Außenhandel und Weltwirtschaft: Außenwirtschaft, Band II [1 ed.] 9783428462131, 9783428062133


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Außenhandel und Weltwirtschaft: Außenwirtschaft, Band II [1 ed.]
 9783428462131, 9783428062133

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HUBERTUS ADEBAHR · WOLFGANG MAENNIG

Außenhandel und Weltwirtschaft

HUBERTUS ADEBAHR · WOLFGANG MAENNIG

Außenhandel und Weltwirtschaft Außenwirtschah, Band II

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Adebahr, Hubertus: Aussenwirtschaft I Hubertus Adebahr; Wolfgang Maennig.- Berlin: Duncker und Humblot Bd. 1 verf. von Hubertus Adebahr NE: Maennig, Wolfgang G. Ch.: Bd. 2. Adebahr, Hubertus: Aussenhandel und Weltwirtschaft. - 1987

Alle Rechte vorbehalten

@ 1987 Duncker & Humblot GmbH, Berlln 41 Satz: Klaus-Dieter Volgt, Berlln 61 Druck: Werner Hildebrand, Berlln 65

Prlnted in Germany ISBN 3-428-06213-2

Vorwort An manchen Büchern haftet untrennbar ihre Vorgeschichte. Im Sommersemester 1978 veröffentlichte Prof. Dr. Hubertus Adebahr von der Technischen Universität Berlin das Lehrbuch "Währungstheorie und Währungspolitik - Einführung in die monetäre Außenwirtschaftslehre". Es war dies der erste Band einer zweiteilig angelegten Darstellung der Außenwirtschaft. Der zweite Band sollte von der güterwirtschaftlichen oder realen Außenwirtschaftstheorie und -politik handeln. Vieles war bereits konzipiert und ein gutes Drittel des geplanten Textes geschrieben, als Professor Adebahr Ende März 1983, kurz vor seinem 50. Geburtstag, plötzlich starb. Das begonnene Werk, dem Professor Adebahr beste Kräfte gewidmet hatte, verlangte nach Vollendung. Der erste Band zur Außenwirtschaftslehre war auf lebhaftes Interesse gestoßen, bei Hochschullehrern und Studenten wie auch in außeruniversitären Fachkreisen. Hier lag ein Buch vor, das theoretische und wirtschaftspolitische Erkenntnisse anspruchsvoll verband, dabei übersichtlich gegliedert und vor allem treffend und flüssig geschrieben war. Allein die Fortsetzung fehlte.

So nahmen wir uns des von Professor Adebahr, unserem Lehrer und Doktorvater, hinterlassenen Fragments an. Mit Unterstützung durch Frau Erika Adebahr, die uns den wissenschaftlichen Nachlaß ihres Mannes zur Verfügung stellte, sichteten wir das Manuskript, die Skizzen, die verwen?eten Quellen und legten uns einen Schreibplan zurecht. Unsere Absicht, den zweiten Band in vertretbarer Zeit fertigzustellen, vermochten wir jedoch aus vorwiegend beruflichen Gründen nicht in die Tat umzusetzen. Um so dankbarer sind wir Herrn Dr. Wolfgang Maennig, der ehemals Doktorand bei Professor Adebahr war, daß er sich der aufwendigen, anspruchsvollen Aufgabe gestellt und sie überzeugend und zudem in kürzester Zeit bewältigt hat. Damit liegen nun beide Bände zur Außenwirtschaftslehre als ein zusammengehöriges Lehrbuch vor; und sie fügen sich - trotz zeitlichem Abstand und Autorenwechsel- fast nahtlos aneinander. Mit großem Einfühlungsvermögen hat Herr Dr. Maennig den inhaltlichen Aufbau, die Denkweise, die Argumentationsmuster und den Stil Professor Adebahrs schöpferisch nachempfunden. Im ersten Teil des Buches (Einführung in die Außenhandelstheorie) bedurfte es lediglich hier und da der behutsamen Ergänzung

VI

Vorwort

oder Aktualisierung eines fertigen Textes. Der zweite Teil (nationale Handelspolitik) war dagegen von Grund auf zu verfassen. Im dritten und letzten Teil (Hauptprobleme der Weltwirtschaft) konnte bei einigen Abschnitten auf Rohfassungen Professor Adebahrs zurückgegriffen werden. In diesen Fällen erschien eine Fortschreibung auf den aktuellen Stand als die gebotene Verfahrensweise. Alles übrige mußte indes auch hier, im dritten Teil, im Geiste Professor Adebahrs neu geformt und formuliert werden. Die Verschränkung der eigenen mit der vorgegebenen Schreibebene ist Herrn Dr. Maennig vollauf gelungen: Der Text wirkt durchweg außerordentlich frisch und hält doch zugleich dem Ursprung die Treue. Der Verfasser hat mit der Werkvollendung seiner und unserer Verehrung für Professor Adebahr den schönsten Ausdruck verliehen und das Andenken an einen großartigen Menschen, einen beliebten Hochschullehrer und einen geschätzten Wissenschaftler bewahrt. Professor Adebahr wirkte und lehrte über eine Zeitspanne von mehr als 20 Jahren an der Technischen Universität Berlin, wo er ein sehr hohes Vertrauen genoß, das er sich durch stete Freundlichkeit, Aufrichtigkeit und Kompetenz erworben hatte. Als Forscher und Autor galt sein Interesse neben der allgemeinen Außenwirtschaftslehre insbesondere Rohstoff-Fragen, Problemen der Entwicklungsländer und der Weltwirtschaftsordnung sowie der Arbeitsmarktpolitik. Dabei war Professor Adebahr stets daran gelegen, Erkenntnisse der Wirtschaftstheorie am konkreten Sachverhalt zu veranschaulichen, was in einem Buch über Direktinvestitionen (1981) und in einer Vielzahl von Aufsätzen zu aktuellen Themen oder zu umstrittenen Positionen Niederschlag fand. So äußerte sich Professor Adebahr unter anderem zum deutschen Exportüberschuß (1971), zur Regionalisierung des Welthandels (1972), zum internationalen Preiszusammenhang (1972), zur Diskussion über eine Investitionslenkung (1973, 1975), zur deutschen Arbeitsmarktpolitik, zum Arbeitsförderungsgesetz und zur Arbeitslosigkeit (1973, 1977, 1978, 1980), zum Recycling der Petra-Dollars (1975), zu Rohstoffabkommen und Rohstoff-Fonds (1975, 1979) und zur Bedeutung der deutschen Devisenreserven (1979). Seine Dissertation hatte die Theorie der optimalen Bevölkerungszahl (1965), seine Habilitationsschrift die Fluktuation der Arbeitskräfte (1971) zum Gegenstand. Sein reiches Schaffen ist jetzt mit einem späten Gemeinschaftswerk (Adebahr/Maennig) abgeschlossen worden. Es dürfte nach Professor Adebahrs Sinn gewesen sein. Zur Fertigstellung des Buches haben einige Personen in besonderer Weise beigetragen, wofür ihnen an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Herr Prof. Dr. Detlef Lorenz (Freie Universität Berlin) gab wertvolle Anregungen zur Literatur und zur Konzeption des Buches. Herr Dipl.-Vw. Dirk Braunhart,

Vorwort

VII

Herr Dipl.-Vw. Thomas Blank, Herr Dr. rer. oec. Nikolaus Fuchs, Herr Dipl.-Vw. Dipl.-Ing. Martin Gomig, Frau Dipl.-Vw. Beate Schiemann, Frau Dipl.-Vw. Sabine Spelthahn, Herr Dipl.-Vw. Michael Stobemack und Frau cand. rer. oec. Jessica de Wolff (alle Technische Universität Berlin) haben Teile des Manuskriptes gelesen und mit konstruktiven Anmerkungen nicht gespart. Herr Prof. Dr. Wolfgang-Wemer Maennig, der Vater des Autors, hat mit großem Engagement und hoher Effizienz beim Korrigieren der Druckfahnen geholfen, obwohl ihm die Materie der Ökonomie fremd ist. Frau Johanna Daryai, Sekretärin an der TU Berlin, schrieb große Teile des Manuskriptes. Die studentischen Tutoren der Lehreinheit für das volkswirtschaftliche Grundstudium beschleunigten mit diversen Hilfstätigkeiten die Fertigstellung des Buches. Der Leiter der wirtschaftswissenschaftlichen Dokumentation an der TU Berlin, Herr Dr. Wolfgang Marfels, sowie Frau Margit Schüler und Frau Renate Meyer von der volkswirtschaftlichen Bibliothek der FU Berlin halfen stets freundlich bei der Literaturbeschaffung. Herr Ernst Thamm und Herr Dieter H. Kuchta vom Verlag Duncker & Humblot, die beide Prof. Dr. Hubertus Adebahr gut kannten, stellten durch wohlwollende, unterstützende Bemerkungen sicher, daß das Buch in seinem Sinne beendet wurde. Dezember 1986

Dr. Hans-Armin Geister, Berlin Dr. Klaus Schröder, Wolfratshausen

Inhalt Einführung

1

1. Gegenstand der Außenwirtschaftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

2. Warum eine spezielle Außenwirtschaftslehre? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

3. Teilgebiete der Außenwirtschaftslehre und Aufbau des Buches . . . . . . . . . . . .

5

4. Zur Relevanz der "reinen" Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

Erster Teil Einführung in die Außenhandelstheorie

9

I. Kapitel Welthandelsstruktur und Prämissen der Außenhandelsanalyse

11

..................................

11

2. Fragestellungen und übliche Prämissen der Außenhandelstheorie . . . . . . . . .

16

Literatur zum I. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

1. Strukturmerkmale des Welthandels

II. Kapitel Traditionelle Ansätze zur Erklärung des Außenhandels 1. Die Theorie der komparativen Kosten

20

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

a) Unterschiedliche "Umweltbedingungen" und unterschiedliche Produktionstechniken (Ricardo-Theorem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

(1) Außenhandel bei konstanten marginalen Opportunitätskosten . . . . . .

22

(a)

..............................

24

(b) Die Vorteilhaftigkeit des Außenhandels bei konstanten marginalen Opportunitätskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Opportunitätskosten~Ansatz

(c) Preisgrenzen

...........................................

27

(2) Außenhandel bei steigenden marginalen Opportunitätskosten . . . . . .

31

(a) Steigende Opportunitätskosten als Folge heterogener Produktionsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

(b) Faktorintensität und Produktionsfunktionen als Bestimmungsgrößen der Opportunitätskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

(c) Soziale Indifferenzkurven als Abbild der Nachfragebedingungen

40

Inhalt

X

(d) Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten und identischen sozialen Indifferenzkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

(e) Außenhandel bei unterschiedlichen sozialen Indifferenzkurven

47

(f)

Tauschkurven und Austauschverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

(3) Außenhandel bei sinkenden marginalen Opportunitätskosten . . . . . . .

55

b) Unterschiedliche Faktorausstattung als Außenhandelsursache (Heckscher-Ohlin-Theorem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

2. Außenhandel und Faktorpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3. Außenhandel und Faktorangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4. Außenhandel und Wohlstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 a) Wohlstandssteigerungen infolge Außenhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wohlstandswirkungen bei veränderter Einkommensverteilung

70

........

75

c) Negative Wohlstandseffekte in der Realität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

5. Zur Aussagekraft der traditionellen Außenhandelstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Literatur zum II. Kapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

m. Kapitel Vernachlässigte und neue Ansätze zur Erklärung des Außenhandels

88

1. Austauschhandel mit homogenen Gütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Grenzhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

b) Saisonaler und zyklischer Außenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

c) Eingeschränkte Transparenz als Handelsursache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

2. Technischer Fortschritt als Bestimmungsfaktor des Außenhandels . . . . . . . . . 93 3. Skalenerträge (economies of scale) als Bestimmungsfaktor des Außenhandels

98

4. Produktdifferenzierung als Außenhandelsursache ...................... 102 5. Präferenzunterschiede und Präferenzvielfalt als Außenhandelsursache ..... 105 6. Verfügbarkeit von Ressourcen als Außenhandelsursache ................. 109 7. Das Neo- Faktorproportionentheorem ................................. 110

8. Produktzyklus und Außenhandel .................................... 114 Literatur zum III. Kapitel

118

IV. Kapitel Einheitliche Theorie der internationalen Güterund Faktorströme als Ziel

1. Zusammenhänge zwischen Außenhandel und Faktorbewegungen

120 122

2. Traditionelle Außenhandelstheorie und internationale Mobilität der Produktionsfaktoren ..................................................... 125

Inhalt

XI

3. Simultane Analyse des Ricardo- und des Heckscher-Ohlin-Falles bei internationaler Faktormobilität ............................................ 126 Literatur zum IV. Kapitel

131

Zweiter Teil Nationale Handelspolitik

133

I. Kapitel Begriffliche Abgrenzung und Institutionelles

135

ll. Kapitel

Handelspolitische Instrumente

137

1. Zölle 137 a) Erhebungsereignis .............................................. 137 b) Bemessungsgrundlagen .......................................... 140 (1) Der spezifische Zoll ......................................... 140 (2) Der Wertzoll ............................................... 142 (3) Misch- und Gleitzölle ....... . . . .......... . ....... . ........... 143

2. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse .................................... 144 a) Nicht-tarifäre Handelshemmnisse auf der Einfuhrseite ............... 145 (1) Preisliche Belastungen der Einfuhr

............................ 145

(a) Abschöpfungen ......................................... 145 (b) Zollzuschläge ........................................... 147 (c) Einfuhrdepots .......................................... 147 (d) Einfuhrgebühren ........................................ 148 (e) Einfuhrausgleichssteuern ................................. 148 (2) Quantitative Beschränkungen der Einfuhr ...................... 149 (a) Kontingente ............................................ 149 (b) "Freiwillige" Exportbeschränkungen ...... . .. . ............. 149 (c) Devisenbestimmungen ................................... 150 (d) Staatliche Beschaffungspolitik ............................ 150 (e) Indirekt protektionistische Maßnahmen ..................... 151 b) Nicht-tarifäre Handelshemmnisse auf der Ausfuhrseite ............... 152 (1) Preisliche Beeinflussung der Ausfuhr ........................... 152 (a) Exportsteuern ............................... . .......... 152 (b) Exportsubventionen ..................................... 153 (c) Entlastungen der inländischen Produktion .................. 155 (d) Grenzausgleichssteuern .................................. 156 (2) Quantitative Exportbeschränkungen ........................... 156 Literatur zum II. Kapitel .............................................. 157

Inhalt

XII

m. Kapitel Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

158

1. Ökonomische Wirkungen eines Einfuhrzolles .......................... 159 a) Partialanalytische Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (1) Preiswirkungen ............................................. 161 (2) Wirkungen auf die Konsumenten .............................. 162 (3) Wirkungen auf die Produzenten ....... . .... . ....... . .... . .. . .. 162 (4) Der effektive Zollschutz ...................................... 163 (5) Wirkungen auf die Staatseinnahmen ........................... 166 (6) Wohlfahrtswirkungen ........................................ 167 b) Totalanalyse ................................................... 168 (1) Einfuhrzoll und Außenhandel ................................. 169 (2) Der Optimalzoll ............................................. 172 (3) Verteilungseffekte: das Samuelson-Stolper-Theorem

............. 177

(4) Zahlungsbilanz und Volkseinkommen .......................... 179

2. Ökonomische Wirkungen eines Einfuhrkontingentes .................... 181 a) Vorteile gegenüber dem Zoll ..................................... 182 b) Nachteile gegenüber dem Zoll ................................. . .. 182 Literatur zum 111. Kapitel

............................................. 184

IV. Kapitel Zollargumente und die second-best Natur von Zöllen

186

1. Allokative Ziele ...................... . ......... . .......... . ....... 186 a) Internalisierung externer Effekte ................................. 186 b) Erziehungszoll ................................................. 190 2. Distributive Ziele .................................................. a) Internationale Redistribution ......... . .... . ....... . .. . .... . .. . .. b) Fiskalische Ziele ............................................... c) Funktionale Einkommensumverteilung ............................

193 193 194 194

3. Stabilitätspolitische Ziele ........................................... 196 a) Zahlungsbilanzkonsolidierung ................................... 196 b) Einkommens- und beschäftigungspolitische Ziele ................... 196 4. Nichtökonomische und pseudoökonomische Argumente ................. 197 5. Abschließende Bemerkung ....................... . .. . ............... 198 Literatur zum IV. Kapitel .............................................. 199

xm

Inhalt

V. Kapitel Erkennbare Tendenzen

200

1. Renaissance protektionistischen Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Abschottung der Industrieländermärkte gegen Entwicklungsländer ....... 201 3. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse .................................... 202 205

Literatur zum V. Kapitel

VI. Kapitel Abschließende Beurteilung

206

Dritter Teil Hauptprobleme der Weltwirtschaft

209

I. Kapitel Ein liberaler Ordnungsrahmen für den Welthandel GATT und OECD

1. Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) ......... . ......... a) Entstehung und Organisation .................................... b) Die grundlegenden Bestimmungen des GATT, wichtige Ausnahmen und Modifizierungen ............................................... c) Ergebnisse des GATT ........................................... d) Perspektiven des GATT .........................................

211 211 211 212 215 222

2. OECD- Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 223 Literatur zum I. Kapitel

227

ß. Kapitel Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft

228

1. Merkmale der Unterentwicklung ..................................... 228 2. Theorien der Unterentwicklung ............ . .. . .... . .. . ....... . .. . ... 239 3. Entwicklungspolitische Strategien ................................... 251 4. Die Situation der Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft

............. 257

a) Der Außenhandel ............................................... 257 b) Der Kapitalverkehr ......... . .................... . ....... . .. . ... 259 c) Der Technologietransfer ......................................... 261 5. Entwicklungshilfe ................................................. 263 6. Entwicklungshilfeinstitutionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265

Literatur zum II. Kapitel .................... . .. . ....... . ..... . ........ 269

XIV

Inhalt

m. Kapitel Internationale Faktorbewegungen

271

1. Internationale Faktorbewegungen und Außenwirtschaft ................. 271 2. Wanderungen .......................................... . .......... a) Vorbemerkungen ............................................... b) Umfang der internationalen Wanderungen in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Effekte der internationalen Wanderungen ........... . .... . ..... d) Zusammenfassung ..............................................

273 273 2 74 276 281

3. Internationale Kapitalbewegungen ........... . ....................... 282 a) Vorbemerkungen ............................................... 282 b) Portfolioinvestitionen ........................................... 284 (1) Umfang in der Bundesrepublik Deutschland ..................... 284

(2) Motive der Portfolioinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 (3) Wirkungen der Portfolioinvestitionen .. . ....................... 290 c) Direktinvestitionen ............................................. 297 (1) Umfang der Direktinvestitionen weltweit und in der Bundesrepublik Deutschland ................................................ 298 (2) Motive für Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 (3) Wirkungen der Direktinvestitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 (a) Wirkungen auf die Zielländer ............................. 308 (b) Wirkungen auf die Herkunftsländer ........................ 315 d) Multinationale Unternehmen ..................................... 319 e) Zusammenfassung

322

Literatur zum 111. Kapitel

323

IV. Kapitel UNCTAD und "Neue Wirtschaftsordnung"

324

1. Welthandelskonferenz (UN Conference on Trade and Development UNCTAD) ........................................................ 324 2. Die Diskussion über eine "Neue Weltwirtschaftsordnung" ................ 326 a) Das Integrierte Rohstoffprogramm ................................ 326 b) Andere Forderungen ................. . ....... . .... . ....... . ..... 328 Literatur zum IV. Kapitel ......... . ....... . ............................ 331

Inhalt

XV

V. Kapitel Regionale wirtschaftliche Integration

332

1. Formen und Wirkungen der Integration .......... . ....... . ....... . .... 332 a) Integrationsformen ............................................. 332 b) Wirkungen der regionalen Integration ............................. 335 (1) Theorie der Zollunion ........................................ 335 (2) Dynamische Wirkungen einer Zollunion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 (3) Erfolgschancen einer Zollunion und Gründe für ihre Bildung ....... 347 (4) Formen weitergehender Integration- einige Bemerkungen ......... 350

2. Die europäische Integration ......................................... 353 a) Entstehung und Ziele der Europäischen Gemeinschaft ............... 353 b) Der institutionelle Rahmen der EG ................................ 355 (1) Die Organe der EG .......................................... 355 (2) Finanzierung und Haushalt der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 c) Der Gemeinsame Markt ......................................... 359 (1) Die Zollunion

..................................... . ........ 360

(2) Freizügigkeit der Produktionsfaktoren ......................... 361 (3) Wirkungen und Probleme des Gemeinsamen Marktes ............. 362 d) Der Gemeinsame Agrarmarkt .................................... 363 e) Auf dem Wege zur Wirtschafts- und Währungsunion ................. 371 (1) Europäische Währungspolitik ................................. 372 (2) Konjunkturpolitik in der EG .................................. 374 (3) Europäische Wettbewerbspolitik .............................. 375 (4) Strukturpolitik ................. . .................. . ........ 378 (a) Regionalpolitik der EG ................................... 378 (b) Industrie- und Technologiepolitik in der EG ................. 380 (5) Sozialpolitik in der EG ....................................... 382 (6) Gemeinsame Verkehrspolitik? ................ . ....... . ........ 384 (7) Ansätze zu einer europäischen Energiepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 f) Die außenwirtschaftliehen Beziehungen der EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 (1) Die Entwicklungsländer und die EG ........................... 387 (a) Die Sonderstellung der AKP-Staaten ....................... 387 (b) Die Mittelmeerpolitik der EG ............................. 389 (c) Globale Entwicklungspolitik der EG ....................... 390 (2) Vertragliche Beziehungen zu westlichen Industrie- und Staatshandelsländern ................................................ 392 g) Süderweiterung und Zukunftsperspektiven der EG ............ . ..... 392

XVI

Inhalt

3. Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) ........................ a) Entstehung und bisherige Entwicklung des RGW .................... b) Der institutionelle Rahmen des RGW .................. . ....... . ... c) Ziele und Grundsätze des RGW ................................... d) Probleme der ,.sozialistischen Integration" ................. , ....... e) Integrationspraxis im RGW und bisherige Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . .

395 395 396 398 399 403

Literatur zum V. Kapitel .............................................. 410 Autorenverzeichnis

413

Sachverzeichnis

416

Verzeichnis der Tabellen Tab. 1: Entwicklung des Welthandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

Tab. 2: Außenhandelsbedeutung in verschiedenen Ländern 1983 . . . . . . . . . . .

15

Tab. 3: Der Ricardo-Fall: Produktionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Tab. 4: Der Ricardo-Fall: Opportunitätskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

Tab. 5: Faktorintensitäten und Produktionsfunktionen zweier Güter als Bestimmungsfaktoren der Transformationskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

Tab. 6: Zolleskalation in Industrieländern .............................. 166 Tab. 7: Realeinkommenseffekte eines Zolles auf arbeitsintensive Produkte ... 178 Tab. 8: Einfuhrzoll und Volkseinkommen .............................. 181 Tab. 9: Zollsenkungen im GATT ............................ . ......... 218 Tab. 10: Merkmale der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 Tab. 11: Der Ricaro-Fall: Erforderliche Arbeitseinsatzmengen im In- und Ausland pro Einheit Weizen bzw. Tuch ............................. 272 Tab. 12: Vergleich des Handels und der internationalen Faktorbewegungen ... 272 Tab. 13: Schuldendienstquoten ........................................ 295 Tab. 14: Weltbestand an ausländischen Direktinvestitionen ................ 299 Tab. 15: Anteil der Investitionen in Entwicklungsländern an den Gesamtinvestitionsbeständen wichtiger Anlegerstaaten ...................... 300 Tab. 16: Nettokapitalerträge und Zahlungsbilanz der USA ................. 318 Tab. 17: Die multinationalen Unternehmen der Welt ......... . ............ 321

Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1: Welthandelsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abb. 2: Transformationskurve

12

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Abb. 3: Außenhandelsvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

Abb. 4: Preisgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

Abb. 5: Konkave Transformationskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Abb. 6:

Linear-homogene Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

Abb. 7: Edgeworth-Diagramm bei gleichen Faktorintensitäten . . . . . . . . . . . . 34 Abb. 8:

Lineare Transformationskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

Abb. 9: Edgeworth-Diagramm bei ungleichen Faktorintensitäten . . . . . . . . . . 36 Abb. 10: Linear-homogene Produktionsfunktion bei ungleichen Faktorintensitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

Abb.ll: Edgeworth-Diagramm einer Nicht-linear-homogenen Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Abb. 12: Transformationskurve bei Nicht-linear-homogener Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Abb. 13: Soziale Indifferenzkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Abb. 14: Außenhandel bei steigenden Opportunitätskosten . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Abb. 15: Außenhandel bei unterschiedlicher Nachfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Abb. 16: Angebot, Nachfrage und Außenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Abb. 17: Inverser Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

Abb. 18: Ableitung der Tauschkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Abb. 19: Außenhandelsgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Abb. 20: Außenhandel bei sinkenden marginalen Opportunitätskosten . . . . . . . 55 Das Heckscher-Ohlin-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

Abb. 22:

Umschlagende Faktorintensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

Abb. 23:

Das Rybczynski-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

Abb. 24:

Handelsgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

Abb. 25:

Spezialisierungsgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Abb. 21:

Abb. 26: Welttransformationskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Abb. 27:

Kontraktkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

Abb. 28:

Nutzenmöglichkeitskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

Abb. 29: Punkt- und Situations-Nutzenmöglichkeitskurve . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

Verzeichnis der Abbildungen

XIX

Abb. 30:

Nutzenmöglichkeitskurve bei Autarkie und Außenhandel . . . . . . . . . .

78

Abb. 31:

Außenhandel und economies of scale ........................... 100

Abb. 32:

Geknickte Transformationskurve ...... . .......... . ....... . .... 129

Abb. 33:

Importzölle in Deutschland ................................... 139

Abb. 34:

Zollarten ................................................... 141

Abb. 35:

Spezifische Zölle in der Bundesrepublik Deutschland ............. 142

Abb. 36:

Abschöpfungen ............................................. 146

Abb. 37:

Zollwirkungen (Partialanalyse) ................................ 160

Abb. 38:

Effektiver Zollschutz ........................................ 164

Abb. 39:

Zölle und Wohlfahrtswirkungen ............................... 167

Abb. 40:

Zollwirkungen (Totalanalyse) ................................. 169

Abb. 41: TermsofTrade Effekt ........................................ 171 Abb. 42: Tauschkurve und Zollerhebung .. . ............................. 173 Abb. 43a: Freihandel ................................................. 175 Abb. 43b: Außenhandel und Optimalzoll ................................. 175 Abb. 44:

Optimalzoll und Retorsionszölle ............................... 176

Abb. 45:

Zölle, Handelsbilanz und Volkseinkommen ...... . .......... . .... 180

Abb. 46:

Zoll versus Kontingent ....................................... 183

Abb. 47: Außenhandel und externe Effekte .............................. 188 Abb. 48:

Das Erziehungszollargument .................................. 191

Abb. 49:

Internationale Wanderungen in der Bundesrepublik Deutschland .... 275

Abb. 50: Wirkungen der internationalen Wanderungen .................... 277 Abb. 51: Arten des Kapitalverkehrs .................................... 283 Abb. 52: Internationale Portfolioinvestitionen in der Bundesrepublik Deutschland ....................................................... 285 Abb. 53:

Wahrscheinlichkeitsverteilung von Aktienrenditen ............... 287

Abb. 54: Wirkungen des internationalen Kapitalverkehrs .................. 291 Abb. 55:

Deutsche Direktinvestitionen im Ausland und ausländische Direktinvestitionen in der Bundesrepublik Deutschland ................. 302

Abb. 56: Wirkungen der Zollunion ..................................... 336 Abb. 57:

Ein Fall negativer Wirkungen einer Zollunion

Abb. 58: Verallgemeinerte Analyse der Zollunion

................... 339

........................ 340

Einführung 1. Gegenstand der Außenwirtschaftslehre

Die nationale Volkswirtschaft besteht in der Regel aus einer Vielzahl von Einzelwirtschaften, die durch regelmäßige Tauschbeziehungen aufeinander angewiesen und miteinander verbunden sind. Die wirtschaftlichen Bezie-' hungen der Einzelwirtschaften sind jedoch häufig nicht auf das eigene Staatsgebiet beschränkt. Die Gesamtheit der vielfältigen, über die Grenzen hinwegreichenden Wirtschaftsbeziehungen nennt man Außenwirtschaft. Auch die Partner im Außenwirtschaftsverkehr sind in erster Linie die Einzelwirtschaften: Erwerbswirtschaften und Haushaltswirtschaften, die zugleich die volkswirtschaftlichen Produktionselemente Arbeit und Kapital bereitstellen. Allerdings tritt der Staat ebenfalls in erheblichem Umfang und in manchen Ländern sogar als einziger Akteur im internationalen Wirtschaftsverkehr auf. Seine Partner können dabei Einzelwirtschaften, andere Staaten oder supranationale Organisationen und Institutionen sein. Die konkrete historische Ausgestaltung und Abwicklung des Außenwirtschaftsverkehrs im Weltmaßstab ist die Weltwirtschaft. In einer groben Einteilung der unterschiedlichen Arten von internationalen wirtschaftlichen Transaktionen kann man unterteilen in Warenverkehr, Dienstleistungsverkehr, Geld- und Kapitalverkehr sowie internationale Wanderungen als Bewegungen des Produktionsfaktors Arbeit über die nationalen Grenzen hinweg. Auf diese wenigen Kategorien lassen sich nahezu alle internationalen Wirtschaftsvorgänge zurückführen. Allerdings birgt eine solche Grobgliederung die Gefahr in sich, die Sicht für die große Vielfalt internationaler Wirtschaftsbeziehungen zu verstellen. Diese, in ihrer Gesamtheit Außenwirtschaft genannten internationalen Wirtschaftsbeziehungen, sind der Gegenstand, das Erkenntnisobjekt der Außenwirtschaftslehre. Dabei stehen allerdings nicht die Beschreibung des Erscheinungsbildes, d.h. des technischen und institutionellen Ablaufs im Vordergrund der Betrachtung, sondern die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen außenwirtschaftliehen Transaktionen und anderen ökonomischen Größen. Daraus ergibt sich als zweifache Aufgabe, erstens außenwirtschaftliche Vorgänge als Folgewirkung anderer ökonomischer 1 Adebahr/Maennig

2

Einführung

und auch außerökonomischer Größen und ihrer Veränderungen zu erklären und zweitens umgekehrt den Einfluß bzw. die Rückwirkung einer Änderung außenwirtschaftlicher Vorgänge auf andere ökonomische Größen, wie z.B. Einkommen, Nachfrage, Preisniveau, zu erklären (Außenwirtschaftstheorie). Die möglichst fundierte Beantwortung dieser Fragen ist Voraussetzung für die zielgerechte Durchführung einer Außenwirtschaftspolitik, die unter Ausnutzung der aufgezeigten Wirkungszusammenhänge entweder die Außenwirtschaft durch Variieren bestimmter ökonomischer Daten oder die Binnenwirtschaft durch Variieren von Faktoren im außenwirtschaftliehen Bereich beeinflussen will. Dieses ist auch der eigentliche Grund dafür, daß den außenwirtschaftspolitischen Betrachtungen in diesem Buch erheblicher Raum gewidmet ist. 2. Warum eine spezielle Außenwirtschaftslehre? Es wird häufig die Frage gestellt (und in fast allen Lehrbüchern erörtert), ob es zweckmäßig und gerechtfertigt sei, die Außenwirtschaftslehre als gesonderte Teildisziplin innerhalb der Volkswirtschaftslehre zu behandeln. Zweifel an der Berechtigung dieser weltweit geübten Praxis könnten aus der Tatsache erwachsen, daß sich der theoretische Teil der Außenwirtschaftslehre fast ausnahmslos der analytischen Methoden und Instrumente bedient, die in der allgemeinen Wirtschaftstheorie Anwendung finden 1• Eine im Hinblick auf die verwendeten Methoden und Instrumente originäre Außenwirtschaftstheorie gibt es daher auch nicht. Die Besonderheit der Außenwirtschaftstheorie und der gesamten Außenwirtschaftslehre erwächst vielmehr aus der Besonderheit ihres Erkenntnisobjekts und der sich daraus ergebenden speziellen Problemstellungen. So ist z.B. der Außenhandel, was Ursachen, Richtung, Umfang und Beeinflußbarkeit angeht, keineswegs das völlige Pendant des Binnenhandels. Das gleiche gilt für den grenzüberschreitenden Geld- und Kapitalverkehr sowie für die internationalen Wanderungen des Faktors Arbeit. Die Unterschiede zwischen Binnenwirtschaft und Außenwirtschaft sind im wesentlichen folgende: 1. Im Außenwirtschaftsverkehr stehen sich im erheblichen Umfang auch Staaten als Vertragspartner gegenüber. Einmal sind die staatlichen Motive und Handlungsnormen von denen der Privaten meist sehr verschieden, zum 1 Der Leser sollte daher über Grundkenntnisse in der mikro- und makroökonomischen Theorie verfügen.

Einführung

3

anderen beeinflussen diese zwischenstaatlichen Aktivitäten entscheidend die Außenwirtschaft. So können Staaten z.B. durch den Abschluß von Handelsverträgen den internationalen Waren- und Kapitalverkehr mehr oder weniger stark regulieren oder durch multinationale Verträge das Weltwährungssystem festlegen oder regionale Präferenzräume (wie die EG) schaffen, die ebenfalls den internationalen Wirtschaftsverkehr in vielfältiger Hinsicht beeinflussen, u. a. m. 2. Nationalwirtschaften sind Währungsgemeinschaften. Der Zwang zur Umrechnung oder zum Umtausch in fremde Währungen beim grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr bringt für die Beteiligten ein zusätzliches Risiko, das Währungsrisiko mit sich, das sich auf Art und Umfang des internationalen Wirtschaftsverkehrs auswirkt. Außerdem weist die Geldwertentwicklung innerhalb eines Nationalstaates nur geringe Unterschiede auf (die Preise in Bayern steigen etwa gleich schnell wie die in Schleswig-Holstein, während sie sich in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich entwickeln können). Auch hiervon können nachhaltige Wirkungen auf die Außenwirtschaft ausgehen, die ihrerseits wiederum von einer Reihe von Faktoren, insbesondere auch von der Gestaltung des internationalen Währungssystems abhängen. 3. Nationalwirtschaften sind Finanzgemeinschaften, gekennzeichnet insbesondere durch ein einheitliches Steuersystem. Die Unterschiede der Steuer- und Soziallasten sowie der Subventionen von Land zu Land können zu stärkeren Wettbewerbsverzerrungen führen als innerhalb einer Binnenwirtschaft. 4. Nationalwirtschaften sind soziokulturelle Gemeinschaften, die eine mehr oder weniger große Gemeinsamkeit in Lebensform, Sprache, Rechtsordnung und Geschäftsusancen aufweisen. Das Fehlen dieser Gemeinsamkeit bringt zusätzliche Risiken und Erschwernisse für den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr mit sich. 5. Nationalstaaten bilden wirtschaftspolitische Einheiten, die eigenständige, nationale Ziele verfolgen. Diese Ziele können auch und insbesondere mit den wirtschaftlichen Interessen anderer Staaten kollidieren. Das führt zu staatlichen Maßnahmen und Eingriffen, die die Wettbewerbsfähigkeit ausländischer Wirtschaftssubjekte beeinträchtigen (z. B. Zölle, Kontingente, Exportsubventionen). Die durch den Außenhandel erzielte internationale Arbeitsteilung wird dann zu einer Gefahr für die Beteiligten. Denn internationale Arbeitsteilung schafft Abhängigkeit von ausländischen Abnehmern und Lieferanten. Staatliche Eingriffe in diese Beziehungen können wirtschaftliche Nachteile für das Ausland nach sich ziehen. Also zeigt sich auch 1'

4

Einführung

hier ein spezifisches Risiko, das im binnenwirtschaftlichen Bereich nicht existiert. 6. Schließlich ist daran zu denken, daß Staaten auch politische Einheiten sind, die die Außenwirtschaftspolitik als ein Mittel der Außenpolitik benutzen können. Das heißt, es wird versucht, mit wirtschaftspolitischen Mitteln allgemeinpolitische Ziele zu erreichen. Vor allem im Bereich des Außenhandels ergeben sich viele Möglichkeiten, einen anderen Staat unter Druck zu setzen oder aber auch zu begünstigen. Zölle, Kontingente, Außenhandelsmonopole oder Dumpingpraktiken, die "normalerweise" dazu dienen, positive wirtschaftliche Wirkungen für das eigene Land zu erzielen, können auch zur Schädigung des Partners eingesetzt werden, ohne daß unmittelbar ein wirtschaftlicher Nutzen für das Inland erreicht wird; man ist sich vielmehr im klaren darüber, daß in der Regel auch für das eigene Land ökonomischer Schaden entsteht. Spezielle und vielfach erprobte Mittel einer "unwirtschaftlichen" Wirtschaftspolitik sind das Embargo (durch Lieferstopp soll das Partnerland zu einem bestimmten politischen Verhalten gezwungen werden. -Eindrucksvolles Beispiel aus der jüngsten Geschichte war das Embargo, das die OPEC-Länder während der Ölkrise 1973/74 gegen die Niederlande wegen ihrer israelfreundlichen Haltung praktizierten), das politische Dumping (man will durch Preisunterbietung den Markt für die Produkte des anderen Landes zerstören), das System des WegkauJens (man kauft z.B. in Kriegszeiten in neutralen Ländern zur Kriegsführung des Gegners dringend benötigte Rohstoffe weg), der Favoritismus (um ein Land wirtschaftlich zu unterstützen, zahlt der staatliche Handel überhöhte Preise) oder der Boykott (z. B. die napoleonische Kontinentalsperre gegenüber England). Große Staaten mit großem Anteil am Import und Export einzelner Partnerländer, Staaten mit regierungsseitig lenkbarem Kapitalexport und solche mit staatlichem Außenhandel sind in der Lage, die Außenwirtschaftspolitik relativ erfolgreich als Mittel der Außenpolitik einzusetzen. Hingegen können kleine Staaten, Monokulturländer und auf Auslandskapital angewiesene Staaten in der Regel wegen ihrer schwachen außenwirtschaftliehen Position leicht in politische Abhängigkeit geraten. Die Frage, ob es sich bei den genannten Unterschieden zwischen Außenwirtschaft und Binnenwirtschaft um grundsätzliche oder nur um graduelle handelt, kann hier getrost unbeantwortet bleiben; denn Ausmaß und Gewichtigkeit der Unterschiede lassen die Quantität in Qualität umschlagen und die gesonderte und zusammenfassende Behandlung der außenwirtschaftliehen Probleme zweckmäßig und damit gerechtfertigt erscheinen.

Einführung

5

Man kann dem jedoch noch entgegenhalten, daß die internationalen Wirtschaftsprozesse mit den interregionalen Wirtschaftsprozessen wichtige Fragen, so das Standortproblem und das der Raumüberwindung, gemeinsam haben, und so die Berechtigung einer speziellen Außenwirtschaftslehre in Zweifel ziehen. Aber auch hier wäre zu bemerken, daß der Außenhandel wegen der beschriebenen andersartigen Einflüsse und wegen des verbreiteten Willens zur politischen Einflußnahme in vielerlei Hinsicht nicht mit dem interregionalen Handel innerhalb einer Volkswirtschaft gleichgesetzt werden kann. Das gleiche gilt für den internationalen Kreditverkehr und die internationalen Wanderungen. Andererseits muß jedoch klar gesagt werden, daß die konventionelle Außenwirtschaftstheorie weitgehend die Probleme außer acht läßt, die sich aus der räumlichen Entfernung und der Notwendigkeit ihrer Überwindung ergeben. Fragen der Standortbestimmng von Produktionen und der Raumüberwindung durch Produktionsfaktoren und Güter werden kaum erörtert. Vielmehr hat sich die Weiterentwicklung der Raumwirtschaftslehre 2 zum großen Teillosgelöst von der der Außenwirtschaftstheorie vollzogen. Da eine Synthese bis heute nicht gelungen ist, muß auf die Einbeziehung raumwirtschaftlicher Aspekte in diesem Buch verzichtet werden. 3. Teilgebiete der Außenwirtschaftslehre und Aufbau des Buches

Der theoretische Teil der Außenwirtschaftslehre wird üblicherweise in die monetäre und die reine Außenwirtschaftstheorie gegliedert. Die monetäre Theorie befaßt sich mit den Wechselwirkungen zwischen Zahlungsbilanz einerseits und Wechselkursen, Preisen, Volkseinkommen und anderen Größen andererseits. Ihr gliedert sich logischerweise die Währungspolitik als Teil der Außenwirtschaftspolitik an, die durch Veränderung währungspolitischer Daten, wie z.B. der Wechselkurse oder der Bedingungen des internationalen Kreditverkehrs, die Zahlungsbilanz zu beeinflussen versucht. Hierzu gehören als Propädeutik auch die institutionellen und technischen Gegebenheiten dieses Bereiches, also Aufbau der Zahlungsbilanz, Konstruktion der nationalen und internationalen Währungsordnung und die sich daraus ergebenden Wirkungen auf den technischen Ablauf des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs. Die reine Theorie befaßt sich primär mit den güterwirtschaftlichen Problemen der Außenwirtschaft. Im Mittelpunkt steht die Frage nach Ursa2 Eine vorwiegend raumwirtschaftlich orientierte Außenwirtschaftslehre vertritt Andreas Predöhl (Außenwirtschaft, 2. Aufl., Göttingen 1971). Dort finden sich auch weitere Literaturhinweise zu diesem Problembereich.

6

Einführung

chen, Umfang und Richtung der internationalen Güterströme. Im gegenwärtigen Stand der Theorie wird allerdings von der Fiktion einer geldlosen Wirtschaft ausgegangen. Es liegt also das wirklichkeitsfremde Modell einer Naturaltauschwirtschaft zugrunde. Es wird statt mit Preisen mit Austauschrelationen operiert. Die wünschenswerte Synthese von monetärer und reiner Theorie ist bisher - von einigen Ansätzen abgesehen - nicht gelungen. Es liegt nahe, der reinen Theorie jenen Teil der Außenwirtschaftspolitik zuzuordnen, der in erster Linie auf die Beeinflussung und Gestaltung des internationalen Warenverkehrs abstellt. Die Handelspolitik umfaßt die zu diesem Zweck verwendeten vielfältigen Techniken und Instrumente sowie die Ableitung ihrer Wirkungen . .Der vorliegende zweite Band ergänzt den ersten Band zur Außenwirtschaftslehre "Währungstheorie und Währungspolitik". Er stellt im ersten Teil (Einführung in die Außenhandelstheorie) die "reine" Außenhandelstheorie dar. Die Außenhandelstheorie ist eine der ältesten Gebiete in der Ökonomie. Sie wurde in ihren Grundzügen von Adam Smith, David Ricardo, John Stuart Mill und Alfred Marshall entwikkelt. Deren Aussagen werden im zweiten Kapitel des ersten Teils dargestellt. Anschließend folgen die Neuerungen, von denen es in der Außenwirtschaftslehre seit Ende des Zweiten Weltkrieges mehr gibt als in vielen anderen Bereichen der Wirtschaftswissenschaften. Der erste Teil verdeutlicht, daß internationaler Handel unter weltwirtschaftliehen Gesichtspunkten wünschenswert ist. Die dennoch in der Realität vielfach anzutreffenden Handelsbarrieren wie Zölle, Kontingente und zunehmend sogenannte nicht-tarifäre Handelshemmnisse werden im zweiten Teil des Buches (Nationale Handelspolitik) beschrieben. Die Argumente für einen derartigen Protektionismus werden hier detailliert untersucht. Dabei wird verdeutlicht, daß für alle Ziele, die durch die traditionelle Handelspolitik angestrebt werden, effizientere Politikinstrumente existieren. Der abschließende, dritte Teil des Buches (Hauptprobleme der Weltwirtschaft) beschäftigt sich mit aktuellen Fragen, deren Auswahl einer gewissen Willkür unterliegt. Die Auswahl geschah unter dem Gesichtspunkt, ob die ·Problembereiche (Entwicklungsländerproblematik, Forderung nach einer Neuen Weltwirtschaftsordnung, internationale Faktorbewegungen, regionale Integration) auch in Zukunft eine gewisse Aktualität beibehalten werden. Weiter stellt der dritte Teil die wichtigsten Organisationen und Vereinbarungen (GATT, OECD, UNCTAD, EG und Comecon) vor, die zur Lösung der offenen Fragen beitragen sollen.

Einführung

7

4. Zur Relevanz der "reinen" Theorie

Seit Beginn der siebziger Jahre haben weltwirtschaftliche Probleme erheblich an Gewicht gewonnen. Die Ölpreiserhöhung (in jüngster Zeit der Ölpreisverfall) und die fernöstliche Expansion auf den Weltexportmärkten führten zu Anpassungsschwierigkeiten in den außenwirtschaftliehen Beziehungen fast aller Länder; gleichzeitig entstandene Probleme wie die Arbeitslosigkeit sind mit den außenwirtschaftliehen Phänomenen wie internationalen Wanderungen von Arbeitnehmern und Kapitalbewegungen (insbesondere Direktinvestitionen) verknüpft. Insofern wundert es nicht, daß außenwirtschaftliche Instrumente wie z. B. Handelshemmnisse, Zuzugssperren und Kapitalverkehrskontrollen in dieser Zeit eine Renaissance erlebten. Die Außenwirtschaftslehre hat somit nichts von ihrer Bedeutung verloren; eher ist das Gegenteil der Fall. Dies gilt auch gerade für die Bundesrepublik Deutschland, die auf den Außenhandel angewiesen ist. Viele Arbeitsplätze in der Bundesrepublik hängen von den Exportmöglichkeiten ab; auf der anderen Seite ist die Bundesrepublik als rohstoffarmes Land auch von Importen abhängig. Im ersten Band wurde an dieser Stelle allerdings festgestellt, daß die monetäre Theorie realitätsbezogener ist als die "reine" Theorie. Das Wort "realitätsbezogener" bezog sich dabei zum einen auf die relativ starken Annahmen der "reinen" Theorie und zum anderen auf die wirtschaftspolitische Umsetzung der Ergebnisse von monetärer und "reiner" Theorie. Zu den Annahmen ist festzustellen, daß sich die "reine" Theorie in ihrer allgemeinen Gleichgewichtsanalyse meist auf den "zwei Länder - zwei Güter- zwei Produktionsfaktoren"- Fall beschränkt. Die Produktionsfaktoren werden in der Analyse als national vollkommen mobil, international jedoch vollkommen immobil angenommen. Diese beiden, beispielsweise herausgegriffenen Annahmen sind allerdings weniger stark, als sie zunächst erscheinen mögen. Bei zunehmender regionaler Integration wie z.B. im Rahmen der EG ist die Zwei-Länder-Analyse mehr und mehr gerechtfertigt. Und die Arbeitsmobilität ist tatsächlich international geringer als national und kommt international vorwiegend innerhalb relativ gut integrierter Räume zustande. Hinzu kommt, daß bei einem derartig komplexen Erkenntnisgegenstand wie der Außenwirtschaft stets gewisse Annahmen gemacht werden müssen. Dabei kommt es darauf an, die einflußreichsten Variablen zu isolieren, um mit den Modellergebnissen die Realität zu erklären und Vorhersagen leisten zu können. Die "reine" Theorie kann die in der Realität festgestellten Zusammenhängetrotz ihrer

8

Einführung

Vereinfachungen inzwischen recht gut erklären. Wesentliche Modellergebnisse lassen sich zudem auch bei Aufgabe einzelner Annahmen aufrechterhalten. Insofern kann die "reine" Theorie ein angemessenes Abbild der Wirklichkeit bieten. Was die wirtschaftspolitische Umsetzung betrifft, so war die Aussage, die monetäre Theorie sei realitätsnäher, aus der damaligen Sicht (der erste Band erschien 1978) zutreffend; die Wechselkurspolitik und die Instrumente der Globalsteuerung dominierten bis Ende der siebziger Jahre in vielen Ländern die Versuche, negative Anpassungseffekte zu vermeiden bzw. zu verringern. Mit zunehmenden Mißerfolgen dieser Instrumente bzw. mit verringerter politischer Durchsetzbarkeit, beispielsweise aufgrundder steigenden Staatsverschuldung, kam anderen Politikinstrumenten wie der Handelspolitik (wieder) erhöhte Bedeutung zu. Hierin liegt eine Erklärung des "neuen Protektionismus". Zur vollständigen Analyse der handelspolitischen Instrumente ist die Kenntnis der "reinen" Theorie allerdings unerläßlich. Insofern darf bei aller Vorsicht die Bedeutung der "reinen" Theorie nicht unterschätzt werden. Gehaltvolle Aussagen zu außenwirtschaftliehen Zusammenhängen sind nur bei ihrer Berücksichtigung möglich.

Erster Teil Einführung in die Außenhandelstheorie

Erstes Kapitel Welthandelsstruktur und Prämissen der Außenhandelsanalyse 1. Strukturmerkmale des Welthandels

Erkenntnisgegenstand der Außenhandelstheorie ist der Außenhandel, also der Güter- und Leistungsaustausch zwischen Staaten. Es erscheint nützlich, zunächst durch einige markante statistische Daten wichtige Strukturmerkmale und Entwicklungstendenzen des Welthandels aufzuzeigen. Diese Vorinformaionen dienen der Konkretisierung des Phänomens "Außenhandel" und geben zugleich erste Aufschlüsse über bestehende Probleme. Bemerkenswert sind zunächst die sehr hohen Steigerungsraten des Welthandels in der Nachkriegszeit. Abbildung 1 veranschaulicht die Entwicklung von 1913 bis 1984. Ergänzt werden diese Informationen durch die Tabelle 1, in der sich Schätzungen zur Welthandelstätigkeit seit 1720 finden. Zwar waren auch im 18. und 19. Jahrhundert die Steigerungsraten des Welthandels sehr hoch (die Schätzungen sind als Näherungsgrößen zu verstehen), nie wurden jedoch derartig hohe Wachstumsraten wie nach dem Zweiten Weltkrieg erreicht. So hat sich der Welthandel zwischen 1950 und 1980 verdreißigfacht. Auch wenn man berücksichtigt, daß es sich hierbei um nominale Werte handelt, und daß außerdem die Entwicklung auf sehr niedrigem Ausgangsniveau begann, weil der Welthandel während des Zweiten Weltkrieges stark geschrumpft war, ist dieser Zuwachs außergewöhnlich. Von 1980 bis 1983 war der Welthandel im übrigen rückläufig. Grund dürften die weltweiten wirtschaftlichen Probleme wie Arbeitslosigkeit und geringes Wirtschaftswachstum sowie der "Neue Protektionismus" sein. 1984 wuchs der Welthandel wieder. Der "Welthandelsrekord" wurde allerdings 1980 mit 1874 Mrd. US-$ (ungefähr das 2,4fache des deutschen Bruttosozialprodukts) erzielt. Die Entwicklung des Welthandels spiegelt eine schnelle und starke wirtschaftliche Verflechtung im Weltmaßstab wider, wie sie vorher in diesem Umfang nicht zu verzeichnen gewesen war. Interpretiert man diese Entwicklung als Ausweitung und Intensivierung der internationalen Arbeitsteilung, die zu einer besseren Allokation der Ressourcen im internationalen

12

Einführung in die Außenhandelstheorie Welthandelsindex (1913 = 100)

3873

100

~·------_.----~----~----.---~----~~ 1970 1980 1950 1960 1928 1937 1913

Quelle der Daten: s. Tab. 1.

Abb. 1: Welthandelsentwicklung

Rahmen und damit zu einer Wohlstandssteigerung führt, scheint ein positives Urteil zumindest naheliegend. Zur Vorsicht mahnt allerdings ein zweites wichtiges Faktum. Die einzelnen Länder bzw. Ländergruppen waren an diesem Anstieg in sehr unterschiedlichem Umfang beteiligt. Der Außenhandel der Welt stieg in der Periode 1950- 1984 auf das dreißigfache, der Außenhandel der Entwicklungsländer nur um das zweiundzwanzigfache. Dieses unterdurchschnittliche Wachstum trifft in gleicher Weise für Asien (ohne Japan und die erdölexportierenden Länder), für Afrika und für Südamerika zu. Weit unterdurchschnittlich waren auch die Zuwachsraten der Ostblockstaaten. Ein überdurchschnittliches Wachstum seines Außenhandels hatte dagegen Westeuropa zu verzeichnen. Hoch waren auch die Zuwachsraten Nordamerikas (USA, Kanada), die in der Nähe des Weltdurchschnitts lagen. Innerhalb dieser Gruppen gab es wiederum erhebliche Disparitäten. In der Gruppe der Entwicklungsländer waren es zunächst die Erdölländer, die seit der ersten drastischen Ölpreiserhöhung im Jahr 1973 einen weit überdurchschnittlichen Anstieg des Außenhandels erlebten. Außerdem gab es

11,5

-

4

8,6

60

13

1820- 18501830 1860

10,3

43

42

11,9

24

56

1880- 18961889 1900

12,3

-

100

1913

9,3

-

113

1928

8,3

-

114

1937

3,4

-

131

1950

9,6

86

244

1960

11,9

142

592

1970

10,3

554

3873

1980

9,7

-

3653

1984

Quelle der Grunddaten: bis 1950: S. Kuznets: Modern Economic Growth. Yale 1966, S. 306- 308, ab 1950: International Monetary Fund, Yearbook 1985, S. 108- 109 und 112 - 113.

10,2

-

Wachstum pro Dekade in%

Anteil Deutschlands am Welthandel(%)

2

17201780

Index des Welthandels, 1913 = 100

Periode

Tabelle 1: Entwicklung des Welthandels

""

......

(I)

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§

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§

I

14

Einführung in die Außenhandelstheorie

eine Reihe von Entwicklungsländem, deren Entwicklung zum Industrieland relativ rasche Fortschritte machte, so daß man sie als "Schwellenländer" bezeichnet. Zu ihnen gehören vor allem Hongkong, Südkorea, Singapur, Taiwan, Brasilien und Mexiko. Ihr Außenhandel expandierte innerhalb der Gruppe der Entwicklungsländer besonders rasch. Auch die westlichen Industrieländer als die Ländergruppe mit dem höchsten Außenhandelszuwachs sind diesbezüglich keineswegs homogen. So lagen insbesondere der Außenhandelszuwachs Japansund der Bundesrepublik Deutschland deutlich über dem Gruppendurchschnitt Diese Verlaufsdaten lassen bereits vermuten, daß die Industrieländer einen großen Teil des Welthandels bestreiten, während der Anteil der Entwicklungsländer gering ist. Die Zahlen für 1984 bestätigen das in vollem Umfang. Danach betrugen die Anteile der beiden Gruppen an den Weltexporten 70% bzw. 30%. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß sich der größte Teil des intemationalen Handels zwischen den westlichen Indurstrieländem abspielt, nämlich rd. 65% des Welthandels.- Die Entwicklungsländer hingegen treiben untereinander nur in geringem Umfang Handel. Den größten Teil ihres Außenhandels wickeln sie vielmehr mit den Industrieländem ab.- Für die Ostblockländer wiederum ist zu konstatieren, daß der blockinteme Handelsaustausch den größten Teil ihres Außenhandels ausmacht. Diese ungleiche Struktur des Welthandels- insbesondere die Unterrepräsentation der Entwicklungsländer - stellt eines der wichtigen weltwirtschaftliehen Probleme dar und ist Anlaß sowohl für heftige Auseinandersetzungen wie auch für weitreichende Reformbestrebungen. Der Außenhandel ist für die Länder von unterschiedlicher Bedeutung. Tabelle 2 beschreibt die Außenhandelsabhängigkeit von insgesamt neun Ländem. Bei der Interpretation ist zu beachten, daß durch die Umrechnung in US-$ zum 1983 gültigen Kurs die Relationen, insbesondere die Einkommensrelationen verzerrt sein können. Ins Auge fällt zunächst die große Abhängigkeit von Malaysia und Singapur. Letzteres Land wies 1983 eine durchschnittliche Importquote von über 190% auf. In Malaysia betrug die entsprechende Quote knapp 60%. Pro Kopf wurde in Singapur für rund 12890 US-$ importiert und für 12380 US$ exportiert. Deutlich werden aus der Tabelle auch bereits politische Einflüsse: China, mit über einer Milliarde Menschen das bevölkerungsreichste Land der Erde, exportierte und importierte weniger als die verhältnismäßig kleine Schweiz. Pro Kopf im- und exportierte China für nur rund 20 US-$. Offensichtlich war die chinesische Politik bisher auf Abschirmung und Autarkie ausgerichtet.

Welthandelsstruktur und Prämissen der Außenhandelsanalyse

15

Tabelle 2

Außenhandelsbedeutung in verschiedenen Ländern 1983 (Angaben in Mill. US-$, soweit nicht anders angegeben) Bevölke- BSPpro runginMill. Kopf USA BR Deutschland Japan Frankreich Indien Mexiko China Malaysia Singapur Schweiz

234,1 61,4 119,3 54,7 732,3 75,1 1015,0 14,0 2,5 6,5

14 117 10 692 9 711 9 442 221 1 900 221 2 094 6 667 15 056

Import pro Kopf

Export pro Kopf

Import/ BSP(%)

Export/ BSP(%)

1 316 3 203 1347 2 214 21 179 19 1236 12 376 5 309

1 076 3 450 1 535 2 098 15 370 22 1120 13 760 5 272

9,3 30,0 13,9 23,5 9,6 9,4 8,4 59,0 193,3 35,3

7,6 32,2 15,8 22,2 6,9 19,5 9,8 53,5 185,6 35,0

Quelle der Grunddaten: International Monetary Fund, International Financial Statistics, Yearbook 1985.

Natürlich ist aus deutscher Sicht die Außenhandelsposition der Bundesrepublik von besonderem Interesse. Zunächst ist zu konstatieren, daß die Bundesrepublik nach den USA der zweitgrößte Exporteur und Importeur der Welt ist. (Die größten Handelsländer der Welt sind die USA, die Bundesrepublik Deutschland, Japan, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion). Die Bundesrepublik ist an knapp zehn Prozent des Welthandels beteiligt. Bemerkenswert ist dies vor dem Hintergrund, daß ihre Bevölkerung nur ungefähr 1,3% der Weltbevölkerung ausmacht. Das spiegelt sich auch in einer entsprechend hohen Außenhandelsquote wieder. So betrug der Anteil der Exporte am Bruttosozialprodukt (Exportquote) nach Tabelle 2 1983 32%. Ähnlich hoch war die Importquote mit 30%. Aus dieser starken wirtschaftlichen Verflechtung mit dem Ausland ergibt sich eine hohe Außenhandelsabhängigkeit der deutschen Wirtschaft; d. h. die Auslandsmärkte sind für die exportierende deutsche Industrie als Absatzmärkte unersetzlich, aber auch als Bezugsmärkte spielen sie eine ähnlich wichtige Rolle. Letzteres wi.rd noch dadurch unterstrichen, daß die Bundesrepublik als extrem rohstoffarmes Land auf umfangreiche Rohstoffeinfuhren angewiesen ist. Abrupte Störungen und Eingriffe in den Außenhandel müßten daher nachhaltige Wirkungen auf die Inlandswirtschaft zur Folge haben. In ähnlicher Position befinden sich, wie die Beispiele der Schweiz und der Niederlande (nicht in der Tabelle enthalten) zeigen, im übrigen auch viele andere, vor allem kleinere Staaten, deren Außenhandelsquote zum Teil noch

16

Einführung in die Außenhandelstheorie

höher ist. Aus dieser gegenseitigen Abhängigkeit resultiert ein weitverbreitetes, gemeinsames Interesse an der Aufrechterhaltung eines möglichst störungsfreien Welthandels, so daß das mit einer starken Außenhandelsverflechtung verbundene Risiko erheblich vermindert wird. Die regionale Struktur des Außenhandels der Bundesrepublik weist die gleichen Merkmale auf wie die Gruppe der westlichen Industrieländer insgesamt. Der größte Teil des deutschen Außenhandels wird mit den westlichen Industrieländern abgewickelt (1984: 81% der Exporte und 78% der Importe). Unter diesen nehmen die EG-Länder mit jeweils rd. 48% der deutschen Exporte und Importe eine überragende Stellung ein. Der Anteil der Entwicklungsländer dagegen betrug 1984 bei den Exporten nur 14% und bei den Importen 16%. Noch geringer ist der Anteil des Handels mit den Ostblockländern mit 5% der Exporte und 6% der Importe. Auch die Warenstruktur des deutschen Außenhandels hat charakteristische Merkmale. Die Güter der Land- und Ernährungswirtschaft spielen erwartungsgemäß eine untergeordnete Rolle. Allerdings liegt ihr Anteil an den Gesamtimporten deutlich über ihrem ExportanteiL Die weitaus bedeutendste Warengruppe sind die gewerblichen Fertigwaren. Ihr im Vergleich zum Exportanteil geringer Importanteil erklärt sich vor allem aus den vergleichsweise hohen deutschen Rohstoffimporten. Überschaut man rückblickend die statistischen Daten, so fallen als auffällige Merkmale der Welthandelstruktur ins Auge: 1. der hohe Welthandelsanteil der westlichen Industrieländer bei entsprechend geringen Anteilen der Entwicklungsländer und des Ostblocks, 2. der hohe Anteil der gewerblichen Fertigwaren am gesamten Welthandel. 2. Fragestellungen und übliche Prämissen der Außenhandelstheorie Die Außenwirtschaftstheorie weist die Besonderheit auf, daß sie in zwei relativ eigenständige Theorien zerfällt, die "monetäre" und die "reine" oder güterwirtschaftliche Außenwirtschaftstheorie. Im Mittelpunkt der monetären Theorie stehen die Zahlungsbilanz und ihre Wirkungszusammenhänge mit anderen volkswirtschaftlich relevanten Größen wie Volkseinkommen, Preisniveau, Wechselkurse u.a. 1 Die reine Theorie kann man treffender Außenhandelstheorie nennen; denn ihr nahezu ausschließlicher Erkenntnisstand ist der Außenhandel und seine Beziehungen zu anderen wichtigen wirtschaftlichen Größen. Die Hauptprobleme, um die es dabei geht, sind einmal die Bestimmungsgründe I Die monetäre Theorie (Zahlungsbilanztheorie) wird im ersten Band "Währungstheorie und Währungspolitik" abgehandelt.

Welthandelsstruktur und Prämissen der Außenhandelsanalyse

17

für Umfang, Richtung und Struktur des Außenhandels und zum anderen seine Wirkungen auf den Wohlstand der am Außenhandel beteiligten Länder. - Eine bemerkenswerte Eigenheit der Außenhandelstheorie besteht darin, daß von der Existenz des Geldes abstrahiert wird, indem fast ausschließlich mit Preis- und Kostenrelationen argumentiert wird. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen also die Austauschrelationen realer Güter und Leistungen, nicht jedoch absolute Preise bzw. Kosten. Damit wird aber implizit unterstellt, das Geld wäre neutral, es gingen also von ihm und von Veränderungen der Geldmenge keine Wirkungen auf das reale Wirtschaftsgeschehen aus, oder man könnte sie vernachlässigen. Das ist jedoch unrealistisch! In der Zahlungsbilanztheorie dagegen wird das Geld berücksichtigt; denn es wird mit nominellen Werten gearbeitet, die von absoluten Preisen (Güterpreise, Wechselkurse, Zinsen) bestimmt werden. Eine wesentliche Bestimmungsgröße der Preise und ihrer Veränderungen ist aber die Geldmenge. Auf dieser Unterschiedlichkeit der Ausgangsbedingungen beruht im wesentlichen die separate Entwicklung der beiden relativ eigenständigen Theoriezweige im Bereich der Außenwirtschaftslehre. Die geldlose Wirtschaft ist als die erste Voraussetzung der traditionellen "reinen" Theorie zu betrachten. Darüber hinaus liegen ihr eine Reihe weiterer schwerwiegender Voraussetzungen zugrunde. (1) In der Regel werden vollkommene Märke unterstellt. Da daraus Flexibilität der Preise nach unten folgt, ist gleichzeitig ständige Vollbeschäftigung gesichert. Stillschweigend wird zumeist auch von flexiblen Wechselkursen ausgegangen. Die Realität ist offensichtlich weit eher durch die Nichteinhaltung dieser Voraussetzungen gekennzeichnet. (2) Das Modell des vollkommenen Marktes ist mit der Vorstellung eines Marktes ohne räumliche Ausdehnung verbunden, auf dem konsequenterweise keine Raumüberwindungskosten entstehen. Dementsprechend bleiben Transport- und Informationskosten in der "reinen" Theorie meist unberücksichtigt, obwohl sie im konkreten Einzelfall einen erheblichen Einfluß auf den Außenhandel ausüben können. (3) Im allgemeinen -werden auch die in den Ländern verfügbaren Faktormengen als unveränderlich angesehen. Auch eine Erhöhung der Faktorpreise (Lohn, Zins, Rente) führt also nicht zur Ausweitung des Angebots (unelastisches Angebot). Daraus folgt beinahe zwangsläufig die internationale Immobilität der Faktoren, weil andernfalls grenzüberschreitendeFaktorbewegungen zu Veränderungen des Faktorangebots in den betrachteten Ländern führen könnten. 2 2 Zur Wirkung von internationalen Faktorbewegungen vgl. Kapitel 111 im dritten Teil dieses Buches.

2 Adebahr/Maennig

18

Einführung in die Außenhandelstheorie

(4) Die qualitativen Unterschiede der Produktionsfaktoren werden vernachlässigt. Es wird also Homogenität der Produktionsfaktoren vorausgesetzt. Demzufolge können nur Unterschiede der quantitativen Ausstattung mit Produktionsfaktoren zur Erklärung des Außenhandels herangezogen werden. Die Vermutung liegt jedoch nahe, daß die in Realität zwischen den Ländern zu verzeichnenden qualitativen Ausstattungsunterschiede den Außenhandel ebenfalls beeinflussen.a (5) Die Technologie innerhalb eines Landes wird als einheitlich angenommen, d. h. alle Produzenten eines Gutes verfügen über das gleiche know how und bedienen sich der gleichen Produktionstechnik (identische Produktionsfunktionen). In Wirklichkeit versuchen Anbieter auf den verschiedensten Märkten immer wieder erfolgreich, technische Vorsprünge vor ihren Konkurrenten zu erreichen. Der Außenhandel bleibt davon nicht unberührt. (6) Durch die Annahme konstanter Nutzenvorstellungen der Nachfrager werden durch Nachfrageschwankungen ausgelöste Wirkungen auf den Außenhandel von vornherein ausgeschaltet. Konstante Nutzenvorstellungen implizieren gleichzeitig eine konstante Einkommensverteilung; denn Änderungen der Einkommensverteilung führen in der Regel zu Nachfrageänderungen und können somit auch den Außenhandel berühren. (7) Die Möglichkeit externer Effekte bleibt weitgehend unberücksichtigt. Es wird also davon ausgegangen, daß die Produzenten die Produktionskosten gänzlich selber tragen und daß nicht ein Teil - z. B. in Form von Umweltschäden- auf die Allgemeinheit abgewälzt wird (soziale Kosten). Diese mehr oder weniger unrealistischen Prämissen wurden in dem Bestreben gesetzt, die vielfältige Wirklichkeit auf ein übersichtliches und gut zu handhabendes Modell zu reduzieren, in dem jedoch gleichzeitig die als wichtig angesehenen Bestimmungsfaktoren des Außenhandels enthalten sind. Die obige Aufzählung zeigt, daß die traditionelle Außenhandelstheorie eine Reihe vermutlich wichtiger Einflußfaktoren aus der Betrachtung ausschließt. Daraus ergibt sich von vornherein die Vermutung, daß sie den tatsächlichen Außenhandel nur teilweise erklären kann. Diese Vermutung wird sich bestätigen. Nach der Darstellung der Grundzüge der traditionellen Theorie wird daher nach weiteren Erklärungsansätzen gesucht werden.

3 Dies wurde insbesondere durch die Arbeiten von Leontief deutlich, vgl. Abschnitt III. 7.

Welthandelsstruktur und Prämissen der Außenhandelsanalyse

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Literatur zum I. Kapitel International Monetary Fund: International Financial Statistics. Washington, versch. Jgg. International Monetary Fund: Direction of Trade Statistics. Washington, versch. Jgg.

Kuznets, S.: Modern Economic Growth- Rate Structure and Spread. New Haven and London 1966 Oppenländer, K. H.: Analyse der regionalen und sektoralen Außenhandelsverflechtungen der Bundesrepublik Deutschland, sowie B. Gahlen: Bericht über die Diskussion zum Referat K. H. Oppenheimer. In: G. Bornbach u. a. (Hrsg.): Zur Theorie und Politik internationaler Wirtschaftsbeziehungen. Tübingen 1981 Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden, versch. Jgg. United Nations: Statistical Yearbook. New York, versch. Jgg.

2*

Zweites Kapitel Traditionelle Ansätze zur Erklärung des Außenhandels Das Hauptaugenmerk der reinen Theorie ist auf die Preis- und Kostenunterschiede identischer Güter in unterschiedlichen Ländern gerichtet. Da auf vollkommenen Märkten die Preise durch die Kosten bestimmt werden, bieten sich internationale Kostenunterschiede als wichtige Erklärungsgröße für den internationalen Handel an. Bei homogenen Gütern nämlich orientiert sich die Nachfrage auschließlich am Preis. Haben ausländische Anbieter das kosten- und damit preisgünstigere Angebot, so kommt es zu Importen; ist es umgekehrt, so kommt es zu Exporten. Abgesehen davon, daß damit die Gründe für internationale Kostendifferenzen noch nicht geklärt sind, würde das Gesagte bedeuten, daß ein Land, das dem Ausland in allen Produktionen überlegen ist, überhaupt nichts importiert. Es würde dann allerdings auch nichts exportieren, weil die Gegenleistung seitens des Auslandes nur durch Importe erbracht werden kann. 4 1. Die Theorie der komparativen Kosten a) Unterschiedliche "Umweltbedingungen" oder unterschiedliche Produktionstechniken (Ricardo-Theorem)

Die obige Schlußfolgerung ist von einem der bedeutendsten Nationalökonomen, dem Engländer David Ricardo (1778 -1823), korrigiert worden. Er wies nämlich nach, daß es auch für ein in allen Produktionen überlegenes Land vorteilhaft sein kann, Außenhandel zu treiben. Das ist dann der Fall, wenn sich ein Land auf die Produktionen spezialisiert, bei denen es den relativ größten Kostenvorsprung vor dem Ausland besitzt und die Produktion derjenigen Güter aufgibt oder einschränkt, bei denen sein Kostenvorteil vergleichsweise gering ist. Der Inlandsbedarf dieser Güter wird dann durch Importe gedeckt, die mit Exporten relativ kostengünstiger Güter bezahlt werden. Die Quintessenz dieser "Theorie des komparativen Vorteils" oderwie es sich im Deutschen eingebürgert hat- "Theorie der komparativen 4 Von der Möglichkeit unentgeltlicher Exporte oder ihrer Finanzierung durch Kredite des Exportlandes sei hier abgesehen.

Traditionelle Ansätze zur Erklärung des Außenhandels

21

Kosten" ist demnach, daß es zum Ingangkommen des Außenhandels nicht absoluter Kostenunterschiede bedarf, sondern daß der Außenhandel auch bei Vorliegen nur relativer Kostenunterschiede für alle Beteiligten vorteilhaft sein kann. Zur Beweisführung und Präzisierung soll auf einen verbreiteten Modellansatz zurückgegriffen werden, in dem die Realität auf zwei Länder, zwei Güter und zwei Produktionsfaktoren reduziert wird. Dadurch wird der formale Aufwand der Analyse verringert und ihre Anschaulichkeit erhöht. Den Ausgangspunkt bilden demgemäß zwei Länder- als In- und Ausland bezeichnet-, die im autarken Zustand zwei homogene Güter, z.B. Tuch und Weizen erzeugen. Bei gleichem Faktoreinsatz erzielen die Länder jedoch unterschiedliche Produktionsergebnisse. Und zwar kann das Inland mit einer vorgegebenen Faktormenge maximal 50 Weizeneinheiten oder 100 Tucheinheiten herstellen. Das Ausland dagegen kann mit gleichem Faktoreinsatz ein besseres Produktionsergebnis erzielen, nämlich maximal entweder 100 Weizeneinheiten oder 120 Tucheinheiten. Tabelle 3 Der Ricardo-Fall: Produktionsmöglichkeiten

Inland Ausland

Weizen

Tuch

50

100

100

120

Bei gleichem Faktoreinsatz kann die höhere Produktivität des Auslandes nur dadurch erklärt werden, daß es Vorteile bei anderen die Produktivität beeinflussenden Gegebenheiten hat. Diese umschrieb Ricardo mit "natürliche Umweltbedingungen", womit in erster Linie das Klima und die geologischen Verhältnisse gemeint waren. Demgemäß kann es sich nur um solche Güter handeln, für deren Produktion diese "natürlichen Bedingungen" auch wirklich von Wichtigkeit sind (Ricardo-Güter). Das ist bei landwirtschaftlichen Produkten und Rohstoffen der Fall. Aus dieser Beschränkung auf die genannten Güterkategorien ergibt sich von vorneherein eine erhebliche Begrenzung der Aussagekraft der folgenden Analyse, weil der Außenhandel mit Agrargütern und Rohstoffen nur einen relativ kleinen Teil des Welthandels ausmacht. Internationale Produktivitätsunterschiede bei der Produktion homogener Güter lassen sich jedoch auch damit erklären, daß im Inland und im Ausland

22

Einführung in die Außenhandelstheorie

unterschiedliche Produktionstechniken angewendet werden. Ist dabei die Bedingung erfüllt, daß das fortgeschrittenere Verfahren bei gegebener Faktorausstattung das gleiche Faktoreinsatzverhältnis erfordert wie das ältere Verfahren (Hicks-neutraler technischer Fortschritt), so erbringt es bei absolut gleichem Faktoreinsatz und gleichen Einsatzrelationen einen höheren Output. Das fortgeschrittenere Land arbeitet also auch bei gleicher Faktorausstattung mit höherer Produktivität.- Die neue Produktionstechnik kann jedoch auch zur Folge haben, daß bei gleichem Kapitaleinsatz nur ein geringerer Arbeitseinsatz erforderlich ist, um den gleichen Output zu erreichen. In diesem Fall erhöht sich gegenüber dem alten Verfahren nur die Arbeitsproduktivität, während die Kapitalproduktivität konstant bleibt (Harrodneutraler technischer Fortschritt). Dieses vorausgeschickt, ergibt sich aus den obigen Zahlen (siehe Tabelle 3) zweierlei: (1) Das Ausland ist dem Inland bei beiden Gütern überlegen. (2) Die Überlegenheit des Auslandes ist beim Weizen größer als beim Tuch; denn es kann doppelt soviel Weizen produzieren wie das Inland, aber nur 20% mehr Tuch. Das Ausland hat also einen komparativen (relativen) Vorteil bei der Weizenproduktion, während das Inland bei absoluter Unterlegenheit in beiden Produktionen den relativ geringeren Nachteil bei der Tuchproduktion hat. Damit ist eine Situation gegeben, in der gemäß der Theorie der komparativen Kosten der Außenhandel für beide Länder vorteilhaft sein kann, indem sich das Ausland auf die Produktion von Weizen spezialisiert, den Überschuß exportiert und im Austausch dafür Tuch importiert, während das Inland genau umgekehrt verfährt.

(1) Außenhandel bei konstanten marginalen Opportunitätskosten Um die Vorteilhaftigkeit des Außenhandels zu demonstrieren, bedienen wir uns der Transformationskurven bzw. Produktionsmöglichkeitskurven der beiden Länder (siehe Abb. 2). Sie bestehen jeweils aus einem Koordinatensystem, auf dessen Achsen die Mengen der beiden Güter (Weizen und Tuch) aufgetragen sind, und zeigen, welche alternativen Güterkombinationen mit dem gegebenen Bestand an Produktionsfaktoren produziert werden können. Die Endpunkte der beiden Kurven sind durch die Zahlen in Tabelle 3 gegeben. Sie bezeichnen die maximale Ausbringung des jeweiligen Gutes unter der Voraussetzung, daß nur dieses Gut produziert wird und alle Produktionsfaktoren zum Einsatz gelangen. Alle anderen Punkte auf den Kurven stellen die Güterkombinationen dar, die bei vollem Einsatz der Faktoren erreichbar sind. Güterkombinationen oberhalb der Kurven sind demgemäß

Traditionelle Ansätze zur Erklärung des Außenhandels

x2 (Weizen)

23

X2 (Weizen)

Inland

100

Ausland

50

Abb. 2a: inl. Transformationskurve

Abb. 2b: ausl. Transformationskurve

nicht realisierbar. Dagegen sind alle Punkte unterhalb der Kurven erreichbar, jedoch sind die Produktionsfaktoren dann nicht vollbeschäftigt. Die Kurven insgesamt zeigen, wie man das eine Gut in das andere "transformieren" kann, wenn man seine Produktion einschränkt und die des anderen Gutes dafür ausdehnt. Zunächst geht aus den Abbildungen hervor, daß das Inland 100 Einheiten Tuch in 50 Einheiten Weizen transformieren kann. Die durchschnittliche Transformationsrate beträgt also 2:1, d.h. zwei Einheiten Tuch müssen aufgegeben werden, um die Weizenproduktion um eine Einheit zu steigern. Die durchschnittliche Transformationsrate des Auslandes hingegen beträgt 1,2: 1. Der lineare Verlauf der Transformationskurve besagt darüber hinaus, daß die Transformationsrate in jedem Punkt der Kurve 2: 1 (1,2: 1 für das Ausland) ist, da die Steigung der Kurve über den gesamten Verlauf konstant ist. Anders formuliert: die marginale Transformationsrate ist konstant und gleich der durchschnittlichen Transformationsrate. Sicherlich werden so manchem Leser sofort Bedenken hinsichtlich des linearen Verlaufs der Transformationskurve kommen. Solche Bedenken sind durchaus berechtigt; denn die Vorstellung, daß man durch eine kontinuierliche Einschränkung der Produktion eines Gutes eine ständig gleichbleibende Erhöhung der Produktion des anderen Gutes erreichen kann, erscheint auch ohne nähere Begründung von vornherein zweifelhaft. Auf diesen Punkt ist daher später noch einmal ausführlicher zurückzukommen. Zunächst ist aber noch einmal zu bedenken, daß ein Vergleich der Effizienz der Produktion in beiden Ländern aufgrund einer Gegenüberstellung der produzierten Gütermengen nur möglich ist, wenn die eingesetzten Faktoren in beiden Ländern quantitativ und qualitativ identisch sind. Von dieser Annahme ging Ricardo auch tatsächlich aus. Damit besitzt aber das Ergebnis seiner Analyse nur für diesen speziellen Fall Gültigkeit, der in der Realität so gut wie nie gegeben ist.

Einführung in die Außenhandelstheorie

24

(a) Opportunitätskosten-Ansatz Läßt man jedoch quantitative und qualitative Unterschiede in der Faktorausstattung zu, um die Aussagekraft des Ergebnisses zu erhöhen, so entsteht die Schwierigkeit, den unterschiedlichen Faktoreinsatz zu ermitteln. Gottfried Haberler5 gelang es jedoch, diese Schwierigkeit zu umgehen. Die Grundüberlegung war, daß man den für die Produktion eines Gutes erforderlichen Aufwand statt durch den benötigten Faktoreinsatz auch durch den Verzicht an Gütern ausdrücken kann, der erforderlich ist, um eine bestimmte Menge eines Gutes zu produzieren (Opportunitätskosten). Denn bei Vollauslastung der Produktionsfaktoren muß man die Produktionssteigerung bei einem Gut mit einer Produktionsminderung bei anderen Gütern "bezahlen". Wendet man diesen Opportunitätskastensansatz auf unser Zahlenbeispiel an, so lassen sich die Opportunitätskosten der Weizenproduktion und der Tuchproduktion in beiden Ländern direkt aus den Transformationskurven entnehmen; denn die Transformationsraten liefern ja das Verhältnis, in dem Ausdehnung des einen und Einschränkung des anderen Gutes zueinander stehen. Demnach sind die marginalen Opportunitätskosten mit den marginalen Transformationsraten identisch und wie diese konstant. Konkret müssen im Inland 100 Tucheinheiten (TE) aufgegeben werden, um 50 Weizeneinheiten (WE) zu produzieren. Die marginalen Weizenkosten betragen also 2 TE für 1 WE. Die Tuchkosten ergeben sich logischerweise aus dem reziproken Wert; denn 100 Tucheinheiten (TE) erfordern den Verzicht von 50 Weizeneinheiten (WE); die Tuchkosten betragen also 0,5 WE für 1 TE. Im Ausland betragen die Kosten für 100 Weizeneinheiten 120 Tucheinheiten; das entspricht marginalen Weizenkosten von 1,2 TE für 1 WE. Aus dem reziproken Wert ergeben sich wiederum die Tuchkosten mit 0,83 WE für 1 TE. Die Werte sind der Übersichtlichkeit halber in der folgenden Tabelle zusammengefaßt: Tabelle 4

Der Ricardo-Fall: Opportunitätskosten Opportunitätskosten für Weizenproduktion

5

Inland

2

Ausland.

1,2 [TEIWE]

[TEIWE]

für Tuchproduktion

0,5

[WEITE]

0,83 [WEITE]

Gottfried Haberler: Der internationale Handel. Berlin 1933.

Traditionelle Ansätze zur Erklärung des Außenhandels

25

Die Tabelle zeigt, daß das Inland bei der Tuchproduktion (mit 0,5 [WEITE]) geringere Opportunitätskosten aufweist als das Ausland (mit 0,83 [WEITE]). Das war ja auch die Produktion, bei der das Inland gegenüber dem Ausland den relativ geringsten Nachteil aufwies.- Das Ausland dagegen hat bei der Weizenproduktion geringere Opportunitätskosten als das Inland, nämlich 1,2 [TEIWE] gegenüber 2 [TEIWE] im Inland. Das war die Produktion, bei der das Ausland gegenüber dem Inland den relativ größten Vorteil hatte. Es wäre also auch die gleiche Schlußfolgerung zu ziehen, daß sich nämlich das Inland auf die Tuch- und das Ausland auf die Weizenproduktion spezialisieren müßten. Zuvor muß jedoch noch dargelegt werden, daß aus den Transformationskurven auch hervorgeht, in welchem Verhältnis die beiden Güter in beiden Ländern jeweils getauscht werden. Bei vollkommener Konkurrenz und im autarken Zustand, d. h. ohne Außenhandel, muß das Tauschverhältnis der beiden Güter auf dem jeweiligen Binnenmarkt genau den marginalen Kosten entsprechen (s. Tab. 4). Abweichungen davon werden durch den Marktmechanismus prompt korrigiert. Wäre beispielsweise im Inland das Tauschverhältnis von 2 [TEIWE] auf 2,5 [TEIWE] gestiegen- Weizen wäre also in Relation zu Tuch teurer geworden -, so würden die Produzenten die Weizenproduktion zu Lasten der Tuchproduktion steigern; denn am Markt erhalten sie 2,5 ET für 1 EW, während sie bei Eigenproduktion von Tuch 1 EW nur in 2 ET transformieren können. Die Steigerung der Weizenproduktion führt zu einem Überangebot an Weizen und damit zum Absinken der Tauschrelation bis auf die Opportunitätskosten. Würde das Tauschverhältnis im Inland unter 2 : 1 sinken, würden Produktion und Angebot von Tuch ausgedehnt bis das Tauschverhältnis wieder dem Kostenverhältnis entspricht. Die Steigung der Transformationskurve mißt daher nicht nur die Opportunitätskosten sondern auch das Austauschverhältnis der beiden Güter am Markt. Damit gibt sie aber auch die Preisrelation der beiden Güter an; denn das Preisverhältniszweier Güter ist der reziproke Wert ihres Tauschverhältnisses. Eine Linie, deren Steigung die Tausch- bzw. Preisrelation zweier Güter angibt, kann man daher als Preislinie bezeichnen. Im Falle einer linearen Transformationskurve (konstante Grenzkosten) fallen Preislinie und Transformationskurve zusammen; aber nur dann! (b) Die Vorteilhaftigkeit des Außenhandels bei konstanten marginalen Opportunitätskosten Beendet man nun den Zustand der Autarkie, indem man die Hemmnisse, die den Außenhandel bisher verhindert haben, gedanklich beseitigt, so verschmelzen die Märkte der beiden Länder zu einem einheitlichen Markt. Auf

26

Einführung in die Außenhandelstheorie

einem solchen Markt kann es für ein homogenes Gut auch nur einen einheitlichen Preis geben. Auch ohne nähere Begründung erscheint plausibel, daß der neue einheitliche Preis zwischen den Autarkiepreisen des Inlandes und des Auslandes liegen wird, also zwischen 2 [TEIWE] und 1,2 [TEIWE]. Willkürlich nehmen wir einmal an, daß er bei sich bei 1,5 [ETIEW] einpendeln wird. Wenn sich außerdem die beiden Länder entsprechend der obigen These völlig auf das jeweils kostengünstigere Gut spezialisieren- das Inland auf Tuch, das Ausland auf Weizen-, so ergibt sich für beide Länder eine von ihren Transformationskurven abweichende Preislinie (s. Abb. 3 a und 3 b ).

JSI W~ir•n!

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Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

161

Der Einfachheit halber wird davon ausgegangen, daß im Inland ein spezifischer Zoll eingeführt wird. Auf dem Inlandsmarkt verteuert sich das Angebot; in der Abbildung 37 c verschiebt sich das Gesamtangebot nach oben auf Ag', da eine gegebene Menge des Gutes von den Händlern bzw. Produzenten nur zu einem erhöhten Preis angeboten wird. Dieser Preis liegt um genau den Zollsatz über dem alten Preis. Auf dem Weltmarkt verringert sich die Importnachfrage: Die Verzollung führt dazu, daß der inländische Preis größer ist als der Weltmarktpreis. Bei jedem gegebenen Weltmarktpreis ist die Überschußnachfrage des Inlandes nun geringer als vorher. Auf dem Weltmarkt verschiebt sich die Importnachfrage parallel nach unten, auf Imp{. Entsprechend verringert sich auch die Gesamtnachfrage auf dem ausländischen Markt (Verschiebung der Nachfragekurve von Ng' auf Ny'). (1) Preiswirkungen

Der inländische Preis des Gutes erhöht sich. Allerdings zeigt Abbildung 37 c, daß die Preiserhöhung geringer ist als der Zollsatz: Der Zoll beträgt C-D, die Preiserhöhung hingegen nur P 3 - P 0 • Der ausländische Preis muß sich hingegen wegen der rückläufigen Inlandsnachfrage verringern (von Po auf P 4 in Abb. 37a). Diese Aussagen gelten jedoch nur für ein relativ großes Inland. Ist das Inland sehr klein, dann hat der Rückgang der inländischen Nachfrage keine Auswirkung auf den Weltmarktpreis. In einem kleinen Land ist die inländische Gesamtangebotskurve bei Außenhandel eine Waagerechte. Jeder noch so kleinen Preiserhöhung im Inland steht eine relativ sehr große Exportangebotszunahme gegenüber. Auf dem Weltmarkt wäre ein kleines Land durch eine senkrechte Importnachfragekurve darzustellen: Auch wenn bei Preisschwankungen die inländische Nachfrage variiert, so spielen diese Nachfrageschwankungen des kleinen Landes im Weltmaßstab keine Rolle. Eine inländische Zollerhöhung käme einer Verschiebung der (senkrechten) Importnachfragekurve auf sich selbst gleich. Der Weltmarktpreis bliebe unberührt. Festzuhalten bleibt, daß durch eine inländische Zolleinführung oder -erhöhung der inländische Preis des verzollten Gutes tendenziell steigt, während der Preis im Ausland fällt. Sofern die Preise der inländischen Exportgüter konstant bleiben, verbessern sich somit das Austauschverhältnis zwischen in- und ausländischen Gütern. Dies ist der term of trade-Effekt. Die Preiswirkung im Inland bestimmt Richtung und Ausmaß der übrigen ökonomischen Wirkungen. 11 Adebahr/Maennig

162

Nationale Handelspolitik

(2) Wirkungen auf die Konsumenten Aus Abbildung 37 c wird deutlich, daß die inländischen Konsumenten den Verbrauch des Gutes einschränken: Betrug die gleichgewichtige Nachfragemenge ohne Zoll Q0 , so beträgt sie nach Verzollung nur noch Q 1 . Dies ist der Konsumeffekt des Zolles. Die Mengeneinschränkung und die vorher geschilderte Preiserhöhung bedeuten einen Wohlfahrtsverlust für die Konsumenten. Gemessen wird dieser Wohlfahrtsverlust durch die Konsumentenrente, also die Differenz zwischen der maximalen Zahlungsbereitschaft und den Konsumausgaben. In Abbildung 37 centspricht die Konsumentenrente vor Verzollung der Fläche BEF, nach Verzollung hingegen CGF. Der Verlust an Konsumentenrente beträgt also CBEG. Der Effekt auf die ausländische Konsumentenrente ist positiv: Die sinkenden Preise und der erhöhte ausländische Verbrauch bewirken eine Zunahme der Konsumentenrente um AHG' E'.

(3) Wirkungen auf die Produzenten Die inländischen Produzenten des verzollten Gutes profitieren im Gegensatz zu den Konsumenten. Jeteurer das ausländische Gut wird, desto mehr wird die inländische Produktion nachgefragt. Die inländischen Produzenten setzen mehr als vorher ab, und das zu einem höheren Preis. Auch dies wird in Abbildung 37 c deutlich: Die inländische Produktion steigt von Q2 auf Q3 (Produktions- oder Schutzeffekt). Dabei ist es offensichtlich, daß die Zunahme der inländischen Produktion auf Kosten der ausländischen Anbieter geht. Die inländische Importmenge verringert sich nämlich von AB auf HC.

Der positive Mengen- und Preiseffekt führt zu einem Zuwachs an Produzentenrente. Die Produzentenrente mißt die Differenz zwischen dem Erlös und den (Grenz-)Kosten. Vor dem Zoll betrug die inländische Produzentenrente AEK, nach dem Zoll HGK. Sie wächst also um AEGH. Für die ausländischen Produzenten wirkt der Zoll negativ: Fallender Preis und sinkende Absatzmenge führen zu einem Verlust an ausländischer Produzentenrente in Höhe von BCG' E'.

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

163

(4) Der effektive Zollschutz

Die geschilderte Schutzwirkung eines Einfuhrzolles ist jedoch nur dann sicher, wenn ausschließlich das entsprechende Gut, nicht aber auch die Vorleistungen einem Zollschutz unterliegen. Ein Produzent von Küchengeräten beispielsweise wird unter einer Zollerhebung auf Stahl und Kautschuk leiden, weil sich seine Produktion verteuert. Sind die Zölle auf die Vorleistungen sehr hoch, so kann die inländische Produktion von Küchengerätentrotz eines Zolles auf Küchengeräte geringer sein als im Zustand ohne jegliche inländische Zollerhebung. Die Zollstruktur hat in diesem Fall einen negativen Schutzeffekt. Die Frage, ob und in welchem Umfang die inländische Produktion durch Zollerhebung geschützt wird, beantwortet die Theorie des Effektivzolles14. Mit diesem Verfahren wird berechnet, um wieviel sich die Wertschöpfung der geschützten Industrie durch die Zollerhebung ändert. Zentrale Aussage der Theorie des Effektivzolles ist, daß der Zollschutz für ein bestimmtes Gut um so geringer ist, je höher die benötigten Vorprodukte verzollt werden. Die Wertschöpfung eines Unternehmens oder Industriezweiges wird gemessen durch die Differenz zwischen dem Bruttoproduktionswert (entspricht i.a. der zu Verkaufspreisen bewerteten Produktion) und den Vorleistungen von anderen Unternehmen oder Sektoren. Der Grundgedanke kann an einem Beispiel verdeutlicht werden: Ein Küchengerät habe auf dem inländischen Markt einen Preis von 200,- DM. Von den Verkaufserlösen in Höhe von 200,- DM pro Gerät müssen die Produzenten 150,- DM für Vorleistungen von anderen Produzenten (z.B. Rohstahl, Aluminium, Kautschuk, elektronische Bauteile) aufwenden. Die Differenz von 50,- DM ist die Wertschöpfung der inländischen Produzenten; sie teilt sich in Lohn- und Gewinneinkommen des Küchengerätesektors auf. Angenommen, das Inland führe einen zehnprozentigen Wertzoll auf Küchengeräteimporte ein. Außerdem soll von einem kleinen Land ausgegangen werden, so daß die inländische Preiserhöhung dem Zollsatz entspricht. Der inländische Preis erhöht sich auf 220,- DM, die neue Wertschöpfung beträgt bei konstantem Preise für Vorleistungen nun 70,- DM. Die prozentuale Zunahme der Wertschöpfung beläuft sich dann auf 100 * (70- 50)/50 = 40%. Nun solle die Einfuhr von Kautschuk, Stahl usw. mit einem Zoll in Höhe von 5% belegt werden. Der Wert der Vorleistungen steigt 14 Die Einordnung der Theorie des effektiven Zollschutzes in die Partialanalyse wird dadurch gerechtfertigt, daß ausschließlich die Wirkungen auf inländische Importgüter betrachtet werden. In der Totalanalyse werden auch die Wirkungen auf die Exportgüter berücksichtigt.

11*

164

Nationale Handelspolitik

dann auf 157,50 DM, die Wertschöpfung beträgt 220- 157,50 = 62,50 DM. Der effektive Zollschutz beträgt nun nur noch 100*(62,5- 50)/50 = 25%. (Zur graphischen Veranschaulichung siehe Abbildung 38.) Damit ist deutlich, das der nominale Zollsatz nur wenig Aussagen darüber zuläßt, wie stark ein Industriezweig geschützt wird und wie stark mithin sein Produktionswert steigt. 10% Zoll auf KÜchengeräte, 5% auf Vorleistungen

Freihandel Preis-DM = ,.,, h"" f " 1nertsc op un, 200 ' 50,-DM

....------..., Preis = Wertschöpfun~ 220 ·-DM 62,50 DM

Vorleistun-

Vorleis tun-

gen =

gen =

150,- DM

157' 50

. Effekt1ver Zollschutz e

C(o

= 62 ' 50-50 50 = 25 %

Abb. 38: Effektiver Zollschutz

Der effektive Zollschutz soll nun in allgemeiner Form berechnet werden. Dabei werden die Preiseinheiten so festgelegt, daß der Freihandelspreis des Gutes gleich eins ist. Die Wertschöpfung w; des Gutes j beträgt dann

wobei a;; der Kostenanteil des i-ten Vorleistungsgutesam Wert des Endproduktes j ist. Werden das Endprodukt mit einem Zollsatz t; und die Vorprodukte mit den Zollsätzen t; geschützt, dann ergibt sich als neue Wertschöpfung wj nach Zollerhebung wj

= 1

+ t;-

l: a;; (1

+ t;),

sofern die Weltmarktpreise von der Zollerhebung unberührt bleiben und die inländischen Preise dem Zollsatz entsprechend steigen. Der inländische

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

165

Preis beträgt nach Zollerhebung 1 + t;, die Vorproduktkosten pro Endprodukt steigen auf ~ a;; (1 + t;). Als effektiver Zollschutz e; ergibt sich somit e;

=

wj- W; W;

t;- Ia;;t; 1- Ia;;

Daraus wird ersichtlich: - Der Effektivzoll entspricht dem Nominalzoll (e; = t;), wenn der Zollsatz auf End- und Vorprodukte gleich groß ist (t; = tj). Wenn der nominale Zollsatz auf das Endprodukt größer ist als auf die Vorprodukte, so ist der Effektivzoll größer als der Nominalzoll der Endprodukte. - Der Effektivzoll ist positiv für den Fall t; > ~ a;;t;. - Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so verringert sich die Wertschöpfung im Endproduktsektor. Die Kosten des Sektors steigen stärker als seine Erlöse, was eine Produktionseinschränkung zur Folge hat. Die Zollstruktur benachteiligt dann die inländischen Produzenten des Endproduktes. Die Theorie des effektiven Zollschutzes ist in der handelspolitischen Diskussion von erheblicher Bedeutung. Den Industrieländern wird häufig der Vorwurf gemacht, der effektive Zollschutz ihrer Produktion sei höher als der nominale. Alexander J. Yeats hat die nominale und effektive Protektion der EG, der USA und Japans berechnet.l5 In allen genannten Fällen ist der effektive Zollsatz in der EG größer als der nominale Zollsatz. Hinzu kommen noch die nichttarifären Handelshemmnisse, so daß sich als tatsächliche oder effektive Protektion noch höhere Zahlen ergeben. Die Berechnung der effektiven Protektion der USA und Japans kommt zum gleichen Ergebnis. Die Vorprodukte werden also weniger durch Zölle belastet als die Endprodukte. Weitere Untersuchungen konkretisieren das Phänomen der mit der Verarbeitungsstufe steigenden Zollsätze. Dieser Sachverhalt wird in der internationalen Diskussion durch das Schlagwort "Zolleskalation" umschrieben. Tabelle 6 verdeutlicht das Problem anhand von Baumwoll-, Kupfer- und Aluminiumprodukten. Die Entwicklungsländer werfen den Industrieländern diese Zollstruktur vor. Eine Änderung ihrer einseitig auf Rohstoffe fixierte Exportstruktur ist erschwert, da weiterverarbeitende Produkte aufgrund dieser Zolleskalation noch schwieriger abzusetzen sind als Rohstoffe. 15 A. J. Yeats: Effective Protection for Processed Agricultural Commodities: a Comparision of Industrial Countries. Journal of Economics and Business, Vol. 29 (1976).

Nationale Handelspolitik

166

Tabelle 6 Zolleskalation in Industrieländern

Baumwolle Fasern Garn Gewebe Bekleidung

EG

USA

Japan

0,0 4,9 7,2 8,2

1,9 6,0 8,1

0,0 3,4 5,9 13,5

0,0 0,3 2,6

5,1 6,8

2,0 2,9

9,0 11,6

Kupfer Erze und Konzentrate Rohkupfer Kupferprodukte

5,3

Aluminium Rohaluminium Aluminiumprodukte

6,8

-

-

-

-

Quelle: H. Oberhänsli: Marktbehinderungen und Markteingriffe im Rohstoffsektor - Überblick am Beispiel von sechs Rohstoffen. Außenwirtschaft, Vol. 35 (1980).

(5) Wirkung auf die Staatseinnahmen Es wird zunächst von einem kleinen Land ausgegangen. Dabei wurde weiter oben bereits gezeigt, daß das ausländische Angebot auf dem Inlandsmarkt dann völlig elastisch und das Gesamtangebot im Inland eine Waagerechte ist. In Abbildung 39 sei dies die Linie BE. Die Zolleinnahmen entsprechen dem Produkt aus Zollsatz BL und Importmenge MN und können in Abbildung 39 durch die Fläche MNOP dargestellt werden. Die Zolleinnahmen sinken auf Null, wenn ein Prohibitivzoll in Höhe der Differenz P 2-P0 eingeführt wird (dann ist die Importmenge gleich Null) oder wenn der Zollsatz gleich Null ist. Für ein großes Land, dessen Gesamtangebot nicht völlig elastisch ist, können die Zolleinnahmen in Abb. 39 durch das Rechteck CDQH dargestellt werden. Die Zolleinnahmen sind also größer als beim kleinen Land. Bei gleichem Zollsatz ist die Importmenge des großen Landes größer, weil die inländischen Preise nach Zollerhebung weniger ansteigen und die Importmengen nicht so stark sinken.

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

167

Preis

Menge Abb. 39: Zölle und Wohlfahrtswirkungen

(6) Wohlfahrtswirkungen

Betrachtet wird zunächst wieder ein kleines Land. Die Konsumentenrente sinkt um BEGN in Abb. 39. Die Produzentenrente hingegen steigt um AEGM. Auch die staatlichen Zolleinnahmen in Höhe von MNPO stellen eine Wohlfahrtserhöhung dar. Die Zolleinnahmen könnten in sozial wünschenswerte Projekte fließen, oder durch Steuerkürzungen ausgeglichen werden. Um die Wohlfahrtswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft zu bestimmen, müssen die Effekte auf die drei Gruppen zusammengeiaßt werden. Allerdings ist hierzu ein Werturteil notwendig, wie die einzelnen Wohlfahrtsänderungen der Gruppen zu gewichten sind. Die einfachste Analyse gewichtet alle Gruppen gleich. Der nationale Wohlfahrtsverlust durch die Zollerhebung entspricht dann den Flächen BPN und AOM. Ein kleines Land verliert somit durch einen Zoll immer!

Diese griffige Aussage muß eingeschränkt werden, wenn die Wohlfahrtsänderungen der drei Gruppen nicht gleichgewichtet werden: Wenn die Wohlfahrtszuwächse des Staates und der Produzenten höher gewichtet werden als die Wohlfahrtsverluste der Konsumenten, dann kann eine Zollerhebung die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt erhöhen. Eine solche Gewichtung ist in der Realität durchaus nicht selten: Der massive Zollschutz beispielsweise der Textilindustrie in den Industrieländern impliziert letztlich,

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Nationale Handelspolitik

daß die verantwortlichen Politiker die Wohlfahrtsverluste der Konsumenten geringer gewichten als die Wohlfahrtsgewinne der Textilproduzenten und der dort Beschäftigten. Nun soll ein großes Land betrachtet werden; der Einfachheit halber wird von der Gleichgewichtung der Wohlfahrtsänderungen ausgegangen: Die Differenz zwischen der Änderung von Produzenten- und Konsumentenrente beträgt in Abbildung 39 HCBA. Diesem Nettowohlfahrtsverlust stehen Zolleinnahmen in Höhe von CDQH entgegen. Diese Einnahmen werden in Höhe von DQST durch das Ausland getragen, weil es eine entsprechende Preisverringerung hinnehmen muß. Das große Land erfährt somit eine Wohlfahrtsänderung in Höhe von DQST- AHS - BTC. Damit wird klar, daß ein Zoll die Wohlfahrt eines großen Landes erhöhen kann, wenn das Exportangebot des Auslandes sehr unelastisch ist, und die Fläche CDQH in Abbildung 39 größer wird als HCBA. Die Fläche DQST stellt einen (unfreiwilligen) Wohlfahrtstransferdes Auslandes an das Inland dar. Der Zollsatz, der den Nettowohlfahrtsgewinn des Inlandes maximiert, heißt Optimalzoll. Der Optimalzoll wird im Rahmen der Totalanalyse genauer bestimmt. Abschließend soll hier gezeigt werden, daß die Zollerhebung eines Landes die Weltwohlfahrt stets verringert: Im Fall des kleinen Landes ändert sich auf dem Weltmarkt nichts, deshalb bleibt die Wohlfahrt des Restes der Welt unberührt. Zusammen mit dem eben geschilderten eindeutig negativen Wohlfahrtseffekt des Inlandes ergibt sich, daß die Weltwohlfahrt sinkt. Im Falle eines großen Landes ist die Analyse etwas aufwendiger: Ausgehend von der Freihandelssituation entspricht die negative Summe der Veränderungen der ausländischen Produzenten- und Konsumentenrenten der Fläche ABCHin Abbildung 37 b. Die entsprechende, ebenfalls negative Änderung von inländischen Produzenten- und Konsumentenrenten ist ABC' H'. Der postitive Wohlfahrtseffekt des Inlandes aufgrund der Zolleinnahmen gleicht H'C'CH. Dieser positive Effekt ist eindeutig geringer als die negativen Effekte auf die Produzenten- und Konsumentenrenten; die Weltwohlfahrt sinkt somit, und zwar um C' BC in Abbildung 37. b) Totalanalyse

Wichtige Zollwirkungen konnten mit Hilfe der Partialanalyse dargestellt werden. Für die noch verbleibenden muß das Handwerkszeug aus dem ersten Teil des Buches herangezogen werden. Die Argumentation erstreckt sich im folgenden nicht mehr ausschließlich auf den Markt des Importgutes, sondern berücksichtigt Rückwirkungen auf das Exportgut. Die Untersu-

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

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chung geht davon aus, daß der Staat seine Zolleinnahmen in vollem Umfang zu Ausgaben entsprechend der Verbrauchstruktur der privaten Haushalte nutzt. Da- wie im ersten Teil- die Existenz von nur zwei Ländemund zwei Gütem unterstellt wird, kann von einer Totalanalyse gesprochen werden. (1) Einfuhrzoll und Außenhandel Bereits im Rahmen der Partialanalyse wurde festgestellt, daß die Wohlfahrt eines kleinen Landes durch Zollerhebung sinkt. Andererseits kann ein großes Land seine Wohlfahrt erhöhen, wenn es ihm gelingt, den Weltmarktpreis seines Importgutes durch die Zolleinführung zu senken. Hierauf soll im folgenden näher eingegangen werden. Die Analyse beginnt mit dem kleinen Land und bedient sich zunächst der Hilfe der Abbildung 40, die sich an Abbildung 14 a anlehnt. Ausgangspunkt sei die Situation bei Freihandel. TT ist die Transformationskurve des Inlandes, die Preislinie P 1 stellt das intemationale Austauschverhältnis zwischen 4en Gütem x 1 und x 2 dar. Das Inland produziert also im Punkte Ai, und zwar AiB Einheiten vom Gut x 1 und AiD Einheiten vom Gut x 2 • Durch freien Außenhandel erreicht das Inland sein maximales Nutzenniveau U2 im Punkt C2 , indem es DF Einheiten des Gutes x 1 exportiert und EB Einheiten des Gutes x 2 importiert. Durch die Einführung eines Importzolles steigt der inländische Preis des Importgutes; die inländische Preisrelation wird nun durch die Preislinie P 2 veranschaulicht. Die inländischen Produktionsfaktoren werden realloziiert, d. h. aus der Produktion des Gutes x 1 abgezogen und

E

8

-----------------F

Abb. 40: Zollwirkungen (Totalanalyse)

170

Nationale Handelspolitik

in die Produktion von x 2 gelenkt. Die Anpassung endet, wenn die Opportunitätskosten dem neuen inländischen Preisverhältnis entsprechen. Punkt A{ kennzeichnet die neue inländische Produktion. Dies ist der Schutz- oder Produktionseffekt des Zolles. (Der positive Produktionseffekt für das Importgut wurde auch aus der Partialanalyse deutlich. Die Totalanalyse veranschaulicht, daß der Exportsektor negative Zolleffekte hinnehmen muß.) Der Produktionseffekt ist negativ zu beurteilen, denn das Realeinkommen des Inlandes sinkt. Die Verringerung des Sozialproduktes beträgt, gemessen in Einheiten des Exportgutes, HG. Das kleine Land trägt die Zollbelastung im vollen Umfang selbst. Weiter oben wurde festgestellt, daß die verringerte inländische Importnachfrage keinen preissenkenden Effekt auf dem Weltmarkt hat.1 6 Dementsprechend bleibt das internationale Peisverhältnis unverändert. Das Inland kann seine Exportgutproduktion nur zum alten Preisverhältnis P 1 gegen Gut x 2 eintauschen. Deshalb läuft die neue internationale Preislinie P 1 ' durch A;z parallel zur alten Preislinie P 1 • Das alte Nutzenniveau ist nicht mehr erreichbar. Maximal erreichbar wäre das Nutzenniveau U' mit dem Konsumpunkt C'. Der Konsumpunkt C' wird jedoch nicht vom Inland gewählt, weil die dort herrschende Grenzrate der Substitution nicht dem inländischen Preisverhältnis entspricht. Nach der inländischen Preisrelation P 2 ist das Gut x 2 im Punkt C' zu teuer, so daß es durch das Gut x 1 substituiert wird. Das Inland maximiert seinen Nutzen im Punkt C3 . Hier sind beide Bedingungen für ein Handelsoptimum erfüllt: Erstens entspricht die inländische Grenzrate der Substitution dem Preisverhältnis der Güter x 1 und x 2 • Zweitens liegt der Punkt auf der Preislinie P 1 '. Die Bewegung von C' nach C3 ist der Konsumeffekt des Zolles. Der Konsumeffekt kommt zustande, weil sich die inländischen Konsumenten an dem zollverzerrten Preisverhältnis P 2, und nicht am internationalen Austauschverhältnis P 1 orientieren. Das Ergebnis aus der Partialanalyse, daß ein kleines Land durch Einfuhrzölle Wohlfahrtseinbußen hinnehmen muß, wird bestätigt. Die dort gemachte Einschränkung bezüglich der Gewichtung der Wohlfahrtsveränderungen einzelner Gruppen kann hier nicht nachvollzogen werden. Das Indifferenzkurvensystem bezieht die Wohlfahrt der Produzenten nicht ein. Auf diese Problematik wurde im Abschnitt II.4.b des ersten Teiles eingegangen. Die Erhebung eines Einfuhrzolles durch ein großes Land führt zu einer Verringerung des Weltmarktpreises, wie im Rahmen der Partialanalyse festgestellt wurde. Bei konstanten Preisen für die inländischen Exportgüter 16

Vgl. S. 161.

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

171

verbessert sich also das internationale Austauschverhältnis zugunsten des Inlandes. Das inländische Exportgut wird relativ teurer. Abbildung 41 veranschaulicht die Zolleffekte eines großen Landes. Ausgangspunkt sei wieder die Situation bei Freihandel. Im Freihandel produziert das Inland im Punkt A; und konsumiert im Punkt C2 • Dabei wird das Nutzenniveau U2 erreicht. Nach Zollerhebung wird im Punkt A{ produziert, weil das inländische Preisverhältnis (Linie P 2 ) sich zugunsten von x 2 geändert hat: Im Inland ist x 2 teurer geworden. Das neue internationale Austauschverhältnis wird durch eine steilere Preislinie Pa veranschaulicht. Sie ist steiler als die Linie P1o weil der Weltmarktpreis von x 2 gesunken ist. Diese neue Preislinie beginnt wieder im Produktionspunkt A{. Nun kann das Inland ein maximales Nutzenniveau U4 erreichen, indem es im Punkt C4 konsumiert und entsprechend exportiert und importiert. Der Punkt C4 erfüllt wieder beide Bedingungen eines Handelsoptimums: Er liegt erstens auf der Preislinie Pa. Zweitens entspricht in C4 das inländische Preisverhältnis P 2 bzw. P 2 ' der inländischen Grenzrate der Substitution, die durch die Indifferenzkurve verdeutlicht wird. U4 stellt ein deutlich höheres Nutzenniveau als U2 dar (terms of trade Effekt).

Abb. 41: TermsofTrade Effekt

Insgesamt stehen sich somit drei verschiedene Effekte eines Einfuhrzolles gegenüber: - Der Schutz- oder Produktionseffekt (A; ~AV führt zu einer suboptimalen Produktionsstruktur. Er beinhaltet einen negativen Realeinkommenseffekt. Das Sozialprodukt vermindert sich. Gemessen in Einheiten von Gut x 1 beträgt der Realeinkommensverlust HD in Abbildung 40.

172

Nationale Handelspolitik

- Der Konsumeffekt besteht darin, daß die Inländer ihre Konsumgewohnheiten nicht am internationalen Preisverhältnis, sondern am zollverzerrten inländischen Preisverhältnis orientieren. Er ist negativ zu beurteilen, weil das erreichte Nutzenniveau weiter verringert wird. Der Konsumeffekt wird in Abbildung 40 durch die Bewegung von C' nach C3 veranschaulicht. Der terms of trade-Effekt verurteilt das (gesunkene) Weltsozialprodukt zugunsten eines großen Inlandes um, weil das Inland seine Importgüter zu einem geringeren Preis beziehen kann. Dieser positive Realeinkommenseffekt könnte gemessen werden, indem die Linien P 1 und P 3 in Abbildung 41 nach oben verlängert werden, bis sie die x 2 -Achse schneiden. Gemessen in Einheiten von Gut x 2 gleicht der positive Einkommenseffekt der Differenz zwischen den Schnittpunkten von P 3 und P 1 mit der x 2Achse. Der Produktions-, terms of trade- und Konsumeffekt zusammen bestimmen den Wohlfahrtseffekt des Zolles. Im Falle eines starken terms of tradeEffektes kann die damit verbundene positive Realeinkommenswirkung die negative Realeinkommenswirkung des Produktionseffektes und den negativen Konsumeffekt überkompensieren, so daß der Wohlfahrtseffekt insgesamt positiv ist und die Wohlfahrt steigt. Für ein kleines Land ist die Zollwirkung jedoch stets negativ, weil kein terms of trade-Effekt zustande kommt.

(2) Der Optimalzoll Es wurde gerade gezeigt, daß ein großes Land seine Wohlfahrt durch Erhebung eines Zolles steigern kann, wenn der positive Realeinkommenseffekt aus der Verbesserung der terms oftradegrößer ist als der negative Realeinkommenseffekt der Produktionsänderung plus Konsumeffekt. Der Zoll, der den Wohlfahrtszuwachs maximiert, heißt Optimalzoll. Zur Abteilung des Optimalzolles wird das Konzept der Tauschkurven herangezogen.1 7 Wie wirkt die Erhebung eines Einfuhrzolles auf die Tauschkurven? In Abbildung 42 ist zunächst noch einmal die inländische Tauschkurve T; dargestellt, wie sie im Abschnitt "Preisgrenzen" abgeleitet wurde.1s Ausganspunkt sei ein beliebiger Punkt B. Das internationale Austauschverhältnis beträgt BDIDO und wird durch die Linie PB dargestellt. Bei Freihandel werden die Inländer OD Einheiten des Gutes x 1 exportieren gegen 17

1a

Vgl. S. 50 ff. Abbildung 18a und b, S. 52.

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

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Importedes Inlandes

xt

Exporte des Inlardes

Abb. 42: Tauschkurve und Zollerhebung

EO Importeinheiten von x 2 • Angenommen, das Inland belege die Einfuhr von x 2 mit einem hundertprozentigen Wertzoll, der in Einheiten des Gutes x 1 zu bezahlen ist. Die Inländer werden dann für OE Einheiten x 2 nicht mehr OD Einheiten von x 1 an das Ausland liefern wollen, sondern nur noch die Hälfte, nämlich AE Einheiten. Mit der anderen Hälfte BA bezahlen sie den Zoll auf ihre x 2-Einfuhren. A ist damit ein Punkt der neuen inländischen Tauschkurve. Auf analoge Weise lassen sich nun alle anderen Punkte der neuen Tauschkurve ableiten: Für jede gegebene Importmenge reduzieren die Inländer ihr Exportangebot um genau die Hälfte (siehe Punkte B' und A'). Damit ist der horizontale Abstand zwischen der x 2-Achse und der neuen Tauschkurve T{ bei einem hunderprozentigen Zoll in jedem Punkt genau halb so groß wie der Abstand zu der alten Tauschkurve.

Was passiert mit dem internationalen Austauschverhältnis? Die Drehung der inländischen Tauschkurve führt zu einem neuen Schnittpunkt mit der ausländischen Tauschkurve Ta. Lag das Handelsgleichgewicht ohne Zollerhebung beim Punkt B, so liegt es jetzt beim Punkt Z. Das neue Austauschverhältnis wird durch die Linie Pz dargestellt; das Gut x 2 ist international relativ billiger geworden. Dieser Grundgedanke muß in die Darstellung der Zollwirkungen (Abb. 40 und 41) integriert werden. Dabei soll wieder in zwei Schritten vorgegangen werden: Zunächst wird die Freihandelssituation dargestellt, anschließend die Situation des Optimalzolls. Abbildung 43 a veranschaulicht die Freihandelssituation und lehnt sich an die Abbildungen 14 a, 18 d und 19 an. Die inländische Transformationskurve ist TT, das internationale Preisverhältnis entspreche der Linie Pw. Das Inland produziert in H; und will einen Teil seiner x 1-Produktion gegen

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Nationale Handelspolitik

x 2-Güter mit dem Ausland tauschen. Das Ausland ist zu einem solchen Tausch bereit, und zwar entsprechend seiner Tauschkurve Ta. Die Ta-Linie wird mit ihrem Ursprung in H; gezeichnet (die nicht eingezeichneten Achsen der ausländischen Tauschkurve sind parallel zu den Achsen des Diagramms); sie entspricht der inländischen Tauschmöglichkeitenkurve. C; stellt das inländische Konsumgleichgewicht dar, weil a) Pw Tangente an TT ist und die inländische Produktion im Gleichgewicht ist, b) Pw Tangente an U2 ist und der inländische Konsum im Gleichgewicht ist und c) in- und ausländische Import- und Exportpläne im Gleichgewicht sind (der Punkt C; bzw. die Linie Pw ergeben sich durch den Schnittpunkt der in- und ausländischen Tauschkurven, vgl. die Erläuterungen zu Abb. 19 auf S. 54). Das inländische Wohlstandsniveau ist U 2 • Allerdings ist U2 niedriger als das maximal erreichbare Nutzenniveau, da U2 die Linie Ta nicht tangiert, sondern schneidet. Gesucht wird nun nach dem Zoll, der die inländische Wohlfahrt maximiert. Ein Zoll erhöht das inländische Preisverhältnis zugunsten von x 2 , so daß der Produktionspunkt H; entlang der Transformationslinie nach Nordwesten wandert. Mit dem Produktionspunkt wandert auch der Ursprung der ausländischen Tauschkurve Ta. Abbildung 43 b zeigt das Resultat der Suche nach dem OptimalzolL Nach Erhebung des Optimalzolles beträgt das inländische Preisverhältnis P, bzw. P;. Der inländische Produktionspunkt liegt in H;'. Das internationale Preisverhältnis beträgt aufgrund der Drehung der inländischen Tauschkurve (vgl. Abbildung 42) Pw'· Der Konsumpunkt liegt in C;', wo die Preislinie P.' die ausländische Tauschkurve Ta tangiert. (Würde noch das alte internationale Preisverhältnis Pw gelten, so ergäbe sich Punkt B als Konsumpunkt.) Die Indifferenzkurve U3 tangiert ebenfalls Ta in C;'. Somit ist U3 die höchste, für das Ausland erreichbare Indifferenzkurve. Der Optimalzoll zeichnet sich dadurch aus, daß im Tauschgleichgewicht das inländische Preisverhältnis (P, bzw. P.') der Steigung der ausländischen Tauschkurve Ta entspricht. Die Höhe des Optimalzolles ergibt sich durch das Ausmaß der Drehung der inländischen Tauschkurve. Wird der Zoll in Einheiten von x 1 erhoben, so beträgt er BAIAE. Die Aussage, daß ein Optimalzoll dann vorliegt, wenn im Tauschgleichgewicht die Steigung der ausländischen Tauschkurve dem inländischen Preisverhältnis entspricht, soll anhand von Abbildung 44 verdeutlicht werden. Im Freihandelsgleichgewicht C ist das inländische Preisverhältnis Pw (und damit die marginale Substitionsrate zwischen Ex- und Importen) größer als die Steigung der ausländischen Tauschkurve Ta. Dies bedeutet, daß die

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Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

Abb. 43a: Freihandel

T

X,

Abb. 43 b: Außenhandel und Optimalzoll

Inländer bei Verzicht auf eine Importeinheit von x 1 (Bewegung von C nach K) KM Einheiten x 2 weniger exportieren müssen. Die Ausländer wären aber auch bereit, auf KA Güter von x 2 zu verzichten. Deshalb sollte das Inland einen Einfuhrzoll erheben und den Handel einschränken. Umgekehrt wäre

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Nationale Handelspolitik

der Handel zu gering bzw. der Einfuhrzoll zu hoch, wenn das inländische Preisverhältnis kleiner ist als die Steigung der ausländischen Tauschkurve. In der Abbildung 44 ist auch noch einmal der Optimalzoll in Höhe von BAI AE eingezeichnet. Bei diesem Zollsatz verschiebt sich die inländische Tauschkurve so, daß sie die ausländische Tauschkurve im Punkte A (der Punkt A entspräche dem Punkt C{ in Abbildung 43 b) schneidet. A ist Tangentialpunkt zwischen der ausländischen Tauschkurve Ta und der inländischen Indifferenzkurve U; 2 • U;2 stellt das höchste, durch Außenhandel erreichbare inländische Nutzenniveau dar. Das Inland hat sein Exportvolumen verringert. In der Abbildung 44 verringert es auch seine Importmenge. Aus der Diskussion über den Verlauf der Tauschkurven ist bekannt, daß es auch zur Zunahme der Importmengen kommen kann. Bleibt der Punkt A erhalten? Kaum, denn das Ausland kann seine Nutzenverluste zum Teil ausgleichen, indem es seinerseits Zölle auf seine x 1Importe erhebt. Dabei wird es optimalerweise einen Zoll in einer Höhe wählen, so daß die neue ausländische Tauschkurve die inländische (zollgestörte) Tauschkurve in einem Punkt schneidet, bei dem die Steigung der inländischen zollgestörten Tauschkurve dem ausländischen Preisverhältnis entspricht. Dies sei der Fall im Punkte D. Hier erreicht das Ausland das Nutzenniveau Ua2 . 19 Dieses Nutzenniveau ist das höchste, das das Ausland noch erreichen kann, nachdem das Inland einen Einfuhrzoll erhoben hat. Der Leser kann sich veranschaulichen, daß es (ausgehend von Punkt D) nun für p

rI

x, Abb. 44: Optimalzoll und Retorsionszölle 19

Zur Begründung des Verlaufes der in- und ausländischen Indifferenzkurven vgl.

s. 53.

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

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das Inland sinnvoll sein kann, seine Zölle weiter zu erhöhen, usw. Es droht also die Gefahr eines Handelskrieges, der u. U. zum völligen Erliegen des Außenhandels führt. 20 Der Optimalzollgedanken setzt voraus, daß das zollerhebende Land die Weltmarktpreise beeinflussen kann. Ergebnis dieser Überlegungen ist, daß ein Zoll nur aus nationaler Sicht die Wohlfahrt erhöhen kann. Die Wohlfahrt des Handelspartners wird stärker verringert als die Wohlfahrt des Inlandes erhöht wird. Im Rahmen der Partialanalyse wurde bereits gezeigt: Aus globaler Sicht ist der Optimalzoll gleich Null.

(3) Verteilungseffekte: Das Samuelson-Stolper-Theorem Die einleitenden Bemerkungen zur Totalanalyse zeigten, daß der Einfuhrzoll das inländische Preisverhältnis zugunsten des Importgutes erhöht, da das Importgut im Inland knapper wird. Der Grenzertrag der inländischen Produktion von Importgütern steigt somit. Die Produzenten dieses Sektors werden ihre Importgutproduktion ausdehnen. Dies gelingt ihnen unter der Annahme der Vollbeschäftigung nur, wenn sie Produktionsfaktoren aus der Exportgutproduktion abziehen können. Hierzu müssen sie höhere Faktorentgelte zahlen. Die darauf folgende Reallokation der Ressourcen führt zur Ausdehnung der Produktion des Importgutes (Schutzeffekt, Bewegung von A; nach A{ in Abb. 40) und zur Einschränkung der Produktion des Exportgutes. Es soll zur Verdeutlichung im folgenden angenommen werden, die Produktion des Exportgutes x 1 sei kapitalintensiv. Der Zoll führt dann zu einer Verringerung der kapitalintensiven Produktion. Damit wird im Exportsektor relativ weniger Arbeit, aber mehr Kapital freigesetzt als der arbeitsintensive Importgutsektor aufnehmen möchte. Der Lohn im Importsektor wird somit stärker steigen als die Kapitalverzinsung. Im Punkt A{ ist das neue Gleichgewicht erreicht. Hier müssen in beiden Industrien gleiche Löhne und gleiche Zinsen gezahlt werden, ansonsten würden die Produktionsfaktoren weiter von einem Produktionszweig in den anderen wandern. Daraus folgt, daß nicht nur im Importgutsektor, sondern auch im Exportgutsektor höhere Löhne gezahlt werden, als dies vor der Zollerhebung der Fall war. Da von der Volibeschäftigung beider Produktionsfaktoren ausgegangen wird, muß das Einkommen steigen. Andererseits wurde gezeigt, daß das Volkseinkommen· unter Außerachtlassung positiver terms of tradeEffekte durch eine Zollerhebung sinkt (In Abbildung 40 sinkt das Volksein2o K. Rose, a.a.O., S. 415ff. geht näher darauf ein, unter welchen Umständen es für ein Land sinnvoll ist, mit immer neuen Retorsionszöllen zu antworten. 12 Adebahr/Maennig

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Nationale Handelspolitik

kommen gemessen in Einheiten von x 1 um HG Mengeneinheiten). Das Kapitaleinkommen sinkt; von einem kleinem Kuchen schneidet sich die Arbeit ein größeres Stück ab. Allgemein gilt, daß ein Einfuhrzoll zur Umverteilung zugunsten des relativ knappen Faktors führt. Dies ist das Stolper-Samuelson-Theorem. Das Stolper-Samuelson-Theorem gilt allerdings nur langfristig. Wie bei der Schilderung des Anpassungsprozesses gezeigt wurde, begünstigt der Zoll den Produktionsfaktor Arbeit des Importsektors in kurz- und langfristiger Sicht. Im Exportsektor steigt der Lohn hingegen nur langfristig. Der Produktionsfaktor Kapital profitiert kurzfristig von der Zolleinführung, sofern er im Importsektor eingesetzt wird. Langfristig sinkt seine Entlohnung in beiden Sektoren. Tabelle 7 faßt die Realeinkommenseffekte eines Zolles auf arbeitsintensive Produkte zusammen. Tabelle 7

Realeinkommenseffekte eines Zolles auf arbeitsintensive Produkte kurzfristig

langfristig

Arbeit im arbeitsintensiven Sektor

+

+

Arbeit im kapitalintensiven Sektor

-

+

Kapital im arbeitsintensiven Sektor

+

-

Kapital im kapitalintensiven Sektor

-

-

Die Kapitalbesitzer im Importsektor stehen damit vor einem Dilemma: kurzfristig ist der Zoll günstig für sie, langfristig hingegen ungünstig. Je nachdem, wie groß ihr Zeithorizont ist, werden sie für oder gegen einen Zoll argumentieren. Dieses Dilemma hilft bei der Erklärung, warum Wirtschaftssubjekte oft für einen Zoll plädieren, obwohl gemäß dem Stolper-Samuelson-Theorem ihre Einkommenssituation dadurch gefährdet ist. So plädieren Arbeitgeber (also Kapitalvertreter) in der Textilindustrie westlicher Industrieländer für Zollschutz, obwohl sie langfristig durch ihn nur verlieren können. Anders-

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

179

herum wird von Gewerkschaften, die nur Arbeitnehmer in bestimmten kapitalintensiven Sektoren (Beispiel Stahlindustrie) vertreten, oft die Einführung eines Zolles gefordert, obwohllangfristig die gesamte Arbeitnehmerschaft negativ berührt wird. Der Grund liegt darin, daß sie kurzfristig vom Schutzeffekt und Preiseffekt auf das geschützte Gut profitieren können. Es ist also nur in langfristiger Sicht ein Widerspruch, wenn die Interessen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden in einzelnen Sektoren gleichgerichtet sind, so wie dies in der Realität beobachtet werden kann.21

(4) Zahlungsbilanz und Volkseinkommen Die reine Theorie des Außenhandels abstrahiert von der Existenz des Geldes. Ohne die Existenz von Geld können jedoch keine Forderungen oder Verbindlichkeiten entstehen. Der Wert der ex-und importierten Güter muß sich daher entsprechen. Die Handels- und Dienstleistungsbilanz ist damit stets ausgeglichen. Da es auch keinen Kapitalverkehr in diesem Modell gibt, muß auch die Zahlungsbilanz ausgeglichen sein. Strenggenommen ist es somit kaum möglich, den Begriff "Zahlungsbilanz" in der reinen Theorie sinnvoll zu verwenden. Dennoch wurden und werden Zölle oft vor dem Hintergrund einer Rezession oder einer ungünstigen Zahlungsbilanzsituation erhoben. Um den Hintergrund hierzu zu veranschaulichen, soll für einen Augenblick die reine Theorie verlassen werden. Dabei wird der Einfachheit halber von einem kleinen Land ausgegangen, das einen spezifischen Zoll erhebt. Die Erhebung eines Einfuhrzolles verändert nur den inländischen Preis des Exportgutes, nicht hingegen den Weltmarktpreis. Einkommensveränderungen im Inland haben keine Effekte auf das Ausland; die ausländischen Importe bleiben konstant. Zur Analyse kann die Abbildung 45 herangezogen werden. Sie stellt den Importmarkt des Inlandes dar und lehnt sich an Abbildung 37 b und c auf Seite 160 an. Die Importnachfrage ist durch die Linie Imp; gekennzeichnet. Diese Importnachfrage entspricht (analog zu Abbildung 37b) der inländischen Überschußnachfrage (Differenz zwischen Inlandsnachfrage und Inlandsangebot). Das vollkommen elastische Angebot Ag beruht auf der Annahme eines kleinen Landes. Die Ausgaben der Inländer für die Importgüter belaufen sich auf P 0 Q 0 und entsprechen der Fläche UOEB. Nach der Erhebung eines spezifischen 21 Vgl. St. P. Magee: Three Simple Tests of the Samuelson-Stolper Theorem, in: P. Oppenheimer (Ed.), Issues in Intemational Economics. London 1980. 12'

180

Nationale Handelspolitik

Zolles in Höhe von CD verteuert sich das Angebot auf A/. Die Importausgaben der Inländer verändern sich auf NOGC. Von diesen Ausgaben erhält das Ausland nur NOED. Der Rest in Höhe von DEGC fließt dem inländischen Staat als Zolleinnahme zu. In der Handelsbilanz werden die Importe mit dem cif-Wert (cif: cost, insurance, freight, also ohne Zollabgaben) erlaßt. Damit fällt eine Aussage über die Wrkung von Zöllen auf die Handelsbilanz eines kleinen Landes leicht: Aufgrund der zurückgehenden Importmengen verringert sich das Importvolumen. Da die Exporte konstant bleiben (Annahme des kleinen Landes), wird die Handelsbilanz tendenziell aktiviert. Für die Höhe des Volkeinkommens ist das Ergebnis weniger eindeutig: Ist die Preiselastizität der Importnachfrage geringer als eins, so sind die Ausgaben der Inländer für Importgüter nach Zollerhebung größer als vorher. In der Abbildung 45 ist in diesem Fall die Fläche NOGC größer als die Fläche UOEB. Daraus folgt unmittelbar, daß die Inländer ihre Ausgaben für die im Inland produzierten Güter drosseln müssen. Bei dieser Konstellation müssen zwei Fälle unterschieden werden: Im ersten Fall sollen die Zolleinnahmen des Staates zu zusätzlichen Staatsausgaben (der Staat frage nur inländische Güter nach) in gleicher Höhe führen. Dann ist der Zolleffekt insgesamt expansiv. Die Inländer fragen zwar in Höhe der Differenz zwischen DEGC und UNDB weniger inländische Güter nach, jedoch fragt der inländische Staat gleichzeitig DEGC Inlandsgüter mehr nach. Insgesamt entsteht also ein expansiver Impuls in Höhe von UNDB, der über multiplikative Anpassungsprozesse zu noch größeren Volkseinkommenserhöhungen führen kann. Im zweiten Fall nutzt der Staat seine zusätzlichen Einnahmen nicht zur Ausgabenerhöhung. Es entsteht ein kontraktiver Effekt auf das Volkseinkommen. Der negative Impuls entspricht der Differenz zwischen den

Preis P.

1

G

c

F!. E 0

:u Imp;

0

QT

Oo

Importmenge

Abb. 45: Zölle, Handelsbilanz und Volkseinkommen

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

181

Flächen UNDB und DEGC. Über den Multiplikatoreffekt ergibt sich eine noch stärkere Verringerung des Volkeinkommens. Tabelle 8 faßt die verschiedenen Fälle und ihre Voraussetzungen zusammen. In der Realität führen zusätzliche Staatseinnahmen regelmäßig auch zu höheren Staatsausgaben, insbesondere dann, wenn der Einfuhrzoll mit dem Ziel eines expansiven Volkseinkommenseffektes erhoben wird. Insofern kann im Normalfall von einem expansiven Zolleffekt auf das Volkseinkommen ausgegangen werden. Tabelle 8 Einfuhrzoll und Volkseinkommen

n< l•l

1r

> 1•)

keine zusätzlichen Staatsausgaben

Volkseinkommen sinkt

Volkseinkommen steigt

Zolleinnahmen = zus. Staatsausgaben

Volkseinkommen steigt

Volkseinkommen steigt

a) :n: ist die Preiselastizität der Importnachfrage.

2. Ökonomische Wirkungen eines Einfuhrkontingentes Die Effekte eines Einfuhrkontingentes können anband von Abbildung 37 auf Seite 160 veranschaulicht werden. Der Weltmarktpreis des Importgutes vor der Kontingentierung sei P 0 • Das Inland fragt BE Mengeneinheiten nach und produziert AE Mengeneinheiten. Die Importe betragen folglich BA. Das Inland beschließe, seine Importe mittels eines Kontingentes auf HC zu reduzieren. Die Effekte eines Kontingentes entsprechen weitgehend denen eines Einfuhrzolles: Der inländische Preis steigt auf P 3 (Preiseffekt), der inländische Verbrauch sinkt auf CG (Konsumeffekt), die inländische Produktion steigt auf HG (Produktionseffekt). Der ausländische Preis fällt auf P 4 . Allerdings existieren auch wesentliche Unterschiede:22 22 Hier kann nur auf die wichtigsten Unterschiede eingegangen werden. J. Bhagwati: Trade, Tariffs, and Growth. Cambridge (Mass.) 1969, vergleicht Zölle und Kontingente für unvollkommene Märkte. M. D. Pelcovits: Quotas versus Tariffs. Journal of International Economics, Vol. 6 (1976) stellt einen solchen Vergleich bei Zufallsschwankungen von Angebot und Nachfrage an.

182

Nationale Handelspolitik a) Vorteile gegenüber dem Zoll

Bei unelastischem ausländischen Exportangebot (z. B. bei landwirtschaftlichen Produkten; in den Abbildungen 37 b und 37 c wären die Angebotsfunktionen Exp* bzw. A 9 relativ steil) würde bei Zollerhebung der Inlandspreis nur geringfügig steigen. Der ausländische Preis würde stark sinken, die Importmenge jedoch nur unwesentlich reduziert. Abbildung 46 veranschaulicht dies. Im Fall eines relativ elastischen Angebotes (A 91 bzw. A 9 f) steigt der inländische Preis bei der Erhebung eines spezifischen Zolles in Höhe von DC von P 0 auf P 1• Bei einem unelastischen Angebot (A 92 bzw. A 9 ü steigt der Preis bei gleicher Zollbelastung DC hingegen nur auf P 2 • Während die importierte Menge bei elastischem Angebot um Q0 - Q 1 sinkt, beträgt die Importreduktion bei unelastischem Angebot nur Q 0 - Q 2 • Die inländischen Preis- und Importmengenreaktionen fallen also gering aus. Diesen geringen inländischen Wirkungen steht eine starke Verringerung des ausländischen Preises gegenüber: Der ausländische Preis entspricht dem inländischen Preis abzüglich dem Zollbetrag. Bei elastischem Angebot fällt er auf P 1a, bei unelastischem Angebot auf P 2a. Die terms of trade verbessern sich zwar somit bei unelastischem Angebot stärker zugunsten des Inlandes, jedoch ergibt sich kein spürbarer Schutzeffekt. Mit der Einführung eines Kontingents können hingegen (auch ohne Kenntnis der Elastizitäten) die Reduzierung der Importmenge und damit der Schutzeffekt genau abgestimmt werden. Im übrigen sind Kontingente administrativ flexibler zu handhaben. Es entfällt das bei Zöllen übliche schwerfällige parlamentarische Verfahren.

b) Nachteile gegenüber dem Zoll

Die Differenz zwischen dem inländischen Preis und dem ausländischen Preis fiel im Falle der Zollerhebung dem Staat zu (Zolleinnahmen in Höhe von HCDM in Abbildung 37 c). Wem diese Einnahmen bei Kontingentierung - man spricht in diesem Fall auch von der Kontingentrente - zufallen, ist nicht von vornherein feststellbar. In dem einen Extremfall könnte der Importeur das Gut zum Preis von P 4 (Abbildung 37 a) vom ausländischen Exporteur kaufen und für P 3 im Inland weiterverkaufen. Dann fiele ihm die Kontingentrente im vollen Umfang zu. Hierzu müßte der Importeur jedoch Monopsonist (d.h. der einzige Importeur) sein.

Wirkungen handelspolitischer Eingriffe

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Im anderen Extremfall ist der ausländische Anbieter Monopolist (d.h. der einzige Anbieter) für das Importgut. Dann wird er dem Importeur das Gut zum Preis von P 3 verkaufen und somit die Kontingentrente abschöpfen. Im bilateralen Monopol (ein Importeur, ein Exporteur) oder anderen Marktformen wird eine Einigung zwischen diesen beiden Extremen erfolgen. Es wäre aber auch möglich, daß der Staat die Importlizenzen versteigert. In diesem Fall würde er die Kontingentrente erhalten.

Abb. 46: Zoll versus Kontingent

Der inländische Staat kann auch auf jede Beeinflussung der Lizenzverteilung verzichten und dem ausländischen Staat dies überlassen. In diesem Fall fällt die Kontingentrente in vollem Umfang der ausländischen Wirtschaft zu: Entweder erhält der ausländische Staat die Kontingentrente oder die ausländischen Exporteure erzielen einen höheren Preis. Dies ist der Hintergrund der "freiwilligen Exportbeschränkungen" im Textil- oder Automobilsektor, die weiter oben erwähnt wurden. Industrieländer wie die USA oder die EG wollen ihre Einfuhr beschränken. Für ihre Handelspartner (Japan bzw. die Entwicklungsländer) ist es sinnvoller, ihr Exporte "freiwillig" zu beschränken, anstatt die Einführung von Importkontingenten zu provozieren, weil sie so die Kontingentrente abschöpfen können. Die Verteilung der Kontingentrente hat Folgewirkungen auf das Volkseinkommen. Im vorigen Abschnitt wurde gezeigt, daß sich bei unelastischer Importnachfrage die Ausgaben der Inländer für Importgüter erhöhen. In diesem Fall ist es von entscheidender Bedeutung, wem die Kontingentrente zufällt. Erhält der inländische Staat oder der inländische Importeur die Kontingentrente und nutzt er diese zu Ausgabensteigerungen, so kann dennoch von einem expansiven Effekt auf das inländische Volkseinkommen

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Nationale Handelspolitik

ausgegangen werden. Fällt die Kontingentrente hingegen dem ausländischen Staat oder dem Exporteur zu, so ist mit kontraktiven Wirkungen auf das Volkseinkommen zu rechnen. Als weiterer wichtiger Nachteil des Kontingents wird angeführt, daß es sich um ein marktinkonformes Instrument handelt, weil der Preismechanismus ausgeschaltet wird. Bei Zöllen hingegen behält der Preis zumindest einen Teil seiner Allokationsfunktion: Wenn sich beispielsweise im Ausland eine Produktivitätssteigerung ergibt und der Weltmarktpreis zuzüglich des Zolles unter den inländischen Preis fällt, so nehmen die Importe zu. Im Falle eines Kontingents bleibt die Importmenge konstant, egal wie stark der Weltmarktpreis sinkt.

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Viertes Kapitel Zollargumente und die second-best Natur von Zöllen Im vorangegangenen Kapitel wurden die Wirkungen von Einfuhrzöllen und Einfuhrkontingenten betrachtet. Mit der Analyse der Wirkungen auf verschiedene ökonomische Parameter (inländische Preise, Importmenge, Wohlstands- und Einkommensverteilung, Staatseinnahmen, Real- und Volkseinkomen sowie Zahlungsbilanz) wurden implizit bereits wichtige Zielsetzungen bei der Einführung von Handelshemmnissen genannt. Die Verringerung der Einfuhrmengen ist meist nur ein Zwischenziel zur Erreichung anderer, übergeordneter Ziele. Auf diese übergeordneten Ziele soll im folgenden eingegangen werden. Dabei soll im einzelnen gezeigt werden, daß zur Zielerreichung neben den Zöllen andere, effektivere Instrumente zur Verfügung stehen. Zölle sind damit nicht nur unter weltwirtschaftliehen Gesichtspunkten wohlstandsmindernd, sondern unter nationalen Gesichtspunkten ineffizient. Die Gliederung entspricht dabei der in der Volkswirtschaftslehre üblichen Vorgehensweise: Allokation, Distribution und Stabilisierung. Anschließend wird kurz auf einige nichtökonomische und pseudoökonomische Argumente für Zölle eingegangen. 1. Allokative Ziele

Unter dem Begriff der Allokation versteht man im statischen Sinne das Ergebnis der Zuordnung der Produktionsfaktoren zu Produktionsprozessen. Im Zusammenhang mit den Ausführungen des ersten Teils dieses Buches beschreibt die Allokation, in welchem Verhältnis die vorhandene Menge der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital auf die Produktion von Exportund Importgütern aufgeteilt wird. Über gegebene Produktionsfunktionen ist mit der Allokation das Produktionsergebnis vorherbestimmt a) Internalisierung externer Effekte

Die Allokation bei Freihandel kann suboptimal oder ineffizient sein, wenn die Voraussetzungen des vollkommenen Marktes nicht vorliegen und externe Effekte auftreten.

Zollargumente und die second-best Natur von Zöllen

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Externe Effekte liegen vor, wenn die Produktion oder der Konsum eines Gutes die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt berührt und der Preis des Gutes diese externen Kosten oder Nutzen nicht reflektiert. Im Falle positiver externer Effekte kann die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt gesteigert werden, wenn die inländische Produktion oder der inländische Konsum erhöht werden. Als Beispiel mag das Bierbrauen dienen: Die Brauerei braucht reines Wasser, ihre Aktivitäten können die Wasserverschmutzung in ihrer Umgebung verringern, wenn sie das von ihr gereinigte Wasser nicht vollständig verbraucht. Der Brauer erhält die Erlöse aus dem Bierverkauf, die Verbesserung der Wasserqualität wird ihm hingegen nicht über Zahlungen entlohnt. Aufgrund des Versagens des Marktes, dem Brauer nur für die private Nutzenstiftung (der Biergenuß), nicht aber auch für den sozialen Nutzen (Verringerung der Umweltverschmutzung) zu bezahlen, wird die Bierproduktion geringer sein als gesamtwirtschaftlich optimal wäre. Ein Zoll auf Bier würde ausländische Importe verteuern sowie die Nachfrage nach inländischem Bier und damit den Preis des inländischen Bieres erhöhen. In der Folge davon käme es zur Reallokation der inländischen Produktionsfaktoren zugunsten der Brauindustrie, die inländische Bierproduktion würde steigen. Die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt würde aufgrund der verringerten Umweltverschmutzung ebenfalls steigen. Auch für externe Effekte des Konsums lassen sich Beispiele finden: Der Gebrauch von Kraftfahrzeugen belastet die Umwelt; eine Zollerhöhung würde den inländischen Preis von ausländischen (und über die Substitutionsbeziehung auch den Preis von inländischen) Kraftfahrzeugen erhöhen und somit den Absatz verringern, die Umweltbelastung würde sinken. Auch eine Zollbelastung nur für umweltbelastende Kraftfahrzeuge hätte ähnliche Wirkungen. In der Geschichte finden sich weitere Argumente für Handelsbeschränkungen, die auf externe Effekte abstellen: Der Schutz des gesamten Industriesektors wurde damit begründet, daß die Industrialisierung gleichzeitig zur Urbanisierung und erhöhten Spezialisierung der Arbeiter führe, was wiederum wissenschaftlichen und technischen Fortschritt induziere und gar die kulturelle Entwicklung fördere. Problematisch ist jedoch die verläßliche Quantifizierung der externen Effekte. Damit können die externen Effekte zur Rechtfertigung beliebig starker Handelshemmnisse dienen. Außerdem führt die Verringerung des Außenhandels natürlich auch zur Verringerung der Vorteile: So schrumpfen

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Nationale Handelspolitik

sowohl Handels- als auch Spezialisierungsgewinne23, und inländische Produzenten- und Konsumentenrenten sinken. Deshalb ist ein Zoll nur das zweitbeste Politikinstrument. Die Besteuerung der Produktion, die negative externe Effekte aufweist, bzw. die Subventionierung der Produktion mit positiven externen Effekten sind gesamtwirtschaftlich sinnvoller. Dies soll am Beispiel der negativen externen Effekte gezeigt werden. In Abbildung 47 ist TsTs die Transformationskurve zu sozialen (Grenz-) Kosten. x 2 sei das Gut, bei dessen Produktion negative externe Effekte auftreten. Im Falle der negativen externen Effekte sind die sozialen Kosten größer als die privaten Kosten. Der Unterschied zwischen sozialen und privaten Kosten impliziert, daß das Preisverhältnis, welches sich auf dem freien Markt ergibt, zwar dem Verhältnis der privaten Grenzkosten, nicht aber dem Verhältnis der sozialen Grenzkosten entspricht. Vielmehr ist der relative Preis des Gutes mit den negativen externen Effekten im Verhältnis zu seinen relativen sozialen Grenzkosten zu klein. In Abbildung 47 wurde dem dadurch Rechnung getragen, daß im Produktionspunkt A die Preislinie P 1 eine größere Steigung aufweist als die Transformationskurve. Bei Freihandel symbolisiert die Preislinie P 1 das nationale und internationale Austauschverhältnis. Das Inland wird im Punkte A produzieren. Die Preisgerade ist keine Tangente zur abgebildeten Transformationskurve, weil diese auf den sozialen Kosten, und nicht auf den privaten Kosten beruht. Das Inland konsumiert im Punkte A'. Hierzu wird es BD Einheiten von x 2 exportieren und EC Einheiten x 1 importieren. Das Inland erreicht das Nutzenniveau U1 .

x, Abb. 47: Außenhandel und externe Effekte 23

Vgl. S. 70 ff.

Zollargumente und die second-best Natur von Zöllen

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Hieraus ergeben sich zwei wesentliche Schlußfolgerungen: 1. Die inländische Wohlfahrt kann durch Außenhandel sinken. Ohne Außenhandel würde das Inland seine Spezialisierung auf das Gut x 2 aufgeben und beispielsweise im Punkt A" produzieren und konsumieren. Das erreichte Nutzenniveau (nicht eingezeichnet) wäre höher.

2. Würde sich die Produktion des Inlandes an den sozialen Grenzkosten orientieren, so würde es im Punkte G produzieren. Die Produktion von x 2 würde also erheblich eingeschränkt. Bei dem gegebenen Preisverhältnis könnte es dann im Punkte G' konsumieren und das Nutzenniveau U3 erreichen. Ohne staatliche Eingriffe verharrt das Inland hingegen im Produktionspunkt A, weil sich die Produzenten an den privaten Grenzkosten orientieren. Das Inland erhebe nun einen Zoll auf das Gut XI, der das inländische Preisverhältnis so verändert, daß im Punkt G produziert wird. Zwar könnte das Inland entsprechend der Preislinie PI', die das unveränderte internationale Austauschverhältnis darstellt, den Punkt G' erreichen. Jedoch ist hier die Bedingung für ein Haushaltsoptimum nicht erfüllt. Das nationale Preisverhältnis nach Zollerhebung (dargestellt durch P/} entspricht in G' nicht der Grenzrate der Substitution. Bei dem gegebenen Preisverhältnis wünschen die Inländer mehr von dem relativ billigen Gut XI und weniger von dem Gut x 2 • Den Punkt Z' erreicht das Inland jedoch nicht, weil er nicht auf der Preislinie liegt, die den Ursprung in G hat. Der nutzenmaximale Punkt ist vielmehr Z; er liegt auf der Preislinie und stellt ein Handelsoptimum dar. Der Substitutions- bzw. Konsumeffekt ist negativ. Das erreichbare Nutzenniveau ist U2. Die Zollwirkungen unterscheiden sich also bei negativen externen Effekten von den anderen Fällen: Der Produktionseffekt des Zolles ist hier positiv (Bewegung von PI nach PI'). Der Konsumeffekt ist wie üblich negativ (Bewegung von Z' nach Z), allerdings kommt insgesamt ein positiver Wahlstandseffekt zustande (Bewegung von A' nach Z). Im Vergleich hierzu soll nun davon ausgegangen werden, daß das Inland die Produktion des Gutes x 2 besteuert und aus diesen Einnahmen die Produktion von xi subventioniert. Die Besteuerung sei so stark, daß wiederum im Punkt G produziert wird. Im Unterschied zum Zoll fallen nun jedoch nationales und internationales Preisverhältnis nicht mehr auseinander. Das Inland konsumiert also im Punkte G' und erreicht damit das Nutzenniveau U3.

Der Vorteil der Besteuerung gegenüber der Erhebung eines Zolles besteht letztlich also darin, daß der negative Konsumeffekt vermieden wird, der

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Nationale Handelspolitik

daraus resultiert, daß sich die Inländer an zollverzerrten Preisrelationen orientieren. b) Erziehungszoll

Das Erziehungszollargument (auch: infant industry argument) dürfte das wohl bekannteste Zollargument überhaupt sein. Lanciert wurde es von Friedrich List, der einen entsprechenden Schutz für die sich entwickelnde deutsche Industrie gegen die übermächtige britische Industrie forderte. Heute findet sich dieses Argument oft in Entwicklungsländem, die versuchen, eine eigene Industrie aufzubauen. Mit dem Erziehungszollargument wird nicht bestritten, daß langfristig der Freihandel wünschenswert ist. Jedoch sei das Land nicht in der Lage, seinen wahren komparativen Kostenvorteil unter Freihandelsbedingungen zu realisieren, wenn andere Länder bereits in dem entsprechenden Sektor etabliert sind. Der Erziehungszoll soll die neu entstehende Industrie gegen die ausländische Industrie nur in der Anfangsphase schützen. Beispielsweise könnten einige Entwicklungsländer von ihren natürlichen Voraussetzungen her gesehen erfolgreiche Stahlproduzenten sein. Allerdings sind ihre Bevölkerungen oft an Fabrikarbeit nicht gewöhnt; den Untemehmem und Managem fehlt es an technischem Know-how und an der Fähigkeit, große Mengen an Arbeit und Kapital zu organisieren. Ohne ein schützendes Handelshemmnis müßte ein Stahlproduzent deshalb in der Anfangsphase große Verluste hinnehmen. Diese Verluste mögen nun potentielle Anbieter abschrecken. Wird hingegen ein Erziehungszoll eingeführt, so haben die in dieser Industrie Beschäftigten die Möglichkeit, sich über "leaming by doing" das notwendige Wissen anzueignen und so die Kosten ihrer Produktion immer weiter zu senken. In dem Augenblick, in dem die Stahlproduktion intemational konkurrenzfähig und damit "erwachsen" ist, soll der Erziehungszoll wegfallen. Diese Argumentation gilt in gleicher Weise bei Existenz von economies of scale (Massenproduktionsvorteile). Hier würde der Erziehungszoll so lange aufrechterhalten werden, bis die Produktion auf hinreichend großer Stufenleiter läuft, um mit den intemational geringen Stückkosten zu konkurrieren. Abbildung 48 illustriert den Sachverhalt: Für das Inland gelte die Transformationskurve TT, das intemationale Austauschverhältnis sei durch P w gekennzeichnet. Das Land produziert in A und konsumiert in C. Das Inland spezialisiert sich also auf die Produktion von x 1 und exportiert hiervon DB Mengeneinheiten. Das inländische Nutzenniveau ist U1 .

Zollargumente und die second-best Natur von Zöllen

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Abb. 48: Das Erziehungszollargument

Das Erziehungszollargument geht nun davon aus, daß die Linie TT nur die augenblickliche, auf privaten Grenzkostenüberlegungen basierende Transformationskurve sei. Die "wahre", langfristig erreichbare Transformationskurve sei hingegen T'T und deute auf komparative Kostenvorteile bei der Produktion von x 2 • Um diese Transformationskurve zu erreichen, muß nun für die oben geschilderte Anpassungsperiode die Produktion von x 2 durch einen Erziehungszoll geschützt werden. Der Zoll sei prohibitiv und verändere das inländische Tauschverhältnis auf P;'. Das Inland produziert und konsumiert nun im Punkt Z. Produktions- und Konsumeffekt führen zu einem eindeutigen (vorübergehenden) Wohlfahrtsverlust, denn das neue Nutzenniveau ist U0 • Nach Abschluß der Erziehungszeit wird der Zoll aufgehoben. Das internationale Austauschverhältnis P w gelte nun auch wieder im Inland; die neue Preislinie ist dann Pw'· Das Inland produziert in A' und konsumiert in C'. Damit hat sich das Inland auf die Produktion des Gutes x 2 spezialisiert. Die Richtung des Güterhandels hat sich gedreht. Zunächst exportierte das Inland x 1 und importierte x 2 , während es nach der Erziehungszeit x 2 exportiert und x 1 importiert. Das neue Nutzenniveau ist U2 und somit eindeutig höher als vorher. Der Erziehungszollgedanken impliziert, daß die während der Erziehungszeit anfallenden Wohlfahrtsverluste durch die Wohlfahrtsgewinne der Zukunft ausgeglichen werden können.

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Nationale Handelspolitik

Es stellt sich erneut die Frage, ob ein Zoll das bestmögliche Instrument zur Erreichung dieser Wohlfahrtssteigerung ist. Die Antwort ist abermals nein. Das Inland kann eine Produktionsumstellung in Richtung Punkt Z wiederum durch Besteuerung von x 1 und Subventionierung von x 2 erreichen. Dann bleibt das internationale Austauschverhältnis auch im Inland erhalten

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Regionale wirtschaftliche Integration

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des Importangebotes und Anstieg der Importnachfrage ein Marktgleichgewicht einstellt. In Abbildung 58 ist der neue Gleichgewichtspreis P 5 • Wegen der Zollfreiheit gilt er auch für das Partnerland; der Drittlandpreis sinkt auf P 6 und differiert damit wiederum in Zollhöhe vom Inlandspreis P 5 • Bei dieser Preiskonstellation ist die IJ?portnachfrage des Inlandes auf GH gestiegen und ist damit gleich der Sti;mme des Angebotes JK (aus dem Partnerland) und LM (aus dem Drittland). Wie im ersten Fall hat sowohl eine Handelsausweitung (trade creation), wie auch eine Handelsablenkung (trade diversion) stattgefunden. Jedoch ist die Handelsablenkung nur partiell, denn das Drittland ist auch nach Zollunionsbildung Importeur, wenn auch in verringertem Umfang. Die Wirkungen sind im Prinzip die gleichen wie im Fall völlig elastischer Angebotskurven (Abb. 56), jedoch unübersichtlicher. Zunächst kennzeichnen im Inlandsdiagramm die Dreiecke a und b die Wohlfahrtsgewinne durch Kosteneinsparungen bzw. Nutzenzuwachs und das Rechteck c die Wohlfahrtseinbuße durch Verschlechterung der terms of trade. Allerdings tritt die Verschlechterung der tot durch Zollwegfall nur für die Partnerlandimporte ein. Die Importe aus dem Drittland werden ja weiterhin verzollt und der Drittlandpreis sinkt wegen der neuen Konkurrenz des Partnerlandes von P 1 auf P 6 , so daß sich die tot der Drittlandimporte sogar verbessern. Das Rechteck NHPQ zeigt die Zolleinnahmen aus den Drittlandimporten, so daß sich die Wohlfahrtseinbuße c um dieses Rechteck vermindert. Die Gesamtwohlfahrtswirkungen ergeben sich also aus: a + b - c + NHPQ. Man erkennt, daß der Umfang von Handelsschaffung, Handelsablenkung und tot-Änderung sowohl von den Kostenrelationen in den Ländern als auch von den Angebots- und Nachfrageelastizitäten abhängt. Würden z.B. unter sonst gleichbleibenden Umständen die Preiselastizitäten im Drittland größer, so würde auch die Handelsablenkung zunehmen. Die Handelsausweitung dagegen wird um so höher sein, je größer die Preiselastizitäten in den Zollunionsländern (bei gegebenen Drittlandelastizitäten) sind. Abgesehen davon, daß die in dem vorgeführten Verfahren erfolgte Aufrechnung von objektiv kalkulierbaren Kosten- und Ertragsveränderungen gegen subjektive Nutzenveränderungen sehr angreifbar ist, müßten zur Ermittlung der Wohlfahrtswirkungen in der gesamten Zollunion auch die Auswirkungen in den Partnerländern berücksichtigt werden. In der Abb. 58 steigt der Preis im Partnerland von P 4 auf P 5 • Die Konsumenten werden benachteiligt, die Produzenten dagegen begünstigt. Der Zuwachs an Produzentenrenteist um das Dreieck d größer als der Verlust an Konsumentenrente und signalisiert damit einen Wohlfahrtsgewinn. Dieses Problem tauchte im Falle völlig elastischen Angebots des Partnerlandes (Abb. 56) gar

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

nicht auf, da die Produktionsausdehnung infolge der Lieferungen an das Inland weder Kosten- noch Preissteigerungen für das Partnerland bewirkte und somit auch die Produzenten und Konsumenten unberührt ließ. Auch das modifizierte Modell bestätigt also, daß generelle Aussagen über die Wohlstandswirkungen einer Zollunion für ein Mitgliedsland oder die Zollunion insgesamt auch unter Modellbedingungen nicht möglich sind. Vielmehr spielen die jeweiligen Angebots- und Nachfrageelastizitäten und die Preisdifferenz insbesondere zwischen Weltmarkt und Partnerland die entscheidende Rolle. Über die bisherigen kritischen Anmerkungen hinaus lassen sich jedoch gegen die vorgeführte Modellbetrachtung zahlreiche weitere Einwendungen vorbringen. - Eine Einschränkung der Aussagekraft des Modells ergibt sich bereits aus der Beschränkung der Betrachtung auf ein einziges Gut. Damit ist einmal gemeint, daß der für ein Gut geschilderte Vorgang der Handelsausweitung und -Verlagerung sich im realistischen Fall bei einer Vielzahl von Gütern mit möglicherweise höchst unterschiedlichem Ergebnis vollzieht. Die Ermittlung der Wirkungen einer Zollunionsbildung ist daher im konkreten Fall auch aus diesem Grund schwierig. Aber neben diesen praktischen Schwierigkeiten gibt es grundsätzliche Einwendungen gegen die Ein-Produkt-Betrachtung. Sie ergeben sich insbesondere daraus, daß bei Ausdehnung des Handels (trade creation) im Importland ein Rückgang der Inlandsproduktion erfolgt. Die dabei freigesetzten Produktionsfaktoren werden für die Produktion anderer Güter verwendet. Es ist klar, daß die Wirkungen der Unionsbildung auch davon bestimmt werden, wofür und mit welchem Ergebnis die freigesetzten Faktoren eingesetzt werden. Das Ein-Produkt-Modell gibt darüber keine Auskunft. Einfach erscheint das Problem, wenn man- wie es häufig geschiehtzu einem Zwei-Produkte-Modell übergeht. Dann muß logischerweise die Produktionseinschränkung beim Importgut eine Produktionssteigerung des zweiten Gutes nach sich ziehen, dessen Mehrproduktion - zumindest teilweise - exportiert wird. Aus der Sicht des Partnerlandes ist es genau umgekehrt. Diese Veränderung der internationalen Faktorallokation steigert die Effizienz des Faktoreinsatzes innerhalb der Zollunion; denn die Mitgliedsländer spezialisieren sich zunehmend auf ihr relativ kastengünstigeres Gut. Geht man allerdings realistischer von mehr als zwei Produkten aus, so ist das obige Ergebnis nicht mehr zwingend; denn nun können als Folge der Produktionseinschränkungen der verstärkt importierten Güter Produktionsausdehnungen bei unterschiedlichen Gütern erfolgen. Es kann nun sein, daß sich die freigesetzten Faktoren nicht optimal auf die möglichen

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Verwendungen verteilen 55 • Gibt es z.B. zwei Importgüter, von denen eines nach der Zollunionsbildung teilweise oder ganz aus dem Partnerland importiert wird, während das andere weiterhin nur aus dem Drittland bezogen wird, so sinkt der Inlandspreis des ersten in Relation zum unveränderten Preis des zweiten. Das schafft einen Anreiz zur Ausdehnung der Inlandsproduktion des zweiten Gutes. Möglicherweise ist aber der Effizienzrückstand des Inlandes gegenüber dem Drittland beim zweiten Gut größer als der Rückstand gegenüber dem Partnerland bei dem ersten Gut. Das würde bedeuten, daß das Inland die Produktion der relativ effizienteren Produktion zugunsten der relativ ineffizienteren einschränkt. - Über dieses Beispiel hinaus sind noch andere ineffiziente Produktionsumschichtungen im Inland möglich, so etwa zwischen zwei Exportgütern, wenn die Bildung der Zollunion zu einer Verzerrung der Preisrelation zwischen beiden Gütern führt. Kann z.B. das Inland infolge des Zollabbaus die Exporte des einen Gutes ins Partnerland erhöhen und damit das Drittland partiell verdrängen, so steigt der Inlandspreis, während der Weltmarktpreis sinkt. Sind sich beim zweiten Exportgut (ins Drittland) die Partnerländer ebenbürtig, so führt auch der Zollabbau zwischen ihnen nicht zu Außenhandel. Es bleibt beim Export ins Drittland zu konstantem Preis. Damit hätte sich im Inland das erste Exportgut relativ zum zweiten verteuert, und Ressourcen würden in seine Produktion gelenkt. Damit erhöht sich die Produktion des Gutes, bei dem sich die Kostendifferenz zwischen Inland und Drittland vergrößert hat, während das Gut, bei dem die Kosten- und Preisrelation des Inlands zum Ausland gleich günstig geblieben ist, Produktionsrückgänge zu verzeichnen hat. Ein weiterer Einwand gegen das bisherige Verfahren richtet sich gegen den partialanalytischen Ansatz. Es wird also explizit nur ein Markt (ein Gut) berücksichtigt, so daß Rückwirkungen auf andere Märkte vernachlässigt bleiben. Mit Hilfe einer allgemeinen Gleichgewichtsanalyse kann man zwei Güter in die Betrachtung einbeziehen, so daß die Zusammenhänge zwischen beiden Märkten analysiert werden können. Sie stehen dabei für die Vielfalt der Märkte und ihrer Beziehung in einer Volkswirtschaft. Eine solche generelle Analyse ist einer Partialanalyse prinzipiell immer dann vorzuziehen, wenn ins Gewicht fallende Rückwirkungen zu erwarten sind. In der Außenhandels- und in der Optimalzolltheorie wurden die Instrumente der allgemeinen Gleichgewichtsanalyse bereits eingesetzt56 • Es wurde gezeigt, daß man mit Hilfe nationaler Tauschkurven das internationale Tausch55 Vgl. dazu Paul Collier: The Welfare Effects of Customs Union: An Anatomy. The Economie Journal, Vol. 89 (März 1979), S. 84ff. ss Siehe oben, S. 20 ff. und Abb. 42 und 43 ff. auf den Seiten 173 ff.

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

gleichgewicht ermitteln kann, das sowohl die Mengen als auch das Realtauschverhältnis der gehandelten Güter anzeigt. Es ließen sich ferner die Wirkungen von Zöllen bzw. Zolländerungen auf das Tauschgleichgewicht und damit auf das Außenhandelsvolumen und die terms of trade nachweisen. Ein schwerwiegender Nachteil der allgemeinen Gleichgewichtsanalyse ist jedoch darin zu sehen, daß sie nicht ohne die Verwendung sozialer Nutzenfunktionen auskommt. Da gesellschaftliche Nutzenfunktionende facto nicht ermittelbar sind, ist die praktische Relevanz der Analyse gering, zumal auch die Konstruktion der Tauschkurven unter Verwendung von gesellschaftlichen Indifferenzkurvensystemen erfolgt.- Darüber hinaus jedoch ist auch das theoretische Konzept angreifbar, weil die diskutierten Zollwirkungen mit ziemlicher Sicherheit auch die Einkommensverteilung in den beteiligten Ländern ändern. Daraus wiederum resultiert eine Veränderung der gesellschaftlichen Nutzenfunktion (sich schneidende Indifferenzkurven). Damit werden logisch einwandfreie Aussagen über die Wohlstandswirkungen von Zöllen, Zollunionsbildungen u. ä. unmöglich; denn ob ein Punkt auf einer Indifferenzkurve der alten Nutzenfunktion gegenüber einem realisierten Punkt auf einer Kurve der neuen Nutzenfunktion einen höheren oder niedrigeren gesellschaftlichen Nutzen repräsentiert, läßt sich nicht sagen. Nicht die theoretische Richtigkeit der Zollunionstheorie wohl aber ihre praktische Bedeutung und Anwendbarkeit wird entscheidend durch die zugrundeliegenden Voraussetzungen bestimmt. Diese Voraussetzungen entsprechen weitgehend den in der herkömmlichen Außenhandelstheorie üblichen. Dazu gehören: vollkommene Märkte (hohe Wettbewerbsintensität, homogene Güter, Markttransparenz, keine externen Effekte), konstante Faktorausstattung, unveränderlicher Stand der Technik, nationale Mobilität und Substituierbarkeit der Produktionsfaktoren, internationale Immobilität der Produktionsfaktoren, passive Rolle des Staates mit Ausnahme der Zollpolitik.- Auf die Realitätsferne dieser Voraussetzungen ist bereits mehrfach hingewiesen worden. Dabei ist einmal der Aspekt wichtig, daß Prämissenänderungen die Analyseergebnisse nicht unbeeinflußt lassen. Im Fall der "vollkommenen Märkte" wird das bereits aufgrundeinfacher Plausibilitätsüberlegungen deutlich: Auf oligopolistischen oder monopolitischen Märkten arbeiten die Allbieter nicht gewinnlos: Es ist also nicht zwingend, daß sie einen Zoll in vollem Umfang auf die Preise überwälzen; sie können vielmehr auf Kosten ihres Gewinnes ganz oder teilweise darauf verzichten. Zölle bzw. Zollaufhebung hätten damit andere Preis-, Mengen- und schließlich auch Wohlfahrtswirkungen als im Modell der vollkommenen Konkurrenz.

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Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, daß die primären Preis- und Mengenwirkungen zollpolitischer Maßnahmen möglicherweise sekundäre Reaktionen hervorrufen, die für die Gesamtbeurteilung einer Zollunionsbildung von Bedeutung sind. Zwei nachgerade klassische Wirkungen dieser Art, die wegen entsprechender Prämissen im üblichen Zollunionsmodell keine Berücksichtigung finden, sind einmal verstärkte Direktinvestitionen von Investoren aus Drittländern im Zollunionsgebiet mit der Absicht, auf diese Weise die diskriminierenden Zollbarrieren zu überwinden 57 , sowie zum zweiten handelspolitische Gegenmaßnahmen von Drittländern, wodurch ebenfalls die diskriminierenden Effekte der Zollunion kompensiert werden sollen.

(2) Dynamische Wirkungen einer Zollunion Dieser und anderer im theoretischen Modell nicht erfaßter Wirkungen der Zollunionsbildung ist man sich zunehmend bewußt geworden. Sie werden meist im Anschluß an die Modellanalyse unter der Überschrift "Dynamische Wirkungen" abgehandelt. Ihre Integration in die Modellanalyse ist also bislang nicht gelungen. Entsprechend unsicher und vage müssen daher auch diesbezügliche generelle Aussagen bleiben. 1. Der durch Zollabbau erweiterte Binnenmarkt der Zollunion eröffnet den Anbietern der Mitgliedsländer größere Absatzchancen. Sofern dadurch Verfahren der Massen- und Serienproduktion ermöglicht werden, kann es über Skaleneffekte (economies of scale) zu sinkenden Stückkosten kommen. Ein Anstieg der Produktivität wäre also zu verzeichnen.

2. Der Zollabbau führt zu intensiverem Wettbewerb zwischen Anbietern aus verschiedenen Ländern der Zollunion. Das kann zu verstärkter Spezialisierung der einzelnenAnbieterauf bestimmte Varianten eines Produktes führen (Sortimentsbereinigung). Auch hierdurch werden größere Produktionsserien und damit eine kostengünstigere Produktion möglich. -Ein weiterer positiver Effekt des verschärften Wettbewerbs kann darin liegen, daß vorher bestehende nationale Monopole oder Oligopole durch Hinzutreten ausländischer Konkurrenten beseitigt werden, so daß diese Anbieterunter dem Druck des Wettbewerbs zu verstärkten Anstrengungen in Richtung Kostensenkung oder Produktverbesserung gezwungen werden. Auf diese Weise können auch erhöhte Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen und eine daraus resultierende Beschleunigung des 5 7 Das Anschwellen amerikanischerund britischer Direktinvestitionen nach Bildung der Zollunion im Rahmen der EWG läßt sich zumindest teilweise damit erklären.

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technischen Fortschritts als Folge der Zollunionsbildung begründet werden. Allerdings läßt sich ähnlich plausibel argumentieren, daß der den Selektionsprozeß verschärfende intensivere Wettbewerb zusammen mit den das Größenwachstum der Unternehmen begünstigenden Skaleneffekte mehr oder weniger schnell wieder zur Bildung marktbeherrschender Positionen und zur Minderung der Wettbewerbsintensität führt. Diese Argumentation hat um so mehr Gewicht, je schlechter es um eine wirksame gemeinsame Wettbewerbspolitik innerhalb der Zollunion bestellt ist. 3. Der Abbau der Handelsschranken und die intensivere wirtschaftliche Verflechtung innerhalb der Zollunion führt auch dazu, daß sich technisches und organisatorisches Wissen schneller verbreitet und daß generell der Informationsfluß und damit die Markttransparenz erhöht wird. Auch daraus erwachsen tendenziell effizienzsteigernde Effekte. Das kann sich ausdrücken in einem beschleunigten Anstieg des generellen technologischen Standards oder/und in einer Verbesserung der Faktorallokation infolge verbesserter Transparenz. 4. Wie bereits kurz erwähnt, entsteht für die diskriminiertenAnbieteraus Drittländern ein Anreiz, durch Direktinvestitionen innerhalb der Zollunion die Handelsverlagerung zu kompensieren und ihre Position auf den Märkten der Zollunion zu verteidigen. Dabei dürften Größe und Volumen des neuentstandenen Binnenmarktes eine zusätzliche Attraktion darstellen. Derartige Direktinvestitionen fördern einmal den Wettbewerb innerhalb der Zollunion, indem sie Drittlandanbietern einen günstigeren Zugang zum Binnenmarkt verschaffen. Auch die anderen Vorteile verstärkter wirtschaftlicher Verflechtung wie Beschleunigung des technischen Fortschritts und schnellere Verbreitung neuen technischen Wissens können hierbei zum Tragen kommen.- Allerdings ist diese Argumentation nur dann stichhaltig, wenn im konkreten Fall vermieden werden kann, daß Großinvestoren aus Drittländern (Multinationale Unternehmen) in der Zollunion marktbeherrschende Stellungen erringen. 5. Bedeutungsvoll ist auch der Umstand, daß wirtschaftspolitische Reaktionen auf die Zollunionsbildung in der Zollunionstheorie unberücksichtigt bleiben. Zieht man hingegen die naheliegende Möglichkeit von handelspolitischen Gegenmaßnahmen seitens wichtiger Drittländer in Betracht, so werden die bisher diagnostizierten Wohlfahrtswirkungen mehr oder weniger fraglich. Verschärfte Beschränkungen für Importe aus Zollunionsländern würden nämlich tendenziell deren terms of trade verschlechtern und eine ungünstigere Faktorallokation zwischen Zollunion

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und dem Rest der Welt bewirken. Die Wahrscheinlichkeit eines insgesamt positiven Wohlstandseffekts für die Zollunionsländer würde damit generell sinken; außerdem wird die Prognose der Wohlstandswirkungen wesentlich erschwert. Sie wären daher gut beraten, sich des Wohlwollens oder zumindest des stillschweigenden Einverständnisses wichtiger Drittländer zu versichern. Eine solche Haltung fällt den Drittländern um so leichter, je positiver sich die voraussehbaren Folgen der geplanten Zollunion für sie ausnehmen. Die Zusage eines allmählichen Abbaus auch der Drittlandzölle wäre ein solcher positiver Gesichtspunkt. Auch die Überlegung, daß ein beschleunigter Wohlstandsanstieg in der Zollunion auch zu steigenden Importen aus Drittländern führen dürfte, kann aus der Sicht der Drittländer als Positivum gewertet werden. Wirtschaftspolitische Reaktionen auf die Zollunionsbildung kann es jedoch auch in den Mitgliedsländern selbst geben. Zwar erscheint es zunächst widersinnig, daß das selbstgesteckte Ziel "Freihandel durch Zollfreiheit" von Vertragspartnern durch Anwendung anderer handelspolitischer Maßnahmen konterkariert werden könnte. Die praktischen Erfahrungen, z.B. in der EG, zeigen jedoch, daß es sich hierbei keineswegs um eine abwegige Überlegung handelt. Der Einsatz von Instrumenten aus dem großen Arsenal der nichttarifären Handelshemmnisse stellt in der EG keine Seltenheit dar. Auch für diesen Fall ist zu sagen, daß damit eine auf den Zollabbau beschränkte Analyse der Zollunionseffekte im Prinzip irrelevant oder zumindest fragwürdig wird. (3) Erfolgschancen einer Zollunion und Gründe für ihre Bildung

Ungeachtet der zahlreichen Einwände und der daraus resultierenden Ergebnisunsicherheiten der Zollunionsanalyse, lassen sich nach dem Gesagten doch einige Bedingungen formulieren, deren Erfüllung die Chancen positiver Wohlstandswirkungen einer Zollunionsbildung erhöhen: (1) Die wirtschaftliche Größe des Zollunionsgebietes ist von Bedeutung, weil mit wachsender Größe des Integrationsgebietes die Wahrscheinlichkeit wächst, daß auch innerhalb der Zollunion kostengünstige Anbieter für viele der produzierten Güter vorhanden sind. Das bedeutet, daß die Handelsverlagerung, die ja die Verdrängung von Drittlandsanbietern vom Binnenmarkt ausweist, ihre negative Wirkung ganz oder teilweise einbüßt, weil mit ihr keine oder nur eine vergleichsweise kleine Verschlechterung der terms of trade verbunden ist 58 • - (2) Des weiteren beeinflußt die Produktionsstruktur der Zoll58

Vgl. S. 337.

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

unionsländer maßgeblich die Wirkungen des Zusammenschlusses. Und zwar sind die Chancen positiver Wohlstandswirkungen um so größer, je ähnlicher die Produktionsstruktur der Mitgliedsländer ist. Ihr Angebot wäre dann weitgehend substitutiv und der Abbau der Handelsschranken zwischen ihnen würde zu einem verschärften Wettbewerb führen. Neben einer Förderung des technischen Fortschritts würde dadurch vor allem eine Verbesserung der Faktorallokation bewirkt, weil sich im Wettbewerbsprozeß jeweils die leistungsfähigsten Anbieter durchsetzen, also innerhalb der Zollunion eine zunehmende Spezialisierung auf die jeweils am günstigsten zu produzierenden Güter stattfindet. Sind dagegen die Produktionsstrukturen der Mitgliedsländer komplementär, d.h. stehen ihre Produkte nicht in Konkurrenzbeziehung zueinander, so würde der Zollabbau nicht zu einem produktivitätssteigemden Selektionsprozeß durch verschärften Wettbewerb innerhalb der Zollunion führen. Eine erhebliche Handelsausweitung, in deren Gefolge die Produktionsfaktoren innerhalb der Zollunion umverteilt werden, findet nicht statt. Das Hauptgewicht der Wirkungen liegt vielmehr darin, daß die jeweils substitutiven Drittlandsanbieter diskriminiert werden. Vereinfacht gesagt besteht die Hauptwirkung in diesem Fall in einer Handelsverlagerung, also in einer Verdrängung leistungsfähigerer Drittlandsanbieter durch weniger leistungsfähigeAnbieteraus den Mitgliedsländem.- (3) Nahezu trivial ist der Hinweis darauf, daß die Höhe der beseitigten Zölle (oder anderer Handelshemmnisse) ein wesentlicher Bestimmungsgrund für die Stärke der zu erwartenden Außenhandels- und Wohlstandswirkungen ist. Allerdings ist die Folgerung "je höher der Zollabbau desto höher die Wohlstandsgewinne" nicht statthaft. Denn ob es zu Wohlstandsgewinnen oder -verlusten kommt, hängt wesentlich von den genannten Voraussetzungen (wirtschaftliche Größe, Produktionsstruktur) oder noch anderen Faktoren ab. In einem wirtschaftlich kleinen Integrationsgebiet mit vorwiegend komplementärer Produktionsstruktur beispielsweise sind NettoWohlfahrtsverlustewegen der geringen Spezialisierungseffekte bei gleichzeitiger starker Verdrängung leistungsfähigerer Drittlandsanbieter sehr wahrscheinlich. Je größer bei dieser Konstellation der Zollabbau ist, desto größer ist c. p. der negative Verdrängungseffekt in Relation zum positiven Spezialisierungseffekt. Zum Schluß soll die an dieser Stelle vielleicht überraschende oder sogar befremdliche Frage gestellt werden, ob es überhaupt sinnvoll erscheint, Zollunionen zu bilden. Die Frage soll jedoch nachdrücklich in Erinnerung rufen, daß die Zollunionswirkungen stets durch Vergleich mit der Situation vor der Zollunionsbildung gemessen wurden. Naheliegend wäre jedoch auch ein Vergleich mit einer Situation weltweiter Zollfreiheit. Da bei weltweitem

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Zollabbau die für die Zollunion typische Verdrängung leistungsfähigerer Weltmarktanbieter durch weniger effiziente Zollunionsanbieter unter sonst gleichen Bedingungen nicht eintreten könnte, wäre weltweiter Freihandel die bessere Lösung. Es fragt sich also zunächst, warum sich Länder nicht zu dieser "besten" Lösung bereit finden. Eine erste einfache Antwort darauf ist, daß die globalen Vorteile des Freihandels nicht zwangsläufig mit entsprechenden Vorteilen für die einzelnen Länder einhergehen. Die Analyse der Zollwirkungen hatte ja ergeben, daß die Einführung eines Importzolles die terms of trade des zollerhebenden Landes verbessern kann und daß daraus eine Erhöhung des nationalen Wohlstandes dieses Landes resultieren kann. Logischerweise würden solche einseitigen Vorteile einzelner Länder bei einem generellen Zollabbau verloren gehen. Schon aus diesem Grunde würden sich keineswegs alle Länder an einer weltweiten Freihandelsregelung beteiligen. Sodann wird heute allgemein - wenn auch unter einschränkenden Bedingungen - das Erziehungszollargument anerkannt. Danach ist auch aus wirtschaftlichen Erwägungen zu akzeptieren, daß Entwicklungsländer für einen begrenzten Zeitraum ihre in der Aufbauphase befindlichen Wirtschaftszweige mit protektionistischen Maßnahmen gegen die übermächtige Konkurrenz der Industrieländer abschirmen. Obwohl ein solches Vorgehen keineswegs risikolos ist 59, hat dieser Gedanke auch Eingang in die derzeitige Welthandelsordnung gefunden; denn das GATT räumt den Entwicklungsländern ausdrücklich Sonderrechte ein, die u. a. auch den Einsatz protektionistischer Instrumente zulassen60. Weltweite Zoll- und Protektionsfreiheit wäre derzeit nicht im Interesse vieler Entwicklungsländer. -In den Industrieländern schließlich ist die Neigung weit verbreitet, Wirtschaftszweige mit schwindender internationaler Wettbewerbsfähigkeit durch protektionistische Maßnahmen zu schützen. Der Übergang zum Freihandel fällt einem Land naturgemäß um so schwerer, je stärker es sich einer solchen Politik verschrieben hat oder je stärker der politische Druck zugunsten einer solchen Politik ist. Die Verwirklichung weltweiten Freihandels erscheint aus den genannten Gründen undangesichtsder gegenwärtigen und absehbaren weltwirtschaftliehen Lage illusorisch. Es spricht daher einiges für die These, daß eine schrittweise Verwirklichung des Freihandels durch Bildung von Zollunionen bessere Chancen hat. Denn eine kleine Zahl von Ländern mit ähnlicher Ausgangssituation und gleichgerichteten Interessen kann sich eher zu einem regional begrenzten Freihandelsblock zusammenfinden als die Vielzahl unterschiedlichster Länder zu einer weltweiten Freihandelsvereinbarung. 59

so

Siehe oben, S. 190 ff. Siehe oben, S. 213 und S. 215.

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

Eine zweite Frage ist nun, ob angesichts der fehlenden Realisierungschancen eines weltweiten Freihandels die Bildung von regionalen Freihandelsblöcken- gewissermaßen als zweitbeste Lösung- ökonomisch wünschenswert ist. Es wurde deutlich, daß die Blockbildung für die Teilnehmerländer eine Reihe positiver Effekte auslösen kann, so daß bei sinnvoller Blockbildung ein positiver Nettoeffekt erzielbar ist. Viel weniger sicher sind dagegen die Wirkungen für die Drittländer. Sie werden zunächst diskriminiert; ihre terms of trade verschlechtern sich. Daß auch sie längerfristig von der regionalen Blockbildung profitieren, beruht zum einen auf der Erwartung, daß von einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung innerhalb des Blockes Impulse auf den Handel mit Drittländern ausgehen, und zum zweiten auf der Hoffnung, daß die regionalen Blöcke nach Festigung ihrer wirtschaftlichen Position ihre Handelsschranken nach und nach auch gegenüber Drittländern abbauen würden. Auf diese Weise könnte sich dann der Freihandel immer weiter ausdehnen. Allerdings gibt es keinerlei Sicherheit für eine derartige Entwicklung. Ebenso denkbar sind Abwehrreaktionen diskriminierter Drittländer in Form verschärfter Handelsbeschränkungen oder auch durch Bildung von regionalen Handelsblocks mit der Zielsetzung, protektionistischen Gegendruck zu erzeugen. Der nationalstaatliche Protektionismus wäre dann durch einen Protektionismus der Handelsblöcke ersetzt. Eine Eskalierung des Protektionismus erscheint dabei als recht naheliegende Konsequenz. Der Umstand" daß das GATT die Bildung von Freihandelszonen und Zollunionen ausdrücklich zuläßt und die Mitgliedsländer damit von der Einhaltung des Meistbegünstigungsprinzip befreit, beweist allerdings, daß die Väter des GATT regionale Zusammenschlüsse optimistisch als Etappe auf dem Weg zum weltweiten Freihandel ansahen.

(4) Formen weitergehender Integration- einige Bemerkungen Legt man die obigen Definitionen zugrunde, so betreffen die handelspolitischen Regelungen von Freihandelszonen und Zollunionen ausschließlich Zölle. Zollabbau allein führt aber bekanntlich keineswegs zu Freihandel. Weiteres zwingendes Erfordernis ist vielmehr der Abbau bzw. die Nichtanwendung der vielfältigen nichttarifären Handelshemmnisse. Daß dieses Erfordernis erfüllt wird, ist eigentlich ein Gebot der Logik. Da nämlich der unbehinderte Handel innerhalb des Integrationsraumes ausdrückliches Ziel des Zollabbaus ist, wäre der Einsatz anderer protektionistischer Instrumente sinnwidrig. Äußerstenfalls wäre zu konzedieren, daß Zollabbau auch unter unveränderter Beibehaltung bereits vorhandener nichttarifärer Handelshemmnisse Liberalisierungswirkungen haben kann. Eine marktgerechte

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Entwicklung des Handels und der Arbeitsteilung innerhalb des Integrationsgebietes kann sich jedoch nur bei Beseitigung auch der nichttarifären Hemmnisse ergeben. Insofern wäre eine Erweiterung der Begriffe Zollunion und Freihandelszone im Sinne einer Beseitigung aller protektionistischen Handelsbeschränkungen logisch. Es erweist sich jedoch, daß die Realität nicht unbedingt der Logik folgt. Die "Sinnwidrigkeit", abgebaute Zollschranken durch andere Handelsschranken zu ersetzen, läßt sich in der Wirklichkeit durchaus beobachten und findet ihre Erklärung in dem Bemühen der einzelnen Länder, sich auch im Rahmen des gemeinsamen Integrationsvorhabens nationale Vorteile zu sichern. Ein zweiter Grund für die genannte "Sinnwidrigkeit" liegt darin, daß es häufig schwerfällt, den protektionistischen Charakter bestimmter Maßnahmen eindeutig zu identifizieren. Mit den weit gefächerten Möglichkeiten des mittelbaren (administrativen) Protektionismus lassen sich unter plausiblen Vorwänden nationale Sonderinteressen verfolgen, ohne daß ein zweifelsfreier Nachweis der protektionistischen Absichten gelänge. Sieht man einmal von diesen Unzulänglichkeiten ab, so kann man die weitergehenden Integrationsformen als folgerichtige Fortentwicklung der rein handelspolitischen Integration ansehen; so können die Freizügigkeit für Arbeitskräfte und Unternehmen sowie der unbehinderte Kapitalverkehr die positiven Wirkungen des freien Außenhandels unterstützen bzw. ergänzen, indem sie durch Faktorbewegungen eine verbesserte Ressourcenallokation im Integrationsgebiet bewirken. Allerdings kann das für manche Länder erhebliche Netto-Zuströme oder -Abströme von Produktionsfaktoren zur Folge haben, die der Tendenz nach zu einer Verdichtung der wirtschaftlichen Aktivitäten (Agglomeration) bei den einen und zu einer wirtschaftlichen Verdünnung und Entleerung bei den anderen führt. Weitere Probleme ergeben sich aus der Unvollkommenheit der Arbeitsmärkte und dabei insbesondere aus der mangelnden Flexibilität der Löhne nach unten. Sind die Lohnunterschiede zwischen einzelnen Ländern erheblich, und kommt es daraufhin zu internationalen Arbeitskräftewanderungen, so werden im Zuwanderungsland die Löhne nicht oder nur unerheblich sinken, so daß ein neues Arbeitsmarktgleichgewicht nicht erreicht wird. Es kommt also zu Arbeitslosigkeits!. Diese Wirkung aber ist kaum ein Land zu akzeptieren bereit. Dieser Grund und weitere Vorbehalte, die sich aus kulturellen, sozialen und religiösen Unterschieden ergeben können, lassen die internationale Freizügigkeit der Produktionsfaktoren in den Augen vieler als besonders weitgehenden und problematischen Liberalisierungsschritt 61

Vgl. S. 279.

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

erscheinen. Für den internationalen Kapitalverkehr gilt Ähnliches, allerdings mit anderen Begründungens2. Diese Einwendungen, die den Übergang von der Zollunion zum Gemeinsamen Markt in der Tat problematisch machen, können nur durch eine möglichst weitgehende Abstimmung oder Vereinheitlichung der nationalen Wirtschaftspolitiken überwunden werden. So wäre den Problemen der wirtschaftlichen Agglomeration und Deagglomeration als Folge internationaler Freizügigkeit mit einer international abgestimmten oder einheitlichen Regionalpolitik für den gesamten Integrationsraum zu begegnen, um Nachteile zu Lasten einzelner Länder zu verhindern. Auch die Probleme des Imports von Arbeitslosigkeit und der spekulativen Kapitalbewegungen erfordern eine enge wirtschaftspolitische Kooperation. Die Schaffung vergleichbarer Lebens- und Arbeitsbedingungen und die Vermeidung krasser Unterschiede der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (konjunkturell und auch langfristig) würden starke einseitige Wanderungsströme verhindern helfen. - Auch spekulative Kapitalbewegungen sind meist das Ergebnis divergierender wirtschaftlicher Entwicklungen in den beteiligten Ländern und könnten insoweit durch eine abgestimmte Währungs- und Wirtschaftspolitik vermieden werden. Wenn man also den Integrationsgrad über die Zollunion hinaus zu steigern beabsichtigt, so spricht vieles dafür, es nicht beim Gemeinsamen Markt (Freizügigkeit der Produktionsfaktoren) zu belassen, sondern eine Wirtschaftsunion anzustreben. Die dann gemeinsame oder zumindest weitgehend koordinierte Wirtschaftspolitik würde außer den genannten auch weitere Probleme entschärfen. So liegt ein wesentliches Bedenken gegen eine weitgehende Liberalisierung des gesamten Wirtschaftsverkehrs darin, daß viele wettbewerbsverzerrende Einflüsse von der Unterschiedlichkeit der nationalen Rechtsgrundlagen ausgehen. Das Wettbewerbs- und das Steuerrecht sind zwei besonders markante Beispiele dafür. In einer Wirtschaftsgemeinschaft wäre das Wettbewerbsrecht anzugleichen, um eine einheitliche Wettbewerbspolitik zu ermöglichen. Auch die gröbsten, offensichtlich wettbewerbsverzerrenden Unterschiede zwischen den nationalen Steuersystemen wären einzuebnen, wodurch auch die Abstimmung der fiskalpolitischen Maßnahmen wesentlich erleichtert würde. Dennoch ist die Wirtschaftsgemeinschaft - darauf ist schon hingewiesen worden - die am schwersten zu realisierende lntegrationsform. Die Länder binden sich wirtschaftlich und auch politisch stark aneinander. Ein "Aussteigen" wird mit zunehmender Integration schwieriger und risikoreicher. 62

Vgl. S. 290 ff. und 307 ff.

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Da außerdem eine Einschränkung der nationalen Souveränität- zumindest auf wirtschaftlichem Gebiet - unerläßlich ist, dürfte die Bereitschaft zur Bildung einer Wirtschaftsgemeinschaft nur bei besonders günstigen Voraussetzungen vorhanden sein und daher auch in Zukunft eher die Ausnahme bleiben. 2. Die europäische Integration a) Entstehung und Ziele der Europäischen Gemeinschaft

Die Europäische Gemeinschaft (EG) in ihrer heutigen Form ist aus der 1967 erfolgten Zusammenlegungdreier europäischer Gemeinschaften hervorgegangen; der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, Montanunion), der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom). Die EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) als die älteste der drei Gemeinschaften wurde 1952 gegründet. Gründungsmitglieder waren die Beneluxstaaten, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und Italien. Großbritannien beteiligte sich trotz Einladung nicht an den Verhandlungen. Die Gründung ging auf die Initiative des französischen Außenministers Robert Schuman zurück (Schuman-Plan), der damit als politisches Ziel die Verhinderung künftiger kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Deutschland anstrebte. Das wirtschaftliche Ziel bestand in einer schrittweisen, d. h. Sektor für Sektor zu vollziehenden wirtschaftlichen Integration in Westeuropa, der dann später auch die politische Einigung folgen sollte. Das Neue und Beispielhafte der EGKS besteht darin, daß ein Teil der nationalen Kompetenzen für die Kohle- und Stahlpolitik auf ein Gemeinschaftsorgan die "Hohe Behörde" überging, die als Vorläufer der Gemeinsamen Kommission der EG anzusehen ist. Sie hatte durch eigenverantwortliche Entscheidungen und Aktivitäten die Errichtung und das Funktionieren eines gemeinsamen Kohle- und Stahlmarktes ohne Handelsbeschränkungen zwischen den Mitgliedsländern sicherzustellen. Mit der "Gemeinsamen Versammlung", dem "Besonderen Ministerrat" und dem "Gerichtshof" wurden im Prinzip auch bereits die anderen Organe der späteren EG geschaffen. Euratom (Europäische Atomgemeinschaft) wurde 1958 zusammen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gegründet. Ziel war die gemeinsame Förderung der friedlichen Nutzung der Atomenergie durch gemeinschaftliche Forschung und Entwicklung sowie Abstimmung und Arbeitsteilung der Aktivitäten auf diesem Gebiet. Wegen der spezifischen Probleme dieses 23 Adebahr/Maennig

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

Sektors glaubte man auf seine Eingliederung in die EWG verzichten zu müssen. Das Haupt- und Kernstück der EG ist jedoch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Sie ist das Ergebnis der nach der EGKS-Gründung fortdauernden Einigungsbemühungen in Westeuropa. Nachdem die schrittweise wirtschaftliche Integration "Sektor für Sektor" nicht vorankam, die weit gediehenen Pläne zur Errichtung einer "Europäischen Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) 1954 scheiterten und auch Ansätze zu einer politischen Integration im Sande verliefen, trafen sich die Außenminister der Montanunions-Länder im Juni 1955 in Messina, um der wirtschaftlichen Integration neue Impulse zu geben. Hier wurde der Beschluß zur Bildung eines "Gemeinsamen Marktes" gefaßt. Im März 1957 wurden der EWG-Vertrag und der Euratom-Vertrag in Rom (Römische Verträge) von den Vertragsstaaten unterzeichnet; am 1. 1. 1958 traten sie in Kraft. Die Gründungsmitglieder sind mit denen der Montanunion identisch. Auch diesmal war es nicht gelungen, andere westeuropäische Länder, insbesondere Großbritannien zur Teilnahme zu bewegerr.~Vielmehr schlossen sich 1960 Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden und die Schweiz in einer Art Abwehrreaktion zur Europäischen Freihandelszone (EFTA) zusammen. Ihre Integrationswirkungen blieben jedoch weit hinter denen der EWG zurück. Zu den Zielen der EG gehört zweifellos auch die politische Einigung Europas, wenn auch über Form und Zeitpunkt dieser Einigung in den Verträgen nichts Verbindliches festgelegt ist. Jedoch ist dieses Ziel in zahllosen Äußerungen der Mitgliedsländer und der EG-Organe immer wieder bekräftigt worden. Die wirtschaftlichen Ziele hingegen sind im EWG-Vertrag (Art. 2) bindend niedergelegt: "Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und die schrittweise Allgleichung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft, eine beständige und ausgewogene Wirtschaftsausweitung, eine größere Stabilität, eine beschleunigte Hebung der Lebenshaltung und engere Beziehungen zwischen den (EWG-) Staaten zu fördern".- Zur Erreichung dieser Ziele sind in Art. 3 EWG-Vertrag folgende Maßnahmen vorgesehen: - Etappenweise Abschaffung der Zölle und mengenmäßigen Handelsbeschränkungen zwischen den Mitgliedsstaaten und Einführung eines gemeinamen Außenzolls und einer gemeinsamen Handelspolitik gegenüber Drittländern;

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- Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen-Dienstleistungsund Kapitalverkehr innerhalb der EWG; - Einführung einer gemeinsamen Agrarpolitik; - Schaffung eines Schutzsystems gegen Wettbewerbsverfälschungen innerhalb des Gemeinsamen Marktes; - Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, soweit dies für das ordnungsgemäße Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist; - Schaffung eines "Europäischen Sozialfonds", um die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer zu verbessern; - Errichtung einer "Europäischen Investitionsbank", um durch Erschließung neuer Hilfsquellen die wirtschaftliche Ausweitung der Gemeinschaft zu erleichtern. b) Der institutionelle Rahmen der EG

(1) Die Organe der EG Eine wesentliche Besonderheit der EG im Vergleich zu anderen internationalen Abmachungen besteht darin, daß der Übergang nationaler Hoheitsrechte auf sie vorgesehen ist. Um diese ihr zustehenden Hoheitsrechte ausüben zu können, benötigt sie eigene Organe. Diese Organe sind: der Rat der Europäischen Gemeinschaften, die Kommission, die Versammlung (Europäisches Parlament), der Europäische Gerichtshof und der Europäische Rechnungshof. -Ursprünglich hatten die drei Gemeinschaften teils gemeinsame, teils eigene Organe. Das Parlament und Gerichtshof sind seit der Gründung von EWG und Euratom 1958 gemeinsame Organe der drei Gemeinschaften. Dagegen hatten alle drei jeweils einen eigenen "Rat", (der in der EGKS "Besonderer Ministerrat" hieß), und je eine eigene "Kommission", (die in der EGKS "Hohe Behörde" hieß). 1967 fand eine Fusion der Organe statt. Seitdem sind auch Rat und Kommission für alle drei Gemeinschaften zuständig. Der Rat der Europäischen Gemeinschaft (auch "Rat" oder "Ministerrat") ist das eigentliche Leitungs- und Entscheidungsorgan. Seine Entscheidungen haben gesetzgebenden Charakter. Jedes Mitgliedsland entsendet ein Regierungsmitglied in den Rat. In der Regel sind das die Fachminister für die jeweils zur Beratung anstehenden Fragen. Der Vorsitz rotiert zwischen den Mitgliedsländern in halbjährigem Turnus. Die Verträge sehen für die Beschlußfassung teils Einstimmigkeit, teils qualifizierte und teils einfache 23•

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Hauptproblerne der Weltwirtschaft

Mehrheit vor. Es war vorgesehen, im Laufe der Zeit zunehmend zu Mehrheitsbeschlüssen überzugehen. 1966 einigte sich der Rat jedoch auf Betreiben Frankreichs, von Mehrheitsbeschlüssen immer dann abzusehen, wenn die "vitalen Interessen" eines Mitgliedslandes berührt sind. Seitdem wurden Mehrheitsentscheidungen weitgehend vermieden. In jüngster Zeit ist jedoch eine Abkehr vom Prinzip der Einstimmigkeit festzustellen, weil nach der Erweiterung der EG durch Griechenland, Portugal und Spanien auf 12 Mitglieder der Entscheidungsfindungsprozeß zu kompliziert zu werden drohte. Die Kommission besteht zur Zeit aus 17 Mitgliedern. Die Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien entsenden je zwei, die anderen Mitgliedsländer je einen Vertreter. Die Kommissionsmitglieder sind für bestimmte Sachgebiete zuständig und leiten die dazugehörige Verwaltung. Die Entscheidungen der Kommission jedoch werden vom gesamten Gremium mit einfacher Mehrheit getroffen. - Die Kommissionsmitglieder üben ihr Amt unabhängig und zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaft aus; sie unterliegen vor allem nicht den Weisungen ihrer nationalen Regierungen. -Der EG-Kommission sind vor allem ausführende und verwaltende Funktionen zugewiesen, weshalb sie häufig auch als Exekutivorgan der EG bezeichnet wird. De facto ist ihr Kompetenzbereich jedoch erheblich weiter. Sie ist einmal "Hüterin der Verträge", deren korrekte Einhaltung und Anwendung sie überwacht. Bei Verstößen kann sie (als letztes Mittel) Klage beim Europäischen Gerichtshof erheben. Schwerwiegend und verantwortungsvoll ist die ihr zugewiesene Aufgabe, über die Anwendung der in den EG-Verträgen vorgesehenen Schutzklauseln zu entscheiden. Diese Klauseln erlauben in Ausnahmefällen ein Abgehen von den Vertragsbestimmungen. Die Kommission entscheidet hier in eigener Verantwortung. Ebenfalls bedeutsame und vielfältige Kompetenzen nimmt sie wahr bei der Ausarbeitung von Durchführungsbestimmungen und Rechtsverordnungen. Diese rechtsetzenden (legislativen) Aufgaben sind ihr teils durch die EG-Verträge, teils durch den Rat übertragen worden. - Schließlich hat die Kommission bei allen wichtigen Problemen der EG das alleinige Vorschlagsrecht. Sie arbeitet also zu allen anstehenden Entscheidungen entsprechende Vorschläge aus, über die dann der Rat entscheidet. Dieses "Initiativrecht" verleiht ihr erhebliche Einflußmöglichkeiten auf die Weiterentwicklung der EG und der Gemeinschaftspolitik. Allerdings ist die Kommission gehalten, ihre Vorschläge vor Einbringung mit den Mitgliedsländern zu beraten. Das Europäische Parlament (die Versammlung) soll als Vertretung der Völker der Mitgliedsstaaten fungieren. Es wurde 1979 erstmals direkt gewählt. Die Zahl der Abgeordneten beträgt zur Zeit 51863. Seine Befugnisse sind gering und nicht mit denen nationaler Parlamente vergleichbar. Insbe-

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sondere hat es keine Gesetzgebungskompetenz und kein diesbezügliches Initiativrecht. Der Rat, als rechtsetzendes Organ, unterliegt nicht der Kontrolle des Parlaments. Auch auf die Besetzung der Exekutive (Kommission) hat es keinen Einfluß. Dagegen hat es bestimmte Kontrollrechte gegenüber der Kommission. Äußerstenfalls kann es der Kommission sogar das Mißtrauen aussprechen und sie damit zum Rücktritt zwingen. Des weiteren hat es ein Anhörungsrecht, wonach zu den Vorschlägen und Vorlagen der Kommission vor Beschlußfassung durch den Rat das Votum des Parlaments einzuholen ist. Da seine Stellungnahmen jedoch nicht bindend sind, ist der tatsächliche Einfluß auf den Entscheidungsprozeß eher gering einzuschätzen. Als dritter Aufgabenbereich sind die Haushaltsbefugnisse des Parlaments zu nennen. Einen relativ kleinen Teil der Ausgabenansätze des EG-Haushalts, die sog. nicht-obligatorischen Ausgaben 64, kann das Parlament durch Änderungen des Entwurfes innerhalb bestimmter Grenzen endgültig festlegen. Die Höhe der "obligatorischen Ausgaben" hingegen bestimmt der Rat. Aber auch hier hat das Parlament Einwirkungsmöglichkeiten einmal durch Änderungsvorschläge, die nur mit qualifizierter Mehrheit des Rates abgelehnt werden können, zum zweiten durch das Recht, aus schwerwiegenden Gründen den Haushalt insgesamt abzulehnen. Das Europäische Parlament versucht, seinen politischen Einfluß systematisch auszudehnen. Der Gemeinschaftshaushalt und die Haushaltsbefugnisse dienen dabei als bevorzugter Ansatzpunkt. Der Europäische Gerichtshof soll die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der EG-Verträge sichern. Seine Entscheidungen sind in allen EG-Staaten unmittelbar verbindlich. Sowohl die Organe der EG wie auch die Mitgliedstaaten, wie auch natürliche und juristische Personen können Kläger oder Beklagte sein. Der Gerichtshof kann schließlich auch von nationalen Gerichten angerufen werden, um in einer Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge oder über die Rechtmäßigkeit der Handlungen anderer EG-Organe zu entscheiden. Neben dem 1975 geschaffenen Europäischen Rechnungshof, der das Finanzgebaren der Gemeinschaft systematisch überwacht, gibt es noch eine Reihe von Hilfsorganen, die den Organen vorbereitend und beratend zur Seite stehen.

63 Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, Italien je 81, Spanien 60, Niederlande 25, Belgien 24, Griechenland 24, Portugal 24, Dänemark 16, Irland 15, Luxemburg 6. 64 Ausgaben, die sich nicht zwingend aus dem EG-Vertrag ergeben. Sie machten 1980 rd. 20% der Gesamtausgaben der EG aus.

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

Es sind dies vor allem der Wirtschafts- und Sozialausschuß, der Währungsausschuß, der Ausschuß der Zentralbankpräsidenten und der Ausschuß für Wirtschaftspolitik.

(2) Finanzierung und Haushalt der EG Allein die Einrichtung und Aufrechterhaltung der Institutionen der EG erfordert erhebliche finanzielle Aufwendungen. Weit größer sind jedoch die Ausgaben, die die EG-Institutionen zu der Bewältigung der ihnen zugewiesenen Aufgaben tätigen. 1970 beschloß der Ministerrat, daß die Finanzierung der EG-Ausgaben durch eigene Einnahmen erfolgen solless. Als erstes wurden der EG die Agrarabschöpfungen und die Zolleinnahmen der Mitgliedsländer als eigene Einnahmen überlassen. Seit 1979 stehen der EG Teile der Mehrwertsteuereinnahmen der Länder zu, und zwar bis zur Höhe von 1% der einheitlichen Bemessungsgrundlagess. Darüber hinaus können auch Anleihen und Kredite zur Finanzierung herangezogen werden. Diese werden entweder in den Gemeinschaftshaushalt aufgenommen oder- sofern sie vom Europäischen Entwicklungsfonds, der Europäischen Investitionsbank oder der EGKS aufgenommen werden- außerhalb des Gemeinschaftshaushalts abgewickelt. Seit Zusammenlegung der EG-Organe 1967 wird für alle drei Gemeinschaften ein gemeinsamer Haushaltsplan aufgestellt. Lediglich für die "operationellen" Ausgaben der EGKS wird ein gesonderter "Funktionshaushaltsplan" aufgestellt. Obwohl das Volumen des Gemeinschaftshaushalts kräftig angewachsen ist, machte es Anfang der Achtziger Jahre nicht einmal 1% des Bruttosozialprodukts der Gemeinschaft und nicht einmal 3% des Volumens der nationalen Haushalte der Mitgliedstaaten aus. Die Ausgaben der Gemeinschaft weisen ein sehr starkes Ungleichgewicht zugunsten der Agrarausgaben auf. Obwohl es im Laufe der Jahre spürbar verringert werden konnte, betrug der Anteil der Agrarausgaben an den Gesamtausgaben 1981 noch rd. 66%. Dagegen wurden für Regionalpolitik nur rd. 10%, für Sozialpolitik rd. 3,5% und für Entwicklungspolitik rd. 5% verausgabt. Eine weitere Besonderheit des Finanzwesens der Gemeinschaft besteht darin, daß für rund 75% der EG-Ausgaben die Entscheidungsbefugnis beim Die EGKS wird weiterhin durch Umlagen unter den Mitgliedsländern finanziert. Der Anteil an den Mehrwertsteuereinnahmen beträgt seit 1986 1,4 Prozent. Für 1988 wird ein Satz i.H. v. 1,6% in Aussicht genommen. Entsprechende Beschlüsse faßten die Staats- und Regierungschefs 1984 in Fontainebleau im Zusammenhang mit der Erweiterung der Gemeinschaft durch Spanien und Portugal. 65

66

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Ministerrat liegt. Es handelt sich dabei um die "obligatorischen Ausgaben", also um solche, die sich zwingend aus dem Vertrag oder den aufgrunddes Vertrages erlassenen Rechtsakten ergeben. Nur bei den verbleibenden 25%, den sog. nicht-obligatorischen Ausgaben, kann das Parlament die Ausgabenansätze des Ministerrates verändern. Allerdings sind Erhöhungen der nicht-obligatorischen Ausgaben nur innerhalb alljährlich festzulegender Höchstsätze möglich. - Die Abgrenzung zwischen obligatorischen und nicht-obligatorischen Ausgaben ist häufig nicht eindeutig und bildet einen ständigen Streitpunkt zwischen Parlament und Ministerrat, da das Parlament seinen Haushaltseinfluß durch möglichst hohe nicht-obligatorische Ausgaben auszudehnen trachtet, während das Interesse des Ministerrats genau entgegengerichtet ist. Die Agrarmarktausgaben, als der größte Ausgabenblock, gehören zu den obligatorischen Ausgaben. c) Der Gemeinsame Markt

In einem Atemzug mit den Zielen der Gemeinschaft wird in Art. 2 EWGV die "Errichtung eines Gemeinsamen Marktes" (und die schrittweise Angleichung der Wirtschaftspolitik) als das entscheidende Mittel zur Zielerreichung genannt. Danach sollten die Mitgliedstaaten zu einem einzigen durch keinerlei Handelshemmnisse getrennten Markt zusammenwachsen, so daß auf dem gesamten Markt binnenmarktähnliche Verhältnisse herrschen. Die Funktionsfähigkeit des Marktes sollte durch einheitliche Wettbewerbsregeln sichergestellt werden. Der Gemeinsame Markt wäre mit der Herstellung der vier Freiheiten verwirklicht: - Die Freiheit des Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft, die einen Abbau der vielfältigen Handelshemmnisse erfordert. - Die. Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die das Recht auf Arbeitsaufnahme im gesamten EG-Ge biet ohne jegliche Diskriminierung beinhaltet. - Die Niederlassungsfreiheit für Unternehmen aus Mitgliedsländern im gesamten EG-Gebiet und die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs zwischen den Mitgliedsländern. - Die Freiheit des Kapitalverkehrs, wobei im EWG-Vertrag (Art. 67) von vornherein die Einschränkung "soweit es für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist" enthalten war. Der Gemeinsame Markt sollte innerhalb einer Übergangszeit von 12 Jahren, also bis zum Januar 1970, stufenweise verwirklicht werden. Auch den später beigetretenen Mitgliedern wurden - allerdings kürzere - Übergangszeiten eingeräumt.

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(1) Die Zollunion Als besonders vordringliche Etappe der europäischen Integration wurde von Anfang an die Verwirklichung des freien Warenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft angesehen. Als konkrete Maßnahmen sah der Vertrag vor: Abschaffung der Zölle und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedsstaaten, Einführung eines gemeinsamen Zolltarifs und einer gemeinsamen Handelspolitik gegenüber Drittländern. Damit war die Bildung einer Zollunion zwingend vorgeschrieben. - Der innergemeinschaftliche Zollabbau sollte stufenweise bis Ende 1969 vollzogen sein. Innerhalb der gleichen Zeitspanne sollte auch die schrittweise Allgleichung der nationalen Zollsätze an den gemeinsamen Außenzolltarif erfolgen. Dieser wurde aus dem einfachen arithmetischen Mittel der nationalen Zollsätze gebildet, so daß die Länder teils Zollsenkungen teils Zollanhebungen vornehmen mußten. Der Zollabbau (nach innen) und die Zollangleichung (nach außen) waren bereits Mitte 1968 vollzogen, so daß die Zollunion vorfristig zum 1. Juli 1968 verwirklicht war. Für Agrargüter allerdings gelten die Zollunionsregeln nicht. -Die später beigetretenen Länder haben die Zollvereinbarungen übernommen, wenn ihnen auch jeweils eine mehrjährige Übergangsfrist eingeräumt wurde. Als logische Ergänzung zur Außenzollangleichung schreibt der EG-Vertrag darüber hinaus auch eine Angleichung der nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschritten auf dem Gebiet des Zollwesens vor. Diese Harmonisierung des Zollrechts ist zu wesentlichen Teilen verwirklicht. Die Freiheit des innergemeinschaftlichen Handels erfordert neben dem Zollabbau auch die Beseitigung aller anderen Handelshemmnisse. Für die mengenmäßigen Beschränkungen (Kontingente) enthält der EWG-Vertrag (Art. 33) ein ausdrückliches Verbot. 1961 waren alle bisherigen Mengenbeschränkungen vorfristig beseitigt. Die Beseitigung nichttarifärer Handelshemmnisse wie gesundheitspolizeiliche Vorschriften, technische Sicherheitsvorschriften, Industrienormen (technische Handelshemmnisse) sowie verwaltungstechnische Vorschriften und Regelungen (administrative Handelshemmnisse) gestaltet sich dagegen viel schwieriger. Denn hier geht es meist nicht um die Abschaffung der vielfach sinnvollen oder notwendigen Maßnahmen, sondern um die Beseitigung der diskriminierenden Unterschiede, also um die Allgleichung der nationalen Regelungen. Zu diesem Zweck sind bislang bereits zahlreiche Richtlinien erlassen worden. Ein Ende dieses langwierigen, von vielfältigen Interessengegensätzen geprägten Prozesses ist jedoch noch nicht in Sicht.

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Als ein ebenso schwieriges Kapitel der Handelsliberalisierung hat sich die Durchsetzung des grundsätzlichen aber eingeschränkten Subventionsverbots (Art. 92 EWGV) erwiesen. Die Aktivitäten der EG-Organe richteten sich hauptsächlich auf eine Angleichung und Kontrolle der nationalen Subventionen, um damit ihren wettbewerbsverzerrenden Charakter zu beseitigen. Gemessen am Gesamtumfang der Subventionen sind die diesbezüglichen Ergebnisse eher gering einzuschätzen. Seit Bildung der Zollunion sind die handelspolitischen Kompetenzen auf die Gemeinschaftsorgane übergegangen. Es wird also eine gemeinsame Handelspolitik praktiziert. Änderungen der Außenzölle, Einsatz anderer handelspolitischer Instrumente, multilaterale Zollverhandlungen im Rahmen der GATT, Abschluß von Handelsabkommen mit Ostblockländern oder von Präferenzabkommen mit Entwicklungsländern fallen in die ausschließliche Kompetenz der EG.

(2) Freizügigkeit der Produktionsfaktoren Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist seit Ende 1968 verwirklicht. Jede diskriminierende Behandlung von Arbeitnehmern aus Mitgliedsländern bezüglich Einstellungsvoraussetzungen, Entlohnung, Arbeitsbedingungen u. ä. ist seither untersagt. Insbesondere die Gleichstellung bezüglich der sozialen Sicherung und die Übertragbarkeit der im Ausland erworbenen Ansprüche waren hier von besonderer Bedeutung. Der öffentliche Dienst jedoch ist von der Freizügigkeit ausdrücklich ausgeschlossen. -Die Niederlassungsfreiheit für Unternehmen im gesamten Gemeinschaftsgebiet soll auch die Freizügigkeit der Unternehmer und Freiberufler sicherstellen. Allerdings unterliegt der ausländische Unternehmer eventuellen nationalen Beschränkungen im gleichen Maße wie ein inländischer. Nur jede Art von Ungleichbehandlung ist untersagt. -Auch die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs, also das Ausführen von Aufträgen für Ausländer im Inland oder im Ausland (z.B. Bauausführungen in einem EG-Land) ist vertraglich zugesichert und inzwischen weitgehend realisiert.- Alle drei genannten Freiheiten sind jedoch de facto weiterhin beschränkt. Sprachliche, soziale, mentalitätsmäßige, ausbildungsmäßige, gesellschafts- und steuerrechtliche Unterschiede behindern nach wie vor die tatsächliche Freizügigkeit von Arbeitnehmern und Unternehmen innerhalb der EG. Dagegen ist die Freiheit des Kapitalverkehrs innerhalb der EG auch de jure nur teilweise verwirklicht. Zum einen schränkt der Vertrag selbst die Liberalisierungspflicht auf das Maß ein, wie es für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes notwendig ist (Art. 67 EWGV). Der Rat hat das so

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interpretiert, daß Kapitaltransaktionen im Zusammenhang mit dem Güterund Personenverkehr sowie mit der Niederlassungsfreiheit liberalisiert werden müssen. Das Gleiche soll für den Handel mit börsengängigen Wertpapieren gelten. Alle anderen- insbes. die kurzfristigen- Kapitalbewegungen können die nationalen Regierungen "bei Bedarf" reglementieren. Aber auch die erstgenannten Transaktionen sind in der Vergangenheit immer wieder von einzelnen EG-Staaten eingeschränkt worden.

(3) Wirkungen und Probleme des Gemeinsamen Marktes Insbesondere in den Siebziger Jahren ist vielfach versucht worden, die Wirkungen der EG-Integration auf die internationalen Handelsströme empirisch zu ermitteln. Bei allen methodischen Vorbehalten und Ergebnisunterschieden im Detail ergaben sich doch recht weitgehende Übereinstimmungen. Faktum ist zunächst, daß der EG-,interne Handel sehr viel stärker gewachsen ist als der Welthandel insgesamt. Das wird zumindest teilweise der handelschaffenden Wirkung der Zollunionsbildung zugeschrieben. Weiterhin ist zu konstatieren, daß auch der Außenhandel der EG mit Drittländern einen starken Aufschwung nahm. Man kann das so deuten, daß die handelsumlenkende Wirkung der Zollunion bald von den "dynamischen Effekten" (Produktivitäts- und Wachstumssteigerung) überkompensiert wurden, so daß den Drittländern per Saldo höhere EG-Importe zugute kamen. Auch das wirtschaftliche Wachstum innerhalb der EG wies im ersten Jahrzehnt nach Vertragsabschluß eine Dynamik auf, die nur von wenigen anderen Ländern erreicht wurde. Trotz schwieriger Beweisführung herrscht auch hier die Meinung vor, daß das zu wesentlichen Teilen das Ergebnis der Liberalisierung der EG-internen Waren- und Faktorströme, also des Gemeinsamen Marktes, ist. Produktivitätssteigerungen infolge verstärkter Spezialisierungen, Skalenvorteile infolge vergrößerter Märkte und steigende Wettbewerbsintensität zwischen in- und ausländischen Konkurrenten sind einige Gründe, die für diese vorteilhafte Entwicklung angeführt werden. Es entspricht den theoretischen Erwartungen, daß diese Wirkungen mit Vollendung der Integration abebben. Die Problematik des Gemeinsamen Marktes liegt demzufolge auch nicht in der tatsächlich festzustellenden Abschwächung der Integrationswirkungen, sondern vielmehr darin, daß der Gemeinsame Markt bislang nicht im geplanten Umfang verwirklicht werden konnte. Es gibt also auch auf diesem Gebiet noch unausgenutzte Integrationsmöglichkeiten. Im Warenverkehr sind es die fortbestehenden nichttarifären Handelshemmnisse und die Subventionsproblematik. Tendenziell

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handelshemmend wirkt aber auch der steuerliche Grenzausgleich, mit dem die Unterschiede der nationalen indirekten Steuern (Mehrwert- und Verbrauchssteuern) ausgeglichen werden. Zu diesem Zweck werden Außenhandelsgüter an der Grenze von den indirekten Steuern des Herkunftslandes entlastet und mit denen des Bestimmungslandes belastet (Bestimmungslandprinzip).- Beim Dienstleistungsverkehr und dem Niederlassungsrecht gibt es auch heute noch eine Reihe von Beschränkungen. Am gravierendsten jedoch sind die Beschränkungen des EG-internen Kapitalverkehrs. Ein besonderes Problem für den Gemeinsamen Markt - und zwar nicht nur für seine Vollendung, sondern auch für den Fortbestand des Erreichten - stellen die im EWG-Vertrag (Art. 108, 109) enthaltenen Schutzklauseln dar. Sie gestatten es allen Mitgliedsländern, im Falle von Zahlungsbilanzschwierigkeiten bei der EG-Kommission die Zulassung von Gegenmaßnahmen zu beantragen oder solche Maßnahmen auch autonom zu ergreifen, wenn unverzügliche Zahlungsbilanzhilfe seitens der Partnerstaaten ausbleibt. Durch derartige Maßnahmen können auch die "Freiheiten" des Gemeinsamen Marktes eingeschränkt oder außer Kraft gesetzt werden. Da der Vertrag keine zeitliche Begrenzung der Schutzklauseln vorsieht, stellen sie im Prinzip eine dauerhafte Bedrohung des Gemeinsamen Marktes dar. Daß es sich dabei nicht um rein theoretische Überlegungen handelt, beweist der Umstand, daß mit der Verschärfung des weltwirtschaftliehen Klimas seit der ersten Ölpreis-Krise die Schutzklausel fast ununterbrochen in Anspruch genommen wird. Insbesondere Italien, Großbritannien und Frankreich wurden in diesem Sinne aktiv. Nimmt man die in den letzten Jahren deutlich gewordene Tendenz hinzu, sich gegenüber Drittländern in zunehmendem Maße protektionistischer Maßnahmen zu bedienen, so wird doch die ernste Gefahr einer wirtschaftlichen Desintegration sowohl innerhalb der EG als auch im Weltmaßstab sichtbar. Die Tendenz zum Wiederaufleben des Protektionismus wird nachweislich noch durch einen Systembestandteil der EG verstärkt, der der liberalen Grundausrichtung der EG gegenüber Drittländern kraß entgegengerichtet ist, den gemeinsamen Agrarmarkt der EG; sein Grundprinzip ist die möglichst wirksame Abschirmung gegenüber Anbietern aus Drittländern. Daher ist er auch in besonderem Maße Ziel der Kritik und Anlaß für protektionistische Gegenmaßnahmen seitens der Drittländer. d) Der Gemeinsame Agrarmarkt

Die Wortverwandtschaft verleitet zu dem Fehlschluß, der Gemeinsame Agrarmarkt sei das Pendant zum Gemeinsamen Markt für gewerbliche

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Hauptprobleme der Weltwirtschaft

Güter. Zwar war er nach dem Geist des Vertrages als solcher gemeint mit einigen den Besonderheiten des Agrarsektors Rechnung tragenden Bestimmungen. In der Realität hat er sich jedoch zu einem durch massive staatliche Eingriffe reglementierten Markt entwickelt. Der EWG-Vertrag (Art. 38) sieht zwar vor, daß auch für den Agrarmarkt die allgemeinen Regeln des Gemeinsamen Marktes gelten, aber eben nur sofern der Vertrag nichts anderes bestimmt. Gerade das ist aber in erheblichem Umfang der Fall. Vor allem aber sind die erheblichen Spielräume, die der Vertrag für die konkrete Gestaltung der EG-Agrarpolitik offenließ, in starkem Maße im Sinne einer sich ständig ausweitenden Reglementierung genutzt worden. Als Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik legt der EWG-Vertrag (Art. 39) fest: Erhöhung der Produktivität der Agrarproduktion, angemessene Erhöhung der Einkommen in der Landwirtschaft, Stabilisierung der Märkte, Sicherung der Versorgung zu angemessenen Preisen. Die Maßnahmen und Instrumente zur Erreichung dieser Ziele wurden durch den Vertrag nicht festgelegt. Vielmehr waren darin drei mögliche Organisationsformen für den zu bildenden gemeinsamen Agrarmarkt aufgeführt (Art. 40 EWGV), nämlich Schaffung gemeinsamer Wettbewerbsregeln,

Koordinierung der bestehenden nationalen Agrarmarktordnungen oder Schaffung einer Europäischen Marktordnung. Darüber hinaus nennt der Vertrag noch eine Reihe von Instrumenten, die dabei eingesetzt werden können. Die verbleibenden großen Ermessensspielräume waren von den EG-Organen auszufüllen. Die von der Kommission erarbeiteten Entwürfe waren zunächst grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichtet. Die einheitlichen Preise auf dem gemeinsamen Agrarmarkt sollten also vorwiegend durch den Marktmechanismus zustande kommen. Nur für wenige Produkte (Getreide, Milch, Zucker) sollten gemeiname Marktordnungen mit administrativer Preisfestsetzung eingeführt werden. Für eine Reihe anderer Produkte sollten die nationalen Marktordnungen koordiniert werden, wozu insbesondere die Angleichung der nationalen Subventionen und der Abbau sämtlicher Handelshemmnisse im EG-Bereich gehörte. Bei Obst und Gemüse schließlich sollten lediglich die Wettbewerbsregeln vereinheitlicht werden, um dadurch verursachte Diskriminierungen und Wettbewerbsverzerrungen abzubauen. Zu konstatieren ist, daß von der ursprünglichen Intention, die Preisbildung möglichst weitgehend dem Markt zu überlassen, mehr und mehr abge-

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wichen wurde. Die EG-Agrarpreise werden heute zum großen Teil administrativ festgelegt. Dementsprechend sind inzwischen für mehr als 20 Produkte gemeinsame Marktordnungen geschaffen worden, die mehr als 90% der EG-Agrarproduktion umfassen. Bei Unterschieden im Detail weisen alle Marktordnungen folgende Hauptmerkmale auf: (1) Eine Regulierung des EG-Binnenmarktes, die zum Ziel hat, bei unbehindertem Handel innerhalb der EG einen politisch gewünschten Preis durchzusetzen, der über dem potentiellen Marktpreis liegt. Der politisch gewollte Preis für ein Produkt ist der sog. Richtpreis. Um diesen Preis durchsetzen zu können, muß man entweder einen obligatorischen Mindestpreis einführen, oder aber - und das ist die EG-Methode - öffentliche Instanzen müssen auftretende Angebots- oder Nachfrageüberschüsse durch Interventionskäufe oder -Verkäufe beseitigen. Es wird daher durch einen Abschlag vom jeweiligen Richtpreis ein Interventionspreis festgelegt. Die staatlichen Interventionsstellen kaufen bei auftretendem Überangebot jede beliebige Menge zu diesem Preis auf, um ein Unterschreiten dieses Preises zu verhindern. Die ursprünglich vorgesehenen Begrenzungen der Interventionspflicht sind inzwischen fast völlig entfallen. (2} Ein wirksamer Schutz gegen. Auslandskonkurrenz ist das zweite Merkmal der EG-Marktordnungen. Andernfalls ließen sich die politisch gewollten Richtpreise angesichts der meist wesentlich niedrigeren Weltmarktpreise nicht durchsetzen. Als Hauptinstrument des Außenschutzes dienen die sog. Abschöpfungen. Das sind variable Zölle, die kurzfristig veränderlich sind und so bemessen werden, daß sie die Differenz zwischen Weltmarktpreis und dem jeweils festgesetzten EG-Schwellenpreis ausgleichen. Dabei ergibt sich der Schwellenpreis immer aus dem Richtpreis abzüglich der Transport- und Versicherungskosten von der Grenze bis zur Verbrauchsregion. Auf diese Weise werden die niedrigeren Weltmarktpreise auf das höhere EG-Preisniveau hochgeschleust ("Schleusensystem")67. Darüber hinaus wird bei starkem Angebotsdruck auch zu schärferen Mitteln gegriffen. Befristete Verbote oder Kontingente für Einfuhren aus Drittländern sind keineswegs selten. (3) Als weiteres Merkmal der gemeinsamen Agrarpolitik wird meist die finanzielle Solidarität genannt. Die positiv gefärbte Bezeichnung besagt zunächst nur, daß die Kosten der gemeinsamen Agrarpolitik von den Mitgliedsländern gemeinsam getragen werden. Keine Rede kann jedoch davon sein, daß hinsichtlich der Lastenverteilung zwischen den Mitgliedern soli67

Vgl. S. 145ff.

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darisches Einverständnis herrsche. Vielmehr kam es gerade hierüber mehrfach zu schweren Krisen. Solche Krisen wurde beispielsweise von Großbritannien ausgelöst, daß sich durch seinen Finanzbeitrag zur EG unverhältnismäßig stark belastet fühlte und schließlich eine Entlastung erzwang. Die Finanzierung der Agrarpolitik erfolgt über den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), der Teil des Gesamthaushalts der EG ist. Wie bereits erwähntsa, fließen der EG sämtliche Einnahmen aus Zöllen und Abschöpfungen zu; außerdem hat sie Anspruch auf einen Anteil der Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer. Der größte Teil dieser Einnahmen wird für die Agrarpolitik verausgabt. 1985 betrug der Anteil der Agrarausgaben an den Gesamtausgaben rund 70%. Davon wiederum wurden fast 97% in der Abteilung "Garantie" des EAGFL verausgabt. Hierin sind alle Ausgaben im Zusammenhang mit den Marktordnungen enthalten, so für die staatlichen Interventionskäufe, für die Überschußlagerung, für Exportsubventionen, für Produktionssubventionen u. ä. Nur die rd. 3% der in der Abteilung "Ausrichtung" getätigten Ausgaben dienen der Verbesserung der Agrarstruktur. Auch in den Vorjahren waren die Relationen ganz ähnlich. Die europäische Agrarpolitik ist seit langem scharfer und sich steigernder Kritik ausgesetzt. Andererseits gibt es auch vehemente Verteidiger dieser Politik. Allerdings neigen die Befürworter des Systems sehr stark dazu, die krassen und unbestreitbaren Fehlentwicklungen zu bagatellisieren und als behebbare Handhabungsmängel darzustellen. (1) Ein schwerwiegender Mangel und gleichzeitig ein Symptom für weitere ernste Mängel stellt der drastische Anstieg der Kosten der Agrarpolitik dar. Wegen der begrenzten EG-Einnahmen wurde und wird damit der EGHaushalt weitgehend durch die Agrarausgaben bestimmt. Für andere wichtige Aufgabengebiete wie Regional-, Sozial- und Entwicklungspolitik verbleiben nur noch minimale Finanzierungsspielräume. Da Möglichkeiten zur Erhöhung der EG-Einnahmen zur Zeit nicht in Sicht sind, stößt damit die EG insgesamt an ihre finanziellen Grenzen. Eine Reform des Agrarsystems erscheint daher beinahe unvermeidlich. (2) Diese Entwicklung ist gleichzeitig das Indiz für einen schweren Konstruktionsmangel der EG-Agrarmarktordnungen. Sie begünstigen die Entstehung von Überschüssen. D. h. die EG-Produktion wird so stark gesteigert, daß sie zu den fixierten oder angestrebten Preisen innerhalb der EG nicht abgesetzt werden kann. Der Angebotsüberhang wird beseitigt, indem staatliche Stellen die Überschüsse zu den garantierten Interventionspreisen aufsa Siehe oben, S. 358.

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kaufen oder indem den Erzeugern Exportsubventionen gewährt werden, die sietrotzhöherer Produktionskosten auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig machen. Für die Güter, die staatlicherseits aufgekauft werden, gibt es mehrere "Verwertungsmöglichkeiten": Verkauf auf dem Weltmarkt zu weit niedrigeren Weltmarktpreisen, Denaturierung (Unbrauchbarmachen für den menschlichen Verzehr) und Verkauf als Futtermittel zu niedrigen Preisen oder Vernichtung. Dieses Verfahren wird mit einigen Abwandlungen für die wichtigsten Agrarerzeugnisse der EG angewendet, nämlich für Getreide, Reis, Milcherzeugnisse, Fleisch, Zucker, Tabak, Olivenöl und in zunehmendem Maße auch für Obst und Gemüse. Der Grund für die Überproduktion liegt in der Agrarpreispolitik der EG, die durch garantierte oder quasi garantierte Preise den Bauern immer weitere Anreize zur risikolosen Produktionssteigerung liefert. Wer meint, das System sei in Ordnung, es bedürfe "nur" einer Zurückhaltenderen Preispolitik, verkennt, daß gerade das angesichts der Interessenlage innerhalb der EG kaum durchsetzbar erscheint. Nur eine Systemänderung böte also Aussicht auf Erfolg. Zur Rechtfertigung der Überschüsse wird häufig auf das im EWG-Vertrag enthaltene Ziel der Versorgungssicherheit verwiesen. Diese kann aber auch durch 100%ige Eigenproduktion nicht erreicht werden, solange wichtige dafür erforderliche Vorprodukte wie Energie, Dünger und Futtermittel importiert werden müssen. Überdies erscheint es unglaubwürdig, in einem auf weitgehender internationaler Arbeitsteilung basierenden Weltwirtschaftssystem für einen - wenn auch wichtigen Sektor - Autarkie zu fordern. Theoretisch sind die Volkswirtschaften der EG-Länder wegen ihrer großen Auslandsabhängigkeit auf anderen Gebieten (z.B. mineralische Rohstoffe) viel verwundbarer. Abgesehen davon, daß mit zunehmender weltwirtschaftlicher Verflechtung die gegenseitige Abhängigkeit der Länder steigt und damit Embargomaßnahmen wegen der zu erwartenden Gegenmaßnahmen immer riskanter und damit unwahrscheinlicher werden, stellt die breite Streuung der Bezugsquellen eine wirksame Absicherung gegen Versorgungsschwankungen dar. Hält man wegen der naturbedingten Angebotsschwankungen bei manchen Agrargütern eine staatliche Vorratshaltung für erforderlich, so ist dafür eine EG-Überproduktion nicht vonnöten. Man kann die Vorräte wesentlich preisgünstiger durch- möglichst antizyklische- Käufe im Ausland anlegen. Auf diese Weise wäre auch wesentlich billiger und ohne die schwerwiegenden Nachteile der praktizierten Regelungen ein Schutz der Konsumenten gegen allzu starke Schwankungen der Weltmarktpreise erreichbar.- Ähnliches gilt für das Argument, man könne im Falle von Hungerkatastrophen wichtige Nahrungsmittelhilfe leisten. Es ist nicht einzusehen, warum die dafür verwendbaren Vorräte aus teurer EG-

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Produktion stammen müssen. Die Selbstversorgungsquoten der EG, die bei den wichtigsten Agrarprodukten wie Getreide, Milchprodukte, Zucker, Rind- und Schweinefleisch sowie Gemüse die 100%-Grenze69 überschritten haben, sind also mit dem Versorgungs- und dem Stabilitätsargument nicht zu rechtfertigen. Die Überschüsse sind also das Ergebnis politischer Preise, die in der Regel weit- nicht selten um ein Mehrfaches- über den Weltmarktpreisen liegen. Da der EWG-Vertrag eine Versorgungssicherung zu angemessenen Preisen vorschreibt, kann dieses Ziel schwerlich als erfüllt angesehen werden. Die unmittelbar Benachteiligten sind somit die Konsumenten. Ein weiterer volkswirtschaftlicher Nachteilliegt wie bei jeder Protektion darin, daß Produktionsfaktoren in Produktionen gelenkt werden, die gegenüber dem Ausland nicht konkurrenzfähig sind. Eine Minderung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität ist die Folge. (3) Ein ebenfalls unbestrittenes Faktum ist, daß das Einkommensziel der EG-Agrarpolitik nur insoweit erreicht wurde, als die landwirtschaftlichen Durchschnittseinkommen etwa mit der Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Einkommen Schritt hielten; die Einkommensdiskrepanzen innerhalb der Landwirtschaft verschärften sich hingegen. Der Mangel an strukturverbessernden und die Abwanderung fördernden Maßnahmen war der Grund für diese Entwicklung. Statt dessen wurden Einkommensanstiege in erster Linie durch Freisanhebungen bewirkt. Da auf diese Weise die "schlechte" Agrarstruktur erhalten wurde und gleichzeitig die leistungsschwachen Betriebe einkommensmäßig in Rückstand gerieten, wurden hierdurch weitere dringende Forderungen nach stärkeren Freisanhebungen ausgelöst. Die Sicherung des Marktgleichgewichts als Ziel der Preispolitik trat damit immer mehr hinter dem Einkommensziel zurück. (4) Ein sehr wesentlicher Aspekt der EG-Agrarpolitik, der nicht selten übersehen oder herunterg~pielt wird, sind die Auswirkungen auf Drittländer. Daß DrittlandsanbieteT diskriminiert werden, ist von der Zollunionslehre her bekannt. Die Besonderheiten des EG-Agrarprotektionismus verschärfen diese ~irkungen jedoch. Die Abschöpfungen bewirken nämlich, daß sinkende Weltmarktpreise durch steigende Zollsätze jeweils auf das Inlandsniveau angehoben werden. D. h. sinkende Preise eröffnen den Drittländern keine besseren Absatzchancen in der EG. Der Angebotsdruck wirkt sich also ausschließlich in den Drittländern aus und verstärkt dort die Preis- und 69 Die EG-offiziellen Selbstversorgungsdaten "untertreiben", weil der Inlandsverbrauch auch die Mengen enthält, die erst durch Sondermaßnahmen, wie Denaturierung oder verbilligter Verkauf, absetzbar wurden.

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Erlösschwankungen. Die Stabilisierung der EG-Agrarpreise geht also zu Lasten der Drittländer. Dieser Effekt wird weiter verschärft durch die häufig genutzte Möglichkeit der EG, die Marktzugangsmöglichkeiten für Drittlandanbieter durch temporäre Importverbote oder Kontingente abrupt und unvorhersehbar zu verändern. Damit wird die Absatz- und Investitionsplanung mit einem schwer kalkulierbaren Risiko belastet und die Drittlandproduktion tendenziell reduziert. Eine weitere Belastung für die Auslandsmärkte mit destabilisierender Wirkung stellen die hochsubventionierten Agrarexporte der EG dar. Sie gefährden und verdrängen tendenziell leistungsfähigere Produzenten mit Hilfe von Dumpingpreisen.- Es liegt auf der Hand, daß eine kraß protektionistische Politik dieser Art die ständigen Bekenntnisse der Industrieländer für einen freien Welthandel immer unglaubwürdiger erscheinen lassen und anderen Ländern plausible Begründungen für eigenen Protektionismus (z. B. auf dem Rohstoffsektor) liefern. (5) Ein letzter schwerwiegender Einwand gegen die europäische Agrarpolitik besagt, daß der angestrebte einheitliche EG-Agrarmarkt nicht zustandegekommen ist. Wettbewerbsverzerrungen werden dadurch erzeugt, daß neben der gemeinsamen Agrarpolitik weiterhin nationale Agrarpolitiken betrieben werden, in deren Rahmen in erheblichem Umfang Subventionen und andere wettbewerbsbeeinflussende Instrumente eingesetzt werden. - Die Einheitlichkeit der Preise für gleiche Güter wurde durch die immer wieder erforderlichen Wechselkursänderungen zwischen den EG-Währungen zerstört. In zwei Ländern mit eigenen nationalen Währungen sind die Preise für ein bestimmtes Gut dann gleich, wenn das Verhältnis der nationalen Preise dem Austauschverhältnis der beiden Währungen entspricht. Oder anders ausgedrückt: Durch Multiplikation des nationalen Preises mit dem Wechselkurs (Mengennotierung) ergibt sich der "gleiche" Preis in ausländischer Währung. (Beispiel: Preis in Deutschland: DM 100,-; Wechselkurs: 2,5 ffr/DM; 100,- DM x 2,5 ffr/DM = 250,- ffr). Weicht der tatsächliche Preis in Frankreich von 250,- ffr. ab, so sind der deutsche und der französische Preis für das betreffende Gut ungleich. In der EG wurde eine solche Preisgleichheit für Agrargüter angestrebt und zeitweilig auch näherungsweise erreicht. Treten nun zwischen EG-Währungen Wechselkursänderungen ein, so kann die Preisgleichheit, wie obiges Beispiel zeigt, nur erhalten bleiben, wenn die nationalen Preise derart verändert werden, daß ihr Verhältnis dem neuen Wechselkurs entspricht. Würde etwa der ffr. auf 3 ffr./DM abgewertet, so müßte der französische Preis auf 300,- ffr. erhöht werden; denn 100,- DM x 3 ffr./DM = 300,- ffr. Natürlich könnte stattdessen auch der deutsche Preis auf 83,33 gesenkt werden (DM 83,33 x 3 ffr./DM = 250,- ffr). Möglich ist auch eine Veränderung beider Preise entsprechend 24 Adebahr/Maennig

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geringeren Umfanges. Derartige Freisanpassungen im Gefolge von Wechselkursänderungen wurden jedoch häufig nicht oder in unzureichendem Umfange vorgenommen; denn Preissenkungen stießen jeweils auf den erbitterten Widerstand der Bauern, während Preiserhöhungen einmal den Konsumenten mißfielen, vor allem aber wegen ihrer inflationstreibenden Wirkung wirtschaftspolitisch häufig unerwünscht waren. Damit existierten unterschiedliche Preise für gleiche Agrargüter in der EG. Eine unerwünschte Konsequenz der Preisungleichheit war nun aber, daß das billige Abwertungsland (im Beispiel Frankreich mit 250,- ffr.) im "teuren" Partnerland (Deutschland mit 100,- DM ~ 300,- ffr.) einen Preisvorteil und damit verbesserte Absatzchancen erlangte. Um diese Preis- und Einkommensvorteile im Außenhandel für die Bauern des Abwertungslandes und die entsprechenden Nachteile für die Bauern des Aufwertungslandes zu vermeiden, wurde der sog. Grenzausgleich eingeführt, der die durch Wechselkursänderungen entstandenen Preisunterschiede bei Im- und Exporten wieder beseitigen soll. Zu diesem Zweck werden Agrarimporte aus dem billigen Abwertungsland mit einer Art Zoll, dem Grenzausgleich, in Höhe der Preisdifferenz belastet, während Agrarexporte in das Abwertungsland durch Ausfuhrerstattungen gefördert werden. Abgesehen von den Unzulänglichkeiten und der Kostspieligkeit dieses Systems, führte es dazu, daß die Einheitlichkeit des EG-Agrarmarktes dauerhaft verloren ging. Die Bemühungen zum Abbau des Grenzausgleichs waren partiell erfolgreich, ohne jedoch die Preisgleichheit auf dem EG-Agrarmarkt herbeiführen zu können. Die seit vielen Jahren erhobenen Forderungen nach einer Reform des EGAgrarsystems sind nur zu berechtigt. Durchgreifende Reformbemühungen sind bisher an den vielfältigen nationalen Sonderinteressen gescheitert. Das war auch das Schicksal eines Reformvorschlages der EG-Kommission aus dem Jahre 1968 (Mansholt-Plan), der insbesondere auf eine Verbesserung der Agrarstruktur und auf Erzielung des Marktausgleichs (keine Überschußproduktion) ausgerichtet war.- Vielleicht haben die sich zuspitzenden Finanzprobleme der EG-Agrarpolitik die Wirkung, den Reformwillen der EG-Länder zu erhöhen. Ein solcher Reformansatz, der voll mit dem EWGVertrag vereinbar wäre, sollte bei vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten im Detail folgende Elemente enthalten: (1) Die Überschußproduktion innerhalb der EG ist zu verhindern. D.h. die obligatorischen Ankaufsverpflichtungen des Staates zu garantierten Preisen müßten sukzessive abgeschafft werden. Damit könnte der Preismechanismus wirken und den Marktausgleich herbeiführen. Die Beibehaltung fakultativer Interventionen für besondere Situationen stünde

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dem nicht im Wege. Die subventionierten Agrarexporte mit ihren negativen Wirkungen für Drittländer entfielen damit von selbst. (2) Der Außenschutz des EG-Agrarmarktes ist so zu gestalten, daß er den EG-Markt nicht hermetisch gegen Drittlandsanbieter abschirmt. Vor allem aber sind abrupte Verschärfungen der Schutzmaßnahmen zu unterlassen, weil sie die Drittlandanbieter einseitig mit unkalkulierbaren Risiken belasten. Schließlich wäre eine allmähliche Verringerung des Außenschutzes im Interesse der Sicherung eines liberalen Welthandels äußerst wünschenswert. (3) Würden derartige Maßnahmen eindeutig und verbindlich angekündigt und nach einem mittel- oder langfristigen Zeitplan abgewickelt, so wären die Anpassungslasten kalkulierbar und die Eigenverantwortlichkeit der Landwirte für ihr eigenes Unternehmen würde wiederhergestellt. (4) Die strukturpolitische Komponente der Agrarpolitik bedarf einer wesentlichen Verstärkung, um die Anreize zur Schaffung günstigerer Betriebsgrößenstrukturen (Aufgabe unrentabler Klein- und Mittelbetriebe) und Produktionsstrukturen zu erhöhen. Auch Maßnahmen zur Milderung temporärer sozialer Härten und anderer Anpassungsprobleme hätten hier ihren Platz. e) Auf dem Wege zur Wirtschafts- und Währungsunion

Nach dem heutigen Selbstverständnis will die EG mehr sein als ein Gemeinsamer Markt mit einem speziellen Agrarmarkt. Das Ziel lautet: Wirtschafts- und Währungsunion. Der Begriff findet sich im Vertrag nicht; er ist jedoch mit Sinn und Inhalt des Vertrages vereinbar. Denn einmal sieht der EG-Vertrag (Art. 2) neben der Bildung eines Gemeinsamen Marktes auch "die schrittweise Annäherung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten" vor. Zum zweiten wird an späterer Stelle die Vereinheitlichung der Agrar-, Wettbewerbs- und Verkehrspolitik vorgeschrieben sowie Angleichungen, Annäherungen oder Koordinierungen in anderen Politikbereichen wie Sozial-, Konjunktur- und Währungspolitik zur Auflage gemacht. Schließlich kommt als Sachargument hinzu, daß ein Gemeinsamer Markt ohne Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitiken latent gefährdet ist, weil die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der ins Hintertreffen geratenen Länder sich erfahrungsgemäß gegen die "Freiheiten" des Gemeinsamen Marktes richten. 24•

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Das alles kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Wirtschafts- und Währungsunion nicht eindeutiges Vertragsziel war. Es bedurfte erst schmerzlichen Erfahrungen mehrerer, durch divergierende Wirtschaftspolitiken ausgelöster Währungskrisen, ehe der politische Wille zur Bildung einer Wirtschafts- und Währungsunion innerhalb der EG reifte. Im Dezember 1969 faßte der Europäische Rat in Den Haag einhellig den Beschluß, stufenweise die Wirtschafts- und Währungsunion zu verwirklichen. Im Frühjahr 1971 setzte der Rat- nach vorangegangenen intensiven Diskussionen - einen Plan in Kraft, wonach die Wirtschafts- und Währungsunion in drei Stufen bis 1980 zu vollenden sei. -Nach herrschender Meinung, die auch von den EG-Organen geteilt wird, beinhaltet eine Wirtschafts- und Währungsunion neben dem im EWG-Vertrag ausdrücklich aufgeführten Gemeinsamen Markt mit völliger Freizügigkeit für die Güterund Faktorströme innerhalb der Gemeinschaft auch einen einheitlichen Währungsraum sowie eine einheitliche Wirtschaftspolitik, die durch Übertragung wirtschaftspolitischer Kompetenzen auf die EG zustande kommen sollte.

(1) Europäische Währungspolitik Auf eine ausführlichere Darstellung der Entwicklung und der Probleme der Währungspolitik in der EG sei hier verzichtet und auf den 1. Band dieses Buches ("Währungstheorie und Währungspolitik") verwiesen.- Hervorzuheben ist jedoch, daß die Währungspolitik lange Zeit ein Stiefkind der europäischen Integration war, da der EWG-Vertrag diesbezüglich nur recht allgemeine Formulierungen enthielt. Erst der Raager Beschluß von 1969 und der 1971 verabschiedete Stufenplan enthielten bindende Verpflichtungen zur währungspolitischen Integration. Der auf 10 Jahre terminierte Stufenplan scheiterte jedoch. Die Gründe dafür lagen einmal in der krisenhaften Entwicklung der Weltwirtschaft, die von fortgesetzten Währungsunruhen, zwei schweren Ölpreiskrisen und nachhaltigen globalen Konjunktur- und Wachstumsproblemen gekennzeichnet waren. Zum anderen aber blieb die Bereitschaft einiger EG-Länder gering, wichtige währungspolitische Kompetenzen an die Gemeinschaftsorgane abzutreten. Angesichts des fehlgeschlagenen währungspolitischen Integrationsversuches unternahmen die Staats- und Regierungschefs der EG (Europäischer Rat) mit ihrer Bremer Entschließung vom Juli 1978 den Versuch, die Währungsintegration durch Gründung eines Europäischen Währungssystems (EWS) entscheidend voranzutreiben. Das EWS trat verspätet am 13. 3. 1979 in Kraft. Es sollte "eine stabile Währungszone in Europa" schaffen. Durch

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eine "auf innere und äußere Stabilität gerichtete Politik" sollen die Mitgliedsländer den dauerhaften Erfolg des Systems gewährleisten, womit sogleich das entscheidende und keineswegs neue Problem angesprochen wurde. Wie der vorangegangene Europäische Währungsverbund (Floating-Block) ist auch das EWS ein Festkurssystem. Die Wechselkurse der EG-Währungen untereinander sind fixiert. Ein Abweichen von der jeweiligen Parität um mehr als ± 2,25% wird durch Interventionen der betroffenen Notenbanken am Devisenmarkt verhindert. 7o - Als auffälligste Neuerung wurde eine künstliche Währungseinheit ECU (European Currency Unit) geschaffen. Sie setzte sich aus festen Beträgen der nationalen Währungen der Mitgliedsländer zusammen (Standardkorb). Rechnet man diese Währungsbeträge mit ihrem jeweiligen Wechselkurs z.B. in DM um, so ergibt ihre Summe den DM-Wert eines ECU. Die festen bilateralen Paritäten der EG-Währungen bedingen auch eine feste Parität jeder nationalen Währung zum ECU. Der bisherige Nutzen des ECU ist recht begrenzt. Er dient einmal den EGBehörden als Rechengröße, d.h. Währungsbeträge werden in ECU ausgedrückt. Zum zweiten können ECU innerhalb bestimmter Grenzen zum Saldenausgleich zwischen Notenbanken verwendet werden. Eine Erweiterung der Verwendungsmöglichkeiten des ECU wird angestrebt. - Schließlich brachte das EWS eine erhebliche Ausweitung der bereits bestehenden Finanzierungssysteme mit sich. Die verwaltungs- und buchmäßige Abwicklung der Finanzierungsvorgänge im Rahmen des EWS besorgt der bereits vorher existierende Europäische Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ). Ihm überließen die nationalen Notenbanken kurzfristig (in Form revolvierender Dreimonats-Swapgeschäfte) 20% ihrer Währungsreserven. Der Gegenwert wurde ihnen in ECU gutgeschrieben. Damit war ein Anfangsbestand an ECU geschaffen. Die endgültige Form des EWS sollte nach einer zweijährigen Übergangszeit, also im März 1981 festgelegt werden. Geplant war vor allem die Bildung eines Europäischen Währungsfonds (EWF), dem ein Teil der nationalen Währungsreserven endgültig überlassen werden sollte und der in einem noch zu bestimmenden Umfang mit eigenen währungspolitischen Kompetenzen ausgestattet werden sollte. Auch von einer weiteren Verengung der Bandbreiten und/oder einer unabänderlichen Fixierung der Wechselkurse war die Rede. Aber auch diesmal verstrich der vorgesehene Zeitraum, ohne daß Maßnahmen zum substantiellen Ausbau des EWS ergriffen wurden. Haupthindernis waren die divergierenden wirtschaftspolitischen Kurse in 7 0 Der italienischen Währung wurde eine größere Schwankungsbreite von ± 6% zugestanden. Großbritannien und Griechenland nehmen (noch) nicht am EWS teil.

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den einzelnen Ländern, die zu stark unterschiedlichen Inflationsraten und zu unterschiedlicher Zahlungsbilanzentwicklung führten. Paritätsänderungen waren daher unvermeidlich. 71 In dieser Situation mochten die Mitgliedsländer ihre währungspolitische Autonomie nicht aus der Hand geben. Die stabilitätsorientierten Länder fürchteten, auf diese Weise in eine "Inflationsgemeinschaft" zu geraten, während die weniger stabilitätsbewußten Länder die negativen Beschäftigungswirkungen einer rigorosen Stabilitätspolitik fürchteten. Das EWS ist also bislang weit hinter seinen Zielsetzungen zurückgeblieben. Ob es ihnen in absehbarer Zeit gerecht werden wird, ist z. Zt. gänzlich ungewiß. In ebenso ungewisser Ferne liegt damit auch die "gemeinsame Währungspolitik" oder gar die "Währungsunion", die bereits 1980 realisiert sein sollte. (2) Konjunkturpolitik in der EG

Hinsichtlich einer EG-Konjunkturpolitik waren die Formulierungen des EWG-Vertrages ähnlich vage wie für die Währungspolitik. Die Konjunkturpolitik wird als "eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse" (Art. 103 EWGV) bezeichnet. Die Verpflichtung zur Koordinierung der Wirtschaftspolitiken betrifft zwar auch die nationalen Konjunkturpolitiken, ist aber zu wenig konkret, um eindeutige Wirkungen zu sichern. Auch spätere Koordinierungsbemühungen (z.B. in verschiedenen EG-Ausschüssen) ändern nichts an der Tatsache, daß die Konjunkturpolitik nach wie vor Domäne der Einzelstaaten ist. Die sehr unterschiedlichen geld- und fiskalpolitischen Strategien der einzelnen EG-Staaten und die stark divergierenden Ergebnisse dieser Politiken sind eindeutiger Beleg dafür. Mit der Festlegung auf eine Wirtschafts- und ~ährungsunion machte sich dieser Umstand besonders nachteilig bemerkbar; denn eine erfolgreiche währungspolitische Integration ist ohne Vereinheitlichung oder zumindest gute Koordinierung der Konjunkturpolitik nicht möglich. Die geplante Wirtschafts- und Währungsunion scheiterte daran, daß die währungspolitischen Integrationsmaßnahmen (feste Wechselkurse, Kreditmechanismen) nicht von gleichwertigen konjunkturpolitischen Abstimmungsmaßnahmen begleitet waren. Insofern ·wäre es Illusion zu glauben, das EWS könnte ohne wirtschaftspolitische Integration vollendet werden. Dieser Zusammenhang wird zwar von niemandem ernsthaft bestritten, den71 Bis zum Juli 1986 fanden innerhalb des EWS zehn Paritätsänderungen statt (24. 9. 79,30. 11. 79,23.3.81,5. 10. 81,22.2. 82, 14. 6. 82,21.3. 83,18. 5. 83,22. 7.85 und 7. 4. 86).

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noch sind die diesbezüglichen Fortschritte als unbefriedigend zu bezeichnen. Zwar hat der Ministerrat in mehreren Beschlüssen die Koordinierungsverpflichtung bekräftigt und konkretisiert, indem er z.B. schon 1974 einen hohen Grad an Konvergenz der Wirtschaftspolitiken der EG-Länder zum Ziel erhob und eine Richtlinie zur besseren Abstimmung der wirtschaftspolitischen Instrumente der Länder verabschiedete. Es wird darüber hinaus allenthalben bestätigt, daß die Zusammenarbeit zwischen nationalen und EG-Behörden in Form von Informationsaustausch und Konsultationen immer enger und effizienter geworden ist. Auch ist nicht zu übersehen, daß immer mehr EG-Länder die Notwendigkeit einer auf Preisstabilität gerichteten Wirtschaftspolitik erkennen und auf einen entsprechenden Kurs einschwenken. Insbesondere die Geldpolitiken zeigen daher einen wachsenden Grad an Konvergenz. Allerdings liegen die wirtschaftspolitischen Entscheidungen weiterhin bei den einzelnen Ländern, und auch das EWS, als bisher letzte Integrationsgruppe enthält für die EG-Länder keine wirklich bindende Verpflichtung zu einer einheitlichen kurz- und mittelfristigen Wirtschaftspolitik. Auch die Bindung an eine durch Mehrheitsbeschluß festgelegte Politik ist de facto nicht durchsetzbar. Konvergenzfortschritte sind daher ständig gefährdet.

(3) Europäische Wettbewerbspolitik Ein Gemeinsamer Markt und erst recht eine Wirtschafts- und Währungsunion erfordern die Einhaltung einheitlicher Wettbewerbsregeln in allen beteiligten Ländern. Andernfalls würden die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung durch Wettbewerbsverzerrungen zunichte gemacht. Schon im EWG-Vertrag wurde diesem Zusammenhang durch vergleichsweise konkrete Bestimmungen zum gemeinsamen Wettbewerb Rechnung getragen. Die Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrages (und des EGKS-Vertrages) sind unmittelbar geltendes Recht. Darüber hinaus gehen sie abweichenden nationalen Regelungen vor. Allerdings werden sie nur angewendet, wenn der zwischenstaatliche Handel innerhalb der EG davon berührt wird. Wichtig ist insbesondere, daß die Zuständigkeit für die Durchsetzung der Wettbewerbsregeln und für die Wettbewerbspolitik bei der EG-Kommission liegt. Der Gerichtshof entscheidet über Streit- und Zweifelsfälle mit bindender Wirkung. Damit ist die Wettbewerbspolitik dem Idealbild einer gemeinsamen Politik viel näher als viele andere Politiken wie etwa die Konjunkturund die Währungspolitik. Im Mittelpunkt des EG-Wettbewerbsrechtes und der EG-Wettbewerbspolitik stehen folgende Bestimmungen:

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(1) Ein Verbot von Kartellen, sofern sie den Wettbewerb im zwischenstaatlichen Handel der EG gefährden (Art. 85 EWGV). (2) Ein Verbot des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht durch marktbeherrschende Unternehmen (Art. 86 EWGV). (3) Ein Verbot staatlicher Beihilfen, sofern sie nicht bestimmten für zulässig erklärten Zwecken dienen (Art. 92 EWGV). Das Kartellverbot gilt für alle Sektoren mit Ausnahme der Landwirtschaft und des Verkehrs. Das Verbot richtet sich sowohl gegen "horizontale" Kartelle (z.B. Preisabsprachen zwischen konkurrierenden Anbietern) als auch gegen "vertikale" Kartelle (z.B. Alleinvertriebsvereinbarung zwischen Produzent und Großhändler). Auch das "abgestimmte Verhalten" (Kartell ohne formelle Absprache) fällt unter das Verbot. Kartelle, die unter das Verbot fallen, sind von Anfang an nichtig d.h. ungültig. Die Unternehmen sind verpflichtet, alle kartellähnlichen Absprachen bei der EG-Kommission zur Überprüfung anzumelden. Diese erteilt ein Negativattest, wenn die Absprache nicht gegen Art. 85 EWGV verstöß, weil z. B. nur der Handel innerhalb eines Mitgliedslandes und nicht der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt wird. Außerdem kann die EG-Kommission Kartelle, die unter § 85 EWGV fallen, vom Kartellverbot freistellen. Voraussetzung für eine Freistellung ist, daß der Wettbewerb nicht über Gebühr beeinträchtigt wird und daß den Vorteilen für die Anbieterseite durch effizientere Produktion oder Verteilung auch angemessene Vorteile für die Abnehmer gegenüberstehen. Insbesondere bei Kooperationsvereinbarungen zwischen Klein- und Mittelbetrieben verfährt die Kommission großzügig. - Für bestimmte Typen von Vereinbarungen, die einheitliche oder vergleichbare Inhalte aufweisen, hat die Kommission - gewissermaßen vorab - Gruppenfreistellungen gewährt (z.B. für Vereinbarungen über Normung und Typung oder über gemeinsame Forschung und Entwicklung). Mit zunehmender Konzentration der Wirtschaft wächst die Zahl der marktbeherrschenden Positionen und die Gefahr des Mißbrauchs der damit verbundenen wirtschaftlichen Macht. Als Mißbrauchstatbestände führt Art. 86 EWGV auf: Erzwingung unangemessener Preise; Einschränkung der Produktion, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher; Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichen Leistungen; Erzwingung von Koppelungsverträgen. Wettbewerbspolitik kann auf zweierlei Weise erfolgen: Einmal indem man die Geschäftspraktiken marktbeherrschender Unternehmen überwacht, zum zweiten indem man das Entstehen marktbeherrschender Stellungen verhindert. - Die Kommission konzentrierte ihre Arbeit überwie-

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gend auf die erste Variante. Ihre Entscheidungspraxis war in diesem Fall insofern von besonderer rechtsbildender Bedeutung, als sie der Klärung und Konkretisierung der z. T. sehr auslegungsfähigen Vertragsbestimmungen diente. Marktbeherrschende Stellung, relevanter Markt, mißbräuchliche Ausnutzung, unangemessene Preise sind einige der zentralen Begriffe, deren eindeutige Klärung für die Anwendung des Art. 86 einerseits zwingend erforderlich, andererseits aber problematisch und umstritten war. - Die Kommission hat auch versucht, den Art. 86 auf Unternehmenszusammenschlüsse anzuwenden, indem sie einen vollzogenen Zusammenschluß als Mißbrauch einer bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellung deklarierte (Continental Can-Fall) und die Entflechtung verfügte. Der Europäische Gerichtshof bestätigte, daß eine Fusion unter Umständen als Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung angesehen werden kann, hob allerdings im konkreten Fall die Kommissionsentscheidung aus Beweisgründen auf. Eine vorbeugende Fusionskontrolle sieht der EWG-Vertrag im Gegensatz zum EGKS nicht vor. Die Kommission hat jedoch dem Rat bereits vor Jahren (1973) einen Verordnungsentwurf unterbreitet, der die Einführung der vorherigen Fusionskontrolle bezweckt. Wegen verschiedener nationaler Vorbehalte werden jedoch die Realisierungschancen allgemein als gering eingeschätzt. Das grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen gilt ebenfalls nur dann, wenn der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt wird. Außerdem sieht der Vertrag zahlreiche Ausnahmen vor. So können vom Verbot ausgenommen werden: Subventionen zur Förderung der regionalen Entwicklung, Subventionen zur Förderung der sektoralen Strukturanpassung, Subventionen zur Förderung des Umweltschutzes, Subventionen zur Behebung "einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben". -Alle diese Beihilfen sind höchst problematisch, weil sie ausnahmslos potentiell wettbewerbsverzerrend wirken. Der Wettbewerbseffekt hängt stark von der speziellen Ausgestaltung der jeweiligen Beihilfe ab und läßt sich nur schwer nachweisen oder quantifizieren. Obwohl die EG-Kommission gemäß Art. 93 EWGV über weitgehende Kontroll- und Eingriffsbefugnisse verfügt, hat sie angesichts der Subventionsvielfalt und der Undurchsichtigkeit der jeweiligen Absichten und Wirkungen einen sehr schweren Stand. Zu konstatieren ist, daß Subventionen innerhalb der EG nach wie vor ein verbreitetes protektionistisches Instrument sind. Der Streit um die sehr unterschiedlichen Stahlsubventionen in der EG sind nur ein spektakuläres Beispiel für diesen Tatbestand.

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(4) Strukturpolitik Die bei Abschluß des EWG-Vertrages vorhandenen und seitdem fortbestehenden regionalen und sektoralen Strukturunterschiede stellen eine erhebliche Hypothek für die weitere Entwicklung der EG dar; denn sie haben ein starkes Wohlstandsgefälle innerhalb der Gemeinschaft zur Folge und sind daher eine ständige Quelle der Unzufriedenheit. Obwohl im EWGVertrag vernachlässigt oder überhaupt nicht erwähnt, wuchs allmählich die Überzeugung, daß auf strukturpolitische Aktivitäten der Gemeinschaft nicht verzichtet werden kann. (a) Regionalpolitik der EG Über eine EG-Regionalpolitik enthält der EWG-Vertrag nur wenige allgemeine Bestimmungen. So enthält die Präambel des Vertrages die Aufforderung, "den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete zu verringern". Die Erwartung, daß die durch die Bildung des Gemeinsamen Marktes und andere Integrationsschritte ausgelösten Wachstums- und Wohlstandseffekte das Problem gewissermaßen von selbst lösen würden, haben sich nicht erfüllt. Dabei kann die Frage offen bleiben, ob die durch den Integrationsprozeß ausgelösten Strukturänderungen die regionalen Strukturunterschiede noch verschärft haben. Tatsache ist, daß die regionalen Wohlstandsunterschiede z. T. gewaltig sind. So lag z.B. das Brutta-Inlandsprodukt pro Kopf in den reichsten Regionen der Gemeinschaft (Hamburg, Paris) fünf- bis sechsmal so hoch wie in den ärmsten (Kalabrien, Westirland). Problemregionen sind vor allem landwirtschaftliche Gebiete mit ungünstiger Struktur (unterkapitalisierte Kleinbetriebe mit veralteten Produktionsmethoden) und Industriegebiete mit vorwiegend traditionellen, in der Schrumpfungsphase befindlichen Branchen (Stahl-, Textil-, Schiffbauindustrie). Von einem Start in Richtung einer gemeinsamen Regionalpolitik kann erst seit 1975 gesprochen werden. Bis dahin hatten die Länder zwar alle eine mehr oder weniger intensive nationale Regionalpolitik betrieben; auf EGEbene jedoch blieben derartige Aktivitäten sporadisch und unkoordiniert. Beispiele für derartige EG-Aktivitäten mit regionalpolitischer Wirkung sind Kredite und Bürgschaften der Europäischen Investitionsbank, Finanzierungen aus dem Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft und aus dem Sozialfonds sowie Zulassung von Subventionen für regionalpolitisch bedeutsame Vorhaben. 1975 wurde dann der beratende "Ausschuß für Regionalpolitik" gegründet, der die Koordinierung der natio-

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nalen Regionalpolitiken und die Überprüfung regionaler Entwicklungsprogramme zur Aufgabe hat. Vor allem aber wurde gleichzeitig der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (Regionalfonds) eingerichtet, der die finanzielle Grundlage für die angestrebte EG-Regionalpolitik bildet. Die Mittel des Regionalfonds sind seit 1975 zwar wesentlich erhöht worden. Mit ca. 6% ist ihr Anteil am EG-Haushalt (1985) jedoch nach wie vor bescheiden. Die Finanzmittel des Regionalfonds wurden in eine "Quotenabteilung" und in eine "quotenfreie Abteilung" aufgeteilt. Das Geld der Quotenabteilung wurde nach festgelegten Quoten auf die Mitgliedsländer verteilt. Dabei hatten die Länder mit den größten Regionalproblemen die höchsten Quoten. Die höchste Quote hatte Italien mit ca. 35,5 %, während z. B. Deutschland nur auf 4,7% kam. Diese strikten Quoten wurden 1985 durch flexiblere "Spannen" ersetzt. Italien erhält seitdem zwischen 31,94% und 42,59% der Mittel, die Bundesrepublik zwischen 3,76% und 4,81 %. Die Mittelzuteilung erfolgt in Form von Zuschüssen zu konkreten Einzelprojekten oder -maßnahmen, die drei Voraussetzungen erfüllen müssen: (1) Es muß sich um mit nationalen staatlichen Mitteln geförderte Regionalmaßnahmen handeln. (2) Sie müssen in Regionen durchgeführt werden, die als nationale Förderungsgebiete ausgewiesen sind. (3) Die Vorhaben müssen entweder der Schaffung neuer bzw. der Sicherung bestehender Arbeitsplätze dienen, oder aber es muß sich um Infrastrukturinvestitionen handeln, die zur nachhaltigen gewerblichen und wirtschaftlichen Erschließung der Region geeignet erscheinen. Der Regionalfonds (Quotenabteilung) gibt also lediglich Zuschüsse zu nationalen Projekten, wobei die Zuschüsse bestimmte Anteile der nationalen Förderungsmittel und der Investitionssumme nicht überschreiten dürfen. Auch der Einfluß der die Anträge überprüfenden EG-Kommission auf die Projektauswahl ist gering, da die Länder ihre Anträge entsprechend ihren Prioritäten stellen. Von einer gemeinsamen Regionalpolitik kann demzufolge kaum gesprochen werden. Grundsätzlich positiv zu vermerken ist jedoch, daß durch die Art der Quotenfestlegung ein Mitteltransfer zugunsten der Länder mit den schwersten Regionalproblemen erfolgt und daß durch die Zuschüsse der gesamte Mitteleinsatz für Regionalzwecke erhöht wird. Stärker in Richtung einer gemeinsamen Regionalpolitik wirkt dagegen die "quotenfreie Abteilung". Sie wurde 1979 eingerichtet und sollte die Finanzierung regionaler Gemeinschaftsmaßnahmen ermöglichen. Insbesondere Regionalproblemen, die als Folge unvorhergesehener Weltwirtschaft-

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licher Entwicklungen oder als Folge der diversen anderen EG-Politiken entstehen, sollte damit flexibel entgegengewirkt werden. Neben den bereits angedeuteten Schwierigkeiten steht die Regionalpolitik in der EG insbesondere vor folgendem wichtigen Problem. Das Nebeneinander nationaler Regionalpolitiken kann zu integrationspolitischen Fehlentwicklungen führen. Werden z.B. wichtige Infrastrukturmaßnahmen nicht grenzüberschreitend geplant, so können sie neue Integrationsbarrieren schaffen. Enden die regionalen Planungen für Straßen, Schiffahrtswege, Telekommunikation, Energieversorgung u. ä. an den nationalen Grenzen, so wird der Integrationsprozeß gehemmt.- Im Falle der regionalen Beihilfen entstehen dann desintegrierende Effekte, wenn "Subventionswettläufe" zwischen einzelnen Ländern bzw. Regionen die Anreizwirkung der Subventionen stark mindern. Trotz steigenden Einsatzes öffentlicher Mittel bleibt der regionalpolitische Effekt in solchen Fällen gering. Aus diesen Gründen wäre eine Abstimmung der nationalen Regionalpolitik wünschenswert. Der Ausschuß für Regionalpolitik hat hier sein wichtigstes Betätigungsfeld. Als ersten Schritt hat man sich auf Beihilfe-Obergrenzen für die einzelnen Regionen geeinigt. Außerdem sind die Länder gehalten, komplette Entwicklungsprogramme für ihre Förderungsregionen aufzustellen, um den regionalpolitischen Stellenwert der zu fördernden Einzelprojekte besser beurteilen zu können. Die Hauptarbeit bleibt jedoch noch zu tun. (b) Industrie- und Technologiepolitik in der EG Eine gemeinsame EG-Politik für einzelne Sektoren sieht der EWG-Vertrag nur für den Agrar- und den Verkehrssektor vor. Für die Kohle- und Stahlindustrie sowie die Atomindustrie bestimmen der EGKS-Vertrag sowie der Euratom-Vertrag Art und Umfang der Zusammenarbeit in der EG. Für die zahlreichen verbleibenden Sektoren und Branchen enthalten die Verträge keine spezifischen strukturpolitischen Regelungen. Es ist daher die Frage, ob die EG eine Politik anstreben könne und solle, die die sektorale Struktur innerhalb der EG beeinflußt. Da es sich dabei vornehmlich um den industriellen Bereich handelt, ist die Bezeichnung Industriepolitik verbreitet.- Die EG-Kommission ergriff mit ihrem "Industrie-Memorandum" von 1970 als erste die Initiative für eine solche Industriepolitik. 1973 legte sie dem Rat ein Aktionsprogramm mit einem Zeitplan für konkrete Maßnahmen vor. Zu den Zielen der beabsichtigten Industriepolitik gehören: (1) die Beseitigung technischer Handelshemmnisse wie unterschiedliche Normen, Typen und Schutzvorschriften, die den zwischenstaatlichen

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Wettbewerb in der EG verzerren sowie die Abschaffung der Diskriminierung ausländischer Anbieterbeider Vergabe öffentlicher Aufträge. (2) die Förderung der Kooperation zwischen Untemehmen durch Beseitigung steuer- und gesellschaftsrechtlicher Rindemisse sowie durch Informationsvermittlung und Kontaktanbahnung über das europäische Kooperationsbüro. (3) die Förderung der zwischenstaatlichen Untemehmenskonzentration, sofem dieses für die Erreichung adäquater Untemehmensgrößen erforderlich erscheint. (4) die Förderung einzelner Industriezweige: Einmal der sog. Zukunftsindustrien (z.B. Elektronik, Luft- und Raumfahrt, Nukleartechnik), um der EG hier eine technologische Spitzenstellung zu sichem (Technologiepolitik); zum zweiten Förderung von krisenbedrohten traditionellen Industriezweigen (z.B. Textil-, Holz- und Papier-, Stahl- und Schiffbauindustrie), um die Strukturanpassung zu erleichtem. Nach übereinstimmendem Urteil ist die Industrie- und Technologiepolitik bislang weit hinter den von der Kommission gesetzten Zielen zurückgeblieben. Zwar hat es inzwischen eine große Anzahl von Einzelentscheidungen und -maßnahmen gegeben, so zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse, zur Nichtdiskriminierung im öffentlichen Auftragswesen und bei der Angleichung des Untemehmens- und Gesellschaftsrechts; auch hat die Gemeinschaft immer wieder ad-hoc-Maßnahmen zum Schutz ihrer "Krisenindustrien" ergriffen. Besondere Publizität erlangten die gemeinschaftlichen Schutzmaßnahmen für die europäische Stahlindustrie in den frühen Achtziger Jahren. In vielen wichtigen Bereichen jedoch blieben die Fortschritte aus oder sie waren gering. Der grenzüberschreitenden Untemehmenskooperation und auch -konzentration stehen nach wie vor erhebliche gesellschafts- und steuerrechtliche Barrieren im Wege. Wichtiger jedoch ist, daß es bisher kein einheitliches Konzept für eine langfristige Konsolidierung der "Schrumpfungsindustrien" gibt. Vielmehr versuchten die einzelnen EG-Länder immer wieder, ihre nationalen Sonderinteressen durch forcierte Förderung der eigenen Industrie durchzusetzen. Förderungswettläufe und Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EG waren die zwangsläufige Folge. Da auch die gemeinsamen Abwehrmaßnahmen gegenüber Drittländem häufig einer zukunftsorientierten Perspektive entbehrten, hat dieser Teil der Industriepolitik wettbewerbsverzerrende und allokationsverschlechtemde Wirkungen und trägt überdies zur Verstärkung protektionistischer Tendenzen in der Weltwirtschaft bei. Von ähnlichem Gewicht ist der Umstand, daß die gemeinsame Technologiepolitik, d.h. die Förderung von Forschung und Entwicklung insbeson-

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dere im Bereich der "Zukunftsindustrien" kaum Fortschritte macht. Der ökonomische Sinn und die Rechtfertigung einer gemeinsamen Technologiepolitik liegt ja zum einen darin, daß durch EG-interne Arbeitsteilung und Kooperation auf diesem Gebiet teure Doppelforschung vermieden und die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts erhöht werden kann. Zum anderen kann im Falle risikoreicher technischer Großvorhaben, die die Finanzkraft und Forschungskapazität eines Landes übersteigen, die Zusammenarbeit auf EG-Ebene die Durchführung derartiger Vorhaben und die Erringung einer technologischen Spitzenstellung erst ermöglichen. - Eine technologische Zusammenarbeit dieser Art ist innerhalb der EG nur in spärlichen Ansätzen vorhanden. Ganz überwiegend wird auch im Bereich der Zukunftstechnologie national geforscht und gefördert. Auch hier bilden nationale Egoismen und Sonderinteressen das entscheidende Hindernis.Betont sei schließlich, daß die öffentliche Förderung von Zukunftsindustrien, auch wenn sie auf EG-Ebene erfolgt, in einem ähnlichen Spannungsverhältnis zur Ordnungspolitik steht wie die Unterstützung von" Krisensektoren". Denn es besteht allemal die Tendenz, daß Unternehmen von Risiken und Kosten entlastet werden und damit ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile erringen. Auch die Möglichkeit, daß der Staat mit der Mittelvergabe die Unternehmerische Entscheidung über Art und Umfang von Forschung und Entwicklung an sich ziehen könnte, ist prinzipiell bedenklich. In mancher Hinsicht eine Ergänzung der Industriepolitik stellt eine gemeinsame Umweltschutzpolitik dar. Ein gemeinsames Vorgehen ist auch industriepolitisch von Bedeutung; denn nur durch international gleiche Umweltvorschriften und-standardswerden wettbewerbsverzerrende Wirkungen der Umweltpolitik vermieden. Auch hat die EG die Möglichkeit, die häufig grenzüberschreitenden Umweltprobleme (Flußwasserverschmutzung, Nordseeverschmutzung, Luftverschmutzung) für die industrielle Großregion Westeuropa in den Griff zu bekommen. Mit der Tagung des Europäischen Rates von 1972 und dem 1973 verabschiedeten Aktionsprogramm für den Umweltschutz nahmen die Bemühungen um eine gemeinsame Umweltschutzpolitik ihren Anfang. Inzwischen ist eine große Anzahl von Maßnahmen und Aktivitäten zu verzeichnen. Die EG-Umweltpolitik steht gleichwohl erst am Anfang.

(5) Sozialpolitik in der EG Im EWG-Vertrag sind immerhin 11 Artikel (Art. 117- 128) sozialpolitischen Problemen gewidmet. Dennoch ist eine gemeinsame Sozialpolitik darin nicht ausdrücklich vorgesehen. Die starke Unterschiedlichkeit der

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nationalen Sozialsysteme und die Meinungsverschiedenheiten über die Ausgestaltung eines neuen gemeinsamen Systems verhinderten die Festlegung auf eine gemeinsame Politik. Statt dessen ist eine "Abstimmung der (nationalen) Sozialordnungen" (Art. 117) und "Zusammenarbeit in sozialen Fragen" (Art. 118) vorgesehen. Einzig die Verwirklichung der gleichen Entlohnung von Männern und Frauen wird verbindlich vorgeschrieben (Art. 119). Bindend ist auch die zur Sicherstellung der Freizügigkeit der Arbeitskräfte erlassene Vorschrift, wonach alle in einem EG-Land erworbenen Sozialversicherungsansprüche bei Arbeitsaufnahme in anderen EG-Ländern dort anerkannt, angerechnet und ausgezahlt werden (Art. 51).- Für die Zusammenarbeit zwischen den EG-Ländern nennt der Vertrag folgende Gebiete: Beschäftigung, Arbeitsrecht und Arbeitsbedingungen, Ausbildung, soziale Sicherheit, Unfallverhütung und Gesundheitsschutz, Koalitionsrecht. Motor der sozialpolitischen Abstimmung und Zusammenarbeit war und ist die EG-Kommission, die in zahlreichen Empfehlungen und Richtlinienentwürfen auf eine "Harmonisierung" der nationalen Sozialsysteme hinarbeitete. Darüber hinaus steht mit dem 1960 eingerichteten Europäischen Sozialfonds ein wenn auch bescheidenes Finanzierungsinstrument zur Verfügung. -1974 wurde ein von der Kommission ausgearbeitetes "sozialpolitisches Aktionsprogramm" vom Rat verabschiedet, das angesichts der zunehmenden Arbeitslosigkeit in der Gemeinschaft drei Zielsetzungen in den Vordergrund stellte: - Vollbeschäftigung und bessere Beschäftigung - Verbesserung und Angleichung der Lebens- und Altersbedingungen - wachsende Beteiligung der Sozialpartner an den Entscheidungen der Gemeinschaft und der Arbeitnehmer am Leben der Unternehmen. Das wichtigste beschäftigungspolitische Instrument der Gemeinschaft ist der Sozialfonds. Es sollte vor allem zur Wiederbeschäftigung Arbeitsloser durch Förderung der Umschulung und der regionalen Mobilität beitragen. Wegen offensichtlicher Mängel wurde der Sozialfonds mehrmal reformiert, indem die Mittel aufgestockt und die Förderungsvoraussetzungen erweitert wurden. Die Förderung ist personenbezogen und erfolgt durch Zuschüsse von 50% bis 55% zu beschäftigungsfördernden Maßnahmen der Mitgliedsländer. Der übergroße Teil der Mittel wurde für Ausbildungs-, Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen verausgabt. Die Mittel fließen in rückständige Gebiete, Krisenbranchen und durch technischen Fortschritt beeinträchtigte Regionen und/oder Sektoren. Aufgrund Ratsbeschlusses wurden darüber hinaus spezielle Maßnahmen gefördert zugunsten arbeitsloser Jugendlicher (unter 25 Jahren), Frauen und Behinderter und älterer Arbeit-

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nehmer, zugunsten aus der Landwirtschaft oder der Textilwirtschaft ausgeschiedener Arbeitskräfte und zugunsten von Wanderarbeitnehmern. Auf zahlreichen anderen Gebieten hat es Aktivitäten zur Allgleichung oder Verbesserung gegeben, so auf den Gebieten Arbeits- und Sozialrecht, Unfall und Gesundheitsschutz, Beteiligung der Sozialpartner an Wirtschafts- und sozialpolitischen Entscheidungen in ihrem Bereich. Man ist sich heute weitgehend einig, daß eine Vereinheitlichung der nationalen Sozialsysteme in absehbarer Zeit nicht in Betracht kommt. Die Diskrepanzen resultieren nicht zuletzt aus nationalen Prioritätsunterschieden, die ihrerseits auf Unterschiede der Kultur, der Lebensart und -einstellung zurückgehen. Der Gesichtspunkt, daß unterschiedliche nationale Sozialsysteme wettbewerbsverzerrend wirken können, ist inzwischen in den Hintergrund getreten, obwohl er im Grundsatz nach wie vor von Belang ist. Allerdings ist beabsichtigt, offensichtliche soziale Rückstände allmählich zu nivellieren und in Krisenzeiten die Gemeinschaftsmaßnahmen auf die rückständigen Gebiete zu konzentrieren. Auch hier ist zu konstatieren, daß die verfügbaren Finanzmittel trotz mehrfacher Aufstockung des Sozialfonds vergleichsweise gering sind.

(6) Gemeinsame Verkehrspolitik? Der EWG-Vertrag schreibt den Mitgliedsstaaten eine gemeinsame Verkehrspolitik vor (Art. 74). Eine bindende Verpflichtung dieser Art existiert ansonsten nur noch für die Agrar- und die Wettbewerbspolitik Seine integrationspolitische Bedeutung gewinnt die Verkehrspolitik einmal daraus, daß Art und Umfang des Verkehrswegenetzes und der Verkehrsabwicklung den innergemeinschaftlichen Güteraustausch wesentlich beeinflussen können, und zum zweiten daraus, daß der Verkehrssektor in allen Mitgliedstaaten starken staatlichen Eingriffen unterworfen ist. Diese Eingriffe laufen in vielen Fällen auf eine Benachteiligung ausländischer Verkehrsunternehmen und/oder ausländischer Käufer von Verkehrsleistungen hinaus.- Die Zielsetzung bestand daher darin, auf der Grundlage grenzüberschreitender Planung ein integrationsförderndes EG-Verkehrssystem zu realisieren. Darüber hinaus sollten die vorhandenen Diskriminierungen insbesondere bei den Verkehrstarifen und -bedingungen sowie bei der Zulassung von Verkehrsunternehmen beseitigt werden (Art. 79, 80 EWGV). Fast 30 Jahre nach Inkrafttreten des EWG-Vertrages ist zu konstatieren, daß die vorgeschriebene gemeinsame Verkehrspolitik auch nicht annähernd verwirklicht werden konnte. Trotz vieler kleiner Einzelschritte konnten die

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Hauptaufgaben wie etwa die internationale Planung und Fertigstellung der Verkehrswege und -einrichtungen (Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen, Häfen) und der Abbau der Diskriminierungen nicht durchgesetzt werden. Der Grund dafür liegt einmal mehr in der mangelnden Übereinstimmung der nationalen Interessen. In allen Ländern wurde und wird die Verkehrspolitik in den Dienst spezieller Ziele, etwa regionalpolitischer, industriepolitischer oder sozialpolitischer Art gestellt. Eine Allgleichung dieser spezifischen Zielsetzungen erscheint kaum möglich und ihre Aufgabe zugunsten einer gemeinsamen Politik ist derzeit nicht in Sicht. (7) Ansätze zu einer europäischen Energiepolitik

"Eine europäische Energiepolitik sieht der EWG-Vertrag nicht vor und es gibt sie auch nicht", könnte man überspitzt aber im wesentlichen zutreffend formulieren. Zwar wurde schon 1962 von der "Arbeitsgruppe Energie" ein Memorandum vorgelegt, das die Diversifizierung der Energiebezüge aus Drittländern, die Förderung der innergemeinschaftlichen Erzeugung- insbesondere Kohle und Kernenergie -, einheitliche Regeln für die Bevorratung, die Besteuerung und die Einfuhr von Energierohstoffen vorsah. Jedoch blieb es, wie auch andere Vorschläge, ohne praktische Auswirkungen. Auch auf die erste Ölpreiskrise von 1973174, die den westeuropäischen Ländern ihre starke Abhängigkeit von wenigen Erdöllieferanten drastisch vor Augen führte, reagierten die EG-Länder nicht gemeinsam; vielmehr versuchte jedes Land auf eigene Faust die negativen Folgen der Krise für sich selbst möglichst gering zu halten. Für ein koordiniertes energiepolitisches Vorgehen in der EG sprächen gute Gründe: - In ihrer Gesamtheit ist die EG der größte Nachfrager nach Erdöl und anderen Energierohstoffen. Bei geschlossenem Auftreten hätte sie eine starke Marktposition, insbesondere auch gegenüber der OPEC. Die schwierigen und sehr kostspieligen Forschungsarbeiten bei der Entwicklung neuer Energiequellen ließen sich bei koordinierteremVorgehen leichter und schneller bewältigen. Der Energiesektor und die Energiepreise sind in den EG-Ländern in unterschiedlichem Maße staatlichen Einflüssen unterworfen. Daraus resultieren unterschiedliche Energiepreise, die innergemeinschaftliche Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen. Die Kommission hat seit 1974 mit diversen Vorschlägen versucht, in diese Richtung zu wirken. Der Rat, als das entscheidende Gremium, hat sich in 25 Adebahr/Maennig

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unverbindlichen Empfehlungen und Deklarationen zu mehr Gemeinsamkeit in der Energiepolitik bekannt. Er hat darüber hinaus konkrete energiepolitische Ziele formuliert. So soll bis 1990 der Energiekoeffizient7 2 auf 0, 7 gesenkt werden, der Erdölverbrauch soll auf 40% des Primär-Energieverbrauchs und die Energieimporte sollen auf 50% des Energiebedarfs verringert werden, die Stromerzeugung soll zu 70- 75% durch Kernenergie und feste Brennstoffe erfolgen. - Über gemeinsame Maßnahmen und Instrumente zur Erreichung dieser Ziele konnte sich der Rat dagegen bisher nicht oder nur in Einzelfällen einigen. Nennenswerte gemeinschaftliche Aktivitäten gibt es bei der gemeinsamen Finanzierung einiger Forschungs- und Entwicklungsobjekte (Kohlenwasserstoffgewinnung, Kernfusion) und bei der Finanzierung von Kernkraftwerken durch Gemeinschaftsanleihen. Für den größten Teil der Energiepolitik bleibt es jedoch den einzelnen Ländern überlassen, ob und inwieweit sie den vielfältigen Empfehlungen und Anregungen des Rates und der Kommission z.B. auf dem Gebiet der Energieeinsparung folgen oder nicht. Ein wichtiger Grund dafür, daß die EG-Länder energiepolitisch zum großen Teil eigene Wege gehen, ist sicherlich ihre sehr unterschiedliche Versorgungssituation. Während die Niederlande und Großbritannien von Energieeinfuhren nahezu unabhängig sind, müssen Dänemark und Belgien mehr als 90% ihres Energiebedarfs importieren. Bei der Bundesrepublik sind es rd. 60%. Daraus ergeben sich sehr unterschiedliche Interessenlagen, die einer gemeinsamen Politik nicht förderlich sind. f) Die außenwirtschaftliehen Beziehungen der EG

Mit der Zollunionsbildung und den agrarpolitischen Regelungen sind die außenwirtschaftliehen Beziehungen der EG zu Drittländern keineswegs erschöpfend beschrieben. Zum einen gibt es von den allgemeinen zoll- und handelspolitischen Regelungen zahlreiche Ausnahmen für bestimmte Länder oder Ländergruppen und zum andern werden die außenwirtschaftliehen Beziehungen nebem dem Außenhandel auch maßgeblich vom Kapitalverkehr und vom Austausch technischen Wissens geprägt. Die größte Vielfalt an Sonderregelungen weisen dabei die Beziehungen zu den Entwicklungsländern auf.

72 Zuwachsrate des Energieverbrauchs in Relation zur Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts.

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(1) Die Entwicklungsländer und die EG Vorweg sei festgehalten, daß man von einer gemeinsamen Entwicklungspolitik der EG nur mit großen Einschränkungen sprechen kann. Diese ergeben sich daraus, daß der weitaus überwiegende Teil der von den EG-Ländern geleisteten Entwicklungshilfe bilateraler Art ist, d.h. sie wird von den einzelnen Ländern autonom, also den nationalen Zielen und Interessen entsprechend, vergeben. (a) Die Sonderstellung der AKP-Staaten Dennoch gibt es auch eine Vielzahl gemeinsamer Aktivitäten gegenüber Entwicklungsländern. Der EWG-Vertrag bietet dafür nur spärliche Grundlagen. Er sieht nämlich nur eine Sonderbehandlung der ehemals abhängigen überseeischen Gebiete und Kolonien der Mitgliedstaaten vor (Art. 131ff.), und zwar in Form der Assoziierung. Zu Beginn handelte es sich überwiegend um französische Kolonien in Afrika. Nach Beitritt Großbritanniens später kamen dann die entsprechenden Gebiete Großbritanniens in Afrika hinzu. Auf diese Weise wurde Afrika von Anfang an zu einem entwicklungspolitischen Schwerpunkt der EG. Die Assoziierung läuft auf die Gewährung einer bevorzugten Sonderstellung ohne Vollmitgliedschaft in der EG hinaus. Damit wollten die (ehemaligen) Mutterländer ihre besonderen Beziehungen zu ihren (ehemals) abhängigen Gebieten aufrechterhalten. Die Assoziierung bedeutet einmal, daß im Prinzip die Zölle zwischen den assoziierten Ländern und der EG beseitigt werden. Allerdings gilt diese Regelung nur mit Einschränkungen. Aus entwicklungspolitischen Gründen wurde den Assoziierten, die ja alle Entwicklungsländer waren, zugestanden, ihre Wirtschaft erforderlichenfalls durch Zölle oder Maßnahmen auch gegen Einfuhren aus der EG zu schützen. Die EG-Länder ihrerseits behielten speziell für landwirtschaftliche Produkte ebenfalls einen Teil ihrer Beschränkungen bei. Allerdings wurden den Assoziierten in der Regel günstigere Bedingungen eingeräumt als anderen Drittländern. - Neben der handelspolitischen Begünstigung sieht die Assoziierung in der Regel auch finanzielle und technische Hilfe seitens der EG vor, die vom Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) vorwiegend als nicht rückzahlbare Zuschüsse oder von der Europäischen Investitionsbank (EIB) als Darlehen bereit gestellt werden. Nachdem die assoziierten Länder Anfang der Sechziger Jahre ihre Unabhängigkeit erlangten, wurden die Assoziierungsabkommen auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt und gleichzeitig allen schwarzafrikanischen 25'

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Staaten die Assoziierung angeboten. In mehreren Abkommen (1964 in Jaunde, 1969 in Arusha, 1971 in Jaunde, 1975, 1979 und 1984 in Lome) wurden die Teilnehmerzahl erhöht und die Beziehungen zur EG fortentwickelt. Die Lome-Abkommen sind dabei besonders bemerkenswert. Einmal kamen als Folge des EG-Beitritts Großbritanniens, Dänemarks und Irlands neben Ländern aus Afrika auch solche aus der Karibik und dem pazifischen Raum hinzu (AKP-Staaten), so daß mit dem dritten Lome-Abkommen die Zahl der assoziierten Entwicklungsländer von ursprünglich 19 (Jaunde I) auf 65 anwuchs. Darüber hinaus jedoch brachten die Lome-Abkommen eine Reihe inhaltlicher Neuerungen, so daß sie manchen als das Kernstück der EG-Entwicklungspolitik gelten. -Die handelspolitischen Regelungen entsprachen im wesentlichen den vorangegangenen Abkommen, wenn sie auch im Detail weitere Erleichterungen für Agrarimporte in die EG enthalten und die Anwendung von Restriktionsmaßnahmen seitens der EG-Staaten erschweren. Als Neuerung wurde jedoch ein System zur Stabilisierung der Exporterlöse der AKP-Staaten, das sog. Stabex-System, eingeführt. Die z. T. erheblichen Exporterlösschwankungen resultieren aus den starken Preis- und Absatzschwankungen, die für eine Reihe wichtiger Exportgüter der AKPStaaten- insbesondere agrarische Rohstoffe- typisch sind. Sie stellen für diese Länder ein besonderes Problem dar, da sie angesichts ihres ohnehin chronischen Devisenmangels die Finanzierung der notwendigen Importe und damit auch". die Realisierung ihrer Entwicklungspläne gefährden. Eingetretene Exporterlösrückgänge können nun durch Zahlungen aus dem Stabex-System·ausgeglichen werden. Jedoch müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Der Exporterlösrückgang muß 6% betragen (bei sehr armen Ländern nur 1,5%). (2) Die betroffene Gütergruppe muß mit mindestens 6% (bei sehr armen Ländern mit 1,5%) am Gesamtexport des Landes beteiligt sein. (3) Es muß sich um eines oder mehrere der im Vertrag aufgeführten 48 Produkte (ausschließlich agrarische Rohstoffe) handeln. (4) Es muß sich um Exporte in die EG handeln. - Die empfangenen Beträge sind unverzinslich; von den ärmsten AKP-Staaten brauchen sie nicht zurückgezahlt zu werden; für die übrigen Länder sind die Tilgungsbedingungen sehr günstig. Das Lome-Abkommen sieht ferner eine möglichst wirkungsvolle industrielle und landwirtschaftliche Kooperation zwischen der EG und den AKP-Ländern vor. Durch gemeinsame Planung, Ausbildungshilfe und Technologietransfer soll die wirtschaftliche Entwicklung beschleunigt werden.

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Schließlich wurden in Lome 111 die Mittel für finanzielle und technische Hilfe für die Laufzeit des Abkommens von 1986- 1990 stark auf rd. 8,5 Mrd. ECU aufgestockt, wovon 7,4 Mrd. ECU als verlorene Zuschüsse oder Vorzugsdarleben durch den EEF vergeben werden. Die Forderungen der AKPStaaten waren allerdings deutlich höher. Die Lome-Abkommen sind unterschiedlicher Kritik ausgesetzt. Die Nicht-AKP-Staaten fühlen sich dadurch im allgemeinen und durch das Stabex-System im besonderen diskriminiert. In den EG-Ländern wird gelegentlich kritisiert, daß die entwicklungsfördernde Verwendung der finanziellen Zuwendungen nicht gesichert ist. Die AKP-Staaten halten das verfügbare Finanzvolumen für zu gering. Tatsächlich lagen die Ausgleichsanträge im Stabex-System meist über den vorgesehenen Jahrestranchen. Sie kritisieren ferner die Beschränkung des Systems auf die Exporte in die EG, die die Handelsströme "zementiere". Vor allem kritisieren sie, daß für sie wichtige mineralische Rohstoffe wie Kupfer, Zink, Phosphat u. a. vom Stabex-System ausgeschlossen sind. Allerdings wurde mit Lome II ein "Mineralienfonds" (Sysmin) für mineralische Rohstoffe geschaffen, aus dem für konkrete Projekte zur Behebung von Schwierigkeiten in diesem Bereich Finanzhilfe gewährt werden kann. (b) Die Mittelmeerpolitik der EG Einen weiteren regionalen Schwerpunkt der entwicklungspolitischen Aktivitäten der EG bilden die Mittelmeerländer. Die möglichst lückenlose Einbeziehung aller Länder an der Südflanke der EG in ein System gutnachbarschaftlieber Wirtschaftsbeziehungen zu Vorzugsbedingungen bringt für die EG offensichtliche allgemein- und sicherheitspolitische Vorteile, obwohl diese offiziell kaum einmal hervorgehoben werden. Betont wird vielmehr folgendes: Die südeuropäischen Länder Griechenland, Türkei, Spanien und Portugal wurden frühzeitig als bevorzugte Beitrittskandidaten angesehen, denen zur Vorbereitung auf diesen Schritt Sonderbedingungen eingeräumt werden. Für die anderen Mittelmeerländer wird auf die traditionell engen geographischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sonstigen Beziehungen zu Westeuropa hingewiesen, deren Vertiefung die Schaffung eines sehr großen, eng verflochtenen, durch Freihandel gekennzeichneten Wirtschaftsraumes ermöglichen würde. Die Mittelmeerpolitik der EG hatte zum Ergebnis, daß im Jahr 1982 mit allen Mittelmeeranrainern außer Albanien und Libyen Abkommen geschlossen waren, die ihnen- allerdings unterschiedliche- Vorzugsbedingungen sicherten. So waren Griechenland seit 1962 (bis zu seinem Beitritt),

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die Türkei seit 1964, Malta seit 1971 und Zypern seit 1973 assoziiert.- Mit Spanien (1970) und Portugal (1973) wurden präferentielle Handelsabkommen geschlossen, wonach die Länder mit der EG eine Freihandelszone bilden. Portugal erhielt darüber hinaus finanzielle und technische Hilfe. Beide Länder sind inzwischen EG-Mitglieder. - Auch Jugoslawien werden seit 1980 gewisse Importvergünstigungen und zinsgünstige Darlehen der Europäischen Investitionsbank EIB gewährt.- Von den nicht-europäischen Ländern ist Israel der EG seit 1975 durch ein Kooperationsabkommen verbunden, das die Bildung einer Freihandelszone, wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit sowie zinsgünstige EIB-Darlehen vorsieht. - Mit den sog. Maghreb-Ländern (Algerien, Marokko, Tunesien) und den sog. MaschrikLändern (Ägypten, Jordanien, Libanon, Syrien) wurden 1976 und 1977 Kooperationsabkommen geschlossen, die ihnen für nicht-agrarische Produkte zollfreie Einfuhr und für Agrargüter Zollerleichterungen zugestehen. Den EG-Ländern wird für ihre Exporte die Meistbegünstigung gewährt. Alle Länder erhalten Finanzhilfen in unterschiedlicher Höhe.- Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die EG darüber hinaus nichtpräferentielle Handels- oder Kooperationsabkommen mit einer Reihe südamerikanischer73 und asiatischer 74 Länder sowie mit den ASEAN-Staaten 75 abgeschlossen hat, die aber nicht den Vorzugs- und Hilfscharakter der Mittelmeerabkommen haben. (c) Globale Entwicklungspolitik der EG Im Rahmen der UNCTAD war es 1968 zur Einigung über die Einführung eines "allgemeinen Zollpräferenzsystems" zugunsten der Entwicklungsländer gekommen. Die Präferenzen sollten von allen Industrieländern gewährt werden, sollten allen Entwicklungsländern unterschiedslos zugute kommen und sollten ohne Gegenleistungen gewährt werden. Da das System die Industrialisierung der Entwicklungsländer fördern sollte, werden nur gewerbliche Halb- und Fertigwaren und verarbeitete Agrarprodukte, nicht aber Rohstoffe begünstigt. Ein nach diesen Grundsätzen gestaltetes Präferenzsystem wurde 1971 von der EG in Kraft gesetzt. Die anderen westlichen Industrieländer und einige Ostblockländer folgten später mit eigenen Systemen. Da die nationalen Systeme durchaus unterschiedlich sind, ist eine Gleichheit der Präferenzen nach Art und Umfang nicht gegeben. Auch die Gleichbehandlung aller Entwicklungsländer wird nicht eingehalten, denn die EG 73 74 75

Argentinien, Brasilien, Mexiko, Uruguay. Bangladesch, Indien, Pakistan, Sri Lanka. ASEAN: Indonesien, Malaysia, Philippinen, Singapur, Thailand.

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differenziert ihre Präferenzen nach Ländern und Ländergruppen mit der Absicht, die ärmsten Länder am meisten zu begünstigen. Der Import gewerblicher Produkte aus Entwicklungsländern ist zollfrei. Jedoch unterliegen die zollfreien Importe mengenmäßigen Beschränkungen, die um so rigoroser sind, je konkurrenzfähiger die Entwicklungsländer sind. Es wird daher zwischen sensiblen, quasi-sensiblen und nicht-sensiblen Gütern unterschieden. Für erstere wird ein Zollkontingent eingeräumt; ist es erschöpft, wird automatisch der volle Außenzoll wirksam. Für quasi- und nicht-sensible Güter, werden Plafonds festgesetzt; überschreiten die Importe die Plafonds, so kann die EG je nach Situation den normalen Außenzoll einführen. Die Zollkontingente und Plafonds dürfen von einem einzelnen Entwicklungsland nur bis zu einem festgelegten Höchstsatz (meist 50%) ausgeschöpft werden.- Für verarbeitete Agrarprodukte werden überwiegend Zollvorteile, in geringerem Umfang auch Zollfreiheit gewährt. Jedoch bestehen keine Mengenbeschränkungen. 76 Das Präferenzsystem der EG wurde im Laufe der Jahre durch Erhöhung der Kontingente und Plafonds, durch Verringerung der Zahl der sensiblen Güter, durch Vermehrung der in die Präferenzregelung einbezogenen Agrargüter ausgebaut. Allerdings gilt nach wie vor die Schutzklausel, wonach die Präferenzen außer Kraft gesetzt werden können, wenn der EGBinnenmarkt ernsthaft gestört oder die Exportinteressen speziell präferierter Länder (z.B. AKP-Länder) wesentlich beeinträchtigt sind. -Die z. T. scharfe Kritik an dem Präferenzsystem richtet sich einmal gegen die Schutzklausel, da die Unberechenbarkeit ihrer Anwendung das Absatzrisiko auf dem EG-Markt stark erhöht, zum anderen und vor allem dagegen, daß für die chancenreichsten Produkte der Entwicklungsländer (z.B. Textil-, Leder-, Schuh-, Eisen- und Stahlwaren) die schärfsten Restriktionen bestehen. Seit 1976 gewährt die EG ferner finanzielle Entwicklungshilfe auch an nicht-assoziierte Länder. -Im Rahmen ihrer Nahrungsmittelhilfe liefert die EG an von Natur- und Hungerkatastrophen betroffene oder bedrohte Länder Nahrungsmittel aus ihren Überschußbeständen. Die Vielzahl und Verzweigtheit der entwicklungspolitischen Aktivitäten der EG sollte aber nicht über die schon erwähnte Tatsache hinwegtäuschen, daß sie im Vergleich zu den nationalen Maßnahmen der EG-Länder einen relativ geringen Umfang haben und daß die Abstimmung der Politiken sehr zu wünschen übrig läßt.

76

Ausnahmen sind Tabak, Ananaskonserven, Pulverkaffee, Kakaobutter.

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(2) Vertragliche Beziehungen zu westlichen Industrieund zu Staatshandelsländern 1959 schlossen sich sieben europäische Staaten, die nicht der EWG beigetreten waren, zur Europäischen Freihandelszone (European Free Trade Association; EFTA) zusammen. 77 Die EFTA war nicht zuletzt auch als Abwehrreaktion gegen die diskriminierenden Effekte der EWG gedacht. Allerdings blieben die Beziehungen zwischen EFTA-Ländern weit lockerer als die zwischen den EWG-Ländern. Nach dem EWG-Beitritt Großbritanniens, Irlands und Dänemarks 1973 schlossen sämtliche verbleibenden EFTA-Länder mit der EWG Freihandelsabkommen, die den gesamten gewerblichen Sektor einschließlich der Montanindustrie aber ohne den Agrarbereich umfassen. Damit bilden heute alle Länder Westeuropas einen großen Freihandelsraum für gewerbliche Produkte. Im Agrarbereich versucht man durch gegenseitige Konzessionen schrittweise zu einer gewissen Liberalisierung zu gelangen. Für Handelsverhandlungen und den Abschluß von Handelsabkommen mit Staatshandelsländern ist seit 1975 allein die EG zuständig. Zur Zeit bestehen Handelsabkommen mit China (1978) und Rumänien (1981). Auch die Einfuhrbestimmungen, Kontingente usw. werden auf EG-Ebene festgelegt. Kooperationsabkommen mit Staatshandelsländern fallen dagegen weiterhin in die Kompetenz der Nationalstaaten. Hier bemüht sich die EG durch Konsultationen ein Unterlaufen oder Umgehen der gemeinsamen Handelspolitik zu verhindern.- Seit 1975 finden sporadisch Sondierungsgespräche zwischen der EG und dem RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) statt. Nach den Vorstellungen des RGW sollen sie zu vertraglichen Beziehungen zwischen beiden Blöcken führen. Um die Handlungsmöglichkeiten der einzelnen RGW -Staaten nicht zu gefährden, agiert die EG sehr zurückhaltend. g) Süderweiterung und Zukunftsperspektiven der EG

Neben den vielen bislang angesprochenen Problemen der EG gibt es eines, das die Zukunft der EG in besonderem Maße prägen dürfte, die Süderweiterung der EG um Griechenland, Spanien und Portugal (später eventuell auch die Türkei). Der Beitritt Griechenlands erfolgte am 1. 1. 1981. Der Beitritt Spaniens und Portugals wurde am 1. 1. 1986 vollzogen. Da die drei Beitrittsländer innerhalb der EG von beträchtlicher politischer und wirt77 Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweiz, später Island, Finnland (assoziiert).

Schweden,

Österreich, Portugal,

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schaftlieber Bedeutung sind78, haben auch die mit ihrem Beitritt verbundenen Probleme erhebliches Gewicht. Das erste Problem besteht darin, daß alle drei Beitrittsländer "arme" Länder sind, deren Pro-Kopf-Einkommen deutlich unter dem EG-Durchschnitt liegt. Außerdem weisen sie intern große regionale Einkommens- und Entwicklungsunterschiede auf. Ihr Beitritt verstärkt also die regionalen Diskrepanzen innerhalb der EG wesentlich und erschwert damit den Abbau dieser Diskrepanzen gemäß der Präambel des EWG-Vertrages. Dazu wäre nämlich eine starke Aufstockung der Finanzmittel für die gemeinsame Regionalpolitik erforderlich, die überproportional zu Lasten der "reicheren" Länder ginge. Angesichts der überaus angespannten Finanzlage der EG und den heftigen Auseinandersetzungen über eine angemessenere Verteilung der Finanzlasten und vor dem Hintergrund der seit Mitte der Siebziger Jahre andauernden weltwirtschaftliehen Krisenerscheinungen, die zu rapide wachsenden Defiziten in den Staatshaushalten führten, stößt die Aufbringung der für erweiterte und wirksame regionalpolitische Maßnahmen erforderlichen Mittel auf starke Widerstände insbesondere bei den Netto-Zahlern. In die gleiche Richtung wirkt der Umstand, daß die Landwirtschaft in den drei Beitrittsländern eine viel größere Bedeutung hat als in der EG. So waren in der Neuner-EG 1979 8,2% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, dagegen in Griechenland 25,4%, in Spanien 20,7% und in Portugal 32,5 %. Im gleichen Jahr war der Anteil der landwirtschaftlichen Produktion am Sozialprodukt in den drei Ländern zwei- bis viermal so hoch wie in der Neuner-EG. Mit einigen ihrer Haupterzeugnisse wie Wein, Obst, Gemüse und Olivenöl konkurrieren sie direkt mit Italien und Frankreich. Bei allen diesen Produkten wird der Selbstversorgungsgrad der EG 100% erreichen oder überschreiten. Es ist mit Sicherheit zu erwarten und z. T. auch schon geschehen, daß strikte Marktordnungen für diese und andere Produkte eingeführt werden, um die italienischen und französischen Landwirte zu schützen. Über ein System von staatlichen Abnahmeverpflichtungen zu Garantiepreisen würden dann nach bekanntem Muster Überschüsse "provoziert". Lagerkosten, Denaturierungskosten und Exportsubventionen sind die unvermeidliche Folge. Das alles steigert den Finanzbedarf für die Agrarpolitik und verschärft die Finanzkrise der EG.- Ein weiterer schwerwiegender Aspekt der Agrarproblematik der Süderweiterung ist, daß dadurch die Vorzugsstellung vieler Mittelmeerländer stark beeinträchtigt wird. Für viele dieser Länder (Algerien, Marokko, Tunesien, Ägypten, aber auch Israel) ist 78

Die Fläche der EG erhöhte sich um 50%, die Bevölkerung um 20%.

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die EG der wichtigste Absatzmarkt, und zwar im besonderen auch für die genannten Agrarprodukte. Es kann als sicher gelten, daß die EG für diesen Präferenzverlust irgendeine Art von Ausgleich gewähren muß. Die Industrieproduktion ist in den drei Ländern vergleichsweise gering wenn auch unterschiedlich - entwickelt. Vor allem aber weist sie eine ungünstige Struktur auf. Denn in allen drei Ländern herrschen einige der Industriezweige vor, die in der EG als sensibel eingestuft sind (Stahl, Schiffbau, Textil und Bekleidung, Schuhe und Lederwaren, Nahrungsmittel, Chemiefasern). Ihr Beitritt kann daher zu einer EG-internen Wettbewerbsverschärfung mit Beschäftigungsbeeinträchtigungen bei den Alt- oder NeuMitgliedern führen. Die Folge dürfte ein noch stärkeres Drängen auf Schutz vor Drittlandimporten sein. Die Agrar- und die Industrieprobleme der erweiterten EG bedrohen also vitale Interessen vieler Drittländer. Es ist nicht zu erwarten, daß sie eine solche Entwicklung widerspruchslos hinnehmen. Die ohnehin schon vorhandene Tendenz zum Wiederaufleben des weltweiten Protektionismus könnte dadurch weiter forciert werden. Als weiteres Problem der Süderweiterung seien lediglich aufgezählt: Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer kann Wanderungsströme auslösen, die die bereits gegebene Ausländerproblematik in den Zuwanderungsländern verschärfen. -Die vergrößerte Gemeinschaft wird den Verwaltungsaufwand der EG weiter steigern. -Vor allem aber wird der Entscheidungsprozeß schwerfälliger und die Konsensbildung schwieriger werden. Gerade das aber war der Punkt, der mehrfach den Bestand der EG in Gefahr brachte und wichtige beabsichtigte Integrationsmaßnahmen scheitern ließ. Die Zukunftsaussichten der EG kann man zur Zeit nicht allzu optimistisch beurteilen. Einmal wird die Süderweiterung viele der akuten EG-Probleme verschärfen. Eine weitere Verschärfung erfahren sie durch die dauerhaften Krisenerscheinungen in der Weltwirtschaft. Andererseits gab es gute Argumente für die Süderweiterung. Die Erweiterung könnte dem europäischen Integrationsprozeß neue Impulse verleihen. Der wachsende Problemdruck könnte das Zustandekommen "vernünftiger" Lösungen begünstigen. Die größere Mitgliederzahl könnte es einzelnen Staaten schwerer machen, sich der Mehrheitsmeinung zu widersetzen. Das größere politische und wirtschaftliche Gewicht der erweiterten EG und ihre dadurch verstärkte Verhandlungsmacht könnte die Erreichung weltweiter Problemlösungen erleichtern. Das alles sind jedoch optimistische Mutmaßungen, die durch die Erfahrungen der letzten Jahre nicht gerade gestützt werden. -Die wahrscheinlichste Entwicklung dürfte daher sein, daß wesentliche Integrations-

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fortschritte vorerst ausbleiben und man sich auf die Sicherung und Erhaltung des status quo konzentriert. Ein wirklicher Zerfall der EG ist hingegen kaum zu befürchten, da das politische und wirtschaftliche Interessengeflecht inzwischen zu dicht und vielfältig geworden ist, als daß sich ein oder mehrere Staaten - ohne die Gefahr schwerwiegender Nachteile für sich selbst- daraus lösen könnten. 3. Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) Neben der EG gibt es zur Zeit eine Reihe weiterer regionaler Zusammenschlüsse79, denen einerseits das Ziel einer engeren wirtschaftlichen (zum Teil auch politischen) Zusammenarbeit gemeinsam ist, die andererseits jedoch hinsichtlich der Methoden und der Intensität der Integration erhebliche Unterschiede aufweisen. Unter ihnen nimmt das RGW wegen seiner wirtschaftliche Bedeutung und seiner spezifischen Eigenheiten eine besondere Stellung ein. a) Enstehung und bisherige Entwicklung des RGW

Der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW)SO wurde im Januar 1949 gegründet. Initiator war die Sowjetunion, die damit verhindern wollte, daß die kommunistisch orientierten Länder Europas an dem von den USA durchgeführten "Wiederaufbauprogramm für Europa" (ERP bzw. Marshall-Plan) teilnahmen; denn sie befürchtete eine Schwächung ihrer eigenen wirtschaftlichen und politischen Vormachtstellung.- Gründungsmitglieder des RGW waren die Sowjetunion, Bulgarien, Polen, Rumänien, Ungarn und die Tschechoslowakei. Später beigetreten sind Albanien (1949), DDR (1950), 79 So bilden Australien und Neuseeland seit 1965 eine Freihandelszone. Andere Zusammenschlüsse in Afrika, Lateinamerika und Asien sind entweder wieder aufgelöst worden wie die Ostafrikanische Gemeinschaft (Kenia, Uganda, Tansania) oder haben bislang nur geringe Wirkungen erzielt wie die Lateinamerikanische Freihandelszone, seit 1980 Lateinamerikanische Integrationszone (Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ekuador, Kolumbien, Mexiko, Paraguay, Peru, Uruguay, Venezuela); Andenpakt (Bolivien, Ekuador, Kolumbien, Peru, Venezuela); Zentralamerikanischer Gemeinsamer Markt (Costa Rica, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua); Karibische Wirtschaftsgemeinschaft (Antigua, Barbados, Belize, Dominica, Grenada, Guyana, Jamaika, Montserrat, Saint Lucia, Saint Vincent, Trinidad und Tobago); Vereinigung Südostasiatischer Nationen- ASEAN (Indonesien, Malaysien, Philippinen, Singapur, Thailand); Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Dahomey, Elfenbeinküste, Mali, Mauretanien, Niger, Obervolta, Senegal); Zentralafrikanische Wirtschaftsunion (Tschad, Zaire, Zentralafrikanische Republik). so Gebräuchlich sind auch die Abkürzungen Comecon und CMEA des englischen Begriffs Council of Mutual Economic Assistance.

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Mongolei (1962), Kuba (1972) und Vietnam (1978). Albanien ist seit 1962 nur noch formell Mitglied, da es 1962 seine Mitarbeit im RGW eingestellt hat. Jugoslawien ist seit 1964 assoziiert. Einige andere Länder (Angola, Laos, Nordkorea) nehmen einen sog. Beobachter-Status ein. Während der ersten zehn Jahre war das offizielle Kommunique über die Gründungskonferenz in Moskau (1949) die einzige Grundlage für die spärlichen Aktivitäten des RGW. Über Ziele, Arbeitsprinzipien und Organisationsstruktur enthielt es keine hinreichend konkreten Regelungen, außer daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit unter den Mitgliedsländern vertieft werden sollte.- Erst 1959 gab sich der Rat- wahrscheinlich beeinflußt durch die Gründung der EWG - ein Statut und leitete damit eine Phase intensiver Integrationsbemühungen ein. Dieses Statut, das zwischenzeitlich mehrfach ergänzt und modifiziert wurde, bildet bis heute die rechtliche Grundlage der RGW-Aktivitäten.- Ein Spezifikum des RGW besteht darin, daß kein übergreifendes RGW-Recht entwickelt wurde, dem sich die Mitgliedsländer zu unterwerfen hätten. Vielmehr beruht die Zusammenarbeit weitgehend auf ad-hoc-Vereinbarungen, die die Souveränität der einzelnen Länder nicht berühren. Das allein erklärt zu einem guten Teil die Schwerfälligkeit und Langsamkeit bei der Verwirklichung konkreter Kooperations- und Integrationsschritte im RGW. Durch Ausbau des organisatorischen Rahmens, durch Verabschiedung mehrerer Aktionsprogramme (die aber letztlich unverbindlich sind) sowie durch Kooperationsbemühungen in speziellen Teilbereichen wurde versucht, die grundsätzlichen Integrationshemmnisse zu überwinden. b) Der institutionelle Rahmen des RGW

Die Organisationsstruktur des RGW und die Kompetenzen seiner Organe sind wenig übersichtlich. Sie sind z. T. auch erst im Laufe der späteren Entwicklung des RGW gebildet worden.- Die Ratstagung ist das höchste Organ des RGW. Sie setzt sich aus den von den Ministerpräsidenten der Mitgliedsländer geleiteten Delegationen zusammen. Sie bestimmt die Formen und Gebiete der Zusammenarbeit, konkretisiert die Ziele und beschließt die Bildung neuer Organe. Obwohl im Statut nicht vorgesehen, hat sich die "Konferenz der Partei- und Regierungschefs" als weiteres de-facto-Organ etabliert, das unregelmäßig tagt und der Ratstagung Weisungen erteilen kann. Dem Exekutivkomitee des Rates obliegt die Überwachung der Durchführung der Empfehlungen und Beschlüsse der Ratstagung und die Abwicklung der laufenden Geschäfte. Insbesondere hat es Vorschläge zur Koordinierung der nationalen Pläne und zur Spezialisierung der Produktion sowie zur

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Intensivierung des RGW-internen Handels auszuarbeiten und die ständigen Kommissionen zu überwachen. Jedes Land entsendet einen Vertreter im Range eines stellvertretenden Ministerpräsidenten. Dem Exekutivkomitee stehen drei Komitees zur Seite, die sich auf die Bearbeitung wichtiger und komplexer Teilaufgaben konzentrieren, und zwar das erste auf die Zusammenarbeit bei der Planung, das zweite auf die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit und das dritte auf die Zusammenarbeit bei der materialtechnischen Versorgung. Größere praktische Bedeutung für den Fortgang des Integrationsprozesses besitzen die ständigen Kommissionen, die von der Ratstagung eingesetzt werden. Sie haben ihren Sitz in einem der Mitgliedsländer. Die Länder sind durch ihren jeweiligen Fachminister darin vertreten. Zur Zeit gibt es über 20 ständige Kommissionen, von denen die meisten für einen bestimmten Wirtschaftszweig zuständig sind. So gibt es ständige Kommissionen für Elektroenergie, für Atomenergie, für die Kohleindustrie, für die Chemische Industrie, für den Maschinenbau, für die Landwirtschaft usw. Daneben gibt es jedoch auch solche mit allgemeinerer Aufgabenstellung, wie die Kommissionen für Statistik, für Außenhandel, für Standardisierung usw. Innerhalb ihres Fachgebietes bereiten sie mehrseitige Abkommen vor, sprechen Empfehlungen aus und arbeiten auf ihrem Gebiet der Ratstagung oder dem Exekutivkomitee zu. Das Sekretariat mit Sitz in Moskau wird von dem russischen Generalsekretär und je einem Stellvertreter aus den anderen Mitgliedsländern geleitet. Ihm obliegen insbesondere organisatorische, administrative und vorbereitende Aufgaben. Auch koordiniert es die Tätigkeit der anderen Organe, dient als Informationszentrale und repräsentiert den RGW nach außen. Es hat jedoch keine Kompetenz für eigene Beschlüsse, Empfehlungen oder politische Initiativen. Von einer größeren Zahl darüber hinaus noch bestehender Spezialeinrichtungen und Hilfsorgane seien erwähnt: 1. Die Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ), die 1963 gegründet wurde. Ihre Hauptaufgabe besteht in der multilateralen Verrechnung der RGW-internen Außenhandelssalden und in der Durchführung des Spitzenausgleichs durch Vergabe kurzfristiger Kredite an die Defizitländer.

2. Die 1971 gegründete Internationale Investitionsbank (IIB) vergibt lang- und mittelfristige Kredite zur Finanzierung von Investitionsvorhaben, die insbesondere der Erhöhung der "sozialistischen Arbeitsteilung", der Erweiterung der Roh- und Brennstoffbasis oder der Entwicklung der natio-

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nalen Wirtschaften der Mitgliedsländer dienen. Alle RGW-Länder sind der IIB beigetreten und haben ihren Anteil am Grundkapital zu 70% in transferablen Rubeln und zu 30% in konvertiblen Devisen oder Gold eingezahlt. Die IIB kann sich auch durch anderweitige Mittelaufnahme finanzieren. c) Ziele und Grundsätze des RGW

Erst mit der Verabschiedung des RGW-Statuts im Jahr 1959 wurden die vagen Ziele des Gründungskommuniques erweitert und konkretisiert. Danach sind die Hauptaufgaben des RGW: 1. Koordinierung der Bemühungen zur planmäßigen Entwicklung der

Volkswirtschaften und zur Hebung des Wohlstandes.

2. Beschleunigung des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts. 3. Unterstützung der Industrialisierung der RGW-Länder mit niedrigem industriellen Niveau. 4. Steigerung der Arbeitsproduktivität. Als weitere Aufgaben, die überwiegend den Charakter von Maßnahmen zur Erreichung der Hauptziele haben, werden genannt: - Verbesserter Informationaustausch auf wissenschaftlichem, technischem und wirtschaftlichem Gebiet - Intensivierung der Arbeitsteilung durch Spezialisierung - Beschleunigung der zwischenstaatlichen Transporte - Koordinierung der nationalen Wirtschaftspläne. Diese Ziele und Aufgaben haben ihre Gültigkeit im wesentlichen behalten. Als der Integrationsprozeß allerdings nur sehr schleppend voranging, hat man ihm 12 Jahre später (1971) mit einem Aktionsprogramm, dem sog. Komplexprogramm, neue Impulse verleihen wollen. In diesem Programm wurden die Ziele des Statuts weitgehend bestätigt, jedoch ausführlich erläutert und Lösungswege aufgezeigt. Als wirklich neue Zielsetzung kam nur die "Stärkung der Verteidigungskraft der Mitgliedsländer" hizu. Von zentraler Bedeutung für die Funktionsweise und insbesondere für die deutlichen Funktionsmängel des RGW ist der im Statut festgelegte Grundsatz der uneingeschränkten Souveränität und Gleichberechtigung der Mitgliedsländer bei der Kooperation im RGW. Dieses Prinzip ist bis heute immer wieder bestätigt worden. Daraus folgt, daß der RGW keine supranationale Institution mit eigenen von den Mitgliedsländern auf ihn übertragenen Kompetenzen ist. Demzufolge können die Organe des RGW zu inhaltli-

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chen Problemen der wirtschaftlichen Kooperation lediglich Empfehlungen aussprechen, die erst durch nationale Gesetzgebung von den Mitgliedsländern übernommen werden. Nur zu Organisations- und Verfahrensfragen können bindende Beschlüsse gefaßt werden. Eine weitere Absicherung des Souveränitätsanspruches stellt das Einstimmigkeitsprinzip dar, wobei jedes Land eine Stimme hat und damit jeden Beschluß und jede Empfehlung verhindern kann. Auch das Fehlen eines internationalen RGW-Rechts begünstigt die Aufrechterhaltung der nationalen Souveränität. Es liegt auf der Hand, daß diese Verfahrensregeln Integrationsfortschritte wesentlich erschweren, zumal insbesondere die kleineren RGW-Länder strikt auf die Wahrung ihrer Souveränität achten. Ein weiterer bemerkenswerter Ausdruck dieses Strebens ist auch der Umstand, daß die Beziehungen zu Drittländern bislang nicht in die Kompetenz des RGW, sondern in die ausschließliche Zuständigkeit der nationalen Regierungen fallen. So gibt es keine einheitliche oder auch nur abgestimmte Handelspolitik der RGW-Länder gegenüber dritten Ländern. d) Probleme der "sozialistischen Integration"

Der Souveränitätsanspruch und die daraus resultierenden Verfahrensregeln bilden unabhängig von der Wirtschaftsordnung der beteiligten Volkswirtschaften ein Integrationshemmnis. Darüber hinaus ergeben sich jedoch weitere Integrationshindernisse daraus, daß alle RGW-Länder Zentralverwaltungswirtschaften sind. Sie müssen daher auf die "automatischen" Integrationseffekte verzichten, die funktionierende Märkte erzielen. D.h. in marktwirtschaftliehen Ländern bewirkt schon die Schaffung gemeinsamer Märkte durch Beseitigung administrativer und sonstiger Handels- und Wettbewerbshemmnisse eine Verbesserung der internationalen Ressourcenverteilung und eine produktivitätssteigernde Erhöhung der internationalen Arbeitsteilung, auch wenn die Teilnehmerländer ihre Souveränität beibehalten. Allerdings sind auch hier für die Verwirklichung eines hohen Integrationsgrades eine möglichst weitgehende Koordinierung der wichtigen wirtschaftlichen Teilpolitiken- oder besser ihre Vereinheitlichung- sowie die Angleichung diverser Rechtsgebiete-oder besser ihre Vereinheitlichung - erforderlich. Das ist übrigens der Weg, den die EG beschritten hat. In Ländern jedoch, in denen die Produktionsmittel sozialisiert sind und ihr Einsatz primär durch zentrale staatliche Planung bestimmt wird, kann es zu einer internationalen Integration nur kommen, wenn entweder die nationalen Pläne koordiniert, d. h. nach bestimmten Kriterien aufeinander abgestimmt sind, oder wenn eine übernationale für alle Mitglieder verbindliche Planung eingeführt wird. Letzteres schließen die Statuten des RGW

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bekanntlich aus. So bleibt also nur das Verfahren der Plankoordinierung durch gegenseitige Abstimmung der nationalen Pläne. Auf diese Weise könnte im Prinzip eine Veränderung der Produktionsstrukturen im Sinne einer stärkeren Spezialisierung der einzelnen Länder gemäß ihren komparativen Kostenvorteilen erreicht werden, so daß eine Erhöhung der Arbeitsteilung und des blockinternen Außenhandels die Folge wäre. Der Realisierung einer solchen multilateralen Plankoordinierung stehen jedoch große Schwierigkeiten entgegen. 1. Am schwersten wiegt vielleicht, daß zumindest einige RGW-Länder zu einer solchen weitgehenden Koordinierung offenbar gar nicht bereit sind, weil sie davon eine Beeinträchtigung ihrer nationalen Interessen befürchten. So werden die Pläne gemäß den nationalen Zielen und Interessen erstellt, die naturgemäß keineswegs übereinstimmen. Eine nachträgliche Planabstimmung ist mühsam und wegen der divergierenden Ziele eben nur begrenzt erreichbar. Neben diesem politischen Hemmnis gibt es jedoch noch eine Reihe systembedingter Hindernisse.

2. Die Preisbildung erfolgt in den RGW-Ländern nicht über den Markt, sondern aufgrundpolitischer Entscheidung. Dies geschieht in den einzelnen Ländern nach unterschiedlichen Kriterien. Die Preise spiegeln daher nicht den Marktwert der Güter wieder und sind demzufolge nicht vergleichbar. Sie erlauben insbesondere nicht den Schluß, daß ein vergleichsweise billiges Gut auch entsprechend kostengünstig produziert wird. Ebenso unmöglich ist es, einen Effizienzvergleich zwischen den Ländern durch die Gegenüberstellung der Produktionskosten für gleiche Güter zu bewerkstelligen; denn auch die Preise der Kostengüter (Löhne, Zinsen, Bodenrente) werden staatlicherseits festgesetzt, und zwar ebenfalls nach von Land zu Land unterschiedlichen Gesichtspunkten. Kostenunterschiede sind also ebenfalls kein hinreichendes Indiz für Effizienzunterschiede. Es fehlt somit ein zuverlässiges Verfahren zur Ermittlung komparativer Kostenunterschiede, auf deren Grundlage eine wirtschaftlich vorteilhafte internationale Spezialisierung bzw. Schwerpunktbildung der Produktion im RGW-Bereich geplant und durchgeführt werden könnte. Allerdings gibt es neben den Marktpreisen oder -kosten auch andere Indikatoren, die einen Rückschluß auf die Vorteilhaftigkeit von Produktionsstandorten erlauben: Nähe des Absatzmarktes, Nähe von Rohstoffen, Verfügbarkeit von Rohstoffen, Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren und technischem Wissen, Qualifikationsstruktur der Arbeitskräfte. Diese Faktoren können jedoch nur bei einer relativ geringen Anzahl von Gütern als ausschlaggebende Determinanten des vorteilhaftesten Produktionsstandortes dienen. In der praktischen Politik liegt es daher

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nahe, die Arbeitsteilung auf der Grundlage der traditionellen Produktionsstrukturen und -schwerpunkte voranzutreiben. Die Tendenz dazu ist im RGW feststellbar. Allerdings ist dieses Verfahren sehr anfechtbar und auch im RGW nicht unumstritten. 3. Weitere Integrationsprobleme ergeben sich daraus, daß die RGW-Währungen reine Binnenwährungen sind; d.h. sie sind - mit geringen Einschränkungen- nicht konvertierbar, auch nicht untereinander, und werden demzufolge an Devisenmärkten und -börsen nicht gehandelt. Dieser Umstand wirkt sich aus zwei Gründen als eine starke Behinderung des Außenhandels aus. Einmal muß sich jedes Land hüten, Exportüberschüsse zu erzielen, weil die dabei entstehenden Fremdwährungsguthaben nicht verwertbar sind. Jedes Land wird also in ein Partnerland nur soviel exportieren, wie es von dort importieren kann. D. h. der Partner mit den geringeren Liefermöglichkeiten bestimmt jeweils den Umfang des beiderseitigen Warenaustausches. Dieser Bilateralismus, d.h. das Bestreben zum Handelsbilanzausgleich zwischen zwei Ländern, hält den Außenhandel weit unter seinen Möglichkeiten. Zum zweiten wirkt auch das Fehlen marktmäßiger Wechselkurse als Handelshemmnis. Die bestehenden offiziellen Wechselkurse sind ebenso wie die Güterpreise administrativ festgesetzt und spiegeln daher nicht die Kaufkraftrelationender Währungen wider. Dieser Umstand wirkt in die gleiche Richtung wie die Unvergleichbarkeit der nationalen Güterpreise. Denn um die Preise zweier Länder überhaupt vergleichen zu können, müssen sie in einer Währung angegeben sein. Aufschluß über den vorteilhafteren Produktionsstandort gibt ein Vergleich dieser Preise jedoch nur dann, wenn erstens die Preise die Kostenrelationen widerspiegeln- was bei staatlich fixierten Preisen nicht der Fall ist-, und wenn zweitens der Wechselkurs etwa dem Kaufkraftverhältnis der Währungen entspricht oder wenn zumindest Konvertierbarkeit gegeben ist, so daß sich dieaufgrundfalsch fixierter Wechselkurse ergebenden Preisunterschiede auch im zwischenstaatlichen Handel auswirken können. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, so daß eine erhebliche Schwierigkeit im blockinternen Handel die Bildung der Außenhandelspreise ist. Aus der fehlenden Konvertibilität ergeben sich also als Probleme einmal der Zwang zum bilateralen Handelsbilanzausgleich und zum zweiten Probleme bei der Preisbildung im Außenhandel. Die Methoden zur Überwindung dieser Probleme sind bis heute höchst unvollkommen geblieben. Der Versuch, mit der Einführung des Transferrubels die Konvertibilität von Devisenguthaben aus dem blockinternen Außenhandel herbeizuführen, muß im wesentlichen als gescheitert angesehen werden.- Auch der Versuch, die 26 Adebahr/Maennig

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Preisbildungsprobleme dadurch zu überwinden, daß sich die RGW-internen Außenhandelspreise an den Weltmarktpreisen orientieren, war wenig erfolgreich; denn die Frage nach dem richtigen Wechselkurs und weitere Fragen blieben weiterhin unbeantwortet. 4. Obwohl offiziell nie eingestanden, haben sich auch die erheblichen wirtschaftlichen Niveau- und Strukturunterschiede zwischen den RGWLändern als Integrationshemmnisse erwiesen. Die Pro-Kopf-Einkommen selbst der europäischen RGW-Länder differieren um mehr als 100% (etwa DDR zu Bulgarien). Hochindustrialisierten Ländern (DDR, CSSR) stehen stärker landwirtschaftlich geprägte Länder (Rumänien, Bulgarien) gegenüber. Auch der Grad der außenwirtschaftliehen Verflechtung ist sehr unterschiedlich. Die große Sowjetunion hat eine niedrige Außenhandelsquote. Ihr Autarkiegrad ist hoch. Die kleinen Länder dagegen (Bulgarien, Rumänien, Ungarn) sind sehr stark auf den Außenhandel angewiesen. Die Außenhandelsverflechtung der RGW-Länder untereinander ist ebenfalls recht unterschiedlich. So setzten Bulgarien und die DDR 1979 mehr als 70% ihrer Exportgüter im RGW ab. Bei Ungarn waren es nur 53%, bei Rumänien nur 36%; ihr Außenhandel ist demnach stärker westlich orientiert.- Hinderlich für das reibungslose Funktionieren des RGW sind schließlich die deutlichen Unterschiede im Planungssystem. Insbesondere Ungarn hat sein Planungssystem stark dezentralisiert und Entscheidungen auf untere Ebene delegiert, um die Planungsflexibilität zu erhöhen. Selbst Teilmärkte mit freier Preisbildung existieren. Dem stehen Länder mit straff zentralisierter Planung wie z.B. die Sowjetunion und die DDR gegenüber. Bei derartigen Planungsunterschieden fällt eine multilaterale Plankoordinierung naturgemäß schwer. Weitere aus den Strukturunterschieden erwachsende Integrationshemmnisse sind: - Das generelle Bedenken der "kleinen" Länder, durch Integration in noch stärkere Abhängigkeit von der Sowjetunion zu gelangen. - Die Furcht der industriell weniger entwickelten Länder, durch Spezialisierung in der traditionellen Rolle gehalten zu werden und nur einen schmalen, sehr spezialisierten Industriesektor entwickeln zu können. - Die Furcht der hochindustrialisierten Länder, durch Abgabe wichtiger Produktionsbereiche an andere Länder von möglicherweise unzuverlässigen Zulieferem abhängig zu werden. - Die Furcht der außenhandelsmäßig mehr westlich orientierten Länder, durch starke Plankoordinierung ihre Flexibilität und ihre Absatzchancen zu verlieren.

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e) Integrationspraxis im RGW und bisherige Ergebnisse

Die angesprochenen Probleme sind im RGW erkannt und diskutiert worden. Nur wird meist vermieden, auf das Hauptproblem des RGW hinzuweisen, das in dem Grundsatz der uneingeschränkten Souveränität, der Freiwilligkeit und der Wahrung des nationalen Eigeninteresses einerseits und den unvermeidlichen notwendigen Souveränitätseinschränkungen im Zuge fortschreitender Integration andererseits besteht. Bei strikter Einhaltung obiger Grundsätze wären Integrationsfortschritte durch Plankoordinierung kaum denkbar. So hat man sich im RGW auf die Methode der großen Worte und der vielen kleinen praktischen Schritte verlegt. Zeugnisse der ersten Art sind das RGW-Statut von 1959, das Komplexprogramm von 1971 und diverse Kommuniques aus Anlaß von Ratstagungen oder Tagungen der Partei- und Regierungschefs, in denen weitgehende Ziele verkündet bzw. immer wieder - fast beschwörend - bekräftigt werden. In der Praxis hat man versucht, durch Installierung von Arbeitsgruppen, Komitees, ständigen Kommissionen, Sonderinstitutionen (IIB, IBWZ) und gemeinsamen Unternehmen auf einzelnen Gebieten voranzukommen. Eine erste Voraussetzung für eine Koordinierung der Planung im RGW war die Synchronisierung der mittelfristigen Perspektivpläne. Das gelang in relativ kurzer Zeit, so daß heute die nationalen Fünf-Jahres-Pläne im RGW zum gleichen Zeitpunkt beginnen und enden.- Der Versuch einer inhaltlichen Abstimmung der nationalen Pläne wurde erstmals auf der 6. Ratstagung 1955 für die Fünf-Jahres-Pläne 1956 - 1960 unternommen. Hier kam es zur Abstimmung einiger größerer Investitionsvorhaben und zur Vereinbarung gewisser Spezialisierungen in der Produktion. In Fachkommissionen für einzelne Industrie- und Wirtschaftsbereiche, aus denen sich dann später die ständigen Kommissionen entwickelten, wurde zum Teil eine detailliertere Koordinierung der Produktion in diesen Sektoren vereinbart. In der metallverarbeitenden Industrie z. B. wurde für 600 Erzeugnisse eine Spezialisierung, d. h. Aufteilung der Produktion auf verschiedene Länder vorgenommen. In der Zeit bis zum Jahre 1962 war die Zusammenarbeit innerhalb des RGW von großen Schwierigkeiten gekennzeichnet. Die politischen Unruhen und Aufstände in Polen und Ungarn im Jahre 1956 sowie die erheblichen Fehlplanungen in der Produktion, namentlich in der Landwirtschaft, machten in vielen Ländern eine Erfüllung der Fünf-Jahres-Pläne unmöglich und erforderten eine entsprechende Revidierung. Die Nichterfüllung der Pläne berührte wegen der teilweisen Abhängigkeit der RGW-Länder von Warenlieferungen aus den anderen RGW-Ländern die Wirtschaftsentwicklung aller Mitgliedsländer unmittelbar. 26*

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Nicht zuletzt unter dem Eindruck dieser Mißerfolge wurde dann 1959 das Statut des RGW beschlossen und darin versucht, eine klarere Aufgabenstellung, eine Festlegung der Grundprinzipien der Zusammenarbeit und eine Abgrenzung der Kompetenzen vorzunehmen. Aber die bereits erwähnten Grundprinzipien der sozialistischen Arbeitsteilung und -Spezialisierung haben es bis heute nicht ermöglicht, im Rahmen einer verbindlichen Gesamtplanung für das gesamteRGWeine regionale und sektorale Arbeitsteilung und -Spezialisierung herbeizuführen. Zwar ist von der Sowjetunion mehrere Male angeregt oder versucht worden, das RGW zu einer supranationalen Planungsbehörde auszubauen, jedoch ist dieser Plan immer auf den Widerstand einzelner RGW-Mitglieder, insbesondere Rumäniens, gestoßen. Es blieb daher in der Folgezeit dabei, daß die RGW-Länder ihre Planung in selbstverantwortlicher Souveränität betrieben, und daß eine Planabstimmung bzw. -koordinierung grundsätzlich auf bilateraler Grundlage, also in Verhandlungen zwischen zwei Regierungen, erfolgte. Das hieß vor allem, daß jeweils zwei Länder auf der Grundlage ihrer nationalen Pläne ihr geplantes Exportangebot und den geplanten Importbedarf auf einander abzustimmen versuchten. 1. Gleichzeitig wurde jedoch versucht, bei einer ganzen Reihe von Teilgebieten zu Vereinbarungen über Spezialisierungen bzw. Schwerpunktbildungen der Produktion innerhalb des RGW zu gelangen. Vereinbart und zum großen Teil durchgeführt wurde die schwerpunktmäßige Orientierung der Produktion der Mitgliedsländer des RGW auf einige, meist traditionelle Industriezweige, des jeweiligen Landes. Abgesehen von der Sowjetunion haben sich dabei u. a. folgende Schwerpunkte ergeben:

a) DDR: Elektrotechnik, Elektronik, Maschinenbau, chemische Industrie, Braunkohlenbergbau, Metallurgie, Feinmechanik, Optik, komplette Fabrikausrüstungen. b) Polen: Steinkohlenförderung, Steinkohlenweiterverarbeitung, Schiffbau, Textilindustrie, Werkzeug- und Landmaschinen. c) Tschechoslowakei: Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemieanlagen, Hüttenwerke, Kraftfahrzeuge, komplette Fabrikausrüstungen. d) Ungarn: Abbau von Bauxit, Aluminiumproduktion, Nutzfahrzeuge, Meßgeräte, medizinische Geräte, elektrotechnische Bauelemente, Kleincomputer. e) Rumänien: Erdölförderung und -verarbeitung, Lokomotiven, Waggons, Frachtschiffe und Nahrungsmittel. f) Bulgarien: Buntmetallurgie, Nahrungsmittelverarbeitung, Kabelindustrie, Fördergeräte, Gabelstapler.

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Aus diesem Vorgehen ergeben sich zwei Folgeprobleme: Einmal schließt die schwerpunkmäßige Spezialisierung an die traditionellen Produktionsstrukturen in den einzelnen Ländern an, ohne daß sichergestellt ist, daß die sich so ergebende Verteilung der Produktion auch dem ökonomischen Optimum entspricht. D.h. es wird der Status quo festgeschrieben und ausgebaut, ohne daß Mechanismen vorgesehen sind, die zu einer Veränderung der jeweiligen Produktionsstruktur führen könnten. Zum anderen handelt es sich nur um eine grobe Spezialisierung, die z. T. auch nur bilateraler Natur ist. Eine weitergehende Arbeitsteilung innerhalb der Spezialisierungsbereiche, wie z. B. chemische Industrie, Elektroindustrie etc. wurde bislang nur selten vereinbart und hat sich de facto auch nur in unzureichendem Maße ergeben. In anderen großen Produktionsbereichen gibt es überhaupt keine bewußt geplanten arbeitsteiligen Schwerpunktbildungen. Die konkreten Festlegungen einer weitergehenden Spezialisierung wie Umfang der Lieferungen, Sortimentbildungen, technische Daten, Preise, Garantien und mögliche Sanktionen und auch die damit als Voraussetzung notwendigerweise verbundene Zusammenarbeit auf multilateraler Basis ließen sich mittels der RGW-Organe bislang nur selten durchsetzen. 2. Was den Außenhandel innerhalb des RGW-Blocks angeht, dessen Entwicklungen man wohl als einen wichtigen Gradmesser für die wirtschaftliche Integration innerhalb des RGW-Blocks ansehen kann, ist zu vermerken, daß er sich zwar stark ausgeweitet hat, aber nicht erheblich über die Ausweitung des Außenhandels der RGW-Länder mit der gesamten Welt hinausgeht. Als Bremse der Integrationsbemühungen wirkt sich, wie erwähnt der Umstand aus, daß die RGW-Länder sich bisher nicht zu einer multilateralen Abstimmung ihrer Wirtschaftspläne durchringen konnten, so daß der Außenhandel nach wie vor die Funktion erfüllt, den Importbedarf für die Erfüllung der nationalen Wirtschaftspläne zu decken. D. h. die Festlegung von Art und Umfang des nationalen Außenhandels geschieht nach wie vor in bilateralen Verhandlungen, an deren Ende der Abschluß eines meistfünfjährigen Handelsabkommens zwischen jeweils zwei Mitgliedsländern des RGW steht, das in jährlichen "Protokollen" für die einzelnen Jahre konkretisiert wird. Von der 1963 erfolgten Gründung der Internationalen Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) erhoffte man sich eine Belebung des Intra-RGW-Handels. Die IBWZ fungiert als multilaterale Verrechnungsstelle für nicht ausgeglichene Salden im Intra-RGW-Handel. Ihr ist es damit möglich, durch multilaterale Verrechnung entstehender Gläubiger- und Schuldnerpositionen im Außenhandel die Gesamtgröße des nicht ausgeglichenen Saldos zu verringern. Gleichzeitig wurde der sogenannte transferier-

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bare Rubel geschaffen. Er diente als Verrechnungsmittel im Außenhandel zwischen den RGW-Staaten; d.h. bei Auftreten einer Gläubiger-Position lautete das Guthaben auf transferierbare Rubel. Jeder Inhaber von Guthaben in transferierbaren Rubeln kann diese für Verrechnungen mit anderen Abkommenspartnern verwenden. Das bedeutet, daß er sie im Prinzip auch zur Bezahlung von Warenlieferungen aus einem beliebigen RGW-Land verwenden könnte. In Wirklichkeit handelt es sich hierbei aber nur um eine theoretische Möglichkeit. Der Umstand, daß der Umfang des Außenhandels von den beteiligten Ländern in zweiseitigen Abkommen stets neu festgelegt wird, führt dazu, daß, wenn ein Land in eine Gläubigerposition gerät, weil ein anderes Land mit seinen Lieferungen in Verzug kommt, es dieses Guthaben deswegen nicht zu Käufen in anderen Ländern verwenden kann, weil diese Länder nicht über entsprechende Liefermöglichkeiten verfügen; denn sie haben ja ihrerseits ihre Exporte auch genau geplant. Da auf diese Weise derartige Guthaben in transferierbaren Rubeln mehr oder weniger lange eingefroren sind, bemühen sich alle Länder, die Entstehung solcher Salden möglichst zu vermeiden. Sie halten sich also möglichst eng an die zweiseitig vereinbarten Im- und Exporte. In der Folgezeit hat sich sogar die Praxis herausgebildet, daß die Abdeckung von Überschußsalden in Gold oder westlichen Devisen verlangt wird. Das Schuldnerland muß sich immer dann notgedrungen dazu bereit erklären, wenn es sich bei der fraglichen Lieferung um "harte" Waren handelt, also um begehrte und knappe Waren, für die es im RGW keine alternativen Bezugsquellen gibt. Bei "weichen" Waren dagegen ist der Lieferant in der schwächeren Position und wird das Entstehen von Guthaben in Transferrubeln eher akzeptieren. Heute wird bei der Vereinbarung des gegenseitigen Außenhandels sogar darauf gedrungen, daß der zugesagten Lieferung von "harten" Waren auch entsprechende Gegenlieferungen von "harten" Waren gegenüberstehen. Die verrechnungs- und währungstechnischen Veränderungen allein haben also keine nachhaltige Ausweitung und Intensivierung des Handelsaustausches zwischen den RGW-Ländern bewirkt. Notwendig wäre vielmehr eine Liberalisierung des Außenhandels, d. h. eine Befreiung von den engen, begrenzten zweiseitigen Abkommen, so daß jedes Land einen breiteren Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Umfanges und der Waren- und Kundenstruktur seines Außenhandels hätte. Diesen Weg hat man aber bisher, wie schon mehrfach betont, nicht beschritten und angesichts des planwirtschaftlichen Systems im Inneren kaum beschreiten können. Um so verständlicher ist das Bestreben, Guthaben in westlichen Devisen zu erzielen. Denn diese gewähren tatsächlich die Möglichkeit, beliebige Importe zu

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finanzieren. -Daher wurde im RGW zeitweilig auch der auf polnische Anregung zurückgehende Vorschlag erörtert, daß Schuldnerpositionen im RGWHandel vom Schuldnerland in Gold oder konvertiblen westlichen Devisen ausgeglichen werden sollten; er fand jedoch nicht die erforderliche Zustimmung. 3. Ein weiteres, bereits erwähntes Hemmnis des RGW-Außenhandels ist die Preisbildung der gehandelten Güter, die zusammen mit den staatlich festgesetzten Wechselkursen zur Unvergleichbarkeit der nationalen Preise führt. Als Ausweg werden in der Praxis für den Außenhandel gesonderte Preise festgelegt. Diese Preise werden "sozialistische" Weltmarktpreise genannt. Dahinter verbirgt sich die Orientierung der Außenhandelspreise an den Preisen des "kapitalistischen" Weltmarktes. Der sozialistische Charakter dieser Preisgestaltung kommt angeblich darin zum Ausdruck, daß Preisschwankungen ausgeschaltet werden. D.h. es werden für einen Zeitraum von 5 Jahren Preise festgelegt, die danach an die trendmäßige Entwicklung des Weltmarktpreises angepaßt werden. In neuererZeitwird eine jährliche Anpassung an die Preisentwicklung auf dem Weltmarkt praktiziert, so daß die Preisschwankungen des Weltmarktes weitgehend mitgemacht werden.Es liegt auf der Hand, daß die tatsächliche Festsetzung erhebliche Gestaltungsspielräume offen läßt, die prinzipiell die Möglichkeit in sich bergen, daß einem der beiden Verhandlungspartner eine Preisfestsetzung zu seinen Gunsten gelingt. Insbesondere gilt das für die vielen Fälle, wo es exakte Weltmarktpreise wegen der Heterogenität der Güter nicht gibt. Eine weitere Verhandlungskomponente ist der anzuwendende Wechselkurs. Viele Beobachter der östlichen Szene sehen die Ausnutzung dieser Möglichkeit durch die Sowjetunion als einen wesentlichen Grund für die Zurückhaltung, mit der sich einige RGW-Mitgliedsländer an dem Ausbau des RGW und der Verfolgung seiner Zeile beteiligen. Ein überdeutlicher Hinweis auf die Gewichtigkeit dieses Problems ist es, wenn ein sowjetischer Wissenschaftler in einer DDR-Zeitschrift schreibt: "Die Prinzipien und der Mechanismus der Preisbildung im Handel zwischen den sozialistischen Ländern müssen weiter theoretisch erforscht, vervollkommnet und konkretisiert werden. Die Preisbildung im gegenseitigen Handel der sozialistischen Länder stellt eines der wichtigsten und kompliziertesten Probleme ihrer wirtschaftlichen Zusammenarbeit dar. Es berührt direkt die Interessen jedes Landes, weil durch den Preismechanismus eine Umverteilung des Nationaleinkommens möglich ist, das in den einzelnen Ländern geschaffen wird."Bl 81 W. Solotarjow: Die Integration der RGW-Länder und die Entwicklung des sozialistischen Weltmarkts. Sozialistische Außenwirtschaft, 22. Jg. (1972), H. 4, S. 4.

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4. Im Juli 1971 wurde in Hukarest ein "Komplexprogramm für die weitere Vertiefung und Vervollkommnung der Zusammenarbeit und Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration der Mitglieder des RGW" beschlossen. Dieses Programm stellt einen vorläufigen Schlußstrich unter eine jahrelang geführte Debatte über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten einer Intensivierung der Integrationsbestrebungen innerhalb des RGW dar. Bis zu diesem Zeitpunkt war klar, daß die tatsächliche wirtschaftliche Integration der Volkswirtschaften der Mitgliedsländer des RGW relativ bescheiden geblieben war. Das Komplexprogramm sieht vor, daß innerhalb eines Zeitraumes von 15 - 20 Jahren die ökonomische Zusammenarbeit unter den Mitgliedsländern des RGW erweitert und vertieft werden soll. Doch aus dem Inhalt des Komplexprogramms geht auch eindeutig hervor, daß es auch in diesen 20 Jahren keine wirtschaftliche Integration im Sinne einer wirklich gemeinsamen Wirtschaftsplanung geben wird. Was nämlich die Grundsätze der weiteren Zusammenarbeit im RGW betrifft, so bestätigen sie im wesentlichen die diesbezüglichen Aussagen der RGW-Satzung. Danach sind erstens die staatliche Souveränität, die Unabhängigkeit und die nationalen Interessen der Mitglieder zu wahren. Weitere Prinzipien sind die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der Länder, die völlige Gleichberechtigung der Mitgliedsländer und schließlich der gegenseitige Vorteil und die gegenseitige Hilfe. Bestätigt wurde auch das Prinzip der völligen Freiwilligkeit bei der Mitarbeit. Auch die im Komplexprogramm niedergelegten Ziele gleichen weitgehend denen der RGW-Satzung. Als Methode zur Erreichung der Ziele wird wieder die Plankoordinierung hervorgehoben, die sich von der Planung des bilateralen Güteraustausches in zunehmendem Maße auf die Strukturpolitik sowie die Entwicklung von Wissenschaft und Technik erstrecken soll. Schließlich soll auch die Spezialisierung und Kooperation der Produktion in die Koordinierungsarbeiten einbezogen werden. Das Komplexprogramm führt auch zahlreiche Maßnahmen auf, die auf eine Stärkung der bilateralen Kooperation zwischen den einzelnen Mitgliedsländern abzielen. Insbesondere wird eine Vertiefung der zweiseitigen Zusammenarbeit zwischen der UdSSR einerseits und den übrigen Volkswirtschaften andererseits vorgesehen. Es enthält ferner viele ins einzelne gehende Vorschläge und Rezepte für die Verwirklichung der Ziele und für die Anwendung der vorgesehenen Methoden. Zur Auflockerung des starren bilateralen Außenhandels im RGW ist vorgesehen, daß zwei Warenkategorien festgelegt werden. Die erste Kategorie enthält solche Waren, für die in den zweiseitigen Außenhandelsabkommen wie bisher feste Export- bzw. Importkontingente festgelegt werden. Die zweite Kategorie besteht aus sogenannten kontingentfreien Waren.

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D.h. diese Waren sollen nach Verfügbarkeit und jeweiligem Bedarf ohne vorherige feste Planung gehandelt werden können. Als weitere wichtige Zielsetzung soll der transfederbare Rubel von einer Verrechnungseinheit zu einer echten Währungseinheit, d.h. zu einem internationalen Wertmaßstab und internationalen Zahlungsmittel, entwickelt werden. Die dafür notwendigen Voraussetzungen wären aber auch bei kompletter Realisierung des Komplexprogrammes nicht gegeben. Diesem Ziel ist man daher auch mehr als 15 Jahre nach Verkündung des Komplexprogramms keinen Schritt hähergekommen. Es ist also einerseits zu konstatieren, daß die grundsätzlichen Integrationshemmnisse weiter bestehen, nämlich wirtschaftlicher Souveränitätsanspruch, Bilateralismus im Außenhandel, Unvergleichbarkeit und Unvereinbarkeit der nationalen Preisbildungsverfahren und die Nichtkonvertierbarkeit der Währungen. Dadurch sind dem Integrationsfortschritt von vornherein Grenzen gesetzt. Andererseits aber hat das Komplexprogramm die auf einzelne Großprojekte oder auf spezielle Branchen und Teilbereiche ausgerichteten Koordinierungs- und Spezialisierungsbemühungen vorangetrieben. Das läßt sich einmal an der beachtlichen Zahl internationaler wirtschaftlicher Organisationen ablesen, die in den Siebziger Jahren entstanden sind und deren Hauptaufgabe die Abstimmung und Koordination von Produktion und Handel der beteiligten Länder im jeweiligen Spezialbereich ist. Dazu gehören z. B. "Interatomenergo" (1973, für den Atomkraftwerkbau), "lntertextilmasch" (1973, für die Produktion von Textilmaschinen), "Interelektro" (1973, für Teilgebiete der Elektroindustrie), "Domochim" (1974, für die Produktion von Haushaltschemie). Zum anderen kam es auch zu einer Reihe großer gemeinsamer Investitionsvorhaben, die überwiegend der Erschließung von Rohstoff- und Energiequellen in der Sowjetunion dienen. Dazu gehören insbesondere zwei durch mehrere RGW-Länder finanzierte und gebaute Erdgasleitungen und die Erdölrohrleitung "Freundschaft", die von Nordsibirien bzw. vom Ural bis in die westlich und südwestlich gelegenen RGW-Länder führen. Auch ein länderübergreifendes Energieverbundsystem wurde als gemeinsames Investitionsvorhaben durchgeführt. Darüber hinaus werden Bemühungen sichtbar, die Koordinierungen und Abstimmungen für einen längeren Zeitraum als die traditionellen Fünf-JahresPerioden vorzunehmen. Diese Bemühungen konzentrieren sich auf fünf Produktionsbereiche, nämlich Rohstoff- und Energiewirtschaft, Landwirtschaft, Maschinenbau, Konsumgüterindustrie und Transportwesen und sollen auf der Grundlage gemeinsamer Bedarfsprognosen ein Jahrzehnt umfassen.

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Integrationsfortschritte sind also unverkennbar. Sie werden jedoch mühsam und langwierig durch einstimmige Einzelentscheidungen errungen, wobei sich die nationalen Interessenunterschiede als das stärkste Hemmnis erweisen. Übernationale Entscheidungsorgane mit Entscheidungsbefugnis sind nach wie vor nicht vorgesehen. Überdies gibt es wegen des Fehlens eines funktionierenden Markt- und Preismechanismus kein zuverlässiges Kriterium für die Vorteilhaftigkeit einer speziellen Koordinierungs- oder Spezialisierungsmaßnahme. Ineffiziente Integrationsmaßnahmen sind daher kaum zu vermeiden. Literatur zum V. Kapitel Ashoff, G.: The Southward Enlargement of the EC.Intereconomics, Vol. 15 (1980) Balassa, B.: The Theory of Economic Integration. London 1962 -

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Autorenverzeichnis Adebahr, Hubertus 85, 123, 131, 150, 282L,286,297L,323 Arrow, Kenneth Joseph 61, 86 Aschinger, Gerhard 86 Ashoff, Guido 410

Dixit, Avinash K. 184 Donges, Jürgen Bernado 116, 118, 184, 317 Dürr, Ernst 269 Dunning, John Harry 319, 321, 323

Balassa, Bbela, A. 118, 202, 205, 410 Baldwin, Robert E. 118, 157, 199 Baumann, Hans, 317 Bechler, Ekkehard 323 Beinsen, Lutz 86 Bender, Dieter 118, 184, 269 Berg, Hartmut 227 Bethkenhagen, Jochen 410 Bhagwati, Jagdish N. 86, 181, 184, 199, 279 Bharadwaj, Raganath 111, 118 Binswanger, Hans Christoph 410 Birnstiel, Ekkehard 157 Blümle, Gerold 86 Böhnke, Rolf, 410 Bombach, Gottfried 19 Bohrisch, Alexander 331 Borchert, Manfred 86, 157 van Brabant, Jozef Martin P. 410 Branson, William H. 118 Brecher, Richard Alan 199 Bröll, Werner 410

Ellis, Howard Sylvester 86, 185 Ethier, Wilfred John 323

Casson, Mark Christopher 323 Caves, Richard Earl 87, 158 Cezanne, Wolfgang 276 Chenery, Hollis Burnley 61, 86 Cline, William Richard 227, 331 Collier, Paul 343, 410 Cordon, Warner Max 184 Dam, Kenneth W. 227 Das, Bhagirath L. 227 Das, Satya Prasanna 131 von Dewitz, Wedige 227

Faddejew, Nikolai Vasilievic 410 Fasbender, Karl 269 Feldsieper, Manfred 227 Ferguson, D. G. 131 Fiegl, Harald 331 Fikentscher, Wolfgang R. 317 Franke, Jürgen 146 Frey, Bruno S. 205 Fröbel, Folker 317 Gahlen, Bernard 19 Giersch, Herbert 112, 118, 184 Gaab, Werner 286 Gabisch, Günter 86 Gans, Oskar 410 Gehrels, Franz 86, 410 Geister, Armin 410 f. Glastetter, Werner 157 Glismann, Hans Hinrich 138f., 157 Glover, Frederick J. 227 Greenaway, David 184 Grimm, Klaus 269 Grubel, Herbert G. 88, 93, 99, 107, 118, 184,199,208,323,410 Haas, Heinz-Dieter 112, 118 Haberler, Gottfried 24, 86 Hagen, Everett Einar 199 Harbrecht, Wolfgang 411 Harkness, Jon P. 86 Hasenpflug, Hajo 157,331, 410f. Heckscher, Eli 56ff., 86

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Autorenverzeichnis

Heiduk, Günter 85f., 118, 121, 126, 130, 131,227 Heimpel, Christian 411 Heinemann, Hans Joachim 118 Heinrichsmeyer, Wilhelm 410 f. Heller, Robert 42, 86 Hemmer, Hans-Rimbert 269 Herberg, Horst 40, 86 Hesse, Helmut 86, 118, 269 Hirsch, Seev 112, 115, 118 Hirschmann, Albert 0. 252 Höfer, Heinrich 227 Hoffmann, Lutz 269 Holzman, Franklyn D. 184 Hsieh, C. 207 Hummen, Wilhelm 411 lchimura, Shinichi 111, 119 Johnson, Harry G. 87, 158, 184, 199 Jones, Ronald Winthrop 184 Juhl, Paulgeorg 317 Jungnickel, Rolf 118 Kawanabe, Noboru 227 Kebschull, Dietrich 269, 331 Keesing, Donald B. 113, 118 Kiera, Hans-Georg 317 Kemp, Murray Chilvers 40, 86 Kenen, Peter B. 113, 118 Kindleberger, Charles Poor 323 Klein, Roger William 115, 118 Knall, Bruno R. 269 Koester, Ulrich 411 Kohler, Beate 411 Krägenau, Henry 300, 302, 323 Krämer, Hans Rachebald 411 Krauss, Melvyn B. 411 Kravis, Irving B. 118 Kronjö, T. 0. M. 227 Kruse, Alfred 157, 198 Külp, Bernard 269 Kuznetz, Sirnon 19 Lawrence, Roger 113, 118 Lee, Seund-Dong 131 Lefeldt, Mathias 411 Lef~vre, Dieter 157 Leibenstein, Harvey 251

Leontief, Wassily W. 18, 60, 86, 118 Lerner, Abba Ptachya 86, 158, 184 Lewis, Stephen R. jr. 199 Lieschke, Lothar H. 118 Linder, Staffan Burenstam 105, 118 Lindert, Peter H. 323 Lipsey, Richard George 411 List, Friedrich 190 Lloyd, Peter John 88, 93, 99, 107, 118 Lorenz, Detlef 95, 119, 205, 221, 227 Machowski, Heinrich 410 Mackscheidt, Klaus 86, 121, 128, 131 Maennig, Wolfgang G. 144, 258, 328 Magee, Stephen P. 179, 184 Markowitz, Harry Max 286 Marshall, Alfred 6 Maucher, Helmut 330 Meade, James Edward 86, 411 Metzler, Lloyd Appleton 86, 184 Michaely, Michael184 Mill, John Stuart 6 Minhas, Bagicha Singh 61, 66, 86 Moritz, Peter 317 Müller, Anton P. 295 Müller, Ulrich 218 Müller-Godeffroy, Heinrich 205 Mundell, Robert Alexander 131 Musto, Stefan A. 411 Myint, U. Hla 199 Naini, Ahmad 269 Naumann, Hans-Peter 411 Nötzold, Jürgen 205 Norman, Victor D. 184 Nurkse, Ragnar 239, 251 Ochel, Wolfgang 269 Ohlin, Bertil56ff., 86, 131 Olle, Werner 317 Oppenländer, Karl Heinrich 19 Pelcovitz, Michael Dean 181 Perroux, Franc;ois 245 Pfaller, Alfred 205 Posner, Michael Vivian 95, 119 Prebisch, Raul 245 ff. Predöhl, Andreas 5 Purvis, Douglas D. 126, 131

Autorenverzeichnis Quambusch, Liesel157 von Rabenau, Kurt 119 Ribi, Rolf C. 411 Ricardo, David 6, 20 ff., 86 Richter, Susanne 227 Riedel, James 116, 118 Rode, Reihard 205 Rodemer, Horst 411 Rose,Klaus36,50,82,87, 177,185 Rosenstein-Rodan, Paul N. 251 Roskamp, Karl Wilhelm 111, 119 Rostow, Walt-Whitman 244, 251 Ruffin, Roy J. 323 Rybczynski, Tadeusz Mieczyslaw 68, 87 Rytkönen, Helena 205 Salvatore, Dominick 323 Samuelson, Paul A. 63, 87, 185 Sanders, Hermann 269 Saunders, Christopher Thomas 411 Sautter, Hermann 227, 269 Sauvant, Karl P. 331 Schiavone, Guiseppe 227, 411 Schittko, Ulrich Karl 87 Schmitt, Matthias 411 Schmölders, Günter 195 Schneider, Albert 118, 411 Schöller, Wolfgang 317 Schröder, Klaus 411 Schultz, Siegfried 205 Scitovski, Tibor 185 Scott, Anthony D. 323 Seeler, Hans Joachim 227

Sellekaerts, Willy 412 Senghaas, Dieter 270 Servan-Schreiber, Jean-Claude 314 Siebert, Horst 87, 311 Singer, Hans Wolfgang 323 Smith, Adam 6, 86 Solotarjow, Wladimir Ivanovic 407 Solow, Robert M. 61, 86 Steffens, Rolf 412 Stern, Robert Michell185 Stolper, Wolfgang F. 111, 119, 185 Stopford, John Morton 319, 321 Streißler, Erich W. 118 Tatemoto, Masahiro 111, 119 Tesch, Peter 323 Tichy, Gunter J. 118 Timmermann, Vincenz 270 Tobin, James 268 Veltrup, Bernard 331 Vernon, Raymond 119 Viner, Jacob 412 Wahl, Donald F. 111, 119 Wartenweiler, Roland 331 Wassermann, Ursula 331 Weiss, Frank Dietmar 138f., 157 Wiesebach, Horst Paul270 Williams, Thomas 227 Willgerodt, Hans 412 Winter, Helmut 412

Yeats, Alexander James 165, 185

415

Sachverzeichnis Abschöpfungen 145, 358, 365f., 368 Administrative Handelshemmnisse 151f., 203,259 AKP-Staaten 387ff., 391 Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen, (GATT) 6, 135, 140, 144, 200, 202ff., 208, 211/f., 226, 259, 349, 361 Allokation 81, 121, 126, 137, 186ff., 254, 381,399 - und Zölle 186ft. Altpräferenzen (GATT) 214 Andenpakt 395 Allti-Dumpingmaßnahmen 156, 202, 214,219 Arbeitslosigkeit 12, 80, 200, 206, 236, 250, 279, 351 ASEAN (Vereinigung Südostasiatischer Nationen) 390, 395 Ausbeutung 310ff. Ausfuhrkreditanstalt (AKA) GmbH 154 Außenhandel s. a. Handel - Gleichgewicht 54 - mit homogenen Gütern 88ft. - neue und vernachlässigte Erklärungsansätze 88ft. - Struktur des A. 109 - traditionelle Erklärung 20ft. - und economies of scale 98ff. - und Faktorangebot 67ft. - und Faktorbewegungen 120ft., 271ft. - und Faktorpreise 61ft. - und Faktorqualität 110 ff. - und internationale Faktorbewegungen 120ft., 271ft., 301 - und Präferenzunterschiede 105ff. - und Produktdifferenzierung 102ft. - und Produktzyklus 114 - und Ressourcenverfügbarkeit 109f. - und technischer Fortschritt 93ft. - und Wohlfahrt 69ft., 189 - und Zölle 169ft.

Außenhandelsentwicklung 11ft., 107 Außenhandelsgewinn s. Handelsgewinn Außenhandelsquote 15 Außenhandelstheorie s. A.lehre Außenhandelsursachen 102, 120 Außenwirtschaftslehre s. a. Reine Theorie lf. - Aussagekraft 82ft. - Darstellung 20 ff. - Gegenstand 1 ff. - monetäre Theorie 5, 7, s.a.l. Band Außenwirtschaftspolitik 2 Austauschverhältnis s. terms of trade Autarkie 100, 197 Autozentrische Entwicklung 253ft. Bardepot 147, 294 Basic needs 252 Bevölkerungswachstum 233 Box-Diagramm 34ff., 7lf., 75 Braindrain 278f., 329 Bretton Woods-Abkommen 211, 326 Buffer stocks 327 Bundesrepublik Deutschland - Außenhandelsstruktur 15 - Direktinvestitionen 298ft. - Entwicklungshilfeinstitutionen 265 f. - Exportförderung 154 - Handelspolitische Entscheidungsträger 135 - Kapitalerträge 319 - Kapitalverkehrspolitik 293f. - Portfolioinvestitionen 284f. - Spezifische Zölle 141f. - Wanderungen 274f. - Zolleinnahmen 138f. - Buy American Act 151 CIF 148, 180 CMEA bzw. Comecon (Council on Mutual Economic Assistence) s. Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe

Sachverzeichnis DAC (Development Assistance Committee) 267 DDR (Deutsche Demokratische Republik) 402, 404 Dependenztheorie 247ff., 253, 257, 260 Derogationsklausel (OECD) 226 Deutsche Revisions- und Treuhand AG 154 Development Assistance Committee 267 Devisenbestimmungen 150 Devise titre (Wertpapierdevisen) 294 Dienstleistungen 93, 148, 363 Dillon-Runde (GATT) 218 Direktinvestitionen 259f., 284, 297ff., 313,346 - Verhaltenskodex 313 Distributions. Verteilung Dualismus 242, 247, 253 Dumping 4, 155f., 202, 369 Durchfuhrzölle 137

ECA (Economic Commission for Africa) 267 ECAFE (Economic Commission for Asia) 267 ECE (Economic Commission for Europe) 267 Economies of scale 55, 97, 98ff., 105, 107, 305,345 Ecosoc (Economic and Social Council) 267 ECU (European Currency Unit) 373 Edgeworth-Diagramm 34ff. Effektiver Zollschutz 163 ff. EFTA (European Free Trade Association) s. Europäische Freihandelszone EFWZ s. Europäischer Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit EG s. Europäische Gemeinschaften EGKS s. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl EIB (European Investment Bank) s. Europäische Investitionsbank Einfuhrausgleichssteuern 148 Einfuhrdepots 14 7 Einfuhrgebühren 148 Einfuhrsonderabgaben 147 Einfuhrverbote 254 27 Adebahr/Maennig

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Einfuhrzölle s. Zölle Einfuhrzuschläge 14 7 Einkommensverteilung 18, 43, 70, 237, 314,344 Embargo 4, 156 Enabling clause (GATT) 220 Engelsches Gesetz 245 Enklave 260, 309, 313 Entwicklungshilfe 263ff., 268, 296, 329 Entwicklungshilfeinstitutionen 2 65 ff. Entwicklungsländer 59, 61, 109f., 112f., 115ff., 148, 183, 200f., 220, 228ff. - situation in der Weltwirtschaft 12, 14, 257ff. - und GATT Bestimmungen 213, 215 - Verschuldung 238, 294ff., 329 Entwicklungspolitik 251ff. Erziehungszoll190ff., 254, 349 Escape clause (GATT) s. Schutzklausel Euratom (Europäische Atomgemeinschaft) 353f., 355, 380 Europäische Freihandelszone (EFTA) 208,333,391/. Europäische Gemeinschaft 6, 135, 140, 208, 353ff. - Agrarpolitik und -system 145, 355, 358f., 363ff., 371, 384 - Außenwirtschaftspolitik 386ff. - Energiepolitik 385f. - Entwicklungspolitik 358, 366, 387ff. - Finanzierung und Haushalt 358f. - Industrie- und Technologiepolitik 380ff. - Konjunkturpolitik 371 - Organe 355ff. - Regionalpolitik 358, 366, 378ff., 393 - Sozialpolitik 358, 366, 371, 382/f. - Strukturpolitik 378ff. - Süderweiterung 392ff. - Umweltpolitik 382 - Verkehrspolitik 371, 384f. - Währungspolitik 371ff. - Wettbewerbspolitik 371, 375ff., 384, 393 - Zukunftsperspektiven 392ff. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl 353, 358, 380 Europäische Investitionsbank (EIB) 267[,355, 358,378,387,390

418

Sachverzeichnis

Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) 354 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 334, 354f., 360, 387, 393 Europäische Zahlungsunion (EZU) 224 Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) 366 Europäischer Entwicklungsfonds 268, 358, 387 Europäischer Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit 373 Europäischer Sozialfonds 355 Europäischer Währungsfonds (EWF) 373f. Europäisches Währungssystem (EWS) 372ff. EVG s. Europäische Verteidigungsgemeinschaft EWF s. Europäischer Währungsfonds EWG s. Europäische Wirtschaftgemeinschaft Exportangebotsfunktion 159f. Exportförderung 154 f. Exportquote 15 Exportsteuern 152f. Exportsubventionen 153 f. Exportzölle 138, 153 Externe Effekte 18, 79, 186ff., 311 EZU s. Europäische Zahlungsunion Faktor- s. a. Allokation - ausstattung 17, 56ff., 121,239 - bewegungen (internationale) 66, 129, 27lff., 334, 351 - bewegungenund Handell20ff., 271ff., 301 - intensität s. a. umschlagende Faktorin tensi tä t 31ff., 11 7 - märkte 61, 304 -mengen 17 - mobilität 17, 66, 85, 120 - preisausgleichstheorem 62ff., 83, 120, 125, 273 - preise 17, 59, 125, 127, 312 - preise, verzerrte 11 7 - proportionentheorie 56ff., 65, 67, 82f., 84f., 88f., llOf., 113, 120, 125f.

- proportionentheorie und Faktormobilität 126ff. - qualität 18, 111 FAO (Food and Agricultural Organisation) 267 FoB 149 Food Aid Convention 265 Freihandelstheorem 75, 254 Freihandel 349, 351 - szonen 100, 203, 214, 333, 350, 390f. Freiwillige Exportbeschränkungen 145, 149f., 157,183,202,259 Gastarbeiter 274ff. GATT (General Agreement on Tariffs, and Trade, Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) s. Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen Gemeinsamer Markt 334, 352, 355, 359ff., 395 Gemeinsamer Rohstoffonds 325ff. Gleitzölle 143f. Grenzausgleichssteuern 156, 363, 370 Grenzhandel 90 Gruppe der 77 324 HaagerBeschluß 372 Hallstein-Doktrin 264 Handelsausweitung 335ff. Handelsbilanz s.a. Zahlungsbilanz 180 Handelsboykott 156 Handelsgewinn 70ff., 74, 188 Handelshemmnisse 101, 137ff., 190, 196, 259,328,354,399 - nicht-tarifäre 6, 144ff., 152,202,217, 219,347,350,360,362 Handelshilfe 265 Handelspolitik 2, 6 - Definition 135f. - Instrumente 137ff. - H. der Bundesrepublik Deutschland 135ff., 154 - H. der EG 183, 265, 361 - H. der USA 147, 151, 154, 156, 183, 265 - H. des RGW 399 - H. Frankreichs 154 - H. Großbritanniens 154 - H. Japans 183 - Wirkungen 158ff.

Sachverzeichnis Handelsverlagerung 355ff., 347 Havanna-Charta 211 Heckscher-Ohlin-Theorie s. Faktorproportionentheorie Hermes Kreditversicherung AG 154 Hotelling-Regel311f. Humankapital112, 239 Human-SkiH-Ansatz 113 IAEA (International Atomic Energy Agency) 324 IBWZ s. Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit IDA (International Development Association) s. a. Weltbank 266 IFC (International Finance Corporation) s.a. Weltbank 266 IIB s. a. Internationale Investitionsbank ILO (International Labor Organisation) s. Internationale Arbeitsorganisation IMF (International Monetary Fund) s. Internationaler Währungsfonds Importlizenzen 183 Importnachfragefunktion 159f. Importquote 15 Importsubstitution 254f., 257 Indifferenzkurven s.a. Nachfrage und Präferenzen 40ff., 53 Industrieländer 112 f. Infant industry argument s. a. Erziehungszoll 190 Infrastruktur 239f., 244 Integration s.a. EG und RGW 110, 353ff., 374,395,404 Integriertes Rohstoffprogramm (IRP) 325, 326ft. Internationale Arbeitsorganisation 252, 267,324 Internationale Bank für wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) 397,403,405 Internationale Investitionsbank (IIB) 397,403 Internationaler Währungsfonds 325, 330 International Trade Center GATT/ UNCTAD 212, 325 Intra-industrieller Handels. Substitutionshandel Inverser Handel49f., 67, 83, 127 IWF s. Internationaler Währungsfonds 27'

419

ITO (International Trade Organisation) 211 Jointventures 261, 315 Kaldor-Hicks-Kriterium 78 Kapital - bewegungen s. -verkehr - einkommen 277 - importe 127, 258 - K.intensive Produktion 112, 179 - mangel237, 239 - markt 192, 313 - verkehr 259ft., 282ft., 351f., 355, 359, 361ff. - Verkehrsbeschränkungen 293ft., 317 Karibische Wirtschaftsgemeinschaft 395 Kartelle 156, 376 Kennedy-Runde 140, 204, 216 Know-how (technisches Wissen) 102, 192,260,297,304,400 Kompensationszahlungen s. a. KaldorHicks-Kriterium 44, 75 Komparative Kostenvorteile 20ff., 51, 110, 112, 271, 400 - empirischer Test 60 f. Konjunktur 91, 279, 374f. Konsumeffekt eines Zolles 162, 170, 172, 189f., 194, 195 Konsumentenrente 162, 188 Kontingente 4, 6, 62, 145, 149, 213f., 254, 360,392 - Wirkungen 181ft. Kontingentrente 182 Kontraktkurve 35f., 75f. Kosten - s.a. komparative K.vorteile - s. a. Opportunitätsk. - soziale 18 - K.unterschiede 20 Kreditanstalt für Wiederaufbau 154 Kuponsteuer 293 Lateinamerikanische Freihandels- bzw. Integrationszone 395 LDC (Less developed countries) 229ff. Leistungsbilanz s. Zahlungsbilanz Leontief-Paradoxon 60f., 84, 111

420 >

Sachverzeichnis

Link 330 Linkages 249 LLDC (Least developed countries) 229ff. Lohn - niveau 115 - unterschiede 124, 304, 351 - starrheit 80 LOME-Abkommen 268, 368, 388 Märkte 81, 83, 89, 91, 201, 303f. Maghreb-Staaten 390 Mansholt-Plan 370 Marktversagen s.a. externe Effekte 192 Marshall-Plan 224, 395 Maschrik-Staaten 390 Meistbegünstigung 390 Meistbegünstigungsklausel (GATI) 200, 213/f. Merkantilismus 198 Migrationen s. Wanderungen Mischzölle 143 f. Montanunion 354 Multifaserabkommen 150, 203 Multinationale Unternehmen 226f., 249, 258, 307, 319ft., 330 Nachfrage s.a. Präferenzen 40ft., 67, 83, 127 Nahrungsmittelversorgung und -hilfe 235,265 Neo-Faktorproportionentheorem 110ft., 115 Neue Weltwirtschaftsordnung 6, 326ff. Niveaugrenzprodukt 32 Nutzens. a. Präferenzen 18, 344 - privater und sozialer 70, 187 - Weltnutzenfunktion 72 Nutzenmöglichkeitskurve 76 NWWO s. Neue Weltwirtschaftsordnung Obligatorische Ausgaben (EG) 359 OECD s. Organisation for Economic Coordination and development OEEC (Organisation for European Economic Cooperation) 223ft. Offer-curves s. Tauschkurven

OPEC (Organisation of Petrol Exporting Countries) 156 Opportunitätskosten 22, 24ft. Optimalzoll168, 172ft., 201, 343 Orderly marketing arrangement 202 Organisation for Economic Co-ordination and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) 6, 223ft., 267, 313 Ostafrikanische Gemeinschaft 395 Ottawa-Präferenzen 332 Plankoordinierung 400, 408 Portfolioinvestitionen 261, 283 ff. Portfoliotheorie 2 86 ff. Präferenzabkommen 259, 325, 361, 390f. Präferenzen 26, 40ff., 104, 127, 289f. - P.unterschiede 59, 105ft., 107 - P.vielfalt 105 Präferenzräume 2, 332f. Prebisch-These 245 ff. Preis- bildung im RGW 400, 407, 409 - gerade 44 f. - grenzen 27ff. - linie 25f. - niveau 16 - unterschiede 20 - wirkungeneines Zolles 161ff. Produktdifferenzierung 93, 102/f. Produktinnovation 102 Produktionseffekt eines Zolles 162, 170f., 189f., 194f. Produktionsfaktoren s. Faktoren Produktionsfunktion 31/f., 59, 63, 128 Produktionsmöglichkeitenkurve s. Transformationskurve Produktionsstruktur 236, 249, 256 Produktmärkte 303 f. Produktzyklus 114, 130 Produzentenrente 162, 188 Prohibitivzoll166, 190 Protektionismus 123, 200ff., 254, 258f., 297,350!.,363,368,381 - Argumente 186ff. - indirekter P. 151f. - neuer P. 8, 12, 140, 200ft. - und Wirtschaftswachstum 206 Punkt-Nutzenmöglichkeitskurve 77

Sachverzeichnis Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe 6, 392, 395/f. - Außenhandel12ff., 402, 404 - Komplexprogramm 408 - Währungspolitik 409 Realtransfer 292 Re-Importe 153 Renditemotiv 286ff. Regionale Integration 332ft. - Westeuropa 353ft. - Osteuropa (RGW) 395ft. - andere 395 Regionalfonds (EG) 379 Reine Theorie s. a. Außenwirtschaftslehre 5f. - Annahmen 7, 16ft., 257 - Aussagekraft 82 ff. - Fragestellungen 16ft. Ressourcen 114, 310 ff. - R.verfügbarkeit 109, 400 Retorsions- maßnahmen 153, 206, 345, 363 - zölle 176, 193, 197 Reziprozität (im GATT) 200, 213ft. RGW s. Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Ricardo- Güter 21 - Theorem 20, 56, 82, 88f., 121, 126, 271 - Theorem und Faktormobilität 126ft. Risiko, -Verminderung 286ff., 292 Römische Verträge 354 Rohstoffabkommen, internationale 325ff. Rohstoffe 116, 305 Rybczynski-Theorem 68f. Saisonaler Handel 90 f. Samuelson-Stolper-Theorem 177ft., 194f. Schleusensystem s. a. Abschöpfungen 145,154,365 Schuldendienstquote 295 Schuman-Plan 353 Schutzeffekt eines Zolles 162, 170f. Schutzklausel214,220,223, 363,391 Schwellenländer 14, 116, 220, 232 Second-best Natur von Zöllen 186ft. Situations-Möglichkeitenkurve 77

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Skalenerträge, steigende s. economies of scale Sonderziehungsrechte 325, 330 Sozialfonds (EG) 383 Spekulation 283, 320, 352 Spezialisierung 88, 404, 408 Spezialisierungsgewinn 73f., 80, 188 Spezifischer Zoll 140ft. Staatliche Beschaffungspolitik 150 Staatseinnahmen 140, 166f. Staatshandelsländer s. Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Stabex 388 Steuererleichterungen 154, 306 Steuern 3, 189, 195, 306, 322, 352 Strukturpolitik 378ff. Strukturwandel195, 200 Stufentheorie 243ft. Substitutionseffekt eines Zolles s. Konsumeffekt Substitutionshandel 88f., 97, 105 Subventionen 62,117,144,189,192,195, 203,213,218, 221f., 306, 361f., 376f., 381 Sysmin 389 SZR s. Sonderziehungsrechte 325 Take-off (Entwicklungstheorie) 244, 251 Take-over Verbote 315 Tausch- kurve 50ft., 172 ff. - verhältnis s.a. terms of trade 25 Technischer Fortschritt 22, 93ft., 102, 207 - Hicks-neutral22, 121 Technologie 18 - abhängigkeit 314 - angemessene 117 - Lücke 95, 246, 249, 262 - transfer 261ft., 313, 325, 329 Temporärer Entwicklungsvorsprung 95, 130 Termsoftrade (Austauschverhältnisse) 50, 153, 245 f., 337 ff., 34 7, 350 Terms of trade Effekt eines Zolles 171f. Textilsektor s. a. Multifaserabkommen 115, 150, 168, 183, 195 Tokio-Runde (GATT) 217, 221, 223 tot s. terms of trade

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Sachverzeichnis

Trade creation s. Handelsausweitung Trade diversion s. Handelsverlagerung Transferpreise 258, 322 Transferrubel401, 404f., 409 Transformations- kurve 22ff., 129 - rate 23 Umschlagende Faktorintensität 64f., 67, 83 UNCTAD United Nation Conference on Trade and Development) 6, 207, 212, 222, 266, 313, 324ff. UNDP (United Nation Development Program) 267, 324 Unentgeltliche Übertragungen 280 UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation) 324 UNICEF (United Nations Children's Fund)324 UNIDO (United Nations lndustrial Development Organisation) 267, 324 UNO (United Nations Organisation) 266f. Unterbeschäftigung 129 Unterentwicklung 228ff. - Theorien d. U. 239ff. Variable Importtaxen s. Abschöpfungen Vereinte Nationen s. UNO Vergeltungszölle s. Retorsionszölle Verrechnungspreise s. Transferpreise Verschuldung (Entwicklungsländer) 238, 294ff., 329 Verteilungseffekte eines Zolles 177, 194f. Volkseinkommen 16, 179ff., 183 Wachstum 233, 308f. - ausgewogenes 251 f. - unausgewogenes 252 Währungspolitik 5 - EG 371ff. - RGW 401 Währungsunion (EG) 371ft., 374

Waivers (GATT) 212 Wanderungen 273ft. Wechselkurse, 16, 196, 306, 373 - gespaltene 150, 254 Weltbank 266 Welthandelsstruktur 11ft. Welthandelskonferenz s. UNCTAD Weltwirtschaftskrise 138, 193, 196, 206 Wertzoll142 Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft 395 Wettbewerb 81, 94, 108, 254, 345, 352, 355, 359, 364, 369, 375, 381, 384, 393, 399 - unfairer 195. WHO (World Health Organisation) 267 Wirtschafts- und Sozialrat (Ecosoc) 267 Wirtschaftsunion 334, 352, 371f., 374 Wohlfahrtswirkungen eines Zolles 167ft., 172, 191 Zahlungsbilanz 147, 179f., 196, 200, 206, 238,257,280,291,309(,316( Zentralafrikanische Wirtschaftsunion 395 Zentralamerikanischer Gemeinsamer Markt 395 Zentralplanwirtschaften s. Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Zinsen 124, 290ff. Zölle 4, 6, 62, 137ft., 216, 254, 259, 366 - Bemessungsgrundlagen 140 - Erhebungsereignis 137f. - Partialanalyse 159ft. - -Totalanalyse 168ft. - und Kontingente, Vergleich 182ft. Zollabbau 259, 333, 343, 354 Zollargumente 186ft. Zollausschlußgebiete 137 Zolleskalation 165 f. Zollkontingent 149, 391 Zollpräferenzen 259 Zollsenkungen 218 Zollunion 100, 146, 214, 333, 335ft., 350, 360f., 368, 386 Zollverein 334 Zollzuschläge 14 7