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German Pages 132 [140] Year 1942
BALLISTIK Die mechanischen und thermischen Grundlagen der Lehre vom Schuß Von
Prof. Dr. Hans Lorenz
Vierte unveränderte
Auflage
mit 62 Textabbildungen
München und Berlin 1942 Verlag von R. Oldenbourg
Manuldruck von F. TJUmann G. m. b. H., Zwickau Sa. Printed in Germany.
Vorwort zur dritten Auflage, Die jetzt in dritter Auflage vorliegende kleine Einf ü h r u n g in die Ballistik ist aus Vorträgen entstanden, die ich während des Krieges vor Ingenieuren und Offizieren in verschiedenen Städten des Reiches sowie hinter der Front gehalten habe. Ursprünglich nur auf die mechanischen Vorgänge beschränkt, wurde sie in der zweiten, kurz nach der ersten im Jahre 1917 erschienenen Auflage durch einen Abschnitt über die wichtigsten Treibmittel und Sprengstoffe, die Berechnung des Verbrennungsvorgangs und die sog. Pulverdruckkurve erweitert. Da sich an diesen physikalischen Grundlagen der Lehre vom Schuß seither nichts geändert hat, so konnte ich mich für diese dritte Auflage mit einigen kurzen Zusätzen über die Berechnung der Beivverte meiner Luftwiderstandsformel, die bewährte graphische Näherungskonstruktion der Flugbahn nach Brauer und eine kurze Darlegung des Schallmeßverfahrens begnügen. Zum Verständnis der in diesem Buche vorkommenden Berechnungen darf ich wohl auf meine im gleichen Verlage in zweiter Auflage erschienene »Einführung in die Elemente der höheren Mathematik und Mechanik« verweisen und der H o f f n u n g Ausdruck geben, daß auch die neue Auflage als kürzeste wissenschaftliche Darstellung des Gesamtgebietes der Ballistik dieselbe freundliche Aufnahme in den Kreisen der Offiziere und Ingenieure finden möge, wie die beiden früheren. M ü n c h e n , im Oktober 1935. Dr. H. Lorenz.
Inhaltsverzeichnis. Seite
Vorbemerkung
1
I. I n n e r e § § § § § §
Ballistik.
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Der Schußvorgang im Rohr Die Treibmittel und Sprengstoffe Die Verbrennung des Pulvers Die Verbrennung im Rohr und die Pulverdruckkurve . Durchführung der Berechnung für das Blättchenpulver Näherungsrechnung für alle Pulversorten
§ 7. § 8. § 9. § 10.
Die Rückwirkung auf starre Schußvorrichtungen . . . Der Rohrrücklauf auf Rahmen- und Verschwindlafetten Der Rohrrücklauf auf Wiegelefatten Genauer Zusammenhang zwischen Geschoßbewegung und Rücklauf Die Festigkeit der Rohre
1 10 17 21 29 35
II. D i e S c h u ß w i r k u n g a u f d i e S c h i e ß g e r ä t e .
§11.
III. Ä u ß e r e § 12. § 13. §14. § 15. §16. §17. §18.
40 45 51 59 68
Ballistik.
Die Geschoßbahn im luftleeren Räume Der Luftwiderstand der Geschosse Die Abhängigkeit des Luftwiderstandes von der Geschwindigkeit Die Geschoßbahn im Luftraum Die Kreiselwirkung der Geschosse Die Wirkung der Geschosse am Ziel Das Schallmeßverfahren
80 86 92 104 111 122 130
Ballistik. Die mechanischen Grundlagen der Lehre vom Schuß. V o r b e m e r k u n g : Die Ballistik beschäftigt sich mit der Bewegung der Geschosse. Diese selbst zerfällt in drei Abschnitte: Das Fortschleudern des ursprünglich ruhenden Geschosses, bis die Höchstgeschwindigkeit erreicht ist, die Bewegung durch die Luft bis zum Ziel und schließlich die Wirkung am Ziel mit dem Übergang in den Ruhezustand. Da die Geschosse in der Luft im allgemeinen große Entfernungen zurückzulegen haben, so müssen ihnen auch entsprechend große Anfangsgeschwindigkeiten erteilt werden, die sich zwischen 500 und 1000 m/sk bewegen, also schon weit über der Schallgeschwindigkeit liegen. Die. Beschleunigung der Geschoßmasse vom Ruhezustand auf diese Anfangsgeschwindigkeit erfolgt, wenn wir von einigen Ausnahmen (Fliegerbomben und pfeile, Handgranaten u. dgl.) absehen, stets im Innern von Rohren vermittelst eines Treibmittels, des P u l v e r s . Darum bezeichnet man wohl auch die Lehre vom Fortschleudern der Geschosse als i n n e r e B a l l i s t i k im Gegensatz zu der ä u ß e r e n B a l l i s t i k , die sich mit der Bewegung durch die Luft und der Wirkung am Ziel beschäftigt. Zwischen beiden steht die W i r k u n g des S c h u s s e s auf die S c h i e ß g e r ä t e , die, um hierdurch nicht zerstört zu werden gewisse Bewegungen vollziehen und außerdem eine hohe Festigkeit besitzen müssen.
I. Innere Ballistik. § Der S c h u ß v o r g a n g im Rohr. Damit die zum Fortschleudern der Geschosse benutzten Rohre selbst möglichst rasch nach ihrer Verwendungsstelle L o r e n z . Ballistik.
1
2 gebracht und von dorther wieder entfernt werden können, sind sie in ihrer Baulfinge und ihrem Gewicht Beschränkungen unterworfen, und zwar gilt dies nicht nur für die Handpistole und das Infanteriegewehr, sondern ebensogut auch für die Feldkanonen, die Haubitzen und schließlich die Schiffsgeschütze, deren Abmessungen und Gewichte dem sie tragenden Schiffe angepaßt werden müssen. Um die Verhältnisse beurteilen zu können, wollen wir sogleich praktische Fälle ins Auge fassen, nämlich das I n f a n t e r i e g e w e h r und die F e l d kanone. Infanteriegewehr
Feldkanone
mit einer Seelenlänge s 0 = 0,8 m mit einem Geschoßgewicht G0
2 m im Rohr,
= 10 g = 0,01 kg
6,5 kg,
mit einer Mündungsgeschwindigkeit Vq 900 m/sk 600 m/sk, daraus folgt die Wucht (kinetische Energie) % i>02 = 4 l 3 m k g
119300 mkg
und die mittlere Triebkraft 119300 = 59 700 kg 2 und bei einem Kaliber von 0,79 cm also einem Querschnitt von 0,49 qcm ein Mitteldruck von =
1053
k
^
7,5 cm, 44,2 qcm = 1 3 5 0 kg/qcm.
c m
Die mittlere Laufzeit ist 600
150
daher mittlere Leistung N = tJ—^T — 3100 P S 2 tm 75
238600 PS.
sk
3 Die hierbei auftretenden hohen Pressungen lassen sich offenbar nicht mit den üblichen technischen Treibmitteln, wie Dampf, Druckluft, Gasgemischen, Druckwasser oder elektrischer Energie, ohne Zuhilfenahme umständlicher und deshalb für diesen Zweck praktisch unbrauchbarer Erzeugungsanlagen erzielen. Man ist darum auf sog. Explosivstoffe angewiesen, die in fester Form hinter das Geschoß in das danach einseitig verschlossene Rohr eingeführt und durch eine Zündung zur Zersetzung und Verbrennung gebracht werden. Dabei gehen sie mit einer rascher als die Temperatur ansteigenden Umwandlungsgeschwindigkeit in Gasform über und nehmen, in den engen Laderaum zwischen Geschoß und Rohrverschluß eingepreßt, fast augenblicklich Drücke an, welche die oben ermittelten Mittelwerte noch weit übertreffen. Der Höchstwert des Druckes und der Temperatur würde offenbar dann erreicht werden, wenn die Rohrwand undurchlässig für die entwickelte Wärme wäre und das Geschoß bis zur vollständigen Umwandlung des Pulvers an seinem Platze verharrte. In diesem Falle hätten wir eine Zustandsänderung bei kon-
e
rè—K
Ifom
Abb. 1.
Druck- und Geschwindigkeitsverlauf im Robr.
stantem Volumen A B vor uns, an die sich dann nach Abb. 1 hinter dem ausweichenden Geschoß eine Druckabnahme BC anschließen würde. Bei nur geringer (streng genommen,
4 unendlich kleiner) Geschoßgeschwindigkeit innerhalb eines wärmedichten Rohres würde die Drucklinie BC mit der bekannten Adiabate und der Gesamtdruckverlauf mit dem idealen Indikatordiagramm einer Gasmaschine übereinstimmen, dessen Flächeninhalt ein Maß für die auf das Geschoß übertragene Arbeit darstellt. In Wirklichkeit erleidet dieser Druckverlauf mannigfache Änderungen. Allerdings verharrt das Geschoß während des Beginns des Umwandlungsvorgangs eine kurze Zeit in Ruhe, bis nämlich der Mantel oder die Führungsringe in die noch zu besprechenden Züge des Rohres eingepreßt sind und der dabei auftretende Widerstand überwunden ist. Dies tritt aber schon bei einem verhältnismäßig niedrigen, in Abb. 1 durch A' angedeuteten Druck ein, worauf die Geschoßbewegung einsetzt, der natürlich auch die entwickelten Pulvergase folgen. Die Drucklinie verläßt daher schon bei A' die Senkrechte AB des konstanten Volumens und erreicht erst viel später bei B' ihren Höchstwert (2500 bis 3500 kg/qcm mit einer Temperatur von 2000 bis 3000° C), ohne daß dabei die Umwandlung vollendet zu sein braucht. Die Erfahrung hat im Gegenteil gezeigt, daß dieser Vorgang sich auch noch während der Druckabnahme fortsetzt, ja daß hinter dem Geschoß häufig Teile der festen Ladung das Rohr verlassen. Infolgedessen wird deren gesamte Umwandlungswärme (auch Wärmetönung genannt) nicht voll ausgenutzt und darum weder der Druck noch auch die Temperatur des Idealprozesses erreicht. Eine weitere Druck- und Temperaturminderung bedingen die Wärmeverluste durch die Rohrwandungen und der Umstand, daß mit dem Geschoß auch das Treibmittel beschleunigt wird, dessen kinetische Energie dann ebenfalls auf Kosten des durch Druck und Temperatur bestimmten (potentiellen) Energieinhaltes steigt. Mit einem Drucke von mehreren hundert Atmosphären beim Austritt entführen die Pulvergase immerhin einen nicht unerheblichen Teil ihrer Energie, der dann nicht mehr für die Geschoßbewegung zur Verfügung steht. Will man die P u l v e r l a d u n g v e r s t ä r k e n , so kann dies unter sonst gleichen Verhältnissen nur durch eine entsprechende Vergrößerung des Laderaumes auf O'A in Abb. 1
5 geschehen. Der ideale Höchstdruck A B nach der vollkommenen Umwandlung bei konstantem Volumen, bezogen auf die Gewichtseinheit der Ladung, erfährt hierdurch keine Veränderung, dagegen verläuft die sich anschließende theoretische Ausdehnungslinie BD infolge der Rückwärtsverlegung der Nullinie OP nach 0' P' erheblich über der ursprünglichen BC. Demgemäß verläuft auch die der neuen Ladung entsprechende wirkliche Ausdehnungslinie B'D' oberhalb der ursprünglichen B'C' und würde erst in einer viel größeren Entfernung denselben Enddruck GC' erreichen. Da die höher verlaufende Drucklinie auch eine größere Arbeitsfläche einschließt, so steigt damit auch die Wucht des Geschosses an der Mündung. Sollen somit die Pulvergase ebenso ausgenutzt werden wie vorher, so muß auch derselbe Mündungsdruck wieder erreicht werden, was aber nur durch Verlängerung des Rohres geschehen kann. Daraus erkennt man deutlich, d a ß bei gleicher Ausn u t z u n g eines u n d desselben T r i e b m i t t e l s die E r h ö h u n g der M ü n d u n g s g e s e h w i n d i g k e i t nur d u r c h V e r g r ö ß e r u n g der L a d u n g und des L a d e r a u m e s bei g l e i c h z e i t i g e r V e r l ä n g e r u n g des Rohres d u r c h f ü h r b a r ist. Prof. Cranz 1 ) gibt an, daß die Ladung unseres 10 g schweren Infanterie-S-Geschosses 3,2 g wiegt und eine Wärmetönung von 2,762 kcal besitzt. Der oben ermittelten Mündungswucht des Geschosses von 413 mkg entspricht ein Wärmewert von 0,967 kcal, also rd. 35 v. H. der Wärmetönung, während zur Erhitzung des Rohrlaufes 0,62 kcal = 22,5 v. H. aufgewendet wurden, so daß unter Vernachlässigung kleinerer Nebenbeträge, auf die wir noch zurückkommen werden, 42,5 v. H. der Wärmetönung mit den Abgasen verloren gehen. Es ist das eine Wärmebilanz, die sich nicht erheblich von der einer guten Gasmaschine unterscheidet, so daß man mit der Energieausnutzung des Pulvers durchaus zufrieden sein kann. l ) C r a n z , Bewegungserscheinungen beim Schuß, Jahrb. der Schiffbautechnischea Gesellschaft 1911.
6 Die soeben erwähnten, in der vorstehenden Überschlagsrechnung nicht mit enthaltenen Nebenbeträge sind zum Teil darauf zurückzuführen, daß das Rohrinnere, die sog. Seele, nicht wie beim Gasmaschinenzylinder glatt ausgebohrt, sondern mit einer Anzahl schwach schraubenförmig gewundener Nuten versehen ist. In diese schon erwähnten und in Abb. 1 angedeuteten »Züge« wird der Mantel des Infanteriegeschosses oder die kupfernen Führungsringe der Granaten derart eingepreßt, daß ähnlich wie beim Kolben der Gasmaschine durch die Kolbenringe eine gute Abdichtung entsteht. Außerdem aber wird infolge des schraubenförmigen Verlaufes der Züge dem Geschosse bei der Vorwärtsbewegung eine Drehung um die Achse erteilt, deren Notwendigkeit wir später einsehen werden. Mit einem Neigungswinkel % der Züge gegen die Seelenachse und einem Rohrhalbmesser r berechnet sich die sekundliche Umdrehungszahl n bzw. die Winkelgeschwindigkeit w der Rotation aus der Geschoßgeschwindigkeit u durch die Beziehung reo = v tg xIst ferner k0 < 0,7 r der Trägheitshalbmesser eines vorn abgerundeten oder zugespitzten Langgeschosses, so wird dessen Rotationsenergie oj 2 k n 2 m
co2r2m
m2 v , t, g„
—£—2, d. h. d e r k i n e t i s c h e n G e s c h o ß e n e r g i e nach Gl. (14b) vereinigt, dessen für o2 < r 2 und s < s2 punktiert eingetragene rückwärtige Verlängerung sich der Ordinatenachse a s y m p t o tisch nähert. Der wirkliche, der Verbrennung zugehörige Linienzug v 2 ist ebenfalls eingetragen; er beginnt, da nach Gl. (5b) für x==0
> °=
0
'
= °
M a c h e : Über die Bewegung des Geschosses im Rohr während der Verbrennung des Pulvers, Mitt. d. Gegenstände d. Artillerie- und Geniewesens, Wien 1916.
29 ist, tangential mit der dem Laderaum entsprechenden Abszisse st, überschreitet überschreite ferner die Abszisse sm des Höchstdruckes Pm wegen (8), d. h. F d p _ = G ^ 1 = = Q ds
2 g
dsi®
x
'
mit einem Wendepunkt und schließt sich dann für s2 und v = 0 stetig an die Kurve (14b) an, während die Druckkurve an dieser Stelle einen Knick aufweist. Da die reine Ausdehnung in dem durch das Ladegewicht G und die Wärmetönung bzw. die um den Energieverlust durch die Wendung verminderte Steighöhe h! bestimmten Punkt sxp' beginnt, so s i n d d i e ihr zugehörigen Geschwindigkeitsund Druckk u r v e n u n a b h ä n g i g v o n der F o r m d e r P u l v e r k ö r p e r . §5. Durchführung
der B e r e c h n u n g pulver.
für
das
Blättchen-
Nachdem wir den Verlauf der Pulverdruckkurve und die Geschoßenergie im Rohr im allgemeinen kennen gelernt haben, wollen wir die noch ausstehende Berechnung innerhalb der Verbrennungsdauer zunächst für den einfachsten F a l l des B l ä t t c h e n p u l v e r s , d. h. nach (13b) § 4 für x — v : c durchführen. Damit wird ,aus Gl. (5b) § 4 x—1
G
ds
G0c
s
—dv y3 +
3G0c —q— v —
(1) bgh
wofür wir mit den beiden Wurzeln ÜJ und v2 der Gleichung
M
=
2 6 - ^ 4 «2 ) sowie mit der Abkürzung *—1
schreiben dürfen
G
v,
6 ~ ~Gn *o
«i — = S
G2
i — \V — V2
= t*i>°
. . . .
—-—\ dv V — Dx ]
.
.
.
(3) . (la)
30 Die Integration dieser Gleichung ergibt mit den unteren Grenzen sx und v = 0
oder V1 £]"' —
wonach
Vl
SP'
> 0 für s = oo •< 0 für s = 0 die Wurzeln (2a) Grenzgeschwindigkeiten darstellen, welche allerdings weit außerhalb des Gültigkeitsbereiches von (4) liegen. Die obere Grenze ist vielmehr nach früherem durch i> = c für die Lage s2 gegeben, die sich somit aus v =
vl
v =
v2
berechnen läßt, während der zugehörige Übergangsdruck mit x = 1 und o = c aus (11) oder (10) § 4 sich zu
pz
(5) fc^i ergibt. Zur Ermittelung des h ö c h s t e n D r u c k e s pm schreiben wir mit x = v:c an Stelle von (11) § 4 für Blättchenpulver
/> .? =
(yg^T
(*—!)
(6 gh'v
—
ü3) — u 2 j .
.
(6)
und nach Differentiation
Mit (8) und (8a) § 3 wird aber daraus für die dem Höchtdrucke pm zugeordnete Geschoßgeschwindigkoit vm o J + 2
7
^
J
^ - c ü
m
= 2
g
k '
.
. . .
(7)
mit der allein in Frage kommenden positiven Wurzel
deren Einführung in (4) und (6) die zugehörigen Werte von sm und pm liefert.
31 Da nun wegen der Bedeutung von c als Endgeschwindigkeit der Verbrennungsperiode, in die der Höchstdruck hineinfällt, vm < c sein muß, so besteht nach (7) die Bedingung c°-+2v^-j(^r2gh'
.
.
.
. ( 7 b)
Anderseits ist aber auch die M ü n d u n g s g e s c h w i n d i g k e i t y 0 des Geschosses kleiner als die durch (15) § 4 festgelegte Grenzgeschwindigkeit c0 für unendliche Rohrlänge, d. h. ecgA' G+3G;>D
.
2
°
(7c)
Aus der Verbindung dieser beiden Ungleichungen folgt somit die B e d i n g u n g f ü r d a s G e w i c h t s v e r h ä l t n i s d e r L a d u n g zum G e s c h o ß 2c*
3 v02
G
Schließlich sei noch bemerkt, daß sich aus dem Verhältnis der mit der kinetischen Mündungsenergie G0v02: 2g des Geschosses übereinstimmenden Nutzarbeit zu Verbrennungsenergie Gh des Treibmittels der W i r k u n g s g r a d d e r g a n z e n S c h u ß v o r r i c h t u n g zu 2gGh
~
h
2gGk
also u m g e k e h r t p r o p o r t i o n a l d e m L a d e g e w i c h t berechnet, worin h': h den W i r k u n g s g r a d d e r V e r b r e n n u n g mit Rücksicht auf die Wärmeverluste durch die Wandung bedeutet, während wir der Einfachheit halber von solchen Verlusten während der reinen Ausdehnung der Pulvergase abgesehen haben. Beispielsweise sei ein Blättchenpulver von der Blattdicke 2 nQ — 0,4 mm und einer Verbrennungsgeschwindigkeit bei Atmosphärendruck von a0 — 0,196 mm/sk gegeben, welches sonach im Freien gerade in t0 = 1 Sek. vollständig verbrennt. Ein Infanteriegeschoß vom Gewichte G0 — 10 g mit dem Rohrquerschnitt F — 0,50 qcm besitzt demnach eine Q u e r s c h n i t t s b e l a s t u n g von G0: F = 20 g/qcm = 200 kg/qm, womit sich nach (12) die G e s c h o ß g e s c h w i n d i g k e i t i m
32 Rohr
bei
gerade
vollendeter
Verbrennung
zu
c — 500 m/sk ergibt. Die der Wärmetönung entsprechende S t e i g h ö h e des Pulvers sei h = 400 km = 400000 m, wovon indessen infolge der Wandungsverluste nur ein Betrag von h' = 306000 m zur Verfügung stehen möge, so daß wir gh' = 3 0 0 0 0 0 0 qm/sk 2 zu setzen haben. Verlangen wir nun eine Mündungsgeschwindigkeit d0 = 900 m/sk, so lautet, wenn für die Verbrennungsgase erfahrungsgemäß
gilt, die Bedingung (8) 0,6 > - £ - > 0 , 1 4 . Wählen wir hiernach in ungefährer Übereinstimmung mit praktischen Verhältnissen G = 0,3Go, so wird zunächst der W i r k u n g s g r a d des Geschosses unter Vernachlässigung der sehr kleinen Rotationsenergie nach (9) r) = 0,338, also von derselben Größe, wie in einer guten Ölmaschine. Mit den vorstehenden Werten berechnen sich weiterhin aus (15) § 4 die beiden Konstanten }i = 0,183,
c 0 2 = 1 6 3 6 0 0 0 qm/sk,
und ferner aus (2 a) v1 = 2425 m/sk,
v2 = -— 7425 m/sk,
womit (3) fr = 0,164 ergibt. Die dem H ö c h s t d r u c k pm z u g e h ö r i g e G e s c h w i n d i g k e i t berechnet sich mit unseren Zahlen aus Gl. (22), d. h. ü m 8 +
zu
™™„
vm = 254,3 m/sk,
m = =
6000000
u2 = 6 4 6 7 0 qm/sk2,
33 womit aus (4) das A b s t a n d s v e r h ä l t n i s Sl
2,41
folgt. Aus derselben Gl. (4) erhalten wir für die G r e n z e a'2 der V e r b r e n n u n g bzw. den Anfang der reinen Ausdehnung mit c = 500 m/sk — = 6,026, h während für die g a n z e R o h r l ä n g e s0 Gl. (14b) § 4 mit v = u0 = 900 m/sk heranzuziehen ist. Damit wird = 16,88. Setzen wir nun in dem für die Gasentwicklung verfügbaren Teil Fs1 des L a d e r a u m s , der sich aus dessen Gesamtinhalt durch Abzug des Kovolumens der ganzen Pulverladung ergibt, Sj = 20 mm = 0,02 m. so wird s = 48,2, = 120,5, s0 = 813 mm. Mit diesen Längen berechnet sich zunächst aus (7 a) § 4 der t h e o r e t i s c h e E x p l o s i o n s d r u c k bei k o n s t a n t e m Volumen p = 15300 kg/qcm, weiterhin aus (6) mit sm und om der wirkliche H ö c h s t d r u c k p = 2990 kg/qcm, und schließlich aus (15) § 4 mit u = c und s2 der E n d d r u c k der V e r b r e n n u n g p2 = 2150 kg/qm, sowie mit
und s0 der M ü n d u n g s d r u c k p 0 ' = 190 kg/qcm.
Es bietet natürlich gar keine Schwierigkeiten, mit Hilfe unserer Gleichungen für die Verbrennung im Rohr und die anschließende reine Ausdehnung beliebige Zwischenwerte zu ermitteln, wobei man stets von der Geschwindigkeit auszuLorenz,
Ballistik.
3
34 gehen hat. Die Vereinigung aller dieser Werte ergibt dann die in Abb. 7 zusammengestellten Linienzüge für den Pulverdruck und die Geschoßgeschwindigkeit. Letzterer erscheint im Rohr nahezu als Parabel höherer Ordnung, nähert sich aber außerhalb des Rohres asymptotisch der durch Gl. (15) gegebenen Grenzgeschwindigkeit c0. Die Berechnung der
Abb. 7. P u l v e r d r u c k - und G e s c h w i n d i g k e i t s k u r v e im
Gewehrlauf.
D a u e r d e r G e s c h o ß b e w e g u n g im R o h r nach der Formel s,
-JT S.
läßt sich wegen der unbequemen Ausdrücke für die Geschwindigkeit analytisch kaum durchführen. Dagegen gelangt man leicht durch Zerlegung der ganzen Rohrlänge in beliebige Abteilunger« As mit den zugehörigen Mittelwerten v' der Geschwindigkeit, die man unmittelbar der Abbildung entnehmen kann, zum Ziel, indem man die Summe
35 bildet. In unserem Falle erhält man auf diese Weise t — 1,3 • 10" 3 Sek., während die Überschlagsrechnung für gleichförmige Beschleunigung, der als Geschwindigkeitskurve eine gewöhnliche Parabel entspricht, dafür 1,8 • 10~ 3 ergeben würde. §6. N ä h e r u n g s r e c h n u n g für alle
Pulversorten.
Führen wir den Verbrennungsanteil Gl. (13b) § 4 des Blättchenpulvers I, Stabpulvers II und des Würfelpulvers I I I 2 - - 4 , c '
3 ^ - 3 4 + 5
2
c
c'
c