kampfgenossen und die gemeinschaftlichen Träger der öffentlichen Lasten auf gleiche Linie mit den äußeren Feinden zu stellen und ein gleiches Geschick Jenen anzusinnen, so versteigt sich auch heute der verblendete Parteihaß zu dem sinnlosen Vergleiche, daß im Innern eine Versöhnung durch wechselseitiges Nachgeben herbeizuführen, ebenso undenkbar sei, wie dem .besiegten Oesterreich die Grafschaft Glatz abzutreten'. Also das wäre konservative Politik, den großen und opferschweren Krieg wie das Unternehmen einer winzigen Partei und die Siege des Volksheeres wie das Verdienst einiger Wenigen auszubeuten.149)

Der Ruf nach dem .inneren Düppel', der schon 1864 die Siege der Regierung auf den Schlachtfeldern in die Innenpolitik hinein fortgesetzt sehen wollte, ist auch in abgewandelter Form 1866 wieder ein Schlag in das Gesicht des Volkes, das nicht besiegt wurde noch besiegt werden soll, sondern selber als tragender Bestandteil des preußischen Heeres am Sieg beteiligt war. Die National-Zeitung stellt die Leistungen des Volkes in dem eben beendeten Krieg mit leuchtenden Farben heraus: Unseres Wissens rühmt man in ganz Europa uns nach, daß das ganze Volk an den Thaten und Opfern gleichmäßigen Antheil nimmt. Keine Schichte [sie] der Gesellschaft, kaum irgend eine Person im ganzen Lande hat der Krieg unberührt gelassen. Niemand von den Großen kann sich rühmen, daß er mit besserem Eifer unter größeren Gefahren dem Vaterlande gedient, als der Durchschnitt des Volkes. Jeder stand an dem Platze, wohin er gerufen wurde, und that seine Arbeit, wie sie ihm auferlegt wurde, nach besten Kräften. Wir wollen keinen Stand auf Kosten des andern in den Vordergrund stellen, keiner Partei eine bevorzugte Rolle zuschreiben. Schulter an Schulter stehen in den Reihen unserer Armee die Reichen und die Armen, die Vornehmen und die Geringen [...]. So gingen sie in die Schlachten, so siegten sie neben einander. Von derselben Art war die kriegsbereite und die friedliche, Pflege und Nahrung spendende Reserve zu Hause. Gleich war der Eifer, gleich die That, gleich das Verdienst Aller.150)

Ob auf dem Kriegsschauplatz oder in der Heimat, jeder Preuße hat an seinem Platz dazu beigetragen, daß der Feind in die Flucht geschlagen werden konnte. Keine Partei hat das Recht, den Sieg für sich allein zu beanspruchen und ihre innenpolitischen Gegner damit unter Druck zu setzen. Gemeinsam wurde der Sieg erfochten, und dieser Schulterschluß muß das Modell für die Aussöhnung im Frieden sein. Die Argumentationsstrategie der National-Zeitung wurde in ähnlicher Form auch von der Kölnischen Zeitung verfolgt. Auch hier dominierte zunächst der Appell an die preußische Regierung, im Heeres- und Verfassungskonflikt endlich einzulenken, um in der Situation der äußeren Bedrohung alle Kräfte des Staates zu bündeln. Die Einbeziehung der Liberalen könne zudem den „Geist

149) NZ, 26. 7. 1866. Nr. 347, S. I5°) Ebd.

1.

2. Der deutsche

Krieg von 1866

151

der deutschen Nation unter die preußischen Fahnen [...] scharen"151); ein Bündnis mit den Liberalen sei ein Pakt mit der Nationalbewegung, und durch einen solchen Pakt könne auch Süddeutschland für Preußen gewonnen werden: „Erfolge der Waffen" sind „zwar zunächst das Nöthigste", aber sie reichen nicht aus, „um Süddeutschland zu gewinnen" ein „liberales Ministerium in Berlin" hingegen „würde Wunder wirken und für Preußen besser fechten, als ein Heer von hunderttausend Mann"152). Schon im Interesse eines erfolgreichen Kriegsausgangs müsse die preußische Regierung also den Liberalen die Hand zur Versöhnung reichen. Da aus dem liberalen Ministerium in Berlin nichts wurde, sah sich die Kölnische Zeitung gezwungen, den Beitrag der Liberalen zum Krieg und den Anteil des bürgerlichen Lagers an den preußischen Waffenerfolgen auch auf einer anderen Ebene zu verorten. Wieder war es die preußische Armee, die zum Inbegriff einer Zusammenfassung aller Kräfte der Nation stilisiert wurde. Das preußische Wehrsystem war der beste Ausdruck eines Bündnisses von Krone und Volk. Dabei drehte die Kölnische Zeitung die traditionelle liberale Argumentation sogar noch in bezeichnender Weise um. Bisher hatte es geheißen, daß ein Regierungswechsel das geeignete Mittel sei, um die Heeresreform zurückzunehmen und den volkstümlichen Charakter der Armee wiederherzustellen; der politische Kurswechsel sei die Voraussetzung für eine Veränderung der Heeresverfassung. Nun wurde genau umgekehrt von der Heeresverfassung ein normativer Zwang zur Reform der politischen Verhältnisse abgeleitet. Weil die Armee im Grunde liberal sei, dürfe der Staat, für den sie fechte, nicht absolutistisch regiert werden: -

Die volle, unverkümmerte Verfassung ist für den preußischen Staat in dieser Zeit nicht eine Schwächung, sondern eine unerläßliche Bedingung der Stärke, eine nothwendige Ergänzung seines Wehrsystems, das vom absoluten Königthume nun und nimmermehr mit dem rechten Erfolge, mit jener vollen Kraft, die in ihm liegt und die es 1813 bewährt hat, gehandhabt werden kann. Es ist ein handgreiflicher Widersinn, Landwehr und Absolutismus zusammenleimen zu wollen.153)

Die unversehrte

Verfassung wird zur notwendigen Ergänzung des preußischen

Wehrsystems erklärt; die Staatsverfassung soll das passende Pendant der Heeresverfassung sein. Wenn .Landwehr und Absolutismus' nicht zusammengehen, dann soll nicht die Landwehr beschnitten, sondern der Absolutismus ab-

geschafft werden. Anders sind die Erfolge von

1813 nicht zu wiederholen. Die volle Wirksamkeit des preußischen Heeressystems kann nur ausgeschöpft werden, wenn die Regierung die entsprechenden politischen Weichen stellt; ein militärischer Sachzwang macht den politischen Kurswechsel unumgänglich. Die Kölnische Zeitung zitiert beifällig einen Kommentar aus der „Li-

151)

KZ, 17.6. 1866, Nr. 167, S. 1.

is2) KZ, 21.6. 1866, Nr. 171, S.

'53) KZ, 22. 6. 1866, Nr. 172, S.

1. 1.

152

III. Der bürgerliche Kommentar

zu

den

Kriegen von

1864 und 1866

beralen Correspondenz", in dem die Möglichkeit eines wirklichen Völkskrieges von der Bedingung einer Verfassungsgarantie durch die Krone abhängig gemacht wird: Der Krieg darf kein Cabinetskrieg bleiben, er muß ein wirklicher Volkskrieg werden, sonst wird sich das Volk nicht für ihn begeistern können. Wenn unsere Staatsregierung dies in so fern anerkannt hat, als sie Deutschland gegenüber erklärt, sie ergreite die Waffen, um eine volksthümliche Einigung des Gesammtvaterlandes herzustellen dann muß sie consequenter Weise auch im Innern die Garantie bieten dafür, daß sie wirklich und wahrhaftig jene Absicht hegt. Thut sie das letztere nicht, dann wird ihr das Erstere Niemand glauben.154) -

Wenn der Krieg effektiv geführt werden soll, darf er kein Kabinettskrieg bleiben, sondern muß zu einem wirklichen Völkskrieg werden. Das Volk ist aber nur für den Krieg zu gewinnen, wenn ihm die nationale Einigung in Aussicht gestellt wird dieses Versprechen wiederum gilt nur dann als glaubwürdig, wenn die Regierung auch innenpolitisch einzulenken bereit ist. Eine erfolgreiche Kriegführung und die politischen Ziele der Liberalen sind in einem regelrechten Kreislaufsystem von Wirkungen und Ursachen miteinander verschal-

tet.

Bei der Bestimmung des bürgerlichen Anteils an den Siegen der preußischen Armee ist die Kölnische Zeitung inzwischen selbstbewußter geworden. Während des dänischen Krieges von 1864 hatte sie diesen Anteil noch vergleichsweise bescheiden mit den Leistungen der bürgerlichen' Artillerie in Verbindung gebracht. Nun betont sie den überragenden Einfluß des Bürgertums, insbesondere seines gebildeten Teils, auf das gesamte preußische Heer. Die gebildeten Soldaten sorgen dafür, daß auch ihren ungebildeten Kameraden der Sinn und der Zweck des Krieges klar werden: Aber auch das moralische Element im Heere, die vielen gebildeten Männer aller Stände, die in Folge der allgemeinen Wehrpflicht als gewöhnliche Soldaten in allen Regimentern dienen, bewährte sich jetzt in vollem Glänze. Was vielleicht manchen ungebildeteren Leuten nicht so sehr am Herzen gelegen hätte, ob Preußen in diesem ihm aufgedrungenen Riesenkampfe gegen Oesterreich und zwei Drittel von Deutschland unterliegen oder glänzender, wie je, hervorgehen sollte, das erfüllte alle diese mehr gebildeten Soldaten [...] mit der höchsten Begeisterung. Dieses Gefühl theilten diese gebildeten Soldaten fast unwillkürlich ihren mehr ungebildeten Kameraden mit, und so marschirten Alle mit der höchsten Anspannung aller Kräfte fast Tag und Nacht unaufhörlich fort.155)

Die Gebildeten wissen um die Bedeutung des Krieges, und sie reißen ihre Kameraden mit; der nationale Gedanke, der in den Köpfen der gebildeten Soldaten bereits verankert ist, geht von diesen auf die Trappe über, die dadurch erst zu den Leistungen beflügelt wird, die der Feldzug der ganzen Armee abverlangt. Die Wehrpflichtigen aus dem Bildungsmilieu sorgen für Sinnstiftung und Motivation; fehlten diese Komponenten, dann wäre das gesamte preußi-

154) Ebd. '55) KZ, 9. 7. 1866, Nr. 189, S.

1.

2. Der deutsche

Krieg von

1866

153

sehe Heer nur die Hälfte wert. Die gebildeten Soldaten sind das Herz und der Verstand der Armee.156) Immer wieder weist die Kölnische Zeitung auf die Vorbildhaftigkeit der Soldaten aus den Bildungsschichten hin.157) Sie verstärken nicht nur den Kampfgeist der Truppe, sondern tragen auch dazu bei, daß die Disziplin jederzeit aufrechterhalten bleibt. „Bei der allgemeinen Bildung, die im preußischen Heere herrscht", sind Verstöße gegen die Disziplin zwar ohnehin nicht zu erwarten, sollten sich jedoch „einzelne rohe Subjecte" eine „solche Ungebühr erlauben, so würden ihre mehr gebildeten Kameraden sehr energisch dagegen auftreten und sie schon gebührend zurückweisen"158). So ist auch eine der größten Stärken der preußischen Armee, die „feste, unbeugsame Disciplin", die all ihre „Glieder [...] durchdringt"159), vor allem dem Einfluß der Gebildeten zu verdanken. Wahre Disziplin nämlich entspringt nicht „mechanischem Gehorsam, sondern aus richtiger Selbsterkenntniß hervorgehender Pflichttreue"160). Diese Selbsterkenntnis wird durch Bildung ermöglicht. Der niedrige Bildungsstand der österreichischen Armee ist deshalb mit gleichem Recht für ihre schlechte Disziplin verantwortlich zu machen, wie das hohe Bildungsniveau im preußischen Heer dessen vorbildliches Betragen bedingt: Es ist bekannt, daß in Oesteneich das Volksschulwesen von jeher absichtlich auf das ärgste vernachlässigt wurde [...]. In Folge der Conscription [...] und Erlaubniß, für Geld einen Stellvertreter kaufen zu dürfen, besteht aber die große Mehrzahl der k. k. Soldaten aus den ärmsten, rohesten ungebildetsten jungen Burschen [...]. Wie vortrefflich bewährt sich [dagegen] das System der allgemeinen Wehrpflicht, das alle Preußen ohne Ausnahme des Ranges und Reichthumes unter die Waffen ruft und den Heeresdienst nicht als eine Last [...], sondern als eine Ehrenpflicht für alle ohne Ausnahme betrachtet. [Der Sieg Preußens] ist der Sieg der Intelligenz und der Bildung, getragen durch das Princip der unbedingten Wehr-

pflicht.161) Die

allgemeine Wehrpflicht in Preußen verhindert den Freikauf der gebildeten

Klassen, den das österreichische Konskriptionssystem ermöglicht; in Verbin-

dung mit einem mangelhaften Schulsystem führt dies zu einem verhängnisvollen geistigen Tiefstand in der kaiserlichen Armee. Preußen spielt dagegen seine allgemeine Schulpflicht und sein leistungsfähiges Bildungswesen aus, deren positive Resultate von der Armee vollständig genutzt werden können, weil das ,Princip der unbedingten Wehrpflicht' keine Freistellungen duldet. Die Kölnische Zeitung stellt aber nicht nur die Vorzüge der preußischen Wehrpflichtigenarmee gegenüber dem Konskriptionssystem heraus, sie grenzt die preußische 156) In diesem Sinne auch E.A.R., Scenen und Bilder aus Feld- und Lagerleben (Teil Die Gartenlaube 1866, S. 454; N.N., Opfer vom Felde der Ehre, in: ebd., S. 493. 157) Siehe auch KZ, 27. 6. 1866, Nr. 177, S. 1 f.; KZ, 7. 7. 1866, Nr. 187, S. 1. is8) KZ, 9. 7. 1866, Nr. 189, S. 2. 159) KZ, 21.7. 1866, Nr. 201, S. 2. 160) Ebd. 161) Ebd.

4), in:

154

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

auch positiv von einem reinen Volkswehrsystem ab. Hier auch die Bildungsschichten in der Armee vertreten, doch es fehlte an der Disziplin, die nur durch eine längere Ausbildung und durch straffe Führung zu gewährleisten ist: „Wenn man jetzt in Süddeutschland von Volkswehren und Volksbewaffnung schwatzt, so ist dies baarer [sie] Unsinn, denn alle solche Volkswehren, denen die erste Basis des Soldatenstandes, die feste, unbeugsame Disciplin, fehlt, würde das geringste preußische Corps, wie es jetzt beschaffen ist, mit leichter Mühe wie Spreu aus einander treiben"162). Der preußische Staat besitzt das „wahre Völksheer"; „alles, was da die Schwaben von Volksheer faseln, ist nur dummes Zeug", weil die „schwäbischen und baierischen Volksheere" keine „Disciplin und Zucht und Ordnung" kennen, weil dort „Jedermann thun kann, was er will, und der größte Schreier und Maulaufreißer auch das größte Ansehen hat"163). Das preußische „Volk in Waffen"164) hingegen ordnet sich den festen Kadern des stehenden Offizierkorps bei und unterstellt sich vorbehaltlos der zentralen Leitung von Staat und Armeeführung. Auch das volkstümlichste Element der preußischen Armee, die seit dem Heereskonflikt so umstrittene Landwehr, fügt sich ohne Murren in die reibungslos funktionierende Militärmaschine ein; wenn es Klagen von Seiten der Landwehrsoldaten gibt, dann beziehen sie sich höchstens darauf, daß man gerne häufiger an vorderster Front zum Einsatz käme. „Man hat bisher mit vollem Rechte die Landwehr möglichst in Reserve zu halten und noch nicht in das Gefecht zu bringen gesucht", führt die Kölnische Zeitung am 9. Juli aus, „weil es nicht allein aus Humanitäts-Rücksichten ungleich härter, sondern auch in national-ökonomischer Hinsicht für den Staat viel verlustreicher ist, wenn viele verheirathete Landwehrmänner, als wenn unverheirathete Liniensoldaten fallen"165). Nur die Landwehreinheiten selber sind mit dieser Maßnahme unzufrieden; dieses „Zurückbleiben" hat „schon wiederholt den Unwillen der Landwehr-Schwadronen und Bataillone erregt, und sie haben Bitten deßhalb eingereicht, daß sie eben so wie die Linie behandelt und gleich dieser in das erste Treffen gestellt werden möchten"166). Die Staatsräson gebietet jedoch die Schonung der Landwehr -jeder Soldat muß sich diesem übergeordneten Inter-

Heeresverfassung wären

esse

zwar

fügen.

i«) Ebd. 163) KZ, I. 7. 1866, Nr. 181, S.

1. Auch die Vossische

Zeitung, die den Krieg ansonsten

nur

sehr zurückhaltend kommentiert, betont ausdrücklich den Zusammenhang von Intelligenz und Disziplin der preußischen Truppen; der „stoische Muth", der „ruhig den Tod erwartet wie 1813 das Landwehrbataillon auf der Wiese von Wartenburg", wurzelt in der „moralischen Grundlage" des preußischen Soldaten und „in seiner Intelligenz" (Vossische Zeitung,

21.6. 1866, Nr. 141 [Beilage], S. 3). i64) KZ, 1.7. 1866, Nr. 181, S. 1. 165) KZ, 9. 7. 1866, Nr. 189, S. 2. 166) Ebd.

2. Der deutsche

Krieg von

1866

155

Der positive Einfluß der Gebildeten auf die gesamte Armee besteht aber nicht nur darin, daß die Motivation und die Disziplin der Trappe verbessert werden. Auch der Stil, auch das öffentliche Erscheinungsbild des Heeres erfahren eine deutliche Aufwertung. Die Kenntnisse und Fähigkeiten der gebildeten Soldaten tragen dazu bei, das Ansehen der preußischen Armee insgesamt zu heben. Damit wird der Sache Preußens ein großer Dienst erwiesen, denn die Sympathien, die der Armee der Hohenzollern entgegengebracht werden, können sich sehr schnell auch auf den preußischen Staat übertragen. Die Kölnische Zeitung berichtet von einem typischen Fall für eine solche Imagewerbung, der sich nach der Besetzung Sachsens durch preußische Truppen ereignete. In den Hotels und Cafehäusern von Dresden sorgten die gebildeten Soldaten mit ihrem kultivierten Auftreten für Verblüffung: waren die 7. Königs-Husaren in ihrer einfach-dunklen, kleidsamen Uniform, echte Rheinländer, die früher stets in Bonn in Garnison gestanden hatten und nun ihre Rosse, statt im grünen Rheine, in der schmutzig-braunen Elbe tränkten. Manche vornehme und reiche

Da

einjährige Freiwillige dienten in diesem Regimenté, und die dresdener Hoteliers machten anfänglich erstaunte Gesichter, wenn so gemeine Husaren in ihren bestaubten Stalljacken, groben, mit Schmierleder besetzten Reithosen sich ohne Scheu in die elegantesten Restaura-

tions-Säle setzten [...]. Solche Art von Soldaten hatten diese dresdener Hoteliers noch nicht gesehen, und es gewährte wirklich einen komischen Anblick, wie die eleganten, parfumirten und frisirten Oberkellner in ihren schwarzen Fracks gar geschmeidig vor diesen staubbedeckten Reitern kratzfüßelten [...]. [Man] sah häufiger in den Restaurationen angesehene Männer mit preußischen Soldaten an denselben Tischen sitzen, als [man] dies früher jemals mit sächsischen Soldaten gesehen hatte. Es ist dies natürlich; denn in Folge des Stellvertretungs-Systems dienen im sächsischen Heere nur Leute aus den ärmsten Ständen, welche sich keinen Stellvertreter kaufen können, während bei den Preußen, Dank sei es der allgemeinen Wehrpflicht, alle Classen des Volkes vereinigt sind.167)

Statt rüpelhafter Mannschaften und arroganter Offiziere treten auf preußischer Seite „manierlichfe] und gebildete]"168) Soldaten in Erscheinung, deren Kultiviertheit auch von der staubigen Uniform des einfachen Wehrpflichtigen nicht verdeckt werden kann. Diese Soldaten .erobern' nun auch die Restaurants und Cafehäuser, jene Orte also, an denen in der bürgerlichen Vorstellungswelt bislang vor allem die geckenhaften Offiziere alter Prägung dem Müßiggang gefrönt hatten. Wo vormals der arrogante Leutnant promeniert und rodomontiert hatte, gibt jetzt der uniformierte Bürger den Ton an. Dieser Bürgersoldat ist auch für .angesehene Männer' ein interessanter Gesprächspartner. In Sachsen kannte man einen solchen Soldatentypus bisher noch nicht, weil das Konskriptionssystem im eigenen Lande nur die .ärmsten Stände' in der Armee versammelte. Nun aber ist man beeindruckt von den „gewandten preußischen Soldaten", zu denen vor allem das „weibliche Geschlecht" eine „lebhafte Zuneigung"169) gefaßt hat auch die Frauenherzen, die bislang vermeintlich in so -

167) KZ, 27. 6. 1866, Nr. 177, S. i68) Ebd., S. 2. 169) Ebd.

1 f.

156

III. Der bürgerliche Kommentar zu den

Kriegen von

1864 und 1866

bevorzugter wie ungerechter Weise den Offizieren zuflogen, haben inzwischen für die gebildeten Wehrpflichtigen zu schlagen begonnen.

Gewiß waren vor allem taktische Gründe dafür verantwortlich, daß die Kölnische Zeitung die preußische Armee in dieser Weise stilisierte. Die Herausstreichung des bürgerlichen Anteils an den preußischen Waffenerfolgen sollte die Krone zu verfassungs- und nationalpolitischen Zugeständnissen an die Liberalen bewegen. Die Mitwirkung der bürgerlichen Kräfte im Heeresverband wurde zum Modell für ihre erhoffte Mitwirkung im staatlichen und politischen Leben erklärt. So wichtig diese Motive waren, so wenig sind sie jedoch allein ausschlaggebend gewesen. Viele bürgerliche Kommentatoren waren tatsächlich in höchstem Maße von den Leistungen des preußischen Heeres beeindruckt. Es scheint nicht übertrieben zu behaupten, daß der politische Kurswechsel, der zur Gründung der nationalliberalen Partei führte, in nicht unwesentlichem Maße auch durch die Kriegserfahrung ausgelöst wurde. Damit ist mehr gemeint als nur die Verbeugung vor der Tatsache des Erfolges. Die Leistungsfähigkeit der Armee verbürgte vielmehr eine Handlungsbereitschaft und Modernität des preußischen Staates, die in den Augen vieler Beobachter keinen Zweifel mehr daran ließ, daß diesem Staat die Zukunft gehörte.170) Wer die diplomatischen, organisatorisch-administrativen und technischen Leistungen vollbringen konnte, die nötig waren, um einen Krieg dieser Größenordnung in wenigen Wochen mit überragendem Erfolg zu Ende zu führen, der konnte auch eine politische Führungsrolle für sich beanspruchen. Nur ein bestens funktionierender Staat war imstande, einen so hervorragend arbeitenden Militärapparat in Gang zu setzen. Oder, in den Worten Heinrich von Treitschkes: Seine „Kanonen" lassen die „Tüchtigkeit unseres Staates zu Tage"171) treten. Treitschke gehörte zu denjenigen Liberalen, die schon 1864 von der Durchschlagskraft der preußischen Macht- und Gewaltpolitik fasziniert waren. Der Gegensatz von Machtpolitikern und Prinzipienpolitikern, der bereits während des Konflikts um Schleswig-Holstein das liberale Lager gespalten hatte, brach auch im Sommer 1866 wieder auf. Während die Mehrheit der Liberalen im preußischen Abgeordnetenhaus auf dem Rechtsstandpunkt beharrte und der

17°) Hermann Baumgarten hat in seiner epochemachenden „Selbstkritik" des deutschen Liberalismus die Feier des preußischen Heeres in ähnlicher Form ausgeweitet. Indem der Adel nachweist, daß er ein notwendiger Bestandteil der Armee ist, zeigt er auch die vorzügliche Organisation des preußischen Staates auf, in dem die Aristokratie ebenfalls eine Führungsrolle einnimmt. „Nachdem wir gesehen haben, daß diese viel geschmähten Junker für das Vaterland zu kämpfen und zu sterben wissen", können wir die Liberalen dem „Adel" auch getrost „die oberste Staatsleitung überlassen" (Hermann Baumgarten, Der deutsche Liberalismus. Eine Selbstkritik [1866], Frankfurt/M. u.a. 1974, S. 146 u. 46). Die „Arbeitsteilung" (ebd., S. 46) zwischen Aristokratie und Bürgertum führt in der Armee zu ebenso glänzenden Resultaten, wie sie auch im staatlich-politischen Bereich möglich sind der Krieg rechtfertigt den Aufbau des Staates. m) Heinrich von Treitschke, (Brief v. 4.7. 1866 an Gustav Freytag), in: Heinrich von Treitschke, Briefe, Bd. 3, Leipzig 1917/1920, S. 12. -

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2. Der deutsche

Krieg von

1866

157

Regierung, allerdings ohne praktische Konsequenzen, die Mittel zur Führung des Krieges verweigerte, wuchs die Fraktion der Befürworter der Bismarckschen Machtpolitik stetig an. Diese Fraktion warf auch die Vorbehalte gegenüber der Heeresreform schrittweise über Bord, die von den Prinzipienpolitikern, gekoppelt an das grundsätzliche Mißtrauen gegenüber Bismarck und der Krone, immer noch verworfen wurde. Ob die neuen Nationalliberalen die Hee-

resreform letztlich akzeptierten, weil sie zu einem vorbehaltlosen Bündnis mit der Regierung bereit waren, das auch eine militärpolitische Kehrtwende einschloß, oder ob nicht vielmehr in umgekehrter Reihenfolge die Einsicht in die Leistungsfähigkeit der Armee und damit auch des hinter dieser Armee stehenden Staates die Annäherung dieser Gruppe an Bismarck herbeiführte, bleibt eine offene Frage. Diese Frage einseitig zugunsten der erstgenannten Option zu beantworten, hieße in jedem Fall, die Wirkungsmächtigkeit der Kriegserfahrang für die liberalen Beobachter zu gering zu veranschlagen. Während der deutsche Krieg des Jahres 1866 in Süddeutschland also zu einer neuerlichen Konjunktur der Kritik am stehenden Heerwesen mit gleichzeitiger Forderung nach der Einrichtung eines Vblkswehrsystems führte, war in Preußen ein neuer Trend zu beobachten: der Trend zur radikalen Vereinnahmung nicht nur der preußischen Siege, sondern auch des preußischen Wehrsystems durch große Teile der bürgerlichen Öffentlichkeit. Im Krieg um Schleswig-Holstein zwei Jahre zuvor hatte es zwar auch schon den Versuch gegeben, die Siege der preußischen Armee an die eigenen Fahnen zu heften, indem man den bürgerlichen Anteil am Gelingen des Feldzugs herausstellte, doch dieser Anteil wurde vorrangig an der Unterstützung des Heeres durch die Heimat und an der tragenden Funktion der bürgerlichen Schichten für den gesamten preußischen Staat festgemacht. Versuche zu einem Hineinkonstruieren der bürgerlichen Kräfte in die Armee selbst, in ihre Organisation und ihre Art und Weise der Kriegführung, blieben Mangelware; wenn die Kölnische Zeitung der .bürgerlichen Artillerie' das Hauptverdienst an der Erstürmung der Düppeler Schanzen zuerkannte, dann war dies einer der ebenso seltenen wie wenig überzeugenden Ansätze in dieser Richtung. Die Heeresreform hatte die Armee der bürgerlichen Öffentlichkeit entfremdet; sie konnte als Mittel zum Zweck der Erreichung von Zielen gelobt werden, die auch den Interessen der Liberalen nahekamen, aber der Zweck blieb hierbei stets dem Mittel vorgeordnet: Der konkrete Aufbau der Armee wurde entweder gar nicht thematisiert, oder man rückte, eher an den eigenen Wünschen als an der Wirklichkeit orientiert, nur ihre traditionellen volkstümlichen Elemente in den Vordergrund. Zu stark war noch die Skepsis gegenüber der neuen Heeresverfassung ausgeprägt, die aus dem preußischen Vblksheer eine Junkerarmee machen wollte. Auch 1866 war diese Skepsis noch vorhanden. Daneben aber wurden die Stimmen immer zahlreicher und immer lauter, die in der preußischen Armee den Idealtypus eines durchschlagskräftigen modernen Massenheeres erkennen wollten. Dieses Heer profitierte in entscheidendem Maße von den gebildeten Soldaten, die ihm

158

III. Der bürgerliche Kommentar

zu

den

Kriegen von

1864 und 1866

Wehrpflichtsystem zugeführt wurden. Die Gebildeten aus dem Bürgerstande brachten Intelligenz und Selbständigkeit, hohe Motivation und gesellschaftlichen Schliff in den Militärapparat ein. Von diesem Beitrag der Bildungsschicht sollte auch das Volkswehrsystem profitieren, das in Süddeutschland lautstark gefordert wurde; hier allerdings fehlten angestammte militärische Tugenden wie Unterordnung, Pflicht und Gehorsam, für deren Aufrechterhaltung in der preußischen Armee das alte, in der friderizianischen Tradition stehende Offizierkorps sorgte. Nur die Kanalisierung der aus der Gesellschaft hervorwachsenden Kräfte in einem von starken Kadern zusammengehaltenen Militärsystem, nur die zentrale Lenkung dieser Kräfte durch den Staat konnte die volle Leistungskraft des Heeres garantieren. Die Verbindung von Königs-

durch das

und Volksarmee sicherte genauso ein Maximum an militärischer Effizienz, wie sie umgekehrt auch modellhaft für die politische Versöhnung von Krone und Volk, von Regierung und Opposition einstehen konnte.

IV. Der deutsch-französische Krieg 1870/71 und das Engagement der Bildungsbürger Der Frankreichfeldzug von 1870/71 führte innerhalb weniger Monate die nationale Einheit Deutschlands herbei.1) Eine Spaltung der öffentlichen Diskussion, wie noch im Jahre 1866, gab es diesmal nicht; weil man aufgrund der französischen Kriegserklärung ohnehin in Napoleon III. den eindeutigen Aggressor erkennen zu können glaubte, lautete die fast einhellige Meinung, daß man sich gegenüber einem französischen Überfall geschlossen zur Wehr setzen müsse. Nur wenige Partikularisten und Ultramontane widersprachen hier.2) Diese kritischen Stimmen, die entweder für Neutralität plädierten oder daran erinnerten, daß man von Frankreich möglicherweise mehr Gutes zu erwarten habe als von Preußen, wurden allerdings sehr schnell durch Zensurmaßnahmen oder durch Gewaltandrohungen der Kriegsbefürworter zum Schweigen gebracht.3) Als sich die Regierungen der süddeutschen Länder endgültig für den Kriegseintritt an der Seite des Norddeutschen Bundes entschieden hatten, gab es in ganz Deutschland praktisch keinen Raum für die öffentliche Artikulation

dieser Auffassungen

mehr.4)

') Zu den politischen Abläufen zusammenfassend Anselm Doering-Manteuffel, Die deutsche Frage und das europäische Staatensystem 1815-1871, München 1993, S. 100ff.; zum militärischen Geschehen Der Deutsch-Französische Krieg 1870-71. Redigirt von der kriegsgeschichtlichen Abtheilung des großen Generalstabes. Erster Theil: Geschichte des Krieges bis zum Sturz des Kaiserreichs, 2 Bde.; Zweiter Theil: Geschichte des Krieges gegen die Republik, 3 Bde.; Berlin 1874-1881; die Beiträge in Wolfgang von Groote/Ursula von Gersdorff (Hgg.), Entscheidung 1870. Der deutsch-französische Krieg, Stuttgart 1970; Michael Howard, The Franco-Prussian War. The German Invasion of France, 1870-1871, London/New York 1981 ; aus französischer Sicht André Guerin, La folle guerre de 1870, Paris 1970; Stéphane Audoin-Rouzeau, 1870. La France dans la Guerre, Paris 1989; François Roth, La Guerre de 1870, Paris 1990. 2) Auch bei den Katholiken, bei denen nach der Erfahrung von 1866 noch am ehesten Skepsis zu erwarten gewesen wäre, mußte schon eine ultramontane und eine partikularistische Einstellung zusammenkommen, um tatsächlich eine kritische Haltung zu provozieren. Praktisch nur bei einigen bayerischen Zeitungen war diese Konstellation gegeben. Karl-Georg Faber weist z.B. auf die „Historisch-politischen Blätter für das katholische Deutschland" und das „Wochenblatt für die bayerischen Patrioten" hin, die einhellig darauf bestanden, daß Deutschland nur bei Einbeziehung Österreichs eine Nation sein könne. Außerdem sei Frankreich grundsätzlich im Recht, weil es sich gegen die Umklammerung durch ein preußischspanisches Hohenzollern-Imperium um jeden Preis zur Wehr setzen müsse. Bayern solle sich in diesem Konflikt neutral verhalten. Das „Wochenblatt" wurde schon im Oktober 1870 verboten (Karl-Georg Faber, Die nationalpolitische Publizistik Deutschlands von 1866 bis 1871, Bd. 2, Düsseldorf 1963, S. 653). 3) Ludwig Bauer (Hg.), Der Deutschen Hochschulen Antheil am Kampfe gegen Frankreich, Leipzig 1873, S. 274. 4) Gerade im Falle Bayerns war diese Entscheidung nicht so selbstverständlich, wie nach

160

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

Insgesamt war die Stimmung in den deutschen Städten überwiegend positiv, soviel ist unbestreitbar, auch wenn die Berichte von regelrechten Jubelstürmen, welche die durchziehenden deutschen Truppen auf dem Wege nach Frankreich begleitet hätten, teilweise nur Übertreibungen und Wunschprojektionen gewesen sein mögen.5) Im Gegensatz zum Sommer 1866 jedenfalls, als das bürgerliche Lager noch in der Hauptsache Friedensresolutionen an den König von Preußen sandte, war die Grundhaltung nun ausgesprochen kriegsfreudig.6) Die beiden großen bürgerlichen Parteien im Norddeutschen Reichstag, Fortschrittspartei und Nationalliberale Partei, wandten sich mit Adressen an die Öffentlichkeit, in denen sie König Wilhelm ihrer unverbrüchlichen Gefolgschaft versicherten.7) Dieser Krieg sei auch der Krieg der Liberalen sein Ziel die nationale Einheit, der Kriegsgegner das als Erbfeind geltende Frankreich. Nur die Fortschrittspartei machte eine kleine Einschränkung, indem sie einmal mehr -

ihre aus der Debatte um die Heeresreform bekannte Kritik an der „militärischen Dressur" und der „übermäßigen Dienstzeit"8) wiederholte. Gegen die nationalliberale Realpolitik spielte der Fortschritt seine Prinzipientreue aus. In Bayern setzte sich die Diskussion um die Heeresverfassung bis zum Vorabend des deutsch-französischen Krieges fort. Noch wenige Tage vor Kriegs-

dem Krieg gerne behauptet wurde. Die Patrioten setzten sich in der Abgeordneten-Kammer für die Neutralität Bayerns ein und konnten von den Liberalen nur mit Mühe überstimmt werden. König Ludwig II. wurde von Bismarck mit Geschenken gefügig gemacht. Zur Zwiespältigkeit der Haltung Bayerns bereits Karl Albert Weidemann, Der deutsch-französische Krieg 1870-1871, Saalfeld 1871, S. 18; ebenso Ottokar Lorenz, Kaiser Wilhelm und die Begründung des Reichs 1866-1871, Jena 21902, S. 288. 5) Hans Wachenhusen schätzte sogar die Stimmung in Berlin als ,bleiern' ein (Hans Wachenhusen, Aus bewegtem Leben. Erinnerungen aus dreißig Kriegs- und Friedensjahren, Bd. 2, Straßburg 1890, S. 262); der Rittmeister von Klenck stellte die gleiche Beobachtung in Dresden an (W. von Klenck, Kriegs-Tagebuch, Dresden 1895, S. 1). Wilhelm Zimmermann berichtet von einer geradezu ,angstbedrückten' Stimmung in der bayerischen Pfalz hier war die Furcht vor einer französischen Invasion besonders groß (Wilhelm Zimmermann, Deutschlands Heldenkampf 1870-1871, Stuttgart 1873, S. 108; in der Forschung Erich Schneider, Die Reaktion der deutschen Öffentlichkeit auf den Kriegsbeginn. Das Beispiel der Bayerischen Rheinpfalz, in: Philippe Levillain/Rainer Riemenschneider [Hgg.], La Guerre de 1870/71 et ses conséquences, Bonn 1990, S. llOff.). Auch nach dem Krieg war der Jubel keineswegs universell, wenn man dem thüringischen Artillerieoffizier Pfeiffer glauben darf, der von einem ausgesprochen kühlen Empfang seines Regiments in Hessen erzählt und dafür die .alten Ressentiments' verantwortlich macht (A. Pfeiffer, Kriegs-Erlebnisse eines Festungs-Artilleristen bei der Belagerung von Straßburg, Beifort und vor Paris, Magdeburg 1912, S. 78 f.). 6) So etwa das Gesamturteil von Robert von Mohl, Lebenserinnerungen (1799-1875), Bd. 2, Stuttgart/Leipzig 1902, S. 324. 7) Die beiden Adressen sind abgedruckt bei Friedrich Dörr, Der Deutsche Krieg gegen Frankreich im Jahre 1870, Bd. 1, Berlin 1870, S. 99 ff; Dörr behauptet, daß der Aufruf der Nationalliberalen in .vielen Tausenden von Exemplaren' an das .deutsche Volk versandt' worden sei (ebd., S. 99). 8) Zitiert nach Wilhelm Zimmermann, Deutschlands Heldenkampf 1870-1871, Stuttgart 1873, S. 81. -

IV. Der

Krieg

1870/71 und das Engagement der Bildungsbürger

161

ausbrach forderte der demokratische Abgeordnete Kolb, der schon im Juni und Juli 1866 als Kolumnist der Frankfurter Zeitung für die Volksbewaffnung in Süddeutschland plädiert hatte, in der bayerischen Kammer die Einführung des Milizsystems.9) Am 13. Juli führte er in der Debatte um den Militäretat aus, daß ein Milizsystem „weit" davon „entfernt" sei, das „Volk wehrloser zu machen", sondern es im Gegenteil „in weit ausgedehnterem Maße wehrhaft" mache, „indem jeder junge Mann durch dasselbe waffengeübt werde, ohne aufzuhören, Bürger zu sein, während er im stehenden Heere aufhöre, Bürger zu sein, so lange er Soldat sei"10). Zwar stand Kolb mit dieser Position weitgehend allein11), doch sein Engagement belegt, daß die klassische Argumentation gegen das stehende Heerwesen noch in der Julikrise des Jahres 1870 fortwirkte. Die wenigen Demokraten, die fast als einzige Repräsentanten des bürgerlichen Lagers dem Krieg von Anfang an skeptisch gegenüberstanden und nach dem Regierungswechsel in Frankreich einen sofortigen Friedensschluß forderten12), sahen sich mit dieser Auffassung in die Nähe der sozialistischen Organisationen gerückt; die 1870 in Deutschland erst keimhaft entwickelte Arbeiterbewegung stand dem Krieg teils beifällig, teils ablehnend gegenüber. Lassalles ADAV sah zunächst den Fortschritt auf Seiten Deutschlands, das sich zum Nationalstaat fortentwickeln wollte; die Abgeordneten um Wilhelm Schweitzer stimmten folglich im Juli 1870 der Bewilligung von Kriegskrediten zu.13) Nach der Schlacht bei Sedan allerdings erzwang die Geschichtstheorie des Arbeitervereins eine neue Interpretation der Ereignisse; nun stand die französische Republik einem Bündnis von Fürstentümern und Monarchien gegenüber, das sich zudem mit Annexionsabsichten trag Grand genug, sich nun zugunsten des fortschrittlicheren Frankreich auszusprechen, was einigen ADAVlern Zuchthausstrafen eintrug.14) Nicht besser erging es etlichen Mitglieder der SDAP;15) Bebel und Liebknecht hatten sich im Norddeutschen Reichstag bei der Abstimmung über die Kriegskredite von vornherein der Stimme enthalten, -

9) [ ] Patzig, Die Nationalliberale Partei stehens, Leipzig 1892, S. 56. 10) MNN, 15. 7. 1870, Nr. 196, S. 1.

1867-1892. Zum Gedächtnis ihres

25jährigen Be-

") MNN, 17. 7. 1870, Nr. 198/99, S. 2. 12) Gustav Rümelin, Rede zur Feier des Geburtstags des deutschen Kaisers [1874], in: ders., Reden und Aufsätze, Tübingen 1875, S. 202; Rümelin bezeichnet diese Demokraten ausdrücklich als ein .Häuflein', dessen Größe also keineswegs überschätzt werden darf. 13) Heinz Beike, Die deutsche Arbeiterbewegung und der Krieg von 1870/1871, Berlin 1957, S. 24.

14) Ebd., S. 68

u. 73; Andrew Bonnell, Between Internationalism, Nationalism and Particularism: German Social Democrats and the War of 1870-71, in: Australian Journal 1992, S. 381. 15) Beike, Die deutsche Arbeiterbewegung, S. 60.

162

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

weil sie keine der beiden reaktionären' Mächte in diesem .chauvinistischen'

Krieg unterstützen wollten.16) Die Zusammenarbeit, welche die bürgerlichen Parteien dem Preußenkönig anboten, wurde von der Regierung dankbar angenommen. Auch Bismarck wollte sich der Unterstützung durch die nationalen Kräfte versichern, um auf

diesem Wege seine politischen Ziele wirkungsvoller verfolgen zu können.17) Damit war einerseits der Sieg über den Kriegsgegner Frankreich gemeint, der leichter zu erreichen schien, wenn der Funke der nationalen Begeisterung in den deutschen Heeren zündete, andererseits aber auch der parallel laufende Einigungsprozeß Deutschlands, bei dessen Durchsetzung die nationalen Kräfte die Regierungen der deutschen Einzelstaaten noch zusätzlich unter Druck setzen konnten. Viele demonstrative Handlungen in der Öffentlichkeit, viele Formen symbolischer Politik sollten während der Julikrise die nationale Einheit Deutschlands betonen. Die Rückreise des Königs von Bad Ems nach Berlin führte ihn über Kassel und Hannover, die Hauptstädte zweier 1866 annektierter Staaten; ein hervorragender Anlaß, um in der Presse auf das Verschwinden der antipreußischen Ressentiments hinzuweisen, um zu konstatieren, daß dem König auf allen Bahnhöfen ein begeisterter Empfang bereitet worden sei, der die Identifikation auch der Hessen und Hannoveraner mit der vom Preußenkönig verkörperten nationalen Sache beweise.18) Der Kronprinz von Preußen, der mehr noch als der alte König für die Zukunft Deutschlands stand, lud die Könige von Bayern und Württemberg sowie den Großherzog von Baden ein, die Taufpatenschaft für seine neugeborene Tochter zu übernehmen;19) ein symbolischer Akt, der in geradezu idealer Weise die gemeinsame Vaterschaft der deutschen Fürsten für das künftige Deutschland zum Ausdruck brachte. Folgerichtig übernahm der Kronprinz auch den Oberbefehl über die Dritte Armee, die am Oberrhein, also auf dem südlichsten Abschnitt der deutschen Aufmarschlinie operierte und aus den Kontingenten der süddeutschen Länder so-

16) Ebd.,

S. 22; Bonneil, Between Internationalism, Nationalism and Particularism, S. 379.

Engels, der den Krieg von London aus beobachtete und für die Pall Mall Gazette kommentierte, legte ein ähnliches Schema zugrunde. In der ersten Kriegsphase sah er den Fortschritt auf Seiten Deutschlands, das seine nationale Einigung vollziehen wollte, in der zweiten Kriegsphase hingegen sympathisierte er ebenso wie Karl Marx mit der französischen Republik und ihren Volksheeren (Jehuda L. Wallach, Die Kriegslehre von Friedrich Engels, Frankfurt/M. 1968, S. 42; Joachim Hoffmann, Der Volkskrieg in der Sicht von Marx und Engels, in: Wolfgang v. Groote/Ursula v. Gersdorff [Hgg.], Entscheidung 1870. Der deutsch-französische Krieg, Stuttgart 1970, S. 216ff; Wolfram Wette, Kriegstheorien deutscher Sozialisten. Marx, Engels, Lassalle, Bernstein, Kautsky, Luxemburg. Ein Beitrag zur Friedensforschung, Stuttgart u.a. 1971, S. 83ff.). 17) Zur Instrumentalisierung der Nationalbewegung durch Bismarck siehe Lothar Gall, Europa auf dem Weg in die Moderne 1850-1890, München/Wien 1984, S. 44 ff. 18) So zum Beispiel W. Waegner, Deutschlands Ehrentage. Schilderung des deutsch-französischen Krieges im Jahre 1870, Darmstadt 1870, S. 36. 19) G. Weitbrecht, Deutschlands Kampf gegen Frankreich 1870-71, Stuttgart 31888, S. 10. Friedrich

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

163

wie preußischen Verbänden zusammengesetzt war.20) Diese ,deutsche' Armee führte Trappen zusammen, die sich vier Jahre zuvor noch feindlich gegenübergestanden hatten.21) Als der Kronprinz vor seinem Abgang zur Armee in München weilte, besuchte er in Gesellschaft des Königs von Bayern eine Aufführung von Schillers „Wallenstein";22) gemeinsam verneigte man sich vor dem Heros der bürgerlichen Nationalkultur, um auf diesem Wege das Bündnis mit der Nationalbewegung zu bekräftigen. Die Armee, die im Juli 1870 ins Feld gestellt wurde, unterschied sich nur unwesentlich von den Trappen, die 1866 den Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland ausgefochten hatten. Die Truppen des Norddeutschen Bundes waren gemäß der seit den frühen sechziger Jahren vorangetriebenen preußischen Heeresreform organisiert; diese Organisationsform war zwar durch die Militärkonventionen der Jahre 1867-70 auch auf die Heere der süddeutschen Länder übertragen worden, doch der Zeitraum bis zum Sommer 1870 war zu kurz, um hier bereits entscheidende Veränderungen zu erlauben. In vielerlei Hinsicht kämpften unter den Fahnen Süddeutschlands noch die alten Konskriptionsarmeen, die 1866 gegen Preußen die Waffen geführt hatten; nun marschierten sie an dessen Seite gegen Frankreich auf. Die unverkennbare Tendenz zu einer Industrialisierung des Krieges, vor allem durch die Neuerungen im Bereich von Transport und Kommunikationstechnik Eisenbahn und Télégraphie ausgelöst, fand in der zeitgenössischen Diskussion fast gar keinen Widerhall.23) Wenn Eisenbahn und Télégraphie -

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20)

Dabei verstand es der Kronprinz sehr geschickt, die militärisch weniger erfahrenen süddeutschen Truppen im Gefecht mit den leichteren Aufgaben zu betrauen, sie allerdings bei repräsentativen Anlässen, so zum Beispiel bei der Bildung einer ,Königswache' für den bei der Dritten Armee weilenden Vater, in bevorzugter Weise zu berücksichtigen. Klar durchschaut und .selbstironisch kommentiert wurden diese Vorgänge von dem württembergischen Oberleutnant Georg Niethammer (Feldzugsbriefe von G. N. an seine Mutter. Nach dem Tod des Verfassers herausgegeben, Stuttgart 1890, S. 33). Daß der Partikularismus trotz aller Bemühungen der Verantwortlichen vielfach noch unter der Asche weiterglühte, hat Großherzog Friedrich I. von Baden in einem Brief vom 23. August 1870 an seinen Minister Jolly eingeräumt (Großherzog Friedrich I. von Baden und die deutsche Politik von 1854—1871. Briefwechsel Denkschriften Tagebücher, Bd. 2, Osnabrück 1966, S. 126 f.; ähnliche Beobachtungen schildert Edmund Pfleiderer, Erinnerungen und Erfahrungen eines Feldpredigers aus dem Krieg des Jahres 1870/71, Stuttgart 1874, S. 76f.). Die bayerischen Truppen fielen überdies häufig durch Disziplinlosigkeiten auf (Brief vom 13. 11. 1870, in: ebd., S. 173). 21) Setzt man die zahlenmäßige Stärke aller Landsmannschaften im gesamten deutschen Heer in Bezug, dann wird allerdings die überragende Dominanz der preußischen Verbände deutlich. C. Hottinger hat errechnet, daß auf 1000 deutsche Soldaten 778 Preußen, 91 Bayern, 53 Sachsen, 31 Badener, 29 Württemberger und 18 Hessen kamen (Chr. G. Hottinger, Der deutsch-französische Krieg 1870-71, Berlin l51910, S. 113). 22) Dörr, Der Deutsche Krieg gegen Frankreich, Bd. 1, S. 199. 23) So auch die Feststellung von Kühlich, Die deutschen Soldaten im Krieg von 1870/71, S. 17 f. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte eine Reflexion über den „Krieg im Eisenbahnund Telegraphen-Zeitalter" von A. Lammers, die in zwei Teilen in den Münchner Neuesten -

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164

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

erwähnt wurden, dann zumeist nur, um ihre perfekte Handhabung durch das deutsche Oberkommando herauszustreichen; das Lob galt hierbei aber der organisatorischen Leistung, nicht der Beschaffenheit der technischen Hilfsmittel selbst. Diese regelrechte Ausblendung der technisch-industriellen Seite des Krieges ist nicht leicht zu erklären. Ein möglicher Grand könnte in der Ungewöhnlichkeit der Neuerungen bestehen, in der Unvergleichbarkeit der hiervon ermöglichten Erfahrungen; das Unerhörte, das schwer zu Beschreibende wird lieber erst gar nicht thematisiert, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, neue Begriffe und Kategorien entwickeln zu müssen. Darüber hinaus gibt es gerade beim Sieger einen Widerstand dagegen, den Beitrag der Technik, womöglich der technischen Überlegenheit, zum militärischen Erfolg allzu sehr herauszustellen. „Nur" der Technik den Sieg zu verdanken, galt den Ehrvorstellungen des 19. Jahrhunderts schon fast als schnöde; es mußten die .menschlichen', die charakterlichen, moralischen und geistigen Leistungen gewesen sein, mit denen man sich gegen den Feind durchsetzte. Der Sieger sonnt sich gern in seinem Können, er möchte nicht daran erinnert werden, daß er möglicherweise nur bessere Maschinen benutzte. Schon 1866 wies die preußische Öffentlichkeit empört die Behauptung zurück, die Armee Moltkes habe ihre Siege nur dem Zündnadelgewehr zu verdanken.24) Nimmt man die gesamte öffentliche Diskussion in Deutschland während des Krieges von 1870/71 in den Blick, dann fällt ein deutlicher Stimmungsumschwung im Spätherbst 1870 auf. Dieser Umschwung bezieht sich keineswegs auf die grundsätzliche Einschätzung der politischen Ziele, der Armee oder der Kriegführung; es geht hier in der Tat nur um eine veränderte Stimmungslage, um ein Abflauen der Euphorie der ersten Kriegswochen.25) Nach den großen Nachrichten abgedruckt wurde (MNN [Unterhaltungs-Blatt], 6. 11. 1870, Nr. 89, S. 5-7 u. 10. 11. 1870, Nr. 90, S. 4—6). Lammers beschrieb hier vor allem den Beitrag der neuen Kommunikations- und Beförderungstechniken zur vermeintlichen Humanisierung des Krieges festgemacht etwa an der Reduzierung der Seuchengefahr durch den schnellen Wegtransport der Verwundeten von den Schlachtfeldern. Bemerkungen zur Förderung des technisch-industriellen Fortschritts durch Krieg und Militär finden sich auch bei Heinrich von Sybel, Das neue deutsche Reich [1871], in: ders., Vorträge und Aufsätze, Berlin 1874, S. 325, Ernst Haltaus, Das Kriegsbuch. Sammlung der einzelnen Erlebnisse, Stimmungen, Thaten und Leiden des deutschen Kriegsheeres aus dem französischen Kriege von 1870 und 1871, Bd. 5, Stuttgart 1875, S. 252f., sowie Johannes Scherr, 1870-1871. Vier Bücher deutscher Geschichte, Bd. 1, Leipzig 21880, S. 5f. 24) Auch bei den Militärs herrschte noch in den 1860er Jahren eine ausgesprochene Skepsis gegenüber technischen Neuerungen vor (Joachim Hoffmann, Wandlungen im Kriegsbild der preußischen Armee zur Zeit der nationalen Einigungskriege, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 5 [1969], S. 15 u. 17). Joachim Radkau berichtet in seiner Technikgeschichte sogar davon, daß Roon noch nach dem Krieg von 1870/71 die stählerne Artillerie wieder durch Bronzegeschütze ersetzen wollte (Joachim Radkau, Technik in Deutschland. Vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Frankfurt/M. 1989, S. 131). 25) Eberhard Kolb, Der Weg aus dem Krieg. Bismarcks Politik im Krieg und die Friedensanbahnung 1870/71, München 1989, S. 113ff.; als zeitgenössische Quellen Johannes Jans-

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

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Siegen über die Armeen des Kaiserreichs schien die Entscheidung herbeigeführt zu sein; die Fortsetzung des Krieges nach Sedan erschien nur noch wie eine lästige Pflicht. Der häßliche Krieg des Spätherbstes und Winters war überdies mit großen Verlusten verbunden; Verlusten, die das deutsche Oberkommando zwangen, seine anfängliche Zurückhaltung aufzugeben und in viel stärkerem Maße als 1864 und 1866 auch auf Reservisten und Landwehrmänner zurückzugreifen.26) Den ungefähr 300000 deutschen Soldaten, die im August 1870 die französische Grenze überschritten hatten, folgten im Verlauf des Krieges noch ca. 700000 Mann nach so daß insgesamt, wenn auch nicht zeitgleich, rund eine Million Soldaten in Frankreich eingesetzt wurden. Zur Zahl der Bildungsbürger, die am deutsch-französischen Krieg teilnahmen, gibt es keine Statistik. Weder das Generalstabswerk, das doch eigentlich beanspruchte, alle wesentlichen Aspekte des Krieges erfaßt und analysiert zu haben, noch die moderne sozialgeschichtliche Forschung können hier eine befriedigende Auskunft geben. Das mag daran liegen, daß die Kategorie des Gebildeten oder Bildungsbürgers erstens damals noch keine so große Rolle spielte und zweitens damals wie heute so schwer zu definieren ist. Die Gebildeten stellten zwar oftmals in ihrer Selbstwahrnehmung durchaus eine geschlossene Gruppe dar, doch in der Fremdwahrnehmung gerade ordnungssinniger Militärs war es sicherlich schwierig, Einjährig-Freiwillige mit mittlerer Reife, Abiturienten, Studenten sowie Reservisten und Landwehrmänner mit Hochschulabschluß zu einer einheitlichen Kategorie zusammenzufassen. Auch die moderne Sozialgeschichte tut sich mit einer solchen Kategorienbildung schwer obwohl der Schwerpunkt des Bildungsbürgertums eindeutig im akademischen Milieu verortet wird, muß doch zugestanden werden, daß die sozialen Ränder dieser Gruppe zur Aristokratie und zum Kleinbürgertum hin ausgefranst sind und eine stimmige Definition letztlich nur auf der Grundlage der gemeinsamen Kultur aller Gebildeten erreicht werden kann. Insofern ist jede Aussage über die Zahl der Bildungsbürger im Krieg von 1870/71 nur mit Vorbehalten möglich. Auch bei den verstreuten Hinweisen, die von zeitgenössischen Publikationen gegeben werden, lassen die Autoren in der Regel völlig offen, welche Personenkreise sie der Gruppe der Gebildeten zuschlagen. Von erfreulicher Eindeutigkeit ist allerdings die Studie von Ludwig Bauer, die sich ausdrücklich auf die deutsche Studentenschaft bezieht. Auch wenn Bauer den „Antheil" der „Deutschen Hochschulen" am „Kampfe gegen -

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Briefe, Bd. 2, Freiburg i.B. 1920, S. 399ff.; Johann Gustav Droysen, (Brief v. 18. 12. 1870), in: ders., Briefwechsel, Bd. 2, Osnabrück 1867, S. 897; Hugo Arnold, Unter General von der Tann. Feldzugserinnerungen 1870/71, Bd. 2, München 1896, S. 112f. 26) [ ] Hancke, Die Thätigkeit der Landwehr im Feldzuge 1870/71, in: Militär-Zeitung für die Reserve und Landwehr-Offiziere des Deutschen Heeres, Nr. 29ff. (1878/79), S. 335ff; sen,

Manfred Messerschmidt, Die politische Geschichte der preußisch-deutschen Armee, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1: Militärgeschichte im 19. Jahrhundert (1814-1890), München 1975, S. 277.

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IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

so der Titel seines Werkes, in schönfärberischer Absicht überzeichnet haben sollte, gibt es doch keinen Grand, die Zuverlässigkeit seiner Zahlenangaben zu bezweifeln. Bauer liefert eine Aufstellung zur Zahl der Kriegsteilnehmer an den einzelnen Universitäten und stellt dabei fest, daß insgesamt 4510 von 13 765 deutschen Studenten, also rund ein Drittel aller Eingeschriebenen, am Frankreichfeldzug teilnahmen.27) Da er bei einigen kleineren Universitäten sogar die Namen der Kriegsteilnehmer auflistet, dürfte eine Manipulation dieser Zahlen ausgeschlossen sein; zumal ein solches Vorgehen angesichts der kurzen zeitlichen Distanz zum Krieg und der genauen Kenntnis der einzelnen Universitäten von ihren Beurlaubten auch allzu riskant gewesen

Frankreich",

wäre.

Weniger zuverlässig dürften die Angaben sein, die der kriegsfreiwillige Oberprimaner Werner Jösting, nach dem Krieg Superintendent in Remscheid, in seinen Feldzugserinnerangen aus dem Jahre 1897 zu den preußischen Gymnasiasten machte, die im Jahre 1870/71 zu den Waffen gegriffen hatten. Jösting hatte die Zahlen nicht selber ermittelt, sondern einem öffentlichen Vortrag entnommen, dessen Glaubwürdigkeit keineswegs verbürgt war; außerdem blieb unklar, wie sich die einzelnen von Jösting zitierten Summanden von 1424 Not-

von der Schulbank weg einberufenen Rekruten und 629 Kriegsfreiwilligen zur Gesamtzahl von 3183 Schülern addieren konnten, die in den Kriegsmonaten den Boden Frankreichs betreten haben sollten. Der Anteil der Gefallenen an diesem Kontingent wurde mit zwei Prozent bezif-

abiturienten, 1554 direkt

fert.28)

Andere Hinweise, die von der zeitgenössischen Literatur gegeben werden, sind noch weitaus weniger exakt und zuverlässig. Einige Hochschullehrer berichten von leeren Hörsälen und verlassenen Kollegs, mit denen sie nach dem Kriegsausbruch konfrontiert waren;29) Heinrich von Treitschke schreibt am 18. Juli 1870 in einem Brief an seine Schwester, daß vier Fünftel der Heidelberger Studenten bereits bei der Armee seien30) Johann Gustav Droysen stellt für die Berliner Universität nur lakonisch fest, daß die Stimmung prächtig sei und die Zuhörerbänke langsam verwaisten.31) Aus studentischer Perspektive werden oft ähnliche Beobachtungen formuliert. „In Karlsruhe habe sich schon -

27) Ludwig Bauer (Hg.), Der Deutschen Hochschulen Antheil reich, Leipzig 1873, S. 477. Die Zahl der Gefallenen wird von

am Kampfe gegen FrankJarausch mit 248 beziffert (Konrad H. Jarausch, Deutsche Studenten 1800-1970, Frankfurt/M. 1984, S. 106). 28) Werner Jösting, Erinnerungen eines kriegsfreiwilligen Gymnasiasten aus dem Jahre 1870/71, München 1897, S. 25 f. 29) Zu einer regelrechten Berühmtheit brachte es die Studentenschaft der Universität Kiel, die sich komplett freiwillig melden wollte (Bauer, Der Deutschen Hochschulen Antheil, S. 260). 30) Heinrich von Treitschke, (Brief v. 18.7. 1870 an Josephe von Carlowitz), in: ders., Briefe, Bd. 3, Leipzig 1917/1920, S. 280. 31) Johann Gustav Droysen, (Brief v. 16. 7. 1870), in: ders., Briefwechsel, Bd. 2, Osnabrück 1967, S. 893.

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

167

Polytechnikum als Freiwillige angeboten", erfährt der angehende Agrarökonom Julius Hoeck32), während der Chemiestudent G. Meyer berichtet, daß in Leipzig von 1000 Studenten rund 400 zur Armee abgegangen seien.33) Aber nicht erst die Studenten, sondern auch schon die Primaner eilten zu den Fahnen. In Hamburg habe sich, so der Kriegsbuchautor Hohenthal, die „ganze Prima des Johanneums" freiwillig zum „Waffendienste"34) gemeldet; andere Abiturklassen müssen sich ähnlich verhalten haben.35) Bei diesen Angaben handelt es sich natürlich nur um Schlaglichter, die nicht ohne weiteres verallgemeinert werden können; konkreter schon sind die Zahlenangaben, die in anderen Publikationen enthalten sind. So behauptet die „Illustrirte KriegsChronik" aus dem Jahre 1871, daß „etwa 50000" Männer aus den „gelehrten und gebildeten Ständen"36) in der deutschen Armee versammelt seien; das wäre bei einem Gesamtaufgebot von einer Million Soldaten ein Anteil von 5%. Offen bleibt allerdings wieder, wer nun diesen .Ständen' zugerechnet worden ist. Ernst Pitawall spricht in einer halb literarischen, halb dokumentarischen Kriegsdarstellung immerhin ausdrücklich von den Einjährig-Freiwilligen im deutschen Heer, deren Zahl er auf 20400 Mann beziffert; ein Beleg für diese Angabe fehlt jedoch.37) Ähnlich vage bleiben die Hochrechnungen, die einige Hinweise aus der Memoirenliteratur ermöglichen. Wenn Hugo Dinckelberg die Zahl der Einjährig-Freiwilligen in seinem Regiment mit 96 angibt38), dann könnte dieser Wert auf die Regimentsstärke von 3000 Mann bezogen werden, was einen Anteil der Einjährigen von rund 3% ergäbe; die Extrapolation auf die Zahlenverhältnisse im ganzen Heer ist jedoch insofern problematisch, als Dinckelbergs Regiment, die Kaiser Alexander Garde-Grenadiere, in Berlin stationiert war und insofern einen überproportionalen Zustrom von Studenten der Friedrich-Wilhelms-Universität gehabt haben wird. Gleiches gilt für das Gardefüsilierregiment, dem der anonyme Verfasser eines „Belagerangstagebuchs" angehörte, der ebenfalls eine Schätzung in dieser Größenordnung vornahm. Hier handelte es sich allerdings um diejenigen Einjährigen des Regiments, die das halbe

32)

Julius Hoeck, Meine Erlebnisse als Kriegsfreiwilliger bei den badischen schwarzen Dragonern im Feldzuge 1870-71, Karlsruhe 1895, S. 7. 33) G. Fr. Meyer, Unter dem rothen Kreuz. Erlebnisse im Feldzuge 1870/71, Braunschweig 1895,S. 3. 34) [] Hohenthal, Vollständige Geschichte des deutsch-französischen Krieges von 1870, Leipzig 1871, S. 65; diese Angabe wird bestätigt von Oberschulrat Dr. Weidemann (Weidemann, Der deutsch-französische Krieg, S. 17). 35) Hans Vollmer, Der deutsch-französische Krieg 1870/71. Erster Teil: Der Krieg mit dem Kaisertum, Berlin 31907, S. 23. 36) Illustrirte Kriegs-Chronik. Gedenkbuch an den Deutsch-Französischen Feldzug von 1870-1871, Leipzig 21871, S. 34. 37) Ernst Pitawall, Die Bluttaufe der deutschen Einheit im Jahre 1870 oder Französischer Uebermuth und deutsche Tapferkeit, Berlin 1871, S. 253. 38) Hugo Dinckelberg, Kriegs-Erlebnisse eines Kaiser Alexander Garde-Grenadiers im Feld und im Lazaret 1870/71, München 1890, S. 8 f.

168

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

1895 bei einem Veteranen-Treffen erschienen; wenn der Verfasser hier von ungefähr einhundert Anwesenden spricht39), müssen noch die Säumigen und die inzwischen Verstorbenen hinzugerechnet werden, wenn man die Kriegsstärke der Einjährig-Freiwilligen dieses Regiments rekonstruieren will. Nur zu einer akademischen Berufsgruppe, nämlich zu den Ärzten, liegen genauere Zahlen vor. Wer als Arzt eingezogen wurde, betätigte sich in der Regel als Feldarzt und bildete damit eine abgrenzbare Gruppe innerhalb der Armee, die auch zahlenmäßig leichter zu erfassen war. Neben den aktiven Militärärzten, deren Zahl auf ca. 1500 Personen geschätzt wird40), dienten nach der Schätzung Hans Walsers noch 5500 weitere Ärzte in Frankreich, zu denen noch diejenigen Mediziner hinzugerechnet werden müssen, die sich freiwillig den außerplanmäßigen Sanitätszügen anschlössen.41) „Nicht vielen Aerzten", resümiert Walser, blieb das „Erlebnis des Krieges"42) erspart; auch wer nicht nach Frankreich zog, hatte in der Heimat mit Kranken, Verwundeten und Rekonvaleszenten zu tun. Wenn der Feldarzt Matthes in einem Brief an seine Angehörigen davon spricht, daß „wohl die Hälfte unserer berühmten Universitätsprofessoren" ihre „Lehrstühle der Chirurgie mit einem großen Teil der Schüler verlassen"43) haben, um der deutschen Armee zu folgen, dann deutet diese Aussage darauf hin, daß nicht nur viele Studenten, sondern auch etliche Dozenten der deutschen Hochschulen freiwillige Kriegsdienste geleistet haben. Bei den Medizinern, die in den Lazaretten dringend gebraucht wurden, lag ein solches Engagement näher als bei den Kollegen aus anderen Fakultäten, deren Qualifikation nur einen geringen militärischen Nutzen versprach. Dennoch gab es auch unter Juristen, Philologen und anderen Wissenschaftlern zahlreiche Kriegsfreiwillige.44) Besonders bekannt ist das Beispiel Felix Dahns, der sich als Anführer

39) Vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen im Gardefüsilierregiment, München 21896 (1. Auflage Stuttgart 1871), S. 289. 40) Hans H. Walser, Die Aerzte und der Krieg am Beispiel des deutsch-französischen Krieges

von

1870/71, in: Clio Medica, Bd. 2 (1967), S. 104.

41) Ebd., S. 105. 42) Ebd. Diesen Zahlen steht die Schätzung eines zeitgenössischen Beobachters gegenüber, der als fürstlicher Leibarzt in Frankreich war und von „über 2000 gut geschulte[n] Ärzte[n]" in Diensten des deutschen Heeres sprach (P. Matthes, Im großen Hauptquartier 1870/1871. Feldbriefe in die Heimat, München 1892, S. 10). Da Matthes jedoch offen läßt, ob er hiermit

tatsächlich die Gesamtzahl der deutschen Ärzte oder nur die regulären Feldärzte meint, ist die Aussagekraft seiner Schätzung zu gering, um die Angaben Walsers erschüttern zu können.

43) Matthes, Im großen Hauptquartier, S. 10. 44) Der Kriegsbuchautor Hottinger liefert Zahlen zum Engagement der Dozenten, deren Zuverlässigkeit allerdings nicht überprüft werden kann. Im Sommersemester 1870, so Hottinger, „wirkten 1505 Lehrer an den deutschen Hochschulen. Davon führten in diesem Kriege 15 die Waffen, 253 widmeten sich der Pflege der Verwundeten und Kranken, 4 unter ihnen starben" (Chr. G. Hottinger, Der deutsch-französische Krieg 1870-71, Berlin l51910, S. 141).

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

169

Sanitätskolonne nach Frankreich begab;45) eine solche Kodie seinen Mitarbeitern und Studenten rekrutiert hatte, stellte auch lonne, er aus der Bonner Professor Rindfleisch ins Feld.46) Der Geschichtsprofessor Ägidi wurde für seine Tätigkeit als freiwilliger Krankenpfleger in den Lazaretten bei Metz sogar mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.47) In den Selbstzeugnissen vieler Studenten finden sich ebenfalls Berichte von Professoren, die sich den deutschen Trappen anschlössen.48) Der Lehramtsstudent Karl Mewes erzählt von einem Hallenser Professor, der sich freiwillig zur Truppe begab;49) Ferdinand Dieffenbach berichtet von dem Eintritt des Darmstädter Professors Thiel in ein preußisches Ulanen-Regiment.50) Auch von den Professoren-Kollegen wurden solche Aktivitäten sorgfältig registriert; Rudolf von Jhering erwähnt, daß sich der befreundete Hochschullehrer Bülow freiwillig zum Küstenschutz einer

freiwilligen

meldete.51)

Auch wenn solche freiwilligen Meldungen quantitativ kaum ins Gewicht fie-

len, hatten sie doch einen hohen symbolischen Wert, der sicherlich die Bereitschaft vieler Studenten

zur

Teilnahme

am

Krieg noch wesentlich erhöhte.

Die

Nachricht, daß sogar einige ältere Herrschaften keine Mühen scheuten, wird manchem jungen Mann den Entschluß, in die Armee einzutreten, leichter gemacht haben. Hinzu kam, daß viele Studenten die Professoren grundsätzlich als ihre Vorbilder ansahen, deren Verhalten folglich mitreißend wirken mußte. Nicht immer schlössen sich die Studenten freiwillig der Truppe an; oft wurden sie auch auf regulärem Wege als Reservisten eingezogen, weil sie ihren 45 )

Felix Dahn, Erinnerungen. Viertes Buch: Würzburg Sedan Königsberg (1863-1888). Abtheilung, Leipzig 1894, S. 272ff. 46) Bauer, Der Deutschen Hochschulen Antheil, S. 178. 47) Moritz Busch, Tagebuchblätter, Bd. 2, Leipzig 1899, S. 273. Weniger heroisch war die Tätigkeit eines anderen Professors, von dem der Artillerist Pfeiffer berichtet. Eines Tages

1.

-

-

wurde Pfeiffer von einem „ganz vermummt ausschauenden Landwehrmann, der eine Herde Ochsen trieb und selbst auf einem solchen Tiere saß, angeredet"; zu seinem „Erstaunen" erkannte er in ihm den „bekannten Universitäts-Professor Meier". Die „Sache klärte sich dahin auf, daß der nach „Kriegstaten lechzende Professor als Kriegsfreiwilliger eingetreten war und jetzt als Ober-Viehtreiber Verwendung fand" (A. Pfeiffer, Kriegs-Erlebnisse eines Festungs-Artilleristen bei der Belagerung von Straßburg, Beifort und vor Paris, Magdeburg 1912, S. 49f). 48) Hermann Jahn muß sogar die tödliche Verwundung eines Dozenten der Berliner Universität vermelden (Hermann Jahn, Aus Deutschlands großen Tagen. Erlebnisse eines 24ers im deutsch-französischen Kriege, Bd. 1, Braunschweig 1904, S. 48). 49) Karl Mewes, Leiden und Freuden eines kriegsfreiwilligen hallenser Studenten vom Regiment Nr. 86 in den Kriegsjahren 1870-1871, Magdeburg/Leipzig 1898, S. 15. 50) Ferdinand Dieffenbach, Der Krieg mit Frankreich von 1870-1871, Darmstadt 1871, S. 5. 51) Rudolf von Jhering, R.v.J. in Briefen an seine Freunde, Leipzig 1913, S. 248f.; der Einjährig-Freiwillige Hermann Nebe machte ebenfalls die Beobachtung, daß sich unter den Kriegsfreiwilligen aus dem akademischen Milieu auch etliche ältere Personen befanden (Hermann Nebe, Erlebnisse eines badischen Feldartilleristen im Feldzuge von 1870/71, Karlsruhe2!893, S. 35f.).

170

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

Dienst als Einjährig-Freiwillige bereits absolviert hatten oder wurden nach Frankreich abkommandiert, weil sie sich gerade in diesem Dienstjahr befanden. Schließlich konnte der Einjährigen-Dienst, der den gebildeten Wehrpflichtigen nur während der täglichen militärischen Unterweisungen an die Kaserne band, ohne weiteres parallel zum Studium abgeleistet werden. Auch die Studenten, die sich im Juli und August 1870 tatsächlich freiwillig meldeten, wurden in der Regel kurzerhand als Einjährige eingestellt, bei denen man die Dauer des Feldzuges auf die Dienstzeit anrechnete. Einige Wochen des Einexerzierens mußten dem Felddienst jedoch vorausgehen, so daß die meisten Kriegsfreiwilligen erst im Herbst 1870 nach Frankreich ausrückten, als die Schlachten des August und September bereits große Lücken in das deutsche Heer gerissen hatten.52) Viele Universitäten kamen den militärischen Verpflichtungen ihrer Kommilitonen dadurch entgegen, daß sie Notexamina ermöglichten;53) im gleichen Stil erlaubten die preußischen Gymnasien ein Notabitur.54) Weniger gefällig waren die Militärbehörden; sie legten Wert darauf, daß die kriegsfreiwilligen Gebildeten keinen Sonderstatus in der Armee erhielten, der über das traditionelle Einjährigen-Privileg noch hinausgegangen wäre. Die Bildung von studentischen Freischaren etwa, die an vielen Universitäten in (verklärter) Erinnerung an die Lützowschen Jäger geplant wurde, erhielt keine Genehmigung; im Gegenteil, es wurde peinlich darauf geachtet, daß sich die Einjährigen gleichmäßig auf alle Regimenter verteilten und damit der regulären Armeeorganisation vollständig unterordneten. Diese Unterordnung wurde von den Gebildeten letztlich auch akzeptiert, ja sogar begrüßt und gefeiert, weil man die eigenen Begriffe von Pflichterfüllung und Dienst am Vaterland sehr gut mit dieser .selbstlosen' Eingliederung in den großen Mechanismus -

52) Beispielhaft für viele ähnliche Fälle ist der Leipziger Student Theodor Bracht zu nennen, der erst im September nach Frankreich abkommandiert wurde, als die Verluste der Schlacht bei Sedan mit Soldaten aus den Ersatzbataillonen ausgeglichen werden mußten (Theodor Bracht, Ernstes und Heiteres aus dem Kriegsjahre 1870/71. Erlebnisse eines Studenten und Einjährigen des Königl. Sachs. 8. Infanterie-Regiments Nr. 107, Halle a.S. 1892, S. 22f.). 53) Felix Dahn berichtet in seinen Memoiren von den vorgezogenen Examensprüfungen in Würzburg, die er selber vor seinem Ausrücken nach Frankreich noch abnehmen konnte (Felix Dahn, Erinnerungen, Bd. 4/1, S. 227). In den Kriegserinnerungen eines Berliner Studenten gibt es jedoch einen Hinweis darauf, daß sich zumindest die Friedrich-Wilhelms-Universität bei der Beurlaubung von Einjährigen auch ausgesprochen stur verhalten konnte (Friedrich Wilhelm Battenberg, Erinnerungen aus großer Zeit, Leipzig/Frankfurt a.M. [1895], S. 10). 54) Von dieser Anordnung des preußischen Kultusministers berichten die Vossische Zeitung (VZ.20.7. 1870, Nr. 166, S. 1) und die Frankfurter Zeitung (FZ, 22. 7. 1870, Nr. 201, S. 2). H. Ehrenberg gehörte zu den Feldzugsteilnehmern, die ein solches Notabitur ablegten (H. Ehrenberg, Feldzugs-Erinnerungen eines Fünfunddreißigers 1870/71, Rathenow [1889], S. 3).

IV. Der Krieg 1870/71 und das

171

Engagement der Bildungsbürger

von Staat und Nation verbinden konnte.55) Daß die Einjährig-Freiwilligen im Feld ihre Schnüre ablegen mußten, das traditionelle Kennzeichen ihrer militärischen Sonderstellung, verlieh dieser vollständigen Integration noch einen zusätzlichen symbolischen Ausdruck.56) Ohnehin darf nicht vergessen werden, daß die Einjährig-Freiwilligen im deutschen Heer nur eine kleine Minderheit darstellten. Die Zahl der rund 4500 Studenten, die 1870 zur Fahne eilten, spricht bereits Bände, wenn man sie zur preußisch-deutschen Millionenarmee in Beziehung setzt. Sogar unter den Studenten waren die Kriegsteilnehmer eindeutig in der Minderzahl; nach den Berechnungen Ludwig Bauers blieben zwei Drittel der Eingeschriebenen daheim. Dieses Zurückbleiben konnte in einigen Fällen unbeabsichtigt sein etliche Kriegsfreiwillige wurden wegen körperlicher Untauglichkeit nicht angenommen57) -, es konnte aber auch schlichtweg daran liegen, daß viele Studenten niemals gedient hatten und auch gar kein Interesse daran hatten, jemals eine Uniform zu tragen. Die allgemeine Wehrpflicht war auch in den späten sechziger Jahren in Preußen nicht vollständig durchgeführt worden; gerade die Gebildeten wurden nach wie vor häufig ausgemustert oder freigestellt. In Süddeutschland war man erst im Anschluß an die Militärkonventionen mit Preußen zum Wehrpflichtsystem übergegangen, so daß bei Kriegsausbruch erst wenige Studenten davon erfaßt worden waren. Wer als süddeutscher Student am Feldzug teilnehmen wollte, wurde mit unterschiedlichen Regelungen konfrontiert; in Bayern mußte er sich sogleich für drei Jahre zum Militärdienst verpflichten, in Baden waren auch Meldungen nur auf Kriegsdauer möglich.58) Neben dem aktiven Kriegsdienst bestanden für die deutsche Studentenschaft aber auch noch andere Möglichkeiten, die kämpfenden Trappen zu unterstützen. Viele Studenten wie auch Dozenten schlössen sich den freiwilligen Sanitätskolonnen an, die dem deutschen Heer nach Frankreich hinein folgten;59) -

55)

In dieser Weise argumentiert etwa Bauer, Der Deutschen Hochschulen Antheil, S. VIII; siehe auch ebd., S. 257. 56) Hermann Lüders, Ein Soldatenleben in Krieg und Frieden, Stuttgart/Leipzig 1888, S. 155. 57) So erging es zum Beispiel Ferdinand Fehling, dem späteren Bürgermeister von Lübeck. Der Kaufmannssohn war noch in der Zeit vor der Einführung des preußischen Wehrsystems vom Militärdienst freigelost worden und erhielt im Sommer 1870 von den preußischen Militärbehörden einen ablehnenden Bescheid, als er sich freiwillig melden wollte (Ferdinand Fehling, Aus meinem Leben. Erinnerungen und Aktenstücke, Lübeck/Berlin/Leipzig 1929, S. 63 f.). 58) Oskar Leibig, Erlebnisse eines freiwilligen Jägers im Feldzuge 1870/71, Nördlingen 21889, S. 4. 59) Zur Bildung einer Sanitätskolonne rief auch der in Berlin studierende Sohn Johann Gustav Droysens seine Kommilitonen auf, bevor er „trotz seiner zarten Natur und großen Kurzsichtigkeit" wahrscheinlich aus propagandistischen Gründen „doch noch von den Gardefüsilieren als Kriegsfreiwilliger angenommen" wurde (Karl Pietschker, Auf dem Siegeszuge von Berlin nach Paris, Potsdam/Leipzig 21896, S. 7f.). -

-

172

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

die Genfer Konvention von 1864 hatte den Sanitätsdienst durch nicht-uniformierte, gleichsam neutrale Helfer ausdrücklich erlaubt. Von dieser Erlaubnis machten in Deutschland zahlreiche Organisationen allen voran die Turnvereine und Einzelpersonen Gebrauch, wobei allerdings der Nutzen und Nachteil ihrer Bemühungen sehr unterschiedlich eingestuft wurde. Neben euphorischem Lob für die aufopferungsvollen Hilfsdienste, die eine angemessene Versorgung der in unvorhergesehenen Massen anfallenden Verwundeten überhaupt erst ermöglicht hätten, gab es auch sehr viel Kritik an der Unfähigkeit und verantwortungslosen Schlachtenbummelei dieser selbsternannten Sanitäter.60) Wem der Dienst in einer Sanitätskolonne zu aufwendig war, der konnte sich immerhin noch durch die Rückführung von Verwundeten nützlich machen. Unter den 241000 Kranken und Verwundeten, die während des Krieges mit der Eisenbahn nach Deutschland zurückgebracht wurden61), waren zahlreiche schwere Fälle, die auch während der Reise intensiv betreut und in den Heimatstädten direkt dem Krankenhauspersonal übergeben werden mußten. Eine solche Betreuung wurde beispielsweise von Friedrich Nietzsche durchgeführt. Der Professor für Klassische Philologie und (nicht eingezogene) preußische Reserve-Artillerist brachte gemeinsam mit seinem Basler Kollegen Hoffmann einen Verwundetentransport aus dem Elsaß nach Karlsruhe. Alle elf Verwundeten, die zwei Tage und zwei Nächte lang gepflegt werden mußten, litten unter der Ruhr, zwei von ihnen zusätzlich unter Diphtherie. Nietzsche steckte sich prompt mit beiden Krankheiten an und hatte noch Jahre später unter den Folgen zu leiden.62) Auch wer gar nicht nach Frankreich kam, konnte zumindest indirekt noch zur Unterstützung des deutschen Heeres beitragen. Damit ist zunächst die ideelle Schützenhilfe gemeint, die von den Universitäten bereitwillig gewährt wurde. In vielen öffentlichen Vorträgen nahmen die Professoren zu den Kriegsereignissen Stellung; wer gegen den Krieg war oder ihn nur halbherzig befürwortete, war zum Schweigen verurteilt. Aber auch die Studenten machten mit -

-

„schwarzen Schafen" unter den freiwilligen Krankenpflegern berichten Karl Hofan den Deutsch-französischen Feldzug von 1870 bis 1871, Limbach 1872 und Paul Wendt, Hinter der Front. Ernste und heitere Erinnerungen eines Feld-Lazareth-Beamten aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71, Rathenow 1891, S. 98; über

60)

Von

mann,

Erinnerungen

mangelnde Disziplin bei der freiwilligen Lazarettarbeit klagt Friedrich von Bodelschwingh, Tagebuch-Aufzeichnungen aus dem Feldzuge 1870, Bielefeld 1896, S. 31 f.; Otto Seeher erwähnt Gerüchte, daß einige freiwillige Sanitäter die Toten in Wirklichkeit sogar ausplünderten (Otto Seeher, Mit dem Medicinkarren vom Pregel bis zur Seine. Kriegs-Erinnerungen, Dresden/Leipzig 1895, S. 51); H. Wasserfuhr erzählt von Lazarettzügen, in denen sich die diensttuenden Professoren ganze Waggons als .Privatgemächer' eingerichtet hatten (W. von St. [d. i. H. Wasserfuhr], Kriegserinnerungen eines Sanitäts-Officiers der Landwehr 1870-71, Berlin 1893, S. 79).

Diese Zahl nennt Theodor Lindner, Der Krieg gegen Frankreich und die Einigung Deutschlands, Berlin 1895, S. 139. 62) Werner Ross, Der ängstliche Adler. Friedrich Nietzsches Leben, Stuttgart 1980, S. 245.

61 )

IV. Der

Krieg

1870/71 und das Engagement der

Bildungsbürger

173

Aufrufen und Adressen, mit Kundgebungen und Fackelzügen zugunsten der nationalen Sache Stimmung. Ludwig Bauer hat all diese Aktivitäten in sämtlichen deutschen Universitätsstädten mit Akribie verzeichnet.63) Wenn sein Bericht auch manches aufbauscht und überzeichnet, so zeigt er doch immerhin ein Spektrum der überhaupt praktizierten Rituale auf. Offen bleibt dabei allerdings immer die Frage nach der Beteiligung an diesen Ritualen, nach dem Anklang, den die genannten Veranstaltungen und Maßnahmen im universitären Milieu letztlich fanden. Ob wirklich die meisten Studenten und Dozenten dabei waren, wie Bauer ständig suggeriert, oder ob vielleicht nur eine lautstarke Minderheit die Kriegssituation zu einer Agitation in eigener Sache nutzte, muß offen bleiben. Fest steht allerdings, daß zumindest die Öffentlichkeit auch die kleine Öffentlichkeit der Universitätsstädte ganz eindeutig von den Kriegsbegeisterten beherrscht wurde. Aufsehen erregte im Dezember 1870 auch ein Streit zwischen der Royal Irish Academy und der Universität Göttingen, bei dem es um die Bedrohung der Weltkulturstadt Paris durch die deutschen Belagerer ging. Im Namen der gebildeten Welt hatten die Iren vor einer Beschädigung der Kulturgüter und Kunstschätze der französischen Hauptstadt gewarnt. Wenn die Deutschen hier keine Rücksicht nähmen, seien sie als Kulturfeinde und Barbaren für alle Zeiten gebrandmarkt. Die Universität Göttingen, vertreten durch ihren Prorektor Richard Dove, übernahm es, der Royal Irish Academy im Namen der deutschen Wissenschaft zu antworten. In einem offenen Brief prangerte Dove die Belagerungen anderer Kriege an, zu denen die Iren geschwiegen hätten; außerdem trage Frankreich allein die Schuld an möglichen Zerstörungen innerhalb der Mauern von Paris, weil es seine Hauptstadt mit voller Absicht zur Festung ausgebaut habe und wer einen Krieg beginne, der sei auch für die Schäden verantwortlich, die seinen Festungen daraus erwüchsen. Interessanter als die abgegriffene Argumentation Doves war hierbei die Tatsache, daß ausgerechnet die Universität Göttingen für die deutsche Wissenschaft sprach: die Universität des ehemaligen Königreichs Hannover, in dem nach Auffassung eines großen Teils der europäischen Öffentlichkeit immer noch das Welfentum den Ton angab. Die Rede des Prorektors machte deutlich, daß Göttingen und damit Hannover zu einem Teil Deutschlands geworden war; Dove vertrat eine „Hochschule, die ihre ganze Ehre darin findet, deutsch zu sein"64). Neben der ideellen Unterstützung gab es an den deutschen Hochschulen aber auch praktische Hilfestellungen für die kämpfende Trappe. An der eben genannten Universität Göttingen wurden einige Räume als Lazarette ge-

-

-

63) Bauer, Der Deutschen Hochschulen Antheil, passim. M) „Antwort des Prorectors der Georgia Augusta, Richard Dove, an die Royal Irish Academy", zit. n. Richard Dove, Einige Gedenkblätter historisch-politischen Inhalts aus der Geschichte der Georg-Augusts-Universität zu Göttingen von 1837-1887 mit besonderer Berücksichtigung der Kriegsjahre 1870/71, Göttingen [1888], S. 17.

174

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

Die Universität Gießen stellte ihre Turnhalle zu diesem Zweck zur Verfügung.66) Andere Hochschulen sammelten darüber hinaus Geld für die Verwundeten. Wer zu arm oder zu sparsam war, um Geld zu geben, konnte immerhin noch Charpie zupfen, das heißt Verbandsstoffe für die blessierten Krieger herstellen. Für das Nachsenden von Zeitungen ins Feld, zumal in die Feldlazarette, wurden vielerorts eigene „Zeitungs-Comités" gebildet;67) manchmal übernahmen Studenten auch Transportdienste nach Frankreich, die neben den Zeitungen auch andere „Liebesgaben" zur Trappe brachten.68) Die Studenten, die im Sommer 1870 zur Fahne geeilt waren, hatten jedoch nicht nur Kontakt zu ihren Kommilitonen. Sehr wichtig war auch die Kommunikation mit dem Elternhaus, das für die jungen Soldaten, die in der Regel noch unverheiratet waren, den maßgeblichen familiären Bezugspunkt bildete. Schon das Ausrücken nach Frankreich war, wenn man den Selbstzeugnissen der Kriegsteilnehmer glauben darf, gar nicht ohne einen Abschiedsritus von den Eltern und Geschwistern denkbar. Fast alle Soldaten gingen nicht direkt vom Hörsaal zur Truppe, sondern machten zuvor noch einen Abstecher in ihre Heimatstadt, um dort der Familie Lebewohl zu sagen. Manchmal mußte auch erst noch die Erlaubnis des Vaters eingeholt werden, bevor der Schritt in die Armee hinein gewagt werden konnte. Gerade in diesen Fällen wurde der Vater sehr gern zur Verkörperung des Vaterlandes stilisiert des Vaterlandes, das seine Söhne nach Frankreich entsandte, um endlich die nationale Einheit zu erringen.69) Die Beauftragung durch Vater und Vaterland fand dabei in den väterlichen Briefen, die den Söhnen ins Feld nachgesandt wurden, immer wieder ihre symbolische Bekräftigung; der bayerische Infanterist Paul Bauriedel berichtet in seinen Feldzugserinnerungen, daß die Briefe des Vaters seinen Patriotismus stets aufs neue angefeuert hätten.70) Viele Väter begnügten sich nicht mit brief-

nutzt.65)

-

65) Dove, Einige Gedenkblätter historisch-politischen Inhalts, S. 33. 66) Bauer, Der Deutschen Hochschulen Antheil, S. 383. 67) Ebd., S. 251 u. 312. 68) Ebd., S. 326f. Von einem solchen Transport erzählt auch der Füsilier und angehende Gymnasiallehrer Augustin, der von seinem Kieler Professor Ribbeck regelmäßig Briefsendungen mit Schokolade erhält; der in Kiel eigens organisierte Troß mit „Liebesgaben", der

19. Oktober vor Metz eintrifft, wird von den „Herren Dr. Frick, Architekt Moldenschardt und Kandidat Fürsen" geleitet. Augustin wird insbesondere von den „Herren J. W. Thomsen und Rechtsanwalt Feldmann" reich beschenkt ein gutes Beispiel für akademischen Korpsgeist unter den Bedingungen des Krieges (Karl Wilhelm Augustin, Kriegserlebnisse eines Fünfundachtzigers, Kiel/Leipzig 1898, S. 63). 69) Die Ratschläge und Ermahnungen der Väter beim Abschied wurden von vielen Kriegsteilnehmern wie eine Losung während des ganzen Feldzuges erinnert (Wilhelm Lehmann, Kriegs-Erinnerungen eines 20er Füsiliers aus dem Feldzuge 1870/71, Rathenow 1891, S. 5); Adolf Kayser bekam sogar von seinem Vater zu hören: „Ich möchte Dich nicht mehr ansehen, wenn Du zurückbliebst" (Adolf Kayser, Erlebnisse eines rheinischen Dragoners im Feldzuge 1870/71, Nördlingen 1889, S. 9). 70) Paul Bauriedel, Meine Erlebnisse während des Feldzugs im Jahre 1870/71, Nürnberg 1895, S. 77 f. am

-

IV. Der

Krieg 1870/71

und das

Engagement der Bildungsbürger

175

liehen Ratschlägen, sondern reisten ihren Söhnen sogar ins Feindesland nach von solchen Besuchen berichten der Dragoner Hoeck71), der Füsilier Heim72) und der Artillerist Pfeiffer73). Natürlich dienten die Besuche der Väter nicht nur der Ermahnung. Auch Lebensmittel und Kleidungsstücke wurden den Söhnen überbracht, um ihre Versorgungslage zu verbessern. Viele Eltern wachten noch im Krieg zumindest in einer symbolischen Größenordnung über das leibliche Wohl ihrer Kinder. Zahlreich sind die Berichte von Proviantsendungen, welche die Soldaten von ihren Eltern erhielten; oft füllten die „sorgenden Hände der Mutter" den Ranzen des Abschiednehmenden, um ihn wenigstens während der ersten Marschtage noch mit vielem „Nöthigen, Nützlichen und Angenehmen"74) zu versorgen. Die Entbehrungen des Feldzugs setzten erst dann ein, wenn die „von Muttern mitgenommenen Vorräthe" schließlich „aufgezehrt"75) waren. Zum Ritual des Abschieds gehörte mit einer gewissen Notwendigkeit auch das Ritual der Rückkehr ins Elternhaus. Die Beschreibung des Wiedersehens mit den Eltern und Geschwistern beschließt die meisten Feldzugserinnerangen und bildet insofern auch das symbolische Ende des gesamten Kriegseinsatzes.76) Der Auftrag der Väter ist erfüllt, wenn die Söhne wieder über die Schwelle des Elternhauses treten. Die Uniform wird abgelegt, die Rückkehr zu den Eltern verkörpert die Rückkehr zu bürgerlichen Existenz, den Wiedereintritt ins bürgerliche Leben, das nur kurzzeitig verlassen werden mußte, um dem Vaterland einen Dienst zu erweisen. Die Kommunikation mit dem Elternhaus hatte aber auch schon während des Feldzugs dafür gesorgt, daß sich der Soldat seiner Rolle als Sohn und als beurlaubter Student bewußt blieb; dadurch fiel -

-

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71)

Julius Hoeck, Meine Erlebnisse als Kriegsfreiwilliger bei den badischen schwarzen Dragonern im Feldzuge 1870-71, Karlsruhe 1895, S. 36. 72) Wilhelm Heim, Vor 40 Jahren. Erinnerungen eines Konstanzer Füsiliers, Konstanz 21910(l.Aufl. 1895), S. 15. 73) Pfeiffer, Kriegs-Erlebnisse eines Festungs-Artilleristen, S. 41 f. 74) A. Zimmermann, Erlebnisse und Eindrücke eines Deutschen Feldsoldaten in Frankreich 1870 und 1871, Hannover 1877, S. 3. 75) H. Ehrenberg, Feldzugs-Erinnerungen eines Fünfunddreißigers 1870/71, Rathenow [1889], S. 11. 76) In diesem Sinne wird die Rückkehr ins Elternhaus geschildert von Walter Schultze-Klosterfelde, Weißenburg Worth Sedan Paris. Heitere und ernste Erinnerungen eines preußischen Offiziers aus dem Feldzuge 1870/71, Leipzig 1889, S. 136; Karl Geyer, Erlebnisse eines württembergischen Feldsoldaten im Kriege gegen Frankreich und im Lazaret zu Paris 1870/71, München 1890, S. 240; H. Schmitthenner, Erlebnisse eines freiwilligen badischen Grenadiers im Feldzug 1870/71, Karlsruhe 1890, S. 133; R. Wilckens, Kriegsfahrten eines freiwilligen badischen Dragoners anno 1870/71, Karlsruhe 1891, S. 117f; B. Wieck, Meine Kriegserinnerungen aus dem Feldzuge 1870/71, Berlin 1904, S. 86; Th. Uebe, Schlichte Erinnerungen aus großer Zeit, Berlin 21911, S. 191 ; Mewes, Leiden und Freuden eines kriegsfreiwilligen hallenser Studenten, S. 322; Justus Pape, „Auf nach Frankreich!" Kriegsfreiwillig bei den Dreiundachtzigern 1870-71, Stuttgart 21914, S. 170; Arthur Zapp, Vom frischen, fröhlichen Krieg. Feldzugs-Erlebnisse, Leipzig/Berlin o.J., S. 125f. -

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176

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

der Bruch mit dem bürgerlichen Leben, den der Dienst im Feld bedeuten mußte, von vornherein weniger hart aus. Die Kriegsteilnehmer konnten ihre Biographie nach wie vor als eine kontinuierliche Entwicklung konstruieren, in der Vorkriegs- und Nachkriegszeit das Kriegserlebnis harmonisch umschlossen. Einen Brach in der Biographie oder ein Erfahrungsvakuum hat es nirgends gegeben; die Tätigkeit im Feld ist nur eine andere Form der Arbeit und Pflichterfüllung gewesen. Mit ihren guten Wünschen beim Abschied des Soldaten und ihrem Lob bei seiner Rückkehr bestätigen die Eltern diese Interpretation. Besonders deutlich kommt diese Bestätigung zum Ausdruck, wenn Vater und Mutter ihren Sprößling sogar mit Geschenken für seine Leistungen auf dem Kriegsschauplatz belohnen. Julius Hoeck, Student der Landwirtschaftslehre am Polytechnikum in Karlsruhe, hat in dieser Weise die Anerkennung seiner Eltern erfahren: Den Abend des Einzugstages verlebte ich aber im Kreise unserer Familie in Karlsruhe, wo sich auch Bruder August indessen eingefunden hatte. Es fand an diesem Tage sehr schöne Beleuchtung [sie] öffentlicher und vieler Privatgebäude statt und auch unsere Eltern ließen es sich nicht nehmen, der Freude über die glückliche Heimkehr ihrer Söhne durch eine Beleuchtung des „Grünen Hofs", unseres Geburtshauses, mit Transparenten und farbigen Lämpchen öffentlichen Ausdruck zu geben. Als Andenken an diesen denkwürdigen Tag unserer Heimkehr aus dem Feldzug erhielten sowohl August als ich von unserm Papa je eine goldene Uhr, von Mama einen silbernen Serviettenring und eine silberne Streichholzbüchse, die, eine entsprechende Widmung eingraviert tragend, mir heute noch ein liebes Erinnerungszeichen an die inzwischen verstorbenen Eltern sind. Unser Papa stiftete weiter noch als Dank für unsere glückliche Heimkehr eine namhafte Summe an den Invalidenfonds.77)

Die beiden Söhne werden öffentlich von der Stadt Karlsruhe gefeiert und privat von ihren Eltern beschenkt umgekehrt statten die Eltern privat ihren Sprößlingen und öffentlich dem Invalidenfonds ihren Dank ab. Individuum und Gesellschaft, Stadt und Nation sind sich in der Würdigung der Leistungen der Kriegsteilnehmer einig. Es gibt keinen Grund für die gebildeten Soldaten, ihre Kriegserlebnisse aus ihrer Lebensgeschichte auszublenden: aus einer Geschichte bürgerlicher Arbeit und Pflichterfüllung. Wenn von Nahrungsmitteln und Kleidungsstücken die Rede gewesen ist, die den Kriegsteilnehmern ins Feld nachgesendet wurden, dann dürfen diese Hilfestellungen bürgerlicher Familien nicht den Eindruck erwecken, als seien gerade die Gebildeten in Frankreich durchaus wohlversorgt gewesen. Proviantund Kleiderpakete waren nur der Tropfen auf dem heißen Stein eines ständigen Versorgungsnotstandes, der im Herbst und Winter, als die Felder immer weniger hergaben und warme Kleidungsstücke fehlten, noch einmal dramatisch gesteigert wurde. Dabei waren Unterkühlung und Unterernährung bei weitem nicht die einzigen Probleme, mit denen die Soldaten auch jenseits der Schlacht-

77) Hoeck, Meine Erlebnisse als Kriegsfreiwilliger, S. 179. Franz Plitt bezeichnete es als das größte Glück, mit Orden geschmückt ins Vaterhaus zurückkehren zu können (Franz Plitt, Rückerinnerungen eines Dreiundachtzigers, Cassel41913, S. 187).

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

177

felder

zu kämpfen hatten; schon die anstrengenden Fußmärsche der ersten Kriegswochen zwangen manchen Soldaten zur Aufgabe. Wer den Kugeln und Granaten, den Seuchen und Krankheiten des Krieges entkam, der konnte noch lange nicht davon ausgehen, bei voller Gesundheit nach Deutschland zurückzukehren. Die Strapazen des Feldzugs lösten oft chronische Leiden aus, denen die Soldaten erst einige Jahre nach dem Krieg erlagen; sie waren nicht im Krieg getötet worden, aber ihr Leben wurde dennoch durch den Krieg um viele

Jahre verkürzt.

Naturgemäß hatten die gebildeten Soldaten, die an körperliche Arbeit nicht gewöhnt waren, den Strapazen des Feldzugs besonders wenig entgegenzusetzen. Ludwig Diemer, kriegsfreiwilliger Abiturient und späterer Arzt, hat aus den Leiden der meisten seiner Gesinnungsfreunde kein Hehl gemacht. „Und doch bin ich, beiläufig erwähnt", führt Diemer in seinem Kriegstagebuch aus, „von den damals Versammelten [Oberprimanern des Aachener Gymnasiums] und bei der Infanterie Eingetretenen der einzige gewesen, der den Feldzug noch bis zur letzten Schlacht mitgemacht hat, bis ich dann allerdings vorübergehend auch zusammenbrach, während meine Freunde den Anstrengungen schon früher und teilweise schon sehr bald erlagen und sich in Mutters Pflege zurückbegaben"78). Daß die Mitschüler ausgerechnet durch ,Mutters Pflege' wieder auf die Beine gebracht werden mußten, mag eine ironische Spitze sein; daß es bei den Gebildeten immer wieder zu Ausfällen kam, wird jedoch von vielen Seiten bestätigt: Es befanden sich viele gebildete Kameraden, namentlich auch frühere Einjährig-Freiwillige, bei der Truppe, welchen es an gutem Willen und Opfermut zur Ertragung der Strapazen nicht fehlte. Allein der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach. Sie klappten oft unter der schweren Last des Feldgepäcks zusammen wie Taschenmesser.79)

Dabei machten den Einjährigen nicht nur die körperlichen Anstrengungen zu schaffen; auch das Verhältnis zu den militärischen Vorgesetzten gestaltete sich häufig sehr schwierig, weil gerade die für Bildung und gebildete Leute wenig aufgeschlossenen Unteroffiziere oft harsche Kritik an den Einjährig-Freiwilligen übten, die in ihren Augen einfach nur unpraktisch waren.80) Auch die einfachen Soldaten ohne Bildungsprivileg machten kein Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber manchem „bebrillten vornehmen Schwächling"81). „Weit ent-

78) Ludwig Diemer, Von der Schulbank gegen die Franzosen! Kriegsfahrten eines Freiwilli-

gen 1870/71, Dresden 1911, S. 6. 79) C. G. A. Mauerhof, Kriegs-Erinnerungen eines vor dem Feinde verwundeten deutschen Kriegers aus dem deutsch-französischen Feldzuge vom Jahre 1870 bis 1871, Eilenburg 71903, S. 14. 80) Diemer, Von der Schulbank gegen die Franzosen, S. 20. 81) Battenberg, Erinnerungen aus großer Zeit, S. 60. Auch „Dr. Eberhard Stark", der Titelheld einer der fünf Erzählungen, die Veit Ried fünf kriegsfreiwilligen Ulanen gewidmet hat, wird wegen seiner Kurzsichtigkeit von den Kameraden verspottet: die Brille als das Stigma

178

IV. Der

Krieg 1870/71 und das Engagement der Bildungsbürger

fernt, es anzuerkennen", entrüstete sich ein anderer Student, daß jemand „freiwillig all die Misère mitmacht", der die normalen Wehrpflichtigen „aus Zwang unterworfen sind", sehen die Soldaten in jedem Kriegsfreiwilligen nur einen „Taugenichts"; nicht die „überlegene Bildung imponirt ihnen, sondern nur die

überlegene Körperkraft"82).

Das Verhältnis wäre möglicherweise noch schlechter gewesen, wenn sich nicht im Verlauf des Feldzugs herausgestellt hätte, daß zumindest die Sprachkenntnisse der gebildeten Kameraden für die ganze Trappe von Nutzen waren.83) Dabei ging es um die Verständigung mit den Franzosen im allgemeinen, aber auch um die Quartiersuche und um die Requirierangen im besonderen auch hier verschaffte die Kenntnis der Landessprache den Besatzern große Vorteile.84) Die Strapazen und Unbilden des Feldzugs wurden in der Wahrnehmung der Gebildeten beileibe nicht immer mit dem Deckmantel der allgemeinen Euphorie verhüllt. Zwar dominierten die Aussagen, die jede Anstrengung und jedes Opfer zu einem notwendigen Beitrag zur Erreichung des großen nationalpolitischen Zieles erklärten, doch auch kritische Stimmen verschafften sich durchaus Gehör. Die Diskrepanz zwischen den hochgespannten Erwartungen des Aufbruchs und der harten Realität des Krieges war es vor allem, die immer wieder negativ vermerkt wurde. „Auch von anderen Studenten, die später ihren Regimentern nachgeschickt wurden", schreibt der Leipziger Student Theodor Bracht, „habe ich es gehört, wie sie zunächst durch das Leben im Felde arg enttäuscht worden sind"85). Der Lehramtsstudent Christian Rogge berichtet, daß die Einjährig-Freiwilligen vor allem mit der Einordnung in die militärische Hierarchie und mit der Gewöhnung an banalste Tätigkeiten Probleme hat-

der Gebildeten (Veit Ried, Dr. Eberhard Stark, in: ders., Fünf Ulanen. Erzählungen aus dem großen Kriege, Berlin 1881, S. 187ff). 82) Feldzugs-Erinnerungen eines Kriegsfreiwilligen der 25. Hessischen Division, S.U. Von Konflikten zwischen den Einjährig-Freiwilligen und anderen Soldaten sowie Offizieren berichtet auch Schmitthenner, Erlebnisse eines freiwilligen badischen Grenadiers, S. 9 u. 12. 83) Battenberg, Erinnerungen aus großer Zeit, S. 27; Hermann Heineck (Hg.), 1870/71. Kriegstagebuch des Lehrers Carl Angelrodt, Nordhausen 1913, S. 17. 84) Hierzu K. Dryander, Erinnerungen aus der Kriegszeit, Halle 1888, S. 46; Bauriedel, Meine Erlebnisse während des Feldzugs, S. 51; Richard Martin, Kriegserinnerungen eines 105ers, Plauen 1896, S. 119. Richard Wülcker machte sich zusätzlich nützlich, indem er Briefe für seine weniger schriftgewandten Kameraden schrieb (Richard Paul Wülcker, Fünfzig Feldpostbriefe eines Frankfurters aus den Jahren 1870 und 1871, Halle a.S. 21876, S. 66); Karl Zeitz nahm die Übersetzertätigkeit gerne in Kauf, weil ihm seine Sprachkenntnisse umgekehrt auch die Möglichkeit verschafften, mit den französischen Mädchen anzubändeln (Karl Zeitz, Kriegserinnerungen eines Feldzugsfreiwilligen aus den Jahren 1870 und 1871, Altenburg21895, S. 221 u. 259). 85) Bracht, Ernstes und Heiteres aus dem Kriegsjahre 1870/71, S. 59; ähnlich auch Adolf Fausel, Ein Ritt ins Franzosenland. Bilder aus dem Kleinleben im Felde 1870/71, Stuttgart/

Leipzig 1909, passim.

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

179

ten;86) teilweise wurden sie sogar zur Straßenreinigung eingesetzt.87) Bei anderen Studenten ging die Enttäuschung so weit, daß sie ernstlich erwogen, sogar um ihre Entlassung aus der Armee nachzukommen; der anonyme Verfasser der „Feldzugs-Erinnerungen eines Kriegsfreiwilligen der 25. Hessischen Division" litt so stark unter dem stumpfsinnigen Exerzieren, mit dem die deutschen Besatzungssoldaten noch im Frühjahr 1871 gedrillt wurden, daß dieser Plan in ihm reifen konnte.88) Wer noch bis 1873 als Besatzungssoldat in Frankreich festgehalten wurde, hatte allen Grund, sich über die lange Unterbrechung seiner Ausbildung zu beklagen.89) Eine Unterbrechung des Studiums war dabei noch weniger ärgerlich als das Aussetzen der Berufstätigkeit, von dem andere Bevölkerungsgruppen betroffen waren und das manchen Betrieb oder Bauern-

hof sowie manche Familie an den Rand des wirtschaftlichen Ruins brachte. Die Landwehrmänner, die 1870/71 aufgeboten wurden, waren teilweise noch aus dem Krieg von 1866 verschuldet.90) Bezeichnend ist es allerdings, daß diese Probleme von einem katholischen Feldgeistlichen angeprangert wurden, der sich ohnehin dazu bekannte, ein Feind des Liberalismus und damit auch des ,liberalen Prinzips' der allgemeinen Wehrpflicht zu sein.91) Zu den wenigen Autoren, die zur Industrialisierung des Krieges Stellung nahmen, gehörte der Kriegsberichterstatter Hans Wachenhusen; er beschwor bildmächtig den „Fluch", daß wir „unsre Söhne unter Mühe und Sorgen in der christlichen Moral und den Wissenschaften erzogen" haben, „um sie auf den Schlachtfeldern von Maschinen zerfleischen zu lassen"92). Die Erfahrung eines massenhaften Sterbens aufgrund der Wirkung von Fernwaffen drängt Wachenhusen dazu, die Verursachung des Todes schon gar nicht mehr den Menschen, welche die Maschinen bedienen, sondern unmittelbar den Maschinen selber zuzuschreiben. Wenn kein Kampf im Sinne der direkten Auseinandersetzung mehr

86)

Christian Rogge, Franktireurfahrten und andere Kriegserlebnisse in Frankreich. Kulturbilder aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71, Berlin 1907, S. 61 f. 87) Ebd., S. 79ff. 88) Feldzugs-Erinnerungen eines Kriegsfreiwilligen der 25. Hessischen Division. Aus Tagebuchblättern und Briefen zusammengestellt und herausgegeben von Dr. M., Augsburg 1895, S. 103. 89) Julius Hüggelmeyer, Im Feldzuge 1870/71. Feldzugserinnerungen und Selbsterlebtes eines Einjährig-Freiwilligen des I. hannoverschen Dragoner-Regiments Nr. 9, Hannover/Leipzig 1906, S. 293. 90) Chrysostomus Stangl, Kriegs- und Friedensbilder. Eine Erzählung für das katholische Volk, Regensburg 1873, S. 249. 91) Ebd., S. 185. Daß die wirtschaftlichen Schäden, die den Einberufenen entstehen, fast nirgends thematisiert werden, beklagt auch der Weife Ehrenreich Eichholz, der von den Preußen bei Kriegsausbruch in Festungshaft genommen wird (Ehrenreich Eichholz, Tagebuch in den Monaten August bis November 1870, Hannover [1874], S. 85). 92) Hans Wachenhusen, Aus bewegtem Leben. Erinnerungen aus dreißig Kriegs- und Friedensjahren, Bd. 2, Straßburg 1890, S. 366f.

180

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

stattfindet, dann gibt es auch kein .menschliches' Töten mehr, sondern nur noch ein maschinelles Zerfleischen von ohnmächtigen Körpern. Noch weiter ist der Rahmen, den Friedrich Freudenthal mit seiner Kritik an den sinnlosen Zerstörungen des Krieges absteckt. Freudenthal, ein Artillerist, der schon 1866 in der Armee des Königs von Hannover gefochten hatte, holt beim Anblick der Schlachtfelder von Metz zu einer Anklage aus, die mit den klassischen Argumenten der Aufklärung arbeitet: Alle Diejenigen, die hier kämpften auf Leben und Tod, mit Schwert und Kugel sich verstümmelten und töteten, sie hatten sich im Leben nicht gekannt, niemals gesehen, und konnten daher niemals Feinde gewesen sein, so daß der eine es vernünftiger Weise hätte wünschen oder für Recht halten können, den andern seines Lebens zu berauben! Wenn ich in der Heimat, im Frieden, einen Feind, einen niederträchtigen Menschen, der mir unsägliches Unrecht zufügte, zu Boden schlage und töte, so erliege ich dem Strafgesetz und muß für meine That im Zuchthause büßen; hier aber auf dem Schlachtfelde werde ich [...] geehrt und als brav und geschickt gepriesen, wenn ich ein junges unschuldiges Blut [...] ,zur Strecke bringe'! Wer giebt den betagten Eltern ihren Sohn [wieder], um den sie in Krankheiten viele bange, sorgenvolle Nächte durchwachten, für den sie arbeiteten, sparten und sich ab...

mühten?93)

Der Autor verwendet Begriffe und Formulierungen, die direkt aus der Feder Voltaires geflossen sein könnten; die Topoi der unmotivierten Feindschaft und der sinnlosen Zerstörung von Dingen und Menschenleben, in die bereits viel Mühe und Arbeit investiert worden ist, gehören zum festen Inventar aufklärerischer Kriegskritik. Freudenthal biegt seine Anklage jedoch im nächsten Absatz schon wieder zurück, indem er es zu einem „Naturgesetz" erklärt, „daß ein Volk im Notfall für seine Freiheit und Selbständigkeit kämpfen muß"94). Diese wenigen kritischen Bemerkungen müssen zugegebenermaßen mühsam aus der Kriegsliteratur herausgesucht werden. Dennoch, trotz ihrer quantitativen Unerheblichkeit, verdienen sie besondere Beachtung. Schließlich bezeugt jede kritische Bemerkung, daß Kritik überhaupt möglich war; daß es keine übermächtigen Sprachregelungen oder unhintergehbaren Formen der Selbstzensur gegeben hat, die den Konsens der Auffassungen erzwangen. Dadurch erhalten die affirmativen Bemerkungen größeres Gewicht; es wäre auch anders möglich gewesen, die Autoren haben ihre Positionen in freier Wahl bezogen. Wer den Krieg positiv bewertete, der tat dies nicht notgedrungen, sondern weil es seiner Meinung entsprach, die auch ganz anders hätte ausfallen können. Zudem war es jederzeit möglich und viele Verfasser haben davon Gebrauch gemacht -, die eigenen Kriegserinnerungen auch anonym erscheinen zu lassen, so daß nicht einmal ein unterschwelliger Verlust an Sozialprestige zu befürchten war. -

-

-

93)

Friedrich Freudenthal, Von Stade bis Gravelotte. [1898], S. 148 f. Ebd., S. 149.

men

94)

Erinnerungen eines Artilleristen,

Bre-

IV. Der Krieg 1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

181

Wenn die Soldaten aus den gelehrten Ständen auch von den Strapazen und Entbehrungen des Feldzugs hart mitgenommen wurden vielleicht noch härter als ihre körperlich robusteren Kameraden -, so hatten sie doch, wenn man ihren Selbstzeugnissen glauben kann, immer noch ein Gut in den Händen, das ihnen das Leben im Feld ein wenig erleichtern konnte: ihre Bildung. Allein schon die Lektüre, die zwar nicht ständig, aber immerhin sporadisch möglich war, schuf die Gelegenheit zu einer kurzen Flucht aus dem grauen Kriegsalltag und zu einer Rückbesinnung auf die eigene Friedenstätigkeit, die sich nach wenigen Wochen im Feld schon längst verklärt hatte. Wer die eigenen Bücher zu Hause zurückgelassen oder unterwegs verloren hatte, der konnte in den Bibliotheken französischer Bürgerhäuser rasch Ersatz finden. Der Erlanger Student Oskar Leibig berichtet in seinen Feldzugserinnerangen, daß er in solchen Bibliotheken teilweise regelrechte Plünderungen durchführte: -

Eine schöne Bibliothek war aus den Fächern herausgeworfen in einem Gartenzimmer zerstreut; ich habe ihr nach längerem Suchen ein deutsches Buch entnommen und zwar eine niedliche Ausgabe von Hebels „Alemannischen Gedichten". Sie wanderte schleunigst in den Brotsack und bildet jetzt einen Bestandteil in der Bibliothek meines ältesten Bruders, dem ich in dankbarer Anerkennung seiner fleißigen Zigarren- und Zeitungssendungen dies kleine Andenken an eine große Zeit widmete. Meine Requisitionen beschränkten sich überhaupt auf litterarische Gegenstände [...]. Wenn wir so ganze Tage auf Bereitschaft drin steckten, stöberte ich die Bibliotheken durch, und fand namentlich lateinische Bücher: u.a. eine sehr schöne Ausgabe von Phödrus' Fabeln und eine von Cicero's de officiis [sie]; manchmal wurde doch darinnen studiert unter Beihilfe meines philologischen Kameraden [...]. Dies alles habe ich als teure Andenken aus Frankreich mit heimgebracht und meiner Bibliothek einverleibt.95)

Mit den Bücherbeständen seiner unfreiwilligen Gastgeber deckt Leibig die unterschiedlichsten Bedürfnisse ab. Er findet hier Geschenke für seinen Bruder, Souvenirs für die eigenen vier Wände und Lesestoff für die langen Tage im Bereitschaftsdienst; außerdem nutzt Leibig einige Klassikerausgaben zu philologischen Studien, denen sich noch ein Kamerad mit denselben Interessen beigesellt eine studentische Arbeitsgemeinschaft im Felde, die versuchen will, auch unter den Bedingungen des Krieges den Anschluß an das Universitätsstudium nicht ganz zu verlieren. Die Sorge um das vernachlässigte Studium spielte ohnehin in den Reflexionen der angehenden Akademiker eine große Rolle. Immer wieder verlieh man der Hoffnung Ausdruck, nur ein einziges Semester durch den Feldzug zu verlieren; einige Optimisten wollten den Krieg gar auf die Semesterferien beschränkt sehen, um schon zu Beginn des Wintersemesters wieder die Kollegbank drücken zu können.96) -

95) Leibig, Erlebnisse eines freiwilligen Jägers, S. 117; ähnliche Schilderungen liefern Max

Hoffnack, Kriegserinnerungen eines alten 37ers, Hannover 1890, S. 80 und Adolf Fester, Jugenderinnerungen und Kriegsbriefe eines Altfrankfurters, Halle a.S. 1911, S. 71. 96) In diesem Sinne Karl Homann, Kriegstagebuch eines deutschen Reservemannes, Nürnberg 21879, S. 174; Mewes, Leiden und Freuden eines kriegsfreiwilligen hallenser Studen-

182

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

Engagement der Bildungsbürger

Wenn die Lektüre im Feld auch nur selten unmittelbaren Studienzwecken so hatte sie doch andere wichtige Funktionen. Für Soldaten, die von ihren Kriegserlebnissen unter Schock gesetzt worden waren, konnte die Beschäftigung mit den Heroen ihrer Schüler- und Studentenjahre eine ganz erhebliche psychische Stärkung bedeuten; und angesichts der untergeordneten Tätigkeiten, mit denen die Einjährigen im Feldalltag in der Regel beschäftigt wurden, bot die Besinnung auf das eigene Bildungswissen die Chance, sich neues Selbstvertrauen einzuflößen. Vielleicht sind diese Gründe dafür ausschlaggebend gewesen, daß die gebildeten Kriegsteilnehmer so gern und so häufig ihre Kenntnisse mobilisierten; daß sie ihre Klassiker so oft zu einer regelrechten Wahrnehmungsfolie machten, durch welche sie die konkreten Kriegsereignisse betrachteten. Der Eindruck einer solchen Wahrnehmungsweise wird zumindest von den Selbstzeugnissen der gebildeten Kriegsteilnehmer vermittelt, die ihre Schilderungen mit Zitaten und gelehrten Anspielungen geradezu spicken immer vorausgesetzt natürlich, daß das Bildungsgut nicht erst im nachhinein, vor der Drucklegung also, eingeflochten wurde, um den Autor in der Wahrnehmung seiner Leser intellektuell aufzuwerten. Überblickt man die Memoiren, Briefe und Tagebücher der Soldaten aus den gelehrten Ständen, dann findet man hier Zitate und Anspielungen versammelt, die den gesamten Bildungskanon des 19. Jahrhunderts abdecken. Immer wieder wurde vor allem Friedrich Schiller zitiert, die literarische Galionsfigur der bürgerlichen Nationalbewegung; die meisten Zitate waren dem „Wallenstein"97), der „Jungfrau von Orléans"98) und dem „Lied von der Glocke" entnommen. Das „Lied von der Glocke" bot sich insbesondere dort an, wo zu den französischen Frauen Stellung genommen werden mußte, die bei der Verteidigung von Paris mitwirkten oder sich am Freischärlerkrieg beteiligten hier drängte sich so manchem Gebildeten das Wort von den Weibern in die Feder, die zu Hyänen werden.99) Schillers Weimarer Weggefährte Goethe fand eben-

diente,

-

-

324; Schmitthenner, Erlebnisse eines freiwilligen badischen Grenadiers, S. 127; Kinzenbach, Mein Kriegsjahr 1870-71, S. 270. ten, S.

97) Siehe etwa Bis in die Kriegsgefangenschaft. Erinnerungen aus der Zeit des großen Kampfes von 1870-71. Von einem 67er, Berlin o.J„ S. 128. 98) So beispielsweise Wilhelm Bußler, Aus meinem Kriegsleben, Gotha 1887, S. 160ff. 99) Hans Blum, Auf dem Wege zur deutschen Einheit. Erinnerungen und Aufzeichnungen

eines Mitkämpfers aus den Jahren 1867 bis 1870, Bd. 2, Jena 1893, S. 186; Theodor Fontane, Kriegsgefangen Erlebtes 1870. Aus den Tagen der Okkupation, in: ders., Sämtliche Werke. Bd. XVI, hg. v. E. Groß, München 1962, S. 107; Max von Eelking, Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich 1870 bis 1871, Leipzig 1871, S. 320; F. Kinzenbach, Mein Kriegsjahr 1870-71. Erinnerungen eines ehemaligen Kriegsfreiwilligen im rheinischen Jägerbataillon Nr. 8, Mülheim a. d. Ruhr 1880, S. 244. Hugo Dinckelberg verglich das nächtliche Biwak seiner Einheit mit Schillers .Räuberlager', einen Ausfall aus dem belagerten Le Bourget kommentierte er mit einem Vers aus dem .Handschuh' (Dinckelberg, KriegsErlebnisse eines Kaiser Alexander Garde-Grenadiers, S. 25 u. 106). Bei Christian Clessler mußte ein Schiller-Zitat die Beschreibung einer Requirierung ausschmücken (Christian -

IV. Der

Krieg

1870/71 und das

183

Engagement der Bildungsbürger

falls große Beachtung; insbesondere der Vormarsch durch das Elsaß im August 1870 weckte viele Erinnerungen an Goethes Jugend, an die Straßburger Studentenzeit und an die Begegnung mit Friederike Brion in Sesenheim.100) Hugo Dinckelberg tröstete sich über die Entbehrungen des Feldzugs mit dem GoetheWort hinweg, daß nur derjenige die Freuden des Lebens zu schätzen weiß, der auch seine Schattenseiten kennengelernt hat;101) Ludwig Pietsch fühlte sich bei heftigen Regengüssen an die Schilderungen aus Goethes „Campagne in Frankreich" erinnert.102) Diese vielleicht berühmteste Kriegsschilderung eines deutschen Bildungsbürgers stand auch für Ernst Stier Pate, als er die Wirkung des sogenannten Kanonenfiebers beschreiben wollte; von der Unzulänglichkeit seiner eigenen Ausdrucksmöglichkeiten überzeugt, flocht er kurzerhand ein wörtliches Zitat aus Goethes „Campagne" ein.103) Doch nicht nur die Dichterfürsten der Klassik, sondern auch die Romantiker kamen zu Wort. Gerne wurde das ,Morgenrot' aus Hauffs „Reiterlied" beschworen, das zum ,frühen Tod leuchtete'104); optimistischer schon stimmte der Eichendorff-Vers ,Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt'105). Auch Friedrich de la Motte-Fouqués „Undine", vertont von E.T.A. Hoffmann, war eine Anspielung wert.106) Der Horizont der europäischen Literatur wurde insbesondere durch Shakespeare-Zitate aufgeClessler, Aus großer Zeit. Erinnerungen eines deutschen Feldapothekers des Jahres 1870-1871, Stuttgart 1895, S. 30), während sich Ernst Stier bei passender Gelegenheit auf das geflügelte Wort besann ,Es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten' (Ernst Stier, Unter

Prinz Friedrich Karl. Erlebnisse eines Musketiers

vom

X.

Armeekorps

im

Feldzuge

1870/71, München 21891, S. 75). Der Feldpostbote „theilte gleich Schillers ,Mädchen aus der Fremde' jedem eine Gabe aus", beobachtete Gustav Hößlin, der sich am Vorabend eines Gefechts durch das Memorieren des Schiller-Gedichts „Die Schlacht" stärkte (Gustav Adolf von Hößlin, Kriegs-Erinnerungen eines Bayern als Freiwilliger im I. Württ. Jägerbataillon aus dem Jahre 1870/71, Stuttgart 1889, S. 77 u. 82). Ein Briefautor freute sich nach anstrengenden Gefechtstagen mit einem Schiller-Zitat über die Rückkehr ,in's Leben, in die Menschlichkeit' (Armin di Miranda [Hg.], Feldpostbriefe eines Fünfundzwanzigers während des deutsch-französischen Krieges von 1870-1871, Aachen o.J., S. 78); der Feldgeistliche Maximilian Richter forderte den Leser kurzerhand auf „Was soll ich Dir nun sagen von unserm Leben? Lies Wallensteins Lager, so ist's" (Maximilian Richter, Kriegsbriefe eines Feldgeistlichen 1870/71, Berlin 1895, S. 8). I) Hermann Jahn, Aus Deutschlands großen Tagen. Erlebnisse eines 24ers im deutschfranzösischen Kriege, Bd. 2, Braunschweig 1904, S. 309. ") Ebd., S. 306f.

208

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Die Bestandtheile unserer Armee sind zu kostbar, es ist unser eigen Fleisch und Blut, vom Throne bis in die Hütte, nicht fremde Söldlinge und Barbaren, oder um Geld dienende Miethlinge -, als daß wir Kriege blos zum Amüsement führen könnten, etwa bloß um einen kaiserlichen Prinzen der Armee vorzustellen, oder um die eitle Sucht nach Ruhm und Beute -

befriedigen.12) Mit der Erwähnung des kaiserlichen Prinzen spielt Weber auf eine Episode an, die sich kurz nach Kriegsbeginn bei Saarbrücken zutrug. Napoleon III. war mit seinem Sohn zur Truppe gereist und erlaubte dem Knaben, der auf den Kosenamen Lulu hörte, ein Geschütz abzufeuern; eine symbolische Geste, die der Armee demonstrieren sollte, daß sich die Familie Bonaparte als eine Militärdynastie verstand, die ihre Prinzen schon im Knabenalter der Truppe zuführte. zu

Für deutsche Kommentatoren, unter ihnen Weber, war dieses Ritual jedoch nur ein Ausdruck höfischer Dekadenz und insofern den verantwortungslosen Taten zuzurechnen, die für einen Kabinettskrieg typisch sind. Schon der Name Lulu erweckte den Eindruck, als sei der kaiserliche Sprößling einer Operette entstiegen; die operettenhafte Inszenierung seines Auftritts vor Saarbrücken mußte im Kontrast zur blutigen Realität des Krieges wie der Gipfelpunkt der Frivolität erscheinen. Im selben Atemzug, in dem Weber diese Leichtfertigkeit der Herrschenden geißelt, also ein beliebtes Motiv der Kritik am Kabinettskrieg variiert, spricht er aber auch von ,Mietlingen', die nur ,um Geld dienen' die Anklage des Söldnerwesens ist gleichzeitig präsent. Dieses Söldnerwesen wurde auch in den verschiedenen Kriegsdarstellungen, die während des Feldzugs oder in den Folgejahren auf deutscher Seite entstanden, immer wieder angeprangert. Ob es sich um „Miethlinge wie in England" handelte, oder um „ergraute Berufssoldaten wie in Frankreich"13) sie alle kämpften für Geld, und dieser Umstand allein war moralisch schon fragwürdig. „In Frankreich [war] ein Söldnerheer entstanden", urteilte Ferdinand Sonnenburg, das den „Kriegsdienst handwerksmäßig betrieb, ohne höhere Bildung war und meist aus Müßiggängern oder Leuten der niedrigsten Völksklassen bestand. Das Heer wurde durch diese Elemente demoralisiert"14). Ohne Bildung hat die Armee keine Seele und kann den Krieg nur wie ein Handwerk betreiben; der geringe Sold lockt nur Männer aus den Unterschichten an, wodurch das Heer noch zusätzlich demoralisiert wird. Letztlich werden diese „Berufssoldaten", wie der Kriegsbuchautor Müller zu wissen meinte, vom „Volke als ein besonderer Stand" angesehen, „ähnlich, wie früher in Deutschland die Landsknechte, die auch für ein Handgeld Kriegsdienste nahmen und dem ihre -

-

12) A. Weber, (Offener Brief an Angelo de Gubernatis), zit. n. Ludwig Bauer (Hg.), Der Deutschen Hochschulen Antheil am Kampfe gegen Frankreich, Leipzig 1873, S. 125. 13) Oskar Höcker/Franz Otto (Hgg.), Das große Jahr 1870. Neues vaterländisches Ehrenbuch, Berlin/Leipzig 1871, S. 9. 14) Ferdinand Sonnenburg, Geschichte des deutsch-französischen Krieges 1870 und 1871, Berlin 1871. S. 11. Ähnlich auch VZ, 30.7. 1870, Nr. 176, S. 2; MNN (UnterhaltungsBlatt), 8. 9. 1870, Nr. 72, S. 8.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

209

Haut verkauften, der am besten bezahlte"15). Von Landsknechten in Diensten des Kaisers sprach auch Gustav Freytag;16) ein anderer Beobachter ging sogar bis in die Geschichte des antiken Rom zurück, um einen passenden Vergleich für das französische Söldnerheer zu finden: Hunderttausende der besten Söhne des Vaterlandes [eilen] zu den im Kriegssturm rauschenden Fahnen Deutschlands, freudig bereit, an den Gränzen [sie] ihr Herzblut für Deutschlands Freiheit und Ehre zu verspritzen. Hier rufen keine feilen Gladiatoren ihr Ave Caesar, morituri te salutant! Aus der Brust des freien Mannes dröhnt mächtig der unwiderstehliche Ruf: Für's Vaterland in den Kampf, in den Tod! Hier ist Wahrheit und Würde, sittliche Kraft und echte Begeisterung: drüben hinterlistige Lüge und knechtisches Wesen.17) -

Das ,knechtische Wesen' der französischen Soldaten erinnert Bojanowski an die .feilen Gladiatoren', die sich einst den Caesaren als .Todgeweihte' empfahlen; der Vergleich hinkt zwar, weil die Gladiatoren nur sich selber, nicht aber die äußeren Feinde Roms bekämpften, doch der Autor scheint kein besseres Bild für die totale Abhängigkeit und soziale Deklassierung der feindlichen Krieger gefunden zu haben. Ebenso erging es der Augsburger Allgemeinen Zeitung, in deren Einschätzung sich Truppen, „deren Handwerk der Krieg ist", nicht von einem „Gladiatorenheere"18) unterscheiden. Anleihen bei der römischen Geschichte machte auch Emil Du Bois-Reymond, der Rektor der Berliner Universität, um die kaiserliche Armee durch einen Vergleich zu charakterisieren. In einer Rede, mit der Du Bois-Reymond am 3. August 1870 in der Aula der Friedrich-Wilhelms-Universität das akademische Publikum über Sinn und Zweck des Krieges belehrte, zog er die Prätorianergarde des römischen Prinzipats heran, um das Wesen des feindlichen Heeres möglichst treffend zu kennzeichnen. Die deutsche Armee, so der renommierte

Mediziner, ist nicht ein ruchloser Prätorianerhaufe, der von seinem auf den blutigen Schild erhobenen Kaiser in gemessenen Fristen unter meuterischem Murren seinen Sündensold an Mord und Brand, Unzucht und Plünderung heischt. Wie in Athen und Sparta, wie zu Rom in den Tagen des Cincinnatus und Camill, dieses Heer sind wir selber, die Nation. Neben dem Bauerburschen [sie] und Handwerker in gleicher Linie steht der Erbe des ältesten Hauses, und, seinen Homer und Shakspeare [sie] im Tornister, unser Stolz, der deutsche Student. Hätten die Franzosen ein Volksheer wie wir, sie würden vielleicht den Krieg aus einem anderen Gesichtspunkte betrachten. Das ist freilich eine bequeme Kriegslust, bei welcher der wohlhabende Bürgersohn Eis schlürfend im Caffee sitzt und von der Kaiserlichen Polizei veranstaltete patriotische Kundgebungen beklatscht, während ein erkaufter Taugenichts für ihn in's Feld zieht.19)

15) 16)

C. W. Müller, Der große Krieg 1870/71, Herborn 1895, S. 29 f. Gustav Freytag, Auf der Höhe der Vogesen. Kriegsberichte von 1870/71, Leipzig 1914, S. 19. 17) Bojanowski, Geschehenes und Geschriebenes, S. 27. '») AAZ, 7. 9. 1870, Nr. 250, S. 1. I9) Emil Du Bois-Reymond, Über den deutschen Krieg. Rede, gehalten am 3. August 1870 in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, Berlin 1870, S. 8f. „Der französische Cäsar fuhrt seine Prätorianer in Person gegen den Rhein", hieß es am

210

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Der Berliner Professor schlägt einen großen Bogen von der römischen Kaiserzeit bis zu den Pariser Boulevards des Juli 1870, um seine Kritik an der Armee des Kriegsgegners möglichst plastisch werden zu lassen. Bei der Darstellung der Sitten der Prätorianer scheinen allerdings die Schilderungen Suetons Pate gestanden zu haben; und der ,wohlhabende Bürgersohn', der in Paris im Café sitzt, während ein ,erkaufter Taugenichts' für ihn die Uniform anzieht, dürfte auch nicht viel häufiger vorgekommen sein als der deutsche Student, der seine Klassikerausgaben mit nach Frankreich trug. Die Kritik an der französischen Armee diente aber nicht nur dazu, den Kriegsgegner zu denunzieren, sondern wurde auch mit der Absicht betrieben, eine Kontrastfolie zur deutschen Heeresverfassung aufzubauen. Vor dem Hintergrund des französischen Wehrsystems konnten die Vorzüge und Eigentümlichkeiten des deutschen Heeres besonders deutlich akzentuiert werden. Der Gegensatz zu einer stehenden Truppe, die für Kabinettskriege zu gebrauchen war, und zu einer Söldnerarmee, die sich für Geld verdingte, verlieh der preußisch-deutschen Heeresverfassung ihr spezifisches Profil. Deutsche Soldaten kämpften nicht für schnöden Mammon, sondern für Heim und Herd, König und Vaterland; sie waren keine Werkzeuge der Launen ihres Kriegsherrn, sondern selbstbewußte Verfechter von nationalen Interessen. Die Abgrenzung von den stehenden Heeren des Kabinettskrieges mußte aber nicht immer im Hinblick auf den französischen Kriegsgegner erfolgen. Für den Bonner Professor Rasse war es vielmehr die preußische Armee der Katastrophe von Jena und Auerstedt, deren negatives Beispiel durch das neue preußisch-deutsche Heer glücklicherweise überwunden war. In einer Rede, die Rasse am 3. August 1870 bei einer akademischen Feierstunde hielt, führte er über die Zeit der großen Niederlage gegen das erste französische Kaiserreich aus:

Damals beschränkte sich die Theilnahme am Kriege auf ein dem Volke allzusehr entfremdetes Heer, welches von dem Beamtenstaate schlecht unterstützt wurde. Der König habe eine Bataille verloren, hieß es, Ruhe sei die erste Bürgerpflicht. Heute eilt zu den Waffen, was die Waffen tragen kann, alle Stände wetteifern in freier Thätigkeit für die zurückbleibenden Kinder und Frauen, für die verwundeten und kranken Krieger, und wenn der König eine Schlacht verlöre, so wissen wir Alle, daß verdoppelte Thätigkeit und noch allgemeinere Erhebung in Landwehr und Landsturm unsere Pflicht wäre.20)

Der Redner zitiert das berühmte Plakat, mit dem im Oktober 1806 die verlorene Schlacht vom König angezeigt wurde; die alte Gesetzmäßigkeit des Kabi21.7. 1870 in der Frankfurter Zeitung (Nr. 200, S. 1 ); dasselbe Bild verwendete der Rechtsanwalt und Publizist Karl Braun, seit 1867 Vorstandsmitglied der Nationalliberalen Partei, in einer Essaysammlung aus dem Jahre 1871 (Karl Braun, Während des Kriegs. Erzählungen, Skizzen und Studien, Leipzig 1871, S. 28). 20) Erwin Rasse, Beamtenthum und Bürgerpflicht im preußischen Staate. Rede, gehalten zur Feier des 3. August 1870 in der Aula der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn 1870, S. 4.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

211

nettskrieges, daß der König die Schlacht verloren hat und die Pflicht des Bürgers nur darin besteht, die Ruhe zu bewahren, ist im Jahre 1870 jedoch längst außer Kraft gesetzt. Nun sind alle am Krieg beteiligt, jeder wirkt an seiner Stelle mit, und sei es auch nur bei der Versorgung der Soldatenfamilien oder bei der Verwundetenpflege. Nach einer verlorenen Schlacht bestände die Bürgerpflicht heute darin, pointiert Rasse am Schluß des Zitats den Vergleich mit den napoleonischen Kriegen, sofort in Landwehr und Landsturm aktiv zu werden und nicht erst sieben Jahre später, wie noch zur Zeit Friedrich Wilhelms III., als es bis zum Frühjahr 1813 dauerte, ehe der Appell des Königs an die Nation endlich erfolgte. Wenn es nach dem Willen Napoleons III. gegangen wäre, dann hätte auch der deutsch-französische Krieg des Jahres 1870 ein Kabinettskrieg bleiben können. Dieser Ansicht ist zumindest Martin Wohlrab, Rektor des Gymnasiums zum heiligen Kreuz in Dresden, der in seiner Festrede zum Friedensschluß ausdrücklich betont, daß „Frankreich" dem Feldzug den „Charakter eines Kabinetskrieges" geben wollte; die „Art und Weise, wie es denselben herbeizuführen suchte, erinnerte sehr an das Verfahren des vierzehnten Ludwig"21). Das Zeitalter der Raubkriege, die nur vom Zaun gebrochen werden mußten, ist jedoch vorbei; die „allgemeine Entrüstung", die in Deutschland das ganze Volk zu den Waffen greifen ließ, sorgte sehr schnell dafür, „daß aus dem intendirten Kabinetskriege ein Volkskrieg wurde"22). Dieser Völkskrieg wurde auf deutscher Seite von einem wahren Völksheer geschlagen; die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland sorgte dafür, daß kein Riß zwischen Armee und Volk entstehen konnte, daß das Heer mit der Nation identisch war. „Während bei uns jeder Sohn des Landes zu dessen Schirm und Schutz die Waffen trägt", schreiben die Autoren eines Kriegsbuches, „besteht der Kern des französischen Heeres zum größten Theil aus wiedereingetretenen Soldaten, so recht eigentlich Berufssoldaten, dann aus Militärpflichtigen, welche, wenn sie es nur irgend vermögen, sich vom Dienst loskaufen"23). Obwohl hier immerhin berücksichtigt wird, daß eine Konskriptionsarmee nicht ohne jede Begründung mit einer Berufsarmee gleichzusetzen ist, fällt der Vergleich mit dem deutschen Wehrpflichtigenheer doch keineswegs günstiger aus als in der Kriegsdarstellung -

Hugo von Doerings:

Alle Stände ohne Ausnahme müssen [in Deutschland] ihre Dienstpflicht wirklich erfüllen, die Stellvertretung für Geld ist ein völlig überwundener Standpunkt, und der Vornehmste wie Niedrigste, Reichste wie Aermste müssen die Uniform des Soldaten anziehen, betrachten solche als ein Ehrenkleid, daß [sie] Jeder mit gerechtem Stolze tragen kann, und kämp-

2'

) Martin Wohlrab, Rede zur Friedens-Feier am 4. März 1871 in der Aula des Gymnasiums heiligen Kreuz, Dresden 1871, S. 5.

zum

22) Ebd. 23) Höcker/Otto, Das große Jahr 1870, S. 43.

212

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

fen in eigener Person und nicht durch einen bezahlten Stellvertreter für die Ehre und Freiheit ihres theuren Vaterlandes gegen fremde Willkür.24)

Die Uniform, die früher in bürgerlichen Kreisen verpönt war, ist in Deutschland längst zu einem ,Ehrenkleid' geworden; wenn wirklich für das Vaterland gefochten wird, dann ist auch jeder bereit und verpflichtet, in eigener Person die Waffen zu führen. Das Prinzip des Nationalkriegs, in dem Bürgersoldaten sich mit den Zielen und Zwecken des Krieges vollständig identifizieren, ist mit dem Prinzip der Stellvertretung unvereinbar. Doering übernimmt die Argumente, die traditionell zugunsten der Nationalbewaffnung und der Nationalmilizen ins Feld geführt wurden, um mit ihrer Hilfe einen möglichst starken Kontrast zwischen den französischen und den deutschen Streitkräften aufzubauen. Das französische Konskriptionssystem, das aber auch in Süddeutschland jahrzehntelang angewendet worden war, wird mit der Begründung, daß Kampf in eigener Sache' und Stellvertretung sich gegenseitig ausschließen, in einen unvereinbaren Gegensatz zur Idee des Nationalkriegs gebracht. Gleichzeitig wird aber die allgemeine Wehrpflicht, die jeden Deutschen zum Kriegsdienst zwingt, so gedeutet, als handle es sich hier um einen freiwilligen Griff zur Waffe, der von allen Bürgern für notwendig erachtet wird, weil es das Interesse der Nation erfordert. Der Mythos der Nationalbewaffnung wird kurzerhand auf eine Armee projiziert, in der die allgemeine Wehrpflicht doch nur eine Komponente neben vielen anderen ist; Komponenten aber, deren Mehrzahl eindeutig in einer konservativen Militärtradition steht. Wenn die Armee ein Spiegel des ganzen Volkes ist, wenn das Heer und die Nation miteinander identisch sind, dann fällt es leicht, den Mythos der Volksbewaffnung auf die deutschen Streitkräfte des Jahres 1870 zu projizieren. ,Das Volk erhebt sich in Wehr und Waffen' der alte Miliztraum, das alte Ideal einer Nation, die sich im gemeinsamen Griff zu den Waffen selber konstituiert, scheint im Juli 1870 verwirklicht worden zu sein. „Um es kurz zu kennzeichnen", schreibt auch der Kriegsbuchautor Reichardt, „stand dort" auf französischer Seite „der Berufssoldat, hier das ganze Volk unter Waffen" „ja, es war unser ganzes Volk, das in seiner Blüthe, in seiner waffenfähigen Mannschaft 1870 gegen den Erbfeind auszog"25). In diesem Heer war das ,

-

-

-

-

ganze große Vaterland von den Alpen bis zum Meere vertreten, da standen Arm und Reich, Hoch und Niedrig, Körperkraft und Intelligenz gleichgestellt nebeneinander. Da war der einfache Arbeiter und der Bauer, der Kaufmann und der Gelehrte, der Handelsgehilfe und der Student, der Jüngling und der Mann vertreten. Es war die Blüthe der Nation, ein Heer [...], das nicht auszog für tauben Ruhm, im tollen Taumel, sondern das einmüthig und andächtig

24) Hugo

von Doering, Deutschlands Krieg gegen Frankreich im Jahre 1870/1871, Berlin 1871, S. 32. 25) A. Reichardt, Anno 1870. Geschichte des deutsch-französischen Krieges bis zum Friedensschlüsse, Stuttgart 21871, S. 37.

1. sich erhob

zum

Schütze des

zuschlagen.26)

Kriegführung und Heeresverfassung

213

bedrängten Vaterlandes, um die frevelhaften Bedränger nieder-

Um den besonderen Charakter des deutsches Heeres

gebührend herauszustrei-

chen, ist Reichardt keine Alliteration zu schade: Für ,tauben Ruhm' und im ,tollen Taumel' zieht eine verantwortungslose Soldateska in den Krieg, während sich ein wirkliches Nationalheer in Andacht erhebt, fast wie zu einem Gottesdienst. Gleichzeitig garantiert die volle Erfassung der gesamten Völkskraft, daß der Armee auch die .wertvollen Elemente' der Bevölkerung zugeführt werden; in Deutschland gilt nicht, wie in Frankreich, die Devise, daß nur derjenige Soldat wird, der zu keinem anderen Beruf befähigt ist. Gerne wird in diesem Zusammenhang von der ,Blüthe des Volkes' gesprochen, die in den deutschen Streitkräften aufgeboten wird; auf französischer Seite hingegen kämpft der .Abschaum' der Gesellschaft, wie Professor Hottinger bei einer

vergleichenden Gegenüberstellung der kaiserlichen Truppen feststellt:

Armee mit den deutschen

Das deutsche Heer war ein „Volk in Waffen". Die Wehrpflicht erstreckte sich auf jeden gesunden kriegstüchtigen Mann [...]. Jeder mußte dieser Pflicht persönlich genügen und konnte keinen Stellvertreter dafür anstellen. Da standen sie Schulter an Schulter, der Sohn des Tagelöhners und des Edelmannes, der Bauer und der Gelehrte [...], um zu kämpfen für Vater und Mutter, für Haus und Herd [...]. In Frankreich dagegen war Stellvertretung gestattet [...]. Daher kam's, daß das französische Heer, mit Ausnahme der Offiziere, fast nur aus Leuten der unteren Volksklassen und zum Teil sogar aus dem Abschaum derselben zusam-

mengesetzt war.27)

Der ,Abschaum der Gesellschaft', der von der bürgerlichen Kritik schon immer mit stehenden Heeren oder Söldnerarmeen in Verbindung gebracht worden war, wird nun kontrastiv gegen die ,Blüte des Volkes' gesetzt, die in einer Nationalarmee vertreten ist, wie sie das deutsche Heer des Jahres 1870 verkörperte. Für Heinrich von Treitschke war dieser Gegensatz so eklatant, daß er von einem vollkommen ungleichen Einsatz der Kräfte im Krieg von 1870/71 sprach; die „Blüthe deutscher Jugend" werde im Kampf gegen „Lanzknechte"28) geopfert. Zu derselben Einschätzung kam Julian Schmidt. „Schwerer als 1866 machen wir die Erfahrung", führte er in einem offenen Brief aus, „daß auch der siegreiche Krieg uns tiefere Wunden schlägt als jeder anderen Nation. Es ist kein Söldnerheer, mit dem wir unsre Schlachten gewinnen, die Edelsten unsres Volks an Kraft und Intelligenz werden in die Bresche geworfen"29). Daß in einer Söldnerarmee keine Menschen vertreten sein können, die

26) Ebd., S. 37 f. 27) Chr. G. Hottinger, Der deutsch-französische Krieg 1870-71, Berlin l51910, S. lOf. 28) Heinrich von Treitschke, Was fordern wir von Frankreich?, Berlin 1870, S. 1. 29) Julian Schmidt, Der Krieg gegen Frankreich, in: ders., Bilder aus dem Geistigen Leben unserer Zeit, Bd. 2, Leipzig 1871, S. 465.

214

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

über irgendwelche Talente und Begabungen verfügen, scheint für die beiden Autoren außer Frage zu stehen.30) Ebenso unbestreitbar war für viele Kommentatoren, daß der deutsch-französische Krieg die Überlegenheit des Wehrpflichtsystems nicht nur in diesem konkreten Fall demonstriert, sondern die Frage nach der richtigen Heeresverfassung auch prinzipiell entschieden habe. Die Durchsetzung der deutschen Truppen gegen die kaiserlichen Armeen, die faktisch auf eine Vielzahl von Faktoren, gewiß auch auf etliche Zufälle, zurückzuführen war, wurde ohne größere Umstände zum endgültigen Beweis für die größere Leistungsfähigkeit eines Völksheeres gegenüber einer Berufsarmee verallgemeinert. „Überhaupt kann ein Staat", urteilte ein Kriegsteilnehmer, „welcher die allgemeine Wehrpflicht nicht eingeführt hat, unmöglich einen andern gleich starken Staat mit Krieg überziehen, in der Hoffnung als Sieger aus dem Kampfe hervorzugehen"31)- Für den Berliner Professor Bruns stand der grundsätzliche „Gegensatz der Berufs- und der Volksarmee" im Krieg von 1870/71 „auf dem Spiele", wobei der eindeutige Sieg des ,,System[s] der Volksarmee"32) in den Augen des Rektors der Friedrich-Wilhelms-Universität eine weltgeschichtliche Zäsur bedeutete: indem er nämlich das Ende der Eroberungskriege erzwingen und damit die wahre politische und bürgerliche Freiheit begründen müßte.33) Der Zusammenhang von Heeresverfassung und Friedenssicherung, der hier von Bruns angesprochen wird, bildete in der Diskussion um die konkurrierenden Wehrsysteme einen weiteren wichtigen thematischen Schwerpunkt. Zu den gängigen Vorwürfen, die gegen die kaiserliche Armee erhoben wurden, gehörte die Unterstellung, daß sie ein willenloses Werkzeug in den Händen ihres Oberbefehlshabers sei; ein stehendes Heer von Kriegsknechten oder eine bezahlte Söldnerarmee sei nun einmal zu beliebigen Zwecken zu gebrauchen. Die

30)

Auch in den Selbstzeugnissen vieler Kriegsteilnehmer wird der Gegensatz zwischen dem deutschen Volks- und dem vermeintlichen französischen Söldnerheer sehr stark hervorgehoben. „Wir waren keine gekauften Söldnerschaaren". schrieb in diesem Sinne etwa Bernhard Arke, „die nur pour la gloire kämpften, wir waren Kinder des Volkes in Waffen, welche mit freudigem, heiligem Ernste das Schwert zum Schütze des Vaterlandes ergriffen hatten" (Bernhard Arke, Im Felde. Kriegserinnerungen eines Freiwilligen vom GrenadierRegiment König Friedrich II., Berlin 1894, S. 5). Auch Theodor Bracht legte Wert auf die Feststellung, daß Deutschland nicht „um eitler gloire willen" kämpfte: „Kein Söldnerheer, wie es die Franzosen hatten, zog in den Krieg; ein Volksheer, welches hoch und niedrig, arm und reich in sich vereinigte, ergriff die Waffen zum Schütze des bedrohten Vaterlandes" (Theodor Bracht, Ernstes und Heiteres aus dem Kriegsjahre 1870/71, Halle a.S. 1892, S. 12; ähnlich auch Vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerangstagebuch eines Kriegsfreiwilligen im Gardefüsilierregiment, München 21896, S. 278f.). 31) Armin di Miranda (Hg.), Feldpostbriefe eines Fünfundzwanzigers während des deutschfranzösischen Krieges von 1870-1871, Aachen o.J., S. 68. 32) Carl Georg Brans, Deutschlands Sieg über Frankreich. Rede beim Antritte des Rectorats der Königl. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 15. October 1870, Berlin 1870, S. 11. 33) Ebd., S. 11 ff.

1.

215

Kriegführung und Heeresverfassung

Frivolität, der Leichtsinn der französischen Kriegserklärung im Juli 1870 habe den besten Beweis hierfür geliefert. Insofern müsse eine Armee, die nach dem Muster der Streitkräfte Napoleons III. organisiert sei, von den Nachbarländern als eine ständige Bedrohung empfunden werden. Ein Heer, das in beliebiger Absicht einsetzbar sei, stehe auch ständig auf dem Sprung zu einem Angriff auf andere Staaten. Nichts hindert den Oberbefehlshaber daran, seine Schergen dazu aufzufordern, einen wie auch immer motivierten Überfall auf ein Nachbarland durchzuführen. Ganz anders stellt sich die Situation dar, wenn die Armee, wie in PreußenDeutschland, nach dem Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht organisiert ist. Die Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen, die Mobilisierung der gesamten Nation schließt Kriege, die leichtsinnig begonnen, die einfach nur vom Zaun gebrochen werden, von vornherein aus. Das hat nach Auffassung der zeitgenössischen Kommentatoren zunächst einmal wirtschaftliche Gründe. Die Mobilmachung großer Teile der männlichen Bevölkerung bedeutet eine solche Belastung für das Wirtschaftsleben, einen solchen Produktionsausfall, daß nur im äußersten Notfall darauf zurückgegriffen werden sollte. Ein Staat wie Preußen darf gar nicht daran denken, sich als ein berufsmäßig kriegerischer und erobernder Staat zu bethätigen. Es verbietet das der Charakter der preußischen Heeresorganisation, welche allerdings erfolgreiche Vertheidigungskriege oder auch kurze Offensivkriege von außerordentlicher Intensität gestattet, welche aber bei einem anhaltenden Kriegszustande das Land rasch dem entsetzlichsten Ruin zufuhren würde. Das preußische Heer ist, wie bekannt, keine Söldnertruppe, sondern ergänzt sich aus allen Ständen des eigenen Landes [...]. Ein länger andauernder Krieg Preußens würde daher auf jede Berufssphäre die allerstörendsten Einwirkungen üben, und den Nationalwohlstand in Folge einer fortgesetzten Arbeitseinstellung so zahlreicher und mannigfacher werthvoller Erwerbskräfte auf das Nachhaltigste zerrütten.34)

Neben diesem volkswirtschaftlichen Argument spielt aber auch die Überlegung eine Rolle, daß die ,sozial wertvolleren Elemente' in der Wehrpflichtigenarmee, von denen oben bereits die Rede war, die Herrschenden zu größerer Vorsicht zwingen; wer in einem Krieg die .Blüte des Volkes' aufs Spiel setzt, so die Argumentation, überlegt sich zweimal, ob er eine militärische Auseinandersetzung in Kauf nehmen will. Ein Leitartikel der Kölnischen Zeitung macht mit bewegenden Worten den Einsatz deutlich, der von einer wirklichen Nationalarmee und im Verbund mit ihr von der ganzen Nation in einem modernen Krieg erbracht werden muß: -

-

Nicht geworbene Heere stehen sich zu kunstgerechtem Zweikampfe gegenüber, der sich in einer regelrecht verlaufenden Reihe von mehr oder minder blutigen Gängen vor den Augen der sich mit dem Herzen nur mäßig betheiligenden friedlichen Bevölkerungen abspielt; die Jugend der Völker zieht jetzt selbst massenhaft zum Kampfe für die eigene Sache, und mit -

34) F[erdinand] Rauchfuß,

Preußenfeindliche Schlagwörter. Zur Würdigung der Staatszustände in Preußen und seiner europäischen Mission, Zürich 1871, S. 46.

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

ihr zieht, zumal in Deutschland, dem Lande der aufrichtig ausgeführten allgemeinen Wehrpflicht, das Herz des ganzen Volkes, der Gattinnen, Mütter und Bräute [...] hinaus auf die blutigen Wahlstätten. De[n] Jubel über die Siege und die Klage um die Opfer theilt bei uns das ganze, in allen seinen Geschlechtem, Altern, Berufsclassen „in Waffen" einige Volk.35) -

-

Krieg wird nicht mehr aus der Distanz beobachtet, sondern durch die Wehrpflicht zur ureigensten Angelegenheit jeder einzelnen Familie gemacht, die auf seine Siege stolz sein kann, aber auch seine Opfer mittragen muß. Im Eingedenken an diese Opfer wird jeder Staatsmann lange zögern, bevor er den Entschluß faßt, einen Feldzug zu eröffnen. Möglicherweise hätte auch Frankreich in der Julikrise 1870 nicht so überstürzt den Krieg an Preußen erklärt, vermutet Carl Georg Bruns in seiner Berliner Rektoratsrede, wenn es in dem Der

Bewußtsein hätte handeln müssen, seine .besten Vblkskräfte' in die Schlacht zu werfen: Wie ganz anders würden jene servilen Senatoren und Deputirten in Paris gesprochen haben, wenn [...] ihre eigenen Söhne und Brüder den Krieg hätten führen sollen! Wie ganz anders werden sie den Krieg ansehen, wenn bei ihnen wie bei uns, in einem einzigen gemeinen Soldaten mehr Talent und Wissenschaft, mehr Industrie und Capital zu Grunde gehen wird, als in ganzen Haufen ihrer jetzigen Schaaren [...]! Wenn Frankreich die allgemeine Wehrpflicht annimmt, wird selbst der Verlust von Elsass und Lothringen und die Schmach von Sedan nur schwer noch im Stande sein, es zu dem Wagnisse eines neuen Krieges zu bewegen. Denn wie furchtbar bei diesem Systeme der Krieg in das ganze Leben der Nation und alle Verhältnisse eingreifen kann, das haben allerdings auch wir erst in diesem Kriege so recht eigentlich und vollständig erfahren.36)

Je größer die Opfer sind, die der Krieg einem Volk abverlangt, desto geringer wird dessen Bereitschaft sein, ohne Not einen Krieg zu entfachen. Für einen Staat, der die allgemeine Wehrpflicht eingeführt hat, erhält die defensive Ausrichtung schon fast zwingenden Charakter; kein Politiker wird sein Gewissen mit einem aktiv herbeigeführten Krieg belasten wollen, wenn er weiß, welche Wunden jede militärische Auseinandersetzung seinem Volk schlägt. Sogar ein Revancheverlangen, meint Bruns, wie es den Franzosen nach der Niederlage von Sedan auf der Seele brennt, wird nicht stark genug sein, um Frankreich zu einem neuen Krieg zu bewegen, wenn es erst einmal die allgemeine Wehrpflicht eingeführt haben wird. Auch für Theodor Mommsen ist das Wehrpflichtsystem der beste Garant für die Erhaltung des Friedens. In denjenigen Staaten, die eine Wehrpflichtigenarmee aufbieten, gibt es zwar formell ebenso wenig ein Gesetz gegen die Eröffnung mutwilliger Kriege wie in den Ländern mit Söldnerheeren, doch die vorhersehbaren Verluste üben einen so starken moralischen Druck auf die Regierenden aus, daß die Vermeidung unnötiger Kriege praktisch den Charakter eines ungeschriebenen Gesetzes erhält. Wenn eine Nation, führt Mommsen in einer Universitätsrede aus,

35) KZ, 8. 8. 1870, Nr. 218, S. 1; ähnlich auch VZ, 1.9. 1870, Nr. 209, S. 2. 36) Brans, Deutschlands Sieg über Frankreich, S. lOf.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

217

unsrige es tut,

den hochgebildeten Teil ihrer Jugend der Kriegsgefahr in dem gleidas Offiziersverhältnis berücksichtigt, sogar in höherem Maßstabe aussetzt als den minder gebildeten, wenn sie in jedem Kriege von ihrer besten Blüte, von den zu Gelehrten, zu Künstlern, zu Staatsmännern berufenen Talenten einen Teil notwendig zu Grabe trägt, so liegt allerdings in der ungeheuren Höhe dieses Einsatzes eine Warnung vor dem Kriegsspiel selbst, die kein deutscher Staatsmann und vor allem kein deutscher Herrscher je überhören wird und kann. Kriege, wie der letzte französische Kaiser sie an fernen Gestaden und dann gegen uns mutwillig begonnen und oft ebenso mutwillig abgebrochen hat, sind nach unserer staatlichen Ordnung wohl formell statthaft, aber tatsächlich unmögwie die

chen, ja,

wenn man

lich.37)

Die allgemeine Wehrpflicht hindert aber nicht nur Deutschland daran, seine Nachbarn mit Krieg zu überziehen38), sie stellt umgekehrt auch die deutsche Politik vor die Aufgabe, mit allen Mitteln zu verhindern, daß Deutschland sich künftig wieder gegen Angriffe zur Wehr setzen muß. Das Wehrpflichtsystem stellt nicht nur selber eine Friedensgarantie dar, es macht auch Friedensgarantien erforderlich, die von der politischen Ordnung und den Mächteverhältnissen in Europa herzuleiten sind. Wer nicht angreift, weil ihm der Preis eines Krieges zu hoch ist, will auch nicht angegriffen werden, weil er in diesem Fall denselben Preis zu entrichten hat. Auch in der Frage der Annexion Elsaß-Lothringens wurde dieses Argument eingesetzt. Deutschland brauche die Vogesen und Metz, hieß es, um gegen künftige Angriffe Frankreichs gesichert zu sein; die deutsche Heeresverfassung erzwinge einen besonderen Schutz der Reichsgrenzen. Heinrich von Treitschke brachte den Zusammenhang von Wehrsystem und Annexionsabsicht in seiner Kampfschrift „Was fordern wir von Frankreich?" auf den Begriff: Dies Volk in Waffen ist nicht im Stande, seine Söhne in jedem Augenblick auf die Hetzjagd wider den gierigen Nachbar zu senden. Unsere Wehrverfassung ist sinnlos ohne gesicherte Grenzen. Die geängstete Welt sieht schon aus der blutigen Aussaat dieses Krieges ein neues Geschlecht von Kriegen emporsteigen. Wir schulden dem Welttheil eine dauerhafte Sicherung des Völkerfriedens, und wir werden sie, soweit Menschenkräfte reichen, nur dann erlangen, wenn von den befestigten Pässen der Vogesen deutsche Feuerschlünde in das wälsche Land herniederschauen und unsere Heere in wenigen Märschen in die Ebenen der

37)

Theodor Mommsen, Rede zur Gedächtnisfeier der Universität am 3. August 1875, in: ders., Reden und Aufsätze, Berlin 1905, S. 30. 38) Zu dieser Argumentation auch Hermann Schulze-Delitzsch, Briefe an die Italienischen Patrioten über den Deutschen Krieg und seine Folgen, Berlin 1871, S. 16; Max Müller to the People of England: Five Letters to the .Times' First Letter, in: Letters on the War between Germany and France. By T. Mommsen, D. F. Strauss, F. Max Müller, and T. Carlyle, London 1871, S. 71; Schmidt, Der Krieg gegen Frankreich, S. 469; Heinrich von Treitschke, Die Feuerprobe des norddeutschen Bundes [1870], in: ders., Zehn Jahre deutscher Kämpfe. Schriften zur Tagespolitik, Bd. 1, Berlin 31897, S. 309; Otto Kämmel, Der Deutsche Volkskrieg gegen Frankreich 1870 und 1871, Bd. 1, Zwickau 1871, S. 68; Otfrid Mylius, Illustrirte Geschichte des Krieges vom Jahre 1870 und 1871, Stuttgart 1871, S.475; ähnlich auch noch Gustav Freytag, Bilder von der Entstehung des Deutschen Reiches, Leipzig [1911], S. 326. -

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Champagne herabsteigen können, wenn dem Raubthiere die Zähne ausgebrochen sind das geschwächte Frankreich nicht mehr wagen darf uns anzugreifen.39)

und

Nicht das deutsche Sicherheitsbedürfnis im allgemeinen, sondern das spezielle Sicherheitsbedürfnis eines ,Volkes in Waffen', das heißt einer ,Wehrbevölkerung', die das Kriegsrisiko mit allen vorhandenen Kräften zu tragen hat, muß durch die Annexion eines militär-geographischen Schutzgürtels befriedigt werden; Treitschke fügt den vielen Gründen, die in der Annexionsdebatte für die Einverleibung der beiden Grenzprovinzen geltend gemacht wurden, eine neue Variante hinzu. Die Identifikation des Wehrpflichtsystems mit einer möglichst gesicherten defensiven Position erinnert sehr stark an den Zwang zur Defensive, der traditionell mit einer Milizarmee in Verbindung gebracht worden war. Auch hier scheint, ähnlich wie im Falle des Gedankens der Volksbewaffnung, eine Projektion älterer Vorstellungen aus dem Kontext der Debatte um Milizen und stehende Heere auf die preußisch-deutsche Armee des Jahres 1870 erfolgt zu sein. Söldner und Marionetten sind in jeden beliebigen Krieg zu hetzen, doch ein ganzes Volk greift nur dann zu den Waffen, wenn es sich seiner Haut erwehren muß, wenn der Kampf die einzige Alternative zu Knechtschaft und Unterdrükkung ist. Wie die Schweizer Milizen im Rücken der Gebirgsketten operieren können, so brauchen die deutschen Wehrpflichtigen den Schutzwall der Vogesen, um ohne Angst vor einem Überfall ihren friedlichen Geschäften nachgehen zu können. Möglicherweise werden unter dem Eindruck der deutschen Siege von 1870/71 nach und nach alle Staaten zum System der allgemeinen Wehrpflicht übergehen. Wenn aber sämtliche Heere der Welt defensiv ausgerichtet sind, dann wird es eines Tages keine Kriege mehr geben; die alte Utopie der Aufklärung, die Idee des ewigen Friedens, wäre endlich verwirklicht worden. Offenkundig gaben die Unterschiede zwischen der französischen und der deutschen Heeresverfassung vielfältigen Stilisierungen Raum. Vor dem Hintergrund der kaiserlichen Armee konnten die eigenen Streitkräfte, die doch vermeintlich im Zuge der Heeresreform ihre volkstümlichen Komponenten weitgehend verloren hatten, aufs neue zu einer echten Völksarmee erklärt werden. Daß nun das Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht allein für ausreichend befunden wurde, um den Charakter einer Volksarmee zu garantieren, wäre in den frühen sechziger Jahren noch undenkbar gewesen. Dabei zog die bürgerliche -

-

in Deutschland der französischen Armee genau jenes Maß an Volkstümlichkeit ab, das sie den deutschen Streitkräften so großzügig zuerkannte; im Ergebnis war das deutsche Heer kaum noch von einer Bürgermiliz zu unterscheiden, während die französische Konskriptionsarmee kurzerhand zu einer Berufsarmee, ja zu einer Söldnertruppe erklärt wurde. Je stärker der Kriegsgegner denunziert wurde, je einseitiger man seine Soldaten zu Mietlin-

Öffentlichkeit

39) Heinrich von Treitschke, Was fordern wir von Frankreich?, Berlin 1870, S. 6.

1.

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Kriegführung und Heeresverfassung

gen in den Händen eines Diktators erklärte, desto leichter war natürlich die Volkstümlichkeit der eigenen Streitkräfte herauszustreichen. Die Stilisierung der deutschen Armee zu einem Bürgerheer bedurfte gewissermaßen der Kontrastfolie eines verantwortungslosen Söldnerhaufens, um plausibel zu erscheinen; diesen Söldnerhaufen gab es zwar de facto nicht, aber den deutschen Kommentatoren fiel es nicht schwer, ihn zu erfinden, indem sie ihn schlichtweg mit der Konskriptionsarmee des Kaisers identifizierten. Die Profilierung der eigenen Streitkräfte durch den Kontrast zur Armee des Kriegsgegners wurde noch dadurch verstärkt, daß den französischen Truppen nicht nur den Stempel der Berufsarmee, sondern auch derjenige des stehenden Heeres aufgedrückt wurde. Der Glaube an die Alleinschuld Frankreichs am Kriegsausbruch, die Überzeugung, daß der Kaiser leichtfertig gehandelt, möglicherweise sogar dem Drängen seiner Gattin nachgegeben habe, fügte sich hervorragend in die Argumentationsschemata ein, mit denen traditionell der Kabinettskrieg verurteilt worden war. Indem aber die französische Armee zum Instrument eines Kabinettskrieges stilisiert wurde, erhielt ihr Antipode, das deutsche Heer, schon fast automatisch wieder die Züge eines Volksheeres verliehen; bei der Kritik am Kabinettskrieg schwang sein Gegenteil der Nationalkrieg stets als Kontrastfolie mit, und folglich legt die Projektion des Kabinettskriegs-Prinzips auf Frankreich die umgekehrte Projektion der Nationalkriegsidee auf Deutschland nahe. Der Kontrast von Kabinettskrieg und Nationalkrieg wird mit einer gewissen Zwangsläufigkeit auf den Gegensatz der beiden kriegführenden Mächte abgebildet. -

-

b) Wahre und falsche Volkskriege Wenn aber die

Stilisierung der deutschen Armee zu einem Völksheer, in dem Bürgersoldaten im Dienst der Nation zu den Waffen gegriffen haben, so stark auf den konstruierten Gegensatz zu den französischen Streitkräften angewiesen war, dann kann der Zusammenbruch des Kaiserreichs in der Schlacht bei Sedan

für das Selbstverständnis der Invasionstruppen nicht folgenlos gewesen sein. Der ,zweite Krieg', der nun begann, konfrontierte das deutsche Heer mit einem neuen Gegner; statt der kaiserlichen Truppen standen ihm im Herbst und Winter Völksarmeen und Freischärler gegenüber. Beide Formationen stellten sich bewußt in die Tradition des Volks- und Nationalkrieges; die republikanische Regierung in Paris knüpfte an den Mythos des Jahres 1793 an, als sie den Krieg gegen Deutschland mit neuen Mitteln und einer veränderten Strategie fortzusetzen beschloß. Von der alten Konstellation, daß eine kaiserliche Berufsarmee einem deutschen Volksheer gegenüberstand, konnte seit dem 4. September keine Rede mehr sein. Im Gegenteil: Die französische Republik durfte viel eher für sich beanspruchen, einen wirklichen Volkskrieg zu führen. Indem nun aber der Vergleich zwischen den französischen und den deutschen Streitkräften ganz anders ausfiel, mußten auch die deutschen Kommentatoren völlig neue

220

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

um die Besonderheit und, wenn möglich, Überlegenheit des deutschen Heeres und der deutschen Heeresverfassung nachzuweisen. Diese Problemstellung setzt allerdings bereits voraus, daß nach wie vor große Unterschiede zwischen den beiden Armeen und ihren Strategien der Kriegführung in Anschlag gebracht wurden. Das muß nicht notwendigerweise so gewesen sein. Gerade in Anbetracht der Tatsache, daß traditionell im bürgerlichen Milieu der Milizgedanke und die Idee der Volksbewaffnung eine so große Rolle gespielt hatten, wäre es auch denkbar gewesen, daß der französische Volkskrieg als eine Variante desselben Prinzips mehr oder minder gleichberechtigt an die Seite des deutschen Nationalkrieges gestellt worden wäre. Schließlich bot jetzt auch Frankreich seine gesamte Volkskraft auf, wie es die deutschen Kommentatoren immer schon für die eigene Wehrpflichtigenarmee in Anspruch genommen hatten. Dennoch blieben die Stimmen relativ selten, die einzuräumen bereit waren, daß sich die Kriegsgegner nach Sedan mit ähnlichen Waffen gegenüberstanden, oder die zumindest die Legitimität der französischen Volksbewaffnung anerkannten. Zu einfach wäre es, diese Weigerung einzig und allein auf das Schema von Freund und Feind zurückzuführen; Massenaufgebot und Partisanenkrieg wurden nicht nur deshalb verworfen, weil sie vom Feind praktiziert wurden und insofern schon aus Gründen der Kriegspropaganda um jeden Preis verdammt werden mußten. Dafür waren die Äußerungen dann auch wieder zu häufig, die den Motiven Gambettas gerecht zu werden versuchten. Die Kritik an der französischen Kriegführung war nicht nur die blinde Reproduktion vorgegebener Propagandafloskeln, sondern eine bewußt gewählte Position in einer impliziten oder expliziten militärpolitischen Debatte. Wenn deutsche Beobachter die militärischen Anstrengungen Frankreichs nach dem 4. September positiv würdigten, dann zumeist mit dem Argument, daß sich ein großer Patriotismus in all diesen Formen der Landesverteidigung ausdrücke. Die Franzosen ständen den Belangen ihrer Nation nicht gleichgültig gegenüber, sondern setzten Leben und Besitz für die Befreiung ihres Vaterlandes ein, und diese Opferbereitschaft verdiene in jedem Fall die höchste Anerkennung. So entwickelte die Frankfurter Zeitung, die in der ersten Kriegsphase den Kampf gegen das Kaiserreich und den französischen ,Erbfeind' noch prinzipiell unterstützt hatte, nach der Wende bei Sedan eine zunehmend ambivalentere Haltung. „Die republikanischen Schaaren schlagen sich mit der Tapferkeit der Verzweiflung", räumte die Zeitung in einem Fazit zum Jahreswechsel ein, und die Vergeltungsmaßnahmen der Invasoren seien oft so grausam, daß man sie „ausstreichen" möchte „aus den Blättern der deutschen Geschichte"40). Allerdings dürfe man sich nicht „einreden", daß die „französischen Truppen", wenn sie „siegreich" deutsches Territorium „beträten und auf gleich heroischen

Argumente entwickeln,

40) FZ,

1. 1. 1871, Nr. 1,S. 1.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

221

Widerstand stießen, milder und menschlicher hausten"41). Der Krieg, und hier läßt die Frankfurter Zeitung sogar noch einmal eine pazifistische Saite anklingen, sei „verabscheuenswerth in sich" und erzeuge daher zwangsläufig „Verab-

scheuenswerthes"42). Für den

Kriegsbuchautor Wilhelm Buchner war es vor allem der Innen- und Kriegsminister Léon Gambetta, dem das Verdienst gebührte, den französischen Nationalwiderstand entfacht zu haben. „So sammelten sich fortan", kommentierte Buchner die Anstrengungen zum Entsatz von Paris, „durch Gambettas glühende Vaterlandsliebe aus dem Boden gestampft, im Süden, Westen und Norden von Frankreich neue Heere, um dem bedrängten Paris Luft zu machen"43). Insgesamt komme niemand umhin, den „eisernen Willen, die unerschöpfliche Gestaltungskraft, die allbeherrschende Vaterlandsliebe [zu] ehren, die in dem heißblütigen Südfranzosen lebten und ihm möglich machten, den Soldatenkrieg, den das Kaiserreich verloren, als einen Volkskrieg bis aufs Messer weiterzuführen"44). Weniger mit dem persönlichen Engagement Gambettas als vielmehr mit der Vaterlandsliebe des ganzen französischen Volkes brachte Professor Klaiber in seiner Kriegsdarstellung den hartnäckigen Widerstand des fast schon besiegten Feindes in Verbindung: Mit einer Entschlossenheit, einer Thatkraft, einer Einigkeit im tiefsten Unglück, der wir auch als Feinde unsere Bewunderung nicht versagen können, erhebt sich nun das Volk von Frankreich gegen den eingedrungenen Fremden. Es gärt tief aus dem Grunde empor, und die edelsten Triebe des Menschenherzens, die Vaterlandsliebe, die Hingebung an das Ganze, das nationale Ehrgefühl steigen schön und stark hervor, kein Opfer scheint zu groß, willig wird alles für das Vaterland dahingegeben.45)

Qualitäten, die das französische Volk in der Stunde seiner Not an den Tag legt, können für jede andere Nation zum Vorbild werden. Zwischen den Zeilen wird deutlich, daß Klaiber im umgekehrten Fall froh gewesen wäre, wenn die Bevölkerung der deutschen Länder die feindliche Invasionsarmee mit ähnlichem Einsatz und Engagement bekämpft hätte.

Die

41) 42)

Ebd. Ebd. Auch andere Motive der traditionellen Kriegs- und Militärkritik kamen in der Frankfurter Zeitung noch sporadisch zur Sprache; so wurde am 11. August 1870 bedauert, daß der Krieg den Fleiß von Jahrzehnten vernichte (Nr. 221, S. 1), am 2. Dezember hieß es, jeder Kriegstag bringe dem Kulturleben Verluste (Nr. 334, S. 2), und am 12. Mai 1871 wurde eine große Störung von Arbeit und Verkehr durch den gerade überstandenen Krieg konstatiert (Nr. 132, S. 1). 43) Wilhelm Buchner, 70/71. Der große deutsch-französische Krieg 1870-1871, Lahr 1895, S. 90. M) Ebd., S. lOOf. 45) Julius Klaiber, Der Krieg gegen Frankreich vom Jahre 1870-71, in: Deutsches Lesebuch für die Latein- und Real-Schulen Württembergs, Bd. 3, Stuttgart31878, S. 355; ähnlich auch K. Abicht, Geschichte des Deutsch-französischen Krieges und der Wiederaufrichtung des deutschen Reichs, Heidelberg 1873, S. 22.

222

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Aber nicht nur Kriegsbuchautoren, die aus der Distanz heraus urteilen konnten, sondern auch einige Feldzugsteilnehmer, die mit dem Volkskrieg unmittelbar konfrontiert wurden, sprachen der französischen Landesverteidigung ihre Anerkennung aus. Hugo Arnold gab die Einstellung seiner Kompanie wieder, als er in seinen Feldzugserinnerungen notierte, daß „wir den Freischärlern bittere Rache geschworen [hatten], wiewohl wir ihrem Patriotismus volle Anerkennung zollten"46). Der Feind mußte bekämpft werden, das war das Gesetz des Krieges, aber man konnte immerhin seine Motive akzeptieren. „Welcher Patriotismus!", rief Felix Dahn noch zwei Dekaden später aus, „wie lange noch nach Vernichtung der kaiserlichen Heere hat die Erhebung des Volkes unter Gambetta uns Arbeit gemacht!"47) und Edmund Pfleiderer nannte den Partisanenkrieg eine „gewiß auch bei uns unter Umständen sich zeigende Selbsthülfe", die auch insofern verständlich sei, als „ja unläugbar [sie] der Druck des Requisitionswesens etwas den Landmann zur Desperation Treibendes"48) war. Karl Homann räumte ebenfalls ein, daß die „Nothwehr" den Franzosen diese Art der Kriegführung „aufgedrängt"49) habe; während Homann jedoch bei der Bekämpfung der Franctireurs trotz allem rücksichtslose Härte empfahl50), berichtete der Kriegsfreiwillige Schmitthenner ausführlich von einem Standgericht, bei dem es ihm durch persönlichen Einsatz gelang, das Leben von sechs französischen Bauern zu retten, die des meuchlerischen Angriffs auf deutsche Soldaten angeklagt waren.51) Die Erinnerung an die Volkserhebung des Jahres 1813, der Vergleich des französischen Volks- und Partisanenkrieges mit der preußischen Militärpolitik in den Befreiungskriegen kam dabei nur wenigen Beobachtern in den Sinn. Zu diesem kleinen Kreis gehörte nicht von ungefähr der Demokrat Carl Vogt, der sich in einem Brief an seinen Gesinnungsgenossen Kolb über den Widerspruch beschwerte, der darin liege, daß man die Aktionen des Jahres 1813 feiere, die Volkserhebung in Frankreich hingegen verteufele: -

Ich könnte hier [zu den Franctireurs] kein Wort des Spottes oder des Hohnes, ja nicht einmal des Tadels finden, wie man sie jetzt aus vollen Schalen ausgießt, und wenn man uns in unserer Jugend gelehrt hat, dem spanischen Guerilla und dem preußischen Landstürmler zuzujauchzen, weil sie ohne Uniform, ohne Befehl dem Feinde allen nur erdenklichen Schaden zufügten, Magazine und Hospitäler aufhoben, ihm Tag und Nacht keine Ruhe ließen (preußische Verordnung vom Jahre 1813), wenn wir gelehrt wurden, Alles und Jedes gerechtfer-

46) Hugo Arnold, Unter General von der Tann. Feldzugserinnerungen 1870/71, Bd. 2, Mün-

chen 1896, S. 4. 47) Felix Dahn, Erinnerungen, Bd. 4/1, Leipzig 1894, S. 585. 48) Edmund Pfleiderer, Erinnerungen und Erfahrungen eines Feldpredigers aus dem Krieg des Jahres 1870/71, Stuttgart 1874, S. 89. 49) Karl Homann, Kriegstagebuch eines deutschen Reservemannes, Nürnberg 21879, S. 251. 50) Ebd., S. 252. 51) H. Schmitthenner, Erlebnisse eines freiwilligen badischen Grenadiers im Feldzug 1870/71, Karlsruhe 1890, S. 57 ff.

1.

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Kriegführung und Heeresverfassung

tigt zu finden, was zur Vertheidigung des vaterländischen Bodens geschah, den versuchten Meuchelmord von Staps, den Aufstand Schilfs und den Wortbruch York's so kann ich auf der anderen Seite nicht finden, daß diejenigen, welche jetzt in Frankreich die Waffen ergreifen, nur „Gesindel", „nichtswürdige Schufte" und dergleichen sein sollen.52) Vogt zeigte drastisch die Beliebigkeit auf, mit der man aus Rebellen hüben -

-

Volkshelden und drüben Verbrecher machte. Andere Autoren gestanden die Ähnlichkeiten zwischen dem Frühjahr 1813 und dem Herbst 1870 zwar ebenfalls zu, bemühten sich jedoch, gleichzeitig so gravierende Unterschiede festzustellen, daß eine gänzlich abweichende Bewertung doch wieder gerechtfertigt erschien. Felix Dahn etwa, der den Franzosen ja immerhin ihren Patriotismus, also ihre guten Absichten zugestanden hatte, machte eine entscheidende Differenz an der fehlenden Uniformierung der Franctireurs fest. Die französische Regierung, führte Dahn aus, „hatte an die Bauern und Arbeiter Minié-Büchsen vertheilt und den Völkskrieg in's Werk gesetzt, ohne irgendwie die Volkskrieger' von den friedlichen Einwohnern unterscheidbar zu machen: auch später, als das Franctireurwesen, unsrem Landsturm entsprechend, geschaffen wurde, verstieß diese Einrichtung auf das Aergste gegen die Vorschrift des Kriegsrechts, wonach ein Völkskrieger zwar gewiß nicht durch vollständige Uniform, aber doch durch ein bestimmtes, wirklich kennbares Abzeichen sich von den Nicht-Kämpfern abheben muß"53). Die Freischärler entsprachen zwar in gewisser Hinsicht dem preußischen Landsturm, doch sie waren nicht eindeutig als Soldaten kenntlich damit verstießen sie, im Gegensatz zu den preußischen Völkskriegern, in eklatanter Weise gegen das geltende Kriegsrecht. Was in Preußen rechtens gewesen war, schlug in Frankreich durch die fehlende Kennzeichnung der Bewaffneten in blankes Unrecht um. Kriminelle hatten selbstverständlich auch von den deutschen Invasoren keine besondere Rücksichtnahme zu erwarten. Zumal Napoleon L, und hier schlägt der Kriegsbuchautor Max von Eelking eine Brücke zu den Befreiungskriegen, den Partisanenkampf ebenfalls mit äußerster Härte unterdrückte was die Franzosen vor sechzig Jahren selber praktizierten, müssen sie nun auch am eigenen Leibe zu ertragen bereit sein.54) Außerdem ist der Guerillakrieg vor allem dann gerechtfertigt, wenn sich ein Volk gegen einen feindlichen Überfall zu verteidigen hat; Frankreich jedoch, argumentiert Hermann Fechner, ist nicht der angegriffene, sondern der angreifende Staat gewesen, als im Juli 1870 die ,

-

-

Feindseligkeiten begannen: Aber diesem Massenaufgebot [der Franzosen] fehlte gänzlich die sittliche Erhebung. Schon die Ursache des Kampfes schloß sie aus. Kein Unterdrücker tastete an Recht, Freiheit und Unabhängigkeit der französischen Nation; der Kampf Frankreichs war mit Nichten [sie] ein Freiheitskampf; ein frevelhaft überfallener Nachbar hatte den Angriff abgewehrt und ver-

52) Carl Vogt, Politische Briefe an Friedrich Kolb, Biel 1870, S. 13. 53) Dahn, Erinnerungen, Bd. 4/1, S. 387. 54) Max von Eelking, Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich Leipzig 1871, S. 322 f.

1870 bis 1871,

224

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

langte nichts als Sicherheit gegen neue Raubanfälle; diese Sicherheit eben weigerte sich das französische Volk hartnäckig zu geben, dadurch bekundend, daß es auf neue räuberische Angriffe nicht verzichten wolle [...]. Ganz Frankreich erhob sich, als es geschlagen und vom

Feinde theilweise besetzt war, um diesem Feinde sein Grenzland zu entreißen; noch in der Stunde gänzlicher Erschöpfung riefen die Franzosen nach den Rheinlanden.55)

Mit einigen argumentativen Kunstgriffen bringt Fechner die Franzosen während des ganzen Krieges in die Rolle des Aggressors, während Deutschland sich im Grunde immer nur defensiv verhält. Daß die Deutschen Elsaß-Lothringen annektieren wollen, entspringt nur ihrem Sicherheitsbedürfnis, und die Weigerung Frankreichs, diese Provinzen herauszugeben, verrät dessen offensive Absichten, die sich auch in der Schlußphase des Krieges noch gegen das Rheinland richten. Frankreich führt also vom eigenen Boden aus einen Angriffskrieg, während sich Deutschland vor Paris und an der Loire verteidigt; unter diesen Bedingungen kann Frankreich selbstverständlich auch nicht den Anspruch erheben, einen Volkskrieg zum Schutz seiner Heimat zu führen: Nicht den heimischen Heerd vertheidigte ein Jeder: Niemand bedrohte ihn [...]. Nicht aus eigener freier Entschließung sammelten sich die Bewohner hier des Gebirgs, dort der Ebene, dort der Küste; nicht um den heimischen Gau zu schützen, ergriff ein Jeder seine Waffe; nicht aus freien Stücken bot ein Jeder dar, was er an Geld und Kostbarkeiten besaß. Auf den Rufeines Dictators kamen die Massen herbei und ließen sich in Bataillone, Regimenter, Divisionen und Corps einreihen [...]. Ohne Freudigkeit und Zuversicht, ohne Ueberzeugung und ohne Glauben gingen sie in den Tod. Ihre Steuern zahlten sie, wie ihnen auferlegt wurde; aber aus freier Opferwilligkeit gaben sie nichts. Statt der Weihe einer sittlichen Idee, statt des Muthes der Ueberzeugung beseelte sie glühender Haß gegen den Preußen, überspannte Eitelkeit auf den französischen Ruhm.56)

Fechner führt die Ideale einer echten Nationalverteidigung an, um sie kontrastiv gegen die Pseudo-Volksbewaffnung in Frankreich auszuspielen. Zwang statt Freiwilligkeit, Steuern statt Spenden, Haß statt Überzeugung alles, was den Volkskrieg auszeichnet, alle Motive, die den Bürger dazu bewegen, mit der Waffe in der Hand seine Heimat zu schützen, sind von den Franzosen pervertiert worden. Schon die offenkundige Mißgestalt ihres Volkskrieges beweist, daß er keine politische oder moralische Rechtmäßigkeit für sich in Anspruch nehmen kann. Viele Urteile über den französischen Volks- und Freischärlerkrieg waren in ähnlicher Weise strukturiert: Ein prinzipielles Einverständnis mit dieser Form der Kriegführung wurde durch den Hinweis auf Auswüchse und Regelverlet-

zungen eingeschränkt oder sogar vollständig wieder zurückgenommen. Immer wieder gestanden die deutschen Beobachter den Franzosen ein grundsätzliches Recht auf Maßnahmen der nationalen Verteidigung zu, rügten aber gleichzeitig die konkrete Durchführung dieser Aktionen oder sahen sie am falschen Platze, Hermann Fechner, Der deutsch-französische Krieg von 1870/71, Berlin 1871, S. 335; ähnlich argumentiert Roderich Benedix, Das Franzosenthum. Ein Spiegelbild aus dem letzten Kriege, Leipzig 1871, S. 115. 56) Fechner, Der deutsch-französische Krieg von 1870/71, S. 335.

55)

1.

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225

im Dienst der falschen Sache in Szene gesetzt. Daß die französische Republik einen Krieg fortsetzte, der von einem Despoten willkürlich vom Zaun gebrochen worden war, reichte für Julius Mühlfeld aus, um den Nationalkrieg nach dem 4. September zu verdammen;57) Friedrich Lampert fand die „patriotische Begeisterung" in Frankreich zwar an und für sich lobenswert, bemängelte aber, daß sie bei den ruhmsüchtigen Franzosen sofort wieder mit einem „Rausch von Eitelkeit und Lüge"58) verbunden sein mußte. Sehr geschickt argumentierte Johannes Scherr, ordinierter Literarhistoriker, der die Bewertung des französischen VolksWiderstands kurzerhand zu einer Frage der Perspektive erklärte; was „den Franzosen [...] mit Recht Patriotismus hieß", sei für die „Deutschen" eben einfach nur „Verrath"59). Auch in den Selbstzeugnissen der Kriegsteilnehmer wurde der französische Volkskrieg oft sehr widersprüchlich kommentiert. Viele Stellungnahmen erinnerten an die Beobachtung des Belagerungssoldaten Hex, der die „trügerischen Hoffnungen hinsichtlich eines baldigen Friedensschlusses" darin begründet sah, daß „man der französischen Nation weder eine solche Verblendung, einen aussichtslosen Krieg weiter zu führen", noch eine „so energisch sich bethätigende Vaterlandsliebe zugetraut hatte"60). Offensichtlich waren sich viele Beobachter selber nicht darüber im klaren, ob sie die „défense nationale" als eine Form der Verblendung oder der Vaterlandsliebe einstufen sollten. Andere Autoren brachten diesen Zwiespalt dadurch zum Ausdruck, daß sie den Völkskrieg zunächst im Allgemeinen lobten, wenige Seiten später jedoch seine konkreten Erscheinungsformen verdammten. Der anonyme Verfasser des „Belagerungstagebuchs eines Kriegsfreiwilligen" etwa beschwerte sich darüber, daß solches „Lumpenpack" wie die Franctireurs die „Marseillaise"61) singe, nachdem er kurz zuvor noch den französischen Volkswiderstand als vorbildlich auch für Deutschland hingestellt hatte: Eins haben sie [die Franzosen] immer noch vor uns voraus [...]. Alle Lüge und Renommage [...] wird bis zu einem gewissen Grade wieder gut gemacht durch die verzweifelte Zähigkeit ihres Nationalbewußtseins, durch den fanatischen Patriotismus, mit dem sie unterliegend sich bis auf's Äußerste zur Wehr setzen. Mag man diesen Widerstand zwecklos, erfolglos, wahnwitzig schelten, er entspringt aus einer großen Triebfeder. Wie sah es bei uns anno 1806 aus? Wie wäre es diesmal gegangen, wenn der Erbfeind so klug gewesen wäre, seinen Worten mit der That vorauszueilen, anstatt umgekehrt, wenn er urplötzlich in Süddeutschland eingebrochen wäre?62) -

-

57)

Julius Mühlfeld, Deutschlands Vertheidigungskampf gegen Frankreich, Bielefeld 31871, S. 341. 58) Friedrich Lampert, Kriegs- und Siegs-Chronik 1870-1871, Nördlingen 1873, S. 29 f. 59) Johannes Scherr, 1870-1871. Vier Bücher deutscher Geschichte, Bd. 2, Leipzig 21880, S. 239. M) F. Hex, Vor Straßburg. Erinnerungen aus dem Jahre 1870, Straßburg 1895, S. 128. 61) Vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen im Gardefüsilierregiment, München 21896, S. 216. K) Ebd., S. 172 f.

226

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Ob die Deutschen sich mit einer ähnlichen nationalen Begeisterung zur Wehr gesetzt hätten, muß dahingestellt bleiben. Der Blick auf den umgekehrten Fall, die Vorstellung, daß sich die Bevölkerung der deutschen Länder bei geringerem Kriegsglück mit französischen Invasoren auseinanderzusetzen gehabt hätte, ließ manchen Soldaten zu einem milderen Urteil über die Franctireurs kommen. „So könnte es jetzt bei uns drüben aussehen, wenn die Vorsehung es nicht anders gelenkt"63), war ein Gedanke, der sich beim Anblick erschossener Bauern oder brennender Dörfer recht häufig einstellte. Eine Möglichkeit, die grundsätzliche Ambivalenz der Urteile über die Berechtigung des Volkskrieges aufzulösen, bestand darin, kurzerhand zwischen guten und bösen Verteidigern des Vaterlandes zu unterscheiden. Dieser Unterschied wurde nicht so sehr, wie aus den Universitätsreden und Kriegsbüchern geläufig, zwischen dem preußischen Landsturm des Jahres 1813 und den Franctireurs von 1870/71 festgemacht, sondern vielmehr in die verschiedenen Formen der französischen Landesverteidigung selber hineinkonstruiert. Relativ einleuchtend war dabei noch die Grenzziehung zwischen Franctireurs auf der einen und Mobilgarden auf der anderen Seite, die Bernhard Arke vornahm; hier galt wieder die Uniform als entscheidendes Kriterium für die Beurteilung der militärischen Aktion: Wir durften in dem scheinheiligsten Blusenmann einen Franktireur vermufhen und hatten somit eine schwere Aufgabe. Man muß hier wohl den Unterschied zwischen Franktireurs und Mobilgarden beachten. Die Mobilgarden standen uns in offenem, ehrlichem Kampfe gegenüber und verdienten somit alle Hochachtung, die man einem solchen Patriotismus schuldig ist; die Franktireurs aber hatten es sich zur Aufgabe gemacht, unsere Soldaten aus sicherem Hinterhalte meuchlings zu ermorden, und das ist verwerflich und wird von jedem rechtlich Gesinnten verurtheilt werden müssen.64)

Gambettas Volksarmeen wurden von Arke respektiert, weil sie mit offenem Visier kämpften, während seine Freischärler, die aus dem Hinterhalt heraus operierten, nichts anderes verdienten als die standrechtliche Erschießung, als den „Tod durch die Kugel"65). Andere Autoren machten den Versuch, die Unterscheidung zwischen den guten und den schlechten Verteidigern des Vaterlandes sogar direkt in die Gruppe der Franctireurs hinein zu verlegen. Wilhelm Heim differenzierte zwischen den „Freischützenkorps", die von der französischen Regierung organisiert worden waren, und „einzeln auftretenden kleinen Abteilungen", die ohne jeden offiziellen Auftrag handelten; erstere Truppen seien „vollständig kriegsmäßig"66) zu behandeln, zweitere für ihre hinterhältigen Attacken mit dem Richard Ris, Kriegserlebnisse, hg. v. Tilla Ris, Auerbach 1911. S. 44. Bernhard Arke, Im Felde. Kriegserinnerungen eines Freiwilligen vom Grenadier-Regiment König Friedrich II., Berlin 1894, S. 35. 65) Ebd.. 66) Wilhelm Heim, Vor 40 Jahren. Erinnerungen eines Konstanzer Füsiliers, Konstanz 21910(1. Aufl. 1895). S. 36.

63) 64)

1.

Tode

227

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bestrafen. Doch sogar im Hinblick auf diese Todgeweihten sei „nicht bestreiten", daß „manchem edlen Manne das über sein Vaterland hereingebrochene Unglück die Waffe zur Verteidigung der Heimat in die Hand drückte", was gewiß „patriotisch gefühlt" und „schön gehandelt"67) war. Von edlen Franctireurs berichtete auch Anton Reck, der im Herbst 1870 in französische Kriegsgefangenschaft geraten war und in Lyon an eine Gruppe von Freischärlern übergeben wurde, die ihn gemeinsam mit einigen Schicksalsgenossen zu einem Gefangenenlager geleiten sollte. „Wir wurden durch den Anblick dieser Franktireurs angenehm überrascht", gestand Reck ein, „da wir wahrnahmen, daß sich dieselben nicht aus der Hefe des Volkes, aus dem Gesindel und aus verkommenen Subjekten rekrutiert hatten", sondern „offenbar der besseren Klasse der Bevölkerung angehörten"68). Besonders beeindruckt war der Deutsche von dem Hauptmann dieser Abteilung, der von ihm als „ein fein gebildeter, sehr liebenswürdiger Herr"69) geschildert wurde. Auch zwischen diesem feinen Herrn und seinem Gefangenen setzte sich sofort wieder die internationale Solidarität der Gebildeten durch: „Wir knüpften sogleich ein Gespräch an und erzählten einander unsere Erlebnisse"70). Vielleicht trug zu diesem guten Einvernehmen allerdings auch der Umstand bei, daß in den Augen des katholischen Feldpaters Reck ein ehemaliges Mitglied der päpstlichen Armee der Hauptmann hatte kurz zuvor noch in Rom die Übergabe der Stadt an die Italiener miterlebt71) von vornherein besonders sympathisch wirken mußte. Insgesamt stellten die deutschen Beobachter, die den französischen Völkskrieg akzeptierten oder zumindest ambivalent beurteilten, jedoch nur eine Minderheit dar. Das Gros der Kommentatoren war nicht bereit, diese Art der Kriegführung auch nur in bestimmten Grenzen zu tolerieren. Aussagen wie diejenigen, daß es eine legitime und eine illegitime Form des Volkskriegs gebe oder daß neben zweifelhaften auch selbstlos-patriotische Motive für das FreischärIertum bestünden, gingen den meisten Autoren schon viel zu weit. Für sie war der Volkskrieg per se verwerflich, und sie boten ein breites Spektrum von Argumenten auf, um diese Einschätzung zu begründen. Schon die von den Franzosen beschworene Anknüpfung an das Jahr 1793, hieß es häufig, sei ein reines Hirngespinst, weil sich die Kriegführung inzwischen so stark verändert habe, daß die damals erfolgreichen Strategien heute sinnlos geworden seien. In der Zeit der Revolutionskriege hatte es noch auszu

zu

-

-

67) Ebd., S. 37. 68) Anton Reck, Meine Erlebnisse als deutscher Feldpater während des deutsch-französischen Krieges 1870/71, Coblenz 21904, S. 181. „Sie schienen meistens den besseren Ständen anzugehören", bescheinigte auch Florian Kühnhauser den Freischärlern (Florian Kühnhauser, Kriegserinnerungen eines Soldaten des k. bayer. Infanterie-Leib-Regiments 1870/71, München 21914, S. 127). 69) Reck, Meine Erlebnisse als deutscher Feldpater, S. 181. ™) Ebd., S. 182. 71) Ebd., S. 181 f.

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gereicht, ein Gewehr bedienen und marschieren zu können, um fast schon als vollwertiger Soldat zu gelten; die Verkomplizierung der Waffensysteme und der Logistik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machte aus dem Bürgersoldaten einen Dilettanten, der einer effizienten Kriegführung mehr hinderlich war, als daß er einen erkennbaren Nutzen brachte. „Dieses ganze Geschrei von der Volksbewaffnung", hieß es schon am 20. August 1870 in der Kölnischen Zeitung, „ist leeres Stroh und weiter nichts":

Die wilde, blutige Energie aus der Zeit der ersten Revolution ist dem französischen Volke schon längst gänzlich abhanden gekommen [...]. Und wenn sie auch wirklich noch vorhanden wäre, so ist die jetzige Kriegsführung und Bewaffnung und die Ausbildung der Truppen doch eine ganz andere, als daß Volksheere für geschlossene Colonnen jemals eine wirklich große Bedeutung haben könnten. Der Gebrauch des Chassepot- und Zündnadelgewehrs will sehr gut eingeübt und sorgsam erlernt sein, sonst ist es eine vollkommen nutzlose Waffe. Man gebe doch nur französischen Bauern oder Bürgern der kleinen Städte, die fast durchweg noch niemals Gewehre in der Hand gehabt haben, die Chassepot-Flinten, sie werden sie gar nicht zu gebrauchen verstehen und in den ersten Tagen schon vollständig ruinirt ha-

ben.72)

Gebrauch moderner Infanteriewaffen setzt eine längere ein ungeschulter Volkskrieger wird sein Gewehr bereits .ruiniert' haben, bevor er den feindlichen Soldaten damit Schaden zufügen kann. „Wohl stellten sich für den Parteigängerkrieg", urteilte auch der Kriegsbuchautor Wilhelm Zimmermann, „nicht Wenige, die sich erboten", als „Freiwillige zu dienen", doch der Gewinn, den Frankreich aus ihrem Engagement zog, war gering: Schon der

Ausbildung

richtige

voraus,

Diese irregulären Trappen aber, diese Partisane [...], haben Frankreich wenig genützt und viel geschadet. Bei den jetzigen Kriegs- und Verkehrsverhältnissen hat sich der Partisankrieg [sie] als unzeitgemäß ausgewiesen. Auch entzogen sich diese undiseiplinirten kleinen Abtheilungen der Leitung der Befehlshaber regulärer Truppen, denen sie unterstellt waren [...]. Gerade diese „Irregulären" haben am meisten beigetragen, den Krieg zwischen Deutschen und Franzosen zu verbittern und Solches geschehen zu machen, was am Schluß des neunzehnten Jahrhunderts nicht hätte sein sollen.73)

Der Partisanenkrieg entspricht nicht mehr dem Stand der, Verkehrsverhältnisse', denn die Eisenbahn macht eine zentrale Lenkung aller Truppenbewegungen nötig; die Marschziele, die sich Freischärler setzen, wirken vor diesem Hintergrund fast steinzeitlich. Zimmermann übersieht allerdings, daß die Bedeutung der Eisenbahn für die moderne Kriegführung auch umgekehrt wieder den Partisanen aufwertet; jeder Eisenbahnkilometer stellt für ihn eine Angriffsfläche dar. Die Zerstörung der Schienen ist relativ einfach zu bewerkstelligen und bedroht allerorten die Lebensadern des Feindes. Die deutschen Invasoren konnten sich dieser Bedrohung oft nur durch Geiselnahmen erwehren auch ein Beitrag zur, Verbitterung' des Krieges, die zu Exzessen führte, die am Schluß des neunzehnten -

,

72) KZ, 20. 8. 1870, Nr. 230, S. 2. 73) Wilhelm Zimmermann, Deutschlands Heldenkampf 1870-1871, Stuttgart 1873, S. 361.

1.

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Kriegführung und Heeresverfassung

Jahrhunderts' nicht mehr möglich schienen. Der Freischärlerkrieg ist nicht nur den ,Kriegs- und Verkehrsverhältnissen', sondern auch dem Entwicklungsstand der Sitten und der Zivilisation nicht mehr angemessen. Außerdem ist das Frankreich des Jahres 1870 nicht mehr mit dem Frankreich des Jahres 1793 zu vergleichen, das einen Völkskrieg erfolgreich in Szene setzen konnte. Obwohl Gambetta „nicht übel Lust hatte, den Danton zu spielen"74), wie der Kriegsbuchautor Waegner hämisch bemerkte, waren doch die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse inzwischen andere geworden; alle Voraussetzungen für eine neue levée en masse fehlten nach dem Zusammenbruch des zweiten Kaiserreichs: Zur Zeit der ersten Republik hatte ein solches Aufgebot [der Massen] Wunder gewirkt und hunderttausende von muthigen Streitern in die Schlachten und zum Siege geführt, allein damals war der leicht entzündliche Franzose trunken von dem Becher der neuen Freiheit, und hinter ihm standen Deputirte mit der rothen Jakobiner-Mütze auf dem Kopf und der Guillotine zur Seite, die jedem Säumigen das blanke Beil zeigte; jetzt war das Wort Republik und Freiheit verbraucht, abgenutzt; es hatte seinen Zauber verloren [...]. So dürfte von dem Aufgebot in Masse wenig mehr zu erwarten sein, als einige Haufen Freischützen (Franctireurs), von denen nicht zu erwarten war, daß sie dem Granatfeuer Stand halten würden.75)

Mit Zuckerbrot und Peitsche, mit dem Versprechen der Freiheit und der Androhung der Guillotine hatte die Revolutionsregierung ihre Armeen vorwärts getrieben; Gambetta hingegen bot nur noch ,einige Haufen Freischützen' auf, für die der Begriff der Freiheit längst schal geworden war und die vor den ersten feindlichen Granaten davonlaufen würden, weil ihre Flucht im Jahre 1870 nicht mehr mit dem Fallbeil bestraft werden konnte. Daß Gambettas Volkskrieger mit den legendären Gestalten der Revolutionsund Befreiungskriege nicht mehr viel gemein hatten, stand auch für Georg Niethammer außer Frage. Die „Bewaffnung der Bevölkerung" in Frankreich sei völlig ungefährlich, beruhigte er in einem Feldpostbrief seine Mutter, denn mit ,,spanische[n] Guerillas oder Tyroler[n] vom Jahre 1809" hätten die französischen Partisanen gewiß keinerlei Ähnlichkeit dazu fehle ihnen schon „der rechte Muth und die rechte Kraft"76). Noch schonungsloser fiel das Urteil Gustav Freytags aus, in dessen Augen eine Völksarmee einem „disziplinierten Heere gegenüber nicht viel nützlicher und nicht viel schädlicher" war als „eine Herde Büffel auf den Prärien"77). Schließlich unterschied sich die „moderne Kriegsführung" von „der in den Freiheitskriegen und in den Revolutionskriegen" fast ebenso deutlich „als die jener Zeiten von der des Dreißigjährigen Krieges"; was noch „1793 und 1813 einem ungeschulten Heer allerdings un-

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74)

W. Waegner, Deutschlands Ehrentage. im Jahre 1870, Darmstadt 1870, S. 182. 75) Ebd., S. 182f; ähnlich auch NZ, 12. 8.

Schilderung

des deutsch-französischen

1870, Nr. 373, S.

Krieges

1.

76) Georg Niethammer, Feldzugsbriefe von G. N. an seine Mutter, Stuttgart 1890, S. 27. 77) Gustav Freytag, Auf der Höhe der Vogesen. Kriegsberichte von 1870/71, Leipzig 1914, S.51.

230

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

riesigen Verlusten möglich war, ist jetzt ganz unmöglich geworden"78). Zumal die französischen Truppen in den Jahren 1792-94 ihre Siege gegen Invasionsarmeen erfochten, wie Richard Baron feststellte, die mit dem preußisch-deutschen Heer des gegenwärtigen Krieges überhaupt nicht zu vergleichen waren. Die „deutschen Heere, welche jetzt Frankreich überschwemmen", führte Baron aus, sind „nicht die gedrillten, schlecht angeführten, von keiner höheren Idee bewegten Söldlinge von 1792", sondern werden durch ein „gemeinsames nationales Bewußtsein vom höchsten Befehlshaber bis zum gemeinen Manne"79) angetrieben. Das entscheidende Defizit der Invasionsarmee des Ersten Koalitionskrieges, stellte auch die Augsburger Allgemeine Zeitung unter der Überschrift „1792 und 1870"80) fest, die fehlende nationale Begeisterung, ist mittlerweile ausgeglichen, so daß der Patriotismus allein den Franzosen kein Übergewicht mehr verschafft; endlich kann die militärische Überlegenheit der deutschen Heere voll ausgespielt werden. Obwohl bei den deutschen Beobachtern ein weitgehender Konsens darüber bestand, „daß mit sogenannten Völksheeren und rasch eingeschulten Soldaten heut zu Tage nicht viel mehr anzufangen ist"81), mischten sich in den Chor der Verächter der Ideen von 1793 doch auch vereinzelte Stimmen ein, die den Freischärlerkrieg nicht für antiquiert, sondern im Gegenteil für ausgesprochen modern und zukunftsträchtig hielten. Der Feldzug habe gezeigt, prophezeite etwa Bernhard Stürtz, worauf sich das deutsche Reich in einem neuen Krieg einstellen müsse: ter

-

Was aber gerade im letzten Kriege Frankreich selbst mit schlecht ausgebildeten, ebenso ausgerüsteten und verpflegten, oft auch schlecht geführten Volksheeren, wenn auch freilich ohne das Endergebnis des Krieges noch ändern zu können dazu noch im Winter leistete, hat dem [...] deutschen Volke doch eine nachträgliche Lehre gegeben, aus der die Zukunft Nutzen ziehen sollte. Angesichts der Millionen von ausgebildeten Soldaten, die wir, wie unsere voraussichtlichen Gegner im nächsten Kriege aufzustellen vermögen, ist es undenkbar, daß eine große Nation sich dem Sieger schon dann unterwirft, wenn ihre Truppen der ersten Linie [...] verausgabt sind. Große Heere werden in Zukunft auch aus den Trappen der zweiten Linie gebildet werden, und wer sie am besten ausbildet, bewaffnet, ausrüstet und zu verpflegen versteht, wird mit solchen Truppen bei guter Führung ausschlaggebende Erfolge schon deshalb erzielen, weil eben beiderseits vielfach nur damit gekämpft werden muß.82) -

78) Ebd.; ähnlich auch E. v. H., Die militärischen Leistungen der Republik von 1870, in: Im Neuen Reich 1 (1871), Bd. 1, S. 266. 79) Richard Baron, Der Deutschen Krieg und Sieg in Frankreich 1870-1871, Oppeln 1871, S. 132; ähnlich Karl Braun, Während des Kriegs. Erzählungen, Skizzen und Studien, Leipzig 1871, S. 26. 8°) AAZ, 8. 9. 1870, Nr. 251, S. 1. 81) Erinnerungen eines ehemaligen pfälzischen Reservelieutenants aus dem Deutsch-französischen Feldzuge 1870-71, Kaiserslautern 1891, S. 23. Ähnlich auch Georg Horn, Bei Friedrich Karl. Bilder und Skizzen aus dem Feldzuge der zweiten Armee, Bd. 2, Leipzig 1872, S. 63 u. 72. 82) Bernhard Stürtz, Mit den 25ern vor 42 Jahren vom Rhein zur Küstenwacht und an die Lisaine. Erinnerungen eines ehemaligen Reserve-Offiziers, Aachen 1912, S. 96 f.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

231

Der

Völkskrieg ist keine zufällige Erscheinung des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 gewesen, sondern eine notwendige Entwicklungsstufe aller Staatenkriege der Zukunft; keine Nation wird sich künftig mehr geschlagen geben, nur weil ihre Feldarmee besiegt ist immer wird anschließend eine Volksbewaffnung durchgeführt werden, um den Feind doch noch unter Einsatz aller Kräfte zu überwältigen. Nur wer dieses zweite Aufgebot richtig zu handhaben weiß, wird sich in den kommenden Kriegen behaupten können. Ob das Massenaufgebot nun als eine veraltete Form der Kriegführung oder als ein notwendiges Element aller künftigen militärischen Auseinandersetzungen hingestellt wurde, für die meisten Beobachter stand fest, daß Volksheere nur im Kampf mit Volksheeren noch eine Siegchance besaßen; gegenüber regulären Truppen waren sie hoffnungslos unterlegen. Egal, ob die Volksbewaffnung legitim oder illegitim, ob sie ein Anachronismus oder zukunftsweisend war, ihre militärische Durchschlagskraft wurde als sehr gering eingeschätzt. Daß französische Bürgersoldaten, die notdürftig zu schießen gelernt hatten, im Ernst glaubten, ihre Kräfte mit bestens geschulten preußisch-deutschen Liniensoldaten messen zu können, erschien geradezu unverständlich. „Was Frankreichs kriegsgeschultes Heer [...] nicht vermocht hat", schrieb die Augsburger Allgemeine Zeitung, „wird Frankreichs zügelloses Volk noch weniger vermögen"83); die rhetorische Frage einer populären Kriegszeitung lautete: „Was ist der bewaffnete Bürger gegen eine so disciplinierte Armee wie die unsrige?"84) -

Der Autor dieses Blattes, Hans Wachenhusen, rief an anderer Stelle aus: „Die ,levée en masse' ward jetzt der tröstende Gedanke der Patrioten, die trügerische Hoffnung auf die Erhebung eines ganzen Volkes, das nie die Waffen zu führen gelernt, gegen ein siegreiches Volk in WaffenV'S5) Wachenhusen hob den Begriff des Volkes in Waffen' hervor, um den Gegensatz zum französischen Volk zu pointieren, das zu den Waffen griff, ohne sich jemals in ihrem Gebrauch geübt zu haben, während die Deutschen durch die nationale Waffenschule der allgemeinen Wehrpflicht hindurchgegangen waren. Die französischen „Republikaner" hatten einfach „übersehen", urteilte auch Martin Wohlrab, „daß man friedliche Leute nicht so schnell zu Soldaten umschaffen kann, mindestens nicht zu Soldaten, die unseren so gewissenhaft, so systematisch geschulten Truppen die Waage halten konnten"86). Dieselbe Beobachtung machte der Geschichtsprofessor Ernst Dahn, für den die Kriegserfahrungen bewiesen, „daß mit Gewehren bewaffnete Rekruten noch lange keine Soldaten waren, ,

83) AAZ, 11.9. 1870, Nr. 254, S. 1 ; ähnlich auch NZ, 13. 1. 1871, Nr. 21, S. 1. 84) Der Deutsche Volkskrieg. Mit Texten von Hans Wachenhusen und Illustrationen,

Nr. 9

(9.9. 1870), S. 1. 85) Hans Wachenhusen, Aus bewegtem Leben. Erinnerungen aus dreißig Kriegs- und Friedensjahren, Bd. 2, Straßburg 1890, S. 294. 86) Martin Wohlrab, Rede zur Friedens-Feier am 4. März 1871 in der Aula des Gymnasiums zum heiligen Kreuz, Dresden 1871, S. 8.

232

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

welche es mit den wohlgeschulten, in Strapazen und Kampf erprobten Kriegern der Deutschen aufnehmen konnten"87). Die einfache Feststellung der militärischen Unterlegenheit schnell rekrutierter Vblkskrieger gegenüber disziplinierten Truppen gehörte noch zu den mode-

Urteilen, die über die französischen Bürgersoldaten gefällt wurden. Oft verließen die deutschen Beobachter auch gänzlich den Boden des sachlichen Vergleichs, um statt dessen Hohn und Spott über die französischen Möchtegern-Soldaten auszugießen. Ihr militärischer Dilettantismus, gepaart mit patriotischem Überschwang, gab manchem Kommentator Anlaß zu satirischen Bemerkungen. Albrecht von Oertzen bezeichnete in seinen Feldzugserinnerungen die Aufrufe der französischen Regierung zum Volkswiderstand als „Blödsinn", als eine Anstachelung der Leute zu „Thorheiten", die den deutschen Invasoren aber höchstens „lästig"88) seien; Paul Bauriedel berichtete von einer Freischärlertruppe, die durch ihre schwarze Einheitskleidung auffiel und sich den Namen „Vengeurs de la mort" zugelegt hatte in Verbindung mit dieser blutrünstigen Bezeichnung machte der zusammengewürfelte Haufen von jungen Burschen und älteren Herren einen fast schon lächerlichen Eindruck.89) Vor allem aber war es die internationale Brigade Giuseppe Garibaldis, die immer wieder den Spott der deutschen Beobachter hervorrief. Das volltönende Pathos des italienischen Freiheitshelden, der in Frankreich mit dem Anspruch auftrat, das republikanische Prinzip gegen deutsche Fürstenstaaten verteidigen zu wollen, wurde in boshaftester Weise mit der militärischen Unzulänglichkeit seiner bunten Freischar kontrastiert. Garibaldi sei der „rothhemdige Don Quijote der Universalrepublik"90), höhnte Johannes Scherr, und seine Truppe, so Gustav Höcker, bestehe nur aus „Paradiesvögeln"91). Bedauerlich sei nur, schränkte der Kriegsbuchautor Füllborn ein, daß die lächerlichen Bemühungen des Italieners so vielen Menschen das Leben kosteten: rateren

-

Der Krieg, der so lange gegen reguläre Trappen geführt war, hatte nun plötzlich eine andere Gestalt bekommen der Landsturm erstand an allen Ecken und Enden, hier und da in ganze Armeen zusammengezogen und unter Generale der Republik gestellt, zu denen sich noch freiwillig der alte, kränkelnde Garibaldi mit seinen Söhnen gesellt hatte. Der alte Mann hätte auch etwas Besseres thun können, als zu dem Blutvergießen noch beizutragen und sich und -

87)

Ernst Dahn, Von Jena bis Versailles. Preußens Trauer und Glanz, Braunschweig 1906, S. 254. Ähnlich auch Illustrirte Kriegs-Chronik. Gedenkbuch an den Deutsch-Französischen Feldzug von 1870-1871, Leipzig 21871, S. 243; Schneider, Pariser Briefe, Bd. 3, S. 209f.; Georg Hiltl, Der Französische Krieg von 1870 und 1871, Bielefeld/Leipzig 1884, S. 402. 88) Albrecht von Oertzen, Kriegserinnerungen eines Schwedter Dragoners, Berlin 1905, S. 35 f. 89) Paul Bauriedel, Meine Erlebnisse während des Feldzugs im Jahre 1870/71, Nürnberg 1895, S. 86. Ähnlich spottete Karl Gotthilf, Lustige und traurige Erinnerungen an die große Zeit vor 25 Jahren, Rathenow 1895, S. 27f. W) Scherr, 1870-1871, Bd. 2, S. 399. 91) Gustav Höcker, 1870 und 1871. Zwei Jahre deutschen Heldentums, Glogau 4o.J., S. 268.

1.

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Kriegführung und Heeresverfassung

Anderen das Leben zu erschweren. Denn wenn seine Reden und Bemühungen auch lächerlich waren, so hatten sie doch den großen Nachtheil, daß sie die Franzosen noch mehr aufregten und noch mehr Opfer forderten.92)

Daß Füllborn die französischen Volksarmeen mit dem preußischen Begriff des Landsturms belegt, kann sein Urteil über diese Formationen auch nicht mildern; zumal sie das leicht entzündliche Material bilden, in das der Funke der garibaldianischen Aufwiegelei stets aufs neue hineinzufliegen droht. Garibaldi ist zwar lächerlich, aber seine Tiraden regen die Franzosen so sehr auf, daß es immer wieder zu neuen Widerstandsaktionen kommt der Italiener ist ungewollt komisch, aber dennoch gefährlich. Für Felix Dahn besteht die Lächerlichkeit Garibaldis vor allem darin, daß seinen großspurigen Worten immer nur klägliche militärische Taten folgen. Dahn beschreibt eine Offensive der Rothemden, die sofort abgebrochen wurde, als man auf die ersten deutschen Vorposten stieß: Nachdem ihre „Bewegung nur eine Meile weit reicht[e]", kehrte die Freischar „unter den Klängen der Marseillaise (!) nach Dijon zurück"93). Das eingestreute Rufzeichen verdeutlicht die Diskrepanz zwischen dem Pathos des Auftretens und der Geringfügigkeit des Ergebnisses, eine Diskrepanz, die den ,,alte[n] Haudegen [...] geradezu lächerlich"94) wirken ließ. Wer spottete und höhnte, zeigte damit an, daß er den neuen Gegner nach dem 4. September nicht recht ernst nahm; sehr viel ernster nahmen ihn diejenigen Beobachter, die den Volkskrieg nicht ins Lächerliche zogen, sondern im direkten Angriff mit den stärksten Begriffen verdammten und verteufelten. Um zu spotten, war diesen Kommentatoren das Geschehen viel zu grausam; die Verbrechen der Franctireurs hatten nichts mit Komik, aber sehr viel mit Hinterlist und Heimtücke zu tun. Gerade die Maskerade, die von den Freischärlern häufig praktiziert wurde, stieß auf rigideste Kritik. Wer auf deutsche Soldaten schoß und sich anschließend in einen harmlosen Zivilisten zurückverwandelte, der von nichts zu wissen behauptete, handelte nicht soldatisch, sondern war einfach nur feige und gerissen. Viele Todesschützen kennzeichneten sich nur durch ein einzelnes Kleidungsstück oder Abzeichen als Franctireurs, damit sie als Kriegsgefangene behandelt werden mußten, wenn man sie auf frischer Tat ertappte; anschließend entfernten sie dieses Kennzeichen, um wieder als unbeteiligte Bürger oder Bauern dazustehen, die für nichts belangt werden konnten. Dieses permanente Rollenspiel, das nach Aussage der deutschen Beobachter von den meisten Freischärlern betrieben wurde, dieser ständige Wechsel zwi-

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-

92) George Füllborn,

Der

vollständige deutsch-französische Krieg

in den Jahren 1870 und

1871, Berlin o.J.,S.60f. 93) Felix Dahn, Moltke als Erzieher. Allerlei Betrachtungen, Breslau 1892, S. 183.

94)

Ebd.

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

sehen bewaffnetem Widerstand und vorgetäuschter Unschuld erbitterte die Invasionsarmee in höchstem Maße.95) Zahlreiche Kommentatoren waren infolgedessen auch nicht mehr bereit, den bewaffneten Widerstand der Franctireurs als eine Form der Kriegführung zu akzeptieren. Für sie handelte es sich schlichtweg um Mord um eine nicht mehr militärische, sondern längst schon kriminelle Handlung. Wer ohne Uniform aus dem Hinterhalt heraus Menschen tötete, war kein (wie auch immer definierter) Soldat mehr, sondern ein heimtückischer Meuchelmörder. Im „zweitefn] Stadium des Krieges", hieß es in einer pathetischen Formulierung, im „Guerillakrieg", wurden die „Unmenschlichkeit, die Hinterlist" und der „Meuchelmord als heilig gepriesen"96). Nicht weniger pathetisch waren die Worte, in die Gustav Freytag seine Empörung über die Untaten der Franctireurs kleidete: -

Seit vollends der Savoyarde Gambetta Prämien auf Brach des Ehrenworts setzte, das Landvolk zu heimtückischer Austilgung ihrer feindlichen Einquartierung aufforderte [...], seit ein grausamer und höchst barbarischer Volkskrieg als das republikanische Rettungsmittel Frankreichs gefeiert wurde, seitdem ist auch der Deutsche genötigt, den Krieg so zu führen, wie ihn die unselige, politisch hilflose Nation sich begehrt hat. Er erschlägt die Bauern und verbrennt die Dörfer, in denen seine verwundeten Kameraden erschossen und verstümmelt worden, aber er fühlt den Jammer in tiefster Seele, er flucht den verruchten und gewissenlosen Volksführern Frankreichs, welche solchen barbarischen Rachekrieg befohlen und als tugendhaft gepriesen haben und er wälzt in Stunden der Trauer auf ihre Seelen die Verantwortung für die schwere Tat, zu welcher sie ihn genötigt.97)

Die ausdrückliche Betonung, daß Gambetta aus dem südfranzösischen, halb noch italienischen Sayoyen stammt, soll das Klischee der welschen Tücke verstärken; der „guerre à outrance" gegen die Invasoren wird als Austilgung bezeichnet, also mit einem Begriff belegt, der an die Vernichtung von Ungeziefer denken läßt. Diese Mischung von Heimtücke und totaler Verachtung des Feindes ruft natürlich auch auf deutscher Seite eine Erbitterung hervor, die sich in drastischen Strafaktionen gegen die widerständige Landbevölkerung äußert. Dabei ernten die Franzosen aber nur den Sturm, nachdem sie selber Wind gesät haben; die deutschen Soldaten können die Verantwortung für ihre Taten mit gutem Gewissen der französischen Regierung zuschieben. Von einer besonderen Form der Heimtücke im kleinen Krieg berichtete Hans Blum, der als Berichterstatter für die Wochenzeitschrift „Daheim" in Frank-

95)

Zur Hinterlist der Franctireurs besonders E. Barth, Kriegserinnerungen eines deutschen Offiziers. Nach Tagebuchblättern, Bromberg 1878, S. 199f.; H. Quilling, (Brief v. 23. 11. 1870 aus Plombières an die Eltern), in: Briefe aus dem Kriege 1870/71. Festgabe zur zwanzigjährigen Erinnerungsfeier an den großen Krieg, Mannheim 1890, S. 186; Gustav Fischer, Feldzugs-Briefe 1870/71, [Minden 1901], S. 75. 96) J. Kleinen, Gedenkbuch des Krieges von 1870-71, Görlitz 1871, S. 77. Ähnlich auch Horn, Bei Friedrich Karl, Bd. 1, S. 197; Ernst Hänßler, Erlebnisse eines Soldaten des 4. bad. Infant.-Regiments „Prinz Wilhelm" im Feldzuge 1870/71, Karlsruhe 1896, S. 33. 97) Freytag, Auf der Höhe der Vogesen, S. 76.

1.

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Kriegführung und Heeresverfassung

reich unterwegs war. Bekanntlich hatte die Genfer Konvention den Sanitätsdienst im Feld neutralisiert; Personen und Einrichtungen, die mit dem Roten Kreuz gekennzeichnet waren, hatten keinen Feindstatus mehr, sondern galten als parteilos. Viele Franctireurs machten sich diese Regelung zunutze, um einer Bestrafung durch den Kriegsgegner zu entgehen.98) Wie Chamäleons paßten sie sich der jeweiligen Situation an, wie Schauspieler wählten sie immer diejenige Kostümierung, die ihnen gerade besonders günstig erschien. Wollte der Volkskrieger vor seinen Landsleuten prahlen, so trug er das blauweiße Band der Freischützen, trat er jedoch einer Übermacht deutscher Soldaten entgegen, dann neutralisierte er sich kurzerhand mit der weißen Binde des Roten Kreuzes. Dieses hinterlistige Versteckspiel hatte mit ,Soldatenart', wie auch der Kölner Abiturient Ernst feststellte, freilich nichts mehr zu tun; „überhaupt trieben diese Leute" die Franctireurs „ihr Handwerk nicht offen oder nach Soldatenart, sie ermordeten vielmehr aus dem Hinterhalt einzelne Patrouillen oder Versprengte, und wenn man ihnen beizukommen suchte, versteckten sie ihre Waffen und traten als harmlose Bauern oder Wanderer wieder auf'.99) Der Magdeburger Kaufmann Radestock wurde selber Zeuge eines Partisanenüberfalls auf einen deutschen Eisenbahntransport; die Angreifer, die zuvor eine Patrouille überfallen und vier Soldaten die „Hälse abgeschnitten" hatten, bezeichnete er nur als „Meuchelmörder" und „Halunken"100). Wenn die Franctireurs keine Soldaten waren101), so verlief immer wieder die unterschwellige Argumentation, dann konnten sie nur als Mörder definiert werden wenn ihr blutiges Geschäft nicht unter den Oberbegriff der regulären Kriegführung fiel, dann mußte es zwangsläufig als verbrecherisch hingestellt werden. „Gesindel aller Art rottete sich zu Banden zusammen", formulierte Hermann Tiemann, „um den kleinen Krieg aus dem Hinterhalt gegen die vordringenden Deutschen zu führen"102); die Franctireurs schlössen sich für Tiemann nicht zu militärischen Einheiten, sondern zu Banden zusammen eine beliebte Wortwahl, mit der die französischen Freischärler von vornherein ins Unrecht gesetzt und kriminalisiert wurden.103) -

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-

-

98)

Hans Blum, Auf dem Wege zur deutschen Einheit. Erinnerungen und Aufzeichnungen eines Mitkämpfers aus den Jahren 1867 bis 1870, Bd. 2, Jena 1893, S. 306. 99) W. Ernst, Vom Rhein bis zum Kanal. Erinnerungen aus dem Feldzuge 1870-71, Rathenow 1893, S. 80. I0°) Hermann Radestock, (Brief v. 26. 12. 1870 aus Châtillon-sur-Seine an den Bruder), in: ders., Acht Feldpostbriefe aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71. Bearbeitet von Hans-Joachim Radestock, Hannover 1967 (=Stück G 7 der familienkundlichen Sammlung Radestock), S. 8. 101 ) So auch K. W. Vetter, Der Deutsch-französische Krieg von 1870 und 1871 in Geschichten und Schlachtenbildern, Breslau [1871], S. 154. 102) Hermann Tiemann, Vor fünfundzwanzig Jahren. Feldzugserinnerungen eines Kriegsfreiwilligen, Braunschweig 1895, S. 52. 103) Zu dieser Wortwahl auch VZ, 2. 9. 1870, Nr. 210 (Zweite Beilage), S. 5; MNN, 25. 10. 1870, Nr. 298, S. 1; Otto Kämmel, Der Deutsche Volkskrieg gegen Frankreich 1870 und

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Verbrecher müssen aber auch wie Verbrecher bestraft werden und auf Mord steht die Todesstrafe, darin waren sich die meisten Beobachter einig. Zumal dann, wenn der Mordanschlag in so hinterhältiger und grausamer Weise durchgeführt wird, wie man es den Franctireurs immer wieder unterstellte. Typisch war die Erzählung, die der Heidelberger Student Wilckens von einem Überfall auf deutsche Dragoner in der Nähe von Autun ablieferte. „In einem Dorfe", führte Wilckens aus, „wurde ihnen der Ausgang versperrt und als sie ihn erzwingen wollten, die Pferde erschossen"; andere Soldaten „sahen noch, wie die Dragoner zum Teil unter ihren Pferden liegend mit dem Säbel sich wehrten, allein es half nichts. Bauern erschlugen sie mit Beilen, kleideten sie aus und sattelten die Pferde ab"104). Die wehrlos unter ihren Pferden liegenden Dragoner werden nicht gefangen genommen, sondern mit Beilen bestialisch getötet; anschließend werden die Leichen entkleidet, um die Feinde noch im Tode symbolisch zu demütigen. Vor diesem Hintergrund schienen auch harte Vergeltungsmaßnahmen gerechtfertigt zu sein. Ein kriegsfreiwilliger Student aus Gießen trug am 12. Januar 1871 in sein Kriegstagebuch ein: -

Ueberhaupt haben die Franctireurs den ganzen Groll der Soldaten zu tragen, und nicht mit Unrecht. Ohne Uniform, können sich dieselben jeder Zeit in einen biederen Paysan verwandeln,

um, wenn die Gefahr für sie vorüber

ist, das versteckte Gewehr hervorzuholen und in Sicherheit gewiegten Patrouillen niederzuschießen. Der die letzten Tage herausgekommene Befehl, auf alle Franzosen, die wir im Walde treffen, ohne Unterschied zu schießen, wird deshalb prompt befolgt. Ebenso verstehen wir es, mit der Methode der Einwohner, unser Nahen durch Glockenläuten und Drehen der Windmühlenflügel weiter zu melden, gründlich aufzuräumen. Sucht der Glöckner nicht schleunigst das Weite, so wird ihm ohne Gnade sein Glockenseil zum hänfenen Strick.105) unsere

Daß unter den Franzosen, die ,im Walde' angetroffen werden, auch viele Unschuldige sein mögen, scheint den Verfasser nicht zu stören ebensowenig wie die Unverhältnismäßigkeit von Vergehen und Strafe, wenn schon Meldedienste wie das Glockenläuten mit dem Tode bestraft werden. Auch bei Gruppenexekutionen kann nicht allzu viel Sorgfalt an den Tag gelegt werden: -

1871, Bd. 2, Zwickau 1871, S. 93; Höcker, 1870 und 1871. Zwei Jahre deutschen Heldentums, S. 222; Baron, Der Deutschen Krieg und Sieg in Frankreich, S. 160; Heinrich Wiehern, Tagebuchblätter eines Sechsundsiebzigers aus dem Feldzuge 1870. In 4 Serien, Hamburg 1870 und 1871, S. 73; Adolf Uhland, Tagebuch eines Landwehr-Offizieres aus dem Feldzuge gegen Frankreich im Jahre 1870/71, München 1889, S. 108; Clemens Kissel, Mit den Hessen in Frankreich 1870-71, Mainz 1904, S. 57; L. Wilde, Kriegstagebuch und Erinnerungen aus dem Feldzug gegen Frankreich 1870/71, Greifswald 1908, S. 57; Hermann Heineck (Hg.), 1870/71. Kriegstagebuch des Lehrers Carl Angelrodt, Nordhausen 1913, S. 61; Arthur Zapp, Vom frischen, fröhlichen Krieg. Feldzugs-Erlebnisse, Leipzig/Berlin o.J., S. 115. 104) R. Wilckens, Kriegsfahrten eines freiwilligen badischen Dragoners anno 1870/71, Karlsruhe 1891, S. 83. 105) Feldzugs-Erinnerungen eines Kriegsfreiwilligen der 25. Hessischen Division, Augsburg 1895, S. 74.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

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Eine Anzahl Franctireurs, die, wo sie nicht selbständig auftreten, bei unseren Gegnern die Rolle der ,éclaireurs' spielen, fällt in unsere Hände. Um ein Exempel zu statuieren, wird vor Briare die ganze Gesellschaft aufgestellt, ein Theil davon ausrangirt und erschossen. Dabei hat ein unschuldiges Bäuerlein das Pech, mitfüsiliert zu werden.106)

Die Ermordung des unschuldigen Bauern ist für den Beobachter nicht einmal eines Kommentars wert; der trockene Tatsachenbericht wird mit keiner Silbe unterbrochen. Genauso ungerührt erzählt Richard Martin, Leipziger Student der Mathematik und der Naturwissenschaften, von der Exekution einer Dorfbewohnerin, der man unterstellte, einem verwundeten preußischen Unteroffizier die Augen ausgestochen zu haben. „Die Wut unserer Soldaten", schreibt der angehende Lehrer, „als sie diese Greuelthat entdeckten, kannte keine Grenzen"; die „Frau wurde unter Verwünschungen aus ihrem Hause gezerrt, an ein Kanonenrad gebunden und durch Stiche und Schläge sodann förmlich zu Tode gemartert"107). Ohne irgendein Verfahren, ohne jede Chance zur Verteidigung wird die Verdächtige der Todesstrafe überstellt; ein Kanonenrad muß als Marterpfahl herhalten, an dem die Frau so lange gefoltert wird, bis sie ihren Wunden erliegt. Je brutaler und verbrecherischer die Taten der Franctireurs dargestellt werden, desto leichter sind die Strafaktionen und Repressalien der deutschen Invasoren zu rechtfertigen. Ein Verbrecher muß wie ein Verbrecher bestraft, ein Mörder ohne Gnade gerichtet werden; noch zwingender erscheint dieser Mechanismus, wenn die Feinde sogar regelrecht,entmenscht', wenn sie nicht einmal mehr auf die Stufe gewöhnlicher Verbrecher gestellt werden. „Daß wir vor einem Feind, der nirgends Stand hielt, keine besondere Hochachtung haben konnten, darf uns nicht verübelt werden", schrieb ein unbekannter Autor, „daß wir aber mit diesem heimtückischen Gesindel, das Ordonnanzen, Patrouillen und sonstige kleinere Transporte, denen es zehnfach überlegen war, aus dem Hinterhalt niederschoß oder vielfach auf bestialische Art niedermetzelte, wenn wir solches unter die Hände bekamen, nicht lange fackelten, muß als selbstverständlich erscheinen"108). Wer auf ,bestialische Art' tötet, der hat sich selber auf die Stufe eines Tieres gestellt und darf auch von seinen Feinden keine Rücksichtnahme mehr erwarten. Die Franctireurs seien eine „wahre Geißel", folgerte der Feldarzt Matthes, und „sollten totgeschossen werden wie tolle Hunde"109). „Blind und toll"110) waren die Agitatoren des Volkskrieges auch in

106) Ebd., S. 73. Iü7) Richard Martin, Kriegserinnerungen eines 105ers, Plauen 1896, S. 183. 108) K. M„ Eine Streifpatrouille, in: H. Klingebeil (Hg.), „Selbsterlebtes" 1870/71. Von ver-

schiedenen Verfassern, Saarbrücken 1894, S. 42 f. 109) P. Matthes, Im großen Hauptquartier 1870/1871. Feldbriefe in die Heimat, München 1892, S. 86. n0) Hans Wachenhusen, Tagebuch vom französischen Kriegsschauplatz 1870-1871, Berlin 1871, S. 157.

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

den Augen Hans Wachenhusens, während Max von Eelking keine Tiere, dern Wilde in den Freischärlern zu erkennen vermeinte:

son-

Das Volk ging in seiner teuflischen Härte und blinden Rachsucht zum Theil so weit, daß es alle Kultur geradezu verleugnete und in kannibalischer Weise ehrliche deutsche Streiter abschlachtete oder wehrlose Verwundete auf das Gräßlichste und Gefühlloseste verstümmelte und marterte. Diese Bestien übertrafen dabei noch die wilden Indianer und Kaffern.,u)

Indianer und Kaffern scheinen für den Autor der Inbegriff vorzivilisatorischer Grausamkeit zu sein; ob die Verbindung mit dem Kannibalismus hier glücklich gewählt ist, muß allerdings bezweifelt werden. Fest steht jedenfalls auch für Friedrich Gerstäcker, daß ein „indianisches Gemetzel" nichts anderes erreicht als die „Rüge benachbarter zivilisierter Nationen"112). Der Freischärlerkrieg wird außerhalb der Zivilisation angesiedelt, egal, ob man die Partisanen als Tiere oder als Wilde bezeichnet; sie stehen außerhalb von Recht und Sitte und haben damit jeden Anspruch auf Schonung verwirkt. Neben der grundsätzlichen Kritik am Freischärlerkrieg, die den Partisanenkampf einerseits außerhalb des Kriegsrechts stellte und damit kriminalisierte, andererseits aus dem Bereich zivilisierten Verhaltens ausgrenzte und damit zu einem Akt der Barbarei erklärte, gab es jedoch noch eine weitere Argumentationsstrategie, die eher darauf abzielte, den Volkskrieg zu einem innenpolitischen Problem zu erklären. Eine kriegführende Nation, so hieß es oft, schädige sich mit der Volksbewaffnung in weitaus stärkerem Maße selber, als daß sie den Feind dadurch in Verlegenheit bringe. Diese Schädigung könne so weit gehen, daß der Freischärlerkrieg zu einem regelrechten Verbrechen am eigenen Volk erklärt werden müsse. Eine Regierung, die nach einer eindeutigen Niederlage in mehreren Feldschlachten nicht kapituliere, sondern den Krieg mit allen Mitteln fortsetze, müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, ohne Rücksicht auf Leben und Besitz der Einwohnerschaft vorzugehen und den eigenen politischen Ehrgeiz über die Interessen der Menschen zu stellen. „Die Leiden der Fortsetzung des Kriegs", hieß es am 28. Januar 1871 in der Augsburger Allgemeinen Zeitung, „schädigen und schwächen das Land in unendlichem Grade mehr als der Verlust von Provinzen" die „Häupter der Regierung[,] welche das Volk zu diesem wildverbissenen Fortkämpfen anhetzen, sind Verbrecher gegen ihr [sie] Wohl"113). Auch der Kriegsberichterstatter Hermann Uhde, dessen Aufsätze regelmäßig in den „Hamburger Nachrichten" veröffentlicht wurden, sah die republikanische Regierung durch die verweigerte Kapitulation nach der Katastrophe von Sedan mit großer Schuld beladen: -

-

-

Wohl ist der Krieg schrecklich wie des Himmels Plagen, aber was unser Bewußtsein immer wieder stärken und heben muß: dieses fluchwürdig frevlerische Gesindel, welches „im Na-

'") Eelking, Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich 1870 bis 1871, S. 319. I12) Friedrich Gerstäcker, Die Franktireurs, in: ders., Kriegsbilder. Erzählungen und Erinnerungen aus den Kriegsjahren 1870/71, Leipzig [1908], S. 7. i13) AAZ, 28. 1. 1871, Nr. 28 (Beilage), S. 2.

1.

239

Kriegführung und Heeresverfassung

der Republik" einen nutzlosen Kampf lediglich aus selbstsüchtigen Zwecken um Moverlängerte es allein ist verantwortlich für all das Entsetzliche. Getrost können wir die Hand auf die Brust legen, unser Gewissen ist rein, wir waren an so fürchterlich-wahnwitzigem Beginnen nicht schuldig. Wie aber der, welcher all' dies Blut, diese Thränen, diesen men

nate

-

Jammer, dieses Elend heraufbeschworen, dies mit sich und seinem höheren Richter ausmachen kann

das ist eine

Frage, welche kein Sterblicher zu beantworten vermag.114) Uhde unterstellte den Männern des 4. September ein egoistisches Interesse; nur ...

ihre persönlichen Zwecke zu befördern, wollten sie den Feldzug noch weiin die Länge ziehen. Der Völkskrieg wurde letztlich nicht im Namen des Volkes, sondern gegen das Volk geführt. Alle Greuel des Winterkrieges fielen auf das Gewissen der Verantwortlichen in Paris zurück. Unter diesen Verantwortlichen spielte Léon Gambetta die wichtigste Rolle; sein Gewissen war es folglich auch, dem Friedrich Gerstäcker die Opfer des Volkskrieges anlastete. „Der gemeine Mann selbst sagt sich", führte Gerstäcker aus, „daß weiterer Widerstand gegen unsere Heere jetzt töricht und ein nutzloses Schlachten ist", kein „wirklicher Krieg mehr", und „Gambetta, der nur durch seine lügnerischen Siegesberichte das Volk täuschte und zu neuen nutzlosen Anstrengungen anreizte, hat mehr Menschenleben auf dem Gewissen, als selbst der Mann des 2. Dezember"115). Nicht nur über die Köpfe der Menschen hinweg, sondern sogar gegen ihren ausdrücklichen Willen wurde der „guerre à outrance" beschlossen und durchgehalten; ein Verbrechen, das es dem Autor erlaubte, Gambetta ohne Vorbehalt an die Seite Napoleons III. zu stellen. Im Grunde handelte es sich bei dieser hartnäckigen Fortsetzung eines sinnlosen Krieges sogar um eine Form des regierungsamtlichen Terrors. „Prahlerische Phrasenmacher in Paris terrorisierten noch immer das eigene Volk"116), formulierte Gerstäcker in einer Lagebeschreibung im Herbst 1870 die dritte Republik griff ebenso wie die erste auf den Terror zurück, um die Bevölkerung zu einem Wohlverhalten zu zwingen, das nichts mit ihren eigenen, sehr viel aber mit den Interessen der politischen Führung zu tun hatte. Während die Menschen in der Großen Revolution unter der Guillotine starben, wurden sie nun vor die Gewehre der deutschen Invasoren getrieben; in beiden Fällen zollten sie nur dem Fanatismus der Herrschenden ihren Tribut.] 17) um

ter

-

114) Hermann Uhde, Streifzüge auf dem Kriegsschauplatze 1870-1871, Hamburg 1871, S. 39f. 115) Friedrich Gerstäcker, Briefe eines Nachzüglers, in: ders., Kriegsbilder, S. 170 f. Ähnlich auch Theodor Bracht, Ernstes und Heiteres aus dem Kriegsjahre 1870/71. Erlebnisse eines Studenten und Einjährigen des Königl. Sachs. 8. Infanterie-Regiments Nr. 107, namentlich während der Belagerung von Paris, Halle a. S. 1892, S. 50f. "6) Friedrich Gerstäcker, Kriegsbilder eines Nachzüglers aus dem Deutsch-Französischen Kriege, in: ders., Kriegsbilder, S. 125. "7) Als Terror oder Terrorismus wird die Kriegspolitik der Republik auch bezeichnet von Werner Hahn, 1870 und 1871. Der Krieg Deutschlands gegen Frankreich, Bielefeld/Leipzig 1871, S. 469; Constantin von Voigts-Rhetz, Briefe aus den Kriegsjahren 1866 und 1870/71,

240

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Wenn der Volkskrieg aber viel mehr ein ehrgeiziges Projekt der republikanischen Regierung als eine Initiative der Bevölkerung ist, dann verwundert es nicht, daß sich bei vielen Franzosen auch Unmut über die Maßnahmen Gambettas äußerte.118) Solche Unmutsäußerungen wurden von den deutschen Beobachtern sehr gerne aufgegriffen und zur Sprache gebracht; jedes Indiz für Streit und Unzufriedenheit beim Kriegsgegner stellte die Geschlossenheit des nationalen Widerstands in Frage. Gerade zwischen Stadt und Land, zwischen dem fanatischen Patriotismus der städtischen Presse und der Passivität, ja Friedfertigkeit der Landbevölkerung wurde häufig ein Gegensatz konstruiert als wären die Franctireurs nur aus den Städten auf das Land ausgeströmt, um dort zum Leidwesen der Bauern einen Krieg zu führen, der für die Dörfler einzig mit Nachteilen verbunden war. „Die friedliche Bevölkerung auf dem platten Lande Frankreichs", behauptete Otfried Mylius in seiner Feldzugsgeschichte, „hatte von der Brutalität und Raublust der Franctireurs vornweg weit mehr zu leiden als der Feind, und die Freischaaren [sie] beanspruchten weit mehr als die von strenger Disciplin gebundenen französischen Soldaten kraft ihres Rechtes als Landesvertheidiger"119). Mylius verschweigt, daß viele Bauern auch selber zu den Waffen griffen oder die Franctireurs doch zumindest aktiv unterstützten; in seiner Darstellung erscheinen die Dörfler nur als Opfer, die zunächst von den noch relativ moderaten Regierungstruppen und anschließend von den rücksichtslosen Freischärlern ausgesaugt wurden. Ähnlich einseitig argumentierte die „Illustrirte Kriegs-Chronik", die in den Partisanen nur eine Plage der eigenen Landsleute sehen wollte.120) Noch einen Schritt weiter ging der Kriegsbuchautor Reichardt, der den Schaden, welchen das französische Volk durch die Fortsetzung des Krieges erlitt, nicht nur an den Requirierungen durch die eigenen Truppen festmachte, sondern von einer unverantwortlichen Störung des gesamten Wirtschaftslebens in Frankreich sprach. „Gambetta hatte die Massenaushebung dekretirt", begründete Reichardt seine Position, so daß „vom 16. bis 50. Jahre [...] alles zu den Waffen greifen" mußte; „alle Gewerbe, alle geistige und physische Thätigkeit mußten ruhen, Handel und Wandel stockten denn jedermann wurde zum Soldaten"121). Die alte Kritik an der ökonomischen Belastung durch ein stehendes Heerwesen -

-

-

-

Berlin 1906, S. 240f.; Otto Hintze, Die Hohenzollern und ihr Werk. Fünfhundert Jahre vaterländischer Geschichte, Berlin 31915, S. 640. 118) So etwa die Behauptung von Heinrich Fritsch, 1870/71. Erinnerungen und Betrachtungen, Bonn 3-51914, S. 259f. 119) Otfrid Mylius, Illustrirte Geschichte des Krieges vom Jahre 1870 und 1871, Stuttgart 1871, S. 351. 12u) Illustrirte Kriegs-Chronik. Gedenkbuch an den Deutsch-Französischen Feldzug, S. 243. Ähnlich auch G. Boschen, Kriegserinnerungen eines Einundneunzigers 1870/71, Oldenburg 1896, S. 109; H. Heyd, Ein Vierteljahr verwundet und gefangen in Frankreich. Erlebnisse eines Grenadiers im Kriege von 1870/71, Karlsruhe 1901, S. 25. 121) A. Reichardt, Anno 1870. Geschichte des deutsch-französischen Krieges bis zum Friedensschlüsse, Stuttgart 21871, S. 200.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

241

wurde von Reichardt kurzerhand gegen eine Form der Volkserhebung gewendet, die doch vermeintlich im Sinne des Milizgedankens gerade zur Entlastung der Völkswirtschaft beitragen sollte. Nun schien im Gegenteil die Aufbietung der gesamten männlichen Einwohnerschaft dem Wirtschaftsleben den größtmöglichen Schaden zuzufügen; die komplette Warenproduktion ruhte und Frankreich „vergeudete" im Krieg „seine besten Kräfte"122). Angesichts dieser vom Volkskrieg verursachten Schäden wäre nur zu hoffen, überlegte der badische Offizier Betz, daß in Deutschland im umgekehrten Fall auf ähnliche Maßnahmen verzichtet würde. Da die „Franctireurs Frankreich mehr geschadet wie genützt" haben, stellte Betz in seinen Feldzugserinnerungen fest, „wäre zu wünschen, daß bei dem nächsten Kriege, wenn die Franzosen Deutschland betreten sollten, unsere Bevölkerung nicht in denselben Fehler verfallen möchte" nicht nur, um die unnötigen Opfer zu vermeiden, die weiterer Widerstand kostete, sondern auch aus einer grundsätzlichen Erwägung heraus: „Der Kampf gehört auf dem Gefechtsfelde, welches allerdings oft auch Dörfer und Städte in sich schließt, durch die Soldaten, als die dazu Berufenen, ausgefochten, und alles andere ist von Uebel"123). Nicht nur die französische Landbevölkerung, die angeblich in den Franctireurs das „Gesindel der Städte"124) erkannte und fürchtete, nahm den Völkskrieg nach Auskunft vieler deutscher Beobachter als eine Bedrohung wahr, auch das wohlhabende Bürgertum wollte mit den Freischärlern nach Möglichkeit nichts zu schaffen haben.125) Auch wenn man den „guerre à outrance" abstrakt forderte, war man doch nicht bereit, sich mit all seinen konkreten Folgen ohne weiteres anzufreunden. So konnte es beim Vorrücken der deutschen Truppen zu Szenen kommen, wie sie Wilhelm Heim in seinen Kriegsmemoiren beschrieben hat: -

Bei der französischen Bevölkerung waren die Franktireurs nichts weniger als gerne gesehen. Wie oft hörten wir den Ausruf: „Grace à Dieu, que vous êtes venus; les franctireurs nous ont tout pris!" (Gott sei Dank, daß Ihr gekommen seid, die Franktireurs haben uns alles genommen!) „Lieber die Preußen so hießen sie auch uns als diese unsere eigenen Leute".126) -

122) 123)

-

Ebd. E. Betz, Aus den Erlebnissen und Erinnerungen eines alten Offiziers, Karlsruhe 1894, S. 165. 124) Christian Rogge, Franktireurfahrten und andere Kriegserlebnisse in Frankreich. Kulturbilder aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71, Berlin 1907, S. 36. 125) So die Feststellung von Paul Wendt, Hinter der Front. Ernste und heitere Erinnerungen eines Feld-Lazareth-Beamten aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71, Rathenow 1891, S. 38; auch A. Pfeiffer, Kriegs-Erlebnisse eines Festungs-Artilleristen bei der Belagerung von Straßburg, Beifort und vor Paris, Magdeburg 1912, S. 44. 126) Wilhelm Heim, Vor 40 Jahren. Erinnerungen eines Konstanzer Füsiliers, Konstanz 21910 (1. Aufl. 1895), S. 37. Ähnlich auch Wendt, Hinter der Front, S. 39; Friedrich Seiler, Auf alten Kriegspfaden vor Paris. Kriegs- und Reisebilder, Halle a.S. 1901, S. 240; August Breithaupt, (Brief v. 11. 11. 1870 an Eltern und Geschwister aus Verbeilles), in: Th. Breithaupt (Hg.), Kriegserinnerungen der Familie Breithaupt, Itzehoe 1912, S. 157.

242

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Die Franzosen sind von den Freischärlern so stark ausgesogen worden, daß sie die preußisch-deutsche Besatzung im Vergleich hierzu sogar als eine Erleichterung empfinden. Zumindest behaupten die Leute das vielleicht aber auch nur, um sich bei den Deutschen anzubiedern und von vornherein den Vorwurf einer Zusammenarbeit mit den Franctireurs zu entkräften, oder womöglich einzig deshalb, um den Feinden weitere Nahrungsmittel mit dem Argument verweigern zu können, daß die eigenen Leute schon alles Eßbare aus den Häusern herausgeholt haben. Andere Berichte vermelden sogar, daß sich die französische Bevölkerung regelrecht mit den deutschen Invasoren verbündete, um vor den Franctireurs geschützt zu werden.127) Schon die Angst vor den Vergeltungsmaßnahmen, die jedes Dorf bedrohten, in dem sich Freischärler aufhielten, soll viele Bauern dazu verleitet haben, sich lieber den Deutschen anzuvertrauen und die Partisanen anzuzeigen, als ihnen Schutz und Nahrung zu geben.128) Eine normale Besatzung durch deutsche Truppen versprach weniger Unbill als eine Auseinandersetzung zwischen diesen Truppen und französischen Freischärlern, die auf dem eigenen Territorium ausgetragen wurde. Die Deutschen hatten die Funktion einer Ordnungsmacht, ja einer Polizei, an die sich die verängstigten Franzosen wenden konnten, die durch die Franctireurs ihr Leben und ihren Besitz bedroht sahen. Eine solche Optik definierte den Freischärlerkrieg als einen Bürgerkrieg im eigenen Lande, als eine Auseinandersetzung, die in stärkerem Maße von den Franzosen untereinander ausgefochten wurde, als daß sie die deutsche Invasionsarmee ernsthaft bedroht hätte. Für den französischen Bauern, oft auch für den Bürger, war der Franctireur ein gefährlicherer Feind als für den deutschen Besatzer; die Partisanentrupps hatten in mancherlei Hinsicht mehr Ähnlichkeit mit einer Bürgerkriegsarmee als mit einer Kriegsstreitmacht. Zumindest für diejenigen deutschen Beobachter, die sich in beträchtlichem Maße mit den besitzenden Schichten im Lande des Kriegsgegners identifizierten, wurde die Bedrohung, die von den Franctireurs ausging, sehr deutlich spürbar. Ein konservativer Aristokrat wie der Generalstabsoffizier Leonhard Graf von Blumenthal vermeinte ein regelrechtes System in den Aktionen der Freischärler zu erkennen; sie wählten mit Bedacht die vornehmen Landsitze als Operationsbasen und gaben sie damit in der Regel der Zerstörung preis -, um unter dem aus Deckmantel des Krieges ihre sozialen Ressentiments zu pflegen; der Freischärlerkrieg sollte nicht nur die Deutschen vertreiben, sondern gleichzeitig auch die Anlagen und Symbole des ,alten' Frankreich zerstören.129) Insofern hatte der -

-

So etwa Julius Hartmann, Erlebtes aus dem Kriege 1870/71, Wiesbaden 21885, S. 208. Von solchen Fällen berichtet Friedrich Gerstäcker in seinen Feldzugsbriefen (Gerstäkker, Briefe eines Nachzüglers, in: ders., Kriegsbilder, S. 167). 129) Leonhard Graf von Blumenthal, Tagebücher aus den Jahren 1866 und 1870/71, Stuttgart/Berlin 1902, S. 128.

127) 128)

1.

243

Kriegführung und Heeresverfassung

letztendliche Sieg Preußen-Deutschlands über die französischen Völkskrieger für Blumenthal eine eminente politisch-soziale Bedeutung; dieser Sieg war über das Prinzip der Republik, der Revolution und der Demokratie errungen worden: Wir haben dann [nach dem erfolgreich beendeten Krieg] der Welt und namentlich unseren demokratischen Landsleuten gezeigt, daß Volksheere gegen geschulte Truppen, die gut geführt werden, nichts ausrichten können, und vor allen Dingen, wir haben die Republik beseitigt, die uns augenscheinlich auch in unserem inneren Lande die größten Gefahren bereiten und uns nie zur Ruhe kommen lassen würde. Bei der liberalen und demokratischen Denkungsweise der Deutschen haben wir die Republik mehr zu fürchten wie Frankreich; bei uns würde mit der Republik Alles aus dem Leim gehen, da Jeder nicht dem Anderen, sondern seinen eigenen Gedanken folgen würde, und wir könnten es erleben, daß wir, von Frankreich vergiftet, allmählich republikanisch würden, während Frankreich sich wieder einen Kaiser anschaffte. Dann würden wir die Schwächeren.130)

Auch für Blumenthal ist der Krieg nach Sedan zu einem internationalen Bürgerkrieg geworden, aber mit umgekehrtem Vorzeichen; mit der republikanischen Kriegführung ist auch die Republik als Staatsform besiegt worden, und diese Tatsache muß sich gleichermaßen auf die innenpolitische Situation in Deutschland auswirken. Alle demokratischen Anwandlungen, denen sich die Deutschen so gerne hingeben, sollten damit überwunden sein eine schicksalhafte Wendung, denn eine deutsche Republik wäre viel zu schwach, um einem wiedererstarkten Frankreich Paroli bieten zu können. Der Zusammenhang von Volksbewaffnung und Bürgerkrieg, von Massenaufgebot und Revolution wurde aber nicht nur von konservativen Militärs, sondern auch von einigen bürgerlichen Kommentatoren herausgestellt.131) Hier war es vor allem die Pariser Kommune, die den Vergleich mit den Greueln des Freischärlerkrieges provozierte. Wer seine Feinde aus dem Hinterhalt anfiel und kaltblütig ermordete, der schreckte auch nicht davor zurück, in rasender Wut auf die Besitzenden die eigene Hauptstadt in Schutt und Asche zu legen. Für den Militärgeistlichen Huyssen verschwammen die Untaten der Franctireurs und der Kommunarden zu einer kaum noch unterscheidbaren Masse: -

Schlimmer aber und unmoralischer noch als dies ist ohne Zweifel das tolle Auftreten der Volkswut gegen die Deutschen in Frankreich, welches, durch die republikanischen Heiß-

13°) Ebd., S. 230f. 131 )

Die Frankfurter Zeitung unterstellte diesen Zusammenhang schon in einem Leitartikel 10. August 1870, in dem sie das Problem diskutierte, ob die Franzosen nach den ersten verlorenen Schlachten bereits zum Mittel des Volkskriegs greifen würden. „Lägen nicht ganz bestimmte Nachrichten darüber vor", urteilte das Blatt, „daß man in den leitenden Kreisen Frankreich^] bereits zu diesem für Regierungen mit napoleonischen Sündenregistern so überaus zweischneidigen Mittel gegriffen hat, man müßte in Deutschland die von uns aufgeworfene Frage mit einem entschiedenen Nein beantworten" (FZ, 10.8. 1870, Nr. 220, S. 1). Die revolutionären Potentiale des Nationalkriegs sind für eine ohnehin unbeliebte Regierung so gefährlich, daß sie normalerweise auf dieses höchst zweischneidige Mittel verzichten wird. vom

244

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

sporne entzündet, alle und jede Rücksicht beiseite setzte und in heimtückischer Weise dem Feinde auflauernd, Tod und Verderben um sich zu verbreiten bestrebt war, ohne Rücksicht, ob das Todeslos Bürger oder Krieger, Schuldige oder Unschuldige, Feinde oder Freunde traf [...]. Solche Weise der Kriegführung, mag man es kleinen Volkskrieg nennen oder wie man will, ist tief unsittlich, des 19. Jahrhunderts absolut unwürdig und durch nichts zu entschuldigen, auch nicht durch das Recht der Notwehr [...]. Aber freilich, was soll man von einer Bevölkerung erwarten, die ihre eigenen Prachtbauten in der Hauptstadt dem Feuer überliefert, die Ruhmessäulen des Nationalstolzes zerstört, die Kunstdenkmäler vernichtet, den Erzbischof von Paris ganz unschuldigerweise hinrichtet!132)

Beide Formen der Gewaltanwendung, der Partisanenkrieg und die Revolution in Paris, sind Ausdruck ein und derselben ,Vblkswut', die sich einmal gegen die deutschen Eindringlinge, ein anderes Mal gegen die eigenen Obrigkeiten richtet. Ein Volk, das seine Bischöfe ermordet, wird auch im Guerillakrieg zu jedem noch so grausamen Mittel greifen. Andere Autoren erklärten die Pariser Kommune sogar zu einer unmittelbaren Folge, ja zur notwendigen Konsequenz des „guerre à outrance". Die Geister, die Gambetta gerufen habe, indem er den Volkskrieg in Szene setzte, seien irgendwann nicht mehr zu bändigen gewesen und hätten den Aufruhr in der Hauptstadt entfesselt. Wer das Volk wahllos bewaffnet, darf sich nicht wundern, wenn diese Waffen auch zu Zwecken eingesetzt werden, die nicht den Absichten der Regierung entsprechen. Die Nationalgarden von Paris, welche die deutschen Belagerer mit ihrer Masse erdrücken sollten, wandelten sich sehr schnell von einer Kriegs- zu einer Bürgerkriegsarmee, als die politischen Verhältnisse sich so veränderten, daß die ,alten' politisch-sozialen Ideale der Vorstädte wieder die Oberhand gewannen. Die Volksbewaffnung war die „schonungslose Anwendung eines verzweifelten Mittels"133), schrieb Gustav Freytag, das in seinen späteren Folgen weit furchtbarer für Frankreich sein wird, als gegenwärtig für uns. Er [Trochu] hat 250,000 Arbeiter in Paris bewaffnet, ausexerziert, besoldet, genährt, zu Herren der Stadt gemacht [...]. Solange sie mit dem Gewehr spielen und einen Bissen Brot haben, sind sie für Verlängerung des Widerstandes. Sehr unbequem für uns, schrecklich für die Zukunft von Frankreich. Oder meint man, daß jene die Gewehre und Patronen einst treulich abliefern, ihrer wilden Herrschaft vergessen und wieder ruhig in ihren Fabriken arbeiten werden? Der französische General selbst hat für Frankreich eine Zukunft geschaffen, an die man ohne Staunen nicht denken kann. Wie dort noch ein anderes Regiment, als das eines tyrannischen Generals möglich sein, wie ein blutiger Kampf der Stände, der Landschaften gegen Paris vermieden werden soll, vermögen wir nicht zu sehen.134)

Was Freytag hier aus der Perspektive der letzten Kriegswochen noch als Prognose formuliert, daß sich nämlich die Nationalgarden nicht ohne weiteres wieder werden entwaffnen lassen, sollte im März 1871 die französische Regie-

132) G. Huyssen, Bilder aus dem Kriegsleben eines Militärgeistlichen. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des deutsch-französischen Krieges von 1870-71, Berlin 6o.J., S. 71 f. 133) Freytag, Auf der Höhe der Vogesen, S. 69. 134) Ebd., S. 69f.; ähnlich auch N.N., Der Feldzug, in: Im Neuen Reich 1 (1871), Bd. 1,

S. 26, sowie Wilhelm Oncken, Das Zeitalter des Kaisers Wilhelm, Bd. 2, Berlin 1892, S. 174-176.

1.

245

Kriegführung und Heeresverfassung

rung tatsächlich vor die größten Probleme stellen. Schon der Umstand, daß die Gardisten nicht arbeiten müssen, ist für Freytag Grund genug zu der Annahme, daß es schwierig sein wird, sie wieder in die Fabriken zurückzuschicken; und das Partizipieren an der Souveränität, das sich jedem mitteilt, der Waffen tragen darf, muß ihnen ein Gefühl der Macht geben, mit dem sie auch einen politischen Nutzen erwirken wollen. Obwohl in etlichen Kriegsdarstellungen nach wie vor an der Legitimität und militärischen Effizienz einer Volksbewaffnung festgehalten wurde, überwogen doch eindeutig diejenigen Stimmen, die den Völkskrieg ohne Wenn und Aber verurteilten. Ob er als nicht mehr zeitgemäß eingestuft wurde, ob ihm jede militärische Durchschlagskraft abgesprochen wurde, ob man ihn schlichtweg kriminalisierte oder sogar zu einer Schädigung des eigenen Landes bis hin zur Bürgerkriegsgefahr erklärte, immer fiel das Plädoyer der Beobachter eindeutig zuungunsten des Massenaufgebots aus. War die Kritik am Freischärlerkrieg auch in vielen Fällen wenig reflektiert und nur auf einzelne Auswüchse im Kriegsalltag bezogen, so gab es doch ebenfalls Autoren, die aus der Kriegserfahrung von 1870/71 sehr allgemeine Schlüsse im Hinblick auf die richtige Heeres Verfassung und die angemessene Form der Kriegführung ableiteten. Schließlich hatte die französische Republik noch einmal alle Register eines Volkskriegs gezogen und damit gleichzeitig dessen Erfolgschancen unter den Bedingungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die Probe gestellt. Dieses Experiment habe den Nachweis erbracht, urteilte beispielsweise Karl Tañera, daß Massen- und Milizheere militärisch stets unterlegen seien;135) „sollte es in Deutschland noch immer Milizschwärmer geben", fragte sich Felix Dahn einige Jahre später ungläubig, „welche uns rathen möchten, in der Mitte von Franzosen und Russen unsern .Militarismus' aufzugeben und uns auf Volkswehren zu verlassen, denen man im Fall eines Angriffs ein Gewehr in die Hand legt"136)? Für Heinrich von Treitschke war der Fall klar: „Die Begeisterung für die Miliz hat in Gambetta ihren Todtengräber gefunden"137). Wenn der Milizgedanke aber so stark diskreditiert war, dann war es um so wichtiger, für die eigene Person oder Partei jedes aktuelle oder frühere Interesse an diesem Konzept zu verleugnen; solcher Unsinn konnte höchstens von einer kleinen Minderheit, von einer Gruppe von Außenseitern vertreten worden sein. Mit einem Kopfschütteln rief sich der bayerische Infanterist Hugo Arnold ins Gedächtnis zurück, daß der „demokratische Doktrinär Kolb nichts weniger als die Abschaffung des stehenden Heeres und dessen Ersatz durch eine Miliz herbeizuführen geplant [hatte]"138). Der Milizgedanke wird so weit -

-

135) Karl Tañera, Die Schlachten von Beaumont und Sedan, Nördlingen 1888, S. 162f. (=Der Krieg von 1870/71 dargestellt von Mitkämpfern; 3). 136) Felix Dahn, Moltke als Erzieher. Allerlei Betrachtungen, Breslau 1892, S. 115. 137) Heinrich von Treitschke, Das Reichs-Militärgesetz [1874], in: ders., Zehn Jahre deutscher Kämpfe. Schriften zur Tagespolitik, Bd. 2, Berlin 31897, S. 105. ,38) Hugo Arnold, Unter General von der Tann. Feldzugserinnerungen 1870/71, Bd. 2,

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

wie möglich weggerückt, indem er nur mit einem einzelnen demokratischen Doktrinär' in Verbindung gebracht wird. Ähnlich argumentiert Otfrid Mylius, in dessen Augen sich die „Lehre unserer radikalen Demokraten" ebenfalls nun ohne Einschränkung „als Irrlehre"139) erwiesen hat: Was wäre

aus uns Deutschen geworden, wenn es unseren Demokraten gelungen wäre, den Regierungen die genügenden Mittel zur Einrichtung der größtmöglichen Wehrhaftigkeit unserer Nation zu verkümmern oder vorzuenthalten, oder wenn die unpatriotischen Träume-

reien von der Neutralität Süddeutschlands, mit der sich die antinationalen Parteien tragen, verwirklicht worden wären [...]?! Jetzt liegen die Verhältnisse für uns gottlob anders [...]! Jetzt haben wir die richtige Völksbewaffnung durch die allgemeine Wehrpflicht, die uns erlaubt, im Nothfall 1 1/2 Millionen wohlgeübter, erprobter und intelligenter Streiter unter einheitlicher und einsichtsvoller Führung in's Feld zu stellen, wenn ein unruhiger Nachbar abermals unsern Frieden und unsern häuslichen Herd bedrohen sollte!140)

Wenn der ,häusliche Herd' bedroht ist, wird eine Volksbewaffnung durchgeführt, aber keine ,falsche', dem Milizgedanken verpflichtete, sondern eine ,richtige' Volksbewaffnung, die dem Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht folgt und das Massenaufgebot von anderthalb Millionen Soldaten der einsichtsvollen Führung' durch bestens ausgebildete Offiziere und Unteroffiziere unterstellt. Dieses Führungspersonal wäre nicht vorhanden, wenn die radikalen Demokraten' ihre ,Irrlehren' hätten durchsetzen können.141) Auch die preußische Landwehr, die ja ebenfalls immer als eine Konzession an den Milizgedanken gegolten hatte und insofern zum Stolz großer Teile des preußischen Bürgertums geworden war, geriet aufgrund der Kriegsereignisse von neuem in die Kritik. Der altbekannte Spott der konservativen Militärs über den „Krähwinkler Landsturm"142), mit dem ein moderner Krieg eben nicht mehr zu gewinnen sei, drängte sich nun auch bürgerlichen Beobachtern auf die Lippen. Ferdinand Rauchfuß gehörte zu denjenigen Autoren, die den „ApoMünchen 1896, S. 2. Auch die Münchner Neuesten Nachrichten hatten Ende 1870 nur noch Häme für Kolb übrig (MNN, 28. 12. 1870, Nr. 362, S. 1-3). 139) Otfrid Mylius, Illustrirte Geschichte des Krieges vom Jahre 1870 und 1871, Stuttgart 1871, S. 475. I4°) Ebd.; ähnlich auch N.N., Erhöhung oder Verminderung des Militäretats?, in: Im Neuen Reich 1 (1871), Bd. 4, S. 878. 141) Sogar bei eingefleischten Demokraten wie dem Militärschriftsteller Wilhelm Rüstow ließ der Mißerfolg Gambettas Zweifel an der Richtigkeit des Milizkonzepts aufkommen. In seiner Gesamtdarstellung des deutsch-französischen Krieges sparte Rüstow nicht mit Kritik an den verschiedenen Maßnahmen des „guerre à outrance". Dabei blieb allerdings offen, ob er die Volksbewaffnung grundsätzlich verwerfen wollte oder ob er nicht umgekehrt ihre Idee gegen eine unvollkommene Durchführung zu verteidigen versuchte (Wilhelm Rüstow, Der Krieg um die Rheingrenze 1870. Politisch und militärisch dargestellt, Zürich 1870, 4. Abteilung, S. 71 f., 75 u. 113; 5. Abteilung, S. 24, 39 u. 122). 142) Ernst Stier, Unter Prinz Friedrich Karl. Erlebnisse eines Musketiers vom X. Armeekorps im Feldzuge 1870/71, München 21891, S. 91. Georg Heinrich Rindfleisch, Obergerichtsrat im Frieden und Landwehrleutnant im Krieg, flüchtete sich in Selbstironie, als er die Landwehroffiziere als eine „Heerde Buchhändler, Bergwerksdirektoren und Kaufleute" charakterisierte (Georg Heinrich Rindfleisch, Feldbriefe 1870-71, Halle a.S. 21889, S. 2).

1.

247

Kriegführung und Heeresverfassung

stel[n] der Volksbewaffnung"143) sogar den Mythos des Jahres 1813 zu entwinden versuchten. „Soll ich endlich die Behauptung demokratischer Idealisten

Auge fassen, daß Preußen seine stehende Armee entbehren und das Milizsystem bei sich einbürgern könne?"144), lautete die rhetorische Frage, mit der Rauchfuß seine Überlegungen zur Geschichte und Bedeutung des Landwehr-

in's

instituts einleitete:

Es haben sich über dieselben [die Leistungen der preußischen Landwehr in den Befreiungskriegen] allmälig [sie] allerlei schöne Mythen gebildet, die aber vor dem Forum einer wahrheitsliebenden Geschichtsauffassung leider nicht Stich halten. Diese Landwehr hat die Schlachten bei Bautzen und Lützen verloren, und wenn sie später bei einigen Kämpfen erfolgreich mitgewirkt hat. so ist zu bedenken, daß seit ihrem Zusammentritt unter die Fahnen fünf Monate verstrichen waren, ehe sie im Felde operirte. Ueberdies war die Landwehr bei jeder wichtigeren Aktion mit den Linientruppen verbunden [...]. Ganz besonders aber darf nicht vergessen werden, daß auch die damalige französische Armee überwiegend aus jungen, noch keineswegs kriegsgeübten Soldaten bestand.145)

eine ebenfalls schlecht ausgebildete Truppe konnten die preußischen Landwehren, unterstützt von der Linie, einige Erfolge erringen, wobei aber auch die Niederlagen nicht vergessen werden dürfen. In den Jahrzehnten, die seit den Befreiungskriegen vergangen sind, hat der zivilisatorische Fortschritt die „Wehrfähigkeit des Einzelnen"146) noch weiter abnehmen lassen; eine längerfristige Ausbildung der Soldaten ist insofern notwendiger denn je. Die dreijährige Dienstzeit in Preußen bildet „wirkliche Berufssoldaten" heran, die „selbst bei geringerem persönlichem [sie] Muth durch strenge militärische Disciplin zu kriegerischer Tugend erzogen werden"147). Rauchfuß verwendet sogar den Begriff des Berufssoldatentums, um die preußische Armee so deutlich wie möglich von jeder Form des militärischen Dilettantismus abzugrenzen von einem Dilettantismus, über den man sich soeben noch auf dem französischen Kriegsschauplatz eine Meinung hatte bilden können:

Gegen

-

Und wer sich durchaus nicht von seiner Bewunderung für Volksheere losmachen will, blicke nur auf die Leistungen der heutigen französischen Mobil- und Nationalgarden. Trotz allen lügnerischen Rühmens ihrer Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit von französischer Seite haben sie nirgends den deutschen Truppen irgendwie erfolgreichen Widerstand geleistet. Bei jedem ernsteren Zusammenstoß lösten sie sich, auch wenn sie numerisch in starker Ueberlegenheit waren, nach kurzem Gefechte regelmäßig in wilde Flucht auf.148)

143) Fferdinand] Rauchfuß, Preußenfeindliche Schlagwörter. Zur Würdigung der Staatszustände in Preußen und seiner europäischen Mission, Zürich 1871, S. 53. Gustav Freytag bezeichnete den Landsturm des Jahres 1813 sogar als eine „groteske Erscheinung" zwar durch und durch patriotisch, aber voll „Unbehülflichkeit und harmloser Spießbürgerei" (Gustav Freytag, Fürst Bismarck und Jules Favre über den preußischen Landsturm, in: Im Neuen Reich 2 [1872], Bd. 1, S. 20). 144) Rauchfuß, Preußenfeindliche Schlagwörter, S. 53. 145) Ebd., S. 53 f. 146) Ebd., S. 55. 147) Ebd. 148) Ebd., S. 54. -

248

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Unterlegenheit der französischen Volksheere im Kampf mit geschulten Truppen ist so eklatant, daß man es der „preußischen Regierung nicht verübeln" darf, wenn sie das „Recept der radikalen Weltbeglücker nicht anerkennen will", sondern „unbeirrt fortfährt", ein den „höchsten Anforderungen der Neuzeit gewachsenes Heer von Berufssoldaten in Bereitschaft zu halten"149). Der Milizgedanke kann überhaupt nur noch insofern eine Rolle spielen, als er in der erfolgreichen preußischen Wehrverfassung gleichsam aufgehoben ist. Dieses Aufgehoben-Sein muß dabei, gemäß der Hegeischen Dialektik, in eiDie

dreifachen Sinne verstanden werden: aufgehoben als überwunden, als aufbewahrt und als heraufgehoben, das heißt zu einem höheren Niveau vorangetrieben. All diese Effekte werden mit der allgemeinen Wehrpflicht in Verbindung gebracht; sie überbietet das Milizsystem, ohne dessen Prinzipien gänzlich aufzugeben, die nicht einfach über Bord geworfen, sondern in die neue Konzeption gleichsam eingebaut werden. So kann Eduard Baltzer von der „acht demokratischen allgemeinen Wehrpflicht"150) sprechen oder an anderer Stelle den „demokratische^] Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht" herausstreichen, der das „Söldlingsheer in ein Volksheer verwandelt"151) hat, während Hermann Kleinsteuber einen der wichtigsten Vorzüge des Milizsystems, nämlich die „Schonung der Volkskraft" im „Frieden", in der preußisch-deutschen Armee verwirklicht sieht mit dem Unterschied freilich, daß eine Wehrpflichtigenarmee gleichzeitig ein „unübertreffliches Rüstzeug" zu „rascher und erfolgreicher Kriegführung"152) ist, wohingegen Milizen in der Regel erst nach langwierigen Vorbereitungen einsatzfähig sind. Die Volkstümlichkeit des preußischen Heeres macht es für Arnold Ruge, einen derjenigen Demokraten, die in der Paulskirche noch zur politischen Linken gehört hatten und dann im Gefolge der Ereignisse von 1866 zu Bismarck umgeschwenkt waren, zu einer kaum begreiflichen Tatsache, daß im Revolutionsjahr 1848/49 das „Volk in Waffen" das „Volk aus der Nationalversammlung [vertrieb]"153); Volksbewaffnung und Vblksparlament, so die alte Idee, die hier mitgedacht wird, sind doch schließlich die beiden Seiten einer Medaille, und es erscheint insofern paradox, daß ausgerechnet das bewaffnete Volk, zu dem Ruge die preußisch-deutsche Armee nun erklärt, in der damaligen Situation die Vertreter des Volkes attakkierte. Auch andere Lobredner der preußisch-deutschen Heeresorganisation versäumten es nicht, bei aller Würdigung der Leistungen von Armeeführung und Offizierkorps daran zu erinnern, daß die Idee der Volksbewaffnung, die wenn nem

-

-

149) Ebd., S. 55. 15°) Eduard Baltzer, Unter dem Kreuz des Krieges. Betrachtungen über die Ereignisse von 1870-71 in gleichzeitigen Aufzeichnungen, Nordhausen 1871, S. 62. 151) Ebd., S. 83. 152) Hermann Kleinsteuber, Deutsche Helden des Krieges von 1870, Leipzig 41870, S. 1. 153) Arnold Ruge, An's Volk und an Politiker. Zur Förderung des Umschwungs seit 1866,

Berlin 1869, S. 56.

1.

249

Kriegführung und Heeresverfassung

auch in gewandelter Form gleichfalls in dieses Wehrsystem eingeflossen sei, in ganz entscheidendem Maße zu dessen Schlagkraft beigetragen habe. Carl Georg Bruns entwarf in seiner Berliner Rektoratsrede vom Oktober 1870 ein solches synthetisches Bild von der deutschen Heeresverfassung: -

Nur wenn das Heer das ganze Volk in Waffen ist, ist diese furchtbare, nachhaltige, eigentlich gar nicht zu erschöpfende, und doch so schleunig herzustellende, Steigerung und Ausdehnung der Heeresmassen möglich, die unsere Gegner so ganz überwältigt hat, und ohne welche diese weit ausgedehnten Operationen [...] gar nicht möglich gewesen wären. Das alte System der Berufsarmee und der Conscription mit Stellvertretung ist vernichtet für immer. Glänzend sind die Ideen von Schamhorst und Gneisenau gerechtfertigt, aber und es ziemt sich wohl, das jetzt mit dankbarer Anerkennung rühmend hervorzuheben, doch nur in der technisch organischen Ausbildung und Durchführung, die ihnen erst unser König, und zwar in schwierigen Verhältnissen mit fester Ausdauer, gegeben hat. Die natürlich sittliche Forderung, dass das Volk sich selber schütze, dass jeder Bürger mit seinem Blute, wie mit seinem Gute, für das Vaterland einstehe, ist erst dadurch mit den unabweisbaren Forderungen des technischen Militairwesens in wahrhaft organischen Zusammenhang gebracht. Neidlos werden wir die naturalistischen Miliz-Systeme anderer Staaten ansehen. Sie mögen in leichteren Gefahren und bei günstigeren Verhältnissen ausreichen; für die Gefahren, die uns drohen [...], hat nur unser System sich als wirklich ausreichende Hülfe bewährt.154) -

-

Das naturalistische' Milizsystem ist widerlegt, nicht aber das grundlegende Prinzip, daß ,das Volk sich selber schütze'; dieser Selbstschutz muß nur in andere Bahnen gelenkt werden, er muß mit den Erfordernissen der modernen Kriegführung in Einklang gebracht werden. Insofern ist auch die preußische Heeresreform im nachhinein gerechtfertigt: Sie hat die Ideen Scharnhorsts und Gneisenaus auf die Höhe der militärtechnischen und strategischen Bedingungen der Zeit gebracht und damit eine gelungene Synthese von Volks- und Kö-

nigsheer geschaffen.155) Der französische Volkskrieg nach dem 4. September bot der bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands die Möglichkeit, das eigene Verhältnis zu allen Formen der Volksbewaffnung noch einmal zu überdenken. Abgesehen von einer Minderheitenposition, die den französischen Anstrengungen, oft in Erinnerung an das Jahr 1813 in Deutschland, durchaus mit Sympathie begegnete, dominierte eindeutig die Kritik am Völkskrieg, dessen konkrete Erscheinungsformen vehement verdammt und dessen Mißerfolg sehr schnell zum Beweis für seine prinzipielle Untauglichkeit erklärt wurde. Um so heller erstrahlte vor diesem Hintergrund das preußisch-deutsche Wehrpflichtsystem, das die positiven Züge des Milizmodells integrierte seine Volkstümlichkeit, seine Nutzung nationaler Lei-

,54)

Carl Georg Bruns, Deutschlands Sieg über Frankreich. Rede beim Antritte des Rectoder Königl. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 15. October 1870, Berlin 1870, S. 9. ,55) In der Kölnischen Zeitung wurde sogar schon kurz vor Beginn der Feindseligkeiten, am 31. Juli 1870, noch einmal ausdrücklich daraufhingewiesen, daß die Heeresreform mit vollem Recht durchgeführt worden sei. Den neuen Status der Landwehren begründete man dabei mit denselben Argumenten, die in der Konfliktszeit von der Regierung verwendet worden waren. Siehe KZ, 31. 7. 1870, Nr. 210, S. 2. rats

250

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

denschaften -, ohne dabei auch seine Fehler: das Verwischen der Grenze zur kriminellen Gewalt, den Sozialrevolutionären Sprengstoff, zu übernehmen. Damit konnten die bürgerlichen Kommentatoren endgültig Abschied von der alten Milizidee nehmen, ohne durch das einfache Einschwenken auf eine traditionellkonservative Position ihr Gesicht zu verlieren. Die bürgerlichen Ideale wurden nicht verraten, sie wurden in das Wehrpflichtsystem gleichsam hinübergerettet. In diesem System hatten sie eine Form und Ausprägung gefunden, die sie endlich zu ihrer vollen Wirksamkeit kommen ließ. Der Schlüssel zu dieser Wirksamkeit lag vor allem dort, wo sich die Tätigkeit des Staates bemerkbar machte.

c) Krieg als Staatstätigkeit Um wahre

falschen

Volkskriegen abgrenzen zu können, müssen überzeugende Unterscheidungskriterien gefunden werden. Es reicht nicht aus, den Nationalkrieg hüben zu feiern und die Nationalbewaffnung drüben zu verdammen, ohne andere Argumente hierfür zu haben, als daß die deutschen Truppen diszipliniert und geschult seien, während die französischen Volkskrieger nur zusammengelaufene Haufen ohne jegliche militärische Durchschlagskraft bildeten. Schließlich war die mangelnde Schulung und Disziplin, so könnte man einwenden, nur eine Frage der Zeit und kein prinzipielles Defizit; die Franzosen verfügten durchaus noch über Kader aus der Erbmasse der kaiserlichen Armee, die bei ausreichender Zeit imstande gewesen wären, die jungen Rekruten angemessen auszubilden und kriegstüchtig zu machen. Wesentlich weiter führte das Argument, das häufig verwendet wurde, um den Franctireurs den Status von Soldaten abzusprechen; ihre fehlende Uniform ließ sie für deutsche Kommentatoren schlichtweg zu Verbrechern werden. Obwohl dieser Vorwurf nur die Partisanen traf, nicht aber die großen Volksheere, die zum Entsatz von Paris aufgeboten wurden, besaß er doch einen grundsätzlichen Charakter; die Uniform war hier mehr als ein Kleidungsstück, das den Soldaten vom Zivilisten unterscheiden sollte, sie war ein Symbol für die eindeutige Beauftragung des Kämpfers durch den Staat, für den unmittelbaren Staatsdienst, den er mit der Waffe in der Hand versah. In Deutschland war der Nationalkrieg gleichzeitig Staatskrieg, in Frankreich hingegen erschienen die staatlichen Verhältnisse so ungeordnet, daß aus diesem Grund allein schon von einer zentralen staatlichen Lenkung keine Rede sein konnte den deutschen Beobachtern fiel es ofvon

fensichtlich schwer, die

der Revolution des 4. September hervorgegangene republikanische Regierung überhaupt als eine legitime Form der Staatlichkeit zu akzeptieren. Wo aber der eindeutige Bezug auf den Willen des Staates fehlte, wo nicht alle militärischen Aktionen vom Staat verantwortet, geplant und geleitet wurden, konnte es auch keine wirklich effiziente und völkerrechtlich unbedenkliche Kriegführung geben. Der Staat als Subjekt des Krieges konnte auch nur einen anderen Staat zu seinem Feind erklären; Zivilisten oder Bürger kamen als Gegner nur dann in -

aus

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

251

Betracht, wenn sie eine Uniform trugen und sich damit zu Vertretern des Feindabstrakten Prinzips erhoben.156) Die bürgerlichen Kommentadie solche toren, Überlegungen anstellten, konnten sich hierbei auf die erklärte Absicht der deutschen Armeeführung berufen; sie hatte nach dem Überschreiten der französischen Grenze in mehreren Proklamationen darauf hingewiesen, daß sie nur gegen das feindliche Heer, nicht aber gegen die Zivilbevölkerung Krieg führe.157) Der Schlagabtausch zweier Armeen sollte die Entscheidung in der Auseinandersetzung zwischen den beiden feindlichen Staaten bringen, ohne daß die Bevölkerung dabei über Gebühr zu Schaden kam. Die Hauptaufgabe jedes Staates, nämlich der Schutz von Leben und Eigentum seiner Bürger, war auch von kriegführenden Staaten noch wahrzunehmen; ausgenommen von diesem Schutz wurden nur die Soldaten, die gleichsam als Funktionäre des Staates den bewaffneten Konflikt auszutragen hatten. Natürlich war es für die siegreiche Macht leichter, sich in dieser Weise auf den Boden des Völkerrechts zu stellen. Der unterliegende Staat hingegen stand nur vor der Alternative, entweder die Niederlage seiner regulären Truppen zu akzeptieren und den Krieg mit der Kapitulation zu beenden, oder aber die militärischen Potentiale zu nutzen, die noch aus der Zivilbevölkerung herauszuziehen waren. Zumal die Idee des Nationalstaats ohnehin in einem gewissen Spannungsverhältnis zur strikten Unterscheidung von Kombattanten und Nicht-Kombattanten stand, die vom Völkerrecht geboten wurde; eine Nation wird sich schwerlich schon geschlagen geben, wenn ihre Feldarmeen besiegt sind, sondern immer an den kollektiven Widerstandsgeist all ihrer Mitglieder appellieren Nationen definieren sich geradezu als Gemeinschaften von verantwortlichen Bürgern, welche die Vertretung ihrer Interessen eben nicht delegieren, sondern selber in die Hand nehmen, wenn es sein muß auch mit Waffengewalt. Frankreich sei erst besiegt, wenn jeder Franzose sich ergeben habe staates als eines

-

-

l56)

Einen zunehmenden Staatsbezug in der bürgerlich-liberalen Kriegstheorie seit den 1850er Jahren, ein zunehmendes Herausziehen des Krieges aus der Gesellschaft hat Wilhelm Janssen auch bei der Analyse von Traktaten und Lexikonartikeln festgestellt (Wilhelm Janssen, Art. Krieg, in: Otto Brunner u.a. [Hgg.], Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 3, Stuttgart 1982, S. 592ff.). i57) Der Armeebefehl, den der Kronprinz von Sachsen als Oberbefehlshaber der neuformierten Maasarmee im September 1870 erließ, erkannte ausdrücklich nur diejenigen Truppen als regulär an, die von der französischen Regierung einberufen und organisiert worden waren (L. Kayßler, Aus dem Hauptquartier und der Kriegsgefangenschaft, Berlin 1871, S. 60). Schon im August 1870 hatte eine Proklamation des Prinzen Friedrich Karl den Schutz von Leben und Eigentum der französischen Zivilisten garantiert (Wilhelm Angerstein, Vollständige Geschichte des Deutschen Krieges gegen Frankreich in den Jahren 1870 und 1871, Berlin 21871, S. 112f.), während es in einer Erklärung des Königs Wilhelm von Preußen programmatisch hieß: „Ich führe Krieg gegen die Soldaten, und nicht gegen die französischen Bürger" (Der Text der Proklamation des Königs wurde vollständig abgedruckt in den Münchner Neuesten Nachrichten, 13. 8. 1870, Nr. 225, S. 5).

252

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

nach dieser Devise handelte die republikanische Regierung, während die deutschen Invasoren, die ohnehin nur reguläre Soldaten auf den Kriegsschauplatz führen konnten, auf die Buchstaben des Völkerrechts pochten. Dennoch ging es hierbei um mehr als um das simple Rollenspiel von Sieger und Verlierer; das deutsche Beharren auf der Staatsbezogenheit aller militärischen Handlungen muß auch vor dem Hintergrund der innenpolitischen Debatte um die richtige Heeresverfassung interpretiert werden, einer Debatte, für die gerade das Verhältnis von Staat, Armee und Nation eine zentrale Bedeutung besaß. So wurde die Diskussion einiger völkerrechtlicher Aspekte des deutschfranzösischen Krieges auch von dem Heidelberger Juristen Bluntschli sofort zur Frage nach den rechtmäßigen Akteuren in einem modernen Nationalkrieg verallgemeinert. Dessen Modernität müsse gerade darin bestehen, führte der Rechtswissenschaftler in einer Rektoratsrede vom 22. November 1870 aus, daß der „Krieg nur ein Streit der Staaten und ihrer Heere" bleibt, während die „friedlich lebenden Privatpersonen möglichst zu schonen"158) sind: Auf der Anerkennung und Durchführung dieses Grundsatzes und der scharfen Unterscheidung zwischen den Kriegsheeren, die mit einander um den Sieg ringen und den friedlichen Einwohnern, welche sich jeder Gewaltübung enthalten und in ihren Personen und ihrem Vermögensrechte geachtet werden, beruht vornehmlich der Fortschritt und der Vorzug des modernen Kriegsrechts vor dem antiken, welches auch den Bürgern Tod oder Sclaverei gedroht und vor dem mittelalterlichen, welches jeden Raub und Brand in feindlichem Lande für erlaubt gehalten hatte. Wird der Krieg auf den Kampf der Heere beschränkt, so wird durch diese Beschränkung die Energie der Kriegsführung eher gesteigert als geschwächt, aber zugleich werden ihre grausamen Wirkungen durch die wohlgeordnete Heeresdisciplin, und durch die Achtung, welche der tapfere Krieger auch vor dem tapfern Feinde hat, auf das Mass des Nothwendigen gemindert.159)

Die verschiedenen Formen der Kriegführung werden auf ein historisches Stufenmodell bezogen; in der Antike war das Leben der Zivilpersonen bedroht, im Mittelalter wenigstens noch ihr Besitz erst der moderne Krieg verschont sowohl das eine wie auch das andere. Die Reduzierung des Krieges auf den Kampf der Heere wird damit eindeutig zu einem Fortschritt erklärt; zu einem Fortschritt auch in dem Sinne, daß die Kanalisierung aller Energien auf die uniformierte Truppe die ,Energie der Kriegführung' noch steigert und insofern einen Zugewinn an militärischer Effizienz erbringt. Dabei ist die „Schonung der Bürger" allerdings davon abhängig, daß sie sich der „Theilnahme an feindlichen Handlungen" auch tatsächlich „enthalten"160): -

Auf den Gang des Kriegs im Grossen und auf den endlichen Entscheid hat die Theilnahme der Bürger, die doch nur im Einzelnen und Kleinen und in untergeordneter Weise möglich ist, keinen erheblichen Einfluss. Aber gerade weil einzelne feindliche Handlungen der Bürger, die unnöthiger Weise und in ungeregelter Form verübt werden, die Gefahren, die Ent-

158) von

159) !«>)

Johann C. Bluntschli, Das moderne Völkerrecht in dem französisch-deutschen 1870. Eine Rectoratsrede am 22. November 1870, Heidelberg 1871, S. 14f. Ebd., S. 15. Ebd., S. 15f.

Kriege

1.

253

Kriegführung und Heeresverfassung

und die Mühen auch des Heeres vergrößern, reizen sie dasselbe zum Zorne. Die Grenzen zwischen Kriegsführung und Räuberei, zwischen nothwendigem Kampf und Verrath werden dann leicht verwischt, und die Frevel und Missethaten der Bürger rufen harte Repressalien der Soldaten hervor.161)

behrungen

Die Maßnahmen des

schon gar keine sie können dem feindlichen Heer nur kriegsentscheidende Bedeutung mehr, kleine Nadelstiche zufügen. Diese Nadelstiche sollten lieber unterbleiben, denn sie reizen den Feind, zum Zorne ', und die Folgen dieses Zorns bekommt dann die Zivilbevölkerung des besetzten Landes in härtester Form zu spüren. Insofern schaden die Aktionen der Freischärler nur den eigenen Landsleuten ein Urteil, das aus dem Munde des Schweizers Bluntschli besonders provokant wirkt, da Bluntschlis Herkunftsland auch die klassische Heimat des Milizgedankens ist. In allen Punkten einig war sich der Heidelberger Jurist mit seinem Würzburger Kollegen Felix Dahn, der die genannten Grundsätze sogar in einer volkstümlichen Broschüre verbreitete. „Das Kriegsrecht" war ein kleines Bändchen überschrieben, das ausdrücklich auch für den Gebrauch der deutschen Soldaten vorgesehen war und dessen Verkaufserlös den Verwundeten zugute kommen sollte. Schon auf der zweiten Seite stellte Dahn hier kategorisch fest:

Völkskriegs haben keine militärische,

-

Ein

großer

Fortschritt der Menschlichkeit im Völkerrecht

liegt

in der

Anerkennung

des

Grundsatzes, daß nur die Staaten, nicht die Angehörigen derselben, miteinander Krieg führen und „Feinde" sind; die Nicht-Combattanten d. h. die nicht die Waffen führenden Bürger des einen Staates sind nicht Feinde, weder des andern Staates noch dessen Angehöriger, und auch die Combattanten sind nur mittelbar Feinde, weil sie dem Staat, der allein der Feind ist und dessen Widerstand gebrochen werden soll, dienen und dessen Widerstandskraft darstellen: deßhalb dürfen sie, aber nur von den Combattanten, getödtet, verwundet, kriegsgefangen gemacht werden [...]. Wenn in dem sogenannten „Volkskriege", wie ihn z.B. Spanien und Tirol gegen Napoleon I. führte, auch Nicht-Combattanten sich am Kampfe persönlich betheiligten, Weiber und Kinder Einquartirte oder Kriegsgefangene ermorden, so werden sie

ebenfalls nach Kriegsrecht verfolgt, gefangen, getödtet, und ein solcher Volkskrieg artet dann zum Vernichtungskrieg aus, der [...] für die Bevölkerung verderblicher wird, als für die regulären Angriffstruppen des Feindes.162)

Indem sie den Staat und seinen Willen gleichsam verkörpern, bekämpfen, verwunden und töten sich die Soldaten, ohne daß es eine persönliche Feindschaft zwischen ihnen gäbe. Nicht das konkrete Individuum, sondern der Staat als abstraktes Prinzip ist der Gegner, dessen Widerstand zu brechen ist. Gewaltakte, die nicht im Namen des Staates erfolgen, sind insofern auch nicht als kriegerische Handlungen zu definieren; die „Banden von Parteigängern, welche Krieg führen wollen ohne staatliche Ermächtigung", werden „nicht als ehrliche Kriegsfeinde, sondern als Verbrecher, als Mörder und Räuber behandelt"163).

161) Ebd., S. 16. 162) Felix Dahn, Das Kriegsrecht. Kurze, volksthümliche Darstellung für Jedermann zumal für den deutschen Soldaten, Würzburg 1870, S. 2 f. 163) Ebd., S. 8.

254

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Außerdem schadet ihr Tun, daran gibt es auch für Dahn keinen Zweifel, mehr dem eigenen Land als den Truppen des Feindes. Der Volkskrieg, der doch ein revolutionäres Mittel der Kriegführung sein sollte, wird aus dieser Perspektive zu einer reaktionären Maßnahme erklärt; die Bewaffnung der Bevölkerung bedeutet den Rückfall in eine historische Epoche, die eigentlich überwunden zu sein schien. Modern und fortschrittlich ist gerade die Ausklammerung der Zivilisten aus dem militärischen Geschehen; ihre Einbeziehung macht die Errungenschaften des neuen Kriegs- und Völkerrechts wieder zunichte. Der Rechtsanwalt und Publizist Karl Braun, seit 1867 Mitglied der nationalliberalen Fraktion im norddeutschen, seit 1870 auch im deutschen Reichstag, baute diese Geschichtskonstruktion in einer Sammlung von Briefen und Essays auf, die während der Kriegsmonate entstanden waren: Nach dem heutigen Völkerrechte führt nicht mehr ein Volk gegen das andere Krieg, sondern eine Armee gegen die andere. Während früher das Bestreben darauf gerichtet war, Alle zu mißhandeln und zu tödten, auch Kinder, Frauen, Greise und sonstige Wehrlose, und so viel Privateigenthum wie möglich zu beschädigen und zu zerstören, beschränkt man sich jetzt darauf, die Heere einander gegenüber zu stellen und durch sie baldigst eine Entscheidung herbeizuführen über die Frage, wer der Stärkere sei auf dem streitigen Felde. Jede Beschädigung von Person und Eigenthum, welche nicht erforderlich ist, um diese Frage zu beantworten, namentlich auch Verletzungen von Privateigenthum und Privatpersonen, gelten für barbarisch. Auch der kampfunfähige Soldat, der früher getödtet oder zum Sklaven gemacht wurde, genießt den Schutz des Völkerrechts und der Civilisation.164)

Früher wurden jeder Mensch und jede Sache durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogen, heute versucht man alles zu verschonen, was nicht als unmittelbares Kriegsmittel gelten muß. Dem Zeitalter der Barbarei ist eine Moderne gefolgt, in der die Vision eines .sauberen' Krieges aufgetaucht ist, eines Krieges, der durch den Schlagabtausch der Armeen entschieden wird und das zivile Leben so wenig stört wie nur irgend möglich. Wie auf dem Schachbrett führen die feindlichen Armeen eine möglichst schnelle und möglichst definitive Entscheidung herbei, aus der anschließend die gebotenen politischen Konsequenzen gezogen werden, ohne daß die sonstigen Geschäfte der Menschen über Gebühr beeinträchtigt werden. Die Trennung des Krieges und der Armee von der Gesellschaft, die doch immer den Grundübeln des Kabinettskrieges zugeschlagen worden war, taucht ins Brauns Argumentation wieder auf, mit dem Unterschied freilich, daß sie nun zur ersten Voraussetzung eines modernen Staatenkrieges erklärt wird. Ob die deutschen Truppen allerdings wirklich Leben und Eigentum der französischen Zivilisten so konsequent verschonten, wie es das Völkerrecht gebot und viele Kommentatoren behaupteten, muß ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Die Strafaktionen gegen Partisanen und ihre vermeintlichen Sympathisanten ließen sich noch als erzwungene Reaktionen auf einen vorgängigen Bruch

164) Karl Braun, Während des Kriegs. Erzählungen, Skizzen und Studien, Leipzig 1871, S. 16; ähnlich auch VZ, 2. 9. 1870, Nr. 210 (Zweite Beilage), S. 6, sowie Gustav Freytag, Die französische Volksbewaffnung, in: Die Grenzboten 29 (1870), Bd. 4, S. 78.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

255

des Völkerrechts durch den Kriegsgegner interpretieren, doch die Toten, die bei der Beschießung der französischen Festungen, zuletzt von Paris, in Kauf genommen wurden, hatten ihr Leben in der Tat völlig schuldlos verloren auch wenn man hier wieder die Franzosen dafür verantwortlich machte, daß bevölkerungsstarke Städte überhaupt zu Festungen erklärt und dadurch den Gefahren des Belagerungskrieges ausgesetzt wurden. In der Eigentumsfrage lagen die Übertretungen von deutscher Seite noch offener zutage. Die ständigen Requirierungen brachten viele französische Bauern an den Rand des Hungertodes und provozierten insofern oft die Freischärleraktionen, mit denen sich dann wiederum die Franzosen außerhalb des Völkerrechts stellten. Der Zugriff auf das Privateigentum der feindlichen Zivilbevölkerung war allerdings so eklatant, daß ihn auch die parteiischsten deutschen Beobachter nicht verleugnen konnten. Adolf von Gordon gehörte zu den Autoren, die den Versuch unternahmen, die Requirierungen dennoch mit dem Völkerrecht in Einklang zu bringen. In einer Kompilation von „Gedanken zum französischen Kriege", in der sich Gordon häufig an den eigenen Feldpostbriefen aus der Kriegszeit orientierte, führte er zur Nahrungsbeschaffung durch die deutschen Soldaten aus: -

es denn zu prüfen, ob nicht vielleicht thatsächlich die Bedeutung des Eigentums, auch nicht in rechtlicher, so doch wenigstens in wirtschaftlicher und sittlicher Hinsicht Modifikationen im Kriegsleben unterliegt. Rückhaltlose Offenheit ist auch hier am Platze! Nach völkerrechtlicher Anschauung wird bekanntlich das Privateigentum der feindlichen Bürger durch den Landkrieg grundsätzlich nicht berührt [...]. Aber jene Schonung des Privateigentums im Landkriege findet selbstredend ihre Grenzen in den militärischen Interessen, welche naturgemäß alles beherrschen. Dem Zugriff dieser Interessen Halt zu gebieten angesichts von Vermögensrechten, hieße mit dem Blute der Landeskinder freventliches Spiel treiben, den furchtbaren Ernst des Krieges in die heiteren Formen der studentischen Mensur kleiden [...]. Über solche Requisitionen wurden der Regel nach Bons ausgestellt; die Franzosen nahmen solche meist höflich dankend und vertrauensvoll entgegen, sie kannten ihre in solchen Dingen koulante Verwaltung gut genug, um die Einlösung solcher Bons nach dem Frieden als sicher vorauszusetzen.165)

Da

gilt

wenn

-

-

Die Selbsterhaltung der kämpfenden Truppe ist wichtiger als die penible Wahrung von Eigentumsrechten; als kollektiver Mundraub ist die Requirierung auch vor dem Völkerrecht zu rechtfertigen. Zumal sich die deutschen Soldaten durch die Verteilung von Bons an die Geschädigten ein gutes Gewissen verschaffen konnten was auch immer mit diesen Bons nach dem Krieg tatsächlich anzufangen gewesen sein mag. Die weggenommenen Nahrungsmittel galten in jedem Fall als bezahlt, und dieser ,Kaufakt' bewahrte die Invasoren vor dem Vorwurf des Diebstahls oder der unrechtmäßigen Schädigung der französischen Zivilbevölkerung. Wie heilig der deutsche Soldat das Eigentumsrecht hielt, wurde von Hermann Jahn in seinen Feldzugserinnerungen mit einer kleinen Anekdote illu-

165) Adolf von Gordon, Was trägt und treibt den Soldaten im Felde? Gedanken zum französischen Kriege und Stimmungsbilder aus den Tagen vor Metz, Berlin 1896, S. 40f.

256

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

strieit. Während eines Ruhetages in dem französischen Städtchen Sens kam der Berliner Student und Reserveunteroffizier auf dem Weg zu seinem Quartier an einem „großen Uhr- und Juwelenladen" vorüber, vor dem sich ein „preußischer Posten"166) aufgebaut hatte: Auf meine Frage erzählte dieser mir, daß bei der Ankunft der Preußen die Besitzer ihr Eigentum über Hals und Kopf verlassen hätten, um den Mißhandlungen der Barbaren zu entgehen, von deren Grausamkeit sie die abenteuerlichsten Vorstellungen gehabt, und nun mußte er den wertvollen Inhalt des Ladens bewachen, damit nicht die französischen Langfinger über ihn kämen und ihn ausplünderten. Ich mußte unwillkürlich lächeln, so waren also deutsche Soldaten ausersehen, das Habe französischer Einwohner gegen die Diebesgelüste ihrer eigenen Landsleute zu schützen; und sie haben es gethan mit Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit, stolz auf den ihrem König geschworenen Eid.167)

Der französische Juwelier hat eine gewissermaßen archaische Vorstellung vom Krieg, wenn er den deutschen Eindringlingen unterstellt, daß sie raubend und plündernd durchs Land zögen und auch vor seinem Geschäft nicht Halt machen würden; in Wirklichkeit jedoch führt Deutschland einen modernen Krieg, und das bedeutet, daß Leben und Eigentum der Nicht-Kombattanten jederzeit geschützt sind. Im Gegenteil, die einrückende Armee identifiziert sich so stark mit dem Staat, daß sie auch die Staatsfunktion der Eigentumsgarantie sofort übernimmt und ausübt in den besetzten Landesteilen schützt sie dadurch sogar das Eigentum der Franzosen vor dem Zugriff ihrer eigenen Landsleute. Die deutschen Soldaten sind zu den Polizisten einer neuen staatlichen Ordnung geworden. Viele Selbstzeugnisse von Kriegsteilnehmern belegen in ähnlicher Weise, daß die Definition des Krieges als einer Staatstätigkeit nicht nur von Politikern und Rechtsgelehrten propagiert wurde, sondern sehr wohl auch in das Bewußtsein der gebildeten Soldaten eingedrungen war. Ein kriegsfreiwilliger Gardefüsilier wurde durch eine Ausgabe der „Pensées de J. J. Rousseau", die er in dem Palais eines Pariser Börsenmaklers gefunden hatte, zu einigen Reflexionen über das Verhältnis von Staat, Krieg und Bevölkerung angeregt. Dabei kam er zu dem Schluß, daß den Franzosen unbedingt anzuraten sei, sich wieder stärker mit ihren eigenen Klassikern zu befassen und mit den Maximen, die in deren Büchern vorgetragen wurden: -

In dem Artikel „Krieg" heißt es unter anderem: „La guerre n'est point une relation d'homme à homme, mais une relation d'état à état, dans laquelle les particuliers ne sont ennemis qu'accidentellement, non point comme hommes, ni même comme citoyens, mais comme soldats". Das ist goldene Wahrheit! Und damit vergleiche man nun die schändlichen, hinterlistigen Privatgräuelthaten der Franctireurs, die Unmenschlichkeiten französischer Weiber

166) Hermann Jahn, Aus Deutschlands großen Tagen. Erlebnisse eines 24ers im deutschfranzösischen Kriege, Bd. 2, Braunschweig 1904, S. 22. 167) Ebd.

1.

257

Kriegführung und Heeresverfassung

daliegenden deutschen Verwundeten; jenes entsetzliche Augenausreißen, OhGurgelabschneiden! Pfui über diese Entartung!168) In einem Krieg, der nicht zwischen Menschen, sondern zwischen Staaten ausgetragen wird, haben die Aktionen von bewaffneten Bürgern keinen Platz mehr; sie werden folgerichtig zu .Privatgräuelthaten' erklärt, die gar keinen Anspruch darauf haben, als öffentliche, das heißt dem Krieg zugehörige Hand-

an

wehrlos

ren-, Nasen- und

lungen anerkannt zu werden. Das Herausziehen des Krieges aus der Gesellschaft bedeutet allerdings auch, daß der Besitz der Zivilbevölkerung nicht angetastet werden darf dieser Grundsatz war vom Verfasser offensichtlich verdrängt worden, als er sich das „feine Lederbändchen" mit „Goldschnitt" als „gute Prise einzustecken [...] erlaubt hatte"169). -

"Man führt nicht mit den Bürgern Krieg, nur mit der Armee"170), stand auch für den Kriegsberichterstatter Hans Wachenhusen fest, während Adolf Keysser, der nach dem Krieg Stadtbibliothekar in Köln wurde, mit ähnlichen Worten seiner Überzeugung Ausdruck verlieh, „daß man den Krieg mit einer fremden Nation als solcher, nicht mit den bürgerlichen Mitgliedern derselben führt"171). Der Militärgeistliche Huyssen forderte kategorisch, „das Leben des einzelnen Bürgers, der sich nicht in den Krieg mischt, zu schonen" es sei unabdingbar, „daß da zwischen friedlichen Bürgern und Soldaten geschieden werde, und die Bürger und Bauern den Soldaten den Kampf allein überlassen, ohne sich heimtückisch daran zu beteiligen"172). Sogar die Soldaten werden wieder zu Bürgern, die alle Schutzrechte genießen, sobald sie verwundet werden oder der Kampf beendet ist: -

So begegnen sich auch die Soldaten der feindlichen Heere nach eingetretener Kapitulation mit kameradschaftlicher Freundlichkeit, alle Feindschaft ist mit dem Aufhören des Kommandowortes vergessen. Bei der [...] Liebespflege aber, die im Kriege nach Möglichkeit dem verwundeten Feinde wie dem Freunde zuteil wird, liegt wohl der Grund hauptsächlich darin, daß man mit richtigem Gefühl den Einzelnen von dem Ganzen scheidet, die Feindschaft und der Trieb zu schaden, zu töten, zu verwunden, eigentlich doch immer nur dem Ganzen, dem Feinde als solchem überhaupt gilt, nicht den einzelnen Soldaten, die nur als Teile des Ganzen Gegenstand der zerstörenden, vernichtenden Arbeit sind, als Einzelne aber aus demselben herausgehoben, waffenlos und hilfsbedürftig geworden, sofort Gegenstände der [...] Pflege und Sorge werden müssen. Sobald der Mensch dem Menschen gegenüber steht, wäre es unchristlich und barbarisch, wenn die Feindschaft noch einen Augenblick länger fortgesetzt werden sollte.173)

168) vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen im Gardefüsilierregiment, München 21896 (1. Aufl. 1871), S. 62. 169) Ebd., S. 61. I7°) Hans Wachenhusen, Vom ersten bis zum letzten Schuß. Kriegserinnerungen 1870/71,

Berlin 1896, S. 30. 171) Adolf Keysser, Frieden im Kriege. Erinnerungen eines vormaligen preußischen Linienofficiers aus dem Feldzuge 1870/71, Köln 1893, S. 8. 172) G. Huyssen, Bilder aus dem Kriegsleben eines Militärgeistlichen. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des deutsch-französischen Krieges von 1870-71, Berlin 6o.J„ S. 69f. 173) Ebd., S. 73.

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Die Feindschaft gilt nur einem abstrakten Prinzip, nicht dem einzelnen Menschen; der gegnerische Staat wird bekämpft, also das Ganze, das die einzelnen Soldaten miteinander bilden, ohne aber der Möglichkeit beraubt zu sein, wieder in den Zustand der Vereinzelung zurückzukehren und damit die ganze Rücksichtnahme zu beanspruchen, die jeder Mensch von seinem Mitmenschen erwarten kann. Der Krieg wird damit zu einem ,Spiel', das an- und abgepfiffen wird und nur während der Spieldauer die Schädigung des Gegners zuläßt. Außerhalb des Spieles, mit dem ,Aufhören des Kommandowortes', sind alle Kämpfer nur ,Menschen', die sich mit .kameradschaftlicher Freundlichkeit' begegnen alles andere wäre .barbarisch'. Die ausdrückliche Trennung von Staat und Gesellschaft, von Armee und Zivilbevölkerung scheint allerdings anderen Kommentaren zu widersprechen, die gerade die Identität des deutschen Heeres mit der entstehenden Nation betont hatten; die allgemeine Wehrpflicht sollte doch gerade dafür gesorgt haben, daß wirklich die gesamte Gesellschaft unter die Waffen trat und nicht nur wie in Frankreich eine Gruppe von Berufssoldaten im Auftrag der Regierung tätig wurde. Dieser scheinbare Widerspruch wurde dahingehend aufgelöst, daß man die deutsche Nationalbewaffnung zu einer genuinen Leistung des Staates erklärte, die das Engagement der Bürger gewissermaßen auf eine höhere Stufe hob, auf der es gänzlich mit dem Staatswillen zusammenfloß. Die allgemeine Wehrpflicht wurde nicht als eine Völksbewaffnung im herkömmlichen Sinne interpretiert, sondern als eine Öffnung des Staates zur Gesellschaft hin, bei der es dem Staat darum ging, die Kräfte der Gesellschaft gleichsam in sich hineinzusaugen. Trotzdem blieb der Staat jederzeit Souverän des Geschehens; er erweiterte nur sein Handlungspotential, indem er sich alle gesellschaftlichen Ressourcen einverleibte. Auf der terminologischen Ebene wurde dieses Konzept dadurch abgebildet, daß man die deutsche Armee als das ,Volk in Waffen' bezeichnete ein stehender Begriff in zahllosen Kriegsdarstellungen -, während die französischen Truppen der zweiten Kriegshälfte höchstens als das bewaffnete Volk' gelten konnten. In dieser kleinen sprachlichen Differenz kommen verschiedene militärtheoretische Grundsätze zum Ausdruck. Das ,Völk in Waffen' ist vom Staat aufgerufen, organisiert und angeleitet worden, während das ,bewaffnete Volk' aus einer Gesellschaft hervorgegangen ist, die sich selber, kraft eigenen Rechts, wehrhaft gemacht hat. Jedes Engagement der Bürger wie in und jeder Einsatz der Nation sind also gerechtfertigt, wenn sie während die Deutschland vom Staat aufgenommen und kanalisiert werden, illeerstens Frankreich Volkes' in chaotischen Bemühungen des ,bewaffneten gitim sind und zweitens sinnlos verpuffen, weil ihnen die ordnende Hand des Staates nicht Ziel und Richtung weist. Die französische Republik, die ohnehin in den Augen der meisten deutschen Beobachter kaum imstande war, ein geordnetes staatliches Leben zu entfalten, trommelte zwar große Armeen zusammen und rief die französische Bevölkerung in zahllosen Proklamationen zum Widerstand auf, doch sie konnte die Anstrengungen des französischen -

-

-

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-

-

1.

259

Kriegführung und Heeresverfassung

keiner Zeit in einer wirklich effektiven Organisation zusammenfasumgekehrt hatte das Kaiserreich zwar über alle administrativen Hilfsmittel verfügt, doch die Kräfte der Gesellschaft nicht in die Armee einfließen lassen. Nur das deutsche Volk in Waffen' vereinigte beide Elemente, die straffe staatliche Organisation und die Einbeziehung des gesamten militärischen Potentials der Bevölkerung; dadurch erhielt diese ,wahre Volksarmee' eine Schlagkraft, der ihre Gegner nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hatten. So wurde in den deutschen Kriegsdarstellungen, die das ,Völk in Waffen' feierten, selten unterlassen, auf die besondere Funktion des Staates für diese Armee hinzuweisen. „Schließlich mußte doch die Gesammtheit [sie] aller moralischen und geistigen Kräfte", faßte Werner Hahn die Ergebnisse des Feldzuges zusammen, „welche im deutschen Militär zu einem starken Organismus, der im gleichen Sinne dem Volks- und dem Staatsleben angehört, Bildung und Mannszucht der Massen, Vorzüglichkeit der Ausrüstung, Weisheit und Ruhe eines umfassenden und mit genügenden Mitteln ausgeführten Feldzugsplanes, alles dies mußte schließlich doch über die eitle Selbstüberschätzung [...] den Sieg gewinnen"174). Der Organismus des Heeres gehört sowohl dem Volks- als auch dem Staatsleben an die Kräfte der Gesellschaft und die disziplinierenden, planenden und führenden Kapazitäten des Staates sind eine gelungene Fusion eingegangen. Ohne diese Leistungen des Staates, ja auch ohne ein ausgeprägtes Staatsbewußtsein der Soldaten besäße eine Volksarmee nur die Hälfte ihrer Schlagkraft. Die allgemeine Wehrpflicht kann also im Grunde nur dann ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten, wenn die Wehrpflichtigen auch bereit sind, den Staat als das oberste Ordnungsprinzip aller militärischen Handlungen anzuerkennen. Carl Abani hat diesen Zusammenhang in seiner „Geschichte des deutsch-französischen Krieges" auf den Begriff gebracht: Volkes

zu

sen;

,

-

-

-

Je gesunder das Staatsganze im Wesen und in der Form, je mehr der Staatszweck, je mehr die Achtung vor dem Gesetze in die Individuen gedrungen ist, desto ergiebiger wird das Wehrgesetz für die nationale Vertheidigung sein. Je üppiger aber Selbstsucht und Unlust, dem Ganzen eigene Interessen aufzuopfern, in einem Staate wuchern, je weicher sich die Verwaltung den tausend Vorwänden gegenüber, womit jeder Einzelne es als ganz natürlich hinstellt, daß seine Person vor [sie] dem strengen allgemeinen Gesetze ausgenommen sei, beweist, je häufiger die geübte Gnade dem Rechte auf die Fersen tritt, desto trüglicher gestalten sich auch die Hoffnungen, welche man auf die allgemeine Wehrpflicht basirt, und desto gewisser wird man im Augenblicke, wo die Einrichtungen des Heeres sich erproben sollen, nicht blos Enttäuschungen ernten, sondern auch den Staat zu Grunde gehen sehen, wenn ihn ein entschiedenerer, rücksichtsloserer Gegner bedroht und angreift.175)

Selbstsucht und Egoismus sind Gift für ein Wehrpflichtsystem, das dem einzelnen im Namen des Ganzen Pflichten auferlegt, die dessen persönlichen Kom-

174) Werner Hahn, 1870 und 1871. Der Krieg Deutschlands gegen Frankreich, Bielefeld/ Leipzig 1871, S. 469 f. 175) Carl Abani, Geschichte des deutsch-französischen Krieges in den Jahren 1870 und 1871, Leipzig u.a. 1871, S. 19.

260

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

fort verringern. Nur wo ein ausgeprägtes Staatsbewußtsein vorherrscht, wo die Bürger auch bereit sind, sich ohne Rücksicht auf ihren individuellen Vorteil für die Interessen des Staates einzusetzen, kann eine Heeresorganisation bestehen, die einzig an das Pflichtgefühl der Bürger appelliert, ohne materielle Anreize für den Wehrdienst zu schaffen.176) Um zu klären, ob die allgemeine Wehrpflicht auch für Frankreich ein geeignetes Wehrsystem sein könnte, müßte also erst einmal das Staatsbewußtsein der Franzosen überprüft werden; Abani zeichnet eine imaginäre Karte Frankreichs, auf der die Regionen unterschieden werden, die für diese Heeresverfassung geeignet beziehungsweise ungeeignet sind: Nur der nordöstliche [Teil Frankreichs] ist von einer Bevölkerung bewohnt, welche sich in einem Zustande der Cultur befindet, der die erfolgreiche Anwendung der allgemeinen Wehrpflicht erlaubt. Der Süden Frankreichs mit seiner unvermischten gallisch-romanischen Race ist von einer solchen Tüchtigkeit weit entfernt. Alle jene Bürgertugenden, jene fast zur zweiten Natur gewordene Anerkennung von Autorität, die Unterordnung unter einen Staatszweck und jene höhere Moral, welche ein nicht aus Berufssoldaten bestehendes Heer, um tüchtig zu sein, nothwendig hat, sind daselbst im Allgemeinen nicht zu finden. Bios die Bewohner der Normandie, Bretagne, Champagne, des Elsaß und der an der Nordgrenze liegenden Departements sind für eine solche Organisation geeignet.177)

In einer kruden ,Mentalitäten-Geografie' ordnet Abani den verschiedenen Landesteilen ein Mehr oder Weniger an Staatsbewußtsein zu, das sie für ein Wehrpflichtsystem entweder qualifiziert oder disqualifiziert. Nicht von ungefähr unterstellt der Verfasser den .germanischen' Volksteilen im französischen Nordosten eine ausgeprägte Autoritätshörigkeit, während die gallisch-romanische Race' im Süden und Westen Frankreichs angeblich außerstande ist, sich einem allgemeinen ,Staatszweck' unterzuordnen. Daß die Mittelmeervölker bereits in komplexen Staatsverbänden lebten, als die Germanen noch gar kein entwickeltes staatliches Leben kannten, scheint Abani nicht geläufig zu sein. Selbstverständlich wurde im Krieg von 1870/71 auch auf deutscher Seite nicht jedes Engagement von vornherein vom Staat in Szene gesetzt. Gerade im gebildeten Bürgertum war man stolz auf die vielen kriegsfreiwilligen Studenten, auf die vielen Hilfsdienste, die der Nation auch fernab vom unmittelbaren Kriegsgeschehen geleistet wurden. Ohne staatliche Direktive wurden Verwundete betreut, Spenden gesammelt oder doch wenigstens Charpie gezupft. Dennoch unterschied man diese Formen des fakultativen Einsatzes deutlich von den Aktivitäten französischer Freiwilliger, und zwar mit dem Argument, daß auf deutscher Seite immer wieder der Staat im Hintergrund darauf warte, auch das freiwillige Engagement aufzunehmen und in die gewünschten Bahnen zu ,

176) Für Hermann Fechner garantiert ein ausgeprägtes Staatsbewußtsein der Soldaten auch, daß die Bewaffnung aller Wehrpflichtigen nicht zu einem revolutionären Umsturz führt; andernfalls müßte die Obrigkeit sich hüten, allen Bürgern Waffen in die Hand zu geben (Hermann Fechner, Der deutsch-französische Krieg 1870/71, Berlin 41890, S. 104f.). 177) Abani, Geschichte des deutsch-französischen Krieges, S. 14.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

261

lenken. So grenzte Gustav Freytag den kriegsfreiwilligen deutschen Soldaten vom französischen Mobilgardisten mit dem Hinweis ab, daß alles Trachten des erstgenannten sofort an den .Zwecken seines Staates' ausgerichtet sei: Der Mobilgardist und der deutsche Freiwillige, welcher während des Krieges eintrat und schnell ausexerziert jetzt in seinem Bataillon vor Paris auf Vorposten steht, beide haben vielleicht an demselben Tage zum erstenmal das Gewehr ergriffen. Aber der deutsche Soldat gleicht die Mängel seiner technischen Vorbildung in einem festgegliederten taktischen Körper aus nach dem Beispiel und im Wetteifer mit älteren Kameraden, unter Führung kriegsgebildeter Offiziere, in der eisernen [...] Zucht eines gebildeten Heeres. Die militärischen Be-

griffe von Ehre und Schande, die sittlichen Vorstellungen der Heeresleitung von Recht und Unrecht des Soldaten [...] bändigen ihm die Willkür und richten seine Gedanken und Werke nach den Zwecken seines Staates. Er ist bei gleicher Waffenzeit nicht nur ein besserer Krieger, als der französische Mobile, sondern mit diesem verglichen auch der zivilisierte Mann gegenüber einem Halbwilden.178) Der Einfluß des Staates auf die militärische Schulung und die Disziplinierung des Soldaten ist so groß, daß beim Fehlen dieses Einflusses kein .zivilisierter Mann' herangebildet, sondern ein .Halbwilder' auf den Feind losgelassen wird. Jeder, auch der gebildetste Kriegsteilnehmer, braucht die Anleitung durch den Staat, um seine Kräfte wirklich effektiv einsetzen zu können. Der Gebildete würde im Gegenteil sinnlos geopfert, wenn er nicht im großen Räderwerk der Staatsarmee agierte, sondern auf eigene Rechnung, etwa im Rahmen einer „levée en masse", zu den Waffen greifen müßte. „Unsere Heeresordnung", urteilte Theodor Mommsen in einer Universitätsrede, „indem sie den kostbarsten Schatz unserer Zukunft, die Blüte unserer Jugend anscheinend verschwenderisch verwendet, [hält] in der Tat mit diesem besser und sparsamer haus, als wo man diese Jugend dem Waffengang anfangs untätig zuschauen läßt, um sie dann in ziellosem Verzweiflungskampf [...] zu opfern"179). In Deutschland kämpften die Gebildeten 1870/71 von Anfang an im Schutzverband des staatlich organisierten Heeres, während sie in Frankreich zunächst von der kaiserlichen Armee ausgespart wurden, um dann aber in der zweiten Kriegshälfte desto sinnloser in den schlecht koordinierten Massenaufgeboten der Republik verheizt zu werden. Andere Autoren nahmen bei ihren Überlegungen zum Thema Staat und Kriegführung auch Denkfiguren des deutschen Idealismus auf. '80) Hegels Gegenüberstellung eines gesellschaftlichen Lebens, das von Partikularinteressen

178) Gustav Freytag, Auf der Höhe der Vogesen. Kriegsberichte von 1870/71, Leipzig 1914, S. 51 f. 179) Theodor Mommsen, Rede zur Gedächtnisfeier der Universität am 3. August 1875, in: ders., Reden und Aufsätze, Berlin 1905, S. 27. 18°) Schon das Postulat, daß der Krieg nur etwas mit der Gegnerschaft von Staaten, nichts aber mit der persönlichen Feindschaft von Menschen zu tun habe, konnte sich auf die Staatsphilosophie Hegels berufen. Siehe Shlomo Avineri, Das Problem des Krieges im Denken Hegels, in: Iring Fetscher (Hg.), Hegel in der Sicht der neueren Forschung, Darmstadt 1973, S. 475.

262

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Parteikämpfen beherrscht wird, mit dem einheitlichen Willen des am Allgemeininteresse orientierten Staates ging in viele Überlegungen zum Problem und

Staatsarmee und bewaffneter Gesellschaft ein. Die deutsche Armee wurde vielerorts gleichsam zur Inkarnation des staatlichen Allgemeininteresses stilisiert; alle Sonderwünsche und -interessen sollten schweigen, sobald die Einberufung erfolgte und der Soldat den Zwecken des Staates untergeordnet wurde. Der Historiker Oskar Jäger sah in seiner „Deutschen Geschichte" den Aufbruch des Juli 1870 mit einem Verschwinden aller sozialen Konflikte einhergehen; „während die organisierte Staatskraft, eine gewaltige Streitmacht, sich sammelte, [verstummte] der Hader der Konfessionen und der Parteien, der partikularistische Gegensatz der Stämme und Einzelstaaten verwandelte sich in rühmlichen Wetteifer im Dienst der gemeinsamen vaterländischen Sache und die Unterschiede des Ranges, Alters, Geschlechts traten zurück"181). Die Armee ist nichts anderes als die organisierte Staatskraft', in deren Dienst höchstens noch ein Konkurrieren um die besten Leistungen, aber kein Streit irgendwelcher Sondergruppen mehr möglich ist. Indem die Soldaten im Krieg diese Erfahrung machen, wird ihnen umgekehrt aber auch ein Staatsbewußtsein vermittelt, das in Friedenszeiten niemals eine ähnliche Plastizität erhalten könnte. „Hat man es einmal mit angesehen, mit erlebt", schrieb Felix Dahn in seinen Memoiren, „wie ein paar hundert wenig gebildete Männer, welche begrifflich den Werth des Staates nie erfaßt haben, ohne Wanken in den fast unvermeidbaren Tod hineinstürmen", so wird man dies vorbehaltlos „bewundern müssen"182). Der Krieg ist eine praktische Schule der Staatsbürgerlehre, er zeigt den Soldaten, was ein einheitlicher Wille vermag und was die Hintanstellung des persönlichen Interesses gegenüber den Ansprüchen der Allgemeinheit bedeutet. „Jener patriotische Staatssinn", den der Krieg vermittelt, meinte Edmund Pfleiderer, „erhebt Herz und Auge über das Enge und Beschränkte und macht den Spießbürger nach und nach zum selbstbewußten Staatsbürger"183). Der Dienst in der Staatsarmee kann den ,Spießbürger' in einen .Staatsbürger' verwandeln, weil das Heer eine Staatsidee verkörpert, die dem Wehrpflichtigen solange fremd bleiben mußte, wie er sich nur der Verfolgung seines gesellschaftlichen Partikularinteresses gewidmet hatte. Besonders augenfällig wurde die planende und steuernde Funktion des Staates bei der Mobilmachung im Juli 1870. Binnen vierzehn Tagen gelang es den preußisch-deutschen Behörden, rund 300000 Soldaten an der französischen Grenze zu massieren. Diese organisatorische Leistung verschaffte den deutvon

181) Oskar Jäger, Deutsche Geschichte. Zweiter Band: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart, München 41914, S. 552; ähnlich auch Jahn, Aus Deutschlands großen Tagen,

Bd. l.S. 9. 182) Felix Dahn, Erinnerungen, Bd. 4/1, Leipzig 1894, S. 593. 183) Edmund Pfleiderer, Erinnerungen und Erfahrungen eines Feldpredigers des Jahres 1870/71, Stuttgart 1874, S. 110.

aus

dem

Krieg

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

263

Truppen in den ersten Schlachten des Krieges ein zahlenmäßiges Übergewicht, das sicherlich den militärischen Erfolg in erheblichem Maße mitverursachte. Der Staat hatte es vermocht, ein gigantisches Massenaufgebot in sehen

und in militärisch effektiver Weise ins Feld zu führen. Die der Massen, seit der Französischen Revolution eine klassische Mobilisierung Forderung bürgerlicher Militärpolitik, war in die Hände des Staates gelegt und zu einem vollen Erfolg geführt worden. Auch Deutschland hatte im Juli 1870 seine „levée en masse" erlebt so zumindest interpretierten zahllose bürgerliche Beobachter das Geschehen. Die Aushebung der Wehrpflichtigen, der Reservisten und Landwehrmänner, eine Maßnahme, die voll und ganz in der Tradition des preußischen Militärsystems stand, wurde kurzerhand mit dem bürgerlichen Ideal einer Erhebung der Massen verschmolzen. Dabei erzeugte gerade die Synthese von Massenengagement und staatlicher Lenkung ein Maximum an Durchschlagskraft; das Engagement der Massen brachte Fähigkeiten aller Art und ein hohes Maß an Motivation ein, während die zentrale Planung durch die staatlichen Behörden dafür sorgte, daß jede Initiative auch tatsächlich bestmöglich ausgenutzt wurde und den Wirkungsgrad der kollektiven Anstrengung optimierte. So wurde die Mobilmachung zum Symbol für ein effektives Ineinandergreifen von Gesellschaft und Staat, von bürgerlicher und konservativer Militärtradition. Schon der Begriff der Mobilmachung, in sprachlich-stilistischer Hinsicht ein Unwort, brachte diese Kombinatorik sehr deutlich zum Ausdruck. Die Mobilwerdung der Gesellschaft als Reaktion auf eine Bedrohung der vitalen Interessen der Nation war das traditionelle Leitbild der Liberalen gewesen; die Mobilmachung hingegen implizierte statt des MobilWerdens ein Mobil-Gemacht-Werden, dessen passivischer Charakter schon Barauf verwies, daß der Staat das Subjekt dieser Handlung zu sein hatte. Trotzdem blieben noch so viele Elemente einer „levée en masse" im Erscheinungsbild dieser Mobilmachung bestehen, daß es den bürgerlichen Kommentatoren nicht schwer fiel, durch die Akzentuierung dieser Elemente eine (scheinbare) Kompatibilität der Ereignisse mit den alten Idealen der bürgerlichen Nationalbewegung herzustellen. In einer populären Kriegsdarstellung wurde in diesem Sinne sogar die „Wacht am Rhein" als eine „deutsche Marseillaise"184) bezeichnet; die „Wacht" hatte im Juli 1870 den Aufbruch der deutschen Nation in ähnlicher Weise begleitet wie 1792 das Lied Rouget de Lisies die französischen Revolutionsarmeen. Eine vergleichbare Parallele zog Oberschulrat Weidemann in seinem Buch über den „Deutsch-französischen Krieg 1870-1871": Szene

zu

setzen

-

Im Kriege von 1870 und 1871 dagegen war die nationale Kraft nicht in Frankreich zu finden, sondern in Deutschland, welches, der frühern Zwietracht müde, eben daran war, auf den Schlachtfeldern von Frankreich ein festes bundesstaatliches Gemeinwesen zum Abschluß zu

184)

Oskar Höcker/Franz Otto

(Hgg.),

buch, Berlin/Leipzig 1871, S. 9.

Das

große Jahr

1870. Neues Vaterländisches Ehren-

264

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Auch Deutschland hatte seine Volkserhebung in Masse, ein Volk in Waffen; das trat aber als eine vollständig organisirte Armee auf, deren breite Grundlage die allgemeine Wehrpflicht ist [...]. Gegen diese von Patriotismus und Pflichtgefühl gleichmäßig erfüllten, an die strengste Disciplin gewöhnten und auf das trefflichste ausgerüsteten Trappenkörper konnten die Gambetta'schen improvisirten Marschregimenter [...] nicht aufkom-

bringen [...].

men.185)

Auch in Deutschland hat es eine „levée en masse" gegeben, aber die Thematisierung dieser .Völkserhebung in Masse' ruft sogleich den Gegenbegriff des .Volkes in Waffen' auf, der klarstellen soll, worin der entscheidende Unterschied zwischen deutschen und französischen Massenaufgeboten besteht: In Deutschland geht der Patriotismus in einer streng disziplinierten, bestens organisierten Armee auf, während Frankreich, dessen .nationale Kraft' ohnehin schon längst im Schwinden begriffen ist, nur improvisierte Marschregimenter' in die Schlacht führt. Weitaus nüchterner ist das Licht, in das Ferdinand Rauchfuß die Synthese von traditionellen und neuen Elementen im preußisch-deutschen Wehrsystem stellt. Das Massenaufgebot ist nach Rauchfuß' Meinung eher eine Konzession an einen militärischen Sachzwang als ein Zugeständnis an bürgerliche Wehrideale; ein moderner Krieg ist ohne Massenarmeen nicht mehr zu gewinnen, das ist einer der „Kardinalgrundsätze der modernen Kriegführung"186). Der Frankreichfeldzug hat diesen Grundsatz mit allem Nachdruck bestätigt; die gleichzeitigen Belagerungen von Straßburg, Metz und Paris, verbunden mit Besatzungsdienst und umfangreichen militärischen Operationen gegen Entsatzarmeen, waren nur mit „ungeheuren Massen"187) an Soldaten zu bewerkstelligen. Nur die allgemeine Wehrpflicht konnte diese Massen bereitstellen; ohne eine Öffnung der Armee zur Nation und zur Gesellschaft hin wären die erforderlichen Zahlen niemals zustande gekommen. Doch egal, welche Motive für das Massenaufgebot letztlich entscheidend waren, fest steht, daß es durchgeführt wurde und in Kombination mit vielen herkömmlichen Elementen den Sieg der preußisch-deutschen Truppen ermöglicht hat. Dabei war das konkrete Erscheinungsbild, die ,Phänomenologie' der Mobilmachung ohnehin kaum von dem Bild zu unterscheiden, das man sich bisher von einer „levée en masse" gemacht hatte. Das ganze Volk, ob arm oder reich, gebildet oder ungebildet, jung oder alt strömte zusammen, um in einer gemeinsamen Anstrengung die Interessen der Nation zu vertreten. Daß fast alle Soldaten dabei einen Einberufungsbefehl in der Tasche trugen, schien die bürgerlichen Beobachter nicht weiter zu stören; für sie handelten die deutschen Krieger im Grunde aus eigener Initiative, auch wenn der Staat dafür sorgen mußte, daß

i85) Karl Albert Weidemann, Der deutsch-französische Krieg 1870-1871, Saalfeld 1871, S. 97. 186) Ferdinand Rauchfuß, Preußenfeindliche Schlagwörter. Zur Würdigung der Staatszustände in Preußen und seiner europäischen Mission, Zürich 1871, S. 50. 187) Ebd.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

265

alles ordnungsgemäß ablief. In einem Lagebericht aus München vom 28. Juli 1870 brachte die Kölnische Zeitung gerade diese Ambivalenz zum Ausdruck: Die neue Armee-Organisation, so jung sie bei uns noch ist, bewährt sich vortrefflich. Wie die Räder einer genau gearbeiteten, gut geölten Maschine greift Alles in einander, pünctlich, ruhig und geräuschlos. Noch ganz neu sind uns die jetzt oft auf dem Bahnhofe zu sehenden Scenen, wie Männer aus den augenscheinlich besten und gebildetsten Ständen, mit der ordinären Landwehrmütze auf, von einer eleganten Frau und dem Kinde auf dem Arme einer Wärterin Abschied nehmen. Es hat neben dem Rührenden und Traurigen ganz gewiß etwas Erhebendes, wenn der Reiche und Hochgestellte, der Familienvater sich in Eine Reihe stellen mit dem Armen und Untergebenen, mit dem Jünglinge, wenn es gilt, das theure Vaterland zu retten.188)

Im Dienst am ,theuren Vaterland' sind alle Volksschichten einander gleichgestellt; die Abschiedsszenen am Bahnhof symbolisieren den Aufbruch einer ganzen Nation. Damit dieser Aufbruch nicht in ein Chaos mündet, sondern in möglichst effektiver Weise kanalisiert wird, treten die Armeebehörden auf den Plan. Deren organisatorische Leistung macht die Mobilmachung einer ,gut geölten Maschine' vergleichbar, bei der ein Rädchen ins andere greift.189) Während die Bürger, die zu den Waffen greifen, vor allem mit dem Herzen bei der Sache sind worauf die sentimentalen Abschiedsszenen von Frau und Kind anspielen -, repräsentiert der Staat das Prinzip einer kalten, maschinenhaften Rationalität, die aber ebenso notwendig ist, um ein Maximum an militärischer Schlagkraft zu erzeugen. Einige Tage später brachte die Kölnische Zeitung diesen Zusammenhang erneut auf den Begriff: -

vor einigen Wochen lebten wir Alle im höchsten Frieden und Niemand dachte an den Krieg, und jetzt [...] stehen alle unsere Truppen bis auf das Kleinste vollständig ausgerüstet auf ihren angewiesenen Plätzen. Nur der Geist der Ordnung, Tüchtigkeit und strengen und dabei intelligenten Arbeitskraft vom höchsten bis zum niedrigsten Beamten und Officier, verbunden mit der Tüchtigkeit unseres Volkes und dessen patriotischem Eifer, konnte aber-

Noch

mals

so

Großes in

so

kurzer Zeit

bewirken.190)

Die Großtat der Mobilmachung konnte nur deshalb vollbracht werden, weil der patriotische Eifer und die Tüchtigkeit des Volkes mit der Arbeitskraft und Planungskompetenz der Beamten und Offiziere, also der Repräsentanten des Staates, in jedem Augenblick Hand in Hand gingen. Die Truppen sind nicht nur motiviert, sie sind auch .vollständig ausgerüstet', sie stehen nicht nur bereit, sondern auch auf ihren .angewiesenen Plätzen' bürgerliches Engagement und staatliche Verwaltung haben sich in optimaler Weise ergänzt. Schon das komplizierte Eisenbahnnetz, ohne dessen optimale Nutzung ein effektiver Aufmarsch der deutschen Truppen im Juli 1870 gar nicht möglich -

188) KZ, 28. 7. 1870, Nr. 207, S. 1. 189) Ein anderes Bild verwendeten die

Münchner Neuesten Nachrichten, um die Präzision des „deutschen Mobilmachungsplans" zu illustrieren; wie „Schachfiguren" seien die „Armeekorps hinüber und herüber geschoben" worden (MNN, 18. 9. 1870, Nr. 75 [Unterhaltungs-Blatt], S. 4). 190) KZ, 31. 7. 1870, Nr. 210, S. 2.

266

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

gewesen wäre, machte ein hohes Maß an Planung und zentraler Lenkung nötig. Um mehrere hunderttausend Soldaten in wenigen Tagen aus allen Teilen Deutschlands zur französischen Grenze zu transportieren, mußten die Eisenbahnen einem minutiösen Management unterworfen sein. Der gute Wille der Krieger allein, mit der Waffe in der Hand mutig auf den Feind einzudringen, konnte unter den verkehrstechnischen Bedingungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nichts mehr ausrichten. In den Preußischen Jahrbüchern wurde im Sommer 1871 rückblickend noch einmal an die überwältigende Schnelligkeit der Mobilmachung erinnert: Indessen eilen auf den Eisenstraßen die Deutschen an die Grenze, ein bewaffnetes Volk, im entschlossensten Muth, in unvergleichlicher Raschheit und Ordnung. Hier fehlt es an Nichts; von dem höchsten bis zum geringsten Mann thut jeder seine Schuldigkeit; jeder Nerv, jede Fiber ist gespannt; kaum 15 Tage und das deutsche Heer steht zum Einmarsch in Frankreich bereit. Niemals in der Welt ist in gleich kurzer Zeit eine halbe Million Krieger in das Feld gestellt; selbst die überraschendsten Bewegungen Napoleon's I. verschwinden vor dieser, durch die vollendete Ausnutzung der modernen Verkehrsmittel erzielten Schnellig-

keit.'91)

Die .modernen Verkehrsmittel' ermöglichen eine historisch einmalige Rasanz der militärischen Operationen, aber nur dann, wenn sie .vollendet ausgenutzt' werden was ohne den sofortigen Zugriff des Staates auf die Eisenbahnen, die vor dem deutsch-französischen Krieg noch von privaten Gesellschaften betrieben wurden, nicht denkbar wäre. Indem der Staat aber den Eisenbahnaufmarsch organisiert, indem er dafür sorgt, daß überall in Deutschland die vorgesehenen Truppenkontingente zur vorgesehenen Zeit auf den vorgesehenen Strecken befördert werden, beweist er eine überlegene Rationalität, der auch die bürgerlichen Beobachter ihre Anerkennung nicht versagen können. Die National-Zeitung zieht aus den Erfahrungen der ersten Mobilmachungstage sogar den Schluß, daß wohl grundsätzlich nur ein „staatlich gut eingerichtetes Volk zweckmäßig zu handeln befähigt ist"192); im gleichen Sinne gilt, „daß eine gute Kriegführung auf eine zum mindesten nicht ungute Staatseinrichtung zu-

rückweist"193).

Vielleicht war es sogar der überragende Anteil der Eisenbahnen am Erfolg des deutschen Aufmarsches, der so vielen Kommentatoren den Vergleich der Mobilmachung mit einer Maschine, mit einem gigantischen Räderwerk nahelegte. Dabei wurde diese Metapher jedoch in der Regel mit der Einschränkung verwendet, daß neben der rationalen, maschinenhaften Planung selbstverständlich auch die Tüchtigkeit des Volkes eine ausschlaggebende Rolle gespielt habe. Theodor Weber, Pastor in Barmen, wandelte die Maschinen-Metapher in einem öffentlichen Vortrag am 25. August 1870 in charakteristischer Weise ab:

191) W. [d.i. Wilhelm Wehrenpfennig], Am Schluß des Bd. 27(1871), H.3.S. 376. 192) NZ, 27. 7. 1870, Nr. 345, S. 1. 193) NZ,6. 11. 1870, Nr. 530, S. 1.

Kriegs,

in: Preußische Jahrbücher,

1.

267

Kriegführung und Heeresverfassung

Man staunt mit Recht die Vortrefflichkeit der preußischen Militärverfassung und Verwaltung an [...], aber Eins bedenkt man vielleicht nicht genug, nämlich, welche sittliche Macht und nachhaltige Energie dazu gehört, um diese Heeresorganisation durchzuführen, um eine solche Maschinerie nicht blos zu Stande zu bringen, sondern auch so in Gang zu erhalten, daß sie auf den Wink, wenn's Noth ist, sofort ihre Schuldigkeit thue, und kein Rad versage. Weil aber diese Räder alle auch lebendige Menschen sind, und das Ganze eben keine Maschine, sondern ein großer Organismus ist, welch großes und leuchtendes Zeugniß ist diese wohl bestandene Probe für die sittliche Kraft, die noch in unserm Volke steckt [...], auch dafür, daß jetzt Jeder, bis zum letzten Soldaten, nicht blos mit dem Leibe, sondern auch mit Geist und Willen dabei gewesen ist. Das Bedeutsame ist nun eben, daß alle Staaten erkennen, wie die preußische Militairverfassung die unbedingt beste [...] ist und daß doch Keiner sie sich geben kann. Denn dergleichen kann nicht gemacht werden. Man kann die Menschen zu Sclaven [...] machen und man kann dann viel mit ihnen machen, aber nicht Alles. Alles das nicht, wozu die Kraft und der gute Wille eines sittlich und intellectuel! gebildeten, eines freien Volkes gehört.194)

Um den Anteil des Volkes am Gelingen der Mobilmachung herauszustellen, erinnert Weber daran, daß die Räder der Maschinerie des Aufmarsches lebendige Menschen sind, ohne deren sittliche und intellektuelle Bildung das große Werk niemals hätte gelingen können. Nur dadurch, daß alle Soldaten aktiv und engagiert mitgewirkt haben, konnten die Planungen der Militäradministration realisiert werden. Insofern ist das preußisch-deutsche Verfahren auch von anderen Ländern nicht kopierbar, weil es dort nur ,Sklaven' gibt, aber keine freien Bürger, die durch Einsicht und tätige Mithilfe die Arbeit der Behörden unterstützen.

Nur wenn gesellschaftliches Engagement und staatliche Lenkung amalgamiert sind, so lautet immer wieder das Fazit, können militärische Großprojekte wie die Mobilmachung des Jahres 1870 gelingen. Mal werden die Leistungen der Gesellschaft stärker akzentuiert ohne daß dabei aber der Beitrag des Staates unterschlagen würde -, mal ist man stärker von der zentralen Lenkung durch die staatlichen Behörden fasziniert. Zur letzteren Kategorie gehören die Darstellungen, die gerade in der Feinabstimmung der einzelnen Schritte der Mobilmachung ein hegelianisches Walten der Vernunft erkennen wollen. „Unsere Hoffnungen auf den endlichen Sieg", heißt es etwa in der Festrede eines Dresdener Schulrektors, wurden „fast zur Zuversicht gesteigert", als „wir bei den Vorbereitungen zu dem großen Kriege uns der überlegenen geistigen Kraft und Tüchtigkeit bewußt wurden, die unser Kriegswesen lenkt"195): -

Die

Mobilmachung

der deutschen

Armeecorps,

ihre

Beförderung

an

die

Rheingrenze

war

schon eine Leistung, die einzig in ihrer Art dastand [...]. Um was für Berechnungen handelte es sich hier! Eine halbe Million Menschen, über Nord- und Süddeutschland zerstreut, sollten zu einheitlicher Action gerüstet und zusammen gerufen werden. Und außer den Men-

194) Theodor Weber, Die Bedeutung des deutsch-französischen Krieges im Lichte der Vergangenheit und Gegenwart. Vortrag, gehalten zu Barmen am 25. August 1870, Barmen 1870, S. 29 f. Martin Wohlrab, Rede zur Friedens-Feier am 4. März 1871 in der Aula des Gymnasiums zum heiligen Kreuz, Dresden 1871, S. 5f.

195)

268

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

sehen, welch' ein ungeheueres Material war zusammenzubringen! Das erscheint dem Laien ganz unübersehbar und doch gab es Geister, weit umspannend und klar zugleich, um in dieser unendlichen Mannigfaltigkeit und Fülle den einheitlichen Gedanken zu repräsentie-

ren.196)

Hinter der Fülle der verstreuten Aktionen ist ein einheitlicher Gedanke wirksam, der dafür sorgt, daß sie zu einem effektiven Ganzen zusammengefügt werden. Die übergeordnete Vernunft des Staates, verkörpert durch den Großen Generalstab, setzt die vernünftigen Individuen so ein, daß das Resultat ihrer Handlungen die Summe der vereinzelten Bemühungen bei weitem übertrifft ein Zusammenhang, über den Karl Bayer, ebenfalls Gymnasialprofessor, regelrecht ins Schwärmen gerät: Deutschlands Trumpf war „der wunderbare Kriegsführungsplan, voll Weisheit und Umsicht, allbedenkend wie das siegreiche Ende, so jeden einzelnen Zug des Riesenkampfes, so daß alle Welt staunend ausrufen mußte: O siehe, es war Alles Alles weise und gut"197). Das biblische Pathos und die Anleihen bei der Schöpfungsgeschichte deuten an, daß der Staat in Bayers Augen sowohl die Mobilmachung wie auch den gesamten Feldzug geradezu im Stile eines Demiurgen in Szene gesetzt hat. Die Feier der Mobilmachung durchzog wie ein roter Faden alle Darstellungen des deutsch-französischen Krieges. In zahllosen Kriegsbüchern, die in den Jahren und Jahrzehnten nach dem erfolgreichen Feldzug erschienen, war die euphorische Schilderung des preußisch-deutschen Aufmarsches im Juli 1870 ein fester Bestandteil der Einleitungskapitel. Wie ein Topos, wie ein unverzichtbares erzählerisches Element fügte sich die Darstellung der Mobilmachung den Feldzugsbeschreibungen ein als wenn in der gelungenen Mobilmachung bereits der erfolgreiche Ausgang des Krieges vorprogrammiert gewesen wäre, als wenn dieser Auftakt das Wesen der deutschen Armee und Kriegführung bereits vollständig enthalten und zum Ausdruck gebracht hätte. Dabei wiederholten sich in stereotyper Weise die Motive, die bereits in den Zeitungen, Reden und Traktaten angetroffen worden sind: Die Mobilmachung verkörperte eine gelungene Synthese von gesellschaftlichem Engagement und staatlicher Lenkung, sie fußte vor allem auf der perfekten Handhabung des Eisenbahntransports, und die Metaphern, die ihr am besten entsprachen, waren das Bild der Maschine198) und in geringer Abwandlung das Symbol des einmal aufgezogenen und dann präzise ablaufenden Uhrwerks199). -

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196) Ebd., S. 6. 197) Karl Bayer,

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Rede gehalten bei der Sieges- und Friedens-Feier zu Schweinfurt am 5. März 1871, in: ders., Deutschlands Wiedergeburt. Hoffnung und Erfüllung, Schweinfurt 1871, S. 119. 198) Julius Mühlfeld, Deutschlands Vertheidigungskampf gegen Frankreich, Bielefeld 31871, S.42; Ernst Pitawall, Die Bluttaufe der deutschen Einheit im Jahre 1870, Berlin 1871, S. 1437. 199) A. Reichardt, Anno 1870. Geschichte des deutsch-französischen Krieges bis zum Friedensschlüsse, Stuttgart 21871, S. 39; Julius Klaiber, Der Krieg gegen Frankreich vom Jahre

1.

269

Kriegführung und Heeresverfassung

Den Vergleich zu einem Uhrwerk zog auch Hermann Fechner, einer derjenigen Autoren, die den Erfolg der Mobilmachung in der Hauptsache mit dem gelungenen Zugriff des Staates auf die Eisenbahngesellschaften erklärten. Die glänzenden Ergebnisse des Monats Juli, so Fechner in seiner Gesamtdarstellung des Krieges von 1870/71, seien letztlich auf der Schiene möglich gemacht worden: Wie ein aufgezogenes Uhrwerk ging die norddeutsche Mobilmachung rasch, fest und sicher nach dem schon längst durch Moltke's Bemühungen ausgearbeiteten, jedem Stabsofficier ausgehändigten Plane, und in keinem Titelchen wurde davon abgewichen. Daraus ergab sich eine wunderbare Ruhe und kunstvolle Ordnung. Obgleich eine Million Menschen zusammenströmte, um dem Rufe des Vaterlandes zu folgen, bemerkte man nirgends ein wirres Durcheinander. Schon bei der Einberufungsordre wurde jedem einzelnen Mann der Ort, das Regiment, die Nummer, unter der er sich einzureihen hatte, angegeben [...]. Den Bahnen wurden bis aufs Genaueste ausgearbeitete Fahrpläne für die Truppentransporte zugesendet, die Züge nach Richtung, Stunde, Größe vorgeschrieben, ja sogar die Punkte bezeichnet, wo Wagen an- und auszuhängen seien, um Truppen aufzunehmen oder abzusetzen.200)

Auch wenn bei der Mobilmachung entgegen Fechners Annahme zunächst nur rund dreihunderttausend, erst im Verlauf des gesamten Feldzugs dann eine Million Soldaten nach Westen befördert wurden, bleibt die organisatorische Leistung der preußisch-deutschen Behörden beeindruckend; zumal dann, wenn man sich vor Augen führt, mit welchen Schwierigkeiten die Franzosen zu kämpfen hatten, die zwar über ein ähnlich gutes, vielleicht sogar besseres Eisenbahnnetz verfügten, aber nicht imstande waren, dieses Instrument so effektiv wie ihre Feinde zu nutzen. Eine schlechte Planung ließ manchen Truppenteil in die falsche Richtung abgehen oder an Bahnhöfen warten, wo seine Offiziere niemals eintrafen.201) Zwar verlief auch östlich des Rheins, besonders in Süddeutschland, wo erst im Zusammenhang mit den Militärkonventionen der späten sechziger Jahre das preußische Mobilmachungssystem übernommen worden war, nicht alles so reibungslos, wie es die nachträglichen Stilisierungen wollten202), doch das gute Gesamtergebnis war nicht zu bestreiten. Der Kriegsbuchautor Niemann zog hieraus die Schlußfolgerung, daß Preußen-Deutschland offenbar grundsätzlich besser als sein Gegner mit den neuen Techniken der Kriegführung umzugehen verstand. Die deutschen Siege waren die „Resul-

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1870-71, in: Deutsches Lesebuch für die Latein- und Real-Schulen Württembergs, 3. Bd., Stuttgart 31878, S. 321. 200) Hermann Fechner, Der deutsch-französische Krieg von 1870/71, Berlin 1871, S. 88. 201) Ferdinand Köhler, Der Krieg von 1870. Zur Erinnerung an die Friedensfeier in den württembergischen Schulen, Tübingen 1871, S. 10. 202) Von .Exzessen' der im Juli 1870 einberufenen Soldaten berichten etwa Hermann Lüders (Ein Soldatenleben in Krieg und Frieden, Stuttgart/Leipzig 1888, S. 93 f.) und Arthur Zapp (Vom frischen, fröhlichen Krieg. Feldzugs-Erlebnisse, Leipzig/Berlin o.J., S. 14f.), während Kurt von Einsiedel und Wilhelm Heye die Schwierigkeiten bei den Mobilmachungen in Sachsen bzw. Hessen schildern (Kurt von Einsiedel, Tagebuchblätter aus dem deutsch-französischen Krieg, Berlin/Breslau 1907, S. 3; Wilhelm Heye, Kriegstagebuch, hg. v. Alexander Heye, Oldenburg i.Gr. 1905, S. 3).

270

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

einer Kriegskunst", stellte Niemann fest, „welche mit den Faktoren veränderter Heeresorganisation und vorgeschrittener Verkehrsmittel und Waffentechnik bereits zu rechnen verstand, während der Gegner dies noch nicht konnte", einer Kriegskunst, „welche unerhört große, mit vervollkommneten Waffen versehene Heeresmassen mit der größten Schnelligkeit zu mobilisiren und nach neuen Grundsätzen der Strategie und Taktik zu bewegen wußte, während der Gegner zwar auch die großen Heere besaß, deren Organisation jedoch nicht verstand und dieselben nach den alten Regeln verwenden wollte"203). Bei der Mobilmachung legte Deutschland die erste Probe auf diese Fähigkeiten ab; die „Schnelligkeit und Ordnung" des Aufmarsches, erinnerte sich auch der Gymnasialdirektor Kopp, die „Umsicht, mit der 400000 Streiter durch die Eisenbahnen befördert wurden, ohne daß eine Verwirrung oder ein erheblicher Unfall eintrat", berechtigte schon im Juli 1870 „zu großen Hoffnungen"204). Die Einmütigkeit, mit der die bürgerlichen Beobachter die Mobilmachung kommentierten, erstreckte sich auch auf die Selbstzeugnisse der Kriegsteilnehmer. Auch in den Tagebüchern, Briefen und Memoiren der Soldaten finden sich die Topoi, die von den Zeitungsredakteuren, Festrednern und Kriegsbuchautoren verwendet wurden; auch hier ist man von der technisch-administrativen Leistung der staatlichen Behörden tief beeindruckt, auch hier verwendet man die Bilder und Metaphern205), die eine übergeordnete Rationalität hinter dem Gewirr der Maßnahmen hypostasieren sollen206), ohne die vermeintliche Nähe der Mobilmachung zu einer „levée en masse", den unverzichtbaren Beitrag der Gesellschaft zum Gelingen des Aufmarsches zu unterschlagen.207) Besonders aussagekräftig sind hierbei die Darlegungen eines Einjährig-Freiwilligen aus täte

203) 2°4)

A. Niemann, Der französische Feldzug 1870-1871, Hildburghausen 1871, S. 7. W. Kopp, Der Krieg Kaiser Wilhelms 1870-1871, Berlin 1872, S. 35; zur außerordentlichen Schnelligkeit der Mobilmachung auch Friedrich Lampert, Kriegs- und Siegs-Chronik 1870-1871, Nördlingen 1873, S. 10. 205) Zur Maschinenmetapher etwa der Kriegsberichterstatter Adolf Strodtmann, „Alldeutschland, in Frankreich hinein!" Kriegserinnerungen, Berlin 1871, S. 14; außerdem Johannes Zeitz (Hg.), Kriegsfahrten eines Civilisten. Nach den Aufzeichnungen des ungenannten Verfassers bearbeitet, Hildburghausen 1871, S. 90; Jahn, Aus Deutschlands großen Tagen, Bd. 2, S. 101 u. 161; Fritz Gropengießer, Gesammelte Blätter aus meinem Tornister. Erinnerungen an die Zeit des großen Krieges, Berlin/Leipzig 1910, S. 22. 206) Hierzu vor allem Karl Tañera, Ernste und heitere Erinnerungen eines Ordonnanzoffiziers im Jahre 1870/71, Bd. 1, München 121914, S. 60; aus der Perspektive eines neutralen Beobachters auch der US-amerikanische General Philip H. Sheridan, Von Gravelotte nach Paris. Erinnerungen aus dem deutsch-französischen Kriege, Leipzig 1889, S. 105 u. 108 f. 207) Die gewaltige Arbeitsleistung aller an der Mobilmachung Beteiligten, von den Generalstäblern bis zu den Mannschaftsdienstgraden, betont beispielsweise Walter Schultze-Klosterfelde, Weißenburg Wörth Sedan Paris. Heitere und ernste Erinnerungen eines preußischen Offiziers aus dem Feldzuge 1870/71, Leipzig 1889, S. 11 f. Ähnlich auch Karl Schürmann, Selbsterlebtes. Kriegserinnerungen eines Volksschullehrers, Remscheid 1895, S. 21 f.; Robert Krug, Beim 6. Thür. Infanterie-Reg. Nr. 95. Episodische Stimmungsbilder aus dem Feldzuge 1870/71, Coburg 1912, S. 8. -

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1.

Kriegführung und Heeresverfassung

271

der bayerischen Pfalz, der im Juli 1870 vom Kriegsausbruch überrascht und sogleich zur französischen Grenze abkommandiert wurde. „Ich war", räumte der Pfälzer in seinen Kriegserinnerungen ein, „wie wohl die meisten Studenten von uns, vor meinem Eintritt in die Armee [...] eher ein Feind, als ein Freund vom Militärleben"208). Dann jedoch sorgte die „Erfahrung, welche ich während des ganzen Feldzuges und auch bis dato schon bezüglich des gesammten deutschen Militäraparates [sie] zu machen Gelegenheit hatte", für eine radikale „Sinnes-

änderung"209):

Auf dem Marsche, wie im Bivouak [...], auf allen Gebieten des militärischen Dienstes und Lebens herrschte stets die bewunderungswürdigste Ordnung und Ruhe, die strengste Präzision, das akkurateste und minutiöseste Ineinandergreifen der einzelnen Theile der Armee, so daß das Große und Ganze [...] nach Außen hin ein Aussehen hatte, als ob es ein rund abgeschlossenes, in sich unzertrennbar zusammenhängendes Werk wäre und wie eine von einer und derselben Dampfkraft bewegte Maschine operirte [...]. Kein Wunder, daß mir [...] das Alles so imponiren mußte, daß ich aus einem Militärfeind sehr bald ein großer Militärfreund geworden bin und daß ich zum deutschen Militarismus von da an ein Vertrauen bekam, auf Grund dessen ich keinen Augenblick mehr an den sicheren Erfolgen unserer Armee Zweifel

hegte.210)

Als der Verfasser realisiert, wie effizient die preußisch-deutsche Militärmaschine arbeitet, wird er von einem Verächter zu einem Freund des .deutschen Militarismus' ein Sinneswandel, den er auch bei vielen seiner Kommilitonen beobachtet haben will. Ganz unabhängig von sonstigen politischen Zielen macht schon die schiere Leistungsfähigkeit der Armee deutlich, daß „hinter ihr eine vorzügliche, für Alles und selbst das Kleinste bedachte Regierung"211) stehen muß. Der Militärapparat ist ein Produkt, eine Schöpfung der Regierung, deren Funktionstüchtigkeit auch diejenige des Staates belegt. Das „Kriegsministerium", führt in ähnlicher Weise Berthold Roy aus, hat eine „gewaltige lebende Maschine gebaut", die vom „Hirn des Großen Generalstabes" gelenkt wird, „dessen geistige Ströme auf die königliche Willensäußerung hin den Heerkörper elektrisch durchzucken"212) die Armee verkörpert' den Staat im wörtlichen Sinne, ihre Erfolge sind die Erfolge eines Staates, der mit seinen militärischen Einrichtungen wie kein zweiter verschmolzen ist. Daß der Krieg eine Staatstätigkeit zu sein habe, konnte also nicht nur völkerrechtlich, sondern auch mit Effizienzargumenten begründet werden; gerade die Mobilmachung demonstrierte für viele Beobachter in augenfälliger Weise, über welche technisch-administrativen Potentiale der Staat verfügte und wie er -

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208) Erinnerungen eines ehemaligen pfälzischen Reservelieutenants aus dem Deutsch-französischen Feldzuge 1870-71, Kaiserslautern 1891, S. 36. 209) Ebd. 21°) Ebd., S. 37. 2") Ebd., S. 36. Ähnlich auch Theodor Hoffmann, Von Weißenburg bis Sedan. Kriegserinnerungen eines freiwilligen Sanitäters, Karlsruhe 1890, S. 83. 212) Berthold Roy, Kind Jüngling Mann. Selbsterlebtes aus Friedens- und Kriegszeiten (1840-1871), Berlin 1895, S. 212. -

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272

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

seine Steuerungskapazitäten zugunsten eines bestmöglich geplanten und durchgeführten militärischen Handelns einzusetzen vermochte. Neben dem technischen Fortschritt, den in dieser Weise eine staatlich gelenkte Kriegführung verkörperte, gab es aber auch noch das Argument, daß ein aus der Gesellschaft herausgezogener und dem staatlichen Handeln überstellter Krieg ebenfalls einen sittlichen Fortschritt bedeute. In der deutschen Kriegführung manifestiere sich eine Humanität, hieß es hier, die ein neues Stadium der Zivilisation einläute; ein Stadium, in dem die Territorien und die Bevölkerung außerhalb des eingehegten Bezirkes der Schlachtfelder nicht mehr über das Notwendige hinaus in Mitleidenschaft gezogen würden.213) Wenn die Frankfurter Zeitung am 20. Dezember 1870 davon sprach, daß der „Krieg in Frankreich den Character eines Racenkampfes angenommen"214) habe, dann verwendete sie einen Terminus, der sich in der bürgerlichen Öffentlichkeit Deutschlands als ein regelrechter Gegenbegriff zur Humanität der eigenen, staatsorientierten und insofern sittlich höherstehenden Form der Kriegführung etabliert hatte. Zum ,Racenkampf oder .Racenkrieg' wurde die militärische Auseinandersetzung in dem Augenblick, in dem nicht mehr der Staat und seine Funktionäre die regulären Soldaten das Geschehen bestimmten, sondern jeder Bürger einbezogen wurde, so daß die Feindschaft universell wurde und vor keinem Menschen und keiner Sache mehr haltmachte. Jeder Deutsche war der Feind jedes Franzosen, jedes Mitglied der einen oder der anderen Nation bedrohte Leben und Eigentum seines Widersachers; in diesem Sinne handelte es sich um einen Krieg der ,Racen', aber keineswegs um einen ,Rassenkrieg' in derjenigen Bedeutung, die diesem Begriff später, etwa von den deutschen Nationalsozialisten, beigelegt wurde. Während des Kaiserreichs und mit Bezug auf den Krieg von 1870/71 definierte man als ,Race' die .Nation ohne Staat', oder, wie Otto Hintze unter Berufung auf den englischen und -

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213) Die Modernität, Humanität und Sittlichkeit der deutschen, staatlich gelenkten Form der Kriegführung betonen Julian Schmidt, Der Krieg gegen Frankreich, in: ders., Bilder aus dem Geistigen Leben unserer Zeit, Bd. 2, Leipzig 1871, S. 486; „Wacht am Rhein". Illustrirte Chronik, Leipzig 1871, S. 753, 923 u. 946f.; Weidemann, Der deutsch-französische Krieg 1870-1871, S. 100; Hugo Schramm/Franz Otto (Hgg.), Illustrirte Chronik des Deutschen Nationalkrieges im Jahre der deutschen Einigung 1870-1871, Kapitel 5/2, Leipzig 1872, S. 195; Theodor Lindner, Der Krieg gegen Frankreich und die Einigung Deutschlands, Ber-

lin 1895, S. 102; Gustav Freytag, Bilder von der Entstehung des Deutschen Reiches, Leipzig 1911, S. 464f.; ders., Auf der Höhe der Vogesen, S. 53. Bei den Selbstzeugnissen Karl Homann, Kriegstagebuch eines deutschen Reservemannes, Nürnberg 21879, S. 10; Karl Heinrich Lindenmann, Kriegstagebuch eines freiwilligen Füsiliers des 5. Bad. Infanterie-Regiments Nr. 113 in dem Deutsch-Französischen Feldzuge 1870/71, Karlsruhe 21892, S. 36; Philipp Kömer, Erinnerungen eines Einjährig-Freiwilligen vom 2. bad. Grenadier-Regiment Kaiser Wilhelm Nr. 110 an den Feldzug 1870/71, Karlsruhe 1900, S. 53 f. 214) FZ, 20. 12. 1870, Nr. 352, S. 1. Die Vossische Zeitung sah schon Ende August in immer stärkerem Maße den „Racenhaß" zum „Durchbruch" kommen (VZ, 27. 8. 1870, Nr. 204 [Zweite Beilage], S. 1).

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

273

französischen

Sprachgebrauch formulierte, die nationale Kultur- und Sprachgemeinschaft, die bereits vor dem Staat oder auch außerhalb von Staatlichkeit existierte.215) In einem ,Racenkrieg' war also nicht mehr der Staat das Subjekt der Kriegführung, sondern die gesamte Sprach- und Kulturgemeinschaft, die sich als Nation begriff und in ein Verhältnis der absoluten Feindschaft zu einer anderen Nation setzte. Diese Feindschaft erstreckte sich auf alle Mitglieder beider Kultur- und Sprachgemeinschaften, die sich gegenseitig, ob uniformiert oder nicht-uniformiert, ob im Angriff oder in der Defensive, ob offen oder aus

dem Hinterhalt zu vernichten trachteten. Für die deutschen Kommentatoren stellte diese Form der Kriegführung einen Rückfall in die Barbarei vergangener Zeiten dar. Indem Gambetta die Franzosen zur „Wuth des Rassenkrieges erhitzte"216), wie Heinrich von Treitschke formulierte, brachte er sie in den Augen des Tübinger Professors Wilhelm Müller gleichzeitig dazu, als das vermeintlich „civilisirteste Volk" nur noch „Schandthaten auf Schandthaten"217) zu häufen; der „Bildung des neunzehnten Jahrhunderts zum Trotz", schrieb der Gymnasialdirektor Kopp, nahm der Krieg den „Charakter eines Racenkampfes" an, wie „solche nur in alten Zeiten geführt worden" sind, „da ein Volk das andere ausrottete"218). Als eine regelrechte Vernichtungsdrohung wurde häufig auch die Ausweisung der Deutschen aus Frankreich interpretiert, die von der französischen Regierung kurz nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten verhängt wurde. „Durch diese unmotivirte Handlung eines brutalen Rassenhasses", ereiferte sich Johann Bluntschli hinter seinem Heidelberger Katheder, „wurden viele tausend Personen und Familien ganz unnöthiger Weise in ihrer Freiheit, ihrem Erwerb und ihrem Vermögen schwer gekränkt und geschädigt"; diese „Massregel hat wohl in der Fremdenaustreibung des Alterthums und in Vorgängen früherer Jahrhunderte einzelne Vorbilder", aber sie steht in der „neueren Kriegsgeschichte der civilisirten Völker ganz vereinzelt da, wie ein Ueberrest aus einer im übrigen entschwundenen barbarischen Vorzeit"219). Wenn die militärische Entscheidung, wie es einer modernen und humanen Kriegführung entspräche, auf dem Schlachtfeld und nirgendwo sonst herbeigeführt würde, müßte kein Zivilist zu Schaden kommen die Repressalien gegen die deutschen Staatsangehörigen sind so unnötig wie anachronistisch.220) -

215)

Otto Hintze, Rasse und Nationalität und ihre Bedeutung für die Geschichte, in: ders., Historische und politische Aufsätze, Bd. 4, Berlin 1908, S. 177. 216) Heinrich von Treitschke, Zum Gedächtniß des großen Krieges, Leipzig 1895, S. 11: ähnlich Karl Frenzel, Deutsche Kämpfe, Hannover 1873, S. 45. 217) Wilhelm Müller, Der große Krieg und das deutsche Reich, Stuttgart/Leipzig [1873], S.98. 218) Kopp, Der Krieg Kaiser Wilhelms 1870-1871, S. 67. 219) Bluntschli, Das moderne Völkerrecht in dem französisch-deutschen Kriege von 1870, S. 22. 22°) Zur Verdammung des .Racenkrieges' in den Selbstzeugnissen der Kriegsteilnehmer

274

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Nachdem die traditionelle bürgerliche Kritik also die Reduktion der militärpolitischen Ziele sowie des militärischen Handelns auf die Staatsräson zu den negativen Attributen eines Kabinettskrieges gezählt hatte, forderte man in den Kommentaren zum deutsch-französischen Krieg genau umgekehrt! den eindeutigen Bezug aller militärischen Aktionen auf den Willen und die Steuerungskompetenz des Staates. Weil der Gegenbegriff zum (verpönten) Kabinettskrieg aber immer der (gefeierte) Nationalkrieg gewesen war, und dieser Nationalkrieg in moderner, das heißt staatlich gelenkter Form von den Deutschen 1870/71 ja gerade ausgefochten worden sein sollte, mußte ein neuer, möglichst negativ konnotierter Terminus die nicht-staatliche, gleichsam enthegte Form der Kriegführung kennzeichnen wofür sich der Begriff des ,Racenkrieges' anbot. Der Racenkrieg' war der Krieg, der nicht mehr durch die Feindschaft der Staaten, sondern durch die unerbittliche Feindschaft der Völker motiviert war und insofern allen Übeln und Grausamkeiten aufs neue Vorschub leistete, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eigentlich überwunden zu sein schienen. Ohne die Steuerung des Staates ist also keine humane Kriegführung möglich, die den zivilisatorischen Standards entspricht, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts selbstverständlich sein sollten. Ein wirklich fortschrittliches Denken definiert den Krieg als eine Feindschaft zwischen Staaten, nicht zwischen Individuen; jede Gewaltausübung, die nicht im Namen des Staates erfolgt, jede Schädigung, die nicht an Staates statt hingenommen wird, hat zu unterbleiben. Soldaten sind abstrakt, in ihrer Rolle als Staatsfunktionäre, miteinander verfeindet, aber nicht im Sinne eines persönlichen Hasses. Die Gesellschaft als die Summe aller Individuen soll zwar am Krieg beteiligt sein hier will die bürgerliche Öffentlichkeit die Idee des Nationalkriegs nicht verleugnen -, doch diese Beteiligung muß eine Form annehmen, in der staatliche Lenkung jederzeit dafür sorgt, daß ein Abgleiten in den ,Racenkrieg' vermieden wird. Das hat nicht nur sittlich-humanitäre, sondern auch technische Gründe: Nur wo der Staat ordnend eingreift, werden die Kräfte der Gesellschaft nicht vergeudet, sondern sinnvoll gebündelt und dadurch mit höchster Effizienz auf bestimmte Ziele hin ausgerichtet. Staatliche Steuerung und gesellschaftliches Engagement müssen zusammengeführt werden ein Prinzip, -

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siehe P.

von

sten

den

Bojanowski, Geschehenes und Geschriebenes. Tagebuchblätter eines JournaliKriegsmonaten der Jahre 1870 und 1871, Weimar 1871, S. 64; Uhde, Streifzüge auf dem Kriegsschauplatze 1870-1871, S. 155; Georg Heinrich Rindfleisch, Feldbriefe 1870-71, Halle a.S. 21889, S. 128, 157 u. 200; Dahn, Erinnerungen, Bd. 4/1, S. 225 f.; von W., Der Krieg, in: Heinrich von Selbitz (Hg.), Aus großer Zeit! Kleine Erinnerungen aus dem Feldzuge 1870/71, Ansbach 1895, S. 654. In dem „Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen", das von Otto Liebmann herausgegeben wurde, fand sich der Vorschlag, den Krieg in drei Phasen einzuteilen; der anfängliche „Cabinetskrieg" wurde nach Sedan zum „wirklichen Nationalkrieg, zum erbitterten Racenkampf", bevor schließlich, im Falle eines Sieges der Commune, der „Principienstreit", mithin der Krieg der politischen Ideologien begänne (Vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen im Gardefüsilierregiment, München 21896, S. 110). aus

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275

Kriegführung und Heeresverfassung

das modellhaft an der Mobilmachung zu studieren ist, die von den bürgerlichen Beobachtern wie eine regelrechte „levée en masse" geschildert wird, deren Energien aber sofort in die Kanäle einer straffen Militärverwaltung fließen. Die Steuerungszentralen von Staat und Militärapparat sorgen anschließend auch während des Feldzugs dafür, daß alle guten Absichten und alle Fähigkeiten wirklich planvoll eingesetzt werden. Gegen dieses System sind die französischen Volksheere chancenlos, die keine effiziente staatliche Führung haben, sondern nur von der nationalen Leidenschaft zehren.

d) Gesellschaft im Schulterschluß Schon die Definition des Krieges als Staatstätigkeit zeigt, wie stark bei der Darstellung und Deutung des Konflikts von 1870/71 überindividuelle Faktoren betont werden. Wenn in der Armee allerorten die Planungs- und Steuerungskompetenz des Staates am Werke gesehen wird, wenn den Soldaten bescheinigt wird, daß sie stets im Auftrag des Staates handeln, daß sich in ihrem Handeln gewissermaßen nur das staatliche Wollen vollzieht, dann wird das Verhältnis des Einzelnen zum Staat in einer Form gedacht, die mit dem klassischen liberalen Anti-Etatismus nur noch sehr wenig gemein hat. Offensichtlich trug der deutsch-französische Krieg, oder genauer: das Bild, das die bürgerliche Öffentlichkeit von diesem Konflikt zeichnete, in nicht unerheblichem Maße dazu bei, traditionelle liberale Positionen zu modifizieren oder sogar grundlegend zu verändern. Der stärkere Staatsbezug des politischen Bürgertums der Reichsgründungsära hat gewiß zu einem guten Teil in der Kriegserfahrung seinen Ursprung gehabt. Auch wenn diese etatistische Denkhaltung parteipolitisch vor allem mit dem Nationalliberalismus identifiziert wird, machte sie nicht an Partei- und Fraktionsgrenzen halt; gerade die öffentliche Inszenierung des Krieges war ein geeignetes Vehikel, um bestimmte Vorstellungen vom richtigen Verhältnis des Staates zur Gesellschaft und des einzelnen zum Staat einem breiten (Lese-) Publikum zu vermitteln. Natürlich gab es auch Stimmen, die den Krieg in anderer Weise deuteten und auch zu grundsätzlich anderen politischen Einschätzungen kamen; doch diese Stimmen blieben, wie die Analyse der Quellen gezeigt hat, in der Minderheit. Im wesentlichen wurde der Krieg von den liberalen Etatisten besetzt eine Begriffskombination, die nun nicht mehr in sich selber widersprüchlich war. Diese Besetzung war zwar keine totale, die jeden alternativen Deutungsansatz ausschloß, doch sie erreichte eine solche Dominanz, daß der Krieg zu einem regelrechten Gründungsmythos für das ,neue' Denken stilisiert werden konnte. Diejenigen Teile des gebildeten Bürgertums, die den Krieg ganz anders bewerteten, sei es aus konfessionellen Gründen, sei es, weil sie an traditionellen liberalen oder auch demokratischen Vorstellungen festhielten, konnten sich in den Deutungskämpfen, die sich um den Krieg und seine Darstellung rankten, nicht im entferntesten behaupten wenn sie nicht gar in das völlige Schweigen abgedrängt wurden. Der Krieg .gehörte' den -

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I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

den Etatisten und Machtpolitikern; die Vertreter abweichender Positionen mußten sich andere Anknüpfungspunkte suchen, mußten ihre politisch-sozialen Vorstellungen mit anderen Modellen identifizieren. Für viele Autoren war der klassische Liberalismus durch die Kriegserfahrung sogar ausdrücklich widerlegt worden; der Krieg bildete gewissermaßen die Bruchstelle zwischen dem alten und dem neuen liberalen Denken. Das alte, überwundene Denken war das Manchestertum, das nur den persönlichen Nutzen und Vorteil kannte; wer im Krieg gelernt hatte, um .höherer' Ziele willen das Eigeninteresse hintanzustellen, konnte nicht länger im persönlichen Profit das alleinige Gesetz menschlichen Handelns erkennen. „Nichts demoralisiert ein Volk mehr", schrieb Hermann Baumgarten in einem Brief an Heinrich von Treitschke, „als dieses jämmerliche Manchestertum, das nichts ist als das Hängen der Seele an den vergänglichen Gütern der Welt" wer sich im politischen Bereich nicht einer übergeordneten Idee opfern will, der wird auch im religiösen Bereich beim Materialismus und Atheismus enden: „Radikale Aufklärung ist auch nichts als Manchester. Die Engländer sind religiös degradiert wie politisch"221). England, bislang ein leuchtendes Vorbild für den deutschen Liberalismus, wird nun, vor dem Hintergrund der Ereignisse des Juli 1870 in Deutschland, des krassesten Materialismus geziehen; die Kritik am Egoismus des Manchestertums bereitet schon den späteren Topos des Händlervolks vor. Mit auffälliger Distanz spricht auch A. Held 1871 in den Preußischen Jahrbüchern von jener „Lehre", die „nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Frankreich und England selbständig, dort durch die Physiokraten, hier durch Adam Smith, begründet wurde", und die in den „friedlichen Zeiten dieses Jahrhunderts" auch schon „in Deutschland" eine „bedenkliche Ausdehnung gewonnen"222) hatte. Es handelte sich um den „engherzigen kurzsichtigen Liberalismus", der überall die „Tendenz zeigte", den „Staat in seine Atome aufzulösen", um einen Liberalismus, der „die natürlichen Rechte des Einzelnen ausschließlich predigte und darüber die Pflichten des Unterthanen gegen den Staat zu vergessen drohte"223). Im Gegensatz zu dieser Doktrin müsse es vielmehr darum gehen, „der sittlichen Kraft des Gemeinsinns wieder ihre Stelle zurückzuerobern und den Staat aus der unwürdigen Rolle eines nothwendigen Uebels zu befreien"224). Gerade im militärischen Bereich seien die rein ökonomistischen Erwägungen, die der manchesterliche Liberalismus vorgetragen habe, völlig fehl am Platze gewesen:

Hegelianern,

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221)

Hermann Baumgarten, (Brief an Heinrich von Treitschke vom 2. August 1870 aus in: Julius Heyderhoff (Hg.), Die Sturmjahre der preußisch-deutschen Einigung 1859-1870. Politische Briefe aus dem Nachlaß liberaler Parteiführer, Osnabrück 1967 [Neudruck der Ausgabe 1925], S. 473. 222) A. Held, Bemerkungen über die freiwillige Krankenpflege im Kriege von 1870, in: Preußische Jahrbücher, Bd. 27 (1871), H.2, S. 124f. 225) Ebd.,S. 124. 224) Ebd., S. 126.

Karlsruhe),

1.

277

Kriegführung und Heeresverfassung

Man hat den Staat als eine Anstalt zum Schütze des Erwerbs der Einzelnen, als ein großes Kapital betrachtet, das den Einzelnen Zinsen bringen müsse, und hat demgemäß ängstlich abgewogen, ob die Leistungen an den Staat sich denn auch in den Geschäftsgewinnen remiren. Wenn der Staat Soldaten aushob, so berechnete man genau, wie groß der Werth der verlorenen Arbeitskraft sei eine Berechnung, die gewiß ihre relative Berechtigung hat, nur durfte man über den Schmerz wegen der verlorenen Werthe nicht allzusehr vergessen, welch andere nach den Regeln des Tauschwerths unschätzbare Zwecke verfolgt und erreicht wurden. Wenn irgendwo ein Krieg Menschenleben wegraffte, so berechnete man die Arbeitskraft der Gefallenen als Kapital, und dies verlorene Kapital erschien als ein Opfer der Gesammtheit, über das man ganz einseitig trauerte.225) -

Das Aufrechnen von Gewinn und Verlust, von Investition und Profit mag in der Wirtschaftslehre und im konkreten bürgerlichen Geschäftsleben berechtigt sein, es muß jedoch dort haltmachen, wo Zwecke auf dem Spiel stehen, die sich nicht nach Mark und Pfennig berechnen lassen. Die traditionelle bürgerliche Militärkritik, die gerade mit wirtschaftlichen Argumenten, mit KostenNutzen-Kalkülen gegen die teuren und unproduktiven Armeen agitiert hatte, wird von Held nun als völlig unberechtigt, als im Kern verfehlt gebrandmarkt. Doch die Ereignisse des Krieges haben das ,alte' Denken ohnehin schon widerlegt; „wie hat sich dieses seit dem Tage", ruft der Autor aus, „an dem in Paris und Ems die Ehre der Nation angegriffen wurde, geändert!" zum „höchsten Stolze der deutschen Nation"226) sei es gesagt, -

daß im ersten Augenblick des drohenden Kriegs die Furcht vor wirthschaftlichen Verlusten keinen Versuch machte, den Krieg zu beschwören. Alle waren einverstanden, daß jedes Opfer gebracht werden müsse, in diesem Kriege zu siegen [...]. Der Krieg von 1870 hat gezeigt, daß es auch heute noch eine Idee giebt, unter deren Fahne sich Millionen vereinigen und freiwillig die größte Kraft zu entfalten im Stande sind, die Idee des nationalen Staates, des Vaterlands, auf dessen Altar freudig größere Opfer dargebracht werden, als einst auf dem Altar des Glaubens, der Standesehre, der Freiheit. Zu neuem, ungeahntem Leben wurden die schlummernden Kräfte des opferwilligen Gemeinseins [sie] geweckt, wieder haben es Alle gelernt, das eigne Ich zu vergessen über die höheren Zwecke der Gesammtheit [...]. Nicht nur die Sicherheit, auch der Ruhm und die Macht des Vaterlands steht höher als der

pekuniäre Gewinn.227) für den klassischen Liberalismus immerhin die entscheiDas ,eigne Ich' dende Bezugsgröße politisch-sozialen Denkens wird aber nicht nur abstrakt um der Nation, um des Vaterlandes willen ,vergessen', sondern auch ganz konkreten Instanzen untergeordnet, die in Preußen-Deutschland für .höhere Zwecke' eingerichtet worden sind: vor allem der allgemeinen Wehrpflicht und der allgemeinen Schulpflicht. Beide Institutionen stehen exemplarisch für Gemeinsinn und Gemeinschaftlichkeit ein; nicht von ungefähr werden sie vom Manchestertum abgelehnt: -

-

225) Ebd., S. 226) Ebd., S. 227) Ebd., S.

127. 128. 128 f.

278

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Adam Smith hat geworbene Heere den Volksheeren (Milizen[,] wie er es nennt) vorgezogen und war kein Freund des Schulzwangs. Und doch haben jetzt Volksheer und allgemeine Schulbildung glänzend gesiegt. Kein Wunder, daß auch der in der Adam Smith'schen Schule lebende Gedanke, daß das natürlichste Ziel des Menschen, für sich Reichthum zu erwerben, und daß dieser seiner selbst willen zu erstreben sei, einer anderen Anschauung Platz

machte.228) „Dem Staate freudig zu geben, was er verlangt", ist die neue Maxime der „besitzenden Klassen", die sich nicht mehr damit „begnügen" wollen, nur die

„schuldigen Steuern"229) zu zahlen. Für Adam Smith wäre eine solche Haltung noch unverständlich gewesen; sogar die allgemeine Schulpflicht griff in seinen Augen in unzulässiger Weise in die persönlichen Freiheitsrechte des Individuums ein. Noch viel mehr tat dies die Wehrpflicht; hier favorisierte Smith das Prinzip der freien Werbung, das es jedermann erlaubte, nach eigenem Ermessen darüber zu entscheiden, ob er für einen bestimmten Sold das Kriegshand-

werk ausüben wollte. Ähnlich wie Held konfrontiert auch Heinrich von Treitschke in seinem Aufsatz über das „Constitutionelle Königthum in Deutschland" einen alten mit einem neuen Liberalismus, ein überwundenes mit einem modernen bürgerlichen Denken. Überwunden sei der Standpunkt, so Treitschke, für den das gesamte Heerwesen nur ein „trauriger Ueberrest mittelalterlicher Barbarei"230) war; überwunden sei die blinde Friedensseligkeit, die „bekanntlich selbst Kant" angesteckt habe, der insofern „ganz und gar als ein Kind seiner unpolitischen Zeit"231) gelten müsse; und als überwunden könne man endlich auch das „Mammonspriesterthum der Manchesterschule" bezeichnen, die „Doktrin der gemeinen Selbstsucht"232), die im Krieg nur das Opfer und den Verlust erkenne. An die Stelle dieser verbreiteten bürgerlichen Vorurteile sei mittlerweile ein neues Denken getreten, das begriffen habe, wie „fest" der „Krieg mit dem Wesen des Staates verwachsen"233) ist und wie falsch es insofern ist, ihn mit Maßstäben zu beurteilen, die an den Wünschen und Bedürfnissen des Individuums ausgerichtet sind: -

Unter den Tausenden, die zum Schlachtfeld ziehen und willenlos dem Willen des Ganzen weiß ein Jeder, wie bettelhaft wenig sein Leben gilt neben dem Ruhme des Staats, er fühlt um sich das Walten unerforschlicher Mächte. Daher die Innigkeit des religiösen Gefühls in jedem ernsten Kriege, daher die herrliche, dem platten Verstände unfaßbare Erscheinung, daß feindliche Heere denselben Gott um Sieg anflehen. Die Größe des Kriegs liegt gerade in jenen Zügen, welche die schwachmüthige Aufklärung ruchlos findet. Da erschlagen sich Männer, die einander nie ein Leid gethan, die sich als ritterliche Feinde hoch

gehorchen,

22H) Ebd., S. 129. 229) Ebd. 23°) Heinrich von Treitschke, Das constitutionelle Königthum in Deutschland, in: ders., Historische und politische Aufsätze. Neue Folge. Erster Theil, Leipzig 1870, S. 783. 231) Ebd., S. 782. 232) Ebd., S. 783. 233) Ebd., S. 786.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

279

achten; sie opfern der Pflicht nicht blos ihr Leben, sie opfern, was schwerer wiegt, auch das natürliche Gefühl, den Instinct der Menschenliebe, den Abscheu vor dem Blute. Das kleine Ich mit allen seinen edlen und

zen.234)

gemeinen

Trieben soll

untergehen

in dem Willen des Gan-

Der Krieg transzendiert die Interessen des einzelnen so sehr, daß sich nicht einmal mehr dessen elementarste Instinkte durchsetzen können; auf dem Schlachtfeld werden sowohl die Todesangst wie auch die Tötungshemmung außer Kraft gesetzt. Sogar das Fehlen einer persönlichen Feindschaft zwischen den Rivalen, von der Aufklärung immer wieder als Beleg für die Absurdität bewaffneter Konflikte angeführt, wird von Treitschke positiv gewendet und zum Beweis für die Wirkungsmacht überindividueller Faktoren erklärt. Die „Ertödung [sie] des Ich, die der Krieg von dem Kämpfer verlangt"235), bringt unmittelbar zum Ausdruck, daß der Krieg eine „That des Gesammtwillens"236) ist. Auch wenn der einzelne sich dem Gesamtwillen, dem Interesse des Staates unterordnen muß, büßt er dabei doch keineswegs das Selbstvertrauen ein, das den Bürger im Verständnis des Liberalismus immer vom Untertanen unterscheiden sollte; die Überzeugung vom Wert der eigenen Person resultiert jetzt aber nicht mehr nur aus dem Erfolg im Erwerbsleben, sondern auch aus der Einsicht in die Verantwortung für die staatlichen Belange. Der Bürger ist im Krieg, so ließe sich zugespitzt formulieren, nicht wieder zum Untertanen degradiert worden, sondern zum Staatsbürger herangereift. Gustav Freytag hat diese Wechselwirkung von Einsicht in höhere Zwecke auf der einen, neuem Selbstbewußtsein auf der anderen Seite in seinen Feldzugserinnerungen auf den Begriff gebracht: Und die mit den Waldteufeln aus den Ardennen und aus Afrika fertig geworden sind, werden sich zu Hause auch nicht wie Kinder gängeln lassen. Opposition wird's übergenug geben. Kratzbürstigkeit und Ärger werden nicht fehlen, aber die ganze Nation wird sich jahrelang doch fühlen wie eine große Familie. Die Vorurteile des Standes, der enge Egoismus persönlicher Interessen sind unsern kräftigsten Jünglingen und Männern klein geworden gegen die höchsten Interessen der Nation, der große und freie Zug, welcher durch einen welterschütternden Kampf in das Wesen der Sieger gekommen ist, wird dem ganzen erwachsenden Geschlecht als der beste Segen dieses Jahres zugute kommen.237)

Die Einfügung in den Militärapparat hat die Soldaten nicht gebrochen, nicht zu gehorsamen Dienern ihrer Vorgesetzten werden lassen, sondern im Gegenteil an die .höheren Interessen der Nation' herangeführt und dadurch in ihrem Selbstbewußtsein entscheidend gestärkt und gehoben. Wer die Franctireurs nicht gefürchtet hat, die Freytag pathetisch als Waldteufel bezeichnet, der wird sich auch im Zivilleben nichts gefallen lassen; nach dem Krieg ist eine vielfäl-

234) Ebd., S. 787 f. 235) Ebd., S. 789. 236) Ebd., S. 788. 237) Gustav Freytag, Auf der Höhe der Vogesen. Kriegsberichte von 1870/71, Leipzig 1914, S. 78.

280

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

tige Opposition vorprogrammiert, aber es ist diejenige Opposition, die nicht von Nörglern wahrgenommen wird, sondern von aufrechten Staatsbürgern ein .großer und weiter Zug' liegt im Wesen und auch in der Kritik all derer, die mit dem Selbstbewußtsein von ,Siegern' die Gegebenheiten an den Maßstäben messen, die ihnen der Krieg vermittelt hat. Selbstverständlich widerspricht diese Form der Kriegsdeutung und -erfahrung einem traditionellen liberalen Denken, das die Aufgaben des Staates nur negativ definiert hatte. Mit einem Staat, der im wesentlichen nur die inneren und äußeren Gefahren abwehren sollte, die dem Leben und Eigentum seiner -

Bürger drohten, der als ,Nachtwächterstaat' zwar Gesetzesbrüche verhinderte, aber nirgends eigene Gestaltungskompetenzen erhielt, war eine positive Identifikation kaum möglich. Erst die Neuinterpretation des Staates als eines eigenmächtig handelnden Subjekts erlaubte es den Individuen, sich in den Absichten und Zielen dieses Akteurs wirklich aufgehoben zu fühlen. Ein Staat, der nur eine Hilfsfunktion gegenüber der Gesellschaft versah, indem er Unrecht verhinderte, beließ alle Interessen und Leidenschaften der Menschen in der sozialen Sphäre; er konnte höchstens als nützlich gelten. Ein Staat jedoch, der sich als schöpferisch verstand, der die Kräfte der Gesellschaft aufsog, um sie seinen eigenen Zwecken dienstbar zu machen, durfte auch mit der vitalen Unterstützung seiner Bürger rechnen. „Die Aufgabe des blossen Rechtsschutzes", urteilte Otto Pfleiderer in einer Berliner Universitätsrede des Jubiläumsjahres 1895, könnte „jeder fremde Staat so gut wie der eigene erfüllen" ein „über diesen rein negativen Rechtsschutz hinausgehende[r] positive[r] Zweck des Staats" ist erst das Prinzip „des nationalen Staates als der organisirten Gemeinschaft zur Erfüllung der jedem Volk eigenthümlichen Zwecke"238). Die Kraft- und Machtentwicklung, die aus dieser Gemeinschaftlichkeit resultiert, kann auch auf bürgerliche Beobachter eine größere Faszination ausüben als jeder Heroismus freier, selbstbestimmt handelnder Individuen. „Es war das Zusammenwirken aller geistigen und leiblichen Kräfte", schwärmte der Gymnasialdirektor Muff aus Kassel, „das Zusammenwirken von Genie und Charakter, von Intelligenz und Thatkraft, von Selbstüberwindung, Zucht, Gehorsam und Treue, welches jene Großthaten ins Leben rief; nur der Vereinigung aller idealen und realen Mächte zu einem geschlossenen Ganzen war ein solches Wunderwerk möglich"239). Wie viele der genannten Eigenschaften auch in einem einzelnen Menschen vereinigt sein mögen, immer werden andere noch etwas hinzufügen oder verstärken können. Erst die wechselseitige Ergänzung ermöglicht die maximale Leistungsfähigkeit, und deshalb müssen -

238)

Otto Pfleiderer, Das deutsche Nationalbewusstsein in Vergangenheit und Gegenwart. Rede zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs in der Aula der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität am 27. Januar 1895, Berlin 1895, S. 13f. 239) Christian Muff, Sie und wir [1891], in: ders.. Sieben Sedan-Reden, Halle a.S. 1895, S. 105.

1.

281

Kriegführung und Heeresverfassung

„alle auf ihrem Platze" sein: „die Feldherren, die Offiziere, die Soldaten, an der

Spitze aber der König"240). Sogar der König ist nicht mehr allein verantwortlich, sondern besetzt nur noch eine Funktionsstelle innerhalb der Apparatur. Insofern wäre das Versagen, das Ausfallen' des Königs mit einer erheblichen Betriebsstörung verbunden, aber gleiches gilt prinzipiell auch für das Ausfallen jedes anderen Beteiligten, bis hin zum kleinsten Mannschaftssoldaten. Nur wenn jeder auf dem Posten ist, nur wenn jeder an seiner Stelle die erwarteten Leistungen erbringt, kann effektiv und erfolgreich Krieg geführt werden. Die Fähigkeiten und der größtmögliche Einsatz des Individuums sind zwar unverzichtbar, doch sie erreichen ihren maximalen Wirkungsgrad erst dort, wo sie in eine kollektive Anstrengung eingebunden sind. Der Krieg demonstriert, welch eine Kraftentfaltung möglich ist, wenn nicht jeder nach eigenem Gusto handelt, sondern sich in einen perfekt organisierten Personenverband einfügt. Voraussetzung dieses Einfügens ist natürlich, daß die vorherige soziale Existenz abgestreift wird; waren die Soldaten bislang individualisierte, durch einen bestimmten gesellschaftlichen Status definierte Wesen, so werden sie durch die Uniform in eine gleichförmige Masse verwandelt. Max von Eelking, ,

der sich als Offizier außer Diensten der historischen Schriftstellerei zuwandte und dabei immerhin zum korrespondierenden Mitglied der Historical Society of New York avancierte, hat diesen Prozeß in seiner Darstellung des deutschfranzösischen Krieges eindringlich beschrieben:

Dadurch, daß jeder gesunde und kräftige Mann, wessen Standes er auch sei, die Waffen für das Vaterland eine Zeit hindurch tragen muß, verschmelzen sich die Stände im Heere unter einem Rock, unter gemeinsamen Freuden und Beschwerden, bei gleichen Pflichten und Verbindlichkeiten viel leichter, bilden somit mehr ein kompaktes Ganzes. Mit dem Anziehen des Waffenrockes läßt Jeder den Grafen, den reichen Gutsbesitzer und Fabrikanten, den Künstler und Gelehrten, die Hobelbank und den Webstuhl zu Hause. Er ist Soldat, der Vertheidiger seines Vaterlandes. Aber die Intelligenz, den Eifer, den Muth, den guten Willen,

gesunden Humor bringt er mit und verwerthet das Alles zum gemeinen Besten.241) Sobald der Soldat den ,Rock' angezogen hat, ist er nicht mehr Gutsbesitzer oder Fabrikant, Zimmermann oder Weber, sondern nur noch Mitglied der Arden

und in dieser Funktion auf ein kollektives Handlungsziel, nämlich die Verteidigung des Vaterlandes', verpflichtet. Der Einzelwille geht im Gesamtwillen auf, es gibt keinen Grund mehr, noch länger in den sozialen Rollen zu verbleiben, die im Zivilleben Gültigkeit hatten herübergerettet aus dem normalen Berufsleben werden nur diejenigen guten Eigenschaften, Talente und Fähigkeiten, die sich in die gemeinsame Kraftanstrengung des Feldzugs sinnmee

-

voll

einbringen lassen.242)

24°)

Ebd. Max

241 )

von Eelking, Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich 1870 bis 1871, Leipzig 1871, S. 75. 242) Gegen die Hinübernahme von besonderen Fähigkeiten und Qualifikationen aus dem Berufsleben in den Militärapparat war selbstverständlich nichts einzuwenden fast jede -

282

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Daß die Relation zwischen dem einzelnen und der Gesellschaft, zwischen dem Individuum und dem Kollektiv im Gefolge der Ereignisse von 1870/71 neu durchdacht werden muß, steht auch für den Kriegsbuchautor Johannes Scherr außer Frage. Für ihn markiert die Kriegserfahrung den endgültigen Bruch mit einem tradierten Individualismus, den er mit dem Begriff der .Politik des Einzelnen' belegt. Zu dieser ,Politik des Einzelnen' hatten sich in Deutschland regionale Borniertheit, Kleinstaaterei und liberale Selbstsucht verbunden; das Resultat war ein vollständiger Mangel an Gemeinsinn. Erst der Feldzug lehrte die Soldaten, sich einem übergeordneten Nationalwillen' zu unterwerfen: ,

Dieser Hingabe der Einzelnen an das Ganze eine Hingabe, welche durch alle Glieder und Grade des Heeres ging hatte die deutsche Heermaschine das rasche und genaue Ineinandergreifen ihrer unendlich vielen Theile zu danken. Hier war mehr als soldatische Mannszucht im landläufigen Sinne des Wortes. Denn hier war ja zum erstenmale in der Geschichte unseres Volkes die sittlich-politische Forderung einer strengen Unterordnung der unglückseligen „Politik des Einzelnen" unter den National willen großartig und wirkungsmächtig zur That geworden.243) -

-

Gegenmodell zur Selbstsucht ist erneut die Maschine, die nur dann reibungslos funktionieren kann, wenn jedes einzelne Rädchen auf den Zweck des Ganzen abgestimmt ist. Damit diese Abstimmung gelingt, müssen alle Bestandteile in einer Weise angeordnet werden, die auf soziale Rollen und HierarDas

chien im außermilitärischen Bereich keine Rücksicht mehr nehmen kann. Die Armee-Maschine ist einer Eigenlogik unterworfen, die jeden Eingezogenen in eine gänzlich neue Welt eintreten läßt:

Bauern, Bürger und Junker haben Schulter an Schulter gefochten, Werkstätten, Kontore und Hörsäle haben gleichmäßig ihre Insassen ins Feldlager entsandt, Gelehrte haben Buch und Feder mit dem Zündnadelgewehr oder dem Husarensäbel vertauscht, Söhne von Millionären haben nach dem Kommando von Unteroffizieren, welche als Packer oder Ausläufer daheim im väterlichen Geschäfte dienten, die Putzbürste und den Roßstriegel gehandhabt, Sprösslinge fürstlicher Häuser haben auf der Walstatt ihr Blut mit dem ihrer Ackerknechte

Der nen

gemischt.244)

Krieg wird von Scherr als großer Gleichmacher gefeiert, vor dessen eiserNotwendigkeiten alle sozialen Unterschiede und alle Versuche individuel-

Form von Spezialwissen konnte in irgendeiner Form auch militärisch genutzt und in den Dienst des Krieges gestellt werden. „Das ist ja der Vorzug unserer deutschen Armee, des Volkes in Waffen", schrieb der kriegsfreiwillige Student Oskar Leibig in seinen Feldzugserinnerungen, „daß darin jeder Stand, jede Berufsart vertreten ist und somit eine Summe von Kenntnissen und Fertigkeiten aufgespeichert ist, welche es mühelos macht, für jede Art von Arbeit den berufenen Vertreter aus den Reihen herauszunehmen" (Oskar Leibig, Erlebnisse eines freiwilligen Jägers im Feldzuge 1870/71, Nördlingen 21889, S. 174f.). 243) Johannes Scherr, 1870-1871. Vier Bücher deutscher Geschichte, Bd. 1, Leipzig 21880, S. 195. 244) Ebd., S. 196. Ähnlich auch Chr. G. Hottinger, Der deutsch-französische Krieg 1870-71, Berlin l51910, S. 10f; Laurenz Kiesgen, Der deutsch-französische Krieg 1870-71, Münster i.W. [1895], S. 12.

1.

283

Kriegführung und Heeresverfassung

1er Selbstbehauptung dahinschwinden. Um den Erfolg des Ganzen nicht zu gefährden, muß sich der Millionärssohn auch vom Packer Befehle erteilen lassen, wenn dessen militärische Kompetenz im entscheidenden Augenblick größer ist. Das Drangsaliert-Werden des gebildeten Rekruten durch den rohen Unteroffizier aus den unteren Volksklassen, seit Jahrzehnten ein beliebtes Thema der bürgerlichen Militärkritik, wird zu einem Systemzwang erklärt, zu einem notwendigen Opfer, das der einzelne darbringen muß, um die Effizienz des gesamten Heeresapparats nicht zu schmälern. Die Unterordnung erscheint in dieser Perspektive mehr wie eine Einordnung, wie der schmeichelhafte Einbezug in ein faszinierendes Räderwerk, dessen reibungsloses Funktionieren das Individuum über den hohen Wert zentral gelenkten kollektiven Handelns belehrt. Das Prinzip der Arbeitsteilung führt aber auch eine neue Bewertung der Militäraristokratie herbei. Waren die Berufsoffiziere mit dem ,von' vor dem Namen in der Wahrnehmung der bürgerlichen Kritik bislang vor allem reaktionäre Militärjunker oder flanierende Nichtsnutze gewesen, so konnten sie nun im Zeichen von Expertentum und Spezialisierung eine besondere Sachkompetenz für sich in Anspruch nehmen: die Fähigkeit zur Leitung und Durchführung von militärischen Operationen. Das Know-how für diese verantwortungsvolle Tätigkeit hatten sie in einer langen Ausbildung erworben und in vielen Friedensjahren durch ständige Übungen zu bewahren gewußt diese Qualifikation konnte auch vor bürgerlichem Leistungsdenken Bestand haben. Zumal der Krieg bewiesen zu haben schien, daß die deutschen Führungskräfte bestens geschult und zumindest ihren französischen Fachkollegen überlegen waren. Wenn die Armee als ein Betrieb gedacht wird, der nur dann erfolgreich arbeiten kann, wenn sich jeder Angestellte an seinem Platz bewährt, dann muß in Anbetracht des deutschen Sieges auch den adeligen Offizieren ein besonderes Leistungsvermögen zuerkannt werden. Auch sie sind Spezialisten auf ihrem Gebiet, auch sie haben einen wichtigen Beitrag geleistet, der den Erfolg des großen Ganzen ermöglicht hat. In diesem Sinne haben auch die Führungskräfte dem Staat, dem Interesse der Nation, den Sachzwängen, die aus nur .gedient' dem Gebot der maximalen Effizienz und Durchschlagskraft der gemeinsamen militärischen Anstrengung resultierten. Der auf Tradition und Herkommen gegründete Führungsanspruch der Aristokratie war schon seit dem 18. Jahrhundert von der bürgerlichen Kritik bestritten worden; ein Führungsanspruch jedoch, der sich auf Können und Leistung berief, war auch für das Bürgertum akzeptabel. Im Krieg hatten die Adeligen bewiesen, daß sie nicht nur Schmarotzer waren, die ihre Spitzenpositionen in Staat und Gesellschaft usurpiert hatten, sondern daß sie eine Qualifikation besaßen, die sie zum Vorteil aller in die Waagschale werfen konnten. Es bleibt „mehr als zweifelhaft", schrieb Karl Frenzel, „ob die französischen Officiere ihren Mannschaften ein so leuchtendes, im Schlachtensturm wie im Ausharren unter feindlichem Feuer erprobtes Beispiel der Unerschrockenheit und der Todesverachtung gegeben haben, wie unsere Officiere ihren Leuten. Die -

-

284

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Masse will geführt sein und ihren Herzog an der Spitze sehen"245). Aus der Bewährung der deutschen Offiziere, gerade im Vergleich zu den französischen, wird kurzerhand ihr Führungsanspruch abgeleitet; die ,Masse' will ohnehin .geführt' sein, und dies um so lieber, wenn sie die Überlegenheit des Befehlshabers anerkennen kann. Der „deutsche Soldat schätzt und ehrt seine Führer", stand auch für Max von Eelking fest, „weil er weiß, daß sie sich die zu ihrem Berufe nöthigen Kenntnisse erworben haben, daß viele davon noch eifrig streben, diese zu erweitern, daß sie ihm mit gutem Beispiel voran zu leuchten suchen"246). Folglich „sucht" er „sich diese" die Offiziere „namentlich im Gefecht zu erhalten, weil er weiß, daß von ihrer Leitung nicht nur sein Wohl und Wehe, sondern auch das des Vaterlandes abhängt"247). Militärische Führung wird zu einem Beruf versachlicht, in dem man sich durch Sachverstand und gute Ausbildung, ja auch Weiterbildung, die Anerkennung seiner Untergebenen verschafft. Wenn der Offizier ,eifrig strebt' und ein .leuchtendes Vorbild' ist, dann setzen seine Leute sogar auf dem Schlachtfeld ihr Leben für ihn ein, denn sie wissen, daß der Ausfall einer hochqualifizierten Kraft so leicht nicht zu kompensieren ist. Jeder Soldat hat das Ganze, das Wohl des Vaterlandes im Auge, und in diesem Bewußtsein schützt er auch den Offizier, der eine besondere, fast unwiederholbare Leistung für die Nation erbringen kann. Besonders hoch ausgebildet und in besonderem Maße für eine verantwortungsvolle Tätigkeit qualifiziert waren die Generalstabsoffiziere; der preußische Generalstab, Schaltzentrale und ,Gehirn' der Armee, wurde zum Inbegriff militärischen Sachverstandes stilisiert.248) Hier waren Fachleute tätig, deren Planungs- und Koordinierungsaufgaben eine geradezu enzyklopädische Bildung voraussetzten. Der Generalstabschef Moltke, in dessen Kopf vermeintlich der komplette Feldzugsplan fertig ausgearbeitet vorlag, schien praktisch unersetzbar zu sein. Ein Denken, das dem Prinzip der Arbeitsteilung verpflichtet war, konnte in den Generalstabsoffizieren nun diejenigen Spezialisten erkennen, die ihre berufliche Position nicht mehr dem Einfluß ihrer Familien, sondern vor allem ihrem persönlichen Können verdankten. Die Aufgaben des Generalstabs waren so kompliziert und so vielschichtig, daß ein säbelrasselnder Junker, der außer seinem Dünkel und einem großen Namen nichts zu bieten hatte, in einer solchen Position undenkbar war. Bei der Besetzung der Stellen im Generalstab mußte der König wie ein kluger Unternehmer vorgehen und das größte Talent fördern, um das bestmögliche Arbeitsergebnis zu erzielen. Diese bürgerliche Denkweise wurde König Wilhelm von Heinrich von -

-

245) Karl Frenzel, Deutsche Kämpfe, Hannover 1873, S. 115. 246) Eelking, Der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich, S. 74. 247) Ebd. 248) So etwa bei Hermann Fechner, Der deutsch-französische Krieg 1870/71, Berlin 41890,

S. 95; siehe in der Forschung auch Detlev Bald, Der deutsche Generalstab 1859-1939. Reform und Restauration in Ausbildung und Bildung, in: Schriftenreihe Innere Führung. Reihe Ausbildung und Bildung, H.28, München 1977, S. 32.

1.

285

Kriegführung und Heeresverfassung

Treitschke ohne weiteres bescheinigt; der König „verstand" es, lobte der Historiker, „in ihrem Fache ihm selber überlegene Talente, jedes am rechten Ort, frei schalten zu lassen"249). In den Ohren eines Verfechters des Gottesgnadentums mußte eine solche Formulierung noch wie eine Majestätsbeleidigung klingen, aber im Zeichen eines bürgerlichen Ressortdenkens, um den Begriff von Panajotis Kondylis zu verwenden250), war es durchaus möglich einzuräumen, daß der König seinen Untertanen nicht in jeglicher Hinsicht überlegen sein mußte. Es gab Gebiete, auf denen der König seinen Meister fand und er war gut beraten, diesen Meister dann auch zum Zuge kommen zu lassen, wenn er an einem maximalen Erfolg des großen Ganzen interessiert war. Das Talent schlägt die Tradition, die Leistung setzt sich gegen das Herkommen durch, und dieses Prinzip macht nicht einmal vor dem König halt, der zwar seinen Thron nicht räumen, aber immerhin seine Aufgaben teilen muß, wenn er sich überlegenen Talenten' gegenüber sieht. Das alte Negativ-Image, das die bürgerliche Öffentlichkeit dem adeligen Offizier verliehen hatte, war unter diesen neuen Umständen natürlich nicht mehr aufrechtzuerhalten. Viele Beobachter verglichen das Bild des arroganten Flaneurs und eitlen Stutzers, das ihnen so lange vorgeschwebt hatte, mit dem Eindruck, den nicht nur die Generalstäbler, sondern auch die Truppenoffiziere und die traditionell besonders verpönten Mitglieder der Garde nun tatsächlich auf den französischen Schlachtfeldern hinterließen. „Die Karrikatur [sie] des preußischen Gardelieutenants", faßte der bayerische Journalist Karl Stieler, Mitarbeiter der Augsburger Allgemeinen Zeitung, seine Eindrücke zusammen, „existiert nur bei Kranzler in Berlin, aber nicht im Kriege"251). Im Feld hat die preußische Garde ihrem französischen Gegenpart sogar einen großen Mythos entwunden; „seit St. Privat genommen ist, muß man die Garde, welche stirbt und sich nicht ergiebt, in Deutschland suchen"252) der heroische Kampf bis zum Untergang' der Garde Napoleons I. bei Waterloo verblaßt im Vergleich zur Tollkühnheit des Sturmangriffs auf St. Privat. Auch in den Augen Friedrich Gerstäckers konnte sich die preußische Garde im deutsch-französischen Krieg voll und ganz rehabilitieren. Die früheren Kritikpunkte seien zu ,Nebensachen' geworden, so der erfolgreiche Schriftsteller, als der Mut und die Opferbereitschaft der Eliteoffiziere sichtbar wurden: -

,

-

-

,

-

Außerdem aber haben sich auch die Offiziere selbst in den bisherigen Schlachten so tapfer und heldenmütig gezeigt, daß sie nicht nur dem Gesetze nach die Achtung der Soldaten fordern können. Der preußische „Jarde-Leutnant" mit Glacehandschuhen und Monokel im rechten Auge war früher ein stehendes komisches Bild von Arroganz und Affektiertheit; wer

249) Heinrich von Treitschke, Zum Gedächtniß des großen Krieges, Leipzig 1895, S. 17. 25()) Panajotis Kondylis, Theorie des Krieges. Clausewitz Marx Engels Lenin, Stuttgart 1988, S. 103. 25') Karl Stieler, Durch Krieg

Stuttgart21895, S. 57.

252)

Ebd.

-

zum

Frieden.

Stimmungsbilder

-

aus

-

den Jahren 1870-71,

286

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

aber diese „Jarde-Leutnants" gesehen hat, wie sie mit dem Monokel im Auge und mit Glacehandschuhen mit solchem Mute gegen die feindlichen Geschosse, und ihren Leuten immer voran, anstürmten, daß der König selbst äußerte, er müsse Maßregeln dagegen ergreifen oder er behielte keine Offiziere mehr, der kann ihnen seine Achtung und Bewunderung nicht versagen, und die kleinen Nebensachen sinken zu Unbedeutendheiten herab.253)

Wenn sich herausstellt, daß die ,Jarde-Leutnants' nicht nur beim Tanztee, sondern auch auf dem Schlachtfeld schneidig auftreten, dann wird ihnen auch ein wenig Affektiertheit verziehen; die bürgerliche Kritik verstummt, sobald die Offiziere nachweisen, daß sie die Funktion auch wahrnehmen, für die sie ausgebildet wurden, daß sie die Leistung auch wirklich erbringen, für die man sie besoldet hat. Und wenn diese Leistung auch noch so eindeutig in den Dienst der Nation gestellt wird, wie es 1870/71 der Fall ist, dann können die bürgerlichen Kommentatoren vorbehaltlos die hervorragende Zusammenarbeit von Adeligen und Nicht-Adeligen im Interesse der gemeinsamen Sache preisen. „Alle Stände", frohlockte Julian Schmidt, „haben sich nun geeinigt: wie ganz anders sieht man jetzt den Adel an, der jung und alt zu den Fahnen drängt, kameradschaftlich verbrüdert mit den bürgerlichen Elementen des Heers, die nach Vollendung des Kriegs wieder in ihre Geschäfte zurücktreten"254). Die kollektive Kraftanstrengung geht mit einer Verbrüderung einher, die alle tradierten gesellschaftlichen Schranken überwindet und auch die politischen Konflikte sind vergessen, die noch bis weit in die 1860er Jahre hinein das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition, zwischen Adel und Bürgertum vergiftet hatten: -

Junker aus der Mark, wie lange ist's her, daß dir auf deinem Erbe die dreifarbige Flagge und der ganze deutsche Schwindel tödlich verhaßt waren, und jetzt hast du so todesmutig dein Leben gewagt für dieselben Farben und für die Herrlichkeit des deutschen Reichs. Wo ist dein Widerwille gegen stehende Heere und gegen Militärausgaben, du entschiedener Unzufriedener? Wo, Sachse und Bayer, eure Abneigung gegen die preußischen Pickelhauben? Ihr alle seid bezichtigt, heimlich Kaiser Wilhelms Porträt nach Hause getragen zu haben.255)

Gustav Freytag beschwört eine neue Allianz des Junkers mit dem Liberalen, des Süddeutschen mit dem Norddeutschen, die aus der Erfahrung des Krieges heraus entstanden sein soll. Der Feldzug hat die alten Fronten aufgebrochen und den Weg zu einer neuen politisch-sozialen Ordnung gewiesen. Insofern wächst ihm für die Nation, für das Deutschland, das im Januar 1871 geschaffen wurde, ein geradezu paradigmatischen Charakter zu: Modellhaft sind hier Dinge vorweggenommen, die anschließend auch zur Richtschnur für den Frieden werden. Die erfolgreiche Zusammenarbeit aller Bestandteile des Heeres, die mit den verschiedenen sozialen Gruppen identifizierbar sind, scheint die Garantie für

253)

Friedrich Gerstäcker, Kriegsbilder eines Nachzüglers, in: ders., Kriegsbilder. Erzählungen und Erinnerungen aus den Kriegsjahren 1870/71, Leipzig [1908], S. 128. 254) Julian Schmidt, Der Krieg gegen Frankreich, in: ders., Bilder aus dem Geistigen Leben unserer Zeit, Bd. 2, Leipzig 1871, S. 455. 255) Freytag, Auf der Höhe der Vogesen, S. 92.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

287

politischen und gesellschaftlichen Konsens auch in den Jahren nach dem Krieg zu bieten. Aristokratie und Bürgertum haben sich in der Ausnahmesituation des Feldzugs gegenseitig ihre Zuverlässigkeit demonstriert; außerdem haben beide Gruppen gezeigt, daß sie im Sinne einer elementaren Arbeitsteilung

einen

auch effektiv zusammenwirken können. Die „Deutschen", schreibt Heinrich von Treitschke unmittelbar nach dem Krieg in den Preußischen Jahrbüchern, „würdigen wieder die konservativen Mächte, die dies Gemeinwesen zusammenhalten"256) wie im Krieg die Offiziersaristokratie das Rückgrat des Heeres bildete, so kann auch im Frieden der Adel dem Staatswesen den entscheidenden Halt geben. Umgekehrt hat der Krieg aber auch, um die Worte Carl Georg Bruns' zu verwenden, mit „blutigen Buchstaben unauslöschlich in das Buch der Geschichte eingeschrieben", daß ein „frei entwickeltes, in freier Selbstverwaltung erstarktes, und in freier Vertretung sich aussprechendes Bürgerthum die festeste und sicherste Stütze eines jeden Staates und Thrones ist"257). Nur die gemeinsame Anstrengung von Aristokratie und Bürgertum, von Konservativen und Liberalen hat den Erfolg möglich gemacht; beide Gruppen können sich durch den Sieg bestätigt fühlen. Wenn der Adel sich der Nation und das bürgerliche Lager sich dem Staat annähert258), dann kann ein tragfähiger Kompromiß entstehen, der ideologisch als Reichs- oder Staatsnationalismus und politisch als Konstitutionelle Monarchie konkrete Gestalt annimmt. Viele Beobachter erkennen im Krieg eine regelrechte Vorschule des neuen Staatsdenkens, das den meisten Menschen zuvor noch fremd gewesen sei, anschließend aber zum Fundament des neuen deutschen Reiches werden sollte. Die „neue Lehre vom Staate", so noch einmal Treitschke, die „in jedem Satze das Gepräge des deutschen Idealismus trägt", ist nunmehr einem „großen Theile unseres Volkes in Fleisch und Blut gedrungen"; sie offenbart sich in der „Pietät, die der Deutsche, der Preuße mindestens, seinem Staate entgegenbringt, in dem lebendigen Pflichtgefühl, das schwere, anderen Völkern unerträgliche Staatslasten als einen Vorzug unseres Gemeinwesens preist"259). Auch der „Werth unserer starken und volksthümlichen Heeresverfassung wird jetzt erst in weiten Kreisen -

256)

Heinrich von Treitschke, Parteien und Fractionen (T. 1), in: Preußische Jahrbücher, Bd. 27(1871), H.2, S. 180. 257) Carl Georg Bruns, Deutschlands Sieg über Frankreich. Rede beim Antritte des Rectorats der Königl. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin am 15. October 1870, Berlin 1870, S. 13 f. 258) Zum steten Bedeutungszuwachs des Staates für die bürgerliche Nationalbewegung in den 1860er Jahren siehe in der Forschung auch Otto Dann, Nation und Nationalismus in Deutschland: 1770-1990, München 1993, S. 154 f. 259) Treitschke, Parteien und Fractionen, S. 182. Werner Sombart definierte den deutschen Militarismus noch 1915 als eine besondere Form der Hingabe an das Ganze; der Krieg, der diese Hingabe fordere, sei insofern .praktizierte idealistische Staatsphilosophie' (Werner Sombart, Händler und Helden. Patriotische Besinnungen, München/Leipzig 1915, S. 66, 84f. u. 87).

288

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

recht verstanden" viele „Einrichtungen unseres Heeres, die dem liberalen Bürgerthume immer anstößig waren, empfangen heute ihre Rechtfertigung"260). Die Akzeptanz des Staates erhöht die Akzeptanz des Heeres, und die Leistungen des Heeres überzeugen von der bestmöglichen Einrichtung des Staates; Armee und Staat sind unauflöslich miteinander verbunden. Nicht nur das effektive Zusammenwirken aller einzelnen Begabungen und Fertigkeiten im Zeichen der Pflichterfüllung gegenüber Staat und Nation macht den Krieg zum Vorbild für das gesamte politisch-soziale Leben, auch das militärische Führungsprinzip sollte nach Meinung Eduard Baltzers auf andere Handlungszusammenhänge übertragen werden. Das sofortige Erkennen und energische Durchsetzen aller notwendigen Maßnahmen, das die militärische Führung im Krieg ausgezeichnet hatte, kann auch im bürgerlichen Leben nur von Vorteil sein: -

Die militairische Führung ist Sache der Intelligenz und Bravour, ist das Wissen und Wollen des nächsten Zwecks durch die exakte Anwendung der besten Mittel [...]. Genau so ist's aber im bürgerlichen Leben auch. Die „Führung" heißt hier „Regierung". Ihr rasches Erkennen und Wollen des Richtigen, ihre Hingebung an die so gefundene Aufgabe mit aller Thatkraft und Ausdauer eines tüchtigen Menschenlebens, das ist's was Wunder thut [...]. Wahrlich, wenn unsere bürgerliche Führung und Regierung vom Kind und Kegel im Hause durch alle Stufen der Gesellschaft durch bis zum Minister des Innern und des Kultus und zu den Gesetzgebern in den Kammern und zu den Fürsten auf den Thronen einigermaßen der militairischen Führung glichen, dann würden wir im bürgerlichen Leben [...] noch glorreichere Siege feiern.261) -

Der

Vergleich der militärischen Führung mit der Regierung, der hier von Balt-

vorgenommen wird, läßt sich noch fortsetzen; dann sind die Geführten im Feld mit den Regierten im Staate gleichzusetzen, wobei den Regierten dasjenige zugestanden werden muß, was auch den Soldaten immer bescheinigt worden war: die aktive Teilnahme, das selbstbewußte Mitmachen, der unverzichtbare Beitrag, ohne den das große Ganze nicht gelingen könnte. Die Analogie von Kriegserfahrung und politischem Leben, von Armee und Staat impliziert also auch den selbstbewußten Staatsbürger, der sich einer durch Leistung legitimierten Führung zwar unterordnet, aber gleichzeitig auf der Wichtigkeit seines eigenen Mittuns und seiner eigenen Mitsprache besteht. Der Staat braucht nicht nur eine Regierung, die jene Autorität besitzt, die durch nachweisliches Können geschaffen wird, sondern auch ein Parlament, das der Mitwirkung der Massen Raum gibt; insofern hat die allgemeine Wehrpflicht ihr Äquivalent im allgemeinen, freien und gleichen Wahlrecht. Wer mitgeholfen hat, den Krieg zu gewinnen, durch den das neue deutsche Reich ermöglicht wurde, der kann auch die Verantwortung übernehmen, die mit politischer Mitsprache verbunzer

260) Treitschke, Parteien und Fractionen, S. 181. 261) Eduard Baltzer, Unter dem Kreuz des Krieges. Betrachtungen über die Ereignisse von 1870-71 in gleichzeitigen Aufzeichnungen, Nordhausen 1871, S. 62.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

289

ist.262) Allgemeine Schulpflicht und allgemeine Wehrpflicht stellen die politische Bildung her, glaubt Heinrich von Sybel, welche die Menschen brauchen, um die Belange des Staates verstehen und mitgestalten zu kön-

den

nen:

Zu einer solchen Bildung aber ist nicht bloß Zeitungslesen und Vereinswesen, es ist praktische Arbeit im Dienste des Gemeinwohls, und als die beste Folge derselben der Sinn der Hingebung an das Ganze und die Möglichkeit fester Disciplin erforderlich. Wir besitzen nun in Preußen an der allgemeinen Wehrpflicht und der allgemeinen Schulpflicht die trefflichsten Grundlagen für eine solche Gesinnung und Erziehung praktischer Politik, wobei nur zu wünschen ist, daß der Staat die Schule nicht so ausschließlich, wie es seit 1840 geschehen, in den Dienst der hierarchischen Interessen stelle, sondern sie für die höchsten Zwecke der bürgerlichen Gesellschaft ergiebiger zu verwerthen wisse.263)

Zur politischen Bildung gehören neuerdings auch ,Sinn für die Hingebung an das Ganze' und ,feste Disciplin' der klassische Liberalismus hatte noch die Teilnahme am öffentlichen Räsonnement, von Sybel nun despektierlich ,Zeitungslesen' genannt, zur entscheidenden Voraussetzung politischer Partizipation erklärt. Unter dem Eindruck des Krieges von 1870/71 kann ein liberaler Meinungsführer die Armee, mit der vormals große Teile der bürgerlichen Öffentlichkeit nur politische Knebelung und den Verlust bürgerlicher Rechte und Freiheiten in Verbindung gebracht hatten, zur Pflanzstätte politischer Mündigkeit erklären. An ihrer Seite steht dabei die Schule, wenn auch mit der kleinen Einschränkung, daß sie weniger den .hierarchischen Interessen' als vielmehr den ,Zwecken der bürgerlichen Gesellschaft' dienen möge. Wenn aber die Erfahrungen des Krieges wirklich konsequent auf die Politik übertragen werden, dann ist nicht nur die Synthese von Führung und Mitbestimmung, von Autorität und Partizipation, sondern auch der unbedingte Wille zur Geschlossenheit als beispielhaft für das staatlich-gesellschaftliche Leben hinzustellen. Daß alle an einem Strang zogen, daß es keine internen Konflikte gab, hatte als großer Vorzug der preußisch-deutschen Armee gegolten; die Unterordnung unter einen Gesamtwillen, unter eine zentrale Lenkung und Planung war zum Erfolgsrezept erklärt worden. Diesen Schulterschluß auf das bürgerliche Leben zu übertragen bedeutete, auch in Politik und Gesellschaft das effektive Zusammenwirken über den Konflikt und die Pluralität der Auffassungen zu stellen eine wirklich formierte Gesellschaft darf nicht durch Parteiungen auseinandergerissen werden. In dieser Perspektive sind die allgemeine Schul- und Wehrpflicht zukunftsweisender für Deutschland als das Sy-

-

262)

In diesem Sinne sah Droysen schon Ende 1870 das im Entstehen begriffene Reich vor allem auf zwei Säulen erbaut: dem „Nationalparlament" und der ,,allgemeine[n] Wehrpflicht" (Johann Gustav Droysen, [Brief an den Sohn Gustav vom 7. Dezember 1870 aus Berlin], in: ders., Briefwechsel. Hg. v. R. Hübner, Bd. 2: 1851-1884, Osnabrück 1967, S. 896). 263) Heinrich von Sybel, Das neue deutsche Reich [1871], in: ders., Vorträge und Aufsätze, Berlin 1874, S. 325.

290

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

stem der

politischen Parteien, das sich seit den späten sechziger Jahren immer stärker aufzufächern beginnt. Gewissermaßen besteht sogar ein Widerspruch zwischen dem ,Volk in Waffen' auf der einen und dem Parteienstreit auf der anderen Seite zumindest für Karl Ludwig Aegidi264), der in einem Brief vom 6. Januar 1871 seinem Freund Heinrich von Treitschke davon abrät, sich für ein Reichstagsmandat zu bewerben, weil er dadurch Gefahr laufe, sich von einem ,deutschen Patrioten' zu einem Parteigänger' zurückzubilden; anders wäre es freilich, wenn es „zu einer vollständigen Umgestaltung des Parteiwesens" käme, zur „Bildung einer großen Partei der Deutschen Männer, entsprechend dem Volk in Waffen, und im Gegensatze zu den konservativen, liberalen, nationalliberalen, fortschrittlichen, demokratischen, sozialistischen alten Weibern und Greisen und dummen Jungen"265). Dann „würde ich die Gefährdung Deines bisherigen Wirkens für keinen zu hohen Preis ansehen, um Dich unter den Führern dieser Schar deutscher Männer redend und beredend und unterhandelnd und bestimmend tätig zu wissen"266). Ein Mann wie Treitschke darf sich auch politisch nur dem großen Ganzen und keinesfalls einem Partikularinteresse verschreiben. Dem ,Volk in Waffen' auf dem Kriegsschauplatz entspräche eigentlich auf der politischen Bühne eine einzige nationale Partei, eine Partei, die nicht durch eine bestimmte politische Richtung, sondern allein durch das Attribut,deutsch' definiert ist. Insgesamt bot die Konfrontation der verschiedenen Wehrsysteme auf dem französischen Kriegsschauplatz den deutschen Beobachtern die Möglichkeit, im Wechselspiel von negativer Abgrenzung vom Kriegsgegner und positiver Identifikation mit der preußisch-deutschen Heeresverfassung sehr pointiert und sehr anschaulich die Vorzüge der eigenen Streitmacht herauszuarbeiten. Gleich weit von einem Söldnerheer wie von einer Miliz entfernt, konnte das eigene Heer zu einer gelungenen Synthese von Volkstümlichkeit und professioneller Führung erklärt werden. Diese Bewertung bedeutete nicht nur ein implizites Einlenken der bürgerlichen Öffentlichkeit in der Frage der Heeresreform das aber keineswegs mit einer Kapitulation gleichzusetzen war, weil die eigenen wehrpolitischen Interessen kurzerhand in die kämpfende Truppe hineinkonstruiert wurden -, sondern auch den Versuch, die Wehrverfassung zu einem Paradigma für die politische Ordnung zu stilisieren. Dies betraf einerseits die spezifische Rolle des Staates in und gegenüber der Gesellschaft, andererseits die Auffassung des Individuums; nicht mehr die freie Entfaltung des einzelnen -

-

264) Aegidi, bei Kriegsausbruch Juraprofessor in Bonn, gehörte zu den Hochschullehrern, die als freiwillige Sanitäter am Feldzug teilnahmen (Bernd Haunfelder/Klaus Erich Pollmann [Hgg.], Reichstag des Norddeutschen Bundes 1867-1870, Düsseldorf 1989, S. 369f.). 265) Karl Ludwig Aegidi, (Brief v. 6. 1. 1871 an Heinrich von Treitschke), in: Paul Wentzcke (Hg.), Im Neuen Reich 1871-1890. Politische Briefe aus dem Nachlaß liberaler Parteiführer, Osnabrück 1967 [Neudruck der Ausgabe von 1926], S. 5 (Hervorhebung v. K. L. A.). 266) Ebd.

1.

Kriegführung und Heeresverfassung

war, wie im klassischen liberalen

291

Denken, der Zielpunkt aller politisch-soziasondern der Erwägungen, möglichst effiziente Einbau aller individuellen und Talente in ein Fähigkeiten funktionstüchtiges Ganzes. Von der Orientierung an Begriffen wie Effizienz und Funktionstüchtigkeit leitete sich auch eine Neubewertung des Führungsanspruchs der Aristokratie ab. Dieser Anspruch wurde nun akzeptiert, weil er mit einer nachgewiesenen militärischen Leistungsfähigkeit zu begründen war die Professionalität der Anführer, nicht ihr angestammtes Privileg, war der Grund dafür, daß man ihnen zu folgen bereit war. Solche Prinzipien ließen sich unschwer vom Krieg auf das zivile Leben übertragen. Was in der Armee gelungen war, sollte auch für die Nation verbindlich sein; was den Erfolg im Kriege möglich gemacht hatte, sollte auch die Friedensordnung bestimmen. len

-

292

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

2. Nationale Integrationsmythen oder Die Geburt der Nation aus

dem Krieg

Nationalkrieg, der einen äußeren Feind in die Schranken weisen und dabei gleichzeitig im Innern die Einheit der Nation herstellen sollte, gehörte schon seit den Befreiungskriegen zu den politischen Visionen der deutschen Nationalbewegung; seither und besonders wieder seit den 1840er Jahren, als die französische Julimonarchie Ansprüche auf das linke Rheinufer geltend machte, war diese Vision sehr eng mit Frankreich als dem möglichen, ja wahrscheinlichen Gegner in einem solchen Kriege verknüpft.267) Der Erb- und Erzfeind Frankreich werde die Einigung Deutschlands in jedem Fall zu verhindern suchen, glaubte man, und sei gewiß nur mit Gewalt davon abzuhalten, den Deutschen einen Strich durch die Rechnung zu machen. In den 1850er und 1860er Jahren tauchte die Möglichkeit eines Krieges mit dem westlichen Nachbarn immer wieder am politischen Horizont auf. Schon im Krimkrieg hätte der Kriegseintritt Preußens und Österreichs an der Seite Rußlands, der aufgrund der Bündnissysteme durchaus erwartbar gewesen wäre, die Gegnerschaft zu Frankreich bedeutet; im italienischen Krieg des Jahres 1859 hätte eine Unterstützung Österreichs durch Preußen und den Deutschen Bund den unmittelbaren Konflikt mit Napoleon III. herbeigeführt; in den beiden Kriegen von 1864 und 1866 wäre es eine französische Intervention gewesen, die mit einiger Sicherheit einen militärischen Schlagabtausch mit dem Kaiserreich Der große

ausgelöst hätte. Als der Krieg mit Frankreich im Juli 1870 zur Realität wurde, traf er in der bürgerlichen Öffentlichkeit also auf eine gleichsam schon seit langem vorbereitete Deutungskultur, die sowohl den Konflikttypus des nationalen Einigungskrieges wie auch den Kriegsgegner Frankreich bereits mit festen Interpretationsschemata ausgestattet hatte noch 1867 war der bewaffnete Konflikt mit dem westlichen Nachbarn durch die Luxemburg-Krise wieder in den Bereich des Möglichen getreten und in aller Breite diskutiert worden.268) Es standen also sehr wohl vorgefertigte Deutungsmuster bereit, die bei Kriegsausbruch nur aufs neue aktiviert werden mußten. Dabei störte es wenig, daß der Krieg des Jahres 1870 in vielen Punkten mehr als deutlich von demjenigen Krieg verschieden war, den sich die Nationalbewegung immer vorgestellt hatte. Schließlich stand an der Spitze der deutschen Staaten ein Fürstenbund, innerhalb dessen der König von Preußen und sein Ministerpräsident Bismarck, mittlerweile auch Kanzler des Norddeutschen Bundes, eindeutig den Ton anga-

Neuere Forschungsansätze zum Problem von Krieg und Nationsbildung werden vorgevon Dieter Langewiesche, Nation, Nationalismus, Nationalstaat: Forschungsstand und Forschungsperspektiven, in: NPL 40 (1995), S. 192 ff. 268) Andreas Biefang, Politisches Bürgertum in Deutschland 1857-1868. Nationale Organisationen und Eliten, Düsseldorf 1994, S. 426.

267)

stellt

2. Nationale

293

Integrationsmythen

ben. Trotz der politischen Entwicklungen und des Einstellungswandels seit dem Jahr 1866 blieb letztlich unklar, ob der Krieg mit Frankreich nicht vielleicht doch nur einer preußischen Expansions- und Großmachtpolitik diente. Der gewiefte Taktiker Bismarck hätte das im Juli 1870 so lautstark propagierte Bündnis mit der Nationalbewegung auch nur vorschützen können; die Erklärung, im Interesse Deutschlands Krieg zu führen, wäre in diesem Fall allein mit der Absicht geschehen, von der Unterstützung durch die nationalen Kräfte profitieren zu wollen. Außerdem bestand die Möglichkeit, daß selbst bei den besten Absichten der Krone und Bismarcks nach dem Krieg wieder diejenigen konservativen Kräfte die Oberhand gewannen, die der nationalen Sache feindlich gegenüberstanden und sicherlich beabsichtigten, den nationalen Aufbruch des Kriegsbeginns sehr schnell wieder verebben zu lassen. Es gab also keine wirkliche Garantie für die nationalen Ziele und den nationalen Charakter des Krieges; außerdem wurde er von Heeren ausgefochten, die nicht der Nation, sondern den jeweiligen Landesfürsten verpflichtet waren die deutschen Streitkräfte konnten zwar zu einer Nationalarmee stilisiert werden, doch faktisch handelte es sich um Truppen, die noch voll und ganz in der militärischen Tradition souveräner Einzelstaaten standen und keineswegs per se die Interessen Deutschlands verfochten. Eine Nationalbewaffnung, wie sie vielen Aktivisten der Nationalbewegung so lange vorgeschwebt hatte, die sich gleichzeitig gegen einen äußeren in diesem Falle Frankreich und gegen die inneren Feinde der Nation die partikularistisch gesonnenen Landesfürsten richtete, fand im Juli 1870 wahrlich nicht statt. Im Feld stand eine Armee, von der im Grunde niemand wußte, ob sie für König Wilhelm von Preußen oder für Deutschland, für die verschiedenen Landesfürsten oder den Norddeutschen Bund kämpfte oder nicht vielleicht sogar für irgendein politisches Kalkül Bismarcks mißbraucht wurde, das überhaupt noch nicht zu durchschauen war. Wenn die bürgerliche Öffentlichkeit Deutschlands den Krieg von 1870/71 also von Anfang an zu einem großen Nationalkrieg stilisierte, dann handelte es sich auch hier wieder um eine Realitätskonstruktion, die das Geschehen nicht einfach abbildete, sondern sofort in einer spezifischen Weise interpretierte. Daß Bismarck im Juli 1870 der Nationalbewegung die Hand reichte, war Anlaß genug, den bewaffneten Konflikt von Beginn an und ohne jeden Zweifel zum deutschen Einigungskrieg zu erklären. Ob hier möglicherweise auch die Absicht eine Rolle spielte, durch die Mobilisierung eines großen Teils der öffentlichen Meinung auf die Regierungspolitik Einfluß zu nehmen, also gewissermaßen eine sich selbst erfüllende Prognose zu formulieren, muß dahingestellt bleiben. In jedem Fall ließ die bürgerliche Darstellung des deutsch-französischen Krieges von Anfang an keinen Zweifel daran, daß dieser Krieg auch in der nationalpolitischen Frage in gleichem Maße der Krieg des deutschen

-

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-

Bürgertums

war.

Bei der

Heeresverfassung -

hatte

es

eine strukturell ähnliche

Realitätskonstruktion gegeben; auch hier war es darum gegangen, den bürgerlichen Anteil am Wehrsystem herauszustreichen und diesen Anteil gleichzeitig

294

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

in eine

Synthese bürgerlich-liberaler und aristokratisch-konservativer Kompoeinfließen zu lassen. Diese Synthese wirkte leistungsfähiger und effektiver, als es eine Armee hätte sein können, die allein nach den traditionellen Vorstellungen der bürgerlichen Militärpolitik gebildet worden wäre. Die konservativ-aristokratische Komponente stand vor allem für den ,Staatsanteil', für die Leistung des Staates im Bereich von zentraler Planung und Steuerung ein; ähnlich sollte auch der Prozeß der nationalen Einigung von Staat und Gesellschaft, von Regierung und Volk gemeinsam vollzogen werden was voraussetzte, daß sich die alten Eliten nationalisierten und das Volk zur Identifikation mit den in dieser Weise gewandelten Obrigkeiten bereit war. Auch in der nationalen Frage war eine Interessenkoalition und eine effektive Zusammenarbeit der beiden Lager möglich. Der Krieg, aus dem heraus die Nation geboren werden sollte, mußte den Beweis für die Erfolgsträchtigkeit des Bündnisses liefern. Hier wurden die Strukturen geschaffen, die den späteren Nationalstaat prägten; wie ein Gründungsmythos wies der Krieg auf das spätere politisch-soziale Geschehen voraus269), und die bürgerlichen Kriegsdarstellungen legten Wert darauf, die Wichtigkeit des eigenen Beitrags zu diesem Geschehen von vornherein herauszustellen. Der Nationalstaat wurde aus einer nationalen Kraftanstrengung heraus geschaffen die Form, in der diese Anstrengung erfolgte, legte bereits den Charakter des späteren Staates fest. Wer sich keinen wie auch immer symbolischen Anteil am Krieg sicherte, konnte auch in der Zeit nach dem Krieg keine besonderen Ansprüche geltend machen. Wurden Anteile wie Ansprüche hingegen über den Gründungsmythos Krieg fest in der politischen Kultur des neuen Nationalstaates verankert, dann konnten die bürgerlichen Schichten in diesem Staat mit einem ganz anderen Selbstvertrauen auftreten. Natürlich dürfen die Deutungsmuster, in die der Prozeß der Nationalstaatsbildung aus dem Krieg heraus eingebettet war, nicht ohne weiteres als Teile eines geschlossenen Systems, das sie zusammen mit der Kommentierung der Heeresverfassung gebildet hätten, interpretiert werden; dafür ist die gesamte Deutungskultur, die sich um die verschiedenen Aspekte des deutsch-französischen Krieges rankte, viel zu komplex und zu inhomogen gewesen. Es gab keine Zentralinstanz, welche die zahllosen Darstellungen des Feldzugs aufeinander abgestimmt hätte; es gab keinen übergeordneten gedanklichen Entwurf, der alle Stellungnahmen miteinander in Einklang gebracht hätte. Die Äußerungen der Beobachter waren spontan und mußten insofern immer auch widersprüchlich und disparat bleiben hier sorgte keine List der Vernunft dafür, daß die gesamte bürgerliche Kriegsdeutung wie aus einem Guß einer bestimmten argumentativen Strategie folgte. Dennoch lassen sich so auffällige Häufungen bestimmter Deutungsmuster, so klare Dominanzen bestimmter Interpretationsnenten

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-

269)

Zu dieser Sichtweise auch Hans-Peter Ullmann, Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, Frankfurt/M. 1995, S. 38.

2. Nationale

295

Integrationsmythen

schemata feststellen, daß der Analytiker sehr wohl in die Lage versetzt wird, die bürgerliche Deutungskultur des deutsch-französischen Krieges anhand einiger grundlegender Argumentationslinien aufzuschlüsseln. Dabei werden auch strukturelle Ähnlichkeiten von Interpretationen sichtbar, die zu ganz unterschiedlichen Sachzusammenhängen abgeliefert werden. Die Äquivalenz der vorwiegenden Stellungnahmen zur Frage der Heeresverfassung einerseits, zum Problem der Geburt des Nationalstaates aus dem Krieg andererseits ist in diesem Kontext zu sehen. In beiden Fällen geht es darum, einen bürgerlichen Beitrag, einen bürgerlichen Anteil herauszustreichen, der gerade deshalb eine so große Wirkung entfalten kann, weil er mit traditionellen Elementen in höchst effektiver Weise amalgamiert worden ist. Dieses Prinzip ist, bei allen Abweichungen im Detail, auf beiden Feldern der Deutungskultur wirksam. Ohne eine Stimmigkeit in diese Deutungskultur hineinkonstruieren zu wollen, die es faktisch gar nicht gegeben hat, ohne Phänomene gewaltsam zusammenzwingen zu wollen, die in Wirklichkeit völlig unverbunden nebeneinander gestanden haben, läßt sich eine solche gemeinsame Linie, eine solche strukturelle Übereinstimmung feststellen. Dieser Tatbestand kann auch deshalb nicht überraschen, weil bestimmte argumentative Grundpositionen immer und auch ohne übergeordneten spiritus rector zur Totalisierung drängen, das heißt zur Durchsetzung in allen strittigen Fragen; das einmal erkannte Prinzip soll überall gelten, es wird überall am Werke gesehen. Insofern ist durchaus auch ein Trend, ein argumentativer Druck wirksam, der darauf abzielt, die einzelnen Deutungsmuster miteinander kompatibel zu machen. Und dieser Trend ist in der Tat als eine überindividuelle, eher der Eigendynamik der kulturellen Sinnproduktion als den Intentionen der einzelnen Autoren zuzurechnende Größe zu fassen. -

-

a) Die verletzte Nationalehre Die Geburt der Nation aus dem Krieg macht den Nationsbegriff zu einem Bestandteil der Kriegsdeutung und die Interpretation des Krieges zu einem Element des Verständnisses von Nation und Nationalstaat. Beide Konzepte sind unauflöslich miteinander verbunden. Jede Stilisierung des Krieges färbt auf die Definition des Nationalstaates ab, jede Deutung der Nation auf die Wahrnehmung des Krieges. Wenn der Krieg die effektive Zusammenarbeit von Regierung und Gesellschaft, von Staat und Volk demonstriert, wenn er die Leistungspotentiale einer Gesellschaft im Schulterschluß sichtbar werden läßt, dann schafft er damit auch Leitbilder für den neuen Nationalstaat. Die bürgerliche Öffentlichkeit hat sich beeilt, die militärischen Leitbilder in dieser Weise auch nationalpolitisch umzumünzen. Die Darstellungen des Krieges, die während des Konflikts, in der unmittelbaren Folgezeit und auch noch etliche Jahre spä-

entstehen, setzen Topoi zur Beschreibung der Nationsbildung ein, die ebenso wie die wehrpolitischen Stellungnahmen auf Integration, Ausgleich und Zusammenarbeit hin angelegt sind. ter

296

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Zu den wichtigsten dieser Topoi gehörte das Motiv der Nationalehre. Eine Nation, die primär durch ihre Ehre definiert war, verband in idealer Weise bürgerliche und aristokratisch-konservative Sozialnormen. Lagen die Wurzeln des Ehrbegriffs in der feudalen Welt, die von der Standesehre bis zur notfalls im Duell zu wahrenden personalen Ehre die Gesellschaft mit einem Geflecht von Ehrsemantiken überzogen hatte, so waren die hieran geknüpften Vorstellungen und Verhaltensmuster seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts in immer stärkerem Maße auch in die bürgerlichen Schichten eingedrungen. Bürgerliche Ehrenmänner waren ebenso wie ihre adligen Vorbilder dazu bereit, die Würde und Integrität ihrer Persönlichkeit im Zweikampf zu wahren.270) Die kollektive Ehre hingegen wurde im bürgerlichen Milieu weniger auf den Stand als auf die Nation bezogen; seit den Befreiungskriegen stieg das Vaterland zu einer (imaginären) Größe auf, über deren Ehre eine immer größer werdende Zahl von Patrioten wachte mit derselben Eifersucht, die auch bei individuellen an Ehrverletzungen den Tag gelegt wurde.271) Die Verschiebung des kollektiven Ehrbegriffs vom Stand zur Nation zeigt schon an, daß die bürgerlichen Ehrvorstellungen mehr als nur eine Kopie feudaler Sozialnormen gewesen sind. Die beliebte These, die den bürgerlichen Parvenü in allen Lebensbereichen, also auch in Fragen der Ehre, um die Anpassung an den bewunderten Aristokraten bemüht sieht, unterschätzt die Vieldeutigkeit sozialkultureller Leitbegriffe, die sich mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen füllen lassen. Ute Frevert hat diese Ambivalenz am Beispiel des Duellwesens analysiert; bürgerliche Duellanten verteidigten viel eher in bürgerlicher Tradition ihre Persönlichkeitsrechte und ihre autonome Individualität, als daß sie wie die Aristokraten vornehmlich an der Wahrung oder Vermehrung ihres Prestiges interessiert gewesen wären.272) Ähnliche äußere Formen dürfen hier nicht über deutlich abweichende Inhalte hinwegtäuschen, auch wenn das Duellwesen ebenso wie andere Ausprägungen der Ehrsemantik sicherlich eine kulturelle Annäherung von Aristokratie und Bürgertum markiert. In diesem Sinne kann auch der Begriff der Nationalehre, der im Sommer 1870 so stark beansprucht wurde, als ein Brückenschlag zwischen den beiden gesellschaftlichen Teilkulturen interpretiert werden; der Ehrbegriff schloß an die aristokratische Kultur an, seine Wendung zur Nation hin brachte eine eigenständige bürgerliche Komponente mit ein. Mit der Nationalehre konnten sich potentiell das aristokratisch-konservative und das bürgerlich-nationale Lager identifizieren. Da die Nationalehre in Deutschland historisch der Nation -

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27°) Ute Frevert, Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft, München 1991, passim. 271) Klaus Latzel, „Schlachtbank" oder Jeld der Ehre"?, in: Wolfram Wette (Hg.), Der Krieg des kleinen Mannes. Eine Militärgeschichte von unten, München 1992, S. 86ff. 272) Frevert, Ehrenmänner, S. 178 ff.

2. Nationale

Integrationsmythen

297

bedeutete diese Identifikation von vornherein einen Appell an beide Lager, die Nation in einer gemeinsamen Anstrengung herzustellen. Die Rede von der Nationalehre wird selbstverständlich viel plausibler, wenn sie sich an ein konkretes Ereignis anschließen läßt. Die Emser Affäre lieferte im Juli 1870 den Anlaß, der den Beschwörungen der Ehre von König und Vaterland die nötige Schubkraft verlieh. An die Begebenheiten in Bad Ems ließen sich Schilderungen und Deutungen knüpfen, die um den Zentralbegriff der Nationalehre kreisten und diesem Konzept die größtmögliche öffentliche Wirkung verschafften. Das reale Ereignis verwandelte sich schon im Augenblick seines Vollzugs in einen politischen Mythos, der zur ideologischen Vorbereitung und Flankierung des Krieges unverzichtbare Dienste leistete. Dabei spielte es keine Rolle, ob zwischen König Wilhelm von Preußen und dem französischen Botschafter Benedetti tatsächlich die Worte gefallen waren, die der politische Mythos ihnen in den Mund legte. Zu groß war der ideologische Nutzen, den der vermeintliche Ehrenhandel besaß, als daß ihm ein kleinliches Beharren auf den Fakten irgendeinen Abbruch hätte tun können. Beide Kriegsgegner erkannten sofort, welchen Gewinn ihnen die Währung Ehre in der Krise versprach; Bismarck provozierte mit der Emser Depesche die französische Regierung und mobilisierte gleichzeitig die deutsche Öffentlichkeit, was auf französischer Seite durch den Hinweis auf die verletzte Ehre der Grande Nation ebenso schnell gelang. Die erlittene Ehrverletzung wurde zu einer propagandistischen Trumpfkarte, auf die weder Frankreich noch PreußenDeutschland verzichten wollten. So verfestigte sich während des Krieges und in den Jahren unmittelbar danach ein Bild von den Vorgängen in Bad Ems, das einer ernsthaften Recherche niemals standgehalten hätte. Weder der französische Botschafter noch der Preußenkönig waren tatsächlich beleidigt worden; keiner von beiden hatte die Regeln der diplomatischen Etikette verletzt.273) Be-

vorausging,

273)

Auch die Historiker des Kaiserreichs widerlegten den Mythos der Emser Affäre zunächst nicht, sondern trugen in ihren zeitgeschichtlichen Werken zusätzlich zu seiner Verfestigung bei (so etwa Wilhelm Müller, Politische Geschichte der Gegenwart. Bd. IV: Das Jahr 1870. Nebst einer Chronik der Ereignisse des Jahres 1870, Berlin 1871, S. 210 f.; ders., Politische Geschichte der Neuesten Zeit 1816-1875 mit besonderer Berücksichtigung Deutschlands, Stuttgart 31875, S. 436; Ludwig Bender, Der jüngste Franzosenkrieg und die Wiederaufrichtung des deutschen Reiches. Anhang zu der „Deutschen Geschichte 4. Aufl.", Essen 1872, S. 8; K. Abicht, Geschichte des Deutsch-französischen Krieges und der Wiederaufrichtung des deutschen Reichs, Heidelberg 1873 [=Anhang in H. Dittmars „Weltgeschichte im Umriß", 10. Aufl.], S. 7; Berthold Volz, Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert vom Luneviller Frieden bis zum Tode Kaiser Wilhelms I., Leipzig 21890, S. 541). Erst in den neunziger Jahren traten die ersten Historiker mit der Behauptung auf, daß es in Bad Ems faktisch gar keine Beleidigung gegeben habe (Wilhelm Oncken, Unser Heldenkaiser. Festschrift zum hundertjährigen Geburtstage Kaiser Wilhelms des Großen, Berlin [1897], S. 130; ähnlich auch August Allgaier, Vor 25 Jahren! 1870-1895. Erinnerangsschrift an den Deutsch-französischen Krieg 1870/71, Pforzheim 1895, S. 17). Trotzdem blieb der Topos der Ehrverletzung auch in der Geschichtsschreibung erhalten; Oskar Jäger verwendete ihn noch in der 4. Auflage seiner „Deutschen Geschichte", die am Vor-

298

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

nedettis wiederholtes Nachsuchen um Audienzen war zwar aufdringlich, aber gewiß nicht ehrenrührig; das grundsätzliche Ansinnen der französischen Regierung, der Preußenkönig möge auch für die Zukunft den Verzicht seines Hauses auf jede Kandidatur für den spanischen Thron versprechen, war durchaus mit einem legitimen Sicherheitsbedürfnis Frankreichs angesichts einer drohenden preußischen Umklammerung zu begründen. Umgekehrt wies auch König Wilhelm den französischen Botschafter keineswegs mit der Schroffheit ab, die Bismarcks Redaktion der Emser Depesche suggerierte; eine verweigerte Audienz entsprach den diplomatischen Gepflogenheiten und beleidigte weder den Gesandten noch die von ihm repräsentierte Nation. Beide Seiten hatten nicht beleidigt und waren nicht beleidigt worden, aber die politische Propaganda bestand auf einer Ehrverletzung durch den jeweiligen Gegner, und dieses Interesse wog schwerer als jeder nüchterne Hinweis auf die ohnehin kaum zugänglichen Fakten. So wurden die Ereignisse in Bad Ems sehr schnell zur Emser Beleidigungsaffäre stilisiert, ein Vorgang, zu dem die offiziellen Verlautbarungen der Regierungen und Parteien nicht weniger beitrugen als die so oft als marktschreierisch und kriegslüstern kritisierten Zeitungen.274) Als der Preußenkönig am 31. Juli 1870 bei seinem Abgang zur Armee den programmatischen Aufruf „An mein Volk" erließ, durfte schon im ersten Satz der Hinweis nicht fehlen, daß der Kampf vor allem „Deutschlands Ehre"275) gelte; die Bündnispartner Preußens nahmen das Motiv auf, indem sie ihren Beistand mit dem Argument begründeten, daß die gemeinsame Ehre Deutschlands auf dem Spiel stehe und von allen Deutschen gemeinsam verteidigt werden müsse.276) Die beiden libeabend des Ersten Weltkriegs erschien (Oskar Jäger, Deutsche Geschichte. Bd. 2: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart, München41914, S. 547f). In seinen „Untersuchungen zur deutschen Historiographie über die Vorgeschichte des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71" (Diss. Augsburg 1988) ist auch Alexander Usier zu dem Schluß gekommen, daß Bismarck während seiner Amtszeit nachdrücklich die Bewahrung der Emser Legende forderte und daß erst nach seiner Entlassung eine offenere fachwissenschaftliche Diskussion um die Vorgeschichte des Krieges einsetzen konnte (S. 20, 37 u. 46). 274) Auch für Wilhelm Oncken lag die Schuld an dem von ihm konstatierten .Frisieren' der Emser Ereignisse ganz eindeutig bei den Zeitungen (Oncken, Unser Heldenkaiser, S. 130). 275) Zit. n. Franz Lubojatzky, Die Kriegs-Chronik vom Jahre 1870, Dresden 1870 und 1871, S. 60. 276) Schon in dem entscheidenden Antworttelegramm, mit dem König Ludwig von Bayern seine Teilnahme am Krieg erklärte, wurde ausdrücklich auf den gemeinsamen Kampf für „deutsche Ehre" hingewiesen (zit. n. George Morin [Hg.], Aus ruhmvollen Tagen. Erinnerungen an den deutsch-französischen Krieg von 1870/71 nach dem Tagebuche eines bayerischen Offiziers mitgetheilt, München 1882, S. 11 ; ebenso W. Kocks, Der deutsch-französische Krieg 1870-71, Teil 1, Berlin 1877, S. 17). David Born berichtet, daß in Hamburg die Handelskammer von der Börse ermächtigt wurde, dem König von Preußen zu erklären, „Hamburg sei freudigen Muthes zu jedem Opfer bereit, welches für den Schutz und die Wahrung der Nationalehre und der nationalen Selbständigkeit gefordert wird" (David Born, Der Deutsche Krieg von 1870, Berlin 1871, S. 48).

2. Nationale

Integrationsmythen

299

ralen Parteien Preußens schlössen sich ebenfalls sofort bereitwillig an den Ehrdiskurs an. Bereits am 15. Juli, dem Tag also, an dem in Paris der Entschluß zum Krieg gefaßt wurde, verliehen die Nationalliberalen in einer Adresse277) an den König ihrer „Entrüstung Ausdruck" über die „Verwegenheit, mit welcher es die französische Regierung versucht, Eure Majestät und in Ihnen die deutsche Nation zu beleidigen" „gegenüber dieser muthwilligen Provocation und schweren Kränkung der nationalen Ehre schweigen alle Parteiunterschiede"278). „Wir Deutschen", hieß es in einem Aufruf der Partei vom selben Tag, „müssen den Kampf aufnehmen im Namen unserer Ehre"279). Diesen Kampf befürwortete auch die Fortschrittspartei, die durch die Ehrverletzung in Bad Ems den Vorwand erhalten zu haben glaubte, ihre vormals prinzipiell regierungsfeindliche Politik zu korrigieren: -

Wir waren und sind Gegner jeder aggressiven Politik nach Außen und bekämpfen das im Innern herrschende Regierungssystem, weil es den wahren Interessen unseres Staates widerspricht. Aber ebenso sehr leben wir der Ueberzeugung, daß Angesichts eines vom Auslande in frevelhafter Weise gedrohten Friedensbruchs die Zwistigkeiten der Parteien in den Hintergrund treten und die gesammten Kräfte der Nation sich zur Vertheidigung der Ehre und der Unabhängigkeit des Vaterlandes vereinigen müssen.280)

Die gemeinsame Ehre ist der große Katalysator der deutschen Einheit, wobei das feudale sehr geschickt mit dem nationalen Pathos verquickt wird; einerseits ist der König beleidigt worden, was jeden Untertanen erzürnen muß, andererseits wurde aber auch, wie insbesondere die Adresse der Nationalliberalen betont, in der Person des Monarchen gleichzeitig die gesamte Nation angegriffen. Die Ehre des Königs und die Ehre der Nation sind untrennbar miteinander verbunden; die Öffnung der Regierungspolitik zur Nationalbewegung und zur nationalen Idee wird von den bürgerlichen Parteien mit einer sofortigen Nationalisierung des Monarchen beantwortet. Indem die Ehre des Königs mit der Ehre der Nation identifiziert wird, ist das Bündnis von Krone und Nation schon symbolisch vorweggenommen.281)

277)

Von ähnlichen Adressen, die in den Tagen nach dem 15. Juli aus allen Teilen Deutschlands in Berlin eintrafen, berichtet Hugo von Doering in seiner Feldzugsdarstellung; aus diesen Adressen ging hervor, „daß das deutsche Volk, soweit die deutsche Zunge klingt, in dem König von Preußen den Wahrer seiner Ehre, den Schirmherrn seines nationalen Daseins betrachtet" (Hugo von Doering, Deutschlands Krieg gegen Frankreich im Jahre 1870/1871, Berlin 1871, S. 15). 278) Zit. n. Graf Hohenthal, Vollständige Geschichte des deutsch-französischen Krieges von 1870, Leipzig 1871, S. 61. 279) Zit. n. ebd., S. 60. 28°) Zit. n. ebd., S. 62. 281 ) In der Sitzung des Norddeutschen Reichstags am 19. Juli 1870, als die französische Kriegserklärung in Berlin eingetroffen war, nahmen sowohl der König in seiner Ansprache an die Abgeordneten wie auch die Antwortadresse des Hauses das Motiv der Ehrverletzung erneut an prominenter Stelle auf (Ernst Hermann, Der Franzosenkrieg von 1870 in kurzer Darstellung, Berlin 1871, S. 9f.; Hohenthal, Vollständige Geschichte des deutsch-französischen Krieges, S. 72f.).

300

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

Die Zeitungen variieren diesen Topos in den folgenden Wochen und Monaten unzählige Male und tragen damit in eminenter Weise zu seiner Verbreitung bei. Fast könnte man sagen, daß die Zeitungen überhaupt erst die Fiktion ermöglichen, im Kollektiv beleidigt worden zu sein; die Ehrverletzung wird nur von demjenigen verspürt, der in der Zeitung hierüber ins Bild gesetzt wird.282) Das materielle Substrat des ,Wir sind beleidigt worden' ist das neue Massenmedium, dessen Rolle für die Entstehung von Nationalgefühl und -bewußtsein von der Forschung ohnehin schon oft herausgestrichen worden ist.283) Im Juli 1870 spannen die Zeitungen die deutsche Nationalehre vom Rhein bis nach Ostpreußen, von der Eider bis zum Allgäu auf. Allerorten wird den Lesern eingetrichtert, daß in der Person des Preußenkönigs alle Deutschen von den Franzosen beleidigt worden seien. Formulierungen, wie sie die illustrierte Kriegszeitung „Der Deutsche Volkskrieg" verwendet, tauchen in leicht abgewandelter Form in zahllosen Leitartikeln auf: Das Volk sah seinen König und seine Ehre verhöhnt. Zu den Waffen! So erschallte der eine einzige Ruf durch alle Provinzen. Aller Hader schwieg. Auch die übrigen Deutschen Länder erhoben sich für Deutschlands Ehre, Alles waffnete, und so genügten acht Tage, um die Vorposten an die Grenzen zu rufen.284)

„Im richtigen Gefühle fühlte sich ganz Deutschland mit Preußen eins", hieß es auch im „Deutschen Vaterhaus", und „nahm die Herausforderung und die seinem Oberbundesfeldherrn angethane Beleidigung voll der tiefsten Empörung als seine eigene auf'285). Die Augsburger Allgemeine Zeitung verglich die Situation König Wilhelms in Bad Ems sogar mit dem Gang nach Canossa; „es wäre eine Demütigung gewesen, welcher nur die Kniebeugung Kaiser Heinrichs IV vor Gregor VII in Canossa gleichkäme, wenn König Wilhelm die ihm in Ems zugemuthete Abbitte vor dem dritten Napoleon geleistet hätte"286). Das Ansinnen der französischen Regierung allein ist schon so erniedrigend, daß es geradezu nach einem „Rachekrieg"287) schreit nach einem Rachekrieg, „um Sühne zu nehmen für die der deutschen Nation öffentlich zugefügte Beleidigung"288). In diesem Krieg müssen, so der Appell der Kölnischen Zeitung, alle deutschen Stämme ihr gemeinsames Anliegen erkennen: -

282)

Dazu schon A. W.

Grube, Der welsche Nachbar. Lebensbilder aus dem großen Kriege

1870/71, Stuttgart 1871, S. 25, sowie Wilhelm Zimmermann, Geschichte der Jahre 1860 bis 1871, Stuttgart 1872, S. 259. 283) Siehe etwa Benedict Anderson, Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreivon

Konzepts, Frankfurt a.M./New York 1988, S. 4L Der Deutsche Volkskrieg. Mit Texten von Hans Wachenhusen und Illustrationen, Nr. 1 (Juli 1870), S. 682; ähnlich VZ, 26. 7. 1870, Nr. 172, S. 5. 285) Deutsches Vaterhaus, 10. Jg. (1871), S. 1. 286) AAZ, Nr. 202 (21. 7. 1870), S. 1. 287) AAZ, Nr. 218 (6. 8. 1870), S. 2. 288) Ebd. chen

284)

2. Nationale

301

Integrationsmythen

Auf ihr Bewohner der fernen Bernsteinküste, ihr wackeren Ostpreußen, die ihr 1813 den Freiheitsreigen eröffnet! Auf ihr tapferen Schwaben, die ihr ehedem des Reiches Sturmfahne führtet und den Vorderstreit hattet! Auf ihr Schlesier, die ihr die Katzbach mit Franzosenblut röthetet! Auf ihr Hannoveraner, die ihr ruhmbedeckt auf der iberischen Halbinsel gegen den alten Despoten kämpftet und jetzt dem neuen zeiget, wie toll und abscheulich er sich verrechnete,

wenn er

glaubte,

es

könne auch

nur

Ein Mann

von

euch

fahnenflüchtig

werden, wenn es gegen den Erbfeind geht! Brecht auf aus euren Bergen, ihr altkriegerischen Baiern, aus eueren Wäldern, ihr Thüringer und Hessen, seid der Väter werth, ihr treuen deutschen Sachsen, die auf eigene Faust die schmähliche Feindschaft Sachsens abwarfen und jubelnd übergingen zu den deutschen Fahnen! Auf alles, was Deutsch heißt, zum Rhein, zum Rhein, zum heiligen Rhein, wenn es sein könnte, mit Sturmesflügeln! Wir thun hier, was wir können. Reich und Arm, Alt und Jung strömt zu den Fahnen, die oberen Classen der Gymnasien müssen aufgelöst werden, weil selbst die Knaben, von Zorn entbrannt, die Ehre ihres

Königs und des deutschen Namens einlösen wollen.289)

Wenn

die Ehre des

Königs

und der Nation

stehen alle deutschen zusammen; mit einem Aufschrei der Empörung erhebt sich die Nation in dem Moment, da sie sich durch den Angriff von außen ihrer eigenen Identität bewußt wird. Die Zeitungen suggerieren das Bild eines nationalen Erwachens, das durch die französische Invektive ausgelöst wird; die Beleidigung in Bad Ems tangiert die Nationalehre, deren Existenz erst durch diese Attacke wirklich evident wird. Damit ist aber bereits ein wesentliches Konstituens der Nation aufgerufen worden eine Initialzündung hat stattgefunden, in deren Gefolge sich auch in jeder anderen Hinsicht der Nationalstaat herstellen wird. Die Konstruktion der Nation über die Nationalehre macht die Identifikation mit dieser Ehre zu einer Frage des Bekenntnisses für oder wider die nationale Einigung. Wer sich im Preußenkönig nicht selber beleidigt fühlen wollte, der zeigte damit an, daß er auch generell nicht bereit war, in Preußen den Repräsentanten Deutschlands anzuerkennen. Karl Klüpfel berichtet in seiner „Geschichte der deutschen Einheitsbestrebungen" von dem Abgeordneten Jörg, der am 18. Juli 1870 im bayerischen Landtag genau diese Argumentation benutzte, um sein Votum gegen den Kriegseintritt Bayerns zu begründen. „Die Ursache der traurigen Verwicklung liege außerhalb des Gebiets deutscher Interessen und deutscher Ehre", wird Jörg von Klüpfel paraphrasiert, „sie sei nur aus preußischer Hauspolitik hervorgegangen"290). Jörg verweigert für seine eigene Person und für den bayerischen Staat die Identifikation mit der Ehre des Preußenkönigs; dessen Würde ist für ihn ein Problem des Hauses Hohenzollern oder auch des preußischen Staates, aber keineswegs ein Problem ganz Deutschlands. Die verweigerte Identifikation mit der Ehre des Preußenkönigs markiert die Verweigerung gegenüber dem borussisch-kleindeutschen Nationaes

gilt,

Stämme, alle Gesellschaftsschichten und Generationen

-

289) KZ, Nr. 195 (16. 7. 1870), S. 1. 29°) Karl Klüpfel, Geschichte der deutschen Einheitsbestrebungen 1848-1871, Bd. 2, Berlin 1873, S. 341.

bis

zu

ihrer

Erfüllung

302

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

lismus ein schlagender Beleg für die vollständige Verquickung von Nationalidee und Nationalehre im Vorfeld des deutsch-französischen Krieges. Auch die nationale Begeisterung, die in Reden und Traktaten artikuliert wurde, kam selten ohne die Beschwörung der Nationalehre aus. Gerade das einheitsstiftende Moment, das mit diesem Topos verknüpft war, wurde immer wieder zum Ausdruck gebracht. Welcher Gesellschaftsschicht oder Region die Menschen auch entstammten, eine deutsche Ehre besaßen sie alle; die Beleidigung wurde von allen gefühlt und brachte ganz Deutschland auf die Barrikaden.291) Aber nicht nur das Volk verteidigte die Ehre des Königs, auch der König versuchte in Bad Ems die Ehre der ganzen Nation zu wahren. „Nur seine Ehre und seines Landes Ehre durfte der König nicht besudeln lassen"292), erklärte der Gymnasialdirektor Christian Muff noch etliche Jahre später in einer Rede zum Sedantag; die Zurechtweisung des französischen Botschafters erfolgte im Interesse der Würde ganz Deutschlands, als deren Sachwalter Wilhelm I. in Bad Ems bereits auftrat. Es war die erste deutsche Tat des Königs, die im Juli 1870 die noch gar nicht existierende Nation gleichsam symbolisch vorwegnahm. Erst im Anschluß an diese Geste, an dieses Fanal, so Ernst Herrmann, haben der König und „unsere tapfere Volkswehr" dann „zur Abwehr von nationaler Verunglimpfung"293) gemeinsam zu den Waffen gegriffen. Die Nationalehre und der Nationalkrieg sind zwei Stufen auf dem Weg zur Einigung Deutschlands; die Kränkung der Nationalehre läßt die Nation überhaupt erst zum Akteur werden, der folgende Krieg läßt diesen Akteur in der gemeinsamen Anstrengung zum Bewußtsein seiner selbst kommen. Wie einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wächst der Konstruktion der Nation in der Emser Beleidigungsaffäre während des Feldzugs ein stetig wachsender Realitätsgehalt zu. Stand am Ende des Krieges ein triumphierendes Deutschland, so rief in der Julikrise zunächst ein gedemütigter Preußenkönig die nationale Solidarität ein König, der den nationalen Schulterschluß mit dieser Geste der wach Schwäche vielleicht auch eher zu erreichen glaubte, als es ein auftrumpfendes Preußen vermocht hätte, von dem sofort wieder antiborussische Ressentiments in den anderen deutschen Ländern provoziert worden wären. Die „Fahrt von Ems nach Berlin", führte Wilhelm Oncken in einem Vortrag aus, den er am 24. Juli 1870 an der Universität Gießen hielt, „war der Triumphzug eines Fürsten, der mit einem Schlage Millionen Herzen erobert und die letzten Reste seiner schmollenden Gegner nicht zu Boden geworfen, nein, mehr als das, zu Be-

-

291 )

G. Wunderlich, Die Befreier Deutschlands. Ein Gedenk- und Erinnerungsbüchlein auf Deutschlands Einigung im Jahre 1871, Berlin 1871, S. 93. 292) Christian Muff, Die Tugend der Pflichttreue [1887], in: ders., Sieben Sedan-Reden, Halle a.S. 1895, S. 24. 293) Ernst Herrmann. Das neue deutsche Reich. Akademische Festrede am 75. Geburtstag Seiner Majestät des deutschen Kaisers Wilhelm L, Marburg 1871, S. 15.

2. Nationale

303

Integrationsmythen

wunderern und begeisterten Anhängern bekehrt hatte"294). Es fällt leichter, einem vormaligen Gegner die Hand zu reichen, wenn er sich in Bedrängnis befindet, als wenn er mit hochfahrender Geste diejenige Unterstützung einfordert, die fast schon einer Unterwerfung gleichkommt. Dem Preußenkönig zur Hilfe zu eilen, war mit dem Stolz der anderen deutschen Länder viel leichter zu vereinbaren. Als die Ereignisse von Bad Ems bekannt wurden, da

ging ein einziger Ruf durch die ganze Nation von den Alpen bis zum Meere, von dem Rheine bis zur March [sic]; die Jungen sagten's mit freudigem Ungestüm, die Alten mit ernster Resignation, Alle aber ohne Zagen und ohne Schwanken: Es ist entschieden, der Krieg muß sein, er wird ungeheure Opfer fordern, aber sie müssen gebracht werden, denn „Nichtswürdig ist die Nation/Die nicht ihr Alles setzt an ihre Ehre".295) Die Schiller-Verse

am

Schluß des Zitats werden im deutsch-französischen

Krieg zum geflügelten Wort; zahllose Kriegsdarstellungen setzen sie als Motto

voran, zahllose Autoren

flechten sie in ihre Texte ein

als

wenn

der Weimarer

Klassiker, Heros der bildungsbürgerlichen Kultur, in eigener Person die Parole -

für den Krieg des Jahres 1870/71 ausgegeben hätte. In den Kriegsbüchern, die eine Gesamtdarstellung des Feldzugs leisten, gehört der Emser Beleidigungsskandal zu den festen Bestandteilen des Erzählaufbaus. Beinahe jedes Kriegsbuch schürzt den Konflikt zwischen Preußen und dem eifersüchtigen Frankreich, das den nationalen Einigungsprozeß in Deutschland mit allen Mitteln verhindern will, an genau dieser Stelle; in Bad Ems eskaliert ein lange schwelender Streit, und der offene Schlagabtausch beginnt, der die Entscheidung zwischen den beiden Kontrahenten herbeiführen soll.296) Dabei schafft gerade die Beleidigung des Preußenkönigs, die als Angriff auf die Nationalehre interpretiert wird, den imaginären Nationalverband, der anschließend in den Monaten des Feldzugs schrittweise zur Realität wird. Prämisse dieses Darstellungs- und Interpretationsschemas ist die vollständige Identifikation der Ehre des Monarchen mit der Ehre der Nation; nur unter dieser Voraussetzung ist es möglich, die Beleidigung zu einer kollektiven Erfahrung und zum Motiv des nationalen Schulterschlusses zu machen. In immer wieder neuen Varianten führen die Kriegsbücher den Kunstgriff dieser Identifikation durch; vermieden werden muß um jeden Preis die Trennung der Ehre

294)

Wilhelm Oncken, Unsere Lage bei Ausbruch des Krieges. Vortrag, gehalten am 24. Juli 1870 im großen Clubsaale zu Gießen, in: ders., Zwei Reden, Gießen 1895, S. 14. 295) Ebd., S. 4. 296) So etwa Ferdinand Schmidt, Der Franzosenkrieg 1870-1871, Bd. 1, Berlin 1871, S. 81 f.; Friedrich Dörr, Der Deutschen Krieg gegen Frankreich im Jahre 1870, Bd. 1, Berlin 1870, S. 123; Hermann Kleinsteuber, Deutsche Helden des Krieges von 1870, Leipzig 41870, S. 3; Franz Maurer, Deutsches Heldenbuch. Illustrirte Geschichte des deutsch-französischen Kriegs 1870-1871, Stuttgart o.J., S. 10; Paul Hassel, Von der dritten Armee. Kriegsgeschichtliche Skizzen aus dem Feldzuge von 1870-1871. Leipzig 1872, S. 1 f.; Wilhelm Müller, Der große Krieg und das deutsche Reich, Stuttgart/Leipzig [1873], S. 3; C. Trog, Deutschland über Alles! Ein Festgeschenk zur Feier des deutschen Nationalfestes am 2. September, Essen 91876, S. 6.

304

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

des Königs oder des preußischen Staates von der Ehre der gesamten deutschen Nation. Die Beleidigung muß im Gegenteil von jedem Deutschen direkt und unmittelbar gefühlt worden sein. In den Feldzugserinnerungen des Ingenieurs Hößlin auch die Selbstzeugnisse der Kriegsteilnehmer folgen demselben diskursiven Schema297) wird ein solches Erlebnis, eine solche Erfahrung beschrieben, wie sie in ähnlicher Weise überall in Deutschland gemacht werden konnte. Als Hößlin an einem Julitag des Jahres 1870 die Zeitung aufschlägt, teilen sich ihm dieselben Gefühle mit, die dem König bei seinem Auftritt mit Benedetti zugeschrieben werden: „Mit hochklopfendem Herzen und heißaufwallender Erregung las ich dann die folgenschwere Beleidigung des greisen Preußenkönigs durch Benedetti in Ems"298). Die Zeitung simuliert das Ereignis in Bad Ems so echt und so unmittelbar, daß sogar die körperlichen Reaktionen des Lesers mit denjenigen des Königs exakt gleichgeschaltet werden können. Die immer wiederkehrende Feststellung, daß „ganz Deutschland entrüstet [war] über die dem König von Preußen zugefügte Schmach"299), daß die „Beleidigung des Königs von Preußen" eine Beleidigung „aller Deutschen"300) war, ist also bei vielen Lesern durchaus in einem wörtlichen Sinne zu verste-

-

hen.301) Wie ein Gründungsmythos wies der Krieg auf den kommenden deutschen Nationalstaat voraus. Weniger die Realität des Krieges als vielmehr seine Stili-

297) Beispielsweise Georg Heinrich Rindfleisch, (Brief v. 26. 11. 1870 aus Gondreville an die Ehefrau), in: ders., Feldbriefe 1870-71, Halle a.S. 21889, S. 118; Martin Schall, (Brief v. 19. 7. 1870 aus Berlin an die Braut), in: ders., Vor vierzig Jahren. Kriegserinnerungen eines ehemaligen Lazarettpfarrers der II. Armee 1870-71, Spandau 1910, S. 4; Hans Wachenhusen, Tagebuch vom französischen Kriegsschauplatz 1870-1871, Berlin 1871, S. 3; A. Zimmermann, Erlebnisse und Eindrücke eines Deutschen Feldsoldaten in Frankreich 1870 und 1871, Hannover 1877, S. 11; Vier Monate vor Paris 1870-1871. Belagerungstagebuch eines Kriegsfreiwilligen im Gardefüsilierregiment, München 21896, S. 243; August Dänzer, Mit den badischen Truppen 1870-71 nach Frankreich und der Kriegsschauplatz nach 40 Jahren, Freiburg i.B. 1912, S. 3. 298) G[ustav] A[dolf] von Hößlin, Kriegs-Erinnerungen eines Bayern als Freiwilliger im I. Württ. Jägerbataillon aus dem Jahre 1870/71, Stuttgart 1889, S. 3. 299) Jakob Zaiß, Aus dem Tagebuch eines badischen Pioniers. Schilderung der Belagerungen von Straßburg, Schlettstadt, Neu-Breisach und Beifort, sowie der dreitägigen Schlacht bei Beifort im Kriege 1870/71, Karlsruhe 1894, S. 12. 3(x)) Julius Hoeck, Meine Erlebnisse als Kriegsfreiwilliger bei den badischen schwarzen Dragonern im Feldzuge 1870-71, Karlsruhe 1895, S. 4. Überall, wo deutsche Zeitungen gelesen wurden, konnten sich auch Deutsche durch den Angriff auf den Preußenkönig beleidigt fühlen sogar im entferntesten Ausland, wo es ebenfalls Kriegsbegeisterte gab, die sofort in die Heimat zurückkehrten, um sich den deutschen Truppen anzuschließen. Siehe Bernhard Arke, Im Felde. Kriegserinnerangen eines Freiwilligen vom Grenadier-Regiment König Friedrich II., Berlin 1894, S. 1. 3U1) Zumindest gilt dies für solche Leser, denen (im weitesten Sinne) schon ein Nationalbewußtsein vermittelt worden war; hier fielen die Nachrichten von der Emser Affäre sofort auf fruchtbaren Boden (Bis in die Kriegsgefangenschaft. Erinnerungen aus der Zeit des großen Kampfes von 1870-71. Von einem 67er, Berlin o.J., S. 4). -

2. Nationale

Integrationsmythen

305

sierung schuf politisch-kulturelle Leitbilder, die für das Kaiserreich von großer Prägekraft waren. Die Art und Weise, in der die Nation in Wechselwirkung mit dem Krieg entstand, konnte für ihr Selbstverständnis nicht folgenlos bleiben. Die Entfesselung des Krieges durch eine vermeintliche Beleidigung des Preußenkönigs war in dieser Perspektive mehr als nur eine beliebige Verkettung von Ereignissen. Die Emser Affäre war kein zufälliger Anlaß, der den Krieg in derselben Weise auslöste, wie es auch andere Anlässe hätten tun können sie wurde von der bürgerlichen Öffentlichkeit zu einem Vorzeichen stilisiert, unter dem der Krieg genauso wie die anschließende Nationalstaatsgründung fortan standen. Der Schulterschluß des Monarchen mit der Nation, den die Ereignisse in Bad Ems scheinbar erzwangen, war das Motto der Mobilmachung und auch noch der politischen Verfassung des Kaiserreichs. Wie in einem Roman die Anfangssequenz oftmals strukturbildend für den ganzen Text ist, so drückte auch die Emser Legende in den bürgerlichen Kriegsdarstellungen allen folgenden Ereignissen ihren Stempel auf. Hier war bereits in nuce das politisch-ideologische Programm angelegt, das für den Krieg und für die Gründung und den Ausbau des Deutschen Reiches bestimmend bleiben sollte. Kennzeichnend für dieses Programm war vor allem die Synthese politischkultureller Muster aus der aristokratischen und der bürgerlichen Tradition. Die Beleidigung des Preußenkönigs war genauso als ein Angriff auf die Person des Monarchen wie als eine Attacke gegen die ganze Nation zu interpretieren. Im ersten Fall wurde ein feudaler Ehrenkodex aufgerufen, der jeden Untertanen des Königs dazu verpflichtete, für die Ehre seines Herrn in die Schranken zu treten; gerade im Offizierkorps galt die wechselseitige Verantwortung des obersten Kriegsherrn für die Ehre der Truppe und umgekehrt der Truppe für die Ehre des Königs als entscheidendes soziales Bindemittel. Im zweiten Fall indes identifizierte man die Person des Königs mit der ganzen Nation, deren kollektive Ehre in Bad Ems tangiert worden sein sollte. Jeder Deutsche identifizierte sich in diesem Sinne mit dem beleidigten Preußenkönig, so daß aus dem gemeinsamen Gefühl der Erniedrigung die nationale Solidarisierung erwuchs, die im Verlauf des Krieges dann letztendlich zur Gründung des Nationalstaats führte. Die nationale Erhebung des Juli 1870 war und blieb aber aus zwei Quellen gespeist; nicht nur national enthusiasmierte ,Deutsche', sondern auch treue Untertanen, die für die Ehre ihres Königs einstanden, zogen in den Krieg, so daß die politische Ambivalenz der Ereignisse jederzeit gewahrt wer-

-

-

den konnte. Oft war es nur eine Frage der Akzentsetzung, ob die Ehre des Königs oder die Ehre der in der Person des Königs beleidigten Nation verteidigt werden sollte. Schlug das Pendel zur einen Seite aus, dominierte das feudale Pathos des bedingungslosen Einsatzes für den Kriegsherrn, mit dessen Ehre man durch den Fahneneid des Soldaten unauflöslich verbunden war; schlug es zur anderen Seite aus, erhielt das bürgerlich-nationalistische Pathos die Oberhand, das die Ehre Deutschlands wahren wollte, die im König gleichsam pars pro toto angetastet worden war. Der Krieg für die nationale Einigung Deutsch-

306

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

lands blieb insofern auch ein Krieg für den König und mit ihm für die konservativen Mächte, die durch den Emser Skandal gleichfalls zu Höchstleistungen für die gemeinsame Sache von König und Vaterland angestachelt wurden. In geradezu idealer Weise verschränkte der Beleidigungsmythos das nationale Engagement mit dem Dienst an König und Obrigkeit, die Einigung Deutschlands mit der Fusion der alten und neuen Eliten, den bürgerlichen Anspruch auf Mitwirkung mit dem traditionellen Führungsanspruch der Aristokratie.

b) Die historische Analogie: Das Jahr 1813 Bei der Wahrnehmung und Deutung politischer Ereignisse spielt der Vergleich mit vermeintlich ähnlichen Geschehnissen aus der Vergangenheit oftmals eine zentrale Rolle. Das Neue wird verstehbar gemacht, indem es mit dem Alten gleichgesetzt wird; die Parallele zu Ereignissen, die bekannt und vertraut sind, nimmt dem Neuen seine Fremdheit und fügt es gleichzeitig in ein vorgefertigtes Interpretationsschema ein. Die Wahl dieses Schemas ist dabei ein wichtiges Politikum; bei einiger Interpretationskunst lassen sich sehr viele Vergleiche zwischen (scheinbar) ähnlichen Ereignissen ziehen. Jedes historische Ereignis hat aber einen bestimmten Stellenwert in der Geschichte, den es durch die Herstellung einer entsprechenden Analogie auf das aktuelle Geschehen projiziert. Ob sich die vergangenen Abläufe mit einem Sieg oder einer Niederlage, mit einer Revolution oder einem Rückschritt, einer besonderen Freundschaft oder Feindschaft verbinden immer werden sie ihre eigene Bedeutung auch den neuen Ereignissen beimengen, zu denen man sie in Vergleich setzt. Folglich sind die historischen Analogien stets ein wesentlicher Beitrag zur Interpretation der aktuellen Politik. Wer die geschichtlichen Vergleiche auswählt, lanciert und verbreitet, die dem gegenwärtigen Geschehen unterlegt werden, der übt auch eine entscheidende Deutungsmacht über dieses Geschehen aus. Die historische Analogie führt eine Sinnprojektion vom vergangenen auf das gegenwärtige Ereignis herbei; die Auswahl des Projektors, also desjenigen geschichtlichen Ereignisses, das die Interpretation der Gegenwart steuert, ist ein Deutungsakt, der bei der Rekonstruktion einer historischen Deutungskultur nicht vernachlässigt werden darf. Die Deutungskultur des deutsch-französischen Krieges, die in den verschiedenen Darstellungen dieses Konflikts sichtbar wird, ist ebenfalls nicht ohne die Konstruktion historischer Analogien ausgekommen. Auch für den Krieg des Jahres 1870/71 standen Vergleiche aus der näheren und ferneren Vergangenheit bereit, die immer wieder herangezogen und aktiviert wurden, wenn es um die Interpretation der aktuellen Geschehnisse ging; geschichtliche Verweise drangen ständig in die Darstellung des Konflikts ein und wurden als Wahrnehmungsfolien für die gegenwärtigen Ereignisse aufgebaut. Dabei spielten vor allem die früheren Kriege zwischen Deutschland und Frankreich eine große Rolle; die Erinnerung an diese Auseinandersetzungen konnte die vermeintliche -

2. Nationale

Integrationsmythen

307

Erbfeindschaft zwischen den beiden Völkern belegen und gleichzeitig den neuen Krieg wie ein Glied in einer Kette französischer Aggressionen und Überfälle erscheinen lassen. Einige Autoren griffen sogar bis in die Antike zurück, um Vergleiche für den Feldzug des Jahres 1870 zu finden; einmal war es der Sieg der Germanen über Rom302), ein anderes Mal der Einfall der Germanen in Gallien303), die als Vorbilder herhalten mußten. Beide Analogien hatten den Vorzug, an die (vorgebliche) gemeinsame Abstammung aller Deutschen von den Germanen zu erinnern und dadurch einem Gefühl der Zusammengehörigkeit Vorschub zu leisten, das durch die staatliche Zerrissenheit Deutschlands in Frage gestellt war. Eher auf die ,historische Schuld' Frankreichs gegenüber Deutschland hoben diejenigen Vergleiche ab, die auf die Konflikte zwischen den Bourbonen und dem Reich im 17. Jahrhundert hinwiesen. Als der preußische General von Werder am 30. September 1870 in Straßburg einritt, war sich der Belagerungssoldat Hex eines ungewöhnlichen Jubiläums bewußt; die Stadt war „genau 189 Jahre zuvor, am 30. September 1681, dem ohnmächtigen deutschen Reiche durch Gewaltact Ludwigs des XIV. mitten im Frieden entrissen worden"304). Solche Analogien waren gleichzeitig dazu geeignet, den Feldzug des Jahres 1870 wie eine berechtigte Revanche erscheinen zu lassen und den Anspruch Deutschlands auf das Elsaß zu bekräftigen schließlich holte man sich nur zurück, was die Franzosen knapp zweihundert Jahre zuvor dem Reich gestohlen hatten. Die Belagerung Straßburgs gab einem Teil der Einwohnerschaft der Stadt noch einen weiteren Vergleich ein, der sich ebenfalls auf eine Datumsgleichheit stützte; Dr. Ernst Engel, der im Auftrag des Berliner Hilfsvereins eine Sendung von „Liebesgaben" an die deutschen Belagerungstruppen überbrachte, berichtet in seinen Memoiren, daß die Straßburger Katholiken den Brand des Münsters in der Nacht vom 23. auf den 24. September als eine Rache der protestantischen Preußen für die immerhin schon fast dreihundert Jahre zurückliegende Bartholomäusnacht interpretierten während die deutschen Belagerer gar nicht an diese „Coincidenz der Tage"305) gedacht hätten. Die Straßburger Katholiken hingegen, ohnehin durch einen langjährigen unterschwelligen Konflikt mit den Protestanten der Stadt sensibilisiert, konstruierten sofort einen Zusammenhang zwischen dem Jahrestag des historischen Massakers an den französischen Protestanten und der gezielten Beschießung des katholischen Wahrzeichens der Stadt durch die „Prussiens". So konnte auf französischer Seite eine historische Analogie sogar dazu

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302) P. Rudolph Marty, Friedensbilder aus dem deutsch-französischen Kriege 1870-71, Amberg 31872, S. 164f. 303) Gustav Freytag, Erinnerungen aus meinem Leben, Leipzig 1887, S. 347. 304) F. Hex, Vor Straßburg. Erinnerungen aus dem Jahre 1870, Straßburg 1895, S. 117. 305) [Ernst] Engel, Erlebnisse und Wahrnehmungen bei Ueberbringung einer Sendung von Liebesgaben des Berliner Hülfsvereins für die deutschen Armeen im Felde an die Belagerungstruppen von Strassburg, Berlin 1870, S. 16.

308

I. Die

Kriegsdeutung im Medium der Sprache

dem Krieg des Jahres 1870/71 Züge eines Religionskrieges zu verleihen. Auf deutscher Seite war es ein anderer Zufall, der immer wieder zu weitreichenden Interpretationen Anlaß gab. Während der Kämpfe um das Dorf Bazeilles, das in der Schlacht bei Sedan eine Schlüsselstellung bildete, war das in der Nähe gelegene Schloß der Familie Turenne in Flammen aufgegangen; jener Familie entstammte der berüchtigte Marschall, der im Pfälzischen Erbfolgekrieg im Namen des Sonnenkönigs das linke Rheinufer verwüstet und Heidelberg in Schutt und Asche gelegt hatte. Nun hatte das gleiche Schicksal den Stammsitz seiner Familie ereilt eine Analogie, die dem Feldzug erneut den Charakter eines Rachekrieges, einer berechtigten Revanche verlieh.306) Frankreich hatte auch im Jahre 1870 wieder einen Raubkrieg gegen Deutschland eröffnet, aber diesmal waren die brennenden Scheite auf seine eigenen Dächer

beitragen,

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gefallen.

Neben diesen .kleineren' Analogien, die vor allem darauf abzielten, die Aggressivität und unbestreitbare Kriegsschuld Frankreichs herauszustellen, gab es aber in der deutschen Kriegspublizistik auch noch einen wirklich zentralen Vergleich, eine fast permanent alludierte historische Wahrnehmungsfolie, die sich geradezu ideal in die gesamte Deutungskultur des Krieges von 1870/71 einfügte. Hierbei handelte es sich um die Analogie zu den Befreiungskriegen, speziell zum großen Aufbruch des Jahres 1813. Nicht nur der Umstand, daß der Kriegsgegner in den Jahren 1813 und 1870 derselbe war, sondern auch die neuerliche Konfrontation mit einem Napoleoniden drängte den Kommentatoren diesen Vergleich in die Feder. Außerdem standen die Befreiungskriege zumindest intentional ebenso im Zeichen der nationalen Einigung wie der Feldzug von 1870/71. In beiden Fällen, so wollte es die Interpretation, stand eine unterjochte beziehungsweise von der Unterjochung bedrohte Nation auf, um den westlichen Nachbarn, den Friedensstörer und Bedränger der Völker Europas, in die Schranken zu weisen. Der Vergleich zwischen 1813 und 1870 wurde zusätzlich dadurch erleichtert, daß die Ereignisse der Napoleonischen Kriege und der Befreiungskriege noch im Gedächtnis des Volkes hafteten. Es waren die Eltern, Groß- und Urgroßeltern der Zeitgenossen von 1870, die den Kampf mit dem Frankreich Napoleons I. miterlebt hatten. Weil es in Mitteleuropa seit 1815 bis zu den Einigungskriegen keine großen Staatenkriege mehr gegeben hatte, müssen die Erzählungen von den Befreiungskriegen das Kriegsbild der Menschen des 19. Jahrhunderts, auch noch der Zeitgenossen von 1870, maßgeblich mitbestimmt haben. Die Parallele zwischen dem Konflikt mit Napo-

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Abbildung 25: Kriegsgefangen

1870. Anton

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Abbildung 32:

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aus:

Bourbaki-Panorama. Edouard Castres

3. Der gemalte

Krieg

453

Andere Bilder zeigen jedoch auch Handschläge oder zumindest Handberührungen zwischen den Anführern und einfachen Soldaten aus ihrem Gefolge. Die Würde der Führungspersönlichkeit wird hierbei aber dadurch gewahrt, daß der Gefolgsmann die Hände seines Patrons mehr ergreift, als daß er sie schüttelt die ganze Szene wirkt wie eine Kulthandlung, bei welcher der Fürst einen Segen spendet, indem er das Berühren seiner Hände zuläßt. Hier wird eine sehr alte ikonographische Tradition aufgegriffen, die besonders aus dem christlichen Kontext bekannt ist. Auch die Assoziation eines Handschlags, mit dem ein Gelübde oder ein Vertrag bestätigt werden, schwingt dabei mit. Besonders markante Beispiele für die Präsentation solcher Szenen sind Hugo von Blombergs Gemälde „König Wilhelm I. nach dem Sieg bei Königgrätz"204) und ein Bild Karl Steffecks mit fast gleichlautendem Titel.205) Blomberg zeigt in einer wildbewegten Szene gleich mehrere Soldaten in verschiedenen Posen, die dem König sehnsüchtig ihre Hände entgegenstrecken; während diese Geste bei den liegenden und knienden Soldaten nur symbolischen Charakter hat, gelingt es zwei aufrechtstehenden Kriegern, an den Monarchen, dessen Pferd kaum zu bändigen ist, tatsächlich heranzutreten und seine Hände zu berühren, die ihnen großmütig überlassen werden. Steffeck steigert diese Geste noch, indem er den Soldaten, der auf seinem Bild die Hand des Monarchen ergreift, sogar zu einem Kuß ansetzen läßt; der König, auch hier hoch zu Roß, schaut in eine andere Richtung und läßt die Huldigung fast unbeachtet geschehen. Einen ähnlichen Gnadenakt, wenn auch ohne Handberührung, zeigt Frank Kirchbachs Gemälde „Kronprinz Friedrich bei Wörth"206); hier ist es der preußische Kronprinz, der vom Rücken seines Pferdes herab einem am Boden liegenden Verwundeten, um den sich bereits eine Ordensschwester kümmert, seine Feldflasche anbietet. Neben dem feudalen Pathos, das in der Berührung der Hände vor allem das Treueverhältnis von Herr und Gefolgschaft zum Ausdruck bringt, kann der Handschlag in der Ikonographie der Einigungskriege aber auch mit nationalem Pathos verbunden sein. Auf einem Bild Christian Speyers, das den „Einzug der württembergischen Truppen in Stuttgart am 20. Juni 1871 "207) darstellt, ist neben den beiden Hauptfiguren, dem Generalleutnant von Obernitz und dem Generalmajor von Reitzenstein, im rechten Vordergrund auch ein Reiter zu sehen, -

204) Hugo von Blomberg, König Wilhelm I. nach dem Sieg bei Königgrätz [Abb. in Irmgard Wirth, Berliner Malerei im 19. Jahrhundert. Von der Zeit Friedrichs des Großen bis zum Ersten Weltkrieg, Berlin 1990, S. 318]. 205) Karl Steffeck, Der Sieger von Königgrätz, von seinen Kriegern begrüßt [1869; Abb.

Wilhelm Oncken, Unser Heldenkaiser. Festschrift zum hundertjährigen Geburtstage Kaiser Wilhelms des Großen, Berlin 1897, S. 99]; ähnlich auch Theodor Rocholl, König Wilhelms Ritt um Sedan am Tage nach der Schlacht [1890; Abb. Kreis-Krieger-Verband BochumLand (Hg.), Kriegserinnerungen der Veteranen des Verbandes, Bochum 1913, S. 478]. 206) Frank Kirchbach, Kronprinz Friedrich bei Wörth [1891; Abb. in Laurenz Kiesgen, Der deutsch-französische Krieg 1870-71, Münster i.W. [1895], S. 21]. 207) Christian Speyer, Einzug der württembergischen Truppen in Stuttgart am 20. Juni 1871 [Abb. in Schneider, Bilderatlas zur Württembergischen Geschichte, S. 89].

454

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

der mit einem Zuschauer einen Händedruck austauscht. Die Szene springt um so mehr ins Auge, als der Reiter eine fast akrobatische Körperdrehung vollziehen muß, um die Hand des im Spalier stehenden Mannes überhaupt zu erreichen. Soldat und Bürger, Kombattant und Nicht-Kombattant, Armee und Heimat beschwören mit diesem Handschlag ihre Einheit. Noch verstärkt wird diese Botschaft durch einen im rechten Vordergrund stehenden Greis, der durch eine rustikale Flinte, die über seiner Schulter hängt, als Milizionär, als bewaffneter Bürger kenntlich ist. Auch dieser Greis jubelt den einziehenden Truppen zu es gibt keinen Gegensatz mehr zwischen der Armee und dem Gedanken der Volksbewaffnung, seit die Armee die Interessen der Nation wahrnimmt. Unter den Porträts der Führungspersönlichkeiten spielen selbstverständlich die Darstellungen des preußischen Königs und späteren Kaisers eine besonders wichtige Rolle. In keiner Figur verkörpern sich pars pro toto die Eigenschaften des neuen Staates so deutlich wie in der Gestalt des Regenten. Die Attribute, die Wilhelm auf den Gemälden beigelegt werden, beziehen sich niemals nur auf seinen individuellen Charakter, sondern sind stets verschlüsselte programmatische Aussagen zur Rolle der Monarchie im neuen Nationalstaat. So ist Anton von Werners Gemälde „Am 19. Juli 1870" (vgl. Abb. 16)208), um mit einem Bild zu beginnen, das auf ein Ereignis aus der Zeit unmittelbar vor Beginn des deutsch-französischen Krieges Bezug nimmt, weit mehr als nur eine Darstellung des betenden Königs am Grab seiner Eltern; das Bild ruft vielmehr den gesamten Sinnzusammenhang auf, der sich um die historische Analogie zu den Befreiungskriegen rankt und auch in den literarisch-publizistischen Quellen eine wichtige Rolle spielt Werners Gemälde ist gewissermaßen als eine Visualisierung dieses Deutungsmusters zu begreifen. Im Stile vieler Beschreibungen der berühmten Szene, die in den Kriegsbüchern abgedruckt sind, verzichtet auch der Maler darauf, den König in Begleitung des Kronprinzen zu zeigen, obwohl Vater und Sohn faktisch am 19. Juli 1870 gemeinsam das Charlottenburger Mausoleum aufgesucht hatten. Wahrscheinlich unterließ Werner die Darstellung dieser zweiten Figur aus kompositorischen Gründen; das Motiv des am Grabe seiner Eltern Stärkung suchenden Königs wäre sonst nicht so prägnant erschienen. Mit gesenktem Haupt, offensichtlich in ein Gebet versunken, steht Wilhelm am Sarkophag Luisens, der in gleißendes Licht getaucht ist; die Grabstelle Friedrich Wilhelms III., ohnehin in den Hintergrund gedrängt, ist im Halbschatten nur undeutlich zu erkennen. Der König trägt eine dunkle Uniform, in den Händen hält er eine Pickelhaube: Der Oberkommandierende der Truppen des Norddeutschen Bundes ist für den Feldzug gerüstet. Um sich auch innerlich zu wappnen, sucht Wilhelm das stille Zwiegespräch -

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208) Anton von Werner, Am 19. Juli 1870 (König Wilhelm am Sarkophag seiner Mutter, der Königin Luise, im Mausoleum zu Charlottenburg) [1881; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von

Werner, S. 247].

3. Der gemalte

Krieg

455

mit den Eltern, die vor langer Zeit ebenfalls eine große Auseinandersetzung mit Frankreich zu bestehen hatten. Das helle Licht, das auf die Skulptur der Königin fällt, läßt sie fast entrückt wirken; die spirituelle Dimension des Dialogs zwischen Mutter und Sohn wird durch diesen geschickten Einsatz des Lichtes noch zusätzlich hervorgehoben. Der Geist Luisens, das ist die Botschaft des Bildes, geht auf den bescheiden zu ihren Füßen verharrenden König über, dessen Körpersprache nur den Wunsch zu empfangen ausdrückt. In dieser Weise gestärkt, ja buchstäblich erleuchtet, wird Wilhelm an die Erfolge des Jahres 1813 anknüpfen können. Preußen eröffnet den Krieg nicht überschwenglich und triumphierend, sondern mit einer Demutsgeste, die keinen Zweifel daran läßt, daß Frankreich der Aggressor ist. Der König erfüllt nur seine Pflicht, wenn er, wie einstmals seine Eltern, die Zumutungen des Feindes zurückweist. Dieser Gestus der Pflichterfüllung verbindet die Krone mit allen anderen Teilen der Nation auch in den schriftsprachlichen Kriegsdarstellungen der Autoren aus dem bildungsbürgerlichen Milieu spielt er eine entscheidende Rolle. Die Selbstzeugnisse der Kriegsteilnehmer aus diesen Kreisen verknüpfen den Topos der Pflichterfüllung zudem oft mit einem ganz bestimmten Initiationsritus: mit einem Besuch bei den Eltern, die den Söhnen vorab ihren Segen geben müssen, um ihnen zu bestätigen, daß sie keine Abenteurer sind, sondern tatsächlich nichts anderes als ihre patriotische Schuldigkeit tun. Der König vollzieht in Charlottenburg dasselbe Ritual, indem auch er symbolisch den Segen seiner Eltern in Empfang nimmt, bevor er in den Krieg zieht. Andere Gemälde, die thematisch ebenfalls noch im Vorfeld des Krieges angesiedelt sind, zeigen nicht weniger bürgerliche Verhaltensweisen des Königs. Adolph von Menzels Darstellung der „Abreise König Wilhelms zur Armee" (vgl. Abb. 17)209) porträtiert den Monarchen in einer einfachen Kutsche, die sich auf der Prachtstraße Unter den Linden ihren Weg durch die Menge bahnt. An der Seite des Königs, der die Hand zum Gruß erhebt, sitzt seine Gemahlin; beide Monarchen sind nur undeutlich zu erkennen, weil sie, im linken Mittelgrund des Bildes plaziert und nur klein gezeichnet, fast von der Menge verdeckt werden, die auf dem Bürgersteig Spalier steht. Dennoch ist das weiße Taschentuch nicht zu übersehen, mit dem die Königin Augusta die Tränen trocknet, die ihr offenbar der Abschiedsschmerz entlockt hat. Menzel zeigt den König und die Königin wie ein einfaches bürgerliches Ehepaar, das für einige Monate auseinandergehen muß und vom Weh der Trennung gerührt ist. Auf jeden Pomp, den ein Motiv wie der Abgang eines Monarchen zu seiner Armee am Vorabend eines großen Krieges eigentlich nahelegen würde, wird ostentativ verzichtet. Die Kutsche des Königs ist so schlicht wie die Geste, mit der er, die Hand zum Helm führend, die Menge begrüßt; die Tränen der Königin erweisen -

209) Adolph von Menzel, Unter den Linden in Berlin am Nachmittage des 31. Juli 1870. Abreise König Wilhelms zur Armee [1871; Abb. in Germer/Zimmermann (Hgg.), Bilder der Macht, S. 523]. Das Gemälde wurde von der Nationalgalerie erworben.

456

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

fürsorgliche Gattin und Hausmutter und keineswegs als das auftrumpfende weibliche Oberhaupt des Hauses Hohenzollern. Mit einer gewissen Berechtigung ließe sich sogar sagen, daß der eigentliche Held des Bildes die bürgerliche Gesellschaft Berlins ist, welche die Kutsche des Königs umringt. Die Bürgersleute im Vordergrund sind nicht nur größer gezeichnet als das Königspaar, sie ziehen auch die Aufmerksamkeit des Betrachters viel stärker auf sich als das bescheidene Gefährt der Staatsoberhäupter. Zwei Männer, die im linken Vordergrund gemeinsam ein Schriftstück studieren, nehmen von Wilhelm und Augusta noch nicht einmal Notiz. Der König ragt nicht über die bürgerliche Gesellschaft hinaus, sondern er ist in dieser Gesellschaft aufgehoben, indem er selbst ein Teil von ihr geworden ist.210) Ein Bild Anton von Werners, das auf ein Ereignis Bezug nimmt, das sich ungefähr eine Woche später zutrug, zeigt den König aus einer ähnlichen Perspektive. Nach dem Sieg bei den Spicherer Höhen hatte Wilhelm einen Besuch in Saarbrücken angekündigt; die Stadtväter fanden sich am 8. August zum Empfang des Königs am Stadtrand bei St. Johann ein, wo sie ihn aber vergeblich erwarteten. Statt dessen erschien der Monarch erst am nächsten Tag und wurde nur von denjenigen begrüßt, die zufällig von seiner verspäteten Ankunft erfahren hatten.2") Als Werner den Besuch des Königs für seinen Saarbrücker Rathauszyklus malte (vgl. Abb. 18)212), setzte er sich über dieses unglückliche Mißverständnis einfach hinweg und präsentierte die Szene so, wie sie sich idealiter abgespielt haben sollte: Die Honoratioren nahmen den in einer Kutsche heranfahrenden König an der Alten Brücke in Empfang, um ihn von dort aus in die Stadt hineinzugeleiten. Der gleichzeitige Menschenauflauf läßt eine Szene entstehen, die sehr stark an Menzels „Abreise des Königs" erinnert. Wieder ist der König relativ klein gezeichnet und fast unauffällig, weit abgerückt vom Zentrum des Bildes, im Mittelgrund plaziert; wieder benutzt er eine sie als eine

schlichte Kutsche, die seinem gesamten Auftritt einen Anstrich von bescheideBürgerlichkeit gibt. In einem engeren Kreis umstehen die Stadtväter die Kutsche des Monarchen, in einem weiteren Kreis gesellt sich ihnen ein bunter Volkshaufen bei: wohlhabende Bürgersleute neben Handwerkern, verwundete ner

210)

Siehe auch die Interpretation bei Peter Paret, Kunst als Geschichte. Kultur und Politik Menzel bis Fontane, München 1990, S. 183. Eine Fahne des Roten Kreuzes, die an einer der Hausfassaden auf der rechten Bildseite angebracht ist, läßt einmal mehr Menzels skeptische Haltung gegenüber dem Krieg deutlich werden; mit diesem Zeichen macht er offensichtlich auf die Leiden aufmerksam, die den deutschen Truppen in den kommenden Monaten noch bevorstehen. 21') Zu diesen Informationen siehe Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 259; auch Paret, Kunst als Geschichte, S. 201. 212) Anton von Werner, Ankunft Seiner Majestät in Saarbrücken (9. August 1870), Wandbild im Rathaussaal zu Saarbrücken [1881; Abb. einer Farbskizze zu diesem Gemälde, die nur in wenigen Details von der Endfassung abweicht, in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 261; ebd., S. 253 auch die Endfassung, allerdings nur in Gestalt einer historischen von

Schwarz-Weiß-Fotografie].

3. Der gemalte

Krieg

457

Soldaten neben Sanitätern, spielende Kinder neben der Eskorte. An den Krieg erinnern außer den Blessierten nur noch die Sandsäcke und Fässer neben der Brücke. Einige schwarz-weiß-rote Fahnen bringen die Gesinnung der Bevölkerung zum Ausdruck. Auch auf diesem Gemälde ist .Seine Majestät', die doch eigentlich porträtiert wird, kaum auch nur als Hauptfigur zu bezeichnen; die vielen Nebenfiguren, die den Vordergrund des Bildes bevölkern, sind soviel bunter und pittoresker als der unauffällig gezeichnete Monarch, daß sie weitaus stärker auf den Betrachter wirken. Ins Auge fallen der bärtige Bäcker und der ungeschlachte Schmied, die von der linken Bildseite her die Szene beobachten, sowie die beiden Bahrenträger, die einen Verwundeten quer durch das Bild transportieren; beide Gruppen vermitteln den Eindruck, als seien sie durch die Ankunft des Königs eher bei ihrer Arbeit gestört worden, als daß sie seit Stunden diesem Ereignis entgegengefiebert hätten. Einmal mehr tritt der Monarch ohne Aufhebens in das normale bürgerliche Leben ein, einmal mehr wird er dadurch symbolisch in dieses Leben eingeschmolzen und zum perfekten Bürgerkönig

stilisiert.213) Daß der

König

kein Aufhebens

um

seine Person und seine Bedürfnisse

macht, ist auch die Aussage eines Gemäldes von Theodor Rocholl, das im Jahre 1895, zum 25jährigen Kriegsjubiläum, gemalt wurde und eine der beliebtesten

Erzählungen aus dem Feldzug ins Bild setzt. König Wilhelm habe am Abend der Schlacht von Gravelotte, heißt es in dieser Erzählung, die auch von zahllosen Kriegsbüchern kolportiert wurde, nach einer Sitzgelegenheit Ausschau gehalten und in seiner Verlegenheit schließlich auf einer umgestürzten Leiter Platz genommen. Um die Szene zusätzlich noch mit einem Schuß Behaglichkeit zu würzen, läßt Rocholl auf seinem Gemälde neben der Leiter ein Lagerfeuer brennen, dem Wilhelm wohlig seine Füße entgegenstreckt, (vgl. Abb. 21)214) In 213) Die bürgerliche Zeichnung eines Hohenzollern im Medium des Porträts war dabei durchaus keine Erfindung der Ikonographie der Einigungskriege; daß hier bereits eine längere Tradition bestand, beweisen schon viele Darstellungen Friedrichs des Großen sowie Franz Krügers berühmtes Porträt Friedrich Wilhelms IV (siehe Frank-Lothar Kroll, „Bürgerkönig" oder „König von Gottes Gnaden"? Franz Krügers Porträt Friedrich Wilhelms IV. als Spiegelbild zeitgenössischer Herrscherauffassungen, in: Helmut Altrichter [Hg.], Bilder erzählen Geschichte, Freiburg i.B. 1995, S. 211 ff.). Zur bildkünstlerischen Inszenierung des Bürgerkönigtums grundsätzlich auch Rainer Schoch, Das Herrscherbild in der Malerei des 19. Jahrhunderts, München 1975, S. 45f. u. 107. 214) Theodor Rocholl, König Wilhelm am Abend von Gravelotte auf einer Leiter sitzend [1895; Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 001 199]. Auch dieses Gemälde läßt sich als Beispiel dafür anführen, daß die Maler sich bei der Motivwahl häufig an Illustrationen aus den Zeitungen und Zeitschriften orientierten. Den König auf der Leiter bei Gravelotte zeigten etwa Ueber Land und Meer 13 (1870), Nr. 1, S. 1 (vgl. Abb. 19), sowie Der Deutsche Volkskrieg, Nr. 8 (1870/71), S. 8 (vgl. Abb. 20). Darüber hinaus wurde das Motiv auch für eine Illustration in der Feldzugsdarstellung von Julius Disselhoff verwendet, die zu den populärsten Kriegsbüchern von 1870/71 gehörte; 1895 lag die Gesamtauflage dieses Werkes bereits bei 220000 Exemplaren (J. D„ Der große Krieg zwischen Deutschland und

458

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

diesem Verhalten scheint sich die ganze Anspruchslosigkeit des Monarchen zu offenbaren; wie jeder einfache Soldat findet er sich klaglos mit dem improvisierten Leben im Felde ab. Natürlich darf die Volkstümlichkeit des Königs nicht ausschließlich mit Bürgerlichkeit gleichgesetzt werden; auch die konservative, gerade mit dem Haus Hohenzollern verbundene Tradition des Heer- und Volkskönigtums spielte fraglos in solche Bilder mit hinein. Je mehr der König jedoch auch als Oberhaupt des neuen Nationalstaates wahrgenommen wurde, desto stärker fiel seine repräsentative Funktion für die gesamte Nation ins Gewicht. In diesem Sinne garantierte die Bürgerlichkeit des Königs den zumindest in wesentlichen Zügen bürgerlichen Charakter des Reiches. Mit der bürgerlichen Zeichnung des Staatsoberhaupts, so ließe sich überspitzt formulieren, sicherte sich das Bürgertum symbolisch seinen Anteil am Staate. Umgekehrt appellierte diese Zeichnung aber auch aus konservativer Warte an die bürgerlichen Schichten, die preußische Krone als die legitime Interessenvertretung Deutschlands anzuerkennen; ein Monarch, dem so ostentativ bürgerliche Merkmale beigelegt wurden, stellte gleichsam ein Identifikationsangebot für dieses Publikum dar. Auch die Porträts des Königs demonstrieren, in welchem Maße die Bildwelt der Einigungskriege als Synthese von bürgerlichen und aristokratischen Deu-

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tungstraditionen angelegt war. Neben dem König von Preußen gab es aber auch noch andere nationale Symbolfiguren, deren Attribuierung schon bei der Analyse der literarisch-publizistischen Quellen als ein wichtiger Beitrag zur nationalen Selbstdefinition erkannt worden ist. Unter den Militärs gehörte vor allem Moltke zu den Gründervätern des neuen Reiches; seine Porträts sind für die Charakterisierung der aus dem Krieg geborenen Nation sicherlich ebenso wichtig wie diejenigen des Königs. Das vielleicht bekannteste Bild des Generalstabschefs malte im Jahre 1873 Anton von Werner im Auftrag des Schleswig-Holsteinischen Kunstvereins zu Kiel; es zeigt „Moltke mit seinem Stabe vor Paris am 19. September 1870" (vgl. Abb. 22)215). Die Anordnung der Szene, die Positionierung der Hauptfigur orientiert sich sehr stark an Ernest Meissoniers Gemälde „Napoleon III. bei Solferino"216) einmal mehr zeigt sich der Vorbildcharakter der französischen Militärmalerei des 19. Jahrhunderts für viele deutsche Produktionen. Hoch zu Roß, auf einer Anhöhe haltend, überblickt Graf Moltke das Seinebekken, während sein Gefolge hinter ihm verharrt; am Horizont taucht bereits die Silhouette der französischen Hauptstadt auf. In ihre Richtung verläuft auch die Straße, die auf der rechten Bildseite gezeigt wird und auf der ein Troß preußi-

Frankreich in den Jahren 1870 und 1871. Dem deutschen Volke erzählt, Kaiserswerth am Rhein71895, S. 43). 215) Anton von Werner, Moltke mit seinem Stabe vor Paris am 19. September 1870 [1873; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 290/91]. 216) Ernest Meissonier, Napoleon III. und sein Generalstab bei Solferino [1863; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 51].

3. Der gemalte

Krieg

459

scher Soldaten vorüberzieht, der sofort zu jubeln beginnt, als er den Generalstabschef auf dem Hügel erkennt. Im linken Vordergrund ist eine Gruppe deutscher Soldaten zu sehen, die sich gerade eines verlassenen französischen Lagerplatzes bemächtigt hat; erst einer der Soldaten hat die Ankunft des hohen Herrn bemerkt und ist im Begriff, seine Kameraden darauf aufmerksam zu machen. Am rechten Bildrand schließlich installieren einige Uniformierte einen

Telegraphenmast.

Obwohl das Gemälde scheinbar vor allem dem pathetischen Moment der erAnsicht von Paris gewidmet ist einem Meilenstein auf dem siegreichen Vormarsch der deutschen Truppen in Frankreich -, ist sein großes Thema offenkundig doch das Verhältnis der militärischen Führung zu ihrer Gefolgschaft, oder, konkreter gefaßt: die Stellung Moltkes und seines Generalstabs in der Armee. Und dieses Thema erschöpft sich keineswegs darin, daß dem Grafen Jubel entgegenschallt, also seine Beliebtheit und seine Volkstümlichkeit demonstriert werden; die intensiven Beratungen, in welche die Generalstäbler vertieft sind, das Kartenstudium, das mehrere von ihnen betreiben, und die Armbewegungen, mit denen sie der Truppe die Richtung anzeigen, erweisen die Umgebung Moltkes vielmehr als die maßgebliche Steuerungszentrale des Heeres. Obwohl Moltke selbst regungslos verharrt, machen die Aktivitäten seiner Offiziere doch deutlich, daß es der Geist des Generalstabschefs ist, der die deutschen Truppen dirigiert zumal das legendäre Instrument dieses Dirigierens, der elektrische Telegraph, mit so durchsichtiger Absicht noch extra ins Bild hineingerückt wird. Zwischen Moltke und dem Telegraphenmast hindurch marschieren die deutschen Truppen auf Paris zu, als bildeten diese beiden Torflügel: die Gedanken des Generalstabschefs und das Medium ihrer Übermittlung, die Garantie des Erfolges der Invasionsarmeen. Ein weiteres Bedeutungspotential des Bildes wird bei einem genaueren Blick auf die Uniformen der dargestellten Soldaten erkennbar. Während auf der Straße nur preußische Truppen marschieren, sind unter den Soldaten, welche die Gruppe im linken Vordergrund des Gemäldes bilden, auch andere Landsleute auszumachen. Der Infanterist, der seinen Kameraden das oben beschriebene Zeichen gibt, ist durch die roten Manschetten an seinem Uniformrock als Württemberger ausgewiesen; drei weitere Männer tragen die hellblauen Uniformen und die Raupenhelme, die in der bayerischen Armee üblich waren.217) Preußen und Süddeutsche werden in gemeinsamer Aktion gezeigt Werners Bild beschwört mit visuellen Mitteln die Überwindung der Mainlinie und den Zusammenhalt der deutschen Stämme, die in einer kollektiven militärischen Anstrengung die Einheit der Nation geschaffen haben. sten

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Zu diesen Angaben siehe Richard Knötel/Herbert Knötel/Herbert Sieg, Handbuch der Uniformkunde. Die militärische Tracht in ihrer Entwicklung bis zur Gegenwart, Hamburg 31937, S. 55 u. 78f.

2I7)

460

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

Ein anderes Porträt Moltkes von der Hand Anton von Werners (vgl. Abb. 23)218), das im Jahre 1872 entstand und anschließend aufgrund seiner Popularität vom Künstler noch zweimal wiederholt wurde219), zeigt den Generalstabschef allein in seinem Arbeitszimmer in Versailles, wo die deutsche Führung während der Belagerung von Paris Quartier genommen hatte. Die Wechselbeziehung zwischen der Führungspersönlichkeit und ihren Untergebenen wird folglich auf diesem Gemälde nicht explizit thematisiert; dennoch können die Attribute, mit denen Moltke hier ausgestattet wird, sehr wohl etwas über die Deutung seiner Persönlichkeit und seines Status' in der Armee aussagen. Beim Betrachten des Bildes fällt zuerst auf, daß praktisch keine Gegenstände zu erkennen sind, die in einer unmittelbaren Beziehung zum Krieg und zu militärischen Belangen stehen. Nur die Uniform des Porträtierten und das Eiserne Kreuz an seiner Brust bilden hier eine Ausnahme; ansonsten dominiert in Moltkes Arbeitszimmer eine Atmosphäre bürgerlicher Gediegenheit, in welche die Schrecken des Krieges scheinbar gar nicht einzudringen vermögen. Die Wände des Zimmers sind mit geschnitztem Holzwerk verziert, an der Decke hängt ein üppiger Kronleuchter, den Boden bedeckt ein schwerer dunkler Teppich der Generalstabschef sitzt in bequemer Haltung, die Beine übereinandergeschlagen, in einem Polsterstuhl, ihm zur Seite steht ein gediegener Schreibtisch, auf dem sich verschiedene Papiere stapeln. Moltke ist in die Lektüre eines Briefes vertieft, während andere Papiere, offensichtlich aus Versehen von ihm fallengelassen, den Teppich bedecken. Die ganze Szene ist in ein mildes Licht getaucht, das den Eindruck einer behaglichen, der Lektüre gewidmeten Stunde noch verstärkt; Moltke wirkt wie ein gebildeter Bürger in seinem Lesekabinett, der aus Versehen in eine Uniform hineingeraten ist die am Boden liegenden Briefe lassen sogar an einen zerstreuten Professor denken. Die gesamte Bildkomposition ist darauf angelegt, das gängige Moltke-Bild vom ,Wissenschaftler des Krieges' und .Professor in Uniform' zu bestätigen. Über diesen ,Professor' wird aber noch erheblich mehr ausgesagt, wie ein genauerer Blick auf die dargestellten Papiere offenbart. Die große Karte im Zentrum des Bildes, die über den Rand des Schreibtisches läppt und aufgrund ihrer Helligkeit den Blick des Betrachters auf sich zieht, wird als Generalstabskarte erkennbar wodurch auch die anderen Briefschaften und Zettel doch noch in einen militärischen Verwendungszusammenhang gerückt werden. Moltke liest keinen privaten Brief, legt dieser Hinweis nahe, sondern eine Depesche, die ihn über ein wichtiges militärisches Ereignis informiert. Sein Zimmer ist nicht nur gemütliches Lesekabinett, sondern gleichzeitig auch die Schaltzentrale der -

-

-

218)

Anton

von

Werner, Graf Moltke in seinem Arbeitszimmer in Versailles (19. November

1870) [1872; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 295].

219) Das Gemälde wurde bereits im Jahr seiner Entstehung auf der Berliner Kunstausstellung gezeigt; anschließend erwarb es Kronprinz Friedrich Wilhelm (Bartmann [Hg.], Anton von

Werner, S. 296).

3. Der gemalte

Krieg

461

deutschen Armeen in Frankreich. Die moderne Kommunikationstechnik hat es möglich gemacht: Entscheidende Befehle werden nicht mehr vom Feldherrnhügel aus erteilt, sondern in einem Arbeitszimmer ersonnen, wo alle nötigen Informationen zusammenlaufen und vom überlegenen Geist des Heerführers verarbeitet werden. Scheinbar in seiner Privatsphäre, bei der entspannten Lektüre gezeigt, nimmt der Generalstabschef doch seine militärischen Aufgaben wahr, die inzwischen allerdings einen solchen Charakter angenommen haben, daß sie mit der Attitüde des Wissenschaftlers am ehesten zu vergleichen sind. Werners Bild zeigt den ,Professor in Uniform' nicht nur, um ein Klischee zu bedienen, sondern auch, um eine realistische Aussage zur Praxis moderner militärischer Führung zu machen. Moltkes Habitus ist nicht nur eine persönliche Eigenart, er ist auch die notwendige Konsequenz von Veränderungen in der gesamten Technik der Kriegführung. Die nach traditionellen Vorstellungen so ausgesprochen unaristokratische Haltung des Generalstabschefs wird damit aber zum Symbol für eine Öffnung der Offiziersaristokratie zu einem bürgerlichen Leistungsbegriff, für ihre offenkundige Annäherung an bürgerliche Leitbilder und Sozialnormen. War Moltke auch fraglos der Prototyp des gebildeten adeligen Führungsoffiziers ein Gemälde des Grafen Harrach220) stellte den Beobachtungsposten des Generalstabschefs vor Paris sogar wie eine Opernloge dar: wieder stand Moltke also symbolisch sowohl für (militärischen) Überblick und effektive Kontrolle, als auch für Kultur und Bildsamkeit -, so nutzte Werner doch auch Porträts anderer Generäle, um die Attribute der Bildung und Wissenschaft mit der deutschen Armeeführung in Verbindung zu bringen. Sein im Jahre 1903 im Auftrag des Kaisers für die Nationalgalerie gemaltes „Porträt des Generalleutnants Constantin von Alvensleben auf dem Schlachtfeld von Vionville (16. August 1870)"221) zeigt den hohen preußischen Offizier in einem merkwürdigen Wechselspiel von Anwesenheit und Abwesenheit auf dem Schlachtfeld, dessen Behauptung ihm das Eiserne Kreuz 1. Klasse und das Eichenlaub zum Orden Pour le mérite222) eintrug: Einerseits steht er unverkennbar auf dem Gefechtsfeld, in dessen gesamter Ausdehnung Werner mit akribischer Genauigkeit den Stand der Schlacht in der Mittagszeit des 16. August wiedergibt, andererseits ist die Figur des Generals auf einem erhöhten Plateau postiert und als Kniestück, das wie eine Silhouette wirkt, quasi aus der Bildfläche herausge-

22°)

Ferdinand Graf von Harrach, Moltke mit seinen Adjutanten, Oberstleutnant de Clair Hauptmann von Burt, in seinem Observatorium vor Paris [1876; Abb. in Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 316]. Das Bild wurde von der „Verbindung für historische Kunst" angekauft, so daß man davon ausgehen kann, daß es in den Ausstellungsräumen fast aller deutschen Kunstvereine zu sehen war (Schmidt, Die Förderung des vaterländischen Geschichtsbildes durch die Verbindung für historische Kunst, S. 117). und

22')

Anton von Werner, Porträt Constantin von Alvensleben auf dem Schlachtfeld von Vionville (16. August 1870) [1903; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 267]. 222) Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 266.

462

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

stanzt, so daß der Eindruck entsteht, als befinde sich Alvensleben nicht in, sondern gleichsam vor der Landschaft. Der General agiert auf dem Schlachtfeld, so die Botschaft des Gemäldes, doch gleichzeitig so weit davon entfernt, daß sein Überblick zu keinem Zeitpunkt gefährdet ist. Die Werkzeuge und Hilfsmittel, die diesen Überblick garantieren, sind ebenfalls abgebildet: In der rechten Hand hält Alvensleben einen Kompaß, in der linken eine Landkarte, und über seiner Schulter hängt ein Fernglas. Die Instrumente der Orientierung und der Beobachtung weisen auch den Infanteriegeneral als einen Wissenschaftler des Krieges aus, der Moltkes geniale Leistung die totale Beherrschung des Raumes an seiner Stelle, auf seiner Position mitzuvollziehen versteht.223) -

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Die Genrebilder

Was schon über die Historien- und Landschaftsbilder gesagt worden ist, trifft für einen anderen Bildtyp das Genregemälde in noch weit stärkerem Maße nicht nur, aber vorzu. Auch dieser Bildtyp erfreute sich im 19. Jahrhundert rangig beim bürgerlichen Publikum größter Beliebtheit224), einer Beliebtheit, die auch die Militärmaler dazu veranlaßte, Genreelemente in ihre Darstellungen aufzunehmen. Die Kriegsmalerei erwies sich auch in dieser Hinsicht als offen gegenüber anderen Sparten der Bildproduktion. Zwar hatte es auch in der Militärmalerei der napoleonischen Kriege und der Befreiungskriege schon Genredarstellungen gegeben225), doch ihr Anteil am Gesamtvolumen der Bildproduktion vergrößerte sich bis zu den Einigungskriegen noch einmal drastisch.226) Auch hier, wie schon im Falle der Episode, machte sich wieder der Einfluß der illustrierten Zeitungen und Zeitschriften geltend: Der fast schon erzwungene Rekurs auf alltägliche Motive bei den in schnellem Rhythmus erscheinenden Gazetten machte diese Bildsorte so populär, daß auch die Malerei immer mehr unter ihren Einfluß geriet. Dabei soll selbstverständlich nicht unterschlagen werden, daß das Genrebild eine weit hinter das 19. Jahrhundert zurückreichende Tradition besaß. Seine Anfange verbinden sich mit der niederländischen Malerei des 17. Jahrhun-

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223) Auf seinem Gemälde „Moltke vor Sedan" stellte Werner den Generalstabschef selbst in einer ähnlichen Pose dar; auch die Landkarte in der Hand des Schlachtenlenkers durfte nicht fehlen [1884; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 268]. 224) Josef August Beringer, Badische Malerei 1770-1920, Karlsruhe 21922, S. 36 u. 45; Wolfgang Hütt, Das Genrebild, Dresden 1955, S. 5 u. 26; Ute Immel, Die deutsche Genremalerei im neunzehnten Jahrhundert, Diss. Heidelberg 1967, S. 7 ff; Schlink, „Kunst ist dazu da, ...", in: Lepsius (Hg.), Lebensführung und ständische Vergesellschaftung, S. 80; Doris Edler, Vergessene Bilder. Die deutsche Genremalerei in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts und ihre Rezeption durch Kunstkritik und Publikum, Münster/Hamburg 1992, S. 17 ff. u. 195ff. 225) Christof Römer, Die Bildwelt des Patriotismus und die Ikonographie seiner Helden in Deutschland (1806-1815), in: Ulrich Herrmann (Hg.), Volk Nation Vaterland, Hamburg 1996, S. 377 f. 226) Bock, Bildliche Darstellungen zum Krieg von 1870/71, S. 177. -

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3. Der gemalte

Krieg

463

derts, die sogleich auch die spezielle Form des Militärgenres hervorbrachte.

Dieses Militärgenre war allerdings von seinem Pendant im 19. Jahrhundert so radikal verschieden, daß es völlig berechtigt erscheint, mit letzterem eine wesentliche Neuerung bei der Darstellung des Krieges in Verbindung zu bringen. Während das Militärgenre der frühen Neuzeit gerade den besonderen Charakter des Soldatenstandes betonte, ihn als einen Stand mit spezifischen Charakteristika von den anderen Ständen abgrenzte, ziehen entsprechende Darstellungen aus dem 19. Jahrhundert eben diese Differenz zwischen Soldatenstand und übriger Gesellschaft ein. Die Uniformierten verhalten sich völlig konform, sie legen Eigenschaften an den Tag, die man als bürgerlich definieren könnte, die aber von den bürgerlichen Schichten gerne als allgemein-menschlich bezeichnet werden. Damit ergibt sich ein eklatanter Gegensatz zwischen dem Militärgenre des 19. Jahrhunderts und seinen Vorläufern. Zeigten die Vorläufer den Soldaten nur bei Tätigkeiten, die als typisch für den Wehrstand angesehen wurden beim Würfelspiel, beim Zechen, in fragwürdiger Gesellschaft -, betonten sie also gerade das Abenteuerliche, außerhalb der bürgerlichen Ordnung angesiedelte Moment im Leben der Militärpersonen227), so präsentiert das Genre des 19. Jahrhunderts genau umgekehrt den Soldaten als normales Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft, das sich in allen Empfindungen und Gewohnheiten überhaupt nicht von seinen nicht-uniformierten Mitmenschen unterscheidet. Dieses bürgerliche Genrebild, das schon oben bei der Untersuchung der Graphik eine Rolle gespielt hat, lenkte das Interesse der Militärmaler also auf das Private, auf das Menschliche, auf die kleinen Begebenheiten am Rande des großen politisch-militärischen Geschehens; wie die Genremalerei des 19. Jahrhunderts grundsätzlich den Betrachter durch anrührende, ja niedliche Szenen zum Schmunzeln bringen wollte, versuchte auch das Militär-Genrebild selbst den kruden Kriegsereignissen noch eine menschlich-anrührende Seite abzugewinnen. Sogar im Krieg, so die implizite Botschaft dieser Bildsorte, wurde der Mensch nicht gänzlich zum Soldaten umgemodelt, sondern blieb doch vor allem noch Mensch oder, besser gesagt: Bürger -, so daß es nach wie vor möglich war, ihn bei den einfachen Verrichtungen seines bürgerlich-alltäglichen Lebens zu beobachten und darzustellen.228) Indem die Genrebilder die -

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227) Michel P. van Maarseveen/Michiel C. C. Kersten, Die Darstellung des Achtzigjährigen Krieges in der Malerei der nördlichen Niederlande des 17. Jahrhunderts: „Reitergefechte" und „Wachstuben", in: Bußmann/Schilling (Hgg.), 1648, S. 480f; Angelika Lorenz, Mahnung Dekorum Ereignis. Krieg als Gegenstand der Kunst im Reich, in: Horst Lademacher/Simon Groenveld (Hgg.), Krieg und Kultur. Die Rezeption von Krieg und Frieden in der Niederländischen Republik und im Deutschen Reich 1568-1648, Münster u.a. 1998, -

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S. 217 u. 229f. 228) Das vor allem im bürgerlichen Milieu beliebte Gesellschaftsspiel des Nachstellens von Bildern, auch und gerade von Genrebildern, machte auch vor dem militärischen Genrebild nicht halt. In einer der meistgelesenen zeitgenössischen Anleitungen für dieses Spiel, dem

464

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

Soldaten beständig aus dieser Warte zeigten, transportierten sie gewissermaßen per se ein bestimmtes Deutungsmuster, das auch in den schriftsprachlichen Kriegsdarstellungen eine wichtige Rolle spielte: das Muster des Bürgers in Uniform, der während des Feldzugs seine Arbeit im Waffenrock verrichtet, ohne dabei seine bürgerlichen Tugenden abzustreifen und zum Landsknecht zu werden.229) Der Krieg verändert die Persönlichkeit des Soldaten nicht, er ist nur eine Unterbrechung seines bürgerlichen Lebensweges, eine Unterbrechung aber, während derer der Soldat gegen alle moralischen Fährnisse des Lebens im Felde gefeit bleibt seine Biederkeit ist über jede sittliche Anfechtung erhaben, die das Dasein fernab von der Familie und in der Gesellschaft rauher Kriegsgesellen mit sich bringen könnte. Jedes Genrebild ist insofern ein Beleg für die Anständigkeit und den Biedersinn der deutschen Soldaten -jedes dieser Bilder zeugt von dem Wunsch, die deutsche Armee als eine letztlich bürgerliche, zumindest ganz wesentlich von bürgerlichem Geist erfüllte Einrichtung darzustellen. Außerdem würdigen die Genrebilder auch den Kriegseinsatz der Mitläufer, der vielen kleinen Wasserträger des großen Krieges, die damit zudem in bevorzugter Weise zur Identifikation eingeladen werden. Kein anderer Bildtyp ist so sehr wie das militärische Genregemälde dazu geeignet, einen bürgerlichen Blick auf den Krieg zu vermitteln. Das bekannteste Genrebild aus der Ära der Einigungskriege dürfte einmal mehr aus der Werkstatt Anton von Werners stammen. „Im Etappenquartier vor Paris" (vgl. Abb. 24)230) ist das Gemälde betitelt, das der Künstler im Jahre 1894 für die Nationalgalerie anfertigte; sofort populär geworden, wurde das Bild in zahlreichen Varianten reproduziert und verbreitet. Zu sehen ist eine -

„Brevier der Konversation und gesellschaftlichen Unterhaltung" von Jeanne Marie von Gayette-Georgens (Leipzig 1878) wird ausdrücklich auch ein Thema aus dem Kontext des Krieges zur Darstellung empfohlen: Nikutowskis „Abschied", ein Bild, das von der Autorin folgendermaßen beschrieben wird: „Der zum Krieg ausgerüstete Offizier neben seiner jungen Gattin über das Bettchen des schlafenden Kindes gebeugt während vorbeimarschirende [sie] Soldaten durch die geöffnete Thür sichtbar sind. Ein besetzter Frühstückstisch, auf dem eine Lampe brennt, deuten die frühe Morgenstunde an" (S. 219). 229) Der Einfluß der Genremotive auf die zeitgenössische Wahrnehmung war so ausgeprägt, daß viele Soldaten sogar ihre optischen Eindrücke oder ihre Erlebnisse auf dem Kriegsschauplatz mit Genrebildern verglichen. Das Genrebild war gleichsam die Folie, durch die das Geschehen betrachtet wurde. Die „Gartenlaube" ging im Jahre 1866 sogar soweit, alle stimmungsvollen Berichte und Erlebnisschilderungen aus dem Felde kurzerhand mit Genrebildern gleichzusetzen, als seien die Erzählungen der Soldaten nur die narrative Umsetzung des bildkünstlerischen Prinzips; die Zeitschrift wolle keine Schlachtbeschreibungen liefern, hieß es hier, „sondern Mittheilungen von einzelnen interessanten, ergreifenden oder auch erheiternden Zügen und Episoden; den Beobachtungen von Augenzeugen und authentischen Quellen entnommene militärische Genrebilder und persönliche Kleinmalereien" (Georg Hiltl, Erinnerungen aus dem deutschen Kriege des Jahres 1866. Nr. 1: Heiligenbilder auf -

dem Schlachtfelde, in: Die Gartenlaube 1866, S. 627). 23°) Anton von Werner, Im Etappenquartier vor Paris Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 311].

(24. Oktober 1870) [1894; Abb.

in

3. Der gemalte

Krieg

465

Gruppe deutscher Soldaten, die es sich im Salon eines requirierten französischen Schlößchens gemütlich gemacht hat; während ein Bursche im Kamin ein

Feuer anfacht, haben sich die anderen Personen, einschließlich einer französischen Concierge und ihrer Tochter, um das Klavier geschart, an dem ein junger Soldat in die Tasten greift neben ihm steht ein Kamerad, der das Spiel mit seinem Gesang begleitet. Die anderen Personen lauschen andächtig, ungeachtet ihrer schmutzigen Uniformen, die sowohl zu diesem Hauskonzert als auch zu der luxuriösen Rokokoeinrichtung des Salons in einem auffälligen Gegensatz stehen. Dieser Gegensatz macht auch die besondere Pointe des Bildes aus: Die schlammigen Stiefel, mit denen die deutschen Besatzer die feinen Teppiche malträtieren, scheinen sie zunächst wieder als Barbaren auszuweisen, gleichzeitig wird diese vermeintliche Barbarei jedoch durch das Klavierspiel eindrucksvoll konterkariert der Topos der Barbarei wird offenkundig nur deshalb abgerufen, um ihn sogleich desto wirkungsvoller wieder zurückweisen zu können.231) Werner kokettiert gleichsam mit der französischen Propaganda, um dem Betrachter ein Schmunzeln zu entlocken, das sich ungefähr in die Worte übersetzen ließe: Seht her, sie haben uns als Barbaren bezeichnet, und diese Barbaren pflegen sogar im Felde noch ihre musikalischen Neigungen. Daß auch die Franzosen beeindruckt sind und sich eines Besseren belehren lassen müssen, drücken die beiden Figuren der Concierge und ihrer Tochter aus, die sich ebenfalls dem Hauskonzert beigesellt haben anstatt vor den deutschen Barbaren, wie es das Propagandaklischee wollte, sogleich belästigt zu werden, sehen sie sich, ganz im Gegenteil, mit einer musikalischen Darbietung erfreut. Anton von Werner demonstrierte auch bei anderer Gelegenheit, daß er im Bereich der Genremalerei ebenfalls sehr wohl imstande war, die Erwartungen seiner Auftraggeber und seines Publikums zu erfüllen. Im Jahre 1886 legte er ein Gemälde mit dem Titel „Kriegsgefangen" (vgl. Abb. 25)232) vor, das sich ganz in eine Tradition der realistischen Malerei stellt: in die Tradition der narrativen, um ein erzähltes Ereignis gruppierten Bildgestaltung. Gerne darf es sich hierbei um eine Anekdote handeln, wie sie auch von Werner auf diesem Bild präsentiert wird. Ein französischer Kriegsgefangener wird durch sein Heimatdorf geführt, wo ihn seine Frau erkennt und die Gelegenheit zu einer Umarmung nutzt; den Säugling, den sie vorher auf dem Arm trug, muß sie derweil einem deutschen Wachsoldaten überlassen, der das Kind nun in seinen Armen wiegt. Die ganze Szene, die sich auf einer regennassen Dorfstraße abspielt, wird von mehreren Dorfbewohnern und von der deutschen Eskorte beobachtet, wobei sich auf den Gesichtern Neugierde, Heiterkeit und Erstaunen spiegeln. -

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231) Gleichzeitig verraten die schmutzigen Stiefel auch die Bodenständigkeit der deutschen Soldaten, denen man ihre rauhe Tatkraft, ihren körperlichen Einsatz durchaus ansehen darfsie sind brave Arbeiter für eine gute Sache, die es sich am Feierabend mit ein wenig Hausmusik gemütlich machen wollen. 232) Anton von Werner, Kriegsgefangen (Oktober 1870) [1886; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 306/07].

466

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

Niemand kommt allerdings auf die Idee, das junge Paar bei seinem stürmischen Wiedersehen zu stören; die deutschen Soldaten lassen den Gefangenen gutmütig gewähren. Besonders generös ist jener schnauzbärtige Landser, der sich des Säuglings angenommen hat; die etwas plumpe Geschicklichkeit, mit der er ihn in seinen Armen wiegt, verrät den Familienvater, der auch schon eigene Kinder zu betreuen hatte. Werner demonstriert erneut die Menschlichkeit der vermeintlichen Barbaren der mit seiner Pickelhaube und dem aufgepflanzten Bajonett sehr martialisch wirkende Soldat hat nichts Eiligeres zu tun, als ein schreiendes Baby zu beruhigen. Als Privatleute, als Mitglieder von Familien sind Deutsche und Franzosen keine Feinde mehr, sondern werden von denselben Emotionen bewegt. Nur ein Unmensch würde den beiden Eheleuten den Abschiedskuß verwehren; viel weniger Leute, die neben anderen guten Eigenschaften auch die Gabe des Humors haben, eine Eigenschaft, die den deutschen Soldaten auch in der literarisch-publizistischen Deutungskultur des Krieges immer wieder beigelegt wurde: Wer Humor besitzt, besteht nicht in jeder Situation auf dem Wortlaut seiner Vorschriften, sondern kann auch einmal ein Auge zudrücken, wenn Gefühle auf dem Spiel stehen, mit denen sich jeder empfindungsfähige Mensch identifizieren kann.233) Nicht alle Genrebilder propagieren jedoch eine so humorvolle Sicht der Dinge. Die Rührung, die sie beim Betrachter erzeugen wollen, muß nicht mit einem vergnügten Schmunzeln verbunden sein, sie kann auch mit dem Gefühl der Trauer einhergehen. Oft suchen die Genrebilder den einfachen Soldaten auch in Augenblicken der Not auf, wenn er verwundet auf dem Schlachtfeld liegt oder in improvisierten Lazaretten von Sanitätern und Ordensschwestern gepflegt werden muß.234) Anrührend ist dann vor allem die Hilfsbereitschaft, die sich sofort einstellt und die skurrilsten Formen annehmen kann. So zeigt -

233)

Weitere humorvoll-anekdotische Genrebilder zeigen rastende Soldaten, die ganz verdutzt einem galoppierenden Feldpostillon hinterherstarren (Wilhelm Camphausen, Preußischer Feldpostillon während des Krieges 1864 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 112 624]), Kavalleristen, die bei ihren Kameraden hinten aufsitzen, nachdem sie das eigene Pferd verloren haben (Louis Braun, Gefecht bei Stürzelbronn [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 6263]), Kürassiere, die während des Essens eingeschlafen sind (Theodor Rocholl, In Feindesland [Abb. in Paffrath (Hg.), Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 3, S. 152]), oder kriegsgefangene Franzosen, die ihre deutschen Bewacher mit der Erzählung ihrer Heldentaten einschüchtern ([Wilhelm] Scheiner, Französischer Gefangener im Gespräch mit einem verwundeten Preußen [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. T 652]). 234) So etwa Christian Seil, Versorgung eines Verwundeten auf dem Schlachtfeld [1867; Abb. in Ortenburg, Mit Gott für König und Vaterland, S. 137]. Auf Heinrich Winters Gemälde „Verwundetentransport im Kriege von 1870-1871" [Foto Marburg, MAI 00586, B, 11 ] begegnet ein Zug von Lazarettwagen in winterlicher Landschaft einer Schafherde. Der Kunsthistoriker Richard Hamann verglich Hans von Marées' Genrebild „Transport Verwundeter nach der Schlacht bei Solferino", das bereits im Jahre 1859 entstanden war, sogar mit einem Gemälde Spitzwegs (Richard Hamann, Die deutsche Malerei im 19. Jahrhundert, Bd. 1, Leipzig/Berlin 1914, S. 246).

3. Der gemalte

Krieg

467

Graf Harrachs Gemälde „In den Weinbergen von Wörth"235) einen verwundeten deutschen Soldaten, der mit letzter Kraft einem Turko, der gleichfalls blessiert am Boden kauert, seine Feldflasche reicht im Angesicht des gemeinsamen Leidens setzt sich die Hilfsbereitschaft sogar über das Vorurteil gegenüber der fremden Rasse hinweg. Dieselbe Botschaft vermittelt Max Vblkhardts Bild „Die Verbandsstube bei Gravelotte" (vgl. Abb. 26)236); hier ist es ein improvisiertes Lazarett in einem französischen Bauernhaus, in dessen Dunkel der Betrachter die Umrisse von Soldaten verschiedener Nationen und Rassen erkennt, die sich an diesem traurigen Ort in ihrer gemeinsamen Not zusammengefunden haben. Andere Bilder thematisieren auch das Geschehen in der Heimat und unterstützen damit bei aller Verniedlichung die nationale Interpretation des Krieges, die keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Kampfgebiet und Heimat mehr anerkennen will. A. Müller-Schönhausens Gemälde „Die Friedensdepesche"237) bringt in der aufgeregten Menge, die eine Litfaßsäule umdrängt, die ganze Anteilnahme der Bevölkerung an den Kriegsereignissen zum Ausdruck, und sogar Theodor Rabes „Depeschenjunge"238), ein niedlicher Knirps, der mit der neuesten Meldung in der Hand aus einer Zeitungsredaktion herausstürmt, läßt noch etwas von der Atmosphäre in Deutschland ahnen, die vielerorts von einem regelrechten Mitfiebern mit den Geschicken der verbündeten Armeen gekennzeichnet war. Ein Schema wie in der klassischen Dramenpoetik, das den kleinen Leuten die Komödie zuwies, den hochgestellten Persönlichkeiten hingegen die Tragödie reservierte, gab es bei der Genremalerei allerdings nicht; das Genre war keineswegs nur der Tummelplatz der Mitläufer, auf dem eine Führungspersönlichkeit deplaziert gewirkt hätte. Auch die Anführer, um es überspitzt zu formulieren, wurden dem Genreprinzip ausgeliefert, wurden einbezogen in die -

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235) Ferdinand Graf von Harrach, In den Weinbergen von Wörth. Ein im Sterben liegender preußischer Freiwilliger reicht einem verwundeten Turko die Feldflasche [1872; Abb. in Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 32]. Dasselbe Motiv präsentiert als Zeichnung bereits Der Deutsche Volkskrieg, Nr. 7 (1870/71), S. 8. 236) Max Volkhardt, Im Feldlazarett. Verbandsstube bei Gravelotte [1872; Abb. in Deutsches Historisches Museum (Hg.), Bilder und Zeugnisse, Bd. 1, S. 413]. Der Ankauf dieses Bildes durch den König von Preußen belegt zudem, daß sich auch die Aristokratie dem Gen-

rebild keineswegs verschloß (Friedrich Schaarschmidt, Zur Geschichte der Düsseldorfer Kunst insbesondere im XIX. Jahrhundert, hg. vom Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf 1902, S. 275). Eine graphische Vorlage aus einer illustrierten Zeitschrift stammte in diesem Fall von der Hand des Künstlers selbst: Die Illustrirte Welt 19 (1871), Nr. 21, S. 261. Im übrigen ist Volkhardt selbst in Frankreich gewesen, nicht als Bildberichterstatter, sondern als kriegsfreiwilliger Soldat (Paffrath [Hg.], Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 3, S. 382). 237) A. Müller-Schönhausen, Die Friedensdepesche [1871; Abb. in Wirth, Berliner Malerei, S. 434], 238) Theodor Rabe, Depeschenjunge [1871; Abb. in Wirth, Berliner Malerei, S. 434].

468

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

universelle Gemütlichkeit, die der gesamten deutschen Armee das Mäntelchen des bürgerlichen Biedersinns umhängte. Anton von Werner kleidete sogar den berühmten Besuch des Kronprinzen von Preußen an der Leiche des französischen Generals Abel Douay nach der Schlacht von Weißenburg in dieses Gewand, (vgl. Abb. 27)239) Obwohl die

Szene eigentlich ganz im Zeichen eines feudalen Pathos stehen müßte schließlich demonstrierte der Kronprinz mit dieser Geste seine Ritterlichkeit und seine Achtung vor der Tapferkeit des unterlegenen Gegners -, rückte der Maler sie doch in ein eher bürgerlich-sentimentales als pathetisches Licht. Die Bauernstube, in der die Leiche des Generals aufgebahrt liegt, bietet ohnehin kaum den geeigneten Rahmen für den glänzenden Auftritt eines Aristokraten; das auf dem Tisch stehengebliebene, von einer unterbrochenen Mahlzeit zeugende Geschirr und die Nähmaschine vor dem Fenster verbreiten vor allem eine Atmosphäre stiller Behaglichkeit. Auf der improvisierten Bettstatt des toten Generals ein umgestürzter Stuhl muß als Kopfstütze herhalten hat es sich zudem ein Schoßhündchen bequem gemacht, das vom Fußende aus zu der in der Mitte des Raumes postierten Gestalt des Kronprinzen aufsieht. Werner verbindet hier sehr geschickt eine Tradition aus der Sepulkralplastik: den treuen, zu Füßen des Toten wachenden Hund, mit dem Thema des spielenden Hündchens, einem der beliebtesten Topoi der Genremalerei. Um die sentimentale Note noch zu verstärken, hängt zwischen den Fenstern der Bauernstube, geradewegs über der Leiche Douays, noch ein Jesusbildchen mit dem Spruch „Kommet her zu mir Alle die ihr mühselig und beladen seid ich will euch erquicken". Auch wenn der Kronprinz noch fünf hohe Offiziere aus seinem Gefolge mit in die enge Bauernstube geführt hat, kann doch die zusammengefaßte Würde all dieser Militärpersonen aus Werners Gemälde kein klassisches Gruppenporträt machen, wenn die Genreeinflüsse in so massiver Weise zur Geltung gebracht werden. Auch bei anderen Bildern setzte Werner ähnliche Darstellungsstrategien ein. Einerseits ging es ihm sicherlich darum, die Identifikation und das Interesse breiterer Schichten durch den Einbau von Genreelementen zu fördern240), an-

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239)

Werner, Kronprinz Friedrich Wilhelm an der Leiche des Generals Abel Douay (Weißenburg, 4. August 1870) [1890; Abb. in Bartmann (Hg.), Anton von Werner, Anton

von

S. 250]. Wie die meisten Gemälde Werners wurde auch dieses Porträt in zahllosen Varianten verbreitet und damit in ein regelrechtes Massenprodukt verwandelt. Eine von vielen Reproduktionen ist etwa auf dem Vorblatt der Kriegserinnerungen von Johannes Diehl abgedruckt, die eine Auflage von immerhin 70000 Exemplaren erreichten (Johannes Diehl, Meine Kriegs-Erlebnisse von 1870/71. Selbst erlebt und erzählt, Minden i.W 1904). 240) Auch für die „eingebauten" Genreszenen gilt, wie schon für das Militärgenre allgemein, daß es eine entsprechende Praxis bereits seit dem 17. Jahrhundert gab (Joost Vander Auwera, Historische Wahrheit und künstlerische Dichtung. Das Gesicht des Achtzigjährigen Krieges in der südniederländischen Malerei, in: Bußmann/Schilling [Hgg.], 1648, S. 467) hier allerdings wieder an den Besonderheiten des soldatischen Lebens orientiert, und keineswegs in die Atmosphäre des Behaglichen und Niedlichen eingetaucht, die dann erst für das 19. Jahrhundert so typisch wird.

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3. Der gemalte

469

Krieg

dererseits läßt sich aber auch die programmatische Absicht vermuten, die Führungspersönlichkeiten durch diese Attribuierung gleichsam zu vermenschlichen' und zu nicht bevorrechtigten, sondern gleichberechtigten Bestandteilen des ,Volkes in Waffen' zu erklären. So werden beispielsweise auf dem oben

besprochenen Gemälde „Ankunft Seiner Majestät in Saarbrücken" im Vordergrund zwei Kinder gezeigt, die durch ihre niedlichen Posen den Blick des Betrachters fesseln und schon durch ihre Präsenz allein dem König die Ausstrahlung eines gütigen Großvaters verleihen: Ein kleines Mädchen, das sich neugierig an Wilhelms Kutsche herandrängen will, muß von einem Soldaten zurückgehalten werden, und ein kleiner Junge, der fast über seinen Schleppsäbel stolpert, zieht eine schwarz-weiß-rote Fahne hinter sich her, ohne darauf zu achten, daß sie längst in den Straßenstaub gefallen ist. Auch das beschon

rühmte Moltke-Porträt, das den Generalstabschef auf einer Anhöhe vor Paris zeigt, kommt ohne eine Genreszene nicht aus (vgl. Abb. 28). Die Soldatengruppe im linken Vordergrund des Bildes, die aufgrund ihrer Zusammensetzung aus nord- und süddeutschen Kriegern schon oben als Symbol für die nationale Einheit interpretiert werden konnte, wird von Werner bei einer ausgesprochen profanen Betätigung gezeigt: Die Männer haben es sich gerade auf auf der einem verlassenen französischen Lagerplatz gemütlich gemacht Feuerstelle liegt noch der umgestürzte Kochtopf, den die fliehenden Feinde in der Eile zurücklassen mußten -, als Moltke mit seinem Gefolge heranreitet. Während der Württemberger, der gerade sein Pfeifchen raucht, wenigstens bereits von den hohen Herrschaften Notiz genommen hat, sind zwei bayerische Soldaten noch damit beschäftigt, wieder in ihre Stiefel hineinzukommen; einer ihrer Kameraden, der gerade mit seinem Gewehrkolben einen liegengebliebenen französischen Tornister durchwühlt, um vielleicht noch ein kleines Beutestück zu ergattern, scheint sich gar nicht stören lassen zu wollen. So zerfällt Werners Bild in drei Teile, die drei verschiedene Gesichter des deutschen Heeres zeigen: auf der linken Seite oben der Generalstab, der die Professionalität der Führung verkörpert, darunter die genrehaft gezeichnete Gruppe, die für Anständigkeit und Biedersinn steht, und auf der rechten Bildseite schließlich die voranmarschierenden Truppen, in denen sich die Leistungsfähigkeit und der Einsatzwille der deutschen Armeen spiegeln. Alle drei Dimensionen sind nicht voneinander zu trennen, sondern bilden gemeinsam den Charakter dieses Heeres, einen Charakter, der dem kleinsten Mannschaftssoldaten genauso wie -

dem

Führungspersonal zu eigen ist.

Die Hartnäckigkeit, mit der sich das Genreprinzip auf zahlreichen Gemälden Geltung verschafft sogar auf Adolph von Menzels berühmter Darstellung der „Abreise des Königs zur Armee" sind im Vordergrund ein Zeitungsjunge und ein Hund in spielerischem Dialog zu finden läßt den Rückschluß zu, daß diese Elemente mehr als nur eine Konzession an den Publikumsgeschmack gewesen sind. Hier ging es offensichtlich auch darum, eine bestimmte Perspektive in die Kriegsdarstellung einzubringen, die primär der bürgerlichen Bild-

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470

II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

weit und Kultur entstammte. Das bürgerliche Lager, das sich ohnehin, wie schon die literarisch-publizistischen Quellen gezeigt haben, einen möglichst großen Anteil am Krieg sichern wollte, das seine eigenen militärpolitischen Ziele und Ideale wo immer möglich in das Geschehen hineinkonstruierte, erwarb auf diesem Wege, so ließe sich zugespitzt formulieren, auch einen Anteil an der visuellen Darstellung des Krieges. Gerade mit dem Genrebild wurde auch ein bürgerlicher Blick auf den Krieg zur Geltung gebracht, der andere Darstellungsformen zwar nicht ersetzte, aber doch immerhin mit einer beachtlichen Präsenz an deren Seite trat.

4. Das Die

Einbeziehung

Schlachtenpanorama

des Panoramas in eine Rekonstruktion

von

historischen

Bildwelten, die in einem primären Bezug zum gebildeten bürgerlichen Publikum stehen, muß zunächst überraschen war das Panorama doch kein Bestandteil der hohen Kultur, der Kultur der Gebildeten, sondern vielmehr nur eine von vielen optischen Attraktionen, die in den europäischen Großstädten -

des 19. Jahrhunderts die Schaulust des Massenpublikums befriedigen sollten. Diese Einschätzung übersieht jedoch den spezifischen Doppelcharakter, den insbesondere das Schlachtenpanorama besaß: Obwohl es durchaus, schon aus wirtschaftlichen Gründen, für die Masse attraktiv sein wollte, hielt es doch gleichzeitig den Anspruch aufrecht, einen repräsentativen Beitrag zur nationalen Erinnerungskultur zu leisten. Das Schlachtenpanorama war ebenso ein Volksvergnügen wie unzweifelhaft auch eine nationale Gedenkstätte.241) Als nationale Gedenkstätte konnte es mit dem Interesse, ja mit der Unterstützung sogar der Fürstenhäuser rechnen; die vormaligen Heerführer standen den Panoramamalern Modell, sie verfolgten (und kontrollierten) den Fortgang der Arbeiten242) und verliehen den Premieren, den feierlichen Eröffnungen der

241)

Zu dieser These Richard D. Altick, The Shows of London, Cambridge, Mass./London 1978, S. 174, sowie François Robichon, Le panorama, spectacle de l'histoire, in: Le Mouvement social, Nr. 131 (April-Juni 1985), S. 76. Auch die Außenarchitektur der Panoramagebäude blieb in diesem Sinne unentschieden: Waren die Gebäude zunächst monumental, also wie Denkmäler gestaltet, so nahmen sie später immer mehr das typische Aussehen von großstädtischen Vergnügungszentren an (André Meyer, Das Panoramagebäude: Zweckbau und Monument. Formen und Funktionen einer Baugattung des 19. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 42 [1985], S. 277 ff).

242)

Von dem Versuch einer solchen Kontrolle berichtet der Panoramamaler Eugen Bracht in seinen Lebenserinnerungen; als der Kronprinz davon erfuhr, daß die Attacke bei Floing im Mittelpunkt des Berliner Sedan-Panoramas stehen sollte, ein Gefecht also, an dem er selbst nicht beteiligt war, versuchte er dahingehend Einfluß zu nehmen, daß statt dessen die Einnahme von Bazeilles thematisiert würde, die von Verbänden der von ihm kommandierten Dritten Armee bewerkstelligt wurde. Letztlich konnte sich der Kronprinz jedoch nicht

4. Das

471

Schlachtenpanorama

Rotunden durch ihre Präsenz einen würdigen Rahmen.243) Vor diesem Hintergrund war es auch für das gebildete bürgerliche Publikum keineswegs unstatthaft, ein Panorama zu besuchen zumal die Künstler, die an den Rundbildern mitwirkten, zu den führenden Vertretern des Militärfachs zählten und folglich schon mit ihrem guten Namen dafür bürgten, daß das künstlerische Niveau der Exponate auch höheren Ansprüchen genügen konnte. Bei den Panoramen gilt also wieder, was auch schon für andere Bildsorten festgestellt worden ist: Sie wurden nicht nur in diesem Falle nicht einmal vorrangig von den bürgerlichen Schichten rezipiert, aber diese Schichten gehörten auch zu ihrem Publikum, so daß auch die Panoramakunst etwas über das Kriegsbild aussagt, das gebildeten Bürgern durch visuelle Darstellungen vermittelt wurde. Ohne eine detaillierte Beschreibung der Technik oder eine akribische Rekonstruktion der Geschichte der Panoramamalerei im 19. Jahrhundert versuchen zu wollen hier liegen zudem bereits fundierte Studien vor244) -, kann es also doch erkenntnisträchtig sein, die oben entwickelten Fragestellungen auch an das militärische Rundbild heranzutragen. Zu dessen Genese und Bedeutung im 19. Jahrhundert soll nur kurz festgestellt werden, daß bereits während der napoleonischen Kriege die ersten Schlachtenpanoramen hergestellt und vom Publikum begeistert aufgenommen wurden245), bis dann in den 1820er Jahren das Interesse wieder spürbar nachließ246), so daß es sich bei den Panoramen zum deutsch-französischen Krieg zu den Feldzügen von 1864 und 1866 hat -

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durchsetzen (Eugen Bracht, Lebenserinnerungen, hg. v. Rudolf Theilmann, Karlsruhe 1973, S. 106f.). 243) Zur Eröffnung des Berliner Sedan-Panoramas gaben sich Kaiser Wilhelm und Graf Moltke die Ehre (Bracht, Lebenserinnerungen, S. 118); Anton von Werner vermerkte mit Stolz in seinen Memoiren, daß einige Wochen später auch noch Fürst Bismarck die Rotunde besucht habe und zwar genau am 18. November 1883. wie ihm noch viele Jahre später erinnerlich war (Anton von Werner, Erlebnisse und Eindrücke 1870-1890, Berlin 1913, S. 405). Auch das Frankfurter Sedan-Panorama wurde sowohl in der Aufbauphase wie auch im fertigen Zustand vom Kaiser besucht (Kuno Ulshöfer, Der Schlachtenmaler Louis Braun 1836-1916, Stuttgart/Bad Cannstatt 1976, S. 22). 244) Heinz Buddemeier, Panorama Diorama Photographie. Entstehung und Wirkung neuer Medien im 19. Jahrhundert, München 1970; Stephan Oettermann, Das Panorama. Die Geschichte eines Massenmediums, Frankfurt/M. 1980; Silvia Bordini, Storia del Panorama. La visione totale nella pittura del XIX secólo, Rom 1984, sowie die Beiträge im Katalog zur Bonner Panoramaausstellung von 1993: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts. Ausstellungskatalog, Bonn 1993. 245) Zu den Pariser Schlachtenpanoramen siehe François Robichon, Die Illusion eines Jahrhunderts Panoramen in Frankreich, in: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts, S. 52ff.; in Berlin betrieb zu dieser Zeit Wilhelm Gropius sein berühmtes Diorama, für das Karl Friedrich Schinkel u. a. einen „Brand von Moskau" und eine „Schlacht bei Leipzig" malte (Helmut Börsch-Supan, Die Anfänge des Panoramas in Deutschland, in: „Sind Briten hier?" Relations between British and Continental Art 1680-1880, hg. v. Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München, München 1981, S. 175). 246) Buddemeier, Panorama Diorama Photographie, S. 32; Robichon, Le panorama, in: Le Mouvement social 1985, S. 71. -

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II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

keine Rundbilder gegeben247) bereits um die Produkte einer .zweiten Welle' der Panoramakunst in Europa handelte;248) auch diese Welle hielt nur bis in die 1890er Jahre an, schon zur Zeit der Jahrhundertwende wurden die meisten Panoramagebäude in den europäischen Großstädten wieder abgerissen oder einer anderen Nutzung zugeführt.249) Das optische Prinzip des Panoramas ist immer noch am einfachsten mit der klassischen Definition von Alfred Auerbach zu erklären: es

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Grundgedanke des Panoramas besteht darin, ein Gemälde zu schaffen, das im Gegengewöhnlichen Rahmenbild nicht nur einen Teil des von einem bestimmten Standpunkt aus sichtbaren Naturstücks, sondern die volle übersehbare Rundansicht, gemalt in natürlicher Größe auf einem kreisförmig aufgehängten Bildgrund, wiedergeben soll. Diese Bildform hat also keine seitlichen Bildgrenzen, entspricht außerdem dem tatsächlich runden und nicht ebenen Projektionsgrund der Naturansicht, und da man sich bald bemühte, auch den oberen und unteren Bildrand für den Beschauer möglichst zu verdecken, ergab sich ein Bild von einer Fülle und Stärke des optischen Eindrucks, wie er sonst nirgends erreichbar ist. Die obere Bildgrenze zu verdecken gelang leicht mittels eines über den Standort des Beschauers gespannten Schirms, die Verdeckung des unteren Bildendes erzielte man erst im Laufe der Zeit, indem man das vor dem unteren Bildrand liegende, für den Beschauer sichtbare Vorfeld immer täuschender dem Bildganzen anglich.250) All diese Hilfsmittel trugen dazu bei, dem Betrachter zu suggerieren, daß er sich selbst am Ort des Geschehens befinde; die Täuschung war so vollkommen, Der

satz zum

247) In Frankreich hingegen wurden auch die Kriege der 1850er Jahre mit Panoramen gewürdigt; die Rundbilder von Sewastopol und Solferino fanden nicht nur den Beifall des Kaisers, der auch in den Schlachtenpanoramen ein Erbe seines Onkels erblickte, sondern hatten auch großen Erfolg beim Publikum (Robichon, Die Illusion eines Jahrhunderts, in: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts, S. 62). 248) Fast noch überboten wurde die europäische Panoramamode seit den 1870er Jahren in den USA, wo die Schlachten des Bürgerkriegs den Stoff für eine große Zahl von populären Rundbildern bereitstellten (siehe die Aufzählung bei Ralph Hyde, Panoramania! The Art and Entertainment of the ,All-Embracing' View. Catalogue, London 1988, S. 17If.). Mit der Anfertigung der Panoramen wurden oft auch deutsche oder französische Künstler beauftragt (A[lfred] L[ichtwark], Das Chattanooga-Panorama, in: Die Gegenwart Nr. 51 [1885], S. 396f; Kevin J. Avery, Das Moving Panorama als Kunstform der nordamerkanischen Frontier-Bewegung, in: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts, S. 71). Zum vielleicht bekanntesten Bürgerkriegspanorama, dem Rundbild zur Schlacht um Atlanta, das noch heute zugänglich ist, hat eine detaillierte Analyse vorgelegt Bruce Catton, The Famous Cyclorama of the Great Battle of Atlanta, in: American Heritage 7(1956), S.32ff. 249) Oettermann, Das Panorama, S. 193. 25°) Alfred Auerbach, Panorama und Diorama.

Ein Abriß über Geschichte und Wesen volkstümlicher Wirklichkeitskunst. 1. Teil: Das Panorama in den Anfangen und der ersten Blütezeit das Diorama bis auf Daguerre und Gropius, Grimmen i.P. 1942, S. 4. Noch präziser, aber weniger anschaulich ist die Definition von Bruno Weber: ein „Panorama ist die zentralperspektivische Horizontalprojektion auf die Innenseite eines lotrecht stehenden Zylinders; der Horizontalwinkel des Bildfelds beträgt im Halbrundpanorama 180°, im Vollrundpanorama 360°" (Bruno Weber, Formen und Funktion älterer Panoramen. Eine Übersicht, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 42 [1985], S. 257). -

4. Das

473

Schlachtenpanorama

daß der Besuch des Panoramas wie eine Zeitreise auf das historische Schlachtfeld erscheinen konnte. Kein anderes Medium vollbrachte eine ähnliche Simulationsleistung wenn es richtig ist, daß Sinneseindriicke sich dem Gedächtnis am stärksten einprägen, daß Bilder stets leichter erinnert werden als Begriffe, dann war das Panorama der Ort, an dem die stärkste Modellierung des Gedächtnisses stattfand: Hier wurde die Wahrnehmung des Betrachters von der sinnlichen Präsenz des historischen Geschehens geradezu überwältigt, hier erweiterte sich sein Augenschein um eine Erlebnisdimension, deren Intensität ein leichtfertiges Verdrängen und Vergessen des Gesehenen fast ausschließen -

mußte.251) Die aufwendige Herstellung

der großen und unhandlichen Panoramen rentierte sich für die Betreibergesellschaften252) selbstverständlich dann am besten, wenn sich das Publikumsinteresse mehrerer Städte addierte; die Rundbilder wurden so montiert, daß sie auch wieder auseinandergebaut werden konnten regelrechte Tourneen der Panoramen durch verschiedene Großstädte wurden dadurch ermöglicht.253) München und Hamburg, Frankfurt am Main und Dresden, Berlin und Stuttgart, Aachen und Köln, Leipzig und Breslau, sowie Karlsruhe, Bremen, Düsseldorf, Kiel und Stettin tauschten in dieser Weise über mehrere Jahre hinweg ihre Panoramen aus.254) Jedes neue Panorama bildete wieder eine Attraktion, die das schaulustige Volk aus Stadt und Umland an die Kassen der Rotunden trieb, die wie die Kinos des 20. Jahrhunderts das Publikum mit wechselnden Vorstellungen bedienten.255) -

251)

Zur Modellierung des Gedächtnisses durch das Panorama auch Wolfgang Kaschuba, Deutsche Bürgerlichkeit nach 1800. Kultur als symbolische Praxis, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürgertum im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich. Bd. 3, München 1988, S. 34f. 252) Bei diesen Betreibergesellschaften handelte es sich um Aktiengesellschaften, die ihre Anteilseigner gerne im Dunkeln ließen wahrscheinlich deshalb, wie Oettermann vermutet, weil die Verbindung zu diversen Muttergesellschaften in Brüssel und Paris nicht sichtbar werden sollte, deren Engagement auf diesem in patriotischer Hinsicht ausgesprochen sensiblen Terrain sicherlich das Mißfallen des Publikums erregt hätte (Oettermann, Das Panorama, S. 188; ähnlich auch Isabelle Leroy, Belgische Panoramagesellschaften 1879-1889. Modelle des internationalen Kapitalismus, in: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts, S. 74ff.). 253) Zu dieser Praxis S. Hausmann, Die neueste Entwicklung der deutschen Panoramenmalerei, in: Die Kunst für Alle 5 (1890), H.17, S. 259f. 254) Zu dieser wahrscheinlich noch unvollständigen Liste siehe Oettermann, Das Panorama, S. 188. In Hamburg und Frankfurt gab es jeweils zwei Rotunden, Berlin brachte es sogar auf insgesamt fünf Ausstellungsgebäude (ebd.). 255) Zur konkreten Zahl der Panoramabesucher lassen sich in der Regel keine verläßlichen Angaben machen. Oettermann begründet allerdings mit plausiblen Argumenten, daß mehr als eine Million Menschen das Sedan-Rundbild in Berlin gesehen haben müssen wenn diese Zahl auch sicherlich einen Spitzenwert darstellt, der von anderen Panoramen nicht eingeholt werden konnte (Oettermann, Das Panorama, S. 191). Zusätzlich trugen verschiedene Druckwerke, die Reproduktionen von Teilen der Rundbilder enthielten, zur Massenrezeption der Panoramen bei; so etwa im Falle des Sedan-Panoramas eine von Ludwig Pietsch -

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II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

Wie für die gesamte deutsche Militärmalerei des 19. Jahrhunderts galt auch für das Schlachtenpanorama, daß eine starke Orientierung an französischen Vorbildern nicht zu übersehen war. Die großen Panoramen, mit denen Philippoteaux256), Détaille und Deneuville257) in Frankreich den Mythos der heroischen Niederlage beschworen, die in Wirklichkeit ein Sieg des von seinen Führern verratenen und von einer Überzahl von Barbaren überwältigten französischen Volkes gewesen sei, forderten die deutschen Militärmaler zu ähnlichen Anstrengungen heraus und überzeugten mit ihrem kommerziellen Erfolg die Betreibergesellschaften davon, daß diese Form der Illusionskunst offensichtlich eine Renaissance erlebte und auch in Deutschland lukrative Perspektiven besaß. Nachdem schon 1872 in Lübeck ein erstes Diorama258) zur Schlacht von Orléans gezeigt worden war259), setzte ab 1880 die Großproduktion von Panoramen ein. Hunten und Simmler, um nur einige Beispiele zu nennen, stellten 1881 den Angriff auf St. Privat dar, Faber du Faur 1882 das Gefecht bei Wörth, Werner und Bracht im Jahr darauf die Schlacht bei Sedan; gleich drei Gefechte, nämlich die Schlachten von Mars-la-Tour (1883/84), Weißenburg (1885) und Champigny-Villiers (1890) wurden unter der Anleitung von Louis Braun ins Bild gesetzt. In den Jahren 1891 und 1896 folgten -

verfaßte Broschüre, die acht Fotografien von einzelnen Abschnitten des großen Rundgemäldes enthielt (Das Panorama der Schlacht von Sedan, gemalt von A. v. Werner und E. Bracht. Text von Ludwig Pietsch, Berlin 1887). Zum Interesse der illustrierten Zeitungen an den Illusionstheatern siehe Oettermann, Das Panorama, S. 207. 256) Philippoteaux' „Belagerung von Paris", von Oettermann als Kultbild der französischen Nation bezeichnet (Stephan Oettermann, Die Reise mit den Augen „Oramas" in Deutschland, in: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung, S. 48), wurde auch auf der Wiener Weltausstellung des Jahres 1873 präsentiert (Marie-Louise von Plessen, Der gebannte Augenblick. Die Abbildung von Realität im Panorama des 19. Jahrhunderts, in: ebd., S. 16); Ausschnitte aus diesem Panorama zeigt Bordini, Storia del Panorama, S. 213. 257) In gemeinsamer Arbeit schufen Détaille und Deneuville die Panoramen der „Schlacht von Champigny" ( 1882) und der „Schlacht von Rezonville" ( 1883); für „Rezonville" erhielten sie bei der Pariser Weltausstellung des Jahres 1889 den Großen Ehrenpreis, eine Auszeichnung, die zuvor noch nie einem Panorama zuerkannt worden war (Germain Bapst, Essai sur l'histoire des panoramas et des dioramas, Paris 1891, S. 29). Abbildungen und eine Analyse der beiden Rundbilder finden sich bei François Robichon, Les panoramas de Champigny et Rezonville par Edouard Détaille et Alphonse Deneuville, in: Bulletin de la Société de l'histoire de l'Art Français, 10. Nov. 1979, S. 259ff; ders., Détaille, Deneuville et les panoramas, in: Uniformes Nr. 59 (Jan. 1981), S. 14 ff. ; ders.. Emotion et sentiment dans les panoramas militaires après 1870, in: Revue Suisse d'Art et d'Archéologie 42 (1985), S. 28Iff. 258) Sogenannte .Dioramen' ergänzten die klassischen Panoramen noch durch verschiebbare Kulissen und durch Lichteffekte (Buddemeier, Panorama Diorama Photographie, S. 25). 259) Christa Pieske, Vermittlung von Geschichte in den Medien der Zeit Anton von Werners, in: Bartmann (Hg.), Anton von Werner, S. 172. -

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4. Das

475

Schlachtenpanorama

noch ein Sturm auf die Spicherer Höhen und eine Eroberung von Bazeilles, für die Michael Zeno Diemer verantwortlich zeichnete.260) Aufgrund der schwierigen Überlieferungssituation fast alle Panoramen wurden irgendwann abgerissen und zerstört261), nur einige zeitgenössische Fotografien liegen noch vor sind nur exemplarische Analysen einzelner Rundbilder möglich, die von vornherein mit der Einschränkung versehen werden müssen, daß ihre Repräsentativität für das gesamte Aufkommen an Schlachtenpanoramen nicht nachweisbar ist. Insgesamt läßt sich aber wenn auch mit diesem Vorbehalt eine dezidierte Unterstützung der nationalen Interpretation des Krieges durch die Panoramen konstatieren.262) Jedes Rundbild appellierte an die patriotischen Empfindungen des Publikums und rief durch die Feier eines bestimmten Schlachtensieges die Erinnerung an den Einigungskrieg und eine Erinnean die gemeinsamen Anstrengungen der Nation wieder wach die im verblassen drohte und in den zu Augen der Parung, politischen Alltag trioten gar nicht oft genug gegen die inneren Konflikte, gegen den Parteienhader und die regionale Eigenbrötlerei wieder aufgeboten werden konnte. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß auch in der Panoramakunst, ebenso wie bei der Kriegsmalerei, die besondere Würdigung der Taten bestimmter Landsmannschaften durchaus eine Rolle spielen konnte. Das bekannteste Beispiel für die Wirksamkeit solcher regionalen Bezüge sind die beiden Sedan-Panoramen, die in den Jahren 1881 und 1883 eröffnet wurden; während das früher entstandene, von Louis Braun für eine Rotunde in Frankfurt am Main gemalte Rundbild263) vor allem die Leistungen der bayerischen Truppen würdigte, stellte das zwei Jahre später von Anton von Werner in Berlin angefertigte Panorama ganz eindeutig die Verdienste der preußischen Kontingente in den Mittelpunkt; Werners Panorama war gewissermaßen die preußische Antwort auf Brauns süddeutsche Herausforderung.264) Es wäre allerdings übertrieben, die von Braun und Werner so einseitig akzentuierten süd- bzw. norddeutschen Perspektiven als den Ausdruck eines Partikularismus zu inter-

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26°)

Diese Informationen bei Bordini, Storia del Panorama, S. 229. Das einzige heute noch existierende Panorama aus dem Kontext des deutsch-französischen Krieges wird vom schweizerischen Luzern beherbergt: Edouard Castres' Rundbild „Der Rückzug Bourbakis", das die gescheiterte Gegenoffensive der französischen Südostarmee im Januar 1871 thematisiert. 262) So auch schon Max Schmid, Kunstgeschichte des XIX. Jahrhunderts, Bd. 2, Leipzig 1904, S. 188. 263) Das große Publikumsinteresse sorgte dafür, daß dieses Panorama fünf Jahre lang in der Frankfurter Rotunde verblieb (Louis Braun [1836-1916]. Panoramen von Krieg und Frieden aus dem Deutschen Kaiserreich. Ausstellung im Hällisch-Fränkischen Museum zu Schwäbisch Hall vom 8. 10.-14. 12. 1986, Schwäbisch Hall 1986, S. 15). Eine Vorstudie zu dem Rundbild wird abgebildet in ebd., S. 69. 264) Evelyn J. Fruitema/Paul A. Zoetmulder (Hgg.), The Panorama Phenomenon. Catalogue, Den Haag 1981, S. 51 ff.; Oettermann, Die Reise mit den Augen, in: Sehsucht. Das Panorama als Massenunterhaltung, S. 49.

261

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II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

pretieren, der auch zehn Jahre nach der Reichsgründung noch fortgelebt und in solchen öffentlichen Manifestationen seinen symbolischen Ausdruck gefunden hätte. Viel eher ging es wieder darum, den speziellen Beitrag der eigenen Region zur gemeinsamen nationalen Anstrengung besonders hervorzuheben; die Region wurde nicht um ihrer selbst willen gefeiert, sondern wegen der Leistungen, die sie im Sinne und Interesse des Ganzen vollbracht hatte. Hier durfte es durchaus auch einen Wettstreit zwischen den einzelnen Ländern geben. Außerdem wurde das Publikum in den Landeshauptstädten naturgemäß immer dann am stärksten angesprochen, wenn die eigenen Lokalheroen und die eigenen Regimenter präsentiert wurden, so daß sich schon aus wirtschaftlichen Erwägungen die Wahl einer entsprechenden Perspektive empfahl.265) Wollten die Panoramen also wie die Kriegsgemälde einen Beitrag zu einer am Mythos der Einigungskriege orientierten Nationalkultur in Deutschland schaffen, so übernahmen sie ohne Zweifel auch deren Anspruch auf dokumentarische Genauigkeit das Kunstprogramm des Realismus war auch für die Rundbilder verbindlich. Ihre darstellerischen Potentiale ermöglichten sogar eine Naturwahrheit, die den Realismus selbst der am exaktesten rekonstruierten Schlachtengemälde weit in den Schatten stellte. Schon die Rundumsicht simulierte den vor Ort gegebenen Augenschein in so plastischer Weise, daß die plane Bildfläche eines konventionellen Gemäldes dagegen per se nur einen ,Abklatsch' des wirklichen Geschehens wiedergeben zu können schien. Die Gestaltung des Innenraumes der Rotunden ermöglichte noch zusätzliche Realismus-Effekte: Hier konnten authentische Überreste der Schlachten plaziert werden, die von den Künstlern geschickt in die Komposition der gesamten Ansicht einbezogen wurden. Edouard Castres stellte einen Eisenbahnwaggon vor die Leinwand seines Bourbaki-Panoramas, der mit den gemalten Waggons zu einer optischen Einheit verschmolz; Anton von Werner justierte militärische Ausrüstungsgegenstände wie Tornister, Schaufeln und gerollte Mäntel so geschickt am unteren Rand seines Berliner Sedan-Panoramas, daß es dem Betrachter kaum möglich war, die Grenze zwischen dem plastischen Vordergrund und der gemalten Fläche zu erkennen. Das Panorama war mehr als ein rundgespanntes Gemälde, es war ein Illusionstheater, das nicht nur mit einem Bühnenbild arbeitete, sondern auch verschiedene Requisiten und eine geschickt -

265)

Louis Braun, der sicherlich produktivste deutsche Panoramamaler, bediente in dieser Weise gleich mehrfach den Geschmack bestimmter Lokalpublika; für Dresden malte er einen „Sturm der Sachsen auf St. Privat", für Stuttgart stellte er mit „Villiers-Champigny" ein Ausfallgefecht vor Paris dar, bei dem die Württemberger besonders hervorgetreten waren, und in München eröffnete er ein „Weißenburg"-Panorama, eine Darstellung der Schlacht also, die von der Dritten Armee mit ihren starken bayerischen Kontingenten bestritten worden war. Eine zu starke Berücksichtigung der regionalen Perspektive verbot sich hierbei schon dadurch, daß die Panoramen auch noch in anderen Städten gezeigt werden sollten, wo allzuviel Lokalpatriotismus die Zuschauer sicherlich verprellt hätte.

4. Das

477

Schlachtenpanorama

eingesetzte Beleuchtung verwendete, um die jeweils präsentierte ,Welt' so täuschend echt wie möglich in Szene zu setzen. Darüber hinaus setzten die Panoramakünstler bei der Anfertigung der umfänglichen Rundbilder konsequent alle Hilfsmittel ein, die mittlerweile die Wiedergabe der Realität erleichtern konnten und von der traditionellen Militärmalerei nach wie vor nur halbherzig genutzt wurden.266) An erster Stelle ist hier die Fotografie zu nennen. Terrainaufnahmen, die am Ort der zu illustrierenden Schlacht angefertigt wurden267), dienten als Vorlage für Bilder, die man auf transparentes Papier malte, um sie anschließend mit einer Lichtquelle auf die Riesenleinwände projizieren zu können, auf denen die Künstler dann die Umrisse nachzeichneten, die ihnen ohne diese Hilfestellung weitaus größere Schwierigkeiten bereitet hätten. Für die Zeichnung der Figuren wurden eben-

falls Fotos verwendet, wenn die betreffenden Personen nicht Modell zu stehen vermochten. Insgesamt waren die Malarbeiten arbeitsteilig organisiert, wie bei der Größe der Leinwände nicht anders zu erwarten, so daß Spezialisten für die einzelnen Aufgabenfelder herangezogen werden konnten; in der Regel arbeiteten mehrere Porträt-, Militär- und Landschaftsmaler zusammen. Die Befragung von Historikern und Augenzeugen sollte die korrekte Wiedergabe der militärischen Ereignisse garantieren, ein Anspruch, den Werners Sedan-Panorama sogar noch dahingehend steigerte, die Situation zu einer bestimmten Stunde des 1. September 1870 exakt wiedergeben zu wollen.268) All diese Anstrengungen ergänzten sich zu der Vision einer Zeitreise, die dem Betrachter die imaginäre Präsenz am Ort des historischen Geschehens erlaubte, wo er mit den Augen eines Beteiligten in die Runde blickte. Der Realismus wurde so weit getrieben, daß dem Zuschauer nicht mehr nur ein möglichst naturgetreues Abbild der Realität, sondern gleichsam die Wirklichkeit selber entgegentreten sollte. An Werners Sedan-Panorama kann auch noch ein weiteres Darstellungsprinzip der Rundbilder, das sie mit vielen Schlachtengemälden teilen, in exemplarischer Weise verdeutlicht werden: das Prinzip der Auflösung des Geschehens in die Episode. Auch hierbei machten sich die besonderen Bedingungen der Präsentation eines Rundbildes geltend. Die Darstellung einer Schlachtentotale hätte den Blick des Betrachters orientierungslos umherkreisen lassen; ein Pan-

266)

Akribisch beschrieben werden die einzelnen Arbeitsschritte bei der Herstellung eines Panoramas von Hans Bohrdt, Wie entsteht ein Panorama?, in: Velhagen & Klasings Monatshefte 6 (1891/92), Bd. 1, S. 119ff; Theodore R. Davis, How a Great Battle Panorama Is Made, in: St. Nicholas. An Illustrated Magazine for Young Folks 14 (Nov. 1886 Apr. 1887), S. 99 ff; Hans Lücke, Blüchers Rheinübergang bei Caub. Panorama von H. Ungewitmit humoristiter und G. Wendung, in: Rheinlande 2 (April 1902), H.7, S. 21 ff, sowie schen Untertönen von Max Bernstein, Von einem Panorama, in: Die Kunst für Alle 2 -

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(1887), S. 105ff. Zu den Reisen, die etwa zur Vorbereitung des Sedan-Panoramas nötig waren, siehe Werner, Erlebnisse und Eindrücke, S. 337, sowie Bracht, Lebenserinnerungen, S. 103. 268) Panorama der Schlacht bei Sedan. Text von Ludwig Pietsch, S. 4. -

267)

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II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

besitzt kein Bildzentrum, um das herum das entscheidende Geschehen gruppiert werden könnte. Statt dessen werden die einzelnen Abschnitte des Panoramas immer nur nacheinander zur Kenntnis genommen, wobei es keine Hierarchie gibt, die bestimmte Teile des Bildes gegenüber anderen auszeichnet; das Prinzip des Panoramas ist das Nebeneinander, ist die Beiordnung, und einem solchen Prinzip fügt sich das Episodische beinahe naturgemäß ein: Die Aufmerksamkeit des Zuschauers wird von einer Episode zur anderen gezogen, sie wandert gleichsam von Attraktion zu Attraktion und erhält ihn in stetiger Spannung. Ein Rundbild kann nicht mit einem Blick erfaßt werden, und aus dieser Not machten die Panoramakünstler eine Tugend, indem sie dem Betrachter viele Entdeckungen ermöglichen, wenn er sein Auge nur ausdauernd genug über die Leinwand schweifen läßt. Obwohl Werners Sedan-Panorama also durchaus eine repräsentative Darstellung der Entscheidungsschlacht des deutsch-französischen Krieges anstrebt, bereitet es den Stoff doch so auf, daß er in verschiedene Episoden untergliedert werden und dadurch den visuellen Bedingungen eines Rundbildes entgegenkommen kann. Als Thema seiner Darstellung wählte Werner den Reiterangriff bei Floing, mit dem die Franzosen den Ring noch einmal aufzusprengen versuchten, der sich um ihre Stellung bei der alten Festungsstadt Sedan bereits zu schließen begonnen hatte. Der Angriff, der schon mit dem Mute der Verzweiflung vorgetragen wurde, scheiterte allerdings an der unerschütterlichen Standhaftigkeit der preußischen Infanteriekolonnen, die mit ihrem Schnellfeuer unter den anstürmenden französischen Kürassieren ein wahres Blutbad anrichteten. Dieses Blutbad wird von Werner einmal mehr auf theatralisch stürzende Reiter und pittoresk daliegende Leichen reduziert, ohne daß die Wunden und Verstümmelungen wirklich sichtbar gemacht würden; auch bei den Panoramen, wie bei den Schlachtengemälden, hört der Realismus bei der Wiedergabe des Erschreckenden und Abstoßenden auf. Obwohl die Attacke bei Floing selber nicht mehr als eine Episode innerhalb der ganztägigen Schlacht von Sedan gewesen ist, löst Werner sie noch zusätzlich in verschiedene Szenen auf. Der ,erste' Abschnitt des Rundbildes, den der Besucher zunächst erblickt, wenn er aus dem dunklen Treppenaufgang hervorkommt und die Plattform betritt, zeigt das Kirchdorf Floing, das der Attacke ihren Namen gegeben hat; während im Hintergrund bereits die ersten französischen Kriegsgefangenen lagern, erklimmen im Vordergrund preußische Truppen einen Hang, der sie auf das von der feindlichen Reiterei bedrohte Hochplateau führen soll. Folgt der Betrachter dieser Truppenbewegung, läßt er seine Augen also im Uhrzeigersinn weiter über das Bild wandern, so wird seine Aufmerksamkeit sofort von dem Einzelkampf mehrerer Infanteristen mit zwei feindlichen Chasseurs d'Afrique gefesselt, die offensichtlich die deutschen Verteidigungslinien durchbrechen konnten und nun die nachrückenden Verbände bedrohen. Der eine Reiter ist jedoch bereits von einer tödlichen Kugel getroffen und aus dem Sattel geworfen worden sein Pferd schleift ihn noch orama

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4. Das

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Schlachtenpanorama

hinter sich her -, während der andere just in dem Augenblick, den das Bild fixiert, einen tödlichen Bajonettstoß empfängt (vgl. Abb. 29). Geführt wird dieser Stoß von dem Gefreiten Henneberg, wie Ludwig Pietsch zu berichten weiß269), so daß sich einmal mehr das Potential der episodischen Darstellung erweist, auch die ,Taten' der unteren Dienstgrade zur Geltung zu bringen. Der Vormarsch der Preußen ist also nicht mehr aufzuhalten, und er wird in wenigen Minuten das Hochplateau erreicht haben, das die nächste Partie des Panoramas präsentiert. Hier ist der Kampf schon in vollem Gange. Eine preußische Schützenlinie im Mittelgrund sieht sich mit wild anstürmenden Reitern konfrontiert, deren Andrängen, Ausweichen, Stürzen, Sich-Überschlagen und Zurückweichen den malerisch wie kompositorisch ergiebigen und von Werner mit allen Mitteln der Kunst ausgereizten Gegenstand eines größeren Abschnittes bildet (vgl. Abb. 30). Erst wenn der Betrachter die verwirrende Fülle dieser Einzelheiten und Einzelaktionen verarbeitet hat, kann sich sein Blick wieder einem klarer strukturierten Geschehen zuwenden, nämlich dem Flankenangriff einer deutschen Infanteriekolonne, die sich gleichzeitig zur anderen Seite der Attacke nachsetzender französischer Husaren zu erwehren hat, gegen die über das Hochplateau donnernden Kürassiere. An diese dramatische Szene schließt sich nun der ,letzte' Abschnitt des Rundbildes an, der den Blick auf das Tal der Maas und die Stadt Sedan freigibt; hier wird das besondere Interesse des Betrachters durch das (auch aus größerer Entfernung noch deutlich erkennbare) hektische Treiben in den Straßen der Festungsstadt geweckt, ein Treiben, das bereits von der beginnenden Auflösung in der feindlichen Armee zeugt die drohende Niederlage wirft ihre Schatten voraus.270) Während Werners Sedan-Panorama das Städtchen Bazeilles fast völlig hinter Rauchschwaden verschwinden läßt, wird gerade die Einnahme dieser strategischen Schlüsselposition durch bayerische Truppen in den frühen Morgenstunden des 1. September von Michael Zeno Diemer zum Gegenstand eines großen Rundbildes gemacht. Seine „Eroberung von Bazeilles"271) zeigt den Kampfplatz aus einer schrägen Aufsicht, die es dem Betrachter erlaubt, seinen Blick über die Dächer der oft schon lädierten oder brennenden Häuser schweifen zu lassen; in jeder Straßenschlucht werden ihm dabei neue Szenen präsentiert, die von den grausamen Häuserkämpfen in der Vorstadt von Sedan zeugen: Hier werden deutsche Soldaten aus dem Hinterhalt beschossen, dort begegnen sich Deutsche und Franzosen im Nahkampf; hier wird ein Haus gestürmt, dort stehen sich die Feinde an einer Barrikade gegenüber. Der Zuschauer blickt in ein Chaos von Flammen und Trümmern hinein, und es ist sei-

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269) Panorama der Schlacht bei Sedan. Text von Ludwig Pietsch, S. 5. 270) Diese Schilderung orientiert sich an den acht Fotografien, die im Anhang von Pietschs Beschreibung des „Panoramas der Schlacht bei Sedan" enthalten sind; inzwischen sind diese Bilder auch durch den Katalog zur Berliner Anton von Werner-Ausstellung von 1993 zugänglich gemacht worden (Bartmann [Hg.], Anton von Werner, S. 272-275). 271) Abb. in Oettermann, Das Panorama, Leporello 2.

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II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

Aufmerksamkeit überlassen, im Schatten der Häuser die Kampfaktionen zu erkennen, deren Rücksichtslosigkeit und Härte den späteren Partisanenkrieg vorwegzunehmen schien und den Namen Bazeilles zum Symbol für einen schmutzigen Krieg werden ließ, der den Unterschied zwischen Soldaten und Zivilisten nicht mehr anerkennen wollte. Louis Brauns Rundbild der „Schlacht von Weißenburg"272), um noch ein letztes Beispiel für die Bedeutung des Episodischen in der Panoramamalerei anzuführen, gliederte die Kämpfe der Dritten Armee am 4. August 1870 in die Kampfaktionen der verschiedenen Waffengattungen auf; die Hügelketten der Vogesen, die den Hintergrund bildeten, gaben dem Panorama gleichzeitig noch den Charakter eines reizvollen Landschaftsbildes. Die Partien des Rundbildes entsprachen verschiedenen Himmelsrichtungen, in die der Blick des Betrachters schweifen sollte. Orientierte er sich nördlich, also zur bayerischen Pfalz hin, dann konnte er ein Reitergefecht beobachten; beim Städtchen Weißenburg traten ihm Infanteriemassen entgegen, und bei Schweighofen und am Zollhaus fuhr Artillerie auf. Nicht fehlen durfte selbstverständlich auch der Gaisberg, gegen den sich der schlachtentscheidende Sturmangriff der deutschen Infanterie richtete. Darüber hinaus versuchte Braun anders als die meisten Schlachten- und Panoramamaler auch einen Eindruck von der Präsenz und Wirkung der Artillerie auf dem Schlachtfeld zu vermitteln; zahlreiche Rauchsäulen und -Schwaden zeigen an, wo Geschosse abgefeuert wurden oder gerade eingeschlagen sind. Wenn schon für die Episode gilt, daß sie immer auch dem Geschehen am Rande und den Leistungen des einfachen Soldaten ihre Aufmerksamkeit schenkt, so trifft dies noch viel mehr für das Genrebild zu, das schon oben als der prägnanteste Ausdruck eines bürgerlichen Blicks auf den Krieg charakterisiert worden ist. Daß es nicht möglich ist, Schlachtenpanoramen kurzerhand als Genrebilder anzulegen, liegt auf der Hand; Genreszenen können aber sehr wohl in die Gefechtsdarstellungen eingewoben werden, eine Möglichkeit, von der auch die konventionelle Militärmalerei häufig Gebrauch machte. Damit ist nicht nur das additive Verfahren gemeint, das Werner für das Berliner SedanPanorama gewählt hatte: er ergänzte das Rundbild einerseits durch drei Dioramen273), andererseits durch mehrere Genregemälde, die in den Nebenräumen ner

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272) Abb. in Louis Braun, Panoramen von Krieg und Frieden, S. 109 (Leporello). Ähnlich angelegt war auch Otto von Faber du Faurs Panorama der „Schlacht bei Wörth", wie sich aus den in Öl ausgeführten Vorstudien rekonstruieren läßt, die im Bayerischen Armeemuseum Ingolstadt aufbewahrt werden [Inv.-Nr. C 3090]. 273) Diese Dioramen markierten in mehrstündigen Schritten den Fortgang der Ereignisse seit dem Mittag des 1. September, seit dem Zeitpunkt also, den das Panorama thematisiert hatte. Das erste Diorama zeigte die Übergabe der französischen Kapitulation durch General Reihe am späten Nachmittag, das zweite die nächtlichen Kapitulationsverhandlungen in Donchéry, und das dritte schließlich die Begegnung Bismarcks mit Napoleon III. auf der Landstraße zwischen Paris und Donchéry im Morgengrauen des 2. September (siehe auch

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Schlachtenpanorama

der Rotunde aufgehängt wurden274), sondern auch die Integration der Genreszenen in die panoramatische Darstellung selbst.215) Am Beispiel von Edouard Castres' Bourbaki-Panorama kann diese Vorgehensweise veranschaulicht werden. Obwohl dieses Rundbild nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz entstand, verwendete es doch dieselben Ausdrucksmittel, die auch in Frankreich und Deutschland eingesetzt wurden mit dem Unterschied höchstens, daß Castres durch seine neutrale Position in den Stand gesetzt wurde, die Leiden der französischen Ostarmee, die während des Winterfeldzugs 1870/71 auf Schweizer Terrain abgedrängt und dort von den Eidgenossen entwaffnet wurde, von einem gleichsam humanitären Standpunkt aus zu bedauern und ohne theatralische Pose darzustellen.276) Das 1881 in Genf eröffnete und 1889 nach Luzern überführte Panorama277) sucht die Armee Bourbakis just in dem Moment auf, in dem sie am 1. Februar 1871 bei Les Verrières die Grenze überschreitet. Die Szene spielt sich in einer schneebedeckten Winterlandschaft ab, für deren Gestaltung Castres sämtliche Register einer hochentwickelten Landschaftsmalerei zieht: Von der Körnung des Schnees bis zur Linie der Alpenkämme, von der Zeichnung der kahlen Bäume bis zur Wiedergabe der neblig-eisigen Luft sind alle Komponenten der Darstellung aus jahrelangen Vorstudien erwachsen278) und verschaffen dem Betrachter die perfekte Illusion, der bitteren Kälte eines Wintertages im Gebirge ausgesetzt zu sein. In dieser Atmosphäre ereignet sich das Debakel der französischen Truppen; während sich vor dem schweizerischen Zollhaus die Generäle Herzog und Clinchant begrüßen, zieht im nächsten Bildabschnitt ein endloser Zug von Soldaten heran, der an einem im Vordergrund befindlichen Bahndamm seine Waffen abgeben muß (vgl. Abb. 31). Wandert der Blick weiter an dieser Bahnlinie entlang, so trifft er auf eine provisorisch eingerichtete Station des Roten Kreuzes, die sich schon der völlig entkräfteten Soldaten anzunehmen beginnt. Viele dieser Soldaten haben bereits jenseits des Bahndammes, wie die folgende Partie des Rundbildes zeigt, ihr Lager aufgeschlagen; in -

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Adolf Rosenberg, Anton von Werner, Bielefeld/Leipzig 1895, S. 75, sowie Bartmann [Hg.], Anton von Werner, S. 270 ff.). 274) Eckhart Gillen, V. V. Verescagin Anton von Werner. Zum Verhältnis von kritischem und affirmativem Realismus in der Historien- und Schlachtenmalerei des späten 19. Jahrhunderts, in: Beitrag der bildenden Kunst zum Thema Krieg und Frieden. Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin 1975, S. 169. 275) Zu dieser Praxis auch Karl Bleibtreu, Die moderne Schlachtenmalerei, in: Die Kunst unserer Zeit 7 (1896), VIII. Lieferung, S. 37. 276) Zu dieser Interpretation auch Edouard Ravel, Edouard Castres et le panorama de l'entrée de l'armée française aux Verrières en 1870, in: Recueil genevois d'Art. Nos Anciens et leurs Œuvres, Genf 1903, S. 88ff. 277) Abb. in Oettermann, Das Panorama, Leporello 8. 278) Brigit Kämpfen-Klapproth, Das Bourbaki-Panorama als Werk von Edouard Castres, in: Revue Suisse d'Art et d'Archéologie 42 (1985), S. 289. -

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II. Die

Kriegsdeutung im Medium des Bildes

von ihnen rückt ein Bernerbataillon279) zur Verstärkung heran. Damit sind auch schon die wichtigsten Episoden genannt, von denen die Bildfläche aufgegliedert und strukturiert wird; daneben, gleichsam zwischen ihnen, hat Castres aber noch etliche Genreszenen eingestreut, die das Leid der Soldaten in einer sehr konkreten und persönlichen Weise schildern (vgl. Abb. 32). Vielerorts versuchen sich Uniformierte an spärlichen Feuern zu wärmen, die nur schwer überhaupt in Gang zu halten sind; einer ihrer Kameraden betreut ein halb verhungertes Pferd, das sich kaum noch auf den Beinen zu halten vermag. Besonders rührend sind die Genreszenen dort, wo sie Begegnungen von darbenden Soldaten und hilfsbereiten Zivilisten thematisieren. Auf dem provisorischen Lagerplatz neben dem Bahndamm etwa trägt sich eine Begebenheit zu, die fast einem Märchenbuch entnommen zu sein scheint; mehrere Bäuerinnen treten mit ihren prall gefüllten Proviantkörben an einen einzelnen Franzosen heran, der sein Glück angesichts dieser wundersamen Rettung gar nicht recht fassen kann. Die Berücksichtigung des Genreprinzips ist nur eine von mehreren Eigenschaften, die das Panorama mit dem konventionellen Militärbild teilt. Auch die aufwendige Landschaftsgestaltung, der dokumentarische Anspruch, die Bevorzugung der Episode und die Unterstützung nationaler Ideen sind hier wie dort zu verzeichnen. Dieser Befund kann nicht überraschen, da die gemalten Rundbilder den Tafelbildern in Themenwahl und Darstellungstechnik sehr eng verwandt sind und in der Regel auch von denselben Künstlern angefertigt werden. Die Panoramen bilden keine eigenständige Sichtweise des Krieges heraus, sondern bestätigen mit ihren spezifischen Mitteln die Perspektive der konventionellen Militärmalerei. Anders formuliert: Panorama und Kriegsgemälde ergänzen sich zu einer gemeinsamen visuellen Deutungsleistung, sie sind Bestandteile einer homogenen Deutungskultur des Krieges.

einiger Entfernung

279)

Diese Information bei Brigit Klapproth, Illusion und Wirklichkeit. Das Luzerner Bourbaki-Panorama von Edouard Castres, in: Neue Zürcher Zeitung, 18./19. 3. 1978, Nr. 65, S. 75.

Zusammenfassung und Ausblick Als der Frankreichfeldzug im Sommer des Jahres 1871 in zahlreichen deutschen Landeshauptstädten mit großen Siegesfeiern zu einem symbolischen Abschluß gebracht wurde, war jene neue Reichsverfassung bereits seit mehreren Monaten in Kraft, die den deutschen Nationalstaat endlich begründet hatte; für die Veranstalter der Siegesfeiern mußte es nun darum gehen, diesen neuen nationalen Horizont auch im Festritual zum Ausdruck zu bringen. Der Triumph galt nicht mehr nur dem Landesherrn und seinen Truppen, sondern gleichzeitig ganz Deutschland, und diese Doppelung mußte in die Bild- und Symbolsprache der Feierlichkeiten eingehen. In der Regel behalf man sich damit, einfach regionale und nationale Symbole miteinander zu kombinieren; .Kombination' konnte hierbei auch das schlichte Nebeneinanderstellen meinen. In München thronte die Bavaria neben der Germania, in Sachsen fand sich letztere neben der Saxonia wieder. Im Mittelpunkt der Feiern standen der jeweilige Landesfürst und ein Abgesandter des Hauses Hohenzollern, häufig der Kronprinz, der das Reich zu vertreten hatte.1) In Preußen selber stellten sich die Dinge einfacher, andererseits aber auch komplizierter dar: Die alte Regierung war mit der neuen Reichsspitze identisch, so daß man im Preußenkönig nun gleichzeitig auch das nationale Oberhaupt feiern konnte. Dabei drohte jedoch die neue Funktion des Monarchen unterzugehen; daß Preußen jetzt nicht mehr nur für sich selbst stand, sondern zum Kernstaat der gerade geschaffenen Nation geworden war, mußte folglich in besonderer Weise betont werden. Schon die Länge der via triumphalis, die am 16. Juni 1871 in Berlin aufgebaut worden war2), deutete den exzeptionellen Charakter des voraufgegangenen Krieges an: Statt der zwei Kilometer langen Strecke, mit der 1866 der Sieg über Österreich und seine Verbündeten gefeiert worden war, schritten die Trup-

') Zur Dresdener Siegesfeier siehe: Die Siegesfeierlichkeiten zu Dresden im März 1871. Ein Gedenkbüchlein an die großen Freudentage nationaler Erhebung und Einigung, Berlin/ Dresden o.J., bes. S. 33, sowie Max Dittrich, König Albert und seine Sachsen im Felde 1849, 1866, 1870-1871. Vaterländische Gedenkblätter, Berlin 31898, S. 127ff; zu ihrem Münchener Pendant am 16. Juli 1871 Karl von Winterfeld, Geschichte des Deutsch-französischen Krieges vom Jahre 1870 und 1871, Potsdam 1872, S. 501 ff.; N.N., Die politische Bedeutung der Siegesfeier, in: Im neuen Reich 1 (1871), Bd. 3, S. 150ff. 2) Die folgenden Schilderungen einzelner Bestandteile der Siegesfeier stützen sich vor allem auf Karl Eggers, Die Siegesstraße in Berlin beim Einzüge des Kaisers Wilhelm mit den Deutschen Truppen am 16. Juni 1871, Berlin 1871; Gedenkbuch an den Einzug unseres siegreichen Heeres und die Enthüllungs-Feierlichkeiten des Denkmals Friedrich Wilhelms III. in Berlin am 16. Juni 1871, Berlin 21871 ; Berliner Sieges-, Einzugs- und Friedens-Chronik des Jahres 1871, Berlin 21871 ; Alfred Dove, Der Einzug der Sieger in Berlin ( 1871 ), in: ders., Ausgewählte Schriftchen vornehmlich historischen Inhalts, Leipzig 1898, S. 409 ff.; Wacht am Rhein. Illustrirte Chronik. In Berichten über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz in Frankreich in den Jahren 1870-1871, Leipzig 1871, S. 1129ff.

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Zusammenfassung und Ausblick

sechs Kilometer ab die Verdreifachung der Strecke signalisierte, daß nicht nur Preußen allein, sondern ganz Deutschland feierte und sich feiern jetzt ließ. Unterteilt war die via triumphalis in vier Abschnitte, die durch markante Punkte im Stadtbild voneinander getrennt waren; jeder Abschnitt stand unter einem bestimmten Motto. Die erste Teilstrecke war der Begrüßung der heimkehrenden Truppen gewidmet, die zweite illustrierte die Siege über das französische Kaiserreich, die dritte würdigte die Schlachten des Herbst- und Winterfeldzugs; erst der vierte Abschnitt brachte die Frucht des gewonnenen Krieges: die nationale Einheit, zur Geltung. Mit Bedacht war gerade das Brandenburger Tor ausgewählt worden, um den Übergang vom dritten zum vierten Abschnitt zu markieren; so wie die Truppen erst einige Außenbezirke durchschreiten mußten, um mit dem Passieren des Tores die Innenstadt zu gewinnen, hatte auch das deutsche Kriegsheer zunächst die Schlachten in Frankreich zu bestehen, bevor das Ziel der nationalen Einigung erreicht war. Nicht von ungefähr wurden die Soldaten jenseits des Brandenburger Tores zuerst mit dem Symbol des Eisernen Kreuzes konfrontiert, das den Baldachin über der Bühne der Stadtverordneten schmückte, die auf dem Pariser Platz die einziehenden Truppen begrüßten. Wieder wurde der im Jahre 1813 gestiftete Orden dazu benutzt, um die Befreiungs- und die Einigungskriege symbolisch miteinander zu verknüpfen 1871 war die nationale Einheit vollendet worden, für die das deutsche Volk schon 1813 in den Krieg gezogen, um die es 1815 aber noch .betrogen' worden war. Im Angesicht der Kriegsauszeichnung sollte den Soldaten klar werden, daß das Werk nun vollbracht war. Jetzt konnten sie die Prachtstraße Unter den Linden abschreiten, die als via triumphalis im engeren Sinne ausgeschmückt war. Die auffälligste Zierde bildeten fünf Velarien3), die so aufgespannt waren, daß die Truppen unter ihnen herschreiten mußten;4) sie alle versinnbildlichten wichtige Aspekte des Krieges, so etwa Johannes Schallers Bild die Überwindung der Mainlinie im Zeichen der Verbrüderung der deutschen Stämme.5) An den Straßenrändern waren zudem Pechpfannen aufgestellt, deren Stützbeine als Ausstellungsfläche für die offiziellen Kriegsdepeschen aus der Zeit des Feldzugs genutzt wurden; alle 191 Depeschen, mit denen das Hauptquartier die Heimat über die Vorgänge auf dem Kriegsschaupen

nun

-

-

3) Bei diesen Velarien handelte es sich um ca. sechs Meter hohe und fünf Meter breite, auf Segeltuch ausgeführte Gemälde, die man zwischen Säulen aufspannte, die sich rechts und links von der Straße befanden (Bruno Meyer, Der künstlerische Theil der Berliner Siegesfeier [16. Juni 1871], in: Kunst-Chronik 6 [1871], Nr. 20, S. 170-172; speziell zu Anton von Werners Bild „Kampfund Sieg", das in der Reihenfolge der Velarien den dritten Platz einnahm, auch Friedrich Pecht, Anton

von

Werner, in: ders., Deutsche Künstler des neunzehn-

Erinnerungen, Bd. 4, Nördlingen 1885, S. 325, sowie Dominik Bartmann, Kampfund Sieg, in: Berlinische Notizen. Zeitschrift des Vereins der Freunde

ten

Jahrhunderts. Studien und

und Förderer des Berlin Museums 1987, S. 45 ff.). 4) Eine fotografische Abbildung dieses Arrangements ist abgedruckt bei Bartmann, und Sieg, in: Berlinische Notizen 1987, S. 47. 5) Meyer, Der künstlerische Theil, in: Kunst-Chronik 1871, S. 171.

Kampf

Zusammenfassung und Ausblick

485

platz informiert hatte, fanden hier ihren Platz. Damit wurde auch das Medium gewürdigt, das der Bevölkerung den ersten und schnellsten Zugriff auf die Wirklichkeit des Krieges gestattet hatte das Medium gewissermaßen, das die Kriegsereignisse in Verbindung mit der Litfaßsäule zuerst öffentlich werden -

ließ. Die

Kriegsöffentlichkeit, so ließe sich zugespitzt formulieren, ist zu einem wichtigen Bestandteil der Kriegsrealität geworden, daß sie sogar ihrerseits bei einer Siegesfeier schon ausstellungswürdig erscheint.6) Auf seinem Weg entlang der Prachtstraße Unter den Linden passierte der Triumphzug auch die Königliche Kunstakademie, deren Lehrmeister, allen voran der Akademiedirektor Adolph von Menzel, dem Ereignis ebenfalls ihren Tribut nicht versagen wollten. Auf der Fassade des Akademiegebäudes demonso

strierten die Maler ihr Können, indem sie dem Publikum die verschiedenen Typen von Kriegsdarstellungen, die zu ihrem Repertoire gehörten, in exemplarischen Ausführungen zu Gesicht brachten.7) In der Mitte prangten Porträts von Bismarck und Moltke, die Menzel persönlich ausgeführt hatte, umgeben waren sie von Gefechtsdarstellungen und Genrebildern, die verschiedenen wichtigen Ereignissen und typischen Situationen des Feldzugs gewidmet das Medium Kriegsgemälde entfaltete einmal mehr die verschiedenen waren Perspektiven, unter denen es den Krieg zu präsentieren vermochte und gleichzeitig zu sehen lehrte. Den Schlußpunkt der Triumphstraße bildete eine gewaltige Skulptur der Germania, die im Lustgarten des Königlichen Schlosses aufgestellt war.8) Die Symbolfigur Deutschlands wurde als eine Mutter gezeigt, die zwei herbeieilende Kinder begrüßt; das Elsaß und Lothringen, so die offenkundige Botschaft, kehrten unter die Fittiche der deutschen Nation zurück. Am Sockel der Germania befand sich zudem ein Relief, das die preußisch-deutsche Mobilmachung im Juli 1870 zeigte. Vertreter verschiedener Stände und Berufe wurden hier in dem Moment gezeigt, in dem sie den Einberufungsbefehl erhielten. Sie alle wurden bei ihrer friedlichen Arbeit gestört, waren aber sofort bereit, ihrer Pflicht zu genügen und die Arbeitsinstrumente gegen Waffen einzutauschen. Auch ein Student schlug sein Lehrbuch zu, um dem Ruf des Vaterlandes zu folgen. Der Beitrag der Gebildeten wurde hier also auch von offizieller Seite gewürdigt. Der gelehrte Stand schritt der Nation allerdings nicht voran, sondern -

6) Die Télégraphie wurde außerdem noch durch eine der .Ehrensäulen' gewürdigt, die entlang der Straße Unter den Linden aufgestellt waren und die „friedlichen im Felde und daheim wirkenden Kräfte" (Eggers, Die Siegesstraße in Berlin, S. 22) zur Geltung bringen

sollten. Jede dieser .Kräfte', so etwa auch die Eisenbahn und die Post, wurde durch ein besonderes Emblem symbolisiert, das man an der jeweiligen Säule angebracht hatte. Diese Embleme zeigt Eggers, Die Siegesstraße in Berlin, S. 22-26. 7) Meyer, Der künstlerische Theil, in: Kunst-Chronik 1871, S. 179-181. 8) Die Siegesfeier des Jahres 1866 war in bezeichnender Weise noch von der Figur der Borussia beherrscht worden (Preußische Sieges-Chronik 1866. Und feierlicher Einzug der Sieger in Berlin am 20. und 21. September, Berlin 1866, S. 118).

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fügte sich nur ein in den allgemeinen Aufbruch des .Volkes in Waffen'. Dieser Akt der Bewaffnung schuf im Grunde bereits die Nation, die, in der Bildsprache des gesamten Arrangements von der Germania verkörpert, stark genug zwei verlorene Provinzen wieder an sich zu binden. Der Lustgarten war auch der Ort, an dem in den Nachmittagsstunden des 16. Juni ein weiterer Höhepunkt der Siegesfeier in Szene gesetzt wurde. Es handelte sich um die Einweihung des Denkmals Friedrich Wilhelms III., um einen symbolischen Akt also, der erneut die historische Analogie zu den Befreiungskriegen aufrief. Das Reiterstandbild hatte eigentlich schon im August 1870 der Öffentlichkeit übergeben werden sollen9), war dann aber aufgrund der Kriegsereignisse nicht mehr fertig geworden als wenn das Werk der nationalen Einigung erst hätte vollendet werden müssen, bevor der Sohn dem Denkmal des Vaters gegenübertreten durfte. Mit dem Tag des Triumphes war auch der geeignete Zeitpunkt für die Erinnerung an die väterlichen Taten gekommen. Nun hatte Wilhelm ebenfalls einen großen Sieg über Frankreich errungen, und er konnte mit großem Pathos als der Vollender des Werkes auftreten, das von Friedrich Wilhelm III. begonnen worden war. Als das Siegesfest dann am späten Abend mit einer großen Illumination beendet wurde, hatte seine Wirkung auf die deutsche Öffentlichkeit gerade erst begonnen; jene Hunderttausende, die sich entlang der via triumphalis gedrängt hatten10), waren nur ein kleines Publikum im Vergleich zu den vielen Millionen, die in den kommenden Tagen von den Zeitungen über die Ereignisse in der neuen Reichshauptstadt informiert wurden.11) Außerdem entstanden zahlreiche Broschüren und Gedenkbücher12), die den Festzugsteilnehmern als Souwar, um

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9) Berliner Sieges-, Einzugs- und Friedens-Chronik, S. 92. 10) Diese Schätzung nach ebd., S. 102. Auch in einigen Selbstzeugnissen von Kriegsteilnehmern wird der Besuch der Berliner Siegesfeier ausdrücklich erwähnt: Gustav Freytag und Herzog Ernst von Coburg im Briefwechsel 1853-1893, Leipzig 1904, S. 248; G. Huyssen, Bilder aus dem Kriegsleben eines Militärgeistlichen. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des deutsch-französischen Krieges von 1870-71, Berlin 6o.J„ S. 324-337; A. Pfeiffer, Kriegs-Erlebnisse eines Festungs-Artilleristen bei der Belagerung von Straßburg, Beifort und vor Paris, Magdeburg 1912, S. 85 f.; D. Bernhard Rogge, Bei der Garde. Erlebnisse und Eindrücke aus dem Kriegsjahre 1870/71, Berlin 1912, S. 143 f.; Hanns von Zobeltitz, Im Knödel ländchen und anderswo. Lebenserinnerungen, Bielefeld/Leipzig 1916, S. lOOff. ") Am Beispiel der Berliner Zeitungen hierzu Ursula E. Koch, Berliner Presse und Europäisches Geschehen 1871. Eine Untersuchung über die Rezeption der großen Ereignisse im ersten Halbjahr 1871 in den politischen Tageszeitungen der deutschen Reichshauptstadt,

Berlin 1978, S. 375-379. 12) Meyer, Der künstlerische Theil, in: Kunst-Chronik 1871, S. 161. Auch in den Gesamtdarstellungen des Feldzugs wurden der Siegesfeier häufig am Schluß noch einige Seiten eingeräumt; siehe etwa W. Kopp, Der Krieg Kaiser Wilhelms 1870-1871, Berlin 1872, S. 207ff.; Franz Poppe, Deutschlands Heldenkampf 1870 und 1871, Oldenburg 1872, S. 275 ff.; Hugo Schramm/Franz Otto (Hgg.), Illustrirte Chronik des Deutschen Nationalkrieges im Jahre der deutschen Einigung 1870-1871, Leipzig 1872, 7. Kapitel, S. 33 ff.; Georg Hiltl, Der Französische Krieg von 1870 und 1871. Bielefeld/Leipzig 1884, S. 732f.;

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venir und Gedächtnisstütze, den Abwesenden hingegen als .Ersatzerlebnis' und Informationsgrundlage über das Entgangene dienen sollten. In all diesen Publikationen wurde die Siegesfeier als das präsentiert, was sie für jeden sein mußte, der ihre Symbolsprache zu lesen verstand: als eine Mischung von feudalem und nationalem Pathos, als eine sinnfällige Verkörperung des Bündnisses zwischen den alten Eliten und den Kräften der Nation.13) Damit war eine Kriegsdeutung aufgegriffen und für die Zukunft festgeschrieben worden, zu der es in der öffentlichen Diskussion sowohl vorher wie nachher praktisch keine Alternative gab. Der Krieg als der Geburtshelfer der Einigung war von den traditionellen Führungsschichten und der Nation gemeinsam bestritten und gewonnen worden, und diese beiden Gruppen sollten ihr erfolgreiches Bündnis auch in den Frieden hinein fortsetzen und zur Grundlage des neuen Nationalstaates machen. Diese Deutung des Krieges, die höchstens modifiziert, aber kaum wirklich in Frage gestellt wurde, strukturierte auch die Wahrnehmung der militärischen Ereignisse in der bürgerlichen Öffentlichkeit wobei offen bleiben muß, ob sich die bürgerlichen Kommentatoren durch die .amtliche' Sichtweise der Dinge beeinflussen ließen oder ob nicht umgekehrt die Inszenierung der Siegesfeier bereits Rücksicht auf eine in den vorangegangenen Monaten weitgehend etablierte bürgerliche Kriegsdeutung nahm, die nun symbolisch miteinbezogen und zum Bestandteil des offiziellen Kriegsbildes gemacht wurde. Unbestreitbar jedenfalls ist, daß die konservative und die bürgerliche Erinnerung an den Krieg, wenn sie auch einige Akzente unterschiedlich setzten, doch in ihren Grundzügen miteinander vermittelbar waren und daß sie in geschwisterlicher Eintracht zu Bestandteilen jener national-konservativen Geschichtskultur wurden, die den Umgang mit der deutschen Historie im Kaiserreich prägte. Die gemeinsam konstruierte Geschichte konnte dabei in hervorragender Weise den grundlegenden politischen Konsens unterstützen, von dem das Verfassungswerk von 1871 getragen wurde.14) -

A. Trinius, Geschichte des Krieges gegen Frankreich 1870/71, Bd. 2, Berlin 1888, S. 613ff; Theodor Lindner, Der Krieg gegen Frankreich und die Einigung Deutschlands. Zur 25jährigen Wiederkehr der Gedenktage von 1870/71, Berlin 1895, S. 162; Franz Maurer, Deutsches Heldenbuch. Illustrirte Geschichte des deutsch-französischen Krieges 1870-1871, Stuttgart o.J., S. 252. I3) Zu dieser grundsätzlichen Bewertung auch Wolfgang J. Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat. Die Gründung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850 bis 1890, Berlin 1993, S. 723; ders., Bürgerliche Kultur und künstlerische Avantgarde. Kultur und Politik im deutschen Kaiserreich 1870-1918, Frankfurt a.MV Berlin 1994, S. 28. ,4) Elisabeth Fehrenbach, Die Reichsgründung in der deutschen Geschichtsschreibung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 6 (1970), S. 6f.; Gangolf HUbinger, Geschichte als leitende Orientierungswissenschaft im 19. Jahrhundert, in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 11 (1988), S. 155; Andreas Biefang, Der Streit um Treitschkes „Deutsche Geschichte" 1882/83. Zur Spaltung des Nationalliberalismus und der Etablierung eines natio-

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Die ausgesprochene Homogenität, die das Kriegsbild der bürgerlichen Öffentlichkeit nach 1871 charakterisierte, hatte sich allerdings erst während des deutsch-französischen Krieges herausgebildet. Die Kriege von 1864 und 1866 waren zeitgenössisch noch sehr widersprüchlich kommentiert worden, erst nach der Reichsgründung paßte man ihre Deutung dem Mythos des 1870/71-Krieges an, dem sie gleichsam als Präludien vorgeschaltet wurden: als Bestandteile einer Trias von aufeinander aufbauenden, sich zu einem erfolgreichen Gesamtprojekt rundenden nationalen Einigungskriegen.15) Gewiß hat es auch im Kaiserreich noch Vertreter des gebildeten Bürgertums gegeben, die sich solchen Interpretationen widersetzten, die etwa darauf bestanden, daß die Annexion Schleswig-Holsteins ein Unrecht und die Niederlage Österreichs im Jahre 1866 ein Unglück für Deutschland gewesen sei, doch solche Auffassungen gingen in die öffentliche Darstellung und Deutung der Einigungskriege nach 1871 nicht mehr ein. Diese Kriege ,gehörten' nun unbestritten dem vom kleindeutsch-borussischen Nationalismus beherrschten nationalen Milieu in Deutschland, und jene Professoren, Studienräte, Juristen und Schriftsteller, die als Sprecher dieses Milieus auftraten und in seinem Namen zu den Einigungskriegen Stellung nahmen, ließen keinen Zweifel mehr daran zu, daß die Geschichte der drei Feldzüge eine universelle Erfolgsgeschichte war. Wer anderer Meinung war, hüllte sich (öffentlich) in Schweigen oder machte seine Position an anderen Themen fest; so gab es im Kaiserreich etwa sehr wohl auch einen bürgerlich-humanistischen Antimilitarismus oder Pazifismus16), aber er wurde kaum jemals mit Stellungnahmen zu den Einigungskriegen in Verbindung gebracht. Zu eindeutig war hier das Deutungsmonopol des nationalen Lagers, das die Einigungskriege in einen politischen Mythos verwandelte, der die eigene politisch-soziale Programmatik fast idealiter zum Ausdruck brachte. In den Jahren 1864 und 1866 hatte sich die Situation allerdings noch anders dargestellt. Hier war die Diskussion noch vielstimmig und voller Widersprüche gewesen. Schon die grundsätzliche politische Einschätzung des Krieges gegen Dänemark im Jahre 1864 war äußerst problematisch; Teile der bürgerlichen Öffentlichkeit hofften, daß sich Preußen und Österreich letztlich doch als die Agenten des deutschen Nationalinteresses entpuppen würden, andere Teile nal-konservativen Geschichtsbildes, in: HZ 262 (1996), H.2, S. 420; Wolfgang Hardtwig, Von Preußens Aufgabe in Deutschland zu Deutschlands Aufgabe in der Welt. Liberalismus und borussianisches Geschichtsbild zwischen Revolution und Imperialismus, in: ders., Geschichtskultur und Wissenschaft, München 1990, S. 133 ff. I5) Zu dieser Einschätzung auch Jakob Vögel, Nationen im Gleichschritt. Der Kult der „Nation in Waffen" in Deutschland und Frankreich, 1871-1914, Göttingen 1997, S. 163. ,6) Dieser bürgerliche Antimilitarismus hatte in der Regel linksliberal-demokratische oder katholisch-kulturkämpferische Wurzeln. Typisch für den linksliberalen Antimilitarismus ist etwa P. Wasserburg, Gedankenspäne über den Militarismus, Mainz 1874, für sein katholisches Pendant Annuarius Osseg [d.i. Georg Michael Pachtler], Der europäische Militarismus, Amberg 1875.

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sahen gerade .dieses Interesse von den Großmächten verraten. Wo man den Verrat witterte, lag es nahe, das Instrument des Verrats, also vor allem die Armee Preußens, in der Begrifflichkeit des immer noch schwelenden Heereskonflikts als eine Junkerarmee zu beschimpfen, die schleunigst aus Schleswig zu entfernen und durch ein wahres Nationalheer, ja durch eine Nationalmiliz zu ersetzen sei; wo man immerhin glauben wollte, wenn auch nicht wissen konnte, daß die preußischen Streitkräfte für Deutschland fochten, war man auch bereit, an ihre volkstümlichen Elemente zu erinnern, die durch die Heeresreform zwar vermindert, aber doch nicht gänzlich beseitigt worden seien. Das Lob galt hierbei allerdings eher dem Soll- als dem Ist-Zustand der Armee; die neue Heeresorganisation, die von Roon geschaffen worden war, wurde nach wie vor in schärfster Form kritisiert. Wiewohl diese Argumentation durchaus auch von überzeugten Borussen im nicht-preußischen Deutschland vorgetragen wurde, kam doch innerhalb des Hohenzollernstaates noch der Aspekt hinzu, daß sich auch das bürgerliche Preußen die Erfolge der Streitkräfte des Landes an die eigenen Fahnen heften wollte: Eine völlige Ablehnung des Krieges und der Armee verbot sich also schon aus diesem Grunde. Viel erfolgversprechender erschien die Strategie, den eigenen Anteil an den preußischen Siegen herauszustreichen, um sich erstens selber im Glanz des Erfolgs sonnen zu können und um zweitens der Regierung auf diesem Wege politische Zugeständnisse an den vermeintlich unverzichtbaren Partner nahezulegen. Der Anteil der bürgerlichen Kräfte an den Waffenerfolgen wurde aber nicht auf der militärischen Ebene von wenigen Ausnahmen abgesehen sondern mit den des Leistungen Bürgertums in Staat und Gesellangesiedelt, schaft in Verbindung gebracht, ohne die auch der Militärapparat nicht so hervorragend funktionieren könne. Während des deutschen Krieges von 1866 wurde diese Argumentation noch einen Schritt weitergetrieben. Nun blieb es nicht mehr dabei, daß sich die bürgerliche Öffentlichkeit Preußens, bei aller zunächst noch verbliebenen Skepsis, einen Anteil an den Erfolgen der Armee zu sichern versuchte, indem sie auf den eigenen Beitrag zum staatlich-gesellschaftlichen Leben hinwies nun wurden auch die Stimmen zahlreicher und lauter, die sogar innerhalb des preußischen Heeres einen maßgeblichen bürgerlichen Einfluß am Werke sehen wollten. Die Armee könnte nicht so erfolgreich sein, so die neue Formel, wenn sie nicht auch vom Bürgertum mitgetragen würde; das Bürgertum werde -

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schließlich durch die allgemeine Wehrpflicht unmittelbar in den Militärapparat einbezogen. Das gebildete Element, das dem Heere hierdurch zugeführt werde, wirke sich auf Disziplin und Einsatzfreude, Motivation und Ausbildungsstand der Truppe in der förderlichsten Weise aus. Für diesen Beitrag, lautete wiederum die taktisch kluge Schlußfolgerung, müsse das Bürgertum aber durch ein Einlenken der Regierung im Heeres- und Verfassungskonflikt entschädigt werden. Dann könne der Staat in der Tat zu dem werden, was in der Armee modellhaft vorgebildet sei: zu einem gemeinsamen Projekt von Krone und Volk,

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Adel und Bürgertum, das ähnlich gut funktioniere, wie es die Streitkräfte auf dem Kriegsschauplatz vorgemacht hätten. In denjenigen Teilen Deutschlands, die weder zu Preußen gehörten noch mit ihm verbündet waren, spielten solche innenpolitischen Aspekte selbstverständlich keine Rolle. Wo man sich zu Preußen bekannte, stand die einigungspolitische Aufgabe der Großmacht im Vordergrund; die Armee wurde als Mittel zu diesem Zweck akzeptiert. Wo hingegen Feindschaft zu Preußen bestand, griff man gerne die alten Vorbehalte gegen die Junkerarmee wieder auf, die sich nicht von ungefähr zum Werkzeug der gesetzeswidrigen Politik Bismarcks habe machen lassen und die im übrigen alle negativen Eigenschaften besaß, die traditionell mit dem stehenden Heerwesen in Verbindung gebracht wurden. Um diese Armee zu bekämpfen, waren in den Augen einiger Kommentatoren die Fürstenheere des dritten Deutschlands, die ja selbst als stehende Heere gelten mußten, gar nicht geeignet an ihrer Statt sollten Milizen bewaffnet werden, welche die militärische Revolution symbolisch mit der politischen verknüpfen und damit gleichzeitig ein Signal für den nationalrevolutionären Umsturz in ganz Deutschland, auch in Preußen, geben könnten. Der Krieg des Jahres 1866 ließ zum letzten Mal für lange Zeit den Volkswehrgedanken in Deutschland noch einmal aufflackern. Im Verlauf des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 setzte sich dann eine vollständige Akzeptanz der preußischen Heeresverfassung durch, eine Sichtweise, die sowohl die kontemporäre wie auch die retrospektive Darstellung und Deutung dieses Feldzugs prägte. Vor allem der Kontrast zu den beiden Wehrsystemen, mit denen der französische Kriegsgegner operierte dem Konskriptionssystem in der ersten, der Volksbewaffnung in der zweiten Kriegshälfte -, diente den bürgerlichen Kommentatoren zur positiven Abgrenzung und Legitimation der eigenen Heeresverfassung, mit der man sich nun praktisch total identifizierte. Die Konskriptionsarmee Napoleons III. wurde kurzerhand zu einer Berufsarmee, zu einer Söldnertruppe erklärt, die alle schlechten Eigenschaften eines stehenden Heeres besitzen sollte, während die eigenen Bürgersoldaten um der übergeordneten nationalen Sache willen mit idealistischer Verve zu den Waffen gegriffen hätten. Drüben sah man einen frivolen Kabinettskrieg ins Werk gesetzt, hüben focht man einen wahren Nationalkrieg aus, der die politische Selbständigkeit und Selbstverwirklichung Deutschlands zum Ziel hatte. Als Frankreich nach Sedan dann selbst einen nationalen Befreiungskampf in Szene setzte, benutzte man auch die Volksarmeen und die Freischärler Gambettas wieder als Kontrastfolie, um die Vorzüge des preußischen Wehrsystems herauszustreichen. Zwar gab es noch vereinzelte Stimmen, die Sympathien mit solchen Formen der Volksbewaffnung bekundeten, doch das Gros der Kommentatoren unterzog die französischen Volkskrieger einer schonungslosen Kritik. Einerseits sei ihr militärischer Dilettantismus lächerlich, andererseits ihre Vörgehensweise heimtückisch und kriminell, sofern sie nicht als reguläre Soldaten kenntlich seien. Zudem könne eine solche -

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Form der Kriegführung nicht mehr als zeitgemäß gelten, sie habe in einer Zeit des Eisenbahntransports und der Télégraphie keinerlei militärischen Wert mehr. Ganz anders die preußisch-deutschen Armeen: Sie riefen zwar auch die gesamte männliche Bevölkerung zu den Waffen, aber im Rahmen der allgemeinen Wehrpflicht, eines Systems also, das professionelle Kader für die Ausbildung und Führung der Soldaten bereitstelle und dadurch deren verantwortungsvollen und an einem maximalen militärischen Nutzen orientierten Einsatz garantiere. Hatte man gegenüber der kaiserlichen Armee darauf bestanden, daß das deutsche Heer auch von unten, von den Kräften der Nation getragen werde, so spielte man gegen die republikanischen Truppen nun den Aspekt aus, daß die eigenen Streitkräfte von oben mit großer Umsicht gelenkt und straff durchorganisiert seien. Insgesamt stellte die preußisch-deutsche Heeresverfassung in den Augen der bürgerlichen Öffentlichkeit eine gelungene Synthese aus mehreren Wehrsystemen dar, eine Synthese aber, in die auch die positiven Eigenschaften des Milizwesens wie die Bindung an die Nation und die Verantwortung jedes einzelnen Soldaten mit eingeflossen waren und die sich damit als das bestmögliche Organisationsprinzip einer modernen Armee erwiesen hatte. Die Einsicht in die Notwendigkeit einer straffen Führung machte den Staat wieder zum unumstrittenen Subjekt des militärischen Handelns. Die konsequente Verlagerung der Kriegführung in die Gesellschaft, die im Zeichen der Ablösung des Kabinetts- durch den Nationalkrieg seit dem späten 18. Jahrhundert immer wieder gefordert worden war, schien in den Augen der meisten bürgerlichen Beobachter in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts längst obsolet geworden zu sein. Die Ausnutzung der Steuerungskompetenz des Staates garantierte nicht nur ein höheres Maß an militärischer Schlagkraft und markierte insofern einen Fortschritt in der Technik der Kriegführung, sondern wurde auch mit einem Mehr an Humanität in Verbindung gebracht. Wenn der Krieg als Staatstätigkeit definiert und damit aus der Gesellschaft gleichsam herausgezogen wurde, bekämpften sich die Soldaten nicht mehr als persönliche Feinde, sondern nur noch als die Funktionäre verschiedener Staaten, die einen Konflikt untereinander austrugen. Außerhalb der ritualisierten Formen dieser Konfliktaustragung, also etwa im Falle der Gefangennahme oder der Verwundetenpflege, konnte man sich in beinahe freundschaftlicher, aber zumindest höflichkorrekter Form begegnen. Die feindseligen Gefühle, die der Nationalkrieger, dem es um die eigene Sache ging, im Gegensatz zum gedungenen Soldaten des Kabinettskrieges gegenüber seinem Widersacher empfinden sollte, führten nur die Exzesse herbei, die auch der französische Volkskrieg des Jahres 1870/71 heraufbeschwor. Der Freischärlerkrieg als die unvermeidliche Konsequenz des Volkskrieges stellte keinen Fortschritt, sondern einen Rückfall in die Barbarei dar. Selbstverständlich mußte das Volk in einen modernen Nationalkrieg, der ohne Massenheere nicht mehr zu gewinnen war, einbezogen werden, aber dies sollte im Rahmen eines Wehrpflichtsystems geschehen, das die Kräfte der Gesellschaft sofort dem Staat übereignete. Das ,Volk in Waffen', das die deut-

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sehen Kommentatoren feierten, war nicht das,bewaffnete Volk', das von Gambetta in den Kampf geschickt wurde, sondern ein gemeinsames Unternehmen von Staat und Gesellschaft, das die Energien und Kompetenzen beider Seiten zu einer idealen Synthese verschmolz: Die Gesellschaft steuerte ihre nationale Begeisterung und die Summe ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten bei, während der Staat durch sein professionelles Führungspersonal dafür sorgte, daß dieser Beitrag der gemeinsamen Sache auch ungeschmälert zugute kam. Seinen sinnfälligsten Ausdruck fand dieses Konzept in der Mobilmachung des Juli 1870, die in der bürgerlichen Öffentlichkeit zu einer regelrechten „levée en masse" stilisiert wurde, zu einer solchen Massenerhebung freilich, die vom Staat perfekt organisiert war und nur deshalb die gesamte Nation so reibungslos und so schnell in eine schlagkräftige Armee verwandeln konnte. Die Definition des Krieges als einer Staatstätigkeit wertete zunächst natürlich auch den Beitrag des Individuums ab. Nicht der einzelne Soldat war der Held, sondern das Kollektiv, das die Kräfte der einzelnen in so effizienter Weise zusammengefaßt hatte. Für eine Betonung des Individuums und der individuellen Leistung in jener Form, wie sie der klassische Liberalismus immer betrieben hatte, gab es in der bürgerlichen Deutungskultur der Einigungskriege keinen Platz statt dessen feierte man mit der allgemeinen Wehrpflicht einen Mechanismus, der gerade die totale Unterordnung des einzelnen unter die Zwecke des Staates und die strengen Regularien seiner Verwaltung verlangte. Das Individuum war nur noch insofern wichtig und so rettete man diese Kategorie gewissermaßen -, als der gesamte Mechanismus nicht funktionierte, wenn nicht jeder an seinem Platz das Nötige und das Richtige täte. Die Unterordnung mußte mit intelligentem Mittun verbunden sein, wenn der gesamte Apparat wirklich funktionieren sollte. Daher war das Pendant der allgemeinen Wehrpflicht die allgemeine Schulpflicht, die Menschen heranbildete, die zu diesem intelligenten Mittun auch befähigt waren. Beide Einrichtungen verschrieben sich der Stärke der Nation, die für einen Staatsbürger, der mehr als nur ein Bourgeois war, den höchsten Wert darstellen mußte. Im Krieg hatte die Nation aber auch von der militärischen Kompetenz und von den Führungsqualitäten des Offizierkorps profitiert; dessen Leistung, auch und vor allem am fachlichen Können des Generalstabs festgemacht, konnte zu einer spezifischen Form der Berufstüchtigkeit erklärt werden, die in die gemeinsame Anstrengung der in den Schulterschluß gebrachten Gesellschaft einfloß. Damit erhielt auch die Stellung der Aristokratie in Staat und Gesellschaft eine neue Legitimation. Das Bündnis mit der Aristokratie wurde auch in anderen Bereichen der Deutungskultur des Krieges von 1870/71 symbolisch in Szene gesetzt. Schon der Kriegsausbruch im Juli 1870 erfuhr eine Interpretation, die offenkundig sowohl an bürgerliche wie auch an aristokratische Deutungstraditionen anschließen sollte. Der Begriff der Ehre verwies gleichzeitig auf die Ständegesellschaft zurück und, zur Nationalehre modifiziert, auf die neue nationale Ordnung vor-

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Die (vermeintliche) Beleidigung des Preußenkönigs in Bad Ems war eine Ehrverletzung, die im konservativen Milieu zur bewaffneten Verteidigung des Monarchen, in den bürgerlichen Schichten hingegen zur Wahrung der Ehre Deutschlands drängte, die in der Person des Königs gleichsam pars pro toto mit Füßen getreten worden war. Dabei nahm die Nationalehre die Nation gleichzeitig auch vorweg, ja ließ sie zum ersten Mal ihrer selbst gewahr werden; wer sich im Juli 1870 beleidigt fühlte, der fühlte sich als Deutscher beleidigt und hatte somit zum ersten Mal jene Identität angenommen, die erst einige Monate später durch die Reichsgründung ein reales Fundament erhalten sollte. Ein Bündnis von Krone und Nation wurde auch mit dem Deutungsmuster der Analogie zum Jahre 1813 beschworen, das in der bürgerlichen Öffentlichkeit ähnlich ubiquitär verwendet wurde wie der Topos der verletzten Nationalehre. In den Befreiungskriegen hatte sich die Nation, von den Fürsten angeführt, gegen Frankreich zur Wehr setzen müssen; im Jahre 1870 hieß der Gegner wiederum Frankreich, mit dem Unterschied nur, daß diesmal die nationale Einigung, die vom Wiener Kongreß noch vereitelt worden war, zur Vollendung gelangen sollte. Zweimal hatte sich Deutschland erhoben, zweimal war es dabei dem Ruf seiner Fürsten gefolgt; 1870 wurde der Kampf wieder aufgenommen, der 1815 sein Ziel noch verfehlt hatte. Zur Unterstützung dieser Analogie dienten vor allem der Orden des Eisernen Kreuzes, der im Juli 1870 von Wilhelm I. neu gestiftet wurde, und der Luisenmythos, der von einer zufälligen zeitlichen Koinzidenz profitierte; just am 60. Todestag der Königin, am 19. Juli 1870, traf die französische Kriegserklärung in Berlin ein. Die Trauer des Königs um seine Mutter, die, wie es die preußische Geschichtsmythologie wollte, aus Gram über die Demütigung Preußens gestorben war, fiel mit dem neuerlichen Versuch Frankreichs zusammen, das Haus Hohenzollern und mit ihm die ganze Nation zu erniedrigen besser konnte die Parallele zwischen den Jahren 1813 und 1870 nicht in Szene gesetzt werden. Indem aber Truppen aus allen Teilen Deutschlands im August 1870 den Feldzug gegen Frankreich eröffneten, nahm die Armee die nationale Einigung bereits symbolisch vorweg. Die gemeinsame militärische Anstrengung war die ursprüngliche Tat', von der die Nation gleichsam konstituiert wurde. Dabei schienen in den Streitkräften auch all jene Probleme bereits gelöst zu sein, die traditionell der nationalen Einheit entgegengestanden hatten; vor allem die Mainlinie sollte in einer Armee überwunden worden sein, in der Nord- und

aus.

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Süddeutsche so einträchtig nebeneinander kämpften und gemeinsam, so wollte die martialische Metapher, ihr Blut für das eine Deutschland vergossen. Der Rheinstrom, den alle deutschen Soldaten auf dem Weg nach Frankreich passierten, teilte ihnen dabei mit, was das populäre Kriegslied der „Wacht am Rhein" so eindringlich formulierte: daß gerade in der Verteidigung des deutschen Stromes die Nation zueinander finden müsse. Dieses Zueinander-Finden betraf aber nicht nur die verschiedenen Regionen und .Stämme', sondern auch die unterschiedlichen Stände und Schichten; war die Nationalidee bisher vor

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Mittelschicht hochgehalten worden, so sorgte der daß auch Ober- und die Unterschicht nationalisiert wurdie dafür, Krieg den. Im Falle der Unterschicht bedeutete dies, daß Männer, die vorher nur in regionalen Bezügen gelebt hatten, durch den Eintritt in die Armee zum ersten Mal einen Begriff davon erhielten, daß sie Deutsche waren und zusammen mit anderen Deutschen für ihr gemeinsames Vaterland einstehen mußten. Die Armee wurde in diesem Sinne zu einer Schule der Nation stilisiert. Auch die Aristokratie mußte in diese Schule gehen. Die traditionelle Loyalität gegenüber den Fürsten wurde im Krieg um eine Loyalität gegenüber der Nation ergänzt. Führungspersönlichkeiten wie der Preußenkönig und spätere Kaiser erleichterten der Aristokratie diese Öffnung zur Nationalidee; ein Monarch, der sich selbst an die Spitze der Nation stellte, ließ den Dienst an seiner Person fast automatisch auch zum Dienst an der Nation werden. In der gemeinsamen Anstrengung, im gemeinsamen Opfer für Deutschland sah die bürgerliche Öffentlichkeit alle sozialen Gruppen zu einer nationalen Gemeinschaft verschmelzen, die sich von einer Kampfgemeinschaft sehr schnell auch zu einer politischen Gemeinschaft wandeln konnte. Daß die Nation durch den Krieg geschaffen wurde, wies der Armee auch bei der Konstruktion einer nationalen Identität eine entscheidende Rolle zu. Armee und Kriegführung prägten der Nation ihren Stempel auf, wie jeder Schöpfer auf die Gestalt seines Geschöpfes Einfluß nimmt. Oder anders formuliert: In der Armee offenbarte die Nation zum ersten Mal ihr Wesen der Krieg war der Ausnahmezustand, in dem ihre Eigenschaften unverstellt zu Tage traten. Diese Eigenschaften zu benennen, war ein wesentlicher Beitrag zur nationalen Selbstdefinition; die bürgerliche Öffentlichkeit, die sich ihren symbolischen Anteil an der Nation sichern wollte, setzte ihre gesamte Deutungsmacht ein, um die Armee in ihrem Sinne zu charakterisieren. Wer den Gründungsmythos eines Staates mitgestalten kann, sichert damit auch die eigene Stellung in diesem Staate ab. Je bürgerlicher Armee und Kriegführung gezeichnet wurden, je stärker sich die bürgerlichen Schichten in diesen Krieg hineinkonstruierten, mit desto größerer Berechtigung konnten sie das 1871 gegründete Reich auch zu ,ihrem' Staat erklären. Dabei machte die Zuschreibung bürgerlicher Attribute auch vor der Aristokratie nicht halt. Indem der aus dem 18. Jahrhundert tradierte Gegensatz zwischen sittenstrengem Bürgertum und dekadentem Adel auf das deutsch-französische Verhältnis projiziert wurde, also sämtliche Merkmale der Dekadenz nun der französischen Nation anhaften sollten, ordnete sich die deutsche Aristokratie mit einer gewissen Zwangsläufigkeit diesseits der alten Konfliktlinie ein und wurde damit strukturell zu einem Bestandteil des bürgerlichen Lagers. Demonstriert wurde die Bürgerlichkeit des deutschen Adels mit Vorliebe an den beiden nationalen Symbolfiguren König Wilhelm und Moltke; während der Hohenzoller als biederer, bescheiden-ratsuchender und arbeitsamer Bürgerkönig gezeichnet wurde, verlieh man Moltke die Züge eines bürgerlichen Gelehrallem

von

der

bürgerlichen

nun

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und erklärte ihn zum Wissenschaftler des Krieges, ja zum Professor in Uniform. So bürgerlich wie ihre Führung trat aber die gesamte Armee in Erscheinung. Sie bestand nicht aus Landsknechten, die mit dem bürgerlichen Leben gebrochen hatten, sondern aus Bürgersoldaten, die ihre bürgerlichen Tugenden Arbeitsfleiß, Familiensinn und Pflichttreue mit ins Feld genommen hatten. Ihre Sittsamkeit unterschied sie so sehr von dem alten bürgerlichen Feindbild der verlotterten Soldateska, wie ihre Bescheidenheit, ihr Humor und ihr staatsbürgerliches Verantwortungsbewußtsein mit dem Pathos und der heroischen Gebärde des leidenschaftlichen Soldaten in der Tradition der Französischen Revolution kontrastierten. Bürgerliche Tugenden hatten das deutsche Heer geprägt, hatten seinen Erfolg ermöglicht und mußten daher auch als unverzichtbare Bestandteile der deutschen Nationalidentität gelten. Kriege werden nicht nur im Medium der Schrift, sondern auch im Medium des Bildes dargestellt und gedeutet. In den Jahrzehnten der Einigungskriege und des Kaiserreichs standen bereits zahlreiche visuelle Medien zur Verfügung, die Kriegsbilder vermittelten und insofern auch auf das Kriegsbild ihrer Rezipienten einwirkten. Eine klare Zuordnung bestimmter Medien zu bestimmten Publika ist im Falle der Bilder zwar noch schwieriger als bei den literarisch-publizistischen Quellen, aber dennoch kann an der Kategorie der bürgerlichen Öffentlichkeit festgehalten werden mit der Einschränkung freilich, daß diese Öffentlichkeit sich mit anderen Teilöffentlichkeiten, insonderheit der höfisch-aristokratischen, in vielfältiger Weise überlappte. Wenn es jedoch um die Vorstellungen geht, die sich das bürgerliche Publikum vom Krieg machte, sind prinzipiell alle Bilder aussagekräftig, die auch von Bürgern gesehen wurden, egal, welche anderen Publika hier ebenfalls angesprochen wurden. Wenn also etwa die Gemälde, die im Untersuchungszeitraum fraglos immer noch die repräsentativsten und deutungsmächtigsten Bilder des Krieges lieferten, sowohl von den Höfen wie auch von den bürgerlichen Kunstvereinen gekauft wurden, dann sagt diese Ambivalenz höchstens etwas über die Annäherung von konservativen und bürgerlichen Kriegswahrnehmungen aus, ohne jedoch die Malerei als Quelle für die Rekonstruktion einer bürgerlichen Deutungskultur ungeeignet zu machen: Die Gemälde wurden auch von Bürgern betrachtet, beeinflußten insofern auch deren Kriegsbild und mußten gleichzeitig auf dieses Bild Rücksicht nehmen, denn das bürgerliche Publikum konnte in immer stärkerem Maße über den Erfolg oder Mißerfolg solcher Produktionen mitentscheiden. Die Gemälde zollten also auch dem bürgerlichen Geschmack ihren Tribut, und sie wurden umgekehrt in immer stärkerem Maße zu der .Brille', durch die auch das bürgerliche Publikum den Krieg wahrnahm und erinnerte. Schneller als die Maler konnten allerdings die Zeichner das Publikum mit Bildern beliefern. Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere die gerade bei den bürgerlichen Schichten beliebten Familienzeitschriften, entsandten Illustratoren auf die Kriegsschauplätze, deren Zeichnungen via Feldpost in die Heimatredaktionen geschickt, in Holzschnitte überführt und anschließend gedruckt ten

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wurden, nachdem seit ihrer Anfertigung

etwa 3-4 Wochen vergangen waren. Diese Aktualität machte die Illustrationen für viele Menschen zu den ersten Bildern von den militärischen Ereignissen, die sie überhaupt zu Gesicht bekaund die ersten Eindrücke haben bekanntlich oft eine besondere Prägemen kraft. Auch auf der quantitativen Ebene muß von einer starken Wirkung der Druckgraphik ausgegangen werden. Blätter wie die „Gartenlaube" hatten mehrere Millionen Leser. Dieses Massenpublikum, in dem bürgerliche Gruppen die Famizwar dominierten, aber keineswegs ausschließlich vertreten waren lienzeitschriften sind geradezu als Multiplikatoren anzusprechen, die bürgerliches Ideengut wie den Nationalismus, eingekleidet in populäre Erzählungen und Bilder, auch an nicht-bürgerliche Schichten vermittelten -, wurde mit ähnlichen Bildern vom Leben der Soldaten im Felde konfrontiert, wie sie, natürlich im Medium der Sprache, auch von zahllosen Kriegstexten entworfen wurden. Die bevorzugten Szenen sind praktisch dieselben, die auch in den Selbstzeugnissen der Kriegsteilnehmer den Erfahrungsbericht strukturieren: Abschied und Heimkehr, Zeitungslektüre und Briefwechsel, Arbeitsfreude und Weihnachtsfeier. Insgesamt treten die Soldaten als bieder-humorvolle Familienmenschen in Erscheinung, so daß auch die Graphik einen Beitrag zur bürgerlichen Definition der aus dem Krieg abgeleiteten Nationalidentität leistet. Gleich weit entfernt von den ,Marionetten' des stehenden Heerwesens wie von den leidenschaftlichen Soldaten der nationalrevolutionären Armeen, paßt dieser Soldatentypus außerdem fast ideal zum preußisch-deutschen Mischsystem aus aristokratisch-konservativen und bürgerlich-nationalen Kompo-

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nenten.

Druckgraphik beeinflußte das Kriegsbild indirekt sicherlich auch noch dadurch, daß sie ihren Authentizitätsanspruch an das repräsentative Schwestermedium, an die Malerei weitergab. Die Kriegsmalerei, die sich ohnehin mit den Forderungen des Kunstprogramms des bürgerlichen Realismus konfrontiert sah, mußte sich nun gleichfalls auf Augenzeugenschaft berufen. Daß die Maler den Kriegsschauplatz bereisten, wurde vor diesem Hintergrund fast zur Selbstverständlichkeit. Dennoch ist der Realismus der Kriegsmalerei des 19. Jahrhunderts von der Forschung immer wieder als Pseudo-Realismus abgetan worden; zwar seien sämtliche Uniformknöpfe akribisch dargestellt worden, doch alle Greuel, alle unappetitlichen Details habe man sorgfältig ausgespart. Hier nutzte die Malerei ihre Möglichkeiten der Stilisierung, um das Publikum Die

vor den Kopf stoßen zu müssen, sondern durch eine euphemistische Darstellung zu gewinnen. Der Realismus entpuppte sich zudem auch in einem weiteren Sinne als ein großes Problem der Malerei der Einigungskriege; die Wirklichkeit des Krieges, auch der einzelnen Schlachten, war so komplex geworden, daß sie kaum noch mit einem einzelnen Bild einzufangen war. Das klassische Schlachtengemälde war endgültig an seine historische Grenze gelangt. Immer beliebter wurde dagegen die Episode, die ein einzelnes Ereignis aus dem großen Ganzen des Feldzugs oder der Schlacht herauslöste und damit

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gleichzeitig auch jene Ideologie bediente, die jeden kleinen Beitrag zum Gelingen des großen Kampfes gewürdigt sehen wollte. Diese Beiträge konnten auch

sehr unspektakulär sein, wenn die Episoden am Rande des Feldzugs angesiedelt waren und nur einen Gefangenentransport, eine Feldwache oder einen Proviantzug darstellten. Individueller Heroismus war der Militärmalerei der Einigungskriege ohnehin fremd; der Held waren immer die geschlossene Formation, die undurchdringliche Schützenlinie, die unwiderstehliche Kolonne. Diese Kollektive ordneten sich höheren Zwecken unter, die von der militärischen Führung formuliert wurden. Indem sie diese Zwecke erfüllten, folgten sie aber nicht nur wie die Marionettensoldaten der Kabinettskriege ihren Befehlen, sondern erreichten auch ihr ureigenes Ziel: den Erfolg Deutschlands, für den sie ihren gleichsam gebändigten nationalen Enthusiasmus in die Waagschale warfen. Die Offiziere, die sich ebenfalls in den Dienst der Nation stellten, wurden nur noch selten im Stile des alten Feldherrnbildes in den Mittelpunkt der Darstellung gerückt; immer häufiger ordneten die Maler sie den übrigen Uniformierten einfach bei, um schon auf diesem Wege zum Ausdruck zu bringen, daß an die Stelle starrer Hierarchien nun der Geist der Kooperation getreten sei. Weder das feudale Pathos, das nur den Feldherrn feierte, noch das nationale Pathos, das den einzelnen Kämpfer im Dienste der Nation herausstellte, beherrschten die Militärmalerei also einseitig statt dessen wurden beide Formen des Pathos durch die gleichzeitige Betonung von Führung und Gefolgschaft einerseits, sowie soldatischem Einsatz und einer unbedingten .Gleichheit vor der Nation' andererseits miteinander vermittelt. Diejenigen Führungspersönlichkeiten, die geradezu als Symbolfiguren der Nation galten, wurden von der Kriegsmalerei darüber hinaus auch ausgesprochen bürgerlich gezeichnet. Der König tauchte auf vielen Bildern als schlichter Biedermann auf, Graf Moltke erhielt die Attribute eines Wissenschaftlers und Gelehrten. Damit paßten sich die Männer an der Spitze dem Habitus der einfachen Soldaten an, die in der Regel als biedere und gesetzte Männer in Erscheinung traten. Dieser Befund wird vor allem dann aussagekräftig, wenn man ihn mit einer Tradition in der europäischen Kriegsmalerei seit der Französischen Revolution vergleicht, die den Nationalkrieger mit Vorliebe in das Gewand des jugendlichen Heroen kleidete. Der gesetzte Mann, so die Botschaft der Bilder zu den Einigungskriegen, kämpft nicht aus leidenschaftlichem Überschwang, sondern weil die staatsbürgerliche Pflicht es von ihm verlangt, und -

bleibt auch im Feld der Bürger, der er vor dem Krieg war und nach dem Friedensschluß wieder sein wird. Viele Eigenschaften, die vorher vor allem dem Landwehrmann zugesprochen worden waren, brachte man nun, gleichsam kompensatorisch, mit dem Soldaten der Linie und der Reserve, mit dem einfachen Wehrpflichtigen also, in Verbindung, weil eine übertriebene Würdigung der Landwehren inzwischen inopportun geworden war. Hatten die Landwehren bei der bildlichen Darstellung der Befreiungskriege noch eine wichtige Rolle gespielt, so tauchten sie auf den Gemälden der Einigungskriege praktisch nicht er

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auch dies ein Indiz dafür, daß der Milizgedanke mittlerweile fast gänzlich verworfen worden war. Auch die zahlreichen Genrebilder, die im Gefolge der Einigungskriege entstanden, warfen einen ausgesprochen bürgerlichen Blick auf den Krieg. Indem diese Bilder den Alltag der Soldaten zeigten, erleichterten sie den Betrachtern die Identifikation mit den Uniformierten; indem sie die Feldzugsteilnehmer in anrührende und humorvolle Szenen hineinstellten, betonten sie ihre bürgerliche Biederkeit, denn rauhe Landsknechte wären in solchen Szenen kaum vorstellbar. Kein anderer Bildtypus bediente in solchem Maße die Interessen und Sehgewohnheiten des bürgerlichen Publikums, kein anderer Bildtypus strich so deutlich den bürgerlichen Charakter der Armee und des ganzen Krieges heraus. Für das Genrebild war jeder Kriegsteilnehmer, egal welchen Ranges, ein .gemütvoller' Mensch, der auch im Feld noch sein Privatleben pflegte und immer wieder in Situationen hineingeriet, die seine Empfindungen ansprachen und den weichen Kern unter der rauhen Schale des Kriegerstandes sichtbar werden ließen. Sogar in Gemälden, die ganz andere Sujets hatten, wurden einzelne Genreszenen eingebaut, um auf diesem Wege dem Geschmack des Publikums entgegenzukommen. Nicht einmal die Panoramen, die großen Rundbilder, die in den Großstädten des Kaiserreichs die Schlachten des deutsch-französischen Krieges zu optischen Sensationen machten, kamen ohne Genreelemente aus; so wie die Panoramen auch die anderen Charakteristika der Militärmalerei übernahmen die Vorliebe für die Episode, die aufwendige Landschaftsgestaltung und den realistischen Anspruch, den sie mit ihren darstellerischen Möglichkeiten sogar noch überbieten konnten -, trugen sie auch der Genremode Rechnung, ein Umstand, der sicherlich für ihren großen Publikumserfolg mitverantwortlich war. Bei einem Vergleich der Deutungsangebote von literarisch-publizistischen Quellen und Bildquellen wird eine weitgehende Übereinstimmung deutlich. Auch wenn die Bilder ihre Kriegsdeutung in einer ganz anderen Sprache übermitteln mußten, rückten sie die militärischen Ereignisse doch in ein ähnliches Licht, wie es die Schriftquellen mit ihrem gesamten Arsenal an Begriffen, Argumenten und Topoi leisteten. Um freilich auch die feinen Unterschiede zu realisieren, die bei der Analyse der schriftsprachlichen Deutung der Einigungskriege auf der Zeitachse, also zwischen 1864, 1866 und 1870/71 aufgefallen sind, ist der Blick auf die Bildmedien wenig hilfreich. Hier war einerseits die mehr auf

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Stereotypie der Bildtypen und -motive zu ausgeprägt, andererseits, gerade im Falle der Malerei, auch die zeitliche Verschiebung zwischen dem Ereignis und der Anfertigung des Bildes zu groß, um wirklich auf die Nuancen des Wahrnehmungswandels reagieren zu können. Die grundsätzliche Einschätzung der Heeresverfassung und des Verhältnisses von Krieg und Nation, die sich während des Frankreichfeldzugs etablierte, wurde aber sehr wohl auch von den Bildern mit ihren spezifischen Mitteln zum Ausdruck gebracht. Das Konzept des Volkes in Waffen' ging in die Zeichnung der Offiziere und ihres Verhält-

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nisses zu den Mannschaften sowie in die Faszination durch die geschlossene, kollektive Aktion im Zeichen einer übergeordneten Rationalität ein; die Darstellung der Armee, die ja die Nation gewissermaßen vorwegnahm, wurde, ebenso wie von den schriftsprachlichen Kriegsdarstellungen, dazu genutzt, um möglichst viel Bürgerlichkeit, um möglichst viele bürgerliche Eigenschaften in diese Truppe und damit auch in die Nation hineinzukonstruieren. Hierbei setzten Graphik, Malerei und Panoramakunst vor allem das Genreprinzip ein ein Darstellungsmittel also, das zwar in einer genuin ikonographischen Tradition stand, aber dennoch nicht darüber hinwegtäuschen darf, daß mit seiner Verwendung dieselbe Deutungsstrategie verfolgt wurde, die sich im Medium der Schriftsprache mit anderen Ausdrucksformen verband. Schriftliche und bildliche Kriegsdarstellung und -deutung können als Bestandteile einer einzigen, -

weitgehend homogenen Deutungskultur des Krieges gelten. Jede Darstellung der Einigungskriege rief in der Folgezeit, sofern sie sich nicht auf die Wiedergabe der dürren Fakten beschränkte, zumindest einen Teil dieser Deutungskultur auf; die Thematisierung des Krieges war untrennbar mit bestimmten Sinngebungen und Interpretationen verknüpft eine feste Zuordnung, die bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges fast unverändert bestehen blieb. Auch die verschiedenen Veränderungen in der politischen Kultur des Kaiserreichs, die von der Forschung immer wieder zu regelrechten Umbrüchen stilisiert werden, so die .zweite Reichsgründung' mit ihrer konservativen Wende in den Jahren 1878/7917) oder der Abschluß der ,inneren Reichsgründung' in der Mitte der 1890er Jahre18), eine Entwicklung, welche die Zielset-

zungen des Nationalismus noch einmal deutlich verschob, wirkten sich auf die Darstellung der Einigungskriege kaum aus. Offensichtlich bestand kein Bedürfnis, das Bild der Einigungskriege nun neuen ideologischen Optionen anzupassen. Der politische Mythos, in den die militärischen Ereignisse sehr schnell verwandelt worden waren, erfüllte auch im späten Kaiserreich noch seinen Zweck. Somit gehörte die erinnernde Vergegenwärtigung der Einigungskriege in Wort und Bild zu den zahlreichen Manifestationen des Interesses am Krieg und der rückhaltlosen Kriegsbejahung, in denen sich während der Jahrzehnte des Kaiserreichs eben jener bürgerliche Militarismus aussprach, der von der Forschung schon so oft beobachtet und so widersprüchlich bewertet worden ist. So schwierig seine Einschätzung jedoch sein mag, seine Erscheinungsformen liegen in wünschenswerter Offenheit zu Tage. Schon auf der Ebene der Militärpolitik hatte sich nach 1871 ein deutlicher Wandel vollzogen. Die Streitpunkte

n)

Thomas

Nipperdey, Deutsche Geschichte

1866-1918. Zweiter Band: Machtstaat vorder

Demokratie, München 21993, S. 382ff. I8) Hans-Ulrich Wehler, Nationalismus, Nation und Nationalstaat in Deutschland seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Ulrich Herrmann (Hg.), Volk Nation Vaterland, Hamburg 1996, S. 276. -

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des Heereskonflikts waren endgültig von der Tagesordnung verschwunden. Die bürgerlichen Parteien hatten das von Roon weiterentwickelte und in den späten 1860er Jahren auf ganz Deutschland ausgeweitete Wehrsystem vollständig akzeptiert; nur einige Demokraten und Linksliberale konnten sich von der Kritik am stehenden Heerwesen und von der alten Milizidee noch nicht trennen.19) Ansonsten hatte man das Milizkonzept fast gänzlich der Sozialdemokratie überlassen;20) die Sozialdemokraten konnten, um es zugespitzt zu formulieren, auf eine Position nachrücken, die vorher von den bürgerlichen Parteien geräumt worden war. Die Liberalen hingegen stritten im Reichstag nur noch um die Länge der Dienstzeit und um die Modalitäten der Budgetierung;21) die gesamte Organisationsstruktur der Armee und ihre verfassungsrechtliche Sonderstellung als Königsheer22) befanden sich außerhalb der Diskussion. Dieser plötzliche Konsens mußte um so überraschender wirken, als in den 1860er Jahren doch gerade die Militärpolitik der größte Zankapfel zwischen Regierung und bürgerlicher Opposition gewesen war gerade dieses Politikfeld hatte zu den strittigsten überhaupt gezählt. Aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Staaten fand das preußisch-deutsche Wehrsystem nun immer mehr Anklang. Insbesondere das Konzept der allgemeinen Wehrpflicht wurde vielerorts nachgeahmt. Als im Verlauf des Ersten Weltkrieges auch die Engländer auf die Wehrpflicht zurückgriffen, eilten sie nur einer Entwicklung hinterher, der sich praktisch alle führenden Militärmächte der Welt längst geöffnet hatten.23) Dieser universelle Siegeszug des Wehrpflichtsystems verleiht den Argumenten, mit denen es in den Stellungnahmen zu den deutschen Einigungskriegen gerechtfertigt wurde, noch einmal zusätzliche Brisanz. Aber nicht nur in der Politik, auch in der Gesellschaft des Kaiserreichs machte sich die militärfreundliche Haltung des Bürgertums in vielerlei Hinsicht bemerkbar. Sogar regelrechte Organisationen gaben dem bürgerlichen -

19) Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Dritter Band: Von der „Deutschen Doppelrevolution" bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1849-1914, München 1995, S. 1149. 20) Reinhard Höhn, Sozialismus und Heer. Bd. II: Die Auseinandersetzung der Sozialdemokratie mit dem Moltkeschen Heer, Bad Homburg u.a. 1959, S. 51 u.139; als Beispiel für die Beerbung der liberalen Argumentation durch die Sozialdemokratie siehe auch die Traktate von F. Wiede, Der Militarismus. Social-philosophische Untersuchungen in gemeinverständlicher Form, Zürich 1877, und August Bebel, Nicht stehendes Heer, sondern Völkswehr!, Stuttgart 1898. 21) Zu den Auseinandersetzungen um die einzelnen Wehrgesetze insbesondere Michael Stürmer, Militärkonflikt und Bismarckstaat. Zur Bedeutung der Reichsmilitärgesetze 1874-1890, in: Gerhard A. Ritter (Hg.), Gesellschaft, Parlament und Regierung. Zur Geschichte des Parlamentarismus in Deutschland, Düsseldorf 1974, S. 225-248, sowie Stig Förster, Der doppelte Militarismus. Die deutsche Heeresrüstungspolitik zwischen StatusQuo-Sicherung und Aggression 1890-1913, Stuttgart 1985. 22) Michael Stürmer, Das ruhelose Reich. Deutschland 1866-1918, Berlin 1983, S. 104; Hans-Peter Ullmann, Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, Frankfurt/M. 1995, S. 37. 23) Theodore Ropp, War in the Modem World, London/Durham, N.C. 1959, S. 179.

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Wehrwillen Ausdruck. An die Seite der traditionellen Schützen- und Turnvereine, die den bürgerlichen Nationalismus schon seit dem frühen 19. Jahrhundert in ein militärisches Gewand gekleidet hatten, traten nun weitere Zusammenschlüsse, deren Spektrum von den kleinbürgerlichen Kriegervereinen24) bis zum eher bildungsbürgerlich geprägten Deutschen Wehrverein25) reichte. Im akademischen Milieu, wo nach wie vor auch die Burschenschaften zur Pflege eines militärischen Habitus' beitrugen, fanden auch die Fördervereine zur Stiftung von Kriegerdenkmälern die größte Unterstützung.26) Im Deutschen Flottenverein der Jahrhundertwende schließlich verschmolzen bildungsbürgerliche Eloquenz, wirtschaftsbürgerliche Profitinteressen und kleinbürgerliche Machtphantasien noch einmal traten die Hochschullehrer, die .Flottenprofessoren' in dem Bewußtsein ans Rednerpult, dem ganzen bürgerlichen Deutschland ihre Stimme zu leihen.27) Dieses bürgerliche Deutschland tat seine militärischen Neigungen aber nicht nur auf der politischen Ebene und in seinem öffentlichen Engagement kund, sondern hatte auch an der Militarisierung vieler Arbeitsfelder im kaiserlichen Deutschland teil. Das Wirtschaftsbürgertum übertrug die Hierarchien und Kommandostrukturen, die im Feld ihre besondere Effizienz bewiesen zu haben schienen, kurzerhand von der Armee auf die Fabrikorganisation; der strammstehende Arbeiter oder Buchhalter war der sinnfälligste Ausdruck jener Militarisierung des Wirtschaftslebens, die für das Kaiserreich insgesamt so typisch war.28) Gleiches galt für die Verwaltung, in der sich vor allem Kleinbürger, aber auch Akademiker mit ähnlichen Strukturen konfrontiert sahen nicht zuletzt deshalb, weil das traditionsreiche Institut der Zivilversorgung bewirkte, daß viele Zeitsoldaten nach ihrer Entlassung aus dem Heer in den öffentlichen Dienst überwechselten und dort die Umgangsformen in ihrem Sinne präg-

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ten.29)

24) Dieter Düding, Die Kriegervereine im wilhelminischen Reich und ihr Beitrag zur Militarisierung der deutschen Gesellschaft, in: Jost Dülffer/Karl Holl (Hgg.), Bereit zum Krieg. Kriegsmentalität im wilhelminischen Deutschland 1890-1914. Beiträge zur historischen Friedensforschung, Göttingen 1986, S. 99-121; Thomas Rohkrämer, Der Militarismus der „kleinen Leute". Die Kriegervereine im Deutschen Kaiserreich 1871-1914, München 1990. 25) Förster, Der doppelte Militarismus, S. 229. 26) Reinhart Koselleck, Einleitung, in: ders./Michael Jeismann (Hgg.), Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, München 1994, S. 12 f. 27) Volker R. Berghahn, Rüstung und Machtpolitik. Zur Anatomie des „Kalten Krieges" vor 1914, Düsseldorf 1973, S. 36 ff; Rüdiger vom Bruch, „Deutschland und England. Heeresoder Flottenverstärkung?" Politische Publizistik deutscher Hochschullehrer 1911/12, in: MGM 1981/1, S. 7. 28) Norbert Elias, Zum Ethos des wilhelminischen Bürgertums, in: ders., Studien über die Deutschen. Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. M. Schröter, Frankfurt/M. 1992. 29) Heinz Stübig, Das Militär als Bildungsfaktor, in: Christa Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. III: 1800-1870. Von der Neuordnung Deutschlands bis zur Gründung des Deutschen Reiches, hg. von Karl-Ernst Jeismann und Peter Lund-

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Geradezu sprichwörtlich für den bürgerlichen Militarismus im Kaiserreich ist aber der Sozialtyp des Reserveleutnants geworden.30) Leutnant der Reserve konnte im Prinzip jeder Einjährig-Freiwillige werden, den die aktiven Offiziere seines Regiments im Anschluß an sein Dienstjahr für eine solche Stellung vorschlugen.31) In der Praxis wurden jedoch nur wenige Wehrpflichtige in dieser Weise befördert. Die meisten Einjährigen galten als ungeeignet für verantwortungsvollere Aufgaben und brachten es höchstens bis zum Reserveunteroffizier. Hinzu kam der Aspekt, daß immer mehr Schüler aus kleinen Verhältnissen' die mittlere Reife und damit den Anspruch auf die verkürzte Dienstzeit erwarben, die in den Augen der aktiven Offiziere schon aus gesellschaftlichen Gründen für einen höheren militärischen Rang nicht in Frage kamen. Höchstens die angehenden Akademiker, die nicht nur die mittlere Reife, sondern das Abitur gemacht und bereits ein Studium aufgenommen hatten, galten als aussichtsreiche Kandidaten für das Offizierkorps. Hier konnte sich dann, wie es die Redensart wollte, in der Tat der Status des Reserveleutnants dem Doktortitel beigesellen und den vollen Karriereerfolg des Bildungsbürgers anzeigen. Ob die militärische Bedeutung und der militärische Nutzen dieser Reserveoffiziere dabei so groß waren, wie sich die Betroffenen selbst gerne einbildeten, muß allerdings bezweifelt werden. Bei den Militärs galten sie als Konzessionsschulzen', denen man aus politisch-sozialen Gründen einige Zugeständnisse machen mußte, die aber im Ernstfall gewiß nur bedingt feldtauglich waren.32) Streicht man aus dieser Einschätzung die pejorative Komponente heraus, bleibt sicherlich eine richtige Beobachtung stehen: Die Eröffnung der Karriere des Reserveleutnants hatte, zumindest in der Perspektive der Friedensjahre, eher eine symbolische als eine militärische Funktion. Der Reserveleutnant symbolisierte die Partizipation des bürgerlichen Lagers an den Streitkräften; er zeigte an, daß das kaiserliche Heer auch die Armee des Bürgertums war. ,

,

green, München 1987, S. 367. Die neuere Forschung hat für den militärischen Habitus großer Teile der Bevölkerung auch und vor allem die militärische Sozialisation verantwortlich gemacht, zu der sich Schule, außerschulische Einflüsse und Wehrdienst ergänzten. Siehe Hans Doderer, Die vormilitärische Erziehung der deutschen Jugend in der Kaiserzeit, in: GWU 49 (1998), S. 746-753, sowie Markus Ingenlath, Mentale Aufrüstung. Militarisierungstendenzen in Frankreich und Deutschland vor dem 1. Weltkrieg, Frankfurt a.M./New

York 1998.

30) Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866-1918, Zweiter Band, S.

134. siehe Manfred Messerschmidt, Militär und Schule in der wilhelminischen Zeit, in: MGM 1978/1, S. 55 ff. u. 72f.; detaillierte Angaben für die Zeit nach 1890 auch bei Hartmut John, der den bürgerlichen Militarismus insgesamt allerdings noch sehr einseitig als den Ausdruck einer Feudalisierung interpretiert (Hartmut John, Das Reserveoffizierkorps im Deutschen Kaiserreich 1890-1914. Ein sozialgeschichtlicher Beitrag zur Untersuchung der gesellschaftlichen Militarisierung im Wilhelminischen Deutschland, Frankfurt a.M./New York 1981). 32) Alf Lüdtke, Lebenswelten und Alltagswissen, in: Berg u. a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. IV: Von der Reichsgründung bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, hg. von Christa Berg, München 1991, S. 71.

31) Zu diesen Ausführungen

Zusammenfassung und Ausblick

503

vor der Roonschen Reform, die Figur des Landwehroffiziers gedas wuchs nun dem Reserveleutnant zu: die Verkörperung des Brückenschlags nämlich zwischen Gesellschaft und bewaffneter Macht.33) Die Frage, wie all diese Erscheinungsformen und Ausprägungen eines bürgerlichen Militarismus mit dem Bild der Einigungskriege zusammenhingen, das in der bürgerlichen Öffentlichkeit konstruiert wurde, kann selbstverständlich nur tentativ beantwortet werden. Daß zwischen dem Kriegsbild, das in den Köpfen der Bürger existierte, und ihrer Militärfrömmigkeit, die sie bei so vielen Gelegenheiten offenbarten, ein Zusammenhang bestand, ist unmittelbar evident; in welcher Weise diese beiden Ebenen aber miteinander verzahnt waren, wie genau sich die Vorstellungen vom Kriege und vom Militärischen in konkretes politisches und gesellschaftliches Handeln umsetzten, ist um so schwerer nachzuweisen. Nur mit diesem methodischen Vorbehalt also darf die Aussagekraft der Deutungskultur der Einigungskriege für die Einschätzung des bürgerlichen Militarismus im Kaiserreich überprüft werden. Das Licht, das Darstellung und Deutung der Einigungskriege auf den Gesamtkomplex des bürgerlichen Militarismus im Kaiserreich werfen, läßt jedenfalls die These von der Unterwerfung des Bürgertums unter die Machtinstrumente des Obrigkeitsstaates, deren markantestes der Militärapparat gewesen sein soll, äußerst fragwürdig erscheinen. Die bürgerliche Öffentlichkeit stilisierte die Armee, die 1870/71 den Nationalstaat geschaffen hatte, in so hohem Maße zu einer Synthese aus aristokratischen und bürgerlichen Elementen, daß ein Bekenntnis zu dieser Armee niemals die völlige Preisgabe der eigenen Prinzipien und der eigenen Identität bedeuten konnte. Die gesamte Interpretation des Krieges stand im Zeichen einer selbstbewußten Teilnahme, eines mitverantwortlichen Verfolgens von politischen Zielen, die man sehr wohl auch als die eigenen wahrnahm; dieser Befund ist kaum mit der Behauptung in Einklang zu bringen, daß die Militarisierung des Bürgertums nur der Ausdruck von bedingungsloser Subordination oder parvenühafter Anpassung an eine als überlegen anerkannte ,Herrenschicht' war. So wie man die eigene Mitwirkung, die eigenen Ideen und die eigenen Interessen mit großem Selbstbewußtsein in den Krieg hineinkonstruierte, so wird man gewiß auch in anderen Kontexten die Unterstützung des Militärs und die Teilhabe an seiner Kultur als ein selbstbewußtes Mittun wahrgenommen haben, das einer politisch-sozialen Gruppe sehr wohl anstand, die zu den tragenden Säulen des neuen Nationalstaates gehörte. Der „bürgerlich-adlige Basiskompromiß"34), der das Fundament dieses Staates bildete, galt der bürgerli-

Was vorher, wesen war,

So auch Manfred Messerschmidt, Die politische Geschichte der preußisch-deutschen Armee, in: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, Bd. 4/1: Militärgeschichte im 19. Jahrhundert (1814-1890), München 1975, S. 103; Stübig, Das Militär als Bildungsfaktor, in: Berg u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. Ill, S. 372. 34) Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Dritter Band, S. 768.

33)

504

Zusammenfassung und Ausblick

chen Öffentlichkeit auch als das maßgebliche Organisationsprinzip der Armee als ein Prinzip also, das im Krieg gegen Frankreich seine Leistungsfähigkeit und Effizienz bereits glänzend unter Beweis gestellt hatte.35) Folglich schien auch der neue Nationalstaat auf den richtigen Weg gebracht zu sein; was die Belastungsprobe des Krieges erfolgreich bestanden hatte, mußte auch den Anforderungen des Friedens genügen. Jede Beschwörung des Sieges über Frankreich legitimierte in diesem Sinne auch das politische System des Kaiserreichs, jede Demonstration des bürgerlichen Wehrwillens geriet auch zum Symbol für den politischen Partizipationswillen dieser Gruppe. Dabei war der ,bürgerlich-adlige Basiskompromiß' keineswegs ein Kompromiß von jener Art, bei dem beide Verhandlungspartner einen großen Teil ihrer Ziele gänzlich opfern müssen; der Kriegsmythos legt vielmehr nahe, daß zumindest im bürgerlichen Lager die Übereinkunft mit der Aristokratie durchaus auch anders wahrgenommen wurde als eine Synthese von aristokratischen und bürgerlichen Vorstellungen nämlich, in der die bürgerlichen Prinzipien nicht nur unversehrt aufgehoben waren, sondern durch die Kombination mit anderen Elementen erst zu ihrer vollen Wirkung gelangten, ja diese Wirkung noch zu steigern vermochten. Der Kompromiß war in diesem Sinne keine Notlösung, sondern die Herstellung einer Verbindung, die viel leistungsfähiger sein konnte, als es ihre unverbundenen Komponenten waren. Die bürgerlichen Ziele wurden also nicht beschnitten oder verwässert, sondern in eine Form gegossen, die sie zu einer insgesamt günstigeren Entfaltung brachte. Wie sich im Krieg die Idee der allgemeinen Wehrpflicht als überlegen erwiesen hatte gegenüber der Idee der Volksbewaffnung, weil das Wehrpflichtsystem die Anstrengungen der Gesellschaft durch ihre professionelle Einbindung besser zu kanalisieren und geschickter zu nutzen verstand, so konnte auch die politische Teilhabe des Bürgertums an einem von den traditionellen Eliten geführten Staat durchaus mehr verheißen als ein nach den klassischen bürgerlich-liberalen Prinzipien gestaltetes politisches System; die richtige Vermittlung von Liberalisierung und Autorität wirkte sich in dieser Perspektive auch auf die liberalen Einrichtungen selber so segensreich aus, daß sie in der Tat besser funktionierten, als sie es unter den Bedingungen einer durchweg liberalen politisch-

-

35)

Dennoch ist die Unterstützung des Militärapparats durch das bürgerliche Lager weit mehr als nur eine Verbeugung vor dem Erfolg gewesen (diese sehr verbreitete Einschätzung etwa bei Manfred Messerschmidt, Die Reorganisation der preußisch-deutschen Armee nach dem Kriege, in: Philippe Levillain/Rainer Riemenschneider [Hgg.], La Guerre de 1870/71 et ses conséquences, Bonn 1990, S. 396); wäre die Armee einfach nur erfolgreich gewesen, ohne dabei auch den beschriebenen Stilisierungen Raum zu geben, hätte es schwerlich zu einer so weitgehenden Identifikation kommen können, wie sie während des deutsch-französischen Krieges und dann auch im Kaiserreich tatsächlich vollzogen wurde. Viel zu kurz greift auch die These, daß die Armee vor allem als Schutzschild gegen die Arbeiterklasse begrüßt worden sei (Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Dritter Band, S. 882). -

-

Zusammenfassung und Ausblick

505

Ordnung hätten tun können. Damit verlor aber die Einordnung des Bürgertums in die Konstitutionelle Monarchie gänzlich den Charakter einer Kapitulation oder eines faulen Kompromisses, bei dem man höchstens einige untergeordnete Programmpunkte verwirklichen konnte, während die wesentlichen Ziele auf der Strecke blieben; im Gegenteil, wenn die liberalen Konzepte analog zur inszenierten Kriegserfahrung erst durch die Amalgamierung mit traditionellen Elementen ihre optimale Wirkung entfalteten, dann mußte die Verfassungsordnung des Kaiserreichs als ein voller Erfolg für das politische Bürgertum Deutschlands gewertet werden.36) sozialen

-

-

Die westlichen Nationen, in denen der Einfluß der Aristokratie im Verlauf des 19. Jahrhunderts viel stärker zurückgedrängt worden war, befanden sich folglich im Irrtum, wenn sie das kaiserliche Deutschland der Rückständigkeit ziehen; die Verhältnisse im Reich, das suggerierte der Kriegsmythos immer wieder, garantierten eine viel größere Leistungsfähigkeit und Effizienz, als sie in bürgerlichen Republiken erreicht werden konnte. Im Sinne einer Definition, die Leistungsfähigkeit und Effizienz zu den entscheidenden Kriterien von Modernität erklärt, durfte Deutschland sogar einen Modernitätsvorsprung für sich in Anspruch nehmen. Oder, um den Vergleich des Krieges mit der Politik noch weiter zu treiben: Während die Republiken noch „Franctireurs", noch Freischärler aufboten, also ihr Heil in der (bewaffneten) Gesellschaft suchten, hatte man in Deutschland längst die Notwendigkeit der staatlichen Steuerung erkannt; während der Freischärler als souveräner Bürger im Sinne des klassischen Liberalismus auf den Staat fast gänzlich verzichten zu können glaubte, ließ der deutsche Wehrpflichtige seinen nicht minder rückhaltlosen individuellen Einsatz doch durch eine professionelle Führung in die richtigen Bahnen lenken. Diese Führung leisteten der Staat und die staatstragenden Eliten, deren Führungsanspruch allerdings nicht mehr mit Tradition und Herkommen, sondern mit fachlichem Können im Sinne einer bürgerlichen Berufstüchtigkeit legitimiert wurde.37) Damit wurden diese Eliten letztlich genauso wie alle übrigen Soldaten zu Staatsfunktionären erklärt; im Frieden mußten sie ihre Befähigung dann auch in anderen Arbeitsfeldern nachweisen, sei es im Regierungs-

36)

Diese

Einschätzung war im übrigen nicht nur für große Teile des deutschen Bürgertums

kennzeichnend, sondern spielte auch für eine beachtenswerte Fraktion innerhalb des englischen Liberalismus eine

auch dort

wichtige Rolle

glaubte

man, daß die deutsche Verbin-

dung von Freiheit und Organisation, Teilhabe und Autorität einen besonders effizienten Weg in die Moderne markiere (Karl Rohe, Von „englischer Freiheit" und „deutscher Organisa-

tion"? Liberales Reformdenken in Großbritannien an der Schwelle zum 20. Jahrhundert und deutsche politische Kultur, in: ders. [Hg.], Englischer Liberalismus im 19. und frühen 20. Jahrhundert, Bochum 1987, S. 276f. u. 279). 37) Zur neuen Legitimation der Aristokratie durch ihren Einsatz in den Einigungskriegen auch Wolfgang Hardtwig, Der deutsche Weg in die Moderne. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen als Grundproblem der deutschen Geschichte 1789-1871, in: ders., Nationalismus und Bürgerkultur in Deutschland 1500-1914. Ausgewählte Aufsätze, Göttingen 1994, S. 167 f.

506

Zusammenfassung und Ausblick

apparat oder im Reichstag, im diplomatischen Dienst oder in der höheren Ver-

waltung. Insgesamt

deutet die Stilisierung der Einigungskriege also darauf hin, daß die Bewertung des bürgerlichen Militarismus im Kaiserreich mit einigen neuen Akzenten versehen werden muß. Die Militärfrömmigkeit in weiten Teilen des Bürgertums ist weder nur eine parvenühafte oder unterwürfige Anpassung an aristokratische Sozialnormen gewesen, noch der Ausdruck einer genuin bürgerlichen Wehrhaftigkeit, die im Sinne eines ,doppelten Militarismus' von ihrem traditionellen Gegenstück eindeutig zu unterscheiden wäre, ja sogar in einer gewissen Opposition zu ihm stünde;38) der bürgerliche Militarismus bildete vielmehr eine Synthese aus bürgerlichen und aristokratischen Traditionen, eine Synthese zwar, in die bürgerliche Vorstellungen selbstbewußt eingebracht wurden, die aber nichtsdestoweniger auch dem Adel und seinen Ansprüchen einen angemessenen Platz zuwies. Kein Adeliger, kein konservativer Offizier mußte sich also durch den bürgerlichen Militarismus bedroht fühlen, sofern er nur bereit war, den Bürgerlichen ein gewisses Maß an Mitwirkung zuzugestehen, das aber nicht über jene Größenordnung hinausging, die auch für die Partizipation dieser Gruppe innerhalb der gesamtstaatlichen Ordnung veranschlagt worden war. Der synthetische Militarismus', den der Mythos der Einigungskriege beschwor um einen Begriff vorzuschlagen, der die grundsätzliche Ambivalenz und die verschiedenen Anschlußmöglichkeiten dieser Form des Militarismus einfängt -, stellte vor allem ein ,Relais' zwischen Adel und Bürgertum dar, das die Vermittlung und den Ausgleich der Interessen beider Schichten ermöglichte.39) Insofern war der Kriegsmythos schon fast definitionsgemäß auch ein nationaler Mythos, denn er führte jene beiden sozialen Gruppen symbolisch zusammen, die gemeinsam das politisch-soziale Fundament des neuen Nationalstaates bildeten. Weil dieser Nationalstaat zudem durch den Krieg geschaffen wurde, lag es nahe, die Darstellung der militärischen Ereignisse und der deutschen Streitkräfte auch zur Konstruktion einer nationalen Identität zu nutzen.40) Das Licht, das der Kriegsmythos in diesem Sinne auf die Nationsidee und die Nationsvorstellungen der bürgerlichen Öffentlichkeit wirft, bestätigt -

38)

So etwa die Einschätzung von Stig Förster, Der doppelte Militarismus, passim, sowie ders.. Alter und neuer Militarismus im Kaiserreich, in: Dülffer/Holl (Hgg.), Bereit zum Krieg, S. 124. Im Anschluß hieran auch Christa Berg, Militär und Militarisierung. Einleitung, in: dies. u.a. (Hgg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. IV, S. 502 und Christoph Schubert-Weller, Vormilitärische Jugenderziehung, in: ebd., S. 508. 39) Den Begriff des Relais verwendet in diesem Zusammenhang auch Hermann Bausinger. Bürgerlichkeit und Kultur, in: Jürgen Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, Göttingen 1987, S. 132. 40) Zur Rolle des Krieges als eines Gründungsmythos für die Nation auch Otto Dann, Nation und Nationalismus in Deutschland: 1770-1990, München 1993, S. 175; Ullmann, Das Deutsche Kaiserreich, S. 38.

Zusammenfassung und Ausblick bis

507

einem gewissen Grade die in der Forschung häufig thematisierte Wende liberalen Nationalismus zum Reichsnationalismus, die sich in den Jahren nach dem deutsch-französischen Krieg unaufhaltsam vollzogen und aus dem linken sogar letztendlich einen rechten Nationalismus gemacht habe.41) Schon die vermeintliche Initiation der nationalen Einigung durch eine Ehrverletzung gab der Nation den Anstrich eines bürgerlich-adeligen Gemeinschaftsprojekts; die Analogie zu den Befreiungskriegen stellte gleichfalls eine gemeinsame Plattform von Bürgertum und Aristokratie her. Durch die grundsätzliche Betonung der Notwendigkeit einer straffen Führung erhielt die Nationsidee fraglos eine autoritäre Komponente. So richtig es aber ist, diese Veränderungen mit einer Militarisierung des Nationalismus in Zusammenhang zu bringen, so fragwürdig bleibt es doch, aus dieser Militarisierung gleichzeitig eine Entbürgerlichung des Nationalismus herzuleiten. Die Armee und die gesamte Kriegführung wurden so ausgesprochen bürgerlich gezeichnet, daß Militarisierung und Bürgerlichkeit gar keine Gegensätze sein konnten. Ein durch und durch bürgerlicher Krieg trieb eine Nationsvorstellung hervor, die zwar in vielen Punkten vom klassischen Liberalismus abwich, aber deshalb nicht weniger bürgerlich mit dem Unterschied nur, daß veränderte bürgerliche Werte in ihr zum war Ausdruck kamen. Indem das kaiserliche Deutschland, das von der Armee gleichsam vorweggenommen worden war, nach 1871 diese Werte verkörperte, nötigte es seinen bürgerlichen Bewunderern also durchaus keine Selbstaufgabe im Sinne des Verrats an den eigenen kulturellen Wurzeln ab. Der Reichsnationalismus ist sehr wohl auch ein bürgerlicher Nationalismus gewesen. Eine exakte parteipolitische Zuordnung dieser Positionen ist selbstverständlich ausgeschlossen. Schon die Rede von einem bürgerlichen Kriegsmythos ist nur mit einer leichten Einschränkung erlaubt; wo immer wieder zwischen bürgerlichen und aristokratischen, liberalen und traditionellen Konzepten vermittelt wird, entstehen notwendigerweise Deutungen, die auch im konservativen Milieu Anklang finden können. Daß etwa die Auffassungen der Regierungen mit der bürgerlichen Sichtweise des Krieges durchaus kompatibel waren, machten schon die Siegesfeiern im Sommer 1871 deutlich; auch die Konservative Partei wird sich mit der Rede vom nationalen Aufbruch, der von den alten Eliten in das richtige Fahrwasser gelenkt wurde, durchaus angefreundet haben, als sie in den späten 1870er Jahren ihre Opposition gegen Bismarck und seine Einigungspolitik aufgab. Am nächsten kam der Kriegsmythos sicherlich dem Programm und den Überzeugungen des Nationalliberalismus, ohne daß es allerdings gestattet wäre, ihn gänzlich auf diese Partei abzubilden; die gebildeten Bürger, die jene Kriegsdeutung mittrugen, waren auch in den Reihen des Fortzu

vom

-

41)

Heinrich August Winkler, Vom linken zum rechten Nationalismus. Der deutsche Liberalismus in der Krise von 1878/79, in: GG 4 (1978), S. 5-28; Hans-Ulrich Wehler, Wie „bürgerlich" war das Deutsche Kaiserreich?, in: Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, S. 253.

508

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Schritts oder der Freikonservativen anzutreffen. Hier gab es jedoch an den Rändern, das heißt beim Fortschritt auf dem linken und bei den Freikonservativen auf dem rechten Flügel, nach wie vor auch andere Auffassungen; viele Linksliberale konnten den (militärischen) Führungsanspruch der Aristokratie nicht akzeptieren, während traditionsbewußte Freikonservative den Anteil der Krone gerne noch stärker gewichtet gesehen hätten. Wirklich durchgängig vermittel-

bar war der Kriegsmythos nur mit den Positionen der Nationalliberalen Partei, die ja gewissermaßen im Schatten des Krieges von 1866 entstanden war und im Gefolge des deutsch-französischen Krieges zur dominierenden politischen Kraft innerhalb des bürgerlichen Lagers avancierte. Möglicherweise hing ihr politischer Siegeszug damit zusammen, daß sie die richtigen Antworten auf die Herausforderung dieser Kriege zu geben vermochte zumindest Antworten, die beim bürgerlichen Publikum großen Anklang fanden.42) Der Kriegsmythos verkörperte und illustrierte in diesem Sinne die politische Strategie, die den Nationalliberalen die Erfolge der 1870er Jahre bescherte. Die politisch-sozialen Veränderungen, die dann mit der konservativen Wende von 1878/79 einhergingen, haben sich auf den Kriegsmythos, wie bereits erwähnt, allerdings ebensowenig ausgewirkt wie die verschiedenen Umgruppierungen und programmatischen Neuorientierungen im liberalen Parteienspektrum. Daß die immer sichtbarer werdenden geringen Einflußmöglichkeiten auf das Heer im bürgerlichen Lager, von Einzelfällen abgesehen, jemals als ,frustrierend' empfunden wurden43), muß jedoch füglich bezweifelt werden; wenn es wirklich zu dieser Frustration gekommen sein sollte, ist sie durch die Flotte jedenfalls mehr als kompensiert worden. Eine besondere Bedeutung fiel dem Mythos der Einigungskriege dann noch einmal im Sommer 1914 zu. Als der neue Krieg begann, und wieder Frankreich die Hauptoffensive auf sich zog, lag es nahe, sich noch einmal in aller Deutlichkeit der Ereignisse von 1870/71 zu erinnern.44) Die historische Analogie, die -

Als Integrationsideologien versprachen sowohl der Nationalismus wie auch der Militarismus der Nationalliberalen Partei zudem diejenige Massenbasis, ohne die es im Zeichen des allgemeinen Wahlrechts kein politisches Überleben mehr geben konnte (James J. Sheehan, Der deutsche Liberalismus. Von den Anfängen im 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg 1770-1914, München 1983, S. 197 f.). Nationalismus und Militarismus schufen Identifikationsangebote und Anschlußmöglichkeiten, die über das Kleinbürgertum hinaus sogar bis in die Arbeiterschicht hineinreichten. Die anderen liberalen Parteien hatten hier nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen (zum Nationalismus als Integrationsideologie und zu seiner Verstärkung durch Militarismus und Krieg auch schon Wolfgang Zorn, Sozialgeschichtliche Probleme der nationalen Bewegung in Preußen, in: Theodor Schieder [Hg.], Sozialstruktur und Organisation europäischer Nationalbewegungen, München/Wien 1971, S. 97 ff; zum kleinbürgerlichen Militarismus Ullmann, Das Deutsche Kaiserreich, S. 38). 43) Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Dritter Band, S. 1132. **) Die Beschwörung des siegreichen Krieges von 1870/71 trug zudem bereits im Vorfeld des Ersten Weltkriegs dazu bei, diejenige Kriegsbereitschaft und positive Einstellung gegenüber dem Krieg zu schaffen, die in der Forschung unter dem Oberbegriff der mentalen

42)

Zusammenfassung und Ausblick

509

schon die Jahre 1813 und 1870 miteinander verknüpft hatte, sollte nun durch „1914" zu einer Trias erweitert werden; in mancher Hinsicht ist der August 1914 eine Neuinszenierung des Juli 1870 gewesen.45) Dieser Versuch der Übertragung darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, daß in die Deutung des Ersten Weltkrieges von vornherein auch Elemente einflössen, die für die Interpretation des Feldzuges von 1870/71 noch keine Bedeutung hatten. Nahezu unverändert blieb während der Jahrzehnte des Kaiserreichs das Bild des deutsch-französischen Krieges, aber nicht das Bild des Krieges insgesamt, das bis zum Juli 1914 längst mit einigen neuen Komponenten angereichert worden war, deren bekannteste wahrscheinlich das Ennui-Motiv, das Verlangen nach dem Krieg um einer neuen Chance zur Tat, um einer neuen Eindeutigkeit willen gewesen ist.46) Dennoch handelten viele Akteure zu Beginn des Weltkrieges in dem Bewußtsein, die Taten ihrer Großväter wiederholen zu können.47) Erst als

Mobilmachung abgehandelt worden ist (Marcel van der Linden/Gottfried Mergner [Hgg.], Kriegsbegeisterung und mentale Kriegsvorbereitung. Interdisziplinäre Studien, Berlin 1991; Marieluise Christadler, Kriegserziehung im Jugendbuch. Literarische Mobilmachung in

Deutschland und Frankreich vor 1914, Frankfurt/M. 1978; Klaus-Peter Philippi, Volk des Zorns. Studien zur „poetischen Mobilmachung" in der deutschen Literatur am Beginn des Ersten Weltkriegs, ihren Voraussetzungen und Implikationen, München 1979). 45) Zu dieser Vorbildfunktion des Jahres 1870 auch Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, S. 22. Auch wenn neuere sozialgeschichtliche Forschungen darauf hingewiesen haben, daß keineswegs überall in Deutschland und in allen sozialen Schichten einhellige Begeisterung herrschte, muß doch daran festgehalten werden, daß das Augusterlebnis für die Selbst- und Kriegsdeutung der Bildungsschichten eine überragende Bedeutung besaß (siehe etwa Jeffrey T. Verhey, The „Spirit of 1914". The Myth of Enthusiasm and the Rhetoric of Unity in World War I Germany, Diss. Berkeley 1991 ; Thomas Raithel, Das „Wunder" der inneren Einheit. Studien zur deutschen und französischen Öffentlichkeit bei Beginn des Ersten Weltkrieges, Bonn 1996; Christian Geinitz/Uta Hinz, Das Augusterlebnis in Südbaden: Ambivalente Reaktionen der deutschen Öffentlichkeit auf den Kriegsbeginn 1914, in: Gerhard Hirschfeld/Gerd Krumeich/Dieter Langewiesche/Hans-Peter Ulimann [Hgg.], Kriegserfahrungen. Studien zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs, Essen 1997, S. 20ff.; Wolfgang Kruse, Kriegsbegeisterung? Zur Massenstimmung bei Kriegsbeginn, in: ders. [Hg.], Eine Welt von Feinden. Der Große Krieg 1914-1918, Frankfurt/M. 1997, S. 159ff.). 46) Zur vielfältigen Diskussion um Motive, Gestalt und Erscheinungsformen eines künftigen Krieges siehe L. L. Farrar, The Short-War Illusion. German Policy, Strategy and Domestic Affairs August-December 1914, Oxford 1973; Roger Chickering, Die Alldeutschen erwarten den Krieg, in: Dülffer/Holl (Hgg.), Bereit zum Krieg, S. 20-32; Rolf Wortmann, Das Bild vom Krieg vor 1914, in: Rolf Spilker/Bernd Ulrich (Hgg.), Der Tod als Maschinist. Der industrialisierte Krieg 1914-1918. Ausstellungskatalog, Bramsche 1998, S. 22-31. 47) Ein Indiz dafür, wie stark die deutsche Kriegswahrnehmung zunächst noch im Bann des Feldzugs von 1870/71 stand, war auch die „Franktireurs-Psychose" im Herbst 1914; einzelne Partisanenaktionen in Belgien wurden mit härtesten Vergeltungsmaßnahmen beantwortet, weil man um jeden Preis eine Wiederholung des Gambettaschen Freischärlerkrieges verhindern wollte (Mommsen, Bürgerliche Kultur und künstlerische Avantgarde, S. 120). Mit welcher Hysterie auch die deutsche Öffentlichkeit auf den drohenden Guerillakrieg reagierte, zeigt Lothar Wieland, Belgien 1914. Die Frage des belgischen „Franktireurkrieges" und die deutsche öffentliche Meinung von 1914 bis 1936, Frankfurt/M. u.a. 1984.

510

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die deutsche Offensive an der Marne zum Stehen gebracht worden war und der zermürbende Stellungskrieg begann, wurde endgültig deutlich, daß der Weltkrieg nicht die Fortsetzung des Feldzugs von 1870/71 war, sondern ein ganz neues Kapitel in der Geschichte der militärischen Auseinandersetzungen aufschlug. Die Tendenz zur Industrialisierung des Krieges, die in den Einigungskriegen schon angelegt war, aber noch kaum in das Bewußtsein der Zeitgenossen eingedrungen war, verstärkte sich nun so radikal, daß sie eine völlig neue Qualität der Kriegserfahrung heraufbeschwor. Hatten die ausrückenden deutschen Soldaten im August 1914 noch Pickelhauben getragen und sich damit auch symbolisch noch in die Tradition der Einigungskriege gestellt, so wurden sie bereits einige Monate später mit Stahlhelmen ausgerüstet, mit demjenigen Kopfschutz also, der in der Folgezeit zu dem Symbol des industrialisierten Krieges werden sollte. Die Erfahrung des Ersten Weltkrieges war es schließlich auch, die das Erlebnis der Einigungskriege seiner Relevanz für die Gegenwart beraubte, die es ungültig machte und entwertete; fortan verschwanden die Kriege der Bismarckzeit im Schatten des Ersten Weltkrieges für einen zweiten großen Kriegsmythos gab es in Deutschland keinen Platz mehr. Der August 1914 sah vor allem wieder die Akademiker mit dem Säbel rasseln. An den Hochschulen und in den Universitätsstädten war die Kriegsbegeisterung besonders ausgeprägt.48) Fast hatte es den Anschein, als wollten die Bildungsbürger durch das symbolische Anknüpfen an den (stilisierten) Juli 1870 den Statusverlust ausgleichen, den sie seit der Jahrhundertwende hatten hinnehmen müssen. In Verbindung mit den Auflösungserscheinungen innerhalb des Bürgertums, die vor allem zur stärkeren Segregierung der verschiedenen bürgerlichen Gruppierungen führten, hatte die Bildungsschicht ihre Sprecherrolle für das gesamte bürgerliche Milieu weitgehend eingebüßt;49) gerade das Wirtschaftsbürgertum, aber auch das Kleinbürgertum gewann an intellektuellem Selbstbewußtsein und war keineswegs mehr gewillt, sich in weltanschaulichen Fragen ohne weiteres in das Schlepptau des Bildungsbürgertums -

48)

Zur Agitation der Hochschullehrer siehe etwa Hans Peter Herrmann, German Professors and the Two World Wars, in: Reinhold Grimm/Jost Hermand (Hgg.), 1914/1939. German Reflections on the Two World Wars, Madison, Wisconsin 1992, S. 154 ff. 49) Mommsen, Das Ringen um den nationalen Staat, S. 704 u. 712f.; ders., Die Auflösung des Bürgertums seit dem späten 19. Jahrhundert, in: Kocka (Hg.), Bürger und Bürgerlichkeit im 19. Jahrhundert, S. 290; Gangolf Hübinger, Kulturprotestantismus und Politik. Zum Verhältnis von Liberalismus und Protestantismus im wilhelminischen Deutschland, Tübingen 1994, S. 4; Rüdiger vom Bruch, Gesellschaftliche Funktionen und politische Rollen des Bildungsbürgertums im Wilhelminischen Reich Zum Wandel von Milieu und politischer Kultur, in: Jürgen Kocka (Hg.), Politischer Einfluß und gesellschaftliche Formation, Stuttgart 1989 (=Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert; 4), S. 146ff.; Herbert Döring, Thesen zum fortschreitenden Zerfall der sozialhistorischen Voraussetzungen von ,Gelehrtenpolitik' am Beispiel des sozialliberalen Flügels deutscher Hochschullehrer, in: Gustav Schmidt/Jörn Rüsen (Hgg.), Gelehrtenpolitik und politische Kultur in Deutschland 1830-1930. Referate und Diskussionsbeiträge, Bochum 1986, S. 153 f. u. 161. -

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511

nehmen zu lassen. Zudem bewirkte die fortschreitende Industrialisierung, daß das .klassische' Wissen der Bildungsbürger zunehmend abgewertet wurde, während das .Realienwissen' der Wirtschaftsbürger im selben Verhältnis an Bedeutung hinzugewann und Karrieren ermöglichte, von denen die auf ihren bescheiden besoldeten Beamtenstellen verharrenden Gebildeten nur träumen konnten.50) Der Kriegsausbruch bot den Bildungsbürgern nun noch einmal die Chance, ihre vermeintliche Überlegenheit gegenüber den Wirtschaftsbürgern zu demonstrieren; schließlich glaubte man eine besondere Verantwortung gegenüber dem Staat zu tragen, die den vor allem am Freihandel interessierten Kaufleuten und Technikern per se fremd war, und außerdem eine Wehrhaftigkeit zu besitzen, mit der man sich gegenüber dem ,feigen Bourgeois' immer schon positiv distinguiert hatte.51) Im August 1914 schlug für die Bildungsbürger gleichsam die Stunde, den Wirtschaftsbürgern manche materielle Frustration heimzuzahlen, indem die eigenen Stärken rigoros ausgespielt wurden: die Dienstfertigkeit gegenüber dem Staat, der militärische Einsatzwille, die Fähigkeit, als Sinnstifter und geistige Führer an die Spitze der Massen zu treten. Zur Entfremdung des Bildungs- vom Wirtschaftsbürgertum hatte auch beigetragen, daß gerade die Gebildeten sich seit den 1890er Jahren in immer stärkerem Maße vom Ideengut des Liberalismus entfernt hatten, das für das Wirtschaftsbürgertum nach wie vor eine hohe Verbindlichkeit besaß.52) Schon in die Kommentierung des deutsch-französischen Krieges waren viele illiberale Vorstellungen eingeflossen, oder doch zumindest Ideen, die sich vom klassischen Liberalismus bereits recht weit entfernt hatten; in der Folgezeit verbanden sich Etatismus und Machtgläubigkeit zu einem nationalen Selbstentwurf, für den der Gegensatz zum ,alten' Liberalismus, zu den ,alten' Ideen der Aufklärung geradezu konstitutiv war. In dem vielbeschworenen Gegensatz von deutscher Kultur und westlicher Zivilisation kam dieser Selbstentwurf am deutlichsten zum Ausdruck. So stilisierten die Gebildeten auch den Weltkrieg zu einem Kampf zwischen den eigenen, .neuen' Ideen und den obsoleten Werten der untergehenden bürgerlichen Welt des Westens.53) Damit entstand die

50) Klaus Vondung, Postskript: Zum internationalen und gesellschaftlichen Kontext apokalyptischer Deutungen des Ersten Weltkriegs, in: ders. (Hg.), Kriegserlebnis. Der Erste Weltkrieg in der literarischen Gestaltung und symbolischen Deutung der Nationen, Göttingen 1980, S. 87.

51 )

Hans J. Lietzmann, Kriegerethos und Verfassungslehre. Karl Mannheims und Carl Schmitts Platz in Norbert Elias' „satisfaktionsfähiger Gesellschaft", in: Karl-Siegbert Rehberg (Hg.), Norbert Elias und die Menschenwissenschaften. Studien zur Entstehung und Wirkungsgeschichte seines Werkes, Frankfurt/M. 1996, S. 400. 52) James J. Sheehan, Wie bürgerlich war der deutsche Liberalismus?, in: Dieter Langewiesche (Hg.), Liberalismus im 19. Jahrhundert. Deutschland im europäischen Vergleich, Göttingen 1988, S. 34. 53) Martin Greschat, Krieg und Kriegsbereitschaft im deutschen Protestantismus, in: Dülffer/Holl (Hgg.), Bereit zum Krieg, S. 48; George L. Mosse, Gefallen für das Vaterland. Nationales Heldentum und namenloses Sterben, Stuttgart 1993, S. 84.

512

Zusammenfassung und Ausblick

paradoxe Situation, daß der Erste Weltkrieg auch auf deutscher Seite wie keine militärische Auseinandersetzung zuvor von den bürgerlichen Schichten geprägt wurde, ja in sozialkultureller Hinsicht einen fast eindeutig bürgerlichen Stempel trug54), aber gleichzeitig von großen Teilen der bürgerlichen Intelligenz im Zeichen der Bekämpfung der bürgerlichen Welt ausgefochten und als Mittel zur Überwindung der eigenen Bürgerlichkeit gefeiert wurde.55) Besonders extrem wurde diese Position von Ernst Jünger formuliert; er verabscheute den ,Krämergeist' in der Armee so sehr, daß es sein wichtigstes Anliegen wurde, den „Krieg den Spießbürgern" wieder „aus den Zähnen zu reißen" was aber gerade „in einer Zeit der allgemeinen Wehrpflicht nicht einfach ist"56). Gegen das heroische Opfer der eigenen Person im Dienst einer Sache stellte Jünger den anonymen Tod im ungezielten Feuer, gegen die rational eruierten und in konsequenter Planung verfolgten Kriegsziele einen Nihilismus, der angesichts der Absurdität der Grabenkämpfe ein Dandytum des Krieges propagierte, das die Aufmerksamkeit ganz auf das Spiel der eigenen Nerven, auf das .innere Erlebnis' konzentrierte; und als Antitypus gegen den bürgerli-

chen Soldaten tauchte bei ihm der Landsknecht als altes und neues Ideal wieder

auf, als vormoderner, vorbürgerlicher und gleichzeitig nachbürgerlicher Soldatentypus, der den Krieg auf eigene (intellektuelle) Rechnung bestreitet und von

übergeordneten Sinnstiftungen nichts wissen will.

Zu diesem Sachverhalt am Beispiel Englands Jay M. Winter, Die Legende der ,verloreGeneration' in Großbritannien, in: Vondung (Hg.), Kriegserlebnis, S. 118. 55) Zu diesem Paradoxon auch Modris Eksteins, Tanz über Gräben. Die Geburt der Moderne und der Erste Weltkrieg, Reinbek 1990, passim, bes. S. 282 u. 484. 56) Ernst Jünger, Das abenteuerliche Herz. 1. Fassung; Aufzeichnungen bei Tag und Nacht, Stuttgart 1987 [1929], S. 128.

54)

nen

Bildnachweis Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11 : Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26: Abb. 27:

Ueber Land und Meer 13 (1870), Nr. 1, S. 4 Gartenlaube 1871, S. 317 Gartenlaube 1871, S. 321 Ueber Land und Meer 13 (1870), Nr. 13, S. 5 Gartenlaube 1871, S. 109 Ueber Land und Meer 13 (1870), Nr. 1, S. 12 Ueber Land und Meer 13 (1870), Nr. 1, S. 13 Ueber Land und Meer 13 (1870), Nr. 5, S. 16 Der Deutsche Volkskrieg, Nr. 21, S. 5 Foto Kunsthalle Bremen Wehrgeschichtliches Museum Rastatt Wehrgeschichtliches Museum Rastatt Deutsches Historisches Museum Berlin Nationalgalerie Berlin Staatliche Kunstsammlungen Kassel Muzeum Narodowe w Warszawie Nationalgalerie Berlin Deutsches Historisches Museum Berlin Ueber Land und Meer 13 (1870), Nr. 1, S. 1 Der Deutsche Volkskrieg, Nr. 8, S. 8 Wehrgeschichtliches Museum Rastatt Kunsthalle zu Kiel Hamburger Kunsthalle Nationalgalerie Berlin Berlinische Galerie Deutsches Historisches Museum Berlin Burg Hohenzollern, Nachlaß SKH Dr. Dr. Louis Ferdinand Prinz von Preußen Abb. 28: Bildausschnitt von Nr. 22 Abb. 29 und 30: Privatbesitz Abb. 31 und 32: Bourbaki-Panorama Luzern

Quellen und Literatur 1.

Quellen

1.1.

Zeitungen und Zeitschriften

1.2. 1.3.

Briefe

1.4. 1.5. 1.6. 1.7. 1.8. 1.9. 1.10. 2. 2.1. 2.1.1. 2.1.2.

Memoiren

Tagebücher Kriegsbücher Popularía Traktate und Vorträge Historiographische Texte Literari sehe Texte Gemälde und Panoramen

Forschungsliteratur

Theorie und Methode Ideengeschichte und historische Kulturforschung Kulturgeschichte des Krieges 2.1.3. Theorie des Krieges und des Militarismus 2.2. Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert 2.2.1. Allgemeine Darstellungen 2.2.2. Sozial- und Kulturgeschichte des (Bildungs-)Bürgertums 2.2.3. Nation und Nationalismus 2.3. Kriegs- bzw. Militärgeschichte 2.3.1. Allgemeine Darstellungen 2.3.2. Zu den Kriegen des 19. Jahrhunderts 2.3.3. Die deutschen Einigungskriege 2.4. Kriegsberichterstattung 2.5. Printmedien: Zeitungen, Zeitschriften und Bücher 2.6. Geschichtswissenschaft im Kaiserreich 2.7. Der Krieg in der Literatur 2.8. Bildmedien 2.8.1. Theorie und Methode der Bildanalyse 2.8.2. Graphik 2.8.3. Malerei 2.8.4. Panorama 2.8.5. Sonstige Bildmedien

Quellen und Literatur

1. 1.1.

515

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Quellen und Literatur

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21864[1864].

Illustrirte Kriegs-Chronik. Gedenkbuch

an

den Deutsch-Französischen

1870-1871, Leipzig21871 [1870/71],

Feldzug

von

Interessante Berichte und Schilderungen vom Kriegsschauplatz. Eine Zusammenstellung der in der Times enthaltenen Schilderungen der Operationen während des soeben beendeten Krieges. Aus dem Englischen übersetzt. Berlin 1866. Jost, Eduard, Vor 25 Jahren. Wahre Geschichten aus dem ruhmreichen Jahre 1870, Frankfurt a.O. 1895. Klaiber, Julius, Der Krieg gegen Frankreich vom Jahre 1870-71, in: Deutsches Lesebuch für die Latein- und Real-Schulen Württembergs, Bd. 3, Stuttgart 31878 [2. Aufl. 1873], S. 317-375. Kleinsteuber, Hermann, Deutsche Helden des Krieges von 1870. Eine Kriegsschilderung. Mit 25 Portraits in Stahlstich, Leipzig41870 [1870]. Kunz, Hermann, Wanderungen über die Schlachtfelder von Saarbrücken und von Metz. Ein Reisebericht, Berlin 1896. Lauxmann, Richard, Gedenkblätter aus dem Heldenkampfe Deutschlands mit Frankreich ...

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1.7. Traktate und

Vorträge

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von

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Historiographische Texte

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[1870-1882].

Biedermann, Karl, Geschichte des deutschen Einheitsgedankens, Wiesbaden 1894. Blum, Hans, Das Deutsche Reich zur Zeit Bismarcks. Politische Geschichte von 1871 bis 1890, Leipzig/Wien 1893. Blüm, Hans, Das erste Vierteljahrhundert des Deutschen Reiches (1871 bis 1895), Braun-

schweig

1896.

Dahn, Ernst, Von Jena bis Versailles. Preußens Trauer und Glanz, Braunschweig 1906. Delbrück, Hans, Historische und politische Aufsätze, Berlin 21907 [1887]. Delbrück, Hans, Friedrich Napoleon Moltke. Aeltere und neuere Strategie, Berlin 1892. Doehn, Rudolph, Der Bonapartismus und der deutsch-französische Conflict vom Jahre 1870. Eine historische Studie, Leipzig 1870. Dove, Alfred, Ausgewählte Schriftchen vornehmlich historischen Inhalts, Leipzig 1898. Dove, Richard, Einige Gedenkblätter historisch-politischen Inhalts aus der Geschichte der -

-

Georg-August-Universität zu Göttingen von 1837-1887 Kriegsjahre 1870/71, Göttingen [1888]. Friedjung, Heinrich, Der Kampf um die Vorherrschaft in 2 Bde., Stuttgart 41900 [ 1897/98].

mit besonderer Berücksichti-

gung der

Deutschland 1859 bis 1866,

Heyck, Eduard, Deutsche Geschichte. Volk, Staat, Kultur und geistiges Leben, Bd. 3, Biele-

feld/Leipzig

1906.

Grundlinien

dargestellt, Berlin

Hintze, Otto, Historische und politische Aufsätze, Bd. 4, Berlin 1908. Hintze, Otto, Die Hohenzollern und ihr Werk. Fünfhundert Jahre vaterländischer Geschichte, Berlin 31915 [1915]. Jäger, Oskar, Deutsche Geschichte. Zweiter Band: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart, München 41914 [1910]. Jastrow, Ignaz, Geschichte des deutschen Einheitstraumes und seiner Erfüllung. In den 1885.

Kaemmel, Otto, Deutsche Geschichte, Dresden 1889. Kaemmel, Otto, Der Werdegang des deutschen Volkes. Historische Richtlinien für gebildete Leser, Bd. 2, Leipzig 21904 [1898], Klüpfel, Karl, Geschichte der deutschen Einheitsbestrebungen bis zu ihrer Erfüllung 1848-1871. Erster Band: 1848-1865, Berlin 1872; Zweiter Band: 1866-1871, Berlin 1873.

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Lindner, Theodor, Geschichte des deutschen Volkes, 2 Bde., Stuttgart 1894. Lorenz, Ottokar, Kaiser Wilhelm und die Begründung des Reichs 1866-1871, Jena 21902

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Quellen und Literatur

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von

Boyen.

Zweiter

Müller, Wilhelm, Politische Geschichte der Gegenwart. IV: Das Jahr 1870. Nebst einer Chronik der Ereignisse des Jahres 1870, Berlin 1871; V: Das Jahr 1871. Nebst einer Chronik der Ereignisse des Jahres 1871, Berlin 1872. Müller, Wilhelm, Politische Geschichte der Neuesten Zeit 1816-1875 mit besonderer Be-

rücksichtigung Deutschlands, Stuttgart 31875. Müller, Wilhelm, Deutschlands Einigungskriege 1864, 1866 und 1870-1871. Mit 6 Vollbildern

von

Otto Marcus und Plänen der

wichtigsten

Schlachten und

Stellungen,

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Entwickelung, Berlin

1882.

Ruge, Arnold, Geschichte

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-

-

1.9. Literarische Texte Adelmann, Alfred Graf, Aus dem Felde. Erinnerungen, Skizzen und Noveletten, Stuttgart 1871. Alldeutschland. Dichtungen aus den Ruhmestagen des Heldenkrieges 1870-1871, hg. v. M. von der Werra u. W. v. Baensch, Leipzig 1871. Arnold, Robert F./Wagner, Karl (Hgg.), Achtzehnhundertneun. Die politische Lyrik des Kriegsjahres, Wien 1909. Becker, Ferdinand, Der Franzosenkrieg 1870/71 oder Deutschlands Feuerprobe. Historisch-romantische Erzählung, Berlin [1871]. Behrle, Rudolf, Der Franktireur. Kleines Kriegsbild in einem Aufzuge, Aachen 1870.

Quellen und Literatur

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Bleibtreu, Carl, Der deutsch-französische Krieg in Schlachtenschilderungen, 3 Bde., Stuttgart 1905. Bleibtreu, Carl, Düppel-Alsen. Illustriert von Ch. Speyer, Stuttgart [1906], Bleibtreu, Carl, Königgrätz, Stuttgart [1903]. Bork, Heinrich, Deutschlands große Jahre 1870/71. Geschildert in Liedern

von H. B., mit Christian Speyer, München [1889]. Bork, Heinrich, Zwei Festspiele aus dem Kriegsjahre 1870-71, Berlin 1891. Brandenburg, Konrad, Der Krieg gegen Frankreich, zur Erinnerung an 1870 und 1871 in Versen erzählt, Erlangen 1880. Brennecke, Adolf, Um Paris. Eine Erzählung aus großer Zeit. Roman, Zürich 1883. Bruneck, Otto von [d.i. Otto Elster], Fritz Ohlsen, Kaiser Wilhelms Unteroffizier. Eine Erzählung aus zwei Kriegen (1864, 1870-71) für die reifere Jugend, Kreuznach/Leipzig 1888. Bürger, Michael, Harn und Sedan, oder ein Thron auf Leichen. Illustrirter historischer Roman aus der Vergangenheit und Gegenwart, Wien 1871. Bund, Ludwig, Alldeutschland. Eine Sammlung vaterländischer Kriegs- und Soldatenlieder, Düsseldorf 1876. Dahn, Felix, Die Schlacht bei Sedan, in: ders., Gedichte. Zweite Sammlung, Leipzig 31883 [1873], S. 357. Ditfurth, Franz Wilhelm Freiherr von (Hg.), Historische Volkslieder der Zeit von 1756 bis 1871, 2 Bde., Berlin 1871 und 1872. Egler, Ludwig, Deutschlands Ehrenkampf 1870-71. Dramatische Bilder, Sigmaringen 1873. Elster, Otto, Kriegserinnerungen aus 1870/71. Soldatengeschichten, Berlin [1894]. Elster, Otto, Auf dem Felde der Ehre. Zur Erinnerung an 1870-71, Braunschweig 1896. Enslin, A. (Hg.), Der deutsch-französische Krieg 1870-1871 in Liedern und Gedichten, Berlin 1871. Fiedler, Hermann (Hg.), Alldeutschlands Krieg gegen den deutschen Erbfeind 1870 und 1871. Kleine Kriegschronik in Versen für Deutschlands Volk und Jugend, Halle 1871. Folkrats, R„ Die Brautfahrt eines deutschen Husaren. Eine Soldatengeschichte aus dem

Bildern

von

Kriegsjahre 1871, Reutlingen [1875]. Fontane, Theodor, Vor dem Sturm. Roman

aus

dem Winter 1812 auf 13, Frankfurt a.M.

[1878]. Frenssen, Gustav, Jörn Uhl. Roman, Berlin 1903. Gerstäcker, Friedrich, Die Franktireurs, in: ders., Kriegsbilder. Erzählungen und Erinnerungen aus den Kriegsjahren 1870/71, Leipzig [1908], S. 1-85. 1982

Gessler, Friedrich, Sonette eines Feldsoldaten, Stuttgart 1871. Glücklich, J. Chr., Kriegers Abschied und Wiedersehen. Drama mit 7 lebenden Bildern, Wiesbaden 1894.

Hart, Heinrich, Sedan. Eine Tragödie in fünf Akten. Mit einem Prolog, Leipzig 1882. Hensing, E. u.a. (Hgg.), Die Kriegspoesie der Jahre 1870-1871, geordnet zu einer poetischen Geschichte. 6 Bde., Mannheim 1873 und 1874. Herchenbach, Wilhelm, Die Hyänen des Schlachtfeldes. Erzählung aus dem deutsch-französischen Kriege im Jahre 1870, Mülheim a.R. 1870. Hilmar, J„ Die Braut aus Frankreich. Erzählung aus dem Feldzuge von 1870, Berlin 1871. Hirschfeld, Hermann, Novellen aus dem deutsch-französischen Kriege 1870/71, Leipzig 1871.

Huch, Ricarda, Der Dreißigjährige Krieg. Zwei Bände, Frankfurt/M. 1974 [1912 und 1913],

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Quellen und Literatur

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Leitzen, Hans, Zwei Brüder in Frankreich 1870/71, Braunschweig31911 [1909]. Liliencron, Detlev von, Eine Sommerschlacht, Berlin 1895 [1887]. Liliencron, Detlev von, Unter flatternden Fahnen. Militärische und andere Erzählungen,

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Müller, C. W., Am Abgrund. Ueberwunden. Zwei Erzählungen aus dem großen Krieg 1870/71, Herborn o.J. Pitawall, Ernst, Die Bluttaufe der deutschen Einheit im Jahre 1870 oder Französischer

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Retcliffe, John, Von Leipzig bis Sadowa. Roman aus der neuesten Zeit. Seitenstück zu „Von Berlin nach Königgrätz", 2 Bde., Leipzig 1867. Ried, Veit, Fünf Ulanen. Erzählungen aus dem großen Kriege, Berlin 1881. Rovenhagen, L., Deutschlands Erhebung unter Preußens Führung. Einige Jahre Geschichte in Gedichten. Eine Festgabe 1870/71, Aachen 1872.

zur

Weihe des Denkmals für die Gefallenen

von

1866 und

aus dem Freunde des v. einem Ulrich Verewigten, Schartenmayer, hg. seligen Philipp Nördlingen 1873. Schricker, August, Deutsch und Welsch oder der Franctireur. Eine Erzählung aus dem Elsaß und dem Kriegsjahre, Nördlingen 1872. Spielhagen, Friedrich, Allzeit voran! Zeitgenössischer Roman, Berlin 1872. Spielhagen, Friedrich, In Reih' und Glied. Roman in neun Büchern, Berlin 21868 [1867]. Tañera, Karl, Zu Hause und im Felde. Geschichten aus dem Soldatenleben, Berlin 1892. Tañera, Karl, Schwere Kämpfe. Roman aus dem großen Kriege, Hof 1897. Thouret, Georg/CEBRIAN, Adolf, Sedan. Vaterländisches Festspiel in vier Bildern zur JubelSedanfeier 1895 für Soldaten, Studenten und Schüler, Leipzig 31895 [1895]. Tolstoi, Leo N„ Krieg und Frieden. Roman, München 1956 [1868/69]. Tolstoi, Leo N„ Sewastopoler Erzählungen, Frankfurt/M. 1961 [deutsche Erstausgabe Dresden 1887]. Torney, Fortunat, Im Kriegsjahr 1870. Drama. Eine Jubiläumsgabe von F. T, Gotha 1895.

Schartenmayer, Philipp Ulrich, Der deutsche Krieg 1870-71. Ein Heldengedicht Nachlaß des

Quellen und Literatur

547

Trebitz, K. (Hg.), Trutznachtigall. Sammlung deutscher Lieder, gesungen im deutschen Kriege wider Frankreich 1870, Jena 1870. Wachsmann, E. (Hg.), Sammlung der deutschen Kriegs- und Volkslieder des Jahres 1870, Berlin 1871.

Waldheim, Rudolf, Im Kampfe mit Franctireurs, Styrum 1893. Wechssler, Adolf, Der Franctireur. Schauspiel in fünf Akten, Stuttgart 1889. Wildenbruch, Ernst von, Sedan. Ein Heldenlied in drei Gesängen, in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 15, Berlin 1924, S. 363416. Wildenbruch, Ernst von, Vionville. Ein Heldenlied in drei Gesängen [1874], in: ders., Gesammelte Werke, Bd. 15, Berlin 1924, S. 324-363. Winterfeld, A. von, Frieden im Kriege. Humoristischer Soldaten-Roman, Jena 1888. Woeniger, Julius, Deutschlands Kampfund Sieg. Historischer Roman aus den Kriegsjahren 1870 und 1871, 2 Bde., Schwerin i.M. 1880. Zola, Emile, Der Zusammenbruch [La Débâcle]. Übersetzt von Hans Balzer, München 1977

[1892]. 1.10. Gemälde und Panoramen

(Die meisten Bilder werden in den einzelnen Werkverzeichnissen unter verschiedenen, ausführlichen und weniger ausführlichen, Titeln geführt; angegeben wird jeweils der ausführlichste Titel, der ermittelt werden konnte, um schon auf diesem Wege möglichst genau über den Bildgegenstand zu informieren. Die Jahreszahlen in eckigen Klammern geben, wenn bekannt, den Zeitpunkt der Fertigstellung an; es folgt der Nachweis einer möglichst leicht zugänglichen Abbildung nur dann, wenn keine Abbildung ermittelt werden konnte, das Bild aber noch vorhanden und zugänglich ist, die Angabe des aufbewahrenden Museums und der Inventarnummer.) -

Adam, Eugen (1817-1880)

Das zerschossene Fort Vanves bei Paris [1871; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 17] Das Aufhissen der deutschen Fahne auf dem Fort Vanves vor Paris am 19. Januar 1871 [1878; Abb. Deutsches Historisches Museum (Hg.), Bilder und Zeugnisse der deutschen Geschichte, Bd. 1, S. 413] Französische Gefangene vor einem Festungswerk [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. 51/98] Bayerischer Vorposten 1870 [1872; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 14] Bayerischer Doppelposten an der Straße nach Chartres, 3. Dezember 1870 [1876; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 53] Adam, Franz (1815-1886) Abend nach der Schlacht bei Wörth [ 1871 ; Abb. Werner-Katalog, S. 95] Schlacht bei Mars-la-Tour, 16. Aug. 1870 [Abb. Holland, Schlachtenmaler Albrecht Adam, S. 33] Reiterangriff bei Floing in der Schlacht von Sedan [1874; in ähnlicher Ausführung wiederholt 1879; Abb. Werner-Katalog, S. 95] Gefangenentransport nach der Schlacht bei Sedan, 3. Sept. 1870 [1880; Abb. Holland, Schlachtenmaler Albrecht Adam, S. 37] Die Schlacht bei Orléans, 11. Okt. 1870 [Abb. Holland, Schlachtenmaler Albrecht Adam, S. 36] Das 1. bayer. Armeekorps bei der Einnahme von Orléans, 11. Oktober 1870. Das 13. Infanterie-Regiment erstürmt den Eisenbahndamm [1877; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 15]

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548

Episode -

Quellen und Literatur aus

der Schlacht bei Orléans

[Abb. Holland, Schlachtenmaler Albrecht Adam,

S.45]

Allemand, Siegmund U (1840-1910) Das Gefecht bei Oeversee 1864 [1864; Abb. Schmidt, Die Förderung des vaterländischen Geschichtsbildes, S. 133] Angriff auf den Königshügel 1864 [ 1866; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 474] Amling, Franz (1853-1894) Todesritt bei Mars la Tour [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 380f] Beck, August (1823-1872) Kämpfe vor Paris. Württembergische Artillerie auf den Höhen von Villiers [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 208 f.] Becker, Carl (1862-1935) König Wilhelm, die Stiftungsurkunde des Eisernen Kreuzes lesend [Abb. DincklageCampe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 3] Ritter von Ziegler bei Wörth [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4877] Französische Kürassiere in Morsbronn [1896; Abb. Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst, Bd. LS.73]

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Freiherr von Stengel bei Villepion [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4878] Die Bayern bei Orléans, 11. Okt. 1870 [Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 102] Feldzug an der Loire: Das Eintreffen der ersten Mecklenburger [Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 106] Preußische Ulanen in der Schlacht bei Loigny an der Loire am 2. Dez. 1870 [Abb. Herre, Anno 70/71, S. 147] Bayerische Artillerie bei Orléans, Dezember 1870 [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. 231/75] Panorama „Erstürmung von Nuits"

Behringer, Ludwig (1824-1903)

-

-

Einzug der bayerischen Truppen in München am 16. Juli 1871 [1887; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 55] Episode aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 [Abb. Bruckmanns Lexikon der

Münchner Kunst, Bd. 1, S. 80] Bensa, Alexander von (1820-1902)

-

Rückzug von Königgrätz [Abb. Ullstein Bilderdienst Nr. 40533 E0] Beyer-Pegau, A.

-

bei Buzancy, 27. August 1870 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 114 958] Birkmeyer, Fritz (1848-1897) Bayerische Soldaten vor Paris (Hurra Paris!) [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 394f.] König Wilhelm, mit Bismarck im Wagen sitzend, begibt sich nach Versailles [Abb. Dayot, L'Invasion, S. 41] Aus dem Loirefeldzug 1870 (2. reitende Batterie Hellingrath) [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 200] Anmarsch auf Orléans am 4. Dezember 1870 [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 240] Lagerszene [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 6458] Ein Feldgeistlicher segnet einen toten Franzosen [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. 595/97]

Reitergefecht

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549

Quellen und Literatur Bleibtreu, Georg (1828-1892) Übergang nach Alsen, nachts -

-

vom

erwarben, S. 124] Der

-

-

Kronprinz bei

Wörth

ben, S. 148] Die

Württemberger in

log,

S.

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29. Juni 1864 [1867; Abb.

Werner-Katalog, (Hgg.),

Bilder

[Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz

[Abb. Dincklage-Campe, Wie

der Schlacht bei Wörth, 6.

wir

unser

Eisern Kreuz

Aug. 1870 [1880;

erwar-

Abb. Werner-Kata-

97]

Einzug des Kronprinzen -

zum

Schlacht bei Königgrätz, 3. Juli 1866 [1869: Abb. Germer/Zimmermann der Macht, S. 554] Bei Elsaßhausen gefangene Turkos

-

28.

S.95]

von

Preußen in Fröschweiler, 6.

70/71, S. 109]

Aug.

1870 [Abb. Herre, Anno

Szene aus der Schlacht von Gravelotte: General von Pape mit den preußischen Garden im Sturm auf St. Privat, 18. Aug. 1870 [Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 175] Kronprinz Albert von Sachsen am 18. August 1870 auf der Höhe von Roncourt der von ihm geführten sächsischen Armee und preußischen Garde die Order zum letzten entscheidenden Vorstoß auf St. Privat erteilend [ 1880; Abb. Kürschner, Der große Krieg 1870/71, S. 321] Zusammenkunft Moltkes mit Wimpffen zu Donchéry am Abend der Schlacht von Sedan [Abb. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 1, S. 142] Ankunft der Bayern vor Paris unter General von Hartmann [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 160] Kriegsrat zu Versailles [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 472] Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin in der Schlacht bei LoignyPoupry, 2. Dez. 1870 [Abb. Steinitzer/Michel, Der Krieg in Bildern, Nr. 81]

Blomberg, Hugo von (1820-1871)

König Wilhelm I.

nach dem

Sieg bei Königgrätz [Abb. Wirth,

Boddien, Georg von (1850-1928)

Berliner

Malerei, S. 318]

-

Angeschossene Husarenpatrouille [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 399] Bodenmüller, Friedrich (1845-1913)

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Das 1. bayerische Armeekorps von der Tann in der Schlacht bei Wörth. Erstürmung der Fröschweiler Höhen, 6. Aug. 1870 [1875; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 476] Aus der Schlacht bei Sedan, 1. Sept. 1870, vorm. 9 Uhr. Das 1. bayer. Armeekorps von der Tann bei Bazeilles, den Angriff der Franzosen zurückweisend [1873; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 51 ] Das Lager von Beaumont [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. C 1492]

Braun, Ludwig (Louis) (1836-1916)

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Gefecht bei Stürzelbronn [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 6263] Preußische Landwehrgarde und große Artillerie bei Nürnberg 1866 [Abb. Feist, Geschichte der deutschen Kunst, S. 232] Sturm der Bayern durch die Weinberge auf Weißenburg [Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 75] Die württembergischen Reiter bei Mont-Mesly [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 328f.] Kronprinz Friedrich Wilhelm nach der Einnahme von Fröschweiler, 6. August 1870 [Abb. Steinitzer/Michel, Der Krieg in Bildern, Nr. 80] Das bayerische 3. Feldregiment, Batterie Hermann, bei Sedan [ 1882; Foto Marburg, MAI

02431, E, 07]

Biwak der Korpsartillerie des 6. Waffen, Bd. 2, S. 460]

Armeekorps

vor

Paris

[Abb. Scheiben, Unser

Volk in

550

Quellen und Literatur

Der Einzug des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin in Orléans in der Nacht vom 4. zum 5. Dezember 1870 [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 248] Nachtkampf in Pont-Noyelles am 23. Dezember [Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 350] Auf der Demarkationslinie in Charenton vor Paris nach der Kapitulation [Abb. PflugkHarttung, Krieg und Sieg, S. 329] Der Einzug der deutschen Truppen in Paris am 1. März 1871 [1873; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 19] „Voila Moltke!" [Abb. Ortenburg, Mit Gott für König und Vaterland, S. 156] Recognoscirungsritt [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 56] Bayerische Feldpost [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. VF 576] Panorama „Die Schlacht von Sedan am 1. Sept. 1870" für Frankfurt a.M. [1881] Panorama „Der Sturm der Sachsen auf St. Privat am 18. Aug. 1870" (zus. mit O. von Ruppert) für Dresden Panorama „Todesritt der Brigade Bredow bei Mars-la-Tour" für Leipzig Panorama „Villiers-Champigny" für Stuttgart Panorama „Ausmarsch der bayerischen Armee 1870" für München Panorama „Die Schlacht von Weißenburg" (zus. mit Josef Krieger u. O. von Ruppert) für München [1882] Zyklus in 23 Bildern aus dem Kriege 1870/71, vom Auszuge der Truppen bis zur Heimkehr derselben. Für den neuen Saal im Café Luitpold in München [1889] Breling, Heinrich (1849-1914) Verteidigung des Kirchhofs von Beaune-la-Rolande am 28. 11. 1870 [1891; Abb. Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst, Bd. 1, S. 135] Bürde, Paul (1819-1874) Huldigung an Kaiser Wilhelm I. [ 1871 ; Abb. Deutsches Historisches Museum (Hg.), Bilder und Zeugnisse der deutschen Geschichte. Bd. 1, S. 423] Camphausen, Wilhelm (1818-1885) Die Düppeler Schanzen nach dem Sturm, 18. Apr. 1864. Begrüßung der Korpsführer [1867; Abb. Germer/Zimmermann (Hgg.), Bilder der Macht, S. 553] Die Erstürmung der Insel Alsen durch die Preußen, 29. Juni 1864 [1866; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 475] Preußischer Feldpostillon während des Krieges 1864 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 112 624] Dragonerattacke bei Nachod, 26. Juni 1866. Leutnant von Raven vom Schles. Rgt. Nr. 8 erobert die erste österreichische Standarte [Abb. Dollinger, Das Kaiserreich, S. 61] König Wilhelm auf dem Schlachtfelde von Sedan [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 132 f.] Napoleon III. bei Sedan [1877; Abb. Plessen (Hg.), Marianne und Germania, S. 408] Kaiser Napoleon III. wird am Morgen nach der Schlacht bei Sedan durch den Grafen Bismarck zum König Wilhelm geleitet [1877; Abb. Werner-Katalog, S. 99] Napoleon III. und Bismarck in Donchéry bei Sedan am 2. Sept. 1870 [Abb. Herre, Anno 70/71. S. 131] Reiterbildnis Kaiser Wilhelms. In seinem Gefolge Bismarck, Moltke und Roon (Kaiser Wilhelm und seine Paladine vor Paris 1870) [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 582] Heil Dir im Siegerkranz! (Siegeseinzug in Berlin, 16. Juni 1871) [Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 162] Crofts, Ernest ( 1847-1911 ) Rückzug der Franzosen von Gravelotte auf Metz am 18. August 1870 [ 1874; Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 58 f.]

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Quellen und Literatur

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Kriegsszene (Ereignis

aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71) [1872/74; Abb. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 1, S. 252] Begegnung des Kronprinzen Friedrich mit Napoleon III. [1871; Nationalgalerie Berlin, Inv.-Nr. A II 739] Delfs, Moritz (1823-1906) Gefechtsszene aus dem Feldzug 1864 [1869; Abb. Schmidt (Hg.), Das Jubiläum, 5. 198] Diemer, Michael Zeno (1867-1939) Panorama „Schlacht bei den Spicherer Höhen" [ 1891 ] Panorama „Schlacht bei Orléans" [1895] Panorama „Die Straßenkämpfe von Bazeilles" [ 1896] Emelé, Wilhelm (1830-1905) Letzter Angriff der französischen Kürassierdivision Bonnemains auf Elsaßhausen, 6. Aug. 1870 [Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 89] Episode aus dem Gefecht von Nuits, 18. Dezember 1870. Der Vormarsch der badischen Grenadierbrigade [1873; Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 105 258] Prinz Wilhelm von Baden bei Nuits [1874; Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 122] Das Hauptquartier des 14. Armeekorps während der Schlacht von Beifort, 15.-17. Jan. 1871 [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 440] Eschwege, Elmar von (1856-1935) Zieten-Husaren auf Patrouillenritt in den Wäldern vor Le Mans [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 140f.] Preußische Feldwache in Frankreich im Winter 1870/71 [Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 517] Faber du Faur, Otto von ( 1828-1901 ) Episode aus der Attacke des 7. preußischen Kürassier-Regiments bei Rézonville [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 217] Kämpfe in Bazeilles [Abb. Bourgin, La guerre de 1870-1871, S. 77] Angriff der 5. Dragoner bei Arblay-Ferme [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 70f.] Das württembergische Grenadierregiment .Königin Olga' im Gefecht am Park von Coeuilly, 30. Nov. 1870 [1881 ; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 477] Gefecht bei Artenay [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 208] Prinz Arnulf mit bayerischen Truppen vor Orléans [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. C 3087] Ambulanz der Pariser Commune 1871 [1883; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 485] Marschierende französische Infanterie [Nationalgalerie Berlin, Inv.-Nr. A II 576] Panorama „Schlacht bei Wörth" für Köln [1886; Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt. Inv.-Nr. C 3090] Fikentscher, Otto (1831-1880) Szene aus dem Kriege von 1870/71: Attacke des 7. Kürassier-Rgts. bei Mars-la-Tour [Foto Marburg, MAI 00235, E, 14]

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Freyberg, Conrad(1842-1915) -

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Gefecht des preußischen 5. Armeekorps bei Weißenburg am 4. August 1870 (General von Kirchbach gibt den Befehl zur Erstürmung des Gaisberges) [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 88] Ankunft des Prinzen Friedrich Carl auf dem Schlachtfelde von Vionville [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 370] Die Übergabe des französischen Gardekorps vor Metz an Prinz Friedrich Karl am 29. Oktober 1870 [1877; Abb. Fransecky, Denkwürdigkeiten, S. 532] Sr. Kgl. Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl werden nach der Capitulation von Metz 56 er-

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Quellen und Literatur

beutete Adler vor dem Schlosse Corny durch eine Schwadron des 3. Dragoner-Regimentes überbracht [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 120] Vor Le Mans [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 320] Götz, Theodor von (1826-1892) Erstürmung der Düppeler Schanzen [Abb. Germer/Zimmermann (Hgg.), Bilder der Macht, S. 375] Das 3. Jäger-Bataillon in der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 [1868; Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 399] Prinz Georg, Herzog zu Sachsen in der Schlacht bei St. Privat am 18. August 1870 [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 464] Das 2. Garde-Regiment zu Fuß beim Sturm auf St. Privat am 18. August 1870 [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 474] Nach dem Sieg bei Beaumont am 30. August 1870. Begegnung der Prinzen Albert und Georg auf dem Schlachtfeld [1881; Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 592] Das 1. kgl. sächs. Ulanen-Rgt. Nr. 17 bei Douzy am 30. August 1870 [1881; Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 505] Das 2. (sächsische) Jägerbataillon Nr. 13 in der Schlacht bei Sedan am 1. September 1870 [1878; Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 483] Häberlin, Carl von (1832-1911) Panorama „Schlacht bei Wörth" zus. mit Otto von Faber du Faur in Hamburg [ 1882] Harrach, Ferdinand Graf von (1832-1915) In den Weinbergen von Wörth. Ein im Sterben liegender preußischer Freiwilliger reicht einem verwundeten Turko die Feldflasche [1872; Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 32] Moltke mit seinen Adjutanten, Oberstleutnant de Clair und Hauptmann von Burt, in seinem Observatorium vor Paris [1876; Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 316] Heichert, Otto (geb. 1868) Veteranenversammlung [1900; Abb. Schmidt, Die Förderung des vaterländischen Geschichtsbildes, S. 144] Hoffmann, Anton (geb. 1863) Ritter von Fleschuez bei Wörth [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4874] Freiherr von Nagel bei Wörth [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4871 ] Angriff der Bayern auf Orléans [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. C 3296] Ritter von Reder bei Orléans [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4872] Ritter von Rohe bei Bagneux [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4873] Auffahrende bayerische Artillerie [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. L -

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6567] Horschelt, Theodor ( 1829-1871 ) Szene aus der Lünette 53 [1870; Abb. Holland, Schlachtenmaler Theodor Horschelt, S.42] Brückenbau über einen Festungsgraben vor Straßburg [ 1870; Abb. Holland, Schlachtenmaler Theodor Horschelt, S. 43] Hunten, Emil (1827-1902) Die Schlacht bei Königgrätz [ 1886; Abb. Arndt, Die „Ruhmeshalle" im Berliner Zeughaus, S. 83] Die 9. Husaren bei Helmstedt unter Führung des Majors von Cosel, 25. Juli 1866 [Abb. Ortenburg, Mit Gott für König und Vaterland, S. 140]

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Attacke der 3. und 5. Eskadron des 2. rheinischen Husaren-Rgts. Nr. 9 im Krieg von 1866 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 007 799] Vernichtung der französischen Cavallerie-Division Bonnemains bei Wörth [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 441]

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Quellen und Literatur -

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Stab der 21. Division bei Gunstett (Wörth) [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 120] Kampf mit französischer Reiterei bei Elsaßhausen während der Schlacht bei Wörth (6. 8. 1870) [1877; Abb. Germer/Zimmermann (Hgg.), Bilder der Macht, S. 555] Angriff der französischen Kürassier-Division Bonnemains auf Elsaßhausen. Schlacht bei Wörth am 6. Aug. 1870 [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1,S. 132] Das 53. Infanterie-Rgt. bei Colombey gegen einen von Feinden besetzten Wald vorgehend, 14. Aug. 1870 [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 322] Bei Vionville (Die II. Escadron der 2. Garde-Dragoner wirft die französischen Kürassiere) [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 390] Heinrich XVII., Prinz Reuß, an der Spitze der 5. Eskadron 1. Garde-Dragoner-Rgts. bei Mars-la-Tour, 16. Aug. 1870 [Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 48] Artillerie bei Gravelotte [1876; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 479] Das niederrheinische Füsilierregiment Nr. 39 in der Schlacht bei Gravelotte, 18. August 1870 [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 518] Die Großherzoglich Hessische Division bei St. Privat, 18. Aug. 1870 [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 1, S. 434] Der Todesritt der französischen Chasseurs d'Afrique bei Sedan, 1. September 1870 [Abb. Ullstein Bilderdienst Nr. 12198 D7] Schlacht beim Dorfe Loigny am 2. Dez. 1870. Waffentat der hanseatischen (Hamburger und Bremer) Truppen dem überlegenen Feinde gegenüber [Abb. Bourgin, La guerre de

1870-1871, S. 119] Die Bremer bei Loigny am 2. Dezember 1870 [Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 108] Die 2. Eskadron des 11. Ulanen-Regiments nimmt eine französische Batterie bei Loigny, 2. Dez. 1870 [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 232] Ein Überfall [Abb. Rosenberg, Aus der Düsseldorfer Malerschule, S. 19] Preußischer Jäger und Husar [Abb. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 2, S. 152] König Wilhelm bei Gravelotte [Abb. Kiesgen, Der deutsch-französische Krieg, S. 40] Meldung vor Prinz Friedrich Karl von Preußen [1870; Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 2, S. 153] Kaiser Wilhelm I. vor Paris [Abb. Kiesgen, Der deutsch-französische Krieg, S. 99] Transport französischer Gefangener, an der Straße rastend [Abb. Kiesgen, Der deutschfranzösische Krieg, S. 77] Panorama „Schlacht von St. Privat" (zus. mit W. Simmler) für Berlin [1881-1884] Kaiser, Friedrich (1815-1890) Bei der Mühle von Alsen [Abb. Ortenburg, Mit Gott für König und Vaterland, S. 136] Preußische Artillerie 1864 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 008 244]

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Kirchbach, Frank ( 1859-1912)

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Kronprinz

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Friedrich bei Wörth [1891; Abb.

S. 21]

Kiesgen,

Der deutsch-französische

Krieg,

Knötel, Richard (1857-1914) Die Standarte in Gefahr. Unteroffizier Wolff bei Kralitz, 14. Juli 1866 -

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[Abb. Kreis-Krie-

ger-Verband Bochum-Land (Hg.), Kriegserinnerungen, S. 525] Die Bayern bei Weißenburg am 4. August 1870 [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 268] Oldenburgische Dragoner im Kampf mit französischen Garde-Lanciers bei Mars-la-Tour [Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 149] Die Zietenhusaren bei Mars-la-Tour [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 172] Die Sachsen bei St. Privat. Tod des Generals von Craushaar [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 52]

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Quellen und Literatur

Rückzug der Franzosen und Sieg, S. 177]

nach der Schlacht bei Gravelotte

[Abb. Pflugk-Harttung, Krieg

Die Badenser bei Nuits-sous-Beaune [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 196] Die Hanseaten bei Loigny [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 220] Die Württemberger bei Villiers-Champigny [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 76] Das 3. sächsische Reiterregiment bei Buzancy am 27. August 1870 [Abb. DincklageCampe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 340] Im Schnee bei Vaneé [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 417] Sturm der preußischen Gardeschützen auf Le Bourget am 21. Dezember 1870 [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 384] Die Vierundsechziger bei Ardenay am Abend des 9. Januar 1871 [Abb. DincklageCampe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 408] Die Leibkürassiere (1. schlesischen) und die 2. Ulanen bei Poupry am 2. Dezember 1870 [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 432] Angriff des rheinischen Ulanen-Rgts. Nr. 7 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 003 132] Der Kronprinz verteilt Eiserne Kreuze unter dem Denkmal Ludwigs XIV. in Versailles [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 456]

Koch, Georg (1857-1927)

Wilhelm I. überreicht dem Kronprinzen am Abend der Schlacht von Königgrätz den Orden „Pour le mérite" [Abb. Krockow, Bismarck, S. 201] Die Zweiundfünfziger bei Vionville, 16. Aug. 1870 [Abb. Pecht, Die Berliner JubiläumsAusstellung, in: Die Kunst für Alle 1 (1886), S. 331] Major Graf Schlippenbach mit der Fahne des 1. Bataillons Regiments Nr. 56 [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 18 f.] Hessische Infanterie verhindert den Ausbruch von Chasseurs d'Afrique bei Sedan [Abb. Herre, Anno 70/71, S. 123] Alarm vor Paris [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 289] Panorama „Schlacht von Villiers bei Paris am 2. 12. 1870" [1887] Kolitz, Louis (1845-1914) Aus der Schlacht von Gravelotte. Moltke meldet dem König die Ankunft des 2. Korps (Pommern), welches den Sieg entschied [ 1874; Abb. Schmidt, Die Förderung des vaterländischen Geschichtsbildes, S. 135] Am Abend von Gravelotte [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 000 579] Aus den Kämpfen um Metz [Nationalgalerie Berlin, Inv.-Nr. A I 309a] Aus der Umgegend von Metz 1870. Vorgehen preußischer Reserve-Infanterie in die Schützenlinie [Foto Marburg, MAI 00159, D, 01] Gefangenentransport bei Metz [ 1883; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 484] Vor Paris. König Wilhelm, Bismarck und Moltke von einer Anhöhe aus die Truppenbewegungen in der dürftig beleuchteten Stadt beobachtend [Abb. Scheibert, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 464] Szene aus dem Gefecht bei Vendôme, Jan. 1871: Eroberung eines Geschützes durch preußische Infanterie [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 368] Bildnis des Generals der Infanterie Graf von Werder [Nationalgalerie Berlin, Inv.-Nr. A I

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341] Auf dem S. 475]

Rückzuge in der Gegend von Le Mans [Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg,

Quellen und Literatur

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Küsthardt, Erwin (1867-1901) -

Bismarck liest König Wilhelm I. von Preußen die Kriegserklärung vor (Figurenstudie für ein für die Aula des Erfurter Gymnasiums bestimmtes Historiengemälde) [1899; Abb. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 2, S. 298]

Landmann, [Heinz]

Bayerischer Jäger mit französischen Gefangenen [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. 594/97] Lang, Heinrich (1838-1891) Erstürmung des Dorfes Fröschweiler am 6. Aug. 1870 [ 1891 ; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 476] Nach der Schlacht von Wörth: Verfolgung der Franzosen durch bayerische Chevauxlegers bei Fröschweiler am 6. August 1870 [Abb. Ullstein Bilderdienst Nr. 12198 Kl] Im Vogesendorf Montbronn am 10. August 1870 [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 6612] Vor Beaumont. Eintreffen der Avantgarde des 2. bayer. Corps auf dem Schlachtfelde von Beaumont am 30. August 1870 [1876; Abb. Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt (Hg.), Bayerische Militärmaler, S. 49] Episode aus der Schlacht bei Sedan. Der Angriff der Chasseurs d'Afrique zerschellt an der eisernen Ruhe der 95er und 83er [Abb. Bourgin, La guerre de 1870-1871, S. 77] Übergang des 2. bayer. Armeekorps unter General von Hartmann über die Seine bei Corbeil am 19. Sept. 1870 [1886; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 475] Marées, Hans von (1837-1887) Verwundetentransport [1860; Abb. Gerlach-Laxner, Hans von Marées, S. 15] Fouragierende Soldaten [1862; Abb. Gerlach-Laxner, Hans von Marées, S. 69] Mattschass, Erich (geb. 1866) Batterie Hasse bei Gravelotte [1902; Abb. Kreis-Krieger-Verband Bochum-Land (Hg.), Kriegserinnerungen, S. 517] Straßenkampf in Le Bourget [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 114f] Die 56er bei Juranville am 28. November 1870 [Abb. Kreis-Krieger-Verband BochumLand (Hg.), Kriegserinnerungen, S. 459] „Getreu bis an den Tod". Untergang der Fahne des II. Bataillons 61. Infanterie-Regiments vor Dijon am 23. Januar 1871 [Abb. Scheiben, Unser Volk in Waffen, Bd. 2, S. 516] Menzel, Adolph von (1815-1905)

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Unter den Linden in Berlin am Nachmittage des 31. Juli 1870. Abreise König Wilhelms zur Armee [1871; Abb. Germer/Zimmermann (Hgg.), Bilder der Macht, S. 523] Müller-Schönhausen, A. (1838-[1872]) Die Friedensdepesche [1871; Abb. Wirth, Berliner Malerei, S. 434] Northen, Adolf ( 1828-1876) Gefechtsszene aus dem dänischen Kriege [1867; Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 646] Attacke der Brigade von Bredow bei Vionville am 16. August 1870 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 003 131] Ottenfeld, Rudolf von (1856-1913) Die Batterie der Toten. Österreichische Armeegeschützreserve nach der Schlacht bei Königgrätz [1897; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 481] Pape, Friedrich Georg W. (William) (1859-1920) Die Beschießung von Paris [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 316]

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Putz, Ludwig (geb. 1866) -

Die Vortruppen des 1. Schlacht bei Sedan ein

bayerischen Corps dringen

in Bazeilles ein und leiten damit die

[Abb. Ullstein Bilderdienst Nr. 12198 A2]

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Quellen und Literatur

Die Batterie Kriebel bei Beaugency-Cravant, 9. Dez. 1870 [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 244] Prinz Leopold bei Villepion [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4862] Ritter von Spreither bei Chatillon [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 4876] Hauptmann Olivier und Unterleutnant Wiedenmann im Gefecht bei Chateaudun, 18. Okt. 1870 [Abb. Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst, Bd. 3, S. 307] Rabe, Theodor (1822-1890) Depeschenjunge [1871; Abb. Wirth, Berliner Malerei, S. 434] Rocholl, Theodor (1854-1933) Das 2. hannoversche Dragoner-Regiment Nr. 16 bei Mars-la-Tour [Abb. DincklageCampe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 352f.] Episode aus der Schlacht von Vionville, 16. Aug. 1870. Unteroffizier Kaiser rettet den Lieutenant Grafen Sierstorpf [1886; Abb. Rocholl, Malerleben, S. 95] Kampf um die Standarte. Episode aus der Schlacht von Vionville [ 1891 ; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 478] Ein Husarenstreich. Befreiung Verwundeter der Brigade Bredow aus der Gefangenschaft in der Ferme Mogador durch eine Patrouille der 15. Husaren, 17. Aug. 1870 [Abb. Rocholl, Malerleben, S. 101] Ein Hoch auf den König. Der in der Schlacht von Mars-la-Tour am 16. Aug. 1870 tödlich verwundete Oberst von Auerswald, Kommandeur des 1. Garde-Dragoner-Rgts., bringt ein Hoch auf den König aus, um dann zusammenzustürzen [Abb. Rocholl, Malerleben, S. 24] König Wilhelm am Abend von Gravelotte auf einer Leiter sitzend [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 001 199] Die 83er weisen den Angriff der französischen Kürassiere bei Sedan zurück [1913; Abb. Kreis-Krieger-Verband Bochum-Land (Hg.), Kriegserinnerungen, S. 461] König Wilhelms Ritt um Sedan am Tage nach der Schlacht [1890: Abb. Kreis-KriegerVerband Bochum-Land (Hg.), Kriegserinnerungen, S. 478] Kaiser Wilhelm I. [1890; Abb. Schmidt, Die Förderung des vaterländischen Geschichtsbildes, S. 142] „Vorbei". Episode aus dem Jahre 1870 [Abb. Rocholl, Malerleben, S. 188] „Nach siegreicher Schlacht" [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwar-

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ben, S. 213]

Vorpostengefecht. Aus dem Wald sprengende Kürassiere [Abb. Scheibert, Unser Volk in

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Waffen, Bd. 1, S. 264]

Nachzügler bei siegreicher Attacke [Abb. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 3, S. 152] Auf Vorposten. Zwei Kürassiere am Waldessaum [Abb. Kürschner, Der große Krieg 1870/71, S. 229] Waldrast. Ein Kürassier auf seinem erschöpften Rappen hält in einem seichten Waldbach,

um sein Tier zu tränken [ 1892; Abb. Rocholl, Malerleben, S. 97] Ein Satteltrunk [Abb. Rocholl, Malerleben, S. 56] In Feindesland [Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 3, S. 152] Versprengt [1911; Abb. Rocholl, Malerleben, S. 203] Vörpostengeplänkel [Abb. Rocholl, Malerleben, S. 223] Wandgemälde im Pädagogium in Godesberg: „Des deutschen Volkes Jugendzeit" und „Sedan. Unseres Volkes Mannesalter" [1907; Abb. Rocholl, Malerleben, S. 175] Röber, Ernst (1849-1915) Erstürmung der Düppeler Schanzen 1864 [1888; Abb. Ullstein Bilderdienst Nr. 11695 SO] Röchling, Carl (1855-1920) Das 1. Garde-Rgt. bei Chl um 1866 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 110 124] Patrouille des Ulanen-Rgts. Großherzog Friedrich von Baden im Juli 1870 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 009 276]

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Quellen und Literatur -

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Episode aus der Erstürmung des Spicherer Berges durch das 74. Füsilier-Bataillon unter General von François [Abb. Lindner, Der Krieg gegen Frankreich, S. 36] Die Zwölfer erstürmen die linke Seite des Roten Berges bei Spichern [Abb. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg, S. 111] Erstürmung des Schlosses Gaisberg bei Weißenburg durch das Königs-Grenadier-Rgt. (2. Westpreußisches)

Nr. 7

am

4.

Aug. 1870 [1886;

Abb.

Bleibtreu, Die moderne Schlach-

tenmalerei, in: Die Kunst unserer Zeit 1896, S. 26]

Das 2. Infanterie-Rgt. beim Sturm auf Fröschweiler am 6. August 1870 [Abb. Schneider, Bilderatlas zur Württembergischen Geschichte, S. 89] Sturm der preußischen Garde-Füsiliere auf St. Marie-aux-Chênes am 18. Aug. 1870 [Abb. Dollinger, Das Kaiserreich, S. 78f.] Das 1. Garde-Regiment zu Fuß in der Schlacht von St. Privat am 18. August 1870 [1896; Abb. Ullstein Bilderdienst Nr. 12198 XI] Tod des Majors von Hadeln (Gravelotte, 18. Aug. 1870) [ 1898; Abb. Werner-Katalog, S. 97] Die Batterie Gnügge bei Gravelotte [1898; Abb. Schmidt, Die Förderung des vaterländischen Geschichtsbildes, S. 144] Straßenkampf bayerischer Infanterie in Bazeilles bei Sedan am 1. September 1870 [1894; Abb. Herre, Anno 70/71, Titelbild] Begrüßung des 1. Garde-Rgts. durch König Wilhelm I. nach der Schlacht bei Sedan [Abb. Dollinger, Das Kaiserreich, S. 83] Danziger Landwehr-Bataillon und 113. Badisches Infanterie-Rgt. an der Lisaine, 15. Januar 1871 [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 102 985] Röhm, Hans (geb. 1877) Bayerische Chevaulegers auf Vorposten [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. 112/90] Rössler, Adalbert von (1853-1922) Oberstleutnant von Blumröder bei Gravelotte verwundet [1897; Abb. Hager, Geschichte in Bildern, S. 473] Württembergische Infanterie bei Champigny [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 014 647] -

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Scheiner, [Wilhelm]

Französischer Gefangener im Gespräch mit einem verwundeten Preußen [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. T 652] Schnetzler, F. H. Badische Grenadiere bei Nuits [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 114 794] Schoenfeld, Eduard (1839-1885) Die Heimkehr des Kriegers [Abb. Ortenburg, Mit Gott für König und Vaterland, S. 157] Schott, Karl Albert von (1840-1911) -Württembergische Artillerie im Kampf bei Champigny [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 014 488] Kampf um Champigny [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 014 489] Schreyer, Adolf (1828-1899) Rastende österreichische Ulanen im Schnee in der Walachei [Abb. Holzinger, Städelsches -

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Kunstinstitut, Tafel 127] Österreichische Dragoner Tafel 127]

auf

Vorposten [Abb. Holzinger,

Städelsches Kunstinstitut,

Schröpler, Gustav Französische Gefangene marschieren 1870 auf den Paradeplatz in Ingolstadt [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B 6096] Sell, Christian (1831-1883) Schlacht bei Königgrätz. Beginn der Verfolgung [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 104 636]

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Quellen und Literatur

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und Vaterland, S. 151] Aus dem französischen Kriege: Preußische Kürassiere greifen an [1870; Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 1021] Episode aus dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 [ 1881 ; Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 3, S. 274] Französische Gefangene bei Schneegestöber von preußischen Ulanen und Infanterie eskortiert [1885; Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 492] Die Feldwache von Marly. Französische Gefangene werden verhört [Abb. Ortenburg, Mit Gott für König und Vaterland, S. 157] Ulan [Foto Marburg, MAI 00292, F, 01 ] Husaren der Leibgarde [Abb. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 3, S. 275] Sellmer, Karl (geb. 1855) Bismarck empfangt den Kriegsgefangenen Napoleon III. nach der Schlacht bei Sedan [Abb. Krockow, Bismarck, S. 229] Simmler, Wilhelm (1840-1914) Panorama „Sturm auf St. Privat" (zus. mit Emil Hunten) für Berlin [1881] Speyer, Christian (1855-1929) Einzug der württembergischen Truppen in Stuttgart am 20. Juni 1871 [Abb. Schneider, Bilderatlas zur Württembergischen Geschichte, S. 89]

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Steffeck, Carl ( 1818-1890) Der -

Sieger

von

Königgrätz,

Heldenkaiser, S. 99]

von

seinen

Kriegern begrüßt [1869;

Abb. Oncken, Unser

General Reihe überbringt König Wilhelm auf dem Schlachtfelde von Sedan das Schreiben Kaiser Napoleons [1884; Abb. Arndt, Die „Ruhmeshalle" im Berliner Zeughaus, S. 83] Trache, Rudolf (geb. 1866) Prinz Georg von Sachsen in der Schlacht bei St. Privat am 18. August 1870 von der 8. Kompanie des 2. Grenadier-Rgts. Nr. 101 Hauptmann von Zeschau begrüßt [1906; Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Inv.-Nr. HC 275] Trübner, Wilhelm (1851-1917) Verwundeter französischer Kürassier [ 1871 ; Abb. Deutsches Historisches Museum (Hg.), Bilderund Zeugnisse der deutschen Geschichte, Bd. 1, S. 415] Volkers, Emil (1831-1905) Bismarck zu Pferde [1875; Abb. Lexikon der Düsseldorfer Malerschule, Bd. 3, S. 380] Volkharidjt, Max (1848-1924) Im Feldlazarett. Verbandsstube bei Gravelotte [1872; Abb. Deutsches Historisches Museum (Hg.), Bilder und Zeugnisse der deutschen Geschichte, Bd. 1, S. 413] Wagner, Karl (1839-1923) König Wilhelm 1. mit Kaiser Napoleon III. [Wehrgeschichtliches Museum Rastatt, Inv.-Nr. 014 484] Abschluß der Versailler Friedenspräliminarien zwischen Bismarck und den beiden französischen Bevollmächtigten Favre und Thiers am 26. Februar 1871 [Abb. Herre, Anno 70/71, S. 184] Weese, Max (1855-1933) Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen und sein Generalstabschef von Blumenthal am Morgen der Schlacht von Königgrätz [1866; Abb. Ullstein Bilderdienst Nr. 40533 J0] -

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Quellen und Literatur

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560

Quellen und Literatur

Zimmer, Ernst (geb. 1864)

Privat [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 405] Prinz Leopold von Bayern bei Villepion am 1. Dezember 1870 [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 460 f.] Ritter von Schmidt bei Beaumont [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. B

Angriff des ersten Garderegiments zu Fuß auf St. -

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4863] [Abb. Dincklage-Campe, Wie wir unser Eisern Kreuz erwarben, S. 360] Gefangennahme eines Turkos [Bayerisches Armeemuseum Ingolstadt, Inv.-Nr. C 33 68]

Fanal -

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2.

Forschungsliteratur

2. /. Theorie und Methode 2.1.1.

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Alvensleben, Constantin von 461 f. Angelrodt, Carl 178,236 Angerstein, Wilhelm 251,323

Apel, F.H.

Bernhardi, Theodor von 102 Berthier, Alexandre 408 Betz, E. 241 Biedermann, Karl 138 Bierce, Ambrose 69 Birkmeyer, Fritz 447,451 Bismarck, Otto von 18, 24,43 f., 47, 53, 57, 103, 108, 115,128 f., 136f, 141,144, 148, 157, 160, 162, 292f„ 297f., 333, 346, 350, 388, 397,421, 450, 471, 480, 485, 490, 507 Bleibtreu, Georg 384, 409, 411,413ff„

Arke, Bernhard 214, 226, 304

430,439f.,442,444 Bleibtreu, Karl 135,416, 449, 481

Armand-Dumaresq, Edouard

Blomberg, Hugo von 453

345 403

Arnd, Eduard 138,316 Arnold, Hugo 165, 183 f., 222. 245,329 Augusta, Königin von Preußen (Kaiserin

Augusta) 455 f. Augustin, Karl W. Baensch, W.

von

174

Bodelschwingh, Friedrich von

71

Bagetti, Giuseppe-Pietro

401

Baltzer, Eduard 248, 288f., 352, 375 Balzac, Honoré de 184

Bamberger, Ludwig

Blücher, Gebhard L. von 347, 409 Blum, Hans 43f, 182, 234f„ 308, 316, 332ff„ 363, 375 Blum, Robert 44,332 Blumenthal, Leonhard von 49, 137, 242 f. Bluntschli, Johann C. 252f„ 274

324

Baron, Richard 230, 236, 332, 364 Barth, E. 234 Battenberg, Friedrich W. 170, 177 f., 183 f., 190,197,373 Bauer, Max 331,362 Baumgarten, Hermann 129, 156, 276, 336 Baur, Wilhelm 313 Bauriedel, Paul 55, 174, 178, 185, 232,

328,332,418 Bayer, Karl 268 Bazaine, F.A. 204,318,435 Beaucé, Jean-Adolphe 403 Bebel, August 161,500 Beck, August 384

Becker, Carl 444,446 Beethoven, Ludwig van 185 Bender, Ludwig 297,331 Benedetti, Vincent de 297, 304 Benedix, Roderich 224, 354 Berg, Moritz von 188,412 Berlit, Alfred 52 Berlit, Georg 52

172

Bodenmüller, Friedrich 436 Boguslawski, A. von 104 Bojanowski, P. von 191 f., 206, 209, 274 Bork, Heinrich 317 Born, David 298,356 Bornemann, Alexander 196, 372 f. Boschen, G[Unther] 240, 324 Bracht, Eugen 471,474, 477 Bracht, Theodor 170, 178, 184f, 214, 239, 333, 369 Bräuner, R. 103 Brandenburg, Adolf 319, 348, 363, 369 Brandenburg, Konrad 317,356 Braun, Johann A. 362 Braun, Karl 210, 230, 254 f. Braun, Ludwig (Louis) 411,413,418, 420f., 445 f., 451, 466,474ff., 480 Braun, Reinhold 410

Breithaupt, A[ugust] 241 Breithaupt, Th. 241 Breling, Heinrich 446

Brendicke, Hans 189 f. Bruns, Carl G. 194, 214, 216, 249, 287 f. Buchner, Karl 72 Buchner, Wilhelm 206, 221, 317, 345 Bund, Ludwig 71

596

Personenregister

Burger, Ludwig 413 Burleigh, Bennet 41

Busch, Moritz 44 f., 169, 374 Bußler, Wilhelm 182, 188 f.

Camphausen, Wilhelm 409, 412ff„ 415, 424, 430,442, 444, 446, 466 Carrière, Moriz 351 f. Cassel, Paulus 361 Castres, Edouard 475 f., 481 f.

Eggers, Karl 483,485 Egler, Ludwig 70 Ehrenberg, Hugo 170,175 Eichendotff, Joseph von 183 Eichholz, Ehrenreich 179 Einsiedel, Kurt von 76, 270 Eisenach, Joseph 367

Elpons, Paul von Elsholtz, Ludwig

61 410

Clausewitz, Carl von 350 Clessler, Christian 182 f., 373 Clinchant, [] 481

Emelé, Wilhelm 413, 442, 446,451 Emonts, J.W. 185, 319, 327f., 352, 372 Engel, [Ernst] 307 Engels, Friedrich 17, 162 Enslin, A. 71

Crofts, Ernest 447 Curtius, Ernst 195, 330f.

Epiktet von Hierapolis 184 Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg-

Chopin, Frédéric

185

Dänzer, August 304, 369 Dahn, Ernst 231 f., 346 Dahn, Felix 50, 168ff., 222f., 233, 245, 253, 262, 274, 346 Danton, Georges 229 De la Motte-Fouqué, Friedrich 183 Deneuville, Alphons 404 f., 474 Descartes, René 184

Détaille, Edouard 404,474 Dettmann, Ludwig 410 Dieffenbach, Ferdinand 169, 314 Diehl, Johannes 65, 468 Diemer, Ludwig 177 Diemer, Michael Z. 475, 479 Dietz, Fedor 409,415 Dinckelberg, Hugo 167, 182f„ 329f. Di ncklage-Campe, Friedrich von 61,331, 358, 447 f. Disselhoff, D. Julius 317,457 Dittrich, Max 43, 60, 317,483 Doering, Hugo von 211 f., 299, 337f., 357 Dörr, Friedrich 160, 163, 303, 314

Douay, Abel 468 Dove, Alfred 483 Dove, Richard 173 f.

Dresky, W. von

323

Droysen, Johann G. 72, 134, 165 f., 171, 289

Dryander, K. 178,188 Du Bois-Reymond, Emil 74,209, 331, 375 Duncker, Max 138,323

Eckold, Rudolph 319,369 Eelking, Max von 182, 223, 238, 281 f., 284

Gotha 115,486 Ernst, W[ilhelm] 235

Eschwege, Elmar von 446 Eugénie, Kaiserin von Frankreich Faber du Faur, Otto

von

206

409, 420, 442,

474,480 Fausel, Adolf 178 Fechner, Hermann 61, 205, 223 f., 260, 269, 285, 340, 360 Feddersen, B.Th. 328

Fehling, Ferdinand 171 Fehleisen, Egmont 362

Fester, Adolf 181,369,417 Fikentscher, Otto 385, 438 Fischer, Gustav 53,234 Fontane, Theodor 43, 59, 71, 182 Forbes, Archibald 365 f.

Fransecky, Eduard von

319

Frantz, Constantin 103 Frenssen, Gustav 67 Frenzel, Karl 273, 284, 352, 355 f., 359 Freudenthal, Friedrich 180 Freyberg, Conrad 420, 438, 451 Freytag, Gustav 44, 134, 156, 209, 217, 229, 234,244 f., 247, 254, 261, 272, 280, 287, 307, 335, 350f„ 363, 374,486 Friedländer, Ludwig 336 Friedrich I„ Großherzog von Baden 162 f., 373,414 Friedrich II. (der Große), König von Preußen 39,46,406,457 Friedrich Karl, Prinz von Preußen 48, 111, 251, 318, 349,421,442 ff„ 452 Friedrich von Augustenburg 111 ff, 129, 131, 136

597

Personenregister Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 86, 211, 309 ff, 409, 454,486 Friedrich Wilhelm IV, König von Preußen 457 Friedrich Wilhelm, Kronprinz von Preußen (Kaiser Friedrich III.) 44, 162 f., 312, 327, 413, 421, 442 ff., 452 f., 454,460,

468, 470,483 Fritsch, Heinrich 240 Füllborn, George 232 f., 346

Haug, Robert von 410 Haupt, W. 54 Haym, Rudolf 57,323 Hecker, A. 188,362

Hegel, C. 189,195,198,325,356 Hegel, Georg W.F. 95, 248, 262,450 Heim, Wilhelm 175,226,241,374 Heineck, Hermann 178, 236 Held, Alexis 277 f.

Hensing, Ernst

71

Hermann, Ernst 299, 313 f.

Gambetta, Léon 34, 47, 68, 220ff., 264, 273, 490,492 Garibaldi, Giuseppe 139, 232 f., 381 Gautier, Léon 197 Georg V, König von Hannover 180 Gersdorff, Horst von 340 Gerstäcker, Friedrich 70, 238 f., 242, 286 Geßler, Friedrich 71 Geyer, Karl 175,184 Giesebrecht, Wilhelm von 336 Glücklich, J. Chr. 70 Gneisenau, August N. von 249 Gneist, Rudolf 103 Goethe, Johann W. 66, 182f., 188 Götz, Theodor von 438,452 Gordon, Adolf von 255, 336, 360 Gotthilf, Karl 232 Graef, Gustav 410 Grimm, A[ugust] Th. von 196, 374 f. Gros, Jean Antoine 400 Granen, P. Raimund 418

Gropengießer, Fritz 271 Gropius, Wilhelm 471 Grube, August W. 300, 343, 357 Gutzkow, Karl 74

Hackländer, Friedrich W. 44, 58 Hadeln, [ ] von 441 HähnefC.L. 328 Hänßler, Ernst 234 Hahn, Werner 239,259 Haltaus, Ernst 164, 308, 314f., 338, 345, 420

Hantel, Georg 187, 374 Harrach, Ferdinand von 413,420,461, 467

Hartmann, Julius 49, 242, 374,424 Haselbach, E. 324 Hassel, Paul 43 f., 75, 303, 327 Hatzfeldt, Paul 53 Hauff, Wilhelm 183

Herodot

von

Halikarnaß 39

Herrmann, Ernst 302

Herzog,[]

481

Hesekiel, George 314 Hess, Peter 409 Heyd, H. 240,370

Heyden, Otto 413 Heyderhoff, Julius 276 Heye, Wilhelm 270 Hiltl, Georg 232, 316f„ 326, 339, 464, 486

Hintze, Otto 240,273 Hodler, Ferdinand 410 Hoeck, Julius 167, 175 f., 304, 358 Höcker, Gustav 232, 236, 332 Höcker, Oskar 186, 192, 196, 208, 211, 264, 317, 337, 345, 352 Holder, Julius 117 f. Hößlin, G[ustav] A. von 183, 304, 368 Hoffmann, Anton 438 Hoffmann, E.T.A. 183 Hoffmann, Theodor 272 Hoffnack, Max 181, 185, 326, 333, 362 Hofmann, Karl 172,373 Hohenthal, [L.] 167, 206, 299 Homann, Karl 55, 181, 222, 272, 340 Homer 184 Horaz 187 f.

Horn, Georg 230,234,318 Hornstein, Alexander 113 Horschelt, Theodor 414 Hottinger, Chr. G. 60, 163, 168, 191, 196, 198,213,283 Huch, Ricarda 68

Hüggelmeyer, Julius 179

Hünten.Emil 411, 413, 419f, 437,444, 446,448f., 452, 474

Hugo, Victor 361

Husser, S. 52 Huyssen, G. 51, 65, 197, 243f., 257, 318, 486

598

Personenregister

Ilex, F. 51,225,307 Isenburg, L. 54, 63

Jäger, Oskar 262, 297 f.

Jahn, Gustav 314,345,357 Jahn, Hermann 169, 186, 199, 207, 256,

262,271,319,329,340,372 Janslin, Karl 385 Jérôme, König von Westfalen 317 Jastrow, Ignaz 323 Jhering, Rudolf von 49f., 138, 169, 324

Jörg, Joseph E. 301 Jösting, Werner 166, 319 Jünger, Ernst 512

Junck, Karl 192,339,371 Kämmel, Otto 217, 235, 315 f., 323, 367, 375

Kaiser, Friedrich 413,449

Kampf, Arthur

410

Kant, Immanuel 279, 359 Karl, Erzherzog von Österreich 40 Kayser, Adolf 43,48, 54, 174, 183 Kayßler, L. 75, 251, 317 f. Keil, Ernst 58 Kerner, Justinus 52

Keysser, A. 183,190,257,351 Kiesgen, Laurenz 283, 453 Kießling, Ferdinand 70 Kinzenbach, F. 182

Kirchbach, Frank 453 Kissel, Clemens 236 Klaiber, Julius 221,269 Klein, Karl 43,65 Kleinen, J. 234,314,356 Kleinsteuber, Hermann 248,303,314 Kleist, Heinrich von 69 Klenck, W. von 160

Klingebeil, H. 237 Klüpfel, Karl 109,301,316

Knötel, Richard 410,448 Knorr, Emil 88, 96, 104

Kobell, Wilhelm von 408 f. Koch, Georg 187 f. Koch, Georg (Maler) 436 f. Koch, Karl 71 65 f., 72, 184 Kocks,W. 298 Köhler, Ferdinand 270 Köllreutter, Gustav A. 362, 369

Koch-Breuberg, Friedrich

König, Ewald A. 70 König, Robert 311,314,348

Körner, Philipp 272, 328 Köstler, K. 364 Köstlin, H.A. 369 Kohl, Horst 331 Kolb, Georg F. 103, 161, 222, 245f. Kolitz, Louis 420, 435, 438,450 f. Kopp,W. 72,270,273,486 Koschwitz, E. 197, 353 Krause, Ernst E. von 417 Krüger, Franz 407, 457 Krug, Robert 206, 271, 319, 326 Kühn, Gustav 384 f. Kühnhauser, Florian 227

Lampert, Friedrich 225, 270, 314, 323 Lamprecht, Karl 348 Landmann, [Heinz] 446 Lang, Heinrich 411, 413, 415, 420, 446f.

Langlois, Charles

403

Lasker, Eduard 324 Lauxmann, Richard 191, 308, 314, 343

Legewitt, Karl

373

Lehmann, Wilhelm 174 Leibig, Oskar 171,181,185,282 Leinenweber, Louis 358

Lejeune, Louis-François

400

Leo, Friedrich 188 Liebenstein, L.A.F. von 93, 95 Liebknecht, Wilhelm 161 Liebmann, Otto 274 Liliencron, Detlev von 67 Lindenmann, Karl H. 187, 272, 358 Lindner,Theodor 67,172,272,316,348f„ 425, 438, 442, 444, 467, 487

Lipperheide, Franz

71

Litfaß, Ernst 75 Livius, Titus 39 Lorenz, Ottokar 160

Louis Philippe, König von Frankreich 402 f. Lubojatzky, Franz 298, 338 Ludwig I., König von Bayern 407, 409

Ludwig II., König von Bayern 160, 162, 298

Lüders, Hermann 171, 270, 413 Luise, Königin von Preußen 311 ff., 454f., 493

MacGahan, A. 41 Mac-Mahon, Patrice M. 431

Magg, C.

61

Maizier, [ ] 184

599

Personenregister Manet, Edouard 406 Marées, Hans von 466 Marr, Karl von 410 Martin, Richard 178,237

Oertzen, Albrecht von 232 Oncken, Wilhelm 244, 297 f., 302 f., 313, 322, 364, 375, 453

Marty, P. Rudolph

Otto, Franz 192, 208, 211, 264, 272, 353,

307

Marx, Karl 17,162 Matthes, P. 168, 184, 237, 346 Mauerhof, CG.A. 55, 177 Maurenbrecher, Wilhelm 331, 346 Maurer, Ch.F. 363 Maurer, Franz 303,487

Meding, Oskar

43

Meinecke, Friedrich 107 Meissonier, Ernest 403, 405,458 Menzel, Adolph von 406,420,433,455 f., 469, 485 Menzel, Wolfgang 375 Meyer, G.F. 167 Mewes, Karl 169, 175, 181, 185, 326 Miquel, Johannes von 97,134 Miranda, Armin di 183,214 Mohl, Robert von 160 Moltke, Helmuth von 164, 190, 194 f., 269, 285, 346ff., 360,421, 435,450, 458ff„ 469,471, 485, 494f., 497 Mommsen, Theodor 113, 134, 216f„ 261 Morin, George 298,361 Mozart, Wolfgang A. 185 Mühlfeld, Julius 139, 192, 225, 269, 345 Müller, C.W. 208 f., 317 Müller, Georg 43 Müller, Wilhelm 273, 297, 303, 314, 323 Müller, [] 187

Müller-Schönhausen, A. 467 Muff, Christian 281, 302, 346 Murat, Joachim 347

Mylius, Otfrid 192,217,240,246 Napoleon L, Kaiser von Frankreich 39, 223,266,286,308,311,315,317 ff, 398, 400ff.,424,445

Napoleon III., Kaiser von Frankreich 34,

47, 159, 203, 205 ff, 239, 292, 300, 308ff., 354, 371, 375, 402f., 480, 490 Nebe, Hermann 169 Niemann, A[ugust] 270 Niethammer, Georg 52 f., 163, 229, 340 Nietzsche, Friedrich 172 Nikutowski, Johann A. 410,413,464 Obernitz, [ ] von 453 O' Donovan, Edmond 41

Osseg, Annuarius

488

486

Overbeck, Th. 424

Pape, Justus 63, 175,366 Pemberton, [ ] 43 Pfeiffer, A[lbrecht] 160, 169, 175, 241, 370, 372,486 Pfister, Albert 138 Pfleiderer, Edmund 54, 163, 193f„ 198, 222, 262f., 343, 353, 365 Pfleiderer, Otto 281 Pflugk-Harttung, Julius von 425,461 Philippoteaux, Félix 403, 474 Pieper, F[ranz] 188,328 Pietsch, Ludwig 44, 183 f., 360, 374,415, 473 f.,479 Pietschker, Karl 171, 372, 384, 440 Pils, Isidore 403 Pitawall, Ernst 167,269 Plener, Ernst von 43,191 Plitt, Franz 176,369 Pollak, Heinrich 42 Poppe, Franz 314,340,486 Prenzel, Theodor 372 Putz, Ludwig 446,448

Pythagoras von Samos 184 Quade, Paul 381 Quilling, H. 234 Raabe, Wilhelm 68 Rabe, Theodor 467 Radestock, Hermann 53, 235 Ranke, Friedrich 332

Raspe, G.C.H.

331

Rasse, Erwin 210,360 Rauch, Fedor von 53 Rauchfuß, Ferdinand] 215, 247, 264, 355 Reck, Anton 227 Reichard, Max 375 Reichardt, A. 212, 240 f., 269, 371 Reille, André Ch. de 480 Reitzenstein, [ ] von 453 Retlaff, Regus 324 Richter, Maximilian 183 Ried, Veit 177 f.

Personenregister

600

Rindfleisch, Georg H. 66, 169, 246, 274, 304 Ris, Richard 226 Rocholl, Theodor 410,418,446,453,457, 466 Röber, Ernst 419 Röchling, Carl 316,438, 441 f., 446, 448f. Röder, Georg 363 Rogge, Christian 178f„ 187f., 241, 333 Rogge, D. Bernhard 486 Roon, Albrecht von 18, 164,346f.,348ff„ 489, 500, 503 Roth, Franz A. 62 Rotteck, Karl von 91 ff. Rouget de Lisle, Claude J. 264 Rousseau, Jean-Jacques 256 Roy, Berthold 272 Rudert, Alfred 370 RUckert, Friedrich 310 Rümelin, Gustav 161,195 Rüstow, Wilhelm 98, 103, 246 Ruge, Arnold 248 Runze, Max 319

Ruppersberg, A. 51,316,371

Russell, William H. 9,40f„43 Sander, Karl 51 Schaal, Adolf 48 Schäfer, Dietrich 322 f., 347 Schall, Martin 304 Schaller, Johannes 484 Schamhorst, Gerhard von 249 Scheibert, Justus 425,438,444 ff., 450 f. Scheiner, [Wilhelm] 466 Schellendorff, Paul B. von 49,414 Scherr, Johannes 164, 225,232, 282f., 337, 348, 360, 365, 373, 375

Schultze-Klosterfelde, Walter 175, 271, 340

Schulz-Bodmer, Wilhelm 98 Schulze-Delitzsch, Hermann 217 Schuster, Richard 52,59 Schwänen, Hermann 195 Schwedler, J. 314 Schweitzer, Wilhelm 161 Seeher, Otto 172,319

Seelmann-Eggebert, H.

Shakespeare, William 183 Sheridan, Philip H. 271 Simmler, Wilhelm 474 Smith, Adam 277 f. Sombart, Werner 288

Sonnenburg, Ferdinand 208, 331 f.

Speyer, Christian 453 Sporschil, Johann 93 Springer, Anton 189 Stangl, Chrysostomos

Stendhal 69 Stieler, Karl 197, 286, 353f„ 417, 424 Stier, Ernst 52, 75, 183 ff., 246, 319, 328, 368 Stirnbrand, [ ] 410 Storm, Theodor 71 Strantz, Victor von 135 Strodtmann, Adolf 188, 270 Stürtz, Bernhard 230 Sybel, Heinrich von 44, 72, 111, 134, 141,

164, 192f„289f.

Tañera, Karl 65, 245, 271, 333

Thukydides

Schlegel, Friedrich 40

Tiesmeyer, L. 343

Schmidt, Ferdinand 303, 337, 345 Schmidt, Julian 213, 217, 272, 286f. Schmitt, Carl 87,375 Schmitthenner, Heinrich 175, 178, 182, 222

Schneckenburger, Max

71

Schneider, G. 232 Schnetzler, EH. 438

Schopenhauer, Arthur 68 Schramm, Hugo 272, 353,486

Schürmann, Karl 206, 271, 373

179

Steffeck, Carl 419,453

Schepers, C. 360

Schiller, Friedrich 163, 182 f., 303 Schinkel, Karl F. 312,471

326

Seiler, Friedrich 187,241 Selbitz, Heinrich von 274 Seil, Christian 430,447 f., 466

184

Tiedemann, Hermann 51 Tiemann, Hermann 184, 188, 235

Tolstoi, Leo N. 69

Torney, Fortunat

71

Trebitz, K. 71

Treitschke, Heinrich von 50, 57, 72, 134, 141, 156, 166, 213, 217f, 245, 273, 276, 278f., 285, 287 f., 290f., 322, 335, 360

Tresckow, Curt von 371 Trinius, A. 316,487 Trochu, Louis J. 244

Trog,C. 303

601

Personenregister Türk, G. 51,63,324 Turenne, Henri de 308

Uebe,Th. 175,190,381 Uhde, Hermann 190, 238f„ 274 Uhland, Adolf 236 Uhland, Ludwig 310 Unruh, Hans V. von 48, 140 f. Vasen, [] 137,188,343 Verdy du Vernois, Julius von 49, 53, 417

Vernet, Horace 402 Vetter, K.W. 235 Virchow, Rudolf 371 f. Vizetelly, [] 41

Vogt, Carl 222 f. Voigts-Rhetz, Constantin von 43, 239 Volkhar[d]t, Max 467 Vollmer, Hans 75,167,319 Volz, Berthold 297,316,346

Vormeng, K.

51 f.

Wachenhusen, Hans 42,44, 52, 75, 160, 179,231, 237f., 257, 300, 304, 327, 333, 343,424 Wachsmann, E. 71 Waegner.W. 162,229,339 Wagner, Friedrich B. 55, 358

Wagner, Richard 185 Wasserburg, P. 488

Wasserfuhr, Hermann 172,184 Weber, A. 207 Weber, Theodor 267,375 Wechssler, Adolf 70 Wehrenpfennig, Wilhelm 203, 266 Weidemann, Karl A. 160, 167, 264, 272 Weitbrecht, G. 162, 360, 365, 367 Wendt.Paul 172,241 Werder, August von 307

Werner, Anton von 399f., 409, 414f„ 419ff„ 444, 447,454,456,458, 460ff., 471, 474 ff.,484 Werra, M. von der 71 Whitman, Walt 69 Wichern, Heinrich 54, 236 Wickede, Julius von 360 Wieck, B. 175 Wiede, F. 500 Wilckens, R[obert] 175,236 Wilde, L. 236 Wildenbruch, Ernst von 67 Wilhelm I., König von Württemberg 162 Wilhelm I., König von Preußen (Kaiser Wilhelm I.) 100, 115, 142, 160, 162, 196, 251,285, 292 f., 297 ff., 340, 344 ff.. 357,363, 367 f., 374,406,413,421,435, 439f., 450, 452ff., 467,469, 471, 483, 486, 493 f., 497 Winter, Heinrich 466 Winterfeld, A. 362 Winterfeld, Karl von 192,483 Wohlrab, Martin 211, 231, 268, 322, 355

Wrangel, Friedrich von

111

Wrede, Karl Ph. von 409 Wülcker, Richard P. 178,358 Wunderlich, G. 302 Yvon, Adolphe 403

Zaiß, Jakob 304 Zapp, Arthur 175,236,270 Zeitz, Johannes 270,374 Zeitz, Karl 54,178,411,424 Zimmermann, A. 175, 304, 362f. Zimmermann, Wilhelm 160, 192, 228, 300,314,374 Zobeltitz, Hanns von 51, 486 Zola, Emile 68

Ordnungssysteme

Studien zur Ideengeschichte der Neuzeit Herausgegeben von Dietrich Beyrau, Anselm Doering-Manteuffel und Lutz Raphael Band 2 Thomas Sauer Westorientierung im deutschen Protestantismus? Vorstellungen und Tätigkeit des Kronberger Kreises ISBN 3-486-56342-4 Band 3 Gudrun Kruip Das „Welt"-„Bild" des Axel Springer Verlags Journalismus zwischen westlichen Werten und deutschen Denktraditionen ISBN 3-486-56343-2 Band 4 Axel Schildt Zwischen Abendland und Amerika Studien zur Ideenlandschaft der 50er Jahre ISBN 3-486-56344-0 Band 5 Rainer Lindner Historiker und Herrschaft Nationsbildung und Geschichtspolitik in Weißrußland im 19. und 20. Jahrhundert ISBN 3-486-56455-2

Band 6

Jin-Sung Chun Das Bild der Moderne in der Nachkriegszeit Die westdeutsche „Strukturgeschichte" im Spannungsfeld von Modernitätskritik und wissenschaftlicher Innovation 1948-1962 ISBN 3-486-56484-6