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German Pages 140 [144] Year 1947
TRÜBNERS PHILOLOGISCHE
BIBLIOTHEK
BAND I
ABRISS DER DEUTSCHEN GRAMMATIK VON
HANS SCHULZ
DRITTE
AUFLAGE
BEARBEITET
VON
FRIEDBICH STROH
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. VORMALS G. J . G Ö S C H E N ' S C H E V E R L A G S H A N D L U N G — J . G U T T E N T A G , VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEORG REIMER — KARL J . TRÜBNER — V E I T i i COMP
BERLIN
1947
Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehaltem.
Archiv-Nr. 43 12 41
Vorwort. Dieser Abriß will die wichtigsten Tatsachen der historischen Grammatik der deutschen Sprache zusammenstellen, beschränkt sich aber, nach einer auch in unsern Vorlesungen häufigen Gepflogenheit, auf Laut- und Formenlehre. Er ist besonders für Studierende bestimmt, die sich in die verschiedenen Stufen des Altdeutschen bereits durch systematische Vorlesungen und eigene Lektüre der Denkmäler eingearbeitet haben und die jedenfalls mit den wichtigsten altgermanischen Formensystemen vertraut geworden sind. In dieser Voraussetzung habe ich auf viele nur deskriptive Angaben verzichtet und vor allem die Mitteilung von Paradigmen unterlassen. Der Anfänger, Oer etwa nach meinem Buch arbeitet, findet in den jedem Abschnitt vorangestellten Literaturübersichten die Grammatiken der einzelnen Dialekte verzeichnet, aus denen .er sich die hier vorausgesetzten Kenntnisse erwerben kann. Außer diesen Hilfsmitteln habe ich aber jeweils noch einige Werke angeführt, die ich dem Benutzer meines Buches zur Ergänzung und Fortsetzung seiner Studien empfehlen möchte. Denn selbstverständlich kann ein derartiger Abriß nur eine Auswahl der Probleme bieten und muß in ihrer Behandlung überall große Kürze erstreben. Ich habe besonders solche Spracherscheinungen behandelt, die an einer großen Menge von Worten zu beobachten sind, seltnere dagegen meist nicht berücksichtigt. In der Darstellung habe ich manches schomatisch vereinfachen und daher einzelne Schwierigkeiten übergehen müssen; insbesondere habe ich bei strittigen Fragen immer nur eine Auffassung darstellen können, anderseits aber auch die vorgetragene Anschauung zumeist ohne Begründung lassen müssen. Um so mehr habe ich mich bemüht, den also eingeschränkten Stoff in klarer Formulierung darzustellen
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und die Durcharbeitung durch übersichtliche Anordnung zu erleichtern. Aber ich wollte nur ein Hilfsbuch zur ersten Einführung in die deutsche Grammatik schreiben und halte seinen Zweck für erfüllt, wenn es seine Benutzer zu eingehenderen germanistischen Studien anreizt und vorbereitet. Freiburg i. B. im Juni 1914.
Vorwort zur zweiten Auflage. Der vorliegenden Neubearbeitung waren äußere Grenzen gezogen. Doch konnten die Aufstellungen im einzelnen geneuert und vielfach ergänzt werden. Daß diese Darstellung es sich versagen muß, die im fachwissenschaftlichen Gespräch vertretenen Auffassungen erschöpfend vorzuführen, sei doch wieder ausdrücklich ausgesprochen. Auch dieses Buch sollte den Studierenden eigner Stellungnahmen zu den Fragen nicht entheben. Eine verdienst liehe Würdigung verdankt das Buch G. Baesecke (Dt. Philol., 1919, S. 16). Für die Anregung zu dieser Neubearbeitung habe ich Herrn Prof. Götze bestens zu danken. Hans Schulz, Privatdozent an der Freiburger Universität, ist am 10. Januar 1915 bei Le Roye als Kriegsfreiwilliger gefallen. Dieses Buch möge das Gedächtnis an den früh Dahingegangenen wach halten. Gießen, im März 1933. j, g-j-RQjj
Vorwort zur dritten Auflage. Die Anlage des Buches ist unverändert geblieben. Die Neuauflage beschränkt sich auf Verbesserungen und einige Ergänzungen. Das Register mußte für den Neudruck nach dem Kriege zurückgestellt werden. Für freundliche Hinweise habe ich meinem hiesigen romanistischen Kollegen Prof. Heinrich Kuen zu danken. Erlangen, im Dezember 1943. F.STROH
Inhalt. Einleitung. Grundbegriffe der Phonetik Abschnitt I. Indogermanisch-Urgermanisch. § 1. Idg und germ. Akzent § 2 Idg. und germ. Vokale § 3 Ablaut § 4 Idg und germ. Konsonanten § 5. Grammatischer Wechsel § 6 Auslautsgesetze § 7. Deklination § 8. Konjugation Abschnitt II. Allhochdeutsch. § 9. Vokahsmus § 10. Konsonantismus . . . . . . . . . . . . § 11 Lautveränderungen in unbetonten Silben . . § 12. Flexion Abschnitt III. Mittelhochdeutsch. § 13. Lautliche Veränderungen § 14. Flexion Abschnitt IV. Neuhochdeutsch. § 15. Lautliche Veränderungen § 16. Flexion
1 9 10 14 19 28 30 35 45 57 65 80 88 99 108 117 126
Einleitung
Grundbegriffe der Phonetik. S c h r i f t e n : B r e m e r , Dt. Lautlehre (1918). F o r c h h a m m e r , Die Grundlage der Phonetik (1924) - Kurze Einf. in die d t . und allg. Sprachlautlehre (1928). J e s p e r s e n , Elementarb. der Phonetik (1912) - Lehrb. der Phonetik ( 5 1932). P a n c o n ce 11 i - C a I z i a , Exp. Phonetik (1921) - Die-exp. Phonetik in ihrer Anwendung auf die S p r a c h « . ( 2 1924). R i c h t c r , Lautbildungskunole (1922). S i e v e r s , Grundzüge der Phonetik ( 5 1901). S ü t t e r l i n , Die Lehre von d e r L a u t b i l d u n g (3 1925). V i e t o r - M e v e r , Elemente der Phonetik des Dt., Engl, und Frz. (" 1923) - Kl. Phonetik ( l 2 1926).
Für alle sprachlichen Betrachtungen, besonders schon für das Verständnis der sprachwissenschaftlichen Terminologie, ist eine Kenntnis vom Wesen und von der Entstehung der Sprachlaute erforderlich. Das eigentliche Sprechmaterial ist der aus den Lungen hervorgepreßte Luftstrom, die Artikulation aber erfolgt durch Bearbeitung dieses Luftstroms durch die Sprachorgane. 1. Die Sprachorgane und ihre wesentlichen Artikulationseinstellungen : a) der K e h l k o p f mit den S t i m m b ä n d e r n : diese sind entweder in der Ruhelage (Atem-, Hauchstellung), oder-gespannt (zur Stimmtohbildung), oder sie bilden einen Verschluß, bei dessen Lösung ein 'Knacklaut' hörbar werden kann (der Kehlkopfexplosivlaut als deutscher Vokaleinsatz). b) das sog. A n s a t z r o h r , d. h. der Mundraum und der Nasenraum. Beide wirken resonatorisch und geben dem von den Stimmbändern erzeugten Ton erst seine eigentliche Klangfülle. c) das G a u m e n s e g e l (velum) mit dem Zäpfchen (uvula): durch Heben des Gaumensegels erfolgt Abschluß des Mundraums gegen den Nasenraum, der sonst resoS c h n l z , Abrifl der deutschen Grammatik.
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jiatorisch mitwirkt. Durch Vibrieren des Zäpfchens entsteht ein Zitterlaut (uvulares u). d) die Z u n g e hat durch ihre reiche Muskulatur die mannigfachsten Einstellungsmöglichkeiten. Sie kann dem Oberkiefer bis zur Engen- oder Verschlußbildung angenähert werden und zwar entweder den Zähnen, dem Zahndamm (den Alveolen), dem harten Gaumen (palatum) oder dem weichen Gaumen (velum). Dementsprechend unterscheidet man dentale (interdentale oder postdentale), alveolare, palatale und velare Zungenstellung. Die Zungenspitze kann aufgebogen werden (z. B. beim eugl. r) und vibrieren (beim sog. Zungen-B). Die Zungenränder können aufgewölbt werden (bei l). In der Mitte des Zungenblatts kann eine Höhlung (beim s-Laute) oder eine Rinne (beim s) gebildet werden. e) die L i p p e n können vorgestülpt und gerundet, aüseinandergezogen und gespalten werden, außerdem einander zur Engenbildung und zum Verschluß genähert werden. Diese Einstellungen veranlassen eine Vergrößerung oder Verkleinerung bezw. den Verschluß des Mundraumes und daher eine Abwandelung seiner resonatorischen Wirkung. 2. Die Sprachlaute unterscheiden wir a) rein a k u s t i s c h (oder nach dem Klangeindruck) als stimmhafte und stimmlose Laute nach dem Vorhandensein oder Fehlen des Stimmtons. I. Die s t i m m h a f t e n Laute sind wieder entweder reine Stimmlaute (Sonore) oder stimmhafte Geräuschlaute, d. h. neben dem Stimmton wird ein Geräusch (Reibe- oder Platzgeräusch: v—b, z — d ) hörbar. Demgegenüber erklingt bei den Sonoren der reine Stimmton, wèttrt auch resonatorisch geformt durch den Mundraum (reine Vokale), oder durch den Nasenraum (der g - L a u t in bange), oder d u r c h beide (bei m, n und bei den franz. Nasalvokalen).
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II. Die s t i m m l o s e n Laute sind reine Geräuschlaute: die Geräusche sind- entweder Reibegeräusche (Spiranten z. B . f Q s) oder Platzgeräusche (Explosivlaute z. B . p k t). b) nach der A r t i k u l a t i o n s a r t , und z w a r zunächst nach den beiden Haupteinstellungen des Spreehwerkzeugs, das entweder frei geöffnet ist oder aber dem Luftstrom 'schallbildende Hemmungen' (Sievers) entgegenstellt, die entweder Engen oder Verschlüsse sind: I. Ö f f n u n g s l a u t e sind alle Vokale, die Nasale (m n), die Liquiden (r 1) und der Hauchlaut h. engl.
II. E n g e l a u t e sind f—v, [ß)-[d\.
s— [2], [?] — [/], [x\ — [3],
III. V e r s c h l u ß l a u t e , eigentlich Verschlußlösungs(oder -sprengungs-) laute sind b — p, d — t, g — k. Die Lösung des Verschlusses kann mit größerer oder geringerer Energie erfolgen (Portes — Lenes), je nach dem der D r u c k des Luftstroms, der den Verschluß sprengt, stärker oder schwächer ist. Bei starkem Exspirationsdruck erzeugt der Luftstrom nach der Verschlußsprengung ein Geräusch, sodaß nach dem Explosivlaut noch ein Hauchlaut hörbar wird. Dieses Zutreten des Hauchlautes nennen \vir A s p i r a t i o n , und wir unterscheiden daher reine Verschlußlaute (z. B. in den romanischen Sprachen) von den aspirierten V e r schlußlauten (in norddeutscher Aussprache der p t k). c) nach der A r t i k u l a t i o n s s t e l l e , d. h. nach der Stelle, an der die schallbildende Hemmung gebildet wird: Labiale (¿> p), Labiodentale ( f — v), Dentale: Interdentale und Postdentale oder Alveolare (s — jr;-engl. th). Palatale (k g Velare (& g) [x] — [3]. Für die beiden letzten Gruppen ist auch die unzutreffende Bezeichnung 'Gutturale' üblich. d) nach ihrer F u n k t i o n in der Sprachbildung als Sonanten und Konsonanten. Sonanten sind Laute, die Träger einer Silbe oder silbenbildend sein können; z u 1*
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ihnen sind zu rechnen alle Vokale, die Nasale und die Liquiden (vgl. die zweiten Silben in nhd. {hg.})»] [legn\ [hinilj). Manche dieser Laute können sowohl als Sonanten wie als Konsonanten auftreten, z. B. von den Vokalen i und M; sie erscheinen sonantisch (silbisch) in nhd. [di.ba] ffu\la], dagegen konsonantisch (unsilbisch) in südd. | juga], engl. [iiif\. Ebenso die Nasale und Liquiden, z. B. sonantisch \ge :gn\ [ke: gl], konsonantisch [ni'.mant] [le: ra\ 3. Lautverbindungen. Die Sprache verwendet nur selten einzelne Laute (z. B. lat. i 'geh'! mhd. e 'Gesetz'), in der Regel treten mehrere Laute zu einer sprachlichen Einheit (Wort oder Silbe) zusammen. Bei der Beobachtung solcher lautlicher Folgen erkejinen wir feste Lautverbindungen, die einen innigeren Zusammenschluß zeigen als sonst aufeinanderfolgende Laute. So ist in den D i p h t h o n g e n immer der eine Vokal dem andern untergeordnet; in der Regel überwiegt der erste (fallende Diphthonge: äi au), seltener der zweite (steigende Diphthonge: engl. u6 ui). Hierher auch die A f f r i k a t e n d. h. Verbindungen von Verschlußlauten mit homorganen Reibelauten (p + f, t + s, k + x), in denen die Reibelaute vorherrschen. Unsere Schreibweise verschleiert mitunter Lautverbindungen durch ein einheitliches Zeichen (z — t + s, x = k + s), umgekehrt kennt sie aber auch Zeichenverbindungen für einheitliche Laute (z. B. ch = [c] oder [x], sch — [/"]). 4. Lautwandel. In allen Sprachen, von denen wir eine längere Entwicklung überschauen können, ist die Artikulation mancher Laute im Laufe der Zeit verändert worden und dadurch allmählich ein Lautwandel eingetreten. Solche Veränderungen sind zum Teil aus der Kombination und Berührung mit andern Lauten zu erklären (sog. komb i n a t o r i s c h e r Lautwandel) und beruhen im wesentlichen auf einer Ausgleichung der verschiedenen Artikulationen,
indem bei der Bildung des .einen Lautes eine Artikulationsbewegung des andern Lautes übernommen wird (z. B. np > mp in mhd. wintbru > nhd. Wimper). Solche kombinatorische Veränderungen sind alle Palatalisierungen und Velarisierungen, Umlaute und Brechungen, Assimilierungen und Dissimilierungen. Zahlreiche Lautwandlungen können wir jedoch nicht aus derartigen kombinatorischen Veränderungen erklären,, diese nennen wir s p o n t a n e Lautveränderungen.
Abschnitt
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Indogermanisch- Urgermanisch. Schriften: 1. Allg.: G ü n t e r t , Grundfragen d. Spw. (1926). D e l b r ü c k , Einl. in d. Stud. d. idg. Sprachen (« 1919). Meillet, Xntrod. à l'étude comp, des langues indo-europ. (' 1934). Dt. (1909), K i a h e , Idg. Spw. (1943). S c h r i j n e n - F i s c h e r , Einf, m d. Stud. d. idg. Spw. (1921). B r u g m a n n , Grdr. d. vgl. Gr. d. idg. Sprachen (* 1897ff) — Kurze vgl. Gr. d. idg. Sprachen (1902ff). H i r t , Idg. Gr. 1—5 (1921—29). S t r e i t b e r g - M i c h e l s , Germ. (1927). K a r s t e n , Die Germanen (1928). Boer, Oergm. Hb. (2 1924). Laut- a Formenl. d. agm. Dialekte, hg. v. D i e t e ; (1900). H i r t , Hb. d. ürgm. 1. 2 (1931—32). K l u g e , Urgm. ( 3 1913). K o c k , Agni. Biradigmen (1915). K r ä h e , Germ. Spw. (1942). Meillet, Garactèies généraux des langues genn. ( 3 1926). N o r e e n , Abr. d. urgm. Lauti. (1894). S t r e i t b e r g , Urgm. Gr. (1896). G r i m m , Dt. Gr. 1. 2 ( 3 1870ff.) W i l m a n n s , Dt. Gr. 1 ( 3 1911), III, 1 (1906)
6 2 (190!)). P a u l , Dt. Gr. I 1 (1916). K a u f f m a n n , Dt. Gr. (9 1929). K a r s t i e n , Hist. dt. Gr. 1 (1939). B e h a g h e l , Die dt. Spr. (« 1930). Gesch. d. dt. Spr. v. B e h a g h e l ( 5 1928), H i r t (* 1925), K l u g e ( 2 1925), S p e r b e r (1926), B a c h ( 3 1943). 2. Für die einzelnen germ. Dialekte: Einf. in d. Got.: v. d . L e y e n (1908), F e i s t (1922). B r a u n e - H e l m , Got. Gr. ( " 1939). v a n H a m e l , Got. Hb. ( 2 1931). K l u g e , Die Eiern, d. Got. (1921). S t r e i t b e r g , Got. Eb. (5- 8 1920). K i e c k e r s , H b . d. vgl. got. Gr. (1928). J e l l i n e k , Gesell, d. got. Spr. (1926). H e i n p e l , 14 Got. Eb. (1937). W r e d e , Stamm-Heynes Ulfilas 1920). J ö h a n n e s s o n , Gr. d.. u m . Runeninschr. (1923). R a n k e , An. Eb. (1937). B o e r , Oudnoorsch Hb. (1920). H e u s l e r , Aisl. Eb. ( 3 1932). N o r e e n , Ali. Gr. I ( 4 1923), I I (1904) — Abr. d. aisl. Gr. ( 3 1913) — Gesch. d. nord. Sprachen ( 3 1913). B ü l b r i n g , Ae. Eb. I (1902). S i e v e r s , Ags. Gr. ('42) — Abr. (8 1930). L e h n e r t , Ae. Eb. '39. L u i c k , Hist. Gr. d. engl. Spr. (1914ff.). v a n H e l t e n , Aofriea. Gr. (1890). H e u s e r , Afries. Leseb. (1903). S t e l l e r , Abr. d. afries. Gr. (1928). B a s i e r , As. (1923). G a l l 6 e , As. Gr. ( 2 1910). H o l t h a u s e n , As. Eb. ( 2 1921). L a s c h , Mnd Gr. (1914). S a r a u w , Nddi Forschungen 1 (1921), 2 (1924). F r a n c k , Mndl. Gr. ( 2 1910). v a n d e r M e e r , Hist. Gr« d. ndl. Spr. 1 (1927). D a s D e u t s c h e gehört z u s a m m e n mit dem Niederländischen, Friesischen. Englischen. Dänischen. Schwedischen u n d N o r w e g i s c h e n 1 ) zu der Gruppe der Sprachen.
Bei allen
Verschiedenheiten
germanischen dieser
Sprachen
ist s c h o n bei nur praktischer K e n n t n i s n a h m e eine große Ä h n l i c h k e i t i m g a n z e n Sprachcharakter und in vielen Einzelheiten u n v e r k e n n b a r ; einer vergleichend-historischen
Be-
trachtung aber, die die ältesten F o r m e n dieser Sprachen (also das Altniederfränkische,
Altfriesische, Altsächsische, Alt-
e n g l i s c h e oder Angelsächsische, Altnordische und außerdem das später ausgestorbene Gotische) berücksichtigt, ergeben sich so v i e l e Ü b e r e i n s t i m m u n g e n , daß zu ihi'er Erklärung l
) Dies auch auf Island.
notwendig ein älterer Zusammenhang im Sprachleben der germanischen Völker (wie der Sueven, Franken, Sachsen, Friesen, Skandinavier und Goten 1 ) angenommen werden muß: eine S p r a c h g e m e i n s c h a f t , die die Ausbreitung sprachlicher Gebilde und Veränderungen über das gesamte Gebiet dieser Völker ermöglichte. Alle Spracherscheinungen, die auf diese Weise allen Germanen- gemeinsam geworden sind, pflegen wir als g e m e i n g e r m a n i s c h zu bezeichnen, solche dagegen, die nur ein beschränktes Geltungsgebiet haben, als einzeldialektisch oder einzelsprachlich (bzw. als friesisch, englisch usw.). Die ältesten sprachlichen Überreste, wie sie uns aus verschiedenen Teilen des germanischen Sprachgebiets aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten erhalten sind 2 ), zeigen nun noch fast gar keine einzeldialektischen Erscheinungen, wohl aber alle gemeingermanischen, wenn auch nicht mit völliger Gleichmäßigkeit. Das älteste Germanisch oder das sog. U r g e r m a n i s c h zeigt also im wesentlichen den gemeingermanischen Sprachcbarakter, die Begriffe 'urgermanisch* und 'gemeingermanisch' decken sich daher in vielen Fällen. ') Nach der ältesten geographischen Gruppierung der germanischen Stämme unterscheidet man häufig auch ihre Dialekte als n o rd g e r m . (urn. an.), o s t g e r m . (got.) und w e s t g e r m . Das W g m . zerfällt in das A n g l o f r i e s . (Aga. Afries.) und das D e u t s c h e (Andd. mit As. und Andfrk. und Ahd.). Mit dem Anglofries. stellt sich das As. (vielfach auch noch das übrige Deutsche) als I n g w ä o n i s c h dem deutschen Südosten und Süden gegenüber. *) Nämlich: 1. in der klassischen Überlieferung (germanische Worte und Namen). 2. in den Runeninschriften besonders auf Grabsteinen in Norwegen, Schweden und Dänemark; in andern Teilen des germanischen Sprachgebiets sind nur kleinere Runeninschriften (auf Schmuckstücken) gefunden worden. 3. in einzelnen Lehnwörtern der finnischen Sprache, die vor Beginn unserer Zeitrechnung a u s der Sprache eines germanischen Volkes entlehnt sein müssen.
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Der gemeingermanische Sprachcharakter ist, wie schon oben angedeutet, das Ergebnis einer längeren Entwicklung, in der sich eine Reihe von sprachlichen Veränderungen und Neuerungen ausgebreitet hat. Eine genauere Beobachtung dieser germanischen Sprachneuerungen, vor allem die Feststellung der v o r g e r m a n i s c h e n Sprachformen ist uns dadurch ermöglicht, daß. wir diese Sprachformen teilweise erhalten finden in den Sprachen anderer Völker, mit denen- die Germanen in einer vorgeschichtlichen Zeit durch eine ähnliche Sprachgemeinschaft verbunden gewesejx sein müssen, wie wir sie eben für die germanischen Stämme unter sich angenommen hatten. Diese ä l t e r e S p r a c h g e m e i n s c h a f t hat eine Reihe von Völkern umfaßt, die sich heute zunächst über Europa und Asien verteilen (hauptsächlich die Inder, Perser, Armenier, Albaner, Slaven, Litauer, Germanen, Kelten, Römer und Griechen), und hat in den Sprachen dieser Völker zahlreiche Übereinstimmungen geschaffen. Alle sprachlichen Erscheinungen, die so den Indern, Persern usw. gemeinsam geworden sind, nennen wir (abgekürzt mit den Namen der beiden äußersten Glieder der ganzen Reihe) ' i n d o g e r m a n i s c h ' oder 'gemeinindogermanisch', nichtdeutsche Gelehrte brauchen dagegen vielfach den Terminus ' indoeuropäische. Eine als gemeinindogerinanisch erwiesene Spracherscheinung darf also auch für das Germanische vorausgesetzt oder als 'vorgermanisch' bezeichnet werden. Die Feststellung der germanischen Sprachneuerungen aber erfolgt durch Vergleichung der (wirklich in einer Sprache erhaltenen oder durch Vergleichung festgestellten) indogermanischen Sprachformen mit den gemeingermanischen oder urgermanischen Sprachformen. Aus praktischen Gründen werden wir jedoch nicht allein mit den erschlossenen Formen arbeiten, sondern bei Gegenüberstellungen
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immer auch wirklich bezeugte Laute und Formen zuziehen. Dabei bieten für indogermanische Sprachforinen das Lateinische, Griechische und Indische die klarsten Beispiele, f ü r gemeingermanische Sprachformen dagegen das Gotische, das, von einigen leicht erkennbaren Neuerungen abgesehen, den urgermanischen Bestand am besten erhalten hat.
§ 1. Idg. und germ. Akzent.
Der i n d o g e r m a n i s c h e Akzent konnte ursprünglich j e d e S i / l b e eines Wortes treffen und steht so noch im Griechischen ebenso auf Stammsilben (ir germ, ur (ru). ai. trna-m 'Grashalm* — germ. *purnuz 'Dorn' (got. paiirnus) ai. tfM-s 'gierig, lechzend' — germ. *pur$uz 'dürr' (got. paürsus) idg. pj--m- (griech. npd(i0 geVm. u/ (/ germ. un. idg. *dnt- "Zahn* (lat dentem) — got. tunßus. idg, *mntom 'Kinn' (lat. mentum) — got. munps. Der so entwickelte gemeingermanische Vokalismus ist (abgesehen von der unter 3 c besprochenen Wandlung aller e > t) im G o t i s c h e n gut erhalten. Nur werden vor r und h die Extremvokale u und i ¿u ö (aü) und e (ai) verändert (sog. "Brechung'):
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griech. rcpo-0upov 'Vortür* — gerra. *duram: got. daür griech. öufotTrip Tochter' — germ. *dukter: got. daühtar lat. vir 'Mann' —; germ. *wiraz: got. wair got. stigum — taihum, budum — taithum. Unter Berücksichtigung dieser sekundären Wandlungen können wir im folgenden wesentlich mit gotischen Beispielen arbeiten. § 3. Ablaut. In vielen etymologisch und morphologisch zusammengehörigen Wortformen des Germanischen bestehen U n t e r s c h i e d e im V o k a l i s m u s , die durch keinerlei einzelsprachliche Neuerungen zu erklären sind (z. B. got. tunfius: ahd. zand, nhd. Berg . Burg, heiß: Hitze). Ähnliche Vokalwechsel zeigen aber auch die andern indogermanischen Sprachen, und so können wir bei historischer Vergleichung eine Reihe von Vokalabstufungen als gemeinindogermanisch erweisen, deren Differenzierung durch alte Akzentverschiedenheiten und mehrere im Laufe der idg. Zeit aufeinander folgende Akzentwirkungen veranlaßt worden ist. Biesen gemeinindogermanischen Vokalwechsel nennen wir A b l a u t . Der Ablaut besteht entweder in einem Unterschied der Q u a n t i t ä t (Wechsel von Kürze und Länge) oder in Unterschieden der Q u a l i t ä t (Wechsel von verschiedenen Vokalfarben). Idg. gedehnte Silben bezeichnen wir als D e h n s t u f e (D), quantitativ unveränderte als V o l l s t u f e (V). Der Vokal kann schließlich ganz schwin den ( S c h w u n d s t u f e S). Unter gewissen Bedingungen erstreckt sich die Minderung jedpch nur bis zu einem nicht näher bestimmbaren Flüstervokal » ( R e d u k t i o n s s t u f e R), der in den
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einzelnen Sprachen in verschiedener Gestalt erscheint, im Germ, als u oder wohl auch als e. Die für das Germ, wichtigsten A b l a u t s w e c h s e l sind die folgenden: 1. Quantitativer Ablaut (oder Abstufung). a) idg. ä: a = germ, i : o (nach § : 2, 1). Vgl. lat. scäbo : scdbi 'schaben', griech. cpafitv : q>Q|u! "sprechen*. got. hana 'Hahn': as. hon 'Huhn' (zu lat. cano 'singe') got. agis 'Schreck': 6g 'ich fürchte mich' (zugriech. axos 'Angst, Schmerz'). b) idg. ö: o = germ, ä : o (nach § : 2, 2). Vgl. lat. vöcare 'rufen' : vox 'Stimme', födio : födi 'graben'. got. dags 'Tag': (fidur~)dögs 'viertägig' (zu lit. dagas 'Ernte', idg. *dhögho-s). got. faran 'wandern, ziehn': as. fortan 'führen' (zu griech. itöpog 'Gang* Ttoptuo^ai 'gehen, reisen'). c) idg. i\ e = germ. Üf: e, (nach § : 2, 3). Vgl. lat. teyo 'bedecke' : tegula 'Ziegel', griech. ptbuuv 'Walter, Herrscher': nn&opai 'ermesse'. got. taihun ' 1 0 ' : (sibun-)tihund '70' (zu lat. decern). got. qino 'Weib' : qens. 2. Qualitativer Ablaut (oder Abtönung). a) idg. i:ö = germ. i/{: a (nach § : 2, 2. 3), dies der häufigste Ablaut in allen indogermanischen Sprachen. Er erscheint I. als r e i n e r ¿/¿-Ablaut; vgl. lat. tego "bedecke': töga 'Kleid', precor 'bitte': pröcus 'Freier', griech. Xerw 'sage' : XÖTOS ' W o r t ' .
got. simle 'einst' : sama 'derselbe' (vgl. lat. semel 'einmal': griech. öpo? 'derselbe'). ahd. wellan 'wälzen': wallan 'sprudeln'. II. in Verbindung mit u als Ablaut der Diphthonge idg. eu :ou = germ. eu :au, got. iu : au (nach § : 2 , 3).
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Vgl. griech. (mciibuj 'beschleunige*: ffrroubii 'Eile', ¿Xtuffonat 'ich werde kommen': homer. e&rjXouöa 'bin gekommen'. germ. *reudaz 'rot' (ags. rSod): got. raußs (vgl. griech. iptuOoi; 'Röte*: lat. rüfus 'rot' aus *rottdhos). got. liufs '-lieb' -.galaufs 'wertvoll' (vgl. aslav. ljubü 'lieb' aus *leubho- : idg. *loubho-). III. in Verbindung mit i als Ablaut der Diphthonge i^g. ei: oi = germ. / : ai (nach § . 2, 2 . 3 m). Vgl. griech. Xcimu 'zurücklassen': XOITTO«; 'übrig'. got. steigern 'steigen': staiga 'Steig, Weg' (vgl. griech. erreixw 'gehe' : ffioi^oq 'Reihe'), got. -weis 'wissend': wqit 'ich weiß' (vgl. griech. (F)eiöoq 'Anselien, Gestalt' : (F)oiöa 'ich habe gesehen, weiß'), b) idg. S ; o = germ. o : o, die seltenere Abtö»ung der Längen, entsprechend der unter a belegten Abtönung der Kürzen. Vgl. griech. dpritw 'helfe* : äpwfös 'Helfer', (dvdt)6ri|ia 'Aufgestelltes, Weihgesdienk' : 6wnoi; "Haufe*. got. deßs 'Tat': as. don 'tun* (vgl. griech. TIÖJIHI 'setzen': Öw|i6?). ags. bldd 'Blüte' : got. biomo, 'Blume' (vgl. lat. flemina 'Schwellung* : flos 'Blüte'). 3. Vokalachwund, als dritte Stufe zu allen im vorstehenden belegten Ablautspaaren möglich; besonders häufig begegnet die Schwundstufe neben qualitativen Vollstufen. Schwundstufe liegt im Germ, in folgenden Fällen vor: a) als w i r k l i c h e r S o n a n t e n a u s f a l l , der dann den Verlust einer Silbe veranlaßt und das ganze Wort etymologisch undurchsichtig macht; vgl. griech. ntTcaSai (Präs.) 'fliegen* — irnffBai (Aorist), ix 1 " 'habe' aus *