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German Pages 254 [256] Year 1989
Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien 8 Innovation und Arbeitsmarktdynamik
Die Meta-Studie: Arbeitsmarktwirkungen modemer Technologien war ein durch den Bundesminister für Forschung und Technologie gefordertes Forschungsvorhaben im Projektverbund. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Methoden haben die folgenden neun Institute die Zusammenhänge zwischen technologischem Wandel, Beschäftigungsstrukturen sowie einzel- und gesamtwirtschaftlichen Verflechtungen in umfassender und differenzierter Weise analysiert: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, Projektleitung: Dr. Frieder Meyer-Krahmer Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung München, Projektleitung: Dr. Lothar Scholz Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik G m b H Berlin, Projektleitung: Prof. Dr. Hans-Jürgen Ewers Infratest Sozialforschung G m b H München, Projektleitung: Lisa Höflich-Häberlein Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e. V. Köln, Projektleitung: Dr. Werner Friedrich Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung Wien, Projektleitung: Dr. Michael Wagner Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung/Forschungsschwerpunkt Arbeitsmarkt und Beschäftigung, Projektleitung: Dr. Ronald Schettkat Basier Arbeitsgruppe für Konjunkturforschung/Forschungsstelle für Arbeitsmarkt- und Industrieökonomik der Universität Basel, Projektleitung: Prof. Dr. Peter Kugler Technische Universität Berlin/Heinrich-Hertz-Institut, Projektleitung: Prof. Dr. Gernot Weißhuhn Abstimmungsteam: Prof. Dr. Egon Matzner (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung/ Forschungsschwerpunkt Arbeitsmarkt und Beschäftigung), Dr. Ronald Schettkat (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung/Forschungsschwerpunkt Arbeitsmarkt und Beschäftigung), Dr. Michael Wagner (Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung Wien)
Ronald Schettkat unter Mitarbeit von Bettina Bangel, Margit Böhme, Nuran Büklü, Dick Moraal
Innovation und Arbeitsmarktdynamik
w DE
G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1989
Dr. Ronald Schettkat, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung/Forschungsschwerpunkt Arbeitsmarkt und Beschäftigung
Das Buch enthält 19 Abbildungen und 69 Tabellen
CIP-Kurztitelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien. - Berlin ; New York : de Gruyter. Literaturangaben ISBN 3-11-011980-3 8. Innovation und Arbeitsmarktdynamik / Ronald Schettkat. Unter Mitarb. von Bettina B a n g e l . . . -1989 ISBN 3-11-011992-7 NE: Schettkat, Ronald [Mitverf.]
©
Gedruckt auf säurefreiem Papier
© Copyright 1989 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Kupijai&Prochnow Buch- und Offsetdruckerei, Berlin - Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin - Umschlaggestaltung: Johannes Rother, Berlin
Vorwort "Arbeitsmarktdynamik und Innovation" ist mit Förderung des BMFT im Rahmen der Meta-Studie "Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien" entstanden. Die Arbeit an dieser Studie hat in ungewöhnlich hohem Maße von der Kooperationsbereitschaft der anderen Meta-Teams - DIW (Berlin), HHI/Prof. Weißhuhn (Berlin), Ifo (München), Infratest (München), IFS (Berlin), ISG/Prof. Ronning (Köln), WWZ (Basel), IWS (Wien) - profitiert. Für die sehr anregenden und konstruktiven Diskussionsbeiträge in den zahlreichen gemeinsamen Workshops aller Forschungsteams, aber auch in den gemeinsamen Sitzungen mit dem Wissenschaftlichen Begleitausschuß (Vorsitz Prof. Oppenländer) möchte ich mich besonders bedanken. Im Wissenschaftszentrum Berlin, Forschungsschwerpunkt Arbeitsmarkt und Beschäftigung (WZB/AMB), wurde die vorliegende Arbeit in unterschiedlichen Phasen vor allem mit Egon Matzner und Michael Wagner diskutiert. Margit Böhme hat die Mobilitäts-Matrizen auf Basis der BIBB/IAB-Erhebung erstellt, und Dick Moraal hat die EDV-Arbeiten im Zusammenhang mit den Log-Linearen-Modellen durchgeführt. Bettina Bangel behielt unübersehbare Datenmengen im Griff und hat vor allem an den stromgrößenorientierten Analysen mitgewirkt. Nuran Büklü betreute nicht nur das gesamte Sekretariat mit umfangreichen Außenkontakten und die Organisation zahlreicher Workshops, sondern hat auch alle Texte "verarbeitet" und Tabellen teilweise aus "Rohmaterial" erstellt. Für das Durchhalten auch in stressigen Phasen und die nette Arbeitsatmosphäre möchte ich mich besonders bei Nuran Büklü und Bettina Bangel bedanken. Editing und Lay-out wurden mit außerordentlichem Engagement vom Wissenschaftlichen Text-Dienst (Berlin) in Zusammenarbeit mit Barbara Schulz durchgeführt. Unterstützung, Kritik und Aufmunterung kamen nicht zuletzt von den Kollegen am WZB/AMB, die ihre Erfahrungen aus unzähligen Forschungsprojekten beisteuerten. Insbesondere Peter Auer, Werner Beuschel, Christoph Büchtemann, Christoph Deutschmann, Michael Funke, Sabine Gensior, Günther Schmid, Arndt Sorge und Wolfgang Streeck gilt der Dank. Den "letzten Schliff" erhielt diese Studie während eines vom American Council of Learned Societies (ACLS) geförderten Forschungsaufenthaltes an der Stanford University und dem Institute for Industrial Relations der University of California in Berkeley.
Ronald Schettkat
Berlin/San Francisco, Februar 1989
Inhalt 1. 1.1 1.2
Problemaufriß: Technologisch-struktureller Wandel, Beschäftigungsniveau und -struktur
1
Technologisch-struktureller Wandel und Beschäftigungsniveau
3
Technologisch-struktureller Wandel, Beschäftigungsstruktur und die Struktur der Arbeitslosigkeit
6
2.
Arbeitsmarktprozesse: Bestands- und Stromgrößen
11
2.1
Mobilität und Flexibilität: Die Dynamik am Arbeitsmarkt
11
2.2
Die Arbeitsmarktdynamik in der Bundesrepublik: Ein quantifizierter Überblick
18
Zusammenfassung und Möglichkeiten der analytischen Verknüpfung von Innovation und Arbeitsmarktdynamik
24
Technologisch-struktureller Wandel und Qualifikationsveränderungen
27
Neue Techniken und Qualifikationsentwicklung: Von der Massen- zur Nischenproduktion? Reprofessionalisierung statt Dequalifizierung?
27
Makroökonomische Analysen zur Veränderung der Produktionskonzepte
27
Mikroanalytische Ergebnisse zur Veränderung der Produktionskonzepte
31
3.1.3
Ökonomischer statt technischer Determinismus?
33
3.2
Dimensionen des Qualifikationsbegriffes
35
3.3
Die empirische Beschreibung der Qualifikationsentwicklung
36
3.3.1
Bildungsniveau
36
3.3.2
Stellung in Beruf und Leistungsgruppen
37
3.3.3
Berufsklassifikation
39
2.3
3. 3.1
3.1.1 3.1.2
VIII
Inhalt
3.3.4
Tätigkeit
40
3.4
Zusammenfassung
41
4.
Komponenten der wirtschaftsspezifischen Arbeitslosigkeit
.43
4.1
Bestandsveränderungen der Arbeitslosigkeit und die Dynamik am Arbeitsmarkt
43
4.2
Struktur- und Niveauentwicklung
47
4.3
Zustrom in registrierte Arbeitslosigkeit nach Herkunftswirtschaftszweigen und das wirtschaftszweigspezifische Arbeitslosigkeitszugangsrisiko
51
4.4
Dauer der Arbeitslosigkeit nach Herkunftswirtschaftszweigen
54
4.5
Zusammenfassung
58
5.
Berufsspezifische Arbeitslosigkeits- und Beschäftigungsentwicklung
61
5.1
Die Entwicklung der Beschäftigung in den Berufsgruppen
61
5.2
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den Berufsgruppen und ihr Zusammenhang zur Beschäftigungsentwicklung
65
5.3
Zusammenfassung
69
6.
BeschäftigungsVeränderung und Mobilität
71
6.1
Ströme in Beschäftigung hinein und aus Beschäftigung heraus
71
6.2
Niveau- und Strukturentwicklung der Beschäftigung
73
6.3
Mobilität: Ströme zwischen den Wirtschaftszweigen und zwischenbetriebliche Wechsel innerhalb der Wirtschaftszweige
79
6.3.1
Mobilität auf Basis der Beschäftigtenstatistik
80
6.3.2
Mobilität auf Basis des Mikrozensus
89
6.4
Zusammenfassung
93
Inhalt
7.
IX
Der Zusammenhang zwischen dem Einsatz moderner Technologien und der Mobilität
95
7.1
Die Datenbasis
95
7.2
Mobilität nach Wirtschaftsabteilungen und innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes
96
7.3
Analyse der Zusammenhänge zwischen dem Einsatz moderner Technologien und der Beschäftigungsdynamik
101
7.3.1
Log lineare Modelle: Übersicht
102
7.3.2
Der Zugang zu Arbeitsplätzen mit modernen Technologien
103
7.3.3
Umsetzungsgefahr und moderne Technologien
108
7.4
Zusammenfassung
111
8.
Der Zusammenhang zwischen Innovation und den Komponenten der Arbeitslosigkeit
115
8.1
Arbeitslosigkeitszugangsrisiko, Verbleiberisiko und Innovation
115
8.2
Innovationsindikatoren
116
8.3
Das Analysemodell
120
8.3.1
Allgemeine Spezifikation
120
8.3.2
Operationalisierung
123
8.4 8.5
Innovation und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko Verbleiberisiko in der Arbeitslosigkeit in Abhängigkeit von der Innovationsaktivität in den Wirtschaftszweigen
124
8.6
Zusammenfassung
133
9.
Innovation und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko: Die Berücksichtigung von industriellen Beziehungen, Qualifikationsstruktur, Betriebsgrößenstruktur und Saisoneinflüssen
135
9.1
Industrielle Beziehungen
136
9.1.1
Die Konstruktion des Indikators
136
9.1.2
Empirische Ergebnisse
137
9.2
Qualifikationsstruktur
139
130
X
Inhalt
9.2.1
Konstruktion des Indikators
139
9.2.2
Empirische Ergebnisse
140
9.3
Betriebsgrößenstruktur
142
9.3.1
Konstruktion des Indikators
142
9.3.2
Empirische Ergebnisse
143
9.4
Saisoneinflüsse
143
9.4.1
Konstruktion des Indikators
145
9.4.2
Empirische Ergebnisse
147
9.5
Zusammenfassung
149
10.
Der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeitszugangsrisiko und Innovation in einer Querschnitts-/ Längsschnittanalyse
151
10.1
Methodische Vorbemerkung
151
10.2
Empirische Analyse des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos
155
10.3
Zusammenfassung
159
11.
Innovation, Altersstruktur der Beschäftigten und Abstrom in Nichterwerbstätigkeit
161
11.1
Innovation und Altersstruktur
161
11.2
Innovation und Abstrom in Nichterwerbstätigkeit
164
11.3
Zusammenfassung
167
12.
Zusammenfassung
169
12.1
Theoretische Verortung und Forschungsdesign
169
12.2
Beschäftigungsentwicklung
170
12.3
Mobilität im Beschäftigungssystem
172
12.4
Komponenten der Arbeitslosigkeit
174
12.5
Analytische Verknüpfung von Innovation und Arbeitslosigkeitskomponenten
176
Innovation und Arbeitslosigkeitsdynamik
177
12.6
Inhalt
12.7
XI
Innovation und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in der kombinierten Querschnitts-/Längsschnittanalyse
181
12.8
Innovation und Abstrom in Nichterwerbstätigkeit
183
12.9
Quintessenz
184
13.
Tabellenanhang
187
14.
Literaturverzeichnis
233
Verzeichnis der Tabellen und Schaubilder Schaubild 2.1: Bestandsveränderungen eines Aggregates und die dahinterstehenden Zuströme und Abströme
12
Schaubild 2.2: Flexibilität und Mobilität und Abhängigkeit von der Aggregationsebene
13
Schaubild 2.3: Technologisch-struktureller Wandel und Arbeitsmarktdynamik
14
Schaubild 2.4: Quantifizierte Arbeitsmarktströme für Beschäftigte (nach Angaben der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB)
16/17
Schaubild 2.5: Quantifizierte Arbeitsmarktströme für beschäftigte Arbeitnehmer (nach Angaben der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB)
21/22
Schaubild 2.6: Quantifizierte Arbeitsmarktströme für registrierte Arbeitslosigkeit (nach Angaben der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB)
22/23
Schaubild 3.1: Der Zusammenhang zwischen Arbeitsproduktivität und Wertschöpfung in OECD-Ländern für die Periode 19601972 und 1973-1982
30
Schaubild 3.2: Klassifikationsmerkmale der Leistungsgruppen
38
Tabelle 4.1:
48
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit
XII
Inhalt
Schaubild 4.1: Arbeitslosenrelationen nach Herkunftswirtschaftszweigen
50
Schaubild 4.2: Arbeitslosigkeitszugangsrisiko nach Wirtschaftszweigen 1980 und 1985 Schaubild 4.3: Die durchschnittliche Arbeitslosigkeitsdauer
53 56
Tabelle 4.9:
Gründe des Abgangs aus registrierter Arbeitslosigkeit nach Arbeitslosigkeitsdauer im Mai/Juni 1985
57
Tabelle 4.10:
Gründe des Abgangs aus Arbeitslosigkeit nach Altersgruppen im Mai/Juni 1985
58
Die berufsgruppenspezifische Beschäftigungsentwicklung von 1980 bis 1985 (insgesamt)
62
Tabelle 5.1: Tabelle 5.2:
Die geschlechtsspezifische Beschäftigtenentwicklung in den Berufsgruppen von 1980 zu 1985
64
Schaubild 5.1: Veränderung der Arbeitslosigkeit
66
Tabelle 5.3:
Berufsgruppenspezifische Arbeitslosigkeitsentwicklung von 1980 bis 1985
.68
Globale Beschäftigungsindikatoren
73
Schaubild 6.1: Beschäftigungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland 1977 bis 1987
74
Schaubild 6.2: Die Beschäftigungsveränderung insgesamt sowie nach Vollzeit, Teilzeit und Auszubildenden von 1980 auf 1985, beide Geschlechter
75
Schaubild 6.3: Die Beschäftigungsveränderung insgesamt sowie nach Vollzeit, Teilzeit und Auszubildenden von 1980 auf 1985, Männer
77
Schaubild 6.4: Die Beschäftigungsveränderung insgesamt sowie nach Vollzeit, Teilzeit und Auszubildenden von 1980 auf 1985, Frauen
78
Tabelle 6.1:
Tabelle 6.8:
Strukturen der Eintritte in und Austritte aus Beschäftigung nach der IAB-Beschäftigtenstichprobe
82
Tabelle 6.9:
Ersetzungsraten nach Wirtschaftsabteilungen
83
Tabelle 6.10:
Austritte aus und Eintritte in Beschäftigung nach Wirtschaftsabteilungen sowie Wirtschaftsabteilungswechsel und Betriebswechsel, 1980 nach der IAB-Beschäftigtenstichprobe
84
Inhalt
Tabelle 6.11: Tabelle 6.12:
XIII
Anteile stabiler Beschäftigung nach der IAB-Beschäftigtenstichprobe in Prozent
87
Stabilitätsanteile in den Wirtschaftsabteilungen nach der IAB-Beschäftigtenstichprobe
88
Tabelle 6.13:
Arbeitsmarktmobilität nach dem Mikrozensus 1976/1977
90
Tabelle 6.14: Tabelle 7.1:
Arbeitsmarktmobilität nach dem Mikrozensus 1980/1981 Arbeitsmarktmobilität nach "Qualifikation und Berufsverlauf'
92
Tabelle 7.2: Tabelle 7.3:
97
Mobilität innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes nach "Qualifikation und Berufsverlauf'
100
Die Verbreitung programmgesteuerter Arbeitsmittel 1979 und 1985 (in Prozent)
104
Schaubild 7.1: Pfeildiagramm der zweifachen Interaktionseffekte für Modell 1
107
Schaubild 7.2: Pfeildiagramm der zweifachen Interaktionseffekte für Modell 2
110
Tabelle 8.1:
Korrelationskoeffizienten zwischen den Innovationsindikatoren
Schaubild 8.1: Zeitraumabgrenzungen für Innovation und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko Tabelle 8.2:
Tabelle 8.3: Tabelle 8.4:
Tabelle 8.5:
Tabelle 9.1:
120 124
Regressionsanalysen des Zugangsrisikos in Arbeitslosigkeit in Abhängigkeit von Produkt- und Prozeßinnovationen (Anteilsindikatoren)
126
Regressionsanalysen des Zugangsrisikos in Arbeitslosigkeit von Produkt- und Prozeßindikatoren (Werteindikatoren)
127
Regressionsanalysen des Zugangsrisikos in Arbeitslosigkeit in Abhängigkeit von Produkt- und Prozeßinnovation und der Veränderung der Beschäftigung
128
Regressionsanalysen der durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit in Abhängigkeit von Produkt- und Prozeßinnovation
132
Das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in Abhängigkeit von der Innovation, der Beschäftigungsniveauveränderung und der Gewerkschaftsvariablen
138
XIV
Tabelle 9.2:
Tabelle 9.3:
Tabelle 9.4:
Tabelle 10.1:
Tabelle 10.2: Tabelle 11.1: Tabelle 11.2:
Inhalt
Das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in Abhängigkeit von der Innovation, der Beschäftigungsniveauveränderung und der Qualifikationsstruktur
141
Das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in Abhängigkeit von der Innovation, der Beschäftigungsniveauveränderung und der Betriebsgrößenstruktur
144
Das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in Abhängigkeit von der Innovation, der Beschäftigungsniveauveränderung und den Saisoneinflüssen
148
Regressionsanalyse des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos in einem kombinierten Querschnitts-/Längsschnittdatensatz unter Anwendung unterschiedlicher Kovarianz-Modelle
154
Übersicht über Regressionsanalysen mit Werteindikatoren für die Innovationen
157
Regressionsanalysen des Zusammenhangs zwischen Altersstruktur und Innovationsaktivität, 1982 und 1986
163
Regressionsanalysen des Zusammenhangs von Übergangsraten aus Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit und Rente sowie Innovation im Zeitraum von 1982 bis 1985
166
Tabellen 4.2a bis 4.8a im Tabellenanhang
189-211
Tabellen 6.2a bis 6.7a im Tabellenanhang
213-232
1.
Problemaufriß: Technologisch-struktureller Wandel, Beschäftigungsniveau und -struktur
Die Auseinandersetzung mit den Beschäftigungs- und Arbeitsmarktwirkungen des technischen Fortschritts hat in der Ökonomie eine lange Tradition (vgl. HEERTJE 1973), die immer von Kontroversen geprägt war, wenn auch ihre Sichtbarkeit mit den Arbeitsmarktsituationen variierte. Die aktuelle Diskussion konzentriert sich auf drei Aspekte: Es werden (1) das Beschäftigungsniveau, (2) die Beschäftigungsstruktur oder die Qualität der Arbeit sowie (3) die Anpassungsprozesse am Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit technologisch-strukturellen Änderungen problematisiert. Bisherige Studien zu den Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien haben sich überwiegend auf die Veränderungen im Beschäftigungssystem in qualitativer und quantitativer Hinsicht beschränkt, aber den Arbeitsmarkt, der ja eine Nachfrageund eine Angebotskomponente hat, nicht explizit miteinbezogen. Dies ist um so erstaunlicher, als in der ökonomischen Beschäftigungs- und Arbeitsmarktforschung die Anpassung der Arbeitskräfte (des Arbeitsangebotes) an veränderte Situationen, die durch technologisch-strukturellen Wandel entstanden sind (strukturelle Arbeitslosigkeit), eine prominente Rolle einnimmt. Die vorliegende Studie "Innovation und Arbeitsmarktdynamik" untersucht insbesondere die Anpassungsprozesse am Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit dem Einsatz moderner Technologien. Für die Analyse der Arbeitsmarktprozesse ist es notwendig, die Bewegungen (Ströme) am Arbeitsmarkt heranzuziehen, die durch traditionelle, bestandsgrößenorientierte Analysekonzepte nicht adäquat berücksichtigt werden können. Bei Anwendung stromgrößenorientierter Analysekonzepte treten allerdings extreme Informationsprobleme auf, denn die Datenbasis für die Analyse von Arbeitsmarktbewegungen ist in der Bundesrepublik sehr unzureichend. Dennoch können aber zumindest in Teilbereichen Informationen über Bewegungen am Arbeitsmarkt gewonnen werden, die die Strukturveränderungsdaten ergänzen und so das Bild vom Arbeitsmarkt um die dynamische Komponente erweitern können. Im folgenden werden zunächst die Forschungen zur Arbeitsmarktdynamik in die allgemeine wissenschaftliche Diskussion um die Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien eingeordnet, bevor die Arbeitsmarktprozesse in der Bundesrepublik und ihre Beeinflussung durch Innovationen analysiert werden.
2
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
In Kapitel 1 wird der Zusammenhang zwischen technologisch-strukturellem Wandel und dem Beschäftigungsniveau herausgearbeitet, wobei gleichzeitig eine Einordnung der WZB-Forschungen in den Gesamtzusammenhang der Meta-Studie (vgl. für einen Überblick der Gesamtstudie SCHETTKAT/WAGNER 1989) erfolgt. Dann wird der Zusammenhang zwischen technologisch-strukturellem Wandel und der Struktur der Beschäftigung analysiert, und es wird hier auf die in diesem Zusammenhang diskutierte strukturelle Arbeitslosigkeit eingegangen. Das Kapitel 2 behandelt Anpassungsprozesse am Arbeitsmarkt, indem die Verknüpfung von Mobilität und Flexibilität zunächst theoretisch aufgezeigt wird. Es folgt eine Quantifizierung der globalen Arbeitsmarktdynamik in der Bundesrepublik, um die Dimensionen der hinter den üblicherweise betrachteten Bestandsveränderungen stehenden Ströme zu verdeutlichen. Eine Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang von technologisch-strukturellem Wandel und der Qualifikationsentwicklung erfolgt in Kapitel 3, in dem zusammenfassend auf die aktuelle Diskussion zwischen Reprofessionalisierung und Dequalifizierung eingegangen wird. Dabei werden sowohl die makroökonomisch als auch die mikroanalytisch orientierten Studien herangezogen. Dieses Kapitel schließt mit einer Analyse der empirischen Abbildung von Qualifikation ab. Die Zerlegung der Arbeitslosigkeit in Zugänge und Verweildauer wird in Kapitel 4 zunächst theoretisch behandelt, bevor die wirtschaftszweigspezifischen Entwicklungen der Arbeitslosigkeit und ihre Komponenten behandelt werden. Die berufsspezifische Dimension der Arbeitslosigkeits- und Beschäftigungsentwicklung ist Thema von Kapitel 5, in dem auch die Arbeitsangebotsentwicklung in den Berufen berücksichtigt wird. Die Ströme innerhalb des Beschäftigungssystems und ihr Zusammenhang zum Einsatz moderner Technologien werden in den Kapiteln 6 und 7 auf Basis unterschiedlicher Datenquellen behandelt. Die analytische Verknüpfung der Innovationsaktivität in den Wirtschaftszweigen mit dem Arbeitslosigkeitszugangsrisiko und mit der Verweildauer in Arbeitslosigkeit wird in Kapitel 8 vorgestellt. Eine Vertiefung und Erweiterung der Analyse um weitere Variablen (Kapitel 9) und die Einbeziehung der Querschnitts-/Längsschnittdimension (Kapitel 10) schließen an. Zuletzt wird auf Basis einer Mikrozensus-Sonderauswertung (Kapitel 11) der Zusammenhang zwischen Innovationsaktivität und der Übergang in die Nichterwerbstätigkeit - und hier insbesondere in Rente analysiert.
Problemaufriß 1.1
3
Technologisch-struktureller Wandel und Beschäftigungsniveau
Unter Niveauaspekten wird der technologische Wandel zum einen als "Jobkiller" klassifiziert, der durch den Rationalisierungseffekt Arbeitsplätze vernichte und deshalb für die Massenarbeitslosigkeit verantwortlich zu machen sei. Im anderen Extrem der Niveaudiskussion findet sich die Meinung, daß der technische Fortschritt und die damit verbundene Produktivitätssteigerung das einzig wirksame Mittel zur Beseitigung von Massenarbeitslosigkeit sei. Der Effekt, der vom technischen Fortschritt und von den Produktivitätssteigerungen auf die Beschäftigung ausgeht, wird also vollkommen kontrovers beurteilt. Beide Seiten können neben betrieblichen Entwicklungen auch Beispiele aus dem internationalen Bereich anführen: Die Vertreter der "Jobkiller-These" verweisen auf die USA, wo in den letzten Jahren trotz relativ geringer Wirtschaftswachstumsraten bei noch niedrigeren Produktivitätsfortschritten beachtliche Beschäftigungsgewinne erzielt wurden. Die geringen Produktivitätssteigerungen sollen hier für die amerikanischen Beschäftigungsgewinne verantwortlich sein. Auf der anderen Seite wird aber auch auf Japan verwiesen, wo die erzielten relativ hohen Produktivitätsgewinne als Voraussetzung für das japanische Wirtschaftswachstum angeführt werden. Analytisch kann man sich dem Problem der Wirkung moderner Technologien auf die Beschäftigung zunächst dadurch nähern, daß zwischen Produkt- und Prozeßinnovationen differenziert wird. Während allgemein angenommen wird, daß Produktinnovationen positiv auf die Beschäftigung wirken (anders ZIMMERMANN 1986), wird von Prozeßinnovationen ein eher negativer Beschäftigungseffekt erwartet. Inwieweit Innovationen aber zu den erwarteten Effekten führen, hängt von zahlreichen Bedingungen ab. Nicht zuletzt die Abgrenzung der Analyseeinheit in organisatorischer, räumlicher und zeitlicher Hinsicht ist hierbei von Bedeutung (vgl. BLATTNER 1986). Die einfache "Hochrechnung" von betriebsspezifischen Ergebnissen reicht für die Beurteilung der Beschäftigungswirkungen des technologischstrukturellen Wandels jedenfalls nicht aus. Was einzelwirtschaftlich als Beschäftigungsfiasko erscheinen mag, kann gesamtwirtschaftlich positive Beschäftigungswirkungen haben. Umgekehrt kann aus der Beobachtung einer positiven Beschäftigungsentwicklung im Zusammenhang mit der Einführung moderner Technologien im einzelnen Betrieb nicht auf eine gleichgerichtete gesamtwirtschaftliche Wirkung geschlossen werden, ja das Gegenteil kann der Fall sein. Beschäftigungseffekte des technologisch-strukturellen Wandels können deshalb letztlich nur auf gesamtwirtschaftlicher Ebene ermittelt werden, was aber wiederum realitätsnah nur mit relativ aufwendigen, komplexen Modellen durchgeführt werden kann. Generell ist jedoch zwischen den direkten, auch betriebsspezifisch beobachtbaren und den indirekt wir-
4
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
kenden Effekten, die einer Beobachtung nur bedingt zugänglich sind, zu unterscheiden. Die unterstellte positive Wirkung von Produktinnovationen hängt davon ab, inwieweit sie Nachfrage induzieren, die additiv zur bereits bestehenden Nachfrage ist, und damit das Nachfrageniveau insgesamt erhöht (vgl. HAGEMANN 1985). Sind die neuen Produkte ganz oder partiell ein Substitut für alte Produkte, dann erhöhen sie die Nachfrage gar nicht oder nur unterproportional. Neben dieser technischen Substitution ist auch entscheidend, ob die neuen Produkte auf kaufkräftige Nachfrage stoßen. Ist dies nicht der Fall, dann können sie - auch wenn ihre Eigenschaften nicht substitutiv zu denen der alten Produkte sind - durch die im Niveau begrenzte Nachfrage die alte Produktion verdrängen (vgl. hierzu neuerdings METTELSEEFEN/BARENS 1987). Dennoch wird aber eine große beschäftigungspolitische Hoffnung in die Produktinnovation und die flexiblere Anpassung der Produkte an die Konsumentenwünsche gelegt (vgl. PIORE/SABEL 1984). Die direkte Beschäftigungswirkung von Prozeßinnovationen (zumindest dann, wenn sie analytisch von Produktinnovationen getrennt werden) ist immer negativ, denn sie ist ja gerade auf eine faktorsparende Veränderung des Produktionsprozesses gerichtet. Hier sind es aber die indirekten Beschäftigungseffekte, die die primären Freisetzungseffekte kompensieren oder gar überkompensieren können. Die indirekten Effekte können auf mehreren Ebenen wirken: (1) Produktivitätsgewinne können die kaufkräftige Nachfrage (durch Erhöhung der Löhne oder durch Senkung der Preise) erhöhen, und so kann es zu einem wirtschaftlichen Wachstumsprozeß kommen, der die primären Beschäftigungsverluste kompensiert. Die Nachfragesteigerung kann dabei sowohl durch Binnenfaktoren als auch durch außenwirtschaftliche Faktoren, etwa durch eine verbesserte Wettbewerbsposition und eine damit gesteigerte Exportnachfrage, ausgelöst werden. Offensichtlich hängt die Beurteilung dieser Mechanismen eng von der Beurteilung der Funktionsfähigkeit der in der Markttheorie in den Vordergrund gestellten Steuerungsmechanismen ab. Nur wenn es durch die Rationalisierungsinvestition tatsächlich zu den dargestellten Anpassungsprozessen kommt, können die beschäftigungspolitisch positiven Sekundäreffekte auftreten. (2) Zur Realisierung der Prozeßinnovation müssen vorab (Rationalisierungs-)Investitionen getätigt werden, die zu Beschäftigung und Einkommen im Investitionsgütergewerbe führen. Den primären Beschäftigungsverlusten sind deshalb die Beschäftigungsgewinne in den vorgelagerten (Investitionsgüter-)Sektoren gegenüberzustellen. Eine dauerhafte Beschäftigungssteigerung kann über diesen Prozeß aber nur dann ausgelöst werden, wenn ein ununterbrochener Investitionsprozeß einsetzt. Der einfache Hinweis auf die für Prozeßinnovationen notwendige Arbeitskraft zur
Problemaufriß
5
Herstellung der Investitionsgüter reicht nicht aus, denn gesamtwirtschaftlich bedeutet jede Produktivitätssteigerung eine Effektivierung des Arbeitseinsatzes und nicht lediglich eine Verschiebung der Arbeitsleistungen zwischen verschiedenen Sektoren (vgl. KROMPHARDT 1977). (3) Schließlich wird als Kompensationsargument angeführt, daß die Freisetzung von Beschäftigten aufgrund der Rationalisieruqgseffekte durch genügend flexible Löhne (Lohnsenkungen) verhindert werden kann. Diese der neoklassischen Theorie verpflichtete Argumentation sieht (vgl. WICKSELL 1937) einen starken Zusammenhang zwischen den relativen Faktorpreisen und dem Beschäftigungsniveau. Zu langfristiger Arbeitslosigkeit (einem Überangebot an Arbeit) kann es in diesem Theoriegebäude bei genügend flexiblen Löhnen nicht kommen. Ein Beschäftigungsabbau müßte zu sinkenden Löhnen und damit zu einer "Resubstitution" von Kapitalgütern durch Arbeit und damit wieder zur Eliminierung des technischen Fortschritts führen - ein "Kompensationsweg", den PASINETTI (1981) schlicht als absurd bezeichnet hat. Zwar ist der umgekehrte Zusammenhang der Substitution von Arbeit durch Kapital beobachtet worden, doch liegen unseres Wissens keine Belege dafür vor, daß es sich hierbei um eine symmetrische Beziehung handelt; es bleibt zweifelhaft, ob Arbeit bei genügend geringen relativen Faktorpreisen Kapital (maschinelle Anlage) substituieren könnte. Sollte dieser Mechanismus funktionsfähig sein, so bleibt dennoch fraglich, ob eine Resubstitution von Kapital durch Arbeit gesamtwirtschaftlich wünschenswert wäre, bedeutet es doch, daß der technische Fortschritt gebremst und somit insgesamt mehr Arbeitsaufwand aufgebracht wird, als notwendig wäre. Die Meta-Studie versucht, den angesprochenen Interdependenzen bei der Ermittlung der Beschäftigungseffekte des technologisch-strukturellen Wandels in bezug auf den Niveauaspekt Rechnung zu tragen. In den betriebsspezifischen Analysen des IFS (Institut für Stadtforschung) und von Infratest werden u.a. neben den im Vordergrund stehenden Untersuchungen zu den Determinanten der Diffusionsgeschwindigkeit des technischen Fortschritts auch die Veränderungen in der Vorleistungsstruktur erhoben; somit können schon auf betrieblicher Ebene indirekte Effekte identifiziert werden. Das DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin) und das WWZ (Wirtschaftswissenschaftliches Zentrum an der Universität Basel) ermitteln auf der Wirtschaftszweigebene die Einflüsse von relativen Faktorpreisen und technischem Fortschritt auf die Beschäftigungsstruktur, und die Analysen des Ifo-Institutes (Institut für Wirtschaftsforschung) in München haben zum Ziel, die Innovationsverflechtung in der Gesamtwirtschaft herauszuarbeiten. Die Arbeiten des DIW, die auf Input-Output-Analysen basieren, berücksichtigen insbesondere die Auswirkungen spezifischer Techniken auf die sektoralen Lieferverflechtungen. Die Meta-Studie hat also einen Großteil der indirekt auftretenden Beschäftigungseffekte
6
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
berücksichtigt und damit einen wesentlichen Schritt zur valideren Einordnung der Wirkung des technologisch-strukturellen Wandels auf die Beschäftigung geleistet (zur Übersicht über die Gesamtstudie SCHETTKAT/WAGNER 1989).
1.2
Technologisch-struktureller Wandel, Beschäftigungsstruktur und die Struktur der Arbeitslosigkeit
In der Weise, wie sich hinsichtlich der quantitativen Beschäftigungswirkungen moderner Technologien die "Jobkiller-" und die "Jobknüller-Hypothese" gegenüberstehen, so stehen sich hinsichtlich der Wirkung moderner Technologien auf die Beschäftigungsstruktur die Dequalifizierungs- und die Reprofessionalisierungsthese gegenüber. Die Diffusion moderner Technologien in den Produktionsprozeß verändert die Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten. Sie sind von einer Entoder Umbewertung ihrer erworbenen Qualifikationen bedroht, und es kann zu sehr schmerzlichen Konsequenzen kommen. Hinsichtlich der Gesamtwirkung des technischen Fortschritts auf das Qualifikationsniveau der beschäftigten Arbeitnehmer dominierte lange Zeit die Dequalifizierungs- oder Polarisierungsthese (vgl. exemplarisch KERN/SCHUMANN 1970, BRAVERMAN 1977), wogegen sich in neuerer Zeit eine deutliche Relativierung und partiell eine völlige Abkehr hin zu einem neuen Paradigma der Reprofessionalisierung abzeichnet (vgl. KERN/SCHUMANN 1985). Gestützt wird dieser Paradigmenwechsel der Qualifikationswirkungen moderner Technologien durch zunehmende Freiheitsgrade in den Gestaltungsspielräumen des Arbeitsprozesses, die sich mit dem Einsatz der Mikroelektronik im Produktionsprozeß ergeben (vgl. SORGE et al. 1982). Es wird aber auch angeführt, daß eine fortschreitende Zerlegung des Produktionsprozesses durch stärkere Spezialisierung an ihre Grenzen stößt, und dies um so eher, je vielfältiger die Produktionspalette eines Unternehmens gestaltet werden muß. Ein hoher Grad an Flexibilität ist aber nur mit entsprechend flexiblen und hochqualifizierten Arbeitskräften zu erreichen (vgl. hierzu BRÖDNER 1986). Technisch sind sehr viele Entwicklungsrichtungen denkbar, die jedoch nicht zwingend und automatisch eintreten, und im Fertigungsbereich ist nach DOSTAL (1982) sowohl eine Polarisierung der Qualifikationsanforderungen als auch eine Anreicherung der meisten Arbeitsaufgaben denkbar (vgl. detallierter in Kapitel 3). Mit dem technologisch-strukturellen Wandel kommt es - gleichgültig, ob er zu einer Dequalifizierung oder Reprofessionalisierung führt - zu einer Ent- und Umbewertung alter Kenntnisse und Qualifikationen. Die mangelnde Anpassungsfähigkeit des Arbeitsangebotes an die veränderte Nachfragestruktur am Arbeitsmarkt wird in
Problemaufriß
7
der Ökonomie unter der Überschrift der strukturellen Arbeitslosigkeit diskutiert, wobei diese jedoch eine schillernde Vielfalt von Sachverhalten umfaßt. Idealtypisch wird Arbeitslosigkeit nach ihrer Ursache in saisonale, konjunkturelle, friktionelle und strukturelle Arbeitslosigkeit unterteilt. Daneben finden sich auch Begriffe wie wachstumsdefizitäre, technologische sowie klassische, keynesianische und steuerungsdefizitäre (SCHMID 1980) Arbeitslosigkeit in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur. Die Begriffsverwendung ist nicht einheitlich. So wird als wachstumsdefizitäre Arbeitslosigkeit eine Arbeitslosigkeit bezeichnet, die nur langfristig beseitigt werden kann und die deshalb oftmals auch zur strukturellen Arbeitslosigkeit gerechnet wird. Wachstumsschwäche wird überwiegend auf einen nicht bewältigten Strukturwandel zurückgeführt. Die Ursache wachstumsdefizitärer Arbeitslosigkeit wird einerseits auf der Angebotsseite und weniger auf der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes bzw. den vorgelagerten Märkten (Gütermarkt) gesehen, weshalb sie auch als klassische Arbeitslosigkeit (Mangel an Produktionspotential) bezeichnet werden kann. In einer Situation, die durch ein ungenügendes Produktionspotential gekennzeichnet ist (klassische Arbeitslosigkeit), würde jede Ausweitung der globalen Nachfrage zu erhöhter Inflation, nicht aber zu mehr Beschäftigung führen. Wird umgekehrt die Ursache für Wachstumsschwäche in einem Nachfragemangel gesehen, so spricht man von keynesianischer Arbeitslosigkeit. In dieser Situation könnte eine Ausweitung des Angebotes (des Produktionspotentials) nicht zu einer Erhöhung der Beschäftigung führen, denn der Engpaßfaktor ist hier die Gütermarktnachfrage. PETIT und BOYER (1981) haben sehr anschaulich die unterschiedliche Wirkung einer Produktivitätssteigerung bei klassischer und keynesianischer Arbeitslosigkeit dargestellt: Bei klassischer Arbeitslosigkeit führt eine Produktivitätssteigerung via Realpreissenkung zu einer Ausweitung der Güternachfrage und damit zu mehr Beschäftigung. Bei keynesianischer Arbeitslosigkeit hat die Produktivitätssteigerung einen gegenteiligen Effekt: Sie kann die reale Güternachfrage, die hier der Engpaßfaktor ist, nicht erhöhen und bewirkt deshalb geringere Beschäftigung. Der Begriff der technologischen Arbeitslosigkeit geht auf LEDERER (1938) zurück, der technologische Arbeitslosigkeit dann diagnostizierte, wenn das Tempo technologischer Innovationen das normale Tempo vorausgegangener Perioden drastisch überschreitet. Es müßte in Perioden mit technologischer Arbeitslosigkeit also zu deutlich höheren Produktivitätssteigerungen als in den Vorjahren kommen. Der Begriff der technologischen Arbeitslosigkeit wird von LEDERER explizit an die relativ zu Vorperioden stärkere Diffusion moderner Technologien geknüpft. Insofern mag es gerechtfertigt erscheinen, diese Ursachenzurechnung der Arbeitslosigkeit derart vorzunehmen, weil bei relativ großer Trägheit des übrigen Systems der dynamischere Faktor als Ursachenfaktor herangezogen werden kann. In anderen als der
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Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
von LEDERER erwähnten Situation und vor allem unter einer längeren Perspektive greift diese Ursachenzurechnung jedoch zu kurz, denn sie suggeriert Lösungen, die der realen Komplexität und den zahlreichen Freiheitsgraden bei der Ausgestaltung von Produktionsverfahren nicht gerecht werden und möglicherweise am Problem vorbeigehen (vgl. MATZNER/SCHETTKAT/WAGNER 1988). "Strukturelle Arbeitslosigkeit" wird in der ökonomischen Literatur mit vielfältiger Bedeutung benutzt (vgl. FREIBURGHAUS 1977). In der weitesten Fassung können die Strukturen der Gesellschaft, der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes für Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht werden, wie es etwa in der "EuroskleroseDiskussion" getan wird (vgl. GIERSCH 1983). So allgemein gefaßt ist der Begriff der strukturellen Arbeitslosigkeit "treffsicher", weil er den gesamten Möglichkeitsraum beinhaltet, gleichzeitig ist er aber gerade deshalb für analytische Zwecke unbrauchbar. Es wird im Zusammenhang mit dem technologisch-strukturellen Wandel von Strukturwandel-Arbeitslosigkeit oder Anpassungsdefizit-Arbeitslosigkeit gesprochen, denn es ist möglich, daß der (regionale, sektorale, technische) Strukturwandel Anpassungsprozesse am Arbeitsmarkt erfordert, denen gegenüber die qualifikatorische Anpassung der Arbeitskräfte zurückbleibt. Wenn sich der Wandel auf der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes schneller als auf der Angebotsseite vollzieht, kommt es zu Profildiskrepanzen. Die Qualifikationsstruktur der Arbeitnehmer kann so zum Engpaßfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung werden, und ähnlich wie bei einem mangelnden (physischen) Produktionspotential würde eine isolierte Steigerung der globalen Nachfrage in einer solchen Situation zu einer höheren Inflation, aber kaum zu höherer Beschäftigung führen (vgl. MEIDNER/HEDBORG 1984). Dieser Zusammenhang kann aber nur dann gelten, wenn die in den schrumpfenden Sektoren freigesetzten Arbeitnehmer aufgrund ihrer spezifischen Qualifikationen nicht in die expandierenden Sektoren wechseln können. Keinesfalls gilt er, wenn es in der Ökonomie aufgrund anderer Faktoren an expandierenden Sektoren überhaupt mangelt. Zudem ist zu beachten, daß Fortbildung und Umschulung eine Anpassung an die neuen Erfordernisse ermöglichen. Diese mit dem wirtschaftlichen Strukturwandel einhergehende Entwertung und Umbewertung von Qualifikationen ist weder für reine Neoklassiker noch für "Globalsteuerer" ein ernsthaftes Problem. Beide Schulen fordern, daß nur die von ihnen favorisierten Mechanismen zur Wirkung kommen müssen, um das Anpassungsproblem zu lösen. Für die Neoklassik können Profildiskrepanzen kein Problem sein, wenn die Marktsignale nur stark genug sind, was über "mehr Markt am Arbeitsmarkt" (SOLTWEDEL 1984) zu erreichen ist. Die Preissignale würden dann für eine optimale Allokation aller Ressourcen sorgen. Allerdings muß beachtet werden, daß auch bei starken Preissignalen die Umorientierung Zeit erfordert, und selbst
Problemaufriß
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dann, wenn damit auf bestehende Problemlagen adäquat reagiert werden kann, versagt der Preismechanismus, wenn es um vorausschauende Anpassung geht (vgl. MEIDNER/HEDB ORG 1984). Die Verfechter einer Globalsteuerung sehen zwar weniger im Preismechanismus das adäquate Mittel zur Steuerung des Ausgleichs von Profildiskrepanzen am Arbeitsmarkt, halten dafür aber eine Ausweitung der Absatzmöglichkeiten für ausreichend, um Arbeitslosigkeit zu beseitigen: Wenn sich nur genügend profitable Absatzmöglichkeiten bieten, so werden die Unternehmen aus ihrem Profitinteresse heraus schon selbst für die eventuell notwendige Fortbildung und Umschulung der Arbeitnehmer sorgen, um dadurch eine Anpassung an neue Qualifikationsanforderungen zu erreichen. Öffentliche Qualifizierungsmaßnahmen sind deshalb kaum notwendig und dienen lediglich der Aufrechterhaltung einer Reservearmee (vgl. SPAHN/VOBRUBA 1986). Strukturelle Arbeitslosigkeit ist von der strukturierten Arbeitslosigkeit zu trennen, die sich schon in normalen Stagnationsphasen herausbilden kann, da nicht alle Arbeitnehmergruppen gleichmäßig vom Entlassungsrisiko (Arbeitslosigkeitszugangsrisiko) betroffen sind. Hier wird also auf eine Arbeitsmarktdynamik abgestellt, die sich nicht aufgrund "objektiver" Profildiskrepanzen zwischen Arbeitsplätzen und Arbeitnehmern ergibt, sondern die aufgrund reduzierter Gütermarktnachfrage und eines Selektionsmechanismus bei Entlassungen und Einstellungen entsteht. In diesem Zusammenhang weist SCHMID (1980) darauf hin, daß die traditionelle Typologie nur die Dimensionen Zeit und Sachverhalt enthält und die politisch-soziale Dimension, die gewissermaßen quer zu den anderen Dimensionen liegt, unberücksichtigt läßt. Am Beispiel einer Produktivitätssteigerung durch Einführung einer neuen Technologie führt er an, daß die Entlassung eines Arbeiters hier nur eine spezifische Kopplung von Sachverhalt und Zeit ist, die zur Arbeitslosigkeit führt. "Diese Kopplung von sachlicher und zeitlicher Dimension wird durch die jeweilig bestehende politisch-soziale Struktur hergestellt." (SCHMID 1980: 33) Das historisch-politisch bedingte Zuordnungssystem entscheidet nach SCHMID darüber, ob Arbeitslosigkeit als friktionelle oder strukturelle Arbeitslosigkeit zu verstehen ist. Vor allem bei segmentierten Arbeitsmärkten bewirken die politisch-sozialen Selektionsmechanismen, daß zuerst die geringer qualifizierten Arbeitnehmer (Randbelegschaft) entlassen werden; somit kommt es mit zunehmender Dauer der Rezession zu einer sich verfestigenden Struktur der Arbeitslosigkeit. Dabei ist aus der Tatsache, daß rund 5 0 % (IAB 1986) aller registrierten Arbeitslosen keinen Berufsabschluß haben, keinesfalls zu schließen, daß die Arbeitslosigkeit im Kern auf Profildiskrepanzen von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage beruhende strukturelle Ursachen hat und eine Höherqualifizierung der Arbeitslosen die Arbeitslosigkeit vermindern könnte.
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Innovation und Arbeitsmarktdynamik
In segmentierten Arbeitsmärkten, wo zunächst die geringer qualifizierten Arbeitskräfte entlassen werden, wird deren Vermittlung selbst dann schwierig, wenn es expandierende Betriebe mit gleichartiger Produktion und gleichartiger Berufsstruktur gibt, denn diese können die geringer Qualifizierten nicht einfach übernehmen, wenn ein bestimmter Qualifikationsmix innerhalb des Betriebes erforderlich ist. FREIBURGHAUS (1978) verweist darauf, daß sich eine solche Situation fundamental von einer Arbeitsmarktlage unterscheidet, in der alle Qualifikationsstufen proportional von Entlassungen betroffen werden, denn dann wäre es leicht möglich, durch kleine "horizontale" Anpassungen die entlassenen Arbeitskräfte an die marginal andere, nur neue betriebsspezifische Kenntnisse erfordernde Lage des expandierenden Betriebes heranzuführen. Durch einen solchen Strukturierungsprozeß können zunächst individuell kleine Anpassungserfordernisse mit der Dauer der Unterbeschäftigung zu größeren Verwerfungen führen (vgl. FREIBURGHAUS 1978). Wenn sich die Arbeitsmarktsegmentation verfestigt, kann dies Konsequenzen für die Mobilitätsprozesse haben. Je länger die Arbeitslosigkeit andauert und der Selektionsprozeß wirksam ist, um so verfestigter wird die Struktur der Arbeitslosen, und um so höher werden die Erwartungen der Betriebe an die Leistungen und Qualifikationen der neu einzustellenden Arbeitnehmer. Das IAB verweist hierbei auf etwa 10 Millionen inter- und intrabetriebliche Arbeitsplatzwechsel und leitet daraus ab, daß die durch den technologischstrukturellen Wandel notwendigen Qualifikationsanpassungsprozesse nur eine relativ geringe individuelle Anpassung erfordern, weil Mobilitätsketten größere individuelle Qualifikationsänderungen erübrigen. Der Mobilität kommt also bei den Anpassungsprozessen eine besondere Bedeutung zu.
2.
Arbeitsmarktprozesse: Bestands- und Stromgrößen
2.1
Mobilität und Flexibilität: Die Dynamik am Arbeitsmarkt
Bestandsveränderungen sind das Resultat von Zuströmen in und Abströmen aus den Beständen eines Aggregates. Sie zeigen nur die Nettoveränderung und verdecken somit die hinter ihnen stehende Dynamik, die erheblich größer als die Bestandsveränderung sein kann. Die Aggregate des Arbeitsmarktes, wie Arbeitslosigkeit oder Beschäftigung, sind hinsichtlich der hinter den Bestandsveränderungen stehenden Ströme genauso zu behandeln wie beispielsweise Warenlagerbestandsveränderungen: Zwischen zwei Inventuren, die die Lagerbestandsveränderungen ergeben, hat ein Zustrom an Waren und gleichzeitig ein Abstrom von Waren stattgefunden. Genauso verhält es sich mit Arbeitsmarktaggregaten, was noch etwas ausführlicher mit Hilfe eines Schaubildes erläutert werden soll. Die Bestandsveränderung vermittelt nur dann befriedigend Auskunft über die Arbeitsmarktprozesse, wenn entweder nur Zuströme, aber keine Abströme, oder nur Abströme, aber keine Zuströme erfolgen (1 und 2 in Schaubild 2.1). Gibt es Bewegungen in beide Richtungen, dann sind die Bestandsveränderungen nicht geeignet, die Arbeitsmarktprozesse abzubilden. In Situation 3 von Schaubild 2.1 ist der Abstrom größer als der Zustrom, d.h. der Saldo ist negativ, und der Bestand nimmt ab. Umgekehrt wird in Situation 4 der Bestand und der Saldo zwischen Zustrom und Abstrom erhöht. Letztlich kann auch die Situation (5) vorkommen, daß sich Zustrom und Abstrom gerade kompensieren, der Bestand also unverändert bleibt. Hier zeigt die Bestandsveränderung Stillstand an, obwohl eine erhebliche Arbeitsmarktdynamik besteht. In allen anderen Situationen zeigt die Bestandsveränderung zumindest einen Teil der Dynamik an. Der technologisch-strukturelle Wandel erfordert Flexibilität und Mobilität durch eine Anpassung der Arbeitnehmer an die neuen Bedingungen oder eine Anpassung der Arbeitsplätze an die vorhandenen Qualifikationen. Soweit die Anpassungsprozesse auf Seiten der Arbeitnehmer angesprochen sind, können sich unterschiedliche Dynamiken der Arbeitsmarktentwicklung ergeben. Dabei sind verschiedene Anpassungsebenen zu unterscheiden, die hinsichtlich der Arbeitsnachfrage- und der Arbeitsangebotsseite differenziert werden können.
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Innovation
und
Arbeitsmarktdynamik
Zustrom
Zustrom
Abstrom
Zustrom
Abstrom
Bestand
4)
Zustrom
Schaubild 2.1: Bestandsveränderungen eines Aggregates und die dahinterstehenden Zuströme und Abströme
13
Arbeitsmarktprozesse
Geht man zunächst von einer statischen Situation in dem Sinne aus, daß eine feste Zuordnung von Arbeitsplatz und Arbeitnehmer gegeben ist, so erfordert jede Änderung der eingesetzten Technologie (sei es eine reine Prozeßinnovation oder eine kombinierte Produkt-/Prozeßinnovation) eine Qualifikations-Flexibilität der Arbeitnehmer. Mit der Größe der Untersuchungsgesamtheit, innerhalb derer die Anpassung vonstatten gehen muß, nimmt auch die Flexibilität zu, die durch Mobilität erreicht werden kann. Beispielsweise kann in einem Betrieb auch bei gleichbleibender Belegschaftsstärke und Zusammensetzung eine Anpassung an neue Qualifikationserfordernisse derart erfolgen, daß eine personelle Umbesetzung (innerbetriebliche Mobilität) der Arbeitsplätze vorgenommen wird, so daß individuell gar keine oder nur sehr geringe Umqualifizierungserfordernisse anfallen.
Grad der Flexibilität
Arbeitsnachfrage
Arbeitsangebot
Arbeitsplatz Betrieb/Abteilung Wirtschaftszweig
individueller Arbeitnehmer Gruppe von Arbeitnehmern Erwerbsperson
nimmt zu Volkswirtschaft
Erwerbspersonenpotential Bevölkerung
Schaubild 2.2: Flexibilität und Mobilität in Abhängigkeit von der Aggregationsebene
Sehr viel größer wird das Anpassungspotential, das durch Mobilität zu erreichen ist, wenn ganze Wirtschaftszweige oder gar die gesamte Volkswirtschaft betrachtet werden. Je größer das betrachtete System, desto höher ist die qualifikatorische Flexibilität, die durch Mobilität und individuell marginale Anpassungen erreicht werden kann (vgl. Schaubild 2.2). Im Anpassungsprozeß an strukturelle und technologische Veränderungen wird es zu Strömen (Mobilität) in der Volkswirtschaft kommen. So können betriebsinterne Ströme zwischen den Arbeitsplätzen auftreten, und es kann zu Betriebswechseln innerhalb desselben Wirtschaftszweiges oder in einen anderen Wirtschaftszweig kommen (vgl. die Ströme 1 und 2 in Schaubild 2.3). Die Mobilität kann aber auch über das Beschäftigungssystem hinausgehen und in Arbeitslosigkeit (Strom 4 in Schaubild 2.3) oder auch in Nichterwerbstätigkeit (Strom 3 in Schaubild 2.3), wie Rente, Hausfrauenrolle, Bildungsteilnehmer, Stille Reserve, münden.
Innovation und
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Arbeitsmarktdynamik
Beschäftigungssystem Wirtschaftszweig A
Wirtschaftszweig B
Veränderungen von - Tätigkeiten und Qualifikationsanforderungen - Niveau der Beschäftigung
Veränderungen von - Tätigkeiten und Qualifikationsanforderungen - Niveau der Beschäftigung
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18 2.2
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
Die Arbeitsmarktdynamik in der Bundesrepublik: Ein quantifizierter Überblick
Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (vgl. REYHER/BACH 1985) unternimmt laufend Anstrengungen, die Hauptströme am Arbeitsmarkt im Rahmen der Arbeitskräftegesamtrechnung zu erfassen. Damit soll die durch Bestandsveränderung nur ungenügend erkennbare Dynamik am Arbeitsmarkt offengelegt werden. Für die Jahre 1975, 1980 und 1985 sind Angaben für die Arbeitsmarktströme in Beschäftigung hinein und aus Beschäftigung heraus getrennt nach Geschlecht in Schaubild 2.4 zusammengefaßt. Die dargestellten Veränderungen beziehen sich auf die Beschäftigten insgesamt, beinhalten also neben den abhängig Beschäftigten (sozialversicherungspflichtige und nichtsozialversicherungspflichtige) auch Selbständige und mithelfende Familienangehörige. Es wird deutlich, daß hinter den Bestandsveränderungen eine sehr viel höhere Arbeitsmarktdynamik verborgen ist: Das Beschäftigungsniveau erhöhte sich im Laufe des Jahres 1985 um rund 190.000 Personen. Dies ist das Resultat aus einem Abstrom aus Beschäftigung von rund 5 Millionen Personen und einem Zustrom in Beschäftigung von etwa 5,2 Millionen Personen (vgl. Schaubild 2.4), wobei ein und dieselbe Person mehrmals zwischen den Aggregaten wechseln kann. Hinsichtlich der Struktur setzt sich der Zustrom in Beschäftigung überwiegend aus vormals registrierten Arbeitslosen (1985 ca. 2,7 Millionen Personen) und aus Personen mit übriger Nichterwerbstätigkeit (ohne Ruheständler und Fortbildungs- und Umschulungsteilnehmer) zusammen (1985 etwa 2,1 Millionen Personen). Innerhalb der letzten Kategorie kommt der größte Teil aus nicht näher spezifizierter Nichterwerbstätigkeit, und der mit Abstand zweitgrößte Block besteht aus Zugang von (Vollzeit-) Schulen. Der Abstrom aus Beschäftigung unterscheidet sich strukturell insbesondere dadurch, was die Bedeutung des Ruhestandes anbelangt: Während der Zugang aus Ruhestand und Erwerbsunfähigkeit nur einen geringen, vernachlässigbaren Teil des Zustromes in Beschäftigung ausmacht, ist der Abstrom dorthin beträchtlich und beträgt etwa 0,5 Millionen Personen; dies entspricht einem Anteil von etwa 10 % des gesamten Abstromes aus Beschäftigung (vgl. Schaubild 2.4). Der weitaus größte Block des Abstromes ist die registrierte Arbeitslosigkeit. Aber auch die "übrigen Nichterwerbspersonen" stellen eine bedeutende Kategorie dar, wobei hier der Zugang in Schulen als eine Form der Nichterwerbstätigkeit gegenüber der anderen Kategorie, die nicht näher spezifiziert wird, unbedeutend ist. Bei der geschlechtsspezifischen Analyse fällt auf, daß der Zustrom in Beschäftigung bei den Frauen zu einem höheren Maße aus der Nichterwerbstätigkeit und zu
Arbeitsmarktprozesse
19
einem geringeren Maße aus registrierter Arbeitslosigkeit als bei den Männern erfolgt, selbst wenn sich eine Annäherung der beiden Relationen abzeichnet. Überraschend ist vor allem, daß 1985 der Abgang aus Beschäftigung bei Frauen zu 58 % in Arbeitslosigkeit (Männer 55 %) erfolgte und nur zu 27 % in die Kategorie der übrigen Nichterwerbstätigkeit (Männer 31%) ging. Bei der Interpretation der Bewegungsanalyse ist allerdings zu beachten, daß es sich bei den angegebenen Zahlen um Fälle und nicht um Personen handelt. Dies hat Auswirkungen auf die Strukturverteilung, weil die Wahrscheinlichkeit, daß Mehrfachwechsel erfolgen, nicht für alle Kategorien gleich groß ist. So sieht man bereits an der Besetzung der Kategorie "Ruhestand/Erwerbsunfähigkeit" bei Zu- und Abstrom, daß ein Zugang in diese Kategorie offensichtlich einen dauerhaften Statuswechsel anzeigt, denn der Zustrom aus "Ruhestand/Erwerbsunfähigkeit" ist praktisch gleich Null. Anders sieht die Verteilung bei Zu- und Abstrom dagegen bei den übrigen Kategorien aus. Weitaus höher ist der Zustrom aus "übriger Nichterwerbstätigkeit" gegenüber dem Abstrom in diese Kategorie, was zum großen Teil mit dem Übergang vom Schul- ins Erwerbssystem zu begründen ist. Dennoch liegt der Abstrom in übrige Nichterwerbstätigkeit mit rund 30 % (1985) sehr hoch. In dieser Kategorie dürften jedoch die Anzahl der Fälle weitaus höher sein als die der betroffenen Personen. In Schaubild 2.5 ist die Arbeitsmarktdynamik für den Zustrom in und den Abstrom aus der Kategorie "beschäftigte Arbeitnehmer" dargestellt. Die Schaubilder 2.4 und 2.5 unterscheiden sich in den Darstellungsweisen bei Zustrom durch die Vernachlässigung der Kategorie "Ruhestand/Erwerbsunfähigkeit" und durch die Aufnahme der zusätzlichen Kategorie "Selbständige und Mithelfende" bei Zu- und Abstrom. Die Struktur der Zu- und Abströme (vgl. die Anteilswerte) unterscheidet sich bei den beschäftigten Arbeitnehmern nicht wesentlich von den Beschäftigten insgesamt (Schaubild 2.4). Auffällig ist jedoch der Zustromanteil der Kategorie "Selbständige und Mithelfende", der vermutlich aber eher durch einen Wechsel von nichtsozialversicherungspflichtigen mithelfenden Familienangehörigen zu "normalen" Arbeitnehmern und umgekehrt als durch Wechsel von Selbständigkeit in abhängige Beschäftigung und umgekehrt zustande kommt. Hier dürfte denn auch die Zahl der Fälle weitaus höher als die der betroffenen Personen sein. In Schaubild 2.6 wird nicht die Beschäftigung, sondern die registrierte Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt gestellt und die Zustromkategorie "Auszubildende" berücksichtigt. Auszubildende werden in der Bundesrepublik zu den Beschäftigten gezählt und sind deshalb sowohl in Schaubild 2.4 als auch in Schaubild 2.5 bei den Beschäftigten insgesamt bzw. den beschäftigten Arbeitnehmern enthalten.
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Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
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Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
Noch deutlicher als bei der Analyse der Beschäftigung wird hier die Dynamik, die hinter den Bestandsveränderungen steht. In allen Jahren war der Zu- und Abstrom sehr viel größer als die Bestandsveränderung und übertraf sogar die Höhe des Bestandes. Es wird aber auch deutlich, daß der Austauschprozeß zwischen registrierter Arbeitslosigkeit und den übrigen Kategorien relativ abgenommen hat. Betrug die Relation von Abstrom zu Jahresanfangsbestand 1975 noch 3,4 %, so ging dieser Wert 1985 auf 1,6 % zurück. Dies ist das Ergebnis der sich verfestigenden Arbeitslosigkeit, die zu immer längeren durchschnittlichen Arbeitslosigkeitsperioden führt (vgl. zu den Komponenten der Arbeitslosigkeit ausführlicher Kapitel 4), wobei der Zustrom aus abhängiger Beschäftigung (Arbeitnehmer) absolut wie relativ zurückging, gleichzeitig aber sich der Zustrom der "übrigen Nichterwerbspersonen" erhöhte. Umgekehrt entwickelt sich die Struktur des Abstromes aus registrierter Arbeitslosigkeit: Hier ging der Anteil der "übrigen Nichterwerbspersonen" und der "Stillen Reserve" zurück, während sich der Zustrom in Beschäftigung (Arbeitnehmer) erhöhte. Einen leichten Anstieg als Abstromkategorie aus der Arbeitslosigkeit zeigt auch "Ruhestand/Erwerbsunfähigkeit", wobei ihre Bedeutung in der Globalbetrachtung verlorengeht, denn in den oberen Altersgruppen kommt dieser Kategorie eine größere Bedeutung zu (vgl. Kapitel 11). Neben diesen Strömen zwischen den Arbeitsmarktaggregaten gibt es auch eine Dynamik innerhalb des Beschäftigungssystems von einem Beschäftigungsverhältnis direkt in ein anderes. Diese Ströme werden von der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB nicht erfaßt; in den Kapiteln 6 und 7 dieser Arbeit werden jedoch solche Mobilitätsprozesse analysiert. Die statistische Basis für Stromanalysen ist in der Bundesrepublik noch immer sehr lückenhaft, und eine Differenzierung der Arbeitskräftegesamtrechnung nach Sektoren oder Wirtschaftszweigen ist bisher nicht möglich gewesen. Dennoch kann aber aus der Zusammenführung mehrerer Einzelinformationen durchaus ein Bild der Arbeitsmarktdynamik gezeichnet werden, das insbesondere im Zusammenhang mit der Implementation moderner Technologien und dem damit einhergehenden technologisch-strukturellen Wandel von Relevanz ist. Nur so kann zumindest ein Eindruck von der Anpassung der Beschäftigten insgesamt an die neuen Erfordernisse durch Flexibilität und Mobilität gewonnen werden.
2.3
Zusammenfassung und Möglichkeiten der analytischen Verknüpfung von Innovation und Arbeitsmarktdynamik
Im Vordergrund der hier präsentierten Untersuchungen stehen die Anpassungsprozesse am Arbeitsmarkt, die sich mit Innovationen und veränderten Qualifikationsanforderungen ergeben. Besondere Bedeutung in der arbeitsmarkttheoretischen und
Arbeitsmarktprozesse
25
wirtschaftspolitischen Diskussion hat dabei der Grad der internen und externen Anpassungsfähigkeit in den Unternehmen und Wirtschaftszweigen. Es wurde gezeigt, daß für diese prozeßorientierte Forschungsfrage stromgrößenorientierte Analysekonzepte Anwendung finden müssen, denn Bestandsveränderungen von Arbeitsmarktaggregaten geben nur den Saldo von Zuströmen in und Abströmen aus einem Arbeitsmarktaggregat an, also nur das Ergebnis des Prozesses. Die möglichen Arbeitsmarktströme wurden in Schaubild 2.3 schematisch dargestellt, indem gezeigt wurde, daß qualifikatorische Anpassungsprozesse sowohl in den Unternehmen und Wirtschaftszweigen (interne Anpassung) als auch durch Mobilität zwischen den Unternehmen und Wirtschaftszweigen sowie über das Beschäftigungsniveau hinaus (externe Anpassung) vonstatten gehen können. Auf der volkswirtschaftlichen Ebene wurden mit Hilfe der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB einige Arbeitsmarktströme quantifiziert. Dabei wurde deutlich, daß die Dynamik am Arbeitsmarkt um ein Vielfaches größer ist als die Bestandsveränderungen. So erhöhte sich 1985 der Beschäftigtenstand um 190.000 Personen, was jedoch das Ergebnis von 5,19 Millionen Zugängen in Beschäftigung und 5,0 Millionen Abgängen aus Beschäftigung war. Die hinter Bestandsveränderungen stehenden Arbeitsmarktströme sind im Zusammenhang mit den Innovationen in den Wirtschaftszweigen von großer Bedeutung. Wenn es gelingt, die Stromgrößen differenziert nach Wirtschaftszweigen zu ermitteln und gleichzeitig wirtschaftszweigspezifische Innovationsindikatoren zu erstellen, dann kann die Wirkung von Innovation auf die Arbeitsmarktdynamik analysiert werden. Es läßt sich dann feststellen, ob hinter der Entwicklung der Beschäftigtenbestände in den innovativen Wirtschaftszweigen eine hohe oder eine geringe Arbeitsmarktdynamik steht, ob also die Anpassungsprozesse an die veränderten Qualifikationserfordernisse eher intern oder eher extern vollzogen werden. Diese Erkenntnisse sind zentral für die Beantwortung der eingangs herausgearbeiteten Problemstellungen des Zusammenhangs zwischen Veränderungen der Qualifikationsanforderungen und der Qualifikationsentwicklung. Die Analyse der wirtschaftszweigspezifischen Arbeitsmarktströme in Verbindung mit Innovation wird also Aufschlüsse darüber liefern können, wie sich Anpassungsprozesse vollziehen und welche Auswirkungen dies für die Beschäftigungssituation der betroffenen Arbeitnehmer hat. Bevor in den folgenden Kapiteln empirische Ergebnisse im Zusammenhang von Innovation, Arbeitslosigkeits- und Beschäftigungsdynamik vorgestellt werden, wird in den folgenden Abschnitten zunächst der Zusammenhang zwischen technologischem Wandel und der Qualifikationsveränderung diskutiert.
3.
Technologisch-struktureller Wandel und Qualifikationsveränderungen
3.1
Neue Techniken und Qualifikationsentwicklung: Von der Massen- zur Nischenproduktion? Reprofessionalisierung statt Dequalifizierung?
Seit einiger Zeit wird in den Wirtschaftswissenschaften und der Soziologie über vollkommen veränderte Produktionsstrukturen diskutiert. Das Ende der Massenproduktion oder der "economies of scale", also der mit der Produktionsmenge sinkenden Kosten, wird prophezeit, und statt dessen werden die "economies of scope", also die Flexibilität der Produktion, hervorgehoben. Im engen Zusammenhang mit der diskutierten Veränderung des Produktionsmodus wird auch die dafür benötigte Qualifikation der Arbeitenden diskutiert. Schon ist von der "Renaissance des Facharbeiters" oder der "Reprofessionalisierung" die Rede. Publizistisch in den Vordergrund getragen wurden die "neuen Produktionskonzepte" in der Bundesrepublik von KERN und SCHUMANN, die eine große Diskussionswelle auslösten, obwohl ihre Botschaft schon sehr viel frühzeitiger von anderen Autoren herausgearbeitet worden war (vgl. z.B. DOERINGER/PIORE 1971: 129 ff., SORGE et al. 1982). In den USA - und mit einer größeren Betonung der Bedeutung der Absatzmärkte - wurden neue Produktionsformen vor allem von PIORE und SÄBEL (1984) unter dem Stichwort "flexible Spezialisierung" in die Diskussion gebracht. Im folgenden sollen diese Wandlungen der Produktionsstruktur zum einen unter der makroökonomischen Perspektive und zum anderen unter der eher produktionstechnischen oder mikroanalytischen Perspektive diskutiert werden.
3.1.1 Makroökonomische Analysen zur Veränderung der Produktionskonzepte Die Produktivitätsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland folgt - wie in anderen vergleichbaren Ländern auch - seit den 60er Jahren einem negativen Trend, d.h. die jährlichen Steigerungsraten der Produktivität nehmen ab. Allerdings treten auch Schwankungen der Produktivitätszuwachsraten um den Trend auf. Gering war die Produktivitätssteigerung immer dann, wenn der Zuwachs des Outputs (Bruttoinlandsprodukt) nur mäßig ausfiel. Hohe Steigerungsraten des Outputs gingen dagegen auch mit hohen Produktivitätszuwächsen einher (vgl. zu den Schwankungen auch SCHETTKAT 1984). Diese Korrelation von Wachstumsraten des Bruttoinlandspro-
28
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
duktes und der Produktivität wird in der Ökonomie als VERDORN-Zusammenhang oder als KALDOR/VERDORN-Zusammenhang bezeichnet. In der Bundesrepublik lag während der 60er Jahre die Produktivitätszunahme (gemessen durch das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde) über der Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes, doch variierten beide Maße relativ gleichmäßig (vgl. zu den Arbeitsmarktwirkungen SCHETTKAT 1986). Für die 70er Jahre wird nun eine Auflösung dieses KALDOR/VERDORN-Zusammenhanges diskutiert. Das Produktivitätswachstum soll sich jetzt unabhängig vom Produktionsniveau entwickeln, wobei für diese Abkopplung unterschiedliche Begründungen genannt werden. Zum einen wird angeführt, daß sich die Rationalisierungskomponente bei den Investitionen verselbständigt hat; dies bedeutet, daß Rationalisierungsinvestitionen autonom von der Nachfrage-(Absatz-)Entwicklung durchgeführt werden. Ökonometrische Analysen zum KALDOR/VERDORN-Zusammenhang an der Bremer Universität (vgl. KALMBACH 1983) kamen zu dem Ergebnis, daß sich der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Produktivitätsentwicklung gelockert und mithin die "autonome" Produktivitätserhöhung an Bedeutung gewonnen hat (vgl. KALMBACH 1983: 308). In vorangegangenen Perioden war der Zusammenhang von Produktivitäts- und Produktionsentwicklung stärker gewesen. "Da der Regressionskoeffizient des VERDORN-Zusammenhangs zwischen 0 und 1 lag, war gesichert, daß die Produktivitätserhöhung sowohl eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität wie des Arbeitsvolumens implizierte. Mit der festzustellenden Auflösung des VERDORN-Zusammenhangs wird gerade das fragwürdig." (KALMBACH 1983: 310) KALDOR (1978) hält es sogar für möglich, daß die "neue technologische Revolution" den Arbeitsinput so stark reduziert, daß hohe Wachstumsraten mit fallender Beschäftigung einhergehen können. Während KALDOR die Auflösung des VERDORN-Zusammenhanges eher mit der neuen technologischen Revolution und der damit verbundenen Automatisierung begründet, wird eine andere Begründung für die Auflösung des VERDORN-Zusammenhanges in der Abkehr von der Massenproduktion gesehen. Der Produktionsmodus hat sich danach seit Mitte der 70er Jahre grundsätzlich verändert, so daß die alten Zusammenhänge, die für die 50er und 60er Jahre entwickelt und entdeckt worden waren, nicht mehr gültig sind. Für BOYER (1987: 249) ist in den 70er Jahren das "fordistische" Modell, das auf einer starken Spezialisierung und einer entsprechend hohen Arbeitsteilung beruhte, zusammengebrochen. In den alten Produktionszusammenhängen wurde die Produktivität mehr durch die vollständige Nutzung der Produktionskapazitäten und weniger durch die Arbeitsleistung als solche bestimmt. Die damit verbundene Spezialisierung erforderte jedoch relativ große Märkte, damit die "economies of scale" wirksam werden konnten, was eine Internationalisierung der Märkte nach sich zog. Die auf Massenabsatz ausgerichtete Produktion wurde
Technologisch-struktureller
Wandel und Qualifikation
29
aber auch anfällig für Fluktuationen der Nachfrage im Niveau und in der Struktur (vgl. BOYER 1987: 249/250). BOYER schließt daraus nun, daß das Ende des Fordismus erreicht sei, weil Produktivitätssteigerungen mit den alten Mitteln (Spezialisierung und Massenproduktion) immer schwieriger zu erreichen sind. "Wenn eine gewisse Schwelle überschritten ist, werden fordistische Methoden kontraproduktiv." (BOYER 1987: 251 und ähnlich auch BRÖDNER 1986) Andere Autoren stellen den Fordismus in Zusammenhang mit breiteren gesellschaftlichen Entwicklungen, beispielsweise der Entwicklung der Massenkaufkraft und den damit einhergehenden Konsummustern, die die "letzte lange Welle" der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmten (vgl. BLACKBURN/COOMBS/GREEN 1985: 193). Der Fordismus war dadurch geprägt, daß immer mehr (geronnene) Arbeit im Produktionsprozeß gebunden war und deshalb die Produktivität im Konjunkturabschwung deutlich zurückging. "Auf mittlere und lange Sicht übertreffen die Innovationen im Produktionsprozeß die Produktinnovationen." (BOYER 1987: 252) Das VERDORNsche Gesetz war das Ergebnis fordistischer Produktionsorganisation und verliert deshalb mit dem Bruch im Regime an Bedeutung. Dies zeigt sich sehr eindrucksvoll an den beiden, aus dem Beitrag von BOYER (1987) entnommenen Graphiken (vgl. Schaubild 3.1). Was KALMBACH für die Bundesrepublik herausgearbeitet hat, zeigt sich auch bei BOYER im internationalen Kontext. Der Zusammenhang zwischen Wertschöpfung und Produktivität ist offenbar seit Mitte der 70er Jahre nicht mehr so eindeutig, wie er noch in den 60er Jahren war. BOYER weist darauf hin, daß ein neues Ertragsgesetz entstanden sein könnte, nach dem der vormalige Zusammenhang hoher Produktivitätszuwächse und hoher Investitionstätigkeit nicht mehr gilt. Auch weist nach seiner Interpretation der Umstand, daß vor der Krise (1973) in Unternehmen mit hohen Produktivitätszuwächsen mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden als in Unternehmen mit geringen Produktivitätszuwächsen, darauf hin, daß möglicherweise eine Deindustrialisierung eingetreten ist (vgl. BOYER 1987: 257, zur Deindustrialisierung auch BLUESTONE/HARRISON 1982 und HARRISON/BLUESTONE 1988). Dieses Ergebnis von BOYER, das für Italien, Frankreich und Großbritannien erarbeitet wurde, kollidiert allerdings mit den Ergebnissen der Strukturberichterstattung des DIW (1984), in der eine positive Korrelation zwischen Produktivitätszunahme und Beschäftigungsentwicklung auch für die Periode nach 1973 festgestellt wurde. Es wird im Zusammenhang mit der Diskussion und Kritik an der KERN/SCHUMANN-Studie darauf hingewiesen, "daß selbst damals die Großserienfertigung mit klassisch nach TAYLOR standardisierter Produktion nur in der Automobilindustrie und bestimmten Bereichen der Konsumgüterindustrie vorherrschte und in der Elektroindustrie, in der im allgemeinen zwei Drittel der Produktion auf die Investitions-
Innovation und Arbeitsmarktdynamik
30 Figur 1: 1960 - 1972
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1.5
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Beschäftigungsniveauveränderung
und Mobilität
93
hohen Beschäftigungsniveau waren. Ein Vergleich der Zugänge zwischen den beiden Zeiträumen zeigt, daß vor allem die intersektorale Mobilität von 1976/77 auf 1980/81 zugenommen hat. Die Zahl der Zugänge in Beschäftigung mit einem Wechsel der Wirtschaftsabteilung stieg um rund eine Million Personen, während die Zahl der Zugänge aus Nichterwerbstätigkeit ungefähr gleich blieb (vgl. Tabellen 6.13 und 6.14). Der Anteil der Zugänge aus anderen Wirtschaftsabteilungen nahm durchgängig in allen Wirtschaftsabteilungen mit Ausnahme des Handels (VI) und Energie/ Bergbau (II) zu. Auch in den Wirtschaftsabteilungen, die ihr Beschäftigungsniveau verringerten, kam es zu erhöhten Zugängen insgesamt und insbesondere zu einem höheren Anteil von Wirtschaftsabteilungswechslern. Während die Abgänge in andere Wirtschaftsabteilungen 1980/81 gegenüber 1976/77 entsprechend den oben beschriebenen Zugängen anstiegen, lagen die Abgänge in Nichterwerbstätigkeit um rund 150.000 Personen niedriger. Die Bewegungsanalysen zeigen, daß hinter den Bestandsveränderungen eine sehr viel höhere Arbeitsmarktdynamik verborgen ist und aus negativen Bestandsveränderungen nicht geschlossen werden darf, daß keine Zuströme mehr in diese Wirtschaftsabteilungen erfolgen und die Arbeitsmarktdynamik zum Erliegen kommt.
6.4
Zusammenfassung
Das Beschäftigungsniveau in der Bundesrepublik hatte seinen vorläufigen Höhepunkt 1980 erreicht und ging bis 1984 beständig zurück. Seither sind leichte Erholungstendenzen auszumachen, die jedoch nicht auf eine Erhöhung der Zahl vollzeitig Beschäftigter, sondern auf einen Anstieg von Teilzeitarbeit und Auszubildenden zurückzuführen sind. Das insgesamt gearbeitete Zeitvolumen (Arbeitsvolumen) verringerte sich - mit Ausnahme eines leichten Anstiegs 1986 - beständig. Daraus läßt sich folgern, daß die Zahl der Beschäftigten nicht ausschließlich durch die Entwicklung der Wirtschaftsaktivität bestimmt, sondern offenbar wesentlich durch die Arbeitskomponente geprägt wird. Die Bedeutung der Arbeitszeiten für die Entwicklung des Beschäftigungsniveaus wird besonders deutlich, wenn zusätzlich die Beschäftigungsniveauentwicklung für die Teilzeitbeschäftigten (unter 36 Stunden) betrachtet wird. Hier zeigt sich fast ausnahmslos ein positiveres Bild als bei der Entwicklung der Vollzeitbeschäftigung, wobei insbesondere geschlechtsspezifische Unterschiede zutage treten. Die Teilzeitbeschäftigung der Männer nimmt von einem relativ geringen Niveau insgesamt zu, aber in den einzelnen Wirtschaftszweigen sind Abweichungen nach unten festzustellen, während die Teilzeitbeschäftigung der Frauen teilweise beträchtliche Anstiege zu verzeichnen hat. Dieser Gesamttrend gilt auch für die Wirtschaftszwei-
94
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
ge des Verarbeitenden Gewerbes, mit deutlichen Abweichungen nach unten für die "Krisenbranchen" wie Eisen/Stahl und Schiffbau. Es ist also festzuhalten, daß die Zahl der beschäftigten Frauen insgesamt zwar gewachsen ist, daß dies jedoch auf den Anstieg der Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist, denn bezogen auf die Vollzeitbeschäftigten liegt das Beschäftigungsniveau bei den Frauen 1985 ungefähr auf dem von 1977. Die Beschäftigtenzahl der vollzeitarbeitenden Männer ist insgesamt rückläufig und wurde zum Teil durch die positivere Entwicklung der Teilzeit bei den Männern kompensiert. Für die Mobilität innerhalb und zwischen den Wirtschaftszweigen liegen nur wenige Informationen vor. Dennoch können Anhaltspunkte aus den Sonderauswertungen des Mikrozensus und der Beschäftigtenstichprobe des IAB gewonnen werden. Mit der IAB-Verlaufsstichprobe lassen sich Betriebswechsel differenziert nach der Intra- und der Inter-Wirtschaftsabteilungsmobilität analysieren. Betriebswechsel sind hier alle Wechsel zwischen Betrieben (Betriebsnummern), die innerhalb von sieben Tagen nach dem Austritt aus einem Beschäftigungsverhältnis erfolgen. Nichtwechsler sind somit solche Personen, die nach sieben Tagen noch keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wieder aufgenommen hatten und entweder arbeitslos wurden, in Rente, Ausbildung oder Nichterwerbstätigkeit gingen oder in eine nichtsozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit gewechselt haben (vgl. RUDOLPH 1986: 266). Die Anteile der Betriebswechsler an den Austritten insgesamt in einem Wirtschaftszweig (der Wechsel kann auch innerhalb des Wirtschaftszweiges erfolgen) geben einen Anhaltspunkt für die Mobilität der Beschäftigten und ähnlich wie die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit einen Hinweis auf die "Wiederbeschäftigungschance". Überwiegend erfolgen Zugänge in allen Wirtschaftsabteilungen erst nach mindestens siebentägiger Nichtbeschäftigung. Insbesondere bei den Kreditinstituten fällt auf, daß der Anteil der "Selbstrekrutierung" außerordentlich hoch ist, was mit dem sehr niedrigen Anteil der Nichtbetriebswechsler korrespondiert. Eine geringe Beschäftigungsstabilität tritt vor allem in saisonabhängigen Wirtschaftszweigen wie dem Baugewerbe sowie Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe auf. Ähnlich variierende Stabilitätsanteile ergeben sich auch für die einzelnen Berufe. Die Bewegungsanalysen zeigen, daß hinter den Bestandsveränderungen eine sehr viel höhere Arbeitsmarktdynamik verborgen ist und aus negativen Bestandsveränderungen nicht geschlossen werden darf, daß keine Zuströme mehr in diese Wirtschaftsabteilungen erfolgen und die Arbeitsmarktdynamik dort zum Erliegen kommt.
7.
Der Zusammenhang zwischen dem Einsatz moderner Technologien und der Mobilität
7.1
Die Datenbasis
Der Datensatz "Qualifikation und Berufsverlauf" bezieht sich auf das Jahr 1979 und wurde in Zusammenarbeit von BIBB (Bundesinstitut für Berufsforschung) und IAB (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit) erhoben. Die Studie von 1979 wurde 1985/86 von beiden Instituten in einer ähnlichen Anlage wiederholt. Diese Replikationserhebung stand jedoch für die vorliegende Arbeit noch nicht zur Verfügung. Das Datenset umfaßt etwa 30.000 deutsche Erwerbspersonen im Alter von 15 bis 65 Jahren. Ausgenommen sind Auszubildende, Soldaten, Bedienstete des Bundesgrenzschutzes und Personen, die in Anstalten leben. Es handelt sich um eine repräsentative Stichprobe für die deutschen Erwerbspersonen in der Bundesrepublik Deutschland. Die erhobenen Daten beruhen auf mündlichen Befragungen, die nach dem Random-Root-Verfahren von zwei Erhebungsinstituten im Auftrag von BIBB/ IAB erhoben wurden. Das Fragenprogramm umfaßt neben demographischen Angaben auch Fragen nach der beruflichen und allgemeinen Bildung, der ersten Erwerbstätigkeit, der Tätigkeit in den Jahren 1970 und 1974 sowie der aktuellen Tätigkeit im Jahre 1979. Es kann hiermit also die Mobilität der Erwerbspersonen ermittelt wer-, den. Aufgrund der retrospektiv angelegten Fragen nehmen die möglichen Differenzierungen allerdings mit der zeitlichen Distanz ab, und die Zuordnung nach Wirtschaftszweigen für verschiedene Zeitpunkte ist aufgrund des Erhebungsdesigns nicht in allen Fällen eindeutig möglich. Die ermittelten Werte ergeben somit nur Anhaltspunkte, die mit Unsicherheit behaftet sind und nicht überinterpretiert werden dürfen. Die Ermittlung von Mobilität mit Hilfe des Datensatzes "Qualifikation und Berufsverlauf" beruht auf Zeitpunktvergleichen, denn es sind keine kompletten Berufsbiographien abgefragt worden. Insofern sind die Ergebnisse dieser Erhebung mit denen des Mikrozensus vergleichbar, bei dem die Mobilität ebenfalls nur zwischen zwei Zeitpunkten ermittelt werden konnte und zwischenzeitliche Wechsel unberücksichtigt bleiben mußten. Allerdings umfaßt die Erhebung einen sehr viel längeren Zeitraum als die Mikrozensus-Analysen, die sowohl die Phase hoher Beschäftigung (1970-1974) als auch die Phase eines verstärkten Strukturwandels (seit 1974) beinhalten.
96
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
Dieses Datenset bietet also mit den genannten Einschränkungen eine geeignete Informationsquelle für die detaillierte Analyse von Mobilitätsprozessen und vor allem auch für die Analyse der Qualifikationsprozesse. Einen besonderen Stellenwert erhält diese Erhebung durch die Replikationsstudie mit gleichem Titel, deren Erhebungsphase 1985/86 durchgeführt wurde. Durch den Vergleich dieser beiden Datenquellen wird es möglich sein, Veränderungen in der Art des Qualifikationserwerbes, Veränderungen in der Verbreitung und den Anforderungen moderner Technologien, den Arbeitsbedingungen etc. herauszuarbeiten. Im folgenden müssen wir uns aber auf die Auswertung der 1979 erhobenen Daten beschränken. Eine Auswertung der 1985/86 erhobenen Daten kann nur exemplarisch geschehen, weil der neue Datensatz des BIBB/IAB noch nicht komplett für Forschungen Dritter verfügbar war. Durch die Kooperationsbereitschaft des BIBB war es aber möglich, einige Vorabinformationen der Erhebungen in die vorliegende Analyse einzubeziehen. Im folgenden werden zunächst Mobilitätsprozesse zwischen den Wirtschaftsabteilungen und innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes, vergleichbar der in Kapitel 6 zusammengefaßten Analysen, dargestellt, bevor eine Analyse des Zugangs zu Arbeitsplätzen mit moderner Technologie wie auch ihre Wirkung auf Qualifikation und Arbeitsplatzsicherheit mit Hilfe log linearer Modelle für den BIBB/IAB-Datensatz von 1979 erfolgt. In der Zusammenfassung werden noch Ergebnisse der BIBB/IABBefragungen von 1985/86 berücksichtigt.
7.2
Mobilität nach Wirtschaftsabteilungen und innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes
Drei Perioden können für Vergleiche zwischen den Zuordnungen nach Wirtschaftszweigen mit dem Datensatz "Qualifikation und Berufsverlauf" von 1979 herangezogen werden: Wechsel zwischen der Wirtschaftsabteilung, in der die Ausbildung absolviert wurde; Wechsel zwischen den Wirtschaftsabteilungen im Zeitraum zwischen 1970 und 1974 -eine hinsichtlich der Beschäftigung sehr günstige Periode und Mobilitätsprozesse zwischen 1974 und 1979 - eine Periode mit einem starken Strukturwandel der bundesrepublikanischen Wirtschaft. Die Wechsel zwischen dem Wirtschaftszweig, in dem die Ausbildung absolviert wurde, und dem aktuellen Wirtschaftszweig (1979) sind von der Dauer her unbestimmt, weil die Ausbildung zu individuell unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen wurde. Sie geben aber dennoch einen Einblick in die Mobilität der in den jeweiligen Wirtschaftsabteilungen Ausgebildeten.
Einsatz moderner Technologien und Mobilität Tabelle 7.1: Arbeitsmarktmobilität nach "Qualifikation und Berufsverlauf' V« r b l e i b e q u c t e
häufigste Wanderung
Zeitpunkt 1.
Lehre
1970
1974
Lehre
1970
1974
2.
1979
1974
1979
1979
1974
1979
Hirtschaf t s abteilungen
I
II
landw.
Energie,
41,1
53,9
87,9
91,3
90,1
86,4
Bergbau
III
Verarb.
61,9
90,0
83,5
Gewerbe
IV
47,7
Bau-
86,6
61,8
gewerbe
V
VI
Handel
Verkehr/
56,7
62,7
86,0
93,3
83,2
84,2
Nachr.
VII
Banken/
69,7
89,0
85,4
Vers.
VIII
Dienstl.
63,5
90,3
87,1
a.n.g.
IX
Org.
ohne
26,8
83,2
51,8
Erwerbs-
III
III
III
20,5
3,8
2,5
III
III
III
21,2
3,8
M
V
X
V
8,1
2,0
4,9
III
III
III
22,9
5,3
26,1
III
III
III
15,9
4,9
7,6
III
III
X
12,7
2,3
4,8
V
III
V
7.1
2,3
«,2
III
III
III
11,5
3,6
3,2
VIII
VIII
VIII
22,0
6,4
2,6
VIII
III
VIII
11,6
1,8
13,4
charakt. X
Gebietskörpers.
69,7
94,4
74,7
Sozialv.
Die Werte sind aus erhebungstechnischen Gründen nur als Näherungswerte zu betrachten. * nach den BIBB/IAB-Daten Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von "Berufsverlauf und Qualifikation".
98
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
In Tabelle 7.1 sind differenziert nach den zehn Wirtschaftsabteilungen die Verbleibequoten und die am häufigsten aufgetretenen Mobilitätsprozesse nach den Zielwirtschaftszweigen dargestellt. Die Verbleibequote gibt den Anteil derjenigen Erwerbspersonen an, die zum Ausgangszeitpunkt der genannten Wirtschaftsabteilung angehörten und zum Endzeitpunkt noch in dieser Wirtschaftsabteilung beschäftigt waren. Sie repräsentiert also den Anteil der Nichtwechsler, wobei zwischenzeitliche Wechsel der Wirtschaftsabteilungen nicht auszuschließen sind. Zur Interpretation ist es wichtig, in Erinnerung zu rufen, daß diese Quoten sich nur auf die Personen beziehen, die zum Endzeitpunkt tatsächlich noch erwerbstätig waren. Sie sind zu unterscheiden von Quoten, die sich aufgrund eines Panels ergeben, in dem die Erwerbspersonen vom Ausgangszeitpunkt hin zum Endzeitpunkt verfolgt werden. In diesem Falle dürfte sich ein erheblicher Abgang auch in Nichterwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit ergeben, der in dem Datensatz "Qualifikation und Berufsverlauf" nicht erfaßt wurde. Generell zeigt sich, daß die Verbleibequote offensichtlich eine Funktion der Zeit ist. Je länger die betrachtete Periode ist, umso geringer ist in der Regel die Verbleibequote. Es ist einschränkend nochmals darauf hinzuweisen, daß die Mobilitätsanalyse auf Basis des Datensatzes "Qualifikation und Berufsverlauf' mit hohen Unsicherheiten behaftet ist, soweit damit Aussagen über Wirtschaftszweigwechsel zwischen den Zeitpunkten 1974 oder früher und 1979 gemacht werden sollen. Für 1979 haben BIBB und IAB eine sehr viel feinere Wirtschaftszweiggliederung als in den vorangegangenen Jahren verwendet. Dies ist insofern problematisch, weil nicht in allen Fällen eine eindeutige Zuordnung zu einer Klassifikation zu verschiedenen Zeitpunkten möglich ist. Für die Zeitpunkte 1974 und früher wurden jedoch einheitliche Klassifikationen verwendet, so daß die Mobilitätsangaben hier als valide anzusehen sind. Die in den Tabellen 7.1 und 7.2 ausgewiesenen Mobilitätskennziffern sind also Näherungswerte und können keinesfalls als "harte" Daten interpretiert werden. Entsprechend der starken Beschäftigungsabnahme in der Landwirtschaft ist dort die Verbleibequote zwischen Lehre und 1979 sehr gering. Dies gilt in noch größerem Maße für die Wirtschaftsabteilung "Private Organisationen ohne Erwerbscharakter", die auch die privaten Haushalte beinhaltet. Hier dürften aber die erwähnten Klassifikationsprobleme von besonderer Bedeutung sein. Sehr hohe Verbleibequoten zwischen Lehre und 1979 ergeben sich in den Wirtschaftsabteilungen "Gebietskörperschaften/Sozialversicherung", "Banken/Versicherungen" und "Verarbeitendes Gewerbe". Während in den beiden erstgenannten die hohe Bindung an die Wirtschaftsabteilung durch die positive Beschäftigungsentwicklung entstanden sein könnte, liegt die Erklärung dieses Phänomens im Bereich des Verarbeitenden Gewerbes wohl eher in der absoluten Größe der Wirtschaftsabteilung, die rund 10 Mio.
Einsatz moderner Technologien und Mobilität
99
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte umfaßt. Die Verbleibequoten werden sehr viel geringer ausfallen, wenn innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes nach Wirtschaftszweigen differenziert wird. Tabelle 7.2 macht diesen Zusammenhang deutlich: In allen Wirtschaftszweigen der Wirtschaftsabteilung "Verarbeitendes Gewerbe" liegen die Verbleibequoten unter der Insgesamtquote, weisen aber ähnliche Größenordnungen wie in den übrigen Wirtschaftsabteilungen auf. Fast ausnahmslos sind die Verbleibequoten im Zeitraum 1970-74 über denen von 1974-79 angesiedet. Dies kann zum einen mit der 1970-74 weitaus günstigeren Arbeitsmarktlage, zum anderen aber sicher auch mit der nur ungenügenden Vergleichbarkeit der Wirtschaftszweigzugehörigkeit in 1974 und 1979 erklärt werden. Drastische Veränderungen in der Verbleibequote zeigen sich insbesondere beim Baugewerbe (IV). Sie betrug 1970-74 noch 87 % und sank 1974-79 auf rund 62 %. Gleichzeitig haben hier die Wechsel in andere Wirtschaftsabteilungen, insbesondere in das Verarbeitende Gewerbe, zugenommen, was vor allem mit dem Beschäftigungsabbau und der hohen Saisonabhängigkeit in der Bauwirtschaft zu begründen ist. Unerklärlich ist der deutliche Rückgang der Verbleibequote in der Wirtschaftsabteilung "Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen" (X), die um rund 20 Prozentpunkte zurückging und wohl vor allem auf Klassifikationsprobleme zurückzuführen ist, die im Dienstleistungsbereich besonders relevant sind. In das "Verarbeitende Gewerbe" wechselten in allen drei analysierten Perioden die meisten Beschäftigen aus anderen Wirtschaftsabteilungen, hauptsächlich aus der Landwirtschaft (I), Energie/Bergbau (II), Baugewerbe (IV), Handel (V) und Andere Dienstleistungen (VIII). Dies ist umso bemerkenswerter, als das Beschäftigungsniveau im Verarbeitenden Gewerbe im Zeitraum 1970-1974 um rund 5 % und im Zeitraum 1974-1979 um rund 7 % abnahm. Einige der Abwanderungswirtschaftsabteilungen hatten dagegen eine positive Entwicklung des Beschäftigungsniveaus zu verzeichnen (vgl. Tabelle 7.1). Die Wirtschaftsabteilungen mit starker Beschäftigungsexpansion, wie die "Gebietskörperschaften und Sozialversicherungen" (X) und "Andere Dienstleistungen" (VIII), werden zwar ebenfalls oft, doch im im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe weit weniger häufig als Zuwanderungsabteilung genannt. Sie firmieren somit meist nur als zweithäufigste Zuwanderungskategorie. Eine hinsichtlich der Beschäftigungsniveauentwicklung sehr expansive Wirtschaftsabteilung ist der Bereich "Banken/Versicherungen" (VII), der allerdings als Ziel von Beschäftigtenmobilität relativ unbedeutend ist. "Banken/Versicherungen" wurden in den drei häufigsten Zuwanderungswirtschaftsabteilungen gar nicht ermittelt. Gleichzeitig konnte diese Wirtschaftsabteilung aber auch eine relativ hohe Verbleibequote verzeichnen. Ihren Beschäftigtenbedarf deckt sie offensichtlich überwie gend durch Rekrutierung aus Nichterwerbstätigkeit.
100
Innovation und
Tabelle 7.2:
Arbeitsmarktdynamik
Mobilität innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes nach "Qualifikation und Berufsverlauf' Verbleibequote
Wanderung i n andere W i r t s c h a f t s z w e i g e insgesamt
1970-74
1974-79
' i n n e r h a l b des Verarbeitenden Gewerbes
1970-74
1974-79
1970-74
1974-79
Chemie, M i n e r a l ö l
84,7
82,7
15,3
17,3
6,0
7,6
S t e i n , Keramik, Glas
86,4
51,3
13,7
48,7
5,3
26,3
E i s e n s c h a f f e n d e Indus t r i e , NE, M e t a l l e , G i e ß e r e i , Stahl
86,5
70,9
13,5
29,1
6,3
22,4
L e i c h t m e t a l l , Maschinenbau, Fahrzeugbau
85,9
52,6
14,1
47,4
5,2
33,2
Elektrotechnik, Feinmechanik, O p t i k , Uhren, EBM-Waren, Büromasch.
83,7
62,1
16,3
37,9
4,4
19,5
Musikinstrumente, H o l z be- und - V e r a r b e i t u n g , Z e l l s t o f f , Papier,Pappe
86,3
71,1
13,7
28,9
4,5
10,5
T e x t i l , Leder, Bekleidung
82,2
69,5
17,8
30,5
6,0
14,2
Getränke, Nahrung, Genußmittel
82,8
63,9
17,2
36,1
5,1
8,9
I I I Verarbeitendes Gewerbe insgesamt
90,0
83,5
Die Werte sind aus erhebungstechnischen Gründen nur als Näherungswerte zu betrachten. Quelle:
Eigene Berechnungen auf Basis von "Berufsverlauf und Qualifikation".
Einsatz moderner Technologien und Mobilität
101
Die Mobilitätsanalyse nach "Qualifikation und Berufsverlauf" korrespondiert trotz der nochmals hervorzuhebenden Klassifikationsprobleme gut mit den zitierten Ergebnissen des Mikrozensus und der Beschäftigtenstichprobe des IAB. Auch die Mikrozensus-Ergebnisse weisen das Verarbeitende Gewerbe als häufigste Zuwanderungswirtschaftsabteilung aus, gefolgt von den im Beschäftigungsniveau expandierenden Wirtschaftsabteilungen "Gebietskörperschaften/Sozialversicherungen" (X) und den "Anderen Dienstleistungen" (VIII). Dies gilt sowohl für die Mobilitätsangaben der Mikrozensus-Erhebungen 1976/77 als auch für die von 1980/81. Die zeitraumbezogene Beschäftigtenstichprobe des IAB kommt hinsichtlich der Stabilitätsanteile teilweise zu einer etwas anderen Reihenfolge der Wirtschaftszweige als die Auswertungen mit "Qualifikation und Berufsverlauf'. Dies kann einerseits an der beim IAB zugrundegelegten Zeitraumbetrachtung und andererseits auch an der Definition der Wechsel bzw. der Stabilität der Beschäftigung liegen. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen statistischen Definitionskriterien ergibt sich jedoch ein Gesamtbild, nach dem Bestandsveränderungen keinesfalls mit entsprechenden Bewegungen gleichgesetzt werden, sondern auch Wirtschaftszweige mit negativer Bestandsveränderung durchaus hohe Zuwanderungen sogar aus expandierenden Wirtschaftsabteilungen verzeichnen können. Im Falle des Verarbeitenden Gewerbes dürfte dies jedoch auch auf die Größe der Wirtschaftsabteilung zurückzuführen sein. Wie im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt hat sich auch in allen Untergliederungen die Verbleibequote im Zeitraum 1974-1979 gegenüber 1970-1974 vermindert (vgl. Tabelle 7.2). Die Verbleibequote in den Teilgruppen liegt erwartungsgemäß unter der Verbleibequote des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Je differenzierter die Analyseeinheit, desto höher dürfte die Mobilität und desto geringer die Verbleibequote ausfallen, weil der Wechsel auch eine Funktion der Sektorgröße ist. Die in Tabelle 7.2 ausgewiesenen Ströme verdeutlichen, daß offenbar ein erheblicher Teil der Abströme aus den einzelnen Wirtschaftszweigen des Verarbeitenden Gewerbes in der Wirtschaftsabteilung verbleibt.
7.3
Analyse der Zusammenhänge zwischen dem Einsatz moderner Technologien und der Beschäftigungsdynamik
Die oben vorgestellten und durch mehrere Datenquellen erhärteten Mobilitätsprozesse innerhalb des Beschäftigungssystems werden im folgenden unter Berücksichtigung des Einsatzes moderner Technologien, des Qualifikationsniveaus (gemessen durch die berufliche Bildung), des Alters und des Geschlechts untersucht. Darüber hinaus wird analysiert, inwieweit diese Variablen auf die "Umsetzungsgefahr" wirken.
102
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
7.3.1 Log lineare Modelle: Übersicht Die Analyse qualitativer (nominal skalierter) Daten, wie sie die Wechsel des Arbeitsplatzes oder des Berufes darstellen, wurden in den Sozialwissenschaften meist mit Hilfe von Kontingenztafeln durchgeführt. Die Zusammenhänge einzelner Variablen konnten so leicht und anschaulich überprüft werden. Die Einbeziehung mehrerer Variablen führte jedoch rasch zur Unübersichtlichkeit des Analyse Verfahrens, weil mit der Zahl der Variablen und ihrer Ausprägungen die Zahl der Zellen in den Kontingenztafeln "explodierte". Es war auch nicht möglich, die Einflüsse einzelner Variablen zu isolieren und zu quantifizieren. Die Methodenentwicklung in der sozialwissenschaftlichen Statistik ging deshalb in Richtung Analyseverfahren, die ähnlich wie die Regression oder die Varianzanalyse bei kardinal skalierten Zielvariablen - eine handhabbare und überschaubare Analyse auch komplexer Datensätze ermöglichen. Diese Anforderungen erfüllen log lineare Modelle, die in den letzten Jahren zunehmend Anwendung in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften gefunden haben, zumal sie inzwischen auch in Softwarepaketen verfügbar sind. Innerhalb der hier als log lineare Modelle bezeichneten Analysemethoden gibt es die Differenzierung zwischen dem sogenannten Logit-Ansatz und dem eigentlichen Log-Linearen-Ansatz (vgl. KÜCHLER 1979), der auf GOODMAN zurückgeht und der für saturierte Modelle inferenzstatistische Überprüfungen der ermittelten Effekte erlaubt, die als Modellvoraussetzung immer symmetrisch sein müssen. Die sogenannten hierarchischen log linearen Modelle erfordern bei Berücksichtigung eines Interaktionseffektes n-ter Ordnung auch die Einbeziehung aller Effekte niedrigerer Ordnung in das Analysemodell. Als Zielvariablen werden die natürlichen Logarithmen der jeweiligen Anteile der Zellenausprägungen gewählt. Innerhalb dieses Ansatzes wird a priori nicht zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen differenziert, sondern lediglich ein Zusammenhang zwischen den Variationen der Variablen ermittelt, der aber substanzwissenschaftlich kausal interpretierbar ist. Log lineare Modelle haben den Vorteil, daß eine Interaktion zwischen den erklärenden Variablen zugelassen wird. Es ist also nicht notwendig, die Annahme der Unabhängigkeit zwischen den Einflußgrößen zu treffen, wie es beispielsweise bei der Regressionsrechnung der Fall ist. Das Verfahren ist demnach geeignet, gerade die Bedeutung von Interaktionen zwischen den einzelnen Einflußgrößen herauszuarbeiten. Eine alternative, wenn auch sehr verwandte Analysemethode bietet sich mit dem sogenannten "Logit-Ansatz". Als Zielgröße dienen hier sogenannte "log-odds", die durch den Logarithmus der Häufigkeiten zweier Ausprägungen der Zielvariablen gebildet werden. Der Logit-Ansatz erlaubt durch die Art der Metrisierung der Zielvariablen mit "log-odds" die explizite Definition einer abhängigen Variable. Es können somit auch Effekte geschätzt werden, die von einer unabhängigen auf die abhängige
Einsatz moderner
Technologien
und
Mobilität
103
Variable ausgehen. Der Nachteil des Logit-Ansatzes liegt darin, daß keine Interaktion (Abhängigkeit) unter den erklärenden Variablen zugelassen werden kann.
7.3.2 Der Zugang zu Arbeitsplätzen mit modernen Technologien Prinzipiell kann die Besetzung von Arbeitsplätzen mit modernen Technologien über den internen oder den externen Arbeitsmarkt erfolgen. Das externe Anpassungsmodell ließe einen hohen Anteil von Wirtschaftszweigwechslern auf den mit modernen Technologien ausgestatteten Arbeitsplätzen erwarten. Umgekehrt wäre bei interner Anpassung zu erwarten, daß die Zahl der Nichtwechsler an diesen Arbeitsplätzen signifikant höher ist. Hier ist aber noch weiteren Einflußfaktoren Rechnung zu tragen: Das schulische und berufliche Ausbildungsniveau, das Alter und das Geschlecht beeinflussen sowohl die Wahrscheinlichkeit von Wirtschaftszweigwechseln als auch die Rekrutierungschancen auf Arbeitsplätze mit modernen Technologien. Diese Zusammenhänge sollen mit Hilfe eines log linearen Modells statistisch überprüft werden. Zuvor ist jedoch zu klären, was unter "Arbeitsplätzen mit modernen Technologien" verstanden werden soll. In Anlehnung an STOOSS/TROLL (1982) und an die Auswertungen des BIBB, das eine gleiche Abgrenzung für den Endbericht an das BMFT von "Berufsverlauf und Qualifikation 1985/1986" vorgenommen hat, sollen hier als "moderne Technologien" solche Arbeitsmittel eingestuft werden, die programmgesteuert sind. Dazu zählen beispielsweise: Programmgesteuerte Maschinen, EDV-Anlagen, Terminals, Bildschirme, medizinisch-technische Anlagen, Energie- und Chemieanlagen, Schreibautomaten, Composer und elektronische Registrierkassen. Es soll nicht nur das am häufigsten verwendete Arbeitsmittel berücksichtigt werden, weil dies beispielsweise bei der Nutzung von Computern nur die engeren EDV-Fachleute beträfe, sondern auch die Verwendung moderner Technologien in der "Nebentätigkeit". Als Personen, die mit modernen Technologien arbeiten, wurden deshalb jene Probanden eingestuft, die unter ihren fünf wichtigsten Arbeitsmitteln wenigstens ein programmgesteuertes Arbeitsmittel genannt haben. Bei Begrenzung auf die abhängig Beschäftigten ergibt sich die in Tabelle 7.3 dargestellte Verteilung von Personen, die 1979 und 1985 mit programmgesteuerten Arbeitsmitteln arbeiteten.
104
Innovation und
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Kombinierte Querschnitts-/
Längsschnittanalyse
155
Die Berücksichtigung der Dummy-Variablen in den Schätzgleichungen hat zwar den Vorteil, daß unterschiedlich hohe Absolutwerte für die verschiedenen Jahre und die einzelnen Wirtschaftszweige berücksichtigt werden können, doch weisen die Koeffizienten nur auf diese Unterschiede hin, können sie aber inhaltlich nicht füllen. Dies ist inhaltlichen Analysen vorbehalten, die diese Niveauunterschiede klären müssen. Durch die Einführung der Dummy-Variablen in die Regressionsgleichung gehen für die Schätzung Freiheitsgrade verloren. Dennoch verbleiben selbst in diesem Modell, in dem sowohl eine Variation des Absolutgliedes über die Zeit als auch die Wirtschaftszweige zugelassen werden, noch 99 Freiheitsgrade, wenn eine weitere Einflußgröße neben den Dummies berücksichtigt wird: weit mehr Freiheitsgrade, als in den Querschnittsanalysen verfügbar waren.
10.2 Empirische Analyse des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos Mit dem kombinierten Querschnitts-/Längsschnittdatensatz wurden unter Einbeziehung weiterer Variablen einfache OLS-Schätzungen und Kovarianzmodelle zur Erklärung des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos geschätzt, deren Ergebnisse in Tabelle 10.1 dargestellt sind. Die erklärte Varianz liegt hier schon in der einfachen OLSSchätzgleichung, die noch keine Dummy-Variablen enthält, bei rund 70 % bei den Männern und rund 60 % bei den Frauen. Die Erklärungskraft der Gleichungen nimmt bei Einbeziehung insbesondere der wirtschaftszweigspezifischen Dummies (WDUM) zu. Die hier erklärte Varianz beträgt in diesen Modellen rund 90 %. Die Regressionskoeffizienten der Dummies sind denn auch ganz überwiegend - bis auf wenige Ausnahmen - signifikant. Die Innovationsvariable (MPDPZ), die sich auf die Anteile der innovierenden Unternehmen bezieht, ist in allen Schätzgleichungen, die einen stärkeren Querschnittscharakter haben (die Modelle I, II in Tabelle 10.1), statistisch hoch signifikant. Sie verliert aber in den Modellen, die den Längsschnitt einbeziehen (die Modelle III, IV in Tabelle 10.1), an Bedeutung, und der Regressionskoeffizient ist statistisch nicht mehr gesichert. Die unterschiedlich hohen Innovationsaktivitäten können zwar offenbar die differierenden Arbeitslosigkeitszugangsrisiken zwischen den Wirtschaftszweigen erklären, gleichzeitig aber nicht die Variation des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos über die Zeit. Die Wirkung der Innovationsindikatoren auf das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko im Querschnitt, also über die Wirtschaftszweige, und im Längsschnitt, also innerhalb der Wirtschaftszweige, erscheint zunächst widersprüchlich. Eine Erklärung für diesen Widerspruch können zwei Argumentationen liefern: Die erste ist statistischer Art und bezieht sich auf die Variation der Innovationsaktivität über die Zeit, die
156
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
zweite ist inhaltlicher Art und bezieht sich auf die Hintergrundfaktoren, die erst den Zusammenhang zwischen Innovationsaktivität und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko herstellen. Es sei nochmals an die Ursprungsfrage dieser Analyse erinnert: Es geht um Arbeitsmarktprozesse, die durch Innovationen und nachfolgende Qualifikationsanpassungen ausgelöst werden. Es handelt sich also nicht um die Frage, ob Innovationen das Beschäftigungsniveau positiv oder negativ beeinflussen. Die Veränderung des Beschäftigungsniveaus hat selbstverständlich eine Auswirkung auf die Arbeitslosigkeitszugangsrisiken, wie es in den hier vorgestellten Analysen ja auch bestätigt wird, nur hat dieses weniger mit qualifikatorischen Anpassungsprozessen zu tun. Diese können vielmehr unabhängig von der Entwicklung des Beschäftigungsniveaus das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko beeinflussen. Im Querschnitt ergab sich ein geringeres Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in den innovativeren Wirtschaftszweigen, d.h. die qualifikatorischen Anpassungsprozesse erfolgen nicht durch Entlassungen von Beschäftigten in Arbeitslosigkeit. Im Gegenteil: Die negativen Vorzeichen der Regressionskoeffizienten für die Innovationsvariable weisen darauf hin, daß in innovativen Wirtschaftszweigen die Beschäftigten sogar weniger von Arbeitslosigkeit betroffen sind als solche in weniger innovativen Wirtschaftszweigen. Hinter diesem Befund stehen sicher sozio-ökonomisch hoch komplexe Wirkungsketten, und es ist nicht zu anzunehmen, daß sich die Faktoren, die diese Wirkungsketten determinieren, kurzfristig verändern. Vielmehr wird es sich um über die Zeit relativ stabile Wirkungsbeziehungen handeln, die sich nur sehr langsam verändern. Es ist auch nicht zu erwarten, daß geringe Schwankungen der Innovationsaktivitäten das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko im Längsschnitt innerhalb eines Wirtschaftszweiges stark verändern. Es sei aber nochmals hervorgehoben, daß es sich hier um die Art der Strukturanpassungen der Beschäftigung handelt und nicht um die Veränderungen des Beschäftigungsniveaus, bei denen die Beurteilung der Innovationsentwicklung anders zu bewerten ist. Bei Verwendung verschiedener Wertindikatoren für die Innovationsaktivitäten in den Wirtschaftszweigen, die eine stärkere Variation über die Zeit aufweisen als die Anteilsindikatoren, ergibt sich insgesamt - wie schon bei den einfachen Querschnittsanalysen - ein ähnlicher Zusammenhang zwischen dem Arbeitslosigkeitszugangsrisiko und den Innovationsaktivitäten wie mit den Anteilsindikatoren: In allen querschnittsorientierten Modellen (die Modelle I und II in Tabelle 10.2) ist der Innovationsindikator signifikant negativ. In den innovativeren Wirtschaftszweigen ist also das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko auch bei Verwendung von Wertindikatoren geringer als in den weniger innovativen Wirtschaftszweigen.
Kombinierte
Querschnitts-/
Längsschnittanalyse
Tabelle 10.2: Übersicht über Regressionsanalysen mit Werteindikatoren für die Innovationen
Modell
MPIPI
R2 ad j
PDI
R2 adj
PZI
R2 adj
DID
R2 adj
Insgesamt I
-0,6 E-5 (-3,6)
67,3
-0,1 E-l (-6,3)
73,5
-0,3 E - 3 (-3,1)
66,1
-0,2 E-2 (-4,5)
69,2
II
- 0 , 6 E-5 (-3,6)
67,5
-0,1 E-l (6,2)
73,7
0,3 E - 3 (-2,9)
66,0
-0,2 E-2 (-4,4)
69,2
III
0,2 E - 5 (0,9)
92,0
-0,3 E - 2 (-1,2)
92,1
0,4 E - 2 (1,9)
92,3
0,2 E-2 (1,1)
92,1
IV
0,1 E - 5 (0,5)
92,2
-0,3 E - 2 (-1,5)
92,4
0,4 E-2 (2,0)
92,6
0,2 E-2 (0,5)
92,3
Männer I
-0,6 E-5 (-3,8)
69,7
-0,1 E-l (-7,2)
77,6
- 0 , 3 E-2 (-3,5)
69,6
-0,2 E-2 (-5,0)
72,6
II
-0,6 E - 5 (-3,9)
70,0
-0,1 E-l (-7,1)
77,8
- 0 , 3 E-2 (-3,5)
69,6
-0,2 E-2 (-4,9)
72,7
III
0,2 E - 5 (0,9)
92,0
- 0 , 3 E-2 -1,3)
92,1
0,4 E - 2 (2,0)
92,4
0,2 E-2 (1,1)
92,1
IV
0,6 E-6 (0,3)
92,6
-0,4 E - 2 (-1,7)
92,9
0,4 E - 2 (1,9)
92,9
0,2 E-2 (0,8)
92,7
Frauen I
-0,5 E - 5 (-3,5)
56,4
-0,6 E-2 (-4,5)
59,5
-0,3 E - 2 (-3,5)
56,6
-0,2 E - 2 (-4,3)
58,7
II
-0,5 E-5 (-3,4)
57,0
-0,6 E - 2 (-4,4)
59,9
-0,2 E - 2 (-3,3)
56,9
-0,2 E-2 (-4,1)
59,1
III
0,3 E-5 (1,4)
90,1
0,9 E-4 (0,1)
89,8
0,2 E-2 (1,1)
90,0
0,2 E-2 (1,2)
90,0
IV
0,3 E - 5 (1,4)
90,0
-0,2 E - 3 (-0,1)
89,8
0,2 E-2 (1,3)
90,0
0,2 E-2 (1,4)
89,9
Bei den Kovarianz-Modellen, in denen der Längsschnittaspekt zur Geltung kommt (Modelle III und IV in der Tabelle 10.2), ergeben sich zwar teilweise positive Vorzeichen für die Regressionskoeffizienten, die aber in der Regel nicht signifikant sind. Allerdings ist auf eine bedeutende Ausnahme hinzuweisen: Für Prozeßinnovationen ergibt sich bei den Männern in den Modellen III und IV ein positiver signifikanter Regressionskoeffizient. Das heißt: Erhöhte Aufwendungen für Prozeßinnovationen innerhalb eines Wirtschaftszweiges erhöhen das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko. Dieser Zusammenhang gilt auch für das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko
158
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
insgesamt. Selbt wenn hier die Längsschnittanalysen aufgrund der wenigen verfügbaren Daten (seit 1981) nur begrenzt aussagefähig sind, zeigen die Analyse-Ergebnisse der kombinierten Querschnitts-/Längsschnittanalysen doch, daß man mit Übertragungen von Querschnittsergebnissen auf den Längsschnitt äußerst vorsichtig sein muß, da die Verallgemeinerung über die Zeit häufig nicht gilt, ja sogar gegenläufige Zusammenhänge auftreten können. Ein ähnlicher Zusammenhang wie für die Innovationsindikatoren zeigt sich auch bei dem Indikator für die Stärke der Arbeitnehmervertretung in den Wirtschaftszweigen (GEWVAR). Solange nicht explizit für die Wirtschaftszweige kontrolliert wird (die Gleichungen I, II in Tabelle 10.1), ist der Regressionskoeffizient dieses Indikators signifikant negativ. Die Stärke der Arbeitnehmervertretung kann also einen Teil der Variation des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos zwischen den Sektoren erklären. Innerhalb eines Sektors (Kontrolle für die Wirtschaftszweige, die Gleichungen III, IV, in Tabelle 10.1) verliert jedoch die Stärke der Gewerkschaften für die Erklärung der Variation des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos an Bedeutung. Dies ist auch hoch plausibel, weil sich der gewerkschaftliche Organisationsgrad und der Einfluß der Arbeitnehmerschaft im Laufe der Zeit nur sehr langsam verändern und eine Variation über die Zeit bei dem hier verwendeten Indikator auch gar nicht berücksichtigt werden konnte. Die Variation des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos über die Zeit innerhalb eines Wirtschaftszweiges muß also durch andere Faktoren erklärt werden. Es ist darauf hinzuweisen, daß die Unterschiede der Wirtschaftszweige in bezug auf den Indikator GEWVAR wie bei dem Innovationsindikator durch die wirtschaftszweigspezifischen Dummies (WDUM) "aufgesogen" werden. Dies gilt für alle Variablen, die spezifisch für den Wirtschaftszweig sind und eine hohe Konstanz über die Zeit aufweisen. Sie verlieren also damit nicht ihre Bedeutung für die Erklärung der Abweichungen zwischen den Sektoren, sondern "verschwinden" hier vielmehr in den Werten der Dummy-Variablen, die fast ausnahmslos signifikant waren. Gleiche Überlegungen gelten für die Saisonabhängigkeit der Beschäftigung in den Wirtschaftszweigen. Hier wurde, wie oben beschrieben, ein Indikator konstruiert, der die durch saisonale Faktoren bedingte Variation des Beschäftigungsniveaus erfaßt. Die unterschiedliche Saisonabhängigkeit der einzelnen Wirtschaftszweige ist zwar im Querschnitt sehr erklärungskräftig, aber sie verliert aus den oben genannten Gründen im Längsschnitt an Bedeutung. Auch dies ist hoch plausibel, denn die Saisonabhängigkeit eines Wirtschaftszweiges wird sich kaum von einem Jahr auf das andere verändern. Relativ geringe Erklärungswerte gehen von der Qualifikationsstruktur (UA) aus. Hier ergeben sich überwiegend nicht signifikante Werte. Lediglich in den Querschnittsgleichungen bei den Frauen ergeben sich hier signifikant positive Werte für die Regressionskoeffizienten, das heißt: Ein höherer Anteil ungelernter Arbeiter im Vergleich zu den Angestellten, die schon aus arbeitsrechtlichen
Kombinierte Querschnitts-!
Längsschnittanalyse
159
Gründen eine höhere Stabilität ihrer Beschäftigung aufweisen, erhöht das Arbeitslosigkeitszugangsri siko. Die Veränderung des Beschäftigungsniveaus hat einen signifikant negativen Einfluß auf das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko sowohl in den Querschnitts- als auch in den Längsschnittbetrachtungen. Zudem wirkt sie vermindernd, was bedeutet, daß mit einer Zunahme der Beschäftigung ein Rückgang des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos und mit einer Abnahme des Beschäftigungsniveaus eine Erhöhung des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos verbunden ist.
10.3 Zusammenfassung Die verfügbaren Statitistiken zum Arbeitslosigkeitszugang und den Innovationsaktivitäten ließen keine reinen längsschnittbezogenen Analysen zu. Deshalb wurde ein kombinierter Längsschnitt-/Querschnittsdatensatz konstruiert, mit dem es einerseits möglich war, eine größere Zahl unabhängiger Variablen in den Analysen zu berücksichtigen. Andererseits konnte durch die Verwendung unterschiedlicher KovarianzModelle auch getestet werden, ob Zusammenhänge, die sich in der Querschnittsanalyse ergaben, auch in der Längsschnittanalyse Bestand haben. Hier geht es also um die Frage, ob aus der negativen Korrelation von Innovationsniveau und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in der Querschnittsanalyse der Schluß gezogen werden kann, daß eine Erhöhung der Innovationsaktivität innerhalb eines Wirtschaftszweiges das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko vermindert. Hinter dem Befund, daß innovativere Wirtschaftszweige einen geringeren Beschäftigtenaustausch mit dem externen Arbeitsmarkt vollziehen, stehen sicher sozioökonomisch hochkomplexe Wirkungsketten, und es ist nicht anzunehmen, daß sich die Faktoren, die diese Wirkungsketten determinieren, kurzfristig verändern. Vielmehr wird es sich um über die Zeit relativ stabile Wirkungsbeziehungen handeln. Es ist dann nicht zu erwarten, daß geringe Schwankungen der Innovationsaktivitäten das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko im Längsschnitt stark beeinflussen. Es sei aber nochmals darauf hingewiesen, daß es in den vorgestellten Analysen in erster Linie um die Art der Strukturanpassungen der Beschäftigten in den Wirtschaftszweigen und nicht um die Veränderungen des Beschäftigungsniveaus durch Innovationen geht. In den Kovarianz-Modellen, in denen der Längsschnittaspekt zur Geltung kommt, sind die Regressionskoeffizienten für die Innovationsindikatoren in der Regel nicht mehr signifikant. Dies kann zum einen mit den "Hintergrundfaktoren" zusammenhängen, zum anderen aber auch auf die geringe Variation der Innovationsaktivität über die Zeit, die besonders in den Anteilsindikatoren zum Tragen kommt,
160
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
zurückzuführen sein. Es zeigt sich allerdings eine bedeutende Ausnahme: Für Prozeßinnovationen, abgebildet durch Wertindikatoren, ergibt sich bei den Männern im Längsschnitt ein signifikanter positiver Regressionskoeffizient. Das heißt: Erhöhte Aufwendungen für Prozeßinnovationen innerhalb eines Wirtschaftszweiges erhöhen das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko der Männer, und zwar auch dann, wenn für die Beschäftigtenentwicklung kontrolliert wird. Die Längsschnittanalysen sind aufgrund der geringen Fallzahlen nur begrenzt aussagefähig. Allerdings zeigen die Analyseergebnisse mit dem kombinierten Querschnitts-/Längsschnittdatensatz doch, daß bei der Übertragung von Querschnittsergebnissen auf die Längsschnittentwicklung äußerste Vorsicht geboten ist.
11.
Innovation, Alterstruktur der Beschäftigten und Abstrom in Nichterwerbstätigkeit
Qualifikatorische Anpassungsprozesse der Belegschaften vollziehen sich auch durch intergenerative Mobilität (vgl. STOOSS 1984, BERGLIND 1981). Jüngere Arbeitnehmer verfügen eher über moderne Fähigkeiten und eher über theoretische Kenntnisse, ältere Arbeitnehmer sind dagegen mehr in den aktuell weniger gefragten Berufen zu finden. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, daß in den innovativeren Wirtschaftszweigen eine tendenziell jüngere Belegschaft zu finden ist. Dem Abstrom in Nichterwerbstätigkeit kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle zu: Wenn ältere Arbeitnehmer tendenziell weniger gefragte Qualifikationsprofile aufweisen, dann ist zu erwarten, daß von den Rentenrechtsregelungen möglicherweise besonderer Gebrauch gemacht wird. Vorzeitiges Ausscheiden in Rente wäre dann ein hervorragendes Instrument zur Qualifikationsanpassung der Belegschaften in den Unternehmen, denn gestützt durch die Rentengesetzgebung und durch das Vorruhestandsgesetz sowie eventuelle Sozialplanregelungen könnte älteren Arbeitnehmern eine finanziell abgesicherte und sozial akzeptierte "Alternativrolle" angeboten werden. Es ist also ein Zusammenhang zwischen der Innovationsaktivität in den Wirtschaftszweigen und einem überproportional hohen Ausscheiden älterer Arbeitnehmer zu erwarten. Der Zusammenhang soll in diesem Kapitel empirisch untersucht werden, wobei wir uns auf die Beschäftigtenstatistik zur Analyse der Altersstruktur und auf eine branchenspezifische Sonderauswertung des Mikrozensus 1985 stützen, die für das WZB/AMB im Rahmen der Meta-Studie II erstellt wurde.
11.1 Innovation und Altersstruktur Falls die erwähnten Zusammenhänge zwischen Qualifikation und Alter von Bedeutung für die Innovationen sind, dann müßte in innovativeren Wirtschaftszweigen eine jüngere Belegschaft vorzufinden sein als in den weniger innovativen Wirtschaftszweigen. Dies wäre dann zugleich ein Hinweis auf den Grad der externen Arbeitsmarktanpassung, dem in Abschnitt 11.2 noch weiter nachgegangen wird. Neben der Innovationsaktivität wird die Altersstruktur aber durch weitere Faktoren beeinflußt. So dürfte die Betriebsgrößenstruktur von Bedeutung sein, bei der die Wirkungsrichtung nicht a priori feststeht, da einerseits in größeren Betrieben eher Senioritätsregelungen angewendet werden. Andererseits ist hier aber der finanzielle
162
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
Spielraum größer, so daß Sozialplanregelungen für die Arbeitnehmer attraktiver gestaltet werden können und möglicherweise die Verrentungsentscheidungen erleichtern. Zudem dürften die Entwicklung des Beschäftigungsniveaus und die Qualifikationsstruktur der Beschäftigten von Bedeutung sein, denn das Rentenzugangsalter liegt bei Arbeitern deutlich niedriger als bei Angestellten (vgl. H E L B E R G E R 1977). Deshalb ist ein Einfluß der Qualifikationsstruktur auf die Altersstruktur in den Wirtschaftszweigen zu erwarten. Als zu erklärende Variable wurden sowohl das Durchschnittsalter als auch der Anteil spezifischer Altersgruppen an den Beschäftigten insgesamt verwendet. Die Datenbasis wurden die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (ohne Auszubildende) des Jahres 1982 und 1986 verwendet; der Innovationsindikator wurde als Durchschnitt über die Jahre von 1980 bis 1982 bzw. von 1982 bis 1986 gebildet, da die Innovationswerte eines Jahres möglicherweise zu Verzerrungen führen könnten . In Tabelle 11.1 sind die Ergebnisse von Regressionsanalysen zum Zusammenhang von Altersstruktur, Innovationsaktivität und weiteren Variablen für das Verarbeitende Gewerbe, das nach 21 Wirtschaftszweigen differenziert wurde, für die Jahre 1982 und 1986 wiedergegeben. Für das Durchschnittsalter der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, das aus 5-Jahres-Altersgruppen - ohne die Auszubildenden - berechnet wurde, ergaben sich in beiden Jahren keine signifikanten Regressionskoeffizienten des Innovationsindikators und der Qualifikationsvariablen. Aber die Betriebsgrößenstruktur wirkt positiv, das heißt erhöhend, auf das Durchschnittsalter der Beschäftigten. Dieser Zusammenhang ist auf einem Signifikanzniveau von 5 % statistisch gesichert. Zumindest am Durchschnittsalter ist also der unterstellte Zusammenhang zwischen Innovationsaktivität und Altersstruktur nicht abzulesen. Für die Anteile der einzelnen Altersgruppen zeigen sich wiederum keine signifikanten Regressionskoeffizienten für den Innovationsindikator und den Qualifikationsstrukturindikator. Für die Betriebsgrößenstruktur ergeben sich signifikant (5%Niveau) negative Regressionskoeffizienten für die Wirkung auf den Anteil der über 60-jährigen Beschäftigten. In großbetrieblich strukturierten Wirtschaftszweigen ist also der Anteil der 60-jährigen signifikant geringer, was möglicherweise mit einer überproportionalen Ausgliederung (Betriebsrente, Abfindungen) erklärbar ist. Eine positive Beschäftigungsentwicklung kommt offensichtlich eher den jüngeren Arbeitskräften zugute Dies ist an dem positiven Regressionskoeffizienten für die Anteile der unter 55-jährigen abzulesen (vgl. Tabelle 11.1). Gleichzeitig vermindert sich hier der Anteil der älteren Beschäftigten.
Innovation, Tabelle 11.1:
Altersstruktur,
Abstrom
in Nichterwerbstätigkeit
163
Regressionsanalysen des Zusammenhangs zwischen Altersstruktur und Innovationsaktivität, 1982 und 1986
MPIPI
80-82
OB I 78-82
RBGR 80
0,17 (0,79)
-0,32 (-1,36)
0,40 (1,78)
0,21 (0,96)
-0,24 (-0,97)
0,43 (1,86)
-0,17 (-0,79)
0,58 (2,34)
-0,06 (-0,25)
-0,19 (-0,79)
0,56 (2,06)
-0,07 (-0,27)
0,19 (1,0)
-0,57 (-2,67)
0,25 (1,2)
0,23 (1,13)
-0,51 (-2,21)
0,27) (1,27)
0,03 (0,13)
-0,30 (-1,08)
-0,49 (-1,84)
-0,03 (-0,09)
-0,40 (-1,36)
-0,52 (-1,95)
0,13 (0,58
-0,36 (-1,56)
0,38 (1,73)
0,17 (0,73)
-0,35 (-1,46)
0,38 (1,66)
-0,15 (0,62)
0,55 (2,17)
-0,007 (-0,03)
-0,21 (-0,83)
0,53 (2,06)
0,004 (0,02)
0,20 (0,93)
-0,59 (-2,59)
0,15 (0,70)
0,28 (1,25)
-0,56 (-2,50)
0,14 (0,64)
-0,08 (-0,34)
-0,19 (-0,74)
-0,46 (-1,87)
-0,10 (-0,36)
-0,19 (-0,73)
-0,46 (-1,81)
UAI
79-82
R2
adj
1982 Durchschnittsalter
1982
-
0,19 (0,89)
40,2
29,6
43,0
28,8
34,1
22,5
34,4
18,0
50,4
41,6
52,2
40,3
18,1
3,6
23,1
3,9
37,6
26,6
39,0
23,8
26,5
13,5
29,6
12,1
39,9
29,3
44,8
31,1
22,7
9,1
22,8
3,6
A n t e i l e der A l t e r s g r u p p e n an den B e c h ä f t i g t e n insgesamt - unter 55 J a h r e
- 55 bis u n t e r 60 J a h r e
- 60 Jahre und
älter
-
-0,05 (-0,23) -
0,16 (0,79) -
-0,26 (-1,02) 1986
Durchschnittsalter
1986
-
0,13 (0,61)
A n t e i l e der A l t e r s g r u p p e n an den B e s c h ä f t i g t e n insgesamt - unter 55 J a h r e
- 55 bis u n t e r 60 J a h r e
- 60 J a h r e und
älter
-
-0,19 (-0,85) -
0,24 (1,2) -
-0,04 (-0,16)
164
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
11.2 Innovation und Abstrom in Nichterwerbstätigkeit Bisher wurden die Ströme der Beschäftigten zwischen den Wirtschaftszweigen (Kapitel 6 und 7) und von Beschäftigung in registrierte Arbeitslosigkeit (Kapitel 8, 9 und 10) untersucht. Eine weitere Möglichkeit der externen Arbeitsmarktanpassung besteht neben dem Abstrom von Beschäftigten in Arbeitslosigkeit in dem Austausch mit der Nichterwerbstätigkeit. Zu den Nichterwerbstätigen zählen alle Personen, die weder einer Beschäftigung nachgehen noch arbeitslos sind, sondern sich vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben, also Rentner, Hausfrauen und Bildungsteilnehmer (vgl. Schaubild 2.3). Es wurde in dieser Arbeit schon mehrfach darauf hingewiesen, daß differenzierte Stromgrößen für den Arbeitsmarkt trotz der theoretischen Erkenntnis, daß Stromgrößen wesentlich geeignetere Datenbasen für die Analyse von Arbeitsmarktprozessen sind, in der Bundesrepublik in differenzierter Form kaum existieren. Lediglich in hochaggregierter Form gibt es durch die Arbeiten des IAB (vgl. REYHER/BACH 1985) eine gesamtwirtschaftliche Stromgrößenrechnung für den Arbeitsmarkt (Arbeitskräftegesamtrechnung). Eine etwa den Input-Output-Tabellen entsprechende Datenbasis, in der Beschäftigtenströme zwischen Wirtschaftszweigen und über das Beschäftigungssystem hinaus abgebildet werden können, ist jedoch nicht vorhanden. Für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wäre es prinzipiell möglich, eine derartige Mobilitätstabelle zu erstellen. Es wäre sogar auch möglich, Längsschnittprofile von individuellen Erwerbsbiographien zu erstellen, denn über die Sozialversicherungsstatistiken könnten Informationen für einen Großteil der Arbeitsmarktbewegungen aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bzw. registrierter Arbeitslosigkeit generiert werden. Über die Sozialversicherungsnummer könnte anonymisiert jeder Wechsel sowohl des Erwerbsstatus als auch des Wirtschaftszweiges erfaßt werden. Allerdings wird von dieser Möglichkeit in der Bundesrepublik kein Gebrauch gemacht. Dies liegt einerseits sicher in Datenschutzgründen, andererseits in dem erheblichen Arbeitsaufwand begründet, der für die Erstellung einer solchen Statistik notwendig wäre. In den Statistiken des Verbandes der Deutschen Rentenversicherungsträger (VDR) werden Rentenzugänge, also Stromgrößen, ausgewiesen. Allerdings ist die Herkunft der Rentenzugänge hinsichtlich des Wirtschaftszweiges, in dem die letzte Beschäftigung ausgeübt wurde, nicht zu klären. Es wird zwar der zuletzt ausgeübte Beruf ausgewiesen, doch ist diese Angabe nach Auskunft der VDR-Experten nur mit allergrößter Vorsicht zu behandeln. "Ohne nähere Tätigkeitsangabe" ist die mit Abstand am stärksten belegte "Berufsgruppe". Bei den übrigen Berufsangaben wird vermutet, daß diese nicht der letzten Tätigkeit entsprechen. Wenn man aber einen
Innovation, Altersstruktur, Abstrom in
Nichterwerbstätigkeit
165
Bezug zwischen Rentenzugang und Qualifikationsstrukturveränderung herstellen wollte, so müßte auf jeden Fall die letzte ausgeübte Tätigkeit (bzw. der Beruf) angegeben sein. Es ist auch darauf hinzuweisen, daß die Statistik der Rentenversicherungsträger aus den Geschäftsstatistiken der gesetzlichen Rentenversicherungen gewonnen wird. Die Erfassung der Variablen richtet sich deshalb auch nach den für die Abwicklung der Rente relevanten Merkmalen. Eine weitere Quelle, die die Analyse des Übergangs von Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit erlaubt, ist der Mikrozensus 1985. In diesem Jahr wurden die Nichterwerbstätigen danach gefragt, ob sie in den letzten drei Jahren (von Mai 1982 bis Mai 1985) erwerbstätig waren und in welchem Wirtschaftszweig dies war. Darüber hinaus ist auch der Grund des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben abgefragt worden. Das Statistische Bundesamt hat für das WZB/AMB eine Sonderauswertung des Mikrozensus 1985 durchgeführt, in der der wirtschaftszweigspezifische Übergang in die Nichterwerbstätigkeit abgebildet ist. Allerdings ist einschränkend darauf hinzuweisen, daß der Mikrozensus zwar eine sehr umfangreiche Stichprobe darstellt (1 % der bundesdeutschen Bevölkerung), daß aber selbst dieser große Stichprobenumfang nicht immer zu befriedigenden Zellenbesetzungen führt, wenn Differenzierungen vorgenommen werden. So konnte neben den Wirtschaftszweigen und dem Alter nicht mehr nach dem Geschlecht differenziert werden, weil dieses bereits zu unzureichenden Zellenbesetzungen geführt hätte. Differenziert für die Altersgruppe "unter 55 Jahre", "55 bis 60 Jahre" und "60 bis 65 Jahre" wurde der Abstrom aus Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit differenziert nach den Herkunftswirtschaftszweigen für die Jahre von 1982 bis 1985 untersucht. Allerdings war aufgrund der erwähnten geringen Zellenbesetzungen keine weitere Differenzierung nach einzelnen Jahren und weiteren personenspezifischen Merkmalen möglich. Der Abstrom aus Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit für die erwähnten Altersgruppen wurde zu dem Anfangsbestand der Beschäftigten in Beziehung gesetzt, so daß eine für die Wirtschaftszweige vergleichbare relative Abstromzahl von Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit konstruiert wurde. Diese Größe wurde als abhängige Variable in die Analysen eingebracht und auf die wirtschaftszweigspezifische Innovationsaktivität, die wirtschaftszweigspezifische Beschäftigungsniveauveränderung, Betriebsgrößenstruktur und die Qualifikationsstruktur regressiert. Im oberen Teil der Tabelle 11.2 sind die Ergebnisse der Regressionsanalysen für die Übergänge in Nichterwerbstätigkeit dargestellt. Es waren keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen der Innovationsaktivität, der Beschäftigungsniveauveränderung, der Betriebsgrößenstruktur und der Qualifikationsstruktur auf die Übergangsraten in Nichterwerbstätigkeit zu verzeichnen. Es ergab sich aber ein positiver Regressionskoeffizient der Betriebsgrößenstruktur für die älteren Beschäftigten, der allerdings nur auf dem 10%-Niveau
166
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
signifikant ist, das heißt: Mit der Betriebsgrößen struktur nimmt die Tendenz zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu. Dieser Befund korrespondiert mit den Ergebnissen der Altersstrukturanalyse des vorangegangenen Abschnitts. Tabelle 11.2:
Regressionsanalysen des Zusammenhangs von Übergangsraten aus Beschäftigung in Nichtenverbstätigkeit und Rente sowie Innovation im Zeitraum von 1982 bis 1985
MP IPI
DBI
RBGR
UAI
R2
R2 adj
7,6
-8,7
11,3
-10,9
8,7
-7,4
17,9
-2,6
4,3
-12,6
5,0
-18,8
21,4
7,5
21,4
1,8
12,9
-2,4
22,8
3,4
9,6
-6,4
12,5
-9,3
21,5
7,7
27,3
9,1
Übergang In Nichterwerbstätigkeit insgesamt
- unter 55 Jahre
- 55 bis unter 60 Jahre
- 60 Jahre und älter
0,28 (0,11)
-0,31 (1,11)
-0,08 (-0,30)
0,09 (0,34)
-0,28 (-0,98)
-0,09 (-0,32)
0,05 (0,18)
-0,31 (-1,09)
-0,25 (-0,96)
0,15 (0,57)
0,25 (0,86)
-0,26 (-1,01)
-0,08 (-0,28)
0,26 (0,87)
0,11 (0,42)
-0,05 (-0,16)
-0,17 (-0,64)
0,11 (0,40)
-0,08 (-0,34)
-0,17 (-0,64)
0,36 (1,48)
-0,09 (-0,32)
-0,17 (-0,62)
0,37 (1,43)
-
0,21 (0,81) -
0,33 (1,34) -
-0,09 (-0,34) -
-0,01 (-0,04)
Übergang in Rente i nsgesamt
- 55 bis unter 60 Jahre
- 60 Jahre und älter
-0,28 (-1,08)
0,20 (0,71)
0,37 (1,44)
-0,17 (-0,64)
0,24 (0,88)
0,36 (1,44)
-0,19 (-0,72)
0,23 (1,01)
0,33 (1,24)
-0,13 (-0,46)
0,31 (1,07)
0,32 (1,21)
-0,32 (-1,29)
0,27 (1,03)
0,51 (2,05)
-0,23 (-0,92)
0,30 (1,15)
0,50 (2,03)
-
0,34 (1,43) -
0,19 (0,74) -
0,26 (1,12)
Innovation, Altersstruktur, Abstrom in Nichterwerbstätigkeit
167
In einem weiteren Schritt soll der Nichterwerbstätigkeitsstatus spezifiziert werden. Es werden jetzt nur noch diejenigen Nichterwerbstätigen in der Analyse berücksichtigt, die als Ausscheidungsgrund aus der letzten Beschäftigung die "Rente" genannt haben. Für die Altersgruppe der über 60-jährigen ergibt sich ein signifikanter, positiver Effekt der Betriebsgrößenstruktur. Dieses Ergebnis korrespondiert mit den Analyseergebnissen der Altersstruktur und ist durch Betriebsrentenregelungen, aber auch durch Personalplanung in Großbetrieben erklärbar; es kann hier jedoch nicht expliziert und verifiziert werden. Die Wirkung der Innovationsindikatoren war wiederum nicht signifikant, das heißt, daß ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Abstrom in Rente und dem wirtschaftszweigspezifischen Innovationsaktivitätsniveau nicht nachgewiesen werden konnte. Insgesamt ist festzustellen, daß die Modelle nur sehr unbefriedigende Erklärungsanteile der Varianzen liefern, was wahrscheinlich auch mit der Datenbasis zu begründen ist.
11.3 Zusammenfassung Zahlreiche Hinweise deuten darauf hin, daß neue Qualifikationen durch einen Generationswechsel in das Produktionssystem getragen werden. Es gibt Studien, die die veränderten Qualifikationsanforderungen als Grund für die sinkende Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer identifizieren. Diese Argumentationslinie spielt auch eine Rolle in der Diskussion um die Altersstruktur der Bevölkerung in der Bundesrepublik, deren "Überalterung" als mögliches zukünftiges Innovationshemmnis gesehen wird. Wenn diese Überlegungen richtig sind, dann kommt der Altersstruktur in den Wirtschaftszweigen und dem Abstrom aus Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit im Zusammenhang mit der Innovationsaktivität eine große Bedeutung zu. Die Analyse der Altersstruktur in den Wirtschaftszweigen im Zusammenhang mit den Innovationsaktivitäten zeigte keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen den beiden Variablen. Mithin kann also zumindest in der Querschnittsanalyse kein Zusammenhang zwischen den wirtschaftszweigspezifischen Innovationsaktivitäten und der Altersstruktur der Beschäftigten gefunden werden. Um zu analysieren, inwieweit der Strom in Nichterwerbstätigkeit der externen Qualifikationsanpassung in den Wirtschaftszweigen dient, sind Stromdaten notwendig, die in der Bundesrepublik jedoch nur auf gesamtwirtschaftlicher Ebene mit der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB vorliegen. Für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wäre es prinzipiell möglich, eine Mobilitätstabelle zwischen wirtschaftszweigspezifischer Beschäftigung und Nichterwerbstätigkeit zu erstellen. Auch wäre es im Prinzip möglich, Längsschnittprofile von individuellen Erwerbsbiographien darzustellen; über die Sozialversicherungsnummer könnte anonymisiert
168
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
jeder Wechsel des Erwerbsstatus wie auch des Wirtschaftszweiges erfaßt werden. Allerdings wird von dieser Möglichkeit in der Bundesrepublik bisher kein Gebrauch gemacht. Für die Analyse des Übergangs von Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit stellt der Mikrozensus 1985 eine geeignete Datenquelle dar. In dieser MikrozensusErhebung wurden die Nichterwerbstätigen danach gefragt, ob sie in den letzten drei Jahren erwerbstätig waren und in welchem Wirtschaftszweig dies war. Darüber hinaus ist auch der Grund des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben abgefragt worden. Das Statistische Bundesamt hat für das WZB/AMB einen Datensatz mit einer Sonderauswertung des Mikrozensus 1985 bereitgestellt, in dem der wirtschaftszweigspezifische Übergang in die Nichterwerbstätigkeit für die Probanden des Mikrozensus abgebildet ist. Es ist allerdings einschränkend darauf hinzuweisen, daß der Mikrozensus zwar eine sehr umfangreiche Stichprobe ist (1 % der bundesdeutschen Bevölkerung), daß aber selbst dieser große Stichprobenumfang nicht zu befriedigend hohen Zellenbesetzungen führt, wenn nach Wirtschaftszweigen, Altersgruppen und weiteren Merkmalen differenziert wird. Dennoch war es mit der Mikrozensus-Sonderauswertung möglich, zumindest eine Differenzierung der Übergänge in Nichterwerbstätigkeit nach dem Wirtschaftszweig und dem Alter vorzunehmen. Der Abstrom aus Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit für die erwähnten Altersgruppen wurde zum Anfangsbestand der Beschäftigten in Beziehung gesetzt, so daß eine für die Wirtschaftszweige vergleichbare relative Abstromzahl von Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit konstruiert wurde. Diese Größe wurde als abhängige Variable in Regressionsanalysen eingebracht und auf die wirtschaftszweigspezifische Innovationsaktivität, die wirtschaftszweigspezifische Beschäftigungsniveauveränderung und die Betriebsgrößenstruktur regressiert. Auf dieser Basis zeigten sich keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen der Beschäftigungsniveauveränderung und der Innovationsaktivität auf die Übergangsrelation in Nichterwerbstätigkeit. Es ergab sich aber ein positiver Regressionskoeffizient der Betriebsgrößenstruktur für die älteren Beschäftigten, das heißt: Mit der Betriebsgrößenstruktur nimmt die Tendenz zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu.
12.
Zusammenfassung
12.1 Theoretische Verortung und Forschungsdesign Bei der Analyse der Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien ist sowohl die Beschäftigungsniveaukomponente als auch die Strukturkomponente von zentraler Bedeutung. Ein Großteil der Forschungsanstrengungen befaßt sich mit den Wirkungen des Einsatzes moderner Technologien auf die Qualifikationen der Arbeitnehmer. Hier hat es einen Umschwung in der Diskussionsrichtung gegeben. Nachdem die Diskussion lange Zeit von der Dequalifizierungsthese (BRAVERMAN 1977, KERN/SCHUMANN 1970) dominiert wurde, sind in den letzten Jahren Forschungsergebnisse veröffentlicht worden, die von möglicher Reprofessionalisierung (KERN/SCHUMANN 1985) sprechen. Diese überwiegend in der Industriesoziologie verfolgte Diskussion wird unter dem Stichwort "veränderte Produktionskonzepte" auch in der Ökonomie geführt (BOYER/PETIT 1981, PIORE/SABEL 1984). Die Quintessenz der unterschiedlichen Forschungsanstrengungen kann, wenn auch verkürzt, folgendermaßen zusammengefaßt werden: Es gibt einen technologisch-strukturellen Wandel, der möglicherweise zur Herausbildung neuer Produktionskonzepte führt, die jedoch selbst noch nicht eindeutig identifiziert werden können, da zahlreiche Entwicklungspfade in der Zukunft möglich sind. Welche der möglichen Pfade beschritten werden, ist von sehr vielen Faktoren abhängig und kaum technisch determiniert. Dies gilt insbesondere für die Entwicklung der Qualifikationsanforderungen, bei denen die Freiheitsgrade zukünftiger Entwicklungen sehr groß sind und eher zu- als abnehmen (SORGE et al. 1982, DOSTAL 1982). Es ist also sowohl eine Dequalifizierung als auch eine Professionalisierung denkbar. "Strukturelle Arbeitslosigkeit" ist der ökonomische Fachterminus für eine Arbeitslosigkeit, die durch eine unterstellte zu geringe Anpassungsgeschwindigkeit der Arbeitnehmer an die neuen, durch den technologisch-strukturellen Wandel veränderten Qualifikationsanforderungen entsteht. Die qualifikatorische Flexibilität der Arbeitnehmer wird also im Vergleich zum technischen Wandel als zu gering angesehen. Qualifikationsanpassungsprozesse können nicht nur durch Weiter- und Umqualifizierung von einzelnen Personen, sondern auch durch Mobilität vollzogen werden (interne versus externe Flexibilität, SENGENBERGER 1984 und 1987). Im Laufe des Anpassungsprozesses kommt es zu Strömen innerhalb des Beschäftigungssystems, zwischen Unternehmen und den Wirtschaftszweigen, den Betrieben
170
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
und den Arbeitsplätzen innerhalb eines Unternehmens; es kommt zu Strömen zwischen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit, zu Strömen über das Erwerbssystem hinaus in Nichterwerbstätigkeit sowie umgekehrt aus Nichterwerbstätigkeit in das Erwerbssystem hinein (vgl. Schaubild 2.3). Qualifikatorische Anpassungsprozesse infolge von Innovationen können sich also prinzipiell innerhalb eines Unternehmens und Wirtschaftszweiges durch Weiter- und Umqualifizierung der bereits Beschäftigten vollziehen (interne Flexibilität) oder durch Mobilität zwischen den Unternehmen und Wirtschaftszweigen sowie zwischen dem Beschäftigungssystem und seinem Umfeld durch einen Austausch der Belegschaft (externe Flexibilität). Wenn die Anpassungsprozesse an neue Qualifikationserfordernisse überwiegend über den externen Arbeitsmarkt erfolgen, dann sind entsprechend hohe Arbeitsmarktströme zu erwarten. Dem Zustrom aus Beschäftigung in registrierte Arbeitslosigkeit kommt dabei besondere Bedeutung zu, denn Arbeitslosigkeit ist für die Beschäftigten der schmerzlichste Mobilitätsprozeß. Um die Arbeitsmarktprozesse analysieren zu können, sind bestandsorientierte Analysekonzepte ungeeignet. Vielmehr müssen dazu stromgrößenorientierte Analysekonzepte entwickelt werden, was in der vorliegenden Arbeit versucht wurde. Die Arbeitsmarktanalyse auf der volkswirtschaftlichen Ebene mit Hilfe der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB (Kapitel 2) verdeutlicht, daß die Ströme am Arbeitsmarkt erheblich sind und die Bestandsveränderungen um ein Vielfaches übertreffen. So erhöhte sich zum Beispiel im Laufe des Jahres 1985 der Beschäftigtenstand um 190.000 Personen, was jedoch das Ergebnis von 5,19 Mio. Zugängen in Beschäftigung und 5,0 Mio. Abgängen aus Beschäftigung war.
12.2 Beschäftigungsentwicklung Das Beschäftigungsniveau in der Bundesrepublik hatte seinen vorläufigen Höhepunkt 1980 erreicht und ging bis 1984 beständig zurück. Seither sind leichte Erholungstendenzen auszumachen, die jedoch nicht auf eine Erhöhung der Zahl vollzeitig Beschäftigter, sondern auf einen Anstieg von Teilzeitarbeit und Auszubildenden zurückzuführen sind. Das insgesamt gearbeitete Zeitvolumen (Arbeitsvolumen) ging mit Ausnahme eines leichten Anstiegs 1986 beständig zurück. Dies belegt, daß die Zahl der Beschäftigten nicht ausschließlich durch die Entwicklung der Wirtschaftsaktivität, sondern offenbar wesentlich auch durch die Arbeitszeitkomponente bestimmt wurde. Die Bedeutung der Arbeitszeiten für die Entwicklung des Beschäftigungsniveaus wird besonders deutlich, wenn die Beschäftigungsniveauentwicklung für die Teilzeitbeschäftigten (unter 36 Stunden) betrachtet wird. Hier zeigte sich fast aus-
Zusammenfassende
Schlußbetrachtung
171
nahmslos ein positiveres Bild als bei der Entwicklung der Vollzeitbeschäftigung, wobei insbesondere geschlechtsspezifische Unterschiede zutage traten. Während die Teilzeitbeschäftigung der Frauen teilweise beträchtliche Anstiege zeigte, nahm die Teilzeitbeschäftigung von Männern zwar insgesamt zu, ging aber von einem geringen Niveau aus, und in den einzelnen Wirtschaftszweigen waren auch Abweichungen nach unten festzustellen. Dieser Gesamttrend gilt auch für die Wirtschaftszweige des Verarbeitenden Gewerbes, mit deutlichen Abweichungen nach unten für die "Krisenbranchen" wie Eisen/Stahl und Schiffbau. Es ist also festzuhalten, daß die Zahl der beschäftigten Frauen insgesamt zwar gestiegen ist, dies aber auf den Anstieg der Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist, denn bezogen auf die Vollzeitbeschäftigten liegt das Beschäftigungsniveau bei den Frauen 1985 ungefähr auf dem von 1977. Die Beschäftigtenzahl der vollzeitarbeitenden Männer war insgesamt rückläufig und wurde teilweise durch die positivere Entwicklung der Teilzeit bei den Männern kompensiert. Qualifikation ist eine vieldimensionale Größe, die nicht nur die direkt am Arbeitsplatz notwendigen (funktionale, prozeßgebundene) Fähigkeiten, sondern auch extrafunktionale und nichtprozeßgebundene Fähigkeiten umfaßt. Qualifikationen werden denn auch nicht nur in formellen, sondern auch in informellen Bildungsprozessen erworben. Die empirische Erfassung von Qualifikation stößt aber auch auf Probleme und kann immer nur Teilaspekte wie die formelle Ausbildung, die Stellung im Beruf und die Klassifikation nach Leistungsgruppen, die Berufsklassifikation und die Tätigkeiten erfassen (Kapitel 3). Die Berufsklassifikation erfaßt also den Wandel nicht ganz, ist aber dennoch geeignet, die Veränderungen der Qualifikationsanforderungen in Produktionssystemen darzustellen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entwickelte sich in den Berufsgruppen zwischen 1980 und 1985 sehr unterschiedlich. Es hat sowohl Gewinner als auch Verlierer des berufsstrukturellen Wandels gegeben. Positive Beschäftigungsentwicklungen traten vor allem in den Dienstleistungsberufen und hier insbesondere im Gesundheitssektor sowie in den höher qualifizierten technikbezogenen Berufen auf. Die produktionsnahen Berufe hatten dagegen eher eine negative Beschäftigungsentwicklung aufzuweisen. Frauen konnten ihre Position auch in "Männerberufen" verbessern. Allerdings täuschen die hohen Veränderungsraten über die absoluten Veränderungen hinweg, denn auch in den "Männerberufen", in denen die Frauen deutliche Steigerungsraten erzielten, ist ihr Anteil noch immer gering.
172
Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
12.3 Mobilität im Beschäftigungssystem Über die Mobilität innerhalb und zwischen den Wirtschaftszweigen liegen nur wenige Informationen vor. Dennoch können einige Anhaltspunkte aus den Sonderauswertungen des Mikrozensus und der Beschäftigtenstichprobe des IAB sowie aus der Erhebung "Qualifikation und Berufsverlauf" gewonnen werden. Mit der IAB-Verlaufsstichprobe lassen sich Betriebswechsel differenziert nach der Intra- und der Inter-Wirtschaftsabteilungsmobilität analysieren (Kapitel 6). Als Betriebswechsel sind hier alle Wechsel zwischen Betrieben (Betriebsnummern) definiert, die innerhalb von sieben Tagen nach dem Austritt aus einem Beschäftigungsverhältnis erfoltgen. Nichtwechsler sind somit solche Personen, die nach sieben Tagen noch keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wiederaufgenommen hatten und entweder arbeitslos wurden, in Rente, Ausbildung oder Nichterwerbstätigkeit gingen oder in eine nichtsozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit wechselten. Betriebswechsler sind also die Personen, die direkt (innerhalb von sieben Tagen) von einem Betrieb in einen anderen Betrieb wechselten. Die Anteile der Betriebswechsler an den Austritten aus Beschäftigung insgesamt in einem Wirtschaftszweig (der Wechsel kann auch innerhalb des Wirtschaftszweiges erfolgen) geben einen Anhaltspunkt für die Mobilität der Beschäftigten und ähnlich wie die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit einen Hinweis auf die "Wiederbeschäftigungschance". Ein Vergleich über die Zeit zeigt, daß 1980 bei absolut höheren Einstellungszahlen auch der Anteil der Betriebswechsler, also derjenigen, die ohne Arbeitslosigkeitsphase ihre Beschäftigung wechselten, über dem anderer Jahre lag. Dies bestätigt die These, daß Betriebswechsel dann vollzogen werden, wenn die Gelegenheit zum Wechsel günstig ist. Das heißt, Beschäftigungsmobilität und Beschäftigungsentwicklung sind positiv miteinander verknüpft, was gleichzeitig der Erklärung von Arbeitslosigkeit als Suchprozeß widerspricht. Zugänge in Beschäftigung erfolgen in allen Wirtschaftsabteilungen überwiegend erst nach mindestens siebentägiger Nichtbeschäftigung. Die meisten Zugänge sind also nach der IAB-Definition "Nichtwechsler". Insbesondere bei den Kreditinstituten fällt auf, daß der Anteil der "Selbstrekrutierung" außerordentlich hoch ist, was mit dem sehr niedrigen Anteil der Nichtbetriebswechsler korrespondiert. Eine geringe Beschäftigungsstabilität tritt vor allem in saisonabhängigen Wirtschaftszweigen wie dem Baugewerbe sowie dem Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe auf. Ähnlich variierende Stabilitätsanteile ergeben sich auch für die einzelnen Berufe. Die Mobilitätsanalysen auf Basis des Mikrozensus und dem Datensatz "Qualifikation und Berufsverlauf" beruhen - anders als die Ergebnisse der IAB-Verlaufsstichprobe - auf zeitdiskreten Daten, d.h. Wechsel des Wirtschaftszweiges können
Zusammenfassende
Schlußbetrachtung
173
nur zu den einzelnen Zeitpunkten festgestellt werden. Zwischenzeitliche Wechsel können nicht erfaßt werden, weshalb die ausgewiesene Mobilität als Untergrenze zu betrachten ist. Mit dem Mikrozensus werden auch Mobilitätsströme über das Erwerbssystem hinaus in Nichterwerbstätigkeit erfaßt. Etwa ein Drittel der Zugänge kommt aus der Nichterwerbstätigkeit, wobei der Anteil des Zuganges aus Erwerbslosigkeit an den Zugängen aus Nichterwerbstätigkeit rund 13 % (1976/77) bzw. 1 9 % (1980/81) ausmachte. Etwa gleichverteilt wie die Zugänge in Beschäftigung sind auch die Abgänge aus Beschäftigung: Rund ein Drittel wandert in Nichterwerbstätigkeit, und rund zwei Drittel wandern in andere Wirtschaftszweige ab, wobei in den einzelnen Wirtschaftsabteilungen unterschiedliche Werte auftreten. Bei der Analyse der Wanderungen zwischen den Wirtschaftsabteilungen fällt auf, daß das Verarbeitende Gewerbe trotz negativer Entwicklung des Beschäftigungsniveaus 1980/81 (d.h. die Abgänge sind höher als die Zugänge) noch immer das bedeutendste Ziel von intersektoraler Mobilität ist. Rund ein Drittel aller Zutritte in Beschäftigung sind Zugänge in das Verarbeitende Gewerbe, und für viele Wirtschaftsabteilungen ist das Verarbeitende Gewerbe häufigste Zuwanderungsabteilung, was auch mit der Größe dieser Wirtschaftsabteilung zusammenhängt. Von Niveauveränderungen kann also weder in der Höhe noch in der Richtung auf Arbeitsmarktströme geschlossen werden. Die Verbleibequote - der Anteil derjenigen, die zum späteren Zeitpunkt noch in der gleichen Wirtschaftsabteilung sind - war nach der Stichprobe "Qualifikation und Berufs verlauf im Verarbeitenden Gewerbe besonders hoch. Dies ist auch auf die absolute Größe dieser Wirtschaftsabteilung mit rund 10 Mio. Beschäftigten zurückzuführen, denn innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes gibt es ebenfalls Mobilität (Kapitel 7). Insgesamt zeigen die Bewegungsanalysen, daß hinter den Bestandsveränderungen eine sehr viel höhere Arbeitsmarktdynamik verborgen ist und aus negativen Bestandsveränderungen nicht geschlossen werden darf, daß hier die Arbeitsmarktdynamik zum Erliegen kommt und keine Zuströme mehr in diese Wirtschaftsabteilungen erfolgen. Prinzipiell kann die Besetzung von Arbeitsplätzen mit modernen Technologien über den internen oder den externen Arbeitsmarkt erfolgen. Das externe Anpassungmodell würde einen hohen Anteil von Wirtschaftszweigwechslern auf den mit modernen Technologien ausgestatteten Arbeitsplätzen erwarten lassen. Umgekehrt wäre bei interner Anpassung anzunehmen, daß die Zahl der Nichtwechsler an diesen Arbeitsplätzen signifikant höher ist. Offensichtlich ist hier aber noch anderen Einflußfaktoren Rechnung zu tragen: Das schulische und berufliche Ausbildungsniveau, das Alter und das Geschlecht haben sowohl einen Einfluß auf die Wahrschein-
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Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
lichkeit von Wirtschaftszweigwechseln als auch auf die Rekrutierungschancen auf Arbeitsplätzen mit modernen Technologien. Diese Zusammenhänge wurden mit Hilfe log linearer Modelle statistisch analysiert (Kapitel 7). Als Personen an "Arbeitsplätzen mit moderner Technologie" wurden in Anlehnung an das BIBB und das IAB diejenigen Beschäftigten klassifiziert, die unter den fünf am häufigsten verwendeten Arbeitsmitteln mindestens ein programmgesteuertes Arbeitsmittel angegeben haben. Im Ergebnis zeigt sich, daß der Wirtschaftszweigwechsel und der Zugang zu Arbeitsplätzen mit moderner Technologie negativ miteinander verknüpft sind, Wirtschaftszweigwechsler also eher an Arbeitsplätzen mit geringem Technologiegrad arbeiten. Dieses wiederum ist auch durch den negativen Zusammenhang von Beschäftigung in Nichtproduktionsabteilungen und Mechanisierungsgrad erklärbar. In bezug auf die (subjektive) Umsetzungsgefahr ergab die Analyse mit Hilfe log linearer Modelle, daß kaum einzelne Faktoren - wohl aber das Zusammenwirken verschiedener Faktoren - von Bedeutung ist. Der Effekt vom Technologiegrad der Arbeitsplätze auf die Umsetzungsgefahr ist zwar negativ, das heißt, Beschäftigte an Arbeitsplätzen mit moderner Technologie empfinden die Umsetzungsgefahr als geringer, aber nicht signifikant. Zu beachten ist bei der Interpretation, daß es sich hier um die Einschätzung der Umsetzungsgefahr von Beschäftigten handelt, die bereits an Arbeitsplätzen mit moderner Technologie arbeiten und den Umstellungsprozeß bereits erfolgreich hinter sich gebracht haben. Dies ist nicht zu verwechseln mit der Einschätzung der Umsetzungsgefahr von Beschäftigten, an deren Arbeitsplätzen erst neue Technologien eingeführt werden sollen.
12.4 Komponenten der Arbeitslosigkeit Die berufsgruppenspezifische Arbeitslosigkeitsentwicklung zeigt ohne Ausnahme zwischen 1980 und 1985 einen deutlichen Anstieg in allen Berufsgruppen. Die einzelnen Berufsgruppen sind zwar unterschiedlich stark von Arbeitslosigkeit betroffen, aber unabhängig von der Berufsgruppe hat sich die Arbeitsmarktlage in diesem Zeitraum verschlechtert. Dies wird deutlich, wenn man die berufsgruppenspezifische Arbeitslosigkeit relativ zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Arbeitslosenrelationen) heranzieht. Die Arbeitslosenrelationen haben sich von 1980 auf 1985 ausnahmslos in allen Berufsgruppen erhöht. Auch die Berufe, die als "Zukunftsberufe" gelten (z.B. Ingenieure, Chemiker, dienstleistungsorientierte Berufe), erzielten zwar Beschäftigungszuwächse. Gleichzeitig aber stieg auch das Arbeitsangebot in diesen Berufen an, so daß hier die Arbeitslosigkeit trotz positiver Beschäftigungsentwicklung zunahm. Eine globale Qualifikationslücke in den "stark gefragten
Zusammenfassende
Schlußbetrachtung
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Berufen" kann also für die Bundesrepublik Deutschland nicht konstatiert werden. Die berufsstrukturelle Anpassungsfähigkeit der Volkswirtschaft zeigt sich auch darin, daß die Berufe mit negativer Beschäftigungsentwicklung ganz überwiegend auch eine negative Entwicklung des Arbeitsangebotes insgesamt aufwiesen (Kapitel 5). Die Veränderung des Arbeitslosenbestandes zwischen zwei Stichtagen ist, wie die Veränderung anderer Arbeitsmarktaggregate auch, das Resultat von einem Zustrom in und einem Abstrom aus Arbeitslosigkeit. Die Differenz zweier Bestandszahlen gibt nur die Nettoveränderung des Aggregates an und kann keine Aussage über die dahinterstehende Dynamik, also die Bruttoströme, machen. Ein jahresdurchschnittlich gleich hoher Arbeitslosenbestand kann sich einerseits aus identischen Personen zusammensetzen, die alle über das ganze Jahr hinweg permanent arbeitslos sind. Andererseits kann er sich aus sehr viel mehr Personen zusammensetzen, die jeweils nur eine kurze Dauer der Arbeitslosigkeit durchleben, wobei auch mehrere Arbeitslosigkeitsperioden bei einer Person anfallen können (Mehrfacharbeitslosigkeit). Während es im ersten Fall gar keine Austauschprozesse zwischen registrierter Arbeitslosigkeit und dem Umfeld (Beschäftigung, Nichterwerbstätigkeit) gibt, ist dieser Austauschprozeß im zweiten Fall sehr hoch (vgl. FREIBURGHAUS 1978). Das Arbeitslosigkeitsrisiko läßt sich in zwei Komponenten zerlegen: einer Komponente, arbeitslos zu werden, also der registrierten Arbeitslosigkeit zuzugehen, und einer Komponente, arbeitslos zu bleiben, also keine erneute Beschäftigung oder eine andere Alternative (Rente, Nichterwerbstätigkeit) zur Arbeitslosigkeit zu finden. Das Risiko, arbeitslos zu werden (Arbeitslosigkeitszugangsrisiko), wird durch die Zugangszahlen in Arbeitslosigkeit in Relation zu den Personen, die potentiell arbeitslos werden können (Beschäftigte), bestimmt. Das Risiko in der Arbeitslosigkeit zu verbleiben, wird durch die Dauer der Arbeitslosigkeit abgebildet. Die eitipirische Analyse der Arbeitslosigkeit nach Herkunftswirtschaftszweigen ergab, daß einerseits eine Abhängigkeit von der allgemeinen Konjunktur- und Beschäftigungsentwicklung festzustellen ist, andererseits aber auch deutliche wirtschaftszweigspezifische Unterschiede auftreten. So war eine starke Streuung der registrierten Arbeitslosigkeit nach dem Herkunftswirtschaftszweig sowohl für die absoluten als auch für die relativen Arbeitslosigkeitsbestände (Arbeitslosenrelationen) festzustellen (Kapitel 4). Die Entlassung aus Beschäftigung in Arbeitslosigkeit ist eine besonders relevante Größe in der politischen wie auch in der wissenschaftlichen Diskussion, wenn es um die durch Innovation ausgelösten Anpassungsprozesse in den Unternehmen und am Arbeitsmarkt geht. Der Strom aus Beschäftigung in Arbeitslosigkeit ist
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Innovation und
Arbeitsmarktdynamik
gleichzeitig auch einer der wenigen Arbeitsmarktströme, über den in der Bundesrepublik relativ differenzierte Informationen vorliegen. Das wirtschaftszweigspezifische Arbeitslosigkeitszugangsrisiko ist als Variable zur Beschreibung der Arbeitsplatzsicherheit in den Wirtschaftszweigen hervorragend geeignet, und offensichtlich gibt es hier eine starke Streuung. Eine mögliche Ursache für diese Streuung könnte in der unterschiedlich hohen Innovationsaktivität in den Wirtschaftszweigen liegen.
12.S Analytische Verknüpfung von Innovation und Arbeitslosigkeitskomponenten Die Innovationsaktivität ist, anders als Daten zur Arbeitsmarkt oder zur Wirtschaftsentwicklung, noch nicht in so standardisierter und valider Form erhoben. In den Wirtschaftswissenschaften wurde der technische Fortschritt lange Zeit als unerklärte Restgröße behandelt. Der Teil des sich verändernden Faktoreinsatzverhältnisses, der nicht über die Variation der relativen Faktorpreise modell-immanent zu erklären war, wurde als technischer Fortschritt deklariert. In der Bundesrepublik werden für das Verarbeitende Gewerbe seit 1979 Daten über die Innovationsaktivität in den Unternehmen vom Ifo-Institut erhoben. Ähnlich wie beim Investitions- und Konjunkturtest stützt sich das Ifo-Institut hier auf Befragungen von Unternehmen. Dabei wird ein weitgefaßter Innovationsbegriff verwendet, anhand dessen die Testteilnehmer aufgrund ihrer eigenen Einschätzung als Innovatoren oder Nichtinnovatoren erscheinen. Gefragt wird dabei vom Ifo-Institut nach Neuerungen oder wesentlichen Verbesserungen bei Produkten (Produktinnovationen) und/oder Neuerungen oder Verbesserungen bei den Fertigungs- oder Verfahrenstechniken (Prozeßinnovationen). Mit diesen Befragungen, die als Zusatzfragen zum Ifo-Konjunkturtest geschaltet werden, ist es möglich, repräsentativ für das Verarbeitende Gewerbe branchenspezifische Innovationsaktivitätsniveaus zu identifizieren (vgl. ausführlicher SCHMALHOLZ/SCHOLZ 1985). Neben den Anteilswerten innovierender Unternehmen in den Wirtschaftszweigen, die keine Angaben und Schlüsse über das Ausmaß der Innovationen zulassen, wurden zusätzlich Innovationsindikatoren entwickelt, die die Dimension der Innovationen berücksichtigen. Diese Indikatoren gehen auf umfangreiche Arbeiten, die im Rahmen der Meta-Studie II vom Ifo-Institut durchgeführt wurden, zurück. Durch diese Arbeiten, die einerseits auf Ifo-Daten beruhen, die im Rahmen des Innovationstests gewonnen wurden, und andererseits gesamtwirtschaftliche Verflechtungen berücksichtigen, ist es gelungen, Wertangaben für differenzierte Innovationsaktivitäten in den Wirtschaftszweigen für die Bundesrepublik bereitzustellen. Es wurden also nicht nur die in den Wirtschaftszweigen selbst durchgeführten Innovationen,
Zusammenfasse nde Sch lußbetrachtung
177
sondern auch die aus vorgelagerten Produktionsstufen erhaltenen Innovationen in den hier neben den Anteilsindikatoren verwendeten Wertindikatoren berücksichtigt. Dabei kann nach Produkt- und Prozeßinnovationen differenziert werden. Innovationen führen auch zu Veränderungen der Arbeitsaufgaben und damit zu Änderungen der Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten. Dies wurde in Fallstudien immer wieder gezeigt. Offen ist aber die Frage, wie die Anpassungsprozesse an die durch Innovationen veränderten Qualifikationsanforderungen erfolgen. Es ist denkbar, daß die Qualifikationsvermittlung durch Weiterqualifikation der alten Beschäftigten erfolgt (interne Anpassung), daß die Qualifikationsanpassung über die natürliche Mobilität zwischen den Wirtschaftszweigen, aus dem Ausbildungssystem in Beschäftigung und aus den Wirtschaftszweigen heraus in Nichterwerbstätigkeit oder aber auch über den externen Arbeitsmarkt durch Entlassungen der alten Beschäftigten in Arbeitslosigkeit erfolgt (externe Anpassung, vgl. zur Übersicht Schaubild 2.3). Je dominanter die zuletzt genannte externe Anpassungsstrategie ist, desto unsicherer sind die Arbeitsplätze für die Beschäftigten in den innovativen Branchen. Ihr Zugangsrisiko in Arbeitslosigkeit muß dann besonders hoch sein, und es ist mit einer positiven Korrelation von Innovationsniveau und Zugangsrisiko in Arbeitslosigkeit in den Wirtschaftszweigen zu rechnen. Dieser Zusammenhang stand im Vordergrund der WZB/AMB-Analysen zu den Arbeitsmarktwirkungen moderner Technologien. Er ist durch eine Verknüpfung von wirtschaftszweigspezifischem Innovationsniveau und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko überprüfbar (Kapitel 8-10). Darüber hinaus wurde auch der Abstrom in Nichterwerbstätigkeit analysiert (Kapitel 11).
12.6 Innovation und Arbeitslosigkeitsdynamik Bei alleiniger Berücksichtigung der Innovationsindikatoren ergeben sich für das Verarbeitende Gewerbe ausnahmslos negative Koeffizienten für die Wirkung von Innovationen auf das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko sowohl für Produkt- als auch für Prozeßinnovationen und ihre kombinierte Wirkung. In den innovativeren Wirtschaftszweigen ist also das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko geringer als in den weniger innovativen Wirtschaftszweigen. Dieser Zusammenhang ist möglicherweise auf eine günstigere Beschäftigungsentwicklung in den innovativeren Wirtschaftszweigen zurückzuführen. Ein geringeres Arbeitslosigkeitszugangsrisiko wäre dann weniger ein Hinweis auf interne qualifikatorische Anpassungsprozesse, also die Umqualifizierung in den Unternehmen (interne Flexibilität), als vielmehr ein Beschäftigungsniveaueffekt. Es wurde deshalb in der weiteren Analyse für die Veränderung des Beschäftigungsniveaus kontrolliert. Wenn also die Wirkungskette "Innovation,
178
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Arbeitsmarktdynamik
höherer Absatz, mehr Beschäftigung" greift, dann ist dies in der Beschäftigungskomponente der Modelle berücksichtigt. Die Analyse betrachtet das "Restrisiko" des Zugangs in Arbeitslosigkeit, das dann auf die externe qualifikatorische Umstrukturierung der Belegschaften zurückzuführen wäre. Ausnahmslos ergeben sich in allen Analysejahren negative Koeffizienten sowohl für die Einflüsse der Beschäftigungsniveauveränderungen auf die Arbeitslosigkeitszugangsrisiken als auch für die Koeffizienten der Innovationsindikatoren. Ein Anstieg des sektorspezifischen Beschäftigungsniveaus wirkt sich also erwartungsgemäß vermindernd auf das Zugangsrisiko zur Arbeitslosigkeit aus, und umgekehrt erhöht ein Beschäftigungsrückgang das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko. Die Koeffizienten für die Beschäftigungsveränderung unterscheiden sich allerdings nur in wenigen Fällen signifikant von Null. Dies bedeutet, daß die Ströme aus Beschäftigung in Arbeitslosigkeit offenbar neben der Beschäftigungsniveauveränderung auch durch andere Faktoren beeinflußt werden. Überraschend ist, daß die Innovationsindikatoren nahezu durchweg signifikant kleiner als Null sind. Von Produktinnovationen wird normalerweise angenommen, daß sie positiv auf die Beschäftigungsentwicklung wirken, und es wäre deshalb bei höheren Produktinnovationen auch mit einem relativ geringeren Zugangsrisiko in Arbeitslosigkeit zu rechnen gewesen. In den hier vorgestellten Regressionsanalysen ist jedoch die Beschäftigungsniveauveränderung berücksichtigt worden, und der erwartete positive Effekt der Produktinnovationen auf die Beschäftigung wird in dieser Variablen miterfaßt. Ein negativer Koeffizient der Produktinnovationen, der signifikant ist, wäre also bei Kontrolle für die Beschäftigungsentwicklung nicht mehr zu erwarten gewesen. Noch überraschender ist allerdings das Ergebnis, daß die Koeffizienten der Prozeßinnovationen ebenfalls negative Vorzeichen aufweisen, höhere Prozeßinnovationen also mit einem geringeren Zugangsrisiko in Arbeitslosigkeit verbunden sind. Die Koeffizienten für die Prozeßinnovationen sind auch in aller Regel signifikant kleiner als Null. Beim geschlechtsspezifischen Arbeitslosigkeitszugangsrisiko zeigt sich ein bedeutender Unterschied: Während die Veränderung des Beschäftigungsniveaus bei den Männern nur ausnahmsweise signifikante Koeffizienten aufweist, zeigen die Schätzungen bei den Frauen einen anderen Zusammenhang. Hier ergibt sich ein signifikanter negativer Effekt der Beschäftigungsniveauveränderung auf das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko. Bemerkenswert ist auch, daß die Modelle bei den Frauen einen sehr viel höheren Anteil der Varianz erklären können. Das Zugangsrisiko zur Arbeitslosigkeit für die Frauen hängt also offensichtlich in deutlich stärkerem Maße von der wirtschaftszweigspezifischen Beschäftigungsniveauentwicklung ab als das der Männer. Dies entspricht den segmentationstheoretischen Überlegungen zur Differenzierung der Arbeitsmärkte, die die Frauen überwiegend in das beschäftigungs-
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niveaureagible (sekundäre) Arbeitsmarktsegment einordnen, wohingegen Männer häufiger im stabileren (primären) Arbeitsmarktsegment beschäftigt sind. Die Stellung der Arbeitnehmervertretungen in den Wirtschaftszweigen kann einen Einfluß auf die Beschäftigungsstabilität und das Entlassungsverhalten der Unternehmen haben. Wie die meisten sozio-ökonomischen Einflußgrößen ist allerdings auch der Einfluß der Arbeitnehmervertretungen nur sehr schwer und auch nur mangelhaft operationalisierbar. Mit der Hilfe von Kollegen am WZB/AMB, die langjährige und umfangreiche Forschungserfahrung auf dem Gebiet industrieller Beziehungen haben, wurde ein Indikator für die Stärke der Gewerkschaften in den einzelnen Wirtschaftszweigen mittels Experten-Rating entwickelt. Es gehen selbstverständlich auch subjektive Momente in diesen Indikator mit ein, weshalb von vornherein nur eine relativ grobe Klassifizierung angestrebt wurde, die in Abhängigkeit vom Grad des gewerkschaftlichen Einflusses Werte zwischen 0 und 2 annehmen kann. Die Analysen ergaben erwartungsgemäß einen negativen Koeffizienten für die Gewerkschaftsvariable in bezug auf das Arbeitlosigkeitszugangsrisiko. Das heißt, in den Wirtschaftszweigen mit relativ stärkerer Arbeitnehmervertretung ist das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko geringer als in Wirtschaftszweigen mit schwächerer Arbeitnehmervertretung. Die ermittelten Koeffizienten waren allerdings nicht immer signifikant, was auch mit dem hier verwendeten nur sehr groben Indikator zusammenhängen kann. Der Indikator für die Einflüsse der Arbeitnehmervertretungen veränderte die Vorzeichen des Innovationsindikators nicht. Geringer qualifizierte Arbeitskräfte unterliegen bekanntermaßen einem größeren Entlassungsrisiko, was sowohl mit humankapitaltheoretischen und Transaktionskosten-Ansätzen wie auch mit segmentationstheoretischen Überlegungen begründet wird. Es wäre also zu erwarten, daß Wirtschaftszweige mit einem überproportional hohen Anteil ungelernter Arbeitskräfte ein höheres durchschnittliches Arbeitslosigkeitszugangsrisiko aufweisen als solche mit durchschnittlich höher qualifizierten Arbeitskräften. Aber auch durch das Arbeitsrecht werden unterschiedliche Entlassungsrisiken für Arbeiter und Angestellte definiert. Für die Konstruktion eines Indikators, der die unterschiedliche Qualifikationsstruktur in den Wirtschaftszweigen berücksichtigen soll, haben wir auf die Beschäftigtenstatistik zurückgegriffen und die Relation von ungelernten Arbeitern zu Facharbeitern herangezogen. Daneben wurde noch die Relation von ungelernten Arbeitern zu Angestellten gebildet, was aber weniger die Qualifikationsstruktur als die unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Absicherungen erfassen sollte. Die Qualifikationsstrukturvariablen konnten die Erklärungswerte der Regressionsgleichungen kaum erhöhen und waren nur ausnahmsweise signifikant. Die negativen Vorzeichen
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der Innovationsvariablen blieben auch bei Einbeziehung der Indikatoren für die Qualifikationsstruktur signifikant negativ. Eine unterschiedliche Betriebsgrößenstruktur in den einzelnen Wirtschaftszweigen kann die Zuströme in Arbeitslosigkeit beeinflussen. Einerseits sind die Arbeitnehmervertretungen (beispielsweise Freistellungen von Betriebsräten) und damit auch ihre Einflußmöglichkeiten betriebsgrößenabhängig, andererseits repräsentiert die Betriebsgröße in der Regel auch eine höhere Finanzkraft. Es ist deshalb möglich, daß größere Betriebe kleinere Produktionsschwankungen leichter überbrücken können, weil sie finanzstärker sind und deshalb auch flexibler sein können. In größeren Betrieben sind auch eher interne Arbeitsmärkte vorzufinden, so daß auch die interne Flexibilität von den Betriebsgrößen abhängt. Die Betriebsgrößenstruktur, die mit der durchschnittlichen Betriebsgröße abgebildet wurde, vermindert erwartungsgemäß das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko. Die Koeffizienten für die Innovationsaktivität sind auch hier - bei Berücksichtigung der Betriebsgrößenstruktur - überwiegend signifikant und im Niveau ebenfalls unverändert. Der negative Zusammenhang von Arbeitslosigkeitszugangsrisiko und Innovationsaktivität bleibt also auch hier erhalten und ist nicht auf unterschiedliche Betriebsgrößenstrukturen in den Wirtschaftszweigen zurückzuführen. Um die Bedeutung der Saisoneinflüsse auf die wirtschaftszweigspezifischen Arbeitslosigkeitszugangsrisiken zu verdeutlichen, sei an die Definition des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos erinnert. Es wurde durch die Relation von Strömen aus Beschäftigung in Arbeitslosigkeit zu den potentiell von Entlassungen Betroffenen (Beschäftigte) berechnet. In Wirtschaftszweigen mit starken Saisoneinflüssen auf Produktion und Beschäftigung wird es zu einem hohen Strom aus Beschäftigung in Arbeitslosigkeit kommen, ohne daß sich das Beschäftigungsniveau zwischen zwei Stichtagen oder im Jahresdurchschnitt verändern muß, denn neben saisonbedingten Entlassungen werden dann auch saisonbedingte Einstellungen vorgenommen. Auf Basis der Vierteljahresdaten der Beschäftigtenstatistik wurde der Saisoneinfluß auf die Beschäftigung in den Wirtschaftszweigen als Abweichung vom gleitenden Durchschnitt, also der saisonbereinigten Beschäftigungsentwicklung, ermittelt. Erwartungsgemäß war das Vorzeichen des Saisonindikators in allen Jahren der Querschnittsanalysen negativ, d.h. in Wirtschaftszweigen mit höheren saisonalen Schwankungen der Beschäftigung ist auch das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko größer. Die Erklärungswerte der Regressionsgleichungen stiegen durch die Berücksichtigung des Saisonindikators erheblich auf deutlich über 50 % an. Die Regressionskoeffizienten der Innovationsindikatoren blieben jedoch auch hier weiter signifikant negativ.
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12.7 Innovation und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in der kombinierten Querschnitts-/Längsschnittanalyse Die vorgestellten Querschnittsanalysen in den einzelnen Jahren beruhten aufgrund der Datenrestriktionen auf jeweils 21 Beobachtungen. Um mehr Beobachtungswerte in die Analysen einzubeziehen, aber vor allem auch um die Zeitdimension - also den Längsschnittaspekt - berücksichtigen zu können, wurde ein kombinierter Querschnitts-/Längsschnittdatensatz konstruiert. Querschnittsanalysen können - auch wenn sie zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt werden - zwar Zusammenhänge über die relative Position der einzelnen Wirtschaftszweige in Abhängigkeit von exogenen Größen geben, aber eine Übertragung der Querschnittsergebnisse auf die Entwicklung, also den Längsschnitt, ist nicht ohne weiteres zulässig. Beispielsweise kann aus dem negativen Zusammenhang zwischen der Innovationsaktivität und dem Arbeitslosigkeitszugangsrisiko in der Querschnittsanalyse nicht geschlossen werden, daß eine Erhöhung der Innovationsaktivität innerhalb eines Wirtschaftszweiges das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko vermindert. Vielmehr kann im Längsschnitt der entgegengesetzte Effekt eintreten. Das Verhältnis und die Relevanz von Querschnittsergebnissen für Entwicklungsaussagen ist ein altes Problem in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die häufig einem Fehlschluß unterlagen und Querschnittsergebnisse auf die Längsschnittentwicklung projizierten. Gerechtfertigt sind die Prognosen aber nur dann, wenn zuvor eine Überprüfung der Zusammenhänge über die Zeit vorgenommen wurde. Dies war mit dem kombinierten Querschnitts-/Längsschnittdatensatz möglich. Zunächst wurde mit dem gepoolten Datensatz eine Regressionsanalyse durchgeführt, die als einzige erklärende Variable den Innovationsindikator enthält. Es zeigt sich, daß der Innovationsindikator im einfachen Modell signifikant negativ ist, gleichzeitig aber auch die erklärte Varianz mit rund 22 % relativ gering und nicht höher als in den Querschnittsschätzungen für die einzelnen Jahre ist. Die Berücksichtigung sich verändernder Absolutwerte über die Zeit beläßt das signifikant negative Vorzeichen des Innovationsindikators unberührt, und gleichzeitig sind alle Dummy-Variablen für die unterschiedlichen Jahre signifikant; die erklärte Varianz erhöht sich leicht. Die Einbeziehung weiterer erklärender Variablen, wie die Beschäftigungsniveauveränderung, die industriellen Beziehungen, die Qualifikationsund Betriebsgrößenstruktur und die Saisonabhängigkeit, erhöht den durch die Regressionsgleichung erklärten Varianzanteil auf rund 60 %, und die Einbeziehung von Dummies für die Wirtschaftszweige läßt den erklärten Varianzanteil auf rund 90 % ansteigen. Gleichzeitig verliert der Regressionskoeffizient des Innovationsindikators seinen signifikanten Wert.
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Der Regressionskoeffizient für den Innovationsindikator und auch die Koeffizienten für die Stellung der Arbeitnehmervertretung in den Wirtschaftszweigen sowie die Saisonkomponente sind in allen querschnittsorientierten Analysen signifikant, erklären also einen Teil der Variation des Arbeitslosigkeitszugangsrisikos zwischen den Wirtschaftszweigen. In den längsschnittorientierten Gleichungen verlieren sie jedoch ihre Bedeutung. Diese Variablen können also die differierenden Arbeitslosigkeitszugangsrisiken zwischen den Wirtschaftszweigen erklären, aber nicht die Variation des Arbeitslosigkeitszugangrisikos über die Zeit innerhalb eines Wirtschaftszweiges. Die Wirkung der Innovationsindikatoren auf das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko im Querschnitt, also über die Wirtschaftszweige, und im Längsschnitt, also innerhalb der Wirtschaftszweige, erscheint zunächst widersprüchlich. Dennoch sind beide Ergebnisse kompatibel. Es sei nochmals an die Ursprungsfrage dieser Analyse erinnert: Es ging um Arbeitsmarktprozesse, die durch Innovationen und nachfolgende Qualifikationsanpassungen ausgelöst werden. Es ging hier nicht um die Frage, ob Innovationen das Beschäftigungsniveau positiv oder negativ beeinflussen. Selbstverständlich hat die Veränderung des Beschäftigungsniveaus eine Auswirkung auf das Arbeitlosigkeitszugangsrisiko, was sich ja auch in den Analysen zeigt. Allerdings hat diese Komponente weniger mit den qualifikatorischen Anpassungsprozessen zu tun, weshalb sie als exogene Variable berücksichtigt wurde. Hinter dem Befund, daß innovativere Wirtschaftszweige ein geringeres Arbeitslosigkeitszugangsrisiko aufweisen als die weniger innovativen Wirtschaftszweige, stehen sozio-ökonomisch hochkomplexe Wirkungsketten, die im empirischen Detail nicht in der aggregierten Analyse ermittelt werden können. Wenn aber kein direkter Wirkungszusammenhang zwischen Innovation und Personalanpassung besteht, sondern dieser erst durch sozio-ökonomische Faktoren vermittelt wird, dann sind Veränderungen des ermittelten Zusammenhanges von Innovationsaktivität und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko nur zu erwarten, wenn sich die die Wirkungsketten determinierenden Faktoren verschieben. Es ist nicht anzunehmen, daß sich diese Faktoren, die diese Wirkungsketten determinieren, kurzfristig verändern, sondern sie werden vielmehr eine hohe Stabilität über die Zeit aufweisen. Es ist deshalb auch nicht zu erwarten, daß variierende Innovationsaktivitäten das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko im Längsschnitt, also innerhalb eines Wirtschaftszweiges, in kürzeren Zeiträumen verändern. Zudem zeigt sich eine relativ hohe Autokorrelation der Innovationsindikatoren, d.h. Wirtschaftszweige mit einem hohen Wert für den Innovationsindikator hatten diesen tendenziell in allen Jahren. Die Verwendung unterschiedlicher, auch wertbezogener Indikatoren, die eine höhere Variation über die Zeit aufweisen, kam zu prinzipiell gleichen Ergebnissen. Allerdings ist auf eine bedeutende Ausnahme hinzuweisen: Für Prozeßinnovationen ergab sich in bezug auf das Arbeitslosigkeitszu-
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gangsrisiko in der längsschnittorientierten Analyse ein positiver Regressionskoeffizient. Mit zunehmender Innovationsaktivität innerhalb eines Wirtschaftszweiges nimmt also das für andere Faktoren kontrollierte Arbeitslosigkeitszugangsrisiko zu. Wenn auch hier die Längsschnittanalysen aufgrund der wenigen verfügbaren Daten (seit 1981) nur begrenzt aussagefähig sind, zeigen die Analyseergebnisse der kombinierten Querschnitts-/Längsschnittanalysen doch, daß man mit Übertragungen von Querschnittsergebnissen auf den Längsschnitt äußerst vorsichtig sein muß, weil die Verallgemeinerung über die Zeit häufig nicht gilt, ja gegenläufige Zusammenhänge auftreten können. Ähnliche Zusammenhänge wie für den Innovationsindikator zeigen sich für die Variablen, die die industriellen Beziehungen und die Saisoneinflüsse berücksichtigen sollen. Diese Variablen haben eine hohe Erklärungskraft im Querschnitt, der jedoch in der Längsschnittbetrachtung verlorengeht. Hier wird die Wirkung der Variablen durch die wirtschaftszweigspezifischen Dummies "aufgesogen", d.h. sie sind wirtschaftszweigtypisch und variieren kaum über die Zeit, weshalb ihr Erklärungsbeitrag in der Längsschnittanalyse verlorengeht. Geradezu umgekehrt wie in den zuvor genannten Fällen verhält es sich mit der Veränderung des Beschäftigungsniveaus. Zwar hat die Veränderung des Beschäftigungsniveaus auch einen signifikanten Einfluß auf die Arbeitslosigkeitszugangsrisiken in der Querschnittsbetrachtung, aber es zeigt sich, daß - gemessen am Signifikanzniveau - die Bedeutung der Beschäftigungsniveauveränderung in der Längsschnittbetrachtung zunimmt.
12.8 Innovation und Abstrom in Nichterwerbstätigkeit Wenn neue Qualifikationen durch den Generationswechsel in das Produktionssystem getragen werden, dann wäre zu erwarten, daß in den innovativeren Wirtschaftszweigen eine tendenziell jüngere Altersstruktur der Beschäftigten vorzufinden ist. Die Analyse der Altersstruktur in den Wirtschaftszweigen im Zusammenhang mit den Innovationsaktivitäten zeigte keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen. Es konnte also zumindest in der Querschnittsanalyse kein Zusammenhang zwischen wirtschaftszweigspezifischen Innovationsaktivitäten und der Altersstruktur der Beschäftigten gefunden werden. Um zu analysieren, inwieweit der Strom in Nichterwerbstätigkeit der externen Qualifikationsanpassung in den Wirtschaftszweigen dient, sind Stromdaten notwendig, die in der Bundesrepublik jedoch nur auf gesamtwirtschaftlicher Ebene mit der Arbeitskräftegesamtrechnung des IAB vorliegen. Für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wäre es prinzipiell möglich, eine Mobilitätstabelle zwischen wirt-
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schaftszweigspezifischer Beschäftigung und Nichterwerbstätigkeit zu erstellen. Auch wäre es im Prinzip möglich, Längsschnittprofile von individuellen Erwerbsbiographien darzustellen. Über die Sozialversicherungsnummer könnte anonymisiert jeder Wechsel des Erwerbsstatus wie auch des Wirtschaftszweiges erfaßt werden. Jedoch wird von dieser Möglichkeit in der Bundesrepublik kein Gebrauch gemacht. Die stromgrößenorientierte Analyse von Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit wurde durch eine Mikrozensus-Sonderauswertung möglich, die das Statistische Bundesamt für das WZB/AMB durchgeführt hat. Der Abstrom aus Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit für die Altersgruppen unter 55 Jahren, 55 bis 60 Jahre sowie 60 Jahre und älter wurde zum Anfangsbestand der Beschäftigten in Beziehung gesetzt, so daß eine für die Wirtschaftszweige vergleichbare relative Abstromzahl von Beschäftigung in Nichterwerbstätigkeit konstruiert wurde. Die relative Abstromzahl in Nichterwerbstätigkeit wurde als abhängige Variable in die Regressionsanalysen eingebracht und auf die wirtschaftszweigspezifische Innovationsaktivität, die wirtschaftszweigspezifische Beschäftigungsniveauveränderung und die Betriebsgrößenstruktur regressiert. Auf dieser Basis zeigten sich keine statistisch signifikanten Zusammenhänge zwischen der Beschäftigungsniveauveränderung und der Innovationsaktivität auf die Übergangsrelation in Nichterwerbstätigkeit. Es ergab sich aber ein positiver Regressionskoeffizient der Betriebsgrößenstruktur für die älteren Beschäftigten. Das heißt, mit der Betriebsgrößenstruktur nimmt die Tendenz zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu.
12.9 Quintessenz In dieser Studie stand der Zusammenhang zwischen Innovation und den Anpassungsprozessen am Arbeitsmarkt im Vordergrund. Es ging nicht um die Analyse von technischem Fortschritt und Beschäftigungsniveau (vgl. hierzu BLAZECJAK 1989, EDLER 1989, MEYER-KRAHMER 1989). Die adäquate Analyse von Anpassungsprozessen erfordert die Entwicklung stromgrößerorientierter Untersuchungsansätze, weil Bestandsveränderungen die Dynamik am Arbeitsmarkt nicht ausreichend abbilden. Es wurden deshalb Mobilitätsanalysen für den Zugang zu Arbeitsplätzen mit modernen Technologien, für die Arbeitskraftströme zwischen den Wirtschaftszweigen und für die Ströme aus Beschäftigung in Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit durchgeführt. Durch die Einbeziehung der Ifo-Innovations-Indikatoren ist eine direkte analytische Verknüpfung von Innovation und Anpassungsprozessen am Arbeitsmarkt gelungen. Dabei konnte gegenüber Studien mit vergleichbaren Forschungsanstrengungen (vgl. National Science Foundation CYERT/MOWERY 1987, PODGURSKY
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1988, Office of Technology Assessment (OTA) 1986) ein wesentlicher Fortschritt erzielt werden. Die Forschungen können hier aber auch in methodischer Hinsicht keinesfalls als abgeschlossen angesehen werden. Vielmehr wurde eine Tür geöffnet, die wiederum Zugang zu neuen Forschungsfragen verschaffen kann. Die Analyse hat gezeigt, daß die Dynamik am Arbeitsmarkt erheblich höher ist, als es Bestandsveränderungen von Arbeitsmarktaggregaten vermuten lassen. Diese hohe Dynamik steht Vorstellungen von einem sklerotischen Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik entgegen und liefert einen weiteren Beleg dafür, daß die Beschäftigungs- und Arbeitslosigkeitsprobleme in der Bundesrepublik weniger auf arbeitsmarktimmanente Strukturprobleme zurückzuführen sind (vgl. FRANZ 1987). Innovativere Wirtschaftszweige haben - so das zentrale und überraschende Ergebnis dieser Studie - offenbar einen geringeren Austausch mit der Arbeitslosigkeit als die weniger innovativen Wirtschaftszweige, was sich in einem signifikant geringeren Arbeitslosigkeitszugangsrisiko niederschlägt. Der inverse Zusammenhang zwischen Innovationen und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko bleibt auch dann erhalten, wenn weitere relevante Einflußfaktoren wie die Beschäftigungsniveauveränderung, saisonale Beschäftigungsschwankungen, die Qualifikationsstruktur, der Einfluß industrieller Beziehungen und die Betriebsgrößenstruktur berücksichtigt werden. In den innovativeren Wirtschaftszweigen ist das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko immer geringer als in den weniger innovativen Wirtschaftszweigen. Aus diesem Querschnittszusammenhang kann aber nicht geschlossen werden, daß eine erhöhte Innovationsaktivität innerhalb eines Wirtschaftszweiges das Arbeitslosigkeitszugangsrisiko vermindert. Die kombinierten Querschnitts-/Längsschnittanalysen lieferten Hinweise darauf, daß eine einfache Übertragung der Querschnittsergebnisse auf die Entwicklung also über die Zeit hinweg - nicht gerechtfertigt ist. Der Zusammenhang zwischen Innovationen und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko ist vielmehr wirtschaftszweigspezifisch und nur über Hintergrundfaktoren kausal zu erklären. In der Tendenz werden die hier vorgelegten Ergebnisse von betriebsorientierten Analysen (vgl. EWERS/BECKER/FRITSCH 1989a, 1989b, HÖFLICH-HÄBERLEIN/HÄBLER 1989) gestützt. Eine Detailanalyse der Prozeßdeterminanten, die hinter den hier vorgelegten Ergebnissen stehen, erscheint sehr lohnend. Welches sind die verursachenden Faktoren, die den negativen Zusammenhang zwischen Innovationsaktivität und Arbeitslosigkeitszugangsrisiko erklären können? In der Innovationstheorie gewinnen die Erklärungsansätze an Bedeutung, die einen evolutionsorientierten Erklärungsansatz verfolgen (vgl. ROSENBERG 1976, DAVID 1975, 1982, NELSON/WINTER 1982, DOSI 1988, KROMPHARDT/TESCHNER 1988). Die Verknüpfung dieser mehr auf den eigentlichen Innovationsprozeß gerichteten Forschungsanstrengungen mit Arbeitsmarktaspekten verspricht eine fruchtbare zukünftige Entwicklung zu sein.
13.
Tabellenanhang
Wir danken dem Bundesministerium für Forschung und Technologie, dessen freundliche Unterstützung die Veröffentlichung der Daten und Tabellen erst möglich gemacht hat.
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