170 30 51MB
German Pages 422 [421] Year 1988
Angewandte Geophysik Band 3
Angewandte
Geophysik Herausgegeben von H. Militzer und F. Weber Band 3
Seismik Mit Beiträgen von B. Forkmann, H. Militzer, R. Rösler, R. Schmöller und F. Weber Mit 239 Abbildungen und 9 Tabellen
Springer-Verlag
Akademie-Verlag
Wien New York
Berlin
Dr. rer. nat. habil.
H E I N Z MTT.TTZER
Ordentlicher Professor für Geophysik an der Bergakademie Freiberg, Deutsche Demokratische Bepublik
Dr. phil.
FRANZ W E B E R
Ordentlicher Professor für Geophysik an der Montanuniversität Leoben, Österreich Vertriebsrechte für alle Staaten mit Ausnahme der sozialistischen Länder: Springer-Verlag Wien—New York Vertriebsrechte für die sozialistischen Länder: Akademie-Verlag Berlin
Das Werk erscheint als Gemeinschaftspublikation im Springer-Verlag Wien—New York und im Akademie-Verlag Berlin Akademie-Verlag Berlin Springer-Verlag W i e n - N e w York Springer-Verlag New Y o r k - W i e n
ISBN 3-05-500271-7 ISBN 3-211-81799-9 ISBN 0-387-81799-9
1987 © 1987 by Springer-Verlag Wien/Akademie-Verlag Berlin Lizenznummer: 202 • 100/448/87 Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung: VEB Druckhaus „Maxim Gorki", 7400 Altenburg Lektor: Dipl.-Met. Heide Deutscher LSV 1445 Bestellnummer: 7635564 (6745/3) 06800
Vorwort
I m nunmehr vorliegenden dritten und letzten Band des Lehrwerkes „Angewandte Geophysik" werden die theoretischen, methodischen und apparativtechnischen Grundlagen der Erkundungsseismik schwerpunktartig so dargestellt, wie sie in die Methodik zur Prospektion auf Erdöl und Erdgas Eingang gefunden haben. Besonderheiten der angewandten Seismik, die sich aus spezifischen Aufgaben wie Strukturanalyse und Kennwertermittlung für den Ingenieur- und Bergbau über- und untertage oder Erkundung großer Tiefen in Kruste und oberem Erdmantel ergeben, finden nur insofern Berücksichtigung, als es zum Verständnis um die anhaltende Entwicklung und das Erschließen neuer Anwendungsgebiete notwendig erscheint. In der Entwicklung der Erkundungsseismik kommt das hohe Tempo des wissenschaftlich-technischen Fortschritts der angewandten Geophysik unserer Zeit besonders deutlich zum Ausdruck. Auf Teilgebieten haben Theorie, Methodik und Anwendung in Verbindung mit apparativ-technischen Neuentwicklungen zur Datengewinnung, -Verarbeitung, -darstellung und -interpretation zum Teil völlig neue Bereiche erschlossen und Aussagen ermöglicht, die das Risiko geologischer Such- und Erkundungsarbeiten wesentlich verringern. Eckpunkte der Entwicklung waren die Einführung von Methoden mit sprengstoffloser Energieanregung und einer durchgehenden Digitaltechnik. Nachdem bei landseismischen Messungen lange J a h r e 24kanalige Apparaturen im Einsatz waren, sind es heute vorwiegend solche mit 96 Kanälen, und perspektivisch liegen Datenaufnahmesysteme mit mehreren tausend Kanälen im Bereich des Möglichen und Notwendigen. I n der Seeseismik gibt es bereits heute Apparaturen mit mehr als 200 Kanälen. — Wesentliche Impulse für diese rasche Entwicklung kommen aus der Satellitentechnik und der Telemetrie. Im erreichten Stand der seismischen Datenverarbeitung spiegeln sich deutlich die Fortschritte der modernen Informationstheorie und Rechentechnik wider. Bestehende Wechselwirkungen drücken sich nicht zuletzt dadurch aus, daß die Zentren der seismischen Datenverarbeitung schon frühzeitig bedeutende Abnehmer hochleistungsfähiger Rechenanlagen mit großer Speicherkapazität und hoher Operationsgeschwindigkeit gewesen sind. Die Fortschritte in der Auswertung und Interpretation werden durch erreichte Verbesserungen im Auflösungsvermögen sowie die Einführung neuer Methoden — z. B. der seismischen Vertikalprofilierung oder der seis-
6
Vorwort
mischen Modellierung — deutlich. Sie haben wesentlichen Anteil an den enger gewordenen Verbindungen der angewandten Geophysik zur Geologie sowie zu den Montan- und Ingenieur Wissenschaften. Die Möglichkeiten der Seismik reichen heute weit über die Analyse von Struktursituationen hinaus. Vielmehr bilden sie eine tragfähige Basis für stratigraphische Einordnungen, den Nachweis von Formationsinhalten, z. B. über die DHI-Methoden (directhydrocarbonindicators) sowie die Ermittlung petrophysikalischer Kennwerte für den Ingenieur- und Bergbau. In didaktischer Hinsicht werden auch in diesem Band die wesentlichen mathematischen Grundlagen so dargeboten, daß der an der Theorie weniger interessierte Leser in den übrigen Kapiteln das notwendige Verständnis für den Gegenstand findet. Technische Einzelheiten treten zugunsten von Beschreibungen des Prinzips, der Funktion sowie des Leistungsvermögens anhand ausgewählter Beispiele zurück. Ein tieferes Eindringen in das Fachgebiet erfordert das Studium weiterführender Spezialliteratur, die in großem Umfang für Teilgebiete in englischer und russischer Sprache zur Verfügung steht. Herausgeber und Autoren standen vor der schwierigen Aufgabe, die große Stoffülle in einem begrenzten Rahmen darzustellen, der aus Gründen der Verlagstechnik sowie der Kosten gegeben war. — Die Herausgeber danken den Autoren für ihr Verständnis um die Berücksichtigung der zum Teil als drückend empfundenen, dennoch erforderlich gewesenen Einschränkungen. Für das Verständnis und die richtige Einschätzung von Aussagemöglichkeiten der Reflexionsseismik waren nach didaktischen Gesichtspunkten ausgewählte und geologisch bestätigte Beispiele aus der Praxis unerläßlich. Dieses Ziel war nur mit der großzügigen Unterstützung durch die Erdölindustrie zu erreichen, dank deren Entgegenkommen auf ein umfassendes, unveröffentlichtes Material zurückgegriffen werden konnte. — Die Herausgeber und Autoren sind daher folgenden Gesellschaften, Betrieben und Fachkollegen für die verständnisvolle Förderung zu größtem Dank verpflichtet: dem Vorstand der ÖMV-AG/Wien sowie deren Chefgeologen Herrn Professor Dr. KRÖLL und Herrn Professor Dr. ZYCH, dem Vorstand der Rohöl-Aufsuchungsgesellschaft m. b. H./Wien, insbesondere Herrn Direktor Dr. MÄLZER und Herrn Dr. KITTLER, der Geschäftsleitung der Prakla-Seismos/Hannover, insbesondere ihrem Vorsitzenden Herrn Dr. TRAPPE, dem Volkseigenen Kombinat Geophysik/Leipzig, insbesondere dem Generaldirektor, Herrn Dipl. Min. KÖRNER. Der Forschungsgesellschaft Joanneum Graz — Leoben wird für das Zurverfügungstellen ihrer Infrastruktur herzlich gedankt. Aufrichtiger Dank gilt auch einer Reihe von Mitarbeitern des Wissenschaftsbereiches Angewandte Geophysik der Bergakademie Freiberg und der Montanuniversität Leoben, insbesondere Herrn Dr. KÄPPLER/Freiberg sowie Herrn cand. ing. HARTMANN/Leoben für ihre tatkräftige Mitarbeit bei der Manuskriptvorbereitung. HEINZ MILITZER
FRANZ WEBER
Inhaltsverzeichnis
1.
Einführung
14
D r . rer n a t . habil. HEINZ MILITZER, ordentlicher Professor f ü r Geophysik a n der Bergakademie Freiberg
2.
Theorie seismischer Wellen
21
D r . rer. n a t . habil. ROI/F RÖSLER, ordentlicher Professor f ü r Geophysik an der Bergakademie Freiberg 2.1. 2.1.1. 2.1.2. 2.1.3.
Allgemeine Grundlagen Definition seismischer Wellen D e f o r m a t i o n e n im elastischen Medium Elastische S p a n n u n g e n in festen K ö r p e r n
21 21 21 22
2.2. 2.2.1. 2.2.2.
Stoffgesetze als V e r k n ü p f u n g von S p a n n u n g e n u n d D e f o r m a t i o n e n . Ideale Elastizität Anelastizität
2.3. 2.3.1. 2.3.1.1. 2.3.1.2. 2.3.1.3. 2.3.1.4. 2.3.2. 2.3.3.
Die Wellengleichung u n d einige wichtige Lösungen im unbegrenzten Raum Isotropes Material Kompressions-(P-) u n d Scherungs-(S-) Wellen E b e n e Wellen Kugelwellen Zylinderwellen Anisotropes Material Seismische Wellen im anelastischen Material
26 26 26 28 29 31 32 33
2.4. 2.4.1. 2.4.2. 2.4.2.1. 2.4.2.2. 2.4.2.3. 2.4.3. 2.4.3.1. 2.4.3.2. 2.4.3.3.
D a s Wellenfeld im geschichteten R a u m Stetigkeitsbedingungen a n Diskontinuitätsflächen Reflexion u n d B r e c h u n g ebener Wellen a n Diskontinuitätsflächen . . . Die einfallende Welle ist eine SH-Welle Die einfallende Welle ist eine P-Welle Die einfallende Welle ist eine SV-Welle Oberflächen- u n d Grenzschichtwellen RAYLEIGH-Wellen L o VE-Wellen K a n a l - oder Flözwellen
35 35 35 37 37 39 39 40 42 43
. .
23 23 25
8
Inhaltsverzeichnis
2.5. 2.5.1. 2.5.1.1. 2.5.1.2. 2.5.2.
Die Berechnung reflexionsseismischer Wellenfelder Methode der Integralgleichungen Die KmcHHOFFsche Formel Die Anwendung der KmcHHorrschen Formel auf Diffraktionswellen . . Methoden der endlichen Differenzen
45 45 45 45 47
3.
Petrophysikalische Grundlagen
49
Dr. rer. nat. habil. H E I N Z M I L I T Z E R , ordentlicher Professor für Geophysik an der Bergakademie Freiberg 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3.
Ausbreitungsgeschwindigkeit Allgemeine Grundlagen Geschwindigkeitsbestimmungen unter Laborbedingungen Einige Ergebnisse von Geschwindigkeitsbestimmungen an Gesteinsproben
49 49 51 55
3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3.
Absorption Allgemeine Grundlagen Bestimmung des Absorptionskoeffizienten unter Laborbedingungen . . Einige Ergebnisse der Bestimmung von Absorptionskoeffizienten an Gesteinsproben
57 57 59
3.3. 3.3.1. 3.3.2.
Schallhärte Allgemeine Grundlagen Einige Daten zur Schallhärte
62 62 64
4.
Apparativ-methodische Grundlagen
65
59
D r . rer. n a t BERNHARD FORKMANN, wissenschaftlicher Oberassistent a m
Wissenschaftsbereich Angewandte Geophysik der Bergakademie Freiberg, Tit. ao. Prof. Dipl. Ing. Dr. mont. R U P E R T S C H M Ö L L E R , Universitätsdozent für angewandte Geophysik an der Montanuniversität Leoben 4.1. 4.1.1. 4.1.2. 4.1.3. 4.1.4.
Anregung seismischer Wellen Übersicht Impulsanregung Vibrationsanregung Richtstrahlcharakteristik
65 65 67 73 79
4.2. 4.2.1. 4.2.2. 4.2.3. 4.2.4.
Aufnahme seismischer Wellen Übersicht Geophone Hydrophone Bündelung
81 81 81 85 86
4.3. 4.3.1. 4.3.2. 4.3.3. 4.3.4. 4.3.4.1. 4.3.4.2. 4.3.4.3. 4.3.4.4.
Registrierapparaturen Übersicht Analogapparaturen Digitalapparaturen Zusatz- und Spezialgeräte Telemetriesysteme Signalgenerator für Vibratorsteuerung Korrelator/Summator Stapelapparatur für Ingenieurseismik
93 93 97 99 102 102 103 103 105
Inhaltsverzeichnis 6.
Methodik seismischer Erkundungsarbeiten
9 106
Tit. ao. Prof. Dipl. Ing. Dr. mont. R U P E R T S C H M Ö L L E R , Universitätsdozent für angewandte Geophysik an der Montanuniversität Leoben 5.1.
Projektierung
106
5.2. 5.2.1. 5.2.2. 5.2.2.1. 5.2.2.2. 5.2.2.3. 5.2.2.3.1. 5.2.2.3.2. 5.2.2.4. 5.2.2.5. 5.2.2.5.1. 5.2.2.5.2. 5.2.2.5.3. 5.2.2.6.
Feldmethodik der Reflexionsseismik Trupporganisation Methodik der Feldarbeiten Energieanregung Beobachtungssohemata Besonderheiten der Scherwellenseismik Scherwellenerzeugung Aufnahmetechnik in der Scherwellenseismik Besonderheiten der 3D-Seismik Hilfsprozesse Störwellenanalyse Aufzeitschießen Refraktionsseismische Kurzaufstellungen Datenkontrolle und -aufbereitung
107 107 109 109 110 114 115 116 117 121 121 123 123 124
5.3. 5.3.1. 5.3.2. 5.3.3. 5.3.3.1. 5.3.3.2. 5.3.3.3. 5.3.4.
Besonderheiten der Seeseismik Organisation Meßtechnik auf See Positionsbestimmung auf See Radio-Navigation Satelliten-Navigation Andere Navigationssysteme Flachwasserseismik
125 125 125 127 127 128 129 129
5.4.
Feldmethodik der Refraktionsseismik
130
6.
Geschwindigkeitsbestimmung
133
D r . rer. n a t . BERNHARD FORKMANN, wissenschaftlicher Oberassistent a m
Wissenschaftsbereich Angewandte Geophysik der Bergakademie Freiberg 6.1.
Modellbetrachtungen
133
6.2.
Geschwindigkeitsdefinitionen
134
6.3.
Geschwindigkeitsbestimmung aus seismischen Messungen in Bohrungen . 138
6.4.
Geschwindigkeitsbestimmung aus reflexionsseismischen Messungen . . . 143
6.5.
Geschwindigkeitsbestimmung aus refraktionsseismischen Messungen . . 147
6.6.
Geschwindigkeitsansatz
149
Grundlagen der Analyse seismischer Signale
152
7.
D r . rer. n a t . BERNHARD FORKMANN, wissenschaftlicher Oberassistent a m
Wissenschaftsbereich Angewandte Geophysik der Bergakademie Freiberg, Dr. rer. nat. habil. ROLF RÖSLER, ordentlicher Professor für Geophysik an der Bergakademie Freiberg 7.1. 7.1.1. 7.1.2. 7.1.3.
Systemtheoretische Betrachtungen zur Entstehung des Seismogramms . 152 Lineare Systeme 152 Ubertragungsfunktion und Impulsantwort 153 Physikalisch realisierbare Systeme 154
10
Inhaltsverzeichnis
7.2. 7.2.1. 7.2.1.1. 7.2.1.2. 7.2.1.3. 7.2.2. 7.2.3. 7.2.4. 7.2.4.1. 7.2.4.2. 7.2.5.
Das digitalisierte Seismogramm als diskrete (getastete) Funktion . . . . Die Abtastung Das Abtast-Theorem Der Aliasing-Effekt Die Signalrekonstruktion Die Übertragungsfunktion diskreter Systeme Die Z-Transformation Das Signalkonzept Die Definition des digitalen Wavelets Das seismische Modellsignal Das synthetische Seismogramm
155 155 155 156 157 157 159 159 159 162 166
7.3. 7.3.1. 7.3.2. 7.3.2.1. 7.3.2.2. 7.3.3.
Digitale Filter Der Zusammenhang mit analogen Frequenzfiltern Die Darstellung digitaler Frequenzfilter Die Umwandlung von analogen in digitale Frequenzfilter Digitale Nullphasenfilter Geschwindigkeitsfilter
170 170 172 172 172 174
7.4. 7.4.1. 7.4.2. 7.4.3. 7.4.4.
Das Seismogramm als stationäre Wertereihe Das Impulsseismogramm als Zufallsprozeß Stationarität und Ergodizität Die Auto- und Kreuzkorrelationsfunktion Die Dekonvolution
177 177 178 179 181
7.4.4.2. 7.4.4.3.
Vorhersage-Filterung Homomorphe Dekonvolution
184 185
8.
Bearbeitung reflexionsseismischer Daten
188
7.4.4.1.
Optimalfilter nach WIENER
182
Tit. ao. Prof. Dipl. Ing. Dr. mont. RUPEBT SCHMÖLLER, Universitätsdozent für angewandte Geophysik an der Montanuniversität Leoben 8.1.
Stellung der Bearbeitung im Gesamtprozeß
188
8.2.
Zielstellung der seismischen Datenbearbeitung
8.3.
Methoden der seismischen Datenbearbeitung
. 190 193
8.4.
Darstellungsmöglichkeiten der seismischen Informationen
195
8.4.1. 8.4.2. 8.4.3.
Profildarstellungen Flächendarstellungen Andere Darstellungen
194 197 200
8.5.
Rechentechnik
200
8.6.
Technologie der Datenbearbeitung
203
8.7.
Standardmäßige Datenbearbeitungsprozesse
205
8.7.1. 8.7.2. 8.7.3. 8.7.4. 8.7.5. 8.7.6. 8.7.7. 8.7.8.
Vorbereitungsphase 205 Amplitudenausgleich 207 Statische Korrekturen und automatische statische Restkorrekturen. . . 207 Dynamische Korrektur 210 Unterdrückung von Erst- und Refraktionseinsätzen 212 Die CMP-Stapelung 212 Frequenzfilterung 213 Inverse Filterung 215
Inhaltsverzeichnis
11
8.8. 8.8.1. 8.8.1.1. 8.8.1.2. 8.8.1.3. 8.8.1.4. 8.8.1.5. 8.8.2. 8.8.3.
Weiterführende Bearbeitungen Seismische Migration Horizontalmigration Wellenfrontmigration und Diffraktionsstapeln Migration als Lösung der Wellengleichung Tiefenmigration 3 D-Migration Geschwindigkeitsfilter Waveletprocessing
217 217 218 220 221 223 225 227 228
9.
Auswertung und Darstellung seismischer Daten
232
Dr. phil. F R A N Z W E B E B , ordentlicher Professor für Geophysik an der Montanuniversität Leoben 9.1. 9.1.1. 9.1.2. 9.1.3. 9.1.3.1. 9.1.3.2.
Geometrie der Wellenwege und zugehörige Laufzeitkurven (Reflexionsseismik) 232 Reflexion an einer Schichtgrenze 232 Horizontaler «-Schichtfall 234 Dreidimensionaler Fall 235 Schußpunkt liegt im Profil 235 Schußpunkt liegt außerhalb des Profils 238
9.2. 9.2.1, 9.2.2.
Einige einfache Anwendungen bei der Tiefendarstellung von Reflexionen 239 Tangentenmethode 239 Spiegelpunktmethode 240
9.3. 9.3.1. 9.3.2. 9.3.3. 9.3.4.
Gradientmedien Problemstellung Allgemeine Beziehungen Lineare Geschwindigkeitszunahme mit der Tiefe Wellenfrontkarten
240 240 242 243 244
9.4.
Beugungswellen
245
9.5. 9.5.1. 9.5.2. 9.5.3.
Mehrfachreflexionen (multiple Reflexionen) Multiple mit langem Weg Mehrfachreflexionen mit kurzem Wellenweg Abschwächung und Eliminierung von Mehrfachreflexionen
240 252 259 252
9.6. 9.6.1. 9.6.2. 9.6.3. 9.6.4.
Spezielle Lagerungsformen Gekrümmte Reflektoren Antiklinale Synklinale Brüche
253 253 254 255 256
9.7. 9.7.1. 9.7.2. 9.7.3. 9.7.4. 9.7.5. 9.7.6. 9.7.7. 9.7.7.1. 9.7.7.2.
Geologische Modellierung reflexionsseismischer Ergebnisse Kriterien für das Erkennen von Reflexionen Kontrolle des Datenmaterials Zeit- und Tiefenprofile Kartendarstellung Synthetische Seismogramme Vertikales seismisches Profilieren Modellexperimente Impedanzlog Synthetisches Soniclog-Pseudovelocitylog
256 261 263 264 265 266 266 270 270 272
12
Inhaltsverzeichnis
9.7.8. 9.7.9.
Amplitudenauswertung 3 D-Seismik
273 276
9.8. 9.8.1. 9.8.2. 9.8.3. 9.8.4. 9.8.4.1. 9.8.4.2. 9.8.4.3.
Refraktionsseismik Allgemeines Horizontale Grenzflächen Geneigte Grenzfläche Unebene Grenzfläche Differenzenmethode Delay-Zeitverfahren Methode von PALMER (GRM = generalized reciprocal method) . . . .
277 277 279 281 283 283 284 285
9.8.4.4.
M e t h o d e v o n THORNBTJKGH
285
9.8.4.5.
P l u s - M i n u s - M e t h o d e v o n HAGEDOOKN
286
9.8.5. 9.8.6. 9.8.7. 9.8.8. 9.8.8.1. 9.8.8.2. 9.8.9.
Verborgene Schicht Kontinuierliche Geschwindigkeitszunahme mit der Tiefe Amplitude des refraktierten Einsatzes Interpretation geologischer Strukturen Bruch Salzstock Modellrechnung in der Refraktionsseismik
286 289 290 290 290 292 292
10.
Geologisch-lagerstättenkundliche nisse und Beispiele
293
Interpretation seismischer Ergeb-
Dr. phil. FRANZ WEBER, ordentlicher Professor für Geophysik an der Montanuniversität Leoben 10.1.
Geophysikalische Voraussetzungen beim Erfassen geologischer Strukturen 293
10.2.
Ziel der Interpretation
293
10.3. 10.3.1. 10.3.2. 10.3.3. 10.3.4.
Besonderheiten einzelner Strukturtypen Brüche Überschiebungen Falten Salzstöcke und Diapire
294 295 298 304 305
10.4. 10.4.1. 10.4.2. 10.4.3. 10.4.4.
Seismostratigraphie Sandlinsen und Sandabfolgen Sandkanäle, Flußablagerungen Riffe" Diskordanzen
308 313 318 322 326
10.5. 10.5.1.
Zusammenhang zwischen Lithologie, Formationsinhalt und seismischen Parametern 327 Direkte Auffindung von Kohlenwasserstoffen 328
10.6. 10.6.1. 10.6.2. 10.6.3.
Anwendungsmöglichkeiten besonderer Interpretationshilfen Verhältnis von Longitudinal- zu Scherwellengeschwindigkeit Komplexspurenanalyse Farbdarstellungen
33& 333 335 337
10.7.
Fehlinterpretationen
338
10.8.
Reflexionsseismische Messungen im Steinkohlenbergbau
342
10.9.
Reflexionsseismische Messungen im Braunkohlenbergbau
345
Inhaltsverzeichnis
13
10.10.
Reflexionsseismik in der Baugrund-und hydrologischen Forschung. . . 350
10.11.
Anwendungsmöglichkeiten der Refraktionsseismik
352
11.
Ausgewählte Spezialverfahren der Seismik
357
Dr. rer. nat. habil. H E I N Z M I L I T Z E B , ordentlicher Professor für Geophysik an der Bergakademie Freiberg 11.1. 11.1.1. 11.1.2. 11.1.3. 11.1.4.
Tiefenseismik Besonderheiten der Zielstellung und Voraussetzungen Methodische und technische Besonderheiten Besonderheiten der Interpretation Einige Ergebnisse
357 357 359 364 370
11.2. 11.2.1. 11.2.2.
Reflexionsseismische Unterschießungen Besonderheiten der Zielstellung und Voraussetzungen Methodische und technische Besonderheiten
374 374 374
11.3. 11.3.1. 11.3.2. 11.3.3. 11.3.4. 11.3.5. 11.3.5.1. 11.3.5.2. 11.3.5.3. 11.3.5.4.
Seismische Messungen im Untertage-Bergbau Allgemeine Besonderheiten Direkte Lauf Zeitmessungen Refraktionsseismische Messungen Reflexionsseismische Messungen Flözwellenseismik Besonderheiten der Zielstellung und Voraussetzungen Methodische und technische Besonderheiten Besonderheiten der Datenbearbeitung und Interpretation Ergebnisse
375 375 377 377 378 382 382 384 386 389
Literatur
392
Sachverzeichnis
406
1.
Einführung H . MILITZER
Nach den physikalischen Grundlagen und dem Arbeitsprinzip ist die angewandte Seismik in die Gruppe der „indirekten" geophysikalischen Verfahren einzustufen. I n methodischer Hinsicht geht es um die Untersuchung der kinematischen und dynamischen Eigenschaften elastischer Wellen, die im Boden oder im Wasser durch Sprengungen oder andere Maßnahmen künstlich erzeugt und nach Durchlaufen verschiedener Wege mittels Geophonen oder Hydrophonen auf der Erdoberfläche, in Bohrungen oder im Wasser empfangen werden. Teilziele dieser Untersuchungen sind vor allem die Tiefenbestimmung seismischer „Grenzflächen" und die Ausgliederung solcher Bereiche, die sich in ihren elastischen und anelastischen Eigenschaften von ihrer Umgebung unterscheiden. Das Endziel besteht — wie in den überwiegenden Fällen angewandt-geophysikalischer Untersuchungen — in der Erstellung eines Modells der fraglichen geologischen Situation, in das die Ergebnisse aller anderen geo- und montanwissenschaftilchen Untersuchungen im Sinne einer lagerstättenkundlichen, bergbau- oder ingenieurtechnischen Aussage widerspruchsfrei eingepaßt werden können. Die Wellenausbreitung ist durch Richtung, Geschwindigkeit, Amplitude und Frequenz des Wellenvorganges sowie durch daraus abgeleitete oder damit verbundene Merkmale gekennzeichnet; dazu gehören z. B. die Laufzeit, die Wellenlänge, die Absorption, die Refraktion und die Reflexion. In dieser Hinsicht gelten für die Beschreibung der Ausbreitungsvorgänge elastischer wie elektromagnetischer Wellen die gleichen Grundbeziehungen. Deshalb werden zur Verdeutlichung seismischer Vorgänge neben den Gesetzen der Elastizitätstheorie auch die Grundgesetze der geometrischen Optik herangezogen. Historisch betrachtet ist die angewandte Seismik unverkennbar in der Seismologie verwurzelt. Dies ist jene Wissenschaft, die sich mit der Entstehung, der geographischen Verteilung und den Auswirkungen von Erdbeben sowie mit den von ihnen ausgehenden seismischen Wellen befaßt. Aus seismologischen Untersuchungen stammen nicht nur unsere Kenntnisse über den Schalenaufbau der Erde, sondern ebenso über physikalische Zustände des tieferen Erdinneren. Trotz grundlegender Gemeinsamkeiten zwischen Seismologie und angewandter Seismik haben beide Gebiete doch ihre eigene Entwicklung genommen. Die Entwicklung der angewandten Seismik ist von den ersten Anfängen
1. Einführung
I1TTT
1 5 14 288
1 =(1024*512)
A
I I 1.31 072 = ( 512 * 256)
III
10s
15
105 32 768 =(256
128)
-
0 £ fO4 •s
;
5
000 =
(100
^13
=
^31'
^23
=
^32-
(2-6)
Die Gesamtheit der Größen Ta bildet den Spannungstensor -, er ist wegen (2.6) symmetrisch. Die Komponenten mit i — k nennt man Normalspannung 1
1
Für den Spannungs- bzw. Deformationstensor findet man in der Literatur auch die Symbole oik, ? i k bzw. eik. Hier werden Dik und Tik in Anlehnung an „déformation" und „tension" bevorzugt.
2.2. Stoffgesetze als Verknüpfung von Spannungen und Deformationen
23
(zur Richtung i), und die Komponenten mit i 4= k sind die Schubspannungen in Richtung k (oder i), angreifend an einer Fläche mit der Normalen in Richtung der Achse i (oder k). Sowohl der Deformations- als auch der Spannungstensor sind symmetrische Tensoren. Durch eine Drehung des Koordinatensystems kann man erreichen, daß die Nichtdiagonalglieder verschwinden. Die verbleibenden Hauptdiagonalglieder nennt man Hauptwerte des jeweiligen Tensors (Hauptspannungen bzw. Hauptdeformationswerte). Ausführliche Darstellungen findet man bei SOMMERFELD (1950), KOLSKY (1953), LANDAU; LIFSCHITZ (1959), AULD ( 1 9 7 3 ) .
Abb. 2.1. Der Spannungsvektor an der Oberfläche eines Volumenelementes
2.2.
Stoffgesetze als Verknüpfung von Spannungen und Deformationen
2.2.1.
Ideale Elastizität
Bei idealer Elastizität bestehen zwischen den Momentanwerten des Spannungs- und Deformationstensors eindeutige Beziehungen. Für die meisten praktischen Anforderungen genügt eine lineare Beziehung, die sich allgemein als lineare Tensorfunktion darstellen läßt 1 T « — CucimDlm.
(2.7)
Das ist das allgemeinste ideal-elastische Stoffgesetz (auch Spannungs-Dehnungs-Gesetz, Stress-Strain-Relation genannt). Die Koeffizienten Gmm sind die Elastizitätskonstanten (auch -moduln genannt). Sie sind die Komponenten eines Tensors 4. Stufe. Dieser Elastizitätstensor hat 34 = 81 Komponenten. Infolge der Symmetrie von Spannungs- und Deformationstensor (Symmetrien I. und II. Art) und der Existenz einer potentiellen elastischen Energie (Symmetrie III. Art) bei idealer Elastizität gelten folgende Beziehungen Cilim = Chilm = G ikml = 0lmik 1
(2-8)
Hier und im folgenden soll über Indices, die in Produkten oder einzelnen Termen doppelt auftreten, von 1 bis 3 summiert werden.
24
2. Theorie seismischer Wellen
zwischen den 81 Konstanten. Die Anzahl voneinander unabhängiger Konstanten hängt von der Kristallsymmetrie ab, z.B. gibt es für Trikline Kristalle Transversal-Isotropie ( = Schichtungsanisotropie) Kubische Kristalle Isotropes Material
21 Konstanten 5 Konstanten 3 Konstanten 2 Konstanten
(s. SOMMERFELD, 1950; FEDOROV, 1965; ACHENBACH,
1973; A U L D ,
1973;
et al., 1973). In der angewandten Geophysik wird meist isotropes Material zugrunde gelegt; man verwendet oft die LAMBschen Konstanten X und fi. Es existiert ein einfacher Zusammenhang mit dem Elastizitätstensor 4. Stufe SCHREIBER
Cikim — Xöikdlm
+ fiiöiidtm
+ dimdii),
(2.9)
und es gilt das HooKEsche Gesetz Tit
= MaDu
+ 2/tDit.
(2.10)
Es bestehen ferner einfache Zusammenhänge mit dem Elastizitätsmodul E, der PoissoNschen Querkontraktionskonstante v, dem Torsionsmodul 0 und dem Kompressionsmodul k: U M
X+ p " = o » l
V.
2{X + /i)
(2-12)
Q = p,
(2.13)
k = X+ ^p. O
(2.14)
Bei speziellen Aufgaben ist es notwendig, die durch die Schichtung der Gesteine hervorgerufene Anisotropie zu berücksichtigen. Es ist offensichtlich, daß unterschiedliches elastisches Verhalten parallel und senkrecht zur Schichtung auftreten kann. Man nennt dies Schichtungsanisotropie oder Transversalisotropie. Letzteres bedeutet, daß transversal zur Schichtungsrichtung Isotropie herrscht; meist ist dies die Vertikale. In diesem Falle treten fünf voneinander unabhängige Elastizitätskonstanten auf. Diese werden mit Ay, Xj_, fi\\, und ¡x bezeichnet und stehen mit den C ^ ^ i m folgenden Zusammenhang: Crni = C2222 = h + C3333 = ^1122 =
+
2fix,
C221I — ^11 >
(2.15) (2.16) (2-17)
25
2.2. Stoffgesetze als Verknüpfung von Spannungen und Deformationen
0ll33 — ^2233 — ^1313
=
^2323
Ova% = - =
=
— —
(2.18) (2-19)
!>>•>
All.
(2-20)
wobei die z-Achse (Index 3) die Symmetrieachse ist (2.20). Durch . . . wird angedeutet, daß sich eine Reihe weiterer Koeffizienten durch die Symmetrieeigenschaften (2.8) ergeben. Es verschwinden alle Ci1cim, bei denen die Indices 1, 2 und 3 vorkommen (z. B. C 1231 = 0). Das HooKESche Gesetz (Stoffgesetz) ist etwas komplizierter: Tu = ¿ll(£>n + D22) + AxZ>33 + A,(Z)U + D22) + XxDz T33 = ¿ADn
3
2mDu,
+ 2/i\\D22 ,
+ D22 + D33) +
2pJ)n,
(2.21)
Tvl = 2/ti|Z>12) T13 = 2fiDlz, Hieraus wird die Bedeutung der Indices || und J_ deutlich. 2.2.2.
Anelastizität
Alle Abweichungen von der idealen Elastizität bezeichnet man als inelastisches Verhalten. Es ist dadurch gekennzeichnet, daß es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Momentanwerten von Spannungen und Deformationen gibt. Der momentane Zustand wird auch durch die elastische Vorgeschichte beeinflußt; dies wird als elastische Nachwirkung bezeichnet. Sie kann im Stoffgesetz durch Einbeziehung der zeitlichen Differentialquotien3 3 ten — Da: und — T u berücksichtigt werden. Sieht man von plastischen dt dt Deformationen ab, so spricht man von Anelastizität-, sie wird in verschiedenen Spezialfällen (Viskoelastizität, Elasticoviskosität, usw.) untersucht. Ein sehr allgemeines anelastisches Stoffgesetz wurde von Nakamuka, (1949) angegeben : (a + b
Tik = dik (r +
X j^j Du
+ 2
+ p
Dik.
(2.22)
Es kann aus einem allgemeinen Nachwirkungsgesetz für die Deformationen abgeleitet werden, in dem exponentielle Nachwirkungsfunktionen auftreten (Bxtchhbim, 1959). Das Stoffgesetz (2.22) enthält alle Spezialfälle linearer anelastischer Stoffgesetze mit höchstens ersten zeitlichen Ableitungen. So ergibt sich z. B. — die ideale Flüssigkeit (Pascal) : a = 1,
b—fi=fi'
= X = 0,
k = x,
26
2. Theorie seismischer Wellen
— die NEWTONSche Flüssigkeit: a — 1,
b = fi' = 2. = 0,
X' = x,
fi = 7],
— der KELVIN-VoiGT-Körper: a = 1,
6 = 0,
X' = X,
fi' = fi,
2
X—
3
fi = ri
usw. Durch das Stoffgesetz (2.22) und seine Spezialfälle lassen sich Kriechvorgänge bei langandauernder Belastung, Energieverluste bei elastischen Schwingungen, die Dämpfung elastischer (seismischer) Wellen u. a. Erscheinungen phänomenologisch beschreiben. Angaben über die in (2.22) auftretenden Koeffizienten sind nur spärlich verfügbar und nicht immer widerspruchsfrei. Ihre Bestimmung ist mit großen Schwierigkeiten verbunden.
2.3.
Die Wellengleichung und einige wichtige Lösungen im unbegrenzten Baum
2.3.1.
Isotropes Material
2.3.1.1.
Kompressions-
(P-) und Scherungs- (S-)
Wellen
Aus der Gleichgewichtsbedingung zwischen der Trägheitskraft und den an einem Volumenelement angreifenden elastischen Spannungen erhält man die Bewegungsgleichung. Sie lautet, wenn keine äußeren Volumenkräfte berücksichtigt zu werden brauchen (das ist bei den in der angewandten Geophysik vorliegenden Verhältnissen meist der Fall): 8* 8 „ p—Ui2=—Tih. " dt 8xk
(2.23) v '
Mit dem Stoffgesetz (2.10) und den Komponenten des Deformationstensors (2.3) erhält man für räumlich konstante X und ¡i (homogenes Material) 82 ® dt M
82 WI
=
(A
+ P) 1OXi —
82 U
L
OXi
+
W
P 1 CX —
h
I
CX/c
(2-24>
oder 82 e — U = (X + fi) VV • u + fi V • VM
(2.25)
mit dem Verschiebungsvektor u =
+ tt2e2 + u3e3.
(2.26)
27
2.3. Die Wellengleichung und einige wichtige Lösungen
Mit der bekannten eindeutigen Zerlegung des Verschiebüngsvektors u in «inen rotationsfreien Vektor u (1> und einen divergenzfreien Vektor u u =
Ma>
+ M
(2.27)
erhält man nach einigen Umformungen aus (2.25) die beiden
chungen
AIT (1)
^ — — U™ =
X + 2/i 8t2
Wellenglei-
0,
Att
Vn = iviik,
(2.64)
vni = yVni/e • Zu jedem Eigenwert y gehört ein Eigenvektor wm(0). Die drei Eigenvektoren stehen senkrecht aufeinander und geben die zu den entsprechenden Ausbreitungsgeschwindigkeiten v gehörenden Schwingungsrichtungen an. Im allgemeinen ist keiner dieser Eigenvektoren parallel zur Normalenrichtung k}, so daß es keine „echten" Longitudinal- oder Transversalwellen gibt. Einer der drei Eigenvektoren bildet jedoch mit der Normalenrichtung einen spitzen Winkel, und die zu diesem Eigenwert gehörende Welle nennt man Quasi-Longitudinalwelle, die beiden anderen Quasi-Transversalwellen. Werden die zu jeder Richtung gehörenden drei Geschwindigkeiten als Abstände vom Koordinatenursprung aufgetragen, so entsteht die dreiblättrige Normalenfläche. Sie ist eine Fläche 12. Grades. Die reziproken Geschwindigkeiten sind dem Brechungsindex proportional; in gleicher Weise aufgetragen entsteht die Indexfläche, die eine Fläche 6. Grades ist. Ebenen rechtwinklig zum Ortsvektor in den Punkten der Normalenflächen sind die Wellenfronten. Sie breiten sich in Normalenrichtung kj mit den jeweiligen Geschwindigkeiten aus. Diese Ebenen sind zugleich Tangentialebenen und Einhüllende der Wellenflächen. Die Wellenflächen stellen gewissermaßen eine Momentaufnahme der Wellenfronten aller von einem Punkt ausgehenden Wellenarten dar. Auch sie sind dreiblättrig, jedoch von wesentlich komplizierterer Gestalt und höheren Grades als z. B. die Normalenflächen. Jedes ihrer Blätter kann singulare Punkte und Linien besitzen, und außerdem können sich die einzelnen Blätter für manche Richtungen noch weiter aufspalten (HELBIG, 1 9 5 8 ; FEDOROV, 1 9 6 5 ; AULD, 1 9 7 3 ) . Im Falle der Schichtungsanisotropie ist eine der Quasi-Transversalwellen, nämlich die horizontal polarisierte (SH), eine echte Transversalwelle. Das dazugehörige Blatt der oben genannten Flächen ist eine Kugel.
2.3.3.
Seismische Wellen im anelastischen Material
In Kap. 2.2.2. wurde gezeigt, daß das anelastische Stoffverhalten durch das allgemeine Stoffgesetz (2.22) weitgehend beschrieben werden kann. Betrachtet man harmonische Wellen mit der Zeitabhängigkeit e-i
(2.68)
beschrieben wird. Dabei ist
Für komplexe X und p wird auch die Wellenzahl kp komplex kpp = a>\/" X +
(a ,~ 2p -
i0 )h
. lf ia>(X +
2p)
= « + iß.
(2.70)
Der Verschiebungsvektor lautet nun U=UA
e-ßn.r+iUn.r-a>t).
(2.71)
U zeigt eine exponentielle Amplitudenabnahme (Absorption) in Ausbreitungsrichtung, wobei die Amplitude nach Durchlaufen der Strecke T
= T = ß
Im ( k p )
>
0
auf den e-ten Teil abnimmt. Man nennt r die Eindringtiefe. Phasengeschwindigkeit . .
Vp(co)
CO
0)
= - = — — « Re (kp)
(2 72)
"
Weiterhin ist die
_„.
(2.73)
frequenzabhängig; es tritt also Dispersion auf. Die Erfahrung zeigt, daß die Geschwindigkeit mit wachsender Frequenz zunimmt. Die Abweichungen vom ideal-elastischen Verhalten rufen eine frequenzabhängige Absorption und eine Dispersion hervor. Sie bewirken eine Veränderung der Form seismischer Signale während ihrer Ausbreitung.
35
2.4. Das Wellenfeld im geschichteten Raum
2.4.
Das Wellenfeld im geschichteten Baum
2.4.1.
Stetigkeitsbedingungen an Diskontinuitätsflächen
Bei der Anwendung seismischer Methoden geht man häufig von der idealisierten Vorstellung aus, daß lithologische Einheiten konstante physikalische Eigenschaften besitzen und ihre Grenzen Diskcmtinuitätsflächen sind. An diesen Diskontinuitätsflächen F12 zwischen den Medien 1 und 2 muß das Verschiebungsfeld der seismischen Welle gewisse Stetigkeitsbedingungen erfüllen : a) Die Stetigkeit des Verschiebungsvektors selbst < > ( P ) = w|2)(P)
für
P e F1i2 ,
(2.74)
b) Die Stetigkeit des an der Diskontinuitätsfläche angreifenden Spannungsvektors mT$ =
für
P 6 F12,
(2.75)
wobei nx der Normalenvektor auf der Diskontinuitätsfläche _F12 ist. Die vektoriellen Gleichungen (2.74) und (2.75) stellen sechs skalare Gleichungen dar. Im folgenden wird ideal-elastisches, isotropes Material vorausgesetzt.
2.4.2.
Reflexion und Brechung ebener Wellen an Diskontinuitätsflächen
Die Diskontinuitätsfläche F12 sei die a;-?/-Ebene z — 0. Es wird im Medium 1 eine einfallende ebene Welle w betrachtet, die eine reflektierte M und im Medium 2 eine gebrochene Welle u (fl) hervorruft. In jedem der beiden Medien muß der Verschiebungsvektor u die Wellengleichungen erfüllen. E r setzt sich also i. allg. aus einer P-Welle und einer S-Welle zusammen. Es ist zweckmäßig, die S-Welle in zwei rechtwinklig zueinander polarisierte Anteile (in und senkrecht zur Einfallsebene) zu zerlegen und diese getrennt zu betrachten. Die senkrecht zur Einfallsebene polarisierte Welle ist stets parallel zur Diskontinuität und wird als SH-Welle bezeichnet (horizontal polarisierte S-Welle), der andere Anteil ist die SV-Welle (vertikal polarisiert, da eine Vertikalkomponente vorhanden ist). Es werden folgende Bezeichnungen verwendet: e — Einheitsvektoren, ot, ß — Einfalls-, Reflexions- und Brechungswinkel von P- bzw. S-Wellen, A — Amplitude der P-Welle, B - Amplitude der SH-Welle, C - Amplitude der SV-Welle, fcP — Wellenzahlvektor der P-Welle, fcs — Wellenzahlvektor der S-Welle. 3*
36 Obere
2. Theorie seismischer Wellen Indices:
(e) — einfallende Welle, (r) — reflektierte Welle, (g) — gebrochene Welle. Damit wird (Abb. 2.3a) M = { e P < « ) exp [ifep«) • r] + eßw exp [ifes(e> • r] + e„ X es0> exp [ifes(e> • **]} e~iat-
(2.76)
1.5
vc
B1
/
1.0
cw-o
0.5
a)
b)
Abb. 2.3. Reflexion seismischer Wellen an einer Diskontinuitätsfläche (nach KOEFOED, 1962) a) Orientierung der seismischen Strahlen und der Polarisationsrichtungen, b) Amplituden der reflektierten und gebrochenen Wellen bei einfallender P-Welle, „PJVpi =
1,15; qJq1 =
1,25; v1 = 0,3333; v.t =
0,2576
Werden die oberen Indices (e) durch (r) bzw. (g) ersetzt, so entstehen w bzw. M. Ferner ist zu beachten, daß fep = — eP, fcs = — e s (e)
(2.77)
usw. gilt. Die Komponenten der Normalenvektoren können durch die Winkel « und ß ausgedrückt werden: eP(«•*.») — e* sin
i e2 cos «(«-'-s),
es(«.'•») = e^. sin ß^-^
£ ez cos ß«-r- _ sin ßw »s,
»s,
^
vSt
und •B(r) _ cos /9 - q2vSt cos ß™ jB QJVSl cos ßw + q2vs, cos ßw>' BW (e>
-B
=
2^^,008^«) ßi^s, cos ß^ +
g4
cos ß«>)'
Diese beiden Amplitudenverhältnissei sind vom Einfallswinkel /J und vom Verhältnis der Schallhärten g^s,. Q^s, abhängig. Unter dem Reflexionskoeffizienten (im engeren Sinne) versteht man das Verhältnis _B/i? für ß vSl gibt es einen Grenzwinkel der Totalreflexion; er wird bei solchen Einfallswinkeln erreicht, bei denen sich aus (2.82) Werte für sin ß (a) 1 ergeben. Es wird dann cos /S = ]/l — sin 2 jS«> = 0 oder rein imaginär, und (2.83) ist vom Betrage 1, womit der Begriff Totalreflexion erklärt ist. Die Totalreflexion ist mit einer (winkelabhängigen) Phasenverschiebung zwischen einfallender und reflektierter Welle verbunden. Der Vorgang der Totalreflexion findet — allerdings bei P-Wellen — in der Refraktionsseismik praktische Anwendung. Insbesondere spielt dort eine längs der Grenzfläche geführte Welle eine wichtige Rolle, die sich mit der Geschwindigkeit v Pt ausbreitet. 2.4.2.2.
Die einfallende Welle ist eine P-Welle
Für eine einfallende P-Welle ist A #=0 und £ = — A^) sin A sin cos ßw
sin«w,
(2.85)
A