Bayern im deutschen Grenzkampf [3. Auflage. Reprint 2019] 9783486765359, 9783486765342

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Vorwort zur dritten Auflage
Bayern im deutschen Grenzkampf
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Bayern im deutschen Grenzkampf [3. Auflage. Reprint 2019]
 9783486765359, 9783486765342

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Kurt Trampler

Bayern im deutschen Grenzkampf 3. verbesserte Auflage

R. Oldenbourg Verlag München 1

Unter Nr. VIII 56259 vom ii. 12. 1933 für die Oberstufe der heberen Lehranstalten und Lehrerbildungsanstalten und für die Schülerbüchereien der Oberstufe ministeriell empfohlen

Vorwort zur dritten Auflage „Bayern im deutschen Grenzkampf" soll das altbayerische Stammland, soll ganz Bayern zurückführen zu der alten Grenzkampf-Ersahrung des bayerischen Stammes. Das Büchlein soll die Aufgabe zeigen, deutsch zu erhalten, was der bayerische Stamm in seiner größten Zeit dem Deutschtum gewonnen hat. Nicht umsonst erschien die 2. Auflage der Bild-Ausgabe dieser Schrift auf beson­ dere Veranlassung des Volksbundes für das Deutschtum im Aus­ land. In ihm muß jung und alt sich zusammenschließen zu ein­ mütigem, geraden Einstehen für die Selbstbehauptung deö gesam­ ten deutschen Volkes, unabhängig von staatlichen Grenzen*). Bayem ist zurückgekehrt zu seiner alten Aufgabe, Schild des Deutschtums im Süden und Südosten zu sein. Grenzland zu sein bedeutet, mehr Pflichten zu haben und mehr Opfer zu bringen! In diesen GrenzGeift muß Bayern hineinwachsen — Bayern, das neue Grenzland. München, den 15. Dezember 1933

Dr.

Kurt Trampler

*) Anschrift des Landesverbandes Bayern des Volksbundes für das Deutsch­ tum im Ausland: München, Richard-Wagner-Str. 30,

Bayern im deutschen Grenzkampf Schwert und Pflug, staatsmännisches Genie und naturhaftes Leben und Wachstum des Volkes haben im Lauf der Geschichte unendlich mannigfaltige Grenzen des deutschen Staates und des deutschen Volkes entstehen und vergehen lassen. Germanische Stämme besiedelten Osi-Westbewegung einst alles Land zwischen der Ostsee und dem Schwarzen german. Völker Meer. Sie überfluteten westwärts und südwärts die Dämme, die das spätrömische Reich vergeblich ihrem Ansturm entgegenstellte. Bis an den Sand der Sahara gründeten sie ihre Reiche, die im artfremden Lebensraum wieder einstürzten und ihre Erbauer unter ihren Trüm­ mern begruben. Von Bestand blieb die Landnahme der Germanen nur auf dem Boden, der heute der Lebens­ raum unseres Volkes ist. Hier wurden die Stämme von der gemeinsamen geistigen Bewegung des Christentums erfaßt. Hier erlebten sie die erste gemeinsame Not. Hier wurden die Stämme zum Volk. Das Volk wandte sich mit einer gewaltigen kolonisatorischen Leistung wieder zurück nach dem Osten und schob seine Vorposten wieder bis in die Urheimat der Ostgermanen hinein vor. Eine Welle deutscher Bauern und Krieger, Handwerker und Kaufleute nach der anderen nahm den Weg nach dem Osten und schuf neue Grenzen für den deutschen Staat oder wenigstens neue bodenständige deutsche Siedlungen, die wie Inseln im Meere fremden Volkstums Jahrhun­ derte hindurch ihre Eigenart bewahren. Der innere Zer­ fall des ersten Reiches entzog dem Werk des Deutsch­ tums im Osten den Schutz des Schwertes. Dennoch brach es nicht zusammen und ist selbst dort noch gegen­ wärtig, wo kein lebendiges deutsches Volk es mehr hütet. Wo der Pflug den Boden erobert hatte, überdauerte das Volk selbst die Zeiten der Machtlosigkeit. Innerlich mit neuem Leben erfüllt, ging es im Osten aus dem Weltkn'eg hervor. Das deutsche Heer, das die Fahnen der

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Bayern im deutschen Grenzkampf

Die Ost-Westbewegung der germanischen Völker

alten Heimat bis an die Grenzen Asiens getragen hatte, hatte ein verschüttetes und vergessenes Gefühl der Ge­ meinschaft neu erstehen lassen, das selbst der Zusammen­ bruch des Jahres 1918 nicht wieder zunichte machen konnte. Und gerade in dieser Zeit erwies das große Werk der Kulturerschließung Mitteleuropas durch die Deut­ schen noch auf anderem Gebiet seine Kraft. Die Gren­ zen, bis zu denen der asiatische Bolschewismus vor­ dringen konnte, stimmen fast genau mit den Linien überein, bis zu denen der Einfluß des deutschen Rechts und der deutschen Kultur reichte und reicht. In einer zweitausendjährigen Geschichte gibt es von der Wolga bis zu den britischen Inseln, von der Nordsee bis zum nordafrikanischen Atlaö kein Land, das nicht einmal unter dem Zepter eines germanischen Reiches gestanden hätte. Das ist der große europäische Rahmen der Geschichte des europäischen Mittel­ volkes und Herzvolkes, der Deutschen, —

Bayern im deutschen Grenzkampf

ein gewaltiger Pendelschwung über die ganze alte Welt von der russischen Steppe bis an den Ozean. Völkerwanderung Der Anteil Bayerns an diesem gewaltigen Ge­ schehen war von jeher mehr bewahrend als bewegend. Der bayerische Stamm und Staat ist aber trotzdem nicht wegzudenken aus der germanischen und deutschen Ge­ schichte. Bayern gehört nicht zu den kühnsten Spitzen des deutschen Gebäudes. Aber es ist sein festester Grundbau gewesen eineinhalb Jahrtausende hindurch. Die Bayern wurden der Schild des Deutschtums im Alpen- und Donauraum. Ohne diese feste Stellung im Donauraum und ohne die sichere Deckung gegen Süden wären fast alle großen Entwicklungen der deutschen Geschichte nicht denkbar ge­ wesen, und vieles Unheil, das die anderen Stämme er­ leiden mußten, hätte das gesamte Deutschtum betroffen. Der bewahrende und auf organisches Wachstum gerich­ tete Charakter der bayerischen Ostarbeit bedeutet den viel­ leicht kühneren Unternehmungen anderer Stämme gegen-

Dte DSlkerwanberung der Bayern besteht in einer Schwenkung um die Grenzgebkrge

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über keinen Wertunterschied, sondern einen Unterschied in der Form der Politik. Bei einem Vergleich beider Formen finden wir die bayerische Form des 'Grenz­ kampfes auf weite Sicht erfolgreicher. Schon vor der deutschen Volkwerdung finden wir diese Behauptung be­ stätigt. Während andere germanische Stämme Europa von Osten nach Westen durchquerten, verblieben die Bayern noch im gesicherten Böhmen. Als letzter Stamm schlossen sie sich nach 500 der südwestlichen Bewegung an. Um den Drehzapfen des alten Völkertores der Further Senke bewegten sie sich westwärts und schwenk­ ten in die Donauniederung und in die altbayerische Hoch­ ebene ein. Dieses Land entsprach ihnen. Hier blieben sie. So ist ihr Anteil an der Völkerwanderung nur eine Schwenkung um die Höhenzüge des Nordwaldes, der zuerst ihre Südwestgrenze war und nun ihre Nordost­ grenze wurde. Wie ein unverrückbarer Block haben sie aber dieses Stück Land eineinhalb Jahrtausende hindurch behauptet. Von hier aus begann der bayerische Stamm zu wachsen. Schon die Agilolfinger begannen um 700 mit der Erweiterung des Siedlungsraumes. Die Klöster Jnnichen, Kremsmünster und Chammünster legten die Richtung fest. Die Karolinger stießen durch die Abwehr deö awarischen und mährischen Vor­ dringens die Tor; für die bayerische Kolonisation im Do­ nauraum weit auf. Sie sahen darin ihre Hauptaufgabe. Deswegen gaben sie Regensburg eine besonders bevor­ zugte Stellung. Der allbayerische Der Weg der bayerischen Siedler führt nun südlich Stammcsboden in die Alpen hinein, östlich die Donau abwärts, nörd­ lich in den Urwald. Ein ungemein sicherer raumpoli­ tischer Instinkt sagte diesen Bauern, bis wie weit sie vordringen mußten, um ihre Stellung zu sichern, und welche Grenzlinien sie nicht überschreiten durften, ohne sie zu gefährden. Ihre starrsinnige Eigenart mag ihren Vormarsch vielleicht an die Anbaugrenzen der her­ gebrachten Kulturpflanzen, an das gewohnte Klima gebunden haben, daß sie den Lockungen einer fremden Welt, die den phantasiereichen inneren Schwung der Goten so verhängnisvoll lenkte, nicht erlegen sind. So mitreißend und gewaltig der Mythos der Süd-

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jO WAID

Donau,

Die raumpolitische Begrenzung Mtbayems: auf drei Seiten Gebirge

reiche der Germanen in der Völkerwanderung ist: Vom geschichtlichen Standpunkt aus ist die Beharrlichkeit der Bayern für Deutschland bedeutsamer gewesen, als das Versprühen deutscher Volkskraft im wesensfremden Mittelmeer-Raum. Denn es erweist sich, daß nur die Landnahme von Dauer ist, die volkspolitisch unterbaut ist. Nur der Boden kann behauptet werden, der be­ siedelt wird. Nur die Grenze währt, die nach dem Schwert auch der Pflug nachzeichnet. Goten, Burgunder, Vandalen, Westfranken, alle nach dem Süden wandernden Stämme mußten fallen oder ihre Wesensart verlieren, weil sie in ihren Reichen eine dünne Herrenschicht über kulturell überlegenen Fremd­ völkern blieben. Die Heimatverbundenheit der Völker der sterbenden antiken Welt war der wurzellos gewor-

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denen Stärke der germanischen Völker, die die Verbin­ dung mit dem arteigenen Boden verloren hatten, über­ legen. Die Bayern konnten sich halten, weil sie sich auf das Mögliche beschränkten und nur so viel Land in Besitz nahmen, als sie selbst als Bauern bestellen Altbayerns konnten. Das Land, Alt Kapern, das sie unter den BestLndigkeit Pflug nahmen, übte keine erschlaffende Wirkung auf das Volk aus wie etwa die reichen Ebenen Italiens auf die Goten und Burgunder. Im Gegenteil! Die rauhen Hoch­ ebenen Bayerns stellten höhere Anforderungen als die fruchtbareren Gebiete in Böhmen. Keine fremdartige Kul­ turlandschaft zwang die Bayern in ihre ausgebildeten Lebensformen. So verwuchsen sie ihrem Boden so sehr, daß kein Sturm sie wegfegen konnte: Awaren, Ma­ gyaren, Hussiten und Türken brachen ihre Kraft am bayerischen Stammeöboden, wenn auch die letzten Ent­ scheidungen in diesen Kämpfen mit Hilfe der Reichs­ heere fielen. Von Anfang an trug dieses harte Land einen Staat. Lange vor der Herausbildung einer deutschen Jentralgewalt, ja vor dem Beginn der deutschen Volkwerdung war Bayern alö Staat bereits ins Leben getreten. Und es blieb auch der einzige Staat, der alle Umschichtungen des deutschen Lebens überdauert hat bis auf den heuN'gen Tag. Unterschiedlich war seine Ausdehnung nach allen Himmelsrichtungen. Der Kern aber blieb unver­ rückbar erhalten, eineinhalb Jahrtausende lang in den gleichen Grenzen. Bayerns Leistung und Aufgabe im Grenz­ kampf läßt sich im ganzen Verlauf der Geschichte in folgenden vier Abschnitten klar verfolgen. Die Gewinnung und Durchbildung des deutschen Volksbodens im Süden und Südosten ist die große Leistung der Vergangenheit. Sie setzte sich noch bis 1918 fort in der durch Österreich geleisteten kulturellen Erschließung des Donauraumes. Die Ver­ teidigung dieses Besitzstandes ist die Aufgabe der Gegenwart. Die Führung und Neuordnung des D o n a u r a u m e s ist die ungeheuer große Aufgabe der kommenden Zeit.

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Bayern im deutschen Grenzkampf

Der kolonisatorische Zeitraum ist umgrenzt von zwei für das gesamte Deutschtum verhängnisvollen Ereignissen: dem Verlust Böhmens und der Tei­ lung des bayerischen Herzogtums. Es ist eines der großen Verhängnisse der deutschen Geschichte, daß der bayerische Stamm vor der Volkwerdung der Deutschen auf seinem Zug nach Altbayern das Quell­ gebiet der Weichsel leergewandert und da­ mit die für die mitteleuropäische Position der Deut­ schen so unendlich wichtige Landbrücke zwischen den Stromgebieten der Donau und der Weichsel verloren hat. Wenn freilich auch nicht anzunehmen ist, daß die Bayern Böhmen, die europäische Zitadelle, ganz geräumt haben, da bei der damaligen Organisation der germanischen Stämme an eine alle Stammes­ angehörigen erfassende Wanderungsbewegung kaum ge­ dacht werden kann, so hat doch zweifellos die Schwen­ kung der Bayern um die Further Senke den Groß­ teil des Stammes, und zwar gerade seine kräftigsten Teile, erfaßt. So konnten die damals noch weitaus weniger organisierten slawischen Stämme, deren erste viel spätere Staatsbildung von einem fränkischen Kaufmann, Samo, geleitet war, langsam in das fast verlassene Land nachrücken und den Grundstein zu dem nachmaligen tschechischen Siedlungsgebiet legen, das sich heute wie eine gefahrdrohende Faust mitten in den deutschen Volks­ boden hineinschiebt. In einem Ansturm überrannten die Bayern nach ihrem Durchbruch durch die Further Senke und den Oberpfälzer Wald die kärglichen Reste fremder Besiedlung und römischer Kultur, die Altbayern damals aufzu­ weisen hatte. Ihr erstes Siedlungsgebiet in der neuen Heimat läßt sich etwa folgendermaßen umgrenzen: West­ grenze war der Lech, Südgrenze der Nordhang der Alpen, Ostgrenze die Westabhänge der heute oberöster­ reichischen Höhenzüge, Nordgrenze die undurchdringlichen Waldgebiete, der Bayerische und Böhmerwald, der da­ mals als Nordwald eine undurchbrochene Urwald­ masse war. Außer an der Lechgrenze, wo sie an die ver­ wandten Alemannen grenzten, hatten die Bayern nir­ gends Nachkam. Ein breiter Gürtel unbewohnten oder kaum besiedelten Landes umgab sie nördlich, südlich und

II Südoftdmkjcher Volksbode»

VerlustBöhmenc-

Geopol. Lage Altbayerns

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östlich. Diesem Umstand ist es vielleicht zu verdanken, daß die bayerische Kolonisation ihr Werk so lückenlos vollbringen konnte. Nirgends befanden sich starke fremd­ völkische Siedlungen im Kolonisationsgebiet, deren Fort­ bestand oder Aufsaugung eine Gefahr für das Sied­ lungswerk hätte sein können. Denn auch das Aufgehen großer Teile fremdvölkischer Besiedlung im bayerischen Stamm wäre eine Gefahr für seine Eigenart gewesen, eine größere vielleicht als ihr Fortbestand. Hier liegt der erste grundlegende Unterschied der Südostkolonisation gegenüber der Nordostkolonisation: Die nordöstliche Ausbreitung des Deutschtums schloß mit der des Christentums zugleich die Aufsaugung un­ organisierter fremder, vor allem slawischer Stammes­ verbände, im deutschen Volk in sich. Die südöstliche Kulturleistung Bayer. Kolonisation war vor allem eine Verwandlung Kolonisation von

urlandschaft

in

Kulturlandschaft.

Während uns von den Herzogen des Nordens die

Die bayerische Ostkolonisation

Bayem im deutschen Grenzkampf

alten Quellen berichten, wie sie ständig ausreiten mußten, um die bedrohte Grenze vor den Angriffen der Nachbarn zu schützen, ist uns von einem bayerischen Herzog ein für die Südostkolonisation ganz besonders kennzeichnender Zug überliefert: Der Herzog ritt mit der Axt aus und bezeichnete durch Axthiebe an einigen Bäu­ men ein weites Waldgebiet, das gerodet und besiedelt werden sollte. Donauabwärts und alpeneinwärts stieß die baye­ rische Kolonisation zuerst vor; erst später ging sie zur Flankensicherung auch an die Erschließung des beson­ ders siedlungsseindlichen Nordwaldes. Dem Lauf der Flüsse folgend, wachsen die Bayern nach Süden, Osten und Norden in ihren Lebensraum hinein. Es ist kein Stück Landes, das ihnen mühelos in die Hände gefallen wäre. Jeden Quadratfuß mußten sie erarbeiten. Es ist aber auch kein Stück brauchbaren Landes, das sie unbesiedelt gelassen hätten, wie das bei der Kolonisation der nördlichen Ebenen, wo die Siedler in weitem Um­ kreis das beste Land suchten, der Fall war. Überall konnte die Kolonisation nur schrittweise gegen die Natur­ landschaft vordringen. Von außen her erlitt die Sied­ lungsarbeit lange Zeit keine Störungen. Die Nach­ barn jenseits der Grenzgebiete standen dem Gebirge und dem Wald mit einer vollkommen anderen Ein­ stellung gegenüber. Für sie war der Wald nicht Sied­ lungsland, sondern trennende Schranke. So gelang es den Bayern, nicht nur den Kamm der Gebirge zu ge­ winnen, sie konnten auch, da von der anderen Seite her noch keine Rodearbeit begonnen hatte, den jen­ seitigen Abhang besiedeln und damit so ziemlich den gan­ zen Alpenkörper und den ganzen Böhmerwald in fried­ licher Arbeit ihrem Besitz eingliedern. Aus diesem Gesichtspunkt ist es auch unsinnig, wie das in wissenschaftlich ernstgemeinten Büchern geschehen ist, die Ostgrenzen des Deutschtums vor der Kolonisa­ tionszeit am Westabhang des Nordwaldes einzuzeich­ nen, unter Anlehnung an die östlichsten Iollstationen, wenn man nicht gleichzeitig die Westgrenzen der Slawen auf dem Osthang des Nordwaldes festlegt. Wenn man vergißt, auf allen einschlägigen geschichtlichen Karten den Urwald eindeutig als unbewohnt zu kenn-

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Alpen und Böhmer­ wald deutsch

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SiedlungSarbeit der Klöster

zeichnet, so liefert man damit nur jener tschechischen Anmaßung Material, die mit geschichtlichen „Beweisen" die „Rückgabe" der bayerischen Ostmark an die Tschecho­ slowakei fordert. Die Tschechen begründen dieö etwa so: Die östlichen Nachbarn der Deutschen sind die Tschechen, also sind die Ostgrenzen der deutschen Sied-' lung zugleich die Westgrenze der tschechischen! Bei allen derartigen Veröffentlichungen ist die größte Vorsicht ge­ boten, wenn man nicht fahrlässig den unsinnigsten An­ sprüchen der Gegenseite Scheingründe liefern will. Träger der Kolonisationsarbeit waren anfangs die großen Siedlungsklöster. Ihre durchgebildete Or­ ganisation, ihr Überfluß an Kräften, die auf allen Ge­ bieten der Kulturarbeit geschult waren, ihre zielklare Beständigkeit in der Arbeit hat ganz wesentlich dazu beigetragen, die Kolonisation nicht auf die Bahnen krie­ gerischer Ruhmeözüge zu leiten, sondern sie mit ruhiger Folgerichtigkeit Erstritt für Schritt vorwärtözutreiben. Gewiß haben weltliche Herrschaften auch außerordent-

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liche Leistungen auf diesem Gebiet vollbracht, wie es auch den Klöstern nicht an bahnbrechenden Männern gefehlt hat. Aber die feste Fundierung der Kolonisation ist zwei­ fellos ihr Verdienst. Der straffe Gehorsam der klöster­ lichen Zucht stellte jedermann an den richtigen Platz. Der Wiener Historiker Dr. Klebel weist in wert­ vollen kartographischen Arbeiten überzeugend nach, mit welcher unverrückbaren Gründlichkeit die klösterliche Siedlungsarbeit geleistet wurde. Man sieht auf diesen Karten z. 23. von Niederaltaich aus einen breiten Strei­ fen deutscher Kolonisation, der sich in einer geraden Linie, in einer Zielrichtung in den Urwald hineinrodet, gute und schlechte Böden, leichtere und schwerste Er­ schließungsarbeiten nicht nach dem Gesichtspunkte des größeren Gewinnes oder des geringeren Widerstandes betrachtet, sondern folgerichtig einen Fuß vor den an­ deren setzt. Eine einzigartige Tat der Forschung und

De r erste Versuch einer gesamtdeutschen Ostpolitik

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Siedlung ist der Weg des Seligen Günther, der in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts mit unbändiger Willenskraft vom Kloster Niederaltaich aus sich den Weg bis hinüber nach Gutwasser in Böhmen erkämpft. Eine Siedlung nach der anderen wurde auf seinem Weg ge­ gründet, der kaum um einen Kilometer von einer ge­ raden Linie abweicht. Diese Erschließungsarbeit wurde zum ersten Male gestört, als unter Karl d. Gr. der Awarensturm ihre östlichen Ausläufer bedrohte. Der Ungarnsturm in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts brachte einen schweren Rückschlag für die Friedenöarbeit mit sich. Die asiatischen Reiterhorden zerstampften alles, was an kulturellem Aufbau in den Gebieten geleistet worden war, die ihre Züge erreichten. Insbesondere haben die reichen Klöster durch die Brandschatzung schwer gelitten und konnten sich auch nach der Befreiung lange nicht von den schweren Rückschlägen erholen. WehrIn diesen ernsten Zeiten beginnt die weltliche KoKolomsation Ionisation. Jetzt sind es die großen Rodungsherr"*

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Die Zerschlogung der kolonisatorischen _

Kräfte durch die staatliche Teilung des bayerischen Stammes

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schäften, die mit starker Faust das Friedenswerk der Klöster fortführen. Maßgebend für die Kolonisation wird jetzt die strategische Stellung. Die Festigung der Gren­ zen gegen Osten. Unter dem Schutze starker Burgen, verteidigt von wehrhaften Bauern, machte die Siedlung stets weitergehende Fortschritte und griff vor allem nach dem Südosten, über den eigentlichen Alpenraum hinaus. Schließlich übernahmen die Klöster in dem ge­ sicherten Land wiederum die letzten Erschließungsarbeiten: die Verbesserung der Bodenbewirtschaftung, die Entwick­ lung des kulturellen Lebens. Eine gewaltige Zeit kultu­ reller Blüte krönt das Werk der Ostkolonisation. Und nun steht an ihrem Ende wieder ein deutsches Verhängnis: die Zerschlagung Bayerns. Die mächtige Stellung Heinrichs des Löwen im Nordosten und im Südosten hatte zum ersten Male in der deut­ schen Geschichte eine bewußte, gesamtdeutsche Ost­ politik ermöglicht. In der Landnahme im Norden und im Süden, die beide unter dem Einfluß eines starken, bedeutenden Willens standen, lagen alle Ansatz­ punkte einer Festigung der gesamtdeutschen Oststellung und die Möglichkeit, den Nordosten und Südosten auch an den vorgeschobensten Posten in unmittelbaren räum­ lichen Zusammenhang zu bringen. Die dynastischen Streitigkeiten zwischen der Machtstellung des Welfen und des Kaisers, zwischen der Süd- und der Ostrich­ tung der deutschen Politik führten nicht nur zur Zer­ störung der Willensgleichheit von Bayern und Nieder­ sachsen, sondern auch zur Zerschlagung des bayerischen Stammesherzogtumö selbst. Schon im Jahre 976 wurden Kärnten und die Marken an der Adria abgetrennt. Fried­ rich Barbarossa löste 1156 auch die alte Ostmark als selbständiges Herzogtum Österreich los und vollendete 1180 die Beschränkung Bayerns fast auf die Ausgangsstellung seiner Kolonialarbeit. Wäre Bayern als ganzes Stammgebiet in der Hand des Hauses Wittelsbach ge­ blieben, so hätte sich zweifellos die Lebenskraft des bayerischen Stammes in einem weiteren Wachstum nach dem Südosten geäußert. Die deutsche Stellung in Böhmen, in der pannonischen Ebene und an der Adria hätte zweifellos eine bedeutende Stärkung erfahren. Der unselige Akt der Reichsgewalt aber, den Kolonialboden Trampler, Bayern im deutschen Grenzkampf

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Zerschlagung des Stammherzogtums

Ende der Ost-Bewegung

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auf schmaler Grundlage vom Stammboden zu trennen, hat die bayerische Ostkolonisation ihrer vorschiebenden Kräfte beraubt. Eine Staatsgrenze schob sich plötz­ lich zwischen Altbayern und sein Kolonialland, und die bayerischen Fürsten gaben ihre Bauern nicht an das Nachbarland ab. Die Lebenskräfte Bayerns wurden reicheinwärtS gewandt, wo sie sich nicht immer angenehm bemerkbar machten. * Österreich erschließt Das Kolonialland Österreich setzte allerdings de» Dona»raum durch wehrhaften Kampf und geistige Überlegenheit im

Donauraum noch durch Jahrhunderte die große baye­ rische Kolonialüberlieferung fort. Was ihr aber fehlte, war der starke volkspolitische Unterbau, jene zähe Bauernarbeit, die die Grenzgebiete zu den Zeiten des gesamtbayerischen Stammesherzogtums immer mit neuen Kräften versorgte. Ein Blick auf die europäische Volkötumökarte lehrt uns, daß in der Tat das geschlos­ sene deutsche Siedlungsgebiet nach der Teilung Bayerns im Jahre 1180 nicht mehr weiter nach Südosten vor­ geschoben werden konnte. Gegenüber der romanischen Alpenpolitik und dem Einsickern des Tschechentums er­ wiesen sich die Widerstandskräfte deö Kolonialbodens nicht stark genug, so daß Verluste an deutschem Volks­ boden nicht ausblieben. Ziehen wir die gesamtdeutsche Bilanz der Kolonial­ arbeit des bayerischen Gesamtstammes, so ist es die: Der bayerische Stamm hat in einzigartiger Geschlossen­ heit die südliche und südöstliche Stellung des Deutsch­ tums ausgebaut. Schild des Deutschtums im Süden und Südosten, das ist Bayern in den Jahrhunderten der Kolonisation geworden. Alpen und Nordwald und den Donauraum bis über das Wiener Becken hinaus hat es für Volk und Reich gesichert. Die zähe Bodenständig­ keit des bayerischen Bauern hat dem Gegner kaum eine Fuge offen gelassen, an der das südostdeutsche Sied­ lungsgebiet durchbrochen werden könnte. War die nord­ östliche Kolonisation ein endloses Verströmen deutscher Volkskraft in den unermeßlichen Bodenreichtum der weiten Tiefebenen, so ließen im abgedämmten Südost­ raum die reichen Quellen der Dolkskraft die Siedlung

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ansteigen, bis sie das ganze wirtschaftlich überhaupt nutzbare Land bedeckte. Die Moosbauern, die den kargen Moorboden bewirtschafteten, die Bergbauern, welche die Siedlung bis an die Gletscher hinaufgetragen haben — das sind die festesten Stützen dieser Kolonisation. Diese Bauern verhinderten es, daß sich im Südosten eine ähnliche Entwicklung anbahnen konnte, wie sie sich im Nordosten so verhängnisvoll gezeigt hat. Im Nordosten wurde karger Boden unbestellt gelassen. Auf diesem Boden, vor allem in die Tucheler Heide, sickerte eine slawische Bevölkerung ein, die, obwohl nicht stark an Zahl, den Anlaß für die Zuteilung des Korridorgebietes an Polen geboten hat. In der Durchbildung der Kultur­ landschaft bis an die Wachstumsgrenze liegt die große Stärke des bayerischen Ostwerkes. Nur so konnte es alle Stürme von außen, staatliche Machtlosigkeit und auch lange währende Fremdherrschaft überdauern und steht heute im Großen noch in den gleichen Grenzen unerschüttert fest, die die ersten Pflüge der bayerischen Bauern gezogen haben. Die großen, weitreichenden Ost-Pläne aber fielen mit der Teilung Bayerns. Welch gewaltiger kolonisatorischer Antrieb in der Südostmark lebendig war, das zeigen z. B. die Pläne des Hochstifts P a s s a u, dessen Bündniöpolitik zu einer gemeinsamen deutsch-bulgarischen Ost­ politik hätte führen sollen und alles Land bis an den Balkan der deutschen Siedlung freigemacht hätte. Bis an die Leitha reichte donauabwärts der Bereich Passaus. Der Stefansdom in Wien ist eine Passauer Gründung und die Christianisierung der Magyaren durch Stefan den Heiligen ging von Passau aus. Welche Aussichten auf Vollendung hätte das deutsche Kulturwerk im Osten gehabt, wenn nicht ein staatlicher Schlagbaum zwischen Kolonialland und dem altbayerischen Stam­ mesboden errichtet worden wäre. Hat doch sogar die neue Ostmark Österreich allein es vermocht, ihre Grenzen bis an die Karpathen vorzutragen. Aber diesem großen Machtbereich fehl­ ten die Bauern, und alles Land ist unhaltbar, durch das ein Volk nicht selbst den Pflug führt. Nach der Befreiung Wiens 1683 war mit dem Rückfluten der Türken nochmals die Möglichkeit gegeben, die da-

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Kolonialland ohne Bauern

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Bayer» „in Deutsch­ lands Mitte"

Zerfall der Grenz­ kamp füberlieferung

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malö völlig entvölkerten Donauländer bis an die Bel­ grader Festung deutsch zu besiedeln, ohne die Siedlungen anderer Völker zu beeinträchtigen. Die ganze Kraft des Bauerntums aus dem Stammesboden aber fehlte, und so besiedelten andere Völker den Großteil des Neulan­ des. Immer weiter klaffte der Riß zwischen Mutter­ land und Kolonialboden auf. Um die Wende des 18. Jahrhunderts zerfiel das einigende Band, das die Passauer Kirche immer noch um den Großteil des Süd­ ostens geschlungen hatte. Der Zusammenbruch der Donau­ stellung i. I. 1918 war die letzte Folge der Zerschlagung Bayerns, ein Zusammenbruch, der sich in acht Jahrhun­ derten mit unerbittlicher Folgerichtigkeit vorbereitet hatte. Bayern selbst war nacy vem Fehlen einer eigenstän­ digen Grenzaufgabe Binnenland geworden. Zwar haben deutsche Menschen aus bayerischem Stamm an allen deutschen Grenzen auch weiter Grenzaufgaben er­ füllt. Sie haben das Kolonialland Österreich gegen den Osten verteidigt; sie haben in den Heeren des Reichs und des Deutschen Ordens gekämpft, und noch heute erin­ nert die Bayernburg in Ostpreußen an ihren Anteil am nordostdeutschen Grenzkampf. Sie haben wertvolle Kräfte der Kulturkolonisation gestellt, die in Jahr­ hunderte langer Arbeit den Kulturstand des Ostens und Südostens gehoben hat. Groß ist ihr Anteil an der Erschließung der Donauebene nach den großen Türken­ kriegen. Überall finden wir hier in den Einwanderer­ listen die Anmerkung, daß der Siedler aus dem Baye­ rischen stammt. Ja, sogar bis weit hinein in heute sowjetrussisches Gebiet finden wir bayerische Bauern als Siedler. All dieser Kampf und diese Arbeit, mit Ausnahme der Ostpolitik Österreichs, war aber nicht mehr aus einheitlichem Handeln, nicht mehr aus dem Willen des Stammes und der Nation geboren. Der Wagemut ein­ zelner und kleiner Gemeinschaften hat diese letzten Aus­ läufer der großen Kolonialzeit hervorgebracht. Bayern entfernte sich immer weiter von seiner alten Grenz-Überlieferung. Als König Ludwig I. vor hundert Jahren den Grundstein zur Walhalla legte, konnte er sagen, daß er die Ehrenhalle des Deutschtums in „Deutschlands Mitten" errichte. Im Norden und Sü-

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den, im Osten und Westen war die Grenze des Deut­ schen Bundes ungefähr gleich weit von der Mitte Bay­ erns entfernt. Im Süden gehörte der ganze Alpen­ körper bis an seine Südhänge zu Deutschland. Im Osten war Böhmen fest dem stammverwandten Österreich ein­ gegliedert. Es war trotz der überwiegend slawischen Be­ siedlung seiner Kerngebiete so sehr von deutschem Kultureinfluß bestimmt, daß niemand an die Möglichkeit einer feindlichen Bewegung aus dem kleinen und seines Volkstums nur in geringem Maße bewußten tschechi­ schen Volke dachte. So blieb nur drüben in Österreich wo der bayerische Stamm an den Volksgrenzen nie ganz aus dem Kampf um Sprache und Hof her­ ausgekommen war, so etwas wie Grenzüberlieferung lebendig. Im Staat Bayern ließ das Fehlen der sicht­ baren Gefahr auch die Abwehrkräfte einschlafen. Bayern lebte das Leben eines friedlichen, geschützten Bauern­ landes, in dem ohne sonderliche Kämpfe auch größere Städte langsam wachsend entstanden, Jahresring um Jahresring ansetzend wie ein Baum. Ohne reich zu werden, war es wohlhabend. Die Entwicklung der Künste und der Wissenschaften gaben seiner Friedens­ arbeit Glanz, die innerhalb der weißblauen Grenz­ pfähle bis zum Weltkrieg fast ein Jahrhundert hin­ durch blühte. Über dem Jubel der Reichsgründung von 187t über- Das kleindeutsche sahen viele, daß die kleindeutsche Reichsgründung zu- Geschichtsbild fammen mit der nurstaatlichen liberalen Staatsauffas­ sung die Grenze zwischen dem Deutschtum im Reich und in Österreich fühlbarer gemacht hatte, als sie vordem war. Der Begriff eines deutschen Gesamtvolkes war noch für König Ludwig I. eine Selbstverständlichkeit. Und der ungarländische Deutschenführer, Professor Bleyer, weiß zu berichten, daß noch für seinen Groß­ vater in einem Schwabendorf im heute südslawischen Banat der Begriff des Reiches seine alte strahlende Majestät gehabt habe. Auf dem ganzen südostdeutschen Volksboden hat noch um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts das sichere Gefühl einer inneren Ver­ bundenheit des deutschen Volkes gelebt. Dieses Ge­ fühl ging verloren. Je mehr sich im zweiten, kleindeutschen Reich die Verengung des Reichsbegriffs auf

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Bündnis

statt

Volksgememschast

den unvollkommenen Nationalstaat von 1871 vollzog, je mehr hier die Ablenkung auf die Weltpolitik die Volksdeutsche Unruhe, die nach dem ganzen Deutsch­ land strebt, einschläferte und betäubte, desto mehr ging auch in Österreich die Verbundenheit mit dem Reich ver­ loren. Das staatliche Bündnis zwischen den Kaiser­ reichen konnte den Gleichklang des Volkes nicht ersetzen, „Deutscher" und „Österreicher" wurden immer mehr verschiedene Begriffe. Als „Österreicher" bezeichnete man im Reich so ziemlich jeden Staatsangehörigen der Donau­ monarchie, gleichgültig welchem der zahlreichen Völker er angehörte, sofern er nur erträglich die deutsche Sprache beherrschte. Im gleichen Maße ging auch dem Deut­ schen aus Österreich die Vorstellung einer Schicksals­ verbundenheit mit dem Reichsdeutschtum verloren. Dem deutschen Volk widerfuhr in diesen Jahren etwas vom Gefährlichsten, was einem Volk widerfahren kann: Es bildeten sich zwei gegensätzliche Geschichtsauffassungen heraus. Der Krieg zwischen Friedrich II. und Maria Theresia setzte sich gewissermaßen geistig fort, da die beiden benachbarten und schließlich auch verbündeten Staaten die Erben — und Epigonen der Staatsgedanken waren, die sich im Siebenjährigen Krieg gegenübergestan­ den hatten: auf der einen Seite das Reich preußisch­ deutscher, evangelischer Prägung — auf der anderen Seite die Vielvölker-Monarchie, katholisch betont, nur dynastisch statt volkspolitisch unterbaut, aber doch immer noch Erbin des ersten Reiches, dessen Kaiserkrone sie in ihrer Schatzkammer bewahrte. Es ist erschütternd, in der großen Aktenveröffentlichung des Deutschen Auswärtigen Amtes kaum an irgendeiner Stelle der Auf­ fassung zu begegnen, daß das Bündnis des Reichs mit der Donaumonarchie aus volkspolitischen Gründen eine Notwendigkeit sei. Für Österreich und für das Reich eine Rückendeckung in der Auseinandersetzung mit den Groß­ mächten ... das ist so ziemlich der einzige Gedanken­ gang, der in diesen Aktenstücken zutage tritt. Ein Denken in Armeekorps und Bahnbauten, in Interessen und Aus­ gleichen. Vom lebendigen Volkstum fast nichts! Ist es verwunderlich, daß die reichsdeutsche Politik­ befangen im nurstaatlichen Denken, lediglich die staats­ politischen Grenzgefahren, nicht aber die volkspolitischen

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sah? Man sah die Donaumonarchie als Ganzes, als befreundete Großmacht. Man sah auch die großen Ge­ fahren des Panslawismus in der russischen Bündnis­ politik auf dem Balkan. Man sah aber zu wenig die Beginnende Kärnpfe a. innere Kampftage der Deutschen in der Donau­ b. südöstl. Volksgrenze monarchie: denn sonst hätte man erkennen müssen, daß der Panslawismus bereits bei Taus an der bayerischen Ostgrenze stand, während man noch glaubte, ihn an den Karpathen bekämpfen zu können. In ÖsterreichUngarn setzten die Deutschen alles an den Versuch, den Kaiserthron zu retten. Dieser Kampf erfüllte die ganzen letzten Jahrzehnte der Monarchie und verhinderte es, schon lange vor dem Weltkrieg eine Ausnahmestellung für das Deutschtum vorzubereiten. Notwendig wäre eine klare Zusammenfassung der deutschen Kräfte mit starker Rückendeckung am Reich gewesen. Das Gegenteil ge­ schah. Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Die Auseinandersetzung darüber, ob diese Entwick­ lung unvermeidlich war, ist müßig. Vielleicht hätte die rechtzeitige Inangriffnahme einer völkergesellschaftlichen Neuordnung der Donaumonarchie, zusammen mit einer festen Bindung anS Reich, die erschütterte Stellung festigen können. Jedenfalls ist eines sicher — und hier müssen wir aus schweren Erfahrungen lernen! —, daß viele Verluste an deutschem Volksboden hätten ver­ mieden werden können, wenn das Reich u n d das öster­ reichische Deutschtum Volks politisch gedacht hätten. Des Kumten Mitterer aus Proveis Hilferuf von der südlichen Volksgrenze zeigte auf volkspolitisches Vor­ gehen der Gegner an der Alpenfront. In Westungarn, dem heutigen Burgenland, betrieb die Stefanskrone eine verhängnisvolle Politik der Entdeutschung, deren sich nur die unermeßliche Zähigkeit im Abwehrkamps er­ wehren konnte, die die bayerischen Bauern am Osthang der Alpen auszeichnet. In Böhmen und Mähren vollends begann das Tschechentum schon unter der Herrschaft Österreichs seinen machthungrigen Marsch ins deutsche Siedlungsland. Daß hier eine altbayerische Landstadt, wie B u d w e i s, unter den Augen eines deutschen Staa­ tes in der kurzen Zeit seit 1890 einfach in der tschechi­ schen Flui ertrinken konnte, hätte wachrütteln müssen. Wie schon vor dem Weltkrieg, noch unter dem Doppel-

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adler der k. k. Monarchie gegen das Deutschtum ge­ stritten wurde, das zeigt mit deutlicher Klarheit eine Schrift über den tschechischen „Eroberer" von Budweis, die wir im Wortlaut anführen: Die Tschechen „Wem der Boden gehört, dem gehört das Land. bringen vor Deshalb kommt es darauf an, den Boden in die Hand zu bekommen. Ein Musterbeispiel ist BudweiS. In den 90er Jahren gelangte das erste Haus auf dem Marktplatz in tschechische Hände. Und heute hat das alte Budweis nicht einmal die nötigen 20 Prozent Deutsche, um eine gemischtsprachige Stadt zu sein. Das Verdienst in dieser Hinsicht hat Dr. A. Iatka, der Füh­ rer der Budweiser Tschechen und ihr erster Bürger­ meister, der bewies, wie Boden erobert werden kann, ohne große Gesten und starke Worte. Budweis war keine nur deutsch angestrichene Stadt. ES war eine alte deutsche Stadt, die schrittweise erobert werden mußte. Es wurden planmäßig Unternehmungen gegrün­ det, die Tschechen nach Budweis und seinen deutschen Dörfern zogen: je eine Bleistiftfabrik, Maschinenfabrik, Aktienbrauerei, Emailfabrik, Faßbinderei, chemische Fa­ brik. Dann kamen eine Reihe von Schulen, darunter auch Fachschulen, Gewerbeschulen, eine Staatsrealschule und eine Lehrerbildungsanstalt. In fünfzigjähriger Arbeit wurde die Stadt in eine tschechische verwandelt. Zu einer Zeit, wo die österreichische Regierung die Deut­ schen noch unterstützte. Für die Zukunft (das heißt also für die gegenwärtige tschechische Entnationalisierungs­ politik!) kann man nur eines tun, Boden und Immo­ bilien erwerben, dort Handwerker, Advokaten, Arzte ansiedeln. Die ersten Objekte, die erworben werden müssen, sind gute Hotels . . .." In dieser Darstellung sehen wir ganz deutlich die Ziele der tschechischen Bodenenteignungen und der tschechischen Schulgründungen im deutschen Sprachgebiet ausge­ sprochen, die heute die Entdeutschung der böhmischen Randgebiete erzwingen soll. Das Verständnis für diesen Kampf fehlte im Reich! Während wenige Wegstunden von der bayerischen Ost­ grenze entfernt deutsche Schulen durch tschechische er­ setzt wurden, während Deutsche jenseits der Grenzen um Hilfe riefen für ihre bedrohte Kultur, gründeten wir

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Schulen für Bantu-Neger und Palau-Jnsulaner, wo­ gegen nichts zu sagen wäre, wenn die richtige Rang­ ordnung eingehalten worden wäre: erst die Heimat, dann die Welt. Der Zusammenbruch des Jahres 1918 traf die Zusammenbruch Deutschen unvorbereitet. Die waghalsige Völkerpolitik Österreich-Ungarns der magyarischen Reichshälfte der Donaumonarchie hatte Sturm geerntet. Von den Völkern Österreich-Ungarns war das deutsche allein durch teilweises Festhalten an der unhaltbar gewordenen Staatlichkeit der Donau­ monarchie in seiner Entschlußfähigkeit behindert. Die deutschen Truppenteile standen noch an allen Fronten — auch an denen der inneren Auseinandersetzung — für die Habsburger Krone, während in Paris die tschechischen Unterhändler bereits die Tschechoslowakei ausgerufen und zum größten Teil sogar schon ab­ gegrenzt hatten ... So hatten die bedenkenlos ihrer staatlichen Selbständigkeit zustrebenden nichtdeutschen Völker der Monarchie den großen Vorteil der ziel­ bewußteren Entschlossenheit und der Schnelligkeit des Handelns vor den Deutschen voraus. Trotz des Aufflammens des großdeutschen Gedaitkens Selbstbestimmungöin Österreich vermochte daher das Deutschtum seinen grenze im Südosten zweifelsfreien Besitz nicht aus dem Trümmerhaufen alter Ordnungen zu retten. Rund 10 Millionen Deutsche hatten sich auf Grund des Selbstbestimmungörechts der Völker zu dem Staat Deutschösterreich zusammengeschlos­ sen, der nur zweifelsfrei deutsches Gebiet umfaßte. Durch Gesetz beschloß der neue Staat im November 1918 seinen Zusammenschluß mit dem Deutschen Reich; eine be­ sondere Verordnung regelte die genaue Umgrenzung des Staatsgebietes auf Grund der Anschlußerklärungen der deutschen Gemeinden. Keine Gemeinde des geschlossenen Sprachgebietes und der großen Sprachinseln in Böh­ men und Mähren hatte sich von dem gemeinsamen Kampf um die Selbstbestimmung ausgeschlossen. Ver­ zweifelt rangen die weiter abgelegenen Sprachinseln um eine neue Form der nationalen Selbsterhaltung. Die kleine Sprachinsel G o t t s ch e e, der südöstlichste Vor­ posten bodenständigen deutschen Volkstums strebte, nach­ dem sie vergeblich versucht hatte, ihre Zuteilung zu einem deutschen Staat zu erreichen, die Errichtung eines eigenen

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Kleinstaates unter dem Schutz des amerikanischen Präsi­ denten an. Die Gottscheer in Amerika, an Zahl fast so stark wie die in der Heimat, verwendeten sich — aller­ dings vergeblich — für diesen phantastischen Plan, der aber immerhin Zeugnis dafür ablegt, mit welcher starken inneren Kraft das Deutschtum für die Erhaltung seiner völkischen Eigenart kämpfte. Friedensdiktate 0.1919 Die Neuverteilung Europas erfolgte in den Friedens­ diktaten der Pariser Vororte ohne Mitbestimmung der Deutschen. Daß die Gewalt der Feinde die Südoststel­ lung des deutschen Volkes so sehr zertrümmern konnte, wie das geschehen ist, liegt nicht zuletzt an dem voll­ ständigen Versagen des Reichsvolkes, das, geistig auf die Entscheidungen im Südosten in keiner Weise vorbereitet, seine Kräfte nicht für die Rettung der bedrohten Grenzen einsetzte. Während jenseits der Reichsgrenzen die Entscheidungen fielen, während die Maschinengewehre fremder Eroberer in den Städten und Dörfern des Südostens ratterten, glaubte man in den Reichsgrenzen an die Wirkung der Wilsonschen Zaubersprüche und schlug sich gegenseitig die Köpfe blutig, um die Meinungsverschiedenheiten über das gepriesene neue Leben in Schönheit und Würde zu klären. Mochten die Volksdeutschen Kämpfer jenseits der Grenzen sehen, wie sie mit Tschechen, Magyaren, Slowenen und Italienern zurechtkamen! So erlag der Südosten dem vereinigten Ansturm der Fremdvölker. Nicht einmal zwei Drittel des Deutschtums des neuen Deutschösterreich konnten ihr Verbleiben im deutschen Staatsverband durchsetzen. Wie einen Fetzen Papier riß Frankreichs Macht Anschluß­ erklärung und Staatsgebietsgesetz auseinander: Verboten wurde der Name Deutsch österreich, verboten für die vier Millionen Deutsche der Anschluß an den neuen österreichischen Staat . . . Im Namen des Selbstbestimmungsrechts der Völker! Der geschichtliche Fehlgriff der Teilung des baye­ rischen Stammesherzogtums 1156 und 1180 hatte im Niederbruch des Koloniallandes seine — hoffentlich letzte! — entscheidende Auswirkung gezeitigt. Wie diese Teilung dem Wachstum des geschlossenen Volksbodens Grenzen gesetzt hatte, so beendete das Jahr 1918 die Kulturkolonisation, die der österreichische Teil des baye-

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rischen Stammes zusammen mit wertvollsten Kräften aus anderen Stämmen in immer mehr abgewandelten Formen bis zum Zusammenbruch der Donaumonarchie erfolgreich vorwärtsgetragen hatte. Daß diese Kolonisation nur noch Volkstumsinseln und Kultureinfluß auf die Umwelt schaffen konnte, ist nicht die Schuld des deut­ schen Österreich, sondern ist Verantwortung des Gesamt­ volkes, das der schmalen deutschen Stellung in der großen Monarchie nicht den notwendigen volkspolitischen Rück­ halt gab. Das Wachstum der großen deutschen Volks­ tumsinseln bis an das Eiserne Tor, die in kaum einem Jahrhundert erblühten, als das deutsche Mutterland, vor allem der alemannische Stamm, der Kaiserin Maria Theresia wieder einen bedeutenden Nachschub an deut­ schen Bauern zur Verfügung stellte, zeigt, wie sehr es die biologische Fehlleitung der deutschen Kräfte ge­ wesen ist, die seit dem verhängnisvollen Federstrich des Kaisers Friedrich Barbarossa die Besiedlung deö ganzen Donauraumes verhindert hat. Deutschösterreichs Leistung, neuen Kultur Hoden zu schaffen, ist unter diesen Umständen doppelt großartig! Fast das ganze Ge­ biet der Donaumonarchie — mit Ausnahme der erst 1878 aus dem mohammedanisch-byzantinischen Kultur­ kreis erworbenen Länder Bosnien und Herzegowina — ist unter dem deutschen Kultureinfluß zu hoher Blüte gelangt. Die Kulturgrenze zwischen den südslawischen oder rumänischen Gebieten, die in der Donaumonarchie dem abendländischen, deutschbetonten Kulturkreis einge­ gliedert waren, und denen, die bis im vergangenen Jahr­ hundert unter der Herrschaft der europäischen Türkei standen, ist schon im äußeren Bild der Siedlungen tiefer und trennender als die Kulturgrenze zwischen Deutschen und Slawen innerhalb Österreich-Ungarns. Wer etwa einen rumänischen oder serbischen Bauernhof aus den Gebieten, in denen Deutsche als Kulturbringer gewirkt haben, mit einem Bauernhof aus den Gebieten vergleicht, in denen Serben und Rumänen unter sich geblieben sind, erhält einen plastischen Begriff dieser Feststellungen. Wer ein Wörterbuch der magyarischen, rumänischen, serbisch-kroatischen oder slowenischen Sprache durchblät­ tert, findet überall deutsche Lehnworte und Fremdworte, und zwar fast für alle Begrifföbezeichnungen der höheren

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Kulturelle Leistungen

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Kulturwerte des Handwerks, der Landwirtschaft usw. Wenn heute im Südosten diese große Sendung, die das Deutschtum jahrhundertelang erfüllt hat, gerne ver­ schwiegen wird, wenn man noch so sehr versucht, durch „Sprachreinigung" die Spureit zu verwischen, die die Herkunft der Kultur bezeichnen, so bewährt dieses Ost­ werk auch, seinen äußersten Ausläufern seine unzerstör­ bare Kraft und legt Zeugnis ab für deutsche Arbeit. Die Völker des Südostens müßten ihre Kirchen und ihre Bauernhöfe niederreißen, ihre Felder vom Urwald über­ wuchern lassen und die Dämme der. Ströme zerstören, wenn sie die Züge verwischen wollten, die deutsche Arbeit Bayern wieder ihrer Kulturlandschaft und ihrem Wesen hinzuge,ügt hat. Grenzland Mit dem Zusammenbruch der Donaumonarchie, mit der Zerstörung der deutschen Weststellung in Lothringen, war nun Bayern mit einem Schlag wieder Grenzland geworden. Als im Herbst 1918 die Föhnstürme aus dem Süden zum erstenmal das verhallende Donnern des Feuerkampfs an der italienischen Front bis in die baye­ rischen Vorberge trugen, als rasch zusammengeraffte Truppenteile südwärts marschierten, um die bayerische Kernlandschaft gegen den Vormarsch der Italiener zu decken, da brach zum erstenmal das Bewußtsein einer dem lebenden Geschlecht unbekannten Gefahr im baye­ rischen Binnenland durch. Schlag auf Schlag brach das Verhängnis über Bayern herein — vielfach lange nicht in seiner Gefährlichkeit erkannt: Besetzung der Pfalz, Zuteilung der Westpfalz zum Saargebiet, Entstehung eines Feindstaateö an der Grenze von Hof bis Passau, Zusammenbruch der österreichischen A'penstellung, Ita­ lien auf dem Kamm der Alpen! Das sind nur die sichtbarsten Gefahren — von vielen anderen gar nicht zu reden. Man muß nur auf den Münchener Frauenturm steigen, um durch die Lücken der Kalkalpen an zwei Stellen die italienische Staatsgrenze zu sehen, und vom Wendelstein aus umfaßt an klaren Tagen der Blick gleichzeitig die bedrohte Alpenfront und die gefährdeten, dunkeln Höhenzüge des Böhmerwaldes. * Bayerns neue Als der Gewaltspruch der Mächtigen in Versailles Grenzanfgabe« b'e durch den Aufstand der Völker herbeigeführte neue Lage in Europa anerkannt oder zuungunsten der Deut-

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schen noch weiter verschlechtert hatte und man die Folgen übersehen konnte, da stand auch Bayern vor seiner neuen Grenzaufgabe der Gegenwart: Bewah­ rung des Besitzstandes des bayerischen Staates, darüber hinaus aber Führung des Abwehrkampfes des Deutsch­ tums im ganzen Süden und Südosten. Bayern steht wieder an einem Anfang, hat wieder eine gesamtdeutsche Aufgabe von größtem Ausmaß, die seine ganzen Kräfte erfordert. Zum Schaden unseres Volkstums wurde das alte Stammesherzogtum zerschlagen und Bayern aus seiner Grenzstellung verdrängt. Möge die Geschichte zur Lehre dienen und das heutige Bayern ein starker Eck­ pfeiler des Deutschtums im Südosten werden. Zunächst heißt es, die Ziele des Gegenspielers klar zu erkennen. Zwei unterschiedliche Kräfte bedrohen den geschlossenen deutschen Volksboden im Südosten: Die romanische Alpenpolitik geht, wie Universitätsprofessor Dr. Karl Haushofer in einem Münchener Universitäts-Vortrag nachwies, bis auf Julius Caesar zurück, der die Bedeutung des Be­ sitzes der Alpen für die Vorherrschaft in Mitteleuropa und besonders für die Vorherrschaft im Donauraum erkannte. Ihr Ziel ist, die NordauSgänge der Alpen in die Hand ro­ manischer Völker zu bringen, wobei auf den bayerischen Stammesboden der italienische Stoß trifft; es gibt in den Westalpen auch einen französischen. Italien ist es im Weltkrieg gelungen, bis auf den Kamm der Alpen vorzudringen. Wenn auch in Italien der stra­ tegische Wert der Brennergrenze, der durch die Entwick­ lung der Luftwaffe in den Jahren nach dem Weltkrieg gesunken ist, stark überschätzt wird, setzt Italien seine Alpenpolitik trotzdem noch heute mit höchstem Nach­ druck fort. Die Entdeutschung S ü d t i r 0 l s soll das deutsche Volkstum zum Verschwinden bringen und den Kriegsgewinn volkcpolitisch unterbauen. Die Gegner­ schaft gegen den Zusammenschluß des Reichs mit Öster­ reich weist darauf hin, daß Italien bestrebt ist, zu ver­ hindern, daß die schmale österreichische Alpenstellung den unmittelbaren Rückhalt an einer gesamtdeutschen Alpen­ politik erhält. In gleicher Weise ist auch Frankreich an der Neutralisierung und Machtlosigkeit Österreichs, zu-

Romanische Alpen­ politik

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gleich aber an einem Stillstand der italienischen Alpen­ politik interessiert, da durch Nordtirol die für Frank­ reich strategisch höchst bedeutsame Queralpeneisenbahn verläuft, die Verbindung zwischen Paris und Belgrad, die Frankreich nicht in der Hand seines Nebenbuhlers am Mittelmeer wissen will. Es ist mehr als der karge Boden Tirols, um was zwischen den Großmächten gerungen wird. Lage Südtirols Die Taktik der italienischen Alpenpolitik ist seit alters her für das Deutschtum besonders gefährlich und hat im Lauf der Jahrhunderte schon mehr als einmal Teile des deutschen Volköbodens im Süden unwiderbringlich abgesprengt. Ohne Rücksicht setzt diese Politik die ge­ sammelte Macht Italiens für die kulturpolitische und wirtschaftliche Überwältigung des Südtiroler Deutsch­ tums und für die Festsetzung italienischen Einflusses in den österreichisch gebliebenen Teilen des Alpenraumes ein. Geschichtliche Beweise sollen die „Jtalianität" Südtirols nachweisen. Mit scheinwissenschaftlichen Grün­ den wird die Behauptung aufgestellt, der überwiegende Teil der „deutschsprechenden Bevölkerung im Oberetsch­ gebiet" bestehe aus gewaltsam germanisierten Italienern, während die „echten" Deutschen Eroberer seien, die kein Recht auf Bodenständigkeit hätten. Man versucht über­ dies, die Frage als eine Zahlenfrage zu behandeln, und erklärt, man könne den wenigen Südtirolern nicht gegenüber den 40 000 000 Italienern eine Ausnahme­ stellung zubilligen, wobei man geflissentlich übersieht, daß es sich hier nicht um das Problem eines Kleinvolkes von 240 000 Angehörigen handelt, sondern um die Rechte des deutschen Großvolkes, das in seiner Ge­ samtheit durch den Angriff auf die südliche Volks­ grenze getroffen wird. Das ganze System einer bis ins letzte ausgebildeten Entdeutschungspolitik wird gegen Südtirol angewandt. Die deutsche Sprache ist aus der Öffentlichkeit, aus der Schule, ja selbst aus dem Privat­ unterricht im Elternhaus vertilgt, das ganze äußere Bild Südtirols ist von den Ortsbezeichnungen bis zu den Inschriften auf dem Geschirr der Gastwirtschaften, von den Ansichtspostkarten biö zu den Grabsteinen auf den Friedhöfen italienisch übertüncht. Die engste Bindung an italienische Rechts- und Wirtschaftsformen soll die Südtiroler noch mehr in unmittelbare italienische Ab-

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hängigkeit bringen. Unter diesen Maßnahmen ist die Beseitigung des Anerbenrechts und Inkraftsetzung eines neuen italienischen Höferechts besonders gefährlich, da die Eigenständigkeit des Bauerntums durch die Auf­ teilung der ohnehin wenig ertragreichen Besitzungen in Frage gestellt wird. Es ist unmöglich, auf knappem Raum nur ein annähernd umfassendes Bild der Lage Südtirols zu geben. Zunächst allerdings vermochte die italienische Alpenpolitik keine wirklich tiefgreifenden Ver­ änderungen in Südtirol zu erzielen. Die „unerhörte Zähigkeit im Abwehren", die Universitätsprofessor Dr. Karl Alexander von Müller in seiner grundlegenden Schrift „Das bayerische Pro­ blem in der deutschen Geschichte", der auch diese Arbeit die wertvollsten Anregungen verdankt, als eine der wesentlichsten Charaktereigenschaften des bayerischen Stammes bezeichnet, bewährt sich auch in Südtirol. Die vollständige Geschlossenheit der deutschen Siedlungen konnte nur an wenigen Stellen durch die Ansiedlung von Italienern durchbrochen werden, die überdies nur in den wenigsten Fällen Bauern sind. Die Italiener sind zumeist Beamte (Lehrer!) und Handeltreibende, die in dem artfremden Land nicht bodenständig werden und von der Bevölkerung äls Fremdkörper abgelehnt werden. Eine wirkliche Umstimmung der deutschen Bevölkerung gelingt nur in ganz wenigen Einzelfällen. Die Schule erzieht eher Analphabeten als Italiener. Es ist, wie es ein alter Südtiroler Bauer ausdrückte: Man kann die Rinde eines Baumes noch so sehr mit bunten Farben übertünchen — der Stamm behält doch innen die rich­ tige Holzfarbe. Allerdings wäre es gefährlich, sich dieser Beständigkeit auf Generationen hinaus sicher zu wähnen. Auf weite Sicht besteht die Gefahr einer kulturellen Bastardierung der Bevölkerung, die dann im weiteren Verlauf tatsächlich zur kulturellen Überwältigung Süd­ tirols führen müßte. Dieser Gefahr kann nur auf einem Wege begegnet werden: Wie Italien das ganze italie­ nische Volk von Sizilien bis Verona zum kulturpoli­ tischen Sturm auf die Alpenstellung einsetzt, so muß auch von deutscher Seite eine einheitliche Alpenpolitik zur Rettung des bedrohten Volksbodens einsetzen. Dem bayerischen Stamm obliegt die Aufgabe, die regional zu

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Zähe Abwehr

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Slawische Westpolitik

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sehr zersplitterte Abwehr im Alpenraum (Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Altbayern) zu einer einheitlichen deutschen Alpenpolitik zusammenzufassen. Von der Westecke des deutschen Volköbodens in den Alpen bis zum Ostabhang der Alpen muß diese Kulturpolitik in breiter Abwehrfront geführt werden. Nach rückwärts muß sie in die Tiefe gestaffelt werden, daß ihr aus dem bewußten Einsatz des ganzen bayerischen Hinterlandes die notwendigen Kräfte zugeführt werden. Die jüngsten Erfahrungen im Abwehrkampf an der Westgrenze haben gerade den Wert der Tiefen­ staffelung des Kampfes erwiesen. Die preußischen und bayerischen Westgebiete mit ihrem weiten, organisato­ risch zusammengefaßten Hinterland waren der schmalen hessischen Stellung gegenüber viel leichter zu verteidi­ gen. Allein das Bewußtsein deö Rückhaltes am ganzen Stammesboden und am Gesamtvolk wird die Wider­ standskräfte des Volkstums auf bedrohtem Vorposten stärken, ebenso wie es das Siegvertrauen der Gegen­ kräfte schwächen wird, wenn sie sich mit der Tatsache ab­ finden müssen, daß der Angriff auf einen Teil des deutschen Volkes immer als Angriff auf das gesamte deutsche Volk empfunden wird. Noch wesentlich gefährlicher als die romanische Alpen­ politik pocht die slawische Westpolitik, die zudem die starke Rückendeckung durch Frankreich genießt, an die Tore Bayerns. Hier treffen die Schläge nicht nur auf deutschen Volksboden und bayerisches Stammesgebiet jenseits der Reichsgren­ zen, sondern unmittelbar auf die Staatsgrenze von Hof bis Passau. Auch diese Politik kämpft kulturpolitisch mit scheinwissenschaftlichem Rüstzeug. Sie verwendet die be­ reits eingangs widerlegten Behauptungen, daß die baye­ rische Ostkolonisation nicht Urlandschaft in Kultur­ landschaft verwandelt, sondern urslawisches Land ge­ waltsam germanisiert habe. Deshalb, so behaupten die Tschechen, hätten die slawischen Völker — vornehmlich natürlich die Tschechen — einen Anspruch auf die „Reslawisierung" des Koloniallandes. In einer Karte, die Deutschland auf eine „Deutsche Reservation" zurück-

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drängen wollte (Hanus Kuffner „Unser Staat und der Weltfriede") ist dieses Ziel genau umrissen. Österreich sollte teils aufgeteilt, teils zu einer neutralisierten Jone gemacht werden. Bayern sollte das Gebiet zwischen Do­ nau, Naab und Reichsgrenze einschließlich der Brücken­ köpfe Passau und Regensburg an die Tschechoslowakei abtreten. Diese tschechischen Forderungen von t918 sind lediglich ein Teil der gesamtslawischen Westpolitik. Gleiche Ziele verfolgten die Polen, die für ihren neuen Staat die Odergrenze erlangen wollten, und die Süd­ slawen, die Kärnten ihrem Staat einzuverleiben trach­ teten. Zerstörung eines Jahrtausends deutscher Ost­ arbeit — das war das Ziel. Schon aus dieser großen

Der Tscheche Hanus Kuffner veröffentlichte 1918 eine Schrift „Unser Staat und der Weltfriede", in der er die Aufteilung Deutschlands bis auf eine kleine „Deutsche Reservation" forderte. Unsere Karte ist eine genaue Nachbildung der Skizzen, die Kuffner seiner Schrift beifügte. Im Vorwort erklärt er, daß seine Veröffent­ lichung den wesentlichen Inhalt einer tschechischen Friedensdenkschrift an die Entente wiedergibt. Es war also u. a. die Angliederung der ganzen bayerischen Ostmark an die Tschechoslowakei gefordert Trampler, Bayern im deutschen Grenz lampf

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Anlage deö gegnerischen Vorstoßes, der die Nordostmark zertrümmert, die mittlere Ostmark durch die Angliede­ rung des deutschen Siedlungsgebietes in ÖsterreichSchlesien, Böhmen und Mähren schwer in Mitleiden­ schaft gezogen hat und nur an der Südostgrenze, Kärn­ ten und Steiermark, sich mit kleineren Erfolgen be­ gnügen mußte, geht klar die Notwendigkeit einer geGesamtdeutsche samtdeutschen Ostpolitik hervor. Eine einheitOstpolitik liehe deutsche Kampfsührung von Königsberg bisKlagenfurt, für die in dem „Bund Deutscher Osten" erfolg­ versprechende Anfänge geschaffen sind, muß die regio­ nalen Abwehrkräfte zu höchster Leistung zusammenschlie­ ßen. Wenn auch dieser Kampf — was wir besonders hervorheben möchten — den örtlichen Verhältnissen entsprechend in ganz verschiedenen Formen geführt wer­ den muß, sein Ziel und seine Grundlinie müssen doch in großzügiger Planung zur Übereinstimmung gebracht werden. Auch in dieser Ostpolitik kommt Bayern eine wichtige gesamtdeutsche Aufgabe zu. Zunächst muß es den vor allem wirtschaftspolitisch vorwärtögetriebenen Angriff auf die st a a t S b a y e r i s ch e Ostmark ab­ wehren. Hier ergibt sich die Notwendigkeit, mit allen Mitteln die Kräfte der S e l b st h i l f e zu entwickeln, die ihre Ergänzung in einer lebendigen Volkökameradschaft des Hinterlandes finden müssen. Die bayerische Ostmark ist kein autarkes Gebiet. Sie bedarf des Absatzes für ihre gewerblichen Erzeugnisse, denen seit 19ts der böh­ mische Markt versperrt ist, und dem daher Absatzmärkte im Reichsgebiet erschlossen werden müssen, wenn nicht Abwanderung und wirtschaftlicher Zusammenbruch die Widerstandsfähigkeit des Grenzraumes zunichte machen sollen. Diese wirtschaftspolitische und kulturpolitische Durchbildung des staatöbayerischen Grenzgebietes ist zu­ gleich eine der wesentlichsten Voraussetzungen dafür, daß Bayern seiner Aufgabe gerecht werden kann, dem Gürtel deutschen Siedlungsgebietes, der der bayerischen Grenze Deutschtum i. B öhmen vorgelagert ist, kultur- und wirtschaftspolltisch ein starker Rückhalt zu sein. Was über die Tiefenstaffelung der Alpenfront gesagt wurde, gilt in gleicher Weise für Egerland und Böhmerwaldgau. Abgetrennt wären diese Deut­ schen der zielbewußten und rücksichtslosen tschechischen Entnationalisierungspolitik ausgeliefert, die mit überaus

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geschickten Methoden arbeitet. Im lebendigen Zusammen­ hang mit dem reichödeutschen Hinterland sind sie durch­ aus imstande, den tschechischen Angriff abzuwehren. Er besteht vor allem in wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen (Bodenenteignung, Entlassung deutscher Erwerbslä iger, bewußte Abwälzung der Wirtschaftskrise auf die Deut­ schen) und kulturpolitischen Vorstößen (tschechische Schul­ gründungen im deutschen Sprachgebiet). Gerade dieses kulturpolitische Vordringen ist wesentlich gefährlicher als im Alpenraum, weil es hier eine klar verlaufende Sprachgrenze nicht gibt. Auf den lückenlos geschlossenen deutschen Volksboden folgt hier eine gemischtsprachige

Bayerischer Boden unter Wehrverbot Die Wehrverbotslinien, die das Gebiet abgrenzen, innerhalb dessen keine Wehr­ bauten errichtet werden dürfen, folgen in Ostbayern fast genau den Grenzen, die Kuffner für dm tschechoslowakischen Staat beanspruchte

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Jone, in der die Völkermischung bis in die einzelnen Gemeinden geht. Zn dieser Jone sind auch Mischehen nicht selten, die im Alpenraum zu den Ausnahmen ge­ hören. Die Erfolgöauösichten der tschechischen Politik, deutsches Siedlungsgebiet zu gemischtsprachigem Gebiet, gemischtsprachiges zu tschechischem zu machen, sind leider an manchen Stellen der Volksgrenze äußerst gefähr­ lich! Auch das äußere Bild der Kulturlandschaft erhöht diese Gefahren. Während etwa zwischen deutschem und italienischem Gebiet eine tiefeinschneidende Kulturgrenze verläuft, die das ganze Landschastsbild verändert, wäh­ rend deutsche und italienische Haustypen kaum eine Ähn­ lichkeit aufweisen, ist an der deutsch-tschechischen Volks­ grenze der Übergang im äußeren Bild kaum fühlbar, da die Tschechen Bauweise und landwirtschaftliche Kul­ turformen von den Deutschen übernommen und in Böhmen nur in geringem Maße umgebildet haben. Hier wird daher der Übergang nicht als so artfremd emp­ funden wie an der germanisch-romanischen Kulturgrenze. Kampf um Österreich Die Kernfrage der gesamten Stellung des Deutsch­ tums im Alpen- und Donauraum ist das Schicksal Österreichs. Ob Österreich mit dem Reich wieder zur Willensgleichheit verwächst, die letztlich ihren Aus­ druck im staatlichen Zusammenschluß finden muß, oder ob es den Gegenkräften gelingt, Österreich vom Reich abzukehren — darin liegt das ganze Problem des Süd­ ostens beschlossen. Hier handelt es sich ganz wesentlich um geistig-kulturelle Probleme. Eine Aufsaugung und Entdeutschung ganz Österreichs war selbst in den Frie­ densdiktaten der Pariser Vororte nicht als durchführbar erachtet worden, obwohl es auch an Stimmen nicht ge­ fehlt hat, die eine noch schwerere Zerstörung des deut­ schen Volksbodens der zerfallenen Donaumonarchie ge­ fordert hatten. Dagegen sehen wir seit dem Weltkrieg unablässig wirtschafts- und kulturpolitische Kräfte teils offen, teils geschickt getarnt, am Werk, die bemüht sind, die Unterschiede zwischen Österreich und dem Reich zu vergrößern, Österreich kulturell in gesonderte Entwick­ lungen hineinzutreiben und wirtschaftlich und politisch in reichsfeindliche Bindungen zu verstricken. Was an politisch-wirtschaftlichen Bindungen unter französischer Kontrolle bereits geschaffen wurde, gibt zu schwersten

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Besorgnissen Anlaß. Noch bedenklicher als die wirt­ schaftlichen Kampfmittel sind die kulturpolitischen. Wir erwähnten bereits die Auseinanderentwicklung der Ge­ schichtsauffassung im Reich und in Österreich. Mit aller Macht sind die französisch-tschechischen Kräfte an der Arbeit, um diese Kluft zu erweitern und den Typ eines „österreichischen Menschen" zu schaffen, der nicht eine bestimmte Ausprägung deutschen Volkstums ist, sondern sich vom deutschen Menschen unterscheidet.

Die beiden Pfeile von Westen und Osten bezeichnen die gefährliche Linie Weißenburg im Elsaß — Furth im Wald, die bedrohlichste Einengung deS deutschen VolköbodenS zwischen französischem und slawischem Machtbereich. Diese Karte zeigt deutlich: würde Bayern an Rhein und Donau im Grenzkampf zusammenbrechen, so würde zwangs­ läufig auch die Stellung Österreichs und des Nordostens unhaltbar

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Man will Österreich also zunächst auf den Weg einer Verschweizerung, b. h. auf den Weg der Herausbil­ dung eines dem Reich abgewandten Staatsgedankens verleiten, um es dann auf den Weg Luxemburgs und schließlich der Niederlande zu stoßen, also auf den Weg der Sonderentwicklung und der Herausbildung eines be­ sonderen österreichischen Volkes. Die gesunden Kräfte Österreichs werden diese Angriffe abwehren. Den gesun­ den Kräften gegen die ungesunden Rückendeckung zu geben, ist vielleicht die wichtigste Grenzaufgabe Bayerns. Kein deutsches Land ist so sehr wie Bayern dazu be­ rufen, den starken, sich zum Gesamtvolk freudig beken­ nenden Strömungen in Österreich zum Durchbruch zu verhelfen, da Bayern nicht nur an die gemeinsame deutsche Volksgeschichte, sondern auch an die gemeinsame Stammesgeschichte anknüpfen kann, um den Bruch in der deutschen Vergangenheit durch eine gesamtdeutsche Geschichtsauffassung zu überwinden. Die volköpolitische Grenzfesiigung gegenüber den magyarischen Bestrebungen im Übergangsraum zwischen Alpen und pannonischer Ebene rundet das Bild der Aufgaben Bayerns auf dem geschlossenen südost­ deutschen Volksboden ab. Neben diese südostdeutschen Grenzaufgaben tritt die Abwehr im Westen Verteidigung der Rheinpfalz gegen die franzö­ sische Nheinpolitik. Eine unmittelbare volkspoli­ tische Gefährdung der Pfalz liegt nicht vor. Alle fran­ zösischen Versuche, das deutsche Bekenntnis der Pfalz zu erschüttern, sind in der Zeit des Heldenkampfes der Pfalz gegen Besatzungöwillkür und Separatistenverrat fehlgeschlagen. Den gleichen Zusammenbruch wird die französische Politik in der Saarabstimmung erleiden. Hier gilt es für Bayern nur, die Kräfte der Abwehr wachzuhalten im Anschluß an das rechtsrheinische Hin­ terland, während die übrigen Aufgaben vor allem auf völkerrechtlichem Gebiet liegen und damit mehr in den Bereich der Reichsaußenpolitik fallen: Beseitigung der Entmilitarisierung l Eine Aufgabe, die dem Reich in gleichem Maße in Süd- und Östbayern zufällt, wo die Verträge fallen müssen, die dieses Gebiet unter Wehrverbot stellen. Bayerns Aufgabe für das ganze Volk, Bayerns Auf-

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gäbe für das Reich, Schild des Deutschtums im Alpenund Donauraum zu sein, ist wieder zu ihrem Ausgangs­ punkt zurückgekehrt. Mit diesem Wachsen der Aufgaben, mit diesem Hinausgreifen der Verantwortung an die Grenzen des Volksbodens ist es verknüpft, daß Bayern zugleich wieder Bannerträger der deutschen Sendung im Südosten werden muß. Die Donau, die seit dem Zug der Nibelungen die Kräfte unseres Volkstums nach dem Südosten gezogen hat, weist auch heute wieder den Weg. * Die neuen Aufgaben im Donauraum sind Neue Aufgaben grundsätzlich anders als vordem. Galt es früher, un- im Douauraum besiedeltes Gebiet zu kolonisieren, so gilt es heute, die Brücken zu selbständigen, aber durch ein Jahrtausend der deutschen Kultur eng verbundenen Völkern neu zu bauen, die die Gedankenwelt der französischen Revo­ lution in ihrer imperialistischen Ausprägung zum Scha­ den aller zerstört hat. Südosteuropa ist durch die Neu­ ordnung Europas in den Friedensdiktaten nicht befriedet worden. Die Kräfte gegensätzlicher Kulturkreise, ver­ schiedenen Volkstums, gemeinsamen Raumes konnten von den Stümpern von Versailles, St. Germain und Trianon nicht in Einklang gebracht werden. In krassen Gegensätzen treiben sie den Südosten in den Abgrund. Hier liegt eine neue Aufgabe: Eine neue deutsche Staatskultur, die zu übernationaler Bedeutung empor­ wächst, muß die neuen Formen des Zusammenlebens der Völker schaffen, muß die Befriedung und Zusam­ menarbeit des Südostens ermöglichen und vor allem Raum und Volkstum in Einklang bringen. Wir um­ reißen nur die grundlegenden Tatsachen: Der Raum des Südostens kann etwa folgender- Raum des Südostens maßen begrenzt werden: Seine westlichen Grenzen fallen ungefähr zusammen mit den östlichen Rändern des ge­ schlossenen deutschen Siedlungsgebietes und Böhmens. Als nördliche Grenze kann man die Karpathen bezeich­ nen, während den östlichen Abschluß das geschlossene Siedlungsgebiet der Ostslawen, also etwa der Dnjestr und das Schwarze Meer bilden. Die südliche Begren­ zung ist die Grenze Griechenlands gegenüber Bulgarien und Südslawien. Südwestlich ist das Adriatische Meer

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Völker des SüdostenS

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als natürlicher Abschluß Südosteuropas anzusehen. Die Lebensader dieses großen Raumes ist die Donau, die fast alle seine Flüsse aufnimmt. Im ganzen ein Raum, der nach Zusammenfassung drängt. So einheitlich der südosteuropäische Raum ist, so ver­ schieden sind seine Völker. Am stärksten ist die sla­ wische Völkerfamilie vertreten. Ihr Siedlungsgebiet be­ ginnt jenseits der bayerischen Ostgrenze mit den west­ slawischen Völkern der Tschechen und Slowaken, die bis in die Karpathen hineinreichen. Östlich schließen sich an die Slowaken ostslawische Völker an, die Karpathorussen (vielfach auch als Ruthenen bezeichnet), die Ukrainer und die Großrussen im nördlichen Rumänien, vor allem in Bessarabien. Wir beobachten also ein verhältnis­ mäßig schmales, aber in seiner Längsausdehnung von der bayerischen Ostgrenze bis an daS Schwarze Meer reichendes west- und ostslawisches Siedlungs­ gebiet. Ebenfalls in der Westostrichtung verläuft von der Adria bis an das Schwarze Meer das Siedlungs­ gebiet der Südslawen. Hier folgen Slowenen, Kroa­ ten, Serben und Bulgaren aufeinander. Die Siedlungs­ gebiete dieser beiden slawischen Gruppen haben unter­ einander keine unmittelbare räumliche Berührung. Zwi­ schen ihnen liegen die Siedlungsgebiete der Magyaren und der Rumänen. Südlich der Südslawen lebt an der Adria das uralte illyrische Volk der Albaner. Damit ist das bunte Bild der Völker des Südostens noch lange nicht erschöpft. Südslawien, Bulgarien und Rumänien weisen auch türkische Volksgruppen auf. Ferner haben sich die verschiedensten Bevölkerungsreste ehemaliger Er­ oberervölker aus dem Osten in kleinen Gruppen erhalten. Starke deutsche Siedlungen gibt es fast in allen südöstlichen Staaten. Nur die eigentliche Balkan­ halbinsel weist keine größeren bodenständigen deutschen Kolonien auf. Es liegt nun die Frage nahe, ob eine Aufzählung aller einzelnen slawischen Völker nicht über­ flüssig sei, ob es sich hier nicht mehr oder weniger um Stämme eines großen Volkes handle. Das ist nicht der Fall, obwohl die Übergänge, so z. B. zwischen Tschechen und Slowaken und zwischen Serben, Kroaten und Slo­ wenen, oft ineinanderfließen. Aber doch ist die Kultur­ entwicklung der slawischen Völker so unterschiedlich, daß

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fast jedes seine von der des Nachbarvolkes klar unter­ scheidbare Sprache und seine eigenen Gebräuche hat. Die geschichtliche Überlieferung der Völker, die aus der vor­ türkischen Zeit jahrhundertelang bis in die Gegenwart nachwirkt, ist verschieden. Diese nationalen Kulturunterschiede werden dadurch Kulturgrenzrn vermehrt, daß der Südosten in zwei verschieden ent- des Südostens wickelte Kulturzonen zerfällt. Die Kulturgrenze zwischen abendländischem und byzantinisch-mohammeda­ nischem Einfluß geht vielfach mitten durch die Völker hindurch. Soweit der Kultureinfluß des Heiligen Rö­ mischen Reiches Deutscher Nation und später der der österreichisch-ungarischen Monarchie reichte, gehört der Südosten kulturell dem christlichen Abendland zu. Zn diese Jone gehören neben slawischen Völkern und Volksteilen auch die Magyaren, die vor mehr als tau­ send Zähren als heidnischer Reiterstamm aus dem Znnern Asiens in die Pannonische Ebene kamen, dort seß­ haft wurden und sich dem Christentum und der abend­ ländischen Staatsauffassung anschlossen. Die kulturelle Zugehörigkeit zum Abendland hatte zur Folge, daß die Völker zu einer einheitlichen Schrift und zur Anerken­ nung der über ihre manchmal engen Sprachgebiete hin­ aus verständlichen deutschen Verkehrssprache gelangten. Zn ihrem Rechtsleben und in ihrer Wirtschaft empfingen sie wesentliche Anregungen von der deutschen Kultur­ gemeinschaft. Die östliche Grenze dieses abendländischen Kultureinflusseö läuft etwa gleich der Ostgrenze Öster­ reich-Ungarns vor der Angliederung Bosniens und der Herzegowina. Was östlich davon liegt, steht unter dem Kultureinfluß des alten Byzanz, unter dem Einfluß des griechisch-orthodoxen Glaubens und unter dem mo­ hammedanischen Einfluß der türkischen Eroberer, der sich ein halbes Jahrtausend in diesen Gebieten aus­ wirken konnte. Eine allgemein verstandene Verkehrs­ sprache gibt es hier nicht. Hier herrscht die kyrillische Schrift. Rechts- und Wirtschaftsformen waren bis zur Übernahme westeuropäischer Zivilisation in den letzten Jahrzehnten stark türkisch beeinflußt und sind es zum Teil heute noch. Nicht nur die türkischen Siedlungen bekennen sich zum Mohammedanismus, sondern auch zahlreiche slawische Siedlungen haben den Koran über-

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nommen. Die Kulturentwicklung dieser byzantinisch­ türkischen Einflußzone im Südosten ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig völkische Freiheit für Freiheit und Kultur- die Kulturentwicklung der Völker ist. Eine jahrhunderteEntwicklung lange Fremdherrschaft war über die slawischen Balkan­ völker herein gebrochen, nachdem sie bereits in ihren eigenen Reichen eine kraftvolle Kulturblüte entfaltet hatten. Dadurch wurde ihr Gemeinschaftsleben behindert und ihre Kulturentwicklung außerordentlich gehemmt. Die abendländische Herrschaft der Donaumonarchie übte kaum einen Druck auf die Völker aus. So konnten in der abendländischen Jone auch die slawischen Kulturen rascher wachsen als in der türkischen. Besonders gilt das auch für die Kultur der Rumänen. Die Herkunft der Rumänen ist nicht zweifelsfrei festgestellt. Wahr­ scheinlich geht das Volk auf die römischen Kolonisten zurück, die ihm auch die Sprache gegeben haben. Es dürfte aber starke nichtrömische Rassenbeimischungen aufweisen. Die Rumänen hatten vor der Türkenherr­ schaft eine weniger bedeutende Geschichte als die Sla­ wen. Später gehörte Rumänien zu den schlechtest ver­ walteten Gebieten der europäischen Türkei. Der Druck auf die Kulturentwicklung mußte hier besonders stark sein. Die Kulturspanne zwischen den in Siebenbürgen mit Deutschen und Magyaren zusammenlebenden Ru­ mänen und jenen, die jahrhundertelang unter einer auf­ gezwungenen Mißwirtschaft in der Türkei leben mußten, wurde so besonders groß. So tritt uns im Südosten eine durch Blut und Boden, Schicksal und Glauben unendlich mannigfaltig geformte Vielheit von Völkern entgegen. Die Volkögrenzen sind fast nirgends klar ausgeprägt, da in dem großen Donauraum die Völker fast überall ohne klare Naturgrenzen nebeneinander lebten und ihre Siedlungs­ gebiete sich vor allem dort, wo sie unter gleicher Staatshoheit standen, ineinander verzahnten und verzackten. So siedeln allein in einem so kleinen Teil des Südostenö, wie es die Bukowina ist, Deutsche und Ru­ mänen, Ukrainer und Nationaljuden und noch eine Reihe von Splittern von Kleinvölkern durcheinander. Mitten durch den Südosten Europas, mitten durch die Völker verläuft die Kulturgrenze zwischen dem alten Abendland

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43 und dem alten Orient, die jahrhundertelang eine un­ endlich viel schärfere Trennung bedeutete als irgendeine Staatsgrenze zwischen Völkern des Abendlandes. Und neben dieser unendlichen Mannigfaltigkeit der Völker und ihres Kulturlebens hat Südosteuropa eine weite, großzügige Raumgestaltung, die kaum mehr natürliche innere Unterteilungen aufweist als die in den Donau­ raum des alten Österreich-Ungarn, den unteren Donau­ raum der Walachei und die gebirgige Einheit der Balkanhalbinsel. Diese Großräumigkeit könnte ein Vorzug sein, wenn die Völker daraus den Schluß ziehen würden, in fried­ lichem Zusammenleben die Vorteile des Raumes gemein­ sam zu nützen. Sie ist aber auch eine Gefahr, weil sie einzelne Völker dazu verführt, den Raum für sich allein zu erobern und den Nachbarn zu unterdrücken. Ein Strom ungebändigten Lebens pulst durch den SDosten; ungelöste Spannungen lassen seinen Boden erzittern. Es gibt keinen Raum in Europa, der es dem Po- Zerstörung des südösll. litiker schwerer macht, gerechte Grenzen zu ziehen und Wirtschastsraumes einen dauerhaften Frieden herbeizuführen, als den Süd­ osten. Denn es zeigen sich zwei vollständig auöeinanderstrebende Tendenzen: Der große, einheitlich gegliederte Donauraum drängt zur einheitlichen, zum mindesten wirtschaftlich einheitlichen Zusammenfassung eines großen Gebietes. Da aber jedes Volk das Streben nach einem eigenen Staat in sich trägt, so drängt die völkische Verschiedenheit des Südostens zur staatlichen Zersplitterung in zahlreiche Klein- und Mittelstaaten. Faßt man den großen südosteuropäischen Raum unter einer Staatseinheit zusammen, so besteht die Wahrscheinlich­ keit seiner wirtschaftlichen Blüte, aber die Gefahr, daß die einzelnen Völker in ihrem Eigenleben bedrängt wer­ den. Gibt man jedem Volk seinen eigenen Nationalstaat, so läuft man Gefahr, die wirtschaftlichen Kräfte so zu zersplittern, daß alle Einzelstaaten in Armut geraten. Die Staatenkarte lehnte sich vor dem Weltkrieg an die erste, nach dem Weltkrieg aber an die zweite Möglichkeit an. Obwohl von dieser letzteren Lösung behauptet wird, sie habe dem Willen der Völker Rechnung getragen, wird niemand im Südosten der neuen Verhältnisse wirk­ lich froh. Zunächst hat die Entwicklung gezeigt, daß die

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große Gefahr der nationalstaatlichen Lösung, die Zer­ störung eines großen einheitlichen Wirtschastsraumes zur Tatsache geworden ist. Und dann hat sich erwiesen, daß die Verträge des Jahres 4944 die Gefährliche Völker­ probleme

Völkerprobleme des Südostens nur zum Teil gelöst, zum anderen Teil nur verändert haben, daß also im Grunde nur ein Teil der früheren Schwierigkeiten im Süd­ osten weggefallen ist, dafür aber wirtschaftliche Schwie­ rigkeiten hinzugetreten sind. Die neuen Staatsgrenzen folgen nur an wenigen Stellen den Volksgrenzen. Die Tschechoslowakei hat starke deutsche und magyarische Grenzminderheiten. An den Grenzen Rumäniens siedeln Magyaren, Ukrainer, Russen und Bulgaren. Südslawien weist besonders volk­ reiche und nasionalstolze bulgarische, albanische und magyarische Volksgruppen auf. Aber selbst wenn man die Staatsgrenzen überall den erkennbaren Volksgrenzen folgen lassen wollte, wären die Völkerprobleme noch nicht gelöst. Denn die Völker siedeln hier durcheinander. Es ist schlechthin unmöglich, Grenzen zu ziehen, die den Südosten in reine Nationalstaaten aufteilen würden. Auch die gerechteste Grenzziehung müßte mehrere Mil­ lionen nationaler Minderheiten beibehalten. Diese Un­ möglichkeit, durch staatliche Grenzen klar und deutlich Volk von Volk zu scheiden, lastet wie ein dumpfer Druck auf allen neuen Staaten, da sie ja ihre Da­ seinsberechtigung gerade von der Behauptung ableiten, Nationalstaaten zu sein, was sie aber nicht sind und nicht sein können. Wie weit der Südosten von der Ver­ wirklichung des Nationalstaates entfernt ist, zeigen einige Zahlen: in der Tschechoslowakei gehören 8,6 Mil­ lionen Menschen dem tschechischen Volk und sogar um 40 000 Menschen mehr den verschiedenen MinderheitsVölkern an. In Ungarn gibt es 7 400 000 Magyaren und 800 000 Deutsche und Slowaken. In Rumänien gehören 44 500 000 Staatsbürger dem rumänischen Volk, die übrigen 4% Millionen den Minderheitsvölkern an, und schließlich macht in Südslawien die staats­ bestimmende nationale Mehrheit 6,4 Millionen aus, gegen 51/» Millionen nationale Minderheiten.

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Diese gemischtvölkische Zusammensetzung der südost­ europäischen Staaten müßte nicht unbedingt eine Ge­ fahr sein, wenn nicht die Staaten selbst sie als Gefahr empfinden und auö diesem Gefühl der Unsicherheit her­ aus zu gefährlichen Maßnahmen greifen würden. Die Entnationalisierung wird nicht nur gegen die Deutschen, sondern fast gegen alle Minderheitsvölker betrieben, was zu Zusammenstößen auch mit den internationalen Ver­ trägen, die zu ihrem Schutz geschaffen wurden, führen mußte. Eine nationale Versöhnung und Beruhigung ist unter diesen Umständen in Südosteuropa nicht einge­ treten, und mehrfach haben seit dem Jahre 1919 blutige Auseinandersetzungen auch darauf hingewiesen, daß jedenfalls die Völker selbst das südosteuropäische Pro­ blem nicht für gelöst halten. Die Staaten selbst beurteilen diese Lage außerordentlich ernst, denn sonst wäre die Höhe der Rüstungen der Süd­ oststaaten unerklärlich. Es wäre auch unerklärlich, daß die neuen Staaten selbst dort, wo die natürlichen Voraus­ setzungen fehlen, versuchen, eine eigene Industrie in jedem einzelnen Staat aufzubauen. Die wirtschaftlichen Lasten, die die Staaten für die Erreichung wirtschaftlicher Selbst­ genügsamkeit übernehmen, sind außerordentlich. Zunächst verteuert dieses Bestreben entweder infolge der Unter­ stützung der Industriebetriebe durch Steuergelder oder infolge der hohen Zölle auf ausländische Industrieerzeugnisse die Lebenshaltung. Die Industriestaaten des Westens und der europäischen Mitte können aber die landwirtschaftliche Erzeugung des Südostens nicht mehr zu günstigen Bedingungen aufnehmen, wenn ihrer in­ dustriellen Ausfuhr nach dem Südosten keine ebenso günstigen Bedingungen eingeräumt werden. So tritt eine Stockung des Güterumlaufs ein, und zwei Ge­ biete, die sich so gut gegenseitig ergänzen könnten, wie die überwiegend industrielle Mitte und der überwiegend von der Landwirtschaft lebende Südosten Europas, blei­ ben einander auch heute noch fern. Die ungelösten Völkerprobleme und die Wirt­ schaftskrise eines in seinem ganzen Aufbau zer­ schnittenen Wirtschaftsraumes sind nicht die einzigen Sorgen des Südosten. Die Kulturgrenze, die sich zwischen dem Einflußbereich der früheren Donaumon-

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Folgen der Spannungen

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Grundlagen einer neuen Ordnung

archie und dem des Osmanenreiches in Jahrhunderten herausgebildet hat und die in Glaubensbekenntnis, Wirt­ schaftsformen, Recht, Schrift usw. eine tiefe Trennung bedeutet, haben zwei Staaten, Serbien und Rumänien, übersprungen. Die Walachei zog die uralte Kultur­ landschaft Siebenbürgen an sich. Das Belgrad der Ser­ ben wurde zum Mittelpunkt eines Reiches dreier süd­ slawischer Völker. Dabei liegt heute das politische Schwergewicht bei den Volksteilen, deren Kulturent­ wicklung durch Jahrhunderte den Hemmschuh der tür­ kischen Fremdherrschaft getragen hatte. Der Ausgleich der unterschiedlichen Kulturentwicklung innerhalb der südöstlichen Völker ist noch nicht gelöst. Diesem zwiespältigen Osten neue politische Ord­ nungen zu geben, die die wirtschaftliche Entwick­ lungsmöglichkeit und die Freiheit der Völker ermög­ lichen, ist die deutsche Aufgabe im Südosten. Bayern vor allem muß in der Wiederbelebung seiner alten Kulturüberlieferung im Donauraum Träger der neuen Sendung werden. Der deutsche Reichskanzler Adolf Hitler, ein Mann aus bayerischem Stamme, hat für die Lösung all dieser Ausgaben mit wenigen Sätzen die entscheidenden Bau­ regeln gegeben. Wir lassen sie wegen ihrer grundsätz­ lichen Bedeutung hier im Wortlaut folgen: „Unser Nationalismus ist ein Prinzip, daö uns als Weltanschauung grundsätzlich allgemein verpflichtet: In­ dem wir in grenzenloser Liebe und Treue an unserem eigenen Volkstum hängen, respektieren wir die natio­ nalen Rechte auch der anderen Völker auS derselben Gesinnung heraus und möchten deshalb aus tiefinner­ stem Herzen mit ihnen in Frieden und Freundschaft leben. Wir kennen daher auch nicht den Begriff des Germanisierens. Die geistige Mentalität des vergange­ nen Jahrhunderts, aus der heraus man glaubte, viel­ leicht aus Polen und Franzosen Deutsche machen zu können, ist uns genau so fremd, wie wir uns leiden­ schaftlich gegen jeden umgekehrten Versuch wenden." Hier tritt klar und eindeutig die deutsche Revolution gegen die französische Revolution geistig in die Schran­ ken. Der deutsche Reichskanzler hat in dieser Erklärung das unveräußerliche Recht jedes Volkes auf seine kultu-

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rette Eigenart anerkannt und sich damit bewußt von der durch die liberale Mehrheitöherrschaft geförderten Politik der Unterdrückung der Minderheitsvölker abgewandt. Eigenständig, in den geistig-seelischen Lebensäußerungen dem staatlichen Zwang entrückt, ist das Volkstum als unantastbares Gut jedes Menschen anerkannt. D i e deutsche Revolution hat die Volkstums­ rechte verkündet. Die allgemeine Anerkennung dieses Grundsatzes würde unmittelbar die Grundlagen für eine Neuordnung Mitteleuropas, besonders des raum­ und wirtschaftspolitisch einheitlichen Südostens schaffen. Bayerns Aufgabe ist es, im Donauraum, dem alten Raum seiner Sendung, die Frie­ densbotschaft der deutschen Revolution zu verkünden! Ist das Gift des gegenseitigen Miß­ trauens, der gegenseitigen Unterdrückung, deö Kultur­ kampfes aller gegen alle aus dem europäischen Südosten verschwunden, so drängt die große Einheit des Raumes selbst zum wirtschaftlichen Zusammenschluß des zer­ splitterten Donaubeckenö und zu seiner wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit betn gesamten deutschen Volks­ boden, der seit je seine natürliche Ergänzung darstellt. Der Weg zur Zusammenarbeit mit Deutschland müßte den Staaten des Südostens schon durch einen geschicht­ lichen Rückblick erleichtert werden. Vom Westen, aus Deutschland, kam ihnen stets reicher Segen. Kulturelle Höhe und wirtschaftliche Entwicklung verdanken sie zum großen Teil der deutschen Kulturarbeit vieler Jahrhun­ derte. Aus Asien aber ging eine Sturzwelle nach der anderen über den Südosten nieder. Hunnen, Awaren, Magyaren und Türken! Alle diese Stürme zerschellten am geschlossenen deutschen Volksboden, und hier wieder vor allem an der Widerstandskraft des bayerischen Stammes. Man sollte es in Budapest, Belgrad und Bukarest nicht vergessen, daß die neuen Staaten nur auf dem Boden der Türkensiege der Deutschen entstehen konnten! Wiederum bedroht heute eine gewaltige Be­ wegung aus dem Osten Europa: der Bolschewismus. Allein auf sich gestellt, werden die innerlich nicht ge­ festigten, wirtschaftlich nicht selbständigen und mit Gegensätzen überladenen Staaten des Südostens nicht in der Lage sein, diesen neuen Sturm aus Asien zu

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Deutsche

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bannen. Nur ihr innerer Lebensausgleich und die Zu­ sammenarbeit mit dem Großvolk des christlichen Abend­ landes, den Deutschen, wird dem Vormarsch des Bol­ schewismus in das Herz Europas siegreich begegnen können. Denn die erste Voraussetzung des Kampfes gegen den Bolschewismus ist es, ihm eine überlegene Rechtskultur entgegenzustellen. Diese Rechtskultur er­ wächst aus dem Bekenntnis deö neuen Deutsch­ land zur absoluten Wertordnung, aus seiner Absage an den liberalen Wertverfall. Wer einmal von der Festung Oberhaus in Passau den Blick über die Lande schweifen ließ, der findet in dieser Landschaft den Schlüssel zu Bayerns gesamtdeut­ scher Aufgabe. Der schwarzen Ilz folgend umfaßt das Auge die dunkeln Höhenzüge des Böhmerwaldes, die umkämpfte Ostmark, Reichsgrenze und Volksgrenze. Die schäumenden Wasser des Inn weisen südwärts zur Alpengrenze. Östlich mahnt die Aufgabe: Österreich bleibt deutsch! Zu Füßen der Festung ragt der altehr­ würdige Dom von Passau — Träger einer eineinhalb­ tausendjährigen Kulturmission im Südosten. Und auf der Donau weist der Zug der Schiffe nach dem Süd­ osten bis zum Schwarzen Meer — völkerverbindend. Alte Kultur und junges Leben, Kampf um den eigenen Volksboden und weiträumige und weitherzige Zusam­ menarbeit mit den Nachbarvölkern — eine große Auf­ gabe für Bayern, die alte Grenzmark, für Bayern, die junge Grenzmark!