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German Pages 157 Year 2000
JÜRGEN WELP
Überwachung und Kontrolle
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft Herausgegeben im Auftrag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfalischen Wilhelms-Universität in Münster durch die Professoren Dr. Heinrich Dömer Dr. Dirk Ehlers Dr. Jürgen Welp
Band 134
Überwachung und Kontrolle Telekommunikationsdaten als Gegenstand strafprozessualer Ermittlungen
Von
Jürgen Welp
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Welp, Jürgen: Überwachung und Kontrolle: Telekommunikationsdaten als Gegenstand strafprozessualer Ermittlungen / von Jürgen Welp. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft; Bd. 134) ISBN 3-428-10255-X
Alle Rechte vorbehalten
© 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-5383 ISBN 3-428-10255-X Gedruckt auf a1tcrungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
e
Vorwort Die vorgelegte Arbeit beruht auf einem Gutachten, das der Verfasser Anfang des Jahres 2000 für die Deutsche Telekom AG erstattet hat. Seine Erstellung war dadurch veraniaßt, daß das Telekommunikationsunternehmen seit 1997 in zunehmendem Maß von den Strafverfolgungsorganen zur Durchführung sogenannter Zielwahl-Suchen aufgefordert wird. Unter einer Zielwahl-Suche ist eine automatisierte Recherche der elektronisch gespeicherten Kommunikationsdaten zu verstehen, die mit dem Ziel durchgeführt wird, diejenigen unbekannten Anschlußnummern festzustellen, von denen ein bekannter Anschluß (zumeist des Beschuldigten oder des Opfers einer Straftat) angewählt worden ist.) Da die Datensätze, die das Telekommunikationsunternehmen über jede hergestellte Verbindung anlegt, nach der Person des Kostenschuldners aufgebaut und die Kosten (regelmäßig) vom Anrufer zu tragen sind, setzt die Feststellung der unbekannten Anrufer voraus, daß die Verbindungsdaten aller anderen Anschlußinhaber überprüft werden. Ein Zielwahl-Suchlauf ist somit eine automatisierte Datenbankrecherche, die die Kommunikationsdaten aller von dem Telekommunikationsunternehmen geführten Anschlußinhaber mit der bekannten Anschlußnummer einer bestimmten anderen Person abgleicht. Die Ersuchen stützen sich als Rechtsgrundlage auf § 12 des Fernmeldeanlagengesetzei (FAG), also auf eine Norm, deren materielle Eingriffsvoraussetzungen seit mehr als siebzig Jahren nahezu unverändert geblieben sind. Sie erlaubt die (nachträgliche) Kontrolle der Telekommunikationsdaten und ergänzt damit die Befugnis der Strafverfolgungsorgane zur Oberwachung des (zukünftigen) Telekommunikationsverkehrs. Die strukturellen Probleme, die durch diese Kontrollbefugnis aufgeworfen werden, können als paradigmatisch für die Wirkungslosigkeit von Datenschutz im Strafverfahren angesehen werden. Die Arbeit stellt zunächst die technischen und rechtlichen Voraussetzungen der Auskunftserteilung über Telekommunikationsdaten dar (Teil A), um auf dieser Grundlage den Anwendungsbereich des § 12 FAG zu bestimmen (Teil B). Im Mittelpunkt der Arbeit stehen Untersuchungen zur Verfassungsmäßigkeit ) Der Anrufer wird üblicherweise als A-Teilnehmer, der Angerufene als BTeilnehmer bezeichnet. Die Zielwahl-Suche ist also die Suche nach unbekannten ATeilnehmern bei einem bekannten B-Teilnehmer. 2 Vom 14.1.1928, RGBI. I, S. 8, zuletzt geändert durch das Gesetz zur strafverfahrensrechtlichen Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs und zur Änderung des Gesetzes über Fernmeldeanlagen vom 20.12.1999, BGBI. I, S. 2491.
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Vorwort
des § 12 FAG, insbesondere bezüglich seiner Anwendung auf die Ziel wahlSuche (Teil C). Den Abschluß bilden Überlegungen zu den prozessualen Befugnissen der Telekommunikationsuntemehmen (Teil D) und zur Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen3 (ZSEG). Münster, April 2000
Jürgen Welp
3 Vom 26.7.1957, BGBI. I, S. 86111902 i. d. F. der Bekanntmachung vom 1.10.1969 (BGBI. I, S. 1715), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.4.1997, BGBI. I, S. 966.
Inhaltsverzeichnis Teil A: Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung ....................................................................................................... 15
I. Technische Voraussetzungen ............................................................................. 15 1. Manuelle Vennittlungstechnik ...................................................................... 15 2. Elektromechanische Vennittlungstechnik.. ................................................... 16 3. Digitale Vennittlungstechnik ........................................................................ 17 11. Rechtliche Voraussetzungen ............................................................................. 18 1. Datenerhebung .............................................................................................. 18 2. Datenspeicherung .......................................................................................... 19 111. Durchführung einer Ziel wahl-Suche ............................................................... 20 IV. Die Eingriffsnorm ........................................................................................... 21 1. § 12 FAG ...................................................................................................... 21 2. Das Eingriffsgut ............................................................................................ 23 3. Eingriffshandlungen ...................................................................................... 24 Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG ..................................................... 27
I. Gegenstand. Umfang und Adressat der Auskunftspflicht.. ................................. 27 1. Gegenstand der Auskunftspflicht .................................................................. 28 a) Inhaltsdaten .............................................................................................. 28 b) Verbindungsdaten .................................................................................... 29 2. Informationsbeschaffung............................................................................... 31 a) Inhaltsdaten .............................................................................................. 32 b) Verbindungsdaten .................................................................................... 33 3. Adressat der Auskunftspflicht ....................................................................... 34 11. Materielle Eingriffsvoraussetzungen ................................................................ 36 1. Anlaßtaten ..................................................................................................... 37 2. Verdachtsgrad ............................................................................................... 40
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Inhaltsverzeichnis 3. Subsidiarität ................................................................................................. .41 III. Persönlicher Anwendungsbereich .................................................................. .43 1. Die Beteiligung des Beschuldigten ............................................................... 43 2. Individualisierungsfaktoren ........................................................................... 44 a) Die ,.Richtung" der Telekommunikation ................................................. .45 b) Die ,.Bestimmung" der Telekommunikation ............................................ 46 c) Das "Herrühren" der Telekommunikation ............................................... .48 3. Die Beschuldigteneigenschaft ...................................................................... .49 4. Beweisbedeutung .......................................................................................... 50 IV. Zeitlicher Anwendungsbereich ........................................................................ 52 1. Gesetzeswortlaut ........................................................................................... 52 2. Gesetzeszweck .............................................................................................. 53 3. Zeitpunkt ....................................................................................................... 55 V. Prozessuale Fragen ........................................................................................... 56 1. Eingriffskompetenzen ................................................................................... 56 2. Form der Anordnung ..................................................................................... 58 3. Eingriffsverbote ............................................................................................ 59 a) Zeugnisverweigerungsrechte ................................................................... .59 b) Analoge Anwendung ................................................................................ 60 c) Verfassungsrechtliche Eingriffsverbote .................................................... 60 4. Verwertungsbeschränkungen ........................................................................ 61 5. Löschungspflicht ........................................................................................... 62 6. Mitteilungspflicht .......................................................................................... 63 a) Heimlichkeit ............................................................................................. 63 b) Rechtliches Gehör .................................................................................... 63 c) Die Beteiligten .......................................................................................... 64 VI. Rechtsschutz.................................................................................................... 65 1. Rechtsschutz gegen die Anordnung der Auskunftserteilung ......................... 66
a) Anordnung durch den Richter .................................................................. 66 b) Anordnung durch den Staatsanwalt .......................................................... 67 2. Rechtsschutz gegen erledigte Anordnungen ................................................. 69
Inhaltsverzeichnis
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a) Erledigung eines Auskunftsersuchens ...................................................... 69 b) Anordnung durch den Richter ................................................................. 70 c) Anordnung durch den Staatsanwalt.. ........................................................ 73 Teil C: Zur Verfassungsmllßigkeit des § 12 FAG .................................................. 75
I. Reforrnansätze .................................................................................................... 77 I. Entwurf eines § 99 a StPO ............................................................................ 78 2. Verfassungsrechtliche Anforderungen .......................................................... 79 11. Die Bestimmtheit der Eingriffsnorm ................................................................. 80 1. Überschneidungen ......................................................................................... 80 2. "Umgehung" ................................................................................................. 81 IH. Erforderlichkeit ............................................................................................... 83 1. Generelle Erforderlichkeit.. ........................................................................... 83 2. Subsidiarität .................................................................................................. 84 a) Grundsatz des mildesten Mittels ............................................................... 85 b) Subsidiaritätsbedingungen ....................................................................... 85 c) Defizite ..................................................................................................... 87 IV. Angemessenheit .............................................................................................. 87 1. Anlaßtaten ..................................................................................................... 88 a) Schutzgut .................................................................................................. 89 b) Eingriffsintensität ..................................................................................... 93 2. Verdachtsgrad ............................................................................................... 94 3. Abwägung ..................................................................................................... 95 V. Die Zielwahl-Suche .......................................................................................... 98 1. Eingriffsstruktur ............................................................................................ 99 2. Gesetzliche Eingriffsvoraussetzungen ......................................................... 100 a) Informationsbeschaffung ........................................................................ 100 b) Die Beteiligung des Beschuldigten ........................................................ 103 3. Verhältnismäßigkeit .................................................................................... 105 4. Kontrollinstanzen ........................................................................................ 108
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Inhaltsverzeichnis Teil D: Prozessuale Befugnisse der Telekommunikations-
unternehmen .............................................................................................. 111 I. Strafverfahren ................................................................................................... 111 1. Das PrUfungsrecht ....................................................................................... 111 2. Die Rechtsmittelbefugnis ............................................................................ 113 a) Bindung .................................................................................................. 113 b) Beschwer ................................................................................................ 114 11. Verfassungsbeschwerde .................................................................................. 115 1. Allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzungen .................................................. 115 2. Verletzte Grundrechte ................................................................................. 117 a) Femmeldegeheimnis (Art. 10 00) ......................................................... 117 aa) Grundrechtsberechtigung ................................................................. 117 bb) GarantensteIlung .............................................................................. 118 b) Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. I 00) ................................. 120 Teil E: Entsehldigung ........................................................................................... 121
I. Unmittelbare Anwendung des § 17 a Abs. 4 ZSEG ......................................... 121 1. Wörtliche Auslegung .................................................................................... 121 2. Historische Auslegung ................................................................................. 124 11. Analoge Anwendung des § 17 a Abs. 4 ZSEG ............................................... 127 1. Regelungslücke ............................................................................................ 127 2. Rechtsähnlichkeit ......................................................................................... 130 3. Interessenlage ............................................................................................... 132 4. Ergebnis ....................................................................................................... 133 111. Verfassungskonforme Auslegung .................................................................. 134 1. Eigenturnsgarantie ........................................................................................ 134 2. Indienstnahme Privater ................................................................................. 135 3. Sonderpflichten ............................................................................................ 136 Teil F: Zusammenfassung...................................................................................... 139 Literaturverzeichnis ................................................................................................. 146 Sachverzeichnis ....................................................................................................... 153
Abkürzungsverzeichnis AK-StPO
Alternativkommentar zur Strafprozeßordnung [zit.: Bearbeiter, in: AK-StPO]
ArchivPF
Archiv für Post- und Fernmeldewesen [zit.: Jahrgang, Seite]
Archiv PT
Archiv für Post und Telekommunikation [zit.: Jahrgang, Seite]
BayVBI.
Bayerische yerwaltungsblätter [zit.: Jahrgang, Seite]
BegleitG TKG
Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz vom 17.12.1997, BGBI. I, S. 3108
BGBI.
Bundesgesetzblatt [zit.: Jahrgang, Abteilung, Seite]
BGHSt.
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen [zit.: Band, Seite]
BR-Drucks.
Drucksache des Bundesrats [zit.: Jahr, Nummer]
BT-Drucks.
Drucksache des Deutschen Bundestages [zit.: Legislaturperiode, Nummer]
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts [zit.: Band, Seite]
CR
Computer und Recht [zit.: Jahrgang, Seite]
Diss.
Dissertation
DRiZ
Deutsche Richterzeitung [zit.: Jahrgang, Seite]
DuO
Datenschutz und Datensicherheit [zit.: Jahrgang, Seite]
DVR
Datenverarbeitung im Recht [zit.: Jahrgang, Seite]
EuGRZ
Europäische Grundrechte Zeitschrift [zit.: Jahrgang, Seite]
FAG
Gesetz über Fernmeldeanlagen vom 14.01.1928, RGBI. I, S. 8, zuletzt geändert durch das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz vom 19.12.1997, BGBI. I, S. 3108.
FS
Festschrift
FÜV
Verordnung über die technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen des Fernmeldeverkehrs in Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind (Fernmelde-
12
Abkürzungsverzeichnis Überwachungs-Verordnung - FüV) vom 18.5.1995, BGBl. I,
S. 722 GA
Goltdammer's Archiv für Strafrecht [zit.: Jahrgang, Seite]
GS
Gedächtnisschrift
HK
Heidelberger Kommentar zur Strafprozeßordnung [zit.: Bearbeiter, in: HK]
JA
Juristische Arbeitsblätter [zit.: Jahrgang, Seite]
JR
Juristische Rundschau [zit.: Jahrgang, Seite]
Jura
Juristische Ausbildung [zit.: Jahrgang, Seite]
JW
Juristische Wochenschrift [zit.: Jahrgang, Seite]
JZ
Juristenzeitung [zit.: Jahrgang, Seite]
JuS
Juristische Schulung [zit.: Jahrgang, Seite]
KK-StPO
Karlsruher Kommentar zur Strafprozeßordnung [zit.: Bearbeiter, in: KK-StPO]
Kriminalistik
[zit.: Jahrgang, Seite]
K&R
Kommunikation und Recht [zit.: Jahrgang, Seite]
KMR
KleinknechtlMüllerlReitberger [zit.: Bearbeiter, in: KMR]
UR
LöweIRosenberg [zit.: Bearbeiter, in: UR]
MDR
Monatsschrift für Deutsches Recht [zit.: Jahrgang, Seite]
MMR
Multimedia und Recht [zit.: Jahrgang, Seite]
NJW
Neue Juristische Wochenschrift [zit.: Jahrgang, Seite]
NStZ
Neue Zeitschrift für Strafrecht [zit.: Jahrgang, Seite]
RDV
Recht der Datenverarbeitung [zit.: Jahrgang, Seite]
RGBl.
Reichsgesetzblatt [zit.: Jahrgang, Seite]
SK-StPO
Systematischer Kommentar zur Strafprozeßordnung [zit.: Bearbeiter, in: SK-StPO]
StV
Strafverteidiger [zit.: Jahrgang, Seite]
TDSV
Verordnung über den Datenschutz für Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen (Telekommunikationsdienstunternehmen - Datenschutzverordnung - TDSV) vom 12. Juli 1996, BGBl. I, S. 982
TKG
Telekommunikationsgesetz (TKG) vom 25.7.1996, BGBl. I. S. 1120
Abkürzungsverzeichnis
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wistra
Zeitschrift für Wirtschaft. Steuer und Strafrecht [zit.: Jahrgang. Seite]
ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik [zit.: Jahrgang. Seite]
ZSEG
Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen vom 26.7.1957. BGBl. I. S. 86111902 i. d. F. der Bekanntmachung vom 1.10.1969 (BGBl. I. S. 1715). zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.4.1997. BGBl. I. S. 966
Weitere Abkürzungen nach Kirchner. Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache. 4. Auf). 1992.
Tei/A
Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung Die Durchführung einer Recherche, mit deren Hilfe die von einem Anschluß ausgehenden oder für ihn eingegangenen Telekommunikationsverbindungen festgestellt werden sollen, setzt unter den Bedingungen der Massenkommunikation eine automatische Erhebung der Verbindungsdaten und deren Speicherung in einer technischen Form voraus, die einer automatisierten Abfrage zugänglich ist (technische Voraussetzungen). Da sich die Verbindungsdaten auf die Kommunikation natürlicher oder juristischer Personen beziehen, bedarf ihre Speicherung einer normativen Grundlage, die den zulässigen Umfang und die Dauer der Datenspeicherung festlegt (rechtliche Voraussetzungen).
I. Technische Voraussetzungen Welche Verbindungsdaten für die Herstellung einer Telekommunikationsbeziehung erhoben und gespeichert werden, ist von der eingesetzten Vermittlungstechnik abhängig. 4
1. Manuelle Vermittlungstechnik
In einer ersten Entwicldungsphase der Kommunikationstechnik, die zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Fernmeldeanlagengesetzes (1927/28) noch nicht abgeschlossen war, wurde der Telefonverkehr manuell vermittelt. Ein Teilnehmer, der eine Verbindung herzustellen wünschte, hatte dies fernmündlich einem Mitarbeiter des von der Post oder einem Telegraphenamt betriebenen Vermittlungsamtes mitzuteilen. Die für die Verbindung notwendige Schaltung wurde von Hand durch das Zusammenstecken von Kabelpaaren hergestellt. Der Mitarbeiter des Vermittlungsamtes erfuhr auf diese Weise die Anschlußnummern der Gesprächsteilnehmer. Um die Gebühren berechnen zu können, 4 Zum Folgenden Kubicek, eR 1990,659 ff.; Mechtel, Archiv PF 1990,246 ff.; Bär, Computerdaten, S. 353 ff.; Klesczewski, StV 1993, 382 f.; Königshofen, Archiv PT 1994,39,48 f.; Welp, NStZ 1994,209 f.
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Teil A: Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung
wurden über jedes handvermittelte Gespräch Aufzeichnungen, sogenannte Gesprächsblätter, angelegt, auf denen neben den Anschlußnummern das Datum, der Gesprächsbeginn und die Dauer der Verbindung festgehalten wurden. Gegenstand einer Auskunft konnten unter diesen Voraussetzungen nur die Wahmehmungen des Vermittlungspersonals und die von ihnen angefertigten Aufzeichnungen sein.
2. Elektromechanische Vermittlungstechnik
In einer zweiten Entwicklungsphase der Kommunikationstechnik, deren Einführung zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Fernmeldeanlagengesetzes bereits eingesetzt hatte, wurde die manuelle Vermittlungstechnik durch einen mechanischen Selbstwähldienst ersetzt. Der rufende Anschluß sendete bei dieser Vermittlungstechnik sequentiell die Ziffern der Zielwahlnummer aus. Jede gewählte Ziffer setzte in der Vermittlungsstelle ein elektromechanisches Stellgerät (Drehwähler) in Bewegung und brachte es in eine Position, die der gewählten Ziffer entsprach. Die hierdurch hergestellten Kontakte wurden anhand der Ziffernfolge automatisch ausgewertet und zur Schaltung einer Verbindung zu der zuständigen Vermittlungsstelle des gerufenen Anschlusses verwendet, von wo die Verbindung zu dem angewählten Anschluß in derselben Weise hergestellt wurde. Während der Dauer der Verbindung blieben die Drehwähler in den durch die Ziffernfolge bestimmten Positionen und liefen nach Ende der Verbindung in ihre Ausgangspositionen zurück; damit ging auch die durch die Stellung der Drehwähler repräsentierte Anschlußnummer des gerufenen Teilnehmers verloren. Die Feststellung der aufgelaufenen Gebühreneinheiten erfolgte durch Addition auf einen Rollenzähler, der nach dem Ende der Verbindung lediglich die Summe der Gebühreneinheiten für alle in dem betreffenden Abrechnungszeitraum hergestellten Verbindungen, nicht aber die gewählten Anschlußnummern erkennen ließ. Nach Abschluß der Verbindung waren somit keine Informationen mehr vorhanden, die Gegenstand einer Auskunftserteilung hätten sein können - der datenschutzrechtliche Idealfall. Insofern war das Auskunftsrecht mit der Automatisierung der Verbindungstechnik praktisch bedeutungslos geworden.s
S Aubert.
Femmelderecht, S. 73.
I. Technische Voraussetzungen
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3. Digitale Vermittlungstechnik Die elektromechanischen Stellgeräte sind seit 1989 in den Orts- und Fernvermittlungsstellen der Deutschen Telekom AG durch speicherprogrammierte Vermittlungsrechner und damit durch digitale Technik ersetzt worden. 6 Die Umstellung war ftir das Festnetz des Unternehmens gegen Ende des Jahres 1997 abgeschlossen; es verfugt seither nur noch über digital ausgerüstete Netzknoten. Die Digitalisierung bezieht sich hierbei einerseits auf die Übermittlung der Gesprächsinhalte. Die Lautwerte der zu übertragenden Sprache werden nicht länger als Analogwerte auf ein Trägersignal aufkopiert, sondern in binäre Meßwerte umgerechnet, als solche übermittelt und auf der Empfangerseite in analoge Lautwerte zurückgewandelt. Die Analog-lDigital-Wandlung erfolgt - je nach den verwendeten Endgeräten - entweder auf der Absender- und Empfangerseite oder in den Vermittlungsstellen. Das digitaIisierte Fernmeldenetz integriert alle Telekommunikationsdienste (Sprache, Daten, Texte, Bilder), die lediglich durch das verwendete Übertragungsprotokoll unterschieden werden können (ISDN). Mit der Umstellung der Netze auf ISDN-Standard haben sich auch die technischen Bedingungen für die Verbindungsdaten geändert. Für jede Kommunikationsbeziehung wird im digitalen Netz ein Kommunikations-Datensatz erzeugt, der der rechnergesteuerten Herstellung und Aufrechterhaltung der Verbindung dient. Er wird innerhalb des integrierten Netzes über einen Zeichenabgabekanal (D-Kanal) getrennt von den Inhaltsdaten (B-Kanal) übermittelt. Er umfaßt neben den Nummern der verbundenen Anschlüsse die Zeitdaten der Verbindung und die Art des in Anspruch genommenen Telekommunikationsdienstes. Der Datensatz wird nach Ende der Verbindung nicht gelöscht, sondern in den Vermittlungsstellen sequentiell gespeichert, ohne daß die angefallenen Gebühreneinheiten schon jetzt ermittelt würden. Die gespeicherten Datensätze werden täglich in den Nachtstunden an ein zentrales Rechenzentrum übermittelt und sind danach in den Vermittlungsstellen nicht mehr zugänglich. In dem zentralen Rechenzentrum werden die Datensätze aufbereitet und die errechneten Entgelte den Teilnehmerkonten zugeordnet. Wegen der hohen Zahl der Vermittlungseinrichtungen und der Menge der anfallenden Daten werden die Datensätze auf mehreren peripheren Systemen gespeichert und parallel verarbeitet. Die von den Vermittlungseinrichtungen übermittelten Originaldatensätze (Rohdaten) bleiben aus Sicherheitsgründen für die Dauer von etwa drei Tagen im Rechenzentrum gespeichert, um bei Betriebsstörungen auf sie zugreifen zu können. Einmal monatlich übermittelt das zentrale Rechenzentrum die für die Rechnungserstellung
6 Zum Ausbau des Netzes Claus/Schön, Jahrbuch der Dt. Bundespost, 1990, S. 147 ff.; zu den ökonomischen Aspekten Schön, Jahrbuch der Dt. Bundespost, 1986, S.9 ff.
2 Welp
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Teil A: Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung
notwendigen Daten an dezentrale Rechenzentren, die die Rechnungen erstellen und dem Kostenschuldner zusenden. Ob und in welcher Form die Daten bei den dezentralen Rechenzentren nach Absendung der Rechnung gespeichert bleiben, hängt von der Entscheidung des Kundenab. 7
ß. Rechtliche Voraussetzungen Die Rechtsgrundlagen für die Erhebung, Speicherung und Verwendung der Verbindungsdaten finden sich im Telekommunikationsgesetz (TKG)8 und in der Verordnung über den Datenschutz für Unternehmen, die Telekommunikationsdienstleistungen erbringen (TDSV).9 Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der TDSV ist in Art. 7 § 10 Abs. 1 des Gesetzes über die Regulierung der Telekommunikation und des Postwesens (PTRegG)IO enthalten. Von der Ermächtigungsgrundlage des § 89 Abs. 1 TKG, die den Erlaß einer an die Vorgaben dieses Gesetzes angepaßten Datenschutzverordnung vorsieht, ist bislang kein Gebrauch gemacht worden. Die Normen des TKG gelten nach dessen § 89 Abs. 1 für alle Unternehmen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, ohne daß es auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankäme (§ 3 Nr. 5 TKG). Die TDSV gilt hingegen nur für (gewerbliche) Telekommunikationsunternehmen und ist auf diese neben dem TKG anzuwenden. Bei Normwidersprüchen verdrängen die gesetzlichen Regelungen des TKG die der Verordnung. Soweit das TKG und die TDSV datenschutzrechtliche Normierungen enthalten, gehen diese als bereichsspezifische Regulierungen dem Bundesdatenschutzgesetz vor. 11
I. Datenerhebung Nach § 5 Abs. 1 TDSV dürfen folgende Verbindungsdaten erhoben werden: die Rufnummer oder sonstige Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung; personenbezogene Berechtigungskennungen;
Unten AII1/2. Vom 5.7.1996, BGBI. 1996 I, S. 1120. 9 Vom 12.7.1996, BGBI. 1996 I, S. 982. 10 Vom 14.9.1994, BGBI. 1994 I, S. 2325. 11 Königshofen, RDV 1997,97,101. 7 I
11. Rechtliche Voraussetzungen
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die Standortkennung (die Funkzelle oder eine andere Lokalisierungsinformation) beim Mobilfunk; die Kartennummer bei Verwendung von Kundenkarten; das Datum der Verbindung; die Uhrzeit des Beginns und des Endes der Verbindung; alle sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Verbindung sowie zur Entgeltberechnung notwendigen Verbindungsdaten (z.B. die übermittelten Datenmengen, die beanspruchte Dienstleistung wie Sprache, Daten, Fax etc., die Transaktionskennung, die Verbindungsart, die Tarifkennung, Zusatzdienste etc.).
2. Datenspeicherung Verbindungsdaten sind mit dem Ende der Verbindung zu löschen, soweit sie nicht für die von der TDSV erlaubten Zwecke erforderlich sind (§ 5 Abs. 2 TDSV). Da sie für die Erstellung der Rechnung benötigt werden, dürfen sie nach § 6 Abs. 3 S. 1 TDSV bis zur Berechnung des Entgelts in vollständiger Form gespeichert werden. Die gesetzliche Höchstdauer für die vollständige Speicherung der Verb indungsdaten beträgt hiernach einen Monat, da die Entgeltforderungen in diesem Turnus abgerechnet werden. In der Praxis wird diese Frist erheblich unterschritten. Das derzeit verwendete System zur "Verkehrsgebührennachbearbeitung" (VGNV) errechnet die Entgelte für jede einzelne Verbindung täglich (nicht an Sonntagen) und nimmt die Kürzung um die drei letzten Ziffern der Zielwahlnummer - sofern der Kunde keine andere Form der Speicherung verlangt hat - im unmittelbaren Anschluß hieran vor. Die Absendung der Rechnungen erfolgt kontinuierlich und für die Kunden auch innerhalb eines Ortsnetzes - nicht zeitgleich. Die der Rechnung zugrundeliegenden Daten umfassen regelmäßig die Verbindungsnachweise für die im vorhergehenden Monat hergestellten Verbindungen. Auch wenn die Verbindungen im Call-by-Call-Verfahren von anderen Telekommunikationsunternehmen hergestellt worden sind, erfolgt die Rechnungsstellung durch die Deutsche Telekom AG, die die Fremdentgelte aufgeschlüsselt nach Unternehmen in Rechnung stellt. Schwierigkeiten des Abrechnungsverfahrens haben dazu geführt, daß die angefallenen Kosten nicht immer zeitgerecht abgerechnet werden konnten. Die gesamte Speicherungsdauer der Verbindungsdaten verlängert sich in solchen Fällen um die Dauer der Abrechnungsverzögerung. Entsprechendes gilt im Mobilfunkbereich, wenn ausländische Telekommunikationsunternehmen die Kosten der Inanspruchnahme ihrer Netze durch Teilnehmer, die zu einem deutschen Heimatmobilfunknetz gehören (roaming), verspätet über die deutsche Betreibergesellschaft abrechnen. 2·
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Teil A: Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung
Ob und für welche Dauer die Verbindungsdaten nach Absendung der Rechnung gespeichert bleiben, hängt von der Entscheidung des Kunden ab. Dieser kann entweder verlangen, daß die Daten nach Rechnungsversendung für die Dauer von 80 Tagen in vollständiger Fonn gespeichert bleiben (§ 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 TDSV) oder daß sie mit der Versendung der Rechnung vollständig gelöscht werden (§ 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 TDSV). Trifft der Kunde keine solche Entscheidung, so werden die Verbindungsdaten unter Kürzung der Zielwahlnummer um die letzten drei Ziffern für die Dauer von 80 Tagen gespeichert (§ 6 Abs. 3 S. 2 TDSV).12 Erhebt der Kunde Beanstandungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung, so bleiben die Verbindungsdaten solange gespeichert, bis die Einwendungen abschließend geklärt sind (§ 6 Abs. 3 S. 4 TDSV).
m. Durchf"ührung einer Zielwahl-Suche Wird die Deutsche Telekom AG aufgefordert, Auskunft über die rlir einen Anschluß eingegangenen Verbindungen zu erteilen, so sind die in das EDVSystem implementierten und für den Rechnungsdienst vorgesehenen Abfrageroutinen nicht verwendbar, da sie auf die Person des Kostenschuldners und damit auf den abgehenden Telekommunikationsverkehr bezogen sind. Da jeder andere Netzteilnehmer die vorgegebene Anschlußnummer angewählt haben kann, setzt die Durchführung einer Ziel wahl-Suche demgegenüber voraus, daß die Kommunikationsdatensätze aller übrigen von der Deutschen Telekom AG eingerichteten Anschlüsse mit der fraglichen Anschlußnummer abgeglichen werden . . Seit 1997 wird bei der Deutschen Telekom AG hierfür eine spezielle Suchroutine verwendet. Es handelt sich um eine Programmkomponente, die auf den gängigen Dienstprogrammen des Systems basiert. Sie umfaßt einerseits eine Datei ("Suchliste") mit der oder mit den bekannten Anschlußnummern des Teilnehmers oder der Teilnehmer (meist des oder der Beschuldigten oder des Opfers einer Straftat), die nach dem Auskunftsersuchen mittels eines ZielwahlSuchlaufs abgearbeitet werden sollen; durchschnittlich werden bei jeder Zielwahl-Suche 15 Telefonnummern (meist verschiedener Teilnehmer) in die Suchliste aufgenommen. Die auf verschiedenen Systemen gespeicherten Dateien mit den von den Vermittlungsstellen gelieferten Rohdaten werden der Reihe nach geladen und mit den in der Suchliste enthaltenen Anschlußnummern abgeglichen. Ergibt sich eine Übereinstimmung, so wird der gefundene Datensatz in einer Trefferdatei abgelegt. Der Vorgang wird solange wiederholt, bis der ge12 Die vollständige Speicherung wird von weniger als 10 % der Kunden, die sofortige Löschung von weniger als 1 % der Kunden verlangt; mehr als 90 % der Kunden nehmen die Regelleistung (Speicherung unter Kürzung von drei Endziffern) in Anspruch.
IV. Die Eingriffsnonn
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samte zum Zeitpunkt der Abfrage gespeicherte Datenbestand mit den vorgegebenen Anschlußnummern abgeglichen worden ist. Der Vorgang nimmt etwa drei Zeitstunden in Anspruch. Die eingehenden Suchanfragen werden von mehreren über Deutschland verteilten Teams der Deutschen Telekom AG etwa einmal täglich zusammengefaßt. Eine weitere Stelle bereitet die Suchlisten vor, stößt die im Rechenzentrum ablaufende Suchroutine an und bearbeitet die eingegangenen Trefferdateien nach. Die nachbearbeiteten Dateien werden dem jeweiligen Team zur Verfügung gestellt, das der anfragenden Dienststelle die verlangte Auskunft erteilt. Die Auskunft umfaßt alle "Treffer"; jeder Treffer wird durch Angabe des vollständigen Kommunikationsdatensatzes bezeichnet. Das geschilderte Verfahren kann nur auf die Rohdaten, nicht aber auf die bereits zum Zwecke der Entgeltberechnung (mit dem VGNV -System) bearbeiteten Daten angewendet werden. Da die Verbindungsdaten nach dieser Bearbeitung nur auf Verlangen des Kunden in vollständiger Form gespeichert bleiben und im übrigen entweder gelöscht oder unter Überschreibung der letzten drei Ziffern der Zielwahlnummer gespeichert werden, würde ein Suchlauf nach diesem Zeitpunkt kein korrektes Ergebnis erbringen. Im Bereich der Deutschen Telekom AG sind 1999 mehr als 3000 Telefonnummern im Wege der Zielwahl-Suche mit den Kommunikationsdatensätzen aller übrigen Anschlußinhaber abgeglichen worden. 13 Die Zahl besitzt eine deutlich steigende Tendenz.
N. Die Eingriffsnorm I. § 12 FAG Eingriffe in das Grundrecht des Femmeldegeheimnisses sind nach Art. 10 Abs. 2 S. 1 GG nur auf Grund eines Gesetzes zulässig. Die Eingriffsnorm, die die Voraussetzungen für Auskünfte über die Telekommunikation festlegt, ist § 12 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen. Der Gesetzestext geht zurück auf § 8 c des Gesetzes zur A'nderung des Telegraphengesetzes l4 und hatte in seiner Ausgangsfassung folgenden Wortlaut: "In strafgerichtlichen Untersuchungen kann der Richter und bei Gefahr im Verzuge, falls die Untersuchung nicht ausschließlich Übertretungen betrifft, auch die Staatsanwaltschaft Auskunft über den Femmeldeverkehr verlangen, wenn die Mitteilungen an den Beschuldigten gerichtet waren oder wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu 13 Für die Jahre 1997 und 1998 sind lediglich Schätzungen möglich. Sie ergeben für 1997 etwa 2.000 und für 1998 etwa 2.700 abzugleichende Rufnummern. 14Vom 3.12.1927, RGBl. I, S. 331, 332.
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Teil A: Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung schließen ist, daß die Mitteilungen von dem Beschuldigten herrührten oder für ihn bestimmt waren und daß die Auskunft für die Untersuchung Bedeutung hat."
Die Vorschrift ist als § 12 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen (FAG) wortgleich neu verkündet worden. U Der Textzusatz ..... falls die Untersuchung nicht ausschließlich Übertretungen betrifft ... " ist durch Art. 262 Nr. 1 des EinjUhrungsgesetzes zum Strafgesetzbuch l6 ersatzlos gestrichen worden. Durch das Telekommunikationsgesetz ist der Begriff des ,,Fernmeldeverkehrs" durch den der ..Telekommunikation" ersetzt und ein Satz 2 angefügt worden, der Art. 10 GG als eingeschränktes Grundrecht zitiert. Durch Art. 5 Nr. 20 des Gesetzes zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation wurde dem Fernmeldeanlagengesetz ein § 28 angefügt, wonach das Gesetz am 31.12.1997 außer Kraft treten sollte. Durch das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz 17 wurden zwar alle übrigen Bestimmungen des FAG aufgehoben (Art. 2 Nr. 35 BegleitG TKG).18 Da keine Nachfolgeregelung für § 12 FAG verabschiedet worden war, wurde eine bis zum 31.12.1999 befristete Fortgeltung (nur) des § 12 FAG gesetzlich festgelegt. 19 Da auch zu diesem Zeitpunkt keine Nachfolgevorschrift verabschiedet worden war, bestimmt Art. 4 Nr. 2 des Gesetzes zur strafverfahrensrechtlichen Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs und zur Änderung des Gesetzes über Fernmeldeanlage,r° eine Verlängerung der Fortgeltung bis zum 31.12.2001. Ferner wurde der bisher geltenden Fassung des Gesetzes ein Absatz 2 angefügt, der die entsprechende Geltung der für die Fernmeldeüberwachung bestehenden Vorschriften über die Löschung der Daten (§ 100 b Abs. 6 StPO) und die Unterrichtung der Betroffenen (§ 101 Abs. 1 S. 1 StPO) vorsieht. § 12 FAG gilt daher derzeit in folgender Fassung: ,,(1) IIn strafgerichtlichen Untersuchungen kann der Richter und bei Gefahr im Verzuge auch die Staatsanwaltschaft Auskunft über die Telekommunikation verlangen, wenn die Mitteilungen an den Beschuldigten gerichtet waren oder wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die Mitteilungen von dem Beschuldigten herrührten oder für ihn bestimmt waren und daß die Auskunft für die Untersuchung Bedeutung hat. 2Das Grundrecht des Art. 10 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt. (2) § 100 b Abs. 6 und § 101 Abs. I Satz I der Strafprozessordnung gelten entsprechend."
U Vom 14.1.1928, RGBI. I, S. 8, zuletzt geändert durch das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz vom 19.12.1997, BGBI. I, S. 3108. 16 Vom 2.3.1974, BGBI. I, S. 469, 622. 17 Vom 17.12.1997, BGBI. I, S. 3108. 18 Dazu auch Klesczewski, JZ 1997,719,720; Bär, eR 1998,434,437 f. 19 BT-Drucks. 13/8776, S. 39. Näheres dazu unten C/l/1. 20 Vom 20.12.1999, BGBI. I, S. 2491.
IV. Die Eingriffsnorm
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2. Das Eingriffsgut Nach § 12 S. 2 FAG wird durch den Eingriffstatbestand das Grundrecht aus Art. 10 GG eingeschränkt. Mit der Bezugnahme auf die Telekommunikation ermächtigt das Gesetz die Strafverfolgungsorgane somit zu Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis. 21 Geschützt ist damit die Vertraulichkeit individueller Kommunikation, die vermöge der Distanz der daran beteiligten Partner einer unkörperlichen technischen Vermittlung durch einen Dritten bedarf. Das Grundrecht "gewährleistet die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor den Augen der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Nachrichten, Gedanken und Meinungen (Informationen) und wahrt damit die Würde des denkenden und freiheitlich handelnden Menschen".22 Mit der Garantie der Unverletzlichkeit des Fernmeldegeheimnisses soll ausgeschlossen werden, daß eine unbefangene Telekommunikation deswegen unterbleibt oder inhaltlich verändert verläuft, weil die Kommunikationspartner damit rechnen müssen, daß staatliche Stellen Kenntnisse über ihre Kommunikationsbeziehungen gewinnen. 23 Insofern enthält Art. 10 GG ein Grundrecht auf vertrauliche und unbeobachtete Kommunikation. Den Kommunikationspartnern soll dieselbe Sicherheit gewährleistet werden, die bestehen würde, wenn die Kommunikation in körperlicher Gegenwart der Partner stattfinden würde. Der grundrechtliche Schutz kompensiert die AnfaIligkeit der in den Netzen und Systemen der Betreiber kanalisierten Nachrichtenströme gegenüber Zugriffen Dritter, insbesondere gegenüber Zugriffen der staatlichen Sicherheitsbehörden. 24 Der sachliche Gehalt des Schutzgutes bezieht sich damit auf eine ,,räumlich erweiterte" Geheimsphäre,25 die durch das Übertragungsmedium der Betreiber konstituiert wird. 26 Der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 10 GG überschneidet sich mit dem - aus Art. 2 Abs. 1 GG entwickelten27 - Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung,28 insofern ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nicht mit der Informationserhebung erledigt ist, sondern mit der Speicherung, Verwen-
21 Zu dem begrifflichen Verhältnis zum ,,Postgeheimnis" Hermes, in: Dreier, GG Art. 10 Rdn. 22; Groß, JZ 1999, 326, 328 m. Nachw. 22 BVerjGE67, 157, 171. 23 BVerjGE 85,386,396; BVerjG, NJW 2000, 55, 57. 24 Vgl. etwa BVerjGE 85,386,396; BVerjG, NJW 2000, 55, 58. 25 Ridder, in: Grundrechte, Bd. 11, S. 243, 249; Welp, Überwachung, S. 36 ff. und aus neuerer Zeit Schuppert, AK-GG Art. 10 Rd. 14; Jarass/Pieroth, GG Art. 10 Rdn. 1; MaunzlDüriglHerzogiScholz, Art. 10 Rdn. 1 f. m. Nachw. 26 Näheres Welp, Überwachung, S. 36 ff. 27 BVerjGE 65, 1,44 ff. 28 BVerjGE 65, 1 ff.
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Teil A: Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung
dung und Weitergabe der erlangten Infonnationen seine Fortsetzung findet. 29 Zwar ist Art. 10 GG das speziellere Grundrecht;30 jedoch lassen sich die Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf infonnationelle Selbstbestimmung entwickelt hat, auf die speziellere Garantie des Art. 10 GG übertragen. 31 Der verfassungsrechtliche Schutz des Art. 10 GG bezieht sich nicht nur auf den gedanklichen Inhalt der ausgetauschten Nachrichten, sondern auch auf die näheren Umstände der Kommunikation, also auch auf deren Ob und Wie. 32 Grundrechtlich geschützt sind damit alle Tatsachen, die aus Anlaß der Herstellung einer konkreten Kommunikationsbeziehung in Erfahrung gebracht worden sind, insbesondere die Identität der aktiv und passiv an der Kommunikation beteiligten Personen, die Anschlußnummern, Ort, Zeitpunkt und Dauer der Verbindung etc. § 8S Abs. 1 S. 1 TKG stellt deswegen auf der Ebene des einfachen Gesetzes ausdrücklich klar, daß dem Fernmeldegeheimnis auch die "näheren Umstände" der Telekommunikation unterliegen, insbesondere, "ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war". Auch die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche sind nach § 8S Abs. 1 S. 2 TKG geschützt.
3. Eingriffshandlungen "Da Art. 10 GG die Vertraulichkeit der Kommunikation schützen will, ist jede Kenntnisnahme, Aufzeichnung und Verwertung von kommunikativen Daten durch die Deutsche Bundespost oder andere staatliche Stellen Grundrechtseingriff"33 Auch eine rechnergestützte Registrierung oder maschinelle Aufzeichnung der Telekommunikation ist ein solcher Eingriff. 34
29 Hermes, in: Dreier, 00 Art. 10 Rdn. 14. 30 BVerjGE 67,157,171; BVerjG, NJW 2000,55,56. 31 BVerjG, NJW 2000, 55, 56. 32 Einhellige Ansicht; vgl. etwa BVerjGE 67, 157, 172; 85, 386, 396; BVerjG, NJW 2000,55,56 f.; BGHSt. 35,32,33; aLG Köln, NJW 1970, 1856 f.; aVG Münster, NJW 1975, 1335; aLG Saarbrücken, NStZ 1991, 386 m. Anm. v. Krehl = Archiv PF 1992, 61 m. Anm. v. Rütter; aLG Karlsruhe, NStZ 1992,40. Aus der Literatur Büchner, in: Deck'scher TGK Kommentar, TKG § 85 Rdn. 3; Badura, in: Donner Kommentar, 00 Art. 10 Rdn. 42; MaunzlDürig/Herzog/Scholz, 00 Art. 10 Rdn. 15, 18; SchmidtBleibtreu/Klein, 00, 8. Aufl. 1995, Art. 10 Rdn. 7; Hermes, in: Dreier, 00 Art. 10 Rdn. 37; Krüger, in: Sachs, 00 Art. 10 Rd. 14; Klesczewski, StV 1993,382,384; Welp, NStZ 1994, 209. u. a. 33 BVerjGE 85, 386, 398; BVerjG, NJW 2000, 55, 59. 34 Hermes, in: Dreier, 00 Art. 10 Rdn. 44 bei Fußn. 125.
IV. Die Eingriffsnorm
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Da ein Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsorgane auf die Erlangung von Kenntnissen über die Telekommunikation abzielt, richtet es sich auf einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 GG und ist keine "schlichte" Ermittlungshandlung, deren Zulässigkeit nach § 161 StPO zu beurteilen wäre, wie unter abweichenden verfassungsrechtlichen Voraussetzungen gelegentlich vertreten worden ist. 3s Der Grundsatz der Amtshilfe, als dessen Ausprägung das Auskunftsrechts gegenüber öffentlichen Behörden zu verstehen ist,36 ist mit der Privatisierung und Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes auf die Telekommunikationsunternehmen unanwendbar. Er rechtfertigt zudem nur solche Mitwirkungshandlungen, zu denen die ersuchte Behörde unabhängig von dem Ersuchen selbst befugt ist. Nach § 85 Abs. 3 S. 1 TKG ist es den Telekommunikationsunternehmen jedoch "untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen". Eine Weitergabe an andere ist nur zulässig, soweit dies gesetzlich unter "ausdrücklicher" Bezugnahme auf Telekommunikationsvorgänge vorgesehen ist (§ 85 Abs. 3 S. 3 TKG); diese Bedingung wird von § 161 StPO nicht erfüllt, wohl aber von § 12 S.l FAG, der die Auskunftspflicht auf die "Telekommunikation" bezieht und Art. 10 GG als eingeschränktes Grundrecht zitiert. Zwar richten sich die im Telekommunikationsgesetz ausgesprochenen Verpflichtungen an diejenigen Betreiber, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen. Sie sind als Rechtssubjekte des Privatrechts keine unmittelbaren Adressaten der Grundrechte. 37 Der Eingriff wird indessen von den Strafverfolgungsorganen hoheitlich angeordnet und ist von den Betreibern lediglich auszuftihren, ohne daß ihnen - gegebenenfalls nach Ausschöpfung der zulässigen Rechtsmittel - ein Handlungsspielraum zustünde. Der Eingriff ist daher der öffentlichen Gewalt zuzurechnen, die unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist. Somit zielt das Auskunftsersuchen darauf ab, den Strafverfolgungsorganen Kenntnisse über Umstände zu verschaffen, die dem grundrechtlichen Schutz des Fernmeldegeheirnnisses unterliegen. Der verbürgte Geheirnnisschutz wird durch jede von ihnen durchgeführte oder von ihnen veranlaßte Handlung verletzt, die ihnen Kenntnisse über die geschützten Umstände verschafft. Insofern steht der Eingriffscharakter einer Auskunft außer Zweifel, gleichviel ob sie den Inhalt
3S Gegen diese Auffassung zu Recht Hellmuth, BayZ 1916, 106 f.; Kohlhaas, in: ErbslKohlhaas, FAG § 12 Anm. I; Engels, Grenzen, S. 81 f.; Schäfer, in: UR, StPO § 99 Rdn. 46; Lampe, in: ErbslKohlhaas, FAG § 12 Rdn. 3; Klesczewski, StV 1993, 382,383. 36 Eh. Schmidt, Lehrk., Nachtragsbd. I, StPO § 161 Rdn. 3. 37 Unten DIIU2.
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Teil A: Technische und rechtliche Voraussetzungen der Auskunftserteilung
oder die näheren Umstände von Telekommunikationsbeziehungen betrifft. 38 Auch negative Auskünfte, die eine Telekommunikationsbeziehung zu beliebigen Dritten verneinen, sind Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 10 GG, da dieses - wie dargelegt - nicht nur das Wie, sondern auch das Ob der Telekommunikation urnfaßt.
38
Welp, NStZ 1994,209,212.
Teil B
Der Anwendungsbereich des § 12 F AG Der Anwendungsbereich des § 12 FAG wird im folgenden zunächst unter Auslegung seiner gesetzlichen Voraussetzungen und prozessualen Folgen ohne Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Problematik des Eingriffstatbestandes und seiner Einzelmerkmale behandelt. Zu erörtern sind in diesem Rahmen der Gegenstand der Auskunftspflicht (BII), die materiellen Eingriffsvoraussetzungen (Bill), der persönliche Anwendungsbereich (BIlII), der zeitliche Anwendungsbereich (BIIV) sowie die prozessualen Voraussetzungen und Folgen des Eingriffs (BN) und der Rechtsschutz der Betroffenen (BNI). Spezielle Anwendungsprobleme des § 12 FAG, die sich auf die Zielwahl-Suche beziehen, werden im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Problematik des Eingriffstatbestandes behandelt (CNI).
I. Gegenstand, Umfang und Adressat der Auskunftspflicht Nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG kann das zur Anordnung befugte Strafverfolgungsorgan ,,Auskunft über die Telekommunikation" verlangen?9 In diesem Zusammenhang ist zu klären, auf welche Informationen die Auskunftspflicht bezogen ist (Gegenstand der Auskunftspflicht),4O wie die verlangten Informationen zu erheben sind (Informationsbeschaffung)41 und wer die Auskunft zu erteilen hat (Adressat).42
39 Das Auskunftsrecht über Inhalts- und Verbindungsdaten im Rahmen strafprozessualer Untersuchung ist in § 12 FAG für den vergangenen Telekommunikationsverkehr abschließend geregelt. Das TKG enthält insoweit keine weiteren hierauf bezogenen Eingriffstatbestände (irrig Volk, Strafprozeßrecht, S. 58). 40 Unten B/l/l. 41 Unten B/l/2. 42 Unten B/l/3.
28
Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
1. Gegenstand der Auskunftspflicht Nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG bezieht sich die Auskunft auf die "Telekommunikation". Unter diesem Begriff ist nach § 3 Nr. 16 TKG der technische Vorgang des Aussendens, ÜbermitteIns und Empfangens von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels Telekommunikationsanlagen zu verstehen. "Telekommunikationsanlagen" sind nach § 3 Nr. 17 TKG technische Einrichtungen oder Systeme, die als Nachrichten identifizierbare elektromagnetische oder optische Signale senden, übertragen, vermitteln, empfangen, steuern oder kontrollieren können. Vereinfacht ausgedrückt umfaßt der Begriff der Telekommunikation damit den Austausch von Mitteilungen, die wegen der Distanz der Partner einer unkörperlichen technischen Übertragung bedürfen. Gegenstand der Auskunftspflicht sind hiernach alle Informationen, die dem Betreiber aus Anlaß einer Telekommunikationsverbindung bekannt werden. 43
a) Inhaltsdaten . Da § 12 Abs. 1 S. 1 FAG keine Einschränkungen hinsichtlich des Gegenstandes der Auskunft vorsieht, unterliegt auch der Nachrichteninhalt der Auskunftspflicht. 44 Diese Aussage besitzt für den automatisch vermittelten Telekommunikations verkehr im Festnetz und im Mobilfunkbereich keine nennenswerte praktische Bedeutung, da den Betreibern bei der Ausübung ihrer Vermittlungsfunktion regelmäßig keine Inhaltsdaten bekannt werden, über die sie Auskunft geben könnten. 45 Allerdings ist den Betreibern das Aufschalten bestehender Verbindungen (nur) zur Durchführung von Umschaltungen und zum Erkennen und Eingrenzen von Störungen im Netz erlaubt, soweit dies betrieblich notwendig ist (§ 85 Abs. 5 S. 1 TKG); das Aufschalten ist den Gesprächsteilnehmern jedoch akustisch anzuzeigen und ausdrücklich mitzuteilen (S. 2). Sollten bei dieser Gelegenheit dennoch Kenntnisse über den Gesprächsinhalt erlangt werden, so unterliegen diese der Auskunftspflicht. Die Aufschaltungen sind jedoch nur aus den 43 Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die individuelle Nachrichtenvermittlung im Festnetz und im Mobilfunk ("elektronische Individualkommunikation"). Besonderheiten der Telekommunikation in Rechnernetzen und Dienste mit massenkommunikativem Charakter (,,Neue Medien"; dazu Walz, CR 1990, 138, 140 f.; EisenbergINischan, JZ 1997,74 ff.) bleiben unberücksichtigt. 44 H. L.; vgl. Neugebauer, Rundfunkrecht, § 12 FAG Anm. 4/11 (S. 268); Lampe, in: Erbs/Kohlhaas, FAG § 12 Rdn. 5; Schäfer, in: LR, StPO § 99 Rdn. 45; a. A. Weber, ArchivPF 1977, 390; Bär, MMR 1998,577,583. 45 Die besonderen Bedingungen der rechnergesteuerten Kommunikation, insbesondere im Internet, sind hier nicht zu erörtern.
I. Gegenstand, Umfang und Adressat der Auskunftspflicht
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genannten betrieblichen Gründen, keineswegs aber zum Zwecke der Erlangung von Informationen für eine Auskunftserteilung zulässig. Zur Beschaffung von Inhaltsdaten durch das Abhören von Gesprächen sind die Betreiber nicht berechtigt.46
b) Verbindungsdaten § 12 Abs. 1 S. 1 FAG bezieht sich ferner auf alle anfallenden Verbindungsdaten, also nach § 5 Abs. 1 TDSV auf die Rufnummer oder sonstige Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung, auf personenbezogene Berechtigungskennungen, auf die Standortkennung (die Funkzelle oder eine andere Lokalisierungsinformation) beim Mobilfunk, auf die Kartennummer bei Verwendung von Kundenkarten, auf das Datum der Verbindung, auf die Uhrzeit des Beginns und des Endes der Verbindung und auf alle sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Verbindung sowie zur Entgeltberechnung notwendigen Verbindungsdaten (z. B. die übermittelten Datenmengen, die beanspruchte Dienstleistung wie Sprache, Daten, Fax etc., die Transaktionskennung, die Verbindungsart, die Tarifkennung, Zusatzdienste etc.). Auch die Lokalisierungsinformationen sind hiernach auskunftspflichtig. 47 An ihnen besteht vor allem bei Verwendung des Mobilfunks ein spezifisches Aufklärungsinteresse. Die gespeicherten Verbindungsdaten umfassen hier auch die Funkzellen48 oder Rufzonen, über die die Verbindung abgewickelt wird. Es ist somit möglich, den Aufenthaltsort des Benutzers zum Zeitpunkt der Herstellung der Verbindung festzustellen. 49 Hat sich der Benutzer während des Bestehens einer Verbindung durch den Bereich mehrerer Funkzellen bewegt oder nacheinander mehrere Verbindungen hergestellt, so entsteht ein rudimentäres Bewegungsprofil, das im Strafverfahren etwa als Indiz für die Tatortnähe einer Person dienen kann. Ein im Netz angemeldetes Mobilfunkgerät sendet diese Lokalisierungsinformationen in kurzen Intervallen auch dann aus, wenn es lediglich rufbereit ("ein46 Näheres unten B/l/2. Hiernach dürfen auch technische Einrichtungen, die eine Kenntnisnahme über das genannte Maß hinaus ermöglichen, nicht vorgehalten werden (Büchner, in: Beck'scherTGK Kommentar, TKG § 85 Rdn. 6). 47 BGH, NJW 1993, 1212, 1213; BGH, wistra 1998,66,67 = NStZ 1998,92 = StV 1998,92; Bär, eR 1998,434,438. Dazu Artlcämper, Kriminalistik 1998, 202 ff. 48 Vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 4 Füv. Eine Funkzelle ist nach § 2 Nr. 5 Füv "der kleinste durch seine geographische Lage bestimmbare funktechnische Versorgungsbereich in einem Mobilfunknetz". 49 Dazu Thommes, StV 1997,657,660 f. Entsprechendes gilt bei Verwendung von "Telekarten" in öffentlichen Sprechstellen; dazu Rösemann, Kriminalistik 1993, 69 f.
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Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
geloggt") ist und nicht aktuell für die Herstellung oder Aufrechterhaltung einer Telekommunikationsverbindung verwendet wird (Aktivmeldungen). Da diese gesprächsunabhängigen Daten kontinuierlich gesendet werden, lassen sie den jeweiligen Standort des Geräts und damit auch seine Bewegung durch den Bereich mehrerer Funkzellen detailliert erkennen. Weder erlaubt § 5 TDSV indessen die Speicherung dieser Daten, die lediglich im Falle der Herstellung einer Verbindung zur Steuerung des Sendevorgangs benötigt werden,so noch sind diese unabhängig von einem konkreten Sendevorgang als Daten der "Telekommunikation" anzusehen. Eine Auskunftspflicht besteht insoweit nicht. sl Da nur die in § 5 TDSV genannten Daten für eine bestimmte Dauer gespeichert werden, ist eine Auskunftserteilung über andere Verbindungsdaten im Rahmen eines automatisierten Venniulungsverfahrens in der Regel nicht möglich. Mobilfunkgeräte senden bei der Herstellung einer Verbindung eine Kartenkennunt2 aus, die das technische Äquivalent der Rufnummer ist; darüber hinaus wird eine von dem Hersteller vergebene und eingebaute Gerätekennung'3 ausgesendet. Beide Informationen sind zur Herstellung der Verbindung technisch erforderlich. Auch die Gerätekennung ist hiernach ein Merkmal der Telekommunikationsverbindung und unterliegt damit der Auskunftspflicht. s4
Stammdaten von Kunden, die sich nicht auf einzelne Telekommunikationsverbindungen beziehen, unterliegen nicht der Auskunftspflicht nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG (und unterstehen nicht dem grundrechtlichen Schutz des Art. 10 so Werner, Befugnisse der Sicherheitsbehörden, S. 44 ff.; Gundermann, K&R 1998, 48,53. SI Nach den Vorstellungen des Bundesrats soll die Erfassung dieser Ortsdaten zukünftig auch unabhängig von der Herstellung einer Verbindung zugelassen werden; vgl. Stellungnahme des Bundesrats v. 4.7.1997 zum Entwurf eines Begleitgesetzes zum Telekommunikationsgesetz (BegleitG TKG), BT-Drucks. 368/97, Nr. 14. Der Vorschlag bezieht sich auf die Überwachung (§ 100 aStPO), nicht auch auf die Auskunftserteilung (§ 12 FAG), die nur bei einer Speicherung der Lokalisierungsinformationen möglich wäre. Vgl. dazu im übrigen Artkämper, Kriminalistik 1998,202,204 ff. S2 IMSI (international mobile subscriber identity). S3 IMEI (international mobile equipment identity). 54 Fraglich kann somit nur sein, ob die Gerätekennung ein geeignetes Merkmal zur Individualisierung eines in der Zukunft nach § 100 a StPO zu überwachenden Telekommunikationsverkehrs sein kann (bejahend Lampe, in: Erbs/Kohlhaas, FAG § 12 Rdn. 14 m. Nachw.; kritisch Ehmer, in: Beck'scher TKG Kommentar, TKG § 88 Rdn. 3). Die Entscheidung dieser Frage hängt zunächst davon ab, ob diese Kennung unabhängig von der Kartenkennung eine ausreichende Tatsachenbasis für die Annahme bildet, daß die Telekommunikation, die über das fragliche Gerät abgewickelt wird, rur den Beschuldigten oder seinen Nachrichtenmittler bestimmt ist oder von ihm herrührt. Fraglich ist darüber hinaus, ob die Überwachung überhaupt "gegen" das Gerät und nicht nur "gegen" den Anschluß (vgl. § 2 Nr. 4 FÜV) gerichtet werden darf. Entsprechendes gilt für die Frage, ob eine Auskunft über die Verbindungen verlangt werden kann, die mit dem Gerät hergestellt worden sind (verneinend LG Hamburg, MMR 1998,419 f. m. Anm. v. Bdr).
I. Gegenstand, Umfang und Adressat der Auskunftspflicht
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Abs. 1 GG). Eine Verpflichtung der Betreiber zur Erteilung von Auskünften über diese Daten ist jedoch in § 89 Abs. 6 S. 1 TKG vorgesehen; Gegenstand der Auskunft sind alle personenbezogenen Daten, die die Betreiber für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung oder Änderung eines Vertragsverhältnisses erhoben haben. Die Betreiber sind nach § 90 Abs. 1 TKG darüber hinaus verpflichtet, Dateien mit den Rufnummern, Namen und Anschriften ihrer Kunden zu führen. Diese sind so verfügbar zu machen, daß die Regu/ierungsbehörde einzelne Daten oder Datensätze in einem von ihr vorgegebenen automatisierten Verfahren abrufen kann; der Betreiber hat "durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß ihm (sc. dem Betreiber) Abrufe nicht zur Kenntnis gelangen können" (§ 90 Abs. 2 TKG). Die Auskünfte sind von den Betreibern zu erteilen, soweit sie für Verfolgung von Straftaten (und zu anderen im Gesetz genannten Zwecken) erforderlich sind (§ 89 Abs. 6 S. 1 TKG); zum Abruf von Daten und zur Auskunftserteilung ist die Regu/ierungsbehörde u. a. auf Ersuchen von Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen lustizbehörden sowie sonstigen Strafverfolgungsbehörden verpflichtet (§ 90 Abs. 3 Nr. 1 TKG). Auskünfte über Stammdaten sind daher zwar geeignet, ein Auskunftsersuchen (oder eine Überwachung) vorzubereiten, fallen jedoch nicht selbst unter die Eingriffsvollmacht des § 12 Abs. 1 S. 1 FAG.
2. Informationsbeschaffung Die Auskunftspflicht bezieht sich auf den gegebenen Kenntnisstand des Verpflichteten. Unter den Bedingungen der automatisch vermittelten Massenkommunikation und der elektronischen Speicherung der Verbindungsdaten wäre eine Begrenzung der Auskunftspflicht auf das aktuelle Wissen natürlicher Personen offensichtlich verfehlt. Vielmehr schließt die Auskunftspflicht eine Pflicht zur Beschaffung der Informationen ein. Zu erörtern ist daher, auf welche Weise sich der Adressat des Auskunftsersuchens diese Informationen zu beschaffen hat, um seiner Verpflichtung zu genügen. § 12 Abs. 1 S. 1 FAG berechtigt und verpflichtet diejenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, ausschließlich zur Erteilung von Auskünften, nicht aber auch zu solchen Maßnahmen der Informationsbeschaffung, die ihrerseits einer Rechtfertigung bedürften. Die Auskunftspflicht bezieht sich nur auf das rechtmäßig erworbene Wissen des Telekommunikationsunternehmens. 55 Welche Kenntnisse über Inhalts- oder Verbindungsdaten der Telekommunikation sich die Betreiber verschaffen dürfen, ist in § 85 Abs. 1 S. 1 TKG explizit geregelt. Hiernach ist den Verpflichteten "untersagt, sich ... über das für die SS Welp, NStZ 1994, 209, 212; ähnlich MaunzlDürig/Herzog/Scholz, GG Art. 10 Rdn. 56,68; Rudolphi, in: SK-StPO, § 99 Rdn. 19.
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Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen". Hieraus ergeben sich für die Pflicht zur Informationsbeschaffung die folgenden Konsequenzen.
a) Inhaltsdaten Diejenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen, sind nicht befugt, sich Zugang zu den Inhaltsdaten der Telekommunikation, etwa durch das Abhören von Gesprächen, zu verschaffen, um sie an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben zu können. Zugriffe auf den Inhalt der gegenwärtig vermittelten Telekommunikation sind strafprozessuale Überwachungsmaßnahmen, die nur unter den Voraussetzungen der §§ 100 a f. StPO zulässig sind. Die Durchführung dieser Eingriffe darf ausschließlich in der Weise erfolgen, daß der Betreiber den Strafverfolgungsorganen die inhaltliche Kenntnisnahme der Telekommunikation ermöglicht (§ 100 b Abs. 3 S. 1 StPO). Die Betreiber sind daher auch bei der Durchführung von Überwachungsmaßnahmen nicht berechtigt, selbst in den Nachrichteninhalt einzugreifen. Die Auskunftspflicht des § 12 Abs. 1 S. 1 FAG bezieht sich im übrigen nur auf den in der Vergangenheit abgeschlossenen Telekommunikationsverkeht6 und rechtfertigt auch aus diesem Grunde keinen Zugriff auf den Inhalt laufender Verbindungen. Fraglich kann daher allenfalls sein, ob die Betreiber Auskunft über einen auf ihren Systemen gespeicherten Nachrichteninhalt zu geben haben. Eine solche Nachrichtenübermittlung mit Zwischenspeicherung ist nach §§ 89 Abs. 4 TKG, 14 TDSV zulässig, "soweit dies Gegenstand oder aus verarbeitungstechnischen Gründen Bestandteil des Dienstes ist". Ein Anwendungsfall sind Mitteilungen, die in einer in das Netz eingebundenen. S1 der Individualkommunikation dienenden Mailbox gespeichert sind. s8 Die Speicherung der Nachrichten wird durch den Anrufer veranlaßt, ohne daß sie dem Netzbetreiber bekanntgegeben würden. Auch die periodische Löschung der gespeicherten Nachrichten erfolgt, ohne daß sie inhaltlich zur Kenntnis genommen würden. Ob die Betreiber berechS6Unten BIIV. Anrufbeantworter, die der Kunde mit seinem Endgerät verbunden hat, gehören nicht in diesen Zusammenhang. Für Nachrichten, die auf solchen Geräten gespeichert sind, ist die Vermittlungsphase abgeschlossen; sie fallen daher nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 10 GG (Nack, in: KK-StPO § 100 a Rdn. 5; vgl. dazu auch Welp, NStZ 1994, 294 f. m. Nachw.). Damit sind auch die Eingriffsvollmachten der §§ 12 FAG, 100 a f. StPO unanwendbar. Die Zulässigkeit von strafprozessualen Zugriffen beurteilt sich in solchen Fällen nach den allgemeinen strafprozessualen Eingriffsnormen (§§ 94 ff. StPO). Zur Zulässigkeit des Mithörens BGHSt. 39, 335, 338. S8 Vgl. dazu Nack, in: KK-StPO § 100 a Rdn. 7 ff.; Fischer, eR 1995, 178 ff.; Lührs, wistra 1995, 19 f.; EisenberglNischan, JZ 1997,74,79. S1
I. Gegenstand. Umfang und Adressat der Auskunftspflicht
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tigt sind. im Falle eines Auskunftsersuchens auf den Inhalt der gespeicherten Nachrichten zuzugreifen. beurteilt sich nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 TDSV; hiernach bestimmt "ausschließlich der Kunde ...• wer Nachrichteninhalte eingeben und darauf zugreifen darf (Zugriffsberechtigter)". Auch insoweit gilt daher § 85 Abs. 3 S. 1 TKG. Hiernach ist es den Betreibern untersagt. sich Kenntnis vom Inhalt der Telekommunikation zu verschaffen. die "über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß" hinausgeht. s9 Das für diesen Zweck erforderliche Maß wird bei den Inhaltsdaten durch die betrieblichen Notwendigkeiten einer Störungsbeseitigung und der Sicherstellung eines geregelten Kommunikationsablaufs60 bestimmt (vgl. § 89 Abs. 5 TKG). Darüber hinaus ist es für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikation nicht erforderlich. vom Inhalt gespeicherter Nachrichten Kenntnis zu nehmen. Die Betreiber sind daher nicht berechtigt. die auf einer solchen Mailbox gespeicherten Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen oder Auskünfte über sie zu geben. 61
b) Verbindungsdaten Die Pflicht zur Auskunftserteilung über Verbindungsdaten bezieht sich auf elektronisch gespeicherte Informationen. die nur maschinell gelesen werden können. Insoweit schließt § 12 Abs. 1 S. 1 FAG die Befugnis ein. diese mit Hilfe geeigneter programmgesteuerter Suchroutinen auszufiltern und den Strafverfolgungsbehörden in lesbarer Form zu übermitteln. Auch bezüglich der Verbindungsdaten ist nun aber das gesetzliche Verbot zu beachten. "sich ... über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis ... von den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen" (§ 85 Abs. 3 S. 1 TKG). Zur ordnungsgemäßen geschäftlichen Erledigung der Telekommunikationsdienstleistungen gehört - neben der Störungsbeseitigung und der Sicherstellung eines geregelten Kommunikationsablaufs - die Abrechnung der Entgelte, die das Te-
S9 Zu einer zweideutigen Fonnulierung des § 99 a E-StPO (dazu unten C/Ill). die als Befugnis der Betreiber zum Zugriff auf den Inhalt von Mailboxen verstanden werden könnte. vgl. Gundermann. K&R 1998.48.53. 60 Vgl. Büchner. in: Beck'scher TKG Kommentar. TKG § 85 Rdn. 92. 61 Die Zulässigkeit von strafprozessualen Zugriffen auf die im Netz gespeicherten Nachrichten beurteilt sich vielmehr nach § 100 a StPO (vgl. dazu im übrigen BGH. NStZ 1997. 247 ff.; Stenger. CR 1990.786 ff.; PalmiRoy. NJW 1996. 1791 ff.; dies .• NJW 1997. 1904 f.; Kudlich. JuS 1998. 209 ff.; Beulke. Strafprozeßrecht. Rdn. 253 (S. 119); auch hiernach ist - wie dargelegt - eine Kenntnisnahme durch den Netzbetreiber selbst nicht zulässig; ebenso wohl Fischer. CR 1995. 178. 183; Lührs. wistra 1995. 19.20.
3 Welp
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Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
lekommunikationsunternehmen von seinen Kunden zu beanspruchen hat. 62 Hiernach sind die Unternehmen befugt, von denjenigen Verbindungsdaten Kenntnis zu nehmen, die für die Entgeltberechnung benötigt werden. Da (in der Regel) nur der abgehende Telekommunikationsverkehr entgeltpflichtig ist, schließt das "für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste erforderliche Maß" die Befugnis ein, Auskunft über die Verbindungsdaten dieses Verkehrs zu geben. Die hierfür notwendigen Suchroutinen sind dieselben, die auch für die Rechnungserstellung verwendet werden. Eine Kenntnisnahme von den Verbindungsdaten eingehender Telekommunikationsverbindungen ist für die Entgeltberechnung bei dem angerufenen Teilnehmer nicht erforderlich, da er die Entgelte für diese Verbindung nicht zu tragen hat. Nach § 85 Abs. 3 S. 1 TKG ist es dem Betreiber daher untersagt, von den genannten Daten zu diesem Zweck Kenntnis zu nehmen. Allerdings hat der anrufende Teilnehmer die Kosten dieser Verbindung zu tragen. Bei der Erstellung der für ihn bestimmten Rechnung ist daher die Kenntnisnahme auch dieser Verbindungsdaten geschäftlich notwendig. Insofern ist der Betreiber zur Kenntnisnahme auch dieser Verbindungsdaten befugt. Es ist daher zulässig, die Datensätze bestimmter einzelner Anschlüsse daraufhin zu überprüfen, ob von ihnen Telekommunikationsverbindungen zu dem fraglichen Anschluß (meist des Beschuldigten) hergestellt worden sind. Hiervon geht auch das Gesetz insofern aus, als es die an den Beschuldigten "gerichtete" Telekommunikation63 in die Pflicht zur Auskunftserteilung einbezieht; sie kann nur auf die genannte Weise festgestellt werden. 64
3. Adressat der Auskunftspßicht Der Adressat der Auskunftspflicht ist in § 12 Abs. 1 S. 1 FAG nicht bezeichnet. Der Wortlaut des Gesetzes weicht damit von der Regelung des § 100 b Abs. 3 S. 1 StPO ab, wonach ,jeder, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt", die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen hat. 65 In seiner ursprünglichen Bedeutung bezog sich der Gesetzestext nur auf die Betreiber solcher Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt
Büchner, Beck'scherTKG Kommentar, TKG § 85 Rdn. 6. Dazu unten BIIII/2 a). 64 Ob die Pflicht zur Infonnationsbeschaffung im Falle der Zielwahl-Suche zu einem Abgleich aller gespeicherter Verbindungsdaten berechtigt, ist hiermit nicht entschieden; dazu unten CJVU2 a). 65 Dazu Wuermeling/Felixberger, eR 1997,555,556 f. 62 63
I. Gegenstand, Umfang und Adressat der Auskunftspflicht
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waren;66 auskunftspflichtig war daher nur die Deutsche Bundespost, der allein das Recht zum Betrieb solcher Fernmeldeanlagen zustand (§ 1 Abs. 3 FAG a. F.). Mit der Aufhebung des FAG unter Aufrechterhaltung allein seines § 12 durch das Begleitgesetz zum Telekommunikationsgesetz ist dieser Zusammenhang zwar entfallen; da der Wortlaut des § 12 FAG insoweit jedoch nicht verändert worden ist, könnte angenommen werden, daß auch nach neuem Recht nur solche (privaten) Betreiber zu Auskünften verpflichtet sind, deren Anlagen ftir den öffentlichen Verkehr bestimmt sind. Andererseits hat der Gesetzgeber ftir die Postbeschlagnahme (§ 99 S. 1 StPO) und für die Fernmeldeüberwachung (§ 100 b Abs. 3 StPO) die Mitwirkungspflicht von privaten Betreibern ohne Rücksicht darauf festgelegt, ob der von ihnen vermittelte Post- oder Telekommunikationsverkehr für die Öffentlichkeit bestimmt ist od~r nicht. Da § 12 FAG unverändert geblieben ist, könnte bezweifelt werden, ob hiermit eine Entscheidung ftir eine andere Bestimmung des Adressatenkreises getroffen worden ist.61 Mit dem Wortlaut des Gesetzes ist auch eine Interpretation verträglich, die jeden zum Adressaten der Auskunftsverpflichtung macht, der Auskünfte über Telekommunikationsbeziehungen geben kann. 68 Die Entscheidung zwischen diesen Alternativen erreicht die Grenze dessen, was im Wege der Auslegung eines Gesetzes geklärt werden kann. Setzt man sich über die zuvor genannten Umstände hinweg, so ist auf die Funktion abzustellen, die § 12 FAG im System des Geheimnisschutzes und seiner Durchbrechungen zu erftillen hat. Die Norm ist konzipiert als Eingriffsgrundlage ftir strafprozessuale Maßnahmen, die in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG eingreifen (Abs. 2 S. 2). Einer solchen Eingriffsgrundlage bedarf es daher nur, soweit die Einholung der Auskunft durch die Strafverfolgungsorgane als Eingriff in das Fernmeldegeheimnis anzusehen ist. Da Privatpersonen keine Adressaten der grundrechtlichen Pflicht zur Geheimniswahrung sind, werden sie auch durch § 12 FAG nicht zu Auskünften verpflichtet (können über ihre Kenntnisse jedoch als Zeugen vernommen werden). Eine Verpflichtung zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses trifft nach § 85 Abs. 2 S. 1 TKG vielmehr nur den, der "geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt". Und nach § 206 Abs. 1 StGB macht sich wegen Verletzung des Postoder Fernmeldegeheimnisses nur strafbar, wer Mitteilungen über geschützte Umstände macht, "die ihm als Inhaber oder Beschäftigtem eines Unternehmens bekanntgeworden sind, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste" erbringt.69 Als Adressaten der Auskunftspflicht nach § 12 FAG sind
Bdr, Computerdaten, S. 355. Walz, CR 1990, 138, 140. 68 Bdr, Computerdaten, 355 f. 69 Näheres bei Welp, Lenckner-FS, S. 619, 632 ff.
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Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
somit im Ergebnis (nur) diejenigen anzusehen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken. 70 Unter "geschäftsmäßigem Erbringen von Telekommunikationsdiensten" ist nach § 3 Nr. 5 TKG "das nachhaltige Angebot von Telekommunikation einschließlich des Angebots an Übertragungswegen für Dritte mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht" zu verstehen. Der Begriff der "Telekommunikation" ist in § 3 Nr. 16 TKG, der der "Telekommunikationsdienstleistung" in § 3 Nr. 18 TKG und der der "Übertragungswege" in § 3 Nr. 22 TKG legal definiert. Die genannten Voraussetzungen treffen auf alle Unternehmen zu, die öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben oder Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit erbringen (vgl. § 3 Nr. 12, 19 TKG), darüber hinaus - gegebenenfalls unter weiteren Voraussetzungen - auf die Betreiber von Nebenstellenanlagen, von Mailboxen, von Corporate Networks, auf Provider u. a. 71
ß. Materielle Eingriffsvoraussetzungen Der Wortlaut des § 12 Abs. 1 S. 1 FAG enthält keine Merkmale, die die Eingriffsbefugnis von materiellen Voraussetzungen hinsichtlich der Qualität der Anlaßtat, des Verdachtsgrades oder der Erforderlichkeit der Auskunftserteilung abhängig machen. Nach dem Gesetz ist der Eingriff also bei jeder Straftat, bei jedem Grad des Tatverdachts und ohne Rücksicht darauf zulässig, ob der Ermittlungszweck auch auf andere Weise erreicht werden könnte. Für eine am Wortlaut zu orientierende Auslegung des Gesetzes sind daher im Rahmen des § 12 Abs. 1 S. 1 FAG unter den genannten Aspekten keine Differenzierungen ersichtlich. Der Eingriff ist ohne gesetzliche Voraussetzungen der genannten Art zulässig; die Schwere der Tat, der Verdachtsgrad und die Möglichkeit anderer Errnittlungshandlungen können hiernach nur bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall berücksichtigt werden. § 12 FAG weicht damit von der Regelungstechnik der 1968 eingeführten Fernmeldeüberwachung und aller seither eingeführten strafprozessualen Befugnisse zu heimlichen Eingriffen in die Rechtssphäre des Beschuldigten ab. Die Norm ist zu einem Zeitpunkt geschaffen worden, zu dem diese Regelungstechnik nicht gebräuchlich war. Es war deshalb verständlich, daß die prozessualen Voraussetzungen einer Auskunftserteilung den Eingriffsbedingungen der Post-
Ebenso Lampe, a. a. O. Näheres dazu bei Königshofen, RDV 1997,97 f.; Gundermann, K&R 1998,48, 51 ff.; Schuster, in: Beck'scher TKG-Kommentar, TKG § 87 Rdn. 11 ff. 70 71
11. Materielle Eingriffsvoraussetzungen
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beschlagnahme (§ 99 StPO) als dem einzigen seinerzeit zulässigen Eingriff in den Geheimbereich angepaßt worden sind.72 Die Divergenzen sind erst mit der Einführung der §§ 100 a, 100 b StPO durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Briej-. Post- und FernmeIdegeheimnisses (G 10)73 entstanden. Zum einen dadurch, daß die Fernmeldeüberwachung von strengeren Voraussetzungen abhängig gemacht worden ist als die Postbeschlagnahme, obwohl beide Maßnahmen in dasselbe Grundrecht eingreifen. 74 Und zum anderen dadurch, daß innerhalb der Eingriffe in das Femmeldegeheimnis eine Harmonisierung der Voraussetzungen für die Überwachung nach § 100 a StPO einerseits und für die Auskunftserteilung nach § 12 FAG andererseits nicht vorgenommen worden ist. 7s Im Gegensatz hierzu hat Art. 1 desselben Gesetzes die entsprechenden nachrichtendienstlichen Eingriffsbefugnisse abweichend geregelt. Nach den §§ 1,2 G 10 sind nicht nur die Voraussetzungen für eine nachrichtendienstliehe Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs identisch;76 auch Auskünfte dürfen den Nachrichtendiensten nur unter denselben Voraussetzungen erteilt werden, unter denen eine Überwachungsmaßnahme zulässig ist (§ 1 Abs. 2 G 10). Die seither geschaffenen strafprozessualen Eingriffstatbestände enthalten vielfach einen Katalog derjenigen Delikte, für deren Verfolgung sie zugelassen sind, bestimmen den Verdachtsgrad, der für die Tatbegehung durch den Beschuldigten sprechen muß, und legen fest, unter welchen Voraussetzungen der Eingriff zulässig ist, wenn der Untersuchungserfolg auch durch andere Ermittlungshandlungen erreicht werden könnte. Die folgenden Ausführungen bezeichnen die Defizite, die § 12 Abs. 1 S. 1 FAG in dieser Hinsicht aufweist.
1. Anlaß taten § 12 Abs. 1 S. 1 FAG sieht keine Begrenzung auf bestimmte Kategorien von Delikten vor, sondern ist nach seinem Wortlaut auf jede Straftat anwendbar. Diese Weite des Eingriffstatbestandes ist allerdings keine Besonderheit des Auskunftsrechts. Auch andere strafprozessuale Befugnisse zu Eingriffen in 72 Neugebauer, FAG § 12 Anm. I; Weber, Archiv PF 1977, 389, 391. Eine formale Divergenz besteht lediglich darin, daß eine nach § 12 FAG bei Gefahr im Verzuge von der Staatsanwaltschaft angeordnete Auskunft im Gegensatz zu einem entsprechenden Eingriff nach § 99 StPO keiner richterlichen Bestätigung bedarf, da der Eingriff mit der Erteilung der Auskunft als vollzogen gilt (Aubert, Femmelderecht, S. 72 f.; Lengning, Post- und Femmeldegeheimnis, S. 70); dazu unten BN/1. 73 Vom 13.8.1968, BGB!. I S. 949. 74 MaunzlDürig/Herzog, GG Art. 10 Rdn. 50; Weber, Archiv PF 1977, 389, 390. 7S Weber, a. a. O. S. 391. Kritisch dazu BT-Drucks. IIn580, S. 2, 5. 76 Weber, a. a. O. S. 390.
Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
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Grundrechte des Beschuldigten oder Dritter sind nicht auf bestimmte Deliktskategorien begrenzt. Beispielsweise ist weder die Untersuchungshaft (§ 112 Abs. 1 u. 2 StPO) noch die körperliche Untersuchung (§§ 81 a, 81 c StPO), weder die Beschlagnahme (§ 94 StPO) noch die Durchsuchung (§ 102 f. StPO) an die Voraussetzung gebunden, daß sich der Tatverdacht auf bestimmte, im Gesetz im einzelnen bezeichnete Delikte bezieht. Eine deliktsspezifische Begrenzung von Eingriffsbefugnissen hat indessen seit Mitte der sechziger Iahre zunehmend Eingang in das deutsche Strafverfahrensrecht gefunden. Erstmals ist eine solche Regelungstechnik bei der Einführung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr durch das Gesetz zur Anderung der StPO und des GVG (StPAGr im Iahr 1964 verwendet worden. Untersuchungshaft durfte hiernach nur angeordnet werden, wenn der Beschuldigte dringend verdächtig war, eines der im Gesetz genannten Sexualdelikte (oder eines der durch spätere Änderungsgesetze hinzugefügten Delikte) begangen zu haben und wenn die Gefahr bestand, daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen werde (§ 112 Abs. 3 StPO a. F.). Ein weiterer Deliktskatalog ist 1968 mit der Einführung der Fernmeldeüberwachung durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brie[-. Post- und Fernmeldegeheimnisses (G JOPS mit § 100 a S. 1 StPO eingeführt worden. Eine entsprechende Regelungstechnik sieht § 163 d Abs. 1 StPO für die Schleppnetzfahndung vor, eingeführt im Iahre 1992 durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität. 79 Hiernach dürfen die bei einer Grenzkontrolle oder einer anderen Personenkontrolle anfallenden Daten u. a. über die Identität einer Person in einer Datei gespeichert werden, falls der Verdacht der Begehung bestimmter Katalogtaten besteht. Der jüngste Straftatenkatalog ist bei der Einführung der akustischen Wohnraumüberwachung durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalitä~ in die Strafprozeßordnung aufgenommen worden. Nach § 100 c Abs. 1 Nr. 3 StPO dürfen Abhörgeräte in Wohnungen eingebaut werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, daß der Beschuldigte eine der im Gesetz genannten Katalogtaten begangen hat. Der Katalog des § 100 c Abs. 1 Nr. 3 ist insgesamt enger als der des § 100 a S. 1 StPO, überschneidet sich jedoch weitgehend mit diesem und enthält darüber hinaus einige dort nicht genannte weitere Delikte. Die Ausgestaltung dieses Katalogs beruht auf der Vorgabe des Art. 13 Abs. 3 GG n. F., wonach eine Wohnraumüberwachung nur wegen einer gesetzlich im einzelnen bestimmten besonders schweren Straftat angeordnet werden darf. Vom 26.11.1964, BGBL I S. 1067. Vom 13.10.1968, BGBL I, S. 949. 79 Vom 15.7.1992, BGBL I, S. 1302. 80 Vom 4.5.1998, BGBL I, S. 846.
77 78
11. Materielle Eingriffsvoraussetzungen
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Neben den genannten Enumerativ/catalogen, die die zum Eingriff berechtigenden Straftaten unter Benennung ihrer gesetzlichen Bezeichnungen abschließend aufzählen, verwendet das Gesetz neuerdings eine Regelungstechnik, die nicht die konkreten Einzeldelikte, sondern ganze Deliktsgruppen als zulässigen Anwendungsbereich eines Eingriffs normiert. So ist die Rasterfahndung, gleichfalls eingeführt durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität, nach § 98 a Abs. 1 StPO u. a. dann zulässig, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß eine "Straftat von erheblicher Bedeutung" "auf dem Gebiet des unerlaubten Betäubungsmittel- oder Waffenverkehrs, der Geld- oder Wertzeichenfälschung" oder "auf dem Gebiet der gemeingefährlichen Straftaten" etc. begangen worden ist. Eine ähnliche Regelungstechnik enthält die durch dasselbe Gesetz eingeführte Befugnis zum Einsatz verdeckter Ermittler nach § 110 a Abs. 1 StPO. In beiden Fällen wird der Anwendungsbereich der Eingriffsnormen durch weit gefaßte Deliktskataloge nur grob begrenzt und durch eine General/clausel eingeengt.
Nur von einer Generalklausei ist schließlich die Befugnis zur Entnahme von Körperzellen zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren abhängig gemacht worden. Sie ist nach § 81 g Abs. 1 S. 1 StPO nur bei Straftaten von "erheblicher Bedeutung" zulässig, für die das Gesetz Regelbeispiele enthält. Das Auskunftsersuchen nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG stimmt bezüglich seines Eingriffsgutes (Art. 10 Abs. 1 GG) mit der Fernmeldeüberwachung überein, ist bezüglich der Qualität der festgestellten Daten mit der Schleppnetzfahndung vergleichbar und weist hinsichtlich der Eingriffsmodalitäten eine der Rasterfahndung vergleichbare Struktur auf. Das Auskunftsersuchen gehört ferner zu denjenigen strafprozessualen Grundrechtseingriffen, die typischer Weise heimlich angeordnet und vollzogen werden; in dieser Hinsicht stimmt die Maßnahme mit Eingriffen wie der Fernmeldeüberwachung, dem Einsatz verdeckter Ermittler, dem Lauschangriff, der Schleppnetzfahndung und der Rasterfahndung überein. Wenn § 12 FAG gleichwohl keine inhaltlichen Anforderungen an die zur Auskunft berechtigenden Anlaßtaten stellt, sondern den Eingriff ohne weitere Voraussetzungen zur Aufklärung jeder Straftat zuläßt, ergeben sich Zweifel an der Angemessenheit der Regelung, auf die bei der Erörterung der Verfassungsmäßigkeit der Eingriffsnorm zurückzukommen ist.11
1I Unten C/IV. - Daß die Maßnahme bei einer geringfügigen Straftat nicht angeordnet werden darf (so für die Postbeschlagnahme KleinknechtiMeyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 12; Schäfer, in: UR, StPO § 99 Rdn. 33), ist daher lediglich eine Aussage über im Einzelfall festzustellende Verhältnismäßigkeit des Eingriffs.
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Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
2. Verdachtsgrad § 12 Abs. 1 S. 1 FAG stellt keine Anforderungen an den Verdachtsgrad, der bei der Anordnung des Auskunftsersuchens erreicht sein muß. Nach dem System der Verdachtsabstufungen, das der Strafprozeßordnung zugrunde liegt,82 bedeutet dies, daß lediglich "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" (§ 152 Abs. 2 StPO), bezogen auf die Begehung einer beliebigen volldeliktischen und verfolgbaren Straftat, für die Anordnung des Auskunftsersuchens ausreichen. Zwar ist der bestehende Verdachtsgrad einer der Faktoren, die die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs im Einzelfall beeinflussen; regelmäßig wird daher ein "nicht nur in geringem Maß konkretisierter Verdachtsgrad" für dessen Zulässigkeit erforderlich sein. 83 Indessen schließt der Eingriffstatbestand nicht aus, daß ein schwächerer Verdacht durch andere Faktoren der Verhältnismäßigkeit aufgewogen wird. § 100 a S. 1 StPO verlangt im Gegensatz hierzu, daß "bestimmte Tatsachen" den Verdacht der Begehung einer Katalogtat begründen, der indessen weder hinreichend (§ 203 StPO) noch dringend (§ 112 I S. 1 StPO) zu sein braucht. Auch hier legt sich das Gesetz also nicht auf einen bestimmten Verdachtsgrad fest,84 sondern verlangt lediglich als Verdachtsgrundlage ein schlüssiges Tatsachenmaterial, schließt also bloße Hypothesen und Vermutungen aus. Der Verdacht muß hiernach einen gewissen Konkretisierungsgrad erreicht haben. 8s
Auch der für § 12 FAG genügende Anfangsverdacht verlangt "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" (§ 152 Abs. 2 StPO) für den Verdacht der Tatbegehung. Beide Fälle unterscheiden sich daher weniger durch die Qualität der Verdachtsgrundlage als durch den erreichten Konkretisierungsgrad der für die Tatbegehung sprechenden Umstände. Daß die Tatsachen im Falle der Fernmeldeüberwachung "bestimmt" zu sein haben, bezieht sich - da es keine unbestimmten Tatsachen gibt86 - auf den Grad der Gewißheit, der für das Gegebensein der Anknüpfungstatsachen sprechen muß. 87
82 Dazu Solbach, JA 1995,964 ff. 83 So für § 99 StPO KleinknechtlMeyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 12; Lemke, in: HK,
StPO § 99 Rdn. 8. 84 Lehmann, Archiv PF 1979, I, 12; Rudolphi, in: SK-StPO, § 100 a Rdn. 11; Müller, in: KMR, StPO § 100 a Rdn. 3; Lemke, in: HK, StPO § 100 a Rdn. 10; Ranft, Strafprozeßrecht, Rdn. 1066. 8S KleinknechtlMeyer-Goßner, StPO § 100 a Rdn. 6; Nack, in: KK-StPO § 100 a Rdn.24. 86 Rogall, NStZ 1979,388. 87 Rudolphi, in: SK-StPO § 100 a Rdn. 11 ("bestimmte, bereits erwiesene Tatsachen").
11. Materielle Eingriffsvoraussetzungen
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Die Konkretisierung des Verdachts, der Voraussetzung für die Zulässigkeit des Eingriffs ist, ist somit in den Fällen der Femmeldeüberwachung und des Auskunftsersuchens nur graduell verschieden. Auch dieser Umstand beeinflußt freilich die Abwägungsbilanz, die bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Eingriffsnorm zu ziehen ist. 88
3. Subsidiarität Die Anforderung von Auskünften über Inhalts- oder Verbindungsdaten der Telekommunikation ist nach dem Wortlaut des § 12 FAG ohne Rücksicht darauf zulässig, ob der Zweck dieser Maßnahme auch auf andere Weise erreicht werden könnte. 89 Auch hierdurch entsteht ein deutlicher Gegensatz zu anderen, seither eingeführten strafprozessualen Eingriffsvollmachten. Als erste Maßnahme ist die Femmeldeüberwachung in § 100 a S. 1 StPO davon abhängig gemacht worden, daß die Aufklärung "auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert" wäre (1968). Das Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität hat dieser Regelung eine ganze Sequenz gleichartiger Klauseln für andere Eingriffsformen hinzugefügt, die die Subsidiarität dieser Maßnahmen mit differenzierten Bedingungen verknüpfen. 90 Beispielsweise dürfen verdeckte Ermittler zur Verfolgung von Verbrechen, die keine Katalogtaten sind, nur eingesetzt werden, wenn andere Maßnahmen aussichtslos wären. 91 Der sogenannte kleine Lauschangriff, die Verwendung technischer Observationsmittel gegen Dritte und der Einsatz verdeckter Ermittier zur Verfolgung von Katalogtaten sind nur zulässig, wenn die Aufklärung ohne diese Maßnahmen "aussichtslos oder wesentlich erschwert" wäre;92 die Rasterfahndung und die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung setzen voraus, daß andere Ermittlungen "erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert" wären;93 gegen den Beschuldigten dürfen technische Mittel nur eingesetzt werden, wenn die Ermittlungen auf andere Weise "weniger erfolgversprechend oder erschwert" wären;94 und der sogenannte große Lauschangriff darf nur angeordnet werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Täters auf
88 Unten
C/lV.
89 Das Gesetz setzt also keine "Beweisnot" voraus (Lampe, in: Erbs/Kohlhaas, FAG § 12 Rdn. 6). 90
Übersicht bei Rieß, in: Meyer-GS, S. 367,382 Fußn. 56 - 58.
91 § 110 a Abs. 1 S. 4 StPO. 92
§§ 100 c Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 3,110 a Abs. 1 S. 3 StPO.
93 §§ 98 a Abs. 1 S. 2, 163 e Abs. 1 S. 2 StPO. 94
§ 100 c Abs. 1 Nr. 1 StPO.
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Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
andere Weise "unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos" wäre.9~ Alle genannten Maßnahmen sind somit subsidiär gegenüber anderen Ermittlungshandlungen, die zur Erreichung desselben Aufldärungsziels geeignet sind. Die Subsidiaritätsbedingungen betreffen einerseits den Erfolg der Ermittlungen96 und verlangen damit eine Prognose über den Verlauf, den die Aufldärungstätigkeit ohne den fraglichen Eingriff nehmen würde ("aussichtslos", "erheblich weniger erfolgversprechend", "weniger erfolgversprechend"). Basis dieses Urteils ist der gegebene Ermittlungsstand, der nach den Regeln kriminalistischer Erfahrung in die Zukunft zu projizieren ist. Gegenstand der Prognose sind die Erfolgsaussichten des fraglichen Eingriffs einerseits und alternativer Ermittlungsmaßnahmen andererseits. Ergibt ein Vergleich bessere oder gleiche Aufldärungschancen der alternativen Ermittlungsmöglichkeiten, so sind die Eingriffe unzulässig. Sind die Erfolgsaussichten der alternativen Maßnahmen geringer, so ist die Differenz zu den Chancen der fraglichen Maßnahme mit Hilfe der genannten Kriterien zu quantifizieren. - Die Subsidiaritätsbedingungen betreffen ferner den Verfahrensaufwand, der einerseits mit der Durchführung der fraglichen Maßnahme und andererseits mit der Vornahme alternativer Ermittlungshandlungen verbunden wäre ("unverhältnismäßig erschwert", "wesentlich erschwert", "erschwert"). Auch insoweit ist eine Quantifizierung des Mehraufwandes erforderlich. Subsidiaritätsbedingungen sind spezielle Zulässigkeitsvoraussetzungen der betreffenden Ermittlungshandlungen. Sie erzeugen ein Alternativverhältnis zwischen ihnen und anderen, auf dasselbe Ermittlungsziel gerichteten Maßnahmen. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen der Subsidiarität gegeben, so sind nur die alternativen Ermittlungshandlungen zulässig, haben also Vorrang gegenüber der subsidiären Maßnahme. 97 Ein Auskunftsersuchen ist hingegen ohne Rücksicht auf solche Bedingungen zulässig, unterliegt freilich wie jeder andere Grundrechtseingriff dem Prinzip der Erforderlichlceit (Grundsatz des mildesten Mittels). Auch hierauf ist bei der Erörterung der Verhältnismäßigkeit der Eingriffsnorm zuruckzukommen.98
9~ § 100 c Abs. 1 Nr. 3 StPO.
Rieß, a. a. 0., S. 367 ff., 384; Nack, in: KK-StPO § 98 a Rdn. 16; PfeifferlFischer, StPO § 98 a Rdn. 3. 97 Rieß, a. a. O. S. 367 ff., S. 368 f. 98 Unten ClIII. 96
III. Persönlicher Anwendungsbereich
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m. Persönlicher Anwendungsbereich Nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG dürfen Auskünfte über Telekommunikationsbeziehungen nur verlangt werden, wenn die fraglichen Mitteilungen an den Beschuldigten gerichtet waren oder wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß sie von ihm herrührten oder für ihn bestimmt waren. Eine entsprechende Formulierung verwendet das Gesetz für die Postbeschlagnahme in § 99 StPO; auch diese ist nur zulässig, wenn die Postsendungen an den Beschuldigten gerichtet sind (S. 1) oder wenn "aus vorliegenden Tatsachen" zu schließen ist, daß sie von ihm herrühren oder für ihn bestimmt sind (S. 2). Im Gegensatz hierzu darf sich die Fernmeldeüberwachung nach § 100 a S. 2 StPO "gegen den Beschuldigten" oder "gegen Personen" richten, von denen auf Grund "bestimmter Tatsachen" anzunehmen ist, daß sie für den Beschuldigten bestimmte Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder daß der Beschuldigte ihren Anschluß benutzt.
1. Die Beteiligung des Beschuldigten Den genannten Bestimmungen ist gemeinsam, daß sie die Zulässigkeit der Eingriffe in das Post- oder Fernmeldegeheimnis davon abhängig machen, daß der Beschuldigte an dem Nachrichtenverkehr beteiligt ist, der dem strafprozessualen Eingriff unterworfen werden soll. Ein Nachrichtenverkehr, an dem der Beschuldigte weder aktiv noch passiv beteiligt ist oder war, bleibt hiernach von strafprozessualen Eingriffen auch dann ausgenommen, wenn an seiner Beweisbedeutung rlir die Untersuchung kein Zweifel besteht. Die Begrenzungswirkung, die mit dieser Zulässigkeitsbedingung erreicht werden soll, dient zunächst dem Schutz des Nachrichtenverkehrs Unbeteiligter, gegen die kein Tatverdacht besteht und die an dem Telekommunikationsverkehr nicht beteiligt sind oder waren. Entsprechende Differenzierungen der Eingriffsbefugnisse gegenüber dem Beschuldigten einerseits und Unbeteiligten andererseits finden sich in der Strafprozeßordnung auch bei anderen Eingriffsformen, etwa im Rahmen der Pflicht zur Duldung von körperlichen Untersuchungen (§§ 81 a, 81 c StPO) oder von Durchsuchungen (§§ 102, 103 StPO). Das Gesetz geht davon aus, daß bei strafprozessualen Grundrechtseingriffen eine Opfergrenze einzuhalten ist, die gegenüber unbeteiligten Personen enger zu bemessen ist als gegenüber dem Beschuldigten.99 Darüber hinaus ist die Beteiligung des Beschuldigten an dem fraglichen Telekommunikationsverkehr der wichtigste Individualisierungsfaktor für die Auswahl der zu überwachenden Telekommunikationsbeziehungen, der die 99
Vgl. dazu Stein, in: Grunwald-FS, 1999, S. 865 ff.
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strafprozessualen Eingriffe überhaupt auf einen isolierbaren Teil der durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Nachrichtenverbindungen begrenzt und damit verhindert, daß diese in allgemeine Überwachungsmaßnahmen ausarten. 100 Denn würde auf die Begrenzung der Eingriffe durch die Beschuldigtenbeteiligung verzichtet, so könnte der zu überwachende Telekommunikationsverkehr nur durch seine vermutete Untersuchungsrelevanz individualisiert werden. Da eine zuverlässige Beurteilung dieser Frage erst nach einer Kenntnisnahme von den geschützten Umständen möglich und der Eingriff hiermit bereits vollendet wäre, würde ohne das genannte Korrektiv eine unübersehbare quantitative Auswertung der Eingriffsmöglichkeiten eintreten. Die vom Gesetz geforderte Beteiligung des Beschuldigten dient daher nicht nur dem Schutz der Rechte Unbeteiligter, sondern hält damit das Ausmaß der Eingriffe überhaupt erst in überpTÜfbaren Grenzen.
2. Individualisierungsfaktoren An welchen Telekommunikationsbeziehungen der Beschuldigte beteiligt ist, ist nun bei der Anordnung der Eingriffe in aller Regel nicht bekannt. Denn da die Verbindungen, auf die sich der Eingriff bezieht, nur durch die Kennungen der verwendeten Anschlüsse individualisiert werden können, besteht stets die Möglichkeit, daß ein Dritter die dem Beschuldigten zugeteilten Anschlüsse oder der Beschuldigte die einem Dritten zugeteilten Anschlüsse verwendet. Bezieht sich die Anordnung etwa auf eine dem Beschuldigten zugeteilte Telefonnummer, so ist es alltäglich, daß auch dritte Personen dieses Gerät benutzen; und es ist nicht weniger häufig, daß der Beschuldigte das Telefon eines Dritten verwendet. Die gesetzliche Bestimmung der Eingriffsvoraussetzungen steht damit vor der Notwendigkeit, diejenigen Telekommunikationsbeziehungen durch Individualisierungs/alctoren zu indizieren, an denen der Beschuldigte beteiligt ist oder war. Die §§ 12 Abs. 1 S. 1 FAG, 99 StPO einerseits und § 100 a S. 2 StPO andererseits regeln diese Frage unterschiedlich, obwohl die technischen Gegebenheiten bei der Feststellung der Beschuldigtenbeteiligung im Falle der Auskunftserteilung und der Fernmeldeüberwachung identisch sind. Die Eingriffsnormen unterscheiden im übrigen danach, ob ein Dritter die Telekommunikationsbeziehung zu dem Beschuldigten (eingehender Telekommunikationsverkehr) oder ob dieser sie zu einem Dritten (abgehender Telekommunikationsverkehr) hergestellt hat.
100
Rudolphi, in: SK-StPO § 99 Rdn. 10; Amelung, in: AK-StPO § 99 Rdn. 5.
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a) Die "Richtung" der Telekommunikation
Die Beteiligung des Beschuldigten an einem eingehenden Telekommunikationsverkehr wird in § 12 S.l FAG zunächst dadurch indiziert, daß die Mitteilungen an ihn "gerichtet" gewesen sein müssen; § 100 a S. 2 StPO verwendet diesen Begriff hingegen nicht. Er entstammt dem Regelungsbereich der Postbeschlagnahme,lOl die sich nach § 99 S. 1 StPO auf die an den Beschuldigten "gerichteten" (körperlichen) Postsendungen und Telegramme bezieht. Die "Richtung" solcher Postsendungen wird durch ihre Adressierung festgelegt, die das Postunternehmen zur Ablieferung der Sendung bei dem benannten Empfänger veranlaßt. Eine Postsendung ist demnach dann an den Beschuldigten "gerichtet", wenn er ausdrücklich als ihr Empfänger bezeichnet ist. 102 Im wörtlichen Sinne besitzt der unkörperlich vermittelte Telekommunikationsverkehr keine ,,Adresse". Es ist deswegen nicht möglich, auch seine "Richtung" durch die ausdrückliche Bezeichnung eines Empfängers festzulegen. 103 In einem übertragenen, technisch geläufigen Sinne wird freilich auch der Telekommunikationsverkehr "adressiert", nämlich durch die Kennung des angewählten Anschlusses. An den Beschuldigten "gerichtet" wäre hiernach derjenige Telekommunikationsverkehr, der für einen ihm zugeteilten Anschluß eingeht. Dies würde bedeuten, daß sich die Auskunftspflicht insoweit auf die Daten aller für die Anschlüsse des Beschuldigten eingehenden Telekommunikationsverbindungen bezöge. Für diese Interpretation des Gesetzes spricht, daß auch § 100 a S. 2 StPO, der die "Richtung" des Telekommunikationsverkehrs unberücksichtigt läßt, selbst die Benutzung von Anschlüssen dritter Personen durch den Beschuldigten für eine Überwachung von deren Anschlüsse genügen läßt. Hieraus ist zu schließen, daß jedenfalls auch die Anschlüsse des Beschuldigten überwacht werden dürfen, wenn das Gesetz bestimmt, daß sich die Überwachung "gegen den Beschuldigten" richten müsse. Folgt man dieser Auffassung, so kommt es nicht darauf an, ob ein an den Beschuldigten "gerichteter" Telekommunikationsverkehr auch für ihn "bestimmt", d. h. vom Absender zu seiner Kenntnisnahme bestimmt ist. Eine Auskunftserteilung wäre demnach auch über solche an den Beschuldigten gerichteten Telekommunikationsbeziehungen zulässig, an denen er nicht beteiligt war. Diese Interpretation ist im Rahmen des § 99 StPO einhellig anerkannt H14 und durch den Gesetzeswortlaut vorgegeben; eine an den Beschuldigten gerichtete Postsendung kann hiernach auch dann beschlagnahmt werden, wenn ihr körperlicher 101 Aubert, 102
Femmelderecht, S. 72.
KleinknechtlMeyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 10; Schäfer, in: UR, StPO § 99
Rdn.35. 103 So aber Lampe, Erbs/Kohlhaas, FAG § 12 Rdn. 9. 104 KleinknechtiMeyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 10.
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Inhalt oder ihr gedanklicher Gehalt für einen Dritten bestimmt ist. Für § 12 FAG, dessen Wortlaut der älteren Vorschrift des § 99 StPO nachgebildet ist, kann daher nichts anderes gelten. Dies gilt um so mehr, als die Feststellung einer von der "Richtung" abweichenden "Bestimmung" des spontan erfolgenden Telekommunikationsverkehrs in aller Regel nicht möglich ist, ohne daß dieser zuvor von den Ermittlungsbehörden zur Kenntnis genommen wird. Es kommt hinzu, daß § 12 Abs. 1 S. 1 FAG ebenso wie § 99 S. 2 StPO eine Tatsachenbasis ("... Tatsachen ... , aus denen zu schließen ist ... ") nur für das Herrühren und die Bestimmung der Mitteilungen, nicht aber auch für deren Richtung verlangt. Das Gesetz geht somit davon aus, daß die Feststellung der Richtung einer Mitteilung in tatsächlicher Hinsicht unzweideutig ist, weil sie sich aus ihrer Adressierung von selbst ergibt. Die Auskunftspflicht bezieht sich somit auf alle Daten, die dem Telekommunikationsunternehmen über den für einen Anschluß des Beschuldigten einkommenden Verkehr bekannt sind.
b) Die "Bestimmung" der Telekommunikation Nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG ist die Anordnung einer Auskunftserteilung nicht nur zulässig, wenn die Mitteilungen an den Beschuldigten gerichtet, sondern auch dann, wenn sie für ihn "bestimmt" waren. Eine gleichlautende Regelung findet sich in § 99 StPO, während § 100 a S. 2 StPO die Überwachung "gegen Personen" zuläßt, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie "für den Beschuldigten bestimmte ... Mitteilungen entgegennehmen". Der Sinn dieser Erweiterungen besteht offenbar darin, den geschützten Nachrichtenverkehr strafprozessualen Eingriffen auch dann zu unterwerfen, wenn er zwar nicht an den Beschuldigten gerichtet, sein gedanklicher Inhalt vom Urheber der Mitteilung aber gleichwohl für ihn bestimmt ist. Die Divergenz von ,,Richtung" und "Bestimmung" bezieht sich damit auf die bezweckte Kenntnisnahme vom Inhalt der Telekommunikation. Eine körperlich vermittelte Postsendung ist hiernach für den Beschuldigten "bestimmt", wenn sie ihm in corpore weitergegeben oder nach ihrem gedanklichen Inhalt ganz oder teilweise zugänglich gemacht oder mitgeteilt werden soll. ws Im Bereich der Telekommunikation ist eine Überlassung körperlicher Nachrichtenträger nicht möglich;I06 eine von der "Richtung" abweichende ,,Bestimmung" der Telekommunikation bezieht sich hier daher nur auf die Ermöglichung der Kenntnisnahme von ihrem gedanklichen Inhalt durch den Beschuldigten. lOS Welp, Überwachung, S. 74 m. Nachw. 106 Es ist daher auch nicht denkbar, daß der Beschuldigte hier eine "Deckadresse" verwendet (so aber Lampe, Erbs/Kohlhaas, FAG § 12 Rdn. 10).
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Die ,,Bestimmung" der Telekommunikation für den Beschuldigten ist als Individualisierungsfaktor nur dann von Bedeutung, wenn die Mitteilungen nicht an den Beschuldigten (sondern an einen Dritten) "gerichtet" sind. Ob unter dieser Voraussetzung eine ,,Bestimmung" der Mitteilung für den Beschuldigten und bei welchen Dritten dies anzunehmen ist, kann sich nur aus dem Kontext der Ermittlungen ergeben, setzt also kriminalistische Hypothesen voraus, die mit den stringenten Kriterien für die ,,Richtung" der Telekommunikation nicht vergleichbar sind. Soll das Beteiligungsprinzip daher gewahrt bleiben, so müssen für die Bestimmung des an Dritte gerichteten Telekommunikationsverkehrs konkrete Anhaltspunkte sprechen. Aus diesem Grunde verlangt das Gesetz in § 12 Abs. 1 S. 1 FAG eine Tatsachenbasis für diese Annahme. Diese "Tatsachen" haben sich darauf zu beziehen, daß der an einen Dritten gerichtete Telekommunikationsverkehr tatsächlich für den Beschuldigten bestimmt, also vom Absender zur Kenntnisnahme durch ihn vorgesehen ist. Hierfür genügen einerseits keine bloßen Vermutungen oder willkürlichen Kombinationen; andererseits ergibt sich aus § 100 a S. 2 StPO, daß es sich nicht um "bestimmte" Tatsachen zu handeln braucht. Da auch diese nur durch ein gewisses Maß an Konkretisierung des Verdachts umschrieben werden können, ist der Unterschied nur graduell und begrifflich nicht präzise zu erfassen. Es ist zwar nicht gefordert, daß der Schluß aus der Tatsache zwingend auf die Bestimmung der Mitteilungen hindeutet; vielmehr genügt hierfür eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Jedoch dürfen die Anknüpfungstatsachen, die auch Hilfstatsachen sein können, nicht ihrerseits nur Gegenstand von Vermutungen sein, sondern müssen nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen für wahr gehalten werden können. Eine exakte Grenze ist hiermit freilich nicht gefunden. Folgt man dieser Auslegung des § 12 Abs. 1 S. 1 FAG, so entsteht bei formeller Betrachtung allerdings ein Gegensatz zwischen dieser Norm (und § 99 StPO) einerseits und der gesetzlichen Regelung der entsprechenden Frage für die Fernmeldeüberwachung andererseits. Denn überträgt man die aus § 12 Abs. 1 S. 1 FAG zu entnehmenden Regelungsprinzipien auf den Fall der Fernmeldeüberwachung, so dürfte auch diese nur (gegen den Beschuldigten und) gegen seinen Nachrichtenmittler angeordnet werden. § 100 a S. 2 StPO knüpft zwar an diesen Gedanken an, wenn er die Überwachung solcher Telekommunikationsbeziehungen zuläßt, an denen entweder der Beschuldigte selbst aktiv oder passiv beteiligt ist oder die von Dritten mit solchen Personen geführt werden, die für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Nachrichten entgegennehmen oder weiterleiten (Nachrichtenmittler). Das Gesetz geht hierüber jedoch hinaus, wenn es zuläßt, daß die Überwachung "gegen" Dritte auch dann gerichtet werden darf, wenn lediglich anzunehmen ist, daß der Beschuldigte ihren Anschluß benutzt. Hiermit ist der Kreis der Nachrichtenmittler offenbar überschritten. Denn da es nach dem Gesetz nicht darauf ankommt, ob der Anschlußinhaber den Beschuldigten als solchen erkannt, ob er
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von der Bedeutung des geführten Gesprächs für die Untersuchung oder auch nur von der Benutzung seines Anschlusses gewußt hat, ist er Uberwachungsmaßnahmen ausgesetzt, ohne daß er hierfür irgendeine ihm erkennbare Veranlassung gegeben zu haben brauchte. Es ist hiernach auch zulässig, beispielsweise eine öffentliche Telefonzelle zu überwachen, sofern nur bestimmte Tatsachen dafür sprechen, daß der Beschuldigte sie benutzen könnte. Diese Erweiterung besitzt im Bereich des Auskunftsrechts zwar keine ausdrückliche gesetzliche Parallele. Sprechen indessen Tatsachen dafür, daß der über den Anschluß eines Dritten einkommende Verkehr von dem Beschuldigten (ohne Einschaltung eines ,,Nachrichtenmittlers") entgegengenommen wird, so ist die Annahme der "Bestimmung" ausreichend begründet. Praktische Divergenzen zwischen beiden Fällen sind daher nicht ersichtlich.
c) Das "Herrühren" der Telekommunikation Die aktive Beteiligung des Beschuldigten an dem der Auskunftspflicht unterliegenden Kommunikationsverkehr wird in § 12 Abs. 1 S. 1 FAG einheitlich dadurch umschrieben, daß die fraglichen Mitteilungen von ihm "herrühren" müssen. Auch § 99 StPO bedient sich dieser Formulierung, während § 100 a S.2 StPO (wiederum) die Überwachung "gegen Personen" zuläßt, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie von dem Beschuldigten "herrührende Mitteilungen ... weitergeben". Anders als im Falle der passiven Beteiligung verzichtet das Gesetz bei der aktiven Beteiligung des Beschuldigten auf eine Formalisierung der Beteiligung durch ein der "Richtung" äquivalentes Merkmal, obwohl sich auch hierfür die ,,Adresse" (des Absenders) anbieten würde, also die Kennung der Anschlüsse des Beschuldigten, von denen die Telekommunikationsbeziehungen hergestellt werden (entsprechend der Absenderangabe bei einer körperlichen Sendung). Aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich somit, daß es auch in diesem Falle darauf ankommt, ob Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß hergestellte Telekommunikationsbeziehungen von dem Beschuldigten herrühren. Es liegt auf der Hand, daß diese Differenzierung zwischen dem eingehenden und dem abgehenden Telekommunikationsverkehr sachlich unbegründet ist; denn wenn von einem Anschluß des Beschuldigten eine Verbindung mit einer anderen Person hergestellt wird, liegen dieselben "Tatsachen" vor, die auf seine Beteiligung schließen lassen, wie im Falle einer passiven Verwendung seiner Anschlüsse. Nach geltendem Recht hängt die Zulässigkeit von Auskünften über den von Anschlüssen des Beschuldigten abgehenden Telekommunikationsverkehr gleichwohl davon ab, daß konkrete, über die Anschlußbenutzung hinausgehende Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß der Beschuldigte selbst an den Verbindungen beteiligt ist. Ist nach Lage der Dinge davon auszu-
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gehen, daß der Beschuldigte die ihm zugeteilten Anschlüsse selbst benutzt, wird die Voraussetzung freilich stets als gegeben anzusehen sein. - Für die Beurteilung des ,,HeITÜhrens" gelten im übrigen dieselben Erwägungen, die zuvor für die ,,Bestimmung" der Mitteilungen angestellt worden sind. 101 3. Die Bescbuldigteneigenscbaft Die Beschuldigteneigenschaft begrenzt die Zulässigkeit einer Auskunftserteilung insofern, als die Untersuchung überhaupt gegen einen Beschuldigten geführt werden und dieser entweder selbst oder durch einen Nachrichtenmittler an den Telekommunikationsbeziehungen beteiligt sein muß, über die eine Auskunft erteilt werden soll. Das Auskunftsersuchen ist nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG also nur in "strafgerichtlichen Untersuchungen" zulässig, also beispielsweise nicht im Rahmen eines Verfahrens wegen einer Ordnungswidrigkeit. 108 Innerhalb eines Strafverfahrens hängt die Zulässigkeit davon ab, ob das (subjektive) Verfahren lO9 gegen einen Beschuldigten gerichtet ist, wobei dieser Begriff im übergreifenden, nicht auf das Ermittlungsverfahren begrenzten Sinn zu verstehen iSt. 110 Die Beschuldigteneigenschaft setzt hierbei voraus, daß der Verdacht einer Straftat besteht und die Begehung von Straftaten nicht nur allgemein vermutet wird. Ist dies der Fall, so muß sich die Untersuchung gegen eine bestimmte Person richten, ohne daß ein vom Gesetz bestimmter qualifizierter Verdachtsgrad bestehen müßte. Beschuldigter ist jeder, gegen den der Untersuchungsführer die Strafverfolgung als Verantwortlichen betreibt, mägen auch die Zweifel an seiner Täterschaft zunächst noch überwiegen. Hieraus ergibt sich, daß die Zulässigkeit eines Auskunftsersuchens nicht über den Beschuldigtenbegriff von einer bestimmten Verdachtsstärke abhängig gemacht werden kann. Einen "dringenden" oder auf "bestimmte Tatsachen" (§ 100 a S. 1 StPO) gestützten Verdacht der Tatbegehung verlangt das Gesetz gerade nicht; es ist nicht möglich, eine solche Voraussetzung im Wege der Interpretation in das Gesetz hineinzulegen. 11 I Oben BIIII/2 b). § 46 Abs. 3 S. 1 OWiG. Vgl. auch Eidenmüller, FAG § 12 Anm. 1; Lampe, ErbsIKohlhaas, FAG § 12 Rdn. 15. 109 Im selbständigen Einziehungsverfahren nach § 440 StPO ist ein Eingriff unzulässig, da es sich nicht gegen einen Beschuldigten richtet; so - für § 99 StPO - BGHSt. 23, 329, 331; Schäfer, in: UR, StPO § 99 Rdn. 25 f.; Rudolphi, in: SK-StPO, § 99 Rdn. 11; Müller, in: KMR, StPO § 99 Rdn. 7; KleinknechtlMeyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 6; Pfeiffer, StPO § 99 Rdn. 2; Nack, in: KK-StPO § 99 Rdn. 2 u. a. 110 Die Zulässigkeit von Auskünften für die Zwecke eines Strafvollstreckungsverfahrens beurteilt sich nach § 457 Abs. 3 StPO (Lampe, a. a. O. Rdn. 16); Nachw. zum alten Rechtszustand bei Welp, Überwachung, S. 52 Fn. 30. 111 Eine ,,Beurteilungshilfe" (Lampe, a. a. O. Rdn. 11) ist § 100 a S. 1 StPO daher nur insofern, als auch nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG eine konkrete Tatsachengrundlage für den Tatverdacht gegeben sein muß. 101
lOH
4 Welp
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Daß das Verfahren gegen einen bestimmten Beschuldigten gerichtet sein muß, wird von der Literatur gelegentlich dadurch zum Ausdruck gebracht, daß ein Eingriff in einem Ermittlungsverfahren "gegen Unbekannt" unzulässig sei. 1l2 Zutreffend ist daran, daß weder die ,,Richtung" noch die ,,Bestimmung" oder das ,,Herrühren" von Telekommunikationsbeziehungen festgestellt werden können, wenn der Täter bei dem gegenwärtigen Ermittlungsstand aus tatsächlichen Gründen nicht festgestellt werden kann, wobei die bloße Unkenntnis seines Namens unschädlich ist. Ist der Täter jedoch durch andere Merkmale als durch seinen Namen hinreichend individualisiert, so ist der Eingriff zulässig. I 13 Im übrigen kommt es nicht darauf an, ob das Ermittlungsverfahrenformell gegen Unbekannt geführt wird, da die Beschuldigteneigenschaft durch die Vornahme jeder Ermittlungshandlungen begründet wird, die - wenn auch nur konkludent den Willen der Staatsanwaltschaft erkennen läßt, das Verfahren gegen eine bestimmte Person als Verantwortlichen zu betreiben. Unter dieser Voraussetzung kann die Beschuldigteneigenschaft ebenso wie durch den Antrag auf Anordnung einer Überwachung durch den Antrag auf Erteilung der Auskunft selbst begründet werden.
4. Beweisbedeutung Nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG darf eine Auskunft über Telekommunikationsbeziehungen nur dann verlangt werden, "wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die Mitteilungen von dem Beschuldigten herrührten oder für ihn bestimmt waren und daß die Auskunft fir die Untersuchung Bedeutung hat." Die mutmaßliche Beweisbedeutung der Auskunft ist damit Voraussetzung der Zulässigkeit des EingriffsY4 Auch in dieser Hinsicht stimmt die Auskunftserteilung mit der Postbeschlagnahme überein (§ 99 S. 2 StPO). Die Zulässigkeit der Fernmeldeüberwachung ist nach § 100 a StPO hingegen von keiner solchen Voraussetzung abhängig; das Gesetz verlangt hier lediglich, daß "bestimmte Tatsachen" für den Verdacht der Tatbegehung und die Beteiligung
Nachw. bei Welp, Überwachung, S. 83 Fn. 59. Ebenso KleinJcnecht/Meyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 6; Lampe, a. a. O. Rdn. 15; LG Hamburg, NJW 1991,2718. 114 Nach dem - insoweit mit § 99 StPO übereinstimmenden und unzweideutigen - Gesetzeswortlaut ist eine auf Tatsachen beruhende Beweiseignung für die an den Beschuldigten "gerichteten" Mitteilungen nicht verlangt (KleinJcnecht/Meyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 10; a. A. Rudolphi, in: SK-StPO § 99 Rdn. 13). Ist eine Beweisbedeutung jedoch auszuschließen, so ist das Auskunftsverlangen unzulässig, da dieses als strafprozessuale Untersuchungshandlung auf die Verfahrenszwecke gerichtet sein muß (ebenso - für § 99 StPO - KleinJcnecht/Meyer-Goßner, a a. 0.; Nack, in: KK-StPO § 99 Rdn. 8; Amelung, in: AK-StPO § 99 Rdn. 7); vgl. dazu weiter im Text. 112 113
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des Beschuldigten an den zu überwachenden Telekommunikationsbeziehungen sprechen müssen. Eine Auskunft, die für die Untersuchung voraussichtlich keine Bedeutung hat, darf nun schon deswegen nicht erhoben werden, weil der Eingriff als strafprozessuale Untersuchungshandlung nur durch den Verfahrenszweck legitimiert ist. Die Funktion der vom Gesetz kumulativ verlangten, durch Tatsachen zu belegenden Beweisbedeutung kann daher nur darin bestehen, den Eingriff in solchen Fällen auszuschließen, in denen bloße Vermutungen für die Untersuchungsrelevanz der Auskunft sprechen. Daß die Fernmeldeüberwachung gern. § 100 a StPO hiernach angeordnet werden darf, sofern nur die Beweisbedeutung der Überwachungsergebnisse nicht apodiktisch auszuschließen ist, während die Zulässigkeit der Auskunftserteilung nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG konkrete und durch Tatsachen zu belegende Anhaltspunkte für die Untersuchungsrelevanz voraussetzt, ist ein weiterer Bewertungswiderspruch zwischen den gesetzlichen Eingriffstatbeständen. Fraglich bleibt, ob sich die erwartbare Beweisbedeutung auf jede einzelne von der Auskunft umfaßte Telekommunikationsverbindung zu beziehen hat oder ob es ausreicht, daß unter der Gesamtheit der mitgeteilten Verbindungen eine oder mehrere einzelne Verbindungen zu erwarten sind, auf die diese Voraussetzung zutrifft. Die Beantwortung dieser Frage wird dadurch erschwert, daß der Wortlaut des Gesetzes eine durch Tatsachen zu belegende Beweisbedeutung nur für Auskünfte über die für den Beschuldigten "bestimmten" und die Von ihm ,.herrührenden" Mitteilungen, nicht aber auch für die an ihn "gerichteten" Mitteilungen verlangt. Diese Divergenz beruht indessen auf einer sprachlichen Ungenauigkeit. Denn eine unterschiedliche Behandlung der an den Beschuldigten gerichteten und der für ihn bestimmten oder von ihm herrührenden Mitteilungen ist unter dem Gesichtspunkt der erwartbaren Beweisbedeutung nicht gerechtfertigt; allenfalls könnte für eine gegenteilige Differenzierung vorgebracht werden, daß die von dem Beschuldigten herrührenden Mitteilungen insofern mit größerer Wahrscheinlichkeit als die an ihn gerichteten oder für ihn bestimmten Mitteilungen für die Untersuchung relevant sein werden, als die Aktivitäten des mutmaßlichen Täters das Hauptinteresse der Ermittlungsbehörden finden. Auch bezüglich der an den Beschuldigten gerichteten Mitteilungen müssen daher "Tatsachen" vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß ihr Inhalt für die Untersuchung Bedeutung hat. 115 Ob nun diese Tatsachen bezüglich jeder einzelnen zu berichtenden Telekommunikationsbeziehung vorliegen müssen, ist an Hand der praktischen Konsequenzen einer solchen Auffassung zu entscheiden. Wäre sie zutreffend, dürfte
115 So für die vergleichbare Problematik der Postbeschlagnahme Welp, Überwachung S. 85 f.; vgl. dazu auch Nack, in: KK-StPO § 99 Rdn. 8. 4"
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die Erteilung einer Auskunft nicht angeordnet werden, wenn zu vermuten wäre, daß sie auch solche Telekommunikationsbeziehungen aufdecken würde, die keine Beweisbedeutung für die anhängige Untersuchung haben. Diese Möglichkeit ist jedoch kaum jemals auszuschließen, da die Erteilung der Auskunft in Unkenntnis der geführten Telekommunikationsbeziehungen angeordnet wird. Es genügt daher, daß sich die durch Tatsachen begründete Beweiserwartung auf die zu erteilende Auskunft insgesamt bezieht. Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Auskunftsersuchen in jedem Falle oder auch nur regelmäßig auf alle registrierten Verbindungen gerichtet werden dürfte. Kann die beweisrelevante Fragestellung vielmehr auf bestimmte Anschlüsse (,,Hat der Beschuldigte eine Verbindung zu dem Anschluß des X hergestellt?"), auf bestimmte Zeiten oder andere Merkmale begrenzt werden, so ist eine Auskunft auf die hierdurch indizierten Verbindungen zu beschränken. Nur wenn dies bei dem gegebenen Errnittlungsziel nicht möglich ist, darf eine nicht näher spezifizierte Auskunft auch dann angeordnet werden, wenn irrelevante Mitteilungen nicht ausgeschlossen werden können. Daß die Fernmeldeüberwachung nach § 100 a StPO schon bei einem geringeren Konkretisierungsgrad bezüglich der Beweisbedeutung zulässig ist, ändert nichts an dem Regelungsgehalt des § 12 Abs. 1 S. 1 FAG. Der hierin gelegene Bewertungswiderspruch kann mit den Mitteln der Gesetzesinterpretation nicht aufgehoben werden.
IV. Zeitlicher Anwendungsbereich 1. Gesetzeswortlaut Nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG dürfen Auskünfte über den Telekommunikationsverkehr einer Person nur verlangt werden, wenn die fraglichen Mitteilungen an den Beschuldigten "gerichtet waren", von ihm ,,herrührten" oder für ihn "bestimmt waren". Der Wortlaut des Gesetzes ist hiernach bezüglich seines zeitlichen Anwendungsbereichs unmißverständlich. Die mehrfach verwendete Vergangenheitsform, die in auffälligem Gegensatz zur Gegenwartsform des § 99 StPO steht, ist ein sprachlich eindeutiger Ausdruck dafür, daß sich die nach § 12 FAG zu erteilenden Auskünfte auf einen abgeschlossenen Telekommunikationsverkehr beziehen müssen. Das Gesetz ermächtigt also in § 12 FAG nicht zu Maßnahmen mit Wirkung für die Zukunft, sondern erlaubt lediglich Auskünfte über die Vergangenheit. Es ist daher unzulässig, diese Eingriffsgrundlage für Auskunftsersuchen heranzuziehen, die Informationen über einen zum Zeitpunkt der Anordnung zukünftigen Telekommunikationsverkehr verlangen. Der Wortlaut des Gesetzes ist die unübersteigbare Grenze seiner Auslegung. Es ist daher bislang weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung bezweifelt worden, daß der Telekommunikationsverkehr, über den Auskunft erteilt werden
IV. Zeitlicher Anwendungsbereich
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soll, bereits in der Vergangenheit abgeschlossen sein mußY6 Landgerichtliche Entscheidungen aus jüngerer Zeit, die diese Auffassung aus Gründen der Praktikabilität in Frage stellen, Jl1 gewinnen ihre Argumente vor allem aus dem Umstand, daß die zeitlichen Grenzen des Auskunftsrechts durch eine Verzögerung des Ersuchens oder durch dessen Wiederholung umgangen werden können. Indessen ist dies lediglich die Konsequenz einer veralteten Gesetzesfassung, die die Bedingungen der elektronischen Speicherung von Verbindungsdaten nicht ausreichend berücksichtigt.1I8 Dieser Mangel berechtigt indessen nicht dazu, die durch den Wortlaut vorgegebenen Grenzen einer Norm zu überschreiten, die zu Eingriffen in Grundrechte der Betroffenen ermächtigt.
2. Gesetzeszweck Nur diese Auslegung entspricht auch dem Sinn des Gesetzes. Versteht man unter "Überwachung" die begleitende Beobachtung eines laufenden Prozesses 116 Aus der Literatur: Schäfer, JW 1928, 218; Neugebauer, Fernmelderecht mit Rundfunkrecht, 1929, FAG § 12 Anm. 7/UB (S. 269 f.); Lengning, Post- und FernmeIdegeheimnis, S. 69; Badura, Bonner Kommentar, GG Art. 10 Rdn. 55; Welp, Überwachung, S. 123; MaunzlDürig/Herzog, GG Art. 10 Rdn. 56; Aubert, Fernmelderecht, S. 72; Mösch, Kriminalistik 1976,441,442; Weber, Archiv PF 1977, 389 f.; Füllkrug, Kriminalistik 1990, 89,90; Klesczewski, StV 1993,382; Badura, Archiv PT 1996, 348; Bär, CR 1998,434,438; Eisenberg/Nischan, JZ 1997,74,79; WuermeUng/Felixberger, CR 1997,555,556 Fn. 2; Maiwald, in: AK-StPO, § 100 a Rdn. 2; Müller, in: KMR, StPO § 100 a Rdn. 18; Nack, in: KK-StPO § 100 a Rdn. 19; Schäfer, in: UR, StPO § 99 Rdn. 44; Eidenmüller/Kämmerer, FAG § 12 Anm. 4; Lampe, in: Erbs/Kohlhaas, FAG § 12 Rdn. 12; Büchner, in: Beck'scher TGK Kommentar, TKG § 86 Rdn. 13; Ehmer, in: Beck'scher TKG Kommentar, TKG § 88 Rdn. 18; Rudolphi, in: SK-StPO § 100 a Rdn. 1,8, Roxin, Strafverfahrensrecht, S. 293 u. a. Aus der Rechtsprechung: BGH, NJW 1993, 1212, 1213; aLG Köln, NJW 1970, 1856, 1857; aLG Hamm, BeschI. v. 29.7.1999 - 3 Ws 368199; LG Bremen, BesehI. v. 12.4.1999 - 14 Qs 133/99; LG BerUn, BeschI. v. 5.11.1999 - 537 Qs 147/99 - sowie BeschI. v. 26.1.1998 - 537 Qs 18/99 - u. a Jl1 Insbes. LG München I, MMR 1998,613 f.; LG München I, BesehI. v.28.1.1997 6 Qs 2/97 - (,,Förmelei"); ferner LG Traunstein, DuO 1997, 112 = Archiv PT 1996, 348 m. abI. Anm. v. Badura; LG Frankfurt a. M., BeschI. v. 26.1.1998 - 512 Qs 4/98 ("auch für einen absehbaren Zeitraum in der Zukunft '" ". - Bär (CR 1998, 434, 438; ders., MMR 1998,577,583) bezeichnet diese mit dem Gesetzeswortlaut und einer jahrzehntelangen Auslegungstradition in offenem Widerspruch stehenden Aussagen als "rechtlich zweifelhaft" und erklärt es für zulässig, "den Betreiber des Telekommunikationsdienstes dazu zu verpflichten, neben den bereits vorhandenen Bestandsdaten (1) auch diejenigen herauszugeben, die erst für jeden weiteren Tag bis zu einem bestimmten Endzeitpunkt anfallen". Auch dies ist nicht haltbar. An anderer Stelle hatte derselbe Autor unter Berufung auf die "einhellige Ansicht in Literatur und Rechtsprechung" zutreffend bemerkt: ,,Durch den Gebrauch des Imperfekts in § 12 FAG wird unzweideutig klargestellt, daß sich die Auskunftspflicht nur auf den in der Vergangenheit liegenden und somit bereits abgewickelten Fernmeldeverkehr erstrecken kann" (Bär, Computerdaten, S. 352 f. bei und in Fußn. 38). 118 Dazu unten C/lI.
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(der Telekommunikation), unter ..Kontrolle" hingegen die Prüfung seines Resultats (der gespeicherten Verbindungsdaten), so dient § 12 FAG der Kontrolle von Datenspuren, die eine beendete Telekommunikation hinterlassen hat. Die Feststellung zukünftiger Verbindungsdaten ist typologisch hingegen ein Fall der Überwachung. Diese Eingriffsfonn ist im Strafverfahren bezüglich der Telekommunikation nur unter den Voraussetzungen der §§ 100 a f. StPO zugelassen. 119 Die Zulässigkeit von Eingriffen in den zukünftigen Telekommunikationsverkehr beurteilt sich daher ausschließlich nach diesen Nonnen. 120 In seiner ursprünglichen Fassung verpflichtete das Gesetz die Post in § 100 b Abs. 3 S. 1 StPO, ..das Abhören des Fernsprechverkehrs und das Mitlesen des Fernschreibverkehrs" zu ennöglichen. Wenn es hiernach fraglich sein konnte, ob auch die Verbindungsdaten von der Eingriffsvollmacht umfaßt waren, besteht hieran nach der Neufassung l21 des Gesetzes kein Zweifel. Der Adressat des Auskunftsersuchens hat nunmehr in einem umfassenden Sinn die ..Überwachung und Aufzeichnung" der Telekommunikation zu ennöglichen. l22 Die Eingriffsvollmacht des § 100 a StPO umfaßt damit nicht nur die Überwachung des Gesprächsinhalts, sondern auch ..die mit dem Telefonieren notwendigerweise verbundenen Vorgänge".123 Zu diesen ..Vorgängen" gehören alle nach § 5 Abs. 1 TDSV registrierten Verbindungsdaten. Ergeht daher eine Überwachungsanordnung, so sind den Ermittlungsbehörden auch diese Daten zugänglich zu machen. Besteht an dem Gesprächsinhalt kein Beweisinteresse, so ist auch eine isolierte Erhebung nur der Verbindungsdaten zulässig (und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit geboten).I24 Der reguläre Vollzug einer Überwachungsmaßnahme nach den §§ 100 a f. StPO besteht darin, daß der Adressat des Auskunftsersuchens den Ermittlungsbehörden die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen hat. Nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes hat er also selbst keine Ermittlungshandlungen vorzunehmen. l25 Vielmehr besteht die Er-
119 Hieraus ergibt sich, daß ein auf die Vergangenheit bezogenes Auskunftsersuchen nicht auf § 100 a StPO, sondern nur auf § 12 FAG gestützt werden kann (BGH, wistra 1998,66 f. m. Nachw.; zust. Lemke, in: HK, StPO § 100 a Rdn. 5; ferner Mechtel, Archiv PF 1990, 246, 251). 120 Zum Folgenden Welp, NStZ 1994, 209, 214. 121 Durch das Poststrukturgesetz v. 8.6.1989, BGBL I S. 1026. 122 Vgl. dazu Walz, CR 1990, 138, 139; ferner Lehmann, Archiv PF 1979, 1,6; Bär, a. a. O. S. 352. 123 BGHSt. 31,296,297. Ebenso Schäfer, in: UR, StPO § 100 a Rdn. 3; Büchs, Kriminalistik 1978,74; Mechtel, Archiv PF 1988, 160, 162; ders., Archiv PF 1990, 246, 251; Bär, CR 1993,578,583. 124 Welp, NStZ 1994,209,213; vgl. auch Füllkrug, Kriminalistik 1990,349,350; 12S Einhellige Ansicht; vgl. etwa Königshofen, Archiv PT 1994, 39,47; Müller, in: KMR, StPO § 100 b Rdn. 7. Vgl. auch § 5 Abs. 2 S. 1 FÜV.
IV. Zeitlicher Anwendungsbereich
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möglichung der Überwachung darin, daß der betreffende Anschluß der zuständigen Ermittlungsbehörde "zugeschaltet" wird. 126 Eine Zuschaltung nur der eingehenden Verbindungsdaten ist zwar technisch möglich, jedoch wenig praktikabel. Es ist deswegen allgemein anerkannt, daß in solchen Fällen an Stelle der Zuschaltung eine Auskunft über den zukünftigen Fernmeldeverkehr verlangt werden kann. Rechtsgrundlage sind die §§ 100 a f. StPO, die das Auskunftsrecht als Eingriffgeringerer Intensität einschließen. 127 Hieraus ergibt sich, daß die Unterscheidung vergangener und zukünftiger Telekommunikation auch in der gesetzlichen Systematik angelegt ist, da für beide Fälle unterschiedliche Eingriffstatbestände vorgesehen sind. Auskünfte über den zukünftigen Fernmeldeverkehr zu strafprozessualen Zwecken sind hiernach unter den Voraussetzungen der §§ 100 a f. StPO zulässig und nur unter diesen Voraussetzungen. 128 Dies bedeutet der Sache nach, daß Auskünfte über den zukünftigen Telekommunikationsverkehr nur erteilt werden dürfen, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht der Begehung einer Katalogtat begründen und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Bei Auskünften über den bereits abgewickelten Telekommunikationsverkehr gilt keine dieser Einschränkungen; sie sind nach dem Wortlaut des § 12 FAG somit bei jedem Delikt ohne Rücksicht auf einen besonderen Verdachtsgrad und die Erfolgsaussichten alternativer Ermittlungshandlungen zulässig.
3. Zeitpunkt Der zeitliche Anwendungsbereich des § 12 FAG ist hiernach ausschließlich auf die Vergangenheit bezogen. Fraglich kann demnach nur sein, auf welchen Zeitpunkt die gebotene Unterscheidung zu beziehen ist. Da Auskünfte auch über den zukünftigen Telekommunikationsverkehr erst dann erteilt werden können, wenn dieser stattgefunden hat, ist jede solche Auskunft notwendig vergangenheitsbezogen. Die Differenzierung ergibt sich daher nicht aus dem Inhalt der Auskunft, sondern aus dem zeitlichen Nacheinander von Telekommunikation und Auskunftsverlangen. Abgeschlossen und von § 12 FAG erfaßt sind hiernach Welp, Überwachung, S. 140 m. Nachw. Rudo/phi, in: SK-StPO § 100 a Rdn. 8; Ehmer, in: Beck'scher TKG Kommentar, TKG § 88 Rdn. 5. - Auch für § 99 StPO ist allgemein anerkannt, daß die Befugnis zur Postbeschlagnahme das geringere Recht einschließt, eine Auskunft einzuholen (vgl. etwa Schäfer, in: UR, StPO § 99 Rdn. 38 ff. m. Nachw.; Rudolphi, in: SK-StPO, § 99 Rdn. 17; KleinlcnechtiMeyer-Goßner, StPO § 99 Rdn. 13; Nack, in: KK-StPO § 99 Rdn.l0). 128 BGHSt. 31,296,297. Vgl. auch Mechtel, Archiv PF 1988,160,161. 126 127
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solche Telekommunikationsbeziehungen, die zum Zeitpunkt der Anordnung bereits beendet sind, zukünftig und nach den §§ 100 a f. StPO zu beurteilen solche, die zu dem genannten Zeitpunkt noch bevorstehen. Maßgeblich ist hiernach der Zeitpunkt der Anordnung des Eingriffs,129 zu dem die Eingriffsvoraussetzungen gegeben sein müssen. Auf den Zeitpunkt der verlangten Auskunftserteilung kommt es daher ebensowenig an wie auf den Eingang des Ersuchens bei dem Telekommunikationsunternehmen.
v. Prozessuale Fragen Das Verfahren zur Anordnung einer Auskunftserteilung wird zunächst hinsichtlich der Eingriffskompetenzen (BN/l) sowie bezüglich der Form der Anordnung (BN/2) dargestellt. Zu erörtern sind ferner Eingriffsverbote, die die Anordnung einer Auskunftserteilung ausschließen (BN/3) sowie beweisrechtliche Verwertungsbeschränkungen (BN/4) und die neuerdings vorgesehene Löschungspflicht (BN/5) sowie die Mitteilungspflicht (BN/6).
1. Eingriffskompetenzen Die Regelkompetenz zur Anordnung der Auskunftserteilung liegt nach § 12 Abs. 1 S. 1 FAG beim Richter, im Ermittlungsverfahren also bei dem nach § 162 StPO zuständigen Ermittlungsrichter. Das Gesetz folgt damit dem Modell des präventiven Rechtsschutzes, das die Einschaltung des Richters bereits in den Vorgang der Anordnung des Eingriffs vorsieht. Es ist in der Strafprozeßordnung bei nahezu allen Maßnahmen vorgesehen, deren Wirksamkeit auf ihrem überraschenden Vollzug beruht und die daher nach § 33 Abs. 4 StPO regelmäßig ohne vorherige Anhörung des Betroffenen angeordnet werden. Die richterliche Regelkompetenz hat in solchen Fällen die Funktion, die Prüfung des Antrags durch eine unabhängige Instanz zu ermöglichen, die vermöge ihrer Unabhängigkeit die Gewähr dafür bietet, daß einer einseitigen Sachverhaltsdarstellung mit Skepsis begegnet und nicht Vorgetragenes angemessen substituiert wird. Auch die Ausnahmekompetenz der Staatsanwaltschaft bei Gefahr im Verzug entspricht dem herkömmlichen Zuständigkeitsmodell der Strafprozeßordnung. Gefahr im Verzug ist gegeben, wenn mit der Einschaltung des Richters ein Zeitverlust verbunden wäre, der den Erfolg der Maßnahme gefährden würde. Da die auskunftspflichtigen Informationen im Falle des § 12 Abs. 1 S. 1 FAG gespeichert sind, ist diese Voraussetzung bei einem Auskunftsverlangen nur ge129
Lampe, in: Erbs/Kohlhaas, FAG § 12 Rdn. 12.
V. Prozessuale Fragen
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geben, wenn entweder die Löschung der Daten nach Ablauf der Speicherungsfrist unmittelbar bevorsteht oder wenn anzunehmen ist, daß die erteilte Auskunft Veranlassung zu weiteren unaufschiebbaren Ermiulungshandlungen geben wird. Eine Ausnahmekompetenz für Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft ist nicht vorgesehen. Ist die Auskunftserteilung von der Staatsanwaltschaft bei Gefahr im Verzuge angeordnet worden, so ist die Maßnahme wirksam, ohne daß es einer nachträglichen richterlichen Bestätigung bedürfte. l30 Neuere Eingriffstatbestände sehen eine hiervon abweichende Verfahrensgestaltung vor. 131 So treten etwa von der Staatsanwaltschaft angeordnete Maßnahmen der Rasterfahndung, der Postbeschlagnahme oder der Telefonüberwachung außer Kraft, wenn nicht binnen einer bestimmten Frist eine richterliche Bestätigung eingeholt wird. 132 Der Zweck dieser Verfahrensgestaltung besteht darin, Maßnahmen mit Dauerwirkung bezüglich des noch ausstehenden Teils ihrer Wirkung einer präventiven richterlichen Kontrolle zu unterwerfen. Diese Voraussetzung trifft auf den Fall der Anordnung einer Auskunftserteilung nicht zu, da nach ihrer Erteilung keine weitergehenden Eingriffsfolgen mehr bevorstehen, die durch eine richterliche Kontrolle abgewendet werden könnten. 133 Ein richterliches Bestätigungsverfahren könnte im Falle des § 12 FAG daher nur die Funktion haben, eine noch nicht vollzogene Anordnung mit dem Ziel zu überprüfen, sie gegebenenfalls vor ihrem Vollzug aufzuheben. Auch diese Möglichkeit wird zwar von den erwähnten neueren Eingriffsnormen urnfaßt, ist jedoch ersichtlich nicht der eigentliche Zweck der Bestätigungsverfahren. Es liegt daher im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit, eine solche Möglichkeit für § 12 FAG nicht vorzusehen, wenn auch der steigende Anteil staatsanwaltlicher Eilanordnungen rechtspolitisch für eine abweichende Verfahrensgestaltung spricht. Es bleibt die Frage nach der Kompetenz zur Kenntnisnahme vorn Inhalt der erteilten Auskunft. § 12 Abs. 1 S. 1 FAG enthält hierzu - anders die Vorschriften über die Postbeschlagnahme und die Fernrneldeüberwachung - keine Regelung. Bei einer Postbeschlagnahme ist nur der Richter zur Öffnung der ausgelieferten Gegenstände zuständig und kann diese Kompetenz nur bei Gefahr im Verzuge der Staatsanwaltschaft übertragen (§ 100 Abs. 3 StPO). Bei der Fernmeldeüberwachung ist im Gegensatz hierzu der Staatsanwaltschaft und ihren im Polizeidienst tätigen Hilfsbeamten die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen (§ 100 b Abs. 3 S. 1 StPO). Die Gleichheit
130
Aubert, Femmelderecht, S. 72 f.; Lampe, in: ErbsIKohlhaas, FAG § 12 Rdn. 17.
§§ 98 b Abs. 1 S. 2 u. 3; 100 Abs. 2; 100 b Abs. 1 S. 3; 100 d Abs. 1 S. 2, 163 d Abs. 2 u. 3; 163 e Abs. 4 S. 3 u. 4 StPO. 132 §§ 98 b Abs. 1 S. 3,100 Abs. 2,100 b Abs.l S. 2 StPO. 133 Aubert, a. a. O. S. 73. 131
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des Schutzgutes spricht für eine entsprechende Anwendung der zuletzt genannten Regelung. Die erwähnten Regelungen beziehen sich ausdrücklich nur auf die Kenntnisnahme vom Inhalt der überwachten Nachrichten. Bei der Erteilung einer Auskunft stehen jedoch die Verbindungsdaten der Telekommunikation im Vordergrund. Zu deren Kenntnisnahme sind dieselben Organe zuständig, die auch zur Kenntnisnahme vom Nachrichteninhalt befugt wären. Dies sind nach § 100 b Abs. 3 StPO neben der Staatsanwaltschaft auch ihre polizeilichen Hilfsorgane.
2. Form der Anordnung Für die Anordnung der Auskunftserteilung ist im Gesetz ebensowenig wie für die Postbeschlagnahme eine besondere Form vorgesehen. l34 Für die Anordnung der Fernmeldeüberwachung schreibt § 100 b Abs. 2 S. 1 StPO im Gegensatz hierzu die Schriftform vor. Ein Umkehrschluß kann hieraus indessen nicht gezogen werden. Die Schriftlichkeit der Anordnung ist nicht nur Voraussetzung ihrer Überprüfbarkeit im Rechtsmittelzuge, sondern auch Grundlage der von dem Adressaten vorzunehmenden Prüfung, ob die Anordnung von einer hierzu zuständigen Instanz ausgegangen ist. Die Erteilung der Auskunft ist daher - ebenso wie eine Postbeschlagnahme - schriftlich anzuordnen; dem ersuchten Telekommunikationsunternehmen ist eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift zuzuleiten, die den Urheber der Anordnung erkennen läßt. 135 Eine Übermittlung per Telefax reicht aus, wenn an der Authentizität des Absenders kein Zweifel besteht. Ebenso wie bei der Durchsuchung 136 ist in Eilfällen eine mündliche oder fernmündliche Anordnung gegenüber dem Telekommunikationsunternehmen ausreichend;137 jedoch ist die schriftliche Anordnung nachzureichen}38 Bis zum
134 KleinknechtiMeyer-Goßner, StPO § 100 Rdn. 3. Für eine analoge Anwendung des § 100 StPO auf den Fall der Auskunft über der Postverkehr Rudolphi, in: SK-StPO, § 99 Rdn. 18 § 100 Rdn. 16; vgl. auch Lengning, Post- und Femmeldegeheimnis, S. 70. 135 Eidenmüller, FAG § 12 Anm. 2; Amelung, in: AK-StPO § 100 Rdn. 34; Artkiimper, Kriminalistik 1998,203,204; vgl. auch KleinknechtlMeyer-Goßner, StPO § 100 b Rdn.5. 136 BGHSt. 28,57,59. 137 Eidenmüller, FAG § 12 Anm. 2; KleinknechtlMeyer-Goßner, StPO § 100 b Rdn.5. 138Amelung, in: AK-StPO § 100 Rdn. 7; Rudolphi, in: SK-StPO § 100 Rdn. 4; KleinknechtlMeyer-Goßner, StPO § 100 b Rdn. 5.
Y. Prozessuale Fragen
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Eingang dieser Bestätigung darf die Auskunft nicht erteilt, sondern nur vorbereitet werden. 139
3. Eingriffsverbote a) Zeugnisverweigerungsrechte
Eingriffsverbote zum Schutz solcher Verbindungs- oder Inhaltsdaten, die sich auf die Telekommunikation mit zeugnisverweigerungsberechtigten Personen beziehen, sind in § 12 Abs. 1 S. 1 FAG nicht vorgesehen. Entsprechendes gilt für die Postbeschlagnahme, die Fernmeldeüberwachung und andere heimliche oder mit technischen Mitteln vorgetragene strafprozessuale Grundrechtseingriffe. In der Rechtsprechung sind aus diesem Grunde Überwachungsverbote zum Schutz solcher Vertrauensbeziehungen zu den berechtigten Personengruppen nicht anerkannt. 140 In der Literatur wird diese Frage kontrovers oder differenzierend beurteilt. 141 . Eine gesetzliche Regelung dieser Frage besteht nur für den sogenannten großen Lauschangriff, der ,,in den Fällen des § 53 Abs. 1" unzulässig ist (§ 100 d Abs. 3 S. 1 StPO). Ferner hängt die Verwertbarkeit der gewonnenen Ergebnisse als Beweismittel "in den Fällen der §§ 52 und 53 a" davon ab, daß die Verwertbarkeit "unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden Vertrauensverhältnisses" nicht außer Verhältnis zu dem Ermittlungszweck steht (§ 100 d Abs. 3 S. 2 StPO). Ist der zur Zeugnisverweigerung Berechtigte der Beteiligung oder der Begehung einer Anschlußtat verdächtig, so entfällt das Eingriffsverbot nach S. 1; zudem ist dieser Umstand bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (§ 100 d Abs. 3 S. 3 StPO). Der Ausnahmecharakter des § 100 d Abs. 3 StPO kann einerseits als Argument dafür herangezogen werden, daß Eingriffs- oder Verwertungsverbote zum Schutz der Zeugnisverweigerungsrechte bei anderen strafprozessualen Grundrechtseingriffen, insbesondere bei Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis, mangels gesetzlicher Grundlage nicht anzuerkennen sind. Andererseits wird darauf hingewiesen, daß der Funktionsschutz, der mit dem Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen (§ 53 StPO) angestrebt wird, nicht räumlich radiziert
139 Eidenmüller, FAG § 12 Anm. 2; für die Postbeschlagnahme Schäfer, in: UR, StPO § 100 Rdn. 34; Amelung, in: AK-StPO § 100 Rdn. 34. 14OYgl. nur BGHSt. 29,23,25. 141 Ygl. etwa Maiwald, in: AK-StPO, § 100 a Rdn. 11 f.; Nack, in: KK-StPO, § 100 a Rdn. 29 ff.; Schäfer, in: UR, StPO § 100 a Rdn. 25; Rudolphi, in: SK-StPO § 100 a Rdn. 18 - 22 m. w. Nachw. Für ein Eingriffsverbot in den Fällen des § 53 StPO etwa Müller, in: KMR, StPO § 100 a Rdn. 18.
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Teil B: Der Anwendungsbereich des § 12 FAG
ist und daher für ein technisch vennitteltes Gespräch in derselben Weise gelten müsse wie für ein Gespräch in Gegenwart der Partner (in der Wohnung).142 Speziell im Hinblick auf § 12 FAG ist umstritten, ob auf solche Verbindungsdaten zugegriffen werden darf, die bei Telekommunikationsbeziehungen von Journalisten, insbesondere zu Informanten, entstanden sind. 143 Die Frage ist Gegenstand einer beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerde des Zweiten Deutschen Fernsehens. 144
b) Analoge Anwendung Eine analoge Anwendung der auf die Erstattung von Aussagen zugeschnittenen Zeugnisverweigerungsrechte auf Auskunftsersuchen würde eine planwidrige Regelungslücke voraussetzen. Diese ist schon deswegen nicht gegeben, weil die Frage bei der Verabschiedung des Begleitgesetzes zum Telekommunikationsgesetz zwar Gegenstand der parlamentarischen Beratungen gewesen und als regelungs bedürftig angesehen worden ist,I4S jedoch keine gesetzliche Lösung gefunden hat. l46 Es ist nicht möglich, die Entscheidung dieser Frage mit den Mitteln der Gesetzesauslegung zu treffen. Dies gilt um so mehr, als eine auf § 12 FAG beschränkte Lösung nicht denkbar ist. Es handelt sich vielmehr um eine "Querschnittsproblematik", die auch die Überwachung der Telekommunikation, die Postbeschlagnahme und andere strafprozessuale Grundrechtseingriffe betrifft. Die Beratungen zur Einführung des großen Lauschangriffs und seiner Begrenzung durch Überwachungsverbote zum Schutz von Vertrauensbeziehungen haben gezeigt, daß der gesamte Komplex rechtspolitisch überaus kontrovers beurteilt wird. Es ist Sache des Gesetzgebers, diese Frage zu entscheiden.
c) Verfassungsrechtliche Eingriffsverbote Einzelne Überwachungsverbote können sich allerdings auch unabhängig von einer gesetzlichen Neuregelung der Materie unmittelbar aus der Verfassung ergeben. Diskutiert wird diese Frage vor allem im Hinblick auf die grundrechtli-
142 Vgl. dazu Mommsen, ZRP 1998,459,461 f.; Stümper, ZRP 1998,463,464 f. 143 Nachw. zum Streitstand bei Lampe, in: ErbsIKohlhaas, FAG § 12 Rdn. 22. 144 Vgl. LG Frankfurt a. M, NJW 1996, 1008 f.; dazu Kerscher, NJW 1997,1350 f. 14S Dazu unten C/l/1. 146 Vgl. auch Schäfer, in: UR, StPO § 100 a Rdn. 25; Groß, StV 1996,563; ferner BT-Drucks. 13/6382, S. 6.
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che Gewährleistung der Pressefreiheit. 147 Einzelne Eingriffsverbote können zudem aus dem Kontext eines gesetzlichen Regelungszusammenhanges abgeleitet werden. Da § 148 StPO den freien Verkehr des Beschuldigten mit seinem Verteidiger garantiert, ist auch jede Überwachung dieses Verkehrs unzulässig. Es ist deswegen auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshoft anerkannt, daß der Telefonanschluß eines Verteidigers nicht abgehört werden darf. l