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German Pages 604 [321] Year 1973
GOTTFRIED KOCH
AUF DEM WEGE ZUM SACRUM IMPERIUM
FORSCHUNGEN ZUR MITTELALTERLICHEN GESCHICHTE
Begründet durch Heinrich Sproemberg f Herausgegeben von G. Heitz, E. Müller-Mertens, B. Töpfer und E. Werner
B A N D 20
A K A D E M I E - V E R L A G • B E R L I N 19 7 2
GOTTFRIED KOCH f
AUF DEM WEGE ZUM SACRUM IMPERIUM Studien zur ideologischen Herrschaftsbegründung der deutschen Zentralgewalt im 11. und 12. Jahrhundert
A K A D E M I E - V E R L A G • B E R L I N 19 7 2
Erschienen im Akademie-Verlag G m b H , 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Copyright 1972 by Akademie-Verlag G m b H Lizenznummsr: 202 • 100/260/72 Umschlaggestaltung: K a r l Salzbiurm Herstellung: I V / 2 / 1 4 V E B Druckerei „C.ottfried Wilhelm Leibniz", 445 Gräfenhaiuichen/DDB • 3560 Bestellnummer: 2090/20 • E S 14 E • 1 4 D EDV-Nr. 751 992 6 48,-
Meiner Frau Reg
INHALT
Zum Geleit
IX
Bibliographie
XI
Abkürzungs- und Sigelverzeichnis I. Einleitung
XIII 1
II. Kanzlei und Publizistik während der Regierungszeit Heinrichs IV. und Heinrichs V
30
III. Die Elemente der ideologischen Herrschaftsbegründung der letzten beiden Salier: das göttliche Mandat
61
IV. Historische und irdisch-reale ßechtsgriinde der Herrschaft Heinrichs IV. und Heinrichs V
100
V. Gesellschaftliche und politische Voraussetzungen der staufischen Ideologie und ihre Propagandierung durch Kanzlei und Historiographie. Die kuriale und kanonistische Kaiseridee
149
VI. Die Elemente der staufischen Herrschaftsbegründung a) Das göttliche Mandat: die salische Tradition b) Die Berufung auf die Fürsten. Die Kaiserwahllehre c) Der Macht- und Eroberungsgedanke. Die fränkisch-karolingische Tradition in Auseinandersetzung mit der stadtrömischen Kaiseridee. Herrscher und Volk d) Byzantinische Impulse für die Entwicklung der staufischen Staatsidee. Der papstfreie Kaisertitel e) Die antik-römische Tradition. Das römische Recht VII. Vom honor imperii zum sacrum imperium
178 178 191
200 215 2,30 246
VIII. Literaturverzeichnis
281
Register
297
ZUM GELEIT
Am 14. August 1968 starb Dr. phil. Gottfried Koch, erst 35 Jahre alt, an den Fölsen eines schweren Autounfalls, der sich etwa acht Wochen zuvor ereignet hatte und bei dem seine Frau sofort den Tod fand. G. Koch war zuletzt als wissenschaftlicher Arbeitsleiter am Institut für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin tätig. Als jenes traarische Unglück seiner wissenschaftlichen Arbeit ein iähes Ende setzte, lag das Schreibmaschinenmanuskript der in diesem Band veröffentlichten Untersuchung vollständig vor. Die ersten vier Kapitel, welche die Zeit des Investiturstreits behandeln, waren damals auf Grund von Aussprachen bereits einer Überarbeitung unterzogen worden, während der folgende, die Stauferzeit betreffende Teil nur sine erste Fassung darstellt. Nach einer Durchsicht auch dieser Ausführungen sollte die Arbeit der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Habilitationsschrift eingereicht werden. Als Gutachter waren außer dem Unterzeichneten bereits die Herren Prof. Dr. phil. habil. E. Müller-Mertens und Doz. Dr. phil. habil. J. Schneider bestellt worden. Der vom Autor gewählte Titel lautete: „Studien zur Herrschaftsbegründung der deutschen Zentralgewalt im 11. und 12. J h . " . Es stand von vornherein fest, daß diese Studien nach erfolgter Habilitation Kochs in den „Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte" erscheinen sollten. Selbstverständlich hätte der Verfasser sie für den Druck nochmals gründlich überarbeitet; da es ihm jedoch nicht mehr vergönnt war, ihnen auf diese Weise die letzte, gültige Gestalt zu geben, blieb mir als Leiter der mittelalterlichen Arbeitsgruppe in der Abteilung Feudalismus des Instituts, an dem G. Koch wirkte, nur die Möglichkeit, kleine stilistische Glättungen sowie minimale Kürzungen vorzunehmen und den Anmerkungsapparat zu überprüfen, wobei mir Herr Dr. phil. W. Eggert, der auch das Register erarbeitete, wertvolle Hilfe leistete. Auch der jetzige Haupttitel des Buches wurde auf Wunsch des Akademie-Verlages von mir vorgeschlagen. In den für ihn sehr schweren Wochen zwischen Unfall und Tod haben wir Gottfried Koch mitgeteilt, daß seine Arbeit auf jeden Fall publiziert werden würde, auch wenn die von ihm gewünschte Überarbeitung nicht möglich sein sollte. Diese Aussicht gab ihm in seiner letztlich hoffnungslosen Situation nochmals einen gewissen Auftrieb, und er äußerte den Wunsch, das Buch seiner verstorbenen Frau zu widmen. IX
Es sei noch darauf hingewiesen, daß der Autor einige wichtige Teilergebnisse dieser Untersuchung bereits 1968 in dem Aufsatz „Sacrum imperium. Bemerkungen zur Herausbildung der staufischen Herrschaftsideologie" (vgl. die folgende Bibliographie, nr. 8) veröffentlicht hat. Die nunmehr vorgelegte vollständige Arbeit dürfte diese in wesentlich größere Zusammenhänge einordnen, sie tiefer begründen, als es bei der damals notwendigen Kürze der Fall sein konnte, und darüber hinaus eine große Zahl neuer Erkenntnisse bieten. So zweifelt der Herausgeber nicht daran, daß neben dem 1962 erschienenen Buch „Frauenfrage und Ketzertum im Mittelalter", welches in Fachkreisen ein weites Echo fand, auch die folgenden Darlegungen dazu beitragen werden, dem so früh Dahingegangenen ein ehrendes Andenken zu bewahren. BERNHARD TÖPFER
Berlin, im Oktober 1970
BIBLIOGRAPHIE DER ARBEITEN GOTTFRIED KOCHS 1. Neue Quellen und Forschungen über die Anfänge der Waldenser. I n : Forschungeil und Fortschritte 32. 1958, S. 141-149. 2. Neuere Forschungen zur Geschichte der italienischen Kommunen des 12. und 13. Jh. (zusammen mit B.Töpfer). In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 7. 1960, S. 1129—1149. 3. Frauenfrage und Ketzertum im Mittelalter. Die Frauenbewegung im Rahmen des Katharismus und des Waldensertums und ihre sozialen Wurzeln (12.-14. Jh.). Berlin 1962. (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte, Bd. 9). 4. Waldensertum und Frauenfrage im Mittelalter. I n : Forschungen und Fortschritte 36. 1962, S. 2 2 - 2 6 . 5. Die mittelalterliche Kaiserpolitik im Spiegel der bürgerlichen deutschen Historiographie des 19. und 20. Jh. In: Zschr. f. Geschichtswiss. 10. 1962, S. 1837-1870. 6. Der Streit zwischen Sybel und Ficker und die Einschätzung der mittelalterlichen Kaiserpolitik in der modernen Historiographie. In: Die deutsche Geschichtswissenschaft vom Beginn des 19. Jh. bis zur Reichseinigung von oben. Hrsg. v. J. Streisand (Studien über die deutsche Geschichtswissenschaft, Bd. 1). Berlin 1963. 2., durchgesehene Aufl. Berlin 1969, S. 311-336. 7. Die Frau im mittelalterlichen Katharismus und Waldensertum. I n : Studi medievali. 3 e serie V. 2. Spoleto 1964, S. 741-774. 8. Sacrum Imperium. Bemerkungen zur Herausbildung der staufischen Herrschaftsideologie. In: Zschr. f. Geschichtswiss. 16. 1968, S. 596-614. 9. Weltgeschichte in Daten. 1. Aufl. Berlin 1965. Abschnitte: Italien im Zeitalter der Kommunen und der Weltstellung des Papsttums; Kreuzzüge; Italien im Zeitalter der Signorien. S. 283-287 und 299-301. 10. Biographisches Lexikon zur deutschen Geschichte. Von den Anfängen bis 1917. 1. Aufl. Berlin 1967. Artikel: Friedrich I.; Heinrich IV.; Heinrich VI.; Konrad III.; Otto von Freising; Rainald von Dassel. 11. Deutsche Geschichte in Daten. Hrsg. vom Institut für Geschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften'zu Berlin. 1. Aufl. Berlin 1967. Herausgeber: 6. Jh. bis 1789, Abschnitte 1 - 3 , S. 84-175. 12. Kleine Enzyklopädie: Die Frau. 6., neubearb. Aufl. Leipzig 1967. Anfertigung bzw. Uberarbeitung der historischen Abschnitte: S. 71 fl., 708 ff., 740 ff., 749 ff., 784 ff.
Rezensionen 13. Enchiridion Fontium Valdensium (Recueil critique des sources concernant les Vaudois au moyen âge). Aux soins de G. Gönnet. Vol. I (1179-1218). Torre Pellice 1958. In: Zschr. f. Geschichtswiss. 7. 1959, S. 911-917. 14. Garvin, J. N./Corbett, J. A., The Summa contra Haereticos, ascribed to Praepositinus of Cremona. Notre Dame 1958. In: ebenda 8. 1960, S. 471-474.
XI
15. Kirfel, H. J., Weltherrschaftsidee und Bündnispolitik. Untersuchungen zur auswärtigen Politik der Staufer. Bonn 1959. In: ebenda 10. 1962. S. 973-975. 16. Städtische Volksbewegungen im 14. Jahrhundert. Referat und Diskussion zum Thema Probleme städtischer Volksbewegungen im 14. Jh. Hrsg. v. Werner, E., und Steinmetz, M., Berlin 1960. In: ebenda 9. 1961. S. 1918-1923 (zusammen mit A. Laube). 17. Jakobs, H., Die Hirsauer. Ihre Ausbreitung und Rechtsstellung im Zeitalter des Investiturstreites. Köln, Graz 1961. In: ebenda 11. 1963, S. 422-425. 18. Wäscher, H., Feudalburgen in den Bezirken Halle und Magdeburg. 2 Bde. Berlin 1962. In: Deutsche Literaturzeitung 84. 1963, Sp. 752-755. 19. Festschrift zur Jahrtausendfeier der Kaiserkrönung Ottos des Großen. Teil 1 : Festbericht. Vorträge. Abhandlungen. Teil 2: Die Lebensbeschreibung der Kaiserin Adelheid von Abt Odilo von Cluny (Odilonis Cluniacensis abbalis Epitaphium domine Adelheide auguste). Bearb. v. H. Paulhart. Teil 3: Wolfram, H., Splendor imperii. Die Epiphanie von Tugend und Heil in Herrschaft und Reich. Graz, Köln 1962 und 1963. In: ebenda 86. 1965, Sp. 528-533. 20. Smidt, W., Deutsches Königtum und deutscher Staat des Hochmittelalters während und unter dem Einfluß der italienischen Heerfahrten. Ein zweihundertjähriger Gelehrtenstreit im Lichte der historischen Methode zur Erneuerung der abendländischen Kaiserwürde durch Otto I. Wiesbaden 1964. In: Zschr. f. Geschichtswiss. 14. 1966, S. 145-147. 21. Festschrift P. E. Schramm zu seinem 70. Geburtstag von Schülern und Freunden zugeeignet. Hrsg. v. Classen, P., und Scheibert, P. 2. Bde. Wiesbaden 1964. In: ebenda, S. 654 bis 657 (zusammen mit W. Gutsche). 22. Une somme anti-cathare. Le Liber contra Manicheos de Durand de Huesca. Texte inédit publié et annoté par Ch. Thouzellier. Louvain 1964. In: Dt. Literaturztg. 87. 1966, Sp. 1094-1097. 23. Carmen de gestis Frederici I. imperatoris in Lombardia. Hrsg. v. I. Schmale-Ott. Hannover 1965. In: ebenda 88. 1967, Sp. 1105-1107.
ABKÜRZUNGS- UND SIGELYERZEICHNIS Abh. Ak. Berlin Abh. Ak. Heidelberg AfD. AKG. ALMA. AUF. Bibl. rer. Germ. BOUQUET
BrH. IV. DA. DArn. DH. I. DH. II. DH. III. DH. IV. DKar. DK. II. DK. III. DL. III. DLZ. DO. I. DO. II. GGA. HJb. HV. HZ. Jbb. MANSI
MG. Cap. Conc. Const.
Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse Archiv für Diplomatik Archiv für Kulturgeschichte Archivum latinitatis medii aevi Archiv für Urkundenforschung Bibliotheca rerum Germanicarum, ed. P H . J A F F É , 6 Bde., Berlin 1864 ff. BOUQUET, M . , et DELISLK, L., Recueil des Historiens des Gaules et de la France, Nouvelle édition, 24 Bde., Paris 1869 ff. Brief Heinrichs IV. Deutsches Archiv für Geschichte (Erforschung) des Mittelalters Diplom Arnulfs von Kärnten Diplom Heinrichs I. Diplom Heinrichs II. Diplom Heinrichs III. Diplom Heinrichs IV. Diplom der frühen Karolinger (Pippin, Karl der Große) Diplom Konrads II. Diplom Konrads III. Diplom Lothars III. Deutsche Literaturzeitung Diplom Ottos I. Diplom Ottos II. Göttingische gelehrte Anzeigen Historisches Jahrbuch Historische Vierteljahrschrift Historische Zeitschrift Jahrbücher der deutschen Geschichte MANSI, J. D., Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, Florenz (später Venedig und Paris) 1759 ff. Monumenta Germaniae histórica. Capitularía reginn Francorum. 2 Bde., Hannover 1883 ff. Concilia. 2 Bde., Hannover 1893 ff. Constitutiones et acta publica imperatorum et regum. Bd. 1 - 6 und 8, Hannover 1893 ff.
XIII
DD.
DD. Karol. DD. reg. Germ. Karol. Epp. Epp. sei. Font. iur. Germ. ant. LdL. SS. SS. in us. schol. SS. rer. Germ, nova series SS. rer. Merov. MIGNE, P L .
MIÖG. NA. SB. Ak. Berlin SB. Ak. Heidelberg SB. Ak. Leipzig
SB. Ak. München
SB. Ak. Wien St.
Diplomata regum et imperatorum Germaniae. Bd. 1 - 6 , 8, 9, Hannover (später Weimar, Berlin und Wien/Köln/ Graz) 1879 ff. Diplomata Karolinorum. Bd. 1 und 3, Hannover (später Berlin/Zürich) 1906 ff. Diplomata regum Germaniae ex Stirpe Karolinorum. 4 Bde., Berlin 1934 ff. Epistolae. 8 Bde., Berlin 1887 ff. Epistolae selectae in usum scholarum editae. Einzelausgaben. Fontes iuris Germanici antiqui in usum scholarum separatio) editi. Einzelausgaben. Libelli de lite imperatorum et pontificum saeculis XI et XII conscripti. 3 Bde., Hannover 1891 ff. Scriptores rerum Germanicarum. 32 Bde., Hannover 1826 ff. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi. Einzelausgaben. Scriptores rerum Germanicarum nova series. Einzelausgaben. Scriptores rerum Merovingicarum. 7 Bde., Hannover 1883 ff. MIGNE, J. P., Patrologiae cursus completus. Patrologia Latina. Paris 1844 ff. Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, phil.-hist. Klasse Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse Berichte über die Verhandlungen (Sitzungsberichte) der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, phil.hist. Klasse Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und der historischen Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München Österreichische Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse. Sitzungsberichte Die Reichskanzler, vornehmlich des 10., 11. und 12. Jh., von K.-F. STUMPF-BRENTANO, Bd. 1, I n n s b r u c k
WaG. ZbayrLG. ZfG. ZKG. ZRG. GA. KA.
XIV
1865
Welt als Geschichte Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Zeitschrift für Geschichtswissenschaft Zeitschrift für Kirchengeschichte Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Germanistische Abteilung Kanonistische Abteilung
I. EINLEITUNG Viel ist über die Ideengeschichte der mittelalterlichen Monarchie geschrieben worden, jedoch die Mittel und Formen der ideologischen Herrschaftsbegründung seitens der deutschen Zentralgewalt wurden noch nicht systematisch und im Zusammenhang behandelt. Zwar liegen zahlreiche „Längsschnittuntersuchungen" einzelner Problemkreise für den gesamten mittelalterlichen Zeitraum vor; es fehlt aber an einer Synthese, die sich auch zur Aufgabe stellt, die einzelnen Elemente der Ideologie als Herrschaftssystem in ihrem Wechselverhältnis zur realen Politik zu betrachten. In der Feudalgesellschaft beruht die monarchische Herrschaft auf realer ökonomischer Macht, sie ist politische Gewalt, für die sich, soll sie erhalten werden, die Notwendigkeit ergibt, sie gegenüber den rivalisierenden Kräften aus der herrschenden Klasse sowie den unteren Schichten theoretisch zu stützen und ideologisch zu untermauern. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einer göttlich-überirdischen Legitimation und Komponenten, die mehr auf die irdisch-realen Rechtsgründe der Herrschaft zielen und sich daher ebenso wie die politischen Mächtekonstellationen rasch verändern können. Eine Theorie, die die Herrschaft als gottgewollt und naturnotwendig erscheinen läßt, den Monarchen und seine Regierung von den Partikulargewalten abgrenzt und die Niederhaltung der unteren Klassen legitimiert, kann für Ansehen und Wirksamkeit der Zentralgewalt von großer Bedeutung werden — man denke nur an die Sonderstellung der französischen Könige (religion royale), die beim Aufstieg der französischen Monarchie eine beachtliche Rolle spielte. In Deutschland wurde das Problem der ideologischen Herrschaftsbegründung besonders zu einer Zeit relevant, als die Grundlagen des Königtums aufs tiefste erschüttert wurden. Seit den siebziger Jahren des 11. Jh. führte der konzentrische Angriff von Papsttum und Fürstenopposition im Investiturstreit zu einer Krise der deutschen Zentralgewalt, die um die Mitte des 12. Jh. durch die frühen Staufer noch einmal beigelegt werden konnte, wenn auch nur auf der Grundlage einer relativen Stabilisierung. Diese begrenzte, jedoch sehr wichtige Zeitspanne greift unsere Untersuchung heraus. Sie endet um die Jahre 1157/1160, als es während des Konfliktes Friedrichs I. mit dem Papsttum zum Hervortreten der sogenannten staufischen Staatsauffassung kam, welche im neuen Reichstitel sacrurn imperium ihren klarsten ideologischen Ausdruck erhielt. Die genannten neunzig Jahre bieten ein ideales Untersuchungsfeld für Wirkungsweise, Funktion und Begrenzung der Königsideologie. Ihre Endzäsur 1157/1160 rechtfertigt sich nicht nur ideologiegeschichtlich, sondern auch aus praktischen Gesichtspunkten: sind doch gerade die Urkunden aus den ersten Regierungsjahren 1
Friedrichs I. am besten untersucht, und die wichtigste erzählende Quelle über diesen Herrscher, die „Gesta Friderici" des Otto von Freising und seines Fortsetzers Rahewin, wurde zu jener Zeit geschrieben. Nach 1 1 6 0 erhoben sich neue Probleme, vor allem die spezifisch ideologischen Begründungen für eine staufische Vorherrschaft gegenüber den anderen europäischen Staaten; sie aber sollen hier ausgeklammert werden. Die vorliegenden Studien berühren ein Hauptproblem der deutschen Geschichte, nämlich die Frage, warum sich Deutschland nicht wie etwa England und Frankreich zu einer zentralistischen nationalen Monarchie entwickelte, sondern als Kernland eines universalen Imperiums schließlich zum Partikularismus kam. Ein Vergleich vor allem der französischen und der deutschen Herrschaftsideologie soll einerseits die Besonderheiten der deutschen Entwicklung, andererseits aber auch die Gemeinsamkeiten stärker herausstellen. Von hier aus wäre dann zu untersuchen, ob auf der Basis der realen ökonomisch-sozialen Entwicklung auch die Herrschaftsideologie einen spezifischen Beitrag zu dem unterschiedlichen historischen Verlauf in den einzelnen Ländern geleistet hat und welche Funktion sie auf Grund der ungleichen realen Situation hier und dort ausübte. In diesem Zusammenhang muß jedoch auf eine bewußte Beschränkung der Arbeit hingewiesen werden, die sich aus der Thematik ergibt. Es ist vorwegnehmend festzustellen, daß im Rahmen der ideologischen Herrschaftsbegründung seitens der deutschen Zentralgewalt in dem genannten Zeitraum der Bezug auf ein deutsches Volk oder ein deutsches Reich keine oder kaum eine Rolle spielt. Man bewegte sich hier, in Anknüpfung an die ottonisch-frühsalische Tradition, durchweg in einer imperialen Dimension. Allerdings ist dabei, bedingt durch die sich verändernden politisch-ökonomischen Grundlagen der Zentralgewalt, eine unterschiedliche Intensität feststellbar, die sich bis zur Mitte des 12. Jh. vorwiegend defensiv, dann aber deutlich expansiv darstellt. Erst jetzt operierte das Königtum denn auch in einigen Situationen mit einem gentil-nationalen Bezug auf das deutsche Reich, wobei es die hieraus sich ableitenden Auffassungen vornehmlich in den Dienst seiner expansiven Politik stellte. Dies aber liegt später, und der sich seit der zweiten Hälfte des 11. Jh. außerhalb der Königsideologie ausbreitende deutsche Reichsbegriff bleibt hier logischerweise außer Betracht. Ihn untersuchte jüngst E. Müller-Mertens, der resümierend zum Aufkommen der deutschen Reichsidee schlechthin feststellte: „Eine von Sprache und Volk herkommende deutsche Reichsauffassung gewinnt erst im Investiturs'reit Bedeutung. Sie kommt 1. von Gregor V I I . und den Gregorianern, 2. von nichtgregorianischen Gegnern Heinrichs IV. in Deutschland (Lampert von Hersfeld). Sie kommt nicht vom Königtum." 1 Mit dem negativen Ergebnis des letzten Satzes stimmen wir voll überein; unsere Studien werden seine Richtigkeit demonstrieren. Allerdings in indirekter Form, da wir uns das Ziel gesetzt haben, die eigentlichen ideologischen Begründungsinhalte der Zentralgewalt zu erhellen. Diese aber führen weg 1
MÜLLER-MERTENS, E., in: XII. Congrès International des Sciences Historiques, Bd. 5 : Actes, Wien 1967, S. 626. [Eine größere Untersuchung ist jetzt erschienen: MÜLLER-MERTENS, E., Regnum Teutonicum. Aufkommen und Verbreitung der deutschen Reichs- und Königsauffassung im früheren Mittelalter, Berlin 1970 (Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte, hrsg. v. HEITZ, G., U. a., Bd. 1 5 ) . ]
2
vom deutschen Reichs- und Volksbegriff und sind meist gentil-national indifferent, da sie weitgehend von der imperialen Komponente determiniert werden. Die Zeit von 1 0 0 0 bis 1 2 0 0 ist für den Verlauf der deutschen Geschichte von entscheidender Bedeutung. 1197 wurde mit dem Tode Heinrichs VI. schlagartig klar, daß es der deutschen Zentralgewalt nicht wie der französischen und englischen gelungen war, sich tragfähige Grundlagen zu schaffen und so den Kristallisationspunkt einer sich herausbildenden Nation abzugeben. Seit der Mitte des 11. Jh. hatte in harter Konkurrenz zwischen Königtum und Fürsten der Aufbau geschlossener Herrschaftskomplexe begonnen.2 Im Wettbewerb mit dem Hochadel schlug Heinrich IV. dabei durchaus neue, zukunftsträchtige Wege ein. Durch den Versuch, einen zusammenhängenden Krongutkomplex in Sachsen zu schaffen3, durch den Einsatz von Ministerialen 4 und eine städtefreundliche Politik, durch die Landfriedensgesetzgebung und die Fortentwicklung der königlichen Gerichtsbarkeit hat er der Zentralgewalt eine Richtung gewiesen, die seine Nachfolger gehen konnten.5 Er unterlag jedoch der erdrückenden Allianz zwischen Reformpapsttum und Fürsten, welche schließlich beide nach dem Investiturstreit einen Vorsprung erreichten, den das Königtum in Jahrhunderten nicht mehr wettmachen konnte. Historisch gesehen stand zu jener Zeit nicht nur mehr die lokale Konzentration, sondern die von den Fürsten bekämpfte überregionale Zentralisation des feudalen Staates auf der Tagesordnung. 6 2
Vgl. unter anderem NOWAK, W., Soziale Wandlungen und niedere Volksschichten im Zeitalter des Investiturstreites. Untersuchungen zur Sozialgeschichte Deutschlands zwischen dem 10. und dem 12. Jh., phil. Diss. Berlin (West) 1954 (Ms.), S. 53 ff. Allgemein zu dieser Arbeit GERICKE, H., in: ZfG. 5/1957, S. 561 ff.
3
Vgl. KRABUSCH, H., Untersuchungen zur Geschichte des Königsgutes unter den Saliern (1024 bis 1125), phil. Diss. Heidelberg 1949 (Ms.), S. 78 ff. und 107 ff.; BOSL, K., Die Reichsministerialität der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlichen deutschen Volkes, Staates und Reiches, Bd. 1, Stuttgart 1950, S. 12 ff. und 74 ff. (Schriften der Monumenta Germaniae histórica 1 0 ) ; HIRSCH, H., Die hohe Gerichtsbarkeit im deutschen Mittelalter, 2. Aufl., Weimar 1958, S. 139 ff.
4
Über das Heranziehen der Ministerialen an den Hof vgl. die aufschlußreiche Stelle in den Annales Altahenses ad a. 1072, ed. E. v. OEKELE, MG. SS. in us. schol., Hannover 1891, S. 84; auch Lampert von Hersfeld, Annales ad a. 1073, ed. O. HOLDER-EGGER in: Lamperti monachi Hersfeldensis opera, MG. SS. in us. schol., Hannover und Leipzig 1894, S. 148 und 1 5 1 .
5
So dürfte das insgesamt positive Urteil, das schon NITZSCH, K. W., Das deutsche Reich und Heinrich IV., in: HZ. 45/1881. S. 1 ff. und 193 ff., fällte, zu Recht bestehen. Auch aus den Diskussionen der 30er Jahre unseres Jh. hat sich diese Auffassung wieder herausgeschält; vgl.: Canossa als Wende. Ausgewählte Aufsätze zur neueren Forschung, Wege der Forschung 12, Darmstadt 1963.
6
STERN, L./GERICKE, H., Deutschland in der Feudalepoche von der Mitte des 11. J h . bis zur Mitte des 13. Jh., Berlin 1965, S. 119 f., und ders., Zur Dialektik von Produktivkraft und Produktionsverhältnis im Feudalismus, in: ZfG. 14/1966, S. 931 f., gegen MÜLLER-MERTENS, E., Vom Regnum Teutonicum zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, in: ebenda 11/1963, S. 334 ff., der die regionale Zentralisation positiv einschätzt; ähnlich schon vorher BADER, K. S., und MAYER, TH., in: Herrschaft und Staat im Mittelalter, Wege der Forschung 2, Darnistadt 1956, S. 268 f., 308 f., 312 f.
2
Koch, Sacrum Imperium
3
Den Niedergang der Zentralgewalt und ihren Autoritäts- und Prestigeverlust am Ende der Regierungszeit Heinrichs IV. spiegelt besonders der desolate Zustand einer ihrer wichtigsten realen Machtgrundlagen wider: eben des Königsgutes. 7 Konrad I I I . und vor allem Friedrich I. gelang es zwar, noch einmal einen umfangreichen Reichsgutkomplex aufzubauen und die Ministerialität in breitem Umfang für seine Nutzung heranzuziehen 8 ; die Erfolge dieser Politik 9 wurden jedoch weitgehend dadurch zunichte gemacht, daß die Staufer die Kaiser- und Italienpolitik in verstärktem Maße wieder aufnahmen, erneut in Konflikt mit dem Papsttum gerieten und den Fürsten Deutschland mehr und mehr als Betätigungsfeld überlassen mußten. Die Erfolge Friedrichs I. waren überhaupt weniger auf den Einsatz neuer, vorwärtsweisender Mittel als auf Kompromisse mit den Fürsten zurückzuführen — was sich, wie wir sehen werden, auch in der staufischen Ideologie widerspiegelt. Der kaiserliche Hegemonieanspruch der Staufer gegenüber den anderen europäischen Ländern 1 0 war durch die historische Entwicklung überholt; diese tendierte zur zentralisierten Monarchie. Im 11. und 12. Jh. durchlief der Feudalstaat eine tiefgreifende Metamorphose, die in einem fortschreitenden Konsolidierungs- und Konzentrationsprozeß ihren Ausdruck fand. Die Ursachen hierfür sind im ökonomischen und sozialen Bereich zu suchen: in der Entwicklung der Produktivkräfte, der Entstehung von Städtewesen und Bürgertum, in den Veränderungen der Klassenbeziehungen zwischen Feudalherren und Bauern und in der Differenzierung innerhalb der herrschenden Klasse. 1 1 Dies ist zu beachten, wenn man für die Veränderungen in der damaligen staatlichen Struktur die eingebürgerte Terminologie verwendet und von der Umwandlung des Personenverbandsstaates in den institutionellen Flächenstaat spricht. 1 2 Für sich genommen bringen diese Termini allerdings wesentliche Erscheinungsformen des Staates zum Ausdruck; sie illustrieren nämlich die richtige Erkenntnis, daß der frühmittelalterliche Staat primär auf der Herrschaft über 7 8
KRABUSCH, H „ a. a. O., S. 1 1 4 und 136. Vgl. BOSL, K., a. a. 0 . , Bd. 1, S. 16 ff. und 121 ff., und auch VOLLMER, F . X . , Die Reichsund Territorialpolitik Kaiser Friedrichs I., phil. Diss. Freiburg/Breisgau wie HEIMBERGER,
F.,
Die Innenpolitik
Kaiser
Friedrich
Barbarossas
1951
(Ms.)
vornehmlich
sonach
1 1 7 7 , phil. Diss. Tübingen 1 9 5 6 (Ms.). 5
Zu Recht haben KIRCHNER, G., in: DA. 1 0 / 1 9 5 3 - 5 4 ,
S. 4 4 6 ff., und vor allem BARRAC-
LOUGH, G., Geschichte in einer sich wandelnden Welt, Göttingen 1957, S. 8 6 ff., die Überbetonung der staufischen Zentralisationspolitik und „Staatsplanung" durch BOSL kritisiert. 10
Der These von KIRFEL,
H. J . ,
Weltherrschaftsidee
zur auswärtigen Politik der Staufer, Bonn 1 9 5 9
und
Bündnispolitik.
Untersuchungen
(Bonner historische Forschungen,
hrsg.
v. BRAUBACH, M., Bd. 1 2 ) , welcher meinte, die Staufer seien der neuen Welt der sich entwickelnden
Nationen
gerecht
geworden,
ist
bereits von mir widersprochen
worden:
KOCH, G., Rezension des Werkes, i n : ZfG. 1 0 / 1 9 6 2 , S. 9 7 3 ff. 11
Vgl. STERN, L./GERICKE, H „ a. a. O., S . 6 0 , 6 3 , 8 8 , 1 0 9 ,
121;
MÜLLER-MERTENS,
E.,
Vom Regnum Teutonicum, a. a. O., S . 3 3 2 ff. 12
Vgl. MAYER, TH., Die Ausbildung der Grundlagen des modernen deutschen hohen Mittelalter, i n :
alter, Wege der Forschung 2, Darmstadt 1 9 5 6 , S. 2 8 4 - 3 3 1 ; hohen Mittelalters, 4. Aufl., Weimar 1953, S. 3 f.
4
Staates
im
[HZ. 1 5 9 / 1 9 3 9 ; Wiederabdruck i n : ] Herrschaft und Staat im MittelMITTEIS, H., Der Staat des
Personen und erst durch sie auf der Beherrschung des von diesen Personen bewohnten Landes beruhte, während sich seit dem 11. Jh. die Staatsgewalt, die nun stärker institutionell ausgestattet wird, immer mehr auf ein klar umgrenztes Gebiet erstreckt, in welchem sie alle Hoheitsrechte in sich vereinigt. Dieser Konzentrationsprozeß des Staates führte in Frankreich während des 13. Jh. schließlich zu einer zentralisierten Monarchie auf nationaler Grundlage 1 3 ; im deutschen Reich kam er dagegen über Ansätze nicht hinaus und vollzog sich im Rahmen der großen Territorien 1 4 . Während sich in England, Frankreich und Süditalien seit der zweiten Hälfte des 11. Jh. die Anfänge einer Zentralverwaltung und eines Berufsbeamtentums ausbildeten brachte es das Imperium nicht zum Aufbau eines funktionierenden Verwaltungsapparates; die Versuche der Salier und Staufer, die Reichsministerialen für eine zentralistische Politik einzusetzen, scheiterten schließlich. Die genannten Strukturveränderungen des Staates fanden auch im ideologischen Bereich einen Niederschlag. Es ist ein interessantes und von der Forschung bisher zu wenig gewürdigtes Problem, daß gerade seit der zweiten Hälfte des 11. Jh., dem Zeitalter des Investiturstreits, eine neue Staatsauffassung hervortritt. Während man im frühen Mittelalter weitgehend eine personale Konzeption vertrat, die eine vom König getrennte Staatsidee nicht kannte, ließ der nun als anstaltlicher Apparat greifbare Staat den Gedanken an einen abstrakten, von der Herrscherperson trennbaren und lösbaren Staatsbegriff Wiederaufleben bzw. entstehen. Inwieweit gab es nun Voraussetzungen dafür, daß dieser Staatsbegriff in den Dienst der ideologischen Herrschaftsbegründung der Zentralgewalt gestellt werden und eine prokönigliche, dem Zentralstaat dienliche Rolle spielen konnte? Auf Grund der ungleichen historischen Situation wird die Antwort hierauf für Deutschland anders lauten als etwa für Frankreich oder England. Die Entwicklung der neuen Staatsauffassung verlief in den einzelnen Ländern unterschiedlich und oft widersprüchlich; Ausgangspunkte für sie waren sowohl die genannten Strukturveränderungen der Feudalgesellschaft in ihrer Gesamtheit, d. h. die teilweise gewandelte Konstellation der Klassenkräfte, als auch die Auffassungen über die Person des Königs selbst. Hierbei muß darauf hingewiesen werden, daß sich gerade im 12. Jh. im Zusammenhang mit der Herausbildung des transpersonalinstitutionellen Staatsgedankens ein Vorgang vollzieht, der dieser Herausbildung scheinbar zuwiderläuft: in allen europäischen Staaten werden mit dem weiteren Erstarken der Zentralgewalten die personalen und vor allem die sakralen Kompo13
KIENAST, W., Der französische Staat im dreizehnten Jahrhundert, S. 4 5 7 - 5 1 9 .
in:
HZ.
148/1933,
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Vergleiche zwischen Frankreich und Deutschland bei dems., Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit, 900 bis 1270, Leipzig 1943, besonders S. 92 ff. ; SCHRAMM, P. E., Der König von Frankreich. Das Wesen der Monarchie vom 9. zum 16. Jh., Bd. 1, 2. Aufl., Weimar 1960, S. 94 f. und 111. Allgemein vgl. MITTEIS, H., a. a. O., 4. Aufl., S. 22 und 2 3 7 ; für Frankreich: Histoire des institutions françaises au moyen âge, publ. sous la direction de LOT, F./FAWTIER, R., Bd. 2: Institutions royales, Paris 1958, S. 140 ff.; für die Normannen; MARONGIÙ, A., Ein „Modellstaat" im italienischen Mittelalter: das normannisch-staufische Reich in Sizilien, in: Stupor mundi, Wege der Forschung 101, Darmstadt 1966, S. 7 5 0 - 7 7 3 .
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nenten der Königsideologie verstärkt, so daß man das 12. Jh. geradezu die Zeit der heiligen Könige genannt hat. lfi In welcher Relation stehen diese beiden, wie es aussieht, gegensätzlichen Prozesse, der personale und der transpersonale? Zur Lösung dieses Problems, das für die Wirksamkeit der Herrscherideologie äußerst aufschlußreich ist, erscheint ein Blick auf die Entwicklung in Frankreich und England als angebracht, da dann die unterschiedlichen Vorgänge in diesen Monarchien und im Imperium klar ins Licht treten. Die französische „religion royale", auf die noch näher eingegangen wird, hob die Herrscherperson in eine sakrale Sphäre — vor allem infolge der Salbung, die in Frankreich und zum Teil auch in England mit der Legende vom Himmelsöl verknüpft wurde. Eine „Situation exceptionelle" bildete in den beiden ebengenannten Staaten weiterhin die Auffassung von der Heilkraft der Könige, ihrer Wundertätigkeit17 — sakrale Sonderentwicklungen, die der deutschen Zentralgewalt nicht gelingen sollten. Es ist das Verdienst von E. H. Kantorowicz 18, der Geschichte eines Gedankens nachgegangen zu sein, der zumindest in seinem Ursprung mit dieser sakralen Stellung des Herrschers zusammenhing. Wir meinen die Vorstellung von den zwei Körpern des Königs: dem sterblichen, natürlich-menschlichen und dem fiktiven unsterblich-politischen Körper. Obwohl diese Lehre erst im Spätmittelalter eine größere Rolle spielte, reichte sie in ihren Vorläufern bis an die Wende des 11./12. Jh. zurück. In ihr müssen wir offenbar das Bindeglied zwischen dem personalen und dem transpersonalen Herrschaftsbegriff suchen. Die zwei Körper des Königs traten erstmalig bei dem um 1100 schreibenden sogenannten „Normannischen Anonymus" klarer geschieden hervor19, dessen Meinung zufolge die „gemina persona regis" einerseits aus dem „individuus homo", der „persona ex naturaandererseits aber aus der „persona ex gratia" bestand, die ihren Status „per eminentiam deificationis et vim sacramenti", d. h. durch Weihe und Salbung, erhielt. Offenbar hat der Autor den sich auf die Herrschersalbung gründenden Heiligkeitsbegriff der königlichen „Uberperson" dann auch auf dessen Herrschaft übertragen: „Sancta quippe est potestas regiminis, sanctum est regimen ipsum." 20 18
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MIKOLETZKY, H. L., Sinn und Art der Heiligung im frühen Mittelalter, i n : MIÖG. 57/1949, S. 105. Vgl. unten S. 91. KANTOROWICZ, E. H., The King's two Bodies. A Study in Mediaeval Political Theology, Princeton (New Yersey) 1957, S. 42 ff. Vgl. dazu KEMPF, F., in: Römische Quartalschrift 54/1959, S. 2 0 3 - 2 3 3 . Vgl. unten S. 74 f. Die Texte des Normannischen Anonymus, neu hrsg. v. K. PELLENS, Wiesbaden 1966, S. 130 und 137 (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz, Bd. 4 2 ; Abt. für abendländische Religionsgeschichte, hrsg. v. LORTZ, J . ) ; KANTOROWICZ, E. H.. The King's two Bodies, a. a. O., S. 42 ff. Ob eine Entsprechung zu den zwei Naturen Christi vorliegt, ist nicht sicher zu erweisen; von KEMPF, F., a. a. O., S. 204, wird dies gegen KANTOROWICZ bezweifelt. Daß für den Anonymus auch der theokratische Amtsgedanke eine Rolle gespielt hat, beweist seine Unterscheidung zwischen einer schlechten Herrscherperson und dem „guten Amt": „persona enim nequam, sed iusta potestas" : a. a. O., S. 1 4 4 .
Während er den Begriff eines gedoppelten Königtums der Königstheologie entnahm, dem rex als Privatperson ein geweihtes, liturgisches regimen zur Seite stellte, wurden die Gewichte im Laufe des 12. Jh. auf der Grundlage der Rezeption des römischen Rechts bereits teilweise nach der juristischen Seite hin verschoben. Bei Johann von Salisbury ist der princeps neben der persona privata auch eine persona publica und als solche gleichzeitig „imago aequitatis" und „servus aequitatis"; die dualistische Note tritt auch hier hervor. 2 1 Die außerordentlich vielschichtige Entwicklung der Zwei-Körper-Lehre kann hier nicht weiter verfolgt werden; ihre Vervollkommnung hing von den verschiedensten Faktoren ab, von denen bereits einige im 12. Jh. Bedeutung erlangten. Genannt sei hier das Absetzen der königlichen Rechte und Güter von der Königsperson; da diese Güter nun keiner natürlichen Person mehr, sondern einer juristisch-fiktiven gehörten, entstand das Prinzip ihre Unveräußerlichkeit. 2 2 Dieses Problem wird für das Imperium noch unter anderem Aspekt zu verfolgen sein. Am wichtigsten war diejenige Linie, welche im Spätmittelalter schließlich zu dem Prinzip „Rex nunquam moritur" führte. 2 3 Bei dieser Vorstellung vom unsterblichen König spielte die dynastische Kontinuität eine entscheidende Rolle; während sie in Deutschland fehlte, wurde das Königtum in Frankreich, wo sie vorhanden war, zu einer ewig fortlebenden, gleichsam überpersönlichen Größe. Noch ein anderer Vorgang wurde für die Institutionalisierung des Staates außerordentlich wichtig. In fast allen europäischen Ländern läßt sich seit dem 11. Jh. beobachten, daß kirchliche Heilige bzw. zu Heiligen erhobene Könige eine Zentralstellung im Staatsleben einzunehmen begannen. Offenbar erfüllte die bereits im frühen Mittelalter verbreitete Anschauung vom „heiligen K ö n i g " auf der Grundlage der hochmittelalterlichen Strukturveränderungen des Feudalstaates jetzt eine andere Funktion: es bildete sich die Vorstellung heraus, daß jene sich zu Landespatronen und Nationalheiligen entwickelnden Persönlichkeiten die ideellen, unvergänglichen Herrscher und Eigentümer ihres jeweiligen Landes seien 2 4 und somit den sakralen Mittelpunkt des dazugehörigen Staates bildeten. Dieser noch vom personalen Denken ausgehende ideologische Prozeß spiegelte die realen politischen Intentionen der Zentralgewalten wider, welche im Bündnis mit der Geistlichkeit den Kult der Heiligen und der „heiligen K ö n i g e " förderten, um ihre Dynastien zu festigen und so die Einheit und die Unabhängigkeit der von ihnen KANTOROWICZ, E. H., The King's two Bodies, a. a. O., S. 94 ff. Vgl. HOFFMANN, H., Die Unveräußerlichkeit der Kronrechte im Mittelalter in: DA, 20/1964, S. 392 ff.; KANTOROWICZ, E. H., The King's two Bodies, a. a. O., S. 194 ff. 33 Ebenda, S. 314 ff. v ' Auf dieses Problem macht aufmerksam: GRAUS, F., Die Entstehung der mittelalterlichen Staaten in Mitteleuropa, in: Historica 10/1965, S. 57 ff.; vgl. auch dens., Kirchliche und heidnische (magische) Komponenten der Stellung der Pfemysliden, in: Siedlung und Verfassung Böhmens in der Frühzeit, hrsg. v. GRAUS, F./LUDAT, H., Wiesbaden 1967, S. 148 ff. Vgl. weiter für die Zeit des frühen Mittelalters FOLZ, R., Zur Frage der heiligen Könige: Heiligkeit und Nachleben in der Geschichte des burgundischen Königtums, in: DA. 14/1958, S. 317 ff. 21 22
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beherrschten Länder zu konsolidieren.25 Die Heiligkeit des Vorgängers übertrug sich schließlich auf den lebenden Herrscher und dessen Familie. Einen weiteren wichtigen Schritt stellte die Tatsache dar, daß diese personale Heiligkeit nun auch auf eine Institution übergehen konnte. Bei der Heiligsprechung Karls des Großen etwa wurde ein Abglanz des sanctissimus Karolus derart auf seine Ruhestätte Aachen übertragen, daß diese jetzt als caput regni und sancta civitas bezeichnet wurde.26 Im Unterschied zu den späteren Nationalstaaten England, Frankreich, Böhmen, Polen oder Ungarn, in denen solche Vorstellungen in unterschiedlicher Form einen beachtlichen Einfluß ausübten, wurden Institutionalisierung und Zentralisierung des Staates in Deutschland nicht zuletzt dadurch behindert, daß hier niemand als der Heilige und Landespa'ron angesehen wurde: weder der 1146 heiliggesprochene Kaiser Heinrich II. noch der 1166 kanonisierte Karl der Große. So vermochte dieser neue Aspekt in der Entwicklung der Staatsideologie in den Einzelstaaten die Zentralisierung zu fördern, indem sie die Position des Königtums festigte, erhöhte und ideologisch untermauerte. Die sich herausbildende abstraktinstitutionelle Staatsauffassung blieb hier so eng mit der Person des Königs verbunden, daß es den Partikulargewalten nicht wie in Deutschland gelang, sie gegen die Zentralgewalt auszuspielen. Diese Feststellung wird durch einen Blick auf den metonymischen corona-Begriff erhärtet. Die Herausbildung eines abstrakten Staatsgedankens führte nämlich dazu, daß man allmählich auch den Herrschaftszeichen einen transpersonalen Gehalt zuschrieb, und eine besondere Rolle war hierbei der Krone beschieden. Der Begriff „corona" löste sich immer mehr von seiner konkreten Bedeutung; er konnte schließlich symbolisch für „Herrschaft" und „Staat" verwendet und damit neben oder gar über die vergängliche Person des jeweiligen Trägers der Krone gestellt werden. Das Auftreten des übertragenen Kronbegriffes ist nach den Forschungen von F. Härtung, J . Karpat und E. Kantorowicz27 eine allgemein europäische Erscheinung. Seit der ersten Hälfte des 12. Jh. ist „corona* als Abstraktum in England, Frankreich, Böhmen und, den Untersuchungen von P. Classen zufolge 28 , auch im 25
Vgl. dazu GÓRSKI, K., La naissance des Etats et le „roi saint". Problème de l'idéologie féodale, in: L'Europe aux I X e - X I - siècles. Aux origines des Etats nationaux, Warschau 1968, S. 4 2 5 - 4 3 2 .
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Vgl. MEUTHEN, E., Karl der Große - Barbarossa - Aachen, in: Karl der Große, Lebenswerk und Nachleben, hrsg v. BRAUNFELS, W., Bd. 4 : Das Nachleben, Düsseldorf 1967, S. 63 f. HÄRTUNG, F., Die Krone als Symbol der monarchischen Herrschaft im ausgehenden Mittelalter, [Berlin 1940 (SB. Ak. Berlin, phil.-hist. Klasse, nr. 13) ; Wiederabdruck] in: Corona regni. Studien über die Krone als Symbol des Staates im späteren Mittelalter, hrsg. v. HELLMANN, M., Weimar 1961, S. 1 ff.; KARPAT, J., Zur Geschichte des Begriffs Corona regni in Frankreich und England, deutsch in : ebenda, S. 70 ff. ; KANTOROWICZ, E. H„ The King's two Bodies, a. a. O., S. 336 ff.
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CLASSEN, P., Corona imperii. Die Krone als Inbegriff des römisch-deutschen Reiches im 12. Jh., in: Festschrift P. E. SCHRAMM ZU seinem 70. Geburtstag, Bd. 1. Wiesbaden 1964, S . 90 ff.
Imperium verbreitet — eine Tatsache, auf die noch im einzelnen einzugehen sein wird. H. Hoffmann 2 9 konnte nun nachweisen, daß die Krone als Staatsmetapher ihre eigentliche Prägung schon früher, nämlich zur Zeit des Investiturstreits, erhielt. In dieser Gefahrensituation für das Königtum verfolgte man sowohl in England als auch in Frankreich das Ziel, auf diese Weise das Wesen der Herrschaft schärfer zu fassen und die königliche Würde mittels eines allgemein verbindlichen Symbols zu erhöhen. Ausgeprägt begegnet uns dies in einem Diplom des französischen Königs Ludwig VI., dem das Kloster Cluny im Jahre 1119 seine Burgen auslieferte „wegen der Verteidigung der Krone des Königreichs Frankreich" ; die Befestigungen sollten niemals mehr „aus der Hand der Krone des Königreichs Frankreich" gegeben werden. 30 Hier wird die Krone in Beziehung zur königlichen Domäne und zur Reichsverteidigung gesetzt und damit in einen nationalen Rahmen gestellt. Überhaupt stand im Laufe des 12. Jh. der coronaBegriff in Frankreich oft in Verbindung mit der königlichen Eigentumssphäre 31 , nicht zuletzt aber auch mit der ßdelitas, welche die Untertanen Suger von St. Denis zufolge „regno et coronae debent"32. In England 3 3 diente er in der ersten Hälfte des 12. Jh. dazu, den juristischen Status des Königgutes zu bestimmen; vor allem aber bewegte er sich in der Sphäre der königlichen Gerichtsbarkeit. So ist in einer Urkunde Heinrichs I. für London 25 aus den dreißiger Jahren von den „placita coronae" die Rede. Damit ergibt sich für die westlichen Länder eine eindeutig zentralistische und die künftige nationalstaatliche Entwicklung fördernde Tendenz des coronaSymbols. Im Unterschied zu den noch zu untersuchenden dominierenden Staatsmetaphern des deutschen Reiches wie regnum und imperium, honor regni usw., die der Zentralgewalt von den mit ihr rivalisierenden Gewalten ohne weiteres auch entgegengestellt werden konnten, ist ein derartiges Auseinandergehen von „corona" und dem coronatus schwer möglich. „Vielmehr hat der Begriff der Corona das Kunststück fertiggebracht, die Staatsgewalt dem Namen nach als etwas Uberpersönliches erscheinen zu lassen, ohne daß dadurch ein Gegensatz zwischen Krone und Kronenträger heraufbeschworen wurde", da „er die Obrigkeit zu einer abstrakten Größe machte und trotzdem alle Machtbefugnis bei der Person des legitimen Herrschers beließ" 30 . So spiegelt das Begriffssystem der 29
HOFFMANN,
H.,
Die Krone im hochmittelalterlichen
Staatsdenken, in: Festschrift f ü r
H . KELLER, D a r m s t a d t 1963, S. 71 ff. 30
Louis VI le Gros. Annales de sa vie et de son regne (1081-1137), ed. A. LUCHAIRK, Paris 1890, nr. 275, S. 129 f.; Recueil des chartes de l'abbaye de Cluny, publ. par A. BRUEL, Bd. 5, Paris 1894, nr. 3943, S. 298: „defensiones corone regni Froncic; in manu corone Francie". Vgl. HOFFMANN, H . , Die Krone, a. a. O . , S . 74 f.
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Zur E n t w i c k l u n g in F r a n k r e i c h vgl. HÄRTUNG, F., a . a. O., S. 26 ff.; KARPAT, j . , a. a. O.,
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S. 82 ff.; KANTOROWICZ, E. H., The King's two Bodies, a. a. O., S. 340 ff. Epístola Sugerii abbatis s. Dionysii nr. 104, in: BOCJQUET, Bd. XV, Paris 1878, S. 522. HÄRTUNG, F . , a . a . O . , S . 6 ff.; KARPAT, J . , a . a . O . , S . 1 0 8 f f . ; KANTOROWICZ, E . H . ,
The
King's two Bodies, a. a. O., S. 342 ff. Select Charters and other Illustrations of English Constitutional History from the earliest times to the reign of Edward the First, ed. W. STUBBS, Oxford 1921, S. 129. HOFFMANN, H „ Die Krone, a. a. O . , S . 7 9 f.
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Staatsideologie die unterschiedliche Entwicklung von Zentral- und Partikulargewalten in den westlichen Monarchien und im römisch-deutschen Reich wider, dem wir uns nun zuwenden wollen. Eine reale Grundlage für die Herausbildung des transpersonal-institutionellen Staatsbegriffes gab auch in Deutschland die Tatsache ab, daß sich der Reichsbesitz allmählich vom Eigentum des Königs sonderte und am Objekt des Reichsgutes als dem dinglichen Substrat des Königtums die personale Staatsvorstellung durchbrochen wurde. Das Reichsgut war nicht mehr Eigentum des Königs, sondern wurde zu einem Teil des Reiches 3 6 ; schon Wipo ließ 1025 Konrad II. zwischen sedes publicae und privatae unterscheiden.37 In der Literatur wurde bisher kaum beachtet, daß auch dieser Vorgang gerade seit der zweiten Hälfte des 11. Jh. in ein entscheidendes Stadium trat. Bei der theoretischen Herausarbeitung des Prinzips hat neben der königlichen nicht weniger die päpstlich-fürstliche Partei eine Rolle gespielt, da die Scheidung zwischen Reichsgut und Privatgut des Königs beiden Seiten je nach der Situation Argumente zu liefern vermochte. Wie schon vereinzelt vorher 38 , so wurde jetzt in den Diplomen der letzten beiden Salier zwischen Erbgut und königlichem fiscus unterschieden.39 Vom fiscus publicus sprach auch der Gegner Heinrichs IV., Lampert von Hersfeld, der gegen die historische Wahrheit Gregor VII. von dem genannten König verlangen ließ, daß dieser „nihil regium, nihil publicum, usurparet".40 Zu weiterer begrifflicher Schärfe stieß jedoch erst Bruno vor, der die Verschleuderung des Reichsgutes durch Heinrich IV. und die Gegenkönige beklagte.41 Er kam den realen Verhältnissen am nächsten; war doch nicht zuletzt durch die starken Einbußen an Königsgut als der materiellen Grundlage der Zentralgewalt deren Prestigeverlust seit Heinrich IV. zu erklären. Bruno meinte in den von ihm inserierten Sachsenbriefen, man könne schon gar nicht mehr von einem Reich reden, da kaum noch Reichsrechte verblieben seien 4 2 ; er setzte also das regnurn mit den Vgl. MATER, TH., Fürsten und Staat. Studien zur Verfassungsgeschichte des deutschen Mittelalters, Weimar 1950, S. 215 ff.; BEUMANN, H., Zur Entwicklung transpersonaler Staatsvorstellungen, in: Das Königtum. Seine geistigen und rechtlichen Grundlagen, Lindau und Konstanz 1956, S. 187 (Vorträge und Forschungen, Bd. 3 ) ; BELOW, G. V., Der deutsche Staat des Mittelalters. Eine Grundlegung der deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1, 2. Aufl., Leipzig 1925, S. 185; GIERKE, O., Das deutsche Genossenschaftsrecht, Bd. 2 : Geschichte des deutschen Körperschaftsbegriffs, Neudruck Darmstadt 1954, S. 569 f. Wipo, Gesta Chuonradi II. imperatoris c. 7, ed. H. BRESSLAU in: Wiponis opera, MG. SS. in US. schol., Hannover und Leipzig 1915, S. 29 f. MAYER, TH., Fürsten und Staat, a. a. O., S. 216, weist hin auf DH. II. 433, MG. DD. III, ed. H. BRESSLAU/H. BLOCH, Hannover 1 9 0 0 - 1 9 0 3 , S. 5 5 4 : „speciali nostri iuris proprietate ad regnum non perlinente". DDH. IV. 128 von 1064, 230 von 1070, 293 von 1077 sowie die Urkunde Heinrichs V.: St. 3104 von 1114 fast stereotyp: „rebus ad fiscum regium pertineritibus quam propriis hereditatibus".
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Lamperti annales ad a. 1077, ed. O. HOLDER-EGGER, a. a. O., S. 293. Bruno, Buch vom Sachsenkrieg c. 108 und 112, ed. H.-E. LOHMANN, MG. Deutsches Mittelalter 2, Leipzig 1937, S. 99 und 103. Ebenda c. 112, S. 103: „ut iam regnum dici non valeat, cui nulla paene regalia supersunt."
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regalia gleich. Auch der königstreue Wido von Ferrara trennte die bleibenden iura regni von den wechselnden Königspersonen; diese hätten jene -Rechte nur zu nutzen, solange sie den Thron innehaben.4-* Gleich zu Beginn seiner Regierung drängte Lothar III. auf eine Scheidung des Reichsgutes vom Allodialgut der Salier. Auf seinen Antrag hin kam 1125 ein Fürstenbeschluß zustande, dem zufolge gewisse Erwerbungen der Könige nicht ihnen persönlich gehören sollten, sondern an das Reich fallen müßten.44 Etwa gleichzeitig unterschied schließlich Gerhoch von Reichersberg klar zwischen eigentlichem Reichsgut (res publica) und königlichem Privatvermögen (res privata).15 Die Entwicklung der Kronrechte für welche seit dem ausgehenden 12. und vor allem im 13. Jh. teilweise das Prinzip der Unveräußerlichkeit aufgestellt wurde, beleuchtet somit ebenfalls die auseinanderstrebenden Verfassungstendenzen der einzelnen Länder. „Während im Imperium der hohe Adel, dann vor allem die Kurfürsten diesen Trumpf gegen den Herrscher ausspielten, behielt der französische König fast immer das Heft in der Hand und zog seinerseits aus dem Argument allen Vorteil." 4 6 In den westlichen Monarchien war die Entwicklung zu einem transpersonalinstitutionellen Staatsbegriff untrennbar mit der Überhöhung des Herrschers zu einer königlichen Uberperson verbunden; in Deutschland jedoch verlief dieser Vorgang vor allem von der Gegenseite her, da sich der politische Schwerpunkt hier auf die fürstlich-päpstliche Partei verlagerte. Dieser wesentliche Unterschied muß stets im Auge behalten werden. Es war deshalb auch vor allem die Gegenpartei des Königs, die jenes theoretische Prinzip im Rahmen ihrer politischen Zielstellungen vorangetrieben hat. Innerhalb des vielschichtigen und durchaus nicht immer geradlinig verlaufenen Vorganges sind verschiedene Komponenten zu unterscheiden. Als neues, ihn förderndes Element trat gerade im 11. Jh. der theokratische Amtsgedanke der Kirche in Deutschland in den Vordergrund. Die kirchliche Theorie hatte schon sehr früh zwischen dem unantastbaren geistlichen Amt und der mit menschlichen Schwächen behafteten Person seines Inhabers unterschieden47; jetzt wurde diese Auffassung auch auf das Königtum übertragen und damit einem Hauptargument der Henricianer, nämlich dem von der Unverletzbarkeit der Königsperson, der Boden entzogen. Hauptsächlich tat sich hier Manegold von Lautenbach hervor; er sah den König an als Träger eines grundsätzlich von ihm Wido episcopus Ferrariensis, De scismate Hildebrandi, ed. R. WILMANS/E. DÜMMLER in: MG. LdL. I, Hannover 1891, S. 564-, Vgl. HOFFMANN, H., Die Unveräußerlichkeit der Kronrechte, a. a. O., S. 397 f. " Annales sancti Disibodi ad a. 1125, ed. G. WAITZ in: MG. SS. XVII, S. 23. Vgl. BERNHARDI, W., Lothar von Supplinburg, Leipzig 1879, S. 54 f. (Jbb.) 45
Gerhoh praepositus Reichersbergensis, Opusculum de edificio Dei c. 21, ed. E. SACKÜR in: MG. LdL. III, Hannover 1897, S. 152. Vgl. OTT, I., Der Regalienbegriff im 12. Jh., in: ZRG. KA. 35/1948, S. 261 f.
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HOFFMANN, H . , U n v e r ä u ß e r l i c h k e i t , a . a . O . , S . 4 7 0 .
" Vgl. GIERKE, O., a. a. O., Bd. 2, S. 546 f.; Bd. 3, Neudruck Darmstadt 1954, S. 270 ff.; KERN, F., Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im früheren Mittelalter. Zur Entwicklungsgeschichte der Monarchie, 2. Aufl., hrsg. v. BUCHNER, R„ Münster/Köln 1954, S. 46 ff. und 212.
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trennbaren und unabhängigen Amtes welches ihm von „Volk", das heißt von den Fürsten, übertragen und entzogen werden konnte. Damit gelangte er, inspiriert durch die Fürsienopposition gegen Heinrich IV., zum Begriff einer von der Königsperson getrennten, im Fürstentum verankerten Staatsgewalt. Weiterhin haben in Deutschland gewiß nicht zufällig die Begriffe regnum und imperium in der Staatsterminologie eine vorrangige Rolle spielen können. 49 Beide Ausdrücke wurden seit der Spätantike weitgehend synonym gebraucht, und auch im Mittelalter unterschied man niemals streng zwischen ihnen. 50 Beachtenswert ist hier, daß der von der königlichen Seite weitgehend ohne gentiles Attribut benutzte regnum-Hegiiii auch eine imperial-territoriale Dimension beinhaltete: die Herrschaft über Deutschland, Italien und Burgund. Der Bedeutungsinhalt von regnum und imperium war sehr vielschichtig und hat sich im Rahmen der Strukturveränderungen des Staates seit dem 11. Jh. weiter differenziert. Beide Begriffe konnten subjektiv, als die Herrschaft eines Königs, oder objektiv, als das Reich schlechthin, das Objekt der Herrschaft, aufgefaßt werden. Im frühen Mittelalter herrschte die subjektive Bedeutung vor: der regnum-BegriS wurde im personal-funktionellen Sinne verwendet; das auf einen Personenverband bezogene regnum war die Funktion des Königs. 5 1 Dieser Wortinhalt ging auch im 11. Jh. nicht unter, sondern wurde damals gerade von der königlichen Partei konserviert, welche die unlösbare Verbindung von rex und regnum zu ihren wichtigsten Argumenten zählte. Jedoch trat seit jener Zeit die andere Komponente stärker in den Vordergrund, der zufolge das regnum als Objekt der Herrschaft begriffen und transpersonalinstitutionell-territorial aufgefaßt wurde. Diese abstrakte Wortbedeutung war keinesfalls neu und in Ansätzen auch schon in den vorhergehenden Jahrhunderten vorhanden gewesen. Denken wir nur an die spätantike und römisch-rechtliche Tradition, welche im Westen niemals abriß und mit Begriffen wie imperium, res publica, regnum, patria eine bestimmte abstrakte Vorstellung von Herrschaft und Staat vermittelte. Ansätze transpersonalen Staatsdenkens finden wir besonders in der Ära der Nachfolger Karls des Großen, etwa bei Hinkmar von R e i m s 5 2 ; wir 48
Manegoldi ad Gebehardum liber c. 43, ed. K. FRANCKE in: MG. LdL. I, Hannover 1891,
S. 385: „Rex enim non nomen est naturae, seil officii"; vgl. auch die Überschrift zu c. 30, S. 365. 49
Vgl. HAHTUNG, F., a. a. O., S. 50 f.; SOLOVIEV, A. V., Corona regni. Die Entwicklung der Idee des Staates in den slawischen Monarchien, deutsch in: Corona regni, a. a. O., S. 156 ff.; KARPAT, J., Corona regni Hungariae im Zeitalter der Arpaden, deutsch in: ebenda, S. 229 ff.; HOFFMANN, H„ Die Krone, a. a: 0 . , S. 77 f.
50
Vgl. die Beispiele bei WAITZ, G., Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 6, 3. Aufl., bearb. v. SEELIGER, G., Darmstadt 1955, S. 459 ff.; STENGEL, E. E., Regnum und Imperium. Engeres und weiteres Staatsgebiet im alten Reich, [Marburg 1930; leicht verändert] in: ders., Abhandlungen und Untersuchungen zur Geschichte des Kaisergedankens im Mittelalter, Köln/Graz 1965, S. 191; WOLFRAM, H., Splendor imperii. Die Epiphanie von Tugend und Heil in Herrschaft und Reich, Graz/Köln 1963, S. 31 (MIÖG., Erg.-bd. 20, Heft 3>.
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Vgl. ebenda, S. 20 und 149 f.; BEUMANN, H., Zur Entwicklung transpersonaler Staatsvorstellungen, a. a. O., passim.
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Vgl. MAYER, TH., Staatsauffassung in der Karolingerzeit, in: Das Königtum. Seine geistigen und rechtlichen Grundlagen, Lindau und Konstanz 1956, S. 1 6 9 - 1 8 3 (Vorträge und
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weisen ferner hin auf Otto III., dem Gerbert von Reims, inspiriert von der spätantiken Tradition, die Aufgabe stellte, „seipsum pro patria, pro religione, pro suorum reique publice salute maximis periculis opponere."53 Auch für Wipo bestanden, wie H. Beumann in einer scharfsinnigen Analyse gezeigt hat, während der auf den Tod des Herrschers folgenden Thronvakanz das imperium, das regnum, die res publica und die palria weiter 5 4 ; in seinen „Gesta Chuonradi" findet sich der berühmte Satz: „Si rex periit, regnum remansit." 5 5 Hier wird das regnum schon nicht mehr nur funktionell gesehen, sondern als Institution aufgefaßt. Diese Vorstellung wurde dadurch begünstigt, daß auch der frühmittelalterliche Staat institutioneller Elemente nicht entbehrte. 56 Allerdings waren jene Termini im allgemeinen doch eng mit der Person des jeweiligen Monarchen verknüpft, um damit seine Herrschaft zu bezeichnen.''7 Erst im Investiturs'reit bahnte sich, wie gesagt, eine Wende an, da nun auf Grund der Kämpfe zwischen Zentralgewalt, Fürstenopposition und Papsttum die personalen wie auch die transpersonalen Faktoren eine besondere politische Funktion im Rahmen der ide">logis:hen Herrschaftsbegründung zu erfüllen hatten. Die Interessen von rex und regnum konnten jetzt auseinandergehen, ja die Reichsfürsten vermochten sich als Verkörperung des regnum dem König geradezu entgegenzustellen. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, eine systematische Untersuchung des Staatsund Reichsbegriffes im 11. und 12. Jh. zu liefern. Jedoch erscheint es uns unerläßlich, an einigen charakteristischen Beispielen die Veränderungen, welche die fürstlich-päpstliche Partei seit dem 11. Jh. in die politische Vorstellungswelt hineinbrachte, herauszustellen, da dies das Verständnis der in den folgenden Kapiteln darzustellenden königlichen Position erleichtert, ja erst recht verständlich macht. Einen besonderen Beitrag hat in dieser Beziehung Lampert von Hersfeld in seinen nach 1077 geschriebenen Annalen 58 geleistet. Der Hersfelder Mönch und spätere Abt von Hasungen 09 , der die Gorzer Observanz des Reichsmönchtums Forschungen, Bd. 3 ) . Beispiele bei FUSTEL DE COULANGES, N. D., Histoire des
Institution«
politiques de l'ancienne France, Bd. 6, 2. Aufl., Paris 1 9 0 7 , S. 2 8 5 ff. 53
Die Briefsammlung Gerberls von Reims nr. 1 8 3 , bearb. v. F . WEIGLE, MG. Die Briefe der deutschen Kaiserzeit 2, Weimar 1966, S. 2 1 6 .
54
BEUMANN, H., Zur Entwicklung transpersonaler Staatsvorstellungen, a. a. 0 . , S. 1 8 5 ff.
55
Wipo, Gesta Chuonradi c. 7, a. a. O., S. 30.
59
Vgl. SCHLESINGER, W., Herrschaft und Gefolgschaft in der germanisch-deutschen
Verfas-
sungsgeschichte, i n : [HZ. 1 7 6 / 1 9 5 3 ; zuletzt i n : ] ders., Beiträge zur deutschen Verfassungsgeschichte des Mittelalters, Bd. 1 :
Germanen
-
Franken -
Deutsche, Göttingen
1963,
S. 4 3 ff.; BEUMANN, H., Zur Entwicklung, a. a. O., S. 2 1 3 f. 57
Vgl. GIERKE, 0 . , a. a. 0 . , Bd. 2 , S . 5 6 2 ff. (Das Reich als Rechtssubjekt), und SOLOVIEV, A. V., a. a. O., S . 1 5 6 f.
58
Ausgabe
siehe oben
Anm. 4 ;
dazu
WATTENBACH, W./HOI.TZMANN, R . ,
Deutschlands
Ge-
schichtsquellen im Mittelalter. Die Zeit der Sachsen und Salier, Neuausgabe, besorgt von SCHMALE, F . J . , Bd. 2, Weimar 1 9 6 7 , S . 4 5 6 ff. 59
Der Nachweis hierfür bei STENGEL, E . E., Lampert von Hersfeld der erste Abt von Hasungen, i n : Aus Verfassungs- und Landesgeschichte. TH. MAYER, Lindau und Konstanz
1955,
Festschrift zum 70. Geburtstag
S. 2 4 5 - 2 5 8 .
STENGELS Behauptung,
von
Lampert
13
vertrat 60 und von dieser Position aus sich Heinrich IV. entgegenstellte, kam auf der Grundlage des kirchlichen Amtsgedankens, vor allem aber durch die Rezeption antiker Denkmodelle 61 zur Fixierung realer politischer Sachverhalte und historischer Gegebenheiten seiner Gegenwart. Aus seinem vielschichtigen Werk seien nur einige Aspekte herausgegriffen, die in unserem Zusammenhang von Bedeutung sind. So nehmen bei ihm der aus dem antiken Sprachgebrauch übernommene Begriff „res publica" und teilweise auch die Bezeichnung „regnum" eine transpersonal-institutionelle Bedeutung an. Lampert spricht von der „administratio rerum publicarum", von den „negotia rei publicae (regni)", von „honor et utä.tas rei publicae"62; er scheint bereits die Sphäre der publica negotia von den res privatae zu unterscheiden.63 Der Person des Königs wird die Institution des regnum bzw. der res publica gegenübergestellt 64 ; so beschließen etwa die sächsischen Fürsten im Jahre 1073 zu Gerstungen, einen anderen zu wählen, „qui gubernando regno idoneus esset"65, denn die res publica sei durch Heinrich IV. an den Rand des Abgrundes gebracht worden.66 Einen territorialen und institutionellen Gehalt nimmt auch der Lampert geläufige Begriff „regnum Teutonicum"67 an. Zum Jahre 1076 werden Heinrich IV. die Worte in den Mund gelegt, er, der König, wolle den Fürsten gerne die Reichsgeschäfte übergeben, doch solle man ihm die königlichen Herrschaftszeichen belassen, da sonst der „splendor regni Teutonici" verblassen und untergehen werde.68 H.Wolfram hat in diesem Zusammenhang festgestellt69, daß wir es hier mit einer Institution zu tun haben, welche über das rein Funktionelle im regnum-Begriff. der ottonisch-frühsalischen Zeit hinausreicht. Das „regnum Teutonicum" wird bereits so weit von der Person und dem Geschlecht des Königs, der es beherrscht, unabhängig gedacht, daß dieser aus ihm verdrängbar erscheint — eine Absicht, gegen die sich Heinrich IV. wehren mußte.
60
61
62
63 61
65 66
67
68
habe in Hasungen die Gewohnheiten von Clunv und Hirsau eingeführt, wurde inzwischen von SEMMLER berichtigt; vgl. die folgende Anm. Vgl. SEMMLER, J., Lampert von Uersfeld und Giselbert von Hasungen, in: Studien und Mitteilungen des Benediktinerordens und seiner Zweige 67/1956, S. 2 6 1 - 2 7 6 , besonders S. 266 mit weiterer Literatur. Dieses Problem ausführlich bei WOLFRAM, H., Splendor imperii, a. a. OT, S. 15 ff.; vgl. meine Rezension dieses Buches in: DLZ. 86/1965, Sp. 530 ff. Vgl. den Index nominum et rerum der Ausg. von O. HOLDER-EGGER unter diesen Stichworten; ihre Verwendung ist so verbreitet, daß sich ein Stellennachweis erübrigt. Lampert von Hersfeld, Annales ad a. 1070, 1076, 1077, a. a. O., S. 115, 251, 265, 293. Ebenda ad a. 1066, S. 102: „quid regi, quid rei publicae facto opus esset"; ad a. 1075, S. 2 3 2 : „erga regem remque publicum". Ebenda ad a. 1073, S. 165. Ebenda, S. 168: „rem publicam unius hominis ignavia ad extremam usque vastitatem deperire." Vgl. VIGENER, F., Bezeichnungen für Volk und Land der Deutschen vom 10. bis zum 13. Jh., Heidelberg 1901, S. 205 ff. Lampert von Hersfeld, Annales ad a. 1076, a. a. O., S. 278 f. Die Frage, ob der Autor diesen Passus erfunden hat, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.
69
14
WOLFRAM, H . , a . a . O., S . 2 0 u n d 1 4 9 .
Auch Brunos Buch vom Sachsenkrieg 70 , in dem die Auffassungen der sächsischen Opposition ihren Niederschlag gefunden haben, bringt neben der personalen eine transpersonal-institutionelle Staatsvorstellung zum Ausdruck. Bruno stellt in einer fingierten Rede Ottos von Northeim an die Sachsen die patria ausdrücklich dem König entgegen.' 1 In dem von ihm wiedergegebenen Brief der Sachsen an Gregor VII. vom Jahre 1 0 7 7 / 7 8 wird schließlich das Königtum als ein zu verwaltendes Amt bezeichnet; die Aufgabe dessen, der es verwaltet, aber sei es, das Reich wieder zu stärken. 72 Eine spezielle Untersuchung der Ideologie der Fürstenopposition 73 wäre eine lohnende Aufgabe. Da sie hier nicht geliefert werden kann, sei nur bemerkt, daß die sächsische Opposition ebenfalls versuchte, das regnum Saxonum durch eine unmittelbare Berufung auf Gott zu begründen. Als im Jahre 1 0 8 5 in Gerstungen/ Berka zwischen Vertretern beider Seiten verhandelt wurde, soll Erzbischof Gebhard von Salzburg geäußert haben, Sachsen sei kein Erbgut des Königs, sondern das Reich Gottes (regnum Domini), das dieser nach Daniels Zeugnis gebe, wem er wolle. 74 Die Verlagerung des politischen Schwergewichts von der Zentralgewalt auf die Seite der Fürstenopposition führte seit der zweiten Hälfte des 11. Jh. dazu, daß der Reichsbegriff in Deutschland einen neuen sozialen Begriffsinhalt erhielt. 70
11 72
7:1
71
Ausgabe siehe oben Anm. 4 1 ; vgl. die Einleitung von SCHMALE, F.-J., in: Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV., Berlin 1963, S. 28 ff. (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, hrsg. v. BUCHNER, R., Bd. 12), und KOST, O. H., Das östliche Niedersachsen im Investiturstreit, Göttingen 1962. Bruno, Buch vom Sachsenkrieg c. 25, a. a. O., S. 29. Ebenda c. 108, S. 97 f.: „Sine sacramentorum autem observatione regiae dignitatis officium nequaquam administrari polest. . . . Cumque de eleclo nobis rege . . . spes magna ad rejocillandum Imperium succresceret .. Vgl. zunächst dazu CARLYLE, R. W., und A. J . , A History of Mediaeval Political Theory in the West, Bd. 3 : Political Theory Irom the tenth Century to the thirteenth, Edinburgh und London 1915, S. 125 ff. und 117 ff.; KOCH, G., Manegold von Lautenbach und die Lehre von der Volkssouveränität unter Heinrich IV., Berlin 1902, S. 13 ff., 44, 86, 134 ff. (Historische Studien, veröff. v. EBERING, E., Bd. 3 4 ) ; BRUNS, H., Das Gegenkönigtum Rudolfs von Rheinfelden und seine zeitpolitischen Voraussetzungen, phil. Diss. Berlin 1940, Druck: Bleicherode am Harz 1939, S. 55 ff.; KOST, O. H., a. a. O., passim, besonders S. 186 ff.; OHLY, F., Königtum und Fürsten zur Zeit Heinrichs IV. nach der Darstellung gleichzeitiger Geschichtsschreiber, phil. Diss. Gießen 1889; KERN, F., a. a. O., 2. Aufl., S. 166 ff. und 334 ff. Ekkehard von Aura, Chronicon universale ad a. 1085, ed. G. WAITZ in: MG. SS. VI, S. 2 0 6 : „ . . . quanto minus rex, qui Saxonia, quae non suum dumtaxat predium, sed Domini sit regnum, qui Daniele vel ipso lege Nabuchodonosor teste (Dan. 4, 14) cuicumque voluerit dat illud." Unseres Wissens ist diese Stelle für die Erkenntnis der sächsischen Ideologie noch nicht herangezogen worden. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, daß Bruno [c. 30, 118, 120 (diese beiden Stellen in inserierten Briefen Gregors VII.), 121, a. a. O., S. 32, 111, 113 f.] vom „regnum Saxonum (Saxoniae)" sprach und daß Hermann von Salm im Liber de unitate ecclesiae conservanda, ed. W. SCHWENKENBECHER in: MG. LdL. II, Hannover 1892, „rex Saxonum" genannt wird: lib. II, c. 22, S. 239.
15
Als quasi transpersonale Größe fungierte nun die Gemeinschaft der Fürsten primär als der das Reich bildende Faktor. 7 5 Die hauptsächlich von den Gegnern Heinrichs IV. vertretene politische Ideologie spiegelte somit in Deutschland ziemlich genau die gesellschaftliche Realität wider und entsprach der besonderen Form, in der sich im Imperium der institutionelle Flächenstaat verwirklichte. Lampert von Hersfeld zufolge lag die Sorge um die negocia regni und die administratio rerum publicarum bei den principes regni76, welche das Reich gemeinsam mit dem König führen sollten. Der Hersfelder Mönch s'.immte mit Bruno darin überein, daß in den Händen dieser principes regni die Staatsgewalt ruhte und sie das Recht hätten, den König einzusetzen bzw. zu verstoßen. 77 Am schärfsten hat — allerdings erst in der ersten Hälfte des 12. Jh. — Paul von Bernried das Problem formuliert: wie er berichtet, verzichtete Rudolf von Rheinfelden anläßlich seiner Wahl zum Gegenkönig im Jahre 1077 auf jedes Erbrecht, da er das „regnum non ut proprium sed pro dispeasatione sibi creditum" betrachtete; die „provisio regniu sei Sache der Fürsten, „qui rem publicam in manibus lenerent." 78 Seit der Zeit des Investiturstreits wurde die Gemeinschaft der Fürsten direkt und in aller begrifflichen Schärfe mit dem Ausdruck „regnum" identifiziert. Der königstreue Liber de unitate ecclesiae warf Gregor VII. vor, er habe diese Gleichsetzung bereits in Canossa vorgenommen 7 9 , und erkannte damit richtig den allgemeinen Zug der päpstlichen Ideologie, den rex von seinem regnum zu unterscheiden. 80 Besonders während der Verhandlungen, die den Ausgleich zwischen 75
MAYER, TH., Fürsten und Staat, a. a. 0., S. 220, verwendete den Begriff „Teilhaber am Reich" im Anschluß an MITTELS, H., Land und Herrschaft. Bemerkungen zu dem gleichn a m i g e n B u c h O. BRUNNERS, i n : H Z . 1 6 3 / 1 9 4 1 , S. 2 8 0 , u n d TELLENBACH, G . , V o m karolin-
gischen Reichsadel zum deutschen Reichsfiirstenstand, in: [Adel und Bauern im deutschen Staat des Mittelalters, hrsg. v. MAYER, TH., Leipzig 1943; Wiederabdruck in:] Herrschaft und Staat im Mittelalter, Wege der Forschung 2, Darmstadt 1956, S. 239 f. Vgl. auch KERN, F., a. a. O., 2. Aufl., S. 152 ff. 76 77
78
79
80
Lampert von Hersfeld, Annales ad a. 1073, a. a. O., S. 151. Ebenda ad a. 1073, 1074, 1076, 1077, S. 152, 168, 173, 180, 276, 291; Bruno, Buch vom Sachsenkrieg c. 88, 91, 93, a. a. O., S. 83, 85, 87. Paul von Bernried, Vita Gregorii VII. c. 95, in: Pontificum Romanorum vitae, ed. I. M. WATTERICH, Bd. 1, Leipzig 1862, S. 530. Die päpstlichen Legaten betonten: „provisionem regni non tarn in eorum consilio, quam in prineipum arbitrio sitam esse, qui rempublicam in manibus teneient": ebenda c. 94, S. 530. Liber de unitate, lib. I, c. 6, a. a. O., S. 192: „decrevit papa , ut sie aut contemptibilior esset ipsius regis in regno persona, donec roborarelur regnum, quod iarn parabatur in electione alterius regis." Die Lorscher Chronik von 1170 bezeichnet rückblendend die Fürsten während der vormundschaftlichen Regierung Heinrichs IV. ebenfalls als „regnum": Chronik in.-: Codex Laureshamensis, bearb. u. hrsg. v. K. GLÖCKNER, Bd. 1, Darmstadt 1929, S. 394; die Stelle bei MAYER, TH., Fürsten und Staat, a. a. O., S. 220 mit Anm. 3, herangezogen. Vgl. etwa die Ausdrucksweise Paschalis' II. in den Verhandlungen mit Heinrich V. von 1111: Promissio papae per Petrum Leonis dicta, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1 8 9 3 , nr. 8 5 , S . 1 3 8 f.
16
Tregnum und sacerdotium im Wormser Konkordat verbreiteten und bestätigten, trat eindeutig hervor, daß die Fürsten die Träger des Reiches geworden waren; durch sie als die eigentlichen Sieger des Investiturstreits erhielt der Vertrag mit dem Papsttum erst eine reale Basis. Bereits auf der Würzburger Beratung der Fürsten vom Jahre 1121 wurde von der Schlichtung der „controversia inter domnum inperatorem et regnum" ( = Fürsten) gesprochen 81 und damit das fürstliche regnutn dem Kaiser entgegengestellt. Auch auf dem unmittelbar nach dem Abschluß des Wormser Konkordats abgehaltenen Hoftag von Bamberg sanktionierten die principes noch einmal, was dem honor regni und dem honor sacerdotii zukam.82 So begann sich damals in der Historiographie jene Auffassung von den Fürsten als den Stützen des Staates herauszubilden, die dann in der Stauferzeit ihren Höhepunkt fand. Bereits Wipo sprach von den principes als den „vires et viscera regni".83 Und wenn Lampert von Hersfeld die Fürsten als „columna et firmamentum rei publicae", als „columnae et capila Galliarum" bezeichnete 84 , wenn Ekkehard von Aura sie die „capila, rei publicae" nannte 83 , dann erinnern diese Begriffe sehr an das stauiische Gleichnis von den Fürsten als den Säulen des Reiches 86 . Die Staufer vermochten infolge ihres Kompromisses mit den Fürsten diese Metaphern in ihre Herrschaftsideologie zu integrieren; die beiden letzten Salier dagegen haben sich bei ihrer eigentlichen Herrschaftsbegründung, für die ihre Urkunden zeugen, nicht auf die Fürsten berufen können. Jedoch spielte der Hinweis auf deren Rat besonders in den Diplomen Heinrichs V. schon eine beachtliche Rolle. 87 In der Historiographie wurde sogar an mehreren Stellen der Eindruck erweckt, als hätten die beiden Herrscher in besonderen Krisensitualionen der Zentralgewalt auch an die spezifische Ideologie der Fürsten, an ihr Reichsbewußtsein, appelliert. Lampert zufolge soll Heinrich IV. im Jahre 1075 erklärt haben, er wolle kein Urteil ohne die Fürsten fällen, die ja ebenfalls durch eine Beleidigung seiner Majestät in ihrer Ehre gekränkt würden.88 In dem Rundschreiben Heinrichs V. von 1106 wurde behauptet, der Ungehorsam Kölns sei gegen das Reich ein größeres Unrecht als gegen die Person des 81
Principum de restituenda pace consilium Wirceburgense nr. 106, S. 1 5 8 . Vgl. dazu BELOW,
82
G . V., a . a . O . , S .
(1121 Sept./Okt.), in:
ebenda,
184.
Ekkehard von Aura, Chronicon universale ad a. 1122, a. a. O., S. 260. Vgl. MEYER VON KNONAU, G., Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Bd. 7, Leipzig 1909, S. 217 f. (Jbb.). Wipo, Gesta Chuonradi c. 2, a. a. O., S. 14; vgl. BEUMANN, H., Zur Entwicklung transpersonaler Staats Vorstellungen, a. a. O., S. 194.
84
Lampert von Hersfeld, Annales ad a. 1064, a. a. O., S. 92. Unter „ G a l l i a e " verstand der Autor Deutschland; vgl. LUGGE, M., „Gallia" und „Francia" im Mittelalter, Bonn 1960, S. 134 (Bonner historische Forschungen, hrsg. v. BRAUBACH, M., Bd. 15).
85 86 87
Ekkehard von Aura, Chronicon universale ad a. 1121, a. a. O., S. 257. Vgl. unten S. 193 f. Vgl. DH. IV. 402 von 1089 und die Diplome Heinrichs V.: St. 3032, 3060, 3119, 3159, 3162 von 1 1 0 8 - 1 1 2 0 ; ferner das Wormser Konkordat, in: MG. Const. I, a. a. O., nr. 107 (Privilegium imperatoris), S. 160.
88
Lampert von Hersfeld, Annales ad a. 1075, a. a. O., S. 229.
17
Königs; die Mißachtung der Fürsten nämlich sei der Untergang des Reiches, während der Sturz des Königs als ein wiedergutzumachendes Übel erscheine. 8 9 Es bleibe dahingestellt, ob diese Auffassung wirklich derjenigen der Kanzlei entsprach; wir werden noch darauf einzugehen haben, daß es ein beliebter „Propagandatrick" der Zentralgewalt war, die Fürsten mit den Reichsinteressen zu identifizieren, um sie f ü r die eigenen Ziele zu gewinnen. Die principes verfolgten jedoch, entgegen aller ideologischen Maskierung in der fürstenfreundlichen Geschichtsschreibung, ihre eigenen Ziele, nämlich ihre Territorialpolitik; sie „taten nichts f ü r den Staat", wie der Hildesheimer Annalist sarkastisch bemerkte. 9 0 Zum Verständnis der ideologischen Gegenreaktion der deutschen Zentralgewalt muß weiterhin auf den Angriff der gregorianischen Reformpartei eingegangen werden, denn ohne dessen Berücksichtigung ist die Entwicklung der von uns zu untersuchenden Herrschaftsbegründung nicht voll erfaßbar. Erhielt doch der Investiturstreit in Deutschland nicht zuletzt dadurch, daß der Kampf zwischen Zentralgewalt und Fürsten um den Ausbau neuer territorialer Grundlagen mit der Abwehr der römischen Ansprüche verquickt wurde, seine besondere politischideologische Schärfe. Die Gregorianer bestritten dem Staat seine Eigenständigkeit, sprachen ihm eine autonome Sphäre ab und entheiligten ihn — ein Vorstoß, der eine Reaktion auf Seiten des Königtums zwangsläufig herausforderte. 9 1 Das Reformpapsttum hatte durch die Umstellung auf die verstärkten Ware-Geld-Beziehungen, den Ausbau seiner Verwaltungsorgane, den Versuch der Uberwindung der Zersplitterung der Kirche sowie durch das Bündnis mit den Normannen und der Pataria neue ökonomische und machtpolitische Grundlagen gewonnen. Entscheidend in Hinsicht auf die deutschen Verhältnisse war jedoch sein sich seit 1076, dem J a h r der Absetzung Heinrichs IV. durch Gregor VII., anbahnendes Bündnis mit der deutschen Fürstenopposition, welche sich durch die Königsgutpolitik Heinrichs in ihrem Ausbau eigener Herrschaftskomplexe gefährdet sah. Die Staatsauffassung des Gregorianismus unterschied sich von der der Fürstenopposition gewiß in bezug auf ihr theoretisches F u n d a m e n t ; beide Mächte trafen sich jedoch, wenn es um die Erschütterung der Grundlagen der Zentralgewalt ging. Sie waren sich im .wesentlichen einig, wenn es galt, den Amtscharakter des Königtums zu betonen (was letzten Endes auf ein Wahlkönigtum hinauslief), sowie die Idoneitätsforde89
Encyclica de hoste contra patrem facienda, in: MG. Const. I, a. a. O., nr. 80, S. 132F.; Vita H e i n r i c i IV. imperatoris c. 13, ed. W . WATTENBACH/W. EBERHARD, M G . S S . i n us.
90
01
18
schol., Hannover 1899, S. 40: „Igilur haec iniuria mea regni potius est, quam mea; nam unius capitis, licet summi, deieclio reparabile regni dampnum est, principum autem conculcatio ruina regni est." METER VON KNONAU, G., a. a. O., Bd. 5, Leipzig 1904, S. 300, Anm. 39, hält dieses in die Vita inserierte Schreiben für echt; doch wird diese Frage erst durch die kritische Edition der Diplome Heinrichs V. geklärt werden können. Annales Hildesheimenses ad a. 1103, ed. G. WAITZ, MG. SS. in us. schol., Hannover 1878, S. 51. Zu einseitig, nämlich ohne die eigenständigen, realen Grundlagen in der Entwicklung des Feudalstaates zu beachten, betonte diesen Grundsatz BRACKMANN, A., Der mittelalterliche Ursprung der Nationalstaaten, in: SB. Ak. Berlin, phil.-hist. Klasse, Jg. 1936, nr. 13, S. 128 ff.
rung zu stellen. Auf diese Theorien kann von uns allerdings nur insoweit eingegangen werden, als es zum Verständnis der ihnen vom deutschen Königtum entgegengesetzten Auffassungen erforderlich ist. In bezug auf die allgemeine Einschätzung der weltlichen Gewalt und ihres Ursprungs spiegelten sich in den Äußerungen der kirchlichen Reformpartei die beiden Grundkonzeptionen wider, die seit dem Neuen Testament und der Patristik 9 2 vorhanden waren: die staatsfremde bzw. staatsfeindliche und die staatsfreundliche Richtung. Diese auch bei Augustin vorhandene Antinomie vom göttlichen und vom teuflischen Ursprung des Staates stellte sich während der Konfliktsituation zwischen Staat und Kirche natürlich besonders scharf, und je nach der politischen Konstellation und der konkreten Situation trat die eine oder die andere ihrer Seiten in den Vordergrund. Sofern man den sündhaften, wel.lichprofanen Ursprungscharakter des Staates betonte, bezog man sich vor allem auf den deutschen König und Kaiser. So bezweifelte schon um die Mitte des 11. Jh. ein Kleriker aus dem westlichen Teil des Reiches, daß die imperatores den Platz Christi einnehmen dürften, da sie noch mit blutigem Schwert das Amt des Teufels versähen. 93 Relevant wurde das Problem jedoch erst mit dem Auftreten Gregors VII. Nachdem dieser bereits 1074 König Philipp I. von Frankreich als einen auf Geheiß des Teufels handelnden Tyrannen bezeichnet hatte 9 4 , ging er in seinen beiden Briefen an Hermann von Metz aus den Jahren 1076 und 1081 auf die Stellung des von ihm abgesetzten Heinrich IV. ein. Während die bischöfliche Würde von Gott stamme, so erklärte er, sei die königliche Gewalt eine Erfindung menschlichen Hochmuts. 9 5 Könige und Fürsten wären vom Teufel angestiftet, über ihresgleichen, das heißt über die Menschen, in unerträglicher Anmaßung zu 92
Vgl. SCHILLING, O., Naturrecht und Staat nach der Lehre der alten Kirche, Paderborn 1914, S. 43 f. und 229 ff. (Görres-Gesellschaft, Veröffentlichungen der Sektion für Rechtsund Sozialwissenschaften, hrsg. v. BEYERLE, K., u. a., Heft 2 4 ) ; KITTEL, E., Die Staatsauffassung der kirchlichen Reformpartei im Zeitalter Gregors VII., phil. Diss. Berlin 1925 (Ms.),
93
S. 10
ff.;
KERN, F.,
a. a. 0 . ,
2. Aufl.,
S. 2 1 1 ;
FLÜCKIGER, F.,
Geschichte
des
Naturrechts, Bd. 1, Zollikon/Zürich 1954, S. 290 f., 347 ff., 391 ff.; GRAUS, F., Volk, Herrscher und Heiliger im Reich der Merowinger. Studien zur Hagiographie der Merowingerzeit, Prag 1965, S. 303 ff. De ordinando pontifice auctor Gallicus, ed. E. DÜMMLER in: MG. LdL. I, Hannover 1891, S. 14: „ZJbi enirn inveniuntur imperatores locum. Christi obtinere? Si verius liceat nobis dicere, potius oßitio diaboli surgunlur in gladio et sanguine, ut, dum per penitenliam eruantur vitia spirituali resecalione, ipsi insaniant vel in cede vel in membrorum carnali obtruncatione; quod secundum gratiain apud Deum omnino est abhominabile." Die von PELSTER, F., in: HJb. 61/1941, S. 88 ff., aufgestellte These der Verfasserschaft Humberts von Silva Candida hat sich nicht durchsetzen können; wahrscheinlich stammt der Traktat von einem lothringischen G e i s t l i c h e n ;
vgl. WATTENBACH, W./HOLTZMANN, R., a. a.
O.,
Neuausgabe, Bd. 2, S. 395. 94
95
3
Gregorii VII. registrum lib. II, nr. 5, ed. E. CASPAR, MG. Epp. sei. II, 1, Berlin 1920, S. 130: „Quarum rerum rex vesler, qui non rex sed tyrannus dicendus est, suadente diabolo caput et causa est." Ebenda lib. IV, nr. 2, von 1076: „lllam quidem superbia humana repperit, hanc divina pietas instituit." Kocli, S a c r u m I m p e r i u m
19
herrschen. 96 Zu Unrecht hat ein Teil der Forschung mit E . Bernheim an der Spitze diese Vorstellung vom sündhaften Ursprung des Staates umzudeuten versucht. 9 ' Bernheim und seinen Anhängern zufolge bezöge sich die Äußerung des Papstes nur auf die Entstehung des ursprünglich heidnischen Staates in vorchristlicher Zeit; über das Wesen des christlichen Königtums sage sie nichts aus. 9 8 A. Fliehe 9 9 meinte, daß Hildebrand in Anlehnung an Gregor den Großen die Auffassung vertreten habe, auch der Teufel sei von Gott abhängig, womit letztlich das Königtum wieder auf Gott zurückzuführen sei. Es dürfte verfehlt sein, die unterschiedlichen, an sich jedoch recht eindeutigen Stellungnahmen Gregors VII., welche sich sämtlich in den Rahmen der mehrschichtigen christlichen Überlieferung einfügen, in ein geschlossenes System zu zwängen 1 0 0 ; man hat sie vielmehr aus der wechselnden politischen Situation zu erklären. In der Zeit nach der Absetzung und Bannung Heinrichs IV. griff der Papst zur ideologischen Rechtfertigung seiner Handlungen auf die staatsfeindliche christliche Tradition zurück. Seine Anhänger haben die These, daß der Staat ein Produkt des Teufels sei, nicht wiederholt; sie haben ihn jedoch als eine menschliche Institution charakterisiert, die unter Zulassung, aber gegen den Willen Gottes entstand. 1 0 1 Mit dieser Hu96
Ebenda lib. VIII. nr. 21, von 1081, MG. Epp. sel. II, 2, Berlin 1923, S. 552: „Quis nesciat reges et duces ab üs habuisse prineipum, qui Deu.ni ignorantes superbia rapinis perfidia homicidiis postremo universis pene sceleribus mundi principe diabolo videlicet agitante super pares, scilicet homines, dominari ceca cupidine et intollerabili presumptione afiectaverunt?" Vgl. die Inspiration dieser Stelle durch Augustin, De doctrina christiana l i b I , c . 2 3 , i n : MIGNE, P L . , B d . 3 4 , S p . 2 7 .
97
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BERNHEIM, E., Mittelalterliche Zeitanschauungen in ihrem Einfluß auf Politik und Geschichtsschreibung, Teil I : Die Zeitanschauungen, Tübingen 1918, S. 204 ff. Vgl. WÜHR, W., Studien zu Gregor VII. Kirchenreform und Weltpolitik, München und Freising 1 9 3 0 , S. 7 1 ff. (Historische Forschungen und Quellen, hrsg. v. MAYER, A . / R U F , P., Heft 1 0 ) ; NITSCHKE, A . , Die Wirksamkeit Gottes in der Welt Gregors VII. Eine Untersuchung über die religiösen Äußerungen und politischen Handlungen des Papstes, in: Studi Gregoriani V, Rom 1 9 5 6 , S. 1 9 0 ff.; auf NITSCHKE verweist KEMPF, F., in: Die mittelalterliche Kirche, 1. Halbbd. : Vom kirchlichen Frühmittelalter zur gregorianischen Reform, Freiburg/Basel/Wien 1966, S. 498 (Handbuch der Kirchengeschichte, hrsg. v. JEDIN, H., Bd. 3 ) ; BIERSACK, A . , Idoncität und Ordination in ihrer Einwirkung auf den Staatsbegriff im Investiturstreit, phil. Diss. München 1954 (Ms.), S. 52 ff. Ähnlich ARQUILLIÊRE, H.-X., Der Pontifikat Gregors VII. in seiner theologischen Bedeutung, in: Canossa als Wende, Wege der Forschung 12, Darmstadt 1963, S. 360 f. FLICHE, A., La réforme grégorienne, Bd. 2 : Grégoire VII., Louvain/Paris 1926, S. 402 ff. (Spicilegium Sacrum Lovaniense, Etudes et Documents, Bd. 9). So TELLENBACH, G., Libertas. Kirche und Weltordnung im Zeitalter des Investiturstreits, Stuttgart 1936, S. 187 (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte, hrsg. v. SEEBERG, E . , u. a., Bd. 7). Vgl. auch K I T T E L , E . , a. a. O . , S. 41 ff.; GIERKE, O . , a.a. 0 . , Bd. 3, S. 522ff.; MIRBT, C., Die Publizistik im Zeitalter Gregors VII., Neudruck Leipzig 1965, S . 5 4 6 ; MEYER VON KNONAU, G . , a . a . O . , B d . 4 , L e i p z i g 1 9 0 3 , S . 6 4 u n d 6 6 .
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Bernold von Konstanz, De solutione iuramentorum, ed. F. THANER in : MG. LdL. H, Hannover 1892, S. 147 f. : „mundi principes, quorum utique dignitas potius ex humana adinventione, quam ex divina institutione videtur processisseWalrami et Herrandi epistolae de causa Heinrici régis conscriptae, ed E. DÜMMLER in: ebenda, S. 288 (Herrand
manisierung wurde die Staatsidee ihrer christlich-traditionellen Substanz entleert, und als Reaktion hierauf kam man auf Seiten des Königtums, wie noch zu zeigen sein wird, zu einer verstärkten Betonung der religiösen Grundlagen des Staates. Auf die Dauer gesehen konnte man hier aber dennoch den durch jenen Vorgang eingeleiteten Prozeß der Säkularisierung nicht aufhalten. Gregor VII. hat andererseits auch die staatsfreundliche Tradition aufgegriffen. Vor Ausbruch des Konflikts mit Heinrich IV. verwies er diesem gegenüber 102 , dann aber auch besonders in Schreiben an die Könige von England und Dänemark 103, zu denen er nie in so scharfen Gegensatz wie zu Heinrich geriet, auf die göttliche Herkunft des Königtums. Immer wieder betonte er jedoch, daß die weltliche Gewalt der göttlichen Sanktion nur durch die päpstlich-kirchliche Vermittlung teilhaftig werde und sie sich daher dem sacerdotium unterzuordnen, ihm zu gehorchen habe. Mit dieser These versuchte das Papsttum auch sein Vorgehen gegen das deutsche Königtum 1 0 i ideologisch zu untermauern. Gregors Bestrebungen, Heinrich IV. den Anspruch auf die Herrschaft in Italien weitgehend zu bestreiten und und ihn zumindest als König auf das regnum Teutonicum zu beschränken, sind von ihr abgeleitet worden — Bestrebungen, welche in der kurialen Kaiseridee der Stauferzeit später wieder eine Rolle spielten. Demgegenüber sah sich Heinrich IV. als Herrscher über das imperiale regnum, was er unter anderem durch den Titel „rex Romanorum" zum Ausdruck brachte. 103 Wir sehen also, daß für das Reformpapsttum politische Aspekte im Kampf mit der weltlichen Gewalt eine wesentliche Rolle gespielt haben; die Behauptungen besonders der modernen katholischen Forschung, Hildebrand hätte allein nach moralisch-spirituellen Maßstäben gehandelt 106 , sind nicht aufrechtzuerhalten. Da von Halberstadt) ; Deusdedit presbyteri cardinalis libellus contra invasores et symoniacos et reliquos scismaticos, capitulum 3, c. 12, ed. E. SACKUR in: MG. LdL. II, a. a. O., S. 353: „in huinsmodi causis regiarn precellere protestatem, qaurn sibi humana prejecit adinventio, eo quidem permittente, non tarnen volente." In England vertrat in der ersten Hälfte des 12. Jh. der sogenannte Quadripartitus (ed. F. LIEBERMANN, Halle 1892, S. 147 f.) eine ähnliche Lehre; vgl. BÖHMER, H., Kirche und Staat in England und in der Normandie im 11. und 12. Jh., Leipzig 1899, S. 412. 102
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Gregorii VII. registrum lib. II, nr. 31, von 1074, a. a. O., S. 165: „tibi, quem Deus in sumrno culmine Ter um, posuit" ; ähnlich lib. III, nr. 7, von 1075 Sept., ebenda, nr. 257. Etwas allgemeiner lib. III, nr. 10, von 1075 Dezember, ebenda, S. 267: „...Dei, in cuius manu et potestate omne regnum est et imperium." An Wilhelm I. von England: ebenda lib. V, nr. 19, von 1078, S. 382; lib. VII, nr. 25, von 1080, S. 505 f. An Sven von Dänemark: ebenda lib. II, nr. 51, von 1075, S. 193; ähnlich an den Dänenkönig Harald Hein: lib. V, nr. 10, von 1077, S. 362, und lib. VII, nr. 21, von 1080, S. 497. Vgl. auch ebenda lib. VII, nr. 6, von 1079, S. 467, an Alfons VI. von Leon. Weitere Beispiele, besonders aus der Publizistik, bei FLICHE, A., a. a. O., Bd. 2, S . 3 0 9 FI.; KITTEL, E . , a . a . O . , S . 3 6 ff.; NITSCHKE, A . , a . a . O . , S . 1 9 0 f .
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Vgl. u. a. Gregorii VII. registrum lib. III, nr. 6 und 10 a, a. a. O., S. 253 und 270; lib. IV, nr. 3 und 23, S. 298 und 336; lib. VII, nr. 14 a, S. 484.
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Vgl. unten S. 111 ff.
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Vgl. etwa MORRISON, K. F., Canossa. A Revision, in: Traditio 18/1962, besonders S. 137; KEMPF, F., in: Die mittelalterliche Kirche, 1. Halbbd., a. a. O., S. 438.
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der genannte Papst einen Eigenbereich des Staatlichen nicht akzeptierte und die gesamte christliche Welt in den Bereich der Kirche hineinziehen wollte, gab er die alte gelasianische Zweigewaltenlehre mit ihrer Gleichordnung von regnum und sacerdotium auf, während sie Heinrich IV. aufgriff und als Abwehrwaffe benutzte. 107 Ein Hauptanliegen der kirchlichen Reformideologie war es, das Königtum seines sakralen Inhalts zu entkleiden. Diese Entheiligung von Kaiser und Imperium wurde unter anderem dadurch erreicht, daß man der Herrscherweihe ihren sakramentalen Charakter bestritt. Der weltliche Herrscher war auf Grund dessen zum Laien degradiert, der nach Gregor VII. in seiner geistlichen Qualität nicht einmal an einen Exorzisten heranreichte. Auch die Wundertä'.igkeit, eine der Besonderheiten der französischen „religion royale", wurde den Königen ausdrücklich abgesprochen. 108 Diese Leugnung des geistlichen Charakters des Herrschers hat bei der königstreuen Publizistik naturgemäß heftigsten Widerspruch ausgelöst. Die weiteren theoretischen Auffassungen der kirchlichen Reformer kamen besonders den praktischen Forderungen der Fürstenopposition in Deutschland entgegen ; sie liefen auf ein vom Papsttum und den partikularen Gewalten abhängiges Wahlkönigtum hinaus. Auf den theokratischen Amtsgedanken, welcher den König 107
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Vgl. TELLENBACH, G., Liberias, a. a. 0., S. 187 f. Beispiele für die Unterordnung des Königtums bei Hambert von Silva Candida, Libri III adversus simoniacos, lib. III, c. 21, ed. F . THANER in: MG. LdL. I, Hannover 1 8 9 1 , S. 2 2 5 (Gleichnis Seele-Körper), und in Gregorii VII. registrura lib. VII, nr. 25, a. a. O., S. 505 f. (Gleichnis Sonne-Mond). Die weltliche Gewalt steht unter dem Urteil des Papsttums: ebenda lib. VIII, nr. 21, S. 553 und 561. Ein frühes Beispiel der ganzen Entwicklung bietet Bischof Wazo von Lüttich, der sich Heinrich III. gegenüber auf den besonderen Charakter seiner Stellung berief: Anselmi gesta episcoporum Leodiensium c. 66, ed. R . KÖPKE in: MG. SS. VII, S. 230. Humbert fragte dann: „Quid enim ad laicas pertinet personas sacramenta ecclesiastica.. (Humbert, Adversus simoniacos lib. III, c. 6, a. a. 0., S. 205). Vgl. SCHARNAGL, A., Der Begriff der Investitur in den Quellen und der Literatur des Investiturstreites, Stuttgart 1908, S. 16 ff. (Kirchenrechtliche Abhandlungen, hrsg. v. STUTZ, U., Heft 56). - Entscheidend ist dann die Stellungnahme Gregors VII. in seinem zweiten Brief (von 1081) an Hermann von Metz: Gregorii VII. registrum lib. VIII, nr. 21, a. a. O., S. 555 (Beispiele von Exorzisten) ; vgl. auch S. 558. Den Königen wurde die Wundertätigkeit und die Heiligkeit abgesprochen: S. 559 f. Den Laiencharakter der weltlichen Herrscher betonte man dann immer wieder bei der Ablehnung der königlichen Investiturforderungen; so 1110 Rangerius von Lucca, Liber de anulo et baculo, ed. E. SACKUR in: MG. LdL. II, Hannover 1892, S. 509, 512, 521 f.; ferner 1111 Placidus von Nonantula, Liber de honore ecclesiae c. 73, 82, 118, 154, ed. L. VON HEINEMANN/E. SACKUR i n : e b e n d a , S. 600, 605, 625, 635. G l e i c h e An-
schauungen vertraten Erzbischof "Wilhelm von Rouen auf der Synode von Clermont 1095: MANSI, Bd. 20, Sp. 925 f., und Papst Paschalis II. 1107 in Châlons: Suger von St. Denis, Vie de Louis VI le Gros c. 10, ed. H. WAQUET, Paris 1929, S. 58 (Les classiques de l'histoire de France au moyen âge, Bd. 11). Daß der König als Laie dem Priestertum unterworfen sei, ist ein Leitgedanke des Honorius Augustodunensis, Summa gloria c. 9, 23, 27, ed. J. D I E T E R I C H in: MG. LdL. III, Hannover 1897, S. 69, 73, 76; auch die Salbung hat bei ihm unterschiedlichen Charakter: „. . . quod rex tantum olco, sacerdos autern chrismate ungebatur" : ebenda c. 33, S. 79. Zu der ganzen Fraye vgl. unten S. 76 ff.
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zum bloßen T r ä g e r eines von ihm unabhängigen Amtes machte, wurde bereits hingewiesen. Ferner hat Gregor V I I . sich ziemlich radikal gegen das Erbkönigtum ausgesprochen, da es, wie er behauptete, den Interessen der Kirche widersprach. 1 0 9 Bei der Königswahl Rudolfs von Schwaben im J a h r e 1 0 7 7 zu F o r c h h e i m erhoben die Fürsten zum theoretischen Prinzip, daß der Sohn des Königs „potius per electionem spontaneam quam per successionis lineam rex proveniret" , 1 1 0 Die gregorianische Publizistik vertrat dann allgemein den Gedanken des Wahlkönigtums, während die Antigregorianer mit Ausnahme Widos von F e r r a r a das königliche Erbrecht betonten. 1 1 1 Begründet wurde der antikönigliche Standpunkt durch die Auffassung, daß dem Papst und den Fürsten die Prüfung der Idoneität des Kandidaten zustände. Schon lange hatte die geistliche Gewalt den theoretischen Anspruch auf diese Prüfung e r h o b e n 1 1 2 ; inwieweit er reale Bedeutung gewinnen konnte, richtete sich jedoch stets nach den politischen Machtverhältnissen. 1 1 3 Während die Kurie in den westeuropäischen Staaten das Erbrecht der Dynastien gelten lassen mußte, erlaubte ihr das Bündnis mit den deutschen Fürsten im 1 1 . Jh., gegenüber dem deutschen König- und Kaisertum die Beurteilung der Herrscherbefähigung in die T a t umzusetzen. Die Forderungen Gregors V I I . bedeuteten damit auch in dieser Beziehung einen Einschnitt. 1 1 4 W e n n auch morali109
Gregorii VII. registrum lib. VIII, c. 21, von 1081, a. a. O., S. 562: „Non carnali amore illecti studeant. filium suum gregi, pro quo Christus sanguinem suum judit, preponere, si meliorem ilio et utiliorem possunl invertire." Vgl. dazu KERN, F., a. a. O., 2. Aufl., S. 57 mit Anm. 1 1 2 ; MIRBT, C., a. a. O., S . 5 4 8 f . ; BERGES, W., Gregor V I I . und das deutsche
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Designationsrecht, in: Studi Gregoriani II, Rom 1917, S. 196 ff. Bruno, Buch \om Sachsenkrieg c. 91, a. a. O., S. 85. Ähnlich Paul von Bernried, Vita Gregorii VII. c. 95, a. a. 0 . , S. 530. Vgl. unten S. 125 ff. Wido von Ferrara, De scismate Hildebrandi, a. a. O., S. 564: „Imperium et regnum non est successorium." Vgl. KERN,
F.,
a. a.
O.,
2.
Aufl.,
S. 4 6
ff.;
BIERSACK,
A.,
a.
a.
O.,
S.
2 3 ff. u n d 3 3 f f . ;
BUSCHMANN, E., Ministerium Dei - idoneitas. Um ihre Deutung aus den mittelalterlichen Fürstenspiegeln, in: HJb. 82/1963, S. 70 il. Daß die Macht auch für den kirchlichen Idoneitàtsgedanken ausschlaggebend war, zeigt klar die Königserhebung Pippins von 751; hier zog Papst Zacharias die Idoneität der Legitimität vor, denn „melius esset illuni regem vocari, qui potestatem haberei, quam illum, qui sine regali potestate manebatAnnales regni Francorum ad a. 749, ed. F. KURZE, MG. SS. in us. schol., Hannover 1895, S. 8. Zu dieser reomera-pafesfas-Theorie der Karolingerzelt vgl. BEUMANN, II., Nomen imperatoris. Studien zur Kaiseridee Karls des Großen, in: [HZ. 185/1958; Wiederabdruck in:] ders., Ideengeschichtliche Studien zu Einhard und anderen Geschichtsschreibern des früheren Mittelalters, Darmstadt 1962, S. 8 0 - 1 1 4 ; BORST, A., Kaisertum und Namentheorie im Jahre 800, in: Festschrift P. E. SCHRAMM ZU seinem 70. Geburtstag, Bd. 1, Wiesbaden 1964, S. 3 6 - 5 1 ; vgl. auch BÜTTNER, H., Aus den Anfängen des abendländischen Staatsgedankens. Die Königserhebung Pippins, in: [HJb. 71/1952; Wiederabdruck in:] Das Königtum. Seine geistigen und rechtlichen Grundlagen, Lindau und Konstanz 1956, S. 1 5 5 - 1 6 7 (Vorträge und Forschungen, Bd. 3). Gregor VII. zog dieses Beispiel ausdrücklich heran; vgl. die nächste Anm. Gregorii VII. registrum lib. IV, nr. 23, a. a. O., S. 335: „Desideramus enim cum Consilio clericomm atque laicorum eiusdem regni . . . discutere et, cuius parti magis ad regni
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sehe Maßstäbe bei der Bescheinigung der Idoneität eine Rolle spielten, so hielt man diese doch bewußt so allgemein, daß die „Eignung" von der Kurie und der Fürstenopposition ganz der jeweiligen Situation entsprechend festgelegt werden konnte.115 Man befand eben den Herrscher oder Prätendenten als idoneus, der beider Ansprüche respektierte und erfüllte, wie das etwa zu Forchheim 1077 praktiziert wurde.116 Der anonyme Verfasser des Líber de unitate drückte das mit den Worten aus: „Sie wollten Könige von der Art haben, denen sie selbst in königlicher Willkür gebieten konnten." 117 Auch diese Auffassung mußte damit von den Henricianern entschieden abgelehnt werden.118 Im folgenden haben wir vor zu untersuchen, wie sich die königliche Seite seit der zweiten Hälfte des 11. Jh. mit den Theorien der fürstlich-päpstlichen Partei auseinandersetzte und welche Richtung ihre politisch-ideologische Herrschaftsbegründung einschlug. Es wird in Hinsicht auf Begriffe wie „honor regni" und „honor imperii" und auch auf die als Staatsmetaphern dienenden Herrschaftszeichen 119 , wie etwa den in der zweiten Hälfte des 12. Jh. im römisch-deutschen Reich schon stark verbreiteten metonymischen corona-Begriff120, zu prüfen sein,
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gubernacula iustitia favet, demonstrare." Ebenda lib. VIII, c. 21, S. 554, in bezug auf die Absetzung des letzten Merowingerkönigs Childerich III. (751) : „quod tante potestati non erat utilis". Laut Lampert von Hersfeld wollten die sächsischen Fürsten 1073 zu Gerstungen einen Prätendenten wählen, „qui gubernando regno idoneus esset"; vgl. oben S. 14 mit Anm. 65. Bruno zufolge wurde nur allgemein die Dignität des Kandidaten verlangt (Buch vom Sachsenkrieg c. 91, a. a. O., S. 85), während Paul von Bernried präzisierte, dieser müsse „aetate et moribus dignum" sein: Vita Gregorii VII. c. 95, a. a. O., S. 530. Liber de unitate, lib. II, c. 15, a. a. O., S. 231: „cupientes ... reges eiusmodi habere, quibus ipsi regia licentia possint imperare"; vgl. auch ebenda, c. 21, S. 237: „ut, sicut in. Romana re publica non potest rex aut imperator esse, nisi quem iidem ipsi velint." Ausdrücklich gegen die gregorianische Idoneitätstheorie in bezug auf die Wahl Rudolfs von Schwaben wandte sich Wenrich von Trier, Epístola sub Theoderici episcopi Virdunensis nomine composita c. 6 , ed. K. FRANCKE in: M G . LdL. I , Hannover 1 8 9 1 , S. 2 9 4 . So konnte der Aachener Karlsthron zur Zeit der Ottonen und Salier als Staatsmetapher dienen; vgl. SCHRAMM, P. E., Herrschaftszeichen und Staatssymbolik. Beiträge zu ihrer Geschichte vom 3. bis zum 16. Jh., Bd. 1, Stuttgart 1954, S. 336 ff. (Schriften der Monumenta Germaniae histórica 13/1); BEUMANN, H., Zur Entwicklung transpersonaler Staatsvorstellungen, a. a. O., S. 203 ff. Landulf, Historia Mediolanensis lib. III, c. 31, ed. L. C. B E T H M A N N / W . WATTENBACH in: MG. SS. VIII, S. 98, bezeichnete die Heilige Lanze in der Hand Heinrichs IV. gegenüber dem Empörer Rudolf von Schwaben als „Romani imperii stabilimentum"; vgl. SCHRAMM, P. E., Herrschaftszeichen, a. a. O., Bd. 2, Stuttgart 1955, S. 512 ff. (Schriften der Monumenta Germaniae histórica 13/11). Die wenigen Beispiele aus der Zeit Heinrichs V., Lothars von Supplinburg und Konrads III., welche teilweise auch schon bei HOFFMANN, H . , Die Krone, a. a. O . , und CLASSEN, P., Corona imperii, a. a. O., genannt sind, sollen bereits hier angeführt werden: In zwei Urkunden verpflichtete Heinrich V. die Empfänger, gegen die Verleumder und Feinde der Krone vorzugehen: St. 3157 von 1118 für Farfa und St. 3178 von 1122 für Utrecht; Text in letzterer: „Nostreque dignitati ac corone detrahentes et adversentes pro possibüitate opprimere studeant." Hierzu bemerkte schon W A I T Z , G . , Dt. Verf.gesch., Bd. 6 , 2 . Aufl.,
inwieweit die Zentralgewalt auch in Deutschland die abstrakte Staatsidee in ihre Dienste nehmen konnte beziehungsweise diese von den Partikulargewalten gegen das Königtum ausgespielt wurde. Zugleich erhebt sich die Frage, ob die genannten Staatssymbole der deutschen, der zentralstaatlichen Entwicklung dienten oder ob sie bestimmte Funktionen im Rahmen der universalen Dimension zu erfüllen hatten. Der abstrakte Staatsbegriff, der einen charakteristischen ideologischen Reflex der allgemeinen Entwicklung des Feudalstaates seit dem Ende des 11. Jh. darstellt, berührt jedoch nur einen und keinesfalls den dominierenden Aspekt der ideologischen Herrschaftsbegründung der Zentralgewalt in Deutschland. Ähnlich wie der deutsche Reichsbegriff stellte er eher ein zugkräftiges Argument für die fürstlichpäpstliche Gegenseite dar, während das Königtum vorwiegend mit der personalen, auf die Herrscherperson bezogenen Idee operierte. Diese Tatsache wird sich in den folgenden Ausführungen deutlich widerspiegeln. Die königstreue Partei gelangte über Ansätze im transpersonalen Denken nicht hinaus. 121 Unter den Saliern wurde den abstrakten Staatssymbolen ein anderer sozialer Begriffsinhalt als unter den Staufern gegeben; er und damit auch die Einsatzmöglichkeiten dieser Symbole innerhalb der Herrschaftsideologie veränderten sich a. a. O., S. 285, Anm. 3 : „Die Krone stellt für die Würde, die Herrschaft selbst." Lothar DI. sprach einmal von „coronam regni nostri stabilirà [DL. III. 20 von 1129 ( ? ) , MG. DD. VIII, ed. E. v. OTTENTHAL/H. HIRSCH, Berlin 1927, S. 29], und Konrad DI. ließ schreiben: „Ad nostrç digititatis spectat coronam boni operis dare" (DK. III. 29 von 1139, MG. DD. IX, ed. F. HAUSMANN, Wien/Köln/Graz 1969, S. 47) und „nos iudicio principum ad corone nostre augmentum, sicut prescriptum, est, manere decernimus" (DK. III. 182 von 1147, ebenda, S. 330). Vgl. auch Sigebert von Gembloux, Leodicenaium epistola adversus Paschalem papam c. 8, ed. E. SACKUR in: MG. LdL. II, Hannover 1892, S. 460 : „Hildebrandus papa . .. levavit sacerdotalem lanceam contra diadema regni", wobei den Angriffen des Papstes nicht eine Person, sondern die in der Krone verdinglichte Herrschaft entgegengestellt wird, während Hesso zufolge der Papst nicht „statum imperii aut coronam regni . . . imminuere adtemptat" : Hessonis scholastici relatio de concilio Remensi, ed. W. WATTENBACH in: MG. LdL. III, Hannover 1897, S. 25. )2i Vgl. unten S. 139 ff. Benzo von Alba verwendete „res publica" im Sinne von Reichs- und Staatsinstitution: Ad Heinricum IV. lib. I, c. 1, 12, 17 lib. III, c. 20, l i b . V I I , c . 2 u n d ö f t e r , ed. K .
PERTZ i n :
MG.
SS.
XI,
S.
600, 603,
606, 630, 6 7 0 und
öfter. Eine ähnliche Verwendung des Begriffes auch im Liber de unitate, lib. I, a. a. O., S. 184 ff. In einem Brief des Klosters Hersfeld an König Wratislaw II. wird um 1090 von „imperator noster et omnis res publica" gesprochen: Brief an Wratislaw n . nr. 6, in: MG. Die Briefe der deutschen Kaiserzeit V, ed. C. ERDMANN/N. FICKERMANN, Weimar 1950, S. 395. Eine gewisse Sonderstellung im kaiserlichen Lager nahm Wido von Ferrara ein, der um 1086 das königliche Erbrecht ablehnte und von einer Staatsidee ausging, die über den einzelnen Inhabern des Reiches stand: De scismate Hildebrandi, a. a. O., S. 564. Der König, so wird hier gesagt, dürfe die Reichsrechte nur nutzen, solange er den Thron innehabe; er sei gleichsam ein Verwalter des Reiches. Eine klare Vorstellung vom officium des Königs, das der Herrscher von Gott empfing, damit er über dem corpus regni stehe, hatte Hugo von Fleury: „Unde honorandus est . . . propter honorem et gradum, quem a Deo aeeepit": Tractatus de regia potestate et sacerdotali dignitate lib. II, c. 6, ed. E. SACKUR in: MG. LdL. II, Hannover 1892, S. 4 9 3 , vgl. auch lib. I, c. 3, 4, 6, S. 468ÎE.
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je nachdem, ob sich der politische Schwerpunkt auf die Seite der Zentralgewalt oder auf die der Fürsten, in Richtung des Papsttums oder der italienischen Kommunen verlagerte. Wäre es gelungen, die Relation zwischen einem sakral überhöhten Herrschertum und dem abstrakten Staatsbegriff zu wahren oder sogar, wie in Frankreich, das in seiner dynas'ischen Kontinuität gleichsam zu einer überpersönlichen Größe werdende Königtum weitgehend mit dem abstrakten Staatssymbol zu identifizieren, so hätte diese neue Etappe in der Entwicklung der Staatsideologie allein der Zentralgewalt dienlich sein können. In Deutschland aber bestand im Unterschied zu den westlichen Monarchien auch die Möglichkeit, daß die Gemeinschaft der Fürstep als transpersonale Größe den abstrakten Staatsbegriff verkörperte. Damit konnte die abstrakte Staatsidee von den Gegnern der Zentralgewalt ausgenutzt werden, falls es dem Herrscher nicht gelang, auf der Grundlage eines Kompromisses mit den Fürsten an deren Reichsbewußtsein zu appellieren und sie auf diesem Wege für die kaiserlichen Ziele zu gewinnen. Ohne der Untersuchung vorgreifen zu wollen, sollen doch schon hier einige Bemerkungen zu den inhaltlichen Grundzügen und der Bedeutung der Königsideologie gemacht werden. Neben den materiellen Grundlagen war sie, wie bereits bemerkt, für das Ansehen und die Stellung der Zentralgewalt von besonderer Wichtigkeit, denn sie konnte in besonderen Situationen zu einer geistigen Kraftquelle für diese werden. Jedoch da das Papsttum die überirdische Legitimierung des Herrschers bestritt und die Fürsten ihn zu einem absetzbaren Beamten machten, verlor das Königtum trotz seiner Gegenwehr an Anziehungskraft und Gewicht im Reich, was zur Folge hatte, daß sich die Geltung der Territorialfürsten mehr und mehr verstärkte. Die von den Ideologen der weltlichen Herrscher für das Eigenrecht des Staates gebotenen Begründungen konnten sich im 11./12. Jh. nur in einer religiös-sakralen Sphäre bewegen. Zu Unrecht hat der überwiegende Teil der Forschung von einer damals beginnenden Säkularisierung der Staatsidee gesprochen.122 Man verwies vor allem auf die nun einsetzende Verwendung des römischen Rechts; untersucht man jedoch die Begründungen der königlichen Parteigänger, welche das Corpus iuris civilis zugunsten des Kaisers gegen die kuriale Doktrin einsetzten, so finden sich in ihnen neben Zitaten aus Justinian stets auch solche aus der Bibel. 123 Allerdings ist andererseits nicht zu leugnen, daß der Versuch der Gregorianer, dem Staat 122 YGJ ZIMMERMANN, L., Motive und Grundformen moderner Staatsbildung in Deutschland, in: [WaG. 5/1939; Wiederabdruck in:] Herrschaft und Staat im Mittelalter, Wege der Forschung 2, Darmstadt 1956, S. 3 6 7 ; MAYER-PFANNHOLZ, A., Die Wende von Canossa. Eine Studie zum Sacrum Imperium, in: [Hochland 30/1933; Wiederabdruck in:] Canossa als Wende, Wege der Forschung 12, Darmstadt 1963, S. 2 0 und 24 f.; BRACKMANN, A., Tribur, [Abh. Ak. Berlin, Jg. 1939, phil.-hist. Klasse, nr. 9, Berlin 1 9 3 9 ; Wiederabdruck] in: ebenda, S. 226. Vorsichtiger SCHLESINGER, W., Kirchengeschichte Sachsens im Mittelalter, Bd. 1, Köln/Graz 1962, S. 139 (Mitteldeutsche Forschungen, hrsg. v. OLESCH, R., u. a., 27/1). Nur HEER, F., Die Tragödie des heiligen Reiches, Bd. 1, Stuttgart
1952,
S. 142, betonte, daß es im Mittelalter keinen weltlichen Staatsgedanken geben konnte. m
Vgl. SCHRAMM, P. E., Das Alte und das Neue Testament in der Staatslehre und Staatssymbolik des Mittelalters, in: La Biblia nell'alto medioevo. Settimane di studi sull'alto medioevo 10, Spoleto 1963. S. 248.
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seinen religiösen Gehalt zu nehmen, auf die Dauer mit zu einem Prozeß beigetragen hat, der zur Säkularisierung führen konnte. Uberhaupt wurden durch die seit dem 11. Jh. geführten Auseinandersetzungen die Bereiche geistlicher und weltlicher Gewalt schärfer geschieden, was in der Folgezeit eine eigenständigere Entwicklung des Staates ermöglichte. Wie bereits bemerkt, bot diesem der Stand der historischen Entwicklung im 11. und 12. Jh. noch keine spezifische Ideologie; er war, um sich im geistigen Bereich zu behaupten, neben der antiken Tradition weitgehend auf die von den Gregorianern zum Teil aufgegebene traditionelle Kirchenlehre, auf Bibel und Patristik, angewiesen. Dadurch erhielt seine Argumentation besonders in Deutschland ein recht konservatives Gepräge. Vor allem die Tatsache, daß auf einer theologischen Ebene gekämpft wurde, brachte für ihn von vornherein Angriffsflächen mit sich, denn auf diesem Terrain fielen zwangsläufig der Gegenseite die stärkeren Argumente zu. 1 2 4 Der kirchliche Partner mußte sich letztendlich vor allem dort als der Überlegene erweisen, wo wie in Deutschland die Zentralgewalt ihre reale Machtbasis verlor; konnte doch die Kurie hierdurch ihr bis dahin nur theoretisch geltendes Zuständigkeilsrecljt verwirklichen. Ein wichtiges Problem ist ferner das Verhältnis der Königsideologie zur Wirklichkeit. Während sich seit dem Anfang des 13. Jh. eine gelehrte Staatstheorie ausbildete, die sich immer mehr von den tatsächlichen Verhältnissen entfernte und schließlich zur reinen Fiktion wurde, sind die Auffassungen über Königtum und Staat bis in das 12. Jh. hinein mittelbar aus den allgemeinen Quellengattungen (Urkunden, Chroniken, Streitschriften) zu ersehen; sie zeigen sich so enger mit der Realität verbunden. Leider werden die wirtschaftlichen Grundlagen des Königtums in den erzählenden Quellen selten berührt; zwei der wenigen Ausnahmen bilden etwa Brunos Bemerkungen über die Bedeutung des Reichsgutes für die Zentralgewalt oder Benzos Vorschläge zur Einführung einer allgemeinen Steuer. 1 2 5 Daß aber reale wirtschaftliche und politische Machtfaktoren die Grundlage für die Herausbildung der sakralen Legitimierung des Herrschertums abgaben, wurde von einem Teil der Forschung längst erkannt. 1 2 6 So sind in unserem Zusammenhang der bereits erwähnte Niedergang des Königsgutes unter den letzten Saliern und dessen allmählicher Wiederausbau seit Konrad I I I . zu berücksichtigen. Auf diese Schwäche der Königsideologie machte aufmerksam:
ULLMANN, W., Principles
of Government and Politics in the Middle Ages, London 1961, S. 140 f. Entsprechend unsicher ist deshalb auch zum Teil die Beweisführung; vgl. KERN, F., a. a. O., 2. Aufl., S. 2 1 2 ;
MIRBT, C.. a. a. O., S. 1 5 7 u n d 5 7 3 . Z u r M e t h o d e der Publizistik vgl. FLICHE, A . ,
Quelques aspects de la littérature polémique pendant la seconde moitié du X I e in: Mélanges de philologie, d'histoire et de littérature offerts à J . VIANEY, Paris
siècle, 1934,
S. 37 ff. Die Behauptung von FAUSER, A., Die Publizisten des Investiturstreites, phil. Diss. München 1935, S. 101, daß Wenrich von Trier (Epistola c. 4, a . a . O . ,
S. 289) die staat-
liche Sphäre aus dem theologischen System herausgenommen hätte, entbehrt der Grundlage. 12r>
Bruno, Buch vom Sachsenkrieg
(vgl. oben Anm. 42) ; Benzo, Ad Heinricum IV. lib. I,
epygrama, c. 5 ; lib. III, c. 1 6 ; lib. V, praefatio, a. a. O., S. 599, 601, 629, 647. 12G YG[ BAETKE, W., Yngvi und die Ynglinger. Eine quellenkritische Untersuchung über das nordische „Sakralkönigtum", Berlin 1964, S. 174 f. (SB. Ak. Leipzig, phil.-hist. Klasse, Bd. 109, Heft 3 ) . Vgl. auch die bereits genannten Bemerkungen von GERICKE, H., zur Dissertation von NOWAK, W., in : ZfG. 5/1957, S. 569 f.
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Haben die mittelalterlichen Chronisten, welche fast ausnahmslos Geistliche waren, die Vorstellungen des Königtums über sich selbst und die der Zeitgenossen über das Königtum nun adäquat wiedergegeben oder haben sie auf Grund ihrer Erziehung die mittelalterlichen Herrscher nur in gelehrt-literarischer Manier entweder zu Heiligen oder zu Cäsaren umgestempelt? H.Beumann hat dieses Problem für das frühe Mittelalter untersucht127 und ist mit Recht zu einem positiven Ergebnis in bezug auf die Darstellung der Königsideologie und ihres religiösen Gehaltes in der Historiographie gekommen. P. E. Schramm wies darauf hin, daß der Rezeptionsvorgang in der mittelalterlichen Geistesgeschichte, die Aufnahme und Verwertung antiker, byzantinischer, christlicher und germanischer Traditionen kein Zeichen von geistiger Unselbständigkeit war. 128 Auch J. Schneider, der das Problem der Imitatio in der mittellateinischen Literatur gerade für den hier zur Debatte stehenden Zeitraum untersuchte, ist zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Bezüglich der Vita Heinrichs IV. bemerkte er, daß „das Übernommene, mochte es sallustischer oder anderer Herkunft sein, dank seiner völligen Assimilierung innerhalb des neuqn Zusammenhangs gedanklich und formal seine organische Funktion neben dem Eigenständigen gefunden hat." 1 2 9 Indem Älteres an neue Realitäten angepaßt wurde, erhielt es eine andere Funktion und Bedeutung, wurde es selbst zu etwas Neuem. Dies haben wir bei der stets an früheres Gedankengut anknüpfenden Königsideologie besonders zu beachten. Die Kongruenz von ideologischer und politischer Entwicklung im 11./12. Jh. ist ja nicht zu übersehen: die große Krise des Königtums im Investiturstreit hat einen Höhepunkt ideologischer Abwehrkämpfe hervorgerufen, denen dann eine Zeit der Ruhe folgte. Erst die relative Stabilisierung der Zentralgewalt unter den ersten Staufern und erneute Auseinandersetzungen mit der Kurie führten wieder zu einer Neublüte der Herrschaftsideologie, welche in den Diplomen, vor allem aber in der sogenannten staufischen Hofhistoriographie ihren Niederschlag fand. Von letzterer bieten in erster Linie die „Gesta Friderici" eine Selbstbespiegelung des Hofes und der Kanzei. 130 Die der Liturgie zuzurechnenden Krönungsordines sind ebenfalls von großer Bedeutung für die Ideengeschichte des Königtums; sie entsprachen jedoch oft nicht mehr der Wirklichkeit, da sie, meist konservativ an alten Formeln festhaltend, die sich ändernde Stellung des Herrschers zur Kirche selten mitvollzogen.131 M
BEUMANN, H., Die Historiographie des Mittelalters als Quelle für die Ideengeschichte des Königtums, in: [HZ. 180/1955; Wiederabdruck in:] ders., Ideengeschichtliche Studien zu Einhard und anderen Geschichtsschreibern des früheren Mittelalters, Darmstadt 1962, S. 45 ff., 62 f., 77 f.
128
SCHRAMM, P. E „ Herrschaftszeichen und Staatssymbolik, Bd. 3, Stuttgart 1956, S. 1068 ff. SCHNEIDER, J., Die Vita Heinrici IV. und Sallust. Studien zu Stil und Imitatio in der mittellateinischen Prosa, Berlin 1965, S. 133 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Schriften der Sektion für Altertumswissenschaft 49).
129
130
Vgl. SCHMALE, F.-J., Einleitung zu: Bischof Otto von Freising und Rahewin, Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica, Berlin 1965, S. 1 ff. (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, hrsg. v. BÜCHNER, R., Bd. 17).
131
Vgl. ELZE, R., Einleitung zu: Die Ordines für die Weihe und Krönung des Kaisers und der Kaiserin, MG. Font. iur. germ. ant. IX, Hannover 1960, S. XXIII, XXVIII, X X X ;
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Hierdurch konnte es auch zu den langjährigen Kontroversen um die Datierung besonders des wichtigen Ordo Cencius II kommen. Die Auffassung des Hofes fand ihren Niederschlag vor allem in den von der Kanzlei ausgefertigten Zeugnissen, den Urkunden und Briefen. Ihnen ist deshalb besonderes Augenmerk zu schenken, weil ihre Analyse in der bisherigen Literatur stark vernachlässigt und die Tätigkeit der Kanzlei in propagandistischer Hinsicht unterschätzt wurde. Der fortgeschrittene Stand der Urkundenedition und die Klärung der Kanzleigeschichte gestatten es heute jedoch, mancher ideologischen Strömung — auch in bezug auf ihre personellen Urheber — präziser nachzuspüren, als das bisher möglich war. Urkunden- und Kanzleiforschung müssen weit stärker als geschehen für die Geistesgeschichte nutzbar gemacht werden. Die Diplome sind offizielle Rechtsdokumente; als solche bieten sie eine sichere Basis für die Erkenntnis der am Hofe gängigen Theorien, und wegen ihrer genauen Datierung ermöglichen sie außerdem, deren konkrete zeitliche Abfolge festzustellen. Weiter lassen es die Arbeiten von H. Fichtenau und H. Hunger 1 3 2 nicht mehr zu, ihre Arengen als bloßen rhetorischen Aufputz ohne historisch-politischen Wert anzusehen. Unter der Voraussetzung einer kritischen Wertung gibt die Urkundenarenga im Gegenteil wichtige Aufschlüsse über die jeweilige Herrschafts- und Staatsauffassung sowie ihre Propagierung, und gerade die Kanzlei der Salier und Staufer hat nicht zuletzt durch sie der Bedrohung der geistlichen Fundamente des Regentenamtes entgegentreten wollen. Schließlich gestatten es die Herrschaftszeichen, die Aussagen der schriftlichen Quellen zu ergänzen und zum Teil wesentlich zu vertiefen. Die Auswertung vor allem ihres Symbolcharakters ist von P. E. Schramm in den Rang einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin erhoben worden. 133 Dieser insgesamt positive Befund über das Verhältnis der Königsideologie zur Wirklichkeit darf uns jedoch nicht dazu verleiten, die Besonderheiten der ideologischen Herrschaftsbegründung seitens der Zentralgewalt zu übersehen. Das Königtum verfolgte, wenn es eine Theorie zur Behauptung seiner Position einsetzte, vor allem einen Propagandazweck; daraus aber ergibt sich, daß diese Theorien oft die Wirklichkeit nicht adäquat, sondern verzerrt widerspiegelten, ja teilweise ein der Realität direkt entgegenstehendes, allein der Selbstauffassung des Hofes entsprechendes Bild verbreiteten. Nicht die ökonomisch-politische Wirklichkeit als solche wird im folgenden also in erster Linie untersucht — auf sie als die Basis des ganzen geistigen Geschehens wurde bereits hingewiesen —, sondern die Ideen, die sich das Königtum über sie gebildet, und die Form, in welcher es diese Ideen eingesetzt hat. ULLMANN, W., Der Souveränitätsgedanke in den mittelalterlichen Krönungsordines, in: Festschrift P. E . SCHRAMM ZU seinem 70. Geburtstag, Bd. 1, Wiesbaden 1964, S . 8 5 f . ; EHDMANN, C., Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters, a. d. Nachlaß hrsg. v. BAETHGEN, F., Berlin 1951, S. 69. 132 FICHTENAU, H., Arenga. Spätantike und Mittelalter im Spiegel von Urkundenformeln, MIÖG. Erg.-bd. 18/1957; HUNGER, H . , Prooimion. Elemente der byzantinischen Kaiseridee in den Arengen der Urkunden, Wien 1964 (Wiener byzantinische Studien, Bd. 1). 133 SCHRAMM, P. E., Herrschaftszeichen und Staatssymbolik, a. a. O., passim, besonders Bd. 3, S . 1 0 6 6 ff.
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II. KANZLEI UND PUBLIZISTIK WÄHREND DER REGIERUNGSZEIT HEINRICHS IV. UND HEINRICHS V.
Im folgenden soll gezeigt werden, wie sich, beeinflußt durch den Verlauf der politischen Geschichte, die ideologische Konzeption des Königtums am Hof und in der Kanzlei herausbildete und in welchem Verhältnis sie zur königstreuen Publizistik stand. Eine historisch-genetische Betrachtung, deren Ausgangspunkt eine Analyse der königlichen Briefe und Diplome bildet, ist bisher nicht versucht worden. Ganz im Gegenteil blieb gerade die ideologiegeschichtliche Auswertung dieser Quellengattung, die doch die sicherste Grundlage für die Erkenntnis der Theorien der Zentralgewalt bildet, bisher vernachlässigt, was um so bedauerlicher ist, da sich in den Urkunden zum Teil auch die allgemeine politische Entwicklung widerspiegelt. So deuten die Intervenienten und Zeugen in den Diplomen Heinrichs IV. auf die Teilnahme der Fürsten, aber auch der Ministerialen an der Reichsregierung hin. 1 Eine moderne Edition der Diplome Heinrichs IV. liegt vor, doch ist die Erforschung der Kanzlei dieses Saliers ui:d ihrer Urkunden auch nach den Arbeiten von D. von Gladiss noch nicht abgeschlossen. 2 Mit der kritischen Edition der Diplome Heinrichs V. ist man eben erst beschäftigt. 3 Am besten sind noch die 42 erhaltenen Briefe Heinrichs IV. bearbeitet; ihre Untersuchung 4 ist aller1
1
1
Vgl. GAWLIK, A., Intervenienten und Zeugen unter Heinrich IV. ( 1 0 5 6 - 1 1 0 5 ) , phil. Diss. München 1966 (Ms.), besonders S. 8, 11, 149 ff. Die Urkunden Heinrichs IV., bearb. v. D.v. GLADISS, 1. Teil, Berlin 1 9 4 1 ; 2. Teil, Weimar 1959 (MG. DD. VI) ; GLADISS, D. V., Die Kanzlei und die Urkunden Kaiser Heinrichs IV., phil. Habil. Gießen 1 9 3 8 (Ms.). Die noch fehlende Einleitung und das Register zu den DDH. IV. fertigt im Auftrage der MG. A. GAWUK an. Dem Herausgeber, Herrn Prof. Dr. P. ACHT, und seinem Mitarbeiter, Herrn Dr. A. GAWLIK, habe ich dafür zu danken, daß sie mir das Urkundenmaterial He nrichs V. in München zugänglich machten und mich auch durch zahlreiche Auskünfte unterstützten. Über die Kanzlei Heinrichs V. liegt bisher vor: HAUSMANN, FR., Reichskanzlei und Hofkapelle unter Heinrich V. und Konrad III., Stuttgart 1956 (Schriften der Monumenta Germaniae historica 14).
* Der Versuch von SCHMALE, F.-J., 15 Briefe Heinrichs IV. für unecht zu erklären [Fiktionen im Codex Udalrici, in: ZbayrLG. 20'1957, S. 437 ff., und: Einleitung zu: QueUen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV., Berlin 1963, S. 9 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, hrsg. v. BUCHNER, R., Bd. 1 2 ) ] , ist überzeugend von CLASSEN, P., Heinrichs IV. Briefe im Codex Udalrici, in: DA. 20/1964, S. 1 1 5 ff., zurückgewiesen worden.
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dings über die gründlichen Darlegungen von C. Erdmann noch nicht hinausgekommen. 5 Die Briefe Heinrichs IV. sind die ersten offiziellen Verlautbarungen im Streit zwischen Königtum und Papsttum bzw. Zentralgewalt und Fürsten. Sie dienten teilweise ausgesprochen propagandistischen Zwecken, so daß Erdmann sie als die Anfänge der staatlichen Propaganda bezeichnen konnte 6 — einer Propaganda allerdings, welche auf die Dauer dem päpstlichen Angriff nicht gewachsen war. Die Mitwirkung Heinrichs IV. bei der Gestaltung der politischen Briefe ist als wahrscheinlich anzunehmen 7 ; darüber hinaus ermöglichen es uns die kanzleigeschichtlichen Arbeiten, auch die ideologischen Helfer des Königs zumindest teilweise zu fassen. An ihrer Spitze steht Gottschalk, Propst von Aachen (Adalbero C), der vor allem in den entscheidenden Jahren zwischen 1071 und 1034 in der Kanzlei tätig war und zahlreiche Urkunden sowie die wichtigsten Briefe verfaßte 8 , wobei er in starkem Maße Bibel, Patristik und Liturgie herangezogen, also keine neuen Wege beschritten hat. Es ist fraglich, ob es taktisch klug war, daß er dem Streit auf der Basis der traditionellen Lehre eine Wendung ins Theoretisch-Grundsätzliche gegeben hat, in der das Königtum schließlich unterliegen mußte. 9 Doch wird man die Schärfe der Auseinandersetzung kaum, wie F. J. Schmale will, auf seinen Rigorismus zurückführen können, sondern vor allem die grundlegenden politisch-ideologischen Gegensätze der streitenden Parteien ins Auge fassen müssen. Die Versuche, außer Gottschalk noch andere Briefdiktatoren festzustellen, haben nicht zu gesicherten Resultaten geführt. Unbekannt ist in dieser Hinsicht die Tätigkeit Erlungs, des Kanzlers der Jahre von 1103 bis 1105; unbekannt sind auch die Verfasser der letzten Heinrich-Briefe aus den Jahren 1105 und 1106. 1 0 5
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ERDMANN, C., U n t e r s u c h u n g e n zu den Briefen H e i n r i c h s IV., i n : A U F . 1 6 / 1 9 3 9 , S. 1 8 4 ff.;
vgl. die Ausgabe: Die Briefe Heinrichs IV., hrsg. v. C. ERDMANN, MG. Deutsches Mittelalter 1, Leipzig 1937. ERDMANN, C., Die Anfänge der staatlichen Propaganda im Investiturstreit, in: HZ. 154'1936, S. 491 ff. Ders., Untersuchungen, a. a. O., S. 247. Vgl. ERDMANN, C./GLADISS, D. V., Gottschalk von Aachen im Dienste Heinrichs IV., in: DA. 3/1939, S. 115 ff.; ERDMANN, C., Untersuchungen, a. a. O., S. 249 ff. Gottschalk hat diesen Forschungen zufolge die BrrH. IV. 6, 9, 10, 12, 13, 17, 18, 19 verfaßt; bei den BrrH. IV. 32 und 33 bleibt seine Beteiligung unsicher. Uber ihn als Urkundendiktator vgl. auch GLADISS, D. V., Die Kanzlei, a. a. O., S. 137 ff., und, im wesentlichen bereits richtig, GUNDLACH, W., Ein Dictator aus der Kanzlei Kaiser Heinrichs IV. Ein Beitrag zur Diplomatik des salischen Herrscherhauses, Innsbruck 1884, S. 23 ff. Dagegen wurden die Auffassungen von SCHMEIDLER, B., Kaiser Heinrich IV. und seine Helfer im Investiturstreit. Stilkritische und sachkritische Untersuchungen, Leipz'g 1927, wesentlich korrigiert; v g l . d a z u ERDMANN, C., i n : WATTENBACH, W . / H O L T Z M A N N , S.
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10
R., a. a. O., N e u a u s g a b e ,
Bd. 2,
431 f.
Diesen Zweifel äußerte vor allem SCHMALE, F.-J., Einleitung zu: Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV., a. a. O., S. 6 f. und 13. V g l . ERDMANN, C., U n t e r s u c h u n g e n , a. a. O., S. 2 3 6 ff., u n d ders. i n : WATTENBACH,
W./
HOLTZMANN, R., a. a. O., Neuausg., Bd. 2, S. 432. Zweifel in bezug auf die Diktatbestim-
31
Als Urkundendiktator ist in unserem Zusammenhang der von 1 0 9 0 bis 1 0 9 5 in der italienischen Kanzlei tätige Notar Oger A 1 1 von Interesse, da seine Arengen einen originellen staatstheoretischen Einschlag beinhalten. Die ideologischen Helfer Heinrichs V. bleiben weitgehend im Dunkeln. Der Schotte David spielte eine weit geringere Rolle als bisher angenommen wurde, da er eine Tätigkeit in der Kanzlei 1 2 , wie die Untersuchungen von F . Hausmann zeigten, nicht ausgeübt h a t 1 3 . Doch ist der Chronik des Ekkehard von A u r a 1 4 zu entnehmen, daß sich Heinrich V. der Bedeutung ideologischer Hilfsmittel gegenüber dem Papsttum wohl bewußt war und deshalb für seinen Romzug im Jahre 1 1 1 0 gebildete Leute um sich sammelte, die seine Ansprüche rechtfertigen sollten. Der eben genannte David befand sich unter ihnen; er versuchte den Wunsch seines Königs unter anderem dadurch zu erfüllen, daß er sich auf den Apostel Paulus berief. 1 5 Die Briefe und Urkunden Heinrichs IV. hielten sich bis 1 0 7 5 , dem Jahr des Ausbruchs des Investiturstreites, überwiegend im traditionellen Rahmen. Der Hinweis auf das göttliche M a n d a t 1 6 ; die Umdeutung von Bibelzitaten auf das Königtum mit dem Ziel, seine Verwurzelung in der sakralen Sphäre nachzuweisen 1 7 ; der Gedanke an die Vorbildlichkeit der Vorgänger, deren exemplum man folgen m ü s s e 1 8 ; die Heranziehung der Formel Justinians mittels der Briefe Gregors des Großen 1 9 ,
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mung äußerten mit Recht SCHMALE, F.-J., Einleitung (wie vorige Anm.), S. 7 f., dem in diesem Punkt auch CLASSEN, P., Heinrichs IV. Briefe, a. a. O., S. 126, zustimmte. Die „Wahrscheinlichkeit", mit der LANGOSCH, K., Einleitung zu: Die Briefe Kaiser Heinrichs IV., GddV., Bd. 98, Münster/Köln 1954, S. 18 f., dem Kanzler Erlung eine ganze Reihe von Briefen zuschreiben wollte, dürfte damit hinfällig sein. Auch ein dritter Diktator, der in den letzten Jahren Heinrichs IV. eine Anzahl Briefe von höchster Wichtigkeit verfaßte, ist als Persönlichkeit nicht greifbar (ebenda, S. 19). GLADISS, D. v., Die Kanzlei, a. a. O., S. 204 ff.; SCHMEIDLER, B., a. a. O., S. 208 FI. So PIVEC, K., Studien und Forschungen zur Ausgabe des Codex Udalrici, 2. Teil: Der Codex Udalrici und die Kanzlei Heinrichs V., in: MIÖG. 46/1932, S. 257 ff. HAUSMANN, F., Reichskanzlei, a. a.O., S. 83 £f. und 310 ff. Ekkehard von Aura, Chronicon universale ad a. 1110, a. a. O., S. 243. Wilhelm von Malmesbury, Gesta regum Anglorum lib. V, c. 420, ed. G. WAITZ in: MG. SS. X, S. 479. DH. IV. 78 von 1061, MG. DD. VI, a. a. O., S. 101 (aus der Vorurkunde DK. II. 110): „pro nobis atque stabilitate totius regni a deo nobis collati"; DH. IV. 179 von 1066, ebenda, S. 234 (aus der Vorurkunde DH. I. 9 ) : „quia fautore omniurn Christo regni gubernacula suscepimus"; DH. IV. 187 von 1067, ebenda, S. 244: „quanto excelsius ex divino munere sublimati sumusvgl. die DDH. IV. 188, 191, 197, 200, ebenda, S. 245, 248, 255, 257. Im ersten von dem italienischen Notar Gregor A verfaßten Stück, dem DH. IV. 214 von 1069, ebenda, S. 273, findet sich die außergewöhnliche Intitulatio: „Heuincus quartus dei gratia atque constitutione rex". — DH. IV. 239 von 1071, ebenda, S. 303 (aus der Vorurkunde DH. III. 240) : „qui divino sumus munere quodam modo pre ceteris hominibus sublimati
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DH. IV. 88 von 1062, ebenda, S. 114: „Quoniam testante sacro eloquio thronus regis misericordia stabilitur.u Zugrunde liegt Prov. 20, 28. Ebenda und in den DDH. IV. 103 von 1063, 128 von 1064, 170 von 1065, 230 von 1070, MG. DD. VI, a. a. O., S. 136, 168, 221, 2 9 0 . So FICHTENAU, H., Arenga, a. a. O., S. 53.
daß jedem sein Recht zu wahren sei 2 0 — dies in der Hauptsache sind die Themeu der Arengen. 21 Seit 1071, dem Jahr des Eintritts Gottschalks von Aachen, macht sich allerdings in der Kanzlei eine gewisse Intensivierung bemerkbar. 22 Dabei dürften der steigende Einfluß der Reformpartei in Deutschland und die Fehde Heinrichs IV. mit Otto von Northeim in den Jahren 1070/71 von Bedeutung gewesen sein. Wohl nicht zufällig betonte Gottschalk in den Jahren 1072/73 das Erbrecht Heinrichs 23 , welches später, während des Kampfes mit Papsttum und Fürsten, noch eine hervorragende Rolle spielen sollte. Bereits jetzt wurde von den Vorgängern des Saliers Karl der Große als Vorbild hervorgehoben. 24 Mit seinem ersten Schreiben an Papst Gregor VII. vom Jahre 1073 25 wollte Heinrich wohl einer Verbindung der aufständischen Sachsen mit der Kurie zuvorkommen. 26 Den sich aus der Situation ergebenden Selbstanklagen zum Trotz deutet sich hier schon der grundsätzliche Standpunkt der königlichen Partei an. Dabei wird noch zu untersuchen sein, ob der in diesem Stück erstmalig begegnende Titel „rex Romanorum" nur die Zutat eines Registerschreibers darstellt, wie R. Buchner vermutete 27 , oder ob seine Verwendung gerade hier nicht eher darauf hindeutet, daß man der Kurie gegenüber das Anrecht des deutschen Königs auf das Kaisertum betonen wollte. Weiterhin wurde (im Anklang an das 13. Kapitel des Paulusbriefes an die Römer) herausgestellt, daß das Herrscheramt von Gott stamme, und in Anlehnung an die traditionelle Zweigewaltenlehre die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von König und Papst gefordert. 28 Jedoch erst die politischen Ereignisse der Jahre 1075/76 hoben die Polemik auf eine neue Ebene. Nachdem Gregor VII. die Bischofsinvestitur verboten und im Diclatus papae den absoluten Vorrang des apostolischen Stuhls vor der weit23
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DH. IV. 103 von 1063 für das Erzbistum Bremen-Hamburg, MG. DD. VI, a. a. O., S. 136: „Cum regie dignitatis sit ius cuique servare suurn"; vgl. die DDH. IV. 112, 113, 115. 168, ebenda, S. 147, 149, 152, 218. Uber das Formular GLADISS, D. V., Die Kanzlei, a. a. 0., S. 302 ff. Ab DH. IV. 226 von 1069, MG. DD. VI, a. a. O., S. 286, wurde durch AA das Prädikat „invictissimus" für ständig in die Signumzeile eingeführt. 1073/1074 wurde der König von Gottschalk „humillimus et invictissimus" genannt, was nach GUNDLACH, W . , a. a. O . , S. 8 ff., den Einfluß des Sachsenkrieges widerspiegelt. Zuerst auffallend in DH. IV. 246 von 1071, MG. DD. VI, a. a. O., S. 312 f. Schon in seinem ersten Diplom zitierte Gottschalk die „divinae legis scripturarum attestatio". DH. IV. 249 und 254 von 1072, 258 von 1073 Mai, also noch von vor dem Sachsenaufstand, ebenda, S. 316, 323, 328. In DH. IV. 249 für das Kloster Hornbach und DH. IV. 254 für das Marienstift in Aachen. Sicher hat für Gottschalk die Tradition Aachens bei der Heranziehung Karls des Großen eine Rolle gespielt; doch mindert dies nicht die politische Bedeutung dieser Tatsache. BrH. IV. 5, a. a. O., S. 8 f. So SCHMALE, F . - J . , in: Quellen zur Geschichte Kaiser Heinrichs IV., a. a. O . , S . 5 4 , ANM. 11.
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Zur Titelfrage vgl. unten S. 111 f. BrH. IV. 5, a. a. O., S. 8: „nos, qui deo annuente regni aliquandiu iam sortimur ministe riurn ... nobis a deo date potestatis.Ferner: „Cum enim regnum et sacerdotium, ut in Christo rite administrata subsistant, yicaria sui ope semper indigeant. .
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liehen Gewalt formuliert hatte 29 , sprach die Synode der deutschen Bischöfe am 24. Januar 1076 in Worms seine Absetzung aus 3U , woraufhin am 15. Februar 1076 der Papst seinerseits Heinrich IV. für abgesetzt und gebannt erklärte. 3 1 Gleichzeitig realisierte er das Bündnis mit der Fürstenopposition, die die Neuwahl eines Königs anstrebte. In dieser Gefahrensituation sah sich das Königtum gezwungen, seine Position auch mit ideologischen Mitteln zu verteidigen. Bereits in den Briefen des Jahres 1076 wurden wesentliche Elemente der Königsideologie in die Wagschale geworfen. 3 2 Im Vordergrund stand dabei die Betonung der Gottesunmittelbarkeit des Königtums und seiner Herrschaft, die der Zuständigkeit des Papsttums entzogen sei. 33 Diese Auffasung wurde eines der Leitmotive des Kampfes der Zentralgewalt mit der Kurie. Man präzisierle sie durch die Behauptung, daß der König „pro Deo" regiere, d. h. nach alter Lehrmeinung der vicarius Dei sei. 34 Weiterhin wurde mit dem Hinweis auf die Königssalbung, die den Herrscher in die Reihe der Bischöfe stellte 30 , Heinrich IV. ein quasi-geistlicher Charakter zugesprochen. Im Unterschied zur Publizistik spielte in den Briefen und Urkunden die Berufung des Königs auf seinen Status als Gesalbter des Herrn jedoch eine relativ geringe Rolle. Weiterhin wurde im ersten Jahr des Kampfes bereits die Lehre von der Unrichtbarkeit und Unantastbarkeit des Königs vertreten 3 6 und als Korrelat zu ihr jene Doktrin vom duldenden Gehorsam und der Ehrfurcht vor dem König geäußert 3 7 , die bald ein Eckstein der königlichen Ideologie werden sollte. Gleichzeitig hörte man auch bereits die Argumentation, daß das Vorgehen Gregors VII. gegen das göttliche und menschliche Recht verstoße 3 8 und den honor regni39 verletze. 29 30 31 32
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Gregorii VII. registrum lib. II, nr. 55a, a. a. O., S. 202 ff. Die Briefe Heinrichs IV., ed. C. ERDMANN, a. a. O., Anhang A, S. 65 £f. Gregorii VII. registrum lib. III, nr. 10a, a. a. O., S. 270 f. Vgl. die BrrH. IV. 1 0 - 1 3 von 1076, a. a. O., S. 12-20. Das Verhältnis der beiden Absetzungsschreiben an Gregor VII. hat EKDMANN, C., Anfänge der staatlichen Propaganda, a. a. O., S. 492 ff., geklärt: während nur die kürzere Fassung (BrH. IV. 11), die vorwiegend staatsrechtlichen Charakter trug, nach Rom gesandt wurde, stellt die längere (BrH. IV. 12) eine nachträglich in Deutschland zu Propagandazwecken verbreitete Umarbeitung dar, in dem die kirchlich-theologischen Argumente stärker hervortreten. BrH. IV. 12, a. a. O., S. 15: „H. non usurpative, sed pia dei ordinatione rex"; ebenda, S. 16: „et in ipsam regiam polestatem nobis a deo concessam exurgere non timuisti, quam te nobis aujerre ausus es minari: quasi nos a te regnum aeeeperimus, quasi in tua et non in dei manu sit regnum vel imperium." Vgl. auch BrH. IV. 13, ebenda, S. 19. Ebenda. Vgl. ERDMANN, C./GLADISS, D. v., Gottschalk von Aachen, a. a. O., S. 157; MACCARONE, M., Vicarius Christi. Storia dei titolo papale, Rom 1952, S. 88 (Lateranum, N. S. 18). Es ist bezeichnend, daß Udalrich von Bamberg an dem „pro deo" Anstoß nahm und es iin Codex Udalrici in „post deum" umwandelte; vgl. dazu unten S. 65. BrH. IV. 12, a. a. O., S. 16: „Me quoque, qui licet indignus inter christos ad regnum surn unetus"; ebenda, S. 15, werden die Bischöfe als „christi domini" bezeichnet. Zur Schwäche des Salbungsargumentes vgl. ULLMANN, W., Principles, a. a. O., S. 141. BrH. BrH. BrH. BrH.
IV 12, a. a. O., S. 16. Vgl. unten S. 94 ff. IV. 12, a. a. O., S. 17. Vgl. unten S. 132 ff. IV. 11, a. a. O., S. 14. Vgl. unten S. 98. IV. 13, a. a. O., S. 20. Vgl. unten S. 141.
Besonders interessant ist die Auffassung Heinrichs IV. und seines Notars Gottschalk in bezug auf das Verhältnis von weltlicher und geistlicher Gewalt. Gregor VII. wird mehrfach vorgeworfen, daß er sich beide Gewalten angemaßt habe. 4 0 Dagegen vertrat Heinrich im Grunde die traditionelle Lehre von der Unabhängigkeit und dem Zusammenwirken der beiden Gewalten. Gottschalks originellste theoretische Leistung ist es, daß er auf das Verhältnis dieser Gewalten in Anlehnung an Petrus Damiani erstmalig das Gleichnis von den beiden Schwertern (Luc. 22, 38) angewendet hat. 4 1 Es läßt sich allerdings nicht übersehen, daß Heinrich IV. die traditionelle Auffassung zugunsten des Königtums interpretierte. 4 2 Die Schwäche des theoretischen Rüstzeuges der Zentralgewalt wird in den hauptsächlich von Gottschalk verfaßten Diplomen der Jahre von 1075 bis 1080 offenbar. Als Stütze f ü r den Bestand des Reiches und des Königtums versuchte der Aachener, die Heiligen ins Feld zu führen 4 3 , und zwar vornehmlich die Jungfrau Maria 4 4 , den heiligen Mauritius 4 5 und den heiligen Petrus 4 6 . Wenn er letzteren drei Monate nach der Absetzung und Bannung Heinrichs IV. unter Umgehung seiner angeblichen Nachfolger auf Erden, der Päpste, zum „defensor regni vel imperii" erklärte, dann zeigt diese Tatsache in besonderem Maße seine ideologische Position. Deren Brüchigkeit jedoch wird sofort offenbar, denn die Zuständigkeit der Kurie f ü r Petrus war nicht zu erschüttern. Gottschalk war daher besser beraten, als er fast zur gleichen Zeit das Bild Karls des Großen heraufbeschwor. 4 7 In der damaligen Situation nahm die Imitatio des Frankenkaisers, die auch sonst bei Heinrich IV. eine Rolle spielte, gegenüber dem Papsttum und den Sachsen die Bedeutung eines politischen Programms an. Das römische Recht hat unser Kanzlist in der Regel noch nicht herangezogen; er ist meist über die Grenze, die ihm durch Bibel, Patristik und Liturgie gesetzt war, nicht hinausgekommen. Inwieweit in dem nach Volksrecht durchgeführten Verfahren gegen den des Hochverrats schuldigen Markgrafen Ekbert auch römische Rechtssätze zur Anwendung kamen, bleibt unsicher. 4 8 Die Verwendung des 40
41
Ebenda, S. 18: „Nam unus dum utiumque sibi vendicavit"; sacerdotium deo nesciente sibi usurpavit Ebenda und BrH. IV A 17, S. 25. Vgl. unten S. 64.
ebenda, S. 19: „regnum et
42
V g l . EBDMANN, C./GLADISS, D . V., G o t t s c h a l k
43
DH. IV. 278 von 1075, a. a. O., S. 356. In einem verunechteten Empfängerentwurf von 1081 (DH. IV. 331, ebenda, S. 434) heißt es: „Cum salus regum ex divino adiutorio et intercessione sanctorum deo placentium pendeat.. DH. IV. 277, 298 („Mariam ... in regni et honoris nostri stabilitate fundatricem habemus"), 306, 325, ebenda, S. 355, 392, 402, 427; vgl. auch DH. IV. 350, S. 462. DH. IV. 316, ebenda, S. 417: „sancto Mavritio regni patrono DH. IV. 284, ebenda, S. 368. DH. IV. 283 von 1076 April 21 für das Marienstift in Aachen, ebenda, S. 367. Vgl. unten S. 101. Vgl. DH. IV. 301 von 1077, a. a. O., S. 394 f.; in der Vorbemerkung wird auf die Vermögenskonfiskation als Strafe für den Majestätsverbrecher im römischen Recht aufmerksam gemacht. Das volksrechtliche Verfahren gegen Ekbert betont MITTEIS, H., Politische Prozesse des früheren Mittelalters in Deutschland und Frankreich, Heidelberg 1927, S. 36 fi. (SB. Ak. Heidelberg, phil.-hist. Klasse, 3. Abhdlg.).
44
4o 46 47 48
i
Koch, Sacrum Imperium
von Aachen,
a. a. O., S.
157.
35
Digesteneingangs (I, 1, 10) in dem von Gottschalk verfaßten Diplom f ü r die Kirche von Osnabrück deutet wohl auf die Mitwirkung eines Paduaner Notars hin. 4 » In den Briefen und Diplomen der Jahre von 1076 bis 1080 wird die Frage der irdischen Herrschaftsvermittlung noch nicht gestellt. Es bedurfte wohl erst der weiteren Zuspitzung der politischen Auseinandersetzungen mit Papsttum und Fürsten, der Wahl der Gegenkönige, damit Heinrich IV. auf seinem 1081 beginnenden Italienzuge die irdische Begründung f ü r seine Herrschaft, das Erbrecht, stärker hervorhob. Er tat dies vor allem in zwei Briefen an die Römer (1081 und 1082) ; allerdings ist bereits im Absetzungsschreiben an Hildebrand vom Jahre 1076 von der „erblichen Würde, die mir jener Stuhl schuldet", die Rede. 50 Wahrscheinlich ist dabei nicht nur das Konsensrecht bei der Papstwahl 5 1 , sondern eine erbliche Kaiserwürde gemeint, deren Bestätigung durch das Papsttum eine dem deutschen König geschuldete Formalität darstellt. Bereits diese Auffassung erinnert an den papstfreien Kaisertitel der ersten Staufer. Die Situation nach 1080, als mit der zweiten Bannung Heinrichs IV. der Kampf zwischen Gregor VII. und ihm in ein verschärftes Stadium getreten war und die Fürstenopposition zur erneuten Wahl eines Gegenkönigs, des Grafen Hermann von Salm, schritt, forderte eine weitere Variante der ideologischen Herrschaftsbegründung. Nun wurde von der Kanzlei die Konzeption einer erblichen Kaiserwürde entwickelt, die von den Römern unter Ausschaltung von Papsttum und Fürsten zu übertragen bzw. nur zu sanktionieren sei. 52 Als entscheidend f ü r die irdische Herrschaftsvermittlung sah man offenbar das Erbrecht an, so daß die beiden zentralen Vorstellungen der Herrschaftsbegründung Heinrichs IV. — das göttliche Mandat, das sich durch die Erbfolge verwirklicht — in der Situation von 1081/82 klar zutagetraten. Auch die während des Italienzuges erlassenen Diplome betonten die Erhabenheit der über allen anderen Gewalten stehenden königlichen bzw. kaiserlichen Würde 5 3 , deren Superioriät sowohl über die Kirche 5 4 als auch über die in eine rebellio gefallenen Sachsen hervorgehoben wurde. 55 Es läßt sich zusammenfassend feststellen, daß in den Briefen und Diplomen der Jahre von 1076 bis 1082 die wesentlichen Hauptargumente der henricianischen Partei bereits enthalten sind. Sie wurden provoziert durch den Gang der politischen Geschichte dieser entscheidenden Zeit. Der erst seit Beginn der acht49 50
DH. IV. 313 von 1079; vgl. die Vorbemerkung, a. a. O., S. 412 f. BrH. IV. 11, a. a. O., S. 14: „omnem hereditariam dignitatem, debebatur."
que mihi ab illa
sede
51
So BORINO, G. B., Perché Gregorio VII non annunziò la sua elezione ad Enrico IV e non ne richiese il consenso (Relazioni tra Gregorio VII ed Enrico IV dall'aprile 1073 all'aprile 1074), in: Studi Gregoriani V, Rom 1956, S. 318.
52
BrrH. IV. 16 und 17, a. a. O., S. 23 und 26. DDH. IV. 334 von 1081, 363 von 1084 (hier aus der Vorurkunde DH. III. 203), a. a. O., S. 438 und 483.
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55
36
DH. IV. 345 von 1082, ebenda, S. 456: „Omnibus ecclesiis Christi debemus prodesse, quibus ordinavit nos Christus preesse" (verfaßt von Gottschalk). DH. IV. 351 von 1083, ebenda, S. 463: „Cum enim gens Saxonum ob superbiam temeraria a nobis rebellione / ecederet..."
ziger Jahre einsetzenden königstreuen Publizistik gegenüber wird man also der Kanzlei eine führende Rolle zusprechen müssen. Trotz größeren Gedankenreichtums, unterschiedlicher methodischer und inhaltlicher ideologischer Begründungen und einer umfassenderen Spannweite der Argumentation gelangte die Publizistik im wesentlichen über die vom Ilof vertretenen Grundideen nicht hinaus. Die erste und vielleicht originellste publizistische Unterstützung erwuchs Heinrich IV. auf seinem Italienzug der Jahre 1 0 8 1 - 1 0 8 4 , als ihm der Ravennater Jurist Petrus Crassus im Jahre 1084 eine Schrift überreichte 5 6 , die, bereits seit 1080 auf Bitten des Königs in Arbeit 5 7 , auf der Synode in Rom das Vorgehen gegen Gregor VII. juristisch untermauern sollte. 58 A. Fliehe möchte eine Verbindung zwischen den ersten vier Kapiteln dieser „Defensio" des Petrus Crassus und dem zweiten Brief Heinrichs IV. von 1082 an die Römer sehen — eine Auffassung, die von K. Jordan ohne nähere Begründung f ü r wenig überzeugend befunden wurde. 5 9 Nun spricht in der Tat ein inhaltlicher Vergleich kaum für eine direkte Filiation zwischen den beiden Schriftstücken; während Heinrich IV. beispielsweise ein von den Römern zu sanktionierendes erbliches Kaisertum fordert, ohne sich über das Warum zu äußern, zieht Petrus Crassus zur Fundierung der Erbfolge die Hilfe des römischen Privatrechts heran. Es dürfte jedoch nicht ausgeschlossen sein,, daß letzterer die Ideen des Hofes und der Kanzlçi kennenlernte, als Heinrich, offenbar von Gottschalk begleitet, im Mai 1081 nach Ravenna kam 6 0 , um sich hier mit seinem Gegenpapst Wibert zu treffen. Die Leistung dieses einzigen Laien unter den Publizisten der Zeit, der zudem als Italiener die antik-römische Tradition rezipieren und f ü r Heinrich IV. nutzbar machen konnte, ist nicht hoch genug zu veranschlagen. Petrus hat erstmalig in breitem Umfange 6 1 neben den herkömmlichen christlich-theologischen Anschauun56
57
Petri Crassi defensio Heinrici IV. regis, ed. L. v. HEINEMANN i n : MG. LdL. I, Hannover 1891, S. 4 3 2 - 4 5 3 ; vgl. MEYER VON KNONAU, G., Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V., Bd. 3, Leipzig 1900, S. 267 ff. Diese
Datierung
von
MIRBT, C.,
Publizistik,
a. a. O.,
S. 18 ff., wird
akzeptiert
von
JORDAN, K., Der Kaisergedanke in Ravenna zur Zeit Heinrichs IV. Ein Beitrag zur Vorgeschichte der staufischen Reichsidee, in: DA. 2/1938, S. 9 4 f.; dagegen FLICHE, A., La réforme grégorienne, Bd. 3, a. a. O., S. 97 ff., der eine Entstehung der Schrift in drei Redaktionen ( 1 0 8 2 - 1 0 8 4 ) annimmt. FLICHE, ebenda, S. 107 ff., und JORDAN, K., a. a. O., S. 94 ff., bieten auch die beste inhaltliche Analyse des Traktats. 88
Die Verbindung zu Heinrich ergibt sich aus der Widmung am Schluß des Werkes (a. a. O., S. 453) : ,H enrice rex
exemplis
amabilis,
qui Romae victor
existís,
hunc librum nostrum quem vestri Crassus
aeeipis, tradid.it,
i'obis mandavit ut prosit ad
59
F L I C H E , A . , a . a . O . , B d . 3 , S . 1 0 3 f . ; JORDAN, K . , a . a . O . , S .
60
V g l . MEYER VON K N O N A U , G . , J b b . , B d . 3 , a . a . O . , S . 3 7 9 .
61
patrum
rogatu Petri
editum,
conditum, ocias, concilium.''
94.
Uber gelegentliche Berührungen zwischen dem Kaisertum und dem römischen Recht seit Otto I. »gl. SCHRAMM, P. E., Kaiser, Rom und Renovatio. Studien und Texte zur Geschichte des römischen Erneuerungsgedankens vom Ende des karolingischen Reiches bis zum Investiturstreit, 1. Teil: Studien, 2. Aufl., Darmstadt 1957, S. 277 ff.
4*
37
gen das römische Recht zur ideologischen Herrschaftsbegründung herangezogen, welches dann im 12. Jh. eine dominierende Rolle spielen sollte. Obwohl auch er inhaltlich nur teilweise über den Rahmen der traditionellen kirchlichen Ideologie hinausgegangen ist, führte er damit doch ein neues, in die Zukunft weisendes Element in die Königsideologie ein und machte dieses zur wichtigsten Basis seiner Ausführungen im Kampf gegen Gregor VII., die Patarener in Norditalien und vor allem gegen die Sachsen. 62 Gegen die Zerstörung des Rechts durch Gregor VII., den hostis legum63, ankämpfend, kam es ihm vor allem darauf an, die Legitimität der Herrschaft des Saliers vermittels der Rechtsbücher Justinians zu erweisen.64 Man hat das Gedankensystem des Ravennaten treffend als Nomokratie bezeichnet.65 Zwei Arten des Rechts, so schrieb er, habe Gott geschaffen, um das eine den Geistlichen, das andere den Kaisern und Königen zu geben.66 Ebenso wie beide Formen des Rechts unmittelbar von Gott abstammten, leiteten sich auch die beiden Gewalten von ihm her, die, wenn auch getrennt, einträchtig zusammenwirken sollten.67 Petrus Crassus akzeptierte also die traditionelle Zweigewaltenlehre ebenso wie die Kanzlei; er zog jedoch — und das wurde typisch für das Mittelalter — neben dem Corpus iuris civilis auch Bibel und Patristik zur Begründung der gottesunmittelbaren Stellung des Königtums heran. So versuchte er etwa mit Hilfe von Daniel 4, 14 zu beweisen, daß Gott das Reich unter Umgehung des Papstes direkt an Heinrich IV. gegeben habe. 68 Damit benutzte er die gleiche Bibelstelle, mit der seine Gegner, die sächsischen Fürsten, die Gottesunmittelbarkeit des regnum Saxonum im Jahre 1085 zu erweisen suchten.69 Auch die Mahnungen des Neuen Testaments zum duldenden Gehorsam gegenüber der Obrigkeit 70 und die traditionellen Bilder vom Herrscher als imago Dei und vicarius Dei71 wurden von dem italienischen Juristen verwendet. Im Kampf gegen das Wahlprinzip der Fürstenopposition und die gregorianische Idoneitätslehre zeigte sich Petrus Crassus als eifrigster Verfechter des königlichen Erbrechts. Er begründete es mit Hilfe des römischen Familienrechts 72 , durch den Einsatz von lex und consuetudo73, aber auch durch historische Argumente74, indem er in Heinrich IV. den Fortsetzer der spätrömischen Kaiser sah. Während er sich also in der Methode seiner ideologischen Begründungen von der könglichen Kanzlei 62
13 64 65
66 67 68 69 70 71 72 73 74
38
Gegen die Patarener als Verbündete der Reformpartei sind besonders c. 3, a. a. O., S. 437 f., gegen Gregor VII. c. 5 und 7, ebenda, S. 441 fl. und 446 ff., gegen die Sachsen c. 6 und 8, ebenda, S. 443 ff. und 452 f., gerichtet. Petrus Crassus, Defensio Heinrici IV. regis c. 6, ebenda, S. 445. Ebenda c. 4, S. 439. DEMPF, A., Sacrum Imperium, 3. Aufl., München 1962, S. 195. Petrus Crassus, Defensio Heinrici IV. regis c. 4, a. a. O., S. 438. Ebenda c. 2, S. 435. Ebenda c. 3, S. 437. Ekkehard von Aura, Chronicon universale ad a. 1085, a. a. O., S. 206. Vgl. oben S. 15. Petrus Crassus, Defensio Heinrici IV. regis c. 7, a. a. O., S. 448 und 450. Ebenda, S. 450. Ebenda c. 6, S. 443 ff. Ebenda, S. 444. Ebenda, S. 445.
unterschied und neue, vorwärtsweisende Mittel einsetzte, deckte sich d a s Ziel seiner A u s f ü h r u n g e n voll mit dem des Hofes. Beachtung verdient ebenfalls eine Serie gefälschter Privilegien a u s dem Umkreis des Petrus Crassus, die um d a s J a h r 1 0 8 4 wahrscheinlich in R a v e n n a fabriziert w u r d e . 7 5 Ihrem Inhalt zufolge hätten K a r l der Große und Otto I. von den Päpsten H a d r i a n I. und L e o V I I I . sehr weitgehende Privilegien, besonders in bezug auf die Papstwahl und die Bischofsinvestitur, erhalten. 7 6 Neben der traditionellen christlichen G r u n d l a g e f ü r d a s Herrscheramt, dem Neuen T e s t a m e n t 7 7 , und dem kanonischen R e c h t 7 8 wurde von dem anonymen V e r f a s s e r , ähnlich wie von Petrus, ein neues Element in die Herrschaftsbegründung eingeführt. Allerdings zog er nicht wie der Ravennater J u r i s t d a s römische Privatrecht heran, sondern gründete seine Argumentation im Privilegium maius L e o s V I I I . sowie im Hadrianum auf d a s römische Staatsrecht und stellte d a s Herrschertum auf eine weltlich-irdische Grundlage, den populus. D a s römische Volk h a b e entsprechend der antiken lex regia (Inst. I, 2 , 6 ; D i g . I, 4 , 1) dem deutschen Herrscher alle seine Gewalt übertragen, und zwar unwiderruflich und f ü r i m m e r . 7 9 D e r einmal gewählte Herrscher ist unabsetzbar geworden. 8 0 D i e Bedeutung und die Grenzen des lex-regia-Argumentes werden uns bei der D a r l e g u n g des Verhältnisses von Herrscher und Volk noch ausführlich beschäftigen. Hier aber ist bereits auf die besondere Situation hinzuweisen, in der es in die Diskussion geworfen wurde. Auf seinem Italienzug 1 0 8 1 — 1 0 8 4 mußte sich Heinrich I V . zwangsläufig mit der Stellung der Stadtrömer auseinandersetzen u n d konnte einen zusätzlichen Legitimierungsgrund auch gegenüber dem P a p s t t u m gebrauchen. Wir möchten deshalb eine Parallele zwischen der in seinen B r i e f e n a n die E w i g e Stadt von 1 0 8 1 / 8 2 enthaltenen Idee einer von den R ö m e r n zu vergebenden erblichen K a i s e r w ü r d e und der Konzeption einer unwiderrufbaren Machtübertragung durch den populus Romanus in den gefälschten Privilegien von 1 0 8 4 75
16
77
73
79
80
Stand der Forschung und Literatur bei JORDAN, K., a. a. O., S. 105 ff., und bei dems., Ravennater Fälschungen aus den Anfängen des Investiturstreites, in: AUF. 15/1938, S. 426 bis 448. JORDAN nahm als erster eine einheitliche Entstehung durch einen unbekannten Fälscher an und schloß Petrus Crassus als Verfasser aus. MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 446 (Hadriani I. decretum de investituris), 448-450 (Leonis Vili, papae privilegia spuria), S. 657 ff. und 663 ff. Vgl. etwa ebenda, nr. 449, S. 671; vor allem bezog man sich auf Rom. 13, 1 - 7 ; 1. Petr. 2, 17; die gleichen Stellen finden sich auch bei Petrus Crassus, Defensio Heinrici IV. regis c. 7, a. a. O., S. 450 und 448; sie sind überhaupt grundlegende Stützen der Herrschaftsbegründung. MG. Const. I, a. a. O., nr. 449, S. 670. Der Fälscher bezog sich in der Hauptsache auf Beschlüsse des sechsten und siebenten toletanischen Konzils über den Gehorsam der Untertanen gegenüber dem Herrscher, die er aus dem Decretum Burchards von Worms kannte. Vgl. JORDAN, K., Kaisergedanke, a. a. O., S. 109, und FOLZ, R., Le souvenir et la légende de Charlemagne dans l'Empire médiéval, Paris 1950, S. 131 (Publications de l'université de Dijon VII). MG. Const. I, a. a. O., nr. 447, S. 660: „Populus itaque Romanus concessit ei et in eum omne suum ius et potestatem . . . " ; vgl. ebenda, nr. 449, S. 667. Ebenda, S. 673. 39
annehmen. Sollte auch hier ein Primat der Kanzlei spürbar sein? Jedenfalls ist der Zusammenhang zwischen den Briefen an die Römer und den Fälschungen stärker als zwischen den Briefen und Petrus Crassus, wo A. Fliehe, wie erwähnt, eine Filiation annahm. Da die Theorie von der Unabsetzbarkeit des einmal gewählten Herrschers auch in Deutschland verbreitet 81 und offenbar Allgemeingut der königlichen Partei war, kann die Kanzlei in ihren Briefen an die Römer die von diesen geforderte erbliche Kaiserwürde nur im Sinne einer in der Vergangenheit stattgefundenen unwiderrufbaren concessio aufgefaßt haben. Dieser Befund stimmt auch für die in den gefälschten Privilegien begegnende Art von Erblichkeit. denn hier übertrug Papst Leo VIII. angeblich an Otto I. das Designationsrecht für dessen Nachfolger im regnum Italieß2 Die zweite Exkommunikation Heinrichs IV. im Jahre 1080, welche vom König und von einem Teil der Bischöfe mit der Erhebung Wiberts von Ravenna zum Gegenpapst beantwortet wurde, hat auch unter dem deutschen Episkopat leidenschaftliche publizistische Äußerungen hervorgerufen. Während Gregor VII. in einem Brief an Hermann von Metz vom 15. März 1081 seine Haltung begründete 83 , wird der Standpunkt der Gegenseite in besonders glänzender Form in einem Brief vertreten, den der Trierer Scholasticus Wenrich im Auftrage Bischof Dietrichs von Verdun im Sommer 1081 an den Papst richtete.84 Im Unterschied zu der italienischen Publizistik überschritt dieser bei der ideologischen Verteidigung Heinrichs im wesentlichen jedoch nicht den von der Kanzlei bereits abgesteckten Rahmen; es steht zu vermuten, daß er deren Produkte kannte. Sein© kanonischen Grundlagen sind vor allem das Alte und Neue Testament sowie unter den Kirchenvätern vorzüglich Gregor der Große. Wenrich fand das Vorgehen des Papstes unerhört und ohne Analogie in der Geschichte. Zunächst beunruhigte ihn die Lage eines Teiles des deutschen Episkopats, denn die Gesalbten des Herrn würden von Hildebrand wie die Meier umgetauscht - ein Bild, das ganz ähnlich Gottschalk von Aachen ini Absageschreiben Heinrichs IV. an Gregor VII von 1076 verwendet hatte. 85 Darauf, daß dem König ebenfalls der Status eines christus Domini zukäme, berief sich unser Scholasticus jedoch noch nicht. 81
Bernhard von Konstanz, Líber canonum contra Heinricum quartum c. 21, ed. F. THANER in: MG. LdL. I, Hannover 1891, S. 492, führte sie als Auffassung seiner Gegner an; sie erscheint auch in einem kanonischen Bruchstück (in: MG. LdL. II, Hannover 1892, S. 422) und bei Manegold von Lautenbach, Liber ad Gebehardum c. 46, a. a. O., S. 391.
82
Leonis VIII. papae privilegia spuria, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 4 4 8 , S . 6 6 6 , und nr. 4 4 9 , S . 6 7 3 .
83
Gregorii VII. regislrum üb. VIII, nr. 21, a. a. O., S. 546 ff. Wenrici scholastici Trevirensis epístola sub Theoderici episcopi Virdunensis nomine composita, ed. IC. FRANCKE in: MG. LdL. I, Hannover 1891, S. 2 8 4 - 2 9 9 . Das oben angegebene Datum nach MIRBT, C., a. a. O., S. 25. Die gesamte Literatur bei WATTENBACH, W./HOLTZ-
84
MANN, R . , a . a . O . , N e u a u s g a b e , B d . 2 , S . 3 9 9 f. V g l . a u c h MEYER VON KNONAU, G . , a . a . O . ,
Bd. 3, S. 407 ff. 85
40
Wenrich von Trier, Epístola c. 4, a. a. O., S. 289: „cristos Domini quotiens libuerit plebeia sorte sicut villicos miliare". Gottschalk schrieb im BrH. IV. 12, a. a. O., S. 15: „... christos domini ..quin sicut sernos, nescientes quid faciat domnus eorum, sub pedibus luis calcasti. In quorum conculcalione tibi favorem ab ore vulgi comparasti." Es
In bezug auf den Ursprung und das Handeln des Königtums ergibt sich bei Wenrich ein interessanter Gesichtspunkt. Er schrieb, daß das Königtum seine Herrschaft immer mit Gewalt verteidigt habe. Der Name der Könige sei zwischen den Anfängen der Welt erfunden und von Gott danach gefestigt worden. 8 6 A. Fauser hat sich verleiten lassen, hierin einen Versuch zu sehen, „die staatliche Sphäre aus dem theologischen System herauszunehmen und sie nach immanent staatlichen, nicht nach theologischen Gesichtspunkten zu bewerten." 8 7 Davon kann aber wohl keine Rede sein. Unseres Erachtens spiegelt sich in Wenrichs Ansicht über den Ursprung des Staates noch in gewisser Weise die staatsfremde patristische Tradition wider, der ja bei den Gregorianern eine entscheidende Rolle zukam. Anders als diese hob jedoch der Trierer die göttliche Bestätigung der ursprünglich menschlichen Erfindung des Staates hervor. Er setzte den ganzen theologischen Apparat ein, um die Gottesunmittelbarkeit Heinrichs IV. gegenüber Hildebrand zu beweisen. Wenn er schrieb, daß gemäß der Bibel und Gregor I. dem Königum als der von Gott gesetzten Obrigkeit auch dann unbedingter Gehorsam zu leisten sei, wenn es vom Glauben abweiche 8 8 , so ging er damit sogar über die Ketzerklausel Heinrichs IV. hinaus. Auch die Eingriffe der weltlichen Gewalt in die Belange der Kirche wurden von ihm mit Hilfe kanonischer Quellen gerechtfertigt. 8 " Schließlich fehlt auch hier zur Begründung der Legitimität des Saliers der Hinweis auf dessen Erbrecht nicht. 9 0 So handelt es sich bei der Schrift des Wenrich von Trier um einen gewiß sehr geistvollen und teilweise originellen Traktat, der aber über das theoretisch vor ihm in Deutschland Erreichte nicht hinausführte. Nach der Kaiserkrönung Heinrichs IV. am 31. März 1084 versuchten Teile des deutschen Episkopats verstärkt nachzuweisen, daß Clemens III. (Wibert von Ravenna) der wahre Papst sei, indem sie die Rechte des Königs bei der Papstwahl betonten. Dies war das Hauptziel einer nur im Auszug erhaltengebliebenen Schrift, welche Propst Wido von Osnabrück im Auftrage seines Bischofs Benno II. und ist möglich, daß Wenrich diesen Brief Heinrichs IV. kannte, wie FLICHE, A., La reforme, Bd. 3, a. a. O., S. 157 und 163, meint. - In der Literatur wird teilweise die Meinung vertreten, daß Wenrich mit den christi Domini die Könige gemeint habe (BIERSACK, A., Idoneität, a. a. O . , S. 33; FUNKENSTEIN, J . , Das Alte Testament im Kampf zwischen Regnum und Sacerdotium zur Zeit des Investiturstreites, phil. Diss. Basel 1938, S. 16; auch MIRBT, C., a. a. O., S. 547). Ich möchte jedoch eher mit MEYER VON KNONAU, G., a. a. O., Bd. 3, S. 411, schließen, daß er hier sich auf die Bischöfe bezog; hatte doch bereits Erzbischof Liemar von Bremen Gregor VII. vorgeworfen, daß er den Bischöfen „ut villicis suis" befehle (ebenda, Bd. 2, S. 447, Anm. 4). Für diese Ansicht spricht sowohl die Parallele im Brief Heinrichs IV. als auch die Tatsache, daß Wenrich in seinem ganzen Brief auf die Salbung nicht mehr zurückkommt. 80 Wenrich von Trier, Epistola c. 4, a. a. O., S. 289: „...nomen regum, inter ipsa mundi initia repertum, a Deo postea stabililum." 87 FAUSEH, A., Die Publizisten des Investiturstreits, a. a. 0., S. 101. 88 Wenrich von Trier, Epistola c. 4, a. a. O., S. 290 f. 8« Ebenda, S. 289 f. 90 Ebenda, S. 289, und c. 6, S. 294.
41
des Erzbischofs Liemar von Bremen noch im Jahre der Krönung verfaßte. 9 1 Er bediente sich vor allem historischer Argumente 9 2 , hob aber f ü r die ideologische Herrschaftsbegründung ein Element hervor, das zwar bereits in den Briefen Heinrichs IV. anklang, jedoch in der Publizistik bisher nicht betont wurde: der König sei kein Laie, da er mit Konsekrationsöl gesalbt und so Teilhaber am priesterlichen Amt wäre. 9 3 Daß dieses Argument erst jetzt Gewicht bekam, mag vielleicht darauf zurückzuführen sein, daß Salbung und Krönung Heinrichs IV. zum Kaiser die geistliche Qualität des Herrschers hevorhoben. Jedenfalls wurde es fortan eine ideologische Hauptstütze f ü r die Unantastbarkeit des Königtums. In theoretischer Hinsicht zeigten sich die italienischen Bischöfe ihren deutschen Amtsbrüdern vor allem dadurch überlegen, daß sie in der Lage waren, die auf der Halbinsel weiterlebende antik-römische Tradition f ü r das König- und Kaisertum in die Schanze zu schlagen und damit sich über das Argumentenarsenal der Kanzlei zu erheben. Dies verstand besonders Bischof Benzo von Alba, einer der eifrigsten Vorkämpfer Heinrichs IV. in Italien, der nach dem Tode Gregors VII., in den Jahren 1085/86, seine bis dahin verstreuten Schriften in einer letzten Redaktion zusammenfaßte. 9 4 In seinem Panegyricus auf Heinrich IV. vermischt sich eine römisch-antik gefärbte Gedankenwelt mit christlichen Elementen. Er bezog sich nicht wie Petrus Crassus auf juristische Texte, sondern auf die klassische Literatur. Sein nach rückwärts gewandtes Idealbild war eine Erneuerung des alten römischen Reiches in seiner ganzen territorialen Ausdehnung. 9 5 Daß er diese renovatio imperii auf der Grundlage einer Rezeption der altrömischen Reichsidee Heinrich IV. als politisches Programm vorschlug - darin beruht seine Originalität, die uns an anderer Stelle noch beschäftigen wird. Neben der im Zentrum seiner Vorstellungswelt stehenden Reichsidee hat Benzo jedoch auch andere wichtige Motive zur ideologischen Begründung der Position des Herrschers eingeführt. Er verband dabei Elemente des altrömischen Kaiserkultes mit christlichen Formen, um die gottunmittelbare Stellung des Kaisers zu begründen. Sein Ziel war es, den nach spätantikem Brauch mit „divus" bezeich91
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Excerpta ex Widonis Osnabrugensis libro de controversia inter Hildebrandum et Heinricum imperatorem, ed. L . VON H E I N E M A N N in: MG. LdL. I , Hannover 1 8 9 1 , S . 462-470. Das oben angegebene Datum nach M I R B T , C . , a. a. O . , S . 3 2 . Die Literatur bei W A T T E N B A C H , W . / H O L T Z M A N N , R., a. a. O., Neuausgabe, Bd. 2 , S. 400; vgl. auch M E Y E R VON K R O N A U . G,. a. a. O., Bd. 3, S. 584 ff. Wido von Osnabrück, Liber de controversia, a. a. O., S. 467 ff. Ebenda. Benzonis episcopi Albensis ad Heinricum IV. imperatorem libri VII, ed. K. P E R T Z in: MG. SS. XI, S. 597-681. Über Entstehung und Datierung des Werkes vgl. LEHMGRÜBNER, H., Benzo von Alba. Ein Verfechter der kaiserlichen Staatsidee unter Heinrich IV., Berlin 1887, S. 24 ff. (Historische Untersuchungen, hrsg. v. JASTROW, J . , Heft 6). Inhaltliche Analysen bei F L I C H E , A., La réforme, Bd. 3, S . 216ff.; SCHRAMM, P . E., Kaiser, Rom und Renovatio, 2. Aufl., a. a. O., S. 258 ff. Vgl. auch ders., Der „Salische Kaiserordo" und Benzo von Alba. Ein neues Zeugnis des Graphia-Kreises, in: DA. 1/1937, S. 389 ff. Benzo von Alba, Ad Heinricum lib. I, Vorspruch, c. 9; lib. III, c. 1, 14, 24; lib. V, c. 5; lib. VI, c. 6, S. 597 f., 602, 622, 628, 631, 647, 667. Vgl. unten S. 53.
neten Imperator 9 6 nach dem Vorbild des altrömischen Gottkaisertums mit Gott in eine direkte Verbindung zu bringen. 97 Zu diesem Zweck verwendete er auch die traditionell-kirchlichen Vorstellungen vom Herrscher als imago Dei98, vicarius Dei'® und christus Domini10°, und zwar besonders im Kampf mit der Fürstenopposition. Ihr gegenüber hob er ebenfalls die Erblichkeit der Krone hervor; Rudolf von Schwaben war in seinen Augen ein Usurpator. 101 Der Kurie gegenüber vertrat Benzo eindeutig cäsaropapistische Auffassungen 1 0 2 ; auch scheint bei ihm die Vorstellung von einer weltlichen Imperatorenerhebung ohne päpstliche Mitwirkung eine Rolle gespielt zu haben. 103 Von Bedeutung sind ebenfalls seine praktischen Vorschläge zur Innen- und Finanzpolitik, die die Einführung einer allgemeinen Steuer zur Besoldung von Beamten und Soldaten zum Ziel hatten.10'* Neben Benzo von Alba unternahm im 11. Jh. allein noch der italienische Kardinal Beno, der mit einer Gruppe seiner Amtsgenossen 1084 von Gregor VII. abgefallen war, den Versuch, auf der Grundlage altrömischer Reminiszenzen eine scharfe Differenzierung zwischen den „Provinzkönigen" und dem Kaiser durchzuführen. 100 Er warf Hildebrand vor, zwischen dem caesar und einem rex provincialis keinen Unterschied gemacht zu haben 1 0 6 ; worin dieser seiner Meinung nach bestand, erläuterte er allerdings nicht. Weitere ideologische Unterstützung aus der genannten Gruppe der renitenten Kardinäle erwuchs Heinrich IV. dadurch, daß diese die aus der vorangegangenen Publizistik bereits bekannte Lehre vom duldenden Gehorsam sogar gegenüber heidnischen und ketzerischen Kaisern unter Zuhilfenahme des Neuen Testaments, der Kirchenväter und historischer Beispiele ausdrücklich befürworteten. 107 96
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Otto von Freising, Gesta Frederici lib. I, c. 46 (45), a. a. O., S. 216. DK. III. 229, a. a. O., S. 406.
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Dies geschah beispielsweise auch in gewissen österreichischen Quellen; vgl. den Liber fundationum monasterii Zwetlensis, hrsg. v. J. v. FRÄST, Fontes rerum Austriacarum, 2. Abthlg., Bd. 3, Wien 1851, S. 42: „Nolula de Chunrado secundo rege Romanorum quX postea factus est imperator tempore succedente." Wilhelm von Tyrus, Historia rerum in partibus transmarinis gestarum lib. XVI, c. 18 f., in: MIGNE, PL., Bd. 201, Sp. 659 ff.; Odo von Diogilo, Liber de via saneti sepulchri a Ludovico VII. Francorum rege suseepta, libellus V, ed. G. WAITZ in: MG. SS. XXVI, S. 68 f.
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rum", sondern allein „Imperator Theutonicus" oder nur „Imperator" nannte 2 7 3 und somit sein Kaisertum auf das deutsche regnum oder höchstens auf die Stadt Rom bezog, schloß er eine Prärogative gegenüber den Königen des übrigen Okzidents nachdrücklich aus. 2 8 0 Dies taten auch die anglonormannischen Quellen, welche bis etwa 1 1 5 0 in ihrer Mehrzahl ebenfalls den Standpunkt vertraten, der deutsche König sei faktisch vom Beginn seiner Herrschaft an zugleich Kaiser. 2 8 1 Wenn dagegen Sven und Knut, die rivalisierenden Könige von Dänemark, den ersten Staufer als römischen Imperator bezeichneten, werden sie dessen Oberhoheit in einer gewissen Weise wohl anerkannt haben. 2 8 2 Mit dem Regierungsantritt Friedrichs I. vollzog sich bekanntlich eine Wende in der Byzanzpolitik. 238 Der neue Herrscher verpflichtete sich im Vertrag zu Konstanz, seinem Kompromiß mit Papst Eugen III., dem rex Grecorum in Italien keine territorialen Zugeständnisse zu machen. Dennoch kam es nicht zum völligen Bruch mit dem Osten; bis 1 1 5 5 / 1 1 5 6 wurden die Verhandlungen über einen gemeinsamen Feldzug gegen die Normannen sowie über eine Eheverbindung weitergeführt.28''* Das negative Ergebnis jedoch konnte schließlich nicht ausbleiben. Dieser Verschärfung des Gegensatzes in den praktischen Beziehungen zum Trotz hat Barbarossa die byzantinischen Vorstellungen, mit denen er als Teilnehmer am zweiten Kreuzzug ebenso persönlich in Berührung gekommen war wie sein Vorgänger, in starkem Maße zur Rechtfertigung seiner Politik benutzt. Man kann jetzt geradezu von einer neuen Phase bei der Herausbildung der staufischen Staatsauffassung sprechen, da die nunmehr stabilere Position der Zentralgewalt es erlaubte, die neu vermittelten Elemente der Herrschaftsideologie aus dem Bereich der reinen Theorie zu lösen und sie zu Prinzipien der realen Politik zu erheben. Waren unter Konrad diese Elemente nicht viel mehr als Keime und nutzte man sie allein aus dem Bestreben heraus, eine Gleichstellung mit dem oströmischen Reich zu erreichen, so bediente sich Friedrich des byzantinischen Vorbildes seit dem Beginn seines Konfliktes mit dem Papsttum immer offensichtlicher zur Gestaltung des Verhältnisses zwischen Imperium und sacerdotium. Hierbei darf 279
Sager von St. Denis, Vie de Louis VI le Gros c. 10, 27, 28, a. a. O., S. 50, 60, 200, 218, 2 3 0 . GLASER, H . , a . a . O . , S .
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115.
Zu dieser Frage vgl. WERNER, K. F., a. a. O., S. 1 ff. Die Quellen sind zusammengestellt bei GRÜNEWALD, W. L., a. a. O., besonders S. 21 f.. 49, 57, 67, 88, 131, 154 f., 159, 259, 274 f. Interessant ist die einschränkende Bemerkung des Robert von Torigni bei der Erwähnung von Konrads Tod: „Hic
nunquam
fuit
Rome coronatus; ideo non rccte vocalur Imperator, sed rex Alemannorum." (Roberti de Monte cronica ad a. 1151, ed. L. C. BETI-IMANN in: MG. SS. VI, S. 499) ; hier deutet sich die veränderte Haltung zum Papsttum an, welche um die Mitte des 12. Jh. in der englischen Historiographie Platz griff. Wibaldi epistolae nr. 337 und 338 von 1151, a. a. O., S. 4 6 7 . -
Über das Eingreifen
Friedrichs in den Streit vgl. Otto von Freising, Gesta Frederici lib. II, c. 5, a. a. O., S. 290. 283
V g l . RASSOW, P . , a . a . O . , 2 . A u f l . , S . 4 5
ff.;
LAMMA, P . , a . a . O . , B d .
1 , S . 1 1 5 ff.
Dies betonte zu Recht besonders JUNGFER, II., Untersuchung der Nachrichten über Friedrichs I. griechische und normannische Politik bis zum Wormser Reichstage (31. März 1 1 5 7 ) , Berlin 1874, passim. 22f>
nicht außer acht gelassen werden, daß ihm auch viele aus dem justinianischen Recht stammende Ideen über Byzanz vermittelt wurden 285 beziehungsweise Ostrom das praktische Beispiel für ihre Verwendung bot. Ein großer Teil dieser Einflüsse ist quellenmäßig nicht exakt faßbar; durch eine kritische Analyse der Urkundenformeln läßt sich die Kaiserauffassung des Hofes aber doch herausarbeiten. Wir haben in diesem Zusammenhang die Kontinuität in der Reichskanzlei zu beachten, denn Friedrich übernahm ja die Hauptnotare Konrads III., Wibald, Heribert und Albert, welche ihre traditionelle Aktivität auch in bezug auf Byzanz fortsetzten. 286 So nahm der Streit um den Titel „Imperator Romanorum" auch mit dem Thronwechsel von 1152 kein Ende. Rahewin hat hierzu, das Problem prägnant zusammenfassend, geschrieben: „Imperatorem Constantinopolitanum Manuel, ultro amicitiam et societatem eius expetentem, cum sese sicut antecessores sui Romanorum appellaret imperatorem, inflexit, ut se non Rome, sed Neorome vocet imperatorem."287 An seinen Vorgänger anknüpfend, beanspruchte auch Barbarossa den Titel „Kaiser der Römer" für sich und führte ihn im Verkehr mit Byzanz auch schon vor der päpstlichen Krönung vom Jahre 1155, deren konstitutiven Wert er damit in gewissem Grade mißachtete. Immerhin aber bleibt die Tatsache bestehen, daß die überwiegende Mehrzahl seiner Urkunden aus der Königszeit nur den „rex"-Titel aufweist. Der papstfreie imperator-Begiiü, wie wir ihn bezeichnen möchten, ist aber bedeutend vielschichtiger, als bisher angenommen wurde. Ohnsorge hat in seinen sonst sehr verdienstvollen Untersuchungen doch zu einseitig nur das byzantinische Beispiel gesehen und wohl deshalb von einem säkularisierten Kaiserbegriff Friedrichs I. gesprochen. 288 Eine genauere Betrachtung aller seiner Komponenten zeigt, daß dies keinesfalls treffend ist, sondern daß sein Inhalt vornehmlich traditionellbiblisch-theologisch bestimmt war. Es muß Ohnsorge entgegengehalten werden, daß für die staufische Auffassung vom Kaisertum Byzanz nur einige, wenn auch sehr wesentliche Impulse verlieh, deren Bedeutung für die weitere Entwicklung gebührend herausgestellt werden muß. Wie steht es mit der Titelfrage in den Diplomen Barbarossas? Bereits wenige Wochen nach dessen Wahl und Königskrönung wurde in einem am 20. April 285
280 287
288
Vgl. unten S. 260 ff. Auf byzantinische Einflüsse bei Otto von Freising, der ja ebenfalls am zweiten Kreuzzug teilgenommen hatte, machte aufmerksam: DÖLGER, F., Byzanz und das Abendland vor den Kreuzzügen, in: Relazioni del X. Congresso Internazionale di Scienze Storiche, Bd. 3, Florenz 1955, S. 106. Vgl. ZEILLINGER, K., Die Notare in der Reichskanzlei, a. a. O., S. 551. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 86, a. a. O., S. 712. Zum Konflikt in der Titelfrage kam es beispielsweise auf dem Würzburger Reichstag im September 1157; vgl. ebenda lib. III, c. 6, S. 404. Aufschlußreich ist auch eine Stelle der Annales Stadenses ad a. 1179, ed. I. M. LAPPENBERG in: MG. SS. XVI, S. 349. Der Ludus de antichristo nannte den Oströmer ebenfalls stets „lex Grecoium", während er den deutschen Herrscher als „imperator Romanorum" bezeichnete; vgl. HAUCK, K., Zur Genealogie und Gestalt des staufischen Ludus de Antichristo, a. a. O., S. 11-26. OHNSORGE, W., „Kaiser" Konrad III., a. a. O., S. 384; ders., Das Zweikaiserproblem, a. a. 0., S. 99 f. und 125. Übrigens dürfte auch für Byzanz die Bezeichnung „säkularisierter Kaiserbegriff" unzutreffend sein.
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1 1 5 2 für die Abtei Laach ausgestellten Stück fast programmatisch verkündet: „Nos igitur qui Romani imperii solium post patruum nostrum conscendimus mi289 seratione Domini..." Der dies tat, war der von 1 1 5 2 bis 1 1 5 5 in der Kanzlei tätige Schreiber Arnold II. C 2 9 0 ; er, der an Papsturkunden Geschulte, nahm die unter anderem vom Notar Albert vertretene Linie in der T i t e l g e b u n g 2 9 1 auf, führte sie weiter und wendete die ¿mperaior-Benennung auch gerade italienischen Empfängern gegenüber an. Das Verhältnis zum sacerdotium zeitigte seine Auswirkungen auf unser Problem bereits im Konstanzer Vertrag von 1 1 5 3 , dessen unterschiedliche Textüberlieferung der Forschung zahlreiche Klippen bot. D a s Briefbuch Wibalds enthält 289
St. 3621; für die Mitteilung der Stelle danke ich Herrn Dr. R. M. HERKENRATH. In der Arenga der Urkunde heißt es ebenso wie in der von St. 3642 aus dem gleichen Jahre: „ex commisso nobis regie polestatis imperio". 290 Von EGGER, R., a. a. O., S. 71 i., Schreiber 1 genannt. Vgl. auch ZEILLINGER, K., Die Notare, a. a. O., S. 526 ff. -Arnold II. C verfaßte St. 3639 von 1152 für die Grafen von Novara, dessen Intitulatio den imperator-Titel aufweist (vgl. SIMONSFELD, H., a. a. O., S. 120 f., Anm. 392) ; jedoch wird, wie auch bei allen im folgenden angeführten Fällen, erst die kritische Edition klären, inwieweit eine Verwertung von Vorurkunden o. ä. in Betracht zu ziehen ist. In St. 3646 von 1152 für den Bischof von Vercelli heißt es: „Quia Romani imperii regimen poleslalemque suscepimus.. "; St. 3667 von 1153 für den Bischof von Comü enthält in der Signumzeile wieder den römischen Kaisertitel (dies eine freundliche Auskunft von Herrn Dr. K. ZHII.LINGER). St. 3676, 3690, 3693 a sind Fälschungen; bei St. 3676 a von 1153 („in prima gloriosi imperatoris Friderici") handelt es sich vielleicht um eine spätere Aufzeichnung. Dagegen ist der imperator-Titel in St. 3709 von 1155 Mai 15 echt (EGGER, R., a. a. O., S. 177); es war ein Empfängerschreiber aus Benediktbeuren, der hier den damals auf dem Italienzuge befindlichen und kurz vor der Krönung stehenden Staufer als Kaiser titulierte. Die Constitutio de pace tenenda, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 140, S. 195, welche mit den Worten „Fredericus Dei gratia Romanorum imperator Semper augustus" beginnt, ist ohne jedes Datum überliefert; sie wurde jedoch von SIMONSFELD, H., a. a. O., S. 59 f., in das Jahr 1152 gesetzt und von HAUSMANN, F . Reichskanzlei, a. a. O . , S. 265 mit Anm. 5, dem Notar Heribert zugeschrieben. 291 Nach ZEILLINGER, K., Die Notare, a. a. O., S. 504, Anm. 20, findet sich in St. 3625 von 1152 Mai 9 für das Stift St. Georgenberg - der ersten Barbarossa-Urkunde, an deren Herstellung Albert beteiligt war — der imperator-Titel in der Publicatio. Leider wird diese Angabe durch den Druck von A. DIESTELKAMP, Diplomatische Beiträge zur Geschichte der Diözese Hildesheim, in: Niedersächsisches Jahrbuch 10/1933, S. 62, nicht bestätigt; das Original ist heute verloren. Ob der Kaisertitel in St. 3632 echt ist, ist fraglich; vgl. SIMONSFELD, H., a. a. O., S. 107, Anm. 342. Die Wendungen „sub nostra imperiali tuitione; imperii nostri; imperiale preceptum" in St. 3633 von 1152 für das Kloster Gottesgnaden scheinen dagegen auf einen Empfängerschreiber zurückzugehen, der das DK. III. 265 als Vorurkunde benutzte. Daß der Staufer auch von Zeitgenossen außerhalb der Königskanzlei vor J.155 als Kaiser bezeichnet wurde, zeigt beispielsweise die Datierungszeile in ¿iner Urkunde Herzog Welfs VI. von 1153 für das elsässische Kloster Königsbrück: „...regnante domino noslro Fiiderico Romanorum imperatore" (vgl. SIMONSFELD, H., a. a. O., S. 150, Anm. 2). Entsprechende Stellen in der Historiographie (angegeben ebenda, S. 85, Anm. 267; S. 86 f., Anm. 269) sind von geringem Belang, da die betreffenden Werke fast alle später als 1155 verfaßt worden sind. lti
Koch, Sacrum Imperium
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den Ende 1152 in Rom entstandenen Vertragsentwurf, in dem Friedrich I. durchgängig als „rex" bezeichnet wurde.292 Der endgültigen Ausfertigung von Konstanz gab man die Form eines Bestätigungsschreibens des Herrschers an den Papst, in welchem der Vertragstext selbst als Insert erscheint; hier weisen Adresse, Signumzeile und eine geänderte Stelle des Kontextes den römischen Kaisertitel auf, während darüber hinaus auch der Begriff „honor regni" einmal durch „konor imperii" ersetzt wurde.293 Handelt es sich, wie wohl anzunehmen ist, bei Entwurf und Reinfassung um zwei gesicherte Überlieferungen, dann begegnet in diesem Zusammenhang neben der Kaiserwürde, welche der Staufer laut Vertrag durch die Krönung des Papstes erhalten sollte294, eine ihm bereits eigene, davon zu unterscheidende. So nimmt es nicht wunder, daß die Forschung den Differenzen in beiden Texten große Aufmerksamkeit gewidmet hat, und da sie zu keiner Übereinstimmung gelangte, ist ein erneutes Aufgreifen der Frage nicht ohne Interesse. Zatschek hat die Textunterschiede zunächst als unbedeutende Einzelheiten abgetan 2 9 5 ; wenig später aber sah er in ihnen bereits nicht unwesentliche inhaltliche Verbesserungen, durch die Friedrich — so folgert er — auch Italien habe in den Vertrag einbeziehen wollen.290 Rassow hielt sie dann wieder für unwichtig; da sie nicht einheitlich durchgeführt seien, käme ihnen nur eine stilistische Bedeutung zu, und obendrein enthalte der Vertrag an sich ja schon „die Anerkennung Friedrichs als Kaiser durch den Papst". 297 Neuerdings ging M. Maccarone auf dieser von Rassow eingeschlagenen Bahn noch ein Stück weiter, indem er die Textdifferenzen allein auf Mängel der Überlieferung zurückführte; wie er meinte, sei der Königstitel des Originals von einem späteren Kopisten in den Kaisertitel umgeändert worden.298 Schon 1932 hatte Ohnsorge dagegen eine grundlegend andere Ansicht geäußert und sie 1942 weiter ausgebaut. Ihr zufolge markierten die Textänderungen eine Etappe in der Entwicklung der staufischen Staatsidee; der im Verkehr mit Konstantinopel herausgebildete säkularisierte imperator-Begriff sei auf Veranlassung Friedrichs von dem in Konstanz anwesenden Wibald von Stablo in den Vertrag eingeführt worden, um die königliche Stellung ideell zu stärken. 299 Dieser Auffassung schloß sich F. Hausmann an. 300 292 293
294
Wibaldi epistola nr. 407, a. a. O., S. 546 f. Pactum Constantiense cum Eugenio III. papa. Confirmatio regis, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 145, S. 202 f. Verbesserte Editionen bieten P. RASSOW in: Honor imperii, a. a. O., 2. Aufl., S. 1 1 7 - 1 2 0 , und M. MACCARONE, Papato e impero. a. a. O., S. 50 f. Konstanzer Vertrag, ed. P . RASSOW, a. a. O . , S. 1 1 8 : „Dominus uero papa ... promisil et
obseruabit, quod eum ... imperatorem coronabit."
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ZATSCHEK, H., Wibald von Stablo, a. a. O., S. 425. Ders., Beiträge zur Geschichte des Konstanzer Vertrages vom Jahre 1153, Wien und Leipzig 1930, S. 4 und 8 (SB. Ak. Wien, Bd. 210, 3. Abhdlg.). RASSOW, P., a. a .0., S. 62 f. Vgl. dazu die Rezension des Werkes von GRUNDMANN, H., in: HZ. 164/1941, S. 578.
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MACCARONE, M., Papato e impero, a. a. O., S. 49 f. OHNESORGE, W„ „Kaiser" Konrad III., a. a. O., S. 383 f.; die These von der Beteiligung Wibalds erscheint zuerst in: ders., Zu den außenpolitischen Anfängen, a. a. O., S. 411 ff.
^
HAUSMANN, F . , Reichskanzlei, a. a. O., S. 2 3 8 .
298
228
Von all den hier dargelegten Thesen ist heute nur noch ein Teil akzeptabel, der jedoch auch durch unsere Untersuchung bestätigt wird. In das von uns beigebrachte umfangreiche Material über den papstfreien Kaisertitel der frühen Staufer lassen sich die genannten Stellen des Vertrages von Konstanz zwanglos einordnen; das aber heißt, daß der in ihnen begegnende imperator-Titel nicht mehr als unbedeutende stilistische Änderung gewertet werden kann. 3 0 1 Wie bereits dargelegt, ist es unseres Erachtens allerdings wahrscheinlicher, daß entgegen der Annahme von Ohnsorge und Hausmann nicht Wibald, sondern der Notar Albert den Vertragstext änderte. 3 0 2 Sicher nachgewiesen ist andererseits, daß der Stabloer Abt im September 1153, nur wenige Monate nach dem Vertrag von Konstanz also, einen Brief Friedrichs I. an Manuel verfaßte. 3 0 3 In diesem verwendete er, die unter Konrad III. geübte Tradition fortsetzend, den römischen imperator-Titel für seinen König und verstärkte ihn darüber hinaus erstmalig mit den Epitheta „ m a g n u s et pacificus, a Deo coronatus" — ein bemerkenswerter Hinweis auf die nunmehr einsetzende Rezeption karolingischer Vorstellungen. Was den Inhalt des Schreibens betrifft, so drückte Friedrich, ungeachtet des Vertrages mit Papst Eugen, dem „imperalor Constantinopolitanus" sein Interesse an einer Fortführung des Bündnisses mit Byzanz aus. Andere Bezeichnungen als die des imperator scheinen zur Umschreibung der kaisergleichen Stellung, welche der deutsche König schon vor seiner römischen Krönung innehatte, nur in recht geringem Maße gebraucht worden zu sein. Eine gewisse Bedeutung hatte wohl noch der aus der Antike überkommene Begriff „princepsdessen Verwendung durch die Reichskanzlei von Koller untersucht worden ist. 3 0 4 Zuweilen begegnet auch der caesar-Titel, dem ebenfalls eine imperiale Erhöhung des Herrschers immanent ist. 3 0 5 Auch in der Erneuerung des Konstanzer Vertrages für Hadrian IV. von 1155 Februar/März blieb der Kaisertitel erhalten; vgl.: Innovatio pacti Constantiensis, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 151, S. 214 (verbesserte Edition von H. ZATSCHEK in: Beiträge, a. a. O., S. 4 9 - 5 1 ; ebenda, S. 22-28, die Begründung für die Neudatierung). 3 0 2 Siehe oben S. 159. 3 0 3 Wibaldi epistola nr. 410, a. a. O., S. 548 f. Vgl. ZATSCHEK, H., Wibald von Stablo, a. a. O., S. 425 f.; die Datierung wurde von OHNSORGE, W., ZU den außenpolitischen Anfängen, a. a. O., S. 412 f., berichtigt. Vgl. auch HAUSMANN, F., Reichskanzlei, a. a. O., S. 240. Der Privatbrief Wibalds an Manuel (Wibaldi epistola nr. 411, a. a. O., S. 550), gehört ebenfalls in den September 1153. Manuel nannte in seinen Briefen an Wibald die Staufer nur „Könige Roms" und sprach ihnen damit jegliche Universalitätsansprüche ab (Wibaldi epistolae nr. 325 von 1151, a. a. O., S. 454: „rex Rome" für Konrad III., und nr. 424 von 1153, ebenda, S. 561, für Friedrich I.). 3 0 4 KOLLER, H., Die Bedeutung des Titels „princeps" in der Reichskanzlei unter den Saliern und Staufern, in: MIÖG. 68/1960, S. 63-80. So wurden in den Arengen „ p r i n c i p a l i s " und „imperialis" synonym gebraucht; vgl. etwa HAUSMANN, F., Formularbehelfe, a. a. O., Formeln 31 a und 31 b, S. 84. Otto von Freising und Rahewin nannten in ihren „ Gesta" den Herrscher des mittelalterlichen Imperiums sowohl vor wie nach seiner Kaiserkrönung „princeps"; vgl. SCHMALE, F.-J., in: Gesta Frederici, a. a. O., S. 97, Anm. 36. > 3 0 5 Nachweise für diesen Titel aus der Zeit vor Konrad III. und aus der späteren Periode Friedrichs I., auf die wir hier nicht eingehen, bei BUCKUSCH, M., a. a. O., S. 18 f. und
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16*
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Zusammenfassend kann festgestellt werden: Die Titelveränderungen in den Diplomen Konrads III. und Friedrich Barbarossas liefern wichtige Aufschlüsse über die historische Herausbildung der staufischen Ideologie. Während die Verbindung des kaiserlichen Epithetons „(semper) augustus" mit dem Königstitel wahrscheinlich auf die eigene lateinische Tradition zurückzuführen ist, erwuchs die Antizipation des römischen imperalor-Tilels vor allem aus dem Bestreben heraus, eine Gleichstellung mit dem oströmischen Reich zu erlangen. Im Rivalitätskampf, der zwischen Byzanz und den Stauiern um den Anspruch auf das imperium Romanum geführt wurde, operierte man bereits zur Zeit Konrads III. mit einem papstfreien Kaisertitel, wodurch der konstitutive Wert der päpstlichen Krönung faktisch geleugnet wurde. Friedrich I. und seine Ideologen bedienten sich dieses neuen Elements besonders bei der Gestaltung des Verhältnisses zwischen regnum und sacerdotium; sie verschmolzen es mit denjenigen Bestandteilen der staufischen Herrschaftsbegründung, welche die göttliche Provenienz und die irdische Vermittlung des Kaisertums präzisierten und erweiterten. Historisch-chronologisch gesehen, hat Byzanz somit einen entscheidenden Anstoß zur Entwicklung neuer Züge in dieser Herrschaftsbegründung gegeben. Vor allem in jener Phase, da sich die wechselseitigen Kontakte erst herauszubilden begannen, hat Wibald von Stablo als Vermittler der oströmischen Ideen die entscheidende Rolle gespielt. Er wurde dabei vom Notar Albert unterstützt, der, schließlich über die Intentionen Wibalds hinausgehend, den neuen Kaiserbegriff auch dem Papsttum gegenüber ins Feld führte. Der Vertrag von Konstanz bot hierfür ein anschauliches Beispiel.
e) Die antik-römische
Tradition. Das römische
Recht
Neben der fränkisch-karolingischen sowie der byzantinischen Tradition haben vor allem auch die von Italien her ausstrahlenden antik-römischen Anschauungen die ideologische Herrschaftsbegründung der Staufer wesentlich beeinflußt. Dabei müssen wir wieder, wie es schon in früheren Kapiteln geschah, zwischen dem 60, sowie bei OHNSORGE, W., Das Milkaisertum in der abendländischen Geschichte des frühen Mittelalters, in: Abendland und Byzanz, Weimar 1958, S. 281 f. Der caesar-Titel wird in Briefen Wibalds an Lothar III. (Wibaldi epistola nr. 12, a. a. O., S. 88) und an Konrad III. (ebenda nr. 150 und 201, S. 233, 245, 320; vgl. auch das DK. III. 170, a. a. O., S. 308) gebraucht; meines Wissens erscheint er aber nur einmal vor 1155 in der Intitulatio eines Barbarossa-Diploms („in Christo Semper victor cesar augustus": St. 3687 von 1154 für das Kloster Maulbronn). Diese ungewöhnliche Wendung geht jedoch nach EGGER, R., a. a. O., S. 203, auf einen Empfängerschreiber zurück. - Auf die im Text angeführte Glorifizierung des Herrschers durch den caesar-Titel weisen auch die Bemerkungen des Vincenz von Prag (Vincentii Pragensis annales ad a. 1156, ed. W. WATTENBACH in: MG. SS. XVII, S. 665: „rex Fridericus . . . Romam ad papam Adrianum, ut eum in cesarem iure debito consecret, iter. . arripuit") und der Annales Palidenses ad a. 1155, ed. G. H. PERTZ in: MG. SS. XVI, S. 89 (vgl. etwa: „His gestis cesar cum victoria et gloria magna revertitur."). 230
römischen Erneuerungsgedanken 3 0 6 , der das mittelalterliche Reich ideell mit dem antiken Imperium Romanum verknüpfte 3 0 7 , und der Rezeption des römischen Rechts unterscheiden. Ersterer wurde um die Mitte des 12. Jh. besonders von den Stadtrömern in den Vordergrund gestellt, welche in ihren Briefen an die Staufer die Wiederherstellung des antiken Kaiserreiches, wie es zu Zeiten Konstantins und Justinians bestand, forderten. 3 0 8 Die uns hier interessierende Frage ist nun, welche Rolle diese Vorstellung, das Programm einer reformatio imperii, in der staufischen Ideologie selbst gespielt hat. In einem von Abt Wibald verfaßten Konrad-Brief an Papst Eugen III. hieß es 1150 erstmalig: „Et imperium Romanum in pristina dignitalis robur reformari deo auctore valeat,"309 Bezogen wurden diese Worte hier wohl in erster Linie auf die Aufgabe innerhalb des deutschen Reiches, denn Wibald kommentierte sie unter anderem mit der Regelung der Abtsfrage im Kloster Murbach: Diese Maßnahme diente, wie er schrieb, dem Herrscher „ad restaurandum regni honorem" Nachdem Konrad gestorben war und Friedrich I. die Lage im Inneren stabilisiert hatte, traten jedoch die außenpolitischen Ziele stärker in den Vordergrund. Als Beispiel hierfür sei genannt, daß seit dem Reichstag von Roncaglia im Jahre 1158 eine neue Phase der staufischen Restaurationsbestrebungen in Italien begann. Ein Jahr später bereits stellte Barbarossa in seiner Auseinandersetzung mit Papst Hadrian IV. nachdrücklich seine Hoheitsrechte über Rom, das caput imperii, heraus; wie er betonte, trage er als römischer Kaiser einen leeren Namen ohne Inhalt, wenn ihm die Herrschaft über die ewige Stadt entrissen würde. 3 1 1 Damit erkannte er die ausschließlichen Hoheitsrechte des Papstes in Rom nicht an. Die in der folgenden Zeit relevanten Ziele und Probleme der staufischen renovatio imperii liegen nicht mehr innerhalb unserer Untersuchungsperiode. Kirfel vertrat die Meinung, sie hätten sich innerhalb des Reiches und seiner Grenzen bewegt und seien nicht vom altrömischen Bild des Weltreiches bestimmt worden. 3 1 2 Von einer konstanten politisch-ideologischen Prämisse der staufischen Politik wird man aber wohl nicht ausgehen dürfen. Ob als Leitbilder Barbarossas Karl der Große und Otto I. 3 1 3 oder Konstantin, Theodosius und Justinian 3 1 4 angeführt 306
307 308 309
Hierfür grundlegend bis zum Investiturstreit SCHRAMM, P. E., Kaiser, Rom und Renovatio, Bd. 1, 2. Aufl., a. a. O., S. 251 ff. und 275 ff. Vgl. allgemein FOLZ, R„ L'idée d'Empire, a. a. O., S. 110 ff. und 115 ff. Siehe oben S. 201 f. DK. III. 222, a. a. O., S. 395 ; vgl. das DK. III. 230, ebenda, S. 407, einen weiteren Brief an den Papst aus dem gleichen Jahre: „de tocius Romani imperii reformanda dignitate". Wibald hat wohl auch in der Wahlanzeige Friedrichs I. an den Papst folgende Stelle inspiriert: ret Romani imperii celsitudo in pristinum suae excellentiae robur Deo adiuvante refoimetur": Electio regia: Litterae regis ad papam, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, H a n n o v e r 1 8 9 3 , nr. 1 3 7 , S. 192.
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DK. III. 222, a. a. O., S. 395. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 35, 65, 86, a. a. O., S. 588, 646, 712. Vgl. hierzu APPELT, H., Kaiseridee, a. a. O., S. 22 f., und oben S. 208.
312
KIRFEL, H . J., a. a. O., besonders S. 78.
313
Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 32 (29), a. a. O., S. 464. Ebenda lib. IV, c. 64 und 74, S. 644 und 662; Constitutio de testamentifactione clerico-
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wurden, ob die Wiederherstellung des Reiches sich am karolingisch-ottonischfrühsalischen oder am altrömischen „Idealzustand" orientierte, hing doch sehr stark von den realen Machtverhältnissen ab. Besonderen Einfluß hierauf wird man den gegen die staufische Politik opponierenden Kräften in Italien und den übrigen europäischen Ländern zuzubilligen haben. Der entscheidende innere Faktor ist dagegen darin zu suchen, daß die staufischen Restaurationsbemühungen nicht der inneren Konsolidierung des deutschen Reiches dienten, sondern mit ihrer Hilfe imperiale Ziele verfolgt wurden. Auch im 12. Jh. sind mit Vorliebe das Wirken Konstantins und seine angebliche Schenkung an die Kurie von den verschiedenen Parteien herausgestellt und oft auch umgedeutet worden mit dem Ziel, die jeweils eigenen Ambitionen zu untermauern.315 Ohne selbst eine Stellungnahme abzugeben, legte bereits Otto von Freising in seiner Chronik einerseits die kuriale, andererseits die kaiserliche Ansicht dar 3 1 6 ; die Stadtrömer aber bezeichneten wenig später die Donatio Constantini glatt als Fälschung. Sie sahen in jenem Herrscher allein den antiken römischen Imperator, in dessen Person sich nicht zuletzt freilich auch ein vorbildlicher Zustand des Reiches verkörperte.317 In ihren 1157 aufgeflammten Auseinandersetzungen haben sich Kaiser und Papst nicht ausdrücklich auf die Konstantinische Schenkung berufen. Daß diese, wie G. Laehr meinte, im Hintergrund der Forderungen stand, die Hadrian IV. in Besançon durch seine Abgesandten vorbringen ließ 3 1 8 , ist nicht sicher zu erweisen. Auch auf staufischer Seite findet sich erst in dem angeblichen Briefwechsel zwischen Hadrian und Friedrich die Bemerkung, daß die Kurie, welche vor dem Pontifikat Silvesters keine Regalien besessen habe, diese der frommen Gabe Konstantins verdankte.319 Daß hiermit die Priorität der weltlich-herrschaftlichen Rechte des Imperators vor denen der Kirche hervorgehoben werden sollte, bedarf keines Beweises, Friedrich I., dessen Hoheitsanspruch über Rom bereits des öfteren erwähnt wurde 320 , hat die Schenkung, soweit sie die Ewige Stadt betraf, offenbar nicht für dauernd rechtskräftig gehalten. Übrigens ist zu vermerken, daß er auch in anderer Beziehung auf Konstantin verweisen ließ. Als er sich um die Beilegung des 1159 ausgebrochenen Schismas bemühte, wurde die These verfochten, daß ihm Einberufung und Eröffnung des Konzils von Pavia nach dem Beispiel jenes Kaisers und Justinians, aber auch Karls des Großen und Ottos I. zuständen 321 , und schließlich begründete Rahewin die Tatsache, daß er
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3,6 317
rum c. 3, in: MG. Const. I, a. a. O., nr. 227, S. 322. An allen drei Stellen werden die fränkischen und die antiken Kaiser in einem Atemzug genannt - eine Tatsache, welche die Amalgamierung beider Traditionen klar zum Ausdruck bringt. Vgl. LAEHR, G., a. a. O., S. 50 ff.; WOLFRAM, H., Constantin als Vorbild, a. a. O., S. 233 ff. Otto von Freising, Chronica lib. IV, prologus und c. 3, a. a. O., S. 182 und 187 f. Wibaldi epistola nr. 404, a. a. O., S. 542; siehe oben S. 201 f.
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LAEHR, G . , a . a . O . , S . 5 9 .
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Epistola Frederici imperatoris ad Adrianum papam, ed. N. HÖING in: AfD. 3/1957, S. 203. Vgl. oben S. 208 und S. 231. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 64 und 74, a. a. 0 . , S. 644 und 662.
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„seinem" Papst Viktor IV. gegenüber den Marschalldienst versah, mit der gleicher» Leistung Konstantins für Silvester. 322 Charakteristisch erscheint hier die Hervorhebung der Kontinuität des antiken und des fränkischen Kaisertums sowie die Verschmelzung dieser beiden Traditionselemente. Wenn seitdem das konstantmische Vorbild in den Konzeptionen der Staufer kaum noch eine Rolle spielte 323 , so wird dies, wie vor nicht allzu langer Zeit H. Wolfram vermutete 324 , gewiß mit dem Gegensatz zu Byzanz zusammenhängen; wurde doch die translatio imperii nach Ostrom als eine unrechtmäßige Reichsgründung angesehen. 325 Eine entscheidende Stütze erwuchs der staufischen Herrschaftsideologie im römischen Recht, das nunmehr weit stärker als unter den Saliern eine Waffe zur Begründung von Machtansprüchen abgab. Die unter Heinrich V. angebahnte Verbindung zwischen dem Kaisertum und der Rechtsschule von Bologna wurde in der Zeit Friedrich Barbarossas beträchtlich intensiviert, wobei an dieser Verbindung ein lebhaftes gegenseitiges Interesse bestand. 326 Als Nachfolger der Cäsaren nämlich nahmen die Kaiser für sich in Anspruch, zur Stützung ihrer Positionen auch das Recht dieser ihrer antecessores heranzuziehen; die Glossatoren ihrerseits aber wiesen, um die Geltung der vor Jahrhunderten erlassenen leges in ihrer eigenen Zeit zu begründen, auf die Kontinuität des alten und neuen Reiches hin. Auf seinem ersten Italienzug empfing Friedrich im Jahre 1155 die Professoren und Schüler von Bologna im kaiserlichen Lager und gewährte ihnen ein Schutzprivileg 327 , und drei Jahre später zog er auf dem bekannten Reichstag von Roncaglia die vier Legisten Märtinus, Bulgarus, Hugo und Jacobus zur Feststellung seiner Rechte in Italien heran.328 Gerade die auf jener Versammlung im November 1158 vorgenommene Gesetzgebung hat die Forschung in besonderem Maße zu der Frage geführt, inwieweit die Reichsregierung unter Barbarossa insgesamt von römisch-rechtlichen Grundsätzen bestimmt wurde. Wie sie im Laufe der Zeit immer präziser beantwortet wurde, kann hier nur in den Grundzügen skizziert werden. Im Anschluß an F. C. v. Savigny 329 betonte 1885 M. Pomtow in einer noch heute lesenswerten Untersuchung, daß die Verwendung des römischen Rechts in der Praxis unbedeutend geblieben sei. Deutschland habe kaum etwas von seiner Wirkung zu spüren bekommen, und auch die Grundlage von Friedrichs Ebenda c. 78, S. 682. 323 Ygj e t w a n o c h die in Anm. 314 genannte Constitutio de testamentifactione clericorum von 1165 Sept. 26. 3 3 4 Wolfram, H., Constantin als Vorbild, a. a. 0., S. 235. 3 2 5 Gottfried von Viterbo, Speculum regum lib. II, c. 36, ed. G. W a i t z in: MG. SS. XXII, S. 80. 322
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Vgl. C o i n g , H . , a. a. 0 . , S. 1 5 f. u n d 3 0 f.
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Die einzige, aber glaubwürdige Quelle für diese Zusammenkunft ist das Carmen de gestis Frederici I. imperatoris in Lombardia, a. a. O., S. 1 6 - 1 8 . Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, cc. 6 - 9 , a. a. O., S. 520 ff. Die weiteren Quellen sind zusammengestellt bei N a s a l l i R o c c a , E., La dieta di Roncaglia del 1158 nei cronisti medioevali italiani, in: Archivio storico per le province Parmensi, 4 e ser. 10/1958, S. 51 bis 78. Die Gesetze wurden ediert in: MG. Const. I, ed. L. Weiland, Hannover 1893, nr. 175-178, S. 2 4 4 - 2 4 9 . S a v i g n y , F. C. von, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter, Bd. 4 : Das zwölfte Jahrhundert, 2. Ausg., Heidelberg 1850, S. 175.
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233
Herrschaft in Italien sei nicht antik-römisch, sondern durch das Eroberungsrecht der fränkischen Könige bestimmt gewesen. 330 In ihren Hauptzügen wurde diese Auffassung zunächst beibehalten. Auch H. Koeppler sah die Bedeutung der Juristen nämlich mehr darin, daß sie die bereits vorhandenen kaiserlichen Forderungen formulierten und nicht so sehr der Politik Friedrichs I. eine neue Richtung gaben. 3 3 1 In ähnlicher Weise argumentierten dann A. Hauck, W. Stach, H. Krause, F. Heer, H. J. Kirfel, A. Rota 3 3 2 und jüngst besonders H. Appelt 333 , der bemerkte, daß Barbarossa „Form und Geist römisch rechtlichen Denkens stets innerlich f r e m d " geblieben sind. H. Coing betonte darüber hinaus zu Recht, daß jene Gesetze, in welchen ein römisch-rechtlicher Einschlag nachweisbar ist, den eigenen Bedürfnissen und Zielsetzungen des Mittelalters entsprangen, man sie jedoch unter Zuhilfenahme der Kenntnisse der Legisten formulierte. 3 3 4 Dieser communis opinio zum Trotz wollte G. de Vergottini dem Einfluß des Corpus iuris auf die Rechtspraxis ein entscheidendes Gewicht zubilligen 3 3 5 , obwohl sich das mit den Erkenntnissen der gegenwärtigen Forschung schlecht vereinbaren läßt. Denn beispielsweise hat eine Spezialuntersuchung von P. W. Finsterwalder gezeigt, daß gerade die ronkalischen Gesetze des Jahres 1158 eine Mischung deutschrechtlicher und römischer Rechtssätze darstellen 336 , und Appelt machte auf die Verwertung des italienisch-langobardischen wie auch des kanonischen Rechts nachdrücklich aufmerksam 337 . Wenn auch, wie Coing noch einmal eindrucksvoll gezeigt hat, viele Gesetze römisch stilisiert waren und eine Reihe römischer Rechtsgedanken enthielten 3 3 8 . 330
POMTOW, M., Über den Einfluß der altrömischen Vorstellungen vom Staat auf die Politik Friedrich I. und die Anschauungen seiner Zeit, phil. Diss. Halle 1885, S. 52, 67, 70, 96 f. 331 KOEPPLER, H., Frederick Barbarossa and the Schools of Bologna. Some Remarks on the ,Authentica Habita', in: The English Historical Review 54/1939, S. 5 7 7 - 6 0 7 , besonders S. 537. 332 HAUCK, A., Kirchengeschichte Deutschlands, Bd. 4, 8. Aufl., Berlin/Leipzig 1954, S. 212; STACH, W., Salve, mundi domine!, a. a. O., S. 48; KRAUSE, H., Kaiserrecht und Rezeption, Heidelberg 1952, S. 46 f. (Abh. Ak. Heidelberg, Jg. 1952, 1. Abhdlg.) ; HEER, F., a . a . O . , Bd. 1, S. 209; KIRFEL, H. J., a . a . O . , S. 108; ROTA, A., Le fonti del diritto civile e la loro autorità alla metà del XII secolo nella considerazione imperiale e in quella dottrinaria, in: Studi Sassaresi, ser. II, 24/1952, S. 8 1 - 1 3 5 . ROTA hob besonders die Koexistenz des „barbarischen" Rechts hervor. 333 APPELT, H., Friedrich Barbarossa und das römische Recht, in: Römische historische Mitteilungen 5/1961-62, S. 18 ff.; das Zitat auf S. 34. Vgl. auch dens., Friedrich Barbarossa und die italienischen Kommunen, a. a. 0., S. 3 1 1 - 3 2 5 , besonders S. 318; ferner: Der Vorbehalt kaiserlicher Rechte in den Diplomen Friedrich Barbarossas, in: MIÖG. 68/1960, S. 8 1 - 9 7 , sowie schließlich: Kaiserkunde und Fürstensentenz unter • Friedrich Barbarossa, a. a. O., S. 3 3 - 4 7 . 334
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COING, H . , a. a . O . , b e s o n d e r s S . 4 4 .
VERGOTTINI, G. DE, Lezioni di storia del diritto italiano, Bd. 1, 3. Aufl., a. a. O., S. 166 ff. und 188 ff. FINSTERWALDER, P. W., Die Gesetze des Reichstags von Roncalia vom 11. November 1158, i n : Z R G . G A . 5 1 / 1 9 3 1 , S . 1 - 6 9 , b e s o n d e r s S . 6 4 ff.
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Vgl. die Angaben oben in Anm. 333. GOING, H., a. a. O., S. 38 II. Vgl. auch die beiden Aufsätze von ROTA, A. : Il valore politico immediato per l'Italia della „Constitutio de regalibus" del 1158, in: Studi Sassaresi,
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so kann ihr essentieller Gehalt doch nicht als antik, sondern muß als zeitgenössisch bezeichnet werden. Die in Jahrhunderlen grundsätzlich gewandelten sozialen und politischen Verhältnisse erlaubten eben nur eine begrenzte Anwendung des antiken Rechts, die sich im wesentlichen auf eine Anpassung in der Form beschränkte. Mit ihr umkleidete man einen den neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten des 12. Jh. adäquaten Inhalt, denn obwohl die staufischen Ideologen sich oftmals antiker Floskeln bedienten, wurden die Ursachen und Ziele der kaiserlichen Politik natürlich von den Realitäten ihrer Zeit bestimmt. Wir müssen hier wiederholen, was bereits bei der Behandlung des byzantinischen Einflusses hervorgehoben wurde: die staufische Vorstellungswelt war sehr vielschichtig und komplex, und auch das römische Recht stellt nur ein Element unter mehreren dar, von denen sie geprägt wurde. Im Grunde haben Friedrich, seine Kanzlei und auch die unter ihm aufblühende Hofhistoriographie selbst betont, daß f ü r sie das Gewohnheitsrecht der fränkisch-karolingischen Periode nicht weniger vorbildhaft war als die sanctae leges der antiken Kaiser. 339 Als seine Vorläufer sah der Staufer sowohl Konstantin und Justinian als auch Karl den Großen und Otto I. a n ; sie alle wurden eng verkettet in eine Reihe gestellt, was zeigt, daß im Bewußtsein der Zeit die beiden genannten Traditi onsströme verschmolzen. 340 In bezug auf die Rechtspraxis lieferte die Forschung also einen im wesentlichen negativen Befund f ü r die Anwendung des römischen Rechts. Uns bleibt nun die Aufgabe, noch einmal konkret zu untersuchen, welche inhaltliche Bedeutung die Leitsätze des antiken Staatsrechts f ü r die frühstaufische Ideologie selbst (die ja keineswegs immer mit der Praxis übereinstimmte) gehabt haben. Daß man sich um die Mitte des 12. Jh. zu einem vorrangigen Prinzip römisch-rechtlicher Herrschaftsbegründung, der Herleitung der Macht durch Volksübertragung (lex regia), insgesamt ablehnend verhielt, wurde schon festgestellt. Die nachweisbaren Entlehnungen aus dem Corpus iuris waren damals in den Diplomen wie auch in der Geschichtsschreibung noch nicht allzu umfangreich. Bei ihrer Betrachtung haben wir zu unterscheiden zwischen Wendungen mehr äußerlicher, rhetorisch-stilistischer Art und Übernahmen, die hauptsächlich des Inhalts wegen getätigt wurden. Beide resultierten keineswegs ausschließlich aus der Verbindung Friedrichs I. mit der Rechtsschule von Bologna, denn der Codex Justinianus hatte bereits in der salischen Kanzlei eine Rolle gespielt, wobei ita-
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ser. II, 2 3 / 1 9 5 0 - 5 1 , S. 5 8 - 3 4 , und: L'impero e i nuovi organismi politici in Italia di fronte alla „Constitutio de regalibus" del 1158 e avanti alla pace di Costanza, in: ebenda 24/1952, S. 1 - 2 0 . Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 20 (17), a. a. O., S. 436. Vgl. die Constitutio de testamentifact.ione clericorum, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 227, S. 322: „Nos igilur predecessorum nostrorum divorum imperatorum, magni Constantini videlicet et lustiniani et Valentiniani necnon Karoli et Ludowici vestigiis inherentes et sacras leges eorum tamquam divina oracula venerantes", und Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 74, a. a. O., S. 662. FOLZ, R., L'idée d'Empire, a. a. O., S. 116, bemerkt: „Héritage franc et idée romaine: telles sont les bases essentielles sur lesquelles est construite la doctrine impériale des Staufen." Allerdings war diese „doctrine", wie eben im Text ausgeführt, vielschichtiger und beschränkte sich nicht auf diese beiden Elemente.
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lienische Einflüsse maßgebend waren. Diese liegen auch in dem von Barbarossa zweimal bestätigen 3 '' 1 Lehnsgesetz Kaiser Lothars III. aus dem Jahre 1136 5 4 2 deutlich zutage; gingen doch hier die entsprechenden Zitate aus dem Codex auf einen oberitalienischen Notar zurück, der an der Entstehung der Urkunde beteiligt war. Am lehensrechtlichen Inhalt des Erlasses haben sie allerdings nichts geändert. Bemerkenswert ist ferner, daß hier mit „pius, felix, inclitus triumphator" Elemente der justinianischen Kaisertitulatur auftauchen 343 , welche später auch Otto von Freising und Rahewin gebrauchten 344 und an deren Verbreitung wohl Abt Wibald — nicht anders als beim caesar-Titel — in führender Weise beteiligt war. 345 Wundert es nach dem von uns Gesagten noch, daß sie in anderen Stücken mit dem karolingischen „a Deo coronatus" kombiniert wurden 346 und diese Zusammenstellung besonders in der außenpolitischen Korrespondenz Verwendung fand? Sowohl in einem 1157 abgefaßten Brief an König Ludwig VII. von Frankreich 347 als auch in einem späteren, für den oströmischen Kaiser Manuel bestimmten Schreiben 348 wollte man damit wohl die Weltgeltung von Barbarossas römischem Kaisertum hervorheben, und in der Tat konnte zu diesem Zweck kaum etwas Besseres gefunden werden. Die berühmte Definition der Gerechtigkeit aus den Institutionen Justinians (I, 1 , 1 = Dig. I, 1, 10): „Iustitia est constans et perpetua voluntas ins suum cuique tribuensin den Diplomen Heinrichs IV., wie wir wissen, bereits verschiedentlich angezogen 349 , wurde unter Lothar III. 350 und verstärkt unter seinem Nachfolger Konrad wieder aufgenommen, um die rechtsbewahrende Funktion des 341
MG. Cot)st. I, a. a. O., nr. 148 von 1154 und 177 von 1158, S. 207 f. und 247 ff. Vgl. hierzu auch FÖHL, W., a. a. O., S. 112 ff. ' M DL. III. 105, a. a. O., S. 170. Vgl. auch APPELT, H., Friedrich Barbarossa und das römische Recht, a. a. O., S. 26. •Vi3 Vgl. etwa die Einleitung zu den Institutionen. Über die Verwendung der kaiserlichen Titulatur seit dem 11. Jh. SCHRAMM, P. E., Kaiser, Rom und Renovatio, 2. Aufl., a. a. O., S. 283 f. 344 Otto von Freising, Chronica, Epistola ad Fridericum I., a. a. O., S. 1; ders., Gesta Frederici lib. II, c. 40 (39), a. a. O., S. 362; Rahewin ebenda lib. IV, c. 5 und 72, S. 516 und 660. Man bediente sich ihrer ferner in einem Schreiben Friedrichs an Ludwig VII. von Frankreich aus dem Jahre 1157, ed. W. v. GIESEBRECHT in: Gesch. d. dt. Kaiserzeit, Bd. 6, a. a. O., S. 356 f., sowie im Gesandtschaftsbericht Rainalds von Dassel und Pfalzgraf Ottos von Wittelsbach von 1158, ed. H. SÜDENDORF in: Registrum oder merkwürdige Urkunden für die deutsche Geschichte, 2. Theil, Berlin 1851, nr. LIV, S. 131. :v,ü Vgl. Wibaldi epistolae nr. 11 und 12 an Lothar III., nr. 339 an Konrad III., nr. 343 und 432 an Manuel, nr. 446 an Friedrich I., a. a. O., S. 84, 88, 468, 475, 568, 577. Auch das Schreiben Heinrichs (VI.) an Papst Eugen III. von September 1148, in dem sich der Aussteller als „filius magni Crnradi incliti iriumphatorls Romanorum regis et Semper augusti" bezeichnet, ist von Wibald mitverfaßt: vgl. die Vorrede in: MG. DD. IX, a. a. O., S. 529. Zum caesor-Titel siehe oben S. 158. 346 Vgl. die Diplome für Gurk: St. 3939 von 1162 und 4111 von 1170. •W1 Siehe oben Anm. 344. rt48 Siehe oben Anm. 212. Siehe oben S. 119. 150 Vgl. DL. III. 106 von 1136, a. a. O., S. 171.
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Monarchen hervorzuheben. Hier war es bemerkenswerterweise wieder Wibald von Stablo, der sie leicht abgewandelt für die Arenga einer Reihe von ihm verfaßter Urkunden heranzog. 351 Daß gerade er die Bedeutung des römischen Rechts besonders klar erkannt zu haben schien, zeigt ein aus seiner Feder stammender Brief an den Kaiser Manuel vom Jahre 1150, in welchem er den „ordo legum" sowie die „iuris civilis ratio" des byzantinischen Reiches mit hohem Lob bedachte. 302 Die Wahlanzeige Friedrich Barbarossas an den Papst enthielt dann 1152 die ebenfalls oft zitierten Worte aus dem Prooemium der Institutionen: „Es ziemt sich, daß die kaiserliche Majestät nicht nur mit Waffen geziert, sondern auch mit Gesetzen bewaffnet sei." 3a3 Vier Jahre später begegnen wir ihnen erneut in einer vom Notar Rainald C verfaßten Kaiserurkunde für Augsburg 354 ; darauf verwendete sie der Rotbart 1158 in Roncaglia zur Begründung seiner Ansprüche gegenüber den italienischen Städten 355 , und auch in den Trierer Stilübungen spielten sie eine Rolle. 356 Otto von Freising glaubte sie in seinem Widmungsschreiben an Friedrich vom Jahre 1157 ebensowenig auslassen zu dürfen. 357 Daß sie zur Zeit Friedrichs II. ein weiteres Mal stark in den Vordergrund traten, sei schließlich am Rande vermerkt. 358 Auf die Frage, wie diese justinianische Sentenz der Stauferkanzlei vermittelt wurde, bieten sich mindestens zwei Antworten an. Zum einen nämlich ist ein Weg denkbar, der von der Polemik des Investiturstreits über die Bamberger Schul tradition zur Wahlanzeige Barbarossas verlief. Bekanntlich hatte der italienische Jurist Petrus Crassus im 11. Jh. unseren Satz zugunsten Heinrichs IV. ins Feld geführt 359 ; sein Werk aber wurde in der Hannoverschen Brief Sammlung überliefert, welche man nach 1095 in Bamberg zusammenstellte. 360 Dazu kommt ergänzend die Tatsache, daß gerade an diesem Ort die justinianischen Institutionen in zwei Handschriften des 9. und des 10. Jh. vorhanden waren. 361 351
352 353
354 355 356 357 368 359 360
361
D K . I I I . 8 9 , 9 3 , 1 0 5 , 1 1 6 , 1 1 7 , 1 2 8 , 1 3 6 , a. a. O . , S . 1 5 8 , 1 6 5 , 1 8 7 , 2 0 7 , 2 0 9 , 2 3 1 , 2 4 6 , mit der Formulierung: „lustici.% dijfinitio est constantem ac perpetuam. habere voluntatem tribuendi unicuique, quod sibi iure competil." Diese lebt sinngemäß auch in den Barbarossa-Urkunden weiter; vgl. dazu FICHTENAU, H., Arenga, a. a. O., S. 54, und APPELT, H., Die Kaiseridee Friedrich Barbarossas, a. a. O., S. 19 f. Eine Anspielung auf die justinianische Sentenz findet sich auch in dem angeblichen Briefwechsel Friedrichs I. mit Hadrian IV. von 1159; vgl. HÖING, N., Der angebliche Briefwechsel, a. a. O., S. 171. Wibaldi epístola nr. 246, a. a. O., S. 369. Electio regia: Litterae regis ad papam, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 137, S. 191. St. 3747 von 1156; die Diktatbestimmung nach RIEDMANN, J., a. a. O. 75/1967, S. 337. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 4, a. a. O., S. 514. Trierer Stilübungen, a. a. O., S. 318. Otto von Freising, Chronica, Epistola ad Fridericum I., a. a. O., S. 1. Beispiele bei KANTOROWICZ, E. H., Kaiser Friedrich der Zweite, Bd. 2, a. a. O., S. 77. Petrus Crassus, Defensio Heinrici IV. regis c. 4, a. a. O., S. 439. Vgl. ERDMANN, C., Die Bamberger Domschule im Investiturstreit, in: ZbayrLG. 9/1936, S. 29 ff. WENGER, L., Die Quellen des Römischen Rechts, Wien 1953, S. 609.
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Bischof Eberhard II. hätte damit, wie wir sehen, sogar zwei Möglichkeiten gehabt, die oben zitierten Worte aufzufinden und sich dann bei der Abfassung der Wahlanzeige Friedrichs ihrer zu erinnern. Dieser Vermutung von Höing und Appelt gegenüber 3 6 ' kann jedoch auch eine andere Provenienz nicht ausgeschlossen werden. Im Jahre 1152 hielt Wezel, der Vertreter der stadtrömischen Bewegung, dem damals gerade gewählten König jene Forderung in einem Schreiben vor Augen, welches Wibald von Stablo in seinem Briefbuch aufbewahrte. 3 6 3 Dieser aber war wie Eberhard an der Gestaltung der Wahlanzeige beteiligt; er hatte die antike Bezeichnung „sacrae disciplinae" f ü r die kaiserlichen Gesetze in ihre Arenga hineingebracht 3 6 4 — war er auch in unserem Falle der Übermittler? Wir können es nicht exakt beweisen, möchten aber die Eberhard-These doch insoweit modifizieren, daß wir fragen, ob es sich hier nicht um eine Symbiose der über verschiedene Überlieferungswege wirkenden antiken Tradition handelte. In jedem Falle aber ging die Übernahme auf italienische Einwirkungen zurück. Was in Vergessenheit geraten sei, solle mit kaiserlicher Hilfe wieder ins Licht gerückt werden — auch dieses Postulat entstammt den Einleitungsworten Justinians zu den Institutionen. Wir finden es wieder in einer abermals von Rainald C verfaßten Urkunde aus dem Jahre 1157 3 6 5 , im Schreiben Friedrichs I. an Otto von Freising 3 6 6 und endlich bei Rahewin, der es dem Kaiser in seiner von uns oft erwähnten Rede auf dem Reichstag von Roncaglia in den Mund legte. 367 Die Funktion all dieser mehr rhetorischen Phrasen tritt hier klar zutage: vermochten sie auch den Ambitionen des Staufers kaum eine inhaltliche Basis zu bieten, so waren sie doch sehr wohl geeignet, f ü r diese Ambitionen in dem der antiken Tradition verhafteten Italien zu werben. Das gleiche trifft im wesentlichen auch für die Auffassungen über das Verhältnis des Herrschers zum Recht und die kaiserliche Gesetzgebungskompetenz zu. Die Paradesätze des römischen Rechts wurden nur an einigen wenigen Stellen in der Historiographie zugunsten des Kaisers eingesetzt; so hieß es etwa in einer von Rahewin wiedergegebenen Rede des Erzbischofs von Mailand auf dem eben genannten Reichstag des Jahres 1158: „Tua voluntas ius est, sicut dicitur: Quod principi placuit, legis habet vigorem."268 Zuvor schon hatte Otto von Freising im 362
363 384 365
m
367
368
HÖING, N., Die „Trierer Stilübungen", a. a. O. 2/1956, S. 151 ff.; APPELT, H., Kaiseridee, a. a. O . , S. 9. Wibaldi epistola nr. 404, a. a. O., S. 542. Siehe oben S. 160 f. S t . 3 7 6 7 v o n 1 1 5 7 ; v g l . RIEDMANN, J „ a. a. O. 7 5 / 1 9 6 7 , S .
334.
Epistola Friderici I., in: Otto von Freising, Gesta Frederici, a. a. O., S. 82; vgl. auch Rahewin, ebenda lib. III, c. 57 (53), S. 506. Ebenda lib. IV, c. 4, S. 514 ff. Rahewin zitiert ferner in lib. III, cc. 14 (12) und 49 (46), S. 420 und 492, einen allgemeinen Ausspruch über die Freiheit aus Dig. L, 17, 106. Den italienischen Bischöfen gegenüber berief sich Barbarossa einmal auf Dig. XLI, 1, 7, 10: Rahewin, ebenda lib. IV, c. 35, S. 588. Ebenda c. 5, S. 518. Auch Wezel hielt Friedrich in seinem Brief von 1152 diesen Satz aus den Institutionen (I, 2, 6) vor: Wibaldi epistola nr. 404, a. a. O., S. 542.
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Widmungsschreiben seiner Chronik betont, daß die Könige über den Gesetzen stünden und durch die „seculi leges" nicht beschränkt werden könnten 3 6 9 , was eine Berührung sowohl mit dem eben zitierten Satz der Institutionen (I, 2, 6) als auch mit einem anderen der Digesten (I, 3, 31) vermuten läßt, dessen Quintessenz lautet: „Princeps legibus solutus est." Endlich spielte eine dritte Sentenz aus den Novellen Justinians, nämlich daß der Kaiser die lex animata in terris sei, zu Anfang der achtziger Jahre des 12. Jh. bei Gottfried von Viterbo eine Rolle; ließ er doch seine vier Juristen auf dem Reichstag von Roncaglia zu Barbarossa sagen: „Tu lex viva potes dare, solvere, conderes leges... Rem quocumque velis lex animata geris,"S7° Diese Theorien traten jedoch erst während des 13. Jh. stärker hervor. 3 7 1 Uberhaupt ist vor der in der Forschung recht weit verbreiteten Ansicht zu warnen, die früh- und die spätstaufische Periode bildeten eine Einheit; wir stoßen immer wieder auf die Tatsache, daß die Jahre um 1200 eine wesentliche Zäsur darstellten. Friedrich I. hatte in Roncaglia noch selbst betont, er wolle eine gesetzmäßige Herrschaft (legitimum Imperium) ausüben und nicht über die leges, sondern nach ihnen urteilen 3 ' 2 ; auch in seinen Diplomen spielten die genannten römisch-rechtlichen Grundsätze noch eine recht geringe Rolle 373 . Inwieweit man sich auf sie berief oder nicht, inwieweit man sie vor allem in der praktischen Politik zu nutzen in der Lage war, ergab sich im wesentlichen aus dem jeweiligen Kräfteverhältnis zwischen der Zentralgewalt und den mit ihr rivalisierenden Kräften. Nicht umsonst hat ja auch der Grundsatz, daß Macht Recht schafft, in der staufischen Ideologie, wie bereits hervorgehoben wurde, eine bedeutende Rolle gespielt. Von erheblicher politischer Relevanz ist in unserem Zusammenhang, daß in den Auseinandersetzungen Friedrichs mit seinen verschiedenen Gegnern die römisch-rechtliche Vorstellung vom crimen laesae maiestatis wieder beachtlich in den Vordergrund rückte. Nach ihrer Hochblüte im Investiturstreit hatte sie vornehmlich als allgemeine Strafandrohung, etwa gegen die Verletzer kaiserlicher Schutz369 370 371
372
373
Otto von Freising, Chronica, Epistola ad Fridericum I., a. a. O., S. 1. Gottfried von Viterbo, Gesta Friderici I. et Heinrici VI. c. 18, a. a. O., S. 15. V g l . KRAUSE, H., a. a. O., S. 2 6 ff.; KANTOROWICZ, E . H „ T h e K i n g ' s t w o B o d i e s , a. a . O.,
S. 127 ff. Zur Idee der lex animata vgl. STEINWENTER, A., in: Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, philosophisch historische Klasse 83/1946, S. 250 ff. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 4, a. a. O., S. 514. Es ist nicht nötig, mit ROTA, A., Le fonti, a. a. O., S. 99, diese Auffassung ebenfalls auf das römische Recht zurückzuführen. Die in die Urkunde Friedrichs vom 8. Januar 1166 (St. 4061) inserierte Aachener Karlsfälschung enthält ein Justinian-Zitat: „Scitis enim et neminem latet, quia, quidquid ab imperatoribus et regibus preceplum et decretum est, Semper ratum et pro lege tenendum est": DKar. 295, MG. DD. Karol. I, ed. E. MÜHLBACHER, Hannover 1906, S. 441; vgl. CRAMER-VIAL, CH., a. a. O., S. 35 f. Fast am Ende der Regierungszeit des Kaisers taucht 1182 in einem Privileg für Speyer (St. 4341), das nach EGGER, R-, a. a. O., S. 147, vom Schreiber 17 verfaßt wurde, die Auffassung auf, der Kaiser müsse „Leges condere", was Cod. I, ]4, 12, 3 entspricht. Jedoch blieb dies eine Ausnahme; noch stand im Vordergrund, daß der Herrscher „leges custodire'', also das alte Recht bewahren sollte. Vgl. FICHTENAU, H., A r e n g a , a. a. O., S. 5 4 f. u n d 1 7 8 f.
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briefe, in den Diplomen Lothars III., Konrads III. und dann auch Barbarossas weitergelebt. 374 Hatte Heinrich IV. sie jedoch in seinen Abwehrkämpfen gegen Fürstenopposition und Papsttum ins Feld geführt 3 ' 5 , so setzte sie der zweite Staufer vor allem zur Durchsetzung seiner weitgesteckten außenpolitischen Ziele ein. Der Kampf gegen Mailand und seine Verurteilung wurde unter anderem damit begründet, daß dessen Bewohner „defectionis aut lese maiestatis rei"' wären. 3 7 6 Einer byzantinischen Gesandtschaft, welche Erzbischof Rainald von Dassel und Pfalzgraf Otto von Wittelsbach 1158 im Gebiet von Ravenna antrafen, wurde angedroht: da ihre Mitglieder mit gewissen italienischen Großen paktiert hätten und somit „als Feinde des römischen Reichs entlarvt worden seien, bleibe nichts anderes übrig, als sie alle wegen des Verbrechens der Majestätsbeleidigung hinzurichten" 3 7 7 . In den Trierer Stilübungen, wo sich der Konflikt des Kaisers mit der Kurie klar widerspiegelte, findet sich schließlich der Satz: „reus est maiestatis, qui imperatorie derogat dignitati." 378 Mit dem Majestätsgesetz wendete man sich aber auch gegen die großen Feudalherren, und zwar zunächst dann, wenn diese, wie zum Beispiel 1 1 5 4 / 1 1 5 5 Erzbischof Hartwig von Bremen, es versäumt hatten, Heeresfolge für die Italienzüge zu leisten. 3 7 9 Erst in dem berühmten Prozeß des Jahres 1180 wurde Heinrich der Löwe, bis dahin der mächtigste Reichsfürst, aus anderen Gründen als reus maiestatis angeklagt. 3 8 0 So diente dieser Rechtssatz, anders als in Frankreich 3 8 1 , in jeder Hinsicht zunächst einmal der imperialen Politik Barbarossas. Konsequenter noch als der Staufer hat ihn Roger II., der normannische König von Sizilien, zu seinen Gunsten anwenden lassen; wurde doch unter ihm selbst das bloße tractare gegen königliche Ratgeber als reatus maiestatis aufgefaßt. 3 8 2 Auch die Vorstellung vom Weltkaiser, durch deren Propagierung sich die staufische Ideologie wesentlich von der der Salier unterschied, dürfte vom römischen Recht nicht zu unterschätzende Impulse erfahren haben. 3 8 3 Da diese sehr 374
D L . I I I . 3 7 von 1 1 3 1 und 1 0 9 von 1 1 3 7 , a. a. O., S. 6 2 und 1 7 6 ; D K . I I I . 1 7 5 von 1 1 4 7 , a. a. O., S. 316; Sententia de dote ecclesiarum contra advocatos von 1170, in: MG. Const. I, e d . L . WEILAND, H a n n o v e r 1 8 9 3 , n r . 2 3 5 , S . 3 3 0 ;
375 376
377 378 379
380
381 382
583
S t . 4 1 1 1 von 1 1 7 0
( n a c h EGGER,
R.,
a. a. O., S. 104, diktiert vom Schreiber 9) und 4133 von 1172. Siehe oben S. 123 ff. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 33, a. a. O., S. 582. Vgl. auch ebenda cc. 25 und 43, S. 570 und 596 ff., sowie: Encyclicae de deditione Mediolani von 1162 März, Encyclica ad Teutonicos et Italos, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 203, S. 280. Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 23 (20), a. a. O., S. 444. Trierer Stilübungen, a. a. O., S. 318. Helmold von Bosau, Cronica Slavorum lib. I, c. 83, a. a. O., S. 158; vgl. auch Otto von Freising, Gesta Frederici lib. II, c. 13 (12), a. a. O., S. 304. Constitutio ducatus Coloniensis in Westfalia von 1180 April 13, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND,, Hannover 1893, nr. 279, S. 385; vgl. MITTEIS, H., Politische Prozesse, a. a. O., S . 6 5 ff. Ebenda, S. 76 f. V g l . MARONGIÜ, A „ E i n „ M o d e l l s t a a t " , a. a. O., S . 7 5 8 .
Zusammenstellung der diesbezüglichen aus ihm geschöpften Stellen bei COING, H., a. a. O., S. 32. Beispielsweise fand die Formel aus Cod. I, 1, 1 in einer auf dem Würz-
240
komplexe und vielschichtige Idee, wie wir meinen, aber nur im Zusammenhang untersucht werden kann 3 8 4 , bleibt sie hier ausgeklammert. Gab nun das römische Recht die inhaltliche Basis für die Hauptthesen der staufischen Herrschaftsauffassung ab oder lieferte es für diese nur eine Art zusätzlicher Begründung? Stützte man die Lehre vom göttlichen Mandat des Herrschertums primär mit den Prinzipien des in der Spätantike kodifizierten Staatsrechts oder bediente man sich dazu weiterhin hauptsächlich der traditionellen biblisch-theologischen Argumente? Oder lassen sich beide Wege am Ende gar nicht trennen? Diese Fragen sind bisher in der Forschung kaum gestellt und noch viel weniger beantwortet worden. Im Corpus iuris findet sich eine Fülle von Belegstellen, welche das Kaisertum und das Imperium ajuf die direkte Einsetzung durch Gott zurückführten.385 Wahl und Krönung wurden oft gleichfalls als Äußerungen des göttlichen Willens angesehen. 386 Einen ganz ähnlichen Gedanken aber sprach Friedrich I. in seiner berühmt gewordenen Authentica „Habita" für die Rechtsschule von Bologna aus, die auf seine Anordnung hin in das Corpus iuris aufgenommen wurde und das römische Kaiserrecht ergänzen sollte. 387 In ihren Eingangsworten wurde gesprochen von den Lehren der heiligen und göttlichen Gesetze, „quorum scientia bürget Reichstag von 1 1 6 5 erlassenen Enzyklika ihren Niederschlag quos clementie
nostre
regit imperium":
(„Cunctis
populis,
Curia Wirzburgensis: E n c y c l i c a principibus exteris
missa von Juni 1, i n : MG. Const. I, a . a . O . , nr. 2 2 3 , S. 3 1 5 ) . Einige Belege aus den Urkunden stellte zusammen: JOST, A., Der Kaisergedanke in den Arengen der Urkunden Friedrichs I., phil. Diss. Münster 1 9 3 0 , S. 32 f. 384
Das Problem müßte neu aufgegriffen werden, da die letzte umfassende Darlegung von KIRFEL, H. J . , a. a. O., zu einseitig i s t ; vgl. meine Besprechung i n : ZfG. 1 0 / 1 9 6 2 , S. 9 7 3 ff.
385
Hinweise bei COING, H., a. a. O., S. 3 2 ; HUNGER, H., a. a. O., S. 51 ff. (aus den Arengen der byzantinischen Kaiserurkunden); i n : GGA. 1 9 0 1 , S. 3 8 2 ff. -
Anspruch auf Vollständigkeit: dementia Deus
sacerdotium
de caelo
respicit
„Maxima
et imperium"
constituit"
a Deo traditae
(Nov. L X X I I I , p r o o e m . ) ;
regimen
Romanorum
praeposuit
imperio ..."
et sanciendi
potestatem
donavit"
hominum
publicae
a Deo nobis
nobis
magna
mus..(Nov. „Deo
auctore
est..(Cod.
in hominibus
reddidit
nobis
sollicitudinem traditae
cum diligentia
Deus"
Dei
„Quicquid
ad utilitatem
(Nov. L X X X V I , prooem.) ; „Nos
(Nov. CX1II, 1) ; „. . .ad
prospiciamus" res impetii
W.,
quaestionem
collata proptereu
et
ornatum
nostros
subiec-
quo nos
Deus
quibus
Deus
enim, imperio
communem
(Nov. C X X X I I I , prooem.) ; „ C u m rei
(Nov. CIL., prooem.) ; „Cum
a Domino
imperium,
I, 17, 1, prooemO ; „nutu
a superna impetium
(Nov. L X X X V , prooem.) ; „Ex
ex Deo suscipienti"
gubernantes
dona
(Nov. L X X X I , p r o o e m . ) ; „omnes
CLII, prooem.) ; „ P e r me reges nostrum
sunt
(Nov. VI, p r o o e m . ) ; „Quia igitur
nobis reipublicae"
tos, quorum
omnium
ENSSLIN, W . , a. a. O., S. 9 1 ff., und SICKEL,
Die im folgenden gegebene Auswahl erhebt in keiner Weise
Deo nobis
regnant" quod
a coelesti suscepimus
Deo
auxiliantc
administrare
(Cod. I, 1, 8, 1 =
nobis
divino imperiales
crediti
studea-
Prov. 8, 15) ;
maiestate injulas"
traditum (Cod. VII,
37, 3, 5 ) . 380 387
Beispiele bei HUNGER, H., a. a. O., S. 5 6 f. Vgl. allgemein KOEPPLER, H., a. a. O., S. 5 8 8 ff.; ULLMANN, W . , The Medieval Interpretation of Frederick I's Authentica Habita, i n : L ' E u r o p a e il diritto romano. Studi in memoria di KOSCHAKER, P . , Bd. 1, Mailand 1 9 5 3 , S. 1 0 1 - 1 3 6 ;
VERGOTTINI, G. DE, L o
studio di Bologna, a. a. O., S. 4 2 ff. und 4 9 ff.
•>\
I
mundus illuminatur ad obediendum Deo et nobis, eius ministris."388 Das römische Recht sollte also der staufischen Macht dienen: der Kaiser wurde unmittelbar mit Gott verbunden, als dessen Diener er fungierte; beiden war zu gehorchen, während vom Papsttum und von der Kirche kein Wort verlautete. Etwa gleichzeitig begegnet auch in einer Kaiserurkunde die Forderung: „et nulli inde aliquod servitium debeat, nisi Deo viventi et post eurn Romano imperio." 389 Es wurde bereits gezeigt und in der eben aufgeworfenen Fragestellung noch einmal darauf hingewiesen, daß die Staufer in Anknüpfung an die karolingischottonische Tradition für ihre Herrschaftsbegründung auch die überlieferte biblisch-theologische Lehre in Anspruch nahmen. 390 Seit dem Einbruch der kirchlichen Reformbewegung hatte diese allerdings in Hinsicht auf das weltliche Iierrschertum sehr an Bedeutung eingebüßt, und den neupn Bedingungen des 12. Jh., besonders der imperial ausgerichteten staufischen Politik, war sie im Grunde nicht mehr gewachsen. Das ideologische Vakuum, welches auf Grund dessen entstand, wurde teilweise durch die antik-byzantinische Ideologie ausgefüllt, wobei jedoch nicht übersehen werden darf, daß jene traditionell-biblischen Sätze, deren sich in ahnlicher Weise bereits Heinrich IV. bedient hatte, nach wie vor den Ausgangspunkt fast jeder Argumentation bildeten. Damit aber blieben auch die Angriffsflächen erhalten, die das Papsttum früher so konsequent zu nutzen gewußt hatte. Zur Erhärtung und zusätzlichen Begründung ihrer Auffassungen haben die staufischen Herrscher daher auf das römische Recht zurückgreifen und es mit den biblischen Argumenten fest und manchmal sogar unlösbar verbinden lassen. Bereits im Corpus iuris selbst erschienen ja teilweise die Grenzen zwischen ihm und der traditionellen Kirchenlehre verwischt; so findet sich beispielsweise das oft zitierte und auch von der Stauferkanzlei im Rahmen der Herrschaftsbegründung gebrauchte Wort aus den Sprüchen Salomos „Per me reges regnant" ebenfalls im Codex Iustinianus. 391 Die Forschung hat diesen Gebrauch des römischen Rechts teilweise stark überschätzt. A. Rota etwa bezeichnete die Ideologie Barbarossas als primär von ihm inspiriert 392 , und auch E. H. Kantorowicz hat aufgrund dessen, daß er die 388
Curia Roncaliae von 1158 Nov.: Privilegium scholasticum, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 178, S. 2 4 9 ; verbesserter Text bei KOEPPLER, H., a. a. O., S. 606 f.
389
390 392
St. 3 7 8 8 v o n 1 1 5 7 N o v . 1 8 . N a c h RIEDMANN, J . , a a. O., 7 5 / 1 9 6 7 , S. 3 4 7 , s t a m m t
das
Diktat dieses Stückes vom Schreiber 6, und HERKENRATH, R. M., Reinald von Dassel als Verfasser und Schreiber von Kaiserurkunden, in: MIÖG. 72/1964, S. 58, nimmt vor allem auf Grund des Vorkommens von „sacratissimae constitutiones" in der Arenga eine Beteiligung des Kanzlers an. Obwohl KOEPPLER, H., a. a. O., S. 606, und VERGOTTINI, G. DE, Lo studio de Bologna, a. a. 0 . , S. 51, eine ähnliche Vermutung äußerten, nämlich daß in dem oben zitierten Satz der Authenlica liabita gleichfalls ein Einfluß Rainalds spürbar sei, läßt sich HERKENRATHS Annahme nicht sicher beweisen. Vgl. auch die Constitutio contra incendiarios von 1186 Dez. 29, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 318, S. 4 5 2 : „Dei omnipotentis et nostrae perpetuo sit reus indignalionis." 391 Siehe oben S. 180 ff. Vgl. oben S. 181. ROTA, A., Le fonti, a. a. O., S. 92 ff. Wenn APPELT, H., Friedrich Barbarossa und die italienischen Kommunen, a. a. O., S. 318 f., mit Recht bemerkte, daß die theoretische
242
„Hohenstaufenzeit" als Einheit ansah, das 12. Jh. zu sehr retrospektiv vom Blickpunkt der Ideen Friedrichs II. aus betrachtet. Man wird für die Zeit um 1150 auf jeden Fall noch nicht sagen können, „that the christocentric ideal of rulership dissolved also under the influence of Roman law" und daß es nun die Aufgabe der justinianischen Gesetzbücher gewesen sei, die religiösen Werte des Königtums wiederherzustellen, welche bis zum Investiturstreit als ein Ausfluß liturgischer und sakramentaler Konzeptionen überall anerkannt worden waren. 393 In dieser Beziehung kamen die frühen Staufer vorerst nicht weiter als bis zu gewissen Ansatzpunkten. Überhaupt nahm allein Roger II., der König des normannisch-sizilischen Reiches, eines modern anmutenden, straff zentralisierten Staates, hierbei eine Ausnahmestellung ein, indem sich seine Ideologie teilweise außerhalb der kirchlichen Tradition bewegte. Als er im Jahre 1140 die Assisen von Ariano verkündete, berief er sich nicht, wie es die übrigen Herrscher seiner Zeit ständig taten, auf seinen Status als christus Domini oder ein anderes traditionelles Argument f ü r seine Gottesunmittelbarkeit, sondern betonte seine Position auf ganz andere und neue Weise. Er übertrug nämlich jene Stelle in Justinians Digesten, an der die Juristen als Priester bezeichnet wurden, auf das Königtum und schrieb so dem weltlichen Herrscher ebenfalls die Privilegien des geistlichen Standes zu. 394 Damit aber fundierte er dessen Heiligkeit nicht mehr biblisch, sondern rechtsphilosophisch — ein Vorgang, den man sowohl in den Urkunden der frühen Staufer wie auch in der damaligen vom Hof beeinflußten Historiographie vergebens sucht. Brackmanns Ansicht, die Normannen hätten im 12. Jh. bereits einen entscheidenden Einfluß auf die Ideologie im römisch-deutschen Reiche ausgeübt 395 , kann daher nicht zugestimmt werden. Die Struktur ihrer süditalienischen Staatsgründung, in der übrigens auch die antik-byzantinische Tradition einen weit besseren Nährboden fand als nördlich der Alpen, bot eine völlig andere Grundlage für die Herrschaftsideologie. Am Schluß dieses Kapitels ist zusammenfassend festzustellen, daß in der staufischen Periode nicht anders als in der salischen zwei allgemeine Prinzipien der ideologischen Herrschaftsbegründung unterschieden werden müssen: der Verweis auf die Einsetzung des Herrschers durch Gott (göttliches Mandat) und die Berufung auf die real-irdischen Grundlagen der Herrschaft. Ersterer war während Rechtfertigung von Friedrichs Vorgehen gegen die italienischen Städte nicht im römischen Recht, sondern im Gottesgnadentum zu suchen sei, so ist wohl mit letzterem die traditionell-biblische Lehre gemeint. Das Gottesgnadentum konnte theoretisch jedoch ebensogut aus dem römischen Recht begründet werden. 393
KANTOROWICZ, E. H., The King's two Bodies, a. a. O., S. 52; vgl. auch S. 93 ff. und 115 ff. Auch VERGOTTINI, G. DE, Lezioni di storia del diritto italiano, Bd. 1, 3. Aufl., a. a. O., sieht S. 191 in der legistischen Doktrin „il più valido incentivo e strumento dell'assolutismo imperiale."
394
Dig. I, 1, 1. - Dies hat vor allem MARONGIÙ herausgearbeitet; vgl. Concezione della sovranità, a. a. O., S. 127 il.; ders., Lo spirito della monarchia normanna, a. a. O., S. 316 ff.
395
BRACKMANN, A . , D i e W a n d l u n g d e r S t a a t s a n s c h a u u n g e n , a . a . O . , S . 3 3 9
17
Koch, Sacrum Imperium
ff.
243
des gesamten Mittelalters eine conditio sine qua non der Staatsideologie; in der Form -zuweilen recht unterschiedlich, etwa was die Relationen bei der Verwertung biblischen und antiken Gedankengutes betrifft, blieb sein Inhalt stets der gleiche. Die Betonung dieses oder jenes Elements aus der recht farbenprächtigen Palette irdisch-realer Rechtsgründe hing dagegen weitgehend vom Stand der allgemeinen historischen Entwicklung ab, wobei die jeweilige politische Situation der Zentralgewalt und derjenigen mit ihr ringenden Gewalten, gegen die sie zur Behauptung ihrer Stellung die Herrschaftsideologie ins Feld führte, von größter Bedeutung war. Heinrich IV. beispielsweise hatte, als er mit dem Papsttum und den Fürsten gleichzeitig im Kampf lag, neben dem göttlichen Mandat allein den Erbrechtsgedanken stärker herausstellen können; Friedrich Barbarossa dagegen verwies in seinen Auseinandersetzungen mit den Stadtrömern, den oberitalienischen Kommunen und der Kurie auf den Macht- und Eroberungsgedanken sowie auf seine Wahl durch den Fürsten, mit denen er einen Kompromiß geschlossen hatte. Wie nun war die Stellung der beiden eben genannten Prinzipien im Gesamtsystem der ideologischen Herrschaftsbegründung? Ganz allgemein läßt sich konstatieren, daß zwischen ihrer theonomen und humanen Seite kein Gegensatz gesehen, sondern eine innige Verbindung hergestellt wurde. Die irdische Vermittlung der Herrschaft erschien oftmals nur als die Verwirklichung des göttlichen Mandats, als die besondere Form, in welcher sich mittelbar, nämlich mit Hilfe von ihm zu diesem Zweck geschaffener Institutionen, der Wille Gottes durchsetzte. Im 11. Jh. war als eine solche Institution vor allem das Erbrecht angesehen worden, was die im Liber de unitate formulierte Erblegitimitätstheorie überaus eindeutig demonstriert.396 Zur Zeit der frühen Staufer wandelten sich die Proportionen: in den Vordergrund trat jetzt die Fürstenwahl. Otto von Freising hatte schon in seiner Chronik betont, daß Gott seiner Willensäußerung die Wahl durch das „Volk" hinzugefügt habe, und die Wahlanzeige Barbarossas tat dem Papst kund, die principes hätten den neuen Herrscher „tarnquam, divino spiritu suscitati" erwählt.397 0 . Treitinger hatte in bezug auf Byzanz geschrieben: „So geht auch die Bestellung eines Kaisers nicht mehr auf den freien Entschluß der Menschen zurück, sondern sie wird vollzogen von Gott durch die menschlichen Organe seines Willens. Dieser göttliche Wille kann aus der Entscheidung der Wahlberechtigten ebenso sprechen wie aus der Designation durch den regierenden Kaiser oder dem ,Gottesurteil' des Kampfes um die Herrschaft." 398 Diese Feststellungen gelten unseres Erachtens in den Grundzügen auch für den Okzident, wenngleich gewisse Unterschiede nicht übersehen werden dürfen. Zu einer präzisen und verallgemeinernden Formulierung der hier dargelegten Problematik ist allerdings erst die ausgebildete Staatstheorie des 13. und 14. Jh. gedangt. Johann von Paris faßte die Bezogenheit von irdischen Rechtsgründen und
397
Siehe oben S. 128. Otto von Freising, Chronica üb. IV, prologus, a. a. O., S. 182; Electio regia: Litterae regis ad papam, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 137, S. 191.
398
TREITINGER, O., a . a. O . , 2 . Aufl., S . 3 4 .
396
244
göttlichem Mandat in die knappe Formel „populo faciente et Deo inspirante" 3", während sich bei Wilhelm von Occam der klassische Ausspruch findet: „A Deo sed per homines." 400 399 Vgl. BEZOLD, F. v., a. a. O., S. 22. Eine ähnliche Formulierung („Sed Deus constituit permittendo, et populus Dei dispositione") findet sich bei Accursius; vgl. ROTA, A., Le fonti, a. a. O., S. 95. «oo Vgl. KÖLMEL, W., A Deo sed per homines. Zur Begründung der Staatsgewalt im Ordnungsverständnis des Mittelalters, in: Franziskanische Studien 48/1966, S. 308 ff.
VII. VOM HONOR IMPERII ZUM SACRUM IMPERIUM
Im 12. Jh. machte die transpersonal-institutionelle Staatsauffassung, bedingt durch die in raschem Tempo sich vollziehende gesellschaftliche Entwicklung, ebenfalls entscheidende Fortschritte. Es würde den Rahmen unserer Arbeit sprengen, wollten wir das vielschichtige Problem dieser Staatsauffassung in seiner ganzen Weite untersuchen und bis ins Detail hinein klären, ob den Bezeichnungen „regnurn" und „imperiutn" sowie anderen metaphorischen Staatsbegriffen jeweils ein personal-funktioneller, ein transpersonal-institutioneller oder ein territorialer Bedeutungsinhalt beizumessen ist. Wir beschränken uns daher auf die Frage, welche Relevanz innerhalb der staufischen ideologischen Herrschaftsbegründung der Erfassung des Staatswesens als abstrakte, überpersönliche Größe zukam. Bei ihrer Beantwortung haben wir zunächst zu konstatieren, daß sich die Tendenzen des ausgehenden 11. Jh. in bestimmendem Maße fortsetzten. Auch in der staufischen Zeit wird, wie schon unter den späten Saliern, eine Zwiespältigkeit, ein Schwanken im sozialen Begriffsinhalt der abstrakten Staatssymbole sichtbar. Dies aber hatte wiederum zur Folge, daß sich deren Einsatzmöglichkeiten variabel gestalteten, daß sie von Anhängern wie von Gegnern des Königtums mit Erfolg ins Feld geführt werden konnten — je nachdem, ob sich der politische Schwerpunkt auf die Seite der Zentralgewalt oder der Fürsten, des Papsttums oder der italienischen Kommunen verlagerte. Gelang es, die Relation zwischen einem sakral überhöhten Herrschertum und dem abstrakten Staatsbegriff zu wahren oder sogar wie in Frankreich diesen mit dem in seiner dynastischen Kontinuität sich quasi zu einer überpersönlichen Größe entwickelnden Königtum weitgehend zu identifizieren, so vermochte die in ihm sich manifestierende, gegenüber der frühmittelalterlichen, rein personal-funktionellen Staatsauffassung eine höhere Stufe darstellende Ideologie der Zentralgewalt zu dienen. Anders als in den westlichen Monarchien bestand in Deutschland jedoch eher der Trend, die Gemeinschaft der Fürsten als transpersonale Größe anzusehen und sie als regnum oder ähnlich zu bezeichnen. Hierbei leistete die kirchlich-päpstliche Theorie, welche Herrscherperson und Herrschgewalt als zwei verschiedene Dinge betrachtete und den König zu einem absetzbaren Beamten erklärte, in gewisser Weise Schützenhilfe. Der Gefahr einer Okkupation der abstrakten Staats- und Reichsidee von seiten der Partikulargewalten konnte daher nur begegnet werden, wenn es dem Monarchen gelang, mit ihnen einen Kompromiß zu schließen, auf dieser Grundlage an ihr Reichsbewußtsein zu appellieren und sie durch eine geschickte Politik f ü r seine Ziele zu gewinnen. Friedrich I., der all dem noch am ehesten gerecht wurde, hat 246
außerdem durch eine Sakralisierung jene Idee mit seinen eigenen politischideologischen Intentionen stärker zu verbinden vermocht als die Fürsten, denen es j a an einer sakralen Überhöhung durch die Salbung mangelte. In diesem Zusammenhang ist der Terminus „honor imperii" von besonderer Bedeutung gewesen und von der Forschung auch dementsprechend beachtet worden. P . Rassow nannte ihn geradezu den juristischen Zentralbegriff der Reichspolitik Barbarossas in seinen ersten Regierungsjahren. Der Staufer, so schrieb er, habe 1 1 5 3 im Vertrag von Konstanz den Papst auf den honor imperii verpflichtet, worunter die Respektierung der politischen Rechtsansprüche des Reiches im weitesten Sinne verstanden worden sei: dem süditalienisch-normannischen Staat gegenüber ebenso wie bezüglich der mathildischen Güter in Tuszien oder der Wahrung der kaiserlichen Rechte in Oberitalien. 1 Seit Rassows Untersuchung hat das Problem keine erneute Bearbeitung mehr erfahren; es ist jedoch darauf hingewiesen worden, daß der genannte Gelehrte unseren Begriff zu eng gefaßt und zu einseitig interpretiert hat. Die folgende Argumentation soll erweisen, daß diese Kritik berechtigt ist. E s sei noch einmal wiederholt, daß Niermeyer für das mittellateinische Wort „honor" nicht weniger als sechsundzwanzig Bedeutungsinhalte erschlossen hat 2 , die logischerweise einer entsprechend vielschichtigen Ausdeutung von Seiten der verschiedenen Kräfte in der geistlich-weltlichen Oberschicht T ü r und T o r öffneten. So konnte auch der Papst, wie H. Grundmann bereits vermerkte, diesen schillernden Begriff in seinem Sinne verstehen und auswerten, ihn j e nach der Situation einsetzen und ummünzen, ohne sich um seine von kaiserlicher Seite vorgenommene Juristifizierung viel zu kümmern. 3 Die Forschung hat die personalen beziehungsweise transpersonal-institutionellen Aspekte, die ihm eigen sind, bisher noch nicht umfassend herausgearbeitet. Wohl deshalb gibt es hierüber zwischen den Historikern Meinungsverschiedenheiten, die der Klärung harren. Stengel war der Auffassung, daß unter „honor imperii" nicht so sehr die zwischen Kurie und Kaisertum strittigen Herrschaftsrechte begriffen wurden, sondern die „Würde, Hoheit und Autorität des Reiches" selber. 4 Dagegen stellte Appelt das Personale in den Vordergrund; seiner Meinung nach haben wir es hier mit dem „Kernstück der persönlichen Kaiseridee des Herrschers" zu tun. „Geboren aus dem ritterlichen Geist des Feudalismus, bezeichnet der Ausdruck nicht bloß die Ehre des Reiches, sondern auch den Rang und die Würde, den äußeren Glanz und die Machtentfaltung, das Amt und die mit ihm verbundene innere Verpflichtung des Kaisers, keine Minderung seiner Gerechtsame zu dulden." 5 1
RASSOW, P . , a . a . O . , 2 . A u f l . , S . 5 7 ff., 7 8 ff., 9 1 .
2
NIERMEYER, J . F., Mediae latinitatis lexicon minus, fasc. 6, Leiden 1958, Artikel S. 4 9 5 ff.
3
GRUNDMANN, H., Rezension von RASSOW, P., Honor imperii, 1. Aufl., in: HZ. 164/1941, S. 577 ff.
„honor",
4
STENGEL, E . E . , D e r H e e r k a i s e r , a . a . O . , S . 9 2 , A n m .
S
APPELT, H., Kaiseridee, a. a. 0 . , S. 31. Diesen personalen Blickpunkt des Begriffes finden
3.
247
Wir gehen bei unserer Analyse von dem aus, was oben bereits über den Gehalt des Terminus in der spätsalischen Periode gesagt wurde. Hat doch Friedrich I. — was in der Literatur bisher unbeachtet geblieben ist — das Wort vom honor imperii nicht neu geprägt, sondern offensichtlich der salischen Tradition entnommen und seinen gegenüber damals grundlegend anderen politischen Zielen entsprechend eingesetzt. Besonders als Heinrich IV. sich in seinen letzten Regierungsjähren mit der von seinem Sohne geführten Fürstenopposition auseinanderzusetzen hatte, war im Hin und Her der Äußerungen die transpersonal-institutionelle Komponente des Aonor-Begriffes klar hervorgetreten. Sie lebte auch weiter, als Heinrich V. den Thron innehatte, wobei während der Verhandlungen mit der Kurie, welche schließlich zum Konkordat von Worms führten, die Fürsten zu Trägern des honor regni deklariert wurden.6 Die Linie, die von hier aus in die Stauferkanzlei führt, läßt sich, was ebenfalls bislang übersehen wurde, in einigem recht gut verfolgen. In einer Urkunde Heinrichs V., die 1123 für den Ministerialen Eberhard ausgestellt wurde, hieß es, die Belohnung der Getreuen des Königs diene „ad honorem, atque utüitatem nostri regni". Dieser Satz diente zur Zeit Konrads III. als Formularbehelf für dessen Diplome7; in diesem Zusammenhang ist neben anderen auch der Notar Heribert auf ihn aufmerksam geworden, der bekanntlich wie sein Kollege Albert, welcher unter dem genannten Herrscher ebenfalls öfter den honor regni herausstellte8, in die Kanzlei Barbarossas übernommen worden ist. 9 Auch Abt Wibald hat den Begriff oft und gern verwendet. Der von ihm verfaßte Brief Konrads III. an Papst Eugen III. aus dem Jahre 1150 erwähnte neben der „reformanda religio" den „reslaurandus regni honor"deretwegen der König den vir venerabüis Eilulf zum Abt des Klosters Murbach gemacht habe. Beide Termini beziehen sich hier also auf die Wahrung und Neuordnung der kirchlichen Reichsrechte nach der Rückkehr des Königs vom Kreuzzuge und damit ebenso wie die Arenga des vorher genannten Heinrich-Diploms auf einen innenpolitischen Vorgang. Betrachten wir dagegen das Gesetz, welches Lothar III. im Jahre 1136 erließ, um die ohne Erlaubnis vorgenommenen Lehensveräußerungen
0 7 3
9
J0
wir zum Beispiel in einem Brief des kaiserlichen Notars Burchard von etwa 1161/1162 (ed. F. GÜTERBOCK in: Bulletino dell'istituto storico italiano per il medio evo 61/1949, S. 63 f.), wo Rainald von Dassel als „principium, medium et finis honoris imperatoris" bezeichnet wird. Daß der Kanzler einer der Hauptinitiatoren der honor-imperii-Polhik war, hat HERKENRATH, R. M., Reinald von Dassel, Reichskanzler und Erzbischof von Köln, a. a. O., S. 175, zur Genüge deutlich gemacht. Siehe oben S. 146. HAUSMANN, F., Formularbehelfe, a. a. O., Formel 18 c, S. 78. DDK. III. 194 von 1147 und 204 von 1149, a. a. O., S. 353 und 369; die Zuordnung des DK. III. 69 von 1142, a. a. 0., S. 112 f., an Albert ist unsicher. - Heribert operierte in den von ihm verfaßten Stücken hauptsächlich mit der nach Ps. 98, 4 gestalteten Wendung: „regia liberalitas, cuius honor iudicium diligit": DDK. III. 99,103,104, 107, sämtlich von 1144, ebenda, S. 176, 183 f., 193. HAUSMANN, F., Reichskanzlei, a. a. O., S. 265 (Heribert) und 286 (Albert); ZEILLINGER, K., Die Notare, a. a. O., S. 551. DK. III. 222, a. a. 0., S. 395.
248
von Vasallen zu verbieten11, so steht hierhinter eine außenpolitische Zielstellung. Sein Text" wurde vermutlich von einem oberitalienischen Notar hergestellt, dessen gute Kenntnis des Codex Iustinianus ins Auge springt. Es dürfte dieses antike Denkmodell gewesen sein, was ihn anregte, den transpersonal-institutionellen Charakter des Reiches besonders zu betonen. War es doch, wie er schrieb, die Pflicht des Kaisers, den „publicus bonus status" und die „dignitas imperii" den privaten Belangen voranzustellen sowie „omnia que ad honorem imperii specr tare videntur sollicite indagantes, pernitiosissimam pestem et rei publice non mediocre detrimentum inferentem resecare." Das Edikt Lothars hat von Friedrich Barbarossa in den Jahren 1154 und 1158 zu Roncaglia zwei Bestätigungen erfahren, wobei Bischof Eberhard II. von Bamberg, der als Verfasser des erstgenannten Stückes in Frage kommt, die Forderung, daß der honor imperii nicht gemindert werden dürfe, wohl aus der Vorlage übernahm.12 Schon in der Rechtsweisung des Supplinburgers von 1136 war diesem Terminus ein Bedeutungsinhalt unterlegt worden, der in der zweiten Hälfte des 12. Jh. völlig in den Vordergrund trat. Unter „honor imperii" verstand man jetzt einerseits die Würde und Hoheit des Reiches selbst, andererseits aber auch ganz konkrete Rechte, die mit der Ehre des Reiches als Institution in einem unmittelbaren Zusammenhang standen. Wir erkennen dies, wenn wir die politisch-wirtschaftlichen Ziele der staufischen Politik, die mit unserem Begriff propagandistisch-ideologisch gestützt werden sollten, näher ins Auge fassen. Wenden wir unsere Aufmerksamkeit daher zunächst den Empfängern jener Diplome zu, in denen vom honor imperii gesprochen wurde. Unter ihnen sind die innerdeutschen stark in der Minderheit; allein in einigen Privilegien für geistliche Institute war davon die Rede, daß deren Festigung dem Reich zur Ehre gereiche.13 In dieser Beziehung unterschieden sie sich nicht von zwei Diplomen aus den letzten Jahren Heinrichs IV., wo ein Empfängerschreiber des Bischofs von Speyer hervorhob, daß die verbrieften Schenkungen an die sancta Spirensis ecclesia zur Festigung des imperii honor beitrügen.14 Eine gewisse Sonderstellung nimmt innerhalb dieser ersten Gruppe von Barbarossa-Diplomen die Constitutio de correctione Rheni vom Jahre 1165 ein. Ihre Arenga weist eindeutig überpersönlich-institutionelle Züge auf; sie hob die „necessitates rei publice" hervor, die dem Kaiser ständig vor Augen zu stehen hätten, und motivierte die getroffenen Festlegungen unter anderem damit, daß durch sie der „honor imperii... in meliorem statum roboratur"15. Diese Eigenständigkeit erklärt sich offensichtlich 11 13
13
14 13
DL. III. 105, a. a. 0., S. 170. Constitutiones feudales Roncaliae editae von 1154 Dez. 5 : Constitutio contra feudorum distractionem et de causis feudi amittendi, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 148, S. 207 (zur Verfasserfrage FÖHL, W., a. a. O., S. 112 ff.); Curia Roncaliae von 1158 Nov.: Constitutio de iure feudorum, in: MG. Const. I, a. a. O., nr. 177, S. 247. St. 3732 von 1155 für das Kloster Hert bei Germersheim, 3939 von 1162 für das Bistum Gurk, 4065 und 4075 von 1166 für Erzbischof Wichmann von Magdeburg. DDH. IV. 464 von 1100 und 475 von 1102, a. a. O., S. 627 und 647. „(Dignitas Deo
imperii
suscepimus,
Romani)
hoc
ut necessitates
exigit
et ad hoc
rei publice
Semper
imperialis pre
honforis
oculis
cu)lmen
et manibus
regendum
habeamus
a
et
in
249
aus dem Diktat des Protonotars Wortwin, der uns hier erstmalig als Verfasser eines Diploms entgegentritt und mit dem der Einfluß Würzburgs auf die Tätigkeit der Reichskanzlei wieder sichtbar wurde.16 Im ganzen wird man sagen können, daß bei allen diesen Stücken die unmittelbare Verknüpfung des honor-imperiiBegriffes mit der Zentralgewalt und ihren Interessen gewahrt blieb, ja daß an einigen Stellen noch der aus dem Frühmittelalter überkommene personal-funktionelle Bedeutungsinhalt durchschimmert. Dies änderte sich jedoch, sobald die imperiale Politik zur dominierenden wurde und der Kaiser sich in erhöhtem Maße mit anderen Mächten auseinandersetzen mußte beziehungsweise auf sie angewiesen war. Unser Terminus mit seiner zentralen Stellung im ideologischen System konnte hiervon nicht unbeeinflußt bleiben. Die überwiegende Mehrzahl der Diplome, die mit ihm operierte, verfolgte außenpolitische Zwecke — vor allem in Italien und hier wieder besonders dem Papsttum und den italienischen Kommunen gegenüber. Damit aber zeigt sich deutlich, daß in den Augen der politisch und ideologisch führenden Kreise nicht die Festigung des regnum Teulonicum, dem Reich zur Ehre gereichte, sondern die imperiale Dimension den Rahmen auch hierfür absteckte. Wie in Auseinandersetzung mit der These Rassows bereits bemerkt wurde, entzieht sich die vom Papst im Konstanzer Vertrag versprochene Wahrung des honor imperii einer eindeutigen juristischen Interpretation. Mag Friedrich I. bei der Wahl gerade dieses Terminus auch die verschiedensten politischen Rechtsansprüche in und über Italien im Auge gehabt haben, so hieß das noch lange nicht, daß sich die Kurie auf dieselbe Sinngebung festlegte. Der honor-Begriff war keineswegs Alleingut der königlichen Herrschaftsideologie; auch das Papsttum griff auf ihn zurück. Barbarossa nämlich mußte sich in Konstanz ebenfalls verpflichten: zur Wahrung des honor papatus.17 Die unterschiedlichen Auffassungen beider Gewalten über den honor imperii prallten während des spannungsgeladenen Reichstages von Besançon aufeinander. Aus Rahewins Bericht kann man schließen, daß die Gesandten Hadrians IV. sich dieses Terminus während des dortigen Disputs bedient haben, indem sie es offenbar als eine Steigerung der Ehre des Reiches anpriesen, wenn der Kaiser seine Krone als beneficium des Papstes in Empfang nähme. 18 Damals hat Friedrich in
16
17 18
cunc(tis) operib(us iusticie ipsa dementia), sine qua Deo (pl)a(cere) non possu(mu)s, omni tempoie nos comitelur. Tunc enim honor (imperii) recto tramite (incedit et in meliorem statum) ro(bor)atur, quando et saluti totius% patrie utiliter (provide)tur et necessitaftibus pauperum) misericorditer subveniturConstitutio de correctione Rheni von 1165 Nov., in: MG. Const. I, a. a. 0 . , nr. 228, S. 323. Vgl. H A U S M A N N , F., Wortwin, Protonotar Kaiser Friedrichs I . , Stiftsprobst zu Aschaffenburg, in: Aschaffenburger Jahrbuch 4/1957, S. 323-372. Vertrag von Konstanz, ed. P. R A S S O W in: Honor imperii, 2. Aufl., a. a. O . , S. 1 1 8 . Rahewin, Gesta Frederici üb. III, c. 13 (11), a. a. O., S. 418: „Cum enim nuper in curia Bisuntii essemus et de honore imperii et salute ecclesiarum débita sollicitudine tractaremus, venerum legati apostolici, asserentes se talem legationem nostre afferre maiestati, unde honor imperii non paivum accipere deberet incrementumAuch nach Besançon argumentierte Hadrian mit dem Schlagwort: vgl. ebenda cc. 25 (22) und 27 (24), S. 448 und 452. Vgl. weiterhin auch die Trierer Stilübungen, a. a. O., S. 325.
250
seinem propagandistischen Manifest eine scharfe Zurückweisung dieser Auslegung vornehmen lassen: „Daher bitten wir euch jetzt insgesamt, mit uns und dem Reich über diese große Schmach Schmerz zu empfinden, und wir hoffen, eure ungeteilte, aufrichtige Treue werde nicht zulassen, daß die Ehre des Reiches, die seit der Gründung der Stadt und seit der Aufrichtung der christlichen Religion bis auf eure Zeit glorreich und ungeschmälert bestanden hat, durch eine so unerhörte Neuerung, durch eine so vermessene Überheblichkeit beeinträchtigt werde." 19 Hier tritt uns die staufische Interpretation des Begriffes mit schöner Eindringlichkeit entgegen. Sie wies einen transpersonalen Zug insofern auf, als behauptet wurde, das Reich und mit ihm sein honor hätten unabhängig von der Person des jeweils regierenden Herrschers schon seit der Antike bestanden. Darüber hinaus tritt klar zutage, welche soziale Grundlage dieser institutionelle Reichsbegriff aufwies: es waren die Fürsten, an die sich der Appell des Staufers vornehmlich richtete. Sie als Gesamtheit (universitas) hatten sich gleichsam zu einer transpersonal-abstrakten Größe entwickelt; auf ihnen als Körperschaft, als den „Säulen und Gliedern des Reiches" basierte eine Staatsvorstellung, in der die Person des Herrschers nicht mehr unbedingt als Schlüsselfigur existent war. Der Zweck, der mit der Verbreitung dieser f ü r die Zentralgewalt nicht ungefährlichen Theorie erreicht werden sollte, war ein politischer: man wollte den principes begreiflich machen, daß die imperiale Politik angeblich mit ihren ureigensten Interessen identisch sei. Es wurde bereits erwähnt, daß Barbarossa das Schlagwort vom honor imperii auch in breitem Umfang heranzog, um die Fürsten f ü r die Heerfahrten nach Italien zu gewinnen. 20 Eine weitere in diesem Zusammenhang zu nennende Urkundengruppe wurde an die oberitalienischen Kommunen und andere italienische sowie an burgundische 2 1 Empfänger vergeben. In den Verträgen und Privilegien, die Friedrich während seines zweiten Italienzuges von 1158 bis 1162 f ü r Mailand, Monza und Genua, später auch f ü r Pisa ausstellen ließ 2 2 , spielte der Begriff „honor imperii" die zentrale Rolle. Oft verbunden mit der noch zu behandelnden metonymischen corona-Vorstellung, schloß er nicht nur bestimmte konkrete Gerechtsame des 19 30 21
22
Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 13 (11), a. a. O., S. 420. Siehe oben S. 198. St. 4012 b von 1164 für Erzbischof Ilaimund von Arles (verfaßt vom Schreiber 10). Vgl. auch St. 4170 a für die Zisterzienserabtei zu Beaupré und 3963 von 1162 für Graf Raimund von Barcelona (verfaßt von den Schreibern 5 und 7; vgl. RIEDMANN, J., a. a. O. 76/1968, S.-40 f.). Conventio cum Mediolanensibus von 1158 Sept. 1, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 174, S. 241; St. 3838 A von 1159 für Monza (verfaßt vom Schreiber 7; Druck bei PEYER, H. C., Friedrich Barbarossa, Monza und Aachen, in: DA. 8/1951, S. 4 5 6 - 4 5 8 ) ; Conventio cum Ianuensibus von 1162 Juni 9, in: MG. Const. I, a. a. O., nr. 211, S. 292 (verfaßt vom Schreiber 5; vgl. RIEDMANN, J., a. a. O. 76/1968, S. 37) ; St. 4087 A von 1167? für Pisa (wahrscheinlich verfaßt vom Schreiber 10). Vgl. auch St. 3951 von 1162 für das Bistum Como (verfaßt wohl vom Schreiber 5; vgl. RIEDMANN, J„ a. a. O. 76/1968, S. 37) und St. 3957 von 1162 für Konrad de Prato, wo die Wendung „circa honorem imperii clarescere cognovimus", wie RIEDMANN, J., a. a. O., 76/1968, S. 39 f., ausführt, auf die Tätigkeit des Schreibers 5 weist.
251
Reiches in sich, sondern stets auch eine abstrakt-transpersonale Auffassung von Herrschaft und Staat. In dem ersten Vertrag mit den Mailändern wurde zum Beispiel bestimmt, daß diese die Städte Como und Lodi nicht daran hindern dürften, sich „ad honorem imperii" zu befreien. Der Palast, der in der Stadt errichtet werden sollte, symbolisierte neben der Hoheit des Kaisers auch die Souveränität des Reiches. Das Abkommen mit Genua hob hervor, daß die Politik, die der Kaiser betrieb, „ad conservandum rei publice statum" diente. Da sich, wie gesagt, die honor-imperii-Vorstellung mit dem symbolischen corona-Begríñ eng berührte, ist es nicht verwunderlich, daß ihre Verwendung durch die Kanzleischreiber 5, 7 und 10 offensichtlich in beiden Fällen von Bedeutung gewesen ist. Während des zweiten Italienzuges trat auch die kaiserliche Vorbehaltsklausel, auf deren Ansätze wir bereits in den italienischen Diplomen Heinrichs IV. gestoßen waren, stärker in den Vordergrund. Wie Appelt feststellte, wurde sie ebenfalls nicht in Stücken für deutsche Empfänger gebraucht, sondern sie diente zur Wahrung der konkreten Gerechtsame des Reiches (Regalien, Investitur, Gerichtsbarkeit usw.) in Italien. 23 Ihre Formulierung „salvo (in ómnibus; Semper in ómnibus) iure et honore imperii (Romani)"^' zielte aber nicht allein auf solche Rechtsansprüche, sondern brachte auch eine über diesen stehende und mit ihnen verknüpfte allgemein-ideelle Souveränität des Imperiums zur Geltung. Die Historiographie stand bei deren Herausstellung nicht hinter den Diplomen zurück, wobei allerdings besonders Otto von Freising seiner staufisch-apologetischen Ausrichtung entsprechend betonte, daß der honor imperii und die Glorie des Kaisers zusammengehörten.25 Die Topoi mit transpersonalem Gehalt haben innerhalb der staufischen Herrschaftsideologie bereits derart an Zahl zugenommen, daß es unmöglich ist, hier jedem von ihnen im einzelnen nachzugehen — was überdies wohl auch kaum stets zu neuen Ergebnissen führen würde. Der traditionelle Begriff „status regni (imperii)", dessen Übermittlung die Stauferkanzlei zu wesentlichen Teilen dem Codex Udalrici verdankte 26 , umgriff jetzt die verschiedensten Aspekte der Reichspolitik; man denke an die Wahlverhandlungen Friedrichs I., welche „de reformando et componendo regni statu" getätigt wurden.27 Schlagworte wie stabü'tas, auctoritas, utilitas, gloria, augmentum, celsitudo, dignitas imperii (rei publice) wurden in propagandistischer Absicht nicht wenigen Herrscherdiplomen einverleibt 2 8 ; aber auch Otto von Freising und Rahewin benutzten sie nur zu gern. 23 24 25
26
APPEI.T, H., Der Vorbehalt kaiserlicher Rechte, a. a. O., S. 81 ff. St. 3856, 4012 a, 4021, 4026, 4091; vgl. APPELT, H., Der Vorbehalt, a. a. O., S. 83 f. Otto von Freising, Chronica, Epístola ad Fridericum I., a. a. O., S. 3 : „De expeditione, quam contra Mediolanensium superbiam ordinaslis, ob honorem, imperii vestraeque personae exaltationem libenter audivi." Vgl. Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. '32 (29), a. a. O., S. 462 fi. - Otto Morena, Historia Frederici I., a. a. O., S. 1: „ . . . quasque civitates... ad imperii tocius honorem in suo statu relevaverit ac pleniter in suo honore reformaverit.. Vgl. HAUSMANN, F., Formularbehelfe, a. a. O., Formeln 5, 17, 19, S. 74 und 77 f.
27
SIMONSFELD, H . , a . a. O., S. 2 1 , A n m . 9 .
28
Beispiele: status regni (imperii): DDK. III. 36, 72, 222, 265, a . a . O . , S. 59, 128, 395, 459; von den Diplomen Friedrichs I.: St. 3620, 3633, 3709, 3824, 4198, 4206, 4299.
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Letzterer hob weiterhin die heilsgeschichtliche Rolle des römischen Reiches bei der Beilegung des Schismas heraus. 29 Und die Kanzlei stand ihm auch in diesem Punkt nicht nach: sie wendete auf die Romani imperü dignitas das antike Sonnengleichnis an, indem sie behauptete, daß sich das römische Reich zu den übrigen regna und potestates wie die Sonne zu den Gestirnen verhalte.30 Die Beziehung zwischen der Person des Kaisers und der Institution des Reiches wurde im 12. Jh. zumeist mit Hilfe des kirchlichen Amtsgedankens hergestellt. Ihn hatte die Zentralgewalt frühzeitig für ihre Zwecke auszunutzen begonnen, was allerdings nicht verhinderte, daß er andererseits auch ein gefährliches Werkzeug in der Hand ihrer Gegner blieb. So gewann jetzt also die Anschauung breiten Raum, daß der Herrscher ein Amtsträger sei. Unter päpstlichem Einfluß31 — wobei wieder einmal der Codex Udalrici eine Mittlerrolle spielte 32 —, wurde während des 12 J h . in staufischen Diplomen die Vorstellung gebräuchlich, daß der König oder Kaiser Inhaber eines ihm von Gott übergebenen officium (ministerium) sei 3 3 , daß er die administratio regni nach göttlichem Ratschluß durchführte.34 Ob man das Amt neben oder über die Person des Herrschers stellte, ob man es quasi von ihm löste oder sich damit begnügte, es als bloße Funktion des rex (imperator) hinzustellen, dürfte je nach der Konstellation der politischen Kräfte verschieden gewesen sein. Otto von Freising trennte wohl einer ihm geläufigen Vorstellung zufolge den Regenten von dessen Amt, wenn er berichtete, Barbarossa habe die Pfingsttage des Jahres 1156 „privatus" verlebt 3 5 ; drückt dieser Terminus doch aus, daß der Kaiser während jener Zeit „nicht im Amt war". Rahewin nahm eine interessante Scheidung zwischen dem ministerium und der auctoritas des römischen Reiches vor: seiner Meinung nach gebührte das erstere dem Herrscher, letztere jedoch käme den optimales regni zu. Damit wird nichts anderes gesagt, als daß das caput Romani imperü, allein gestützt auf die membra imperü, auf die Fürsten, die als transpersonale Körperschaft gleichsam das Reich darstellten, sein Regierungsamt ausüben könne und dürfe.36 Teilweise wurde der Terminus „officium" auch sakralisiert, so in einer Urkunde Friedrichs I. für St. Lambrecht aus dem Jahre 1170,
29
:i0
:i1 12 13
35
stabilitas: St. 3800 A. auctoritas: DDK. III. 49 und 84, a. a. 0 . , S. 83 und 149. utilitas: St. 3827. gloria: St. 3795, 4190, 4191. augmentum: DK. III. 15, a. a. O., S. 25. dignitas: St. 4056. celsitudo: DK. III. 139, a. a. O., S. 250, und im Diplom Friedrichs I. St. 3697. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 66, a. a. O., S. 6 4 8 : „Romanum. imperium, quod ad remedium tarn perniciosi morbi divina dementia providit." St. 3 9 6 3 von 1 1 6 2
(verfaßt von den Schreibern 5 und 7 ;
vgl. RIEDMANN, J . , a. a.
O.
76/1968, S. 40 f.). Zu diesem Gleichnis FICHTENAU, H., Arenga, a. a. O., S. 36 f. Ebenda, S. 65. HAUSMANN, F., Formularbehelfe, a. a. O., Formeln 9 und 15, S. 75 f. officium: DDK. III. 59, 72, 76, 164, a. a. O., S. 104, 128, 135, 2 9 7 ; von den Diplomen Friedrichs I.: St. 3678, 3679, 3683, 3888, 4101, 4102, 4106, 4110, 4115, 4124, 4125, 4178 a, 4333, 4335, 4340, 4352 a, 4359, 4419, 4489, 4553. ministerium: St. 3740, 3767, 3824. DDL. III, 22 und 32, a. a. O., S. 33 und 50; DDK. III. 18 und 72, a. a. O., S. 32 und 128; von den Diplomen Friedrichs I.: St. 3625, 3772, 3795, 4349. Otto von Freising, Gesta Frederici lib. II, c. 49 (47), a. a. O., S. 378. Rahewin, ebenda lib. III, c. 32 (29), S. 462.
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wo es an einer Stelle heißt: „quod sacrum imperatorie dignitatis a Deo nobis Hier credite requisivit officium, ul unicuique quod suum est conservante-s."37 ergibt sich eine Parallele zu dem Reichstitel „sacrum imperium", dem wir uns noch zuwenden werden. W i r hatten einleitend bereits darauf hingewiesen, daß einigen Herrschaftszeichen im L a u f e der Zeit ein transpersonaler Gehalt zugeschrieben wurde. In ihnen schien die Herrschaft gleichsam verdinglicht, so daß sie allmählich den S t a a t selbst symbolisierten. A l s Metapher f ü r die Transpersonalität des K ö n i g tums setzte sich, wie bekannt, in erster Linie die K r o n e durch. E s ist jedoch darauf zu verweisen, daß auch der Thronbegriff in dieser Hinsicht verwendet werden konnte und in den staufischen Diplomen auch verwendet worden ist. 3 ^ H. W o l f r a m hat im Z u s a m m e n h a n g hiermit einen a u s s a g e k r ä f t i g e n Sonderfall hervorgehoben: wie er beobachtete, wurde erstmals in einem Diplom K o n r a d s I I I . vom splendor throni gesprochen. 3 9 M a n umschrieb mit dieser Wendung den Glanz der kaiserlichen Herrschaft und erhob somit, ebenso wie es früher bei dem splendor regni Teutonici L a m p e r t s von Hersfeld der Fall gewesen w a r 4 0 , einen institutionell-verdinglichten Herrschaftsbegriff in eine numinose S p h ä r e : der Thron des Regenten wurde in gewisser Weise dem T h r o n Gottes angeglichen. E s ist sicher kein Zufall, daß d a s Wort „ s p l e n d o r " in den offiziellen Äußerungen der politischen Theorie bis zum 11. J h . nicht auftaucht und erst in die Arengen der Stauferurkunden E i n g a n g f a n d . Hier nämlich begann jene P h a s e in der Entwicklung des aus der Antike stammenden T o p o s , in der ihn die mittelalterlichen Imperatoren bewußt f ü r ihre H e r r s c h a f t s b e g r ü n d u n g in Anspruch nahmen. E r gliedert sich somit in den komplizierten Wandlungsprozeß der S t a a t s a u f f a s s u n g , welcher sich im 12. J h . vollzog, organisch ein. K o m m e n wir nunmehr zum symbolisch-metonymischen corona-Begriff, der, wie wir in unserer Einleitung ebenfalls bereits betonten, von der Kanzlei der frühen Staufer ebenso wie von den englischen, französischen und böhmischen Königen verwendet wurde. 4 1 Die Unterschiede zwischen der politischen Theorie des Imper i u m s einerseits und der der zentralisierten Monarchien auf der anderen Seite resultieren auch in diesem Falle nicht, wie es die ältere F o r s c h u n g , etwa F . H ä r tung, annehmen zu müssen glaubte, a u s formalen Abweichungen in der Herrschaftsideologie 4 2 , sondern sind auf die Funktion zurückzuführen, die d a s 37
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39
40 41 42
St. 4110. Vgl. hierzu APPELT, H., Das Diplom Friedrichs I. für St. Lambrecht vom 3. März 1170, in: Festschrift zum. 70. Geburtstag von POPELKA, F., Graz 1960, S. 235 ff. (Veröffentlichungen des Steiermärkischen Landesarchivs 2). Allgemein vgl. SCHRAMM, P. E., Herrschaftszeichen und Staatssymbolik, Bd. 1, a. a. O. S. 337 ff., und Bd. 3, S. 913; BEUMANN, H., Zur Entwicklung transpersonaler Staatsvorstellungen, a. a. O., S. 203 ff. Dazu die Urkunden DK. III. 4, a. a. O., S. 7, und St. 3928, 4014, 4021, 4026 (nach EGGER, R., a. a. O., S. 110 f., stammt das Diktat dieses Stücks vom Schreiber 10), 4077 (nach EGGER, It., a. a. O., S. 115 ; wahrscheinlich von Wortwin). DK. III. 189 von 1147, a. a. O., S. 344. WOLFRAM, H., Splendor imperii, a. a. O., S. 158, Anm. 4 4 . Siehe oben S. 14. Siehe oben S. 8 f. HÄRTUNG, F., a. a. O., besonders S. 50 f.
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genannte Staatssymbol im Rahmen der Politik der Zentralgewalt hatte. Da in Frankreich und England für das Königsgut, die Gerichtsbarkeit, aber auch f ü r die fidelitas der Untertanen oftmals ein Bezug auf die Krone vorgenommen worden ist, konnte das Abstraktum „Corona" hier auch entschieden besser als im deutschen Reich der Festigung der königlichen Herrschaft im Innern sowie der zentralstaatlichen Entwicklung dienen. 43 In welcher Art wurde es nun von den Anhängern der Staufer gebraucht? Wir bemerken, daß die Kanzlei mit ihm in einem recht beträchtlichen Maße operierte, wobei sich, wie es auch schon bei der Verwendung von „honor imperii" der Fall gewesen war, in erster Linie die Schreiber 5, 7 und 10 hervortaten. 44 Eine inhaltliche Deutung von „Corona" hat wieder, nicht anders als beim eben genannten Ehre-Begriff, die Betrachtung des Empfängerkreises jener Diplome zur Voraussetzung, in denen das Wort begegnet. Unter Lothar III. und Konrad III. war deren Anzahl nur gering, und die wenigen Stücke, die es gab, wurden ausnahmslos an innerdeutsche Empfänger vergeben. In einem Privileg des Supplinburgers f ü r die in Niederbayern gelegene Abtei Mallersdorf, das 1129 ausgestellt wurde, findet sich der Satz: „non aliter vitam nostram sed neque coronam regni nostri stabiliri credimus nisi in obsequiis mandatorum dei"4o — eine gewisse Ähnlichkeit mit der Annahme Ottos von Freising, Lothar hätte, wenn er nicht vorzeitig durch den Tod abberufen worden wäre, die „Corona imperii ad pristinam dignitatem" zurückgeführt 4 6 , ist hier wohl nicht zu übersehen. Die Kanzlei Konrads III. be43 44
45 46
Siehe oben S. 9 f. Auffällig ist die Verwendung von „Corona" bei dem von 1158 bis 1163 tätigen Schreiber 7. Vgl. St. 3813 von 1158: „Romani titulo imperii et corona sublimare nos et insignire dignata est"; ferner die von CLASSEN, P., Corona imperii, a. a. O., S. 93 und 97, erwähnten Stücke St. 3830, 3838 A, 3873, wovon die Arenga des erstgenannten Diploms von unserem Schreiber selbst entwickelt wurde. Dazu kommen schließlich noch St. 3901, 3905, 3919, sämtlich mit der Wendung „circa honorem, corone nostre"; ähnlich auch St. 3911. St. 4031 hat: „imperialis corone gloriosa magnetudo in suo statu non sensit diminutionem . . . " — Der 1155/1156 und von 1161 bis 1163 nachweisbare Schreiber 5 gebraucht „corona" schon in der Sentenlia contra telonea fluminis Moeni lata, in: MG. Const. I, ed. L. W E I L A N D , Hannover 1893, nr. 162, S. 225 (vgl. auch CLASSEN, P., Corona imperii, a. a. O., S. 93), dann in St. 3936 („corone nostre gloria") und 3946 („de quorum servitio et labore circa exaltationem nostre corone"). Ähnlich schreibt der Kanzlist 9 in St. 4050 von 1165: „Divinae ordinationis Providentia idcirco nos ad imperialis corone gloriam provexitAuf Kanzleidiktat geht auch St. 4000 zurück: „circa sublimationem et honorem corone nostre"; ähnlich St. 4087 A. HERKENRATH, R. M., Zwei Notare Friedrich Barbarossas und des Reichslegaten Christan von Buch, in: MIÖG. 73/1965, S. 256, weist auf die Vorliebe des von 1164 bis 1167 in der Kanzlei begegnenden Schreibers 10 für Begriffe wie „diadema" und „corona" hin; wir zitieren St. 4011: „Ad hoc divina Providentia tocius Romani imperii coronam et sceptrum nobis gubernandum commisit"; St. 4025 und 4029: „pro dilatando imperialis corone solio tempore pacis el guerre"; St. 4026: „nostre corone devotiores"; St. 4028: „quorum honesta servitia circa suae serenitatis diadema resplendent". Beim Schreiber 13 heißt es dann 1174 in St. 4162: „summam corone gloriam et sceptri dignitatem.", und schließlich setzten die Schreiber 15 (tätig von 1178 bis 1188; vgl. St. 4301, 4313, 4454) und 19 (tätig von 1186 bis 1189; vgl. St. 4476) die Tradition fort. DL. III. 20, a. a. 0., S. 29. Otto von Freising, Chronica lib. VII, c. 20, a. a. O., S. 339.
255
stätigte im Jahre 1 1 3 9 Gründung und Besitz des Klosters Vaucelles bei Cambrai; die Arenga dieser Urkunde „Ad nostrç dignitatis spectat coronam boni operis dare et relinquere posteris suis exemplum" wurde zwanzig Jahre später von Barbarossa wörtlich wiederholt. 47 An allen bisher angeführten Stellen ist der eorona-Begriff unmittelbar mit der königlichen Würde verbunden und direkt auf das Interesse des Herrschers ausgerichtet; er symbolisiert die Herrschaft, das Reich, die Regierung schlechthin. Jedoch ist in ihn noch kein für die politisch-ideologische Herrschaftsbegründung wesentlicher Rechtsinhalt eingeflossen, wie das in den westeuropäischen Monarchien damals bereits weitgehend der Fall war. Einen Schritt in diese Richtung bedeutete es, wenn Abt Wibald von Stablo in einem von ihm verfaßten Konrad-Diplom f ü r die Abtei Korvei 1147 schrieb: „Nos iudicio
principum
ad coronç
nostrç
augmentum
manere
decernimus.k48
Auf
der Grundlage des Rates der Fürsten sollten, wie der Text der Ausfertigung besagte, die Kronrechte vermehrt werden. In den betreffenden Urkunden Friedrichs I. für innerdeutsche Empfänger wird in der Regel kein klarer symbolisch-metonymischer Gehalt unseres Terminus sichtb a r 4 9 ; dieser löst sich weder konsequent von dem ihm zugrundeliegenden konkreten Herrschaftszeichen, noch wird er in erwähnenswertem Maße zugunsten der ideologischen Herrschaftsbegründung in die Wagschale geworfen. Anders ist die Situation jedoch, wenn wir die Politik des Staufers gegenüber dem Papsttum und den italienischen Kommunen betrachten. P. Classen hat die in Frage kommenden Belege zu einem großen Teil kürzlich zusammengestellt 5 0 ; er hat Zeugnisse dafür beigebracht, daß keineswegs nur die weltlichen Monarchen, sondern auch die Päpste und andere berühmte Kirchenmänner, wie beispielsweise Bernhard von Clairvaux, den Übergang zum rein metonymischen Wortgebrauch vollzogen. Die Krone wurde hierdurch in eben demselben Maße zum Inbegriff des Reiches und des Kaisertums wie die sedes Petri zum Symbol des Papsttums. Diese Feststellung Classens stimmt mit der von uns bereits erwähnten Tatsache überein, daß die kirchlichen Theoretiker in der Anwendung abstrakter Staatsbegriffe überhaupt wesntlich konsequenter waren als die königlichen. Allerdings — und das ist von der ganzen politisch-ideologischen Konstellation her gesehen nur zu verständlich — wich ihre inhaltliche Deutung des übertragenen corono-Begriffes wesentlich von derjenigen ab, die man auf der staufischen Seite vornahm. Nichts zeigt dies deutlicher als der Streit zwischen Papst Hadrian IV. und Kaiser Friedrich Barbarossa über die Frage, ob die imperialis Corona ein päpstliches oder ein göttliches beneficium sei. Auf dem Reichstag von Besançon ging es keineswegs nur, wie es nach einem flüchtigen Blick in Rahewins Gesta scheinen mag, um das konkrete Herschaftszeichen (insigne) — hier stand das grundsätzliche Problem zur Debatte, welchen Ursprung die kaiserliche Gewalt besaß. Auf 47 48
DK. ni. 29 von 1139, a. a. O., S. 47; St. 3873 von 1159. DK. III. 182, a. a. 0 . , S. 330; vgl. HAUSMANN, F., Reichskanzlei, a. a. O., S . 169. Im
DK. III. 193 von 1147, a. a. 0., S. 352. heißt es: „Si guis... lesisse agnoscat... 49 50
St. 3813, 3935, 3946, 4050, 4162, 4313.
CLASSEN, P., Corona imperii, a. a. O., S. 94 f.
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imperialem, coronam. se
beiden Seiten unterlegte man unserem Terminus daher eine metaphorische Bedeutung, womit Friedrich auf ein Verfahren zurückgriff, dessen er sich zum Zweck der ideologischen Fundierung seiner imperialen Herrschaft zumindest schon einmal bedient hatte. Bereits im Mai oder Juni 1155 war nämlich sein Romzug dem Landgrafen Ludwig II. von Thüringen in einem Schreiben mit den Worten angekündigt worden: „sie victrices aquilus ad reeipiendam coronç noslrç plenitudinem versus urbem direximus."51 Jetzt, nach dem Zwischenfall von Besançon, betonte der Kaiser, er schreibe die „libera imperii nostri corona" allein der göttlichen Verleihung und der Fürstenwahl zu. 52 Hier wird unter der „freien Krone des Reiches" nicht mehr das vom Papst übergebene konkrete Herrschaftszeichen, sondern die Herrschaft selbst verstanden; es bricht sich die Vorstellung Bahn, daß der Staat neben und über die Person des Kaisers gestellt werden kann und damit ein gewisses Eigenleben führt. Denn wenn der Staufer zornerfüllt ausrief: „Eher werden wir die Krone niederlegen als zulassen, daß des Reiches Krone zugleich mit uns so herabgesetzt werde" 53 , so implizierte er damit selbst, daß die corona imperii fortbestand, auch wenn der einzelne Herrscher zurücktrat. Uber den sozialen Träger dieser überpersönlich-abstrakt gedachten „Krone" kann es kaum einen Zweifel geben: es waren die Fürsten, zu deren Gunsten sich in jener Konfliktsituation des Jahres 1158 der Schwerpunkt der Staatsauffassung wieder verlagerte. „Welch politisches Gewicht und welch rechtlichen Gehalt dieser KronbegrifE aufnehmen konnte, zeigte sich in der lombardischen Politik Barbarossas. Jener Treueid, der zum wichtigsten Kampfmittel des Kaisers in Italien wurde, weil er geeignet war, den kommunalen Schwureinungen die gefährliche Spitze abzubrechen, nannte regelmäßig die Krone." Das Formular, auf welches sich diese Sätze Classens 54 beziehen, wurde, beginnend mit dem Jahre 1158, den Städten Verona, Pisa, Genua, Lucca, Rom sowie im Frieden von Konstanz (1183) schließlich auch den Lombarden vorgelegt. Es war den allgemeinen Prinzipien des Fidelitätseides nachgebildet und lautete, wenn wir geringfügige Varianten außer acht lassen: „adiuvabo eum (sc. imperatorem) retiñere coronam imperii et omnem honorem eius in Italia." 55 Die sublimatio oder exaltatio coronae im Sinne der Herrschaftsrechte des Kaisers wurden auch sonst häufig hervorgehoben: man 51
52
53
54 55
Die Reinhardsbrunner Briefsammlung, hrsg. v. F. PEECK, MG. Epp. sel. V, Weimar 1952, nr. 8, S. 8. Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 20 (17), a. a. O., S. 436. Vgl. auch die in Anm. 44 genannte Sententia contra tclonea von 1157. Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 20 tl7), a. a. O., S. 436 ff.: „coronam ante ponemus quam imperii coronam una nobiscum sie deponi consentiamus." Vgl. hierzu HOFFMANN, H., Die Krone im hochmittelalterlichen Staatsdenken, a. a. O., S. 76. CLASSEN, P., Corona imperii, a. a. O., S. 96. Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 23 (20), a. a. O., S. 440 ff. Vgl. die Formeln in der Conventio cum Pisanis von 1162 April 6, der Conventio cum Ianuensibus von 1162 Juni 9, der Conventio cum Lucensibus von 1162 Juli 9, des Pactum curri Romanis von 1167 Juli, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 205, 211, 214, 229, S. 285, 295, 3 0 2 , 3 2 4 f.
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hielt sie den Städten v o r 5 6 und wies daneben andere weltliche wie geistliche italienische Empfänger auf sie hin. Zitiert sei eine Urkunde f ü r den Markgrafen Wilhelm von Montferrat aus dem Jahre 1164, in der es unter anderem hieß: „imperialis corone gloriosa magnetudo in suo statu non sensit diminutionem nec in sua quantitate passa est detrimentum."57 In einem weiteren, wenig zuvor an den Pfalzgrafen Hildebrand von Tuszien vergebenen Privileg spielte die Treue gegenüber der Krone ebenfalls eine nicht geringe Rolle; es wurden „nostre corone devotiores" genannt. 5 8 Die ßdelitas der oberitalienischen Städte und der Großen wurde also, wie unsere Beispiele erkennen lassen, wohl auf den Kaiser, aber auch auf eine neben und über ihm stehende Institution bezogen. Träger dieser Institution dürften hier jedoch nicht die Fürsten gewesen sein; die Beziehung zwischen der corona und dem coronatus ist sichtlich enger als in den zuvor behandelten Belegen. Damit jedoch tritt nur erneut ein charakteristischer Unterschied zur Entwicklung in Frankreich hervor. In diesem Land gab es keine expansive Italienpolitik, zu deren Durchführung die principes gewonnen werden mußten, und so unternahmen die französischen Könige alle Anstrengungen, den corona-Begriff allein f ü r die Durchsetzung der Zentralisierungsmaßnahmen innerhalb des Landes einzusetzen. Hierfür — und nur hierfür — suchten sie sich der Zustimmung ihrer Fürsten zu versichern, was ihnen auch teilweise gelungen zu sein scheint. Abt Suger von St. Denis schrieb jedenfalls im Jahre 1150 seinem Herrscher Ludwig VII., die Magnaten würden ihm bèi seinem geplanten Feldzug gegen Gottfried von Plantagenet „ex jure fidelitatis, quam regno et coronae debent," unterstützen. 59 Da der transpersonal-abstrakte Kronbegriff oft als Synonym f ü r „regnum" und „imperium" gebraucht wurde, führte die Entwicklung schließlich auch zum Hervortreten eines „honor coronae". Gegen Classen, der meinte, hierunter seien allein die Kronrechte begriffen worden®', möchte ich auf die enge Verwandtschaft dieser Bildung zum honor imperii aufmerksam machen, dessen Bedeutungsinhalt, wie wir uns erinnern, im umfassenden Sinne die Würde des Reiches selbst wie auch die aus ihr entspringenden Besitz- und Hoheitsrechte umfaßte. Beim honor coronae ist es nicht anders gewesen, wie uns ein Blick auf die einschlägigen Belege lehrt. Wieder sind es die italienischen Städte, denen gegenüber die „Ehre des Reiches" sehr nachdrücklich zur Geltung gebracht wurde. Im Schwur der Bürger von Tortona aus dem Jahre 1183 findet sich die Passage: „iuvabo eos (sc. dominum Fredericum imperatorem et dominum Heinricum regem Romanorum et dominam Bealricem imperatricem augustam) tenere regnum Italie et hono56
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Conventio cum Ianuensibus von 1162, ebenda nr. 211, S. 292; vgl. auch die Conventio cum Pisanis und die Conventio cum Ravennatibus, ebenda, nr. 205 und 213, S. 282 und 297; ferner St. 3830 (Siena), 4011 (Cremona), 4445 (Parma) und auch 4177 (Como). St. 4031. St. 4026. Vgl. weiter St. 3830, 4022, 4025, 4028, 4029, 4091 für italienische Große sowie St. 4454 und 4573 für weitere nichtdeutsche Empfänger. Epistolae Sugerii abbatis S. Dionysii nr. CIV, in: BOUQUET, Bd. XV, S. 522. Vgl. dazu KANTOROWICZ, E. H., The King's Iwo Bodies, a. a. O., S. 338 f. CLASSEN, P., Corona imperii, a. a. O., S. 98.
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rem corone, et nominalim civitatem Terdone et episcopatum et commitatum sie wurde wenige Monate später in dem Eid, den die Lombarden im Rahmen des Friedens zu Konstanz leisten mußten, mit nur geringfügig gewandelten Worten wiederholt.61 Beide Male bezog sich der von kaiserlicher Seite „verordnete" honor coronae wohl in erster Linie auf die konkreten Herrschaftsrechte; dagegen dürfte in Barbarossas Appell an die Fürsten von 1164, in welchem zur Bekämpfung der reichsfeindlichen Bestrebungen Paduas und Vicenzas aufgerufen wurde, die Hoheit des Kaisertums schlechthin im Vordergrund gestanden haben, wenn es hieß: „ut in his, quae contra honorem coronae nostrae aliquo modo emergant, tuum consilium et auxilium aliorumque nostrorum fidelium diligentius requiramus,"62 Einen ähnlichen Sinn hatte der Begriff wohl auch an jener Stelle der berühmten Gelnhäuser Urkunde von 1180, wo Friedrich auf den Rat der principes hin den Erzbischof von Köln „ob honorem imperialis coronq promovendum et manutenendum" mit einem Teil des sächsischen Herzogtums belehnte. 63 Fast zwei Jahrzehnte früher hatte man in einem Diplom für das Bistum Passau geschrieben: „circa honorem coronae nostrae stabili constantia amplius fervere cognoscimusZ'64 Dieser Satz zeigt klar den doppelten Bedeutungsinhalt: wir vermögen nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob mit der „Ehre der Krone" hier das Kaisertum insgesamt oder ausschließlich seine Rechte herausgestellt werden sollten. Und beide Bedeutungen sind auch anderenorts in einer derartigen Weise miteinander verknüpft, daß es nicht möglich ist, sie zu scheiden. Je nach den Umständen konnte selbstverständlich die eine oder die andere in den Vordergrund treten, und wenn wir dies einmal ganz grob kennzeichnen wollen, so können wir sagen, daß der konkrete Bezug auf die Befugnisse der Krone vor allem im Rahmen der lombardischen Politik zum Tragen gebracht wurde. Ansonsten trat er hinter einer allgemein aufgefaßten „Hoheit" zurück, deren Propagierung zum Ziel hatte, die Würde des Königs mit ideologischen Mitteln zu erhöhen und somit zu festigen. Hierfür erwies sich der Terminus „honor coronae" als recht wirksam, da es der Zentralgewalt mit seinem Einsatz besser als mit dem anderer abstrakter Staatssymbole gelang, ihre Anliegen zu fördern — für unseren Fall konkret gesagt: keinen Gegensatz zwischen der „Krone" und dem Kronenträger aufkommen zu lassen. Eine neue Stufe seiner Entwicklung erreichte der metonymische corona-Begrifi, als man ihn sakralisierte. Von der sacra lancea und der sancta Corona sprach man zwar bereits im 10. und 11. Jh.; jedoch wurde hier noch nicht ein abstraktes 61
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IS
Reconciliatio Terdonae von 1183 Febr. 4 : Sacramentum Terdonensium, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 285, S. 394; Pax Constantiensis: Iuramentum nuntiorum Lombardicorum, ebenda nr. 294, S. 419. Mandatum de hoste facienda von 1164 etwa April, ebenda nr. 220, S. 312. Vgl. auch St. 4000 von 1163 für das Kloster S. Zeno bei Verona mit der Wendung „circa sublimationem et honorem, corone nostre." Constitutio ducatus Coloniensis in Westfalia von 1180 April 13, in: MG. Const. I, a. a. O., nr. 279, S. 385. St. 3901 von 1161; in St. 3911 aus dem gleichen Jahre an den Bischof von Grenoble heißt es: „circa honorem nostrae personae et coronae". Hier schimmert wieder der personale Aspekt des Aonor-Begriffes durch. Koch, Sacrum Imperium
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Staatssymbol geheiligt. Die Überhöhung bezog sich damals direkt auf bestimmte Reliquien 6 5 ; ihr lag somit eine weitgehend sinnhafte Vorstellung zugrunde. Erst die Anfangsjahre Friedrich Barbarossas, welche ja, wie aus unseren bisherigen Darlegungen zur Genüge hervorging, in mannigfaltiger Beziehung Schnittpunkte der politisch-ideologischen Entwicklung bildeten, brachten hierin einen Wandel. Nicht nur, daß das Abstraktum Corona seit dieser Zeit in den Auseinandersetzungen des Herrschers mit dem Papsttum und den italienischen Kommunen stärker als früher hervortrat — uns ist aus dem Jahre 1158 auch zum ersten Male ein Schriftstück erhalten, in dem sich sein Verfasser, ein Paduaner Notar, als „sanctissime imperatoris Federici corone notarius" bezeichnete. 66 Obwohl dies ein Einzelfall bleibt, ist aus ihm doch zu erkennen, daß jetzt mit der „sanctissima Corona" das Staatswesen als solches in eine sakrale Sphäre gehoben wurde. Es ergibt sich hier eine Parallele zu den kurz vorher in die Stauferkanzlei eingeführten Begriffen „sacrum imperium" und „diva res publica", deren Untersuchung wir uns nun zuwenden. Kein Ausdruck spiegelt die Stauferideologie in solcher Konzentration wider wie der Reichstitel „sacrum imperium", der gleich einem Brennspiegel die verschiedensten Einflüsse in sich vereinigt. Es ist daher nur folgerichtig, daß dieses Sakralnomen geradezu zum Inbegriff der politischen und ideologischen Tendenzen des mittelalterlichen Reiches in Europa geworden ist und als wesentlicher Bestandteil in die spätere Bezeichnung „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" einging, wo es bis zum Jahre 1806 weiterlebte. Seine Interpretation soll unter Berücksichtigung zweier Gesichtspunkte erfolgen, die von der Forschung bisher vernachlässigt wurden. Es handelt sich hierbei einmal um den Verfolg seiner Herausbildung bis zum Jahre 1157, jenem Zeitpunkt also, von dem ab er in der Kanzlei Friedrichs I. offiziell Verwendung fand. 67 Zum anderen aber erweist sich auch eine erneute inhaltliche Deutung des Titels im Gesamtzusammenhang der staufischen Ideologie als notwendig, da die bisherige Literatur diese Frage nur am Rande berührte und bei ihren Antworten überdies zu keiner einheitlichen Meinung gelangt ist. Eine wichtige Voraussetzung und zumindest das formelle Vorbild für die Heiligung von Herrscher und Staat im Mittelalter waren die antik-römischen Verhältnisse, die ihren Niederschlag im Gesetzgebungswerk Justinians gefunden hatten und sich im byzantinischen Reich vielfach fortsetzten. Das heidnische 66
SCHRAMM, P . E . , Herrschaitszeichen, a. a. O., Bd. 2, S . 5 0 1 ff. und 631 ff.; Bd. 3 , S . 9 1 5 .
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Urkunden zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens, gesammelt und hrsg. v. J . FICKER. Innsbruck 1874, nr. 125, S. 168 (FICKER, J., Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens, Bd. 4 ) . E s bandelt sich hier um die Bestätigung eines Spruches König Heinrichs durch den Markgrafen von Verona. Eine Überprüfung des Stücks mit den Mitteln der modernen Diplomatik wäre wünschenswert.
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F ü r die folgende Entwicklung kann verwiesen werden auf ZEUMEH, K., Heiliges römisches Reich deutscher Nation. Eine Studie über den Reichstitel, Weimar 1910, S. 11 ff. (Quellen und Studien zur Verfassungsgeschichte des Deutschen Reiches in Mittelalter und Neuzeit, hrsg. v. ZEUMER, K., Bd. IV, Heft 2 ) , und HERKENRATH, R . M., Reinald von Dassel als Verfasser und Schreiber von Kaiserurkunden, a. a. 0 . , S. 3 4 ff.
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Gottkaisertum mit seinem Herrscherkult wirkte auf die unterschiedlichste Weise im Christentum nach. 6 8 Besonders W. Enßlin hat gezeigt, wie der vergöttlichte imperatoT von einst sich in einen christlichen Kaiser von Gottes Gnaden umbildete, der nun nicht mehr Gott selbst, sondern dessen Abbild und Statthalter war. 6 9 Jedoch wurde unter der Herrschaft der neuen Religion das kultische Zeremoniell beibehalten. Ebenso aber auch die sakralen Titulaturen f ü r den Kaiser; seine Person und alles, was mit ihr in Berührung kam, belegte man weiterhin mit den Elativen sacer, sacratissimus, sanctus, sanctissimus etc. So kam es, daß auch das Reich, an dessen Spitze jener Herrscher stand, als heilig galt. Der Begriff des „heiligen römischen Reiches" tauchte wahrscheinlich erst in christlicher Zeit a u f 7 0 — eine Beobachtung, die das Problem mit sich bringt, welche Bedeutung den aus der heidnischen Antike stammenden Prädikaten „sacer" und „sanctus" damals beigemessen wurde. Enßlin meinte hierzu: „Jedenfalls konnte die christliche Kaiserzeit ohne Bedenken sacratissimus weiter f ü r den Kaiser beibehalten, wobei es auch wie sacer dem Kaiser Zugehöriges in einer gewissen Steigerung zu bezeichnen vermochte. Konnte es dann natürlich nur noch das Geheiligtsein durch Gottes Gnade ausdrücken, so war die Verwendung von sacer ursprünglich wie gesagt ebenso sicher auch von der Kaiservergötterung her anwendbar gewesen." 7 1 Je mehr also das Heidentum selbst zurückgedrängt wurde und je offensichtlicher es seine aktuelle Gefährlichkeit verlor, desto weniger Bedenken trug man, am herkömmlichen Zeremoniell und an der Verwendung von Ehrenprädikaten festzuhalten, so „daß dann erst recht an der Bezeichnung einer solchen Heiligung durch sacer keinerlei Anstoß mehr genommen wurde" 7 2 . Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, daß es sowohl in der jüdischen Religion als auch im Christentum selbst gewisse Züge gab, die der sakralen Stellung des Herrschers entgegenkamen. 73 Es war wohl im wesentlichen dieser nun christlich aufgefaßte Inhalt unserer hier zur Debatte stehenden Sakralnomina, der ihre durchgängige Verwendung im Corpus iuris civilis bewirkte 7 4 ; ist doch die Beeinflussung der berühmten Ge68
V g l . HEILER, F . , a. a. O , S. 5 4 3 S .
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ENSSLIN, W . , a. a. O., p a s s i m .
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ENSSLIN, W . , a. a. O., S . 5 1 f.
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Ebenda, S. 70. Vgl. auch PAULY/WISSOWA, Real-Encyclopädie der classischen Altertumswissenschaft, 2. Reihe, 1. Bd., Stuttgart 1920, Artikel „sacer", Sp. 1628, wo es in Hinsicht auf „sacer" und „sanctus" heißt: „Mit nur wenig verändertem Inhalt leben Worte wie Vorstellungen im Christentum fort." Vgl. ALAND, K., Der Abbau des Herrscherkults im Zeitalter Konstantins, in: La regalità sacra. Contributi al tema del Vili Congresso Internazionale di storia della Religioni, Leiden 1959, besonders S. 500; ferner ENSSLIN, W., a. a. O., S. 56 fi. Die Verwendung im Codex Justinianus stellt zusammen: MAYR, R., Vocabularium codicis Justiniani, Bd. 1, pars Latina, Prag 1923. Uber den Gebrauch der Begriffe im römischen Recht allgemein informiert BERGER, A., Encyclopedic Dictionary of Roman Law, Philadelphia 1953, S. 679 (res sacrae), 680 (res sanctae), 687 (sacer), 688 (sacratissimus), 690 (sanctus). Trotz der Unterschiede in der Bedeutung von sacer und sanctus (vgl. PAULY/
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Vgl. SICKEL, W . , i n : G G A . 163/1901, S . 3 8 9 f.
WISSOWA, R e a l - E n c y c l o p ä d i e , a. a. O., 2 . R e i h e , 1. B d . , S p . 1 6 2 8 ; ENSSLIN, W . , a. a. O . ,
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setzessammlung durch die Christiana religio nachgewiesen. 75 Andererseits dürfte sich nicht bestreiten lassen, daß auch Nachklänge des früheren Gottkaisertums in ihnen fortlebten. Die Weitervermittlung derartiger Vorstellungen an das okziden.tale Mittelalter erfolgte auf verschiedenen Überlieferungswegen, die im einzelnen nicht immer klar voneinander zu trennen sind. Neben dem direkten Rückgriff auf das im Corpus iuris gesammelt vorliegende römische Recht, der besonders seit dem 12. Jh. stark in den Vordergrund trat 76 , bot sich auch das byzantinische Reich als Vorbild an, da dort die alte Kaiserideologie und die Verwendung der sakralen Titulaturen weiter existierten.77 Schließlich dürfen die Kirche und das Papsttum nicht unerwähnt bleiben; beide haben den imperatores die genannten Prädikate zwar zunächst zuerkannt 78 , sie dann jedoch ebenfalls für sich verwendet und im Laufe der Zeit allmählich monopolisiert. 79 Die Tatsache, daß der apostolische Stuhl im „kaiserfreien" Italien gleichsam an die Stelle der Zentralgewalt trat, förderte diese Entwicklung wesentlich. Schon im Ost- und im Westgotenreich hatte man das Epitheton „sanclissimus" fast ausschließlich für Angehörige der hohen Geistlichkeit, für Bischöfe und für den Papst gebraucht 80 , und im 11. Jh. schließlich wurde von der kirchlichen Reformbewegung die Heiligkeit des weltlichen Herrschers grundsätzlich bestritten.81 Die Gegenreaktion, die dies
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S. 51 f.; KERN, F., a. a. O., 2. Aufl., S. 116 f.) wurden beide Prädikate im Mittelalter doch vielfach vertauscht, so daß man keine klare Scheidungslinie zwischen ihnen ziehen kann wenigstens nicht für den von uns betrachteten Bereich. Vgl. STEINWENTER, A., in: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 3, Stuttgart 1957, Sp. 453 ff. Siehe dazu ausführlich oben S. 233 ff. HUNGER, H . , a. a. O . , S . 50 ff.; TTEITINGER, O . , a. a. O . , 2. Aufl., S . 50 ff.; auch SICKEL, W . , in : GGA. 163/1901, S. 387 ff. Eine Urkunde des Dogen von Venedig von etwa 814 bis 820 nennt Byzanz beispielsweise „sanctum, Romanum Imperium": Fontes rerum Austriacarum, 2. Abtheilg., Bd. 12: Urkunden zur älteren Handels- und Staatsgeschichte der Republik Venedig mit besonderer Beziehung auf Byzanz und die Levante, hrsg. v. G. L. F R . T A F E L und G. M. THOMAS, 1. Theil, Wien 1856, nr. 1, S. 2. Nachweise für Bischofsschreiben und Synoden bei ENSSLIN, W., a. a. 0., S. 93 ff. Immerhin ist doch bezeichnend, daß Papst Gelasius I. in seinem berühmten Brief an den Kaiser Anastasius (494) zwar von der „auctoritas sacrata pontificumjedoch nur von der „regalis potestas" (ohne Heiligkeitsbezeichnung) sprach. Vgl. GOLDAMMER, K . , Die Welt des Heiligen im Bilde des Gottherrschers. Sakrale Majestätsund Hoheitssymbolik im frühen Christentum und ihre religionsgeschichtlichen Beziehungen, in: La regalità sacra. Contributi al tema del Vili Congresso Internazionale di storia della Religioni, Leiden 1959, S. 513 ff.; ferner SCHRAMM, P . E., Sacerdotium und regnum im Austausch ihrer Vorrechte, a . a . O . , S. 420 f.; HEER, F., a . a . O . , Bd. 1, S. 411 ff.; POMTOW, M., a. a. O., S. 181. Vgl. DAHM, H . , Die Ehrenprädikate der geistlichen und weltlichen Stände des Mittelalters, phil. Diss. Marburg 1943 (Ms.), S. 23, 25, 38. DAHM geht leider auf den sonstigen Gebrauch von „sacer" etc. nicht ein. Vgl. etwa Registrum Gregorii VII. lib. VIII, nr. 21, a. a. O., S. 558 ff. Im Dictatus papae, ebenda lib. II, nr. 5 5 a , S. 207, stellte Gregor den Satz auf: „Romanus pontifex... indubitanter efficitur sanctus"; vgl. dazu ULLMANN, W., Romanus pontifex indubitanter efficitur sanctus. Dictatus papae 23 in Retrospect and Prospect, in: Studi Gregoriani VI, Rom 1959 bis 1961, S. 229-264. Die Trennung zwischen dem weltlichen Herrscher und dem Papst
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auf der Seite des Königtums auslöste, ordnete sich ein in den ideologischen Kampf, den die Henricianer während des Investiturstreits ausfochten. Wollen wir die Herkunftsfrage unserer Begriffe aufhellen, so müssen wir noch einmal auf die These vom Einfluß des sogenannten germanischen Sakralkönigtums 8 2 auf die mittelalterliche Herrscherideologie eingehen. Sie ist vor allem von K. Hauck in seinem programmatischen Aufsatz „Geblütsheiligkeit" nachdrücklich vertreten worden. 83 Hauck sah durchaus die Verbindung zwischen antiker Herrschervergötterung und kirchlicher Überhöhung des König- und Kaisertums, hielt aber die in christlichen Formen weiterwirkende germanische Geblütsheiligkeit letztlich für das Entscheidende. Sie vornehmlich spiegelte sich seiner Meinung nach auch in den „sanciiSst7raws"-Formeln der staufischen Zeit wider. Den byzantinischen Einflüssen sprach der genannte Forscher dagegen nur formale Bedeutung zu, denn diese „steigern weithin nur Eigenes und verleihen ihm neue Formen." 8 4 Bei seinen Ausführungen setzte Hauck die Existenz eines gemeingermanischen, charismatisch begründeten Sakralkönigtums in vorchristlicher Zeit voraus. Da diese Annahme jedoch jüngst von W. Baetke 85 und F. Graus 8 6 mit guten Gründen bestritten worden ist, beruhen seine Thesen von vornherein auf sehr unsicheren Prämissen. Denn es ist klar: sollte es ein sakrales Königtum bei den Germanen der vorchristlichen Zeit nicht gegeben haben, so kann man die sakrale Würde der mittelalterlichen Herrscher auch nicht von ihm herleiten. Doch wir können von dieser hypothetischen Voraussetzung ohnehin absehen, da unsere ganze vorangegangene Analyse gezeigt hat, daß sich innerhalb des hier angesprochenen Problemkreises eine „germanische Kontinuität" nicht feststellen läßt. Die ideologischen Herrschaftsbegründungen des Mittelalters wurden inhaltlich im wesentlichen von christlichen Anschauungen, besonders von Weihe und Salbung, bestimmt. Überdies läßt sich — worauf Hauck allerdings nicht eingegangen ist — der transpersonale Begriff „sacrum Imperium," unmöglich von den fragwürdigen Vorstellungen der Geblütsheiligkeit her erfassen. Wenn die Heiligkeit von Kaiser und Reich in der karolingisch-ottonischen Epoche der offiziellen, von der Kanzlei gebrauchten Terminologie auch noch
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bringt Honorius Augustodunensis mit dem Satz: „Ante pontificem portantur sancta, sicut ante imperatorem imperialia" (Gemma animae lib. I, c. 73, in: MIGNE, PL., Bd. 172, Sp. 566) klar zum Ausdruck. Vgl. hierzu etwa HÖFLER, O., Der Sacralcharakter des germanischen Königtums, in: La regalità sacra. Contributi al tema del V i l i Congresso Internazionale di storia della Religioni, Leiden 1959, S. 664-701. HAUCK, K., Geblütsheiligkeit, a. a. O., S. 187 ff. Ebenda, S. 196. BAETKE, W . , a . a. O . , S . 1 7 1 ff.; z u HAUCK s p e z i e l l S . 1 8 0 f . , A n m .
1. BAETKE a k z e p t i e r t
nur den Begriff „Geblütsrecht" und leugnete die Geblütsheiligkeit. GRAUS, F., Volk, Herrscher und Heiliger, a. a. O., S. 313 ff.; zu den Thesen HAUCKS S. 328, Anm. 139, und S. 344, Aniri. 224. Ich stimme mit GRAUS, ebenda, S. 317 und 333, darin überein, daß sich Ansätze einer germanischen Königsideologie, magische Vorstellungen usw. sicherlich schon vor der Merowingerzeit entwickelt hatten, denn jede Herrschaft fordert eine ideologische Begründung. Vgl. auch WERNER, E., Charismatisches Erbe merowingischer Adelssippen?, in: ZfG. 15/1967, S. 1207 ff.
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fremd war, so begegnet man ihr doch in den Produkten der übrigen schreibenden Zeitgenossen nicht gerade selten. 87 Alkuin, der Hauptratgeber Karls des Großen, bezeichnete schon im Jahre 7 9 8 das karolingische Reich als „sacratissimum imperiurn" und den Kaiser vier Jahre später als „sanctus imperator"„sacer imperator" hieß der große Franke auch um 8 1 3 in einem Brief Leidrads, des Erzbischofs von Lyon. 8 9 Karls Nachfolger Ludwig der Fromme und Lothar I. wurden ebenfalls mit den Prädikaten „sacratissimus" beziehungsweise „sanctissimus" belegt 9 0 , und schließlich fand das Wort vom „heiligen Kaiser" auch in einigen Synodalprotokollen Anwendung. 91 Es wird sich schwer feststellen lassen, auf welche Vorbilder und Einflüsse die hier begegnenden Epitheta jeweils zurückgehen. Stärker als die spätantik-byzantinische Tradition scheint die Vorstellung, daß die Salbung den Herrscher heilige 9 2 , zu ihrem Gebrauch geführt zu haben — eine Vorstellung, die, wie wir sahen, beim Normannischen Anonymus später dominierte. 9 3 Die Differenzen zu Byzanz in dieser Frage spiegelten sich deutlich in den um 7 9 0 auf Veranlassung Karls des Großen geschriebenen Libri Carolini wider, wo Kritik an den byzantinischen Formen des Kaisertums geübt und dessen „Vergöttlichung" abgelehnt wurde. 9 4 Der Unterschied zwischen der antik-byzantinischen und der westlichen Herrschaftsideologie wird hier in bezeichnender Weise greifbar. Die okzidentalen Kanzleien als eigentliche Zentren der ideologischen Herrschaftsbegründung ihrer jeweiligen Zentralgewalt haben es wohl deshalb ver87
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Nachweise bei SICKEL, W., in: GGA. 163/1901, S. 390, und auch bei GRAUS, F., Volk, Herrscher und Heiliger, a. a. O., S. 326, Anm. 132 (Vita Wilfridi; Sedulius Scottus; Jonas von Orléans). Vgl. auch BLOCH, M., Les rois thaumaturges, a. a. O., S. 61 ff. und 75. Alcuini epistolae nr. 136 von 798 und 257 von 802, in: MG. Epp. IV, ed. E. DÜMMLER, Berlin 1895, S. 205 und 414. Im März 798 sprach Alkuin zu Karl vom „sanctissimum vestrum nomen" : ebenda nr. 145, S. 231; vgl. auch nr. 200 von 800, S. 331. Gegen die Hervorhebung altgermanischer Anschauungen bei Alkuin wendete sich GRAUS, F., Volk, Herrscher und Heiliger, a. a. O., S. 344 mit Anm. 224, der sich in diesem Punkt an WALLACH, L., Alcuin and Charlemagne, Ithaca 1959 (Cornell Studies in Classical Philology 32), anschloß. Epistolae variorum Carolo Magno regnante scriptae nr. 30, in: MG. Epp. IV, a. a. O., S. 542. Ludwig der Fromme: Hrabani (Mauri) abbatis Fuldensis et archiepiscopi Moguntiacensia epistolae nr. 15 und 16, ed. E. DÜMMLER in: MG. Epp. V, Berlin 1899, S. 414 und 419; Lothar I. : ebenda nr. 28, S. 444. Concilium Mantuanum von 827 Juni 6, in: MG. Conc. II, pars 2, ed. A. WERMINGHOFF, Hannover und Leipzig 1908, nr. 47, S. 587 („sacrorum imperatorum missi") ; Synodus Papiensis von 850, in: MG. Cap. II, ed. A. BORETIUS/V. KRAUSE, Hannover 1897, nr. 228, S. 121 ( „sacialissimus imperator"). Auch die Kanzlei Papst Johanns VIII. hat in bezug auf die Kaiser alten Sprachgebrauch wieder zur Geltung gebracht; vgl. SCHRAMM, P. E., Kaiser, Rom und Renovatio, Bd. 1, 2. Aufl., a. a. O., S. 47 mit Anm. 4.
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V g l . OPPENHEIM, PH., a. a . O., S . 4 2 ff.
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Siehe oben S. 6. Libri Carolini sive Caroli Magni capitulare de imaginibus, besonders die praefatio und lib. I, c. 1; lib. II, c. 19; lib. III, c. 15; lib. IV, c. 20, ed. H. BASTGEN, MG. Conc. II, supplementum, Hannover und Leipzig 1924, S. 3, 8 FF., 77 fi., 135, 211 f. Gegen die Verwendung von „divinus" für den Kaiser lib. I, c. 1. und lib. IV, c. 5, ebenda, S. 10 ff. und 1 7 9 fi.
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mieden, die Person des Herrschers als heilig und göttlich zu bezeichnen, weil dies zu stark gegen die Vorstellungen vom christlichen Gottesgnadentum westlicher Ausprägung verstieß. Hieraus resultiert die Tatache, daß die sakralen Epitheta dem Kaiser vor allem von der Historiographie zugesprochen wurden. Bei Liutprand von Cremona, der im 10. Jh. derartige Epitheta für Otto I. verwendete, ist allerdings oströmischer Einfluß eindeutig erkennbar. 95 Liutprand hatte die sakralen Prädikate in Byzanz kennengelernt, was ihn bewog, auch den Sachsenherrscher nach seiner Kaiserkrönung „sanctus (sanctissimus) imperator" zu nennen. 96 In bezug auf unsere Problematik ist die Feststellung von Bedeutung, daß dem Cremoneser Bischof in Konstantinopel auch der transpersonal-sakrale Reichsbegriff „sanctum Imperium" für das oströmische Reich begegnete. 97 Diese Bezeichnung scheint aber ohnedies im Westen bekannt gewesen zu sein, denn König Hugo Capet von Frankreich sprach 988 in einem Brief an den bzyantimschen Kaiser Basilius II. ebenfalls von dessen „sanctum Imperium".98 Otto I. war daneben der letzte mittelalterliche Herrscher, welcher in einem offiziellen Papstprivileg als „sanctissimus imperator" aufgefaßt wurde. Die Gründungsurkunde Johannes XII. für das Erzbistum Magdeburg vom Jahre 962 erkannte dem eben zum Kaiser Erhobenen wohl wegen seiner Eroberungs- und Christianisierungspolitik gegenüber den Slawen dieses Ehrenprädikat zu. 99 Auch in zwei ottonischen Urkunden wurde der Kaiser mit dem Prädikat „sanctissimus" belegt; jedoch handelt es sich hier um Einzelfälle, in denen ein römisch-italienischer beziehungsweise byzantinischer Kanzleieinfluß nachweisbar ist. 100 95
Vgl. allgemein BAUM, W., Die politischen Anschauungen Liudprands von Cremona. Seine Stellung zum Kaisertum, phil. Diss. Berlin 1936, Druck: Würzburg 1936, S. 41 und 46, der jedoch auf die sakralen Bezeichnungen speziell nicht eingeht.
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Liudprandi historia Ottonis c. 1, 4, 6 - 8 , 10, 11, 17, 20, 21, in: Liudprandi opera, ed. J. BECKER, MG. SS. in us. schol., 3. Aufl., Hannover und Leipzig 1915, S. 1 6 0 - 1 6 4 , 166, 168, 172 f.; ders., Relatio de legatione Constantinopolitana cc. 26 und 53, ebenda, S. 189 und 203.
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Ders., Antapodosis lib. I, c. 11, ebenda, S. 12: Relatio de legatione c. 15, ebenda, S. 184. Die Briefsammlung Gerberts von Reims, bearb. v. F. WEIGLE, MG. Die Briefe der deutschen Kaiserzeit II, Weimar 1966, nr. 111, S. 140.
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Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg, Teil I ( 9 3 7 - 1 1 9 2 ) , bearb. v. F. ISRAEL unter Mitwirkung von W. MÖLLENBERG, Magdeburg 1937, nr. 28, S. 42 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, Neue Reihe, Bd. 18). DO. I. 405 von 971, MG. DD. I, ed. TH. SICKEL, Hannover 1 8 7 9 - 1 8 8 4 , S. 552: „Tunc ipse imperator dissertissimus et sanctissimus... providens . .und: „Quod iuxta sanctissimi imperatoris decretum... definitum et determinatum est" (italienisches Gerichtsprotokoll aus Ravenna); im DO. II. 21 von 972, MG. DD. II, ed. TH. SICKEL, Hannover 1888, S. 29 f., wird Otto I. zweimal „sanctissimus" genannt, die Empfängerin des Stückes, Theophanu, heißt „sanctissima et dilicetissima sponsa nostra." Vgl. auch DO. I. 263 von 964, a. a. O., S. 375: „retulerunt sacratissimis auribus nostris" (mit nicht ganz sicherer Überlieferung), sowie DO. II. 166 von 977, a. a. O., S 188: „Unde et sacris nostris obtutibus obtulit...", das an dieser Stelle auf eine Vorurkunde Kaiser Ludwigs des Blinden zurückgreift. Auch Brun von Querfurt sprach im Jahre 1008 in seinem Schreiben an Heinrich II. (ed. W. v. GIESEBRECHT in: Geschichte d. dt. Kaiserzeit, Bd. 2, 5. Aufl., Leipzig 1885, S. 705) vom „sanctum Imperium." Konstantins.
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Wie wir bereits ausführten, erstreckte sich die Heiligkeitsbezeichnung seit dem 10./11. Jh. nicht nur auf die Person des Kaisers, sondern auch auf seine Herrschaftszeichen, die sacra lancea und die sancta Corona. Das ist ein Fakt, der eine zukunftsträchtige Bedeutung für die spätere Sakralisierung des abstrakten Reichsbegriffes gewann. In jener frühen Entwicklungsphase des Feudalstaates, die durch die genannten beiden Jahrhunderte umrissen ist, stand diese Sakralisierung allerdings noch nicht auf der Tagesordnung. Wie schon zuvor in der Karolingerzeit existierte damals die transpersonale Reichsvorstellung in einem gewissen Ausmaß zwar weiter 1 0 1 , wurde jedoch durch die personal-funktionelle deutlich in den Schatten gestellt. Daher eben rührte es, daß man den Herrscher heiligte, nicht aber das Reich. Es wurde bereits erwähnt, daß die allgemeinen gesellschaftlichen Voraussetzungen für letzteres erst seit der zweiten Hälfte des 11. Jh. gegeben waren — zu einer Zeit also, da die karolingisch-ottonische Tradition wieder auflebte. Gerade sie bildete schließlich ein zusätzliches ideologisches Element, das zur Einführung des sakralen Reichstitels in die Produkte der Stauferkanzlei beitragen konnte. Die heftigen theoretischen Auseinandersetzungen über das Verhältnis von Imperium und sacerdotium im Investiturstreit markierten eine entscheidende Etappe für die staufische Vorstellung vom „heiligen Reich". Hier lag der Ausgangspunkt in erster Linie für ihre allgemeinen inhaltlich-theoretischen Grundlagen; in einem Fall jedoch bot das 11. Jh., wie wir gleich sehen werden, der Stauferkanzlei auch eine unmittelbare Vorlage für den von ihr später gebrauchten Begriff. Das Ziel der radikalen kirchlichen Reformpartei war die Entheiligung des weltlichen Herrschers und des Staates. Nichts ist bezeichnender dafür als die Entwicklung, welche sich nach der Jahrtausendwende in dieser Hinsicht auf kirchlicher Seite vollzog. Noch im Jahre 1027 nannte Papst Johannes X I X . den von ihm gerade zum Kaiser gekrönten Konrad II. „rex divus augustus" 1 0 2 ; fünfzig Jahre später wäre dies bereits unmöglich gewesen. Der gemäßigte Reformer Petrus Damiani bewahrte allerdings noch den Herrschergedanken des frühen Mittelalters, wobei die auf die sakramentale Bedeutung der Herrschersalbung hinweisende alttestamentliche Wurzel von „sanetus" bei ihm an den einschlägigen Stellen dominierte. In einem Brief an Kaiser Heinrich I I I . begriff er die Institution des Reiches als sanetum imperium, das nach dem Vorbild der biblischen reges saneti geleitet werden müsse. 103 Dagegen sprachen die radikalen Gregorianer der weltlichen Gewalt dann prinzipiell den Heiligenschein ab; sie versäumten jedoch nicht, den Herrschern das Beispiel der frühchristlichen sacratissimi reges et imperatores vorzuhalten, welche der Kirche angeblich gedient hätten. 104 101
HÄRTUNG, F . , a . a . O . , S . 5 0 ; WOLFRAM, H . , S p l e n d o r i m p e r i i , a . a. O . , S . 3 1 .
m
Privileg für Cluny von 1027 März 28, ed. L. SANTIFALLER in: Römische historische Mitteilungen 1/1956-57, S. 56.
103
S. Petri Damiani epistolarum lib. VII, nr. 1, in: MIGNE, PL., Bd. 144, Sp. 4 3 5 : „pro saneto imperio vestro oraie permittite" und: „sanetorum regurn vobis exempla proponite". V g l . a l l g e m e i n DRESSLER, F . , a . a . O . , S . 9 1 ff., 1 4 0 ff., 2 2 1 .
104
Gregor VII. wollte 1073 Heinrich IV. dazu bringen, daß er den früheren „saneti reges" nacheifere: Registrum Gregorii VII. lib. I, c. 24, a. a. O., S. 41. Ähnlich sprachen um
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Auf der königlichen Seite hat die Heranziehung von sakralen Nomina sowohl in den Herrscherdiplomen als auch in der Publizistik eine geringere Rolle gespielt, als man erwartet. Hier wie dort griffen die Henricianer jedoch auf sie zurück, um ihre Position ideologisch zu stützen. Dabei ist ein weiteres Mal das Ineinandergreifen von römisch-weltlichem und alttestamentarisch-christlichem Gedankengut zu beobachten. Ersteres schlug sich unter anderem nieder in einer vom italienischen Empfänger beeinflußten Urkunde Heinrichs IV., wo zu Anfang der sechziger Jahre des 11. Jh. ganz nach antik-byzantischem Vorbild die Willensäußerung des Herrschers und deren pergamentener Niederschlag als geheiligt bezeichnet wurden. 105 Ebenso sprach der an der justianischen Gesetzgebung orientierte Petrus Crassus von den „sacratissimae legesdenen er auch für seine Zeit Geltung zubilligte. 106 Benzo von Alba, den wir als eifrigen Verfechter der ideologisch-politischen Linie Heinrichs IV. bereits kennengelernt ' haben, war sicherlich gleichfalls vom spätantik-byzantinischen Kanzleibrauch inspiriert, als er Heinrich III. „sanctus imperator" nannte 107 und dessen eben genannten Sohn mit „divus" anredete 108 . Eine Sonderstellung innerhalb der weltlichen Partei nahm der Normannische Anonymus ein. Dieser extremste Antigregorianer betonte um 1100 bekanntlich in außerordentlichem Maße den Sakramentscharakter der Herrscherweihe und gelangte so zu einer Übersteigerung des sakralen Gottesgnadentums, wobei er auf die Sanktität des Herrschers ausführlich einging. Der König, so schrieb er, sei als Ebenbild Christi durch die Salbung „deificatus et sanctificatus" 109 — die Weihe war hiernach also eine Art sakramentaler Läuterung, die aus dem König einen anderen, heiligen Menschen machte. Auch für den Bischof müsse sie, wie wir weiter lesen, als Ursache seiner Heiligung angesehen werden; rex und episcopus seien gleichermaßen durch die Konsekration eingesetzt, „ut... sancti sint".li0 Von höchstem Interesse ist, daß unser Autor nicht nur die Person des Königs, sondern auch seine Herrschaft als heilig hinstellte: „Sancta quippe est potestas
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1111 Placidus von Nonantula, Liber de honore ecclesiae cc. 56 und 98, a. a. O., S. 591 und 617, und 1130 Papst Innocenz II. (Codex Udalrici, ed. PH. JAFFE in: Bibl. rer. Germ. V, Berlin 1869, nr. 248, S. 431) von den „sacratissimi imperatores". DH. IV. 79 von 1061/1062 für die bischöfliche Kirche von Como, a. a. O., S. 104: „per sacratissimam noslri precepti paginam". Petrus Crassus, Defensio Ileinrici IV. regis c. 6, a. a. O., S. 443 f. Auch Bernhard von Konstanz, der entschiedene Gegner Heinrichs IV., verwendete den alten Sprachgebrauch, beschränkte ihn aber bezeichnenderweise auf die Antike, wenn er schrieb: „Huic etiarn Augustino... Theodosius imperator per sacrarn suam mandavit, ut ipse se Ephesino concilio presentaret" (Apologelicus c. 4, ed. F. THANER in: MG. LdL. II, Hannover 1892, S. 64). Benzo von Alba, Ad Heinricum IV. lib. III, c. 28, a. a. O., S. 633. Ebenda lib. I, c. 4; lib. III, c. 5; lib. V, c. 3, S. 601, 624, 650; vgL SCHHAMM, P. E., Kaiser, Rom und Renovatio, a. a. O., Bd. 1, 2. Aufl., S. 264. Auch die Schwiegermutter Heinrichs wird von Benzo als „sancta" bezeichnet: Ad Heinricum IV. lib. V, c. 12, a. a. O., S. 655.
109 110
Normannischer Anonymus, a. a. O., S. 131. Ebenda, S. 137.
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regiminis, sanctum et regimen ipsum nec ad illud accedere quisquam iure polest „regimen nisi sanctus." 1 1 1 D e r abstrakte S t a a t s g e d a n k e tritt uns hier mit dem ipsum" in einer nicht zu übersehenden Weise entgegen. Auch an anderen Stellen ist er im Werk des A n o n y m u s zu finden, so etwa wenn bemerkt wird, daß die Herrscherperson schlecht sein könne, d a s Amt a b e r immer gut bleibe. Diese Trennung des Amtes von seinem jeweiligen T r ä g e r spiegelt sich wahrscheinlich auch in der A u f f a s s u n g von der „gemina persona regis" w i d e r . 1 1 2 Insgesamt dürfte die im Zentrum der Gedankenwelt unseres Autors stehende H e r r s c h e r s a l b u n g auch der A u s g a n g s p u n k t f ü r seine hier zur Debatte stehenden Überlegungen gewesen s e i n ; von ihr her hat er, wie wir annehmen können, den Heiligkeitsbegriff auch auf die Institution (regimen) übertragen, welche er von der P e r s o n des Herrschers nicht konsequent trennte. D i e s nun ist nicht zufällig ein generelles Charakteristikum der königstreuen Publizistik; vermochte doch bei einer solchen K o p p e l u n g der sakralisierte abstrakte Staatsbegriff eine prokönigliche, die Zentralisierung f ö r d e r n d e Rolle zu spielen, und seiner Ausnutzung durch die Partikulargewalten wurde ein beträchtliches Hindernis in den Weg gelegt. S o kann von einer transpersonalen Staatsvorstellung sui generis bei dem N o r m a n n e n nicht gesprochen werden. D a ß die S a l b u n g die eigentliche U r s a c h e f ü r die Heiligung des K ö n i g s und auch f ü r seine Wundertätigkeit sei, meinte zu E n d e des 1 2 . J h . auch Peter von B l o i s . Der d a m a l s a m H o f e K ö n i g Heinrichs I I . von E n g l a n d wirkende Gelehrte schrieb in einem seiner B r i e f e : „Fateor quidem, quod sanctum est domino regt assistere; sanctus enim et christus Domini est; nec in vacuum accepit unctionis regiae sacramentum..."113 E i n e direkte Nachwirkung der Anschauungen d e s A n o n y m u s kann hier nicht vorliegen, d a von einer solchen bekanntlich weder innerhalb noch außerhalb seines anglo-normannischen Wirkungsbereiches etwas zu spüren ist. Dennoch hat unser r i g o r o s e r Streiter der F e d e r seine B e d e u t u n g ; stand er doch ideengeschichtlich in jener wichtigen Tradition, welche durch die B e r u f u n g d a r a u f , daß der K ö n i g als Gesalbter des Herrn und seine mit ihm verbundene H e r r s c h a f t unverletzlich und heilig seien, eine ideologische Stütze f ü r d a s weltliche Herrschertum darstellte. Nicht zuletzt hat s i e daher einen tragenden Pfeiler für die A u f f a s s u n g e n der Staufer abgegeben. Wichtiger als die Betrachtung der publizistischen Darlegungen ist in unserem Z u s a m m e n h a n g allerdings die der Urkunden. Hierbei nämlich stoßen wir auf die T a t s a c h e , daß im 1 1 . J h . i n s g e s a m t dreimal vom „heiligen R e i c h " geImperium" die R e d e war, sprochen wurde. Zwei Stücke, in denen vom „sanctum erließ in den J a h r e n 1 0 2 5 und 1 0 6 5 der Graf von B u r g u n d 1 1 4 ; im dritten aber 111 112
113 111
Ebenda. Vgl. oben S. 6. Normannischer Anonymus, a. a. O., S. 130, 137, 144. Vgl. KANTOROWICZ, E. H., The King's two Bodies, a. a. O., S. 42 II., und oben S. 74 f. Peter von Blois, Epistola nr. 150, in: MIGNE, PL., Bd. 207, Sp. 440. Cartulaire de l'abbaye de Saint-Andre-Ie-Bas de Vienne, ed. C. U. F. CHEVALIER, Lyon 1869, nr. 256 von 1025 und 274 von 1065. Die Überlieferung spricht für die Echtheit der Urkunden, doch könnte dies erst eine moderne diplomatische Untersuchung eindeutig klären.
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wurde bereits der Begriff „sacrum Imperium" verwendet und damit eine unmittelbare Vorlage für die Stauferkanzlei geschaffen. Es handelt sich hierbei um ein durch Otloh von St. Emmeram gefälschtes Diplom auf den Kaiser Arnulfs 1 1 5 , das auch in dem bekannten Codex Udalrici erscheint 1 1 6 . Seine Arenga wurde später in der Kanzlei Friedrichs I. — und zwar vom Notar Rainald C (Schreiber 5) 1 1 7 — als Formularbehelf 118 für eine Urkunde dieses Herrschers vom 23. Juni 1157 verwendet, die das Kloster Walkenried zum Empfänger hatte 1 1 9 . Daher nun rührt es, daß uns dieses letztgenannte Privileg das Zweitälteste Zeugnis für das Vorkommen des Ausdrucks „sacrum
Imperium"
in den Kanzleiprodukten
der staufischen Herrscher liefert. 120 Wie kam aber Otloh dazu, ihn zu gebrauchen? Merkwürdigerweise ist der Forschung, obwohl sie mehrfach auf die Fälschungen des gelehrten Mönches eingegangen ist 1 2 1 , gerade die Bedeutung dieses im 11. Jh. noch völlig unüblichen Reichstitels entgangen. 122 Otloh, um 1 0 1 0 geboren und bis etwa 1 0 7 0 lebend, seit 1032 Leiter der Klosterschule von St. Emmeram in Regensburg und seit 1052 Dekan dortselbst, wollte mit der Fabrikation seiner Privilegienreihe 123 einen schon kurz vor der Jahrtausendwende ( 9 9 5 ) ausgebrochenen Streit mit den Bischöfen von Regensburg zugunsten seines Klosters entscheiden. E r suchte
116
DArn. 190 für das Kloster St. Emmeram, MG. DD. reg. Germ. Karol. III, ed. P. KEHR, Berlin 1940, S. 295. Udalrici Babenbergensis codex nr. XXVII, in: Corpus historicum medii aevi, ed. J . G. EcCARD, Leipzig 1723, Sp. 39. Vgl. dazu HUSSL, H., Die Urkundensammlung des Codex Udalrici, in: MIÖG. 36/1915, besonders S. 441 und 443.
117
ZEILLINGER, K . , D i e N o t a r e d e r R e i c h s k a n z l e i , a . a . O . , S . 5 1 1 , A n m . 5 1 ;
115
RIEDMANN, J . ,
a. a. O. 76/1968, S. 97; APPELT, H., Die Kaiseridee Friedrich Barbarossas, a. a. O., S. 13. 118 HAUSMANN, F., Formularbehelfe, a. a. O., Formel 6, S. 74. 1 1 9 St. 3771. 1 2 0 Den frühesten Beleg (vom März/April 1157) enthält das Schreiben Friedrichs an Otto von Freising; siehe unten S. 273 mit Anm. 146 und S. 276 mit Anm. 156. 1 2 1 Über Olloh allgemein BISCIIOFF, B., Artikel „Otloh" in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, begründet von STAMMLER, W., hrsg. v. LANGOSCH, K., Bd. 3, Berlin 1943, Sp. 658 ff.; betreffs seiner Fälschungen vgl. BUDDE, R., Die rechtliche Stellung des Klosters St. Emmeram in Regensburg zu den öffentlichen und kirchlichen Gewalten vom 9. bis zum 14. Jh., in: AUF. 5/1914, besonders S. 184 ff.; HALLINGER, K., a. a. O., Bd. 1, S. 618 ff.; MISCH, G., Geschichte der Autobiographie, Bd. 3, Frankfurt/Main 1959, S. 57 ff. Leider sagt SCHAUWECKER, H., Otloh von St. Emmeram, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 74/1963, zu dieser Seite der Tätigkeit Otlohs nichts aus. 122 f"ü r wie außerordentlich die Bezeichnung „sacrum imperium" noch in der ersten Hälfte des 12. Jh. empfunden wurde, zeigt sich auch darin, daß der Empfängerschreiber des DK. III. 176 von 1147 für das Kloster Rüeggisberg, a. a. O., S. 317, die Arenga des DArn. 190 ebenfalls als Formularbehelf benutzte, den Satzteil, in dem vom „heiligen Reich" die Rede war, jedoch wegließ. 123 Es handelt sich um angebliche Diplome Karls des Großen (DKar. 258, MG. DD. Karol. I, bearb. v. E. MÜHLBACHER, Hannover 1906, S. 373 f.), Ludwigs des Frommen [BM 2 1012(980)], Arnulfs (siehe oben Anm. 115), Ottos I. (DO. I. 457, MG. DD. I, ed. TH. SICKEL, Hannover 1879-1884, S. 620 f.) und Papst Leos III. (Germania pontificia ed. A . BRACKMANN, B d . 1 , B e r l i n 1 9 1 0 , S . 2 8 3 ) .
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nachzuweisen, daß St. Emmeram bereits zu Zeiten Karls des Großen reichsunmittelbar gewesen sei; die Befreiung der berühmten bayrischen congregatio von der bischöflichen Eigenherrschaft, ihre Unterstellung unter das König- beziehungsweise Kaisertum war das erklärte Ziel seiner Produkte. 124 Vermutlich wurden sie um 1055 „gefunden" 125 ; dieser Zeitpunkt nämlich war besonders günstig, da Bischof Gebhard von Regensburg damals wegen Beteiligung an einer gegen Kaiser Heinrich III. gerichteten Verschwörung zu strenger Haft verurteilt und somit ausgeschaltet war. Man darf annehmen, daß die Urkunden dem eben genannten Herrscher vorgelegt werden sollten, dessen Tod dieses Vorhaben jedoch scheitern ließ. Es muß betont werden, daß es während des 11. Jh. in St. Emmeram weder eine Exemtionsforderung noch eine partielle Frontstellung gegen das Eigenkirchenwesen gab 1 2 6 , so daß von dieser Seite her kein Hindernis für eine unmittelbare weltliche Oberherrschaft des Reiches bestand. Im Gegenteil: Otloh mußte daran interessiert sein, dem imperium, dem er überantwortet werden wollte, eine möglichst weitgehende religiös-ideologische Fundierung zu verleihen, ja es zu diesem Zweck in eine gewisse sakrale Sphäre zu heben. Man darf nicht vergessen, daß bis zum Investiturstreit die sakralen Grundlagen des König-Kaisertums, auf die gerade Heinrich III., auch in seinem politischen Handeln, so großen Wert legte, in der allgemeinen Überzeugung noch unbestritten waren! Hier liegen wohl die Ursachen für die Verwendung von „sacrum imperium" in dem angeblichen Privileg Kaiser Arnulfs. Wahrscheinlich geht die Bezeichnung nicht auf eine Vorurkunde zurück; in den Vorlagen des Stückes jedenfalls ist sie nicht festzustellen. Daß auch die „Urkunden" Karls des Großen, Ludwigs des Frommen und Ottos I. sie nicht aufweisen, stützt die Ansicht von R. Budde, derzufolge gerade bei der Arenga der Arnulf-Fälschung die „Individualität" Otlohs durchgebrochen sei. 127 Daß hier trotzdem bestimmte Einflüsse und Vorbilder auf ihn gewirkt haben, ist nicht völlig auszuschließen, wird sich aber zwangsläufig schwer feststellen lassen. Dagegen ist die Herkunft der Vorstellungen einer Sanktität von Herrscher und Reich in der ersten Hälfte des 12. Jh. ziemlich eindeutig zu ermitteln. Den Haupteinfluß hat in dieser Beziehung die nun auf den verschiedensten Gebieten verstärkt spürbare römisch-antike und byzantinische Tradition ausgeübt, welche beispielsweise in den italienischen Urkunden Kaiser Lothars III. und seiner Gemahlin Richenza einen Niederschlag fand. Letztere wurde in einem Diplom für die Kirche von Reggio vom 1. November 1136 als „imperatrix sanctissima" bezeichnet 128 , und auch die Klageschrift des Abtes von S. Pietro zu Modena, die einem anderen Stück vorausging, weist die gleiche Titulatur auf. 129 Sie dürfte 124
125
So heißt es etwa im DO. I. 457, a. a. O., S. 620: „confirmamus in potestate imperatorum sive regurn usque in evurn permanere." Vgl. Othloni liber visionum, visio decima, in: MIGNE, P L . , Bd. 1 4 6 , Sp. 3 6 4 ; B U D D E , R. R a. a. 0., S. 1 9 3 .
126
HALLINGER, K . , a. a. O . , B d . 1, S . 6 2 2 .
127
B U D D E , R . , a . a. O . , S . 1 8 6 .
128
MG. DD. VIII, hrsg. v. E. v. OTTENTHAL und H. HIRSCH, Berlin 1927, S. 230. Ebenda, S. 227.
129
270
beide Male auf die ortsansässigen Verfasser - im Falle Reggio war es der Pfalznotar Martinus - zurückgehen 130 , welche an die in Italien weiterlebende und auch im Lehnsgesetz von 1136 klar zum Ausdruck kommende römisch-rechtliche Tradition 1 3 1 anknüpfen konnten. Sicherlich war Wibald von Stablo, als er Ende des Jahres 1137 in seiner Eigenschaft als neugewählter Abt des Klosters Monte Cassino 132 von Mittelitalien aus zwei Bittbriefe an den Kaiser richtete und ihn darin „sanctus imperator", sein Reich „sucratissimum imperium" nannte, gleichfalls von überkommenem antikem Gedankengut beeinflußt. 133 Besonders die letztgenannte Bezeichnung ist für die Herausbildung des neuen Reichstitels wichtig: sie wird meines Wissens hier zum ersten Male im 12. Jh. auf das okzidentale Imperium angewendet. Die besondere Rolle Wibalds bei jenem Prozeß ist infolge der nunmehr geklärten Geschichte der Kanzlei Konrads III. vollkommen offensichtlich. Unter dem ersten Staufer nämlich wurden die Adjektive „sacer" und „sanctus" erstmalig offiziell für die Benennung von mit dem Kaiser und König verknüpften Dingen gebraucht, was antik-römischem und byzantinischem Brauch entsprach. Diese erneute Steigerung der sakralen Grundlagen des Herrschertums ist ein typischer Zug der staufischen Anschauungen. 1145 sprach Konrad III. in einem Diplom für die Kirche von Magdeburg von den „Sacra imperialis constitutionis scripta"134, und in seinem Brief von 1150 an den Kaiser Manuel war von seiner fürsorglichen Aufnahme „in sacris edibus gloriosi imperii tui" die Rede. 135 Papst Eugen III. gegenüber bezeichnete der König im gleichen Jahre seine und dessen Vorgänger als „sanctissimi" 1 3 6 , stellte also Papsttum und Königtum auf die gleiche Stufe — eine Einstellung, die wenig später auch bei Friedrich I. zu finden ist, der die Tradition seines Vorgängers fortsetzte und erweiterte. Alle genannten Konrad-Diplome haben unseren Abt von Stablo zum Verfasser, der auch das „divae memoriae" als Glorifizierung der kaiserlichen Vorgänger wieder aufleben ließ. 137 Sein Vorgehen wurde zunächst wohl vom antik-römischen Beispiel beeinflußt, das er in Italien kennenlernte; 130 Ygj djg Vorbemerkungen zu den beiden eben genannten Diplomen, ebenda, S. 227 und 230. Martinus bezeichnete sich übrigens einmal wie sein Veroneser Amtskollege Paltonarius als „sacri palatii notariusvgl. ebenda, S. 229 und 234. Diese seit dem 9./10. Jh. bei den italienischen Pfalznotaren übliche Bezeichnung (vgl. FICKER, J., Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens, Bd. 3, Innsbruck 1872, S. 4 f.) findet sich unter anderem in den Diplomen Heinrichs IV. und Heinrichs V. (vgl. GAWLIK, A., a. a. O., S. 108 ff.) ; sie fehlt weitgehend in denen Lothars III. und Konrads III., während sie unter Friedrich I. wieder erscheint (EGGER, R., a. a. O., S. 83 und 158 ff.). Uber „sacrum palatium," im Codex Iustinianus und in Byzanz vgl. TREITINGER, 0 . , a. a. O., 2, Aufl., S. 51. 131
Vgl. die Vorbemerkung zum DL. III. 105, a. a. O., S. 169.
132
V g l . HAUSMANN, F . , R e i c h s k a n z l e i , a . a . O . , S. 1 8 5 f.
133
Wibaldi epistolae nr. 11 und 12, a. a. O., S. 87 und 93. Schon die Anklänge an den justinianischen Titel in den Schreiben deuten auf den römisch-rechtlichen Einfluß hin.
134
DK. III. 125, a. a. O., S. 225. 13(i DK. III. 224, ebenda, S. 397. DK. III. 225, ebenda, S. 398. DDK. III. 111 und 211, ebenda, S. 201 und 380. Für die frühere Zeit SCHRAMM, P. E., Kaiser, Rom und Renovatio, 2. Aufl., a. a. O., S. 264; MÜLLER, J., Vom. Divus Constantinus
135 137
271
später jedoch hat zweifelsohne das byzantinische Vorbild, das zu studieren er ja ausreichend Gelegenheit hatte, unmittelbar auf ihn eingewirkt. Es konnte ihm nicht verborgen bleiben, daß im östlichen Kaiserreich, wie wir eben bemerkten, die sakralen Epitheta der Majestät beigelegt und darüber hinaus auch einzelne ihrer Besitzgegenstände und Handlungen, ja selbst ihre Beamten als sacer, sanctus, divus, divinus bezeichnet wurden. Die Bestückung der Urkunden mit derartigen Prädikaten war allgemein üblich. 138 Wibald hatte nun in seinem persönlichen Briefwechsel mit dem Kaiser Manuel seit 1150 diesen Brauch übernommen und zunächst in bezug auf jenen Herrscher und sein Reich systematisch von „sanctus (sanctissimus) Imperator" und „sanctum (sanctissimum, sacratissimum) Imperium," gesprochen. 139 Nachweisbar übertrug er schließlich den byzantinischen Sakralstil auch auf die Stauf er: Ende Februar 1152 belegte er den wenige Tage zuvor verstorbenen König Konrad III. mit dem Prädikat „sacratissimus".14° Einer seiner Briefe an Friedrich I. aus dem Jahre 1156 enthält einen Hinweis auf des Herrschers „sacratissimi ajfatus"141, nachdem zwei Jahre früher bereits gegenüber Manuel die ganz ähnliche Wendung „sanctissimi imperii vestri affatus" in einem anderen von ihm herrührenden Schreiben gebraucht worden war. 142 Wenden wir unseren Blick zu den Diplomen Friedrichs, die in der Zeit von 1152 bis 1157, also bis zu dem Jahre, in welchem der neue Reichstitel offiziell in Gebrauch kam, ausgestellt worden sind, so bestätigt sich die Feststellung, die wir eben trafen. In der mit Hilfe Wibalds verfaßten Wahlanzeige Barbarossas an Papst Eugen III. war 1152 von den „sacrae disciplinae" der Vorgänger des neuen Herrschers die Rede 1 4 3 — eine Stelle, die möglicherweise auf den Abt zurückgeht. Ein Jahr später zeichnete dieser für den Text eines Briefes Friedrichs an Manuel verantwortlich, in dem Konrad III. als „sanctissimus imperator" erschien. 144 Bei dem 1154 vergebenen Diplom für das Kloster Lorch, in welchem eine Berufung
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bis Divus Thomas. Zur Geschichte des Divus-Titels, in: Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie 8/1961, S. 241 ff. TREITINGER, O., a. a. O., 2. Aufl., S. 42, 50 f., 81. Für Manuel Komnenos vgl. LAMMA, P-, a. a. O., S. 88 und 249; dieser scheint auch für König Ludwig VII. von Frankreich das Prädikat „sanctus" gebraucht zu haben; vgl. Odo von Diogilo, De Ludovici VII Francorum regis cognomento junioris profectione in orientem libellus I, in: MIGNE, PL., Bd. 185, Sp. 1208: „(Constantinopolitanus imperator) regem nostrum nominando sanctum, amicum et fratrem, promisit plurima quae opere non implevit." Wibaldi epistolae nr. 246, 343, 411, 432, a. a. O., S. 368, 475, 550, 568; vgl. auch ebenda nr. 246, S. 368: „sacratissima fides vestra", und nr. 343, S. 477: „sacratissima facies vestra." Eine gewisse Parallele hierzu liefert Ordericus Vitalis, der in der ersten Hälfte des 12. Jh. Byzanz als „sacrum imperium" bezeichnete: Orderici Vitalis historia ecclesiastica lib. VII, ed. G. H. PERTZ in: MG. SS. XX, S. 60. Ebenso wird das Ostreich in den Annales Ianuenses genannt; vgl. SICKEL, W., in: GGA 163/1901, S. 390. Wibaldi epístola nr. 364, a. a. O., S. 493. Ebenda nr. 446, S. 577. Ebenda nr. 432, S. 568. Die entsprechenden Passagen wurden schon von ZATSCHEK, H., Wibald von Stablo, a. a. O., S. 428 und öfter, für den Diktatvergleich herangezogen. Electio regia: Litterae regis ad papam, in: MG. Const. I, ed. L. WEILAND, Hannover 1893, nr. 137, S. 191. Siehe auch oben S. 238. St. 3677 A.
272
a u f d i e „sacrarum
legum
precepto,"
u n d d i e „sacrae
institutiones"
erfolgte145,
handelt es sich dagegen um eine Empfängerausfertigung. Unsere Untersuchung ist nunmehr bis zur ersten Verwendung des Reichstitels „•sacrum Imperium," seitens der Kanzlei gelangt: in dem etwa auf April 1157 zu datierenden Schreiben Friedrichs I. an Bischof Otto von Freising sprach der Kaiser vom heiligen Reich und vom göttlichen Staat. 1/16 Da das Diktat dieses Stückes nicht geklärt ist, fehlt uns die Kenntnis darüber, wer jene Bezeichnung nun eigentlich in die Kanzleisprache eingeführt hat. Lediglich die Vorlage f ü r die nächste einschlägige Urkunde vom 23. Juni 1157 f ü r Walkenried vermögen wir nachzuweisen: es ist die oben behandelte Fälschung Otlohs von St. Emmeram, die vom Schreiber 5 (Rainald C) benutzt wurde. Noch am Ende des gleichen Jahres gebrauchte einer von dessen Amtskollegen, nämlich der Schreiber 6, in einem Diplom f ü r das Kloster Baume-les-Moins die antike Bezeichnung „sacratissimae constitutiones" ,147
„Sacrum Imperium" bildete fortan einen charakteristischen, wenn auch nicht dominierenden Bestandteil des Reichstitels, während die F o r m „sacratissimum imperium," n u r in der kurzen Zeitspanne von 1159 bis 1167 verwendet wurde. 1 4 8 Bereits 1160 hatte auch die mit dem Hofe verbundene Historiographie die sakralen Prädikate aufgenommen, bezog sie allerdings ausschließlich auf die Person des Kaisers. Ihm erkannte Rahewin das Epitheton „divus" z u 1 4 9 , u n d Otto Morena brachte die italienische Tradition zum Ausdruck, als er Friedrich mit dem Elativ „ s a n c t i s s i m u s " belegte, ja gar einmal dessen „ s a n c t i s s i m a benignitas" das höchste Lob spendete 1 5 0 . Im J a h r e 1184 bediente sich der Kanzleischreiber 15 auch einmal des damals sonst noch ungebräuchlichen Titels „ sacrum Imperium Romanum". 151 Wir möch145 1/16
147
148 149
m
St. 3688. Diktatbestimmung bei EGGER, R., a. a. O., S. 205. Mandata de expeditione Mediolanensi facienda: Mandatum ad Ottonem Frisingensem datum, in: MG. Const. I, a. a. O., S. 224: „Quia divina providente dementia Urbis et Orbis gubernacula tenemus, iuxta diversos eventus rerum et successiones temporum sacro imperio et divae rei publicae considere debemus." Das Schreiben hat Otto von Freising selbst in seinen Gesta Frederici üb. II, c. 52 (50), a. a. O., S. 384 ff., überliefert. HERKENRATH, R. M., Reinald von Dassel als Verfasser und Schreiber von Kaiserurkunden, a. a. O., S. 54, nimmt hier wie in St. 3869 von 1159 wegen einer gewissen Ähnlichkeit der beiden Arengen eine Mitarbeit des berühmten Kanzlers an. Der Beweis hierfür läßt sich allerdings nicht eindeutig erbringen. St. 3869 ist nach HAUSMANN, F., Reichskanzlei, a. a. O., S. 260, und ZEILLINGER, K., Die Notare der Reichskanzlei, a. a. O., S. 482, vom Notar Heribert verfaßt. St. 3788. Die Diktatbestimmung nach RIEDMANN, J., a. a. O. 75/1967, S. 347; eine Beteiligung Rainalds nimmt HERKENRATH, R. M., Reinald von Dassel als Verfasser, a. a. O., S. 5 8 , an. Zuerst in St. 3839, zuletzt in St. 4090. Rahewin, Gesta Frederici lib. III, cc. 29 (26), 51 (48); lib. IV, cc. 43, 72, 78, 86, a. a. O., S. 454,500, 598,658, 682, 708. Otto Morena, Historia Frederici I., a. a. O., S. 1 fl. und 51; vgl. ebenda, S. 95, 102, 134: „christianissimus imperator". S t . 4 3 9 3 a . V g l . SCHEFFER-BOICHORST, P . , Z u r G e s c h i c h t e d e s X I I . u n d X I I I . J h .
Diploma-
tische Forschungen, Berlin 1897, S. 139, Anm. 1 (Historische Studien, veröff. v. EBE^
273
ten in diesem Zusammenhang auf R. M. Herkenrath verweisen, der hinsichtlich unserer Problematik die weitere kanzleigeschichtliche Entwicklung seit 1157 großenteils geklärt hat. 102 Einer Anregung K. Zeumers folgend 153 , zeigte er auf, daß die häufige Verwendung von „sacrum Imperium" und der verschiedenen Spielarten dieses Begriffes auf Rainald von Dassel zurückzuführen ist, der von 1156 an Reichskanzler war und sich seit 1158 auch als Verfasser und Schreiber von Urkunden betätigte. Rainald gebrauchte im Februar 1159 erstmals in einem von ihm diktierten Stück die Bezeichnung „sacratissimum Imperium"154. Diesen Ergebnissen wollen und können wir nicht widersprechen. Jedoch ist es keineswegs schlüssig zu beweisen, daß Rainald, wie Herkenrath meint, auch 1157 bei der Einführung des sakralen Reichstitels in den Sprachgebrauch der Urkunden die Hand im Spiele gehabt hat. Die Übernahme von „sacrum Imperium" aus dem Codex Udalrici durch den Notar Rainald C, besonders aber die von uns ausführlich beschriebene Tätigkeit Wibalds von Stablo bis 1157 — dem Jahre seiner Abreise nach Konstantinopel, von wo er nicht mehr zurückkehrte —, haben wohl zur Genüge bewiesen, daß ein recht umfangreiches Material bereitlag, auf dessen Basis es in der Kanzlei auch ohne die Mitwirkung Rainalds zur Herausbildung des neuen Titels kommen konnte. Daß dieser dann allerdings den Auffassungen des späteren Kölner Erzbischofs besonders entgegenkam, sei unbestritten. Auch Appelt hat neuerdings geäußert, man dürfe sich nicht vorstellen, daß Rainald jenen Sprachgebrauch eingeführt habe, als er die Leitung der Kanzlei übernahm. In seinen Darlegungen über die Kaiseridee Friedrich Barbarossas vertrat er weiterhin die Meinung, daß der Begriff „sacrum imperium" seinen Ausgangspunkt in der bambergisch-würzburgischen Schultradition (Codex Udalrici) habe. Während er den Anteil Wibalds von Stablo an der Einführung des Sakralstils in die offiziellen Dokumente relativ gering einschätzte, schrieb er offenbar dem Bischof Eberhard II. von Bamberg, welcher, wie wir wissen, in den ersten Regierungsjahren Friedrichs eine wichtige Rolle spielte, hierbei einen entscheidenden Einfluß zu. Allerdings legte er sich in dieser ganzen Frage nicht endgültig fest. 155 Meines Erachtens dürfte aber damit, daß ein staufischer Notar in dem um 1125 zusammengestellten Codex des Bamberger Domherrn Udalrich die Wendung vom „heiligen Reich" fand und verwertete, nur ein Überlieferungsweg unter mehreren nachgewiesen worden sein. Ich möchte der durch Wibald vermittelten
1=2
163
RING, E., Heft 8), und HERKENRATH, R. M . , Reinald von Dassel als Verfasser, a. a. O . , S. 60 mit Anm. 44. Zu einer ständigen Verbindung dieser Elemente kam es bekanntlich erst im 13. Jh.; vgl. ZEUMER, K., a. a. O., S . 15 f. HERKENRATH, R. M., Reinald von Dassel als Verfasser, a. a. O., passim. Vgl. auch die Nachweise bei JOST, A . , a. a. O . , S . 7 ff., 1 6 f., 6 6 ff. ZEUMER, K . , a . a . O . , S . 1 1 ff.
154
St. 3839. Auch diese Urkunde ist bezeichnenderweise in Italien verfaßt. 165 APPELT, H., Die Kaiseridee Friedrich Barbarossas, a. a. O., S. 12 ff. Eine interessante Frage wäre, ob nicht der Notar Rainald C, als er den Begriff „sacrum imperium" aus dem Codex Udalrici übernahm, selbst an römisch-rechtliche Vorbilder gedacht hat. APPELT nämlich weist ebenda, Anm. 16 , darauf hin, daß ihm das Prooemium der Institutionen bekannt war, was aus St. 3747 hervorgeht.
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antik-byzantinischen Tradition mindestens die gleiche Bedeutung, wenn nicht die Priorität bei der Einführung unseres Reichstitels im Frühjahr 1157 zusprechen. Die oben zusammengestellten Belege, die die Verwendung sakraler Nomina durch den Abt von Stablo nicht nur ßyzanz gegenüber, sondern auch in bezug auf die römisch-deutschen Herrscher Lothar III., Konrad I I I . und Friedrich I. zeigen, dürften dies erhärten. Offensichtlich handelt es sich hier, wie so oft in der mittelalterlichen Geistesgeschichte, um eine Synthese verschiedener Traditionsströme, wobei, wenn Ostrom auch das formale Vorbild für jene Bezeichnungen lieferte, dies doch keineswegs bedeutete, daß auch die ihnen dort gegebene Sinndeutung vom Westen übernommen wurde. Die Aussagekraft solcher rein kanzleigeschichtlicher Feststellungen bleibt zwangsläufig unvollkommen und begrenzt; daher ist ihre Ergänzung durch eine inhaltliche Interpretation des Titels, eine Erhellung seiner allgemeinen historischen Grundlagen und vor allem durch die Bestimmung seines Standortes im Rahmen der staufischen Politik unbedingt vonnöten. Es wurde bereits angedeutet, das sich die Verwendung von „sacrum Imperium," im 12. Jh. auf dem Hintergrund einer allgemeinen Entwicklung des Feudalstaales vollzog. Dieser durchlief einen Konzentrations- und Konsolidierungsprozeß — voll ausgeprägt in den westlichen Monarchien, wenigstens in Ansätzen aber auch im römisch-deutschen Reich. Und hierin eben haben wir die Ursache zu sehen, daß, gefördert auch durch die ideologischen Angriffe der Reformkirche, welche seit dem 11. Jh. sein Eigenrecht bestritt, der Staat schließlich als eine von anderen irdischen Gewalten unabhängige Institution klarer erfaßt und auch eigenständig ideologisch begründet wurde. Letzteres geschah auf einer religiös-sakralen Basis. Die Herausstellung des „heiligen Reiches" und des „göttlichen Staates" bildet den Höhepunkt in einer langen Kette der Verwendung abstrakt-transpersonaler Staatssymbole, unter denen die von uns behandelten „honor regni", „honor imperii", „Corona", „honor coronae„sanetissima Corona" die bedeutendsten sind. Seit dem Investiturstreit von der Zentralgewalt in den Dienst der ideologischen Herrschaftsbegründung gestellt, traten auch sie ab etwa 1 1 5 7 / 1 1 5 8 stärker in den Vordergrund. Es besteht kein Zweifel daran, daß auch die Bezeichnungen „sacrum imperium" sowie „diva res publica" die hochgespannten Ziele der staufischen Politik geistig untermauern und rechtfertigen sollten. Dabei konnte die Sakralisierung des vielschichtigen imperiu/re-Begriffes gewiß dazu beitragen, die abstrakte Staatsidee enger mit der Zentralgewalt zu verbinden; ermangelte es doch den Fürsten an einer wichtigen Voraussetzung, um die Heiligung auch für sich in Anspruch zu nehmen: nämlich der Herrschersalbung. Friedrich nun hat auch diese Komponente hauptsächlich seinen außenpolitischen Ambitionen dienstbar gemacht: der von ihm erneut verstärkt betriebenen Italienpolilik sowie seinen Vorherrschaftsbestrebungen gegenüber den anderen europäischen Ländern. Auch in diesem Falle bestätigt sich also, daß die Reichsideologie im 12. Jh. nicht den inneren Konsolidierungsprozeß des deutschen Staates förderte, sondern die universale Kaiseridee stützte, durch welche die Zentralgewalt immer wieder von ihren innenpolitischen Aufgaben weggeführt wurde. 19
Koch, Sacrum Imperium
275
Betrachten wir nur, um dies zu demonstrieren, den Text des Briefes vom Herbst 1157, in dem die beiden Ausdrücke zuerst verwendet werden. Damals schrieb Friedrich an Otto von Freising sowie an die übrigen Fürsten des Reiches : „Weil wir durch die Gnade der göttlichen Vorsehung die Regierung der Stadt und des Erdkreises innehaben, müssen wir je nach den wechselnden Ereignissen und Zeitläuften Sorge tragen für das heilige Reich und den göttlichen S t a a t . . . D a nun der Übermut der Mailänder schon seit langem sein Haupt gegen das römische Reich erhoben hat und jetzt durch seine Macht ganz Italien umzustürzen und seiner Herrschaft zu unterwerfen strebt, beabsichtigen wir, künftigen Anschlägen mannhaft entgegenzutreten und zu ihrer Niederwerfung die ganze Kraft des Reiches aufzubieten, damit eine solche Anmaßung sich in unserer Zeit nicht durchzusetzen und ein gottloses Volk unseren Ruhm nicht sich anzumaßen oder zu mißachten vermag. Daher sagen wir dir einen Zug gegen Mailand an, der nach dem Urteil der Fürsten für nächste Pfingsten über ein Jahr beschworen wurde." 1 5 6 Hier haben wir somit ein Stück der Vorbereitung des zweiten Italienzuges, welcher im Sommer 1158 begann. E s ist anzunehmen, daß der Kaiser gegen ihn einen beachtlichen Widerstand von Seiten der principes einzukalkulieren gezwungen war; fügte er doch in dem Brief hinzu, er habe ihnen die Heerfahrt gegen Sizilien erlassen, um sie für die Züchtigung Mailands bereitwilliger finden zu können, und, bemerkte am Schluß seiner Ausführungen, daß er keinen der Fürsten zwingen werde, den Apennin zu überschreiten. Mit Hilfe der Sakralsprache in der Arenga hoffte er offensichtlich, eine ideologische Verstärkung und Begründung seiner Forderungen zu erreichen. In der zugespitzten Situation von 1157 dürfte weiterhin seine Stellung zum Papsttum, die wieder einmal das Problem des Verhältnisses von regnum und sacerdotium in seiner ganzen Schärfe aufwarf, von großer Relevanz gewesen sein. Wir wissen, daß nur kurze Zeit nach der Einführung unseres Begriffes in die Kanzleiprodukte die Auseinandersetzungen mit dem Papsttum auf dem Reichstag von Besançon einen Höhepunkt erreichten; wir wissen auch, daß dies unter Rainalds führender Anteilnahme geschah. In diesem Zusammenhang kam es zur theoretischen Formulierung der staufischen Herrschaft, welche im Gegensatz zur Auffassung der römischen Kurie als immediate a Deo, das heißt als gottesunmittelbar unter Ausschaltung der Papstkirche, begriffen wurde. 1 " 7 Die Reichsterminologie mußte nun auch sakral verselbständigt, der sancta ecclesia das sacrum imperium gegenübergestellt werden — ein Schritt, der die Entwicklung seit dem Investiturstreit im wesentlichen wieder rückgängig machen sollte. Kirche und Papsttum nahmen, wie erwähnt, die sakralen Nomina damals in weitem Umfange für sich allein in Anspruch. 1 0 8 Das alte kaiserliche Elativ „sanctissimus" war um die Mitte des 12. Jh. bereits f a s t ausschließlich von den Inhabern des apostolischen Stuhles in Beschlag genommen worden 1 5 9 ; nur der 156
157
Otto von Freising, Gesta Frederici lib. II, c. 52 (50), a . a . O . , S. 384 ff. Vgl. oben Anm. 146. Rahewin, Gesta Frederici lib. III, c. 10 (8) ff., a. a. O., S. 408 ff. B e i s p i e l e b e i POMTOW, M . , a . a . O . , S . 1 8 f . ; H E E R , F . , a . a . O . , B d . 1, S . 2 1 1 , u n d B d . 2 .
158
S. 63.
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vom Kaiser abhängige Gegenpapst Viktor IV. hat im Jahre 1 1 5 9 einmal den staufischen Hof „sacratissima curia" genannt. 1 6 0 Wenn Barbarossa nun die Gleichstellung mit dem römischen pontijex, j a darüber hinaus die Unabhängigkeit von ihm erstrebte, so mußte sein Trachten darauf gerichtet sein, die Heiligkeitsbezeichnungen auch in verbo wieder für sich und seine Herrschaft zu übernehmen. Ein konkreter Fall sei erwähnt, um zu zeigen, wie man hierbei vorging: Der Überlieferung Rahewins zufolge setzte der Kaiser, als er im Jahre 1158 mit dem berühmten Satz des Gelasius „Duo sunt, quibus principaliter orbis hic regitur: auctoritas sacrata pontificum et regalis potestas" operierte, an die Stelle der geheiligten Autorität der Päpste die leges sancte imperatorum,161 Dazu hatte er, wie W. Ullmann nachweisen konnte, als Hilfsmittel sowohl Justinian als auch Gratian herangezogen. 1 6 2 E s erhebt sich die Frage, wie diese Heiligkeit des gottesunmittelbaren und vom Papst unabhängigen Imperiums inhaltlich begründet wurde und welche ideologischen Elemente man zu einer solchen Begründung heranzog. E s wird hier mit einem ganzen Komplex von Einflüssen gerechnet werden müssen. Aus unserer bisherigen Untersuchung geht hervor, daß sich die Staufer in erster Linie auf die traditionelle biblisch-theologische Lehre berufen haben. Sie war die wichtigste Stütze Friedrichs I. in Besançon, und auch der Inhalt des neuen Reichstitels wurde von ihr wesentlich bestimmt. E. Eichmann wies diesbezüglich darauf hin, daß die „alten, von Rom her überlieferten T i t u l a t u r e n . . . durch die Salbung einen neuen Berechtigungsschein" erlangten 1 6 3 , und wir werden ihm darin zustimmen können. Mag das Schlagwort vom „sacrum, imperium" auch aus dem römischen Recht stammen — der Inhalt seiner Heiligkeit entsprach den feudalen gesellschaftlichen Verhältnissen des Westreiches und der aus ihr erwachsenen Vorstellungswelt; er war weder antik-christlich noch weltlich-heidnisch. F. Heer drückt dies mit den Worten a u s : „ D a s Reich gilt als heilig, weil es ein Korrelat zum Christentum selbst sein soll, weil es das irdische Gottesreich ist, nicht weil es heidnischrömisch hätte sein sollen." 1 6 4 Das neue spezifische Mittel, dessen sich die Staufer im Unterschied zu ihren Vorgängern bedienen konnten, war das römische Recht. E s lieferte, wie eben bemerkt, das formelle Vorbild für den neuen Reichstitel 1 6 5 ; darüber hinaus aber war es für ihn auch von inhaltlicher Bedeutung, da man das „heilige Reich" bereits im Corpus iuris auf direkte göttliche Verleihung zurückführte. Schon zur 159
im
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Vgl. DAHM, H., a. a. O., S. 38. Auf die Verwendung der Prädikate „sanctus" usw. für Verstorbene geht ein : KLAUSER, R., Zur Entwicklung des Heiligsprechungsverfahrens bis zum 13. Jh., in: ZRG. KA. 40/1954, S. 85 ff. Rahewin, Gesta Frederici lib. IV, c. 60, a. a. O., S. 622 (das Schreiben datiert vom Jahre 1159). Ebenda lib. III, c. 20 (17), S. 436. Siehe auch oben S. 178. ULLMANN, W., Uber eine kanonistische Vorlage Friedrichs I., a. a. O., S. 430 fl. EICHMANN, E . , K ö n i g s - u n d B i s c h o f s w e i h e , a . a . O . , S . 6 8 . V g l . a u c h GÜNTER, H . ,
Reichside» im Wandel der Zeiten, in: H Jb. 53/1933, S. 417 f. 164
HEER, F., a. a. O., Bd. 1, S. 147. Vgl. allgemein ebenda, S. 146 ff. und 211 ff.
165
V g l . KERN, F . , a . a . O., 2 . A u f l . , S . 1 1 1 u n d 1 1 3 ff.; f e r n e r POMTOW, M . ,
Die
a . O.. S . 6 0 f . ;
JOST, A . , a . a . O . , S . 8 f. ; COING, H . , a . a . O., S . 2 8 .
19*
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Zeit Justinians war diese Auffassung christlich bestimmt, und im 12. Jh. hatte sie in keiner Weise mehr etwas Weltlich-Heidnisches an sich. So muß es Bedenken erregen, wenn E. H. Kantorowicz die antik-römische Komponente von „sacrum Imperium," überschätzte. Er charakterisiert den Inhalt des Titels als „a secular sacredness sui iuris and sui generis apart from the Church" 166 und meinte, er hätte mit der Idee des christus Domini nichts zu tun gehabt. Unter dem Anprall der Rechtswissenschaft sei im Gegenteil eine beginnende Auflösung des liturgischen und sakramentalen Königtums zu verzeichnen gewesen. Kantorowicz berief sich darauf, daß in Justinians Digesten (I, 1, 1) die Juristen als Priester bezeichnet worden seien; seiner Auffassung nach hätte diese sakrale Weihe später leicht auf den Herrscher und das Reich übertragen werden können. In der Tat hatte, wie wir wissen, ein solcher Vorgang 1140 bereits einmal stattgefunden: als der normannische König Roger II. die Assisen von Ariano verkündete, schrieb er in Anlehnung an jene Digestenstelle dem Königtum priesterliche Privilegien zu und begründete seine Heiligkeit rechtsphilosophisch. lfi7 Bei den frühen Staufern dagegen spielte, wenn sie den Herrscher- oder den römischdeutschen Reichsbegriff zu fundieren suchten, die Idee vom juristischen Priestertum des Königs noch keine Rolle. 108 Wohl aber das formale Vorbild der römischen Antike, das Friedrich I. nicht zuletzt von der stadtrömischen Bewegung präsentiert worden war: sie hatte in bewußter Anknüpfung an altrömische Verhältnisse ihren Senat zu verschiedenen Malen als heilig bezeichnet. 169 Hält man sich vor Augen, daß dies teilweise im Zusammenhang mit ihrem Anspruch auf die Vergabe des Kaisertums geschah, Friedrich einen solchen Anspruch aber schroff ablehnte, so ist die Vermutung wohl nicht unberechtigt, daß hier für ihn ein weiterer Grund lag, sein imperium ebenfalls sacrum nennen zu lassen. So zeigt sich immer wieder, daß der neue Reichstitel ein wesentliches Mittel ideologisch-politischer Herrschaftsbegründung seitens der Staufer darstellte. Außer den Auseinandersetzungen mit dem Papsttum, den oberitalienischen Kommunen und der stadtrömischen Bewegung sind als wesentliche Faktoren, welche seine Einführung beeinflußten, die biblisch-theologische Tradition, das römische Recht sowie das Vorbild des byzantinischen Reiches 170 zu erwähnen. Ganz gewiß aber 16B
167 168
169
170
KANTOROWICZ, E. H., Kingship under the Impact of Scientific Jurisprudence, in: TwelfthCentury Europe and the Fouridations of Modern Society, ed. CLAGETT, M., POST, R., und REYNOLDS, R., Madison 1961, S. 101; ders., The King's two Bodies, a. a. O., S. 117 ff. Siehe oben S. 243. Die Texte, welche KANTOROWICZ, E. H., The King's two Bodies, a. a. O., S. 120 ff., anführt, stammen, wenn man von einer Ausnahme absieht, sämtlich aus dem 13. Jh. B e l e g e bei BERNHARDI, W., K o n r a d III., B d . 1, a. a. O., S. 3 6 1 f., A n m . 1 2 ; BREZZI, P . ,
Romae e l'impero medioevale, a. a. 0 . , S. 334. Wir nennen hier Wibaldi epistola nr. 215, a. a. O., S. 335 („consüialores curiae sacri senatus"), und Otto von Freising, Cesta Frederici Iib. II, e. 31 (29), a. a. O., S. 344 („ad sacrum sancte Urbis senatum"). Erst auf seinem Kreuzzug hat sich Friedrich I., ähnlich wie in einer anderen Situation einst Karl der Große, gegen die Bezeichnung „sanctus" durch den byzantiilischen Kaiser gewandt (Chronicon magni presbiteri ad a. 1189, ed. W. WATTENBACH in: MG. SS. XVII, S. 510) — ein Epitheton, das er in seinen Diplomen auch in Anwendung auf seine Person vermieden hat.
278
hat auch die von uns öfter herangezogene karolingische Tradition nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf seine Herausbildung gezeitigt. E s sei daran erinnert, daß Karl der Große schon 1 1 5 2 in einer der frühesten Urkunden aus der Kanzlei B a r b a r o s s a s als heilig bezeichnet und damit ausdrücklich von den übrigen Kaisern unterschieden wurde. 1 7 1 Sechs Jahre später nannte man ihn dann bereits 1 7 2 und umgab so eines der Hauptleitbilder des staufischen „sanctissimus" sacrum Imperium, ebenfalls mit einem Heiligenschein. Wie im 12. J h . eine derartige personale Sanktität auf eine Institution übergehen konnte, demonstriert schließlich in exemplarischer Weise die im Jahre 1166 ausgestellte Kanonisationsurkunde Barbarossas f ü r den Frankenkaiser. Die Heiligkeit des „sanctissimus imperator Karolus Magnus" übertrug man jetzt auch auf seine Ruhestätte Aachen; diese zuvor schon als caput regni bezeichnete Stadt wurde in jenem Diplom zur „Sacra civitas". m Einen vergleichbaren Vorgang finden wir in Frankreich: in der auf das Jahr 8 1 3 gefälschten Karlsurkunde f ü r St. Denis wurde dieses Kloster, d a s man als „caput omnium ecclesiarum regni" sehen wollte, gleichfalls „sanctus et sacer locus" genannt. 1 7 4 E s zeigt sich somit, welch vielfältige Ursachen ein institutioneller Heiligkeitsbegriff damals haben konnte. Fassen wir zusammen. Der staufische Titel „sacrum imperium" spiegelte die wesentlichen ideologischen Strömungen wider, welche während des 12. J h . auf die deutsche Zentralgewalt einwirkten. Viel wesentlicher als diese Feststellung aber ist, daß er von Seiten des Kaisertums im Rahmen der ideologischen Herrschaftsbegründung eingesetzt wurde, um die Ziele der staufischen Politik zu stützen und zu rechtfertigen. Diese Politik hatte vorwiegend einen expansiven Charakter; die innere Festigung der feudalen Monarchie trat hinter den imperialen Tendenzen stark zurück. Demzufolge hieß die neue Formel auch nicht „sacrum regnumSie wurde keine geistige Kraftquelle f ü r die Entwicklung des regnum Teutonicum, sondern war Produkt und Stimulans der Kaiserpolitik, welche auf die Dauer gesehen eine Belastung für das deutsche Königtum darstellte und die Dezentralisation förderte. 171
St. 3639 von 1152 Aug. 1 : „...sicut a predecessoribus nostris retro divis principibus id est Karolo sancte memorie, Ottone, Henrico ei aliis imperatoribus . . F ü r den Hinweis auf diese Stelle, die von FOLZ, R., L e souvenir, a. a. O., S . 159 fi., übersehen wurde, danke ich Herrn Dr. R. M. HERKENRATH, Wien.
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St. 3802 von 1158. St. 4061 von 1166. Zum Problem MEUTHEN, E., a. a. O., S. 64, besonders Anm. 103, wo darauf hingewiesen wird, daß das Wort „sacra" sich in der Bonner Handschrift findet. D K a r . 286, MG. DD. Karo). I, bearb. v. E. MÜHLBACHER, Hannover 1906, S. 429. Dazu VAN DE KIEFT, C , Deux diplômes faux de Charlemagne pour Saint-Denis, du X I I e siècle, i n : L e Moyen Age, 4 E série 13/1958, S . 401 FF.
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NAMENREGISTER (A hinter der Seitenzahl = Name kommt auf der betreffenden Seite nur in den Anmerkungen vor)
Aachen 8, 24 A, 33 A, 35 A, 101, 150, 159, 185-187, 193, 196, 209, 214, 239 A, 279. Accursius, ital. Jurist (um 1185-1263) 245 A. Adalbert, Ebf. v. Mainz (1109-1137) 145. Agnes von Poitou, Kaiserin, Gemahlin Heinrichs III. (t 1077) 141, 144 A. Albert, Abt v. S. Salvator di Tolla (um 1167) 182 A. Albert, Pfalznotar Heinrichs IV. (1081-1084) 103. Albert, Notar unter Konrad III. und Friedrich I. (1142-1158, t wohl 1159) 158 f., 216 f., 219, 221 f., 224, 226 f., 229 f., 248. Alberto Tinea, Rector u. kaiserlicher Richter in Verona (t nach 1163) 198. Alexander III., Papst (1159-1181) 151, 171 bis 174, 190. Alexios I. Komnenos, Ks. v. Byzanz (1081 bis 1118) 117. Alfons VI., Kg. v. Leon (1072-1109) 21 A. Alkuin, Abt v. St. Martin in Tours, Gelehrter (t 804) 264. Ambrosius, Kirchenvater (um 340-397) 69. Anaklet II., Gegenpapst (1130-1138) 122 A. Anastasius I., Ks. v. Byzanz (491-518) 262. Annalist, Schwäbischer (+ nach 1080) 95. Anno II., Ebf. v. Köln (1056-1075) 124. Anonymus, Normannischer, Publizist ( t nach 1104) 6, 4 7 - 5 1 , 54, 57 f., 64, 66, 70, 74 bis 76, 82, 85, 91, 93 A, 99, 110, 116 A, 264, 267 f. [75. Anselm II., Bf. v. Lucca (1073-1081, 1 1086) Aquileja 198. Archipoeta (um 1160) 165, 169, 184 A, 187, 209 A. Arezzo i. Mittelitalien 182 A. Ariano di Puglia b. Benevent 243, 278. Arnald von Brescia, Volksprediger, Führer der kommunalen Bewegung in Rom ( t l l 5 5 ) 200, 201 A, 202, 204 A, 205.
Arnold von Seinhofen, Ebf. v. Mainz (1153 bis 1160) 198. Arnold II. C, Schreiber unter Friedrich I. (1152-1155) 227. Arnulf von Kärnten, ostfrk. Kg. u. Kaiser (887-899) 269 f. Asti i. Oberitalien 115 A. Atto, Bf. v. Vercelli (924-ca. 960) 133 A, 137. Augsburg 237. Augustin, Kirchenvater (354-430) 19, 45 f., 73, 80 f., 99, 137 A, 166. Augustus, röm. Kaiser (31 v . - 1 4 n. Z.) 115. Avitus, hl., Ebf. v. Vienne (um 494-518) 131. Bamberg 17, 144 A, 146, 160 A, 179, 192A, 217 A, 220, 237. Barcelona 182. Basilius II., Ks. v. Byzanz (976-1025) 265. Baume les-Moins i. Dép. Jura 273. Bazianus, Kanonist (t 1197) 176 A. Beaupré b. Luneville i. Lothringen 251 A. Benediktbeuren 227 A. Benno, Bf. v. Meißen (1066-1106) 124 A. Benno II., Bf. v. Osnabrück (1068-1088) 41. Beno, Kardinalpriester, Publizist (t nach 1098) 43, 92 A, 117. Benzo, Bf. v. Alba, Publizist (Anfang 11. Jh. bis 1086/1090) 27, 42 f., 53, 71, 73, 81, 92 A, 102, 105 f., 111 A, 115-118, 124, 128, 162, 267. Bergamo 168. Berka a. d. Werra 15, 96 A. Bernhard, Abt v. Clairvaux (1115-1153) 67, 179, 256. Bernhard von Konstanz, Publizist ( t nach 1088) 267. Bernold von Konstanz, Geschichtsschreiber u. Publizist (um 1054-1100) 92 A, 94, 137.
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Besançon 149, 151, 162 f., 170, 172 f., 178 f., 187, 193, 195 f., 207 A, 232, 250, 256 f., 276 f. Böhmen (Land) 8, 99. Bologna 59, 115 A, 151, 173, 233, 235, 241. Bonizo, Bf. v. Sutri, Publizist u. Kanonist (um 1045-um 1095) 120. Borgo San Valentino i. Oberitalien 104. Bremen 33 A, 119, 197. Brescia 184 A. Brixen 65, 131, 162. Brun von Querfurt, Slawenapostel (um 974 bis 1009) 265 A. Bruno, Ebf. v. Trier (1102-1124) 55. Bruno von Magdeburg, Geschichtsschreiber ( t wohl nach 1100) 10, 15 f., 27, 72, 119 A, 124, 126 A, 129, 131, 141 A. Bulgarus, Rechtslehrer in Bologna (um 1158) 233. Burchard, Bf. v. Münster (1097-1118) 81. Burchard I., Bf. v. Worms (1000-1025) 39 A, 53, 80 f. Burchard, Notar unter Friedrich I. (1161/1162 und 1177/1178) 173 A, 248 A. Burgund 12, 187, 194, 268. Byzanz 102, 106, 151, 156, 158, 173, 180, 181 A, 194, 211, 214 f., 217-219, 221 f., 224-226, 229 f., 233, 244, 262, 264 f., 275. - Byzantiner 157, 164, 219. Casar, röm. Feldherr u. Staatsmann (100 bis 44 v. Z.) 115. Calixtus II., Papst (1119-1124) 60 A, 134. Cambrai 145. Canossa 16, 93, 103, 112 A. Cathwulf, fränk. Priester (um 775) 70, 75 A. Chfilons-sur-Marne 22 A, 87 A. Childerich III., Kg. d. Franken (743-751) 24 A, 77 A, 108 f., 173. Chlodwig, Kg. d. Franken (482-511) 90. Chlothar III., Kg. d. Franken (657-673) 109, 128. Clemens III., Gegenpapst (1080-1100) 37, 40 f., 44 f., 48 A, 68, 80 f., 104, 110. Ctermont-Ferrand 22 A, 87 A. Cluny 9. Como 227 A, 251 A, 252, 258 A. Crema i. Oberitalien 184. Cremona 258 A. Cyprian, Kirchenvater (f 258) 45.
298
Dänemark 21. Daniel, Prophet (um 600 v. Z.) 106. Dante Alighieri, ital. Dichter (1265-1321) 168. David, jüd. König (etwa 1010-970 v. Z.) 78 f., 81. David, Iroschotte, Bf. v. Bangor (1120 bis 1139) 32, 57. Deusdedit, Kardinal (t 1099) 75. Dietbold von Berg, Bf. v. Passau (1172-1190) 196 A. Dietrich, Bf. v. Verdun (1046-1089) 40. 141 A. Dionysius von Paris, Heiliger (3. Jh.?) 99. Eberhard II., Bf. v. Bamberg (1146-1172) 156 f., 159-161, 163, 178, 181A, 185, 193 A, 213 A, 238, 249, 174. Eberhard, Ministeriale (um 1123) 248. Edward der Bekenner, Kg. v. England (1042 bis 1066) 92. Eilulf, Abt v. Murbach (ab 1150) 248. Einhard, Biograph Karls d. Großen (um 770 bis 840) 103. Ekbert II., Markgr. v. Meißen (1068-1090) 35, 52, 99, 123, 134, 139. Ekkehard, Abt v. Aura, Geschichtsschreiber (t 1125) 17, 32, 57, 107 A, 108, 146. England 2, 5 f., 8 f., 21, 49 f., 75, 91-93. 145, 186, 211, 255, Epheser 184. Erlung, Bf. v. Würzburg (1105-1121) 31. 32 A, 144. Erwig, Kg. d. Westgoten (680-687) 80. Eugen III., Papst (1145-1153) 151, 160 f., 178, 192, 205, 217, 218 A, 222 A, 225, 229, 231, 236 A, 248, 271 f. Farfa 24 A, 57, 103, 144. Fismes, westl. v. Reims 86. Flandern 145. Forchheim 23 f., 120, 125. Franken (Volk) 106 f., 207 f., 214. Frankfurt a. Main 187. Frankreich 2, 5 - 9 , 26, 48 f., 51, 63, 75, 84, 88-91, 93, 95 A, 101, 116, 125-127, 135, 145, 148, 150, 169, 173, 186, 191 A, 192, 211, 214, 240, 246, 255, 258, 279. Friedrich I. Barbarossa, dt. Kg. u. Kaiser (1152-1190) 1 f., 4, 59 f., 67, 73, 93, 104, 116, 118, 129, 147, 149-153, 155-165.
166 A, 167, 169, 171-176, 1 7 8 - 1 8 0 , 182 bis 188, 190, 191A, 1 9 2 - 2 0 1 , 2 0 3 - 2 1 5 , 219, 222, 2 2 4 - 2 2 6 , 227 A, 2 2 8 - 2 4 2 , 243 A, 244, 2 4 6 - 2 5 3 , 256 f., 259 f., 269, 2 7 1 - 2 7 9 . Friedrich II., dt. Kg. u. Kaiser (1212-1250) .73, 138, 185 A, 188, 199, 213, 237, 243. Friedrich I., Ebf. v. Köln ( 1 1 0 0 - 1 1 3 1 ) 81. Frutolf von Michelsberg, Geschichtsschreiber ( t 1103) 107. Fulda 59 A, 100 A. Calater 182. Gallier 105. Gebhard, Ebf. v. Salzburg ( 1 0 6 6 - 1 0 8 8 ) 15, 133 A. Gebhard III., Bf. v. Regensburg (1036-1060) 270. Gebhard von Henneberg, Bf. v. Würzburg ( 1 1 2 2 - 1 1 2 7 und 1 1 5 0 - 1 1 5 9 ) 161. Geisa I., Hg., später Kg. v. Ungarn (1074 bis 1077) 112 A. Gelasius I., Papst (492-496) 45, 46 A, 51 A, 63 f., 94, 161, 178 f., 262, 277. Genua 251 f., 257. Gerbert von Reims s. Silvester II., Papst. Gerhoch, Propst v. Reichersberg ( 1 1 3 2 - 1 1 6 9 ) 11, 173 f., 179, 188, 197, 210 A. Gerstungen a. d. Werra 14 f., 24 A, 96 A. Giselbert von Möns, Geschichtsschreiber ( t 1223/1225) 195 A. Gottesgnaden b. Calbe/Saale 227 A. Gottfried V. von Plantagenet, Gf. v. Anjou ( t 1151) 258. Gottfried von Viterbo, Dichter u. Chronist (um 1 1 2 5 - u m 1192) 165, 169 A, 186, 210, 217 A, 239. Gottschalk, Propst v. Aachen, Notar unter Heinrich IV. (1071-1084, t 1098) 31, 33, 35 - 3 7 , 40, 52 - 5 5 , 62, 64 f., 94 f., 99, 101, 106, 112 A, 127, 134, 141, 143 f., 162. Gratian, Kirchenrechtler (um 1140) 81, 173, 277. Gregor I. der Große, Papst (590-604) 20, 32, 40 f., 45, 78. 121, 134. Gregor VII., Papst (1073-1085) 2, 10, 15 f., 1 8 - 2 3 , 3 3 - 3 8 , 4 0 - 4 3 , 44 A, 45 f., 48, 51, 6 2 - 6 5 , 67, 71, 77 A, 7 8 - 8 0 , 86, 92 A, 94, 96, 98 f., 101, 105 f., 110, 112, 113 A, 120, 124, 127 f., 131, 133, 139 A, 142,144, 165, 170, 173, 189 f., 202, 262 A, 266 A.
Gregor VIII. (Burdinus), Gegenpapst (1118 bis 1121) 59. Gregor, Bf. v. Tours ( 5 7 3 - 5 9 3 / 5 9 4 ) , Geschichtsschreiber 131. Gregor von Catino, Geschichtsschreiber (um 1060—nach 1132) 57. Gregor A, Notar unter Heinrich IV. bis 1077) 32 A. Grenoble 259 A. Griechen 105.
(1069
Guido, Ebf. v. Vienne s. Calixtus II., Papst. Guido, päpstl. Kanzler, Kardinaldiakon v. S. Mariae in porticu ( t nach 1158) 223. Gundobad, Kg. d. Burgunder ( 4 7 3 - 5 1 6 ) 131. Gunther von Pairis, Scholasticus ( t um 1220) 165, 169. Gurk i. Kärnten 211 A, 236 A, 249 A. Hadrian I., Papst (772-795) 39, 102. Hadrian IV., Papst ( 1 1 5 4 - 1 1 5 9 ) 151, 159, 162, 163 A, 164, 170-173, 178 f., 187 f., 190, 196, 205, 209, 213 A, 229 A, 231 f., 237 A, 250, 256. Halberstadt 197. Hamburg 33 A, 119. Harald Hein, Kg. v. Dänemark ( 1 0 7 6 - 1 0 8 0 ) 21 A. Hartwig I. von Stade, Ebf. v, Bremen (1148 bis 1168) 240. Hartwig, Ebf. v. Magdeburg (1079-1102) 141 A. Hasungen, westl. v. Kassel 14 A. Heinrich II., dt. Kg. u. Kaiser ( 1 0 0 2 - 1 0 2 4 ) 8, 103 f., 131, 140, 265 A. Heinrich III., dt. Kg. u. Kaiser ( 1 0 3 9 - 1 0 5 6 ) 22 A, 82, 121 f., 140, 266 f., 270. Heinrich IV., dt. Kg. u. Kaiser (1056 bis 1106) 2 - 4 , 10, 12, 14, 1 6 - 2 2 , 24 A, 28, 3 0 - 4 4 , 45 A, 4 6 - 4 8 , 5 0 - 5 5 , 58, 6 2 - 6 8 , 7 1 - 7 4 , 77 A, 7 9 - 8 2 , 86, 91, 92 A, 9 4 - 1 2 1 , 123 f., 1 2 6 - 1 2 9 , 1 3 1 - 1 3 3 , 134 A, 136 bis 144, 146, 157, 162, 164 f., 172, 174, 179, 185, 188, 191, 199, 213, 236 f., 240, 242, 244, 248 f., 252, 266 A, 267, 271 A. Heinrich V., dt. Kg. u. Kaiser ( 1 1 0 6 - 1 1 2 5 ) 16 A, 17, 18 A, 24 A, 30, 32, 5 4 - 6 0 , 81, 98, 100, 103, 111, 1 1 3 - 1 1 5 , 119, 131 A. 134, 136, 139, 142. 144 f., 155, 191, 199, 216 A, 220, 224, 233, 248, 271 A. Heinrich (VI.), dt. König (1147-1150) 211 A, 217 A, 218 A, 222 A, 223 A, 224, 236 A.
299
Heinrich VI., dt. Kg. u. Kaiser (1190-1197) 3, 115., 118, 151, 153, 222 A. Heinrich I., Kg. v. England (1100-1135) 9, 49 A, 50 A. Heinrich II., Kg. v. England (1154-1189) 92, 152 A, 158 A, 163, 180, 186, 211 A, 268. Heinrich der Löwe, Hzg. v. Sachsen (1142 bis 1180), Hzg. v. Bayern (1156-1180, t 1195) 240. Heinrich (II), Notar unter Heinrich V. (t nach 1129) 216 A, 220 A. Heinrich von Wiesenbach, Notar unter Lothar III., Konrid III. und Friedrich I. (1136-1170, t 1171) 156 f., 160, 167, 217 A, 223 A. Helmold von Bosau, Geschichtsschreiber (um 1130-1177) 86. 194, 206 A. Heribert, Notar unter Konrad III. und Friedrich I., Ebf. v Besançon (1163-1171?) 226, 227 A, 248, 273 A. Hermann von Salm, dt. Gegenkönig (1081 bis 1088) 15 A, 36, 48 A, 72, 124. Hermann, Bf. v. Metz (1073-1090) 19, 22 A, 40, 62 A, 77 A, 108 A, 173. Herrand, Bf. v. Halberstadt (1090-1102) 45 A, 139. Hersfeld 25 A, 45, 79 A, 103. Hert b. Gandersheim 249 A. Hezilo, Bf. v. Hildesheim (1054-1079) 71. Hieronymus, Kirchenvater (347-420) 207 A. Hildebrand s. Gregor VII., Papst. Hildebrand, Pfalzgrf. v. Tuszien (um 1364) 258. Hildesheim 144. Hillin von Fallemanien, Ebf. v. Trier (1152 bis 1169) 164, 194 A, 196, 198. Hinkmar, Ebf. v. Reims (845-882) 12. Hirsau 14 A, 45, 47 A. Hohenaltheim i. Ries 79 f., 81 A, 94. Honorius Augustodunensis, Scholastiker (12. Jh.) 67,74,84,133,179,194, f., 263 A. Hornbach i. d. Pfalz 33 A, 101 A. Hugo I. Capet, Kg. v. Frankreich (987-996) 265. Hugo, Abt v. Cluny (1049-1109) 141, 143. Hugo, Abt v. Salinaevallis (um 1170) 182 A. Hugo Metellus, Domherr in Toul (t um 1150) 130. Hugo von Flavigny, Geschichtsschreiber (1065 bis nach 1102) 50 A, 107, 116 A.
300
Hugo von Fleury, Geschichtsschreiber und Publizist (t um 1120) 48, 50-52, 63, 70, 75, 116 A, 132, 135. Hugo III. von Puiset, französ. Raubritter (etwa 1095-1118) 76. Hugo, Rechtslehrer in Bologna (um 1158) 233. Huguccio von Pisa, Kanonist (t 1210) 176, 177 A. Humbert von Moyenmoutiers, Kardinalbf. Silva Candida (1050-1061) 19 A, 22 A, 94 A. Huzmann, Bf. v. Speyer (1075-1090) 98 A. Ingelheim 86. Innocenz I., Papst (402-417) 110 A. Innocenz II., Papst (1130-1143) 267. Innocenz III., Papst (1198-1216) 69, 86 f., 104, 212. Irene, Kaiserin v. Byzanz, Gemahlin Manuels I. (Bertha v. Sulzbach) (t 1160), 192 A, 211 A, 217 A, 223 A, 224. Irnerius, Rechtslehrer in Bologna (um 1075 bis 1130) 59, 136. Isidor, Bf. v. Sevilla (599/600-636) 98, 109, 217. Italien 12, 21, 53, 73, 103-105, 110, 112 f., 119 f., 127, 150 f., 153, 187, 194, 197-199, 202 f., 206, 208 f., 213, 220 A, 221, 228, 230-234, 238, 240, 250-252, 257 f., 262, 271, 274 A, 275 f. - Nord-, Oberitalien 38, 168, 247. - Mittelitalien 271. - Süditalien 5, 86, 154. Ivo, Bf. v. Chartres (1090-1116) 5 1 A , 59, 90, 99, 132. Jacobus, Rechtslehrer in Bologna (um 1158) 233. Jerusalem 102, 116, 188. Johann von Salisbury, Bf. v. Chartres (1176 bis 1180), Philosoph u. Staatstheoretiker 7, 75. Johann, Bf. v. Speyer (1090-1104) 53 A, 146 A. Johann von Mantua, Grammatiker u. Theologe (Ende 11. Jh.) 113. Johann von Paris, Philosoph u. Theologe (t 1306) 244. Johannes VIII., Papst (872-882) 75, 264 A. Johannes XII., Papst (955-963) 265. Johannes XIX., Papst (1024-1033) 266.
Johannes II. Komnenos, Ks. v. Byzanz (1118 bis 1143) 159, 192 A, 217 A, 219, 221 f. Jonas, Bf. v. Orleans (818-843) 264 A. Julianus Apostata, röm. Kaiser (361-363) 58, 95. Justinian, Ks. v. Byzanz (527-565) 32, 38, 119 f., 124, 136, 160, 179, 201 f., 204, 209, 220 f., 223. 231 f., 235 f., 238 f., 243, 260, 277 f. Karl der Große, fränk. Kg. u. Kaiser (768 bis 814) 8, 12, 33. 35, 39, 56, 70, 101 bis 108, 121, 127, 136, 144, 179, 193, 206 f., 209-211, 214 f., 231 f., 235, 239 A, 264, 269 A, 270, 278 f. Karl der Kahle, westfränk. Kg. u. Kaiser (843-877) 75, 77, 79 A. Knut IV., Kg. v. Dänemark (1147-1157) 225. Köln 17, 60, 145, 185 f., 259, 274. Königsbrück i. Elsaß 227 A. Konrad II., dt. Kg. u. Kaiser (1024-1039) 10, 71, 78, 111, 121, 266. Konrad III., dt. König (1139-1152) 4, 24 A, 25 A, 27, 54, 113 f., 119, 149 f., 155-157, 158 A, 159, 166 f., 178, 180-182, 1841., 192, 194 f., 200-203, 211 A, 212, 215 his 217, 219-225, 229-231, 236, 240, 248, 254-256, 271 f., 275. Konrad IV., dt. König (1237-1254) 195 A. Konrad, Sohn Heinrichs IV., dt. Gegenkönig (1087-1098) 48, 144 A. Konrad de Pratr», Adliger (um 1162) 251 A. Konstantin I., röm. Kaiser (306-337) 46, 51 A, 56, 115 f., 121, 201, 209, 231-233, 235. Konstantinopel 116, 126 A, 156, 228, 265, 274. Konstanz 151, 158 f., 170, 204 A, 225, 227 bis 230, 247, 250, 257, 259. Korvei 209, 256. Laach i. d. Eifel (Maria-Laach) 227. Lampert von Hersfeld, Geschichtsschreiber (um 1025-um 1085) 2, 10, 13 f., 16 f., 24 A, 102, 123 f., 143, 254. Langobarden 105 f. Leinz'g 176 A. Leidrad, Ebf. v. Lyon (798-814, t 817) 264. Leo III., Papst (795-816) 269 A. Leo VIII., Papst (963-965) 39 f., 53, 136. Liemar, Ebf. v. Bremen (1072-1101.) 41A,42.
Liutprand, Bf. v. Cremona (ca. 9 6 1 - 9 7 0 ) , Geschichtsschreiber 265. Lobbes i. Hennegau 127. Lodi i. Oberitalien 252. Lombardei 168. London 9. Lorch b. Schwäbisch-Gmfind 272. Lothar I., fränk. Kg. u. Kaiser (840-855) 264. Lothar III. von Supplinburg, dt. Kg. u. Kaiser (1125-1138) 11, 24 A, 25 A, 113 A, 119, 122, 155, 178, 180, 192-195, 216, 218 A, 220, 230 A, 236, 240, 248 f., 255, 270, 271 A, 275. Lothringen 52. Lucca 257. Ludwig der Fromme, fränk. Kg. u. Kaiser (814-840) 188, 209, 264, 269 A, 270. Ludwig III. der Blinde, Kg. v. Niederburgund (890-928) u. Italien (900-905), Kaiser (seit 901) 265 A. Ludwig VI., Kg. v. Frankreich (1108-1137) 9. 66, 75. 88. Ludwig VI., Kg. v. Frankreich (1108-1137) 90 f., 181 A, 186, 211 A, 224, 236, 258. Ludwig I. der Springer, Graf v. Thüringen (1076-1123) 45, 139. Ludwig II. der Eiserne, Landgrf. v. Thüringen (1140-1172) 257. Lüttich 52, 54, 57. Luitpold V., Hzg. v. Österreich (1177-1194) 196 A. Magdeburg 265, 271. Mailand 169, 181 A, 199, 209, 212, 216 A, 238, 240, 251, 276. - Mailänder 252. Mainz 54, 69, 71 f.. 78, 82, 124, 126 f., 131. Mallersdorf i. Niederbayern 255. Manegold von Lautenbach, Publizist (um 1030-nach 1103) 11, 129, 131, 133, 137. Manfred, Kg. v. Sizilien (1258-1266) 188. Manuel I. Komnenos, Ks. v. Byzanz (1143 bis 1180) 150, 180, 211, 217 A, 219, 222, 223 A, 229. 236 f., 271 f. Martin us, Rechtslehrer in Bologna (um 1158) 233. Martinus, Pfalznotar in Reggio d'Emilia (um 1136) 271. Mathilde, Markgräfin v. Tuszien (1052-1115) 123. Maulbronn i. Württemberg 230 A.
301
Mauritius, Heiliger (t 280/300) 99. Melfi i. Süditalien 138. Melun a. d. Seine 76. Modena 115 A, 270. Monte Cassino 271. Monza 183, 251. Moses, Religionsstifter der Israeliten 1225 v. Z.) 85. Münster i. Westfalen 186. Murbach i. d. Vogesen 231, 248.
bis 1180), Hzg. v. Bayern (1180 bis 1183) 236 A, 240. Otto Morena, Pfalzrichter aus Lodi, Geschichtsschreiber (t nach 1161) 168, 273. Ovid, röm. Dichter (43 v. Z . - 1 7 n. Z.) 217. (um
Nebukadnezar II., Kg. v. Babylon (605-562 v. Z.) 47 A, 81, 109. Nero, röm. Kaiser (54-68 n. Z.) 47 A, 213. Nicephorus II. Phokas, Ks. v. Byzanz (963 bis 969) 118. Niederaltaich 159, 185. Nikephoros, Apocrisiarius d. Kaisers v. Byzanz (um 1145) 222. Normandie 48, 116, 135. - Normannen 5 A, 18, 151, 189, 203, 223, 225, 243. Novara b. Mailand 227 A. Oberburg i. d. Steiermark 218 A. Octavian s. Augustus. Odo von Diogilo, Geschichtsschreiber (um 1100-1163) 224. Oger, Bf. v. Ivrea, Kanzler unter Heinrich IV. (1088-1093, t 1094) 147. Oger A, Notar unter Heinrich IV. (1090 bis 1095) 32, 52-54, 65 A, 79 A, 115 A, 143. Osnabrück 36, 119. Ostgoten 262. Ostia b. Rom 187. Otloh, Mönch in St. Emmeram (um 1010 bis ftach 1070) 269-271. Otto I., dt. Kg. u. Kaiser (936-973) 37 A, 39 f., 128, 136, 187, 195, 206, 209, 210 A, 214, 231 f., 235, 265, 269 A, 270. Otto III., dt. Kg. u. Kaiser (983-1002) 13, 111, 116. Otto, Bf. v. Bamberg (1102-1139) 145. Otto, Bf. v. Freising (1138-1158), Geschichtsschreiber 2, 96, 150 A, 165-168, 178 f., 183, 185 f., 189 f., 192, 197 A, 198, 203, 205, 206 A, 207 f., 210, 212-214. 218 A, 221, 226 A, 229 A, 232, 236-238, 244, 252 f., 255, 269 A, 273, 276. Otto von Northeim, Hzg. v. Bayern (1061 bis 1070, t 1083) 15, 33, 123. Otto I. von Wittelsbach, bayr. Pfalzgraf (1155
302
Padua 36, 119, 259 f. Paltonarius, Pfalznotar in Verona (1136/1137) 271 A. Parenzo i. Istrien/Jugoslawien 103. Parma 258 A. Paschalis II., Papst (1099-1118) 16 A, 22 A, 52, 56, 87 A, 114, 142, 146. Passau 259. Paul von Bernried, Geschichtsschreiber (t 1146/1150) 16. Paulus, Apostel (vor 10-etwa 65 n. Z.) 32, 46, 65, 105, 134, 182-184. Pavia 162, 179 f., 183, 209, 232. Petrus, Apostel (t wohl 64 n. Z.) 99, 105 f., 213. Petrus Crassus, Ravenater Jurist (um 1084) 37-40, 42, 47, 71 f., 98, 105 f., 109 A, 115, 119-121, 122 A, 124, 128, 160 A, 237, 267. Petrus Damiani, Kardinal, Publizist (1007 bis 1072) 35, 64, 78, 131, 133 A, 266. Philipp I., Kg. v. Frankreich (1060-1108) 19, 49, 54, 91, 142. Philipp von Heinsberg, Ebf. v. Köln (1167 bis 1191) 198. Pippin III. der Kurze, Hausmeier (741-751), Kg. d. Franken (751-768) 23 A, 48, 77, 107-109, 128, 165, 173. Pisa 251, 257. - Pisaner 217 A. Placidus von Nonantula, Publizist (um 1111) 267. Polen (Land) 8. Quadripartitus (1. Hälfte 12. Jh.) 21 A. Rahewin, Notar Ottos v. Freising, Geschichtsschreiber (t um 1170/1177) 2, 165, 167 f.. 183-185, 193, 199, 208, 213 f., 226, 229 A, 232, 236 f., 250, 252 f., 256, 273, 277. Raimund, Ebf. v. Arles (1163-1182) 251 A. Raimund Berengar IV., Graf v. Barcelona (t 1162) 193, 251 A. Rainald von Dassel, Ebf. v. Köln (1159-1167), Kanzler Friedrichs I. 117, 156, 161 f., 165, 171, 236, 240, 242 A, 248 A, 274, 276.
Rainald C, Notar unter Friedrich I. (1156/ 1157) 237 f., 269, 273 f. Rangerius, Bf. v. Lucca (1097-1112), Publizist 84. Ravenna 37, 39, 102, 104, 119 A, 136-138, 182 A, 240. Regensburg 167, 269. Reggio d'Emilia 270 f. Rheinau b. Schaffhausen 59 A. Richard von Lacy, Rechtslehrer (Ende 13. Jh.) 93. Richenza von Northeim, Kaiserin, Gemahlin Lothars III. (t 1141) 220, 270. Robert II., Kg. v. Frankreich (996-1031) 91. Robert Guiscard, Hzg. v. Apulien (1058 bis 1085) 118. Robert II., Graf v. Flandern (1093-1111) 145. Robert von Torigni, Geschichtsschreiber (t 1186) 225 A. Roger II., Graf u. Kg. v. Sizilien (1101-1154) 86, 154, 186, 189, 203, 211A, 219, 240, 243, 278. Roland Bandinelli s. Alexander III., Papst. Rom 34 A, 37, 44, 59, 110, 112, 114, 116 bis 118, 141, 151, 156, 178, 188, 193, 196 A, 197, 200 f., 203-208, 214, 222, 225, 228, 231 f., 257, 277. - Römer 36 f., 39 f., 46, 56 f., 102, 106 f., 110-114, 118, 120, 127, 129, 134, 136, 151, 154, 188, 195, 200 bis 206, 207 A, 209 f., 212, 217 A, 221, 231 f., 244. Roncaglia b. Piacenza 151, 184, 190, 193, 197, 212, 231, 233, 237-239, 249. Rouen 49. Rudolf von Rheinfelden, Hzg. v. Schwaben (1057-1080), dt. Gegenkönig (ab 1077) 16, 23, 24 A, 43, 44 A, 72, 74, 98 A, 125, 144 A. Riieggisberg i. Kanton Bern 269 A. Rufinus, Kanonist in Bologna ( t um 1192) 176 A, 189. Rupert, Bf. v. Bamberg (1075-1102) 141. Sachsen (Land) 3, 141 A. - Sachsen 15, 33, 35 f., 38, 43 A, 82 A, 98, 105, 120-124, 131, 140. Salomo, jüd. König (etwa 970-932 242. Salomo, Kg. v. Ungarn (1063-1074, t 112 A.
(Volk) 101 f., v. Z.) 1080)
Saloniki 223 A. Samuel, Prophet (etwa um 1030/1010 v. Z.) 78. Saul, Kg. in Israel (etwa 1030-1010 v. Z.) 78 f., 81, 137. Sedulius Scottus, irischer Gelehrter u. Dichter (t 854) 264 A. Siegburg b. Bonn 182. Siena 258 A. Sigebert von Gembloux, Geschichtsschreiber u. Publizist (um 1030-1102) 52, 56, 65 A. 106, 124, 139. Silvester II., Papst (999-1003) 13, 232 f. Simon von Bisignano, Kanonist (um 1180) 176. Sizilien 150, 197, 276. Slawen 265. Spanien 76. Speyer 239 A, 249. Stablo 53, 157. St. Blasien 122 A. St. Denis 279. St. Emmeram 269 f. St. Georgenberg i. Tirol 227 A. St. Lambrecht i. d. Steiermark 253. Stephan II., Papst (752-757) 108. Suger, Abt v. St. Denis (1122-1151) 9, 66, 75 f., 125 A, 224, 258. Sven III. Estridson, Kg. v. Dänemark (1047 bis 1076) 21 A. Sven IV., Kg. v. Dänemark (1147-1157) 225. S. Zeno b. Verona 259 A. Tegernsee 169. Theodosius I., röm. Kaiser (379-395) 179, 209, 231. Thietmar, Bf. v. Merseburg (1009-1018), Geschichtsschreiber 70 f., 82, 133 A, 140. Thiofried, Abt v. Echternach ( t um 1110) 102, 107. Tiberius, röm. Kaiser (14-37 n. Z.) 115. Timotheus, Mitarbeiter des Apostels Paulus (t nach 63 n. Z.) 182. Toledo 80. Tortona i. Oberitalien 258. Trier 60, 137, 164. Turin 119 A. Tuszien 247. Udalrich (Ulrich) von Bamberg, Domscholaster (t um 1130) 34 A, 65 A, 113 A, 274.
303
Ulrich von Dürrmenz, Kanzler Friedrichs I. 1159-1162, t 1163) 167. Ulrich von Hutten, humanist. Publizist (1488 bis 1523) 44. Ungarn (Land) 8, 197. Urban II., Papst (1088-1099) 44. Utrecht 24 A, 144. Valerius Maximus, röm. Schriftsteller (etwa 30 n. Z.) 182. Vaucelles b. Cambrai 256. Venedig 262 A. Vercelli i. Oberitalien 227 A. Verdun 123. Verona 217 A, 257, 260 A. Vexin, französ. Grafschaft 99. Vicenza 259. Viktor IV., Gegenpapst (1159-1164) 233, 277. Viktring b. Klagenfurt 218 A. Vincenz von Prag, Geschichtsschreiber (t wohl 1173) 230 A. Walkenried a. Südharz 269, 273. Walram, Bf. v. Naumburg (1090-1111) 45, 139. Wamba, Kg. d. Westgoten (672-680) 80. Wazo, Bf. v. Lüttich (1042-1048) 22 A, 82. Weif VI., Graf, Markgrf. v. Tuszien, Hzg v. Spoleto (1152-1191), 227 A. Wenrich, Scholasticus in Trier, Publizist (t wohl 1082) 40 f., 96, 128, 133. Wenzel, hl., Kg. v. Böhmen (921-929) 99. Werner, Ebf. v. Magdeburg (1063-1078) 72. Werner (Wezelin), Ebf. v. Mainz (1084 bis 1088) 96 A. Westgoten 137, 262. Wibald, Abt v. Stablo (ab 1130) und Korvei (ab 1146, t 1158) 104, 156-161, 182, 203-205, 210 f., 216 A, 217, 220 f., 223 f., 226-231, 236-238, 248, 256, 271 f., 274 f.
304
Wibert, Ebf. v. Ravenna s. Clemens III., Gegenpapst. Wichmanu von Seeburg, Ebf. v. Magdeburg (1152-1192) 209, 249 A. Wido, Bf. v. Ferrara (um 1080) 11, 23, 44, 81 A, 85, 127 A, 133. Wido, Propst, später Bf. v. Osnabrück (1093 bis 1101) 41, 80, 82 f., 85, 106 f., 115. Widukind von Korvei, Geschichtsschreiber (um 925-nach 973) 107, 117 A, 208. Wifred, Ritter, Führer der Pataria in Mailand (erwähnt 1076) 112 A. Wilhelm I. der Eroberer, Kg. v. England (1066-1087) 21 A, 62 A. Wilhelm, Ebf. v. Rouen (1079-1110) 22 A, 87 A. Wilhelm, Abt v. Hirsau (1069-1091) 72. Wilhelm VI., Markgrf. v. Montferrat (t 1191) 258. Wilhelm von Orcam, Theologe, Philosoph u. Staatstheoretiker (um 1285-1347) 245. Wilhelm von Tyrus, Geschichtsschreiber (um 1130-1186) 224. Wipo, Kaplan, Geschichtsschreiber (t um 1050) 10, 13, 17, 71, 78. Wladislaw II., Hzg., später Kg. v. Böhmen (1140-1172) 182. Wolfger, Mönch in Prüfening (t etwa 1175) 218 A. Worms 34, 131 A, 146, 170, 248. Wortwin, Notar u. Protonotar unter Friedrich I. (1172-1180) 182, 250, 254 A. Wratislaw II., Hzg. u. Kg. v. Böhmen (1061 bis 1092) 25 A, 79 A. Würzburg 17, 60, 146, 159, 192 A, 222, 226 A, 240 A, 250. York 49. Zacharias, Papst (741-752) 23 A, 77, 108, 165, 173.