Alter uuin in niuuen belgin: Studien zur Oxforder lateinisch-althochdeutschen Tatianabschrift
 9783666203510, 3525203519, 9783525203514

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V&R

Studien zum Althochdeutschen Herausgegeben von der Kommission für das Althochdeutsche Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen Redaktion Rudolf Schützeichel Band 36

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Michael Flöer

Alter uuin in niuuen belgin Studien zur Oxforder lateinisch-althochdeutschen Tatianabschrift

Mit neun Abbildungen

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Dieser Band wurde durch die Bund-Länder-Kommission für Forschungsförderung im Akademienprogramm mit Mitteln des B M B F (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie) und des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Die Deutsche Bibliothek -

CIP-Einheitsaufnahme

Flöer, Michael: Alter uuin in niuuen belgin: Studien zur Oxforder lateinisch-althochdeutschen Tatianabschrift / Michael Flöer. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1999 (Studien zum Althochdeutschen; Bd. 36) ISBN 3-525-20351-9

D6

© 1999 Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen. Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck: Hubert & Co., Göttingen

Meinen Eltern Meinen Großeltern Meinem Onkel Rudolf

Vorwort Die vorliegende Untersuchung ist aus der Mitarbeit an dem 'Forschungsprojekt Althochdeutsches Wörterbuch' von Professor Dr. Dr. h.c. Rudolf Schützeichel (Akademie der Wissenschaften in Göttingen) erwachsen. Ich konnte an der Untersuchung glossentragender Handschriften, der kleineren althochdeutschen Literaturdenkmäler und auch des Oxforder Tatian (Ms. Junius 13) und der Sankt Galler Tatianüberlieferung (Cod. Sang. 56) mitwirken. Die Alfred Toepfer Stiftung F. V. S. zu Hamburg hat mir ein Stipendium gewährt, das mir die Bibliotheksaufenthalte in Oxford (Bodleian Library) und in Leiden (Rijksuniversiteit, Universiteitsbibliotheek) ermöglichte und damit die Autopsie von Handschriften und Drucken. Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Schützeichel hat die Untersuchungen in vielfältiger Weise gefördert und Korrektur der Arbeit gelesen. Dankbar bin ich Prof. Dr. Volker Honemann für wertvolle Korrekturhinweise. Mein besonderer Dank gilt Dr. Birgit Meineke/Münster für wichtige Hinweise und ihre Bereitschaft, sich auch auf noch unausgereifte Überlegungen kritisch einzulassen. Allen Freunden, insbesondere Juliane Klempt/Münster, Dr. Claudia Maria Korsmeier M. A./Münster und Dr. Elmar Neuß M. A./Münster, sei herzlich für ihre Unterstützung gedankt. Die Kommission für das Althochdeutsche Wörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Göttingen hat die Arbeit in die Reihe der Studien zum Althochdeutschen aufgenommen: Prof. Dr. Rolf Bergmann/Bamberg, Prof. Dr. Nikolaus Henkel/Hamburg, Prof. Dr. Volker Honemann/Münster, Prof. Dr. Peter Ochsenbein/St. Gallen, Prof. Dr. Fidel Rädle/Göttingen, Prof. Dr. Hans Schabram/Göttingen, Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Schützeichel/Münster, Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Stackmann/Göttingen, Prof. Dr. Lothar Voetz M. A./Heidelberg.

Münster im Oktober 1998

Michael Flöer

Inhalt Abkürzungen

11

Abbildungen

12

Literatur

13

I. Einleitung

27

II. Ms. Junius 13 in der Gestaltung durch Franciscus Junius Α. Teile der Handschrift B. Kapiteleinteilung C. Funktion der Gestaltung D. Gedruckte Textproben vor Junius a. Das Fragment des J. I. Pontanus b. Die Textproben des B. Vulcanius E. Ein aliud apographum F. Weitere Handschriften

37 37 60 87 89 90 97 100 101

III. Das Althochdeutsche A. Das althochdeutsche Belegmaterial B. Lexikalische Varianten a. Vorbemerkungen b. Übereinstimmungen mit Cod. Sang. 56 c. Sondergut des OT C. Graphische Varianten a. Reflexe einer Vorlage 1. Akzente und Interpunktion 2.{ß ) 3. (φ und {d) 4. (sh) für Iskl 5. Wiedergabe von Verbindungen mit Μ 6. Eigennamen 7. ( -hub- oder umgekehrt); forliet (T.+OT.forliez) 3. Textprobe: fon auerolt (T .fon uuerolti; OT .fori uuerolte: -e in uuerolte wohl angehängt); thie vnfch hazzorun (T. thie unsih hazzotun, OT. thie unßh hazzorun\ -orun > -otun korrigiert, Hand unsicher); thionomes iun (T. thionomes Imo; OT. thionomes Jmu(l): Lesung von Jmu(?) fraglich. Das Wort wurde getilgt und innerhalb der Zeile ersetzt, der Ersatz dann von Junius getilgt und durch him ersetzt.); fman vugo (T.: sinan uueg, OT. ßnan uuege) T. 91,5-11. 329

PBB. 95 (1973) S. 13, Α. 1.

Gedruckte Textproben vor Junius

99

Wenn selbst das Apograph bisweilen bessere Lesungen hat, ist der Text des B. Vulcanius wohl doch kein exaktes Abbild der Vorlage. Auf die detaillierte Besprechung vieler weiterer kleiner Abweichungen zwischen dem Text des B. Vulcanius und dem OT. sei verzichtet. Es ist im Einzelfall schwer zu entscheiden, wer wirklich besser gelesen hat. Doch wird deutlich, daß man selbst den Text des B. Vulcanius nicht zum Kronzeugen bei der Beurteilung schwieriger Fälle von Varianten des OT. machen kann. Letztlich stellen sich für beide Texte dieselben Fragen, und die Unterstellung, der Lesung desB. Vulcanius sei grundsätzlich der Vorzug einzuräumen, weil sie die tatsächlichen Verhältnisse der Vorlage spiegele, ist nicht zu halten. Im ganzen ist festzustellen, daß der Zeugniswert der beiden gedruckten Passagen für die Untersuchung der Überlieferung des Oxforder Apographs begrenzt ist. Das Fragment des J. I. Pontanus bietet den Text in beiden Sprachen und in größerem Umfang. Es eignet sich wegen seiner letztlich undurchschaubaren Überlieferung jedoch nicht als sichere Stütze für Einzelvergleiche. Die Textproben des B. Vulcanius sind zu knapp, um ausgiebige Vergleiche zu stützen, und zudem monolingual. Sie stellen aber immerhin sicher einen unmittelbar aus dem verschollenen Codex gewonnenen Textzeugen dar, der punktuell zeigt, das Abweichungen des Oxforder Apographs nicht pauschal als Lesefehler hingestellt werden können. Dagegen darf eine Untersuchung des althochdeutschen Textes des OT. das Gesamtkonzept des Ms. Junius 13 nicht außer acht lassen, und zwar gerade deshalb nicht, weil die Vorlage verschollen ist und sich alle Schlüsse allein aus dem überlieferten Ganzen ziehen lassen. Für die Beurteilung der einzelnen Belege, die hier zu besprechen sind, ist von einiger Bedeutung, ob sie in ihrer überlieferten Form von vornherein in die Handschrift eingetragen wurden oder ob und wie sie korrigiert wurden, von wem diese Korrekturen durchgeführt wurden und wie sie einzuschätzen sind330. Am Ms. Junius 13 lassen sich derartige Beobachtungen vornehmen, an einem Druck nicht.

330

Man vergleiche die Unterscheidung zwischen korrigierten und nicht korrigierten Varianten bei B. Wulf, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda (III).

100

Ms. Junius 13 in der Gestaltung durch F. Junius

£. Ein aliud apographum Noch weniger sicher zu beurteilen ist jenes aliud apographum einer jüngeren Hand, das fur die Tatianedition des J. Schilter von a. 1727 herangezogen worden sein soll, wie J. Frick331 im Vorwort dieser Edition berichtet und es dabei an Skepsis dieser Abschrift gegenüber nicht mangeln läßt332: Adelt rurfus aliud Harmonice apographum, quod unde venerit prorfus ignoramus: & quod ut neque nitore aut emendata icriptura, neque vetuftate placere poteü (manum enim recentem ubique prodit) ita tarnen nonnullas habet varias, quce ά Paltheniani Codicis lectione abeunt in diverfum. Die bereits von P. Ganz333 aufgeworfene Frage, ob es sich dabei um eine weitere Abschrift aus dem Codex Vulcanii handele oder um eine Abschrift aus dem Ms. Junius 13, ist schlichtweg nicht entscheidbar. Die Tatsache, daß die Edition J. Schilters die gleiche große Textlücke aufweist334 wie das Oxforder Apograph und die wenigstens theoretische Möglichkeit, daß J. Schilter mittels einer weiteren, womöglich besseren Abschrift aus dem Codex des B. Vulcanius diese Lücke hätte mindern können, sind allenfalls vage Indizien dafür, daß das aliud apographum eher eine Kopie aus dem Ms. Junius 13 gewesen sein wird. Wenn nämlich die Textlücke der Oxforder Handschrift auf dem Verlust eines langen Abschnitts im Codex Vulcanii beruhte, so wird der Zustand dieser Handschrift bei einer womöglich noch jüngeren Abschrift nicht besser gewesen sein als zur Zeit der Anfertigung des Oxforder Apographs. Die Frage der Herkunft jener anderen Abschrift bleibt mithin offen. Da sich überdies ihr Einfluß auf die Edition J. Schilters nicht genau ermessen läßt, scheidet diese Edition als Vergleichsinstrument für die Beurteilung des Ms. Junius 13 aus.

33l

Zu J. Frick: J. Dünninger, Deutsche Philologie im Aufriß, S. 108f. R. von Raumer, Geschichte der germanischen Philologie, S. 178. 332 Praefatio, S. II. Dazu P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 37. 333 P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 37. ""Tatiani Syri Harmonia Evangelica, S. 57.

Weitere Handschriften

101

F. Weitere Handschriften Ms. Junius 13 ist nicht die einzige von Junius hinterlassene Handschrift, die von seiner Beschäftigung mit dem althochdeutschen Tatian zeugt. In Gestalt des von Junius selbst mit Auctarium nostrarum in Tatianü notarum33i betitelten Ms. Junius 42 liegt eine Erweiterung des Stellenkommentars des Ms. Junius 13 vor. Im Auctarium ergänzt Junius diesen Anmerkungsapparat, indem er zu bestimmten Stellen des althochdeutschen Textes sowie der altenglischen, gotischen und anderen Paralleltexte noch weitere philologische, insbesondere sprachvergleichende Anmerkungen zusammenstellt. Obwohl in den Anmerkungen zu Ms. Junius 13 des öfteren auf das Auctarium verwiesen wird, ist es keineswegs vor dem Tatiankommentar fertiggestellt worden. Eine genauere Betrachtung des Stellenkommentars im Ms. Junius 13, namentlich des Schriftduktus, der Tintenfarbe und der Art und Weise der Raumausnutzung auf jedem Blatt zeigt, daß er in mehreren Durchgängen336 erstellt worden ist. Eine ähnliche Vorgehensweise kann J. Kerling337 für des Junius Anmerkungen zu Geoffrey Chaucer338 konstatieren. Die Eintragungen der Verweise auf das Auctarium stellen einen der letzten Schritte bei der Anfertigung des Kommentars dar. Junius hat sein Auctarium demnach allenfalls parallel zur Zusammenstellung seiner Anmerkungen zum althochdeutschen Tatian verfertigt, vermutlich aber erst danach. Die Anmerkungen sind nach einem ähnlichen Muster verfaßt wie die im Ms. Junius 13. Ihre Ausschöpfung würde an dieser Stelle zu weit führen und ist hauptsächlich für die besondere Erforschung der Tätigkeit des Junius von Interesse. Das bislang fragliche Verhältnis des Auctarium zum Stellenkommentar339 ist demnach so zu charakterisieren, daß dieser als Handapparat der geplanten Edition fungieren sollte, während jenes als eine Art Kommentarband anzusprechen ist, der weitere Ausführungen enthalten sollte, die sich im Stellenkommentar nicht unterbringen ließen.

335

Oxford, Bodleian Library, Ms. Junius 42, fol. lr. SC. Nr. 5154, S. 974. 336 Man vergleiche auch oben, Abbildung 1. 337 LEXeter '83 Proceedings, S. 95. 338 Ms. Junius 6. 339 Ph. H. Breuker, ABÄG. 31/32 (1990) S. 59, A. 37.

102

Ms. Junius 13 in der Gestaltung durch F. Junius

Junius hat außerdem Wortmaterial des althochdeutschen Tatian in eine Anzahl kleinerer Wortindizes eingearbeitet. Hinzuweisen ist zunächst auf Ms. Junius 84340. Dieser kleine, handliche Codex (8,3 χ 19,5 cm), dessen Einband als Buchtasche mit einer Schließe gearbeitet ist, enthält neben anderen Glossaren auf Folio l r bis 10v ein Tatianglossar, das sich in seinen Stellenangaben aber nicht auf das Auctarium und nicht auf Ms. Junius 13 bezieht. Auch hier sind, wenn auch in komprimierter Form, die charakteristischen Merkmale der Arbeitsweise des Junius zu beobachten, wie sie die bereits genannten Handschriften zeigen, nämlich die Nennung des althochdeutschen Wortes, seiner lateinischen Entsprechung mit Unterstreichung und weitere Angaben, wobei sich Junius hier auf Stellenangaben beschränkt. Ms. Junius 84 ist als eine Art Handglossar für den schnellen Zugriff auf eine gesuchte Information charakterisierbar. Gleichzeitig belegt diser Codex, wie sich Junius einen Überblick über sein immenses Belegmaterial zu schaffen und zu erhalten wußte. Das gilt schließlich auch für eine weitere Handschrift, die mit den Arbeiten am althochdeutschen Tatian zusammenhängt, nämlich Ms. Junius 115b341. Sie enthält ab fol. 152 unter anderem einen in zwei Kolumnen abgefaßten alphabetischen Index in Tatianum. Er ist in der bekannten Form verfertigt worden. Außerdem befinden sich in dieser Handschrift Kopien einzelner Seiten aus dem Vorspann des Ms. Junius 13, so etwa des Junius Bericht über sein Auffinden des Tatianapographs342, die Erläuterungen zu Tatian, Otfrid, Ammonius und Victor von Capua343 und anders mehr. Der Codex ist von späteren Händen bearbeitet worden. Einzelverweise auf Tatianstellen finden sich auch in weiteren Handschriften,was aber hier nicht weiter ausgeführt zu werden braucht. Diese knappen Hinweise vermögen zu zeigen, wie sich des Junius Beschäftigung mit dem althochdeutschen Tatian auch in seinem sonstigen philologischen Werk niedergeschlagen hat und wie er versucht hat, die an unterschiedlichen Textdenkmälern erhobenen Materialien immer wieder 340

Man vergleiche SC. Nr. 5195, S. 982. "'SC. Nr. 5226*, S. 986f. M2 Ms. Junius 115b, f. 90v von anderer Hand (nach OT. *5V). M3 Ms. Junius 115b, f. 92r; 93r (nach OT. 20-

Weitere Handschriften

103

zusammenzufuhren und dem Vergleich zugänglich zu machen. Die Spuren späterer Benutzer und die genannten Editionen von E. Lye und J. Ph. Palthen belegen auch, daß sein unveröffentlichtes Werk nicht in Vergessenheit geriet344. Diese Spuren verdienten es, weiter verfolgt zu werden345.

^Sieh auch Ph. H. Breuker, ABÄG. 31/32 (1990) S. 61, A. 45. 345 Man vergleiche die Übersicht bei E. G. Stanley, Franciscus Junius F. F. and His Circle, S. 162-176.

ΠΙ. Das Althochdeutsche

Α. Das althochdeutsche Belegmaterial Ein Versuch, jede einzelne Abweichung des althochdeutschen Textes der Oxforder von dem der St. Galler Handschrift zu dokumentieren, wäre ein gewaltiges und nicht unbedingt sinnvolles Unterfangen, weil nicht alle Abweichungen gleichermaßen aussagekräftig sind. Die von B. Wulf346 in dieser Weise zum Zweck der Variantentypisierung aufbereitete, für die Handschrift durchaus repräsentative Textpassage vermag einen Eindruck davon zu vermitteln, zu welcher Zahl von Abweichungen verschiedenster Art man käme, wenn man die Ergebnisse hochrechnete. Eine Auswahl ist unerläßlich. Der Textbestand des Apographs umfaßt etwas mehr als die Hälfte desjenigen der St. Galler Überlieferung. Letztere wurde auf 318 Seiten eingetragen347. Die Lücke der Oxforder Handschrift entspricht etwa 155V2 Seiten des Sangallensis348. Die Gesamtzahl aller Abweichungen einschließlich der Eingriffe des Junius beträgt schätzungsweise weit über zehntausend, wobei die Unterschiede in den Zeilenumbrüchen und Seitenumbrüchen nicht einmal mitgerechnet sind. Generell lassen sich Varianten rein graphischer Art, Varianten mit mutmaßlich phonologischer Relevanz und mutmaßliche lexikalische Varianten voneinander unterscheiden. Die Aussagekraft jedes dieser Typen muß wiederum unter den Aspekten des Abschreiberverhaltens und der Bearbeitung durch Junius beurteilt werden. Der althochdeutsche Wortschatz des OT. unterscheidet sich schon aufgrund der großen Textlücke quantitativ von dem des T. Eine Auszählung aufgrund des Althochdeutschen Wörterbuchs349 ergibt, daß bei einem Gesamtwortschatz des T. von etwa zweitausenddreißig Wörtern350 rund fünfhundertdreißig Lexeme des T. im OT. nicht belegt sind. Hin346

Addenda und Corrigenda (III), S. 371-394.

347

Cod. Sang. 56, p. 25-343.

348

Cod. Sang. 56, p. I l l , Z. 30 bis p. 268, Z. 14.

349 35

SchW.

Έ. Gutmacher, PBB. 39 (1914) S. 275.

106

Das Althochdeutsche

sichtlich des Wortschatzes bestehen zwischen beiden Überlieferungen aber auch Unterschiede anderer Art, die nicht mit den wie auch immer bedingten Textverlusten zusammenhängen. Solche lexikalischen Varianten scheinen am ehesten und am besten geeignet zu sein, in der Frage des Abhängigkeitsverhältnisses Aufschluß zu erlangen351. Sie könnten die sichersten Indizien für relevante Unterschiede zwischen der Vorlage des Ms. Junius 13 und dem Sangallensis 56 sein und sind daher hier zuerst und eingehend zu behandeln.

B. Lexikalische Varianten a. Vorbemerkungen Die Gesamtzahl der zu untersuchenden Wortvarianten ist nicht hoch, aber doch relevant. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden: 1. In den Handschriften werden an einer bestimmten Textstelle unterschiedliche Wörter benutzt, sei es als Variante oder als Zusatz des OT. Das abweichende Wort des OT. ist aber ansonsten im T. bezeugt und stellt kein Sondergut des OT. dar. 2. Der OT. verfugt über Wortmaterial, das in der St. Galler Überlieferung nicht belegt ist. Hier kann noch differenziert werden zwischen Wörtern, die ausschließlich im OT. bezeugt sind und solchen, die wenigstens in anderen literarischen Denkmälern belegt sind. In allen Fällen sind die Eingriffe des Schreibers und des Junius wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung. Dabei ist die einfache Unterscheidung zwischen korrigierten und nicht korrigierten Fällen zwar ein notwendiges, aber noch kein hinreichendes Kriterium für die Bewertung der Aussagefahigkeit einer lexikalischen Abweichung. Das zwingt dazu, der Variantenanalyse einige Überlegungen voranzustellen. Eine fehlende Korrektur mag auf den ersten Blick vermuten lassen, daß das betreffende Wort in dieser Form auch in der Vorlage gestanden habe. Ein zwingender Beweis ist auf diese Weise jedoch noch nicht gewonnen, erst recht nicht dafür, daß das Wort genau so bereits einer 351

B. Wulf, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda (III), S. 395f. E. Meineke, Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen, S. 421.

Lexikalische Varianten

107

möglicherweise noch älteren Vorstufe eignete. Charakteristische Fehler des Kopisten sind stets mitzubedenken. Andererseits kann eine Abweichung, die aus einem korrigierenden Eingriff des Kopisten oder des Junius resultiert, nicht pauschal als sekundär und irrelevant verworfen werden. Der Schreiber hat sich des öfteren selbst korrigiert, wenn er einen eigenen Fehler bemerkte. Junius kann Emendationen sowohl aus philologischen Erwägungen als auch aufgrund seiner Kollation mit der Vorlage vollzogen haben. Umfang und Gründlichkeit des Vergleichs mit dem Codex Vulcanii sind im ganzen freilich nicht genau bestimmbar. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat Junius die Kapiteleinteilung der Oxforder Handschrift vor der großen Textlücke nach der Vorlage durchgeführt, wie weiter oben ausgeführt wurde. Sicher ist auch, daß er einzelne Stellen genau gegengeprüft hat, wovon entsprechende Vermerke zeugen. Die in diesem Zusammenhang von P. Ganz352 beigebrachten Belege sind besonders lehrreich hinsichtlich der Praxis des Junius, nach Stellenvergleichen innerhalb der Handschrift Konjekturen durchzuführen. Auf der anderen Seite hat er aber den gesamten Text nicht gleichermaßen gründlich vergleichen können. Denn neben den bereits von P. Ganz erläuterten Belegen dafür fällt auf, daß Junius sich an den Stellen, an denen der Kopist aus noch zu untersuchenden Gründen deutlich sichtbare Lücken im althochdeutschen Text gelassen hat, zu den Gründen der Auslassung nicht weiter äußerte353. Bei einer vollständigen Kollation mit der Vorlage wäre zu erwarten gewesen, daß er sich um eine Füllung der Lücken bemüht hätte oder zumindest eine Bemerkung dazu gemacht hätte, falls auch die Vorlage an dieser Stelle nicht vollständig gewesen wäre. Eine richtige Einschätzung korrigierter Stellen setzt in erster Linie eine genaue Unterscheidung der beteiligten Hände voraus. Mit Recht ist bemerkt worden, daß sich die Hände des Kopisten und des Junius im allgemeinen gut unterscheiden lassen354, und zwar umso besser, je mehr Buchstaben die korrigierenden Wörter umfassen. Im Einzelfall können

352

P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 35 und A. 36.

353

Sieh zum Beispiel OT. 73v,3 (Cap. 26,3). Den Fehler des Kopisten erklärt überzeugend J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 100-102. T. 139,29. 354

P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 39.

108

Das Althochdeutsche

aber Schwierigkeiten auftreten, die mit der Eigenheit der Schreibpraxis des Junius zusammenhängen. Eine Unterscheidung der Hände ist generell dort schwierig, wo nur einzelne Buchstaben nachgezogen oder an gleicher Stelle durch andere überschrieben wurden, etwa ein e durch ein ο oder umgekehrt. Doch auch bei Korrekturen, in deren Verlauf der ursprüngliche Text durchgestrichen und durch interlinear Übergeschriebenes ersetzt wurde, ist die ausfuhrende Hand des öfteren erst durch ausgiebige Vergleiche zu identifizieren. Junius verwendet nämlich fur einige Grapheme zwei oder mehrere Alloformen, von denen sich eine gut von der Hand des Schreibers abhebt (etwa ein doppelstöckiges α oder ein h mit geradem Schaft und kleinem Aufstrich), während eine andere der Form des Schreibers sehr nahe kommt, etwa ein geschlossenes α oder ein h mit nach rechts umgebogenem, bisweilen zur Schleife ausgeformtem Schaft, zumal in verkleinerter Schrift zwischen den Zeilen. Meist reicht es nicht einmal aus, die fragliche Stelle mit der Schreibweise desselben Wortes im zugehörigen Kommentar zu vergleichen. Denn gerade hier kann Junius andere Buchstabenformen benutzt haben. Das ist zwar nicht immer der Fall, aber es zwingt den heutigen Betrachter zu sehr genauem Hinsehen und führt dazu, daß manche Eintragung, die man zunächst als Schreiberkorrektur werten möchte, sich dann doch als Eingriff des Junius erweist. Für die Beurteilung der betreffenden Stelle ist das überaus wichtig. Junius zeigt eine gewisse Neigung, die Ausformung seiner Buchstaben der jeweiligen Vorlage anzunähern. In den gotischen und altenglischen Paralleltexten ahmt Junius sogar das graphische System einzelner Handschriften nach, zum Beispiel im Kommentar zu Cap. 38,3355. Im ganzen läßt sich feststellen, daß Junius unterschiedliche Allographe in Abhängigkeit davon verwendet, ob er eher kursiv oder eher mit abgesetzten Einzelbuchstaben schreibt. In seinen Kommentaren wählt er für die Stellenzitate meist klar abgesetzte Einzelbuchstaben, bei denen dann zum Beispiel Formen von b, h und d mit aufrechten Schäften und leichtem Anstrich am oberen Schaftende überwiegen. Bei den Erklärungen zu diesen Stellen bedient er sich dagegen eines eher kursiven Duktus, bei dem ein rundes ο vor Liquid. 10. haz(z)en / haz(z)ön (1) Cap. 32 r 2 T. 145,23 benefacite his qui uos tuot then uuola thie iuuih | oderunt. | hazzont OT. 76v,28

benefacite his qui vos tuot then uuola thie iuuih | oderunt, | hazzent,

(2) Cap. 67 r 10 T. 223,16f. Si quis uenit ad me & non oba uuer quimit zi mir inti |odit |nihäzot patrem suum & matrem & sinan fater inti muoter inti |uxorem Iquenun OT. 136v,20f.

Si quis venit ad me, et non Oba uuer quimit zi mir inti | odit prem fuu, | ni hazet linan fater, et matrem, et uxorem,... inti muoter, inti quenun,...

(3) Cap. 169.2 T. 579,31 si mundus uos odit OT. 178v,l

Si|mundus vos odit,

(4) Cap. 169r3 T. 581,6-8 ... sed ego elegi uos de mundo, propterea odit uos mundus.

oba thisu uuueralt iuuuih |hazzot Oba thifu uueralt iuuuih | hazzet, oh ih ercos iuuuih fon uueralti. bithiu hazzot iuuuih uueralt.

152 OT. I78v,7f.

Das Althochdeutsche

Sed ego elegi uos de

oh ih ercos iuuuih fon mundo, |uueralti, propterea odit uos munhazzet iuuuih uueralt. öus. Von den Korrekturen an diesen Stellen seien wegen ihrer besonderen Aussagekraft zwei besonders hervogehoben509. Im dritten Beispiel hat Junius nach mundus das Wort hic interlinear nachgetragen und mit einem Einfugezeichen versehen. Es ist offenbar als Entsprechung zum althochdeutschen thifu gedacht. Der vierte Fall zeigt das umgekehrte Phänomen. Denn Junius hat das lateinische propterea getilgt, dessen deutsche Entsprechung bithiu im althochdeutschen Text des OT. nicht vorhanden ist. Damit liegen zwei weitere Beispiel dafür vor, wie Junius den lateinischen Text nach dem althochdeutschen korrigierte. Es ist unwahrscheinlich, daß er hier die Vorlage vor Augen hatte. Der Kopist wird eher ein bithiu ausgelassen haben, als daß er ein propterea hinzugefugt hätte, iuuuih wurde jeweils in jüuuih korrigiert. Junius hat diese graphische Unterscheidung zwischen konsonantischem u / j und vokalischem ü / i auch sonst häufig durchgeführt. Die Kürzungen für patrem suum im lateinischen Text des zweiten Beispiels sind das Ergebnis des Versuchs des Kopisten, die lateinische Zeile syntaktisch sinnvoll auszufüllen und daher das erste Akkusativobjekt einzubeziehen. In der althochdeutschen Spalte reichte der Platz dazu nicht aus und fater mußte interlinear nachgetragen werden, womit den bereits von J. Rathofer510 zusammengestellten Beispielen für die Zeilenaufteilung durch den Kopisten ein weiteres hinzugefügt werden kann. J. Rathofer511 spricht von einer Tendenz des Kopisten, den Text "nach Sinneinheiten zu gliedern". Präziser ausgedrückt, orientiert sich der Kopist in erster Linie an der lateinischen Syntax. Die Formen hazzent, hazet und hazzet in den Beispielen eins, zwei und vier sind jeweils einwandfrei lesbar. Im ersten Fall ist das -e- stark nachgezogen, stand aber wohl schon ursprünglich. Der dritte Fall ist weniger eindeutig. Hier kann e vom Kopisten aus ο korrigiert worden 509

Dazu ausführlich J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 78f.

5I0

PBB. 95 (1973) S. 30-50.

5,,

PBB. 95 (1973) S. 78.

Lexikalische Varianten

153

sein, eventuell aber auch umgekehrt. Der Ligaturbogen zum folgenden t entspricht aber genau den anderen Fällen mit -e-, während ο und t nicht miteinander verbunden sind, wie die Belege für das -0/2-Verb zeigen. Das -öw-Verb ist im OT. mehrfach bezeugt512. Junius hat nur den vierten Fall kommentiert513: hazzet jüuuih uueralt, od.it vos mundus.) vide verlu proxime antecedentem. Offenbar hat also auch er im dritten Beispiel -egelesen, weshalb der Fall in die obenstehende Reihe aufgenommen sei. Junius verweist noch auf zwei weitere Vorkommen des -ön- Verbs, aus denen jedoch nichts Weiterfuhrendes bezogen werden kann. Ein Verb haz(z)en wäre Sondergut des OT. gegenüber der St. Galler Überlieferung, wo durchgängig hazzön belegt ist514. haz(z)en ist aber auch in anderen literarischen Denkmälern bezeugt515, so daß ein paralleles Vorliegen von haz(z)ön und haz(z)en im OT. nicht von vornherein und nicht mit Sicherheit als Fehler bewertet werden kann. Im ersten und dritten Beispiel ist allerdings in der Umgebung der fraglichen Stelle jeweils die Redewendung in hazze haben zu lesen516, deren Dativ Singular hazze als Anregung für eine ole-Verlesung zumindest in Betracht gezogen werden muß. Auch dieses Beispiel wird man im ganzen kaum zu weitreichenden Schlußfolgerungen benutzen können. Die Variation besteht nur in der Abweichung ole, mithin in einer Buchstabenkombination, die erhebliche Verwechslungsgefahr bot. Ein e«-Verb, das bereits der Vorlage angehörte, ist aufgrund mangelnder Indizien weder mit hinreichender Sicherheit anzunehmen noch völlig von der Hand zu weisen. 11. innuovilu / inn[ö]dilu, Cap. 4,18 Τ. 79,1 per uiscera misericordi? dei thuruh Innuouilu miltida I no stri | unsares gotes 512

So zum Beispiel noch in derselben Spalte wie das dritte und vierte Beispiel: OT. 178v,22: zweimal hazzot, Z. 26: hazzotun. Man vergleiche T. 581,24f.; 581,29. 5i3OT 1 7 9 r 514

SchW. S. 160.

515

SchW. S. 160.

51

"Beispiel (1): OT. 76v,26 habe in hazze thinan fiant. Man vergleiche T. 145,20. Beispiele (3) und (4): OT. 178v,3 er iu in hazze habeta. Man vergleiche T. 581,2. Sieh SchW. S. 160.

Das Althochdeutsche

154 OT. 19r,20

Per uisfcera mifericordiae thuruh innuouilu innodilu | Dei nostri, | miltida unfares Gotes

Im OT. stand ursprünglich wie im T. innuouilu. Erst Junius ersetzte das Wort durch innodilu. Ein verwischter Tintenfleck erschwert die Lesung. Der Befund ist aber sicher. Junius517 stützt seine Emendation im Kommentar auf verschiedene Vorkommen des Wortes innodi518, wobei auch die Murbacher Hymnen zitiert werden. Er fuhrt auch andere, d-haltige Bildungen an, die er in verschiedenen Glossaren vorfand. Der Fall ist ein deutliches Beispiel dafür, wie Junius Konjekturen vornahm, wenn er eine Entstellung des Textes vermutete und sich auf Parallelbelege stützen zu können glaubte. Ein Hinweis auf eine Wortvariante in der Vorlage existiert nicht. Im Kommentar zitiert Junius seine eigene Konjektur so, als habe im Text von vornherein innodilu gestanden. Das geschieht auch sonst und ist aus der Sicht des Junius sinnvoll, weil im von ihm geplanten Druck der Bilingue der korrigierte Text wiedergegeben worden wäre. 12. biinsigilön / biinsigilen Cap. 215,4 Τ. 657,1 if. munierunt sepulchrum signantes lapidem cum custodibus., OT. 226r,25f.

festinotun thaz grab. bilnsigilenti then stein mit bihalterin.,

munierunt fepulchrum, feftinotun thaz grabbun, fignantes lapide cum custo- sigil/onte then stein mit bi| dibus. | halterin.

Im OT. ist in grabbun sigilonte nach dem -/- ein zweites, kräftigeres -/durch einen Diagonalstrich wieder getilgt worden. Der Abstand zum folgenden, nachgezogenen oder aus -e- korrigierten -o- ist etwas vergrößert. Daraus ist zu schließen, daß der Kopist beim Abschreiben dieses Wortes Schwierigkeiten hatte und erneut auf die Vorlage blickte oder neue Tinte aufnehmen wollte. Er schrieb zunächst versehentlich mit einem erneuten -/- weiter, bemerkte den Irrtum, korrigierte ihn und setzte mit -o neu an.

5l7

OT. 18v. 518 SchW. S. 174.

Lexikalische Varianten

155

Die Kommata am Ende von Zeile 25 sind außergewöhnlich fett geschrieben und entstammen Korrekturen, nämlich aus einem schwächer geschriebenen Komma im lateinischen Text und einem Punkt oder Klecks im althochdeutschen. Nach lapide und stein sind Kommata getilgt worden. Das zweite -i- in bihalterin ist fett geschrieben und entstammt einer Korrektur aus -e-, soweit zu erkennen. bun- ist nicht korrigiert. Es handelt sich aber offensichtlich um eine Verlesung aus biin-i19. Die Buchstaben wurden vom Kopisten als Teil des Wortes grab aufgefaßt und diesem falschlich zugeschlagen, falls nicht bereits die Vorlage hier durch ein fehlendes Spatium und möglicherweise einen Zeilenumbruch im Wort eine Fehlermöglichkeit eröffnete. Das -e in -sigilonte ist ebenfalls korrigiert und könnte auch als unvollständige Korrektur e > i gelesen werden, wobei lediglich der /'Punkt fehlt. Das -o- in -sigilonte, auf das es hier ankommt, ist, wie erwähnt, in seiner rechten Hälfte nachgezogen oder eine Korrektur aus -e-, was sich nicht sicher entscheiden läßt. Junius liest im Kommentar ßgilonte520 und weist auf die Behandlung dieses Wortes in seinen Observationes zu Williram hin521. Angesichts der offenkundigen Schwierigkeiten, die der Kopist bei der Wiedergabe des Textabschnittes hatte und der nicht auszuschließenden Möglichkeit, daß das -o- auf einem Eingriff durch Junius beruhen könnte, ist die Annahme eines -δη- Verbs biinsigilä für die Vorlage des OT. nicht ausgeschlossen, aber zweifelhaft, zumal es sich einmal mehr lediglich eine e/o-Abweichung handelt. 13. gilim(p)fan / githurfan An drei Stellen hat Junius die vom Kopisten geschriebene und jeweils mit T. übereinstimmende Wortform gilanf, 3. Pers. Sg. Präs. des starken Verbs gilim(p)fan522, durchgestrichen und durch githarf ersetzt, das zu einem Perfektopräsens githurfan zu stellen wäre.

519

Zu weiteren Fehlern dieses Typus sieh weiter unten, Teil Ill.C.b.

520

OT. 225v.

"'Francisci Junii F. F. Observations in Willerami Abbatis Francicam paraphrasin Cantici canticorum, S. 72. 522 SchW. S. 198.

Das Althochdeutsche

156

(1) Cap. 220.5 Τ. 663,22f. quia oport& eum a mortuis resurgere.

thaz inan gilanf von tode zi arstantanne.

OT. 229v,16 quia oportet eum ä mortuis thaz inan gilanf [githarf] | refurgere. | fon toöe zi arftantanne. Junius esetzte oportet durch oportebat und gilanf interlinear durch githarf. Im Kommentar523 heißt es: githarf Oportebat) fo githarf Crist troen, Sic oportebat Christum pati: CCXXXII, 2. In der Tat findet sich in Cap. 232,2 ein ähnlicher Fall. Doch ist vorher noch zu berücksichtigen: (2) Cap. 227 r 2 T. 673,22 nonne haec oportuit pati eno nigilanf thisiu Christ | Christum |truen OT. 235v,4

Nonne [ergo] haec oportuit Eno ing[i]lauf [Eno|ni gi| pati Chriftum | tharf] thifiu christ thruuen,

In der lateinischen Spalte des OT. wurde ergo sehr energisch durchgestrichen. Ob die Tilgung bereits durch den Kopisten erfolgte, ist nicht sicher entscheidbar. Im althochdeutschen Text strich Junius Eno ing[i]lauf (sie!) und schrieb Eno\ni githarf darüber. Beim ursprünglichen ing[i]lauf ist das zweite -/'- nicht sicher. Möglicherweise stand zuerst ing lauf, in das Junius den Ansatz eines i einkorrigierte und dann erkannte, daß bei in- ein zweiter Fehler vorlag, der ihn zur beschriebenen größeren Korrektur bewog. Bei -au- handelt es sich in jedem Falle um eine Verschreibung aus recte -an-, über die im nächsten Beispiel noch zu handeln ist. Des weiteren strich Junius thruuen (oder thrienl) durch, bei dem die Lesung von -ue- (oder -ie-Ί) wegen der starken Entstellung der Buchstaben durch Korrektur nicht sicher ist, und schrieb truen darüber. Im Kommentar524 ist zu lesen: githarf Oportuit.) vide CCXX, 5, womit die unter (1) besprochene Stelle gemeint ist, gefolgt von: thruuen, Pati. ) Occurrit et apud Otfr. III, 19, 60. Es folgen Parallelstellen aus Otfrid und aus dem OT. Darunter ist auch ein Verweis auf Cap. 232,2, auf das ja bereits im Kommentar zu Cap. 220,5 hingewiesen wird. Das Wort thruuen machte Junius offensichtlich auch im Kommentar gewisse Schwierig523

OT. 230r.

524

O T

236'.

Lexikalische Varianten

157

keiten: nach thr- ist ein durch dünne Striche getilgtes c zu erkennen. Vor einer weiteren Analyse sei noch die dritte Stelle vorgeführt. (3) Cap, 232,2 Τ. 679,15 & sic oportebat christum uuanta so gilanf Christ | pati | troen. OT. 238v,12 Et fic oportebat Christum uuanta fo gilauf [inti fo | pati, | githarf] Crist troen, Die Lesung von uuanta fo gilaufxsX dadurch erschwert, daß die Wörter von Junius kräftig ausgestrichen worden sind. Auffällig ist wie im vorigen Beispiel die Form mit -au- statt -art-. Junius hat in offensichtlicher und nach seiner Ansicht vielleicht engerer Anlehnung an den lateinischen Text intifo ^Äar/darübergeschrieben. Besonders hingewiesen sei noch auf die auffällige Vokalvariante in troen (zu thruoeni2S), die mit dem Sangallensis übereinstimmt. Im Kommentar526 vermerkt Junius: githarf,

Oportebat) vide CCXX, 5. troen, Pati) pro eo thruuen legas CCXXVII, 2. Die letztgenannte Angabe trifft zu, wie im Beispiel (2) gezeigt wurde. Die Kommentare und Korrekturen vermögen schon an sich gut zu veranschaulichen, wie Junius zur Herstellung eines seiner Meinung nach korrekten Textes Parallelstellen miteinander verglich und zur wechselseitigen Erklärung heranzog. Zur Frage, wie das von ihm eingeführte, im T. nicht bezeugte githurfan zu bewerten sei, hat er im dritten Beispiel interlinear über Crifi troen einen entscheidenden Hinweis gegeben: pro gi-

tharf codex Vulcanii hoc in loco habet gilauf Mindestens an dieser Stelle hatte die Vorlage also nicht githarf, und der Kopist hat keinen Fehler begangen. Die Verschreibung von -au- aus -an-, die ja durch die Ähnlichkeit von u und η recht gut nachvollziehbar ist, dürfte demnach bereits in der Vorlage bestanden haben, es sei denn, Junius und der Kopist hätten sich gleichermaßen geirrt. Vermutlich trifft dieser Befund auch auf das vorher besprochene Beispiel (2) zu. Es wäre nun denkbar, daß Junius an der ersten Stelle tatsächlich githarf vorfand und die übrigen danach korrigierte. Damit würde aber dem Kopisten unterstellt, seinerseits von Cap. 232,2 aus, wo er sicher gilauf gelesen hat, rückwirkend an der ersten Stelle gegen die Vorlage gilanf geschrie525

SchW. S. 115.

526

OT. 239'.

158

Das Althochdeutsche

ben zu haben. Denn diese Form war für ihn doch nur einer der Folgestellen zu entnehmen. Aber keine der Stellen, insbesondere nicht die erste, zeigt eine Spur von entsprechenden Korrekturen durch den Kopisten. Diese hätten zudem gegen den linearen Abschreibevorgang erfolgen müssen und hätten sich sicher im ersten Fall in einer Streichungen und einem Nachtrag niedergeschlagen. Bei githurfan handelt es sich also mit großer Wahrscheinlichkeit um eine reine Konjektur des Junius. Die Tatsache, daß er eine mit gi- präfigierte Ableitung von thurfan wählte, deutet darauf hin, daß er gilanf nicht zuordnen konnte und für eine Verschreibung aus githarf gehalten haben mag. Für alle drei Fälle ist zudem festzuhalten, daß sie so, wie sie vom Kopisten notiert wurden, bis auf die a/u- Verschreibungen mit dem Sangallensis übereinstimmen. 14. gilumphida / gilimphida, Cap. 154,2 Τ. 549,12f. ... et exinde Inti fon thanan querebat opportunitatem suohta gilumphida OT. 160r,23 Exinde quaerebat oportunita-

inti fon thanan fuohta | gilimphida |tem

Das in Rede stehende Wort ist im OT. nicht korrigiert. In den literarischen Denkmälern ist gilumphida nur fur T. bezeugt527. Gerade hier weicht OT. augenscheinlich ab. In den Glossen sind beide Wörter nicht belegt, wie Überprüfüngen am Material des von R. Schützeichel geleiteten Forschungsprojekts Althochdeutsches Wörterbuch ergeben528. Außerdem sind weitere Bildungen mit den beiden Basen -lim(p)f- und -lum(p)f- belegt und ähneln sich hinsichtlich ihrer bezeugten Bedeutungen 529 . Junius notiert im Kommentar530 gilimphida, Oportunitatem und

527

SchW. S. 198 {gilimphida); S. 203 {gilumphida). Man vergleiche auch E. Gutmacher, PBB. 39 (1914) S. 33. 528 Man vergleiche auch StWG. S. 376. 529

Man vergleiche etwa die Adjektive gilim(p)fllh , SchW. S. 198, und gilum(p)fllh,

SchW. S. 203. 530

OT. 159v.

Lexikalische Varianten

159

verweist auf eine Parallelstelle in Cap. 12,7. Dort 531 ist gilimphit zu oportet zu lesen, für das Junius im Kommentar532 eine Reihe von Vergleichsstellen aus dem OT., Otfrid und verschiedenen Glossaren zusammengestellt hat. Die Liste enthält auch ein Adjektiv gilumphlih aus Otfrid und einen Vorausverweis auf Cap. 154,2. Die Lesung dieser Stelle ist mithin kaum begründet anzuzweifeln. Eine Verschreibung -limph- aus -lumph- ist wegen der Häufung kurzer Buchstabenschäfte nicht auszuschließen, aber auch nicht nachzuweisen und in diesem Falle angesichts der sonstigen Belege fur gilimphida und gilumphida nicht einmal sehr wahrscheinlich. Daher kann hier tatsächlich eine Wortvariante vorliegen, die auf die Vorlage zurückgeht. Sie bezeugt jedoch keineswegs eine sonderlich auffallige Divergenz zwischen dieser und dem Sangallensis. 15. inliuhten / inliuhtigen, Cap. 4,18 Τ. 79,3f.

Inluminare his qui In tene- Inliuhten then thie thar In |finstarnessin jbris & in umbra mortis sedent Inti In scuuen todes sizzent

OT. I9r,22f. illuminare his qui in tenebris inliuhtigen then thie thar in

et in umbrä mortis fedent,

| finstarneffin inti in fcuuen todes fizzent

Im OT. ist ein ursprüngliches fcuuen in fcüuuen korrigiert und das erste -u- mit einem Bogen als vokalisch markiert worden533. Die Korrektur könnte von Junius534 stammen, der dazu wiederum Parallelstellen herangezogen hat, nämlich In scüuuen todes, In umbrä mortis. . dann, mit Einfugezeichen nachgetragen: Occurrit & XXI, 12. In Cap. 21,12535 steht todes scüuuen zu umbrce mortis. Bei inliuhtigen ist kein Eingriff festzustellen. Die beiden letzten Buchstaben -en und die nächsten Wörter wirken etwas kräftiger als inliuhtig-, stammen aber sicher vom Kopisten, der hier die Feder in die Tinte getaucht haben wird, inliuhtigen ist auch des Junius Lesung im Kommentar, wo es zu Wortformen von inliuhten 53iOT 532

37v 1 2

Man vergleiche T. 101,6.

r

OT. 38 .

533

SchW. S. 260 scüwo sw. M., 'Schatten'.

534

Kommentar zu Cap. 4,18: OT. 18v.

535

OT. 67r,21.

160

Das Althochdeutsche

gestellt wird, das im OT. an zwei weiteren Stellen bezeugt ist536. Da eine bloße Verschreibung nicht plausibel gemacht werden kann, lassen sich keine Anzeichen für ein sekundäres Zustandekommen der deadjektivischen Bildung537 inliuhtigen erkennen. Sie kann deshalb als Wortvariante ernstgenommen werden. In den literarischen Denkmälern ist sie ansonsten nicht belegt, ihre Basis, das Adjektiv liuhtJg 'hell', erscheint aber bei Notker538. In den Glossen existiert das Wort nicht, wie Nachprüfungen am Material des von R. Schützeichel geleiteten Forschungsprojekts Althochdeutsches Wörterbuch ergeben539. 16. mer/ mera, Cap. 38,5 Τ. 157,If. ... Quanto magis uos minime fidei.

... uuvo mihhiles mer iuuih luciles gilouben.

OT. 86r,32

quanto magis vos, minimae uuo mihhiles mere iuuih, | fidei? | luciles gilouben? Im OT. ist an dieser Stelle, wie so oft, iuuih in juuih korrigiert worden. Weitere unwesentliche Korrekturen seien hier übergangen540, mere ist einwandfrei lesbar und nicht korrigiert. Im Kommentar541 liest Junius dasselbe und verweist auf eine Parallelstelle Cap. 52,5, wo aber lediglich mihhil vorkommt542, mere ist als Variante zu einem Adverb mera zu stellen, während T. an derselben Stelle das Adverb mer bietet543, das im OT. an anderer Stelle ebenfalls bezeugt ist544. Da es kein Indiz für einen Fehler oder einen Eingriff gibt, ist eine Wortvariante durchaus möglich. Auch in diesem Fall besteht die Abweichung in nur einem Buchstaben.

^Cap. 13,4: OT. 40\1; T. 103,21 . Cap. 216,1: OT. 226 v ,l; T. 657,15. SchW. S. 199. 537

J. Riecke, Die schwachenyan-Verben des Althochdeutschen, S. 462.

538

SchW. S. 199.

539

Man vergleiche auch StWG. S. 381 (inliuhten).

540 54l

Zu uuvo / uuio < uuo sieh jedoch oben, Teil III.B.b.

OT. 85v.

542

OT. 109r,7. Man vergleiche T. 187,13.

543

Zu mer und mera sieh SchW. S. 210f.

544

Etwa Cap. 40,7, OT. 88v,10: uuio mihhiles mer. Man vergleiche T. 161,14: uuvo mihhiles mir. Sieh dazu auch oben, Teil III.B.b.

Lexikalische Varianten

17. mugan / g(i)unnan, Cap. 185,5 Τ. 607,7f. an putas quia non possum rogare patrem meum OT. 196r,24 an putas quia non poßum rogare patrem meum,

161

oda niuuanis thaz ih nimugi bittan minan fater Oda m uuanis thaz ih ni | gunni bittan minan fater,

Im OT. ist vor uuanis ein ni getilgt worden. Diese Tilgung sollte offenbar die Kongruenz zum lateinischen an putas herstellen, ni gunni ist nicht korrigiert. Eine Wortvariante mugan / g(i)unnan ist deswegen für die Vorlage nicht auszuschließen. Zur Skepsis mahnt aber die Tatsache, daß g(i)unnan in den anderen Denkmälern '(jemandem etwas) gönnen, gewähren, verleihen'545 bedeutet und nicht 'können, vermögen'546, wie es hier zu erwarten wäre. Bis auf das -g- bestehen die Wörter nimugi, ni und gunni ausschließlich aus kurzschäftigen Buchstaben. Deren Häufung konnte leicht zur Ursache eines Fehlers werden. So ergeben sich die beiden Möglichkeiten, daß das -g- entweder vom Kopisten gewissermaßen falsch positioniert wurde oder daß schon die Vorlage einen auf diese Weise entstandenen Fehler hatte, der eher zufällig zu einem anderen Wort führte. 18. queman / inqueman, Cap. 47,5 Τ. 181,22- & dico huic uade. 24 & uadit. & alio ueni. & uenit. OT. v

103 ,10f.

Inti ih quido zi thesemo far Inti her ferit. anderemo qui| du quim Inti her quimit. ...

et dico huic, Vade, et vaöit. inti ih quidu zi thefemo; Far, |inti her ferit. et alio, veni, et venit anderemo quidu; Comlin, [inti her quimit.

Im OT. ist bis auf einen dünnen Vertikalstrich zur Worttrennung keine Korrektur am Imperativ Com in zu erkennen. Lediglich im lateinischen Text hat Junius am Beginn von Zeile 11 et alio durch alii dico; ersetzt ^SchW. S. 300. 54i

SchW. S. 215.

162

Das Althochdeutsche

und damit einmal mehr den lateinischen Text nach dem althochdeutschen verändert, hier nach anderemo quidu. Außerdem wurde ein marginal links stehendes Wort alij getilgt, dessen Hand nicht sicher bestimmbar ist. Unter den zahlreichen Varianten des starken Verbs queman, wie sie etwa in den literarischen Denkmälern bezeugt sind547, sind diejenigen mit einer c- oder ch- Schreibung des Anlauts und einem Wurzelvokal -ohäufig zu finden, so daß eine Ansatzvariante incoman zu inqueman für den OT. durch Vorkommen in anderen Denkmälern durchaus gestützt wird. Es ist daher wahrscheinlich, daß in der Vorlage des OT. mindestens com statt quim gestanden hat. Für in ist aber zu bedenken, daß es durch eine Dittographie aufgrund des nachfolgenden inti zustande gekommen sein könnte. Der Kopist könnte com und den Anfang von inti versehentlich zusammengeschrieben haben, wobei er aber auch das Komma der Vorlage übersehen haben müßte, wenn dieses nicht sekundär ist. Dann bemerkte er den Fehler, fugte den Worttrenner ein, schrieb dann aber mit , inti weiter. 19. queman / samanqueman, Cap. 189,1 Τ. 615,7- Mane autem facto morgane giuuortanemo 10 conuenerunt omnes principes quamun alle thie heroston thero bisgoffo mit then sacerdotum cum senioribus | altoston thes folkes... plebis... OT. 202 r ,1315

Mane autem facto

morgane giuuortanemo, | faman [famanjquamun alle thie conuenerunt omnes princi|pes | heroston faceröotum, cum fenioribus thero bisgoffo mitten altof|ton thes folkes, | plebis,

Auch in diesem Falle steht offenbar ein Simplex des T. einer präfigierten Form des OT. gegenüber. Das vom Kopisten am Ende von Zeile 13 geschriebene Jaman wurde getilgt. Dann wurde es in Zeile 14 von Junius mit dem Einfügezeichen ^ über quamun geschrieben. Das läßt zwei 547

SchW. S. 188f.

Lexikalische Varianten

163

Erklärungsmöglichkeiten zu. Entweder verlegte Junius ein nicht getilgtes faman passend zu convenire in die nächste Zeile, um den Zeilenparallelismus wiederherzustellen, oder er stellte ein womöglich bereits vom Kopisten getilgtes, weil versehentlich eingetragenes faman an passender Stelle wieder her. Der ursprüngliche Eintrag ist jedenfalls sicher. Außerdem wurde mithen von Junius durch mit then ersetzt. Bei dieser Korrektur ist die Urheberschaft des Junius leichter zu erkennen als bei der ersten. Denn die Einfügung von Jaman hebt sich durch die Tintenfarbe und Strichstärke weniger gut von der Schrift des Kopisten ab als sonst. Auch lassen sich das geschlossene a, das m und das η weniger klar von denen des Kopisten unterscheiden als das lange f , dessen untere Hälfte Junius hier wie auch sonst in kursiver Schreibweise zu einer leichten Schlaufe gestaltet, um den nächsten Buchstaben anschließen zu können. Im Kommentar548 wird die Stelle nicht besprochen. Die Tatsache, daß das erste faman ein ursprünglicher Bestandteil des OT. ist und daß es in jedem Falle mit dem lateinischen convenire korrespondiert, zeigt, daß hier eine ursprüngliche Wortvariante nicht auszuschließen ist. Sollte hingegen Junius lediglich eine bereits vom Kopisten wieder getilgte Fehleintragung unter Beachtung des Zeilenparallelismus wiederhergestellt haben, so bliebe zu erklären, wie der Kopist zu einem solchen Fehler kam. Der umgebende Text bietet keinen Anhaltspunkt. 20. biscrenken / bisenken, biscenken (?), Cap. 53,10 Τ. 191,lOf. ... grex ... thaz cutti precipitatus est In mare. ad uuas biskrenkit in then seo | duo milia | zua thusunta OT. 112r, 17 grex prascipitatus est in thas [c]utti uuas bis[k]enkit |mare. |inthenfeo. Die althochdeutschen Zeile weist einige Eingriffe auf. Am Zeilenanfang wurde thero durch thas ersetzt. Das c- von cutti ist aus einem e- korrigiert worden. Die korrigierende Hand ist hier nicht sicher bestimmbar. Bei bis[k]enkit ist zwischen -s- und -e- ein -k- getilgt worden. Auch Junius gibt im Kommentar, der zu dieser Stelle ein Nachtrag ist549, die ^ ο τ . 20 r. M9 OT. 11Γ.

164

Das Althochdeutsche

Form bifenkit an. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Emendation des Junius, nachdem der Schreiber möglicherweise ein biskrenkit der Vorlage ohne -r- abgeschrieben hatte. Es ist kaum anzunehmen, daß das ursprüngliche -k- völlig unmotiviert geschrieben worden ist. Junius hat hier möglicherweise aufgrund seiner sonstigen Kenntnisse germanischer Sprachen gebessert und bifenken angesetzt. Er verweist im Kommentar auf vergleichbare Fälle, die er im Auctarium550 zusammengestellt hat. Es ist aber noch eine andere Möglichkeit zu bedenken. In der Vorlage des OT. könnte tatsächlich biskenkit gestanden haben, so daß der Kopist keinen Fehler gemacht hätte. Diese Wortform wäre zu Bildungen mit dem schwachen Verb scenkert551 zu stellen. In verschiedenen literarischen Denkmälern ist das Simplex scenkenin mit der Bedeutung 'einschenken (von)' belegt, giscenken553 ist bei Otfrid bezeugt und bedeutet dort 'einschenken'. Schließlich ist noch auf das Kompositum scenkifaz554 'Schüssel' hinzuweisen, das im T. bezeugt ist. Eine mit bi- präfigierte Form existiert hingegen in den literarischen Denkmälern ansonsten nicht. Die Möglichkeit, daß statt biskrenken '(sich) stürzen' 555 des T. ein Verb biskenken gewählt wurde, mit dem ebenfalls eine Abwärtsbewegung bezeichnet werden kann, ist nicht völlig auszuschließen. J. Riecke556 stellt scenken zu einem Adjektiv, das noch in altnordisch skakkr 'schräg, hinkend' vorliegt und gibt die Grundbedeutung des Verbs mit '(ein Gefäß) schräg halten' an. Er557 stellt screnken zu einem nicht bezeugten germanischen Adjektiv *skrank, dessen Bedeutung 'schräg, quer' sei, und gibt die "systematische Bedeutung" von screnken mit 'schräg, verschränkt machen' an. Für senken ist die Bedeutung 'sinken machen, lassen' festzustellen558. Im ganzen kann eine Bildung auf der Basis von senken die 559

Ms. Junius 42, p. 175.

55l

SchW. S. 256. J. Riecke, Die schwacheny'a«-Verben im Althochdeutschen, S. 509f.

552

SchW. S. 256: L. N. O. Ph. WH.

553

SchW. S. 256.

554

SchW. S. 256.

555

SchW. S. 258.

556

Die schwachenya«-Verben im Althochdeutschen, S. 509f.

557

J. Riecke, Die schwachenyon-Verben im Althochdeutschen, S. 516f.

558

SchW. S. 248. Ähnlich J. Riecke, Die schwachen;««-Verben im Althochdeutschen, S. 591.

Lexikalische Varianten

165

größere Wahrscheinlichkeit beanspruchen, wenngleich eine Basis scenken nicht auszuschließen ist. 21. uozarnen / urzarnen, Cap. 64,9 Τ. 217,14f. consilium dei spreuenint gotes girati uozarnitun in sem&ipsos non baptizati in in selbon nigitoufte fon |abeo. |imo OT. 133r,21f.

conlilium Dei spreuerunt in gotes girati urzarnitun in |femetipfos, |infelbon, non baptizati ab eo. ni gitoufte fon imo.

Im OT. sind bis auf kleinere und auch sonst allenthalben anzutreffende Nachbesserungen einzelner Buchstaben keine wesentlichen Eingriffe festzustellen. Insbesondere ist urzarnitun gänzlich unkorrigiert und zweifelsfrei in der Form mit ur- lesbar. Bereits Junius vermutet in seinem Kommentar559 allerdings einen Schreibfehler: urzarnitun, Spreverunt.) Forte leg. uozurnitun [!] und stellt dieses Wort zu Vorkommen von uozarnen. Es ist gleichwohl möglich, daß die Form urzarnen korrekt aus der Vorlage kopiert wurde. Doch kann diese bereits einen Schreibfehler gehabt haben. Ein Wort urzarnen in der sonstigen Überlieferung des Althochdeutschen nicht nachgewiesen560. J. Riecke561 meint, daß das nur im T. bezeugte Verb uozarnen schon früh nicht mehr verstanden und im OT. zu urzarnen umgedeutet worden sei. Statt einer bewußten Umdeutung muß jedoch eher mit einem Fehler gerechnet werden. Wie auch die anderen Fälle, in denen eine mutmaßliche Wortvariante aus einer nur geringfügigen Abweichung der fraglichen Wörter voneinander resultiert562, ist der vorliegende nicht geeignet, weiterreichende Schlüsse zu stützen.

359

OT. 132v.

Nachprüfungen am Material des Forschungsprojekts Althochdeutsches Wörterbuch vonR. Schützeichel. SchW. S. 305. Man vergleiche StWG. S. 680; S. 685. Sieh auch J. Riecke, Die schwachenyaw-Verben im Althochdeutschen, S. 301. 5 sciuhen Cap. 13,25 scuhenti T. 111,11/ scrihenti OT. 46v,25. Junius hat diese Wortform zunächst nicht zu erklären vermocht, seinen diesbezüglichen, mit Nefcio quid... beginnenden Kommentar690 aber dann wieder getilgt und scrihenti zu Parallelen aus dem Dänischen gestellt: Arbitror hoc in loco fcrihen ejuJäem ßgnificationis eJTe cum Danico ikrigo lamare. vociferari. et ßcriy, Clamor, ploratus. Das würde zu einem althochdeutschen starken Verb scrlan691 passen, das aber an dieser Stelle nicht vorliegt. Vielmehr macht die genaue Übereinstimmung zwischen T. und OT. bis auf u/ri es wahrscheinlich, daß die Vorlage des OT. mit dem Sangallensis die Variante scühen des schwachen Verbs sciuhen692 gemeinsam hatte, -u- wurde zu -ir- verlesen.

c. Textsprünge Eine weitere charakteristische Fehlerquelle besteht in Augensprüngen zum Vorhergehenden oder Nachfolgenden innerhalb einer Zeile, zuweilen sogar innerhalb eines Wortes. Diese Erscheinung steht in Analogie zu den Zeilensprüngen, die J. Rathofer693 ausfuhrlich beschrieben hat und die beim Blickwechsel zwischen Vorlage und Apograph durch Homoiarkton und Homoioteleuton verursacht werden konnten. Ganz ähnlich sind die folgenden Beispiele zu erklären, in denen die Verschreibungen vom jeweils in der Vorlage Vorausgehenden oder Nachfolgenden oder auch vom soeben Geschriebenen angeregt wurden. (Dazu sei ein gewissermaßen unfreiwillig experimentell ermittelter Erfahrungswert nicht verschwiegen. Dem Verfasser dieser Arbeit sind beim Exzerpieren und Kollationieren der Textbeispiele Fehler dieser Art selbst unterlaufen. Denn die Arbeitssituationen ähneln sich.) 690

OT. 47r.

69l

SchW. S. 259.

692

SchW. S. 258.

693

PBB. 95 (1973) S. 90-118.

200

Das Althochdeutsche

In der folgenden Untersuchung einiger aussagekräftiger Fälle sind die auslösenden Elemente unterstrichen, die Verschreibungen halbfett markiert. Der lateinische Text wird nur beigegeben, wo es nötig erscheint. Die Beispiele dienen zur Veranschaulichung des genannten graphischen Abweichungstyps. Sie lassen darüber hinaus auch weitere Einzelheiten zur Arbeitsweise des Junius, des Kopisten und möglichen Eigenschaften der Vorlage erkennen. 1. Cap. 2,4 Τ. 67,21 ... Intiforhta anafiel ubar Inan, OT. 10r,2 ... inti forhtana fiel ubar inan. Junius694 hat *forhtana als Entsprechung zu timor ernstgenommen. Tatsächlich handelt es sich um eine Verschreibung, die durch den die Identität des Auslauts von forhta69i und des Anlauts von anafiel begünstigt wurde. Es ist überdies wahrscheinlich, daß fehlende, zu kleine oder nicht den Wortgrenzen entsprechende Spatien in der Vorlage ebenfalls dazu beitrugen. Man vergleiche das weiter unten zu Cap. 57,1 Gesagte. 2. Cap. 38,5 Τ. 155,31 ... thaz gras thes accares ... OT. 85r,29 thaz grast thes accares... Auch Junius696 liest grast, stellt es aber zu einer Parallele gras in Cap. 72,3697. Es handelt sich aber um eine Verschreibung durch Augensprung zum nächsten Wortanfang. 3. Cap. 53,12 Τ. 191,16 al thiu burg gieng Ingegin themo heilant r OT. 112 ,22f. ... al thiu bürg gieng ingeging themo Heilante... 698 Junius liest im Kommentar nach einer Parallelstelle ingegin, ohne den Fehler zu korrigieren. 694OX gy 695

SchW. S. 139: for(h)ta.

696

OT. 84v.

697

OT. 154r,2; T. 231,26.

698OT

l i r

M a n v e r gi e i c he

auch in Teil III.B.b. behandelten Fall aus Cap. 223,1.

Graphische Varianten

201

4. Cap. 57,1 Τ. 199,2If. Tho antlingitun imo sume fon then buohharin inti phariseis v OT. 118 ,2f. Tho antlingitun imo|fumelon fon then buohharin inti pharifeis ... Junius hält fumelon für die Entsprechung des lateinischen quidam699. Es handelt sich jedoch um eine Entstellung, die auf einem Augensprung beim Zeilenumbruch beruht. Dessen Ergebnis ist eine fehlerhafte Dittographie von fon, bei der / - und /- verwechselt wurden. Möglicherweise hat der Kopist versucht, die Zeileneinteilung zu verändern, dann aber doch fon in die nächste Zeile gesetzt. An diesem Beispiel wird noch ein weiterer möglicher Faktor für Verschreibungen und Entstellungen dieses Typs erkennbar, imo und Jumelon sind nur durch einen dünnen Vertikalstrich getrennt, der in dieser Funktion recht häufig im Apograph zu finden ist. Der Kopist hat offenbar an manchen Stellen Schwierigkeiten bei der Erkennung der Wortgrenzen gehabt. Neben den Fährnissen des Abschreibevorgangs, der häufige Blickwechsel erforderlich machte und neben dem Bestreben des Kopisten, die Textverteilung der Vorlage nach eigenen Kriterien zu ändern, könnten auch fehlende Spatien der Vorlage dafür mitverantwortlich sein. An der St. Galler Überlieferung hat A. Masser700 die Eigenheit beobachtet, Text unabhängig von den Wortgrenzen nach Sprecheinheiten zusammenzuschreiben. Es ist vorstellbar, daß die Vorlage des Oxforder Apographs ein ähnliches Verfahren oder Spuren eines solchen aufgewiesen hat. Es erscheint aber kaum möglich, dieses aus seinen mutmaßlichen Reflexen im Ms. Junius 13 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu rekonstruieren. 5. Cap. 63,1 Τ. 213,19f. thaz her selbo gieng in suma burgilun inti sum uuib martha ginemnit r OT. 130 ,19f. thaz her felbo gieng in fuma hurgilun, inti fum[b] uu[e]ih, Marta ginennot Die in eckige Klammern gesetzten Buchstaben sind durch Vertikalstriche getilgt worden. Möglicherweise hat sich der Schreiber selbst 699

OT. 119r.

700p

15

202

Das Althochdeutsche

korrigiert. Das ändert nichts daran, daß die ursprüngliche Verschreibung fumbmi einem Augensprung beruht, den der Auslaut des nächsten Wortes hervorgerufen hat. Die ursprünglich niedergeschriebene diphthongierte Form uueib statt des zu erwartenden uulb ist als Verschreibung unter dem Einfluß des Neuhochdeutschen erklärbar. Es muß offen bleiben, ob sich bereits der Kopist selbst korrigiert hat. Auf die Form ginennot wird im nächsten Abschnitt noch zurückzukommen sein. 6. Cap. 69,9-70,1 Τ. 229,18-20 ... inti in sinemo namen thiota gitruuent. uuas tho giuuortan in then tagon OT. 151r,24f. inti in finemo namon thiatogo gitr[o]uuent uuas tho giuuortan in then tagon, Das -o- in gitr[o]uuent ist durch einen Diagonalstrich möglicherweise noch vom Kopisten wieder getilgt worden. Junius liest es aber im Kommentar701, thiatogo ist durch Verlesung aus thiota und Kontamination mit dem darunter stehenden tagon entstellt. In in finemo namon sind einige Buchstaben wohl vom Kopisten nachgezogen worden. Die Buchstaben ab -togo bis zum Zeilenende sind fetter geschrieben, ebenso tagon in der nächsten Zeile. Diese Worte wurden sichtlich in einem Zuge geschrieben. Es scheint, als habe der Kopist die Zeile zunächst nur bis zum fehlerhaft gelesenen Wort thiota702 geschrieben und dann gleich die nächste Zeile bis then fertiggestellt. Wahrscheinlich war er bereits hier durch einen Augensprung von thiota zu tagon in die nächste Zeile geraten. Denn der Auslaut des einen und der Anlaut des anderen sind gleich. Dann hat er den Fehler bemerkt und offenbar neue Tinte aufgenommen. Beim Weiterschreiben geriet er mit dem Blick an das Ende der nächsten Zeile der Vorlage, wo er tagon las und mit dem falsch gelesenen und noch unvollständigen thiota kontaminierte. Er vollendete diese Zeile und trug im gleichen Zuge am Ende der nächsten Zeile das noch fehlende tagon nach.

701

OT. 150V.

702

SchW. S. 112.

Graphische Varianten

203

Die Rekonstruktion des Zustandekommens dieses Fehlers zeigt erneut, mit welchen Schwierigkeiten der Kopiervorgang belastet war und daß sich eine hinreichend wahrscheinliche Beurteilung nur unter Berücksichtigung aller handschriftlichen Indizien gewinnen läßt. 7. Cap. 70,2 Τ. 229,28f. ... omnis turba ... al thiu menigi stabat in litore... stuont in themo stedu ... OT. 151v,5f. ... omnis turba Stabat in littore

... al thiu menigi jjtuont in themo ftomo sledu

Junius703 merkt an: ftomo liedu, Littore. ) Non capio quid ßbivelint hcec. Nißforte legendum in faume iiadu, In ord Icrepidine littoris. Er stützt diesen Erklärungsversuch mit einer Reihe von Belegen aus althochdeutschen Glossaren und altenglischen Denkmälern. Diese Deutung setzt allerdings zugleich die Konjektur eines weiteren lateinischen Bezugswortes crepido oder ora, einen anderen Satzbau im Lateinischen und den Genitiv des starken Neutrums stedi704 voraus. Das ist angesichts des Befundes der St. Galler Überlieferung und des bekannten Übersetzungsverfahrens der Tatianbilingue sehr unwahrscheinlich, zeigt aber immerhin, daß Junius das Überlieferte ernst nahm und erst dann korrigierend eingriff, wenn er sich durch weiteres Material hinreichend abgesichert fühlte. Tatsächlich ist stomo das Ergebnis einer graphischen Kontamination aus themo und stedu, zu der auch stabat und stuont beigetragen haben können. Die Häufung der st- Anlaute kann geeignet gewesen sein, beim Blickwechsel zwischen Vorlage und Apograph diesen Fehler zu provozieren. Außerdem ist die Verwechselbarkeit von e und ο mitzubedenken, von der bereits die Rede war. Marginal links von Zeile 6 ist ein schwacher Eintrag getilgt worden. Es handelt sich um die Buchstaben ftr oder Ar, was sich aber unter der Tilgung nicht mehr sicher erkennen läßt. Es mag sich um den Ansatz zu einer kommentierenden Bemerkung gehandelt haben.

703

OT. 152r.

704

SchW. S. 270.

204

Das Althochdeutsche

8. Cap. 75,2 Τ. 237,12f. sed est temporalis, facta au- ouh ist uuilin. gitaneru |tem tribulatione & persecutione arbeiti inti ähtnessi OT. 157r,13f. fed est temporalis. inti ist uuilingita facta autem tribulatione et gitaneru arbeiti inti ahtneßi jpfecutione Junius705 hält uuilingita für die korrekte Entsprechung des lateinischen temporalis. Tatsächlich liegt aber das Adjektiv wllln106 vor. Der Fehler erfolgte beim Zeilenumbruch und ist wohl darauf zurückzufuhren, daß in der Vorlage wie im Sangallensis uuilin und gita- oder gitaneru in einer Zeile standen und der Kopist versucht hat, mit seiner Textanordnung dem syntaktischen Einschnitt nach temporalis gerecht zu werden707. In der Folgezeile mußte er dann persecutione aus Platzmangel kürzen. Genaugenommen wäre bei ouh versus inti eine Wortvariante zu konstatieren. Anscheinend hat Junius oder ein anderer aufmerksamer Leser des Manuskripts, wie etwa M. Freher, die ungewöhnliche Wiedergabe von sed durch inti bemerkt. Denn inti ist unterstrichen, wie es bei vielen von Junius kommentierten Wörtern der Fall ist, wenn auch nicht bei allen. Das Wort ist aber weder korrigiert noch im Kommentar behandelt worden. Angesichts der Tatsache, daß allein auf dieser Seite elf weitere von insgesamt dreißig Zeilen mit inti beginnen, liegt aber eher ein Fehler des Kopisten vor, dessen Blick auf einen der anderen Zeilenanfänge geriet.

d. Entstellungen Neben den bereits besprochenen Abweichungen sind Verschreibungen und Entstellungen verschiedener Art zu verzeichnen, bei denen sich nicht immer begründet annehmen läßt, ob sie zu Lasten des Kopisten gehen 705

OT. 156v. SchW. S. 324.

70i

707

J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 39f.

Graphische Varianten

205

oder bereits der Vorlage angehörten, die sicher ihrerseits nicht fehlerfrei gewesen sein dürfte. Es soll auch nicht der Eindruck erweckt werden, alle Differenzen zwischen der Oxforder und der St. Galler Überlieferung ließen sich restlos in Abweichungsmuster einordnen. Bei Verschreibungen sind zuweilen mehrere fehlerbedingende Faktoren zusammengetroffen. Wenn man gerade an diesen Fällen bestimmte Gegebenheiten der Vorlage, zum Beispiel die bekannten Häufungen kurzer Buchstabenschäfte oder ähnlich aussehende Wörter in der Umgebung, als Fehlerquelle für den Kopisten erkennt, andererseits aber sieht, daß ebendiese Bedingungen längst nicht zwangsläufig zu einem Fehler führten, wird deutlich, wie sehr die Beurteilung der Abweichungen von der Einschätzung der Fähigkeiten des Kopisten abhängt. Eine zuverlässige Rekonstruktion der graphischen Gestalt der Vorlage findet hier ihre Grenzen. Die Tatsache jedoch, daß sehr viele der Abweichungen kombinatorisch erklärbar sind (wenn es auch keinen Beweis im strengen Sinne geben kann), mahnt zu großer Vorsicht bei der Beurteilung der sprachlichen Relevanz der Fälle, die weniger deutlich als Verschreibungen oder Entstellungen zu identifizieren sind. Im Zweifelsfalle werden eher die Umstände des Abschreibevorgangs für die Varianz verantwortlich sein. Auffällige Fehlertypen werden im folgenden durch Beispiele belegt. Vollständigkeit wird nicht angestrebt und ist auch nicht erforderlich.

1. Buchstabenvertauschung Buchstabenvertauschungen sind dem Kopisten insbesondere bei uo und ou häufiger unterlaufen. Das ist ein Hinweis darauf, daß das Diphthongsystem des Althochdeutschen dem Kopisten nicht vertraut war und ihm Schwierigkeiten machte. boum Cap. 13,15 boumo T. 107,14 / buomo OT. 43v,10. Junius hat das verschriebene Wort durch boumo ersetzt. Cap. 201,5 in gruonemo bourne thisiu tuont T. 637,23f. / in gruonano buomo thifiu tuont OT. 214v,24. Der Einfluß des ebenfalls verschriebenen gruonano und des nachfolgenden tuont ist hier eine Fehlerursache. tuon Cap. 68,2 ziu tuot ir thaz thaz iu arloubit nist T. 225,20f. / ziu thu tout ir thaz iu arloubit nili OT. 139r,24. Der Kopist hat zuerst thu

206

Das Althochdeutsche

geschrieben, dann tout daneben gesetzt. Dann hat er beides gestrichen und tuot darübergeschrieben. Es ist deutlich erkennbar, wie die umgebenden Wörter, insbesondere thaz (ein thaz wurde wohl übersprungen) und arloubit zu Irritationen führten, die erst bei der zweiten Korrektur überwunden wurden. ernust Cap. 182,1 errmst T. 601,9 / erunst 193r,4. Hier sind kurzschäftige Buchstaben die Fehlerquelle.

2. Mehrfachfehler ther1 Cap. 217,2 Τ. 659,3f. aruualztan then stein fon themo grabe v OT. 226 , 15 aruualztan thone ftein fon themo grabe Hier liegt eine e/o Verwechslung und wahrscheinlich ein Augensprung zu themo vor. gotowebbrn Cap. 200,1 gotouuebbineru 635,16 / goto uuch[h]bineru OT. 214',22. Diese Stelle wurde bereits von P. Ganz708 als Beleg dafür angeführt, daß Junius nicht die ganze Handschrift mit der Vorlage kollationiert hat. Das in Rede stehende Wort hat dem Kopisten große Schwierigkeiten bereitet. Das kleine Spatium nach goto kann auf ein Absetzen und Neuorientieren an der Vorlage zurückzufuhren sein. Das kleine, hochgestellte h stammt von anderer Hand. Außer Junius kann hier auch M. Freher eingegriffen haben, der zwei Zeilen darüber haufa zu hanfa eingetragen hat, wovon bereits die Rede war. Es deutet vielleicht eine ihm möglich erscheindende alternative Lesart an, doch ist das nicht ganz sicher. Der Kommentar des Junius709 hat goto uuchbineru Die Entstellung beruht im übrigen auf Buchstabenverwechslungen von e/c und h/b.

708

PBB. 91 (1969) S. 35, A. 36.

709

OT. 213v.

Graphische Varianten

207

tougilen Cap. 2,11 tougilita sih T. 69,30 / t[o]mgihta Γώ OT. 10v,19. Im OT. wurde -o- zu -a- korrigiert oder umgekehrt, was sich an der Art der Korrektur nicht ganz sicher erkennen läßt. Das Wort wurde als erklärungsbedürftig unterstrichen. Junius710 macht im Kommentar den Besserungsvorschlag tamgihta Gh, Occultabat fe.] Forte legendum taugnita und fuhrt als Stütze für diese Lesung einige Formen aus den Murbacher Hymnen und verschiedenen Glossaren an, insbesondere das Adjektiv taugan, das zu tougen 'verborgen, geheim; geheimnisvoll'711 zu stellen ist. Die Lesung des Junius legt es nahe, daß er eine Korrektur ο > α aufgrund seiner Kenntnis der althochdeutschen Parallelen vorgenommen haben könnte. Doch auch der Kopist ist als Urheber der Korrektur nicht gänzlich auszuschließen. Vom Vorschlag des Junius und von der Annahme einer in Entstellung vorliegenden Wortvariante ist aber abzusehen. Tatsächlich dürfte es sich um zwei Umsetzungsfehler beim Kopieren handeln. -gihta läßt sich recht sicher als Verlesung aus -gilita erklären, wenn man von einem punktlosen i ausgeht. Eine Verlesung von tou- zu tom- ist ebenfalls denkbar. Der Kopist kann die kurzschäftigen Buchstaben m und u verwechselt haben. Für die Vorlage ist deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit übereinstimmend mit T. tougilita anzusetzen.

3. Sonstige Verschreibungen (h)al, all Cap. 50,1 Τ. 185,13f. ... inti alle ubil habente giheilta v OT. 106 ,5 inti alli ubil habente giheilta Für diese Verschreibung hat die Häufung der /' der Umgebung den Anlaß gegeben, wenn nicht eine der häufiger anzutreffenden e//'-Abweichungen vorliegt, furi Cap. 21,5 furi inan T. 129,10 / fuori inan OT. 64r,21. An dieser Stelle dürfte eine Verschreibung vorliegen, die von einer falschen 710

OT. ll r .

711

SchW. S. 283.

208

Das Althochdeutsche

Analogie zu den Perfektformen im Indikativ und Optativ des starken Verbs faran angeregt worden sein kann. Diese sind mannigfach im althochdeutschen Text bezeugt712. Wie bei den Buchstabenvertauschungen erweist sich das althochdeutsche System von Diphthongen und Monophthongen als Fehlerquelle. Da der Wurzelvokal der Präposition kurz ist713, dürfte wohl kaum ein alter Diphthong vorliegen, nibu Cap. 24,3 nibi T. 137,16 / nubi OT. 70v,25. An dieser Stelle sind drei Erklärungen möglich. Entweder liegt eine Verschreibung u aus i vor, oder die Vorlage hatte nibu und dem Kopisten unterlief eine Buchstabenvertauschung, oder bereits die Vorlage hatte diese Form, was wegen der in anderen Denkmälern bezeugten Varianten mit nub-7U nicht auszuschließen ist. zeihan Cap. 196,4 zeihan T. 625,21 / zeihinan OT. 208r,25. Es wäre denkbar, daß die Verschreibung auf *zeihhan oder *zeihchan der Vorlage beruht, wobei die Schäfte von -hh- beziehungsweise -hch- zu -hin- verlesen worden wären. Das würde für eine Gestalt des h mit geringer Oberlänge sprechen, die eine Verwechslung ermöglichte. Ahnliches war bereits oben in bezug auf die mutmaßliche Wortvariante brennen / bringan erwogen worden715, zwelif Cap. 233,1 zuüeliuin T. 681,7/ zuuueliuin OT. 241r,l. Die Häufung der u begünstigte die Verschreibung. zwene Cap. 209,1 zuei teil T. 647,18 / zueli teil OT. 220v,10. Das nachfolgende teil kann zur Verschreibung beigetragen haben. Damit dürften das Gemeinte ausreichend verdeutlicht worden sein. Auf die Auflistung weiterer Belege für verschiedenartige Verschreibungen sei verzichtet, da sie keine weiteren systematischen Erkenntnisse bringen. Entscheidend ist die Einsicht, daß das Spektrum graphischer Abweichungen sowohl klassifizierbare Unterschiede als auch das zu erwartende Maß an einfachen Fehlern enthält. Dabei sind die klassifizierbaren Abweichungen im ganzen häufiger als die einfachen Verschreibungen und 712

Man vergleiche die Stellenangaben bei E. Sievers, Tatian, S. 322f. abzüglich der Stellen, die in der Textlücke des OT. stehen.

713

SchW. S. 144.

714

SchW. S. 222.

715

Sieh oben, S. 119.

Phonologisch relevante Varianten

209

Entstellungen. Sie lassen sich am ehesten als Produkte des Kopiervorgangs deuten, in dem Schwierigkeiten bestimmter Lesungen immerzu ähnliche Fehler produzierten. Sie geben den Befund der Vorlage gebrochen wieder, aber sie entstellen ihn nicht völlig. Die Tatsache, daß Entstellungen relativ selten vorkommen, überrascht einigermaßen, wenn man das vergleichsweise geringe Alter der Handschrift und also die große zeitliche Ferne des Kopisten zum Gegenstand seiner Tätigkeit bedenkt. Aus dem Bereich der Glossen ließen sich Handschriften noch aus dem Mittelalter beibringen, die das Althochdeutsche erheblich stärker entstellen als die späte Oxforder Abschrift. Gegen den äußeren Eindruck, den die Handschrift macht, zeigt sich gerade an den Abweichungen der Versuch, den alten Wein so in neue Schläuche zu gießen, daß möglichst wenig davon verloren ging.

D. Phonologisch relevante Varianten Bei den vorausgehenden Untersuchungen verschiedener Variantentypen ist häufig festgestellt worden, daß sie sekundär zu erklären seien. Sie ermöglichen Rückschlüsse auf die graphische Gestalt der Vorlage und lassen einiges über den Abschreibevorgang und die Bearbeitungsweise des Junius erkennen. Als Nachweise für eine sprachliche Eigenständigkeit der Vorlage in einem Maße, daß über die ohnehin zu erwartende Varianz bei jedweder Kopiertätigkeit von Menschenhand hinausgeht, taugen sie jedoch in wesentlich geringerem Maße, als ihre große Zahl zunächst vermuten läßt. Eine Reihe von Belegen scheint aber doch darauf hinzudeuten, daß sich die Vorlage wenigstens stellenweise hinsichtlich der Schreibung der Laute vom Sangallensis716 unterschied. Nachdem bereits wiederholt festzustellen war, daß verschiedene Abweichungen bei genauem Zusehen gerade auf eine Ähnlichkeit der beiden Handschriften zurückschließen lassen, sind keine Befunde zu erwarten, die alles Vorhergehende revidieren könnten. Der einzige lautliche Vorgang, der sich im Spiegel der Oxforder Handschrift mit einiger Wahrscheinlichkeit ausmachen läßt und 716

Zum Τ.: H. Endermann, Untersuchungen zur Sprache und zum Wortschatz des Tatian, S. 13-52. E. Sievers, Tatian, S. XXII-LXX.

210

Das Althochdeutsche

nicht zwangsläufig als Fehler oder graphische Variante anzusehen ist, besteht in der gelegentlich beobachtbaren Abschwächung von Nebentonvokalen. Die Tatsache, daß es sich dabei aber nicht um ein generelles Kennzeichen des OT. handelt, ist zugleich ein Argument gegen eine sprachliche Spätdatierung der Vorlage. Denn in der Regel entspricht der Lautstand des Apographs dem des Sangallensis. Die Abschwächung von Nebentonvokalen ist bekanntlich eine Entwicklung, die bereits in voralthochdeutscher Zeit eingesetzt hatte und in der althochdeutschen Periode fortschritt717. Wenn das Apograph im Vergleich zum Sangallensis bei ansonsten weitgehender Übereinstimmung einige Graphien für abgeschwächte Vokale718 aufweist, so ist das allerhöchstens so zu deuten, daß die Vorlage in einem gewissen zeitlichen Abstand zum Sangallensis angefertigt wurde und einer oder mehrere Schreiber der Vorlage gelegentlich die ihnen vertraute jüngere Form benutzten. Es ist jedoch nicht möglich, aufgrund des Befundes, wie ihn die folgenden Belege bieten, eine genauere zeitliche Festlegung vorzunehmen. l./a/=»/e/,/9/,/i/ hinana Cap. 44,23 (Sievers 44,22) fan hinana T. 175,2 / Fon hinane OT. 97^24. heUaflur Cap. 26,4 hellafiures T. 139,31 / helle fuires OT. 73v,5. Man beachte das übereinstimmende Spatium. f(ir)läzan Cap. 19,2 Sie ... förläzenen T. 123,22 / ße... forlazinen OT. 58v,18. Man beachte den übereinstimmenden Präfixvokal. In forlazinen ist das erste -n- nachgezogen und -e- wohl vom Kopisten aus -akorrigiert. lüt(t)ar Cap. 44,11 uues&... lüttare soso tubun T. 169,20-22 / uuefet ... Jutire Mo tubun OT. 94v, lOf. trinkan Cap. 208,3 trinkan T. 645,31/ trincken OT. 220r,31. Für gewöhnlich wird im OT. die Variante auf -an benutzt, wie zum Beispiel Cap. 202,3 zeigt, auf das Junius719 im Kommentar hinweist. Dort720 sind die Formen trinchan und trinhan zu lesen, denen im Sangallensis 717

BEG. § 54—§ 77a, S. 58-77.

718

Zum Vokalismus im T. sieh insbesondere: E. Sievers, Tatian, S. LII-LXX.

719

OT. 219v.

720

OT. 217 v ,l. 2; T. 639,2. 4.

Phonologisch relevante Varianten

211

jeweils trinkan gegenübersteht. Die abweichende Schreibung des Ikl könnte bei isolierter Betrachtung dieser Belege zur Frage fuhren, ob die Vorlage des OT. über eine generell abweichende Graphie des Ikl nach Nasal verfugte. Diese Annahme läßt sich jedoch nicht durch eine ausreichende Zahl von Parallelfällen stützen. Dafür lassen sich Fälle beibringen, in denen beide Handschriften auffallend übereinstimmen, so etwa thenken in Cap. 54,5721 githanca in Cap. 54,6722. githanca. Bei h und k ist zudem die Möglichkeit der Buchstabenverwechslung mitzubedenken, so daß sich keine systematisch verschiedene Schreibweise wahrscheinlich machen läßt. 2. Iii =*• Itl, ΙθΙ beran Cap. 8,1 giboran Τ. 93,81 geboran OT. 3Γ16. Es ist keine Korrektur zu verzeichnen, ge- statt gi- ist im OT. gelegentlich zu beobachten, wenngleich es nicht die vorherrschende Form ist. Eine mögliche Interferenz des Neuhochdeutschen ist in Betracht zu ziehen. finstarnissi Cap. 1,4 Τ. 65,26-28 Inti thaz lioht In finstarnessin liuhta. 'inti flnstarnessi thaz nibigriffun, V OT. 6 , 1-3 Inti thaz lioht in finstarneßen leuhta, inti finftarneffen thaz ni bigriffun Bei finstarneßen und finilarneflen ist jeweils das erste -e- nachgezogen und in beiden Fällen aus -i- korrigiert worden. Die abgeschwächten Endsilben sind jeweils unkorrigiert. Die Form finftamelTen dürfte ihre Existenz jedoch einem Augensprung zur vorhergehenden Zeile verdanken, da ein Nominativ Plural Neutrum von finstarnissi nicht auf -en ausgehen kann723. Möglicherweise hat ein abgeschwächtes finftarneffe in der Vorlage diesen Fehler begünstigt. Das folgende Beispiel gallhnessi bietet eine Stütze für diese Annahme. Denn dort ist ein abgeschwächter Akkusativ Plural Neutrum auf -e festzustellen. Nicht auszuschließen ist auch die Annahme, daß das ursprüngliche finstarni721

T. 193,14; OT. 112\25.

722

OT. 112\29; T. 193,20.

723

BEG. § 198 u. A. 5, S. 187f.

212

Das Althochdeutsche

ßen durch einen Buchstabentausch aus finstarnessin verlesen wurde und das zweite Beispiel per Analogie angepaßt wurde. Das -eu- in leuhta kann wohl als Variante des Diphthongs -iuernstgenommen werden724. Eine Verschreibung des -e- aus -/- wäre jedenfalls kaum den Einfluß ähnlicher Schreibungen in der Umgebung zu erklären. Es steht allerdings vereinzelt da und berechtigt deswegen nicht zu weitergehenden Schlüssen, gafihnissi Cap. 56,7 quad tho gilihnessi zi in T. 199,5f. / Quad tho gelihneße zi in; OT. 118r,15. Hier wurde im OT. das erste -e- zu -/korrigiert. Auch wenn sich nicht entscheiden läßt, wer damit die erste Abschwächung beseitigt hat, bleibt immer noch die unkorrigierte im Auslaut. gilim(p)fan Cap. 14,2 so gilimphit uns Τ. 111,26 / ίοgilimphet uns OT. 49r,14. arlösnessl Cap. 7,10 thie thar beitotun arlosnessi T. 93,3 / then thie thar beitotan arlofneße OT. 3 Γ, 11. Das außer der Abschwächung bemerkenswerte beitotan wurde bereits weiter oben725 zu den graphischen Abweichungen gestellt, die auf der Verwechselbarkeit von u und cc-a der Vorlage beruhen. magdalenisc726 Cap. 221,1 maria magdalenisgiu T. 663,26 / Maria Magdalenesgiu 229v,18. Vor dem -g- ist im OT. der Ansatz eines Buchstabens wohl noch vom Kopisten getilgt worden. Die übrigen drei Vorkommen des Adjektivs zeigen übereinstimmend mit T. die nicht abgeschwächte Form: Cap. 206,2 magdalenisgu T. 643,19 / Magdalenisgu OT. 220r,6. Cap. 211,5 magdalenisgu T. 649,22 / Magdalenifga OT. 223r,5. Beim auslautenden -α von Magdaleniiga handelt es sich wiederum um eine Verlesung aus einem cc-α der Vorlage727. Cap. 216,1 magdalenisga T. 657,18 / Magdalenisga OT. 226v,3. gimisgi Cap. 212,6 gimisgi T. 653,27 / gemis OT. 223v,20. Bei der ursprünglichen Form gemis wurde -e- zu -i- korrigiert. Dann wurde

724

Man vergleiche SchW. S. 199 Muhten, sw. V.

725

Teil Ill.C.b.

726

H. Hornbruch, Deonomastika, S. 224f.

727

Sieh oben, Teil Ill.C.b.

Phonologisch relevante Varianten

213

das Wort von Junius durch gemisg ersetzt. Im Kommentar728 zitiert er aber gimis. Das kann daraufhinweisen, daß er die Korrektur -e- zu -/selbst vorgenommen hat, dann den Eintrag im Kommentar schrieb und erst danach die Ersetzung durchführte. Im Kommentar fuhrt Junius außerdem ein Beispiel für das schwache Verb miscen729 aus Cap. 200,3 sowie altenglische Parallelen an und weist auf seinen WilliramKommentar hin. Die Form gemisg ist daher als Konjektur des Junius zu werten. Das ge- wird dennoch ursprünglich sein. Bei //e-Abweichungen sind jedoch phonologische Deutungen wegen der Möglichkeit rein graphischer Abweichungen und der Interferenz neuhochdeutscher Schreibungen nur unter Vorbehalt möglich. mittil(a)gart Cap. 178,2 und Cap. 178,5 in mittilgarte T. 593,19. 20.31 / in mittelgarte ΟΊ. 187*,2. 3. 14. Cap. 178,9 mittilgart T. 595,14 / mittelgart OT. 187v,26. Diesen abgeschwächten Formen steht eine Überzahl nicht abgeschwächter gegenüber, und zwar in unmittelbarer Nachbarschaft, wie das Beispiel aus Cap. 178,9 zeigt: Cap. 178,6 mittilgart T. 594,3 Imittilgarti OT. 187v,17. Das auslautende -i im Nominativ Singular ist als Fehler zu betrachten. Cap. 178,6 fan mittilgarte 595,6. 8. 10 / fan mittilgarte OT. 187v,18. 19. 20 Cap. 178,9 mittilgart T. 595,13 / mittilgart OT. 187v,26. Cap. Π9,2 mittilgart Ί. 595,23. 30 / mittilgart OT. 190r,4. 10. Cap. 179,3 mittilgartes Τ. 597,9 / mittilgartes OT. 190r,16. Cap. 179,3 mittilgart T. 597,10 / mittilgart OT. 190r,17. Dieser Fall zeigt deutlich, daß die abgeschwächten Formen als gelegentliche Abweichung des OT. zu beschreiben sind, der kein erkennbares System (etwa ein Auftreten in einer Bestimmten Kasusform) innewohnt. Von den Abschwächungen und der einen fehlerhaften Form abgesehen, ist stimmen die Belege der Handschriften vollständig überein.

728OT 7M

224r

Sieh SchW. S. 214.

214

Das Althochdeutsche

Schließlich können abgeschwächte Formen mit -e- zur Ursache von Verschreibungen des elo-Typs geworden und somit indirekt bezeugt sein: antwurten2 Cap. 233,7 antuurtita T. 683,3 / antuurtota OT. 241r,20. Im OT. ist nach -uu- wohl von Junius ein -ü- mit einem Einfugezeichen einkorrigiert worden. Man beachte die ursprünglich genau mit dem Sangallensis übereinstimmende «w-Schreibung fur fwu/ Es dürfte ein *antuurteta der Vorlage zugrunde liegen, managl Cap. 13,16 menigi T. 107,18/ menigo OT. 43v,14. Es handelt sich um einen Nominativ Plural, dessen Schreibung auf einem Wenige der Vorlage beruhen dürfte, nemnen Cap. 63,1 ginemnit T. 213,20 / ginennot OT. 130r,20. Die Form des OT. kann kaum dazu herangezogen werden, ein -öw-Verb zu konstruieren. Sie ist als Verschreibung einer abgeschwächten Form *ginennet der Vorlage nach dem bekannten e/o-Muster erklärbar, tragan Cap. 49,2 gitragan T. 183,23 / gitragon OT. 106r,10. Die Schreibung des OT. dürfte auf ein *gitragen der Vorlage zurückzufuhren sein. Hinweise auf eine wenigstens stellenweise geringfügig abweichende Lautung könnten auch in den wenigen Fällen zu vermutet werden, in denen ein e des Sangallensis einem / des Ms. Junius 13 in einer Tonsilbe gegenübersteht. Auch hier gelten die Vorbehalte wegen der Möglichkeit rein graphischer Abweichungen, geban Cap. 194,2 geban T. 621,21 / giban OT. 205v,9. heilagnessi Cap. 4,16Inheilagnesse T. 77,26/in heilagniße OT. 19r,13. increbön Cap. 205,5 Increbota T. 643,4 / incribota OT. 217v,24. Neben der Vokalvariante ist die Deutung dieses schwachen Verbs durch Junius bemerkenswert730: incribota inan, Increpabat illum.) Arbiträrer nuperum e f f e verbum atque ex Latino Increpare corruption, niß Belgis etiamnum voce (ut videtur) mere Teutonicä kribbig diceretur Morofus. ligitiofus. leben Cap. 15,3 nilebL· T. 115,1 inilibet OT. 52r,3; Cap. 190,1 lebenten T. 617,4 / libenten OT. 202v,6. giwisso Cap. 226,2 (zwei Fälle) giuuesso T. 673,10. 16 / giuuißo OT. 235r,25. 31. Der erste Beleg des OT. ist nicht korrigiert. Beim zwei730

OT. 218r.

Phonologisch relevante Varianten

215

ten wurde das zweite -/- wohl aus -e- korrigiert, anscheinend nach dem vorhergehenden Beispiel. Für giwisso ließen sich weitere, analoge Fälle anfuhren. Die vorliegenden Beispiele mögen genügen. 3./o/->/e/ wlz(z)ago Cap. 9,4 thuruh then uutzagon T. 97,4 / thuruh then uuizzagen OT. 34r,21. Statt einer Abschwächung kann auch hier ein rein graphisches Problem vorliegen. Eine weitere lautliche Erscheinung ist bereits unter den althochdeutschen Wortvarianten angetroffen worden, nämlich bei bigurten / gigorten in Cap. 236,6731. Es handelt sich um die Vokalsenkung vor Nasal oder Liquid. Die Annahme dieses Phänomens für den OT. ist jedoch noch um einiges unsicherer, als es bei der Abschwächung der Fall ist, zumal die Fälle auch stets in Verbindung mit den nicht unproblematischen Graphien für Verbindungen mit Μ zu sehen sind. antwurten 2 Cap. 189,4 antuurtis T. 615,30 / antuuortis OT. 202v,l Cap. 191,3 antuuvrtenti T. 617,25f. / antuuortentfij OT. 202v,5. Hier wurde im OT. -e < -i oder -/' < -e korrigiert. In beiden Fällen kann auch eine Interferenz des neuzeitlichen antworten vorliegen, wort Cap. 7,6 uuortun T. 91,6 / uuorton OT. 28v, 13. uuorton wurde von Junius durch uuortun ersetzt. Das fragliche zweite -o- wirkt etwas verdickt. Eventuell wurde es aus e korrigiert. Dann läge eine mutmaßliche Abschwächung vor. wunt(a)rön Cap. 12,5 uuvntorotun T. 99,31 / uuonterotun OT. 37v,4. Die Form ist im OT. unkorrigiert. Das -e- kann auf einer Buchstabenverwechslung des e/o-Typs beruhen. Ein ähnlicher Beleg ist Cap. 53,14 uuvntarotun T. 191,32 / uuontarotun OT. 112v,10. arwurzalön Cap. 72,5 aruuvrzalot T. 233,5 I aruuorzalot OT. 154r,13. Hier ist auch eine rein graphische Abweichung möglich, die auf einer Verlesung von ν zu ο beruht. Außerdem wurde im OT. das ο durch einen Längsstrich getilgt. Damit wird ein graphisches Verhältnis von (uuv) des T. zu (uu) des OT. für /wul hergestellt, das auch sonst im OT. häufig zu beobachten ist.

"'Teil III.B.c.

216

Das Althochdeutsche

Insgesamt erlauben es die beschriebenen Erscheinungen nicht, auf eine Lautgestalt der Vorlage zurückzuschließen, die sich wesentlich von der des Sangallensis unterschied. Belege der genannten Art sind für weitreichende Rückschlüsse zu unsicher. Ihre Existenz dürfte, sofern es sich nicht doch im einen oder anderen Falle um reine Fehler handelt, auf graphischen Erscheinungen und auf Interferenzen mit neuzeitlichen Formen beruhen, die den oder die beteiligten Schreiber der Vorlage sowie den Kopisten des OT. beeinflußt haben. Sie sprengen nicht die Dimensionen einer ohnehin zu erwartenden Varianz. Angesichts des zeitlichen Abstandes zwischen der Entstehung des T. und der Niederschrift des OT. erscheint es nicht zulässig, Graphien in der gleichen Weise lautlich zu interpretieren, wie man das im Falle einer frühmittelalterlichen Handschrift unternehmen könnte.

E. Fehler und Korrekturen Für eine Reihe von Fehlschreibungen hatte bereits E. Sievers732 festgestellt, daß sie im Sangallensis, wie er nach der Vollendung der Arbeiten des Korrektors ζ vorlag, und im Ms. Junius 13 übereinstimmen und daraus ein wichtiges Argument gegen den textkritischen Wert der Abschrift bezogen. Deshalb sind die Belege erneut zu prüfen. Dabei sind noch weitere Beobachtungen zu machen, wie sie E. Sievers nicht in seine gedrängte Auflistung aufgenommen hat. Für die handschriftlichen Befunde des Sangallensis sei auf den Apparat der Edition A. Massers verwiesen. Nicht alle der von E. Sievers als Fehler eingestuften Fälle kann man strenggenommen als solche bezeichnen. Sie sind eher als beiden Handschriften gemeinsame Besonderheiten zu verstehen. Eindeutig zu bestätigen oder wenigstens nicht sicher zu widerlegen sind folgende Fälle: t(h)enken2 Cap. 13,19 Inti thenkente allen T. 109,3 / inti thenkente allen OT. 46r,7 zu lateinisch et cogitantibus omnibus. Die genaue

732

Tatian, S. XX.

Fehler und Korrekturen

217

Nachbildung der lateinischen Partizipialkonstruktion würde zu einem Dativ Plural Maskulinum thenkenten fuhren733. firstantan Cap. 21,9 ther heilant furstuon T. 131,1 / ther heilant furstuon[t] OT. 64v,26. Das -t ist wahrscheinlich von Junius angefugt worden, der auch im Kommentar734 furstuont liest. Damit ist der Befund des E. Sievers, der diesen Umstand nicht eigens vermerkt, wohl zu bestätigen, wenngleich eine gewisse Unsicherheit bleibt. Es ist auch ein weiteres Beispiel dafür gewonnen, daß Junius im Kommentar die von eigener Hand emendierten Formen als gegeben darstellte. Junius hat überdies vor furstuon[t] noch tho mit Einfugezeichen einkorrigiert, das nicht dem Textbestand des Sangallensis entspricht und wahrscheinlich aufgrund des lateinischen ergo von Junius konjiziert wurde. t ^ e r 1 Cap. 22,4 thar T. 133,7 / thar OT. 67^11 (fur thaz). Junius hat thar gestrichen und durch thaz ersetzt. t(h)ursten Cap. 22,11 thrurstent T. 135,10 / thrustent OT. 70r,16. Im Sangallensis handelt es sich offenbar um eine Kontamination aus einer Form mit r-Metathese und einer Form ohne sie, während im OT. nur die metathetische Form vorliegt. Junius735 hat die Erscheinung völlig zutreffend als tranfpoßtio literce R erkannt und fuhrt weitere Belege für die Metathese aus anderen Denkmälern an. Damit ist dieser Fall sowohl ein Beleg für einen gemeinsame Abweichung vom sonst Üblichen, als auch ein Beleg für eine im OT. korrekt ausgeführte Form. Junius verweist auch auf Cap. 208,1, wo ih thrustu736 einer Form thurstu737 des Sangallensis gegenübersteht. gifehan Cap. 67,6 giuuehen, giueh& T. 221,24. 25 / giuuehen; Giuuehet OT. 136r,25. 27. Gegen E. Sievers ist festzustellen, daß T. im zweiten Beispiel keine -MM-Schreibung hat. Damit wird auch dieser Fall zu einem Beleg dafür, daß eine abweichende Schreibung des Sangallensis im OT. einmal übernommen, ein zweites Mal aber geändert wurde. Von einem Fehler im strengen Sinne wird man bei der ohnehin varian733

Man vergleiche auch E. Sievers, Tatian, S. 455. BEG. § 248, S. 217; § 257, S. 223f.

™OT. 65'. 735

OT. 69v.

736

OT. 220',26.

737

T. 645,22.

218

Das Althochdeutsche

tenreichen Möglichkeit der Wiedergabe von Ifl im Althochdeutschen738 kaum reden können, thuncön Cap. 159,2 thaz githuncoto bröt T. 559,13 / thaz githuncoto brot OT. 166v, 17. Zu erwarten wäre githuncot oder githuncoto739. Es handelt sich um eine gemeinsame Variante, namo Cap. 164,1 in minemo naman T. 569,13 / in minemo naman OT. 172r,19. Als Dativ Singular von namo wäre namen zu erwarten740, haltan Cap. 165,3 nihiltit T. 571,26 / ni hiltit OT. 172v,24 (für ni heltit). Im OT. ist der Kopist wohl zuerst heltit schreiben wollen, dann aber doch aus dem Ansatz des -e- ein -i- korrigiert. Der Befund ist nicht ganz sicher. In beiden Handschriften geht die zu erwartende Form heltit741, 3. Person Singular Präsens des ehemals reduplizierenden Verbs haltan1*2, voraus. Sie kann im OT. zunächst zum Ansatz einer analogen Schreibung Anlaß gegeben haben. Die Korrektur e > i ist eine deutliche Bestätigung dafür, daß die Vorlage des OT. hier mit dem Sangallensis übereinstimmte, neman Cap. 167,1 nemit T. 575,28 / OT. 175v,9. Zu erwarten wäre nimit als 3. Person Singular Präsens Aktiv des starken Verbs neman. Im Sangallensis wurde nemit aus nimit korrigiert, wie A. Masser und E. Sievers übereinstimmend feststellen. fera(c)h Cap. 168,2 feraht T. 579,12 / OT. 178r,16. Nach ferah ist im OT. ein Buchstabe getilgt oder verkleckst, der wohl als t zu lesen ist. Junius hat zur Verdeutlichungferaht darübergeschrieben. Bemerkenswert ist auch, daß das folgende Wort fezze zu lat. ponat gegenüber seze des Sangallensis die zz-Schreibung für die aus germanischem geminiertem t entstandene Affrikata743 aufweist, wort Cap. 170,2 uuor T. 581,14 / OT. 178v,14. Im OT. ist nachträglich ein -t angefügt worden. Es ist nicht sicher entscheidbar, ob das durch Junius oder den Kopisten geschehen ist. Dagegen erscheint es sicher, daß ursprünglich dieselbe Verschreibung wie im T. vorgelegen hat. ^BEG. § 139 u. A. 6, S. 139f. ^ E G . § 259, S. 224. 740

BEG. § 221 u. A. 2, S. 204f.

741

Cap. 165,2: T. 571,21; OT. 172v,20.

742

SchW. S. 159.

743

BEG. § 87b, S. 88. Sieh auch E. Sievers, Tatian, S. XLf.

Fehler und Korrekturen

219

senten Cap. 171,1 then ih iu senti T. 583,5 / then ih iu fentiOT. 181r,l für zu erwartendes sentu, sentiu1AA. zuowert Cap. 185,1 zuouuer T. 605,24 / OT. 196r,12 (für zuo uuert). Im OT. ist das Spatium zwischen zuo und uuer nachträglich durch einen dünnen Unterstrich überbrückt worden. In das Spatium zum folgenden Wort uuas wurde ein d einkorrigiert, gefolgt von einem Vertikalstrich als Worttrenner. Junius liest im Kommentar745 zuo uuerd und verweist auf Cap. 9,2. Dort746 hat er ein nach dem Spatium bis zur Unkenntlichkeit getilgtes Wort zuo [uu...] in zuo uuart747 korrigiert und fügt im Kommentar748 eine Reihe weiterer Belegstellen an. An diesen beiden und an anderen Stellen749, wenngleich nicht überall750 scheint die Vorlage den Kopisten veranlaßt zu haben, ein Spatium zu setzen. unser Cap. 199,12 unseri kindT. 635,7 / unfen kind OT. 214r,14. Zu erwarten wäre, wie auch E. Sievers feststellt, unseru oder unseriu im Akkusativ Plural Neutrum751, tun Cap. 213,2 zi then tuoron T. 655,9 / OT. 223v,32. Beim Diphthong -uo- statt des Kurzvokals -u- handelt es sich um einen gemeinsamen Fehler beider Handschriften, äleiba Cap. 231,2 aleibba T. 679,4 / OT. 238v,2. Im OT. ist das anlautende a- stark verkleckst, aber erkennbar. Die -bb- Schreibung ist nicht korrigiert. Während die althochdeutschen Zeilen sogar einschließlich dieser Abweichung übereinstimmen, weist der lateinische Text eine wenn auch geringfügige Wortvariante auf: dedit Ulis des T. steht dedit eis des OT. gegenüber.

744

Man vergleiche BEG. § 305, Α. 2, S. 257. 745qT 195V ™T. 95,29; OT. 34r,14. 747

Man vergleiche T. 95,29: zuouuart.

748

OT. 33v.

749

EtwaCap. 13,23: zuouuartT. 109,31 /zuo uuart OT. 46\11; Cap. 62,8: zuouuartun T. 211,32 / zuo uüartun OT. 127v,29. Über -uuartun befindet sich ein Zeichen -·, das möglicherweise eine Zusammenfügung der Wortteile andeuten soll. 750 Etwa Cap. 13,13: zuouuartun T. 107,6; OT. 43v,2. 751 Sieh auch BEG. § 285, S. 284; § 248 u. A. 6, S. 217f.

220

Das Althochdeutsche

Zweifelhaft sind die folgenden Fälle: üfgän / üfgang Cap. 4,18 Τ. 79,2

in quibus uisitauit nos | oriens ex alto,

OT. 19',21

In then uuisota unsih | ufgan fon hohi

in quibus vifitauit nos in ten uuifota unfih | oriens ex alto. | ufgan [g] fon hohi. Im OT. steht ursprünglich wie im T. ufgan, doch wurde -n wohl von Junius zu -ng korrigiert, was E. Sievers nicht eigens vermerkt. Er selbst konjiziert für den Sangallensis das -gli2, was an dieser Stelle nicht einmal zwingend erscheint, antlingön Cap. 15,3 antlingo T. 113,31 / antlingot[tol] OT. 52r,l. Zu erwarten wäre antlingota, wie es A. Masser auch konjiziert. Die von E. Sievers753 behauptete Übereinstimmung von antlingo ist nicht zu bestätigen. Im OT. wurden die letzten beiden Buchstaben so kräftig getilgt, daß sie nicht mehr sicher erkennbar sind, und durch übergeschriebenes ο ersetzt. Der Korrektor ist nicht sicher bestimmbar. Es könnte sich um Junius handeln, der auch die lateinische Parallelzeile völlig umgestaltet hat, indem er Qui respondens, dixit durch Ipfe refpondit, & dixit; ersetzte. Auch das -t nach antlingo- könnte von Junius stammen. Dann hätte ursprünglich antlingo [fo?] gestanden, dessen Spatium von Junius benutzt worden wäre, um eine seiner Ansicht nach korrekte Wortform durch Einfügung eines t und Korrektur des wohl entstellten Folgewortes zu ο herzustellen. Der Fall ist nicht sicher entscheidbar. Es scheint aber von vornherein eine /-haltige Form gestanden zu haben und damit ein Beleg dafür vorzuliegen, daß eine fehlerhafte Form des T. im OT. wenigstens ansatzweise in korrekter Form gestanden hat. Die Tatsache, daß überhaupt eine Korrektur vonnöten war, zeigt aber, daß die Form dem Kopisten von vornherein Schwierigkeiten gemacht hat. wänen2 Cap. 34,3 uuanen (für uuanent) T. 149,25 / [—] OT. 82r,6. Von einem übereinstimmenden Fehler kann nicht die Rede sein, da im OT. die althochdeutsche Zeile freigelassen und die Auslassung vom Kopi752

E. Sievers, Tatian, S. 20.

753

Tatian, S. XX.

Fehler und Korrekturen

221

sten mit einem Asterisk markiert wurde. Der Grund könnte eine Unleserlichkeit der Vorlage754 gewesen sein. Weiteres wird in der Analyse des lateinischen Textes erörtert werden755. fon(a) Cap. 166,3 for mir Τ. 575,15 / fon mir (aus fori) OT. 175r,29. Im T. wäre fon zu lat. de zu erwarten, wie es E. Sievers und A. Masser auch herstellen. Im OT. ist über dem -n von fon ein Buchstabe bis zur Unleserlichkeit getilgt worden, wahrscheinlich ein Korrekturbuchstabe. E. Sievers hat offenbar angenommen, das -n sei aus -r korrigiert worden. Das ist nicht ausgeschlossen und könnte in dem getilgten Buchstaben eine Stütze finden. Da sich ein r recht einfach und unauffällig in ein η korrigieren läßt und beide Buchstabenformen in der Schrift des Kopisten in variierenden Formen auftreten, läßt sich eine solche Korrektur aber nicht ganz sicher bestätigen. E. Sievers fuhrt auch Belege dafür an, daß Korrekturen des Sangallensis im OT. ebenfalls in der korrigierten Form erscheinen. Diese sind wie folgt zu beurteilen: er1 Cap. 49,4 gab inan T. 185,1 / gab inan OT. 106r,22. Im T. steht gegen E. Sievers inan und nicht in. Dabei ist -an ein Nachtrag des Korrektors756. Im Ergebnis stimmen T. und OT. mithin überein. Auch in den folgenden Fällen wurde im T. jeweils in vom Korrektor zu inan korrigiert. Sie sind daher analog zu beurteilen: Cap. 53,8 inan T. 189,32 / inan OT. 112r,4. Cap. 53,13 inan T. 191,26 / inan OT. 112v,4. Cap. 60,1 inan T. 203,27 / inan OT. 12lv,7. Schließlich sind noch Belege zu nennen, in denen in aus im korrigiert wurde: Cap. 5,13 In< Im T. 85,27 / in OT. 25r,29. Cap. 6,1 giforhtun sie In thö T. 87,2 / giforhtun Ιϊφ'π thö OT. 25v,6. Hier liegt ein reflexiver Dativ Plural vor757, giforhtun wurde im OT.

754

Man vergleiche P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 57f.

755

Teil IV.B.b.2.e.

1% 757

τ. 184 (zu Τ. 185,1).

Man vergleiche SchW. S. 139. BEG. § 282, S. 237f.

222

Das Althochdeutsche

durch Streichung eines t aus giforthtun korrigiert. Vor der Zeile hat Junius gegen T. inti als Entsprechung zu lat. et ergänzt. Cap. 6,1 In T. 87,3 / in OT. 25v,7. Cap. 6,5 In T. 87,27. 31 / OT. in 28r,l. 4. In diesen Beispielen handelt es sich strenggenommen um keinen Fehler. Es liegt die Korrektur einer älteren Form des Dativ Plural zu einer jüngeren758 im T. vor. Diesen Fällen ließen sich leicht weitere hinzufugen, worauf hier verzichtet werden kann. Für Korrekturen von -n aus -m im T., die im OT. übernommen worden sind, lassen sich auch bei anderen Wörtern Beispiele finden, von denen weiter unten die von E. Sievers zusammengestellten genauer untersucht werden. t(h)trl Cap. 5,4f. ther < thie T. 81,23. 31f. / ther OT. 22r,18. 26f. Im Sangallensis sind im Cap. 5,4 und Cap. 5,5 des OT. entsprechenden Textabschnitt759 insgesamt zwanzig Fälle von ther zu thie korrigiert worden, indem -ie radiert und durch -er ersetzt wurde. Die Passage stammt im T. vom Schreiber α. Es handelt sich um einen Teil der Ahnenlisten Jesu, die im OT. verkürzt wiedergegeben werden. Davon wird weiter unten760 noch ausfuhrlich die Rede sein. Die Verkürzung hat zur Folge, daß von den zwanzig Belegen im T. nur sechs im OT. wiedergegebenen sind, und zwar von vornherein in der korrigierten Form. Damit ist der Befund E. Sievers zu bestätigen. Die Zahl analoger Besipiele läßt sich leicht vermehren, so etwa durch: Cap. 6,2 ther T. 87,3 / OT. 25v,7. Cap. 8,1 ther T. 93,8 / OT. 31r,16761. Cap. 49,6 thia < thie T. 198,9 / thia OT. 106v,l. Cap. 52,7 ther < thie T. 187,29 / OT. 109r,24. Auf eine bloße Reihung weiterer Belege für dieselbe Erscheinung kann verzichtet werden. (h)al, all Cap. 6,7 allen then < allem them Τ. 89,4 / OT. 28r,9. hö(h)2 Cap. 6,3 hohiston < hohistom T. 87,14 / OT. 25v,18.

758

BEG. § 283 u. Α. 11, S. 239-241; § 124, S. 116.

759

T. 81,23-32. Dazu T. 80 (zu T. 81,23-32).

760

Teil IV.B.a.

761

Die Korrektur im T. ist nicht sicher. Man vergleiche T. 92 (zu T. 93,8).

Fehler und Korrekturen

223

Ähnlich zu beurteilen sind über das von E. Sievers Zusammengestellte hinaus zum Beispiel: findan Cap. 6,4 fundun < fundum T. 87,24 / fundun OT. 25v,26. gihören Cap. 6,7 gihortun < gihortum / gihortun OT. 28r,9 (und so fort). An dieser Stelle können die Fragen, die von den Korrekturen im Sangallensis aufgeworfen werden, insbesondere diejenigen nach den älteren und jüngeren Formen und ihrer Verwendung durch bestimmte Schreiber und Korrektoren, nicht verfolgt werden762. Entscheidend ist, daß die korrigierten Formen des T. dem OT. entsprechen. Daraus kann aber nicht ohne weiteres der Schluß gezogen werden, die Vorlage des OT. sei aus T. abgeschrieben worden. Denn die Korrekturen im T. können ebensogut aufgrund des Konzeptes erfolgt sein, oder anders ausgedrückt: die zunächst divergierenden Formen des T. sind dem jeweiligen Schreiber zuzurechnen, der von seiner Vorlage abgewichen war. Das ist zum Beispiel beim Schreiber α des öfteren festzustellen, dem viele der vorgeführten Beispiele zu verdanken sind. Die Belege lassen sich daher nicht einfach als Argumente für eine vollständige Abhängigkeit des OT. vom Sangallensis einsetzen. Damit sei nicht bestritten, daß sich die besprochenen Fälle, in denen der Befund von E. Sievers zu bestätigen ist, tatsächlich als Übereinstimmungen zwischen der Vorlage des OT. und dem Sangallensis deuten lassen. Sie sprechen für eine Nähe dieser Handschriften. Denn sie sind wohl kaum durch Zufall entstanden. P. Ganz763 hat den von Sievers zusammengestellten Fällen eine Reihe weiterer hinzugefügt. Diesen Ergebnissen ist zuzustimmen. Auf ihre Überprüfung im Detail sei hier verzichtet, da die von E. Sievers vorgeführten Belege den Sachverhalt in ausreichender Weise beleuchten und zugleich deutlich geworden ist, daß eine Interpretation dieser Befunde der Berücksichtigung der Eingriffe in beide Handschriften bedarf.

762

Dazu A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 104f. (mit weiterer Literatur), und T. 32.

763

P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 38 u. A. 54.

Das Althochdeutsche

224

P. Ganz764 bringt außerdem einige Beispiele dafür, daß eindeutige Fehler des Sangallensis in der Oxforder Abschrift korrekt wiedergegeben sind. Sie zeigen, daß aus den besprochenen Übereinstimmungen allein keine voreiligen Schlüsse über die Abhängigkeitsverhältnisse gezogen werden dürfen. Die folgenden Beispiele sind zu bestätigen: Cap. 34,5 iugiron T. 151,1 / iungiron OT. 82r,13. Cap. 42,1 ni gat T. 163,21 / in gat OT. 91r,13. Dieser Beleg für eine Vertauschung kurzschäftiger Buchstaben im T. zeigt, daß dieser Fehlertypus auch hier bei aller Sorgfalt der Korrektoren nicht ganz vermieden werden konnte. Cap. 157,3 iugiron T. 555,21 / iungiron OT. 163v,3 Der zweite Fall dieser Art läßt vermuten, daß im T. gelegentlich ein Nasalstrich des Konzepts nicht in die Reinschrift übernommen wurde, während er im OT. vorhanden ist. Cap. 162,3 Im lateinischen Text T. 567,12 fehlt via, nicht aber OT. 169va,28. Von derartigen Abweichungen im lateinischen Text wird noch ausfuhrlich die Rede sein.

Cap. 167,2 ir birut iu reine T. 577,1 / ir birut nu reine OT. 175v,12.Mit P. Ganz765 ist ein Fehler im Sangallensis anzunehmen, während im OT. die korrekte Entsprechung zu lat. iam uos mundi estis vorliegt.

Cap. 169,3 si de mundo fuis&is T. 581,3 / Si de mundo fuiffetis. Die korrekte lateinische Form mit der -^-Schreibung wird bei der Auflösung der v, i > j oder Kleinschreibung in Großschreibung werden nur ausnahmsweise erwähnt. Das gilt auch für die weiteren Abschnitte. Sofern es nicht anders angegeben wird, stimmen T., F. und die jeweilige Vulgatastelle überein. 1. Cap. 1,1 (F. 29,9; Io. 1,1) T. 65,18

& deus erat uerbum

Inti got selbo uuas thaz uuort

OT. 6',2i

et Deus ipfe erat verbum inti got felbo uuas thas uuort

Junius hat ipfe konjiziert, um die fehlende Entsprechung zu felbo herzustellen. 2. Cap. 4,10 (Sievers 4,9") (F. 31,34; Lc. 1,57) T. 75,17 ... & peperit filium suum, ... Inti gibar Ira sun OT. I6r,28

et peperit filium fuum.

inti gibar ira fun.

Mit dieser auf freiem Platz am Zeilenende eingetragenen Korrektur stellte Junius die Übereinstimmung mit T. her. Wahrscheinlich aber hat er fuum aufgrund von ahd. ira ergänzt. Die Annahme, er habe derartige Kleinkorrekturen nach dem Codex des Vulcanius vorgenommen, erscheint entbehrlich. Der nächste Fall macht das noch deutlicher. 785

Sieh oben, Teil III.B.b.

Zum lateinischen Text

234

3. Cap. 4,11 (F. 32,3; Lc. 1,60) T. 75,24 & respondens mater eius & antlingota thö sin muoter Inti | dixit, | quad, OT. 16V,7 et rcfpemdcns [Refpondit antlingota thö fin muoter, | tunc] mater eius et dixit | inti quad Erneut stellte Junius durch seine Ergänzung Übereinstimmung mit T. her. Er hat auch den ersten Teil der Zeile umgestaltet, indem er et refpondens durch Refpondit tunc in genauer Nachbildung von ahd. antlingota thö ersetzte. Auf solche Korrekturen wird noch ausfuhrlich zurückzukommen sein. Klar erkennbar ist das Ziel, eine möglichst genaue Kongruenz zwischen beiden Sprachen herzustellen. Daher hat Junius wahrscheinlich et aufgrund von ahd. inti konjiziert. Beachtenswert ist außerdem die Übereinstimmung der Zirkumflexe in thö sin, wenngleich der Akzent im zweiten Wort weit nach rechts versetzt steht. Nach dem Duktus und der Tintenfarbe scheinen die Akzente vom Kopisten zu stammen und nicht von Junius. Auf den ersten Seiten der Handschrift lassen sich übereinstimmende Zirkumflexe zur Längenmarkierung des öfteren feststellen, wenngleich keineswegs durchweg, wie etwa das nächste Beispiel zeigt. Im Verlauf der Handschrift finden sich nur noch selten Übereinstimmungen, wovon bereits die Rede war786. Ob und in welchem Umfang die Akzentsetzung im Lateinischen dem Kopisten zuzuschreiben ist oder ob Junius bei seiner Bearbeitung des Textes auch hier eingegriffen hat, kann meist nicht sicher entschieden werden. 4. Cap. 4,12 (F. 32,7; Lc. 1,63) T. 75,3 lf. ... & mirati sunt ... uuvntorotun thaz uniuersi;... thö alle,... OT. 16V, 16

Et mirati funt [autem/ uuünt[h]orotun tha[s] tho alle |tunc] uniuersi

Hier liegt ein Beispiel dafür vor, daß Junius sich nach mehrfacher Überarbeitung des lateinischen Textes schließlich wieder zur Herstellung des Ausgangszustandes durchrang. Junius hat Ergänzungen gelegentlich, Streichungen etwas häufiger wieder aufgehoben. In ^«Teil III.C.a.1.

Eingriffe im Manuskript: Ergänzungen

235

diesem Fall wurde zuerst Et gestrichen und mirati in Mirati korrigiert, da es für et keine althochdeutsche Entsprechung gab und mirati nach dessen Tilgung an den Satzanfang geriet. Auch fur tho vermochte Junius keine lateinische Entsprechung zu finden und korrigierte daher an der mit eckigen Klammern bezeichneten Stelle zunächst autem ein. Dieses strich er wieder und setzte tunc daneben, woran deutlich wird, daß Junius sich Gedanken darüber machte, ob tho adversativ oder temporal zu verstehen sei. Schließlich tilgte er auch tunc wieder. Die zumindest zeitweilig gehegte Absicht, eine Entsprechung zu tho einzufügen, ist aber klar erkennbar. Am Anfang der Zeile strich er auch Mirati und ersetzte es durch et mirati, womit im wesentlichen der Ausgangszustand der gesamten lateinischen Zeile wiederhergestellt war. Was ihn dazu veranlaßte, seine Korrekturen wieder rückgängig zu machen, ist nicht einsichtig. Möglicherweise haben die Unsicherheiten des althochdeutschen Textes dazu beigetragen. Auf die unterschiedliche Akzentverwendung im althochdeutschen Text wurde schon hingewiesen. Dort wurde auch sehr wahrscheinlich uuü- aus uu- korrigiert und nach dem ersten t ein h getilgt, was aber nicht ganz sicher ist. Dieses h hat Junius787 zunächst auch im Kommentar geschrieben und dort ebenfalls wieder getilgt. Damit dürfte er derjenige sein, der auch den Fehler in der Abschrift korrigiert hat. Auf diese Weise können manche Tilgungen schließlich doch mit hoher Wahrscheinlichkeit Junius zugerechnet werden. Beim letzten Buchstaben in tha[s] ist das nicht so einfach. Er wurde mindestens zweimal korrigiert. Aus einem ursprünglichen runden s des Kopisten, dessen Unterlänge noch zu erkennen ist machte vermutlich Junius ein z, um es dann in ein rundes s seiner eigenen Schreibart umzukorrigieren. Hier bestand das Problem darin, die 'richtige' Schreibung für die Wortart des thaz zu finden. Fälle dieser Art sind weiter oben788 bereits behandelt worden.

^OT. I7r. ^Teil III.C.a.8.

Zum lateinischen Text

236

5. Cap. 4,14 (F. 32,15; Lc. 1,68) T. 77,12 benedictus dominus deus giuuihit si truhtin got isra| israhel |helo OT. 16V,28

Benedictus fit dominus Giuuihit fi truhtin got Jsrae|deusJsraelo |lo.

ßt wurde von Junius aufgrund von YJkonjiziert. deus und got wurden jeweils mit Majuskeln versehen, wie es den Gepflogenheiten des OT. bei den Nomina Sacra entspricht789. 6. Cap. 5,6 (F. 33,30; Mt. 1,17) T. 83,2 usque ad dauid generatiounzan dauiden uuarun fiorze| nes .xiiij. | hen giburtj. OT. 22v,2f.

ab Abraham usque ad Dauid unzan Dauidem erant generationes quatuuuarun fiorzehen giburti. | ordecim.

Marginal links von Z. 3 ist erant nachgetragen worden. Es handelt sich um eine Konjektur zu uuarun. Von allen hier vorgeführten Fällen ähnelt der Duktus des Nachtrags auf den ersten Blick hier noch am meisten dem des Kopisten. Junius paßte jedoch hier seine Buchstabenhöhe deijenigen der Zeile an und schrieb daher höhere Buchstaben als etwa im Kommentar. Für seine Hand sprechen die aufrechten Buchstaben, die sich von den leicht rechtsgeneigten des Kopisten abheben, sowie die Form des n. Die eckige Klammer vor usque korrigiert einen Fehler im Zeilenparallelismus, da ab Abraham eine althochdeutsche Entsprechung in Ζ. 1 hat. Ihr Alter ist unsicher. 7. Cap. 5,11 (F. 34,16; Lc. 2,1) T. 85,7

Factum est autem ...

uuard thö gitän ...

OT. 25r 10 Factum est autem ... uuard tho gitan ... Hier handelt es sich um eine der sehr zahlreichen Fälle der Parallelisierung von autem und tho. Obgleich die Korrektur die Übereinstimmung von T. und OT. herstellt, wird es sich um eine reine Konjektur des Junius handeln. Er hat häufig autem zu tho ergänzt, aber noch häufiger ein nicht übersetztes autem gestrichen.

789

Sieh Teil III.C.a.6.

Eingriffe im Manuskript: Ergänzungen

237

8. Cap. 5,11 (F. 34,17; Lc. 2,1) T. 85,9

... uniuersus orbis,

... al these umbiuuerft,

r

OT. 25 ,i2 ... uniuerfus hic orbis ... al thefe umbiuuerft. In diesem Falle nahm Junius die Konjektur des Junius aufgrund von ahd. thefe vor, jedoch gegen T., F. und Lc. 9. Cap. 5,12 (F. 34,20; Lc. 2,4) T. 85,15 de ciuitate nazar&th.' fon thero burgi thiu hiez nazar&h OT. 25r,i8

de ciuitate quae vocabatur fon thero burgi thiu hiez | Nazareth | Nazareth

Über thiu hiez ist eine Interlinearkorrektur bis zur Unleserlichkeit gestrichen worden, quce vocabatur wurde in jedem Falle von Juinus konjiziert, und zwar gegen T., F. 34,20 und Lc. 2,4. Zwei Zeilen darunter steht quce vocabatur zu uuas ginemnit790, was Junius zu der Konjektur ermutigt haben könnte. 10. Cap. 5,12 (F. 34,22; Lc. 2,4) T. 85,l8f. eo quod ess& de domo bithiu uuanta her uuas fon |huse & familia dauid,... Inti fon hiuuiske dauides.... OT. 25r,2i

eo quod effet de domo| bithiu uuanta her uuas fon | et de familia Dauid; | hufe| inti fon hiuuifke | Dauides;

Der Kopist hat den Text, der im T. auf zwei Zeilen verteilt ist, zu einer zusammengefaßt. Die Stellen nach domo und hufe, die dem Zeilenumbruch im T. entsprechen, sind durch einen möglicherweise nachträglich gesetzten Vertikalstrich markiert. Im althochdeutschen Teil hat der Kopist die Worte hufe inti fon zunächst übergangen und dann interlinear nachgetragen. Der Fehler wurde durch die Parallelkonstruktion fon... inti fon ... und die Änderung des Zeilenumbruchs begünstigt. Junius hat im lateinischen Text gegen T. ein de aufgrund des fon konjiziert und somit gegen die übrigen Quellen die Parallelkonstruktion des Althochdeutschen nachgebildet. 790

So auch T. 85,17.

Zum lateinischen Text

238

11. Cap. 5,13 (F. 34,26; Lc. 2,7) T. 85,27f. quia non erat eis locus In diuersorio. OT. 25v,29

bithiu uuanta In niuuas ander | stat In themo gasthuse

quia iis non erat alius bithiu uuanta in ni uuas | locus in diuerforio | ander ftat in themo | gafthufe

Junius konjizierte iis und alius aufgrund von ahd. in und ander. 12. Cap. 6,1 (F. 34,30; Lc. 2,9) T. 87,2 & timuerunt timore maggiforhtun sie In thö In mih|no.' | hilero forhtu., OT. 25v,6

et timuerunt Tibi t u n c

| timore magno

inti gifor[t]un fie | in t h ö in

| mihhilero forhtu

Dieses Beispiel zeigt eine Doppelkonjektur des Junius. Er ergänzte gegen die übrigen Quellen ßbitunc aufgrund von ahd. fie in. Letztere Wörter sind mit einem Worttrenner versehen. Links des Zeilenspiegels der althochdeutschen Spalte ergänzte er schräg und etwas über der Zeile inti zu lat. et, und zwar gegen T. 13. Cap. 6,2 (F. 34,33f.; Lc. 2,12) T. 87,8 & hoc uobis signum, Inue- thaz st iu zi zeichane. thaz ir | ni&is | find& OT. 25V,12

Et hoc fit vobis fignum, thaz fi iu zi zeichane thaz ir | quod Jnuenietis | findet

Für Lc. Ζ wird die Variante hoc est verzeichnet, aber kein hoc sit. Außer der Konjektur von ///entsprechend ahd. Π, bei dem Junius das /nachgezogen hat, hat er das ursprüngliche Jnuenietis durch quod invenietis aufgrund von ahd. thaz ir findet ersetzt. Ferner wurde Et getilgt und hoc in Hoc korrigiert, da es nach der Tilgung am Satzanfang steht. Da auch diese Korrektur auf die Herstellung einer wortgetreuen Entsprechung der beiden Zeilen zielt, läßt sie sich unschwer Junius zuordnen. Die lateinischen Konjekturen erfolgten gegen die übrigen Quellen. Außerdem wurde das erste thaz als Demonstrativpronomen in thas korrigiert. Das entspricht dem bekannten System. Im zweiten Falle wurden quod und thaz zuerst wohl fälschlich als

Eingriffe im Manuskript: Ergänzungen

239

Relativpronomen aufgefaßt, die sich auf signum /zeichane beziehen. Der weitere Zusammenhang erweist sie dann aber als Konjunktionen. Die Korrektur zu thas wurde begonnen, aber nicht zu Ende gefuhrt. 14. Cap. 6,3 (F. 34,36-35,1; Lc. 2,14) T. 87,14-16 gloria In altissimis deo.' tiurida si In then hohiston Igote.' & in terra pax hominibus.' Inti In erdu si sibba man|non.' bonae voluntatis guotes uuillen, OT.25v,i8f.

Gloria fit in altißimis Deo,

tiurida fi in | then hohiston Igote et in terra fit pax hominiinti in erdu fi fibba man| bus bonas voluntatis. | non guotes uuillen.

Die zweimalige Konjektur von ßt aufgrund von ahd. Ω ist an dieser Stelle schon deshalb bemerkenswert, weil sie gegen T., F. und Lc. erfolgt. Darüber hinaus handelt es sich um den aus der Liturgie wohlbekannten Text des Gloria, was zeigt, daß die Herstellung der Wortfur-Wort-Kongruenz fur Junius wichtiger sein konnte als alle anderen Erwägungen. 15. Cap. 6,4 (F. 35,2f.; Lc. 2,15) T. 87,19 pastores loquebantur ad thö sprachun thie hirta untar | inuicem, | In zuisgen, OT.25v,2l

... paftores tunc loquebant2 ... tho fprachun thie hirta | ad inuicem | untar in zuisgene

Was die Ergänzung des tunc z ^ u ahd. tho betrifft, so kann man sie nach den vorhergehenden Beispielen und der Häufigkeit dieses Korrekturtyps geradezu als Routinefall bezeichnen. Sie ist darüber hinaus aber auch ein Beispiel für eine besondere Form, in der Junius von ihm erwünschte Änderungen der lateinischen Wortfolge anmerkte. Über paftores ist eine 3, über das interlineare tunc eine 1 und über das gekürzte loquebant2 eine 2 in jeweils kleinerem Schriftgrad eingetragen. Die Ziffern stammen keinesfalls vom Kopisten, da auch die Konjektur tunc des Junius eine Ziffer trägt. Auch der Duktus entspricht den Ziffern des Junius. Es handelt sich um eine Umstellungsanweisung, deren Ziel den Absichten des Junius genau entspricht. Es

240

Zum lateinischen Text

ergibt sich nämlich daraus die Wortfolge tunc loquebantur paliores, die mit derjenigen in ahd. tho fprachun thie hirta genau übereinstimmt. Auf weitere Eingriffe in die Wortfolge wird weiter unten noch ausfuhrlicher zurückzukommen sein. Bemerkenswert ist schließlich noch die mit T. übereinstimmende Wortform fprachun, die aus fprahhun korrigiert wurde. Auch Junius791 liest sie im Kommentar. 16. Cap. 6,4 (F. 35,6; Lc. 2,16) T. 87,23

& uenerunt festinantes.'

Inti quamun thö Ilente.'

OT. 25v,25

et venerunt tunc festinantes inti quamun tho ilente, Dieser Fall ist auch deshalb von Interesse, weil sich der Eingriff des Junius bis in die Edition von E. Sievers hinein erhalten hat. Dort792 wird eigens auf das Fehlen von tunc in F. hingewiesen. Die bisher beschriebenen sechzehn Beispielfälle entstammen den ersten fünfzehn Seiten des Apographs793. Sie bieten einen guten Überblick über die verschiedenen Arten von Ergänzungen, die Junius vorgenommen hat und zeigen zugleich, daß Ergänzungen häufig in Verbindung mit weiteren Korrekturen vorgenommen wurden. Der Durchschnitt von etwa einer ergänzten Zeile pro Seite mit einem Mehrfachen an ergänzten lateinischen Wörtern gilt annähernd auch für den Rest der Abschrift, die insgesamt 157 Seiten zählt. Diese Ergänzungen machen aber nur einen Teil aller zu verzeichnenden Eingriffe aus und stehen quantitativ nicht einmal an erster Stelle, wie die Analyse der Wortvarianten noch zeigen wird. Mit den vorangehenden Beispielen soll nicht der Eindruck erweckt werden, als habe Junius den lateinischen Text vollständig und unter allen Umständen dem althochdeutschen angeglichen. Insbesondere hat er nicht alle Fälle, in denen das Apograph im Vergleich zu T., F. und der Vulgata ein Wort ausläßt, korrigiert, selbst wenn es ihm zuzutrauen war:

791

OT. 26r.

792

E. Sievers, Tatian, S. 24 u. A. 4. Man vergleiche T. 86 (zu T. 87,23).

793

OT. 6'-25v.

Eingriffe im Manuskript: Ergänzungen

241

17. Cap. 5,11 (F. 34,17f.;Lc. 2,2) T. 85,10 haec descriptio prima facta thaz giscrib iz eristen uuard |est | gitan OT. 25r,i3

Haec defcriptio facta eft

thaz gifcrib[.] eristen uuard | gitan

Nach gifcrib sind im OT. zwei Buchstaben, wohl zi, getilgt und von Junius durch zi ersetzt worden. Wahrscheinlich ging es um eine Verdeutlichung schlecht lesbarer Buchstaben. Dieser Korrekturtypus begegnet auch sonst in der Abschrift. Junius konjizierte aber fur zi eristen keine lateinische Entsprechung. T. hat prima. Derartige Fälle ändern im ganzen nichts am Korrekturprinzip des Junius. Im letzten Beispiel könnte Junius das Fehlen der lateinischen Entsprechung übersehen haben, zumal das althochdeutsche Syntagma auch im Kommentar nicht behandelt wird. Diese Folgerung ist jedoch nicht zwingend. Junius hat zwar auch Rückübersetzungen lexikalisch gewichtiger Wörter und Syntagmen ins Lateinische vorgenommen, doch vergleichsweise zurückhaltend und nie ohne besonderen Grund. In den meisten Fällen hat er lediglich Präpositionen, Pronomina, Adverbien wie tunc und gelegentlich auch Formen von esse hinzugefugt. Von einer völligen Beliebigkeit im Umgang mit dem Lateinischen kann demnach in bezug auf die Ergänzungen nicht gesprochen werden. Daß diese Zurückhaltung beabsichtigt war, zeigt sich am Kommentar. Er dokumentiert die Art und dem Umfang des Vergleichsmaterials und die Sicherheit mit der Junius Zusammengehöriges auch einander zuzuordnen verstand. Danach wären ihm weitere Konjekturen zuzutrauen gewesen, vor allem dort, wo primäre lateinische Wortabweichungen des OT von T. zu Konjekturen im Lateinischen Anlaß geboten hätten794. Wenn Junius doch gewichtigere Konjekturen vornahm, sind diese durch handschrifteninterne Parallelen abgesichert. So fand er für die Ergänzung des quce vocabatur im oben zitierten Beispiel Nr. 9 einen ähnlichen Fall in unmittelbarer Nachbarschaft vor. An solchen Stellen nahm er echte, sinnentstellende Auslassungen im Lateinischen an und glich sie aus, um das Verständnis bestimmter althochdeutscher Wörter zu ermöglichen. Das zeigen exemplarisch die beiden folgenden Konjekturen: 794

Sieh dazu unten, Teil IV.B.2.

Zum lateinischen Text

242

18. Cap. 6,7 (F. 35,12; Lc. 2,20) T. 89,2 & reuersi sunt pastores.' OT. 28r,7

uuvrbun tho thie hirta |heimuuartes.'

Et reuersi funt paftores uurbun tho thie hirta | domü verfus, | heimuuartes,

domü verfus ist eine reine Konjektur des Junius. Er schuf eine Entsprechung zu heimuuartes und meinte die Berechtigung dazu aus einer ähnlichen Formulierung in Cap. 4,9 beziehen zu können, auf die in einem Nachtrag zum Stellenkommentar795 hingewiesen wird. In Cap. 4,9796 heißt es allerdings etreuerfa eil in domum fuam / inti uuarb zi ira Ms. Junius ersetzte ferner Et durch Tunc. Auch wurde uurbun, wahrscheinlich ebenfalls von ihm, zu Uurbun und schließlich zu Uuürbun korrigiert. 19. Cap. 15,6 (F. 41,23; Mc. 1,13) Τ. 115,29 Eratque cum bestiis uuas her thö mit uuildirun OT. 52v,7

eratque cum feris beftijs

uuas her tho mit uuil[.]dirun

Junius konjizierte feris gegen T., F. und Mc. Im OT. wurde nach uuilein d eingefügt, das möglicherweise aus einem anderen Buchstaben korrigiert worden ist. Der Urheber der Korrektur ist nicht sicher feststellbar. Doch Junius liest im Kommentar797 mid [!] uuilddirun, Cum feris beftiis. Die Verschreibung von mit zu mid mag als Indiz dafür gelten, daß er auch die ^-Korrektur im Text vorgenommen hat und gleich darauf den Kommentar schrieb. Unabhängig davon ist deutlich, daß er uuil[d]dirun als *uuild dirun aufgefaßt hat, mithin als Adjektiv *wilcf9* und Substantiv tior799. Da nun vermeintlich eine lateinische Entsprechung zu *wild fehlte, mußte ein lateinisches Adjektiv ergänzt werden. Junius begründet die Konjektur im Kommentar mit einer Parallele in Cap.

795

OT. 27v.

796

OT. 16r,26. Sieh T. 75,14f.

797

OT. 53'.

798

Man vergleiche SchW. S. 323: wildi Adj.; wild st. N. und ebenso StWG. S. 728.

799

SchW. S. 282: tior st. N., mit den Varianten ti(e)r, dior, dier.

Eingriffe im Manuskript: Ergänzungen

243

13.11800 und hebt eigens hervor, daß er im Zusammenhang mit dieser

Stelle proprietatem atque originem vocabuli uuild, Ferus IfvlveJMs genau untersucht habe. In einem Nachtrag zum Kommentar zu Cap. 13.11801 verweist er auf p. 18 des Auctarium, da für die Ausführungen auf f. 42v kein Platz mehr war. Ein besonderer Anlaß und eine besondere Begründung für die Konjektur des Adjektivs ist somit gegeben. Tatsächlich handelt es sich im übrigen bei uuildirun um den Dativ Plural des starken Neutrums wild*02. Auch der Kopist korrigierte gelegentlich interlinear und benutzte das gleiche Einfügezeichen. Wie bereits oben angedeutet wurde, ist die Unterscheidung der Hände auch deswegen zuweilen auf den ersten Blick problematisch und setzt ausgiebige Vergleiche voraus. Der Textabschnitt, die hier als Beispiel ausgewählt wurde, bietet auch ein Beispiel für einen derartigen Nachtrag des Kopisten: 20. Cap. 4,4 (F. 31,18; Lc. 1,44) T. 73,23 exultauit In gaudio Infans gifah In gifehen kind In | In utero meo. | minemo reue. OT. 16',5

exultauit in gaudio infans gifah in gifehen kind in | in utero meo | minemo reue.

Der Kopist trug interlinear das zunächst ausgelassene infans nach. Zunächst hatte er ein Wort, von dem noch unsicher Inf- zu erkennen ist, nach exultauit einkorrigieren wollen, dann aber den Ansatz und das Einfügezeichen wieder getilgt. Ganz offensichtlich hat er sich in der Vorlage der korrekten Position des Wortes versichert. Es wurde bereits ein Beispiel dafür gegeben, daß Ergänzungen des Junius rückgängig gemacht wurden803. Das ist ebenfalls der Fall in: 21. Cap. 219,1 (F. 158,29-31; Lc. 24,8; Mt. 28,8) T. 661,13 f.; Et recordatae sunt Inti gihugitun tho I6f. uerborum eius. sinero uuorto. ... cum timore & magno gaudio 800 801

803

Gemeint ist OT. 43r,18: uuildi honug. T. 105,28: uuildi honag.

OT. 42 v .

802

... mit forohtu inti mit michilemo giuehen

Zum -/r-Plural: BEG. § 197, S. 186f.

Oben, Nr. 4.

244

Zum lateinischen Text

OT. 229r,i6; Et recordatae funt time inti gihugit[h]un tho finero I8f. |verborum eius. |uuorto. ... cum timore, et etmt(?) magno gauöio ;

... mit forohtu, inti mit michilemo giuehen ;

tunc und cum wurden aufgrund von tho beziehungsweise mit ergänzt, und zwar gegen T., F. und Lc./Mt. Die Wörter wurden dann kräftig getilgt. Im althochdeutschen Text wurde in gihugit[h]un das zweite -h- durch dünne Diagonalstriche getilgt. Es verdankt seine Existenz einem Augensprung zum folgenden tho nach dem bekannten Muster. Es könnte sich um eine Selbstkorrektur des Kopisten handeln, ebenso wie bei michilemo, wo wurde das -c- nachträglich wohl vom Kopisten mit einem Einfügezeichen einkorrigiert wurde. Der Grund für die Rücknahme von Ergänzungen wie den obengenannten ist nicht klar. Sie unterscheiden sich nicht von den sonstigen, beibehaltenen Fällen. Der ursprüngliche Zweck ist klar erkennbar. Es wäre denkbar, daß eine spätere Hand diese Eingriffe getilgt hätte. Doch wäre ein solcher Korrektor nicht sehr konsequent vorgegangen. Auch entsprechen die Steichungen nach der Art ihrer Durchführung genau denen, die eindeutig von Junius vorgenommen wurden, wenn er Wörter ersetzte und dadurch als Urheber identifizierbar ist. Ein letztes Beispiel mag das verdeutlichen. 22. Cap. 209,4 (F. 156,19; Mt. 27,51) T. 647,30 post resurrectionem eius after iro urresti OT. 220v,18 post [ejus/eorum] reafter iro urre[i]sti, | furrectionem, C1US Junius hat wegen der Position von ahd. iro lat. eius vorverlegen wollen und es dazu am Zeilenende gestrichen. An der Einfügestelle vor refurrectionem geriet er offenkundig in Zweifel über den richtigen, iro entsprechenden Numerus. Er trug zunächst eorum ein, tilgte es, schrieb ejus daneben, tilgte auch dieses und setzte erneut eorum darüber. Ohne die letzte Korrektur böten die Tilgungen der ursprünglichen Interlinearkorrekturen das gleiche Bild wie im vorherigen Beispiel. Hier aber sind die Korrekturschritte des Junius klar nachvollziehbar. Die ursprüngliche Fassung des OT. stimmte im übrigen mit T., F. und Mt. überein.

Eingriffe im Manuskript: Streichungen

245

Die Einfügungen, ihre gelegentliche Korrektur oder Rücknahme dokumentieren die intensive Beschäftigung des Junius mit dem Verhältnis von lateinischem und althochdeutschem Text. Das zugrundeliegende Prinzip der Harmonisierung beider Fassungen ist allenthalben erkennbar. Es wurde jedoch nicht mechanisch oder im heutigen Sinne konsequent durchgeführt. Eine Betrachtung der sekundären Streichungen läßt weitere Aufschlüsse hierüber zu.

b. Streichungen Das Gegenstück zu sekundären Ergänzungen sind ersatzlose Streichungen lateinischer Wörter. Obgleich sie nicht die Möglichkeit bieten, die Hand eindeutig zu identifizieren, dienen sie in der überwiegenden Zahl der Fälle wie die Ergänzungen dem Ziel, eine möglichst genaue Kongruenz zwischen dem deutschen und dem lateinischen Text herzustellen. Streichungen dieser Art können deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit Junius zugeschrieben werden, wenngleich sich absolute Sicherheit nicht erreichen läßt. Sie sind in allen Teilen der Abschrift anzutreffen, aber nicht so häufig wie die Ergänzungen. Das paßt gut zu ihrem Zweck und hängt mit den sprachlichen Verhältnissen der Tatianbilingue zusammen. Der eher analytische Sprachbau des Deutschen804 führt im Schnitt zu einer höheren Wortzahl pro Zeile als der eher synthetische des Lateinischen. Man denke zum Beispiel an die Umschreibung des lateinischen Passivs oder des lateinischen Perfekts. Im Sangallensis hatten diese Verhältnisse Korrekturen an jenen Stellen zur Folge, bei denen die althochdeutsche Übersetzung nicht in die dafür vorgesehene Zeile paßte. Dann wurde ein Teil des lateinischen Textes wieder getilgt und in die nächste Zeile verlegt oder der althochdeutsche Text in gedrängter Schrift auf Rasur eingetragen. Da mit den Streichungen im OT. die Herstellung der möglichst genauen Entsprechung beider Versionen erreicht werden sollte, ist von vornherein nicht damit zu rechnen, daß ein größerer lateinischer 'Wortüberschuß' zu tilgen gewesen wäre, da ein solcher nicht existierte. Das Gegenteil war der Fall, wie die 804

Sieh etwa W. Admoni, Der deutsche Sprachbau, S. 19f. A. Dittmer - E. Dittmer, Studien zur Wortstellung - Satzgliedstellung, S. 263.

246

Zum lateinischen Text

Ergänzungen und die noch zu schildernden übrigen Abweichungen zeigen. Es ist freilich zu bedenken, daß es sich bei der althochdeutsch-lateinischen Tatianbilingue in der Form, wie sie in Fulda entworfen wurde, gerade nicht um eine Wort-fur-Wort-Übersetzung handelte, auch wenn das Lateinische zuweilen bis in die syntaktischen Eigenheiten nachgebildet wurde805. Das Diktum von der 'sklavischen' Nachahmung des Lateinischen ist längst als zu undifferenziert erkannt worden, wie jüngst noch einmal von E. und A. Dittmer806 aufgrund einer breiten Materialbasis gezeigt wurde. Insofern bot sich einem Revisor, dem es um eine möglichst genaue Übereinstimmung beider Fassungen ging, doch hin und wieder scheinbar redundantes Wortgut. Die Fälle, um die es hier geht, sind nicht mit jenen zu verwechseln, die E. Sievers807 in einem Verzeichnis der nicht ins Althochdeutsche übersetzten Textworte zusammengestellt hat. Es erfaßt lateinische Wörter, die unübersetzt in den althochdeutschen Text übernommen wurden. Mit den hier in Rede stehenden Streichungen im OT. sind die Fälle gemeint, in denen lateinische Wörter tatsächlich keine offensichtliche althochdeutsche Entsprechung haben. Dabei handelt es sich in der Regel um sogenannte Kleinwörter wie Konjunktionen oder Adverbien ohne ausgeprägtes lexikalisches Gewicht. Es ist eine ganz andere Frage, ob die jeweilige althochdeutsche Zeile nicht als Ganzes doch die Funktion des scheinbar Fehlenden tragen konnte808. Wenn das so war, das heißt, wenn es von den Übersetzern so empfunden werden konnte, ist das ein zusätzlicher Hinweis auf den sekundären Charakter der Streichungen und eine eindringliche Warnung vor der Annahme, Junius habe sie aufgrund des Befundes der Vorlage durchgeführt. Zur Verdeutlichung genügen einige Beispiele aus verschiedenen Teilen des Apographs. Sie wurden wiederum unter dem Gesichtspunkt ausgewählt, auch weitere Beobachtungen zu ermöglichen. Die gestrichenen Wörter sind durchstrichen gesetzt. Sie sind, das sei ausdrücklich hervorgehoben, ursprüngliche Bestandteile des Apographs und stimmen 805

A. Dittmer - E. Dittmer, Studien zur Wortstellung - Satzgliedstellung, S. 263.

806

A. Dittmer - E. Dittmer, Studien zur Wortstellung - Satzgliedstellung, S. 26 lf.

807

Tatian, S. 516.

808

R. Schützeichel, Festschrift fiir Herbert Kolb, S. 607.

247

Eingriffe im Manuskript: Streichungen

in der Regel auch mit T., F. und der Vulgata überein. Auf Ausnahmen wird eigens hingewiesen. 1. Cap. 7,5 (F. 35,29f.; Lc. 2,28) T. 91,3

& ipse accepit eum ...

her thö Inphieng Inan ...

OT. 28V,10 et ipfe accepit e[u]m... her tho inphieng inan ... et wurde aufgrund fehlender Wiedergabe durch inti getilgt. Über accepit wurde eine Interlinearkorrektur bis zur Unleserlichkeit getilgt. Möglicherweise handelte es sich um eine Ergänzung zur Wiedergabe von tho. Das erste Drittel dieser und der beiden vorhergehenden lateinischen Zeilen ist durch einen Schmierfleck entstellt. Durch eum verläuft ein Riß. Junius hat zur Verdeutlichung eum übergeschrieben. Im althochdeutschen Text hat Junius inphieng zu inphieng korrigiert, dann aber durch inphieng ersetzt. 2. Cap. 8,1 (F. 36,13; Mt. 2,1) T. 93,8

Cum ergo natus ess&

| ihesus

mit thiu ther heilant giboran

| uuard

OT. 3 Γ, 16

Qm ergo natus eßet Mit thiu ther heilant geboran |Jefus |uuarö Offenbar sah Junius mit thiu nicht als hinreichende Wiedergabe von cum ergo an. Das scheinbar überflüssige ergo wurde getilgt. Auffallig ist die Initialengestaltung beider Handschriften am Beginn eines neuen Kapitels. Sie erfolgt im OT. meist nur durch einfache Majuskeln. An dieser Stelle aber ist das C- auffällig groß ausgeführt und umschließt das folgende ü nahezu, heilant wurde in Heilant korrigiert, wie es auch sonst im OT. geschieht. 3. Cap. 8,3 (F. 36,21; Mt. 2,6) T. 93,26

& tu b&leem terra iuda.'

thu b&hleem iudeno erda

OT. 3 r,7 Et tu Bethleem terra Juda, Thu Bethleem Judeno erda Et hat keine althochdeutsche Entsprechung. Nach seiner Streichung bildete tu den Satzanfang und wurde deshalb zu Tu korrigiert.

248

Zum lateinischen Text

4. Cap. 8,5 (F. 36,28f.; Mt. 2,9) T. 95,7f. qui cum audissent regem.' abierunt,... OT. 3lv, 20f.

thö sie gihortun then cuning.' fuorun,...

tjui cum audißent regem, thö He gehortun then cuning |abierunt.... |fuorun. ...

Im T. werden in den beiden Fassungen unterschiedliche syntaktische Konstruktionen benutzt. Im lateinischen Text schließt nach einem Einschub wörtlicher Rede des Herodes qui relativisch809 an die vorher erwähnten magi an. Im althochdeutschen Text beginnt mit thö ein neuer Satz. Diese Verhältnisse waren ursprünglich auch im OT. anzutreffen und boten Anlaß zu einer Streichung, durch die auch im Lateinischen ein Satzanfang hergestellt werden sollte. Das scheinbar überflüssige qui wurde getilgt und cum zu Cum korrigiert, da es nun an den Satzanfang gelangte. Die nachgerade gewaltsame Änderung der lateinischen Syntax auf die des Althochdeutschen hin geschah nicht allein zur Herstellung der Kongruenz. Sie wirft darüber hinaus ein bezeichnendes Licht auf die Art der Abschnittseinteilung. An dieser Stelle beginnt Cap. 8,5, und einen solchen Abschnitt vermeinte man (das heißt wohl am ehesten: Junius) nicht ohne eine klare syntaktische Zäsur beginnen lassen zu können. Doch auch ohne daß ein Abschnittsanfang vorzuliegen hätte, begegnet diese Syntaxänderung durch Streichung des qui, zum Beispiel in folgendem Parallelfall: 5. Cap. 16,2 (F. 41,30; Io. 1,38) Τ. 117,9f. ... qui dixerunt ei, ... sie quadun Imo. rabbi... rabbi... OT. 52v,2l

qui dixerunt ei, Rabbi, fie quadun imo, Rabbi, Auch hier wurde die lateinische Syntax wegen der althochdeutschen geändert. 6. Cap. 13,1 (F. 38,13; Lc. 3,1) T. 101,16

Anno quinto decimo

In themo finita zehenten Iare

OT. 37\22

Anno autem quintodecimo

Jn | themo finfta zehenten iare

809

Man vergleiche RHLG. § 244, S. 290f.

Eingriffe im Manuskript: Streichungen

249

Diese Korrektur brachte oberflächlich betrachtet OT. mit T. zur Übereinstimmung. Dennoch ist sehr fraglich, ob der Grund für die Streichung der Befund der Vorlage war. Schließlich hat Junius keine vollständige und derart ins Detail gehende Kollation mit der Vorlage vornehmen können. Alle Stellen, die nachweislich auf einer solchen beruhen, betreffen den althochdeutschen Text. autem fehlt im T., nicht aber in F. und Lc. Spekulationen darüber, ob die Vorlage T. entsprochen habe oder eher F., erübrigen sich aus mehreren Gründen. Tilgungen von autem sind unter den ersatzlosen Streichungen die häufigsten, da dieses Adverb oftmals nicht übersetzt wurde810. Junius scheint im Laufe der Handschriftenbearbeitung seine Ansicht über dieses Phänomen geändert zu haben. In späteren Teilen der Handschrift korrigierte er autem nach dessen Streichung häufig interlinear wieder ein, worauf noch zurückzukommen sein wird. Im vorliegenden Fall dient die Korrektur einmal mehr der Herstellung der Kongruenz. Das und nicht der Befund der Vorlage ist der Anlaß ihrer Durchführung. Damit ist jedoch die Herkunft des autem im OT. erklärungsbedürftig. Da F. selbst als Quelle ausscheidet und über das Aussehen der Vorlage an dieser Stelle nichts gesagt werden kann, ist zu erwägen, ob der Kopist autem aus Lc. bezogen haben kann. Wenn man nicht einen Zufall unterstellen will, setzt das eine Revision des lateinischen OT.-Textes nach der Vulgata voraus. Für eine solche gibt es tatsächlich gewichtige Hinweise. Diesem Problem wird sich das Kapitel über die lateinischen Textbesonderheiten811 eingehend widmen. 7. Cap. 13,11 (F. 39,9; Mt. 3,4) T. 105,24 Ipse autem iohannes ... ther selbo iohannes ... OT. 43r,l3

Jpfe autem Joannes...

Ther felbo Johannes ...

Hier liegt ein Beispiel für ein geradezu routinemäßig getilgtes autem ohne Entsprechung im Althochdeutschen vor. 8. Cap. 13,14 (F. 39,18; Mt. 3,4) T. 107,10 ... dico enim uobis, ... ih quidu iu,

810

Man vergleiche auch die Anmerkung A. Massers in T. 560 (zu T. 561,3).

81

'Teil IV.B.

250 OT. 43v,6

Zum lateinischen Text

Dico erani vobis,...

ih quidu iü,...

Auch enim wurde wie autem häufig gestrichen. Nur drei Zeilen später findet sich ein ganz entsprechender Fall. 9. Cap. 13,15 (F. 39,20; Mt. 3,10) T. 107,15

omnis ergo arbor...

iogiuuelih boum ...

OT. 43v, 11

Omnis ergo arbor... iogiuuelih buom... Dieser Fall ist analog den beiden vorhergehenden zu beurteilen. Im althochdeutschen Text hat Junius die Fehlschreibung buom durch boum ersetzt. 10. Cap. 13,19 (F 39,32; Lc. 3,15) τ. 109,2

existimante autem populo

uuanentemo themo folke

OT. 46r,6

Existimante autem populo uuan[en]temo themo folke Diese Tilgung von autem ist deshalb bemerkenswert, weil sie sich bis in die Edition von E. Sievers812 erhalten hat. Es handelt sich nicht um einen Einzelfall. Ahnliches war bereits für die Ergänzungen festzustellen. Im althochdeutschen Text wurde -en- in uuan[nen]temo wohl vom Kopisten interlinear einkorrigiert. Analog der Großschreibung am lateinischen Satzbeginn wurde uuan- in Uuan- geändert. 11. Cap. 21,2 (F. 44,5; Io. 3,23) T. 127,23f. erat autem & iohannes Vuas ouh tho iohannes tou|baptizans | fenti In enon ... In enon ... OT. 6i v ,2764r,i

Erat autem et Joannes baptizans in Ennon...

uuas ouh Joannes toufenti in Enon ...

Die Divergenz zwischen der althochdeutschen und der lateinischen Fassung, die durch die Streichung von autem beseitigt wurde, besteht allein im OT., da T. tho als Entsprechung hat. Auch wenn sich über das Fehlen oder Vorhandensein von tho in der Vorlage an dieser Stelle keine begründete Aussage machen läßt, ist wohl auch diese Tilgung aufgrund des bekannten Verfahrens des Junius durchgeführt 812

Tatian, S. 35 und Α. 1, wo autem eigens für F. vermerkt wird. Man vergleiche auch T. 108 (zu T. 109,2).

Eingriffe im Manuskript: Streichungen

251

worden, das heißt allein aufgrund des handschrifteninternen Befundes. Dafür sprechen auch die Parallelfalle, in denen ein in beiden Handschriften unübersetztes autem getilgt wurde. 12. Cap. 21,5 (F. 44,14; Io. 3,28) T. I29,9f. quod dixerim ego non sum thaz ih quad ih nibin crist | Christus Sed quia missus sum ante uz ouh bin gisentit furi inan

|illum OT.64r,20f.

quod dixerim; Ego non thaz ih quad; Jh ni bin | fum Chriftus, | Christ, fed quia miffus fum uz ouh bin gifentit fuori | ante ilium. | inan.

Da im Althochdeutschen die Konjunktion thaz nach uz ouh nicht wieder aufgegriffen wird, wurde im Lateinischen quia getilgt. Es handelt sich somit um einen gewöhnlichen Tilgungsfall, uz ouh wurde trotz der Getrenntschreibung als Entsprechung zu fed erkannt813. Das ist Junius ohne weiteres zuzutrauen. Denn er hat bei einem früheren Vorkommen814 ein verschriebenes urouh durch das korrekte uzouh ersetzt. 13. Cap. 32,5 (F. 48,15; Lc. 6,33) T. 147,5 Siquidem & peccatores hoc thaz tuont suntige man. |faciunt. OT. 79r,i3

siquidem et peccatores hoc thaz tuont funtige man. |faciunt

Selbst die Tilgung zweier Wörter kam in Frage, um die Übereinstimmung herzustellen. Wie so oft, wurde thaz als Demonstrativpronomen in thas korrigiert. Diese Beispiele zeigen die Varietät der Umstände, unter denen lateinische Wörter ersatzlos getilgt wurden. Es folgen noch einige wenige weitere Fälle aus dem Text nach der großen Handschriftenlücke, die zeigen, daß

SchW. S. 306 üzo(u)h, Konj.

813 814

Cap. 14,6: OT. 49v,8. T. 113,13.

252

Zum lateinischen Text

die zugrundeliegende Absicht, das Verfahren und die Art der Fälle sich nicht ändern. 14. Cap. 155,1 (F. 136,25; Io. 13,1) T. 549,15f.

Ante autem diem festum paschae....

fora themo itmalen tage ostrunu...

OT. I60r,25 Ante aotem diem festum Fora themo itmalentage |Pafchae | Ostrunu 15. Cap. 156,1 (F. 137,5f.; Io. 13,12) T. 551,27

postquam ergo lauit

after thiu her uuvosc

V

OT. 160 ,29 Poftquam ergo lauit... After thiu her uuofc 16. Cap. 165,1 (F. 140,28; Io. 14,22) T. 571,16f. quia nobis manifestaturus bithiu uuanta uns giofFanoti | es | bist te ipsum & non mundo. thih selbon nalles thesemo | mittilgarte. OT. I72v,l7f.

quia nobis manifestaturus bithiu uuanta uns gioffanon|esteipfumti

et non mundo!

| bift thih felbon nalles thefemo mittelgarte?

Zum Abschluß folgt ein Textabschnitt, der gleich eine ganze Reihe der bekannten Probleme aufweist: 17. Cap. 174,1. 2 (F. 143,28-32; Io. 16,16f.) T. 585,28 - modicum & iam non uide- luzila stunta nigisehet ir mih 587,5 |bitisme & iterum modicum & abur luzila stunta gisehet ir |uidebitisme |mih quia uado ad padrem. uuanta ih faru zi minemo |fater

dixerunt ergo ex discipulis tho quadun sume fon sinen | eius | iungiron ad inuicem untar in zuuisgen quid est hoc quod dic& uuaz it thaz her quidit uns I nobis

Eingriffe im Manuskript: Streichungen

253

modicum & non uidebitis luzila stunta nigisehet ir mih |me & iterum modicum & abur luzila stunta gisehet ir | uidebitis me |mih & quia uado ad patrem. Inti ih faru zi themo fater. OT. 181",20- ModicumTTt-ram non 28 | videbitis me; et et iterum modicum, et | videbitis me; quia vado ad patrem |mttnn dixerunt ergo quidam ex | difeipulis eius ad inuicem. quid est hoc |quoö dicit nobis; Modicum et | non viöebitis me, et iterum modicum et | videbitis me. et qttia vado aö patrem.

luzila ftunta, nigifehet ir |mih; abur luzila ftunta, gifehet | ir mih; uuanta ih faru zi minemo | fater. tho quaöun fume fon finen | iungiron untar in zuifgen. uuaz ist |thazthaz her quiöit uns: luzila ftunta | ni gifehet ir mih. abur luzila ftunta gifehet ir | mih. inti, ih faru zi themo fater.

Neben den Streichungen nach dem bekannten Muster sind hier auch noch die Wiedereinsetzung von et in Z. 21 und die Ergänzungen von meum am Zeilenende sowie quidam interlinear bemerkenswert, wobei meum wieder getilgt wurde. Es wurde bereits daraufhingewiesen, daß Junius im Verlauf der Handschriftenbearbeitung Streichungen wieder rückgängig gemacht hat, wie es auch bei den Ergänzungen gelegentlich der Fall ist. Da sich die Ausfuhrung dieser Streichungen nicht von den bisher beschriebenen unterscheidet und diese Fälle erst im Verlauf der Textbearbeitung zunehmen, kann vermutet werden, daß Junius hier eigene Eingriffe wieder aufhob, weil er über die Textkongruenz in bezug auf Adverbien und Konjunktionen wie autem, ergo, enim und et zu anderen Schlüssen gelangt war. In jedem Falle handelt es sich um zwei Bearbeitungsgänge, von denen keiner mit völliger Konsequenz durchgeführt worden ist, da in durchaus

254

Zum lateinischen Text

vergleichbaren Fällen unterschiedliche Entscheidungen getroffen wurden, etwa in: 18. Cap. 158,6 (F. 138,7f.; Mt. 26,24) T. 227,21 Uae autem homini illi uuethemoman OT. 166',l

Vae autem autem homini illi... uue themo man ...

autem hat hier ebensowenig eine althochdeutsche Entsprechung wie in den übrigen vorgeführten Fällen. Die Tilgung wurde von Junius durch interlineares Einkorrigieren von autem wieder aufgehoben. Es mag sein, daß er sich an Stellen wie diesen doch vom lateinischen Zusammenhang leiten ließ und auf das adversative autem nicht verzichten mochte, aber es läßt sich darüber keine generelle Verfahrensregel aufstellen. In einem ähnlich gelagerten Fall unterblieb die Aufhebung der Tilgung, wie das nächste Beispiel zeigt. 19. Cap. 159,5 (F. 138,21; Io. 13,28) T. 559,20f. hoc autem nemo sciuit thaz niuuesta nioman discumbentium therö sizzentono OT. 166',22

hoc autem nemo fciuit...

thaz ni uuefta nioman ...

Ein striktes System ist im ganzen nicht zu erkennen und sollte deswegen auch dem bearbeiteten Text nicht künstlich aufgezwungen werden. Eine gewisse Subjektivität der Entscheidungen und ein gewisses Maß an Inkonsequenz sind als Faktoren mitzubedenken. Das offenkundige Bestreben zur Harmonisierung des Lateinischen mit dem Althochdeutschen wird durch die Revidierung von Tilgungen teilweise unterlaufen. Dieser Befund zeigt, daß Ms. Junius 13 eine Auseinandersetzung mit dem Text widerspiegelt, die noch im Gange war, gewissermaßen im Versuchsstadium, und nicht in allen Teilen vollständig abgeschlossen wurde. Erneut ist darauf hinzuweisen, wie spät erst das tatsächliche Anlageprinzip der Bilingue durchschaut worden ist, und zwar anhand des Sankt Galler Originals. Gerade die gelegentlichen Abweichungen der Korrekturen des Junius von ihrem eigenen Grundprinzip markieren eine Verwerfungslinie, die beim Aufeinandertreffen der falschen Vorstellung von einer de-verbo-ad-verbum-Obersztzimg und den tatsächlichen Verhältnissen der Handschrift entstand, obwohl der Kopist sich bei allen Veränderungen große Mühe gegeben hatte, das Prinzip der Zeile-fur-Zeile-Übersetzung zu wahren. Angesichts der mannigfachen

Eingriffe im Manuskript: Satzbau

255

Probleme, die das Apograph fur Junius bereit hielt und seiner im Kommentar dokumentierten Bereitschaft, sich mit so vielen Auffälligkeiten wie möglich eingehend zu befassen, entspricht der Befund insgesamt viel eher dem zu Erwartenden als ein zwar perfekt, aber mechanisch durchgeführtes Verfahren. Als besondere Auffälligkeit ist abschließend noch festzustellen, daß Junius den lateinischen Text dort nicht getilgt hat, wo die althochdeutschen Zeilen ganz frei geblieben sind, also gewissermaßen der Extremfall scheinbarer lateinischer Redundanz vorliegt. Diesen Stellen wird bei der Behandlung der Primärabweichungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet815.

c. Änderungen im Satzbau Unter Eingriffen in den Satzbau sind nachträgliche Änderungen der Wortfolge, des Wortbestandes und der Wortformen zu verstehen. Da bei Eingriffen in die Wortfolge häufig zugleich Wörter durch andere ersetzt oder Wortformen vorhandener Wörter geändert werden, werden diese drei Eingriffsarten gemeinsam behandelt. Im Abschnitt über die sekundären Ergänzungen wurde bereits ein Beispiel aus Cap. 6,4816 zitiert, in dem Junius die von ihm erwünschte Änderung der lateinischen Wortfolge durch Ziffern markiert hat und seine Urhebeschaft auch hinreichend sicher erkennbar ist, da ein von ihm ergänztes Wort einbezogen wird und der Duktus der Ziffern seiner Hand entspricht. Dieses Verfahren wurde nur dreimal am Anfang der Handschrift benutzt. Es folgen die beiden übrigen Fälle. 1. Cap. 5,13 (F. 34,25; Lc. 2,7) T. 85,25

& pannis eum Inuoluit

OT. 25r,27

Inti biuuant Inan mit tuochon,

et pannis eum inuoluit inti biuuant inan mit tuochon Die Wortfolge des OT. stimmt mit T., F. und Lc. überein. Junius hat den lateinischen Wörtern je eine Ziffer in der Abfolge 1-4-3-2 überge-

815

Teil IV.B.b.2.e.

816

OT. 25v,21; T. 87,19.

Zum lateinischen Text

256

schrieben. Daraus ergibt sich die Wortfolge et inuoluit eum pannis, die genau der althochdeutschen entspricht. Junius gibt genau diese Wortfolge auch im Kommentar817 wieder. Dort zitiert er allerdings auch sonst in vom Text abweichender Wortfolge, selbst wenn er diesen nicht geändert hat. Bemerkenswert ist die Übereinstimmung von iuochon, das im T. aus tuochum korrigiert wurde818. 2. Cap. 6,5 (F. 35,8; Lc. 2,17) T. 87,27f.

... quod dictum erat illis de puero hoc,...

... thaz In giquetan uuas fon demo kinde,...

OT. 28r,i

quod dictum erat illis de thas in giquetan uuas fon | puero hoc. |themo kinde.

Über puero ist eine 2 und über hoc eine 1 eingetragen. Die Wortfolge hoc puero entspricht der althochdeutschen in themo kinde. Ferner ist auf die nicht korrigierten Schreibungen des Relativpronoms thas und des Artikels themo hinzuweisen. Das -o- in hoc ist so schmal, daß es mit einem -z- verwechselt werden kann. Ein zweites, sozusagen gering invasives Verfahren des Junius besteht in der Änderung einzelner Wortformen, indem einzelne Buchstaben durch andere überschrieben werden. Diese Korrekturart bot sich nur dort an, wo genügend Raum vorhanden war und die Korrektur nicht zur Unleserlichkeit des Wortes führte, etwa bei der Korrektur von lucet in lucebat aufgrund von ahd. leuhta in einer Zeile819, in der der Kopist großzügige Wortabstände gelassen hatte. Junius bevorzugte in der Regel eine andere und deutlichere Bearbeitungsform, nämlich das Ersetzen der Textteile, die er umgestalten wollte. Das lag an der Zahl der zu ändernden Stellen, bei der das Ziffernsystem leicht unübersichtlich werden konnte. Denn es finden sich auf vielen Seiten mehrere Eingriffe dieser Art. Mehr noch lag es an der Möglichkeit, im gleichen Zuge weitere Korrekturen vornehmen zu können und gegebenenfalls den Wortlaut zu ändern. Die Bandbreite der Eingriffe reicht von der Ersetzung von Wortsegmenten über Wörter und Syntagmen bis hin zu ganzen Zeilen. Vor allem die vielfältigen Eingriffe dieser 817

OT. 24v.

818

T. 84 (zu T. 85,25).

819

Cap. 1,4: OT. 6V,2; T. 65,27: lucet / liuhta. Sieh zu leuhta auch oben, Teil III.D.

Eingriffe im Manuskript: Satzbau

257

Art sind es, die dem Betrachter des Ms. Junius 13 den Eindruck eines stark durchgearbeiteten Arbeitsexemplars des Gelehrten Junius vermitteln. Soweit nicht anders angegeben, stimmt bei den folgenden Beispielen OT. in der ursprünglichen Fassung jeweils mit den entsprechenden Stellen in T., F. und der Vulgata überein. 3. Cap. 2,7 (F. 30,5; Lc. 1, 17) T. 69,7

& incredibiles...

Inti ungiloubfolle...

OT. ior,20 et incredMesdulos ... inti ungiloubfolle ... Junius korrigierte incredibiles interlinear gegen T., F. und Lc. in incredulos. Zwar existiert die Variante incredulos in Lc. t, doch dürfte fur Junius der Parallelfall aus Cap. 21,8820 ausschlaggebend gewesen sein, den er im Kommentar821 anführt und der incredulus zu ungiloubfol bietet. 4. Cap. 6,5 (F. 35,9f.; Lc. 2,18) T. 87,30f. & de his quae dicta erant Inti fon dem thiu giqu&anu |uuvrdun a pastoribus ad ipsos,... zi in fon dem hirtin,... OT. 28',3f.

et de his quae dicta erant inti fon dem thiu giquetanu | a paftoribus ad ipfos |uurdun a pastoribus ad ipsos ä zi in fon dem hirtin. | pastoribus.

Das erste a pafioribus ad ipfos wurde gestrichen und vom Kopisten an den nächsten Zeilenanfang verlegt, da seine althochdeutsche Entsprechung keinen Platz in der Zeile mehr gehabt hätte. Es handelt sich mithin um keine zufällige Dittographie. Dieses Verfahren ist vom Sangallensis her wohlbekannt. Ob der Kopist die Tilgung vorgenommen hat oder erst Junius, ist an der Art der Streichung nicht zu erkennen. Das ist jedoch unwesentlich. Das zweite ά pastoribus ist sicher von Junius getilgt worden. Denn er fugte es am Ende der Zeile wieder ein und stellte damit die Wortfolge der althochdeutschen Entsprechung her, und zwar gegen T., F. und Lc. ^Cap. 21,8: OT. 64v,23; T. 129,30. 82iOT 9v

258

Zum lateinischen Text

Im althochdeutschen Teil schrieb Junius them über das erste dem, ohne dieses zu tilgen. Das zweite dem dagegen hat er durch them ersetzt. Schließlich hat er uurdun durch Interlinearnachtrag von -ti- zu uuürdun korrigiert 5. Cap. 6,7 (F. 35,13; Lc. 2,20) T. 89,5 ... sicut dictum est ad illos, ... soso zi In gisprochan |uuas, OT. 28r,io ficut dictum eft ad illos fofo zi in gifprochan uuas. | dictum erat. Hier hat Junius die lateinische Wortfolge der althochdeutschen angeglichen und im gleichen Zugriff das Tempus von esse angepaßt. 6. Cap. 7,2 (F. 35,19f.; Lc. 2,23) T. 89,l6f. quia omne masculinum bithiu uuanta iogiuuelih Igommanbarn adaperiens uuluam.' thaz uuamba erist Intuot.' a) OT. 28r,21

Quia omne mafculinuml aöaperiens vuluä

Bithiu u u a n t a 10 muellh

8

thaz uuamba erist intot

S omman b a m

Der ursprüngliche lateinische Text des OT. faßt zwei T.-Zeilen zusammen. Der Kopist konnte den althochdeutschen Text nicht in eine Zeile zwängen und verteilte ihn eingerückt, in kleinerem Schriftgrad und mit verringertem Zeilenabstand auf zwei Zeilen, was der Anordnung im T. entspricht. So konnte die nächste Zeile im normalen Abstand geschrieben werden beziehungsweise mußte nicht nach unten verlegt werden, falls sie schon geschrieben worden war. Die Umbruchstelle wurde im lateinischen Text mit einem vertikalen Strich markiert. Junius hat die lateinische Zeile gestrichen und folgendermaßen ersetzt: b) OT. 28r,2lf. Quia quaevis mafcula proles quae vulvam primüm aperit,

Er teilte die lateinische Zeile gemäß der althochdeutschen ein und veränderte dabei den Wortlaut und die syntaktische Konstruktion erheblich, und zwar gegen T., F. und Lc. Die Nachahmung des Althochdeutschen wird hier bis zur Nachbildung von gomman barn

Eingriffe im Manuskript: Satzbau

259

durch mafcula proles gefuhrt. Junius erkannte hier, begünstigt durch die Getrenntschreibung, zwei althochdeutsche Wörter. Tatsächlich handelt es sich um ein Kompositum822. Wie bei den Ergänzungen lexikalisch gewichtiger Wörter durch Rückübersetzung aus dem Althochdeutschen, versuchte Junius auch in diesem Fall, seine Version durch eine Textparallele abzusichern. Es handelt sich diesmal jedoch lediglich um ein Vorkommen des Wortes gomman zu lat. vir in Cap. 3,1823, auf das im Kommentar824 hingewiesen wird. Der Umgang mit dem Lateinischen erscheint hier vergleichsweise frei, ist aber eng an das Althochdeutsche gebunden, wie Junius es verstand. Im althochdeutschen Text ist das Wort uuamba durch Risse im Papier beschädigt. Junius strich den sichtbaren Teil und wiederholte das Wort interlinear. Auch bei einem weiteren Papierschaden auf dieser Seite825 führte er solche Korrekturen zur Verdeutlichung aus. 7. Cap. 7,4 (F. 35,25f.; Lc. 2,26) T. 89,28f.

& responsum acceperat a Inphieng thö antuuvrti fon | spiritu sancto.' |themo heilagen geiste.' non uisurum se mortem.' thaz her ni arsturbi.' nisi prius uider& Christum er thanne her gisahi Christ |domini, |truhtin

Aus dem ursprünglich mit T. übereinstimmenden lateinischen Text machte Junius: OT. 28v,3-6 Et refponsum acceperat ä inphieng tho antuurti fon | Spriritu fancto, | themo heilagen geiste quo ό non moreretur, thaz er ni arsturbi, prius quam videret chrifer thanne her gifahi Chrift | tum Domini | tuhtines. Dabei hatte er zuerst marginal links oberhalb Z. 3 eine Einfügung gemacht und bis zur Unleserlichkeit wieder getilgt. Darauf korrigierte er et refponfum acceperat zu Refponfum enim acceperat, machte jedoch auch diese Korrektur wieder rückgängig, obwohl sie eine 822

SchW. S. 152. OT. 13',4; T. 71,6. 8M OT. IT. 825 Cap. 7,1: OT. 28r,llf.; T. 89,6f. 823

260

Zum lateinischen Text

genaue Kongruenz mit dem althochdeutschen Text hergestellt hätte. Eine solche war das Ziel der folgenden Korrekturen, die in die Syntax und dadurch bedingt in die Wortformen eingreifen. Es ist nicht ersichtlich, warum Junius die verhältnismäßig geringfügige Korrektur von Z. 3 zurücknahm, die viel gravierenderen Eingriffe in die Folgezeilen aber beibehielt. Die Antwort darauf ist weder in F. noch in Lc. zu finden. Auch einen Rückgriff auf die Vorlage des OT. kann man kaum wahrscheinlich machen. Zu offensichtlich richten die Eingriffe des Junius den lateinischen Text nach dem daneben stehenden althochdeutschen aus. Zudem wäre das Problem der inkonsequenten Durchführung auch so nicht zu lösen. Die Einführung des Verbs mori gegen se mortem videre wird im Kommentar826 durch einen Parallelbeleg abgesichert: arfturbi. Moreretur.) vide XI, 1. Cap. 11,1 bietet zwei Belege für arsterban*21. Das Wort steht dort jedoch zu lat. defungi und nicht zu mori. Es ist festzustellen, daß Junius sich anhand der Parallele der Bedeutung von arsterban versicherte, für seine Korrektur dann aber doch das Verb wählte, das mit mors etymologisch verwandt ist, mithin möglichst nah am Vorgefundenen blieb. Auch der althochdeutsche Text wurde bearbeitet, doch nicht so tiefgreifend wie der lateinische. Bei inphieng wurde in- zu int- korrigiert, dann das ganze Wort gestrichen und am Ende der vorhergehenden Zeile von Junius Inphieng gesetzt. Damit wurde die ursprüngliche Form wiederhergestellt, aber zugleich der Zeilenparallelismus durchbrochen. Das Übrige entspricht bekannten Korrekturtypen: antuurti > antuuürti, heilagen > Heilagen, truhtines > Truhtines. Der Zirkumflex in ni wurde getilgt. Bei Truhtines wurde -es gegen T. möglicherweise erst von Junius angehängt, was aber nicht ganz sicher ist. Für eine Urheberschaft des Junius spricht, daß die lateinische Fassung christus domini 'der Gesalbte des Herren' genau nachgebildet wurde. Der Sangallensis gibt sie als Eigennamen828 christ truhtin 'Christus der Herr' wieder.

K6

OT. 29'.

K7

SchW. S. 271: irsterban st. V., unter anderem mit der Variante ar-,

828

BEG. § 194; § 195 u. Α. 1, S. 184.

Eingriffe im Manuskript: Satzbau

8. Cap. 7,9 (F. 36,4; Lc. 2,36) T T. 91,22 & erat anna proph&issa

261

uuas thö thär anna uuizzaga

OT. 28v,27

Et erat Erat tunc ibi Anna Uuas thö thär Anna uuizzaIprophetiffa, |ga, Diese Interlinearersetzung läßt sich als Routinefall bezeichnen. 9. Cap. 7,9 (F. 36,8; Lc. 2,37) T. 91,29-31

quae non discedebat de

thiu nirfuor nio fon themo

|templo.' | temple.' Ieiuniis & osecrationibus uzouh mit fastun Inti mit j gib&u OT. 3 r,5-7

seruiens die ac nocte,

thionota tages Inti nahtes,

quae non difcedebat de

thiu ni fuor fon themo temp-

|templo, |le fed iejunijs fed jejuniis et uzouh mit fastun inti mit | giobfecrationibus |beta fcruiens nocte et die fervie- thionota tages inti nahtes. bat die et nocte Es ist erkennbar, daß fed als Entsprechung zu uzouh marginal vor der Zeile einkorrigiert wurde. Es handelt sich um eine reine Konjektur gegen T., F. und Lc. Warum Junius dann fed iejunijs tilgte und interlinear wiederholte, ist unklar. Möglicherweise hatte die Lesbarkeit der Wörter gelitten, was sich unter der kräftigen Tilgung nicht mehr erkennen läßt. Die zweite Interlinearersetzung paßt die Wortformen und die Wortstellung des Lateinischen an das Althochdeutsche an. Hingewiesen sei außerdem auf die in T., OT. und Lc. übereinstimmende Verwendung von obsecrationibus. F. hat obseruationibus829, und auch E. Sievers830 liest so gegen den handschriftlichen Befund. 10. Cap. 7,10 (F. 36,8f.; Lc. 2,38) T. 91,32 & haec Ipsa hora thiu thö In thero selbun ziti

829

H. J. Vogels, Beiträge zur Geschichte des Diatessaron, S. 10; S. 19. Lesung des Sangallensis 56 aus der Edition von E. Sievers. 830 Tatian, S. 27. Dazu T. 90 (zu T. 91,30).

Zum lateinischen Text

262 OT. 3 r,8

Et haec Haec igitur eä ipia thiu thö in thero felbun |horä... |ziti... Hier handelt es sich wieder um eine Ersetzung nach dem bekannten Muster. 11. Cap. 8,2 (F. 36,17; Mt. 2,3) T. 93,17

audiens autem herodes rex

thö thaz gihorta herodes ther

| cuning OT. 31',25 Audiens autem Quum hoc Tho thaz gihorta Herodes | auöiret Herodes rex | ther cuning Auffällig ist, daß Junius für die Konjunktion cum die sonst ungebräuchliche Form Quum831 benutzt. So verfährt er auch sonst gelegentlich am Satzbeginn, wie auch einige der weiteren Beispiele zeigen. Ob er hierbei archaisieren wollte, sich von den seltenen quum-Formen des Kopisten anregen ließ oder einer typographischen Praxis seiner Zeit folgte, sei dahingestellt. Beispiele für quum bieten etwa Cap. 178,4832 und Cap. 186,4833 (zwei Fälle). Hier ersetzte Junius im ersten Fall quem quum eum ... d u r c h q u u m eum .... Er behielt die Form des Kopisten bei. Der zweite Fall ist eine Fehlschreibung für eum. Wenn die Vorlage die Seiteneinteilung des T. hatte, war hier ein Blattwechsel die Ursache. Die Form in Cap. 8,2 ist jedenfalls sekundär und nicht begründet auf eine alte Quelle zurückzuführen. Partizipialkonstruktionen wie die des vorliegenden Beispiels wurden von Junius dann geändert, wenn sich die althochdeutsche Übersetzung anderer grammatischer Mittel bediente. Bildete sie jedoch die lateinische Konstruktion nach, beließ er den lateinischen Text in seiner Form, etwa in Cap. 8,6834: Videntes autem stellam, das mit einer Partizipialkonstruktion übersetzt wird: Sie thogifehente then sterron. Umgekehrt änderte Junius lateinische Konstruktionen mit finitem Verb in Partizipialkonstruktionen, wenn die Übersetzung dazu einen Anlaß bot. Das folgende Beispiel vereint beide Vorgehensweisen: 831

GH. I, Sp. 1796f.

832

OT. 187v,8; T. 593,25.

833

OT. 199r,12.13; T. 609,31-611,1.

s34

OT. 3Γ.25; T. 95,12; F. 36,30f.; Mt. 2,10.

Eingriffe im Manuskript: Satzbau

263

12. Cap. 8,4 (F. 36,25; Mt. 2,8) T. 95,2 & mittens illos In b&hleem In santa sie In b&hleem sus | dixit, Iquedanti OT. 3 Γ.15

et mittens illos in | Β ethleem, dixit dicens;

inti fanta fie in Bethleem, | fus quedanti

Bei mittens wurde -ns durch kräftiges Durchschreiben zu -bat korrigiert, und zwar wegen fanta. dixit wurde in der geläufigen Weise interlinear durch dicens ersetzt. Das Beispiel der Partizipialkonstruktionen zeigt deutlich den Primat des Althochdeutschen für Junius. Seine Eingriffe in den althochdeutschen Text sind als Emendationen zu verstehen, die er aufgrund vergleichender Fallstudien vornahm, um die vermeintlich korrekte Form herzustellen. Beim lateinischen Text war das nicht nötig. Fehler, Verschreibungen und Entstellungen sind hier selten anzutreffen, weshalb die Korrekturen des Junius nicht auf korrektes Latein zielen und auch nicht darauf, den Text nach einer bestimmten Quelle umzuformen. Wo Junius eingegriffen hat, sind weder Varianten des Vulgatatextes, nach dem der lateinische Tatian gestaltet wurde835, noch Eigentümlichkeiten des Codex Fuldensis als Quelle namhaft zu machen. Vielmehr zielen die Eingriffe auf die Kongruenz der beiden Textfassungen. Sein Verfahren ist ein vollständig handschrifteninternes. Das ist deswegen nachhaltig hervorzuheben, weil der lateinische Text auch Spuren einer gänzlich andersartigen Redaktion zeigt, worüber die Behandlung primärer Abweichungen Aufschluß geben wird. Nur ausnahmsweise hat Junius den Satzbau des Althochdeutschen dem Lateinischen angepaßt: 13. Cap. 32,3 (F. 48,11; Mt. 5,45) T. 145,29 super malos & bonos., ubar ubile inti ubar guote OT.79',5

fuper bonos et fuper | malos,

ubar ttbüe guate inti ubar | guote ubile,

Mit dem Positionstausch von ubile und guote durch Interlinearkorrektur führt Junius zugleich eine Lautvariante ein, die ihm wohl durch das häufige Zitieren von guat im Kommentar unterlaufen ist. Die Kor835

H. J. Vogels, Beiträge zur Geschichte des Diatessaron, S. 5-7.

Zum lateinischen Text

264

rektur wurde durch die lateinische Wortstellung des OT. veranlaßt, die von vornherein von T. abweicht. Auf das Beispiel wird im Zusammenhang mit den primären Textbesonderheiten noch zurückzukommen sein836. Das Korrekturverfahren des Junius, das hier anhand einiger Beispiele (vom Beginn der Handschrift) in seiner Vielfalt vorgeführt wurde, ändert sich im Verlauf der Handschrift nicht. Die strenge Ausrichtung am althochdeutschen Text bringt es mit sich, daß wirklich gewichtige lexikalische Korrekturen nicht zu verzeichnen sind. Junius beschränkte sich bei der Änderung des Wortbestandes auf das, was an Präpositionen, Konjunktionen, Pronomina und dergleichen sowie an Wortarten und Wortformen zu ändern war, um dem althochdeutschen Text möglichst genau zu folgen. Die Einfuhrung anderer lateinischer Wörter bleibt im Rahmen der Synonymie oder wenigstens der engen Bedeutungsverwandtschaft. Einige weitere Beispiele aus dem Verlauf der Handschrift seien noch stellvertretend für die vielen derartigen Eingriffe angefügt. 14. Cap. 44,8 (F. 53,15; Mt. 10,12) T. 169,1 Intrantes autem in domo Thanne ir ingang& thäz hus OT. 94r,22

Intrantes autem Quum thanne ir inganget thaz hus | intratis in domum,

Neben der Korrektur des Junius ist die lateinische Kasusvariante bei in domum bemerkenswert, die OT. mit Mt. gegen T. und F. gemeinsam hat, und zwar ohne jede Korrektur. Primärdivergenzen wie diese sind ein entscheidendes Merkmal des lateinischen OT.-Textes und werden in Teil IV.Β. gesondert abgehandelt. 15. Cap. 44,14 (F. 54,2; Mt. 10,22) T. 171,12 qui autem perseuerauerit in ther thuruhuuon& unzan | finem.' | enti OT. 97r,4

qui autem perfeueruerit ther thuruhuuonet unzan | qui perfeveraverit | enti, | ufque aö finem

In der ursprünglichen Fassung des OT. fehlt in finem, obgleich die althochdeutsche Entsprechung unzan enti vorhanden ist. Es dürfte 836

Kap. IV.B.b.l.a.

Eingriffe im Manuskript: Satzbau

265

sich dabei um einen Auslassungsfehler des Kopisten beim Zeilenwechsel handeln. Junius ersetzte die gesamte lateinische Zeile interlinear durch eine Fassung, in der autem wegen der fehlenden althochdeutschen Entsprechung fortgelassen wurde. Dafür konjizierte er ufque adfinem aufgrund von unzart enti. Die Wahl des Adverbs mit Präposition usque ad ist ein Indiz dafür, daß es sich um eine reine Konjektur nach dem Althochdeutschen handelt, da T., F. und Mt. in haben. Für Mt. wird in der Edition R. Webers lediglich die Variante usque ohne Präposition nachgewiesen, nämlich in den Handschriften sPGCrS». Die Entsprechung von usque ad und unzan wird im Kommentar837 mit einer Parallelstelle belegt. 16. Cap. 67,10 (F. 67,5f.; Lc. 14,26) T. 223,19

adhuc autem & animam inti noh nu sin ferah |suam

OT. 136", ,23

adhuc autem et atque adeo inti noh nu fin ferah, | animam fuam,

Junius scheint sich vor allem an der Parallelisierung von adhuc und inti gestört zu haben und nahm daher die dargestellte Interlinearkorrektur vor. Obwohl er dabei den Wortbestand änderte, bleibt auch diese Korrektur ganz im Rahmen der sinngemäßen Entsprechung und der Ausrichtung am althochdeutschen Text. 17. Cap. 68,1 (F. 67,25; Lc. 6,3) T. 225,22 & respondens ihesus ad eos tho antlingita ther heilant zi | dixit. |ίη inti quad OT. I39r,25

et respondens ad eos, dixit; tho antlingita ther heilant zi | Tunc refponöit Jefus | in, inti quaö; | ad eos, et dixit;

Junius glich das Lateinische einmal mehr dem Althochdeutschen an und nahm dabei die Ergänzung von Jefus vor, das dem OT. ursprünglich fehlt. Junius hat das Verfahren der Tatianbilingue, mit heilant den Eigennamen Jesus wiederzugeben, durchschaut und hält sich auch insofern streng and den althochdeutschen Text und an sein eigenes Verfahren, anstatt salutaris oder Ähnliches zu konjizieren. 837

OT. 96v.

266

Zum lateinischen Text

18. Cap. 182,7 (F. 147,6; Mt. 26,45) T. 601,30

adpropinquauit hora

nu nahlihhot thiu zit

OT. I93r,20

appropinquauit nunc apnu nahlihhot thiu zit | propinquat hora

Diesmal umfaßt die Interlinearkorrektur eine Ergänzung und das Tempus des finiten Verbs. Beides orientiert sich am Althochdeutschen. 19. Cap. 221,5 (F. 159,21; Io. 20,16) T. 665,18 dicit ei ihesus tho quad iru ther heilant OT. 232r,3

dicit ei Tunc dixit ei tho quad iru ther heilant;... |Jefus;...

Die Korrektur von Einleitungsformeln wie dieser hat Junius sehr häufig vorgenommen, um eine Entsprechung für tho und für das althochdeutsche Perfekt herzustellen. Ein gleichlautendes Beispiel folgt in OT. nur drei Zeilen später838. Nicht in allen Fällen gelangte Junius auf Anhieb zu einer befriedigenden Lösung. Das folgende Beispiel zeigt geradezu ein Ringen um eine angemessene Fassung, und zwar unter erschwerten Bedingungen. 20. Cap. 223,4 (F. 160,7; Mt. 28,11) T. 669,5 Quae cum abissent mittiu sio tho thanagiengun OT. 232V,10 qui cum vidiffcnt abi-

Mit thiu fie tho thana gienIjffent, |gun,

Die lateinische Zeile bildet den Zustand ab, den der Kopist hinterlassen hat. Die Ersetzung von vidiffent ist auf einen vorausgehenden Fehler zurückzuführen, der sich gewissermaßen in die Zeile fortgepflanzt hatte. Im vorhergehenden Text839 hieß es: Jte, nunciate fratribus meis, ut eant in Galileam, qui cum vidißent ibi videbunt me. Der Kopist hatte die dritte dieser Zeilen {ibi...) zunächst übersprungen und sie gleichzeitig mit dem eigentlich dorthin gehörenden Text

838

Cap. 221,6: T. 665,22; F. 159,23; Io. 20,17.

839

Cap. 223,3: OT. 232 v ,7-9; F. 160,5f.; Mt. 28,10. T. 669,2-4.

Eingriffe im Manuskript: Satzbau

267

(Z. 10) kontaminiert, genauer: videbunt mit abijlfent. So schrieb er vidißent statt abijffent. Er korrigierte das Überspringen der Zeile, indem er den falschen Text strich und auf freiem Raum in der Zeile ibi videbunt me eintrug. Diese Zeile hat in den übrigen Quellen840 die Wortstellung ibi me uidebunt. Dann folgte Cap. 223,4. Dort trug er zuerst den Text der zu früh gesetzten Zeile ein, orientierte sich dabei aber am kontaminierten Text, weshalb wiederum vidiffentm lesen ist. Nachdem der Kopist dieses Wort rechts daneben durch abijJTent ersetzt hatte, war der oben wiedergegebene Zustand erreicht. Daß OT. qui gegen quae in T., F. und Mt. hat, kann ein Fehler des Kopisten sein, der ein que der Vorlage falsch umsetzte, was aufgrund anderer e/z'-Abweichungen nicht ausgeschlossen und auch grammatisch möglich ist. Ebensogut kann es aber tatsächlich die Vorlage wiedergeben. Der althochdeutsche Text ist von den Problemen des lateinischen unberührt geblieben und entspricht T. Der lateinische Text, der auf diese einigermaßen komplizierte Weise zustande gekommen war, befriedigte Junius nicht. Nach dem Entschluß, den vierten Abschnitt mit qui beginnen zu lassen, folgte die Korrektur von qui zu Qui, wie es sich für einen Abschnittsbeginn gehörte. Die ganze lateinische Zeile erschien aber der althochdeutschen zu wenig zu entsprechen. Junius ersetzte zuerst Qui cum durch Quum igitur ab, wobei ab- als der Anfang einer Wortform von abire zu lesen ist. Diese Korrektur sollte offenbar dem althochdeutschen Text sehr eng folgen. Junius hat ihre Durchführung aber abgebrochen und das Geschriebene getilgt. Spätestens jetzt strich er auch das abijffent des Kopisten und schrieb interlinear neben die erste Korrektur: Abierunt itaque. Die Großschreibung von Abierunt beweist, daß es sich um eine zweite, eigenständige Version des Abschnittsanfangs handelte und die vorausgehenden Schritte richtig rekonstruiert worden sind. Doch auch mit dieser Fassung war Junius noch nicht zufrieden. Er tilgte sie und ersetzte aus Platzmangel nunmehr unterhalb der Zeile: Quum abiiffent. Was ihn dazu bewog, den ursprünglichen Plan, das Lateinische dem Althochdeutschen folgen zu lassen, aufzugeben und schließlich eine sehr kompakte Wiedergabe des Althochdeutschen zu 840

T. 669,4. F. 669,6. Mt. 28,10.

268

Zum lateinischen Text

wählen, ist unklar. An lateinischem Ausdrucksvermögen hat es Junius ganz sicher nicht gemangelt und auch das Althochdeutsche dürfte ihm an dieser Stelle kein Problem bereitet haben. Die Vorlage des OT. scheidet aus. Sie hatte sicher wie T., F. und Mt. einen relativischen Anschluß qui oder que, was sich gerade an der Selbstkorrektur des Kopisten ablesen läßt. Die Stelle zeigt im ganzen, daß Junius seine Bearbeitung nicht völlig mechanisch durchführte und aus gelegentlichen Varianten seines Verfahrens keine weitergehenden Schlüsse auf die Vorlage zu ziehen sind. Bisweilen machte Junius wie bei den Ergänzungen und Streichungen seine Eingriffe auch wieder rückgängig. Das entspricht den schon bekannten Charakteristika seiner Bearbeitungsweise, die ein Zeugnis seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Althochdeutsch und Latein ist und kein vollständig durchredigiertes, reinschriftliches Endprodukt hinterließ. 21. Cap. 44,8 (F. 53,16; Mt. 10,13) T. 169,4 & siquidem domus fuerit oba thaz hus uuirdig uuirdit |digna OT. 94',25

Et liquidem domus fuerit

oba thaz hus uuirdig uuirdit

|digna Junius hat das Durchgestrichene zuerst interlinear ersetzt, aber diesen Eintrag so kräftig getilgt, daß er sich nurmehr unsicher als Siquidem ea [...] lesen läßt. Immerhin ist erkennbar, daß dieser Eingriff dem üblichen Muster folgt. Darüber trug Junius wiederum die Ausgangsfassung ein. Anscheinend entschied er sich insbesondere gegen die Parallelisierung von liquidem und oba. Dagegen mochte ihm die ursprüngliche Fassung angemessener erschienen sein. 22. Cap. 44,23 (Sievers 44,22) (F. 54,29; Mt. 10,34) T. 175,1 Non ueni pacem mittere Ni quam ih zi thiu thaz ih | sibba santi OT. 97v,23

non veni pacem mittere

ni quam ih zi thiu thaz ih | fibba fanti

Junius fugte zunächst nach veni die Worte in hoc ein und ersetzte mittere durch ut pacem mitterem, ohne das ursprüngliche pacem zu streichen. Beabsichtigt war die Fassung: non veni in hoc ut pacem

Funktion des lateinischen Textes für Junius

269

mitterem als genaue Nachbildung der althochdeutschen Zeile einschließlich der Optativform von fanti. Davon zeugt der Kommentar841, der genau diese Version zur Erklärung der althochdeutschen Übersetzung bietet. Die Einfügungen wurden wieder gestrichen. Nur von mitterem wurde -m getilgt, so daß im ganzen der Ausgangszustand wiederhergestellt wurde. Die nicht erfolgte Streichung von pacem zeigt an, daß Junius sein Korrekturvorhaben vor dessen Vollendung abgebrochen hat und die Umgestaltung nicht erst später von anderer Hand rückgängig gemacht wurde. 23. Cap. 67,12 (F. 67,9; Lc. 14,28) T. 223,24f. Quis enim ex uobis uolens uuelih iuuer ist ther uuolle | turrem |turra asdificare.... zimbron... OT. 136v,29f.

Quis enim ex vobis volens uuelih iuuer ift ther uuolle | eft qui vult volens aedificare turrim, turra zimbron

Junius kehrte nach der Änderung von volens in eft qui vult schließlich zu volens zurück, indem er die Interlinearkorrektur tilgte und volens auf den verbleibenden Platz in der Zeile schrieb. In der Zeile oedificare turrim / turra zimbron hat sich der Kopist selbst korrigiert. Er hatte zunächst turra zimbron in die lateinische Spalte eingetragen und in der althochdeutschen mit dem lateinischen Text der nächsten Zeile nibi her weitergeschrieben, dann aber durch Streichung und Ersetzung auf dem verbliebenen Raum der Zeilen den Fehler beseitigt. Die Abweichung der Wortstellung von T., F. und Lc. kann auf einem Versehen bei der Korrektur beruhen, ebensogut aber der Vorlage entsprochen haben.

d. Zur Funktion des lateinischen Textes für Junius Die in den vorhergehenden Abschnitten vorgeführten Beispiele dürften genügen, um die Bearbeitung des lateinischen Textes durch Junius hinreichend zu erhellen. Es sollte auch deutlich geworden sein, daß man für die 841

OT. 96r.

270

Zum lateinischen Text

sekundär entstandenen Abweichungen aufgrund der im ganzen festzustellenden Systematizität kaum jemand anderen verantwortlich machen kann als ihn. Selbst wenn sich hinter der einen oder anderen Tilgung oder Korrektur eines Einzelbuchstabens doch eine andere Hand verbergen sollte, wäre diese nicht von der Bearbeitungsweise des Junius abgewichen. Die Gesamteinschätzung der sekundären Abweichungen bliebe dieselbe. Da Ms. Junius 13 unter anderem auch ein wichtiges Zeugnis der Rezeptionsgeschichte der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue ist und der lateinische Text dieser Bearbeitung für lange Zeit nachwirken sollte, sind weitere Gedanken darüber angebracht. Überaus häufig sind kleinere und größere Eingriffe des Junius in den lateinischen Text. Ihr wesentliches Ziel ist die Herstellung einer möglichst genauen Kongruenz der beiden Textfassungen. Dabei läßt sich nicht selten beobachten, daß Junius den lateinischen Text in eine Form brachte, die aus seiner Sicht dem althochdeutschen besser entsprach als die Version, die der Kopist niedergeschrieben hatte. Er änderte Wortformen, ersetzte Adverbien, fugte Pronomina ein, wo sie ihm im lateinischen Text zu fehlen schienen und griff auch in die Wortstellung ein. Die Vorrangstellung, die der lateinische Text im Sangallensis in jeder Hinsicht einnimmt842 und die sich im Ms. Junius 13 immerhin noch in der Anordnung der Kolumnen und in der Zeile-fiir-Zeile-Entsprechung der Texte spiegelt, ist Junius verborgen geblieben oder hat ihn wenigstens nicht von seiner Umgestaltung des Textes abgehalten. Für ihn hat der lateinische Text eine zwar nicht beliebige, aber doch untergeordnete, dem Verständnis des althochdeutschen dienende Funktion. Das ist dem Anlageprinzip des Sangallensis entgegengesetzt, das sich im Spiegel des Oxforder Apographs aber noch hinreichend sicher auch für die Vorlage annehmen läßt. Das vorrangige Interesse des Junius bestand in der Sammlung möglichst vieler Wortformen, die er im Kommentar ihren lateinischen Pendants zuordnete und Parallelen aus anderen volkssprachigen Denkmälern gegenüberstellte. An der Anpassung lateinischer Wortformen an die althochdeutschen und ihre Verwendung im Kommentar zeigt sich, daß sie für Junius die Funktionen zu übernehmen hatten, die in der modernen Lexikographie auf die Bedeutungsangabe, 842

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 99-101.

Funktion des lateinischen Textes fur Junius

271

die grammatische Bestimmung und gegebenenfalls die Angabe des Lemmas verteilt sind843. In der Art, wie Junius den lateinischen Text gegen dessen ursprüngliche Funktion behandelte und in der Tatsache, daß er es bei der Versammlung und dem Vergleich von Wortformen beließ, zeigen sich zugleich die Grenzen seiner Tätigkeit. Die Bildung von Flexionsparadigmen, die Untersuchung lautlicher Entwicklungen und schließlich die Ausarbeitung systematischer Grammatiken ist eine Angelegenheit späterer Forschung geworden844. Das akribische Sichten, Sammeln und in aller Regel korrekte Zusammenstellen zusammengehöriger Wortformen845 ist als Methode von Junius zwar nicht erfunden worden, da es auch schon in den Arbeiten seiner Vorgänger zu finden ist. Doch hat er es perfektioniert, auf ein bis dahin unerreicht umfangreiches Material angewandt, damit seine Ergebnisse auf eine erstaunlich sichere Basis gestellt und Maßstäbe für die Folgezeit gesetzt. Die Übersetzung des althochdeutschen aus dem lateinischen Text der Bilingue und vor allem der Vorrang des Lateinischen sind die beiden wesentlichen Merkmale der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue, die sie von älteren Bilinguen unterscheiden, bei denen selbständige Texte einander gleichrangig gegenüberstehen konnten, gleichrangig im Sinne kanonischer Gültigkeit und liturgischer Verwendbarkeit846. Intensive Eingriffe in den lateinischen Text zwingen daher zu einer besonders kritischen Beurteilung der betreffenden Änderungen. Ein vorschnelles Postulieren alter Quellen, nach denen Junius den Text korrigiert haben könnte, und das auch noch passend zum Althochdeutschen, sollte daher besser unterbleiben. Ein gleiches gilt für die damit einhergehende Unterstellung, der Kopist habe vorher nach eigenem Gutdünken den lateini-

843

Man vergleiche etwa R. Schützeichel, Althochdeutsch. Syntax und Semantik, S. 14-17. R. Schützeichel, Palaeographica et Onomastica, S. 198-201. 844 Hinweise bereits bei R. von Raumer, Geschichte der germanischen Philologie, S. 125f. Sieh auch J. Kerling, LEXeter '83 Proceedings, S. 99. E. G. Stanley, Franciscus Junius F. F. and His Circle, S. 163. 845

Sieh auch P. Ganz, Introduction, S. xii.

^ A . Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 93-101.

272

Zum lateinischen Text

sehen Text geändert, noch dazu fast stets auf die Fassung des Sangallensis hin. Die Häufigkeit der Eingriffe des Junius in den lateinischen Text prägt zu einem beachtlichen Teil schon den optischen Eindruck, den die Handschrift heute macht. Auch das mag dazu beigetragen haben, daß E. Sievers die Abweichungen zwischen der Oxforder und der St. Galler Handschrift im wesentlichen dem Junius anlasten wollte. Nichtsdestoweniger hat der lateinische Text in der Redaktion des Junius deswegen ein bemerkenswertes Nachleben gehabt, weil J. Ph. Palthen und J. Schilter ihn in dieser Fassung in ihre Ausgaben übernahmen und noch J. Schmeller ihm in seiner Edition des Sangallensis den Vorzug gab847. Die volle Erkenntnis der von den Vorstellungen des Junius und seiner Nachfolger abweichenden Anlageprinzipien der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue ist, darauf war schon hinzuweisen, erst der jüngeren Forschung gelungen. Zum Nachleben des lateinischen Textes des OT. gehört auch die Tatsache, daß viele der nachträglichen Eingriffe in die ersten Editionen des Tatian eingegangen sind. Außer dem lateinischen Text als solchem erhält auch seine Funktion fur Junius ein besonderes wissenschaftsgeschichtliches Gewicht. Selbst in der Ausgabe von E. Sievers848, der doch das Oxforder Apograph als textkritisch wertlos eingestuft und insbesondere die Änderungen des Junius am lateinischen Text verworfen hatte, finden sich noch Spuren dieser Textredaktion, obgleich er sich bemüht hatte, diese zu eliminieren. Wenige Beispiele mögen zur Verdeutlichung genügen. 1. Cap. 14,5 (F. 40,32; Mt. 3,17) τ. 113,5 & ecce uox de caelis OT. 49r,25

senu thö stemna quad fon |himile

Et ecce vox dicebat de senu thö ftemma quad fon | c§lis; dicens | himile;

dicebat ist von Junius gegen T., F. und Mt. einkorrigiert worden, und zwar aufgrund von ahd. ftemma quad. Dafür wurde am Zeilenende 847

P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 37f. E. Meineke, Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen, S. 413. 848 Tatian, S. XXI.

Funktion des lateinischen Textes für Junius

273

dicens getilgt, das gegen T. und F. steht, aber Mt. entspricht. E. Sievers849 hat dicebat von Junius übernommen, vermerkt aber nur das Fehlen des Wortes in F. 2. Cap. 13,5 (F. 38,31; Io. 1,10) T. 103,24

In hoc mundo erat.'

her uuas In therro uueralti'

OT. 40v,4

Jn mundo erat, her uuas in therro uueralt[i] 850 hoc fehlt bei E. Sievers , der es für F. vermerkt, bei Io. und im OT. Das -[;] ist nicht sicher, da es im Mittelfalz steht. 3. Cap. 19,5 (F. 43,15f.;Lc. 5,3) T. 125,8 ascendens autem in unam ärsteig her tho in einaz skef | nauem οτ.6Γ,9

Afcendens autem in unam Arfteig her tho in einaz |nauim |schef,

Junius hat autem getilgt und nach dem Vorbild von her tho durch ergo ipfe ersetzt. Bei E. Sievers851 ist Ascendens autem ipse zu lesen. Auf das Fehlen von ipse in F. wird hingewiesen. Tatsächlich liegt eine Mischredaktion von T./OT. und der Fassung des Junius vor. 4. Cap. 197,2 (F. 152,13f.; Io. 19,4) T. 627,13 Ecce adduco uobis eum ih leitu inan iu uz |foras OT. 208", 13 Ecce, adduco eum vobis Jh leitu inan iu uz, |foras Junius hat Jh durch Senu, ih ersetzt und sich dabei am Lateinischen orientiert. E. Sievers852 vermerkt das Fehlen von Senu. Die Konjektur geht letztlich auf Junius zurück. In die Edition des E. Sievers sind auch Relikte der Interpunktion des OT. eingegangen, etwa die auffälligen Klammern, mit denen in Cap. 21,9 der Einschub von Io. 4,2 umgeben wird, der parenthetisch zwischen Io. 4,1

^Tatian, S. 37 u. Α. 1. 850

Tatian, S. 32 und A. 5. Man vergleiche T. 102 (zu T. 103,24).

85l

Tatian, S. 42, Α. 1.

852

Tatian, S. 262 u. A. 7.

274

Zum lateinischen Text

und Mt. 4,12 steht853: (quamquam Ihesus non baptizaret, sed discipuli eius). Die Klammern sind im Lateinischen wie im Althochdeutschen gegen T. und F. gesetzt worden. Gerade an den sekundären Abweichungen läßt sich beobachten, daß die lateinischen Texte von OT. und T. ursprünglich in weitaus höherem Maße übereinstimmten, als das Oxforder Apograph es zunächst vermuten läßt. Dem falschen Eindruck einer vollständigen Identität muß jedoch vorgebeugt werden. Darüber wird im Folgenden zu handeln sein.

B. Textbesonderheiten Bei der Beurteilung des lateinischen OT.-Textes könnte man kaum einem größeren Irrtum unterliegen als der Annahme, er stimme abzüglich der offensichtlich sekundären Korrekturen und einer gewissen, stets zu erwartenden Fehlerquote mit dem Text des Sangallensis überein. Bei genauer Beobachtung zeigen sich vielmehr gerade an unverdächtig aussehenden, weil unkorrigierten Stellen Abweichungen im Wortlaut, die im folgenden als primär bezeichnet werden. Gemeint ist, daß sie von vornherein Bestandteil der Abschrift gewesen sind, womit über ihr tatsächliches Alter und ihre Herkunft noch nichts ausgesagt ist. Auch von Varianten dieser Art finden sich Spuren noch in der Ausgabe von E. Sievers, etwa in den folgenden beiden Beispielen, bei denen die entscheidenden Stellen kursiv hervorgehoben sind: 1. Cap. 5,11 (F. 34,18; Lc. 2,2) T. 85,11 praeside syriae cyrino, OT. 25r,i4

in Syria, ä praefide Cyrino;

In syriu fon demo grauen | cyrine in Siriu fon demo grauen | Cyrine

Hier wirkt bereits ohne Zutun des Junius der lateinische Text dem althochdeutschen angeglichen, der im T. lautet: In syriu fon demo grauen cyrine. Solche Stellen können Junius in der Einschätzung

853

E. Sievers, Tatian, S. 45. Ebenso OT. 67r,4f. Anders T. 131,5f. und F. 44,29.

Textbesonderheiten

275

bestärkt haben, die Charakterisierung der Abschrift als de verbo ad uerbum, wie sie im Titulus des OT.854 erfolgt, treffe zu. E. Sievers855 liest: a praeside Syrice Cyrino. Obgleich er die Wortstellung nach T. korrigiert hat, scheint mit α die Fassung des OT. noch durch. 2. Cap. 12,1 (F. 37,29; Lc. 2,41) T. 99,12 ... In die solle/wni... οτ.37Γ,ιο

die foläii...

E. Sievers856 liest solenni, wie auch vor ihm J. Ph. Palthen857. Auf dessen Auflösung der Kürzung und damit letztlich auf OT. ist die Lesung bei E. Sievers zurückzufuhren. 3. Cap. 72,1 (F. 69,12; Mt. 13,24) T. 231,19 ... Simile est regnum c§lo... gilih ist himilo rihhi |rum OT. 15Γ.29 Simile factum eft regnum Gilih ist himilo rihhi | c§lorum Der Kopist hat ohne jede Korrektur factum geschrieben. Junius hat es nicht getilgt. Es steht gegen T., stimmt aber mit F. und Mt. überein. E. Sievers858 hat es ohne Anmerkung in seinen Text aufgenommen. 4. Cap. 62,6 (F. 63,33; Mt. 12,29) T. 211,16 ... in domum fortis ... in hus strenges OT. 127V,15 in domo fortis ...

in hus ftrenges ...

859

Hier schreibt E. Sievers wie OT. domo und verzeichnet die Variante domum für F. Sie steht tatsächlich dort, aber ebenso in T.860 und Mt.

854OT 2' 2 855

Tatian, S. 23. Man vergleiche T. 84 (zu T. 85,11).

836

Tatian, S. 30.

857

Tatiani Alexandrini Harmoniae Evangelicae antiquissima Versio Theotisca, S. 28.

858

Tatian, S. 96.

859

Tatian, S. 85 u. A. 4

8i0

Sieh auch T. 210 (zu T. 211,16).

276

Zum lateinischen Text

Diese Beispiele stehen für unauffällige, gleichwohl primäre Abweichungen der lateinischen Texte in T. und OT. und deuten zugleich an, daß sich die jeweiligen Fassungen des OT. zu anderen Quellen stellen lassen. Somit verbietet es sich, die primären Abweichungen ohne Einzelprüfung als Fehler oder Zufälle abzutun. Die potentielle Tragweite solcher Stellen läßt sich an einer besonders augenfälligen, dennoch bisher in ihrer möglichen Bedeutung unbeachteten Textpassage zeigen.

a. Die Ahnenlisten in Cap. 5 Ε. Sievers861 weist auf das "Fehlen des grössten Teiles der Geschlechterregister im 5. Capitel" hin, das er für zufallig hält862. Es handelt sich um die Ahnenlisten Jesu863, die auf Mt. 1,1-16 und Lc. 3,34-38 864 zurückgehen. Doch der Zufall ist gewiß nicht die Ursache der Abweichung. Denn die Auslassungen zeigen ein deutlich erkennbares System. Das Gemeinte läßt sich am besten zeigen, wenn man die Ahnenlisten des Sangallensis gleichsam über die Fassung des Ms. Junius 13 legt. Das geschieht im folgenden dadurch, daß die Fassung des OT. halbfett wiedergegeben und die fehlenden Teile nach dem Sangallensis im Normaldruck ergänzt werden. [f. 19\l-29] Liber generationis Jefu Christi, filij Dauid, filij Abraham Abraham genuit Jsaac Jfaac genuit Jacob Jacob genuit Judam et fratres ejus Judas autem gibar phares & zara de thamar, Phares autem genuit esrom. Efrom autem genuit aram. M1

Buoch cunnes heilantesa) Christes Dauides Arnes, Abrahames funes Abraham gibar Jsaken Jfaac gibar Jacoben Jacob gibar Judam inti fine bruoder Iudas gibar phares Inti zara fon thamar, phares gibar esromen. esrom gibar aramen.

Tatian S. XX.

862

Sieh auch P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 57.

863

Cap. 5,1-5: T. 79, 9-32 und 81,1-32; OT. 19 v ,l-29 und 22',1-27.

864

T. 78. 80.

Textbesonderheiten: Ahnenlisten Aram autem genuit aminadab. Aminadab autem genuit naason. Naafon autem genuit salmon. Salmon autem genuit booz de rachab. Booz autem genuit obed ex ruth. Obed autem genuit Iesse. Jefle autem genuit dauid regem. Dauidb) autem res genuit Salomonem,

277

aram gibar aminadaben. aminadab gibar naasonen. naason gibar salmonen. salmon gibar boozen fon rachab. booz gibar obeden von ruth. obed gibar Iesse. Iesse gibar dauiden then cuning. Dauidb) therc) cuning"1' gibar6' | Salomonen

ex eä quae fuit Vrise0 Salomon autem genuit roboam. Roboam autem genuit abia. Abia autem genuit asa. Afa autem genuit Iosaphath. Jofaphat autem genuit Ioram Joram autem genuit oziam. Ozias autem genuit Ioatham Joathan autem genuit achaz Achaz autem genuit ezechiam. Jezechias autem genuit manassen. Manafles autem genuit ammon. Amon autem genuit Iosiam.

Salomon gibar roboamen. roboam gibar abia abia gibar asa asa gibar iosaphaten iosam gibar Ioramen Ioram gibar oziasen ozias gibar Ioathamen Ioatham gibar achazen Achaz gibar ezechiasen ezechias gibar manassesen manasses gibar ammonen ammon gibar Iosiasen

^heilant] zu Heilant korrigiert. - b)Dauid\ zu David korrigiert. - c)ther] fehlt OT. ^cuning] erstes -n- stark verkleckst. - e)gibar] g- stark verkleckst. - "ex... Vrice] Die Zeile fehlt T. Sieh dazu weiter unten. [f. 22r,l-27] Jofias autem8' genuit Jechoniamh) et |fratres ejus in tranfmigratione Babylonis Et post transmigrationem Babylonis Jechonias genuit Salathielem4. Salathiel. autem genuit zorobabel Zorobabel. autem genuit abiud. Abiud. autem geuit eliachim. Eliachim. autem genuit azor. Azor. autem genuit sadoch.

Jofias gibar Jecboniasenh) inti fine |buoder in tbero ferti zi Babiloniu, inti after tbero ferti zi Babiloniu, Iechonias gibar salathielen. salathiel gibar zorobabelen. zorobabel gibar abiuden abiud gibar eliachimen eliachim gibar azoren azor gibar sadochen

278

Zum lateinischen Text

Sadoch. autetn genuit achim. Achim, autem genuit eliud. Eliud. autem genuit eleazar. Eleazar. autem genuit mattan. Mathan. autem genuit Iacob. Jacobus genuit Jofeph uirum1' Mariae de qua natus eft Jefus quik) voca| tur1' Chriftus Abraham autem fuit filius Tharae Qui fuit Nachor; Qui fuit Seruch. Qui fuit Ragau. Qui fuit Phales. Qui fuit Heber. Qui fuit Sale. Qui fuit Cainan. Qui fuit Arphaxat. Qui fuit Sem. Qui fuit No» Qui fuit Lamech. Qui fuit Matufalae Qui fuit Enoch. Qui fuit Jareth. Qui fuit Malelehel. Qui fuit Cainan. Qui fuit Enos. Qui fuit Seth, Qui fuit Adam Qui fuit Dei.

sadoch gibar eliachimen eliachim gibar eliuden eliud gibar eleazaren eleazar gibar mathanen mathan gibar Iacoben Jacob gibar Jofeben gomman Mariun fon thero giboran ift heilant thie thar | ist ginemnit Chrift Abraham uuas fun Thare Ther uuas Nachor. Ther uuas Seruh. ther uuas ragau. ther uuas phaleg ther uuas eber. ther uuas salae. ther uuas cainan. ther uuas arfaxat. ther uuas sem. ther uuas noe. ther uuas lamech. ther uuas matusal? ther uuas enoch. ther uuas Iared. ther uuas malelehel ther uuas cainan. Ther uuas Enos. ther uuas Seth. Ther uuas Adam, ther uaas Gotesm).

g)

autem] fehlt OT. - h) Jechoniam, Jechoniafen] Jeweils unterhalb von -choni- unterstrichen. Über Jechoniafen ein Asterisk. - l)Salathielem] -em gestrichen - s)uirum] Erstes u- zu v-korrigiert. - k)qui] -u- stark verkleckst und von einem bogenförmigen Strich durchschnitten - \ocatur] vo- aus Korrektur, -at- stark verkleckst. - m)Gotes\ G- aus g- korrigiert, möglicherweise vom Kopisten. Die Abstammungslisten sind in weiten Teilen durch Aufzählungen nach den folgenden beiden Syntagmentypen gekennzeichnet: (1) Α autem genuit Β II Α gibar BUi (2) qui fuit X. qui fuit Fll ther uuas X. ther uuas Y*66 A, B, Xund Y stehen fur die jeweiligen Personennamen. In der St. Galler Handschrift bildet ein Syntagma jeweils eine Zeile, so daß eine lange Abfolge parallel gestalteter Zeilen entsteht, die sich nur durch die Personennamen unterscheiden. Im OT. wurden dort, w o die Zeilen nach Muster (1) genau parallel gehen, bei den Wiederholungen des Musters lediglich die Personennamen A, mithin die Subjekte, in der lateinischen 865

T. 79,10-21; 81,1-18. T. 81,23-32.

866

Textbesonderheiten: Ahnenlisten

279

Kolumne jeweils am Zeilenanfang aufgelistet867. Dort, wo genauer Parallelismus nach Muster (2) vorliegt, wurde bei den Wiederholungen des Musters die lateinische Zeile komplett wiedergegeben, während die althochdeutsche leer bleibt868. Erst die abschließenden beiden Zeilen sind wieder gefüllt. Auch die letzten beiden Zeilen, die die Liste abschließen, sind im OT. vollständig. Im übrigen werden die Zeilen nur dort vollständig geboten, wo sich der Wortlaut ändert und damit keine Wiederholung von Parallelen besteht869. Es ist offensichtlich, daß dieses Verfahren zur Ersparnis von Schreibarbeit diente. Ob der Kopist hier seinen Aufwand verringert hat oder ob bereits die Vorlage nach diesem Verfahren gestaltet war, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Junius hat die fehlenden Stellen nicht ergänzt. Er hat lediglich Teile der ersten vier Zeilen von OT. 22r im unteren Viertel von OT. 19vb870 eingetragen, wobei er versehentlich zuerst mit der lateinischen Zeile Josias genuit begann, dann aber mit der althochdeutschen Entsprechung fortfuhr, sodann das im OT. nicht ausgeführte fehlende Jechonias gibar Salathielem nach dem gegebenen Muster wohl selbst ergänzte, schließlich aber den gesamten Eintrag wieder strich. Sein Kommentar gibt keinen Hinweis auf die Ursache der Auslassungen. Er nutzt die geringe Dichte kommentierenswerter Appellative zu einer ganzseitigen Abhandlung über das Wort buohm, äußert sich auch zum Syntagma in thero ferti babiloniu, zu gomman und notiert die Tatsache, daß Jesus mit heilant wiedergegeben wird872. Paralleltexte werden nicht beigefügt. Die entsprechenden Seiten873 sind leer. E. Sievers Rede vom "Fehlen des grössten Teiles" ist insofern ungenau, als kein Satz des Sangallensis wirklich im OT. fehlt. Es wurden lediglich die Parallelensyntagmen in der beschriebenen Weise verkürzt. M7

OT. 19v,6-15 und 18-29; 22,5-14. Man vergleiche T. 79,13-23 und 25-32; 81,1-4 und 81,9-18. 868OT 22r, 19-25. Man vergleiche T. 81,23-30. 8 6 9

O

T

1 9

V

( 1

_

5 ;

1

6

( N I C H T

A B E R

1

7

)

U

N

D

22',1-3

gleiche T. 79,9-12 und 24; 81,5-8 und 19-23. 870

Zwischen Z. 24 und Z. 26.

871

OT. 20'.

872OX 2lv. 873

OT. 20v; 21'.

(4 nur lateinisch); 15-18. Man ver-

280

Zum lateinischen Text

Das im OT. fehlende de thamar874 ist kein Gegenargument, weil es syntaktisch und inhaltlich zu Iudas autem genuit phares & zara875 gehört, was im Sangallensis auch durch das erst nach thamar gesetzte Komma verdeutlicht wird. Der ganze Satz hätte im Sangallensis nicht eine Zeile gepaßt und wurde deshalb umgebrochen. Er ist im OT. durch Judas repräsentiert. Doch die hinter diesem Repräsentationsverfahren erkennbare Übereinstimmung des Textbestandes ist nicht die einzige Gemeinsamkeit. Im Sangallensis ist im lateinischen Text in Cap. 5,3 an der Stelle: T. 81,14f. sadoch autem genuit achim. sadoch gibar eliachimen achim autem genuit eliud. eliachim gibar eliuden der Name eliachim zweimal durch Rasur von eli- zu achim korrigiert worden876. Nach dem oben beschriebenen Muster (1) bleiben im OT. davon als Repräsentanten der vollständigen Zeile nur die lateinischen Namen Sadoch und Achim*11. Das heißt, daß OT. trotz der Verkürzung die Form des Sangallensis nach deren Korrektur bietet, und zwar seinerseits ohne Korrektur. Ansonsten stimmen die Namenformen in beiden Handschriften mit Ausnahme der vollständig durchgeführten Großschreibung im OT. bis auf unwesentliche Abweichungen überein. Bemerkenswert ist auch, daß in beiden Handschriften der Beginn des Uber generationis durch vergrößerte Initialen besonders ausgestaltet ist. Dabei ist im Sangallensis wie im Ms. Junius 13 die Initiale in Liber etwas größer ausgeführt als die in althochdeutsch Buoh. Die Ahnenliste birgt neben diesen grundsätzlichen Übereinstimmungen auch eine überaus wichtige Abweichung. Im lateinischen Text von Cap. 5,2 findet sich eine Zeile, die im Sangallensis nicht überliefert ist. Sie ist im folgenden halbfett hervorgehoben:

874OT 19v>7; x 873

T. 79,13f.

876 877

Sieh T. 80.

OT. 22r,10f.

79)14

Textbesonderheiten: Ahnenlisten

281

Τ. 79,24-26

dauid autem rex genuit salomodauid ther cuning gibar salomo|nem. |nen. Salomon autem genuit roboam. Salomon gibar roboamen. roboam autem genuit abia roboam gibar abia.

Nach Muster (1) wird im OT. daraus: OT. 19v, 16-19

Dauid autem rex genuit Salomo- Dauid cuning gibar Salomonen |nem ex ea quae fuit Vriae Salomon Roboam Mit ea ist ist Batseba gemeint, die Frau des Uria878. Zwischen Dauid und cuning fehlt im OT. ther. Die zusätzliche lateinische Zeile ist gänzlich unkorrigiert, aber um etwa zwei Buchstaben eingerückt. Sie fehlt im Sangallensis, ist aber im Fuldischen Codex Bonifatianus 1 enthalten879, aus dem der lateinische Text des Sangallensis ansonsten in detailgetreuer Übernahme bezogen wurde880, und auch an der zugrundeliegenden Stelle der Vulgata881. Es wäre zwar theoretisch möglich, daß sie eine versehentliche Zutat des Kopisten aufgrund seiner Kenntnis des Bibeltextes ist. Ein solcher nur irrtümlicher Zusatz aus dem Gedächtnis hätte ihm jedoch selbst auffallen müssen und ihn wohl eher zu einer Korrektur veranlaßt. Wenn daher die Einfügung eine bewußt durchgeführte Textkorrektur ist, so scheint es sich um einen planvollen Vorgang zu handeln. Die festgestellten Übereinstimmungen der Ahnenliste mit dem Sangallensis, insbesondere die Übernahme der korrigierten Namenform Achim, sprechen dafür, daß der Kopist auch bei den Ahnenlisten den Textbestand seiner Vorlage nicht einfach willkürlich verändert hat.

878

Sieh 2 Sm. 11.

879

F. 33,6. Man vergleiche E. Sievers, Tatian, S. 21, A. 2.

®°Man vergleiche A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 91f. (mit weiterer Literatur).

^'Mt. 1,6.

282

Zum lateinischen Text

Dagegen kann die Einrückung kann nicht als Kennzeichen einer eigenständigen Hinzufügung beurteilt werden. Sie wird an einer zweiten Stelle882 erneut eingesetzt, die beide Handschriften gemeinsam haben, nämlich bei dem erklärenden Zusatz de quä natus eft Jefus qui vocatur Chriftus. Dieser beschließt den ersten Teil und ist ebenfalls eingerückt, während ansonsten die linksbündige Textausrichtung streng gewahrt ist. Die Einrückung wird vom Kopisten mithin zur Verdeutlichung des syntaktisch Zusammengehörigen eingesetzt und spricht eher dafür, daß die zusätzliche lateinische Zeile mit Bedacht geschrieben wurde. Die Frage, warum die genannte Zeile nicht in den Sangallensis übernommen wurde, wird sich nur mit Hilfe des Bonifatianus klären lassen und ist auch für die Genese des Sangallensis von Interesse. Die Edition E. Rankes883 bestätigt den Textbefund, gibt aber ansonsten keine Hinweise. Die beschriebenen Textverkürzungen fallen völlig aus dem Rahmen des Bildes, das das Apograph ansonsten bietet. Der Kopist ging durch die Wiedergabe der unvollständigen Zeilen mit dem vorhandenen Platz sehr großzügig um, während er sich doch sonst bemühte, die Zeilen möglichst zu füllen. Wenn er sich lediglich Schreibarbeit hätte ersparen wollen, hätte er den Text sicher stärker zusammendrängen können. Die Art, wie er den Text darbot, könnte auch von daher ihren Grund im Aussehen der Vorlage haben. Die Art der Verkürzung macht ganz den Eindruck eines Entwurfs, der die noch auszuführenden Teile hinreichend genau andeutet, um mit Hilfe des Bibeltextes lückenlos vervollständigt werden zu können. So wäre es möglich, daß die Ahnenliste als Indiz dafür in Betracht zu ziehen, daß die Vorlage des OT. auf einem Konzept beruht und nicht auf einer Reinschrift, wie sie im T. vorliegt. Dieses Konzept stünde dem Aussehen nach T. sehr nahe, ohne mit ihm identisch zu sein. Dazu würden auch das Nebeneinander von erschließbaren Übereinstimmungen und Unterschieden des T. mit der Vorlage des OT. passen, die oft gerade in den Fehlern und Brechungen des OT. erkennbar sind. Weitere Beobachtungen ähnlicher, wenngleich unauffälligerer Art sind möglich und sollen zeigen, als was die Oxforder Abschrift zu betrachten sei: als Textzeuge, der auf einem Konzept des T. beruht oder als 882

T. 81,20f.; OT. 22', 16.

883

F. 33,6; F. 468 (Commentarius diplomaticus).

Textbesonderheiten: Wortlaut

283

Zeuge einer jüngeren Bearbeitung, durch die der Blick auf die Abkunft aus einer alten Quelle dennoch nicht gänzlich verbaut wird.

b. Abweichungen im Wortlaut Primäre Abweichungen im lateinischen Wortlaut betreffen die Wortstellung, lexikalische Varianten und Wortformvarianten. Die Wortstellungsvarianten sind weniger zahlreich als die übrigen Primärabweichungen. Sie eignen sich deshalb, zunächst einmal die mit der Analyse verbundenen Probleme darzustellen und zu begründen, in welcher Weise das Material klassifiziert werden kann, um trotz der bekannten Quellenlage zu Rückschlüssen auf die Genese des OT. zu gelangen. Die so gewonnene Methode erlaubt es dann, dem wesentlich umfangreicheren Bestand der übrigen Varianten mit einer kompakteren Darstellung gerecht zu werden. Obgleich sich in der bisherigen Darstellung immer wieder gezeigt hat, daß das Oxforder Apograph trotz allen Eingriffen eine Bilingue desselben Typs ist wie der Codex Sangallensis, wäre es eine vorschnelle Entscheidung, daraus sogleich und ohne weitere Prüfung die ursprüngliche Zusammengehörigkeit des lateinischen und des althochdeutschen Textes in dieser Überlieferung abzuleiten und als stillschweigende Voraussetzung in die weiteren Betrachtungen eingehen zu lassen. Wenn auch die Anordnung der beiden Textfassungen und die zeilenweise Entsprechung einen solchen Schluß nahelegen, so sind wegen der vielen ursprünglichen Abweichungen vom Sangallensis für eine unvoreingenommene Analyse auch noch gänzlich andere Möglichkeiten mitzubedenken, die wenigstens gedanklich durchgespielt werden müssen, bevor sie ausgeschlossen werden können. Es wäre immerhin denkbar, daß die beiden Textfassungen getrennt überliefert worden sind und erst in der Vorlage des OT. oder gar bei der Anfertigung des Apographs zueinander gestellt worden wären. Da B. Vulcanius, dem man eine Einflußnahme auf die Gestalt des Apographs einräumen wird, nach Ausweis seiner Textproben das Anlageprinzip der Bilingue nicht erfaßt zu haben scheint, könnte eine Zusammenfugung sogar eher für die Vorlage oder für einen noch früheren Zeitpunkt angenommen werden. Naturgemäß lassen sich darüber aus heutiger Sicht

284

Zum lateinischen Text

umso weniger begründete Aussagen machen, je weiter man eine mutmaßliche Zusammenfugung beider Textfassungen in die Vergangenheit zu verlegen geneigt ist. Doch auch ohne die Annahme einer getrennten Überlieferung, bei der das erhaltene Gestaltungsprinzip der Bilingue kaum erklärbar erschiene, wäre es denkbar, im lateinischen Text des OT. einen anderen Text zu erblicken als den, der möglicherweise noch in der Vorlage dem althochdeutschen gegenübergestanden hat. Der lateinische Text der Vorlage kann durch einen Text aus einer unbekannten Tatianredaktion ersetzt worden sein. Das ist nicht unmöglich, da die handschriftliche Überlieferung des lateinischen Tatian durchaus beachtlich ist884. Das Motiv für einen solchen Textersatz könnte etwa darin bestanden haben, daß er der althochdeutschen Übersetzung besser zu entsprechen schien als der zusammen mit dieser überlieferte, oder daß er einen vermeintlich besseren lateinischen Text bot. Eine Annahme, die weit aus weniger gezwungen erscheint als die einer Getrenntüberlieferung oder einer Ersetzung des gesamten lateinischen Textes, ist die einer intensiven Bearbeitung, die in Teilen womöglich vor die Anfertigung des Apographs zurückreicht. Eine solche Annahme kann am ehesten die Gestalt des Apographs erklären. Sie ermöglicht eine sinnvolle Erklärung der Textdivergenzen ebenso wie der Übereinstimmungen. Überdies bestehen Chancen, Spuren einer solchen Bearbeitung im OT. nachzuweisen, während Vorstellungen von einer Getrenntüberlieferung zu viele Spekulationen erforderlich machen. Nach Lage der Dinge können die Anhaltspunkte für die Beurteilung des lateinischen Textes nur aus der Handschrift ermittelt werden. Daher ist zunächst eine Bestandsaufnahme vonnöten, die sich aus einem Vergleich der lateinischen Texte des OT. und des T. ergibt. Dabei lassen sich drei mögliche Ursachen für die Abweichungen unterscheiden. Erstens kann bereits die Vorlage des OT. von vornherein vom Sangallensis abgewichen sein. Dann hätte der Kopist lediglich übernommen, was er vorfand. Wenn man nicht fortwährend Fehler und Zufälle unterstellen will, würde das auf eine andere Textredaktion hinweisen, deren Alter das der Vorlage überträfe.

^W. L. Petersen, Tatian's Diatessaron, S. 464-470.

Textbesonderheiten: Wortlaut

285

Zweitens ist auch für den lateinischen Text mit Fehlern des Kopisten zu rechnen. Gerade seine erkennbar größere Vertrautheit mit dem Lateinischen mag Wortumstellungen gelegentlich begünstigt haben, die von der lateinischen Syntax ja durchaus zugelassen werden. Man wird ihm auch zutrauen können, die eine oder andere lateinische Wortform versehentlich geändert zu haben, jedoch so, daß wiederum eine korrekte Form entstand, oder gelegentlich Pronomina ausgetauscht zu haben, etwa eum gegen illum. Ebenso sind Fehler aufgrund von Unleserlichkeit denkbar. Das Gros der Fälle läßt sich jedoch nicht auf diese Weise erklären. Drittens kann bereits die Vorlage bearbeitet worden sein. Eine solche Annahme ist dann plausibel, wenn sich für die Textabweichungen Quellen namhaft machen lassen oder sich ein System darin erkennen läßt. Wenn man bedenkt, wie intensiv Junius in den lateinischen Text der Abschrift eingegriffen hat, wäre auch an eine mögliche Bearbeitung der Vorlage durch Vulcanius zu denken, deren Ergebnisse, auf welcher Stufe der Vollendung auch immer, in die Abschrift eingegangen wären. Nach den bisher am Text erarbeiteten Befunden ist damit zu rechnen, daß sich die Abweichungen aus allen drei genannten Quellen speisen. Im folgenden wird versucht, Indizien dafür in den verschiedenen Abweichungsarten zu finden und ihr Verhältnis zueinander zu bestimmen. Die Abweichungen der lateinischen Texte weisen in verschiedene Richtungen. In einem erheblichen Teil der Fälle läßt sich eine Übereinstimmung des OT. mit Textvarianten der Vulgata konstatieren. Zu den Rückgriffen auf Textvarianten der Vulgata in der folgenden Darstellung ist zu bemerken, daß außer auf die Handschriften885 nur explizit auf die Editio Sixto-Clementinam der Vulgata hingewiesen wird, nicht aber auf Lesarten in modernen Editionen wie deijenigen von J. Wordsworth, H. J. White und H. F. D. Sparks887. Während die Sixto-Clementina in ihren verschiedenen Fassungen von a. 1592-1598 nämlich gerade noch als Quelle für eine Überarbeitung des Textes nach der Vulgata in Betracht

^Zu den Besonderheiten der Handschrift S sieh B. Fischer, Beiträge zur Geschichte der lateinischen Bibeltexte, S. 230f„ A. 192 undB. Bischoff, Mittelalterliche Studien III, S. 101-111. ^Sigle t. Zu den besonderen Problemen der Sixto-Clementina sieh K. Aland, Philologie Sacra II, S. 667f. ^Sigle ο.

286

Zum lateinischen Text

kommt, ist das bei Ausgaben, die nach dem Tode des B. Vulcanius erschienen sind, naturgemäß nicht möglich. Da B. Vulcanius die Anfertigung des Apographs veranlaßt hatte, ist mit seinem Tod der Terminus ante quem der Entstehung der Abschrift gegeben. Eine zweite Gruppe wird durch diejenigen Fälle gebildet, in denen der lateinische Text des OT. so vom Sangallensis abweicht, daß er als dem althochdeutschen angepaßt erscheint. Da man zumindest bis in die Zeit des Junius die althochdeutsche Fassung für einen als Wort-ftir-WortÜbersetzung intendierten Text hielt, können in diesen Fällen Indizien erblickt werden, den Text noch stärker als vermeintlich ohnehin schon nach diesem Prinzip auszurichten. Dabei ist daran zu erinnern, daß Junius ganz ähnliche Eingriffe vorgenommen hat, um den lateinischen Text so gut als möglich als Verständnishilfe für das Althochdeutsche zu überformen. Die lateinischen Divergenzen, die auf das Althochdeutsche hinweisen, sind womöglich Zeugen einer gelehrten Textrevision, über deren Alter allerdings nichts Sicheres gesagt werden kann. Die dritte Abweichungsgruppe läßt sich nicht ohne weiteres auf eine eindeutige Quelle zurückführen. Fälle dieses Typs werden im folgenden als Sonstige bezeichnet und scheinen heterogener Herkunft zu sein. Ihre Einschätzung bedarf einiger Vorüberlegungen. Es ist damit zu rechnen, daß der Kopist gelegentlich Wörter durch Synonyme ersetzt hat. Ein solcher Synonymentausch ist beim Abschreiben vor allem bei Kleinwörtern wie Präpositionen oder Demonstrativpronomen möglich. Da er den Text nicht notwendig entstellt, kann er leicht unbemerkt bleiben. Gerade die Sicherheit des Kopisten im Umgang mit dem Lateinischen und seine anzunehmende Vertrautheit mit vielen der Textstellen vergrößert die Gefahr solcher Abweichungen. Die Vertrautheit mit der Sprache, dem Inhalt des Textes und mit charakteristischen Formulierungen kann zu einem Nachlassen der Aufmerksamkeit führen, insbesondere wenn Text in einer weniger geläufigen Sprache hinzutritt, dessen Abschrift viel Konzentration erfordert. An einigen Stellen scheint der Vulgatatext beim Synonymentausch einen Einfluß gehabt zu haben, nämlich dort, wo die Abweichung nicht zu einem Wort des T. synonym ist, wohl aber zu einer Vulgatavariante an gleicher Stelle. Ob alles, was äußerlich als Synonymentausch beschrieben werden kann, dem Kopisten anzulasten ist, bereits der Vorlage angehört hat oder das Ergebnis von Eingriffen in die Vorlage ist, kann im ein-

Textbesonderheiten: Wortlaut

287

zelnen nur vermutet werden und ist aufgrund der Überlieferungsumstände letztlich nicht aufzuklären. Ein weiterer Einflußfaktor kann in unbekannten Evangelienredaktionen bestehen. Dabei ist bereits hier anzumerken, daß die zitierten Handschriften lediglich wichtige Texttraditionen repräsentieren, daß aber nicht daraus geschlossen werden kann, welche der mannigfachen Redaktionen bei einer Bearbeitung des Textes durch den Kopisten und womöglich auch vor dessen Wirken herangezogen worden sind. Immerhin kommen Varianten an Textstellen, deren zugrundeliegender Vulgataabschnitt Sondergut des jeweiligen Evangelisten darstellt, als Indizien für eine solche abweichende Redaktion in Frage. Ferner ist damit zu rechnen, daß Parallelformulierung in anderen biblischen Büchern, in liturgischen oder sonstigen theologischen Texten Varianten begünstigt haben können. Was die beiden letztgenannten Textarten betrifft, so wird hier auf den Versuch der Hinzuziehung möglicher derartiger Quellen verzichtet. Denn das könnte nur sehr spekulativ geschehen. Wohl aber werden gegebenenfalls Hinweise auf Formulierungen an anderen Bibelstellen gegeben. Das erscheint gerechtfertigt, da die Vulgata, wie noch gezeigt werden wird, auch sonst als Quelle von Textänderungen in Frage kommt und als solche auch vom Kopisten herangezogen worden ist. Auch andere als die unmittelbar einschlägigen Evangelienstellen können dem Kopisten oder einem Bearbeiter geläufig gewesen sein (man denke etwa an die Psalmen) und so zu Änderungen am Text verleitet haben. Ob das jedesmal mit Absicht geschah, muß in der Regel offen bleiben. P. Ganz888 hat bei der Besprechung lateinischer Abweichungen auch Fassungen der Vetus Latina herangezogen. Es ging ihm darum, vor dem Hintergrund der damaligen Diatessaronforschung die Hypothese zu erhärten, daß der Oxforder Tatian auf einer ganz anderen Texttradition beruhe als der Codex Sangallensis. Bereits J. Rathofer889 hatte sich sehr kritisch zur Analyse des lateinischen Textes durch P. Ganz geäußert. Inzwischen hat sich der Erkenntnisstand über die Abhängigkeitsverhältnisse von T. und F. in der bekannten entscheidenden Weise geändert. ^PBB. 91 (1969) S. 59-71. ""Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter, S. 277, A. 79; S. 302. Man vergleiche auch J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 115.

288

Zum lateinischen Text

Insbesondere ist davon auszugehen, daß die Oxforder Abschrift nicht auf einer vollständig vom Sangallensis unabhängigen Tradition beruhen kann, eine Position, der sich auch P. Ganz890 neuerdings anzunähern scheint. Die stemmatische Position der Vorlage des OT. ist in einem Teil einer ansonsten weitgehend verschollenen Textfiliation zu suchen, deren Ursprung, in welcher Nähe oder Ferne auch immer, der Codex Sangallensis ist. Daraus folgt, daß Einwirkungen auf den lateinischen Text des OT. nicht beliebig weit in der Geschichte des lateinischen Bibeltextes gesucht werden dürfen. Insbesondere gebietet es die lange Zeitspanne zwischen T. und OT., nicht zu jeder Parallele zwischen OT. und der lateinischen Bibeltradition einen ursächlichen Zusammenhang zu konstruieren. Auch die Überlieferung der Vulgata des Neuen Testaments ist derart komplex und vielschichtig, daß bei der Festlegung der Herkunft lateinischer Varianten höchste Vorsicht geboten ist. Dazu wird bei der Analyse von Varianten, die sich mit der Vulgata in Verbindung bringen lassen, noch mehr zu sagen sein. Das Verfahren, mit dem J. Rathofer die tatsächlichen Zusammenhänge zwischen F. und T. klären konnte, bestand gerade darin, Quellen heranzuziehen, die sich in einen direkten Zusammenhang mit der Herstellung des T. bringen lassen, und nicht zu zeitlich oder räumlich beliebig Fernliegendem zu greifen. So benutzte er891 sechs Evangelienhandschriften Fuldischer Provenienz, die tatsächlich bei der Herstellung des T. vorgelegen haben können, um die Bearbeitung des von F. überlieferten Textes in Fulda nachzuweisen892. Ganz und gar zurückzuweisen sind schließlich Versuche, durch das kombinierte Heranziehen alter Bibelüberlieferung verschiedenster Art und junger Diatessaronüberlieferung Erklärungen für die Textabweichungen des OT. zu konstruieren. So hatte P. Ganz893 auch das Lütticher Diatessaron894 in die Überlegungen einbezogen, in dem man seinerzeit ^Introduction, S. xvi. W1

J. Rathofer, Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter, S. 288. ^Sieh auch B. Fischer, Beiträge zur Geschichte der lateinischen Bibeltexte, S. 217f., A. 156a; A. 156b. E. Meineke, Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen, S. 408f. ^PBB. 91 (1969) S. 59-72. ^Dazu W. L. Petersen, Tatian's Diatessaron, S. 171-195.

Textbesonderheiten: Wortlaut

289

einen Schlüssel für die Aufklärung der Überlieferungsverhältnisse des Sangallensis erblicken wollte895. Den diesbezüglichen Feststellungen J. Rathofers896 über die methodische Untauglichkeit dieses Vorgehens ist nichts hinzuzufügen. W. L. Petersen897 hat Geschichte und die Methoden der Forschung um das Diatessaron Tatians nachgezeichnet. Auch hier898 ist zu beobachten, daß in bezug auf den Codex Sangallensis und den OT. die von J. Rathofer geäußerte Kritik an den von P. Ganz899 wiederholten Positionen sich noch nicht in genügendem Maße durchgesetzt hat. Dabei werden J. Rathofers Argumente von W. L. Petersen900 präzise referiert und kritisch beleuchtet, wobei W. L. Petersen die weiterführenden Forschungen A. Massers noch nicht berücksichtigt hat und sein Interesse auch nicht in erster Linie den germanistischen Aspekten des Problems gilt. Für die Herkunft eines so späten Zeugen wie des lateinischen Textes im OT. wird man aber unter den gegebenen Überlieferungsbedingungen nicht einfach die Kriterien übernehmen können, die in der sonstigen Diatessaronforschung benutzt werden901. Einstweilen sind folgende grundsätzlichen Möglichkeiten festzustellen: 1. Der ursprüngliche lateinische Text der Vorlage des OT. oder deren Vorlage wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt der Überlieferung aus unbekannten Gründen durch einen anderen Text ersetzt. Die Gründe könnten in erheblichen Textverlusten beim Lateinischen oder in einer Unzufriedenheit mit der lateinischen Fassung bestehen. Bei dem Ersatztext könnte es sich um eine Neukompilation aus verschiedenen lateinischen Quellen gehandelt haben, die auf die althochdeutsche Textfassung zugeschnitten worden wäre, um eine Fassung des lateinischen Tatian aus einer lateinischen Tatianhandschrift oder um die Redaktion einer solchen Fassung. Das ließe in der Tat einen gewissen Spielraum für die Vermutung altlateinischer Texteinflüsse. Es ist jedoch offenkundig, "5Ε. Meineke, Kloster Fulda in der Welt der Karolinger und Ottonen, S. 404f. 896 PBB. 95 (1973) S. 117. Sieh auch J. Rathofer, Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter, S. 285. ^Tatian's Diatessaron. m

W . L. Petersen, Taüan's Diatessaron, S. 87-89; S. 93-97.

""Introduction. 900

W. L. Petersen, Tatian's Diatessaron, S. 301-309.

90I

W. L. Petersen, Tatian's Diatessaron, S. 373-377.

290

Zum lateinischen Text

ein welch hohes Maß an rein spekulativen Voraussetzungen in Kauf genommen werden müßte, um diese Annahme ernsthaft zu vertreten. Textverluste etwa durch Verderbnisse des Überlieferungsträgers allein für das Lateinische anzunehmen, wären bei einer doppelseitigen Benutzung des BeschreibstofFs rein technisch kaum plausibel. Eine Unzufriedenheit mit dem Wortlaut des lateinischen Textes wäre schon eher denkbar. Doch wäre dann ein kompletter Austausch des lateinischen Textes wohl weniger naheliegend als dessen Überarbeitung. Schließlich bliebe zu erklären, warum noch die im OT. vorliegende späte Abschrift das Prinzip der Zeile-für Zeile-Übersetzung bei Linksstellung des Lateinischen so genau wahrt und warum in der Regel auch dieselben Evangelienstellen benutzt wurden wie im T. und F. Ein Ersatz des gesamten lateinischen Textes durch einen anderen ist im ganzen sehr unwahrscheinlich. Die bloße Tatsache, daß lateinische Varianten mit solchen der Vetus Latina übereinstimmen, beweist nocht längst nicht, das sie auch tatsächlich aus dieser Tradition gewonnen wurden. Dagegen wiegt jede Deutung schwerer, die Abweichungen durch die handschrifteninternen Verhältnisse oder die Heranziehung der näherliegenden Bibelfassung der Vulgata erklären kann. 2. Es existierte eine Überlieferung des althochdeutschen Textes allein, dem ein lateinischer Text beigegeben werden mußte. Für eine solche Spekulation gilt das zum Vorherigen Gesagte. 3. Der lateinische Text des OT. hat mindestens eine, wenn nicht mehrere Textrevisionen erfahren. Naturgemäß verraten die Primärabweichungen in der Regel nur eine Richtung, nicht aber ihren Urheber. Wenn sich unter den Varianten, die mit der Vulgata übereinstimmen, Indizien dafür finden, daß der Kopist die Vulgata für eine Korrektur benutzt hat, so ist wenigstens ein Bearbeitungsgang leidlich gesichert. Es versteht sich, daß sich solche Feststellungen an den meisten Stellen nicht machen lassen, da kein mutmaßlicher Bearbeiter seine Eingriffe absichtlich in der Art eines kritischen Apparats dokumentiert hat. Die hohe Zahl der Fälle, in der der Text gegen den Sangallensis mit der Vulgata korrespondiert, deutet aber daraufhin, daß hier systematisch und nicht zufällig gearbeitet worden ist. Bei all dem ist ständig mit schlichten Fehlern und Versehen zu rechnen. Wenn die bisherigen und noch darzulegenden Erkenntnisse über die Genese des OT. zutreffen, so hat der Kopist eine weitaus umfangreichere Aufgabe zu bewältigen gehabt als das bloße Abschreiben, das ja an sich

Textbesonderheiten: Wortstellung

291

schon eine Fehlerquelle ist. Er hat sich auch als Redaktor betätigt und so auf die äußere Anordnung, aber auch auf den Wortlaut insbesondere des lateinischen Textes Einfluß genommen. Es liegt auf der Hand, daß die Gefahr von Fehlern mit der Zunahme der gleichzeitig zu berücksichtigen Bearbeitungsaspekte steigt. Doch nicht jede Abweichung, die auf einem Fehler zu beruhen scheint, ist notwendigerweise dem Kopisten anzulasten. Aufgrund der vorhandenen Quellen läßt sich bekanntlich nicht rekonstruieren, wie viele Vorstufen die Vorlage des OT. ihrerseits gehabt hat. Da jeder Abschreibevorgang prinzipiell ein Entstellungsvorgang ist, ist ein gewisses Quantum an Abweichungen einzukalkulieren, die allein auf diesem Wege zustande gekommen sind und dem Kopisten bereits vorgelegen haben. Anders ausgedrückt bedeutet das, daß einer Analyse eines Gegenstandes wie des vorliegenden, bei der sich alle Fälle harmonisch in eindeutig zu beschreibende Klassen fugen ließen und bei der kein sich allen Erklärungen sperrender Rest zurückbliebe, geradezu zu mißtrauen wäre.

1. Wortstellung In einer Reihe von Fällen weicht die lateinische Wortstellung in OT. von vornherein von T. ab, ohne daß damit eine Änderung des Wortbestandes verbunden wäre. Die Untersuchung dieser Fälle fuhrt zu recht konkreten Aufschlüssen, die sich gewissermaßen als Spuren weiterverfolgen lassen. Als Beispiele werden die lateinischen Wortumstellungen im Detail vorgeführt, die vor der großen Textlücke zu verzeichnen sind. Sie erlauben eine hinreichend sichere Darstellung der Verschiedenartigkeit der Fälle. Nach der Textlücke nimmt die Gesamtzahl der Wortumstellungen ab. Diese Belege werden jeweils in einer Übersicht hinzugefugt. Die Fälle, in denen außer der Wortstellung auch Wörter variieren, werden im Abschnitt über die Wortvarianten behandelt. Wenn man das Ergebnis der Wortumstellungen betrachtet, lassen sie sich drei Typen zuordnen. Es handelt sich zunächst um solche, die mit dem Vulgatatext übereinstimmen. Den zweiten Typus bilden solche, bei denen OT. gegen die übrigen Quellen steht, die Umstellung aber zu einer Übereinstimmung mit der althochdeutschen Wortstellung führt. Eine dritte Beleggruppe läßt sich auf keine der genannten Weisen charakteri-

292

Zum lateinischen Text

sieren. Da sich die Mehrzahl der Fälle den beiden erstgenannten Typen zuordnen läßt, ist ein Zufall so weit ausgeschlossen, wie es nach der Überlieferungslage möglich ist.

α. Übereinstimmung mit der Vulgata Wenn im folgenden auf Vulgatahandschriften hingewiesen wird, so wird damit keineswegs behauptet, eine Variante sei vom Kopisten oder von einem früheren Bearbeiter unmittelbar einer dieser Handschriften entnommen worden. Das ließe sich ohnehin mit dem vorhandenen Material nicht nachweisen. Vielmehr ist zu bedenken, daß es in der langen Überlieferungsgeschichte der Vulgata niemals einen einheitlichen Text gegeben hat902. Der Text der Vulgata hat sich in einem langen und hochkomplizierten Prozeß gegen altlateinische Versionen durchgesetzt. Diese Erkenntnisse der Bibelphilologie, die hier nur angedeutet werden können, stehen jedem Versuch entgegen, aus Übereinstimmungen einer Stelle des lateinischen OT. mit dem einen oder anderen Überlieferungsträger altlateinischen Textes sogleich Abhängigkeitsverhältnisse zu rekonsturieren. Die Voraussetzung dafür wäre, daß Übereinstimmungen von Varianten immer auch sogleich historisch-genetische Zusammenhänge bedeuteten. Dabei würden die vielfältigen Einflüsse, denen Textfassungen ausgesetzt sein können, ignoriert. Methoden, die innerhalb der biblischen Textkritik die Herstellung von Zusammenhängen zwischen alten und ältesten Texten verschiedener Räume, Zeitstufen und Sprachen gestatten mögen, können nicht unbesehen auf die Verhältnisse einer Überlieferung übertragen werden, von der nur ein Anfangspunkt im frühen Mittelalter und ein Endpunkt in der frühen Neuzeit zu fassen ist, während dazwischen eine Lücke von fast achthundert Jahren klafft. Kurz gesagt: Nicht alles, was gleich aussieht, ist auch gleich. Es war die Erkenntnis, daß die Übertragung von Methoden und Ergebnissen der älteren Diatessaronfor-

902

Grundlegend: B. Fischer, Beiträge zur Geschichte der lateinischen Bibeltexte, S. 51-73; S. 156-274, insbesondere S. 220-259. B. Fischer, Lateinische Bibelhandschriften im frühen Mittelalter, S. 35-100; S. 101-202; S. 404-421. Sieh auch J. Rathofer, Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter, S. 296-308.

Textbesonderheiten: Wortstellung

293

schung903 auf die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue unhaltbar seien und daß vielmehr vom historischen Befund der Handschriften auszugehen sei, die J. Rathofer zu seiner 'Abkehr von der Methode der Diatessaronforschung'904 bewogen und 'das Votum der Handschriften'905 wieder zu Gehör gebracht haben. Die Redaktionen der Vulgatahandschriften sind zur Grundlage verschiedener Texttraditionen geworden, die ihrerseits die Editionswerke der Neuzeit in unterschiedlicher Weise geprägt haben. Die Handschriftensiglen sind als Hinweise auf solche Traditionszweige zu verstehen. Welche handschriftlichen oder edierten Redaktionen906 des Vulgatatextes, die aus solchen Traditionen erwachsen sind, tatsächlich bei der Bearbeitung, möglicherweise sogar bei verschiedenen Bearbeitungen des Tatiantextes benutzt worden sind, läßt sich nicht rekonstruieren. In der Zeit, die zwischen T. und OT. anzusetzen ist, können mittelalterliche Redaktoren verschiedener Jahrhunderte auf der Grundlage verschiedenster Bibeltexte in die Fassung des OT. eingegriffen haben. Betrachtet man die Art, in der B. Vulcanius, J. I. Pontanus oder Junius ihre Texte bearbeitet haben, so wird man aber vor allem mit neuzeitlichen Eingriffen zu rechnen haben. Alle potentiellen Bearbeiter können von verschiedenen Motiven geleitet worden sein, unter denen sich begründet zwei hervorheben lassen. Zu denken ist an theologische und textkritische Motive wie die Anpassung des Textes an eine Bibelfassung aus kanonischen Erwägungen oder die Anpassung an das schlichtweg Vertraute, den als richtig empfundenen Wortlaut. Das setzt die Annahme eines Bearbeiters voraus, der im lateinischen Evangelientext mehr erblickte als eine Hilfe fur das Verständnis des Althochdeutschen. Ein anderes Motiv kann man als das wissenschaftliche bezeichnen. Es ist bei Junius deutlich greifbar, für den der lateinische Text des OT. dem Verständnis des Altochdeutschen diente. Dabei kann man gerade dem studierten Theologen

903

Sieh vor allem: J. Rathofer,Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter, S. 285. 904

So der Untertitel von J. Rathofer, Literatur und Sprache im europäischen Mittelalter, S. 256. ^ S o der Untertitel von J. Rathofer, AION. 14 (1971) S. 7. m

O . B. Knoch - K. Scholtissek, LThK. II, 1994, Sp. 371-375.

294

Zum lateinischen Text

Junius907 ganz gewiß keine Unkenntnis oder mangelnden Respekt fur den Bibeltext unterstellen. Der Text der Evangelienharmonie hatte für ihn aufgrund seines philologischen Interesses einen ganz anderen Stellenwert, als das für einen mittelalterlichen Betrachter anzunehmen wäre. Was sich bei Junius handgreiflich nachweisen läßt, kann auch für seine Vorgänger eine Rolle gespielt haben. Gerade die Epoche, in der ein neuzeitlicher Bearbeiter wie B. Vulcanius den Text bearbeitet und den Kopisten zur Übernahme seiner Emendationen veranlaßt haben kann, ist die Zeit einer Flut von Vulgataausgaben verschiedener Art. Die Vielfalt wurde erst durch die sogenannte Sixto-Clementinische Edition eingedämmt908. Es dürfte klar geworden sein, daß es unter den gegebenen Umständen keinen Sinn macht, die für die Überlieferungsgeschichte des OT. dunklen Jahrhunderte einfach beiseite zu lassen und stattdessen mehr oder minder zufällig übereinstimmende alte Handschriften von außerhalb der Traditionszweige der Vulgata in ein trügerisches Licht zu zerren. Daß aber eine Bearbeitung des lateinischen Textes nach der Vulgata vorgenommen worden ist, kann auf der Grundlage der vorliegenden, das heißt, auch der in den folgenden Kapiteln angeführten Belege, mit größter Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Die Zahl der einschlägigen Varianten schließt zufällige Übereinstimmungen mit der Vulgata ebenso aus wie die Annahme, der Kopist habe den Bibeltext gegen seine Vorlage fortwährend aus dem Gedächtnis zitiert909. Vielmehr zeigt sich, daß er den Vulgatatext zum Vergleich herangezogen hat. Dazu mußte er die betreffende Vulgatastelle zunächst einmal identifizieren. Selbst wenn ihm die Vorlage durch Marginalkonkordanzen oder ähnliches dabei geholfen hat, liegt hierin eine Quelle für mögliche Textabweichungen. Das gilt auch für mutmaßliche ältere Bearbeiter des Textes, die sich den gleichen Problemen zu stellen hatten. Außer den Handschriften werden auch die Varianten der Sixto-Clementinischen Edition berücksichtigt, da sie ihrerseits handschriftliche Traditionen aufgenommen und durchaus anders umgesetzt hat als die modernen Editionen. Außerdem kann sie von möglichen Bearbeitern des 907

Sieh etwa C. S. M. Rademaker, Franciscus Junius F. F. and His Circle, S. 7-16. Κ. Aland, Philologia Sacra II, S. 665-667. Ο. B. Knoch - K. Scholtissek, LThK. II, 1994, Sp. 373. 908

909

Ähnlich J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 115f.

Textbesonderheiten: Wortstellung

295

Tatiantextes noch benutzt worden sein, worauf schon hinzuweisen war. Insbesondere ist B. Vulcanius zu denken, der das Apograph hatte verfertigen lassen und der bis a. 1614 gelebt hat910. Vulgatahandschriften werden in Kurzform nach den Angaben im Editionsapparat der Edition R. Webers zitiert. Auch deren Siglen werden verwendet. Sie erlauben zugleich über die Siglenkonkordanz bei R. Weber 911 einen Zugriff auf die große kritische Ausgabe von J. Wordsworth, H. J. White und H. F. D. Sparks912. Die Siglen sind im Verzeichnis der Vulgatasiglen in der vorliegenden Arbeit aufgelöst. Die Edition R. Webers bietet in ihrer vierten Auflage den Vorzug eines wiederholt geprüften Textes und eines Variantenapparates auf neuestem Stand der Forschung. Auch hinsichtlich der Auswahl der Textzeugen eignet sich diese Ausgabe besonders für die hier zur Debatte stehenden Fragen, da sie traditionsbildende Handschriften und Ausgaben913 berücksichtigt, die in der großen Ausgabe von J. Wordsworth - H. J. White - H. F. D. Sparks teils noch nicht kollationiert worden sind. Es geht hier, das sei erneut betont, um das Aufweisen der möglichen Herkunft von Wortvarianten des OT. und nicht um Bibelphilologie. Um die Übereinstimmungsverhältnisse von T., OT., F. und der Vulgata in möglichst kompakter Form darzustellen, werden Formeln eingesetzt. Dabei geht es ausschließlich um das Lateinische. Eine Angabe wie T. =F.; OT. =Lc. ZDC0C ist so zu lesen, daß T. und F. übereinstimmen, während OT. die betreffende Variante mit dem Lukasevangelium in der Redaktion der Handschriften Z, D, und C, ferner der Handschriftenfamilie der Alcuinbibel (Φ) sowie der Sixto-Clementinischen Textfassung (t) gemeinsam hat914. Eine Angabe wie zum Beispiel T. =F. +Mt. bedeutet, daß der lateinische Text des T. mit dem Fuldensis und dem Matthäusevangelium übereinstimmt, wobei für letzteres die in der Edition R. Webers benutzten Handschriften und Drucke nicht voneinander abweichen. 910

W. Sanders, Leidener Humanisten, S. 10.

9U

Biblia Sacra Iuxta Vulgatam Versionem, S. XXXVII-XLII.

912 9I3

Novum Testamentum Domine Nostri Iesu Christi latine.

R. Gryson, Biblia Sacra Iuxta Vulgatam Versionem, S. XV-XVII; S. XX. B. Fischer, Beiträge zur Geschichte der lateinischen Bibeltexte, S. 54-73; S. 220-259. 9l4 Zu den damit verbundenen Problemen sieh Kap. IV.B.b.2.a.

296

Zum lateinischen Text

1. Cap. 2,6 (F. 29,29; Lc. 1,14) T. 67,28 & erit tibi gaudium ...

Inti her ist thii gifeho ...

OT. I0r,9

inti her ift thir gifeho ...

et erit gaudium tibi...

OT.=F.+Lc. gegen T. - et wurde in Et korrigiert, da es am Anfang des Abschnitts steht. Junius hat danach ipfe ergänzt. Die Wortstellung gaudium tibi steht gegen T. und auch gegen die althochdeutsche Wortstellung915. Wenn sie auf einem Eingriff in die Vorlage beruht, so diente dieser nicht zur Herstellung der Textkongruenz wie die Eingriffe des Junius in die Abschrift. 2. Cap. 13,1 (F. 38,17; Lc. 3,1) T. 101,23 f. & lysania t&rarcha Inti lysaniuse heristen abilinae In thero st&i thiu abilina |uuas heizzan OT. 37\ 28f.

et Lyfaniä Abilince tetrarchä inti Lyfaniusf.] heriftero |inlantfheffen in thero fteti thiu Abilina |uuas [heizzan]

Der abweichende Wortlaut im Althochdeutschen beruht auf einer Dittographie der vorausgehenden Zeile des OT.916, die der Kopist nicht getilgt hat. Der althochdeutsche Teil lautet: heriftero in lantiheifen Jtimeinti Tra[conitidis], Das letzte Wort steht teilweise im Mittelfalz. Die korrekte Fortsetzung der Zeile wurde in verringertem Abstand unterhalb der Zeile eingetragen. Nach Lyianius ist ein Buchstabe, wohl e, getilgt, [heizzan] ist heute im Mittelfalz verborgen und daher nur vermuten. Die lateinische Wortstellung im OT. entspricht F. und Lc. Es ist bemerkenswert, daß Junius in diesem Falle die ausfuhrliche althochdeutsche Umschreibung der lateinischen Konstruktion nicht zum Anlaß genommen hat, den lateinischen Text entsprechend zu ergänzen.

915

Man vergleiche A. Dittmer - E. Dittmer, Studien zur Wortstellung, S. 58.

9i60T. 37v,27. Man vergleiche T. 101,22.

Textbesonderheiten: Wortstellung

3. Cap. 18,1 (F. 42,25; Lc. 4,17) T. 121,20 prophae esaice.,

thes uuizagen esaies

OT. 58r,9

thes uuizagen Efaies.

Efaiaspropetce.

T.=F.; OT.=Lc. sc. 4. Cap. 21,1 (F. 44,4; Io. 3,22) T. 127,20 ... in iudeam terram

... in iudeno erda

OT. 6Γ,24

... in Judeno erda

... in terram Juda

297

T.=F. - Nur Io. t hat wie OT. die Wortfolge terram iudaeam. Die lateinische Wortvariante des Adjektivs oder femininen Substantivs iudea917 mit dem Eigennamen Juda könnte auf einem Fehler beruhen, was aber nicht sicher zu beurteilen ist. 5. Cap. 21,5 (F. 44,12; Io. 3,27) T. 129,6 Non potest homo quicquam nimag ther man Iouuiht | accipere.' |intphahen OT. 64', 17

Non potest homo accipere ni mag ther man iouuiht | quicquä, |intphahen,

OT.=F.+Io. gegen T. - Der Akzent in mag des OT. ist blaß und wohl beim Abschreiben zu weit nach rechts geraten. 6. Cap. 21,5 (F. 44,12f.; Io. 3,27) T. 129,7 nisi eifuerit datum ... noba imo iz gigeben uuerde... OT. 64r,l8

nifi fuerit ei datum...

noba [..] imo iz gigeban |uueröe...

T.=F.; OT.=Io. - Nach noba ist im OT. ein versehentlich gesetztes ei getilgt worden, soweit noch zu erkennen. 7. Cap. 21,7 (F. 44,21; Io. 3,33) T. 129,24

... testimonium eius

... sin giuuizscaf

OT. 64V,14

... eius testimonium

... fin giuuizfcaf

OT.=F.+Io. gegen Τ.

917

GH. II, Sp. 480.

Zum lateinischen Text

298

8. Cap. 21,12 (F. 45,3; Mt. 4,16) Τ. 131,21

lucem uid.it magnam...

gisah mihhil lioht...

OT. 67r,20 vidit lucem magnam;... gifah mihhil lioht;... T.=F.; OT.=Mt. c. 9. Cap. 23,4 (F. 46,12; Lc. 6,26) T. 137,8 uae cum bene uobis dixerint uue iu mit thiu iu uuolaquae|dent OT. 70V,18

vae cum benedixerintvobis...

uue iu mit thiu iu uuola quer e n t ...

T.=F.; OT.-Lc. t. - Lc. G hat mit uobis benedixerint eine abermals abweichende Wortstellung. Junius hat nach vae noch vobis ergänzt, und zwar aufgrund von iu und nach dem Muster des vorausgehenden Satzes918. Ferner wurden vce und uue in Großschreibung korrigiert, da sie am Abschnittsanfang stehen. 10. Cap. 32,3 (F. 48,11; Mt. 5,45) T. 145,29

super malos & bonos.,

ubar ubile inti ubar guote

OT.79',5 fuper bonos et malos, ubar ubile inti ubar guote T.=F.; OT.=Mt. - Hier liegt eines der seltenen Beispiele dafür vor, daß Junius die Wortstellung des althochdeutschen Text dem lateinischen anpaßte und nicht umgekehrt919, indem er ubile durch guate und guote durch ubile ersetzte. 11. Cap. 34,6 (F. 49,13; Mt. 6,9 (Lc. 11,2)) T. 151,4 qui in caelis es thu thar bist in himile OT. 82r,i5

... qui es in ccelis,

thu thar bist in himile,

T.=F.; OT.=Mt. AGc - An der Parallelstelle in Lc. findet sich qui in caelis es überhaupt nur in der Redaktion Z, allerdings in der Wortfolge des T. 12. Cap. 34,6 (F. 49,17; Mt. 6,13) T. 151,13 & ne Inducas nos in temp- Inti nigileitest unsih in | tationem | costunga 918

OT. 70v,16; T. 137,6.

"'Sieh Kap. IV.A.c.

Textbesonderheiten: Wortstellung

OT. 82',24

299

Et ne nos inducas in tenta- inti ni gileiteft unfih in |tionem, |costung[.]

T.=F.; OT =Mt. SNc - Bei costung[.] liegt keine althochdeutsche Variante vor. Das -α ist einem Papierabriß zum Opfer gefallen. Nur noch ein geringer Rest des Buchstabenansatzes ist sichtbar. 13. Cap. 39,6 (F. 51,6; Mt. 7,4) T. 159,3 & ecce trabis in oculo tuo Inti senu balco In thinemo est ougen OT. 85v,29

et ecce trabes eil in oculo inti fenu balco ist in thinemo | tuo? | ougen.

OT.=F.+Mt. NAMZGDCOc gegen T. - Die Wortstellung des T. stimmt lediglich mit Mt. s überein. 14. Cap. 42,2 (F. 52,14; Mt. 7,22) T. 163,28

eicimus demonia.'

uz uuvrphumes diuuala

OT. 91Γ, 19 ckemonia eiecimus! uzwuurphumes diuuala? OT.=F.+Mt. gegen T., was auch für die Wortform eiecimus gilt. 15. Cap. 44,6 (F. 53,9; Mt. 10,10; Lc. 10,7) T. 167,24 dignus enim est operarius... uuirdig ist ther uuvrhto ... OT.94r,i3

Dignus est enim merceuuirdig ist ther uurhto ... |narius...

Τ =F.; OT.=Mt. NGC+Lc. ZPGCOc gegen T., was die Wortstellung betrifft, enim ist im OT. wegen fehlender althochdeutscher Entsprechung gestrichen worden. Die Wortvariante operarius / mercenarius verweist auf Lc. Sie wird weiter unten920 behandelt. 16. Cap. 44,25 (F. 55,2; Lc. 14,27) T. 175,17f. ... nec potest esse ... noh nimag uuesan meus discipulus;... min iungiro.... OT. I00r,7

nec potest meus efle disci- noh ni mag uuesan min |pulus, | iungiro,

T.=F.; OT.=Lc. AZPDOc.

920

Kap. IV.B.b.2.a.

Zum lateinischen Text

300

17. Cap. 60,1 (F. 62,1; Mt. 9,18; Lc. 8,41) T. 203,25f. ecce princeps unus sinasenu tho ein heristo thero | gogce | samanunga cui nomen iairus. accessit thes namo uuas iairus gieng |ζύο OT. 12Γ.5

Ecce princeps Synagogce fenu tho ein heristo thero | unus, | famanunga, cui nomen Jairus, acceßit, thes namo uuas Jairus, gieng |zuo,

OT =F. gegen T. - Die Wortumstellung könnte rein zufällig geschehen sein, aber ein Umstand spricht dagegen. Die Stelle ist nämlich eine

Komposition921 aus Mt.: ecce princeps unus accessit und Lc.: venit vir ... et ipse princeps synagogce erat. Die Wortumstellung in OT. liegt mithin genau an der Schnittstelle. Daher kann die Variante des T. dadurch zustande gekommen sein, daß die Stelle angesichts des Wortlauts von Mt. niedergeschrieben wurde, während OT. und F. sich hier enger an Lc. halten. Die Varianten der Evangelien geben keinen weiteren Aufschluß. Unter den lateinischen Wortvarianten des OT. gibt es vergleichbare Erscheinungen. 18. Cap. 60,18 (F. 63,5; Lc. 8,55) T. 209,4 & iussit dari illi maducare. gibot her tho zigebanne iru |ezan OT. 124v,25 Et iufsit illi dare mandu-

gibot her tho zi gebanne iru | care, | ezan.

T.=F.; OT.=Lc. sMG. - Junius hat zu einer lateinischen Interlinearkorrektur angesetzt, indem er Et iufsit durch Tunc ersetzte, dieses aber wieder gestrichen und Etjufßt daneben geschrieben. Die Wortstellung entspricht Lc., dessen Zeugen meist illi dari haben. Doch auch die Variante illi dare ist in den genannten Redaktionen belegt. Abweichungen des i/e-Typus sind auch sonst im althochdeutschen und im lateinischen Text zu beobachten, so daß hier auch eine graphische Variante zu erwägen wäre. Das ändert nichts an der Übereinstimmung der Wortstellung zwischen OT. und Lc. 92I

E. Sievers, Tatian, S. 81.

Textbesonderheiten: Wortstellung

301

19. Cap. 63,3 (F. 64,25; Lc. 10,40) adiuu& me ...

T. 213,31

ut

OT. 130V,1

... ut me adiuuet

thaz siu mir helphe ... ... thaz flu mir helpe.

T.=F.; OT.-Lc. SZPGDCOc. - Außer F. haben nur Lc. AM übereinstimmend mit T. adiuuet me. 20. Cap. 64,6 (F. 65,10; Mt. 11,10) T. 215,1 hic enim est de quo scrip- thiz ist ther fon themo | tum est. | giscriban ist OT. I33r,8

Hic est enim de quo scrip- This ist ther fon themo | tum est; | gifcriban ist;

T.=F.; OT.=Mt. ΖΡΦε - Im althochdeutschen Text ist die unkorrigierte Form This mit der s-Schreibung für die Affiikata des Demonstrativpronoms im Neutrum Singular922 hervorzuheben. 21. Cap. 67,2 (F. 66,20; Lc. 10,16) T. 221,13 qui me misit... ther mih santa .. . OT. I36r,i5

... qui mißtme.

... ther mih fanta.

T.=F.; OT =Lc. t - fanta wurde vom Kopisten aus Platzmangel interlinear mit einem Einzugszeichen nachgetragen. 22. Cap. 67,10 (F. 67,6; Lc. 14,26) T. 223,20 non potest esse meus disci- nimäg uuesan min iungiro | pulus OT. 136V,24

non poteft meus efse ni mag uuefan min iungiro; | discipulus

T.=F.; OT.=AGDc. - Lc. ZPCO haben meus discipulus esse. Gleich darauf folgt ein analoger Fall: 23. Cap. 67,11 (F. 67,7f.; Lc. 14,27) T. 223,22f. ... non potest ... nimag esse meus discipulus., uuesan min iungiro. OT. 136V,28

non poteft meus eße difni mag uuefan min iungiro. | cipulus

T.=F ; OT.= ΑΖΡϋΦί. 922

SchW. S. 110. BEG. § 288 u. A. 3b, S. 246f. Sieh oben, Teil III.C.a.8.

302

Zum lateinischen Text

24. Cap. 67,14 (F. 67,15f.; Lc. 14,31) T. 225,4

nonneprius sedens cogitat

nibi her er sizzenti thenke

OT. I39r,9

non fedensprius cogitat

nibi her er fizenti thenke

OT.=F.+Lc. gegen T. Das gilt auch für non statt nonne des T . - In fizenti wurde wohl von Junius ein zweites ζ interlinear einkorrigiert und das zweite i nachgezogen oder aus e hergestellt. 25. Cap. 74,7 (F. 70,22; Mt. 13,16) T. 235,27f. OT. I57r,6

... Vestri autem oculi

... iuueru ougon

beati. quia uident.'

saligu in thiu siu gisehent

Veftri autem beati oculi, iuueru ougun faligu, bithiu | quia vident; | fie gifehent;

OT.=F.+Mt. gegen T. - Im OT. ist die Zeile bis oculi gestrichen worden. Junius hatte eine Korrektur der lateinischen Wortstellung analog der althochdeutschen durchführen wollen und nach Veitri interlinear oculi eingetragen. Er gab dieses Vorhaben auf, tilgte oculi und schrieb die Ausgangsfassung der Zeile über. 26. Cap. 75,3 (F. 70,34; Mt. 13,22) T. 237,16f.

... qui autem est

... thiedar ist

seminatus in spinis....

gisauuit in thorna ...

OT. 157r,26

Qui autem feminatusest thie thar ist gifauuit in |infpinis, | thorna, T.=F.; OT.=Mt. Dt. - Im OT. wurde autem zuerst gestrichen und dann durch Junius wieder ersetzt.

Unter Vorbehalt sind die folgenden Belege zu nennen, bei denen die lateinische Wortstellung des OT. von einer Vulgataredaktion als auch vom Althochdeutschen beeinflußt worden sein kann. (27.) Cap. 13,23 (F. 40,9; Mt. 3,11) T. 109,29 ego quidem uos baptizo ...

ih toufu iuuih ...

OT.46v,9

ih toufu iuuih ...

Ego quidem baptizo vos...

Textbesonderheiten: Wortstellung

303

T.=F.; OT =Mt. t. - Im OT. ist quidem getilgt worden. Es hat keine althochdeutsche Entsprechung. Die Wortstellung des OT. entspricht außer Mt. t auch der althochdeutschen. (28.) Cap. 40,4 (F. 51,19; Lc. 11,9) T. 159,30 et ego uobis dico Inti ih quidu iu. OT. 88',24

Et e g o dico vobis...

Inti ih quidu iü;...

T.=F.; OT.=Lc. t . - Et ist im OT. vom Kopisten interlinear nachgetragen worden, jedoch durch einen Fleck nur schwach erkennbar. Junius ersetzte ego durch etiam. Auch die althochdeutsche Wortstellung kann eine Änderung der lateinischen begünstigt haben. (29.) Cap. 44,22 (Sievers 44,21) (F. 54,22; Mt. 10,32) T. 173,19 qui est in coelis. ther in himile ist. OT. 97 v ,io

... qui in coelis est,

ther in himile ist,

T.=F.; OT.=Mt. SPt. - Die lateinische Wortstellung des OT. entspricht auch der des Althochdeutschen. Für die Beurteilung der Zahlenverhältnisse ist daran zu erinnern, daß die Textanteile vor und nach der Lücke nicht gleich sind. Sie stehen im Verhältnis von rund drei zu zwei. Vor der Lücke sind es 95 Seiten, deren letzte923 nur noch zu einem Viertel gefüllt ist, nach der Lücke 61 Seiten von insgesamt 157. Zu den neunundzwanzig vorgestellten Fällen, von denen drei fraglich sind, kommen aus dem weiteren Verlauf der Handschrift lediglich noch zwei hinzu, in der folgenden Übersicht zusammengefaßt werden, und auch diese nur mit Vorbehalt:

Nr.

Stellenangaben

Cap.

(30.) 194,3 (31.) 224,1 923

OT. 157v.

T. 623,lf.; OT. 205v,16; F. 151,15 T. 669,20; OT. 232v,20f.; F. 160,12f.

Umgestellte Wörter

Entsprechung

T. / OT.

Vulgata

ess& morte morte eßet

Io. 18,32 Gc

ex eis duobus duobus ex eis

Mc. 16,12

Zum lateinischen Text

304

Der Vorbehalt besteht erneut darin, daß in beiden Fällen auch eine Orientierung an der althochdeutschen Wortfolge der Umstellung zugrunde liegen kann. In Cap. 194,3 steht nämlich morte eßet zu tode uuas, in Cap. 224,1 duobus ex eis zu zuuein fan then. Wenn die Vermutung zutrifft, daß vor oder bei der Niederschrift des Apographs die Wortstellung des lateinischen Textes nach der Vulgata überarbeitet worden ist, so wurde diese Textrevision im zweiten Teil nahezu eingestellt, was die Wortstellung betrifft. Wenn ein Revisor eine konsequente Überarbeitung des Textes beabsichtigt gehabt hätte, hätten sich ihm fur Änderungen der bisher beschriebenen Art noch weitere Stellen angeboten924.

ß. Übereinstimmung mit der althochdeutschen Abschrift Für die folgenden Fälle gilt, daß die lateinische Wortstellung des OT. von T., F. und der Vulgata abweicht, aber mit der althochdeutschen Abschrift übereinstimmt. Ahnliche Beobachtungen wurden von E. v. Steinmeyer925 bereits am Pariser Tatian gemacht. Das kann als Hinweis darauf genommen worden, daß eine Überarbeitung des Textes in dieser Hinsicht auch von einem früheren Bearbeiter als dem Kopisten vorgenommen worden sein kann. 1. Cap. 4,12 (F. 32,5f.; Lc. 1,62) T. 75,29 quem uell& uocari eum OT. 16V,13

924

quem vellet eum vocari.

uuenan her uuolti Inan ge| nemnitan uuesan uuenan her uuolti inan gi| nemnitan uuesan.

Sieh das Material bei A. Dittmer - E. Dittmer, Studien zur Wortstellung - Satzgliedstellung, S. 52-58; S. 68-71; S. 78-82; S. 94f.; S. 98f.; S. 138f.; S. 181f.; S. 239; S. 244; S. 259. Zur althochdeutschen Syntax im T. sieh auch E. Dittmer, Althochdeutsch. Syntax und Semantik, S. 245-258. Zuletzt mit wichtigen neuen Einsichten: A. Masser, Semantik der syntaktischen Beziehungen, S. 123-140. Zum Problem auch E. Meineke, Althochdeutsch. Syntax und Semantik, S. 327-329. 925 E. Steinmeyer - E. Sievers, Die althochdeutschen Glossen V, S. 523.

Textbesonderheiten: Wortstellung

305

2. Cap. 5,11 (F. 34,16; Lc. 2,1) T. 85,7

Factum est autem in dieuuard tho gitan In then ta| bus Ulis gon

OT. 25r,l0

Factum est in Ulis diebus

uuard tho gitan in then tagon

Nach est hat Junius autem ergänzt. Er mag das aufgrund von ahd. tho getan haben oder aus Vertrautheit mit dieser aus der Liturgie bekannten Evangelienstelle. Ferner hat er die durch einen Papierriß beschädigten Worte in then ersetzt. 3. Cap. 5,11 (F. 34,16f.; Lc. 2,1) T. 85,8 ... a cqsare augusto' fon demo aluualten keisure' OT. 25r,i l

... ab Augusto Caefare

... fon themo aluualten kei|fure

Am Anfang der linken Spalte hatte der Kopist ursprünglich den althochdeutschen Text geschrieben, sich dann aber selbst korrigiert. Dort ist noch das d- von demo lesbar, das in der rechten Spalte durch einen Riß beschädigt ist und von Junius durch themo ersetzt wurde926. keifure wurde in Keifare korrigiert. 4. Cap. 7,4 (F. 35,23; Lc. 2,25) T. 89,25

& homo iste ...

Inti ther man ...

OT. 28r,29 et iste homo ... 5. Cap. 7,9 (F. 36,6; Lc. 2,36) T. 91,26 annis Septem ... OT. 31 \2

feptem \ annis...

inti ther man ... sibun Iär... fibun

Iär...

6. Cap. 15,5 (F. 41,19; Mt. 4,9) Τ. 115,20

haec tibi omnia dabo

thisu allu gibu ih thir

r

OT. 52 ,22 ... Haec omnia dabo tibi, ... Thifu allu gibu ih thir, In Mt. PGt existiert lediglich die Wortstellungsvariante omnia tibi dabo. OT. richtet sich offensichtlich nach dem Althochdeutschen.

926

Man vergleiche T. 84 (zu T. 85,8): demo] d- < «/korrigiert.

306

Zum lateinischen Text

7. Cap. 19,7 (F. 43,23; Lc. 5,6) T. 125,22 concluserunt piscium mulbifiengun fisco ginuhtsama | titudinem copiosam; | menigi OT. 6Γ, 22f. concluferunt pifcium [.] copiosam multitudinem.

bifiengun fifco ginuhtfama menigi.

Bei der Tilgung nach pifcium handelt es sich wohl um den Wortansatz von copiosam, das aus Platzgründen und auch im Hinblick auf die Länge des korrespondierenden ginuhtfama in die nächste Zeile eingetragen wurde. 8. Cap. 25,2 (F. 46,20f.; Lc. 11,33) T. 137,24 neque in loco abscondito. noh untar giborgana st&i OT. 73r,3

neque in abfcondito loco,

noh untar giborgana steti

9. Cap. 38,1 (F. 50,10f.; Mt. 6,25) T. 155,5

ne solliciti sitis...

nisit suorcfolle...

OT.85r,9

... ne litis folliciti...

... Ni fit fuogfolle ...

10. Cap. 5,7 (F. 33,35; Mt. 1,18) T. 83,8f. ... mater ihesu maria ioseph....

... thes heilantes muoter maria iosebe....

OT. 22v,io Jefu mater Maria Jofethes heilantes muoter Maria |pho, |Jofebe, Die lateinische Wortstellung entspricht der althochdeutschen, da ja heilant regelmäßig zur Wiedergabe des Namens Jesus dient. Jefu mater ist unterstrichen. Junius zieht den lateinischen Text in genau der vorliegenden Form als Vergleich im Kommentar927 zu Cap. 3,1 heran. Marginal links sind zwei Einträge getilgt worden. Beim ersten handelt es sich augenscheinlich um die Zeilennummer. Sie wurde bis zur Unkenntlichkeit ausgestrichen. Darunter ist mit Mühe zu erkennen: iil mater eius. Mt. und F. haben mater eius maria ioseph. Die eintragende Hand ist nicht sicher identifizierbar, doch spricht die Form des noch erkennbaren e eher für den Kopisten als fiir Junius. Der Marginaleintrag ist als Notiz aufgrund einer Textkollation zu verstehen, für die mithin auch der Kopist in Frage käme. Als Vergleichs927

OT. 12v.

Textbesonderheiten: Wortstellung

307

text dürfte am ehesten die Vulgata in Frage kommen. Da die Wortfolge Jefu muoter der althochdeutschen entspricht, gab es für Junius keinen Anlaß einzugreifen. Daher erschien auch die Marginalnotiz entbehrlich. 11. Cap. 44,2 (F. 52,33; Mt. 10,1) T. 167,1

spirituum immundorum.'

unsubarero geisto

OT. 9Γ.24

immundorum spirituum

unfubarero geifto,

12. Cap. 49,6 (F. 57,9; Lc. 7,17) T. 185,9

& omnem circa regionem.,

inti umbi alla thia lantscäf.,

OT. I06v,l

et circa omnem regionem.

inti umbi alla thia lantfcaf.

13. Cap. 53,4 (F. 58,10f.; Mc. 5,3) τ. 189,12f.

... & neque catenis

... noh mit k&inon

iam quisquam eum poterat giu mohta in einig man | ligare |gibintan OT. 109V, 13f.

neque in catenis iam potnoh mit ketinon giu mohta | erat

quifquam ligare eum,

in einig man gibintan;

Die hier wiedergegebene ursprüngliche Fassung des OT. unterscheidet sich von T., F. und Mc. Die Wortstellung erscheint dem Althochdeutschen angepaßt, wenn auch in der zweiten Zeile nicht vollständig. Auch das zusätzliche lat. in dürfte analog zu ahd. mit gesetzt worden sein. In einem nachträglichen Korrekturgang ist eum von Junius gestrichen und hinter poterat eingefugt worden. Im althochdeutschen Text hat er auf gleiche Weise in hinter mohta verlegt, um den Zeilenparallelismus zu wahren. Diese Korrekturen passen den lateinischen noch weiter an den althochdeutschen Text an. 14. Cap. 53,7 (F. 58,21; Lc. 8,30) T. 189,31

... demonia multa

... manage diuuala ...

OT. 112',4

... multa dqmonia...

... manage diuuala...

15. Cap. 59,2 (F. 61,29; Mt. 12,47; [Lc. 8,20]) T. 203,14

& fratres tui foris stant

inti thine bruoder stantent uze

OT. 12Γ,

... et fratres tui

... inti thine bruoder

23 f.

stant foris...

stantent uze,...

308

Zum lateinischen Text

Zwar hat auch Lc. die Wortstellung stant foris, doch folgt der Text ansonsten Mt. Gegen die übrigen Quellen folgt die lateinische Wortstellung des OT. der althochdeutschen. 16. Cap. 67,8 (F. 66,33; Lc. 10,22) T. 223,6 & cui uolueritfilius reuela- inti themo iz ther sun uuili |re., |intrihan OT. 136\ 9f. ... et cui filius voluerit ... inti thanne iz ther fun | reuelare. voluerit reuelare. uuili intrihan Der Kopist mußte voluerit reuelare in die nächste Zeile verlegen, da die althochdeutsche Entsprechung sonst keinen Platz gefunden hätte. Die Wortstellung wurde auch bei der Korrektur nicht geändert. Sie steht gegen T., F. und Lc., entspricht aber dem Althochdeutschen. Ahd. thanne ist als Fehllesung zu verstehen, wovon bei den althochdeutschen Wortvarianten bereits die Rede war. 17. Cap. 68,3 (F. 67,26; Lc. 6,3) T. 225,23

nec hoc legistis quod fecit

noh ir thaz lasut thaz dauid

| dauid. OT. 139',26 nec hoc legistis quod

|t&a noh ir lafut thaz Dauid teta,

| Dauidfecit, Im althochdeutschen Text fehlt das hoc entsprechende Demonstrativpronomen thaz. Es ist wahrscheinlich übersprungen worden, wozu das zweite thaz angeregt haben kann. Dieses ist nach bekanntem Muster als Relativpronomen in thas korrigiert worden. 18. Cap. 74,2 (F. 70,5; Mc. 4,33) T. 233,30 et talibus multisparabolis inti sulihhen ratissun mana|gen OT. 154V,6

et talibus parabolis multis

inti fulihhen ratißun mana|gen

Nach der Textlücke ist eine Reihe weiterer Fälle zu verzeichnen:

Textbesonderheiten: Wortstellung

Nr. Cap.

Stellenangaben

Umgestellte Wörter T. / OT.

19. 156,3

T. 553,1 l;OT. 163',5;

feci uobis

F. 137,11; Io. 13,15

vobis feci

T. 565,13; OT. 169",3;

pro te ponam

F. 139,23; Io. 13,37

ponam pro te

21. 165,8

T. 573,29f.; OT. 175r,15;

dedit mihi pater

F. 141,9; Io 14,31

mihi dedit pater

22. 184,6

T. 605,20; OT. 196r,8f.;

manus iniecerunt

F. 147,29; Mt. 26,50

inieceruntb) manus

20. 161,3

23. 223,3

T. 669,4; OT. 232v,9;

me uidebunt

F. 160,6; Mt. 28,10

videbunt me

309 Althochdeutsche Entsprechung (nach OT.)

iuteta

fezzaa) furi thih

gab ther fater

legitunb) iro hant

gifehent fie mih

*>sezzu T. Graphische Abweichung nach dem α/«-Muster. Voraus gehen zudem begünstigend zwei Wörter mit α-Auslaut: mina fela. b) Zeilenumbruch nach iniecerunt und nach legitun. Die Änderung der Wortstellung ermöglicht die genaue Parallelisierung der Zeilen bei diesem Umbruch.

Zu diesen Fällen sind unter Vorbehalt auch Nr. 27 bis Nr. 31 des vorigen Abschnitts zu stellen, da ihre Wortstellung sowohl wenigstens einer Vulgataredaktion als auch der des Althochdeutschen entspricht. Nicht in diese Reihe gehört der folgende Fall: Cap. 176,2 (F. 144,2lf.; Ιο. 16,30) Τ. 589,26f. & non opus est tibi inti nist dir thurft ut quis te interrog& thaz thih ioman frage OT. 184V,15

et non opus est tibi ut te | aliquis interroget:

inti nift thir thruft thaz thih | ioman frage:

Im althochdeutschen Text hat der Kopist thih ioman frage in etwas kleinerem Schriftgrad noch in die Zeile gezwängt, da er es offenbar zunächst übersprungen hatte. Dazu konnte der vorausgehende und

310

Zum lateinischen Text

der nachfolgende Text928 mit seinen ί/joz-Nebensätzen verleiten. Die Eintragung der lateinischen Entsprechung unterblieb aber. Sie wurde von Junius konjiziert und in die Zeile gedrängt. Auffällig ist, daß sich der Fehler in einer Zeile ereignet, die genau zwei Zeilen des T. entspricht. Der erste und zunächst einzige Teil der lateinischen Zeile entspricht noch der Aufteilung im T., das heißt, ut ist bereits Nachtrag. In der althochdeutschen Zeile hatte der Kopist aber bereits thaz hinzugenommen. Die Ursache des Fehlers war deswegen so gut wie sicher die Zusammenfassung zweier Zeilen der Vorlage zu einer. Die Wortumstellung, verbunden mit einer lateinischen Wortvariante, die hier zu verzeichnen ist, ist deswegen wohl nicht auf die Vorlage des OT. zurückzuführen. Sie ist vielmehr ein Ergebnis der Konjektur des Junius, die sich an der althochdeutschen Wortfolge orientiert. Die Form thruft mit r-Metathese wird auch von Junius so gelesen929. Er verweist auf Cap. 34,4930, wo thurft zu lesen ist und im Kommentar931 weitere Formen mit -ur- versammelt werden. Von einem anderen Fall einer r-Metathese, in der Junius die metathetische Form im Codex Vulcanii verifizieren konnte, war bereits die Rede932. Das Verhältnis von achtzehn Belegen vor der Textlücke und fünf danach zeigt, daß die Tendenz zu Umstellungen nach der althochdeutschen Wortstellung im Verlauf der Handschrift nicht so stark abnimmt wie die mutmaßlichen Korrekturen nach der Vulgata. Zählt man die oben unter Vorbehalt genannten fünf Umstellungen nach der Vulgata noch zu diesen Fällen hinzu, so erhält man ein nur wenig verschobenes Verhältnis von einundzwanzig zu sieben. Es sei betont, daß es hier um die Herausstellung von Tendenzen geht und nicht um die Erzeugung der Illusion, die Verhältnisse dieser Handschrift ließen sich allein mit exakt wirkenden Zahlen erfassen.

928

OT. 184v,14.16; T. 589,25.29.

929

OT. 185r.

930

OT. 82r,9; T. 149,29.

931QJ gl v 932

Cap. 200,5: OT. 214v,7 throf \ T. 637,3. Sieh oben, Teil III.B.b. und Teil III.E.

Textbesonderheiten: Wortstellung

311

γ. Sonstige Die folgenden Fälle lassen sich zu keiner der vorgenannten Quellen für die Wortumstellung stellen. Soweit nicht anders angegeben, steht die lateinische Wortstellung des OT. gegen T., F., Lc. und das Althochdeutsche. 1. Cap. 1,12 (F. 32,7f.; Lc. 1,64) T. 75,32 ... apertum est autem ilico ... gioffonota sih thö sliumo 10s eius ] sin mund OT. 16V,17

apertum autem est [.] gioffonota fih tho fliumo | fubito os eius | Γιή mund

Nach est ist in OT. eine Tilgung eines oder zweier Buchstaben zu sehen, die nicht mehr lesbar sind. An den Zeilenanfängen wurde Großschreibung hergestellt. Die lateinische Wortvariante subito/ ilico wird weiter unten behandelt. 2. Cap. 12,7 (F. 38,7; Lc. 2,49) T. 101,4 ... quod τηέ quqrebatis. ... thaz ir mih suohtut. OT.

... quod queerebatis me?

... thaz ir mih fuohtut?

3. Cap. 19,9 (F. 43,32f.; Lc. 5,10) T. 127,9 ex hoc iam homines eris fon hinan iu fahistu man | capiens OT. 6Γ.13

ex hoc iam eris homines fon hinan iu fahistu man. | capiens

Junius hat eris durch copies ersetzt und capiens gestrichen. Seine Fassung ex hoc capies homines orientiert sich am Althochdeutschen. 4. Cap. 22,17 (F. 46,5; Lc. 6,23) T. 135,29 ...in illa die ... ... in themo tage... OT. 70v,7

... in die illä ...

... in themo tage...

5. Cap. 24,2 (F. 46,15f.; Mt. 5,13) T. 137,13

quodsi sal euanuerit...

oba thaz salz arltal&

OT. 70v,22

Quod fi euanuerit fal,

oba thaz salz aritalet,

312

Zum lateinischen Text

Im althochdeutschen wurden folgende Korrekturen nach den üblichen Schemata vorgenommen: oba > Oba am Satzanfang, thaz > thas, da es sich um einen Artikel handelt. 6. Cap. 49,2 (F. 56,36; Lc. 7,12) T. 183,25 & turba ciuitatis multa Inti menigi theru burgi mih|cumilla; |hilmitiru OT. 106', 13 et turba multa ciuitatis cum inti menigi theru burgi mih| illä.

| hil mit iru.

Hier kann die Wortumstellung noch am ehesten dem Kopisten angelastet werden, der das Attribut multa unmittelbar zu turba stellte, auf das es sich auch bezieht. 7. Cap. 56,4 (F. 60,22; Mt. 9,13 [Mc. 2,17; Lc. 5,32]) T. 197,24 Non enim ueni uocare niquam zi thiu thaz ih gila|iustos |dotirehte OT. 118r,2

Non enim vocare veni ni quam zi thiu thaz ih gi| iustos, | laöoti rehte,

8. Cap. 56,6 (F. 60,29; Mc. 2,20 [Lc. 5,35]) T. 199,5 in Ulis diebus.... in then tagon. ... OT. 118Γ,16 ... in diebus Ulis.

... in then tagen.

Die Umstellung kann dem Kopisten unter dem Einfluß der üblichen lateinischen Wortstellung unterlaufen sein. Dagegen stimmt im T. die lateinische Wortstellung mit der althochdeutschen überein. E. Sievers und E. Ranke ordnen die Stelle dem Lukasevangelium zu. Sie ergänzt den vorausgehenden Text, der Mt. 9,15 entnommen ist. Der Text folgt hier aber wohl eher Mc. 2,20 ZFPGDOc. 9. Cap. 56,6 (F. 60,27f.; Mc. 2,19) T. 199,1 f. ... quamdiu sponsus ... so lango ther brutigomo cum Ulis est ieiunare ... mit in ist fasten.... OT. 118', 11 quädiu sponfus eft cum fo lango ther brutigomo mit | Ulis ieiunare? | in ist fasten? 10. Cap. 57,8 (F. 61,19f.; Mt. 12,45 (Lc. 11,241)) T. 20l,26f. ... alios spiritus secum ... geista andere mit imo nequiores se ... uuirsiron thanne her si...

Textbesonderheiten: Wortstellung

OT. 121',7

313

alios spiritus Tecum fe geiftu andere mit imo | nequiores. | uuirfiron thanne her fi.

fecum ist vom Kopisten interlinear einkorrigiert worden. Die Stellung von fe weicht von T., F., Mt. und vom Althochdeutschen ab, ebenso von der Lc.-Variante c gleichen Wortlauts. Die erst nachträglich behobene Auslassung von fecum kann auf einem Fehler beim Zusammenfassen zweier Zeilen der Vorlage beruhen. Wenn diese wie im T. mit secum und se endeten, kann das einen Augensprung begünstigt haben. 11. Cap. 67,12 (F. 67,9; Lc. 14,28) T. 223,24f. ... turrem ... turra cedificare...

OT. 136V,29 ... cedificare turrim,

zimbron...

... turra zimbron,

Die Umstellung kann dem Kopisten versehentlich im Zuge einer massiven Selbstkorrektur unterlaufen sein. Er hatte zuerst den althochdeutschen Text in die linke Spalte, den Text der folgenden althochdeutsche Zeile {nibi her...) die rechte eingetragen und sich dann selbst korrigiert. 12. Cap. 69,6 (F. 68,13f.; Mt. 12,12) T. 227,30 quanto magis melior est mihhiles bezira ist ther man |homo oue. |themo scafe OT. 15 Γ,4

quanto magis est melior

mihhiles bezira ist ther man

| homo oue? | themo fcafe? Im OT. wurden die Fragezeichen in Punkte korrigiert. Junius hat quanto magis gestrichen, um es durch eine Konstruktion mit multo zu ersetzen. Diesen Eingriff machte er jedoch rückgängig und schrieb die Ausgangsfassung über multo. 13. Cap. 70,1 (F. 68,28; Lc. 6,12) T. 229,20 Factum est autem in Ulis uuas tho giuuortan in then | diebus tagon OT. 15Γ.25 Factum eft autem in uuas tho giuuortan in then | diebus Ulis, | tagon,

314

Zum lateinischen Text

Eine andere, sehr bekannte Lukasstelle933 hat die gleiche formelhafte Wendung und sogar die Wortstellung des vorliegenden Beispiels:

factum est autem in diebus Ulis exiit dictum a Caesare Augusto ut describeretur universus orbis. Diese Stelle wird zwar ebenfalls in der Tatianbilingue verwendet934, kann aber in diesem Falle nicht als Vorbild angenommen werden, weil die Wortstellung Factum est in Ulis diebus des OT. dort ebenfalls von den übrigen Quellen abweicht, was weiter oben935 schon gezeigt worden ist. Nur scheinbar liegt eine primäre Wortstellungsvariante vor in: Cap. 22,16 (F. 46,1; Mt. 5,11; Lc. 6,22) T. 135,2lf. Beati estis cum maledixesalige birut ir mit thiu iu | rint uobis |fluohhont & odierint uos homines Inti hazzont iuuih man OT. 70r, 27f. Beati estis cum maledixe- Salige [birut ir] mit thiu iu | rint vobis fites |fluohhont int et homines & oderint inti hazzont iuuih man,

| vos birut ir wurde von Junius einer vollständig unlesbaren und zweifach interlinear korrigierten Tilgung übergeschrieben. Die Wortstellungsabweichung beruht auf einem Augensprung des Kopisten zu homines, das er aus Platzmangel kürzte und dann strich, da es den Zeilenparallelismus durchbrach. In der nächsten Zeile geriet er zuerst mit dem Blick auf den althochdeutschen Text der Vorlage, schrieb den Beginn von inti, darauf et, korrigierte sich erneut und schrieb dann mit dem versehentlich vorgezogenen homines weiter. Die Wortumstellung hat keine Begründung in T., F. und Lc., auf den oderint vos homines zurückgeht. Es liegt ein Fehler des Kopisten vor, von dem die Wortstellung des althochdeutschen Textes gänzlich unberührt ist. An primären Wortstellungsvarianten folgen nach der Textlücke noch:

933

Lc. 2,1.

934

Cap. 5,11: OT. 25r,10; T. 85,7-9; F. 34,16.

935

Sieh oben, Nr. 3 in diesem Abschnitt.

Textbesonderheiten: Wortstellung

Nr. Cap.

Stellenangaben

Umgestellte Wörter T. / OT.

14. 158,2

T. 557,2; OT. 163V,13;F. 137,34f.;

hoc pascha

Lc. 22,15

pafcha hoc

T. 563,3l;OT. 169 r ,22;F. 139,16;

ista nocte

Mt. 26,31

nocte ista

16. 203,4

T. 639,18; OT. 217 r ,14; F. 154,35;

scriptum Impleatur

Io. 19,24

impleatur Scriptura

17. 205,7

T. 643,12; OT. 220r,2; F. 155,28; Lc. 23,43

dico tibi tibi dico

18. 211,1

T. 651,6; OT. 223 r ,14;F. 156,34;

dies ille

Io. 19,31

ille dies

19. 211,1

T. 651,9; OT. 223 r ,16;F. 156,34f.;

eorum crura

Io. 19,31

crura eorum

15. 161,2

315

Für diesen Abweichungstypus sind im Vergleich zu den anderen mit dreizehn Fällen vor der Lücke und sechs danach eine leichte Tendenz zur Abnahme zu konstatieren. Die ohnehin nicht gerade hohen Zahlen sollten auch hier nicht überinterpretiert werden. Denn schließlich ist gerade bei diesem Typus mit Fehlern beim Abschreiben zu rechen, seien sie nun dem Kopisten des OT. unterlaufen oder einem früheren Abschreiber.

δ. Auswertung Aus dem vorgeführten Material läßt sich schließen, daß Abweichungen in der Wortstellung zwischen T. und OT. in der Regel nicht zufällig sind und auch nicht überwiegend als Fehler zu beurteilen sind. Auffällig häufig weicht die Wortstellung des OT. in Richtung der Vulgata, insbesondere der Sixto-Clementinischen Textversion ab. Es läßt sich gewiß nicht positiv nachweisen, daß B. Vulcanius eine dieser Ausgaben gleichsam als neuesten und autoritativen Text936 für eine 936

Man vergleiche etwa R. Giyson, Biblia Sacra Iuxta Vulgatam Versionem, S. XVIII.

316

Zum lateinischen Text

Überarbeitung des Lateinischen benutzt hat. Doch lassen diese und weitere, noch zu erörternde Erscheinungen kaum einen anderen Schluß zu als den, daß der lateinische Text tatsächlich nach der Vulgata überarbeitet wurde, und zwar recht behutsam und möglichst ohne den althochdeutschen Text zu tangieren. Die Sixto-Clementinische Vulgatafassung kann wenigstens ebenso wahrscheinlich die Grundlage gewesen sein wie andere Redaktionen, die ein Bearbeiter benutzt haben könnte und die der Sixto-Clementina ähnlich gewesen sein mögen. Es bestünde wohl keine Hoffnung, aus der Vielzahl der im sechzehnten Jahrhundert kursierenden Vulgataausgaben937 genau diejenige herauszufinden, die für eine solche Textrevision benutzt wurde, selbst wenn man sich auf eine Kollation des gesamten noch erhaltenen Materials einlassen wollte. Ein solches Unterfangen wäre nicht sinnvoll. Denn schließlich sind ja, wie oben ausgeführt, noch weitere Abweichungsursachen möglich. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, daß bereits ältere Eingriffe zu Änderungen des Textes auf die Vulgata hin geführt haben. Damit ist es wohl müßig, nach einer einzigen Bearbeitungsgrundlage Ausschau zu halten. Außerdem wurde die Überarbeitung nach dem Text der Vulgata nicht mechanisch und um jeden Preis bis ins letzte Detail vorgenommen, so daß sich auch deshalb eine Vorlage nicht sicher bestimmen läßt. Ein entscheidendes Kriterium scheint gewesen zu sein, die lateinisch-althochdeutsche Zeilenkongruenz nicht zu durchbrechen. Das hat zur Folge, daß Änderungen der Wortstellung sich in der Regel innerhalb einer Zeile des OT. abspielen und sich meist auf zwei Wörter beschränken. Wenn sie doch über den Zeilenumbruch hinausgreifen, so hat das seinen Grund gerade in der Orientierung am althochdeutschen Text und nicht an der Vulgata938. Im folgenden Fall hätte dagegen eine Umstellung des lateinischen Textes auch zu einer Umordnung des althochdeutschen gefuhrt. Die zugrundeliegende Evangelienstelle hätte Anlaß zu einer Umstellung geben können. Sie unterblieb aber.

937

K. Aland, Philologia Sacra II, S. 655f. Ο. B. Knoch - K. Scholtissek, LThK. II, 1994, Sp. 373.

938

Sieh etwa das Beispiel aus Cap. 184,6, oben, Teil IV.B.b.l.ß, Nr. 22.

Textbesonderheiten: Wortstellung

317

1. Cap. 185,3 (Τ. 607,2-4; F. 147,35ί; Ιο. 18,11) tl] Τ. 607,2-4 calicem quem dedit mihi then kelih then mir gab ther | pater |fater [2] non bibam illum nitrinku inan [3] mitte gladium tuum in senti thin suert In sceidun |uaginam OT. I96r,

19-21

Calicem quem dedit mihi Then kelih then mir gab ther I pater, |fater, non bibam illum? ni trincku inan? mitte gladium in vaginam. fenti thin fuert in fceidun.

Im OT. stimmt in der Anordnung der Sätze mit T. und F. und in der Zeilenaufteilung mit T. überein. Bei Io. ist die Abfolge der Sätze

dagegen:

[3]

mitte gladium in vaginam [1] Calicem quem dedit mihi

Pater [2] non bibam illum. Eine Umstellung der Zeilen gemäß Io. erfolgte also nicht, obwohl eine solche Stelle bei einem Textvergleich auffallen konnte. Weiter ist zu bemerken, daß Junius nach mitte zunächst tuum als Entsprechung zu thin einkorrigiert, es aber wieder getilgt hat. OT. stimmt hier mit F. überein. Bei Io. fehlt tuum in den meisten Zeugen, nicht aber in Μ und in t. Angesichts der vergleichsweise auffälligen Textumstellung konnte eine solche kleinere Abweichung übersehen werden. Die Hinweise auf alte Bibelhandschriften, die mit OT. gegen T. übereinstimmen, zeigen die Möglichkeit ursprünglicher, und das heißt unter Umständen sehr alter Divergenzen zwischen T. und der Vorlage des OT. an. Damit sollen, das ist erneut zu betonen, Handschriften wie der Amiatinus939, der Cavensis oder der Sangermanensis nicht als unmittelbare Quellen behauptet werden. Doch stehen sie ihrerseits für Texttraditionen, deren mögliche Einwirkungen auf die Vorlage des OT. einkalkuliert werden muß. Es ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, daß der Codex Sangallensis seine Entstehung einem Bedarf an bilingualen Handschriften verdankt940, die mit intensiven Bemühungen um den Bibeltext in Sankt Gallen zusammenhängen. Auch sonst hat 939

B. Fischer, Lateinische Bibelhandschriften im frühen Mittelalter, S. 18-26.

940

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 96-98.

318

Zum lateinischen Text

gerade in der Karolingerzeit der Bibeltext im Zentrum der Arbeit von Gelehrten gestanden, wovon zum Beispiel die Handschriften der sogenannten Alcuinbibel941 Zeugnis geben. Einige der besprochenen Abweichungen stimmen tatsächlich mit dieser Texttradition überein. Der Diatessarontext Tatians, den der Codex Fuldensis überliefert, ist seinerseits das Ergebnis einer alten Überarbeitung nach der Vulgata942. Deren Textüberlieferung ist ihrerseits reich an Varianten, so daß es fur einen Bearbeiter immerzu Anlaß zu Eingriffen geben konnte, je nachdem, welchen Text er selbst als maßgeblich erachtete. Eine weitere signifikante Gruppe bilden die Fälle, in denen OT. gegen T. und die übrigen Quellen eine Wortstellung aufweist, die der des althochdeutschen Textes entspricht. Die althochdeutschen Fassungen stimmen jeweils überein. Für diese Erscheinung gibt es zwei mögliche Erklärungen. Sie kann eine Bearbeitung der Vorlage des OT. bezeugen, die mit einer ähnlichen Absicht durchgeführt worden wäre wie die Eingriffe des Junius, aber längst nicht so umfassend und konsequent. Die Änderungen können aber auch dem Kopisten beim Abschreiben unterlaufen sein, und zwar dann, wenn er vor der Niederschrift des lateinischen Textes die gesamte Zeile gelesen hatte und die Wortstellung des Althochdeutschen ihn bei der Niederschrift des Lateinischen beeinflußte. Die lateinische Syntax toleriert das. Die Wortstellungsabweichungen in Richtung der Vulgata und des althochdeutschen Textes lassen sich am ehesten als Zeugnisse bewußt vorgenommener Eingriffe in den Text werten, wenngleich es sehr schwierig zu entscheiden ist, ob sie alle vom selben Bearbeiter vorgenommen wurden, ob sie einem einzigen Arbeitsgang angehören oder ob sie zeitlich unabhängig voneinander sind. In diesem Zusammenhang kommt auch dem Kopisten ein Anteil zu, der immerhin noch Spuren hinterlassen hat, die über den bloßen Befund einer Textkorrektur nach der Vulgata hinausgehen. Das weiter oben943 besprochene Beispiel aus Cap. 5,7, in dem Junius eine Marginalnotiz getilgt hat, die als Verweis 941

B. Fischer, Lateinische Bibelhandschriften im frühen Mittelalter, S. 210-250.

H. J. Vogels, Beiträge zur Geschichte des Diatessaron, S. 15-34. B. Fischer, Lateinische Bibelhandschriften im frühen Mittelalter, S. 60. Man vergleiche auch Th. Zahn, Neue Kirchliche Zeitschrift 5 (1894) S. 85-120. 943 Teil IV.B.b.l.ß., Nr. 10. 942

Textbesonderheiten: Wortstellung

319

auf den Wortlaut der Vulgata erklärbar ist, zeigt immerhin, daß der lateinische Text durchaus kritisch gelesen wurde, und zwar wohl vom Kopisten und in einer anderen Weise als Junius es getan hat. Es gibt noch einen ähnlich gearteten Fall: 2. Cap. 4,11 (F. 32,3f.; Lc. 1,60) T. 75,25 nequaquam sed uocabitur nio in altare uzar sin namo | iohannes, | seal sin iohannes. OT. 16V,8

Nequaquam; fed nomen N[....]tare. uzan fin namo | eins erit Joänes. | fcal fin Johannes

Der erste Teil der althochdeutschen Zeile N[....]tare ist verschrieben und wohl auch durch Korrekturen entstellt gewesen und von Junius so stark getilgt worden, daß sich nicht mehr alle Buchstaben erkennen lassen. Junius ersetzte nach Parallelstellen, die im Kommentar944 aufgeführt sind: Nio in altere. Der lateinische Wortlaut weicht erheblich von T. ab. Das divergierende nomen eins erit ist unterstrichen. Marginal links wurde ein Eintrag getilgt, von dem noch -bi[.]2 von der Hand des Kopisten erkennbar ist. Davor sind fünf bis sechs Buchstaben getilgt worden. Das Ende der Notiz läßt sich als gekürztes Wort vocabit2 (= vocabitur) lesen, was der Fassung im T. und in der Vulgata entspricht. Der lateinische Text wurde in beiden Fällen von Marginalhinweisen nicht geändert. Wenn die Zuweisung dieser Marginalnotizen an den Kopisten stimmt, so ergeben sich zwei Folgerungen. Zum einen hat der von T. abweichenden Text bereits der Vorlage angehört und ist kein Versehen des Kopisten. Ein solches hätte er einfach beheben können. Zum zweiten ist er wenigstens am Beginn seiner Tätigkeit auf Abweichungen des lateinischen Textes von der Vulgata aufmerksam geworden und hat sie vermerkt. Es ist demnach anzunehmen, daß der Kopist beim Abschreiben außer der Vorlage auch den Bibeltext konsultiert hat. Die ersten Seiten der Handschrift sind auch sonst etwas sorgfältiger, weil offenbar langsamer geschrieben worden als der übrige Teil. Das ist ohne weiteres aus der Schreibsituation erklärlich, in der sich der Kopist erst in seine Aufgabe hineinfinden mußte. Der weitere Text wirkt im ganzen hastiger. In ihm sind Marginalvermerke der beschriebenen Art nicht mehr zu finden. 944QJ 17r

320

Zum lateinischen Text

Die Hinzunahme der Vulgata durch den Kopisten, die sich aus den genannten Beispielen nur mit einiger Vorsicht folgen läßt, ist aber auch im weiteren Verlauf der Handschrift nicht unterblieben, wie noch gezeigt wird945. Fehler, das heißt nicht bewußt geplante Änderungen beim Abschreiben lassen sich am wahrscheinlichsten in der Gruppe deijenigen Belege vermuten, die nicht durch den Rückgriff auf eine mögliche Textquelle zu erklären sind. Anders als in den oben zusammengestellten unkorrigierten Belegen wurde im folgenden Beispiel eine Wortumstellung rückgängig gemacht. 3. Cap. 188,2 (F. 149,14£; Mt. 26,73) T. 613,13f. nam & loquela tua thin sprahha manifestum te facit offanot thih OT. 199\20 Nam et loquela tua te thin fphraha offanot [.] thih \manifestum facit, Nam et ist nachträglich aufgrund fehlender althochdeutscher Entsprechung getilgt worden. Die Umstellung von manifestum te steht gegen T., F. und Mt. die Wörter wurden mit einem Umstellungszeichen versehen, das einem gerundeten ζ ähnelt und vom Kopisten stammen kann. Wenn er selbst eine Wortumstellung korrigiert hat, ist damit belegt, daß ihm derartige Fehler tatsächlich unterlaufen sind und nicht bereits die Vorlage so ausgesehen hat. Ein Eingriff des Junius ist aber nicht völlig ausgeschlossen. Der Typus der Wortstellungsabweichung erbringt wichtige Indizien. Die Spuren, die einen tieferen Einblick in das Zustandekommen der Abweichungen zulassen, müssen unter Vorbehalten gelesen werden. Es zeigt sich immerhin, daß es möglich ist, trotz der prekären Überlieferungslage des Oxforder Apographs zu mehr plausiblen Rückschlüssen über dessen Entstehungsweise zu gelangen, als man es auf den ersten Blick für möglich halten sollte. Von reinen Fehlern abgesehen, ist eine Bearbeitung des lateinischen Textes zu erkennen. Wer welchen Anteil daran gehabt hat, ist damit noch nicht gesagt. Doch sind die Wortstellungsvarianten nur ein Abweichungstypus von mehreren. Sie zeigen die Richtung an, in der weitere Erkenntnisse zu vermuten sind. 945

Sieh unten, Teil IV.B.b.2.a.

Textbesonderheiten: Wortvarianten

321

2. Wortvarianten und Wortformvarianten Hinsichtlich des Wortbestandes und der Wortformen bestehen primäre Unterschiede zwischen den lateinische Texten in T. und OT., und zwar in über fünfhundert Fällen. Da sie für die Frage nach der Textgeschichte der Oxforder Handschrift von entscheidender Bedeutung sind, werden sie vollständig dokumentiert. Zu behandeln sind lexikalische Varianten, das heißt unterschiedliche, häufig synonyme Wörter an dergleichen syntaktischen Position, und morphologische Varianten. Hinzu treten Erscheinungen wie das Fehlen einzelner Wörter im OT., zusätzliche Wörter im Vergleich zum T. und sogar zusätzliche Zeilen im OT., die aus guten Gründen in einem eigenen Abschnitt untersucht werden. In der Regel beschränken sich die Abweichungen der Handschriften hinsichtlich einzelner lateinischer Wörter auf lexikalische, morphologische und graphische Erscheinungen. Lautliche Varianten sind sehr selten. Die wenigen Fälle werden zu den Wortvarianten gestellt, da sie auf gleiche Weise erklärbar sind wie diese. Die Abweichungen der lateinischen Graphien werden gesondert abgehandelt. Es wäre möglich, die Varianten des Wortbestandes und der Wortformen nach äußeren Merkmalen wie Lexikon, Morphologie, Zusatz, Auslassung (und so weiter) zu typisieren. Doch ist den eigentlichen Problemen der Handschrift auf diese Weise nicht beizukommen. Am Beispiel der einfachen Wortumstellungen ist gezeigt worden, daß es bei den primären Textbesonderheiten des OT. auf die jeweilige Richtung ankommt, in die die Divergenzen weisen. Unter diesem Kriterium werden auch die Wortvarianten untersucht. Für jede Abweichungsrichtung lassen sich dann unterschiedliche Abweichungserscheinungen feststellen. Der hohen Zahl der Belege wegen erfolgt die Dokumentation in gedrängter Form. Die Beleg werden innerhalb eines Unterkapitels in Artikeln in der Reihenfolge ihres Auftretens in der Handschrift besprochen. Jedem Artikel wird eine Kopfzeile mit den Angaben über das Kapitel des OT., die Stellenangabe des Fuldensis in der Edition E. Rankes und der Evangelienstelle vorangestellt. Sie enthält auch gegebenenfalls die Zählung nach E. Sievers, wo diese vom OT. abweicht. Dann folgt der lateinische Text, um den es geht, mit den genauen Stellenangaben. Da durch die Kapitelangaben und die Stellenangaben der Zugriff auf die Editionen und kritischen Apparate von A. Masser und E. Sievers

322

Zum lateinischen Text

gesichert ist, werden Angaben über Konjekturen oder Anmerkungen in diesen Editionen nicht mit besonderen Nachweisen versehen, um den Fußnotenapparat zu entlasten. Der althochdeutsche Text wird nur aus besonderen Gründen beigegeben. Den Abschluß eines jeden Artikels bildet eine Kurzanalyse, in der mitgeteilt wird, in welcher Weise die Quellen übereinstimmen und was sonst an Auffälligkeiten zu vermerken ist. Wenn Tilgungen im lateinischen Text vermerkt werden, so bedeutet der eingeklammerte Hinweis (0ΑΜ.), daß keine unmittelbare althochdeutsche Entsprechung für das getilgte lateinische Wort im Sinne einer Wort-für-Wort-Übersetzung vorliegt. Damit ist keine Aussage darüber getroffen, wieweit die althochdeutsche Übersetzung mit ihren sprachlichen Mitteln das Lateinische angemessen wiedergibt. Der Text des OT. wird, wie stets in dieser Arbeit, in der Fassung des Kopisten geboten. Textkritische Anmerkungen werden nur dann gegeben, wenn sie für die Beurteilung der Fälle relevant sind. Insbesondere wird auf die Anzeige häufiger graphischer Korrekturen von Typus i ο j oder u ο ν verzichtet, um das Augenmerk auf das Wesentliche zu konzentrieren.

a. Übereinstimmung mit der Vulgata Für eine große Anzahl der Wortvarianten und der Wortformvarianten läßt sich feststellen, daß sie mit einer oder mehreren Redaktionen des jeweils zugrunde liegenden Vulgatatextes übereinstimmen. Damit tritt erneut ein Phänomen zutage, daß bereits bei der Analyse der Wortstellungsvarianten946 begegnet ist und dort einen nicht unbeträchtlichen Teil der Fälle ausmacht. Zur Belegdokumentation und der Art und Weise, wie die Hinweise auf die Vulgatahandschriften zu verstehen sind, ist dort bereits das Nötige gesagt worden. Die Evangelienstellen werden für T. nur in den wenigen Fälle eigens vermerkt, in denen dessen Text von seiner Vorlage F. abweicht oder für die etwas häufigeren, in denen T. einem anderen Evangelisten folgt als OT. Das Zeichen χ zeigt an, daß der Text von T. oder OT. aus mehreren Evangelienstellen komponiert ist.

946

Teil IV.B.b.l.a.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

323

Wenn das im OT. auf andere Weise geschehen ist als im T., wird es durch ein Ausrufungszeichen kenntlich gemacht. In manchen Fällen ist die Rückführung einer Variante auf die Vulgata nicht unbedingt zwingend, da sich auch andere Erklärungsmöglichkeiten anbieten. Belege, die nur unter besonderen Vorbehalten dem gegenwärtigen Variantentypus zugeordnet werden können, sind am Ende der Dokumentation gesondert aufgeführt (Ab Nr. 239.). Da der Kopist mit dem lateinischen Text im ganzen deutlich weniger Schwierigkeiten hatte als mit dem Althochdeutschen und eindeutige Fehler selten sind, werden in Zweifelsfällen Varianten eher auf die Vulgata zurückgeführt, als ohne besondere Gründe Fehler des Kopisten anzunehmen. Einschlägige Hinweise werden im Kommentar gegeben. Zu diesen Fällen werden auch solche gestellt, in denen einem Fehler des T. eine korrekte Fassung des OT. gegenübersteht. Es handelt sich um insgesamt fünfzehn Belege, von denen drei fraglich sind. Zwar können einige solcher Fehler, wenn sie denn Teil der Vorlage waren, auch vom Kopisten aufgrund seiner Lateinkenntnisse korrigiert worden sein. Doch war eine Überprüfung mit Hilfe der Vulgata jedenfalls möglich. 1. Cap. 4,16 (F. 32,23; Lc. 1,74) T. 77,24f. ...de mambus inimicorum nostrorum... r OT. 19 ,ll ... de man« inimicorum nrorum OT.=F.+Lc. gegen T. - Der Singular von manus steht gegen T. und gegen das Althochdeutsche. Der Kopist hatte nostrorum zunächst in die folgende Zeile geschrieben, es dort aber gestrichen und zur Wahrung des Zeilenparallelismus interlinear mit einem Einzugszeichen und gekürzt in Zeile 11 nachgetragen. 2. Cap. 4,19 (F. 32,32; Lc. 1,80) T. 79,7 in deserto r OT. 19 ,27 in defert/s T.=F.; OT.=Lc. ZDCOc 3. Cap. 5,13 (F. 34,25f.; Lc. 2,7) T. 85,26 ... In presepio' OT. 25r,28 ... in praesep/, T.=F.; OT.=Lc. Z. - Ähnlich: Nr. 4947. 947

Zu praesepium und praesaepe: GH. II, Sp. 1875f.

324

Zum lateinischen Text

4. Cap. 6,2 (F. 34,34; Lc. 2,12) Τ. 8 7,10 ... In presep/'o, OT. 25v, 14 in praefep/. Τ - F . ; O T - L c . Ζ - Ähnlich: Nr. 3 5. Cap. 7,9 (F. 36,8; 2,37) T. 91,31 seruiens die ac nocte, OT. 31r, 7 feruiens nocte et die. OT.=F.+Lc. gegen T. hinsichtlich ad et, wenn nicht eine zufällige Synonymenverwechslung durch den Kopisten vorliegt. Dann wäre der Fall noch zu den im vorigen Abschnitt behandelten Wortumstellungen zu zählen, die der Vulgata folgen. Die Wortstellung steht gegen T., stimmt aber mit F. und Lc. überein. Die lateinische Zeile ist von Junius durch ferviebat die et nocte ersetzt worden, womit er ahd. thienota tages inti nahtes folgt. 6. Cap. 8,3 (F. 36,22; Mt. 2,6) T. 93,29 ex te enim exi& iudex.1 OT. 3 Γ, 10 Ex te enim exiet Dux T.=F.; OT.=Mt. - Die althochdeutsche Entsprechung lautet tuomo. Junius948 bemerkte das Problem und notierte im Kommentar: tuomo,

Dux] Frequentiusponitur pro Judice. vide annotata adXXVII,2. 7. Cap. 8,5 (F. 36,30; Mt. 2,9) T. 95,11 star& supra erat puer OT. 31v,24 staret fupra ubi erat puer OT.=F.+Mt. gegen T. - Im T. fehlt ubi. Es wird von A. Masser und E. Sievers konjiziert. Im OT. steht es von vornherein. 8. Cap. 8,6 (F. 36,33; Mt. 2,11) T. 95,15 cum maria matre sua.' OT. 3 l v ,28 cum Maria matre eius. T.=F.; OT.=Mt. 9. Cap. 12,2 (F. 37,30; Lc. 2,42) T. 99,13 & cum factus fuiss& OT. 37Γ, 11 Et cum factus eßet... T.=F.; OT.=Lc. 10. Cap. 12,3 (F. 37,33; Lc. 2,44) T. 99,20 existimantes autem esse In comitatu. 948

OT. 32r.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

OT. 37r,17f.

325

Aeftimantes autem illum. effe in comitatu T.=F.; OT =Lc. hinsichtlich illum. - autem wurde gestrichen (0 Ahd.), e/Tevom Kopisten am Ende der Zeile nachgetragen. Die Wortvariante existimanteslAeftimantes wird unter den sonstigen Änderungen949 behandelt. 11. Cap. 12,4 (F. 38,2; Lc. 2,46) T. 99,28 ... & interrogantem OT. 37r,28 ... et interrogantem eos. Τ =F.; OT.-Lc. PCc (illos sZD) 12. Cap. 12,4 (F. 38,1; Lc. 2,46) T. 99,26 Inuenerunt illum ... OT. 37r,26 inuenerunt eum Τ - F . ; OT.=Lc. 13. Cap. 13,1 (F. 38,13; Lc. 3,1) Τ. 101,16 Anno quinto decimo OT. 37v,22 Anno autem quintodecimo OT.=F.+Lc. gegen T. - autem ist kräftig getilgt (0 Ahd.). Auch die Zusammenschreibung von quintodecimo entspricht Lc., nicht aber F. Hier kann sich jedoch auch eine Schreibgewohnheit des Kopisten ausgewirkt haben. 14. Cap. 13,1 (F. 38,18; Lc. 3,2) T. 101,27 ... uerbumJ/ OT. 40r, 1 verbum Domini T.=F.; OT.=Lc. GDOc. - A. Masser und E. Sievers lösen die Kürzung zu dei auf950. Das erscheint plausibel. Denn dei entspricht F., den meisten Lc.-Redaktionen bis auf GDOc und außerdem ahd. gotes. A. Masser merkt an, daß eine Korrektur di < dni durch Rasur vorliege. Dagegen notiert E. Sievers eine Korrektur dl< nl Im Mikrofilm951 ist dl mit Kürzungsstrich zu erkennen, nicht jedoch, ob aus dni oder nl korrigiert wurde. Entscheidend ist, daß die ί/7-Kürzung sicher ist. Es ist nicht ganz auszuschließen, daß die Vorlage eine ^/-Kürzung hatte, wie sie auch ursprünglich im T. gestanden haben kann. Damit 949

Teil IV.B.b.2.6.

950 951

Sieh auch A. Cappelli, Lexicon Abbreviaturarum, S. 97.

Cod. Sang. 56, p. 43, Z. 27.

Zum lateinischen Text

326

wäre die Wortvariante sehr alt und reichte noch vor die Korrektur des T. zurück. Da aber auch sonst allenthalben Varianten des OT. eine Entsprechung in der Vulgata finden, ist es wahrscheinlicher, eine Korrektur des OT. nach Lc. anzunehmen. 15. Cap. 13,3 (F. 38,24; Mt. 3,3)

T. 103,5

... In derto'

OT. 40r,13 ... in de/ertb; OT.=F.+Mt. gegen Τ. - A. Masser und E. Sievers bessern den offensichtlichen Fehler in deserto. OT. ist von vornherein korrekt und kann sich an der Vulgata orientiert haben. 16. Cap. 13,4 (F. 38,31; Io 1,9) T. 103,23 Inmundum, OT. 40v,3 in hunc mundum T.=F.; OT.=Io. PCc - Denkbar wäre auch eine Einfügung des Demonstrativpronomens nach dem Vorbild von ahd. in thefa uueralt. Da aber ausgerechnet hunc gewählt wurde und dieses auch in Io. PCc bezeugt ist, ist eher von einer Korrektur nach der Vulgata auszugehen. 17. Cap. 13,5 (F. 38,31; Io. 1,10) Τ. 103,24 In hoc mundo erat.' OT. 40v,4 Jn mundo erat, OT.=F.+Io. gegen T. - hoc fehlt auch bei E. Sievers, der das Fehlen in F. eigens vermerkt. 18. Cap. 13,10 (F. 39,9; Io. 1,18) T. 105,23 ... Ipse narrauit OT. 43r,12 ... ipse enarrauit Τ =F.; OT.=Io. 19. Cap. 13,13 (F. 39,16; Mt. 3,7) T. 107,6 fugere a futura Ira, OT. 43v,2 fugere ä Ventura irä? Τ =F.; OT.=Mt. c. 20. Cap. 13,16 (F. 39,24f.; Lc. 3,11) T. 107,21 ... duas tonicas OT. 43v,17 ... duas twnicas, OT.=F.+Lc. gegen T. - Auch eine rein graphische Variante wäre sicher möglich.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

327

21. Cap. 13,19 (F. F. 39,35; Io. 1,19) T. 109,8 ut Interrogarent eum ... OT. 46Γ, 11 ad eum, ut interrogarent eum OT.=F.+Io. gegen T. - ad eum gestrichen (0 Ahd.). 22. Cap. 13,23 (F. 40,12; Io. 1,26) T. 111,3 quem uos non sictis OT. 46v,15 quem vos nefcitis T.=F.; OT.=Io. NPGDCc. 23. Cap. 13,23 (F. 40,13; Mt. 3,11) T. 111,4 ... baptizauit ... OT. 46v,16 ... baptizaM Τ =F.; OT.-Mt. SNMZGCOc. - Mt. AFPD: -uit. 24. Cap. 13,24 (F. 40,15; Mt. 3,12) T. 111,7 ... & congregaw/7 OT. 46v,21 et congregaA/7... T.=F.; OT.=Mt. SNAMZGDCOc. - Mt. FP: -uit. 25. Cap. 14,4 (F. 40,31; Mt. 3,16) T. 113,3 Micolumbam OT. 49r,24 ficut columbam T.=F.; OT.=Mt. 26. Cap. 14,4 (F. 40,30; Mt. 3,16) T. 113,1 ecce aperti sunt ei caeli. OT. 49r,21 et ecce aperti funt ei c?li, T.=F.; OT.=Mt. - et in kleiner Schrift. Es wurde getilgt (0 Ahd.) und ecce > Ecce korrigiert. Danach fugte Junius tunc wegen ahd. thö ein. 27. Cap. 14,4 (F. 40,3Ii; Mt. 3,16) T. 113,4 uenientem super se OT. 49r,24 ... et venientem fuper fe T.=F.; OT.=Mt. Ν Μ Ρ Φ γ - Im Althochdeutschen wurde gegen T. inti nachgetragen, und zwar wohl vom Kopisten. 28. Cap. 14,5 (F. 40,32; Mt. 3,17) T. 113,5 & ecce uox de caelis OT. 49r,25 Et ecce vox de c§lis; dicens T.=F.; OT.=Mt. - Junius hat dicens gestrichen und nach vox stattdessen dicebat einkorrigiert. Er orientierte sich an ahd. stemma quad. Noch E. Sievers hat dicebat und vermerkt dessen Fehlen für F.

328

Zum lateinischen Text

Cap. 15,1 (F. 41,4; Mt. 4,1) T. 113,22 In deserto ... OT. 49v,16 ... in öefertizm Τ =F.; OT.=Mt. 30. Cap. 15,4 (F. 41,11; Mt. 4,5) Τ. 115,4 tunc assumit eum diabolus OT. 52r,5 Tunc aßump/7/ eum diabolus T.=F.; OT.=Mt. NAZPGDCOc. Sieh auch Nr. 31. 31. Cap. 15,5 (F. 41,16; Mt. 4,8) T. 115,16 Iterum assum/Y eum diabolus OT. 52r,19 Jterum aßumpfit eum diabolus T.=F.; OT.=Mt. SNZPGDOc. Sieh auch Nr. 30. 32. Cap. 15,5 (F. 41,20; Mt. 4,10) T. 115,22 tunc dicit... OT. 52r,25 Tunc dixit... Τ =F.; OT.=Mt. NGC 33. Cap. 15,5 (F. 41,20; Mt. 4,10) T. 115,23 ... scriptum est. OT. 52v,l ... Scriptum est enim T.=F.; OT.=Mt. PGCOc. - enim wurde zuerst gestrichen, dann wieder übergeschrieben. 34. Cap. 16,2 (F. 41,27f.; Io. 1,37) Τ. 117,5 & audierunt eum discipuli OT. 52v,16 Et audierunt eum duo difcipuli T.=F.; OT.=Io. - Junius ersetzte Et durch Tunc und duo durch ifti. Er orientierte sich an ahd. tho und thie. 3 5 . Cap. 17,1 (F. 42,4; Io. 1,34) T. 117,29 IN crastino ... OT. 55r, 18 Jn craftinum ... Τ =F.; OT.=Io. 3 6 . Cap. 18,5 (F. 43,1; Mc. 1,15) T. 123,lOf. ... &credite in euangelio. ... OT. 58v,7f. ... et credite Euangelio... 29.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

329

T.=F.; OT.=Mc. - Althochdeutsche Entsprechungen: T.: themo euangelio, OT.: nur euangelio. Hier hat sich die althochdeutsche OTFassung am Lateinischen orientiert und nicht umgekehrt. 37. Cap. 20,1 (F. 44,1; Mt. 9,9) T. 127,14 ...adteloneo OT. 61v,18 ...in telonio OT.=F.+Mt. gegen T. 38. Cap. 21,7 (F. 44,21; Io. 3,32f.) T. 129,23f. ... nemo accepit qui accepit... OT. 64v,13f.... nemo acc/pit qui acc/pit... OT.=F.+Io. - Die Präsensformen entsprechen stehen gegen T. und das althochdeutsche Perfekt in der Entsprechung intphieng. Im OT. ist das zweite accipit zu accepit korrigiert worden. Diese Korrektur in Z. 14 bringt OT. in genaue Übereinstimmung mit Io. 3,33 ΡΦε. 39. Cap. 21,7 (F. 44,18; Io. 3,31) T. 129,18 supra omnes est.,... OT. 64v,6 ... fuperöes eft, T.=F.; OT.=Io. ΡΦΕ. 40. Cap. 21,12 (F. 45,2; Mt. 4,16) T. 131,20 populus qui sedebat in tenebris OT. 67r,19 populus qui ambulat in tenebris, T.=F.+Mt. gegen OT. - ambulat wurde von Junius durch fedebat ersetzt, was ahd. faz entspricht. Das Syntagma ambulare in tenebris wird in der Vulgata verschiedentlich benutzt952. Einen wörtlichen Anklang bietet allein Is. 9,2: populus qui ambulat in tenebris uidit lucem magnam. Auch wenn es in den Evangelien keine solche direkte Parallele gibt, ist mithin ein Einfluß aus sonstiger Bibelkenntnis denkbar. 41. Cap. 22,5 (F. 45,16; Mt. 5,1) Τ. 13 3,11 Et cum uidiss& turbam OT. 67v,15 Et cum vidißet turbas,

952

Altes Testament: lob 24,17; 29,3; PsG. undPsH. 81,5; 90,6; Is. 9,2; 50,10; 59,9. Neues Testament: Io. 8,12; 1 Io. 11.

330

Zum lateinischen Text

OT.=F+Mt. gegen T. - Im OT. wurde Et getilgt und cum in Cum korrigiert, da die althochdeutsche Zeile mit Mit thiu beginnt. Dabei handelt sich um eine sekundäre Korrektur nach bekanntem Muster. 42. Cap. 23,4 (F. 46,12f.; Lc. 6,26) T. 137,9f. ... secundum haec faciebant pseudoproph&is patres eorum v OT. 70 , 19 Secundum haec faciebant prophetis patres eoc, T.=Lc. Dt; OT.=F.+Lc. SNAMZPGDOc. 43. Cap. 27,1 (F. 47,3; Mt. 5,23) T. 139,32 Si ergo offers... OT. 73v,6 Si ego offers T.=F.; OT.=Mt. t. 44. Cap. 28,1 (F. 47,13f.; Mt. 5,28) T. 141,23 lam moechatus eam in corde suo. OT. 73v,24 iam moechatus e/?eam in corde fuo. OT =F.+Mt. gegen T. - est fehlt im T. Es wird von A. Masser und E. Sievers konjiziert. 45. Cap. 30,6 (Sievers 30,4) (F. 47,30; Mt. 5,36) T. 143,23 neque per caput tuum iuraiem OT. 76r,28 neque per capillum tuü iurawem, T.=F.; OT.=Mt. 46. Cap. 31,3 (F. 47,35; Mt. 5,39) T. 145,3 In dextra maxilla tua.' OT. 76v,9 in dextera/w maxillam tuam, T.=F.; OT =Mt. sc. - Entscheidend ist die Kasusvariante, dextram / dexteram gehört dagegen zu den handschrifteninternen Graphieregelungen, die nicht auf eine bestimmte Quelle zurückzufuhren sind. 47. Cap. 31,4 (F. 47,36; Mt. 5,40) T. 145,5 & Uli qui vult... OT. 76v, 11 et ei qui vult... T.=F.; OT.=Mt. SNMZGDCOt. - Mt. AF: illi Das Wort fehlt Mt. s. 48. Cap. 31,6 (F. 48,3; Mt. 5,42) T. 145,12 ... mutuare a te.' OT. 76v,18 ... mutuar/äte, T.=F.; OT.=Mt.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

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49. Cap. 31,7 (F. 48,4; Lc. 6,30) T. 145,15 «o«rep&as. OT. 76v,21 ne repetas. T.=F.; OT.=Lc. 50. Cap. 31,8 (F. 48,5; Lc. 6,31) T. 145,17 facite illis similiter., OT. 76v,23 et vos facite illis fimiliter. T.=F.; OT.=Lc. 51. Cap. 32,1 (F. 48,6f.; Mt. 5,43) T. 145,19 dilig/5 proximum tuum OT. 76v,25 Diliges proximum tuum, T.=F.; OT.=Mt. - Im OT. ist das -s getilgt worden, um die Form mit dem althochdeutschen Imperativ Singular minna (T.: minno) in Übereinstimmung zu bringen. 52. Cap. 32,1 (F. 48,7; Mt. 5,43) T. 145,20 & odio habebis inimicum tuum; OT. 76v,26 et odies inimicum tuum. T.=F.; OT.=Mt. sMGD. - odies wurde von Junius durch odio habe ersetzt, und zwar aufgrund von ahd. habe in hazze. 53. Cap. 32,4 (F. 48,12; Mt. 5,46) T. 145,31 Si enim diligatis eos... OT. 79r,7 Si enim dilig/tis eos ... T.=F.; OT =Mt. t - enim ist getilgt (0 Ahd.). 54. Cap. 32,8 (F. 48,23; Lc. 6,35) T. 147,15 nihil disperantes. OT. 79r,24 nihil inde sperantes OT.=Mt. Ar; OT.«F. (F.: desp-) gegen T. 55. Cap. 32,10 (F. 48,26; Mt. 5,48) T. 147,23 sicut pater uester... OT. 79v,3 sicut et pater uefter... T.=F.; OT.=Mt. - Die Änderung gegen T. könnte auch nach dem Vorbild der identisch beginnenden Zeile l 953 erfolgt sein. 56. Cap. 33,1 (F. 48,29; Mt. 6,1) T. 147,26 & uideamini ab eis., OT. 79v,6 ut videamini ab eis; T.=F.; OT.=Mt. 953

T. 147,21.

332

Zum lateinischen Text

57. Cap. 33,2 (F. 48,31; Mt. 6,2) T. 147,29 cum ergo facies elimosinam OT. 79v,9 Cum ergo facis (< facietis) eleemofynam, Τ-F.; OT-Mt. MGCc (?) - OT.: ergo gestrichen (0 Ahd.); facietis > facis korrigiert. Die ursprüngliche OT.-Variante facietis divergiert von T., F. und Mt facis kann aufgrund von ahd. tuos hergestellt worden sein, ebensogut aber einer der genannten Mt.-Redaktion folgen. 58. Cap. 33,3 (F. 48,36; Mt. 6,4) T. 149,8 ... In abscondito. OT. 79v,19 in abfcon/ö... T.=F.; OT.=Mt. sMGD. - Nr. 58 bis 61 entsprechen einander. Sieh auch Nr. 68f. 59. Cap. 33,3 (F. 48,36; Mt. 6,4) T. 149,6 ut sit elimosina tua in abscondito. OT. 79v,17 ut fit eleemofyna tua in abfconfo T.=F.; OT.=Mt. sMGD. - Nr. 58 bis 61 entsprechen einander. Sieh auch Nr. 68f. 60. Cap. 34,2 (F. 49,6; Mt. 6,6) T. 149,20 ... In abscond/to OT. 82r,l ... in abfcon/o T.=F.; OT.=Mt. sMGD. - Nr. 58 bis 61 entsprechen einander. Sieh auch Nr. 68f. 61. Cap. 34,2 (F. 49,7; Mt. 6,6) T. 149,22 in abscondito ... OT. 82r,3 in abfcon/ö... T.=F.; OT.=Mt. sMGD. - Nr. 58 bis 61 entsprechen einander. Sieh auch Nr. 68f. 62. Cap. 34,3 (F. 49,8; Mt. 6,7) T. 149,25 ... quia in multiloquio OT. 82r,6 ... quod in multiloquio fuo T.=F.; OT.=Mt. c bezüglich quia/quod; OT.=F.+Mt. bezüglich fuo. - Die althochdeutsche Zeile ist leer. Näheres dazu in Teil IV.B.2.e. 63. Cap. 34,4 (F. 49,9f.; Mt. 6,8) T. 149,29 quibus opus sit uobis OT. 82r,9 ... quid opus fit uobis T.=F., OT =Mt. ZGCOc.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

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64. Cap. 34,5 (F. 4 9 , I i i ; Lc. 11,1) T. 151,1 sicut iohannes docuit... OT. 82r,13 ficut et Joänes docuit... T.=F.; OT.=Lc. SAMD. - Lc. c hat die Wortstellung docuit et ioannes. Im OT. ist et getilgt (o Ahd.). 65. Cap. 34,6 (F. 49,15; Mt. 6,11) T. 151,9 panem nostrum cotidianum OT. 82r,20 Panem noftrum fupersubstantialem OT.=Mt. NAMZFDOc - T.=Mt. SGC. In F. ist supersubstantialem cotidianum zu lesen. Im OT. wurde -sub- in fupersubstantialem interlinear nachgetragen, und zwar wohl vom Kopisten. 66. Cap. 35,1 (F. 49,22; Mt. 6,16) T. 151,22 Cum /'enatis ... OT. 82v,l Cum/'e/'wnatis ... OT.=F.+Mt. gegen T. - Im T. steht fehlerhaft ienatis. OT. hat von vornherein die korrekte Form. 67. Cap. 35,2 (F. 49,27; Mt. 6,18) T. 153,2f. ... quiuid& in absconiÄYo... OT. 82v, 10 ... qui videt in abfconΓο. T.=F.; OT.=Mt. SMD. - Im OT. hat der Kopist zunächst irrtümlich nach dem Vorbild der vorausgehenden Zeile eü geschrieben, dieses dann aber durch videt ersetzt. Sieh den nächsten Beleg und oben, Nr. 58 bis 61. 68. Cap. 35,2 (F. 49,27; Mt. 6,18) T. 153,1 qui est in abscond/Yo OT. 82v,10 ... qui est in abfcon/o. T.=F.; OT.=Mt. SMD. - Sieh den vorigen Beleg und oben, Nr. 58 bis 61. 69. Cap. 35,4 (F. 49,31; Lc. 12,33) T. 153,10 qui non u&erescunt OT. 82v,18 ... qui non veterafcunt T.=F.; OT.-Lc. t. 70. Cap. 36,3 (F. 50,1; Mt. 6,22) T. 153,21 Lucerna corporis, est oculus. OT. 82v,27 Lucerna corporis tui eft oculus tuus

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Zum lateinischen Text

T.=F.; OT.=Mt. NGCO. Das ergibt sich aus dem Folgenden: Mt. NZGCemiifit quenquam fequi fe T.=F.+Mc. OT.=Lc. (?) - pcrmifit ist an der Parallelstelle bei Lc. zu lesen, dessen Wortlaut aber sonst abweicht: non permisit intrare secum quemquam. 134. Cap. 60,12 (F. 62,29; Mc. 5,38; Mt. 9,23) T. 207,15 uidit twbicines ... OT. 124v,5 vidit t/bicines ... Τ =F.; OT.=Mt. 135. Cap. 60,18 (F. 63,5; Lc. 8,55) T. 209,4 & iussit dar/ illi manducare. v OT. 125 ,25 Et iufsit illi dare manducare, T.=F.; OT.= Lc. sMG. - Die mit Lc. übereinstimmende Wortstellung des OT. und die Eingriffe des Junius sind bereits behandelt worden956. 136. Cap. 61,3 (F. 63,12f.; Mt. 9,30) T. 209,17 ... & aperti sunt oculi illorum. r OT. 127 ,10 ... et aperti funt oculi eorum 956

Teil IV.B.b.l.a.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

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T.=F.; OT.=Mt. PDc (?) - Der OT.-Text ist das Ergebnis einer massiven Selbstkorrektur der Kopisten nach der Auslassung einer Zeile. eorum ist aus Platzmangel am Zeilenende mit einem Einzugszeichen übergeschrieben. Diese Endfassung des Kopisten wurde dann von Junius durch et aperti funt eorum oculi ersetzt. Er orientierte sich an ahd. ... iro ougun. Die Variante illorum/eorum entstammt Mt. oder wurde von oculos eorum in der vorausgehenden Zeile beeinflußt. 137. Cap. 61,5 (Sievers 61,3) (F. 63,14f.; Mt. 9,31) T. 209,21 ... in uniuersaw terram illam. OT. 12T, 14 ... in uniuerfa terra illd. T.=F.; OT. ist von Mt. beeinflußt. - Mt. hat in tota terra illa SNAMPc; in totam terram illam ZGDO. Allein F. verwendet uniuersam. Die Kasusvariante geht auf einen Teil der Mt.-Redaktionen zurück. Die Wortwahl ist unbeeinflußt. 138. Cap. 62,2 (F. 63,24; Lc. 11,17; Mt. 12,25) T. 211,1-3 ... omne regnum in seipsM/w diuisum desolabitur. & domus... r OT. 127 ,27f. Omne regnum in feipfo diuifum defolabitur, et omnis ciuitas domus || ... inti [...] hus T.=Lc.*Mt.; OT.=Lc. (sAM)xMt.! - Für beide Abweichungen gibt es Entsprechungen in der Vulgata. Der Text folgt Lc. bis et, wobei femetipso des OT. auch eine Lc.-Variante ist. Der Text fährt sodann ab domus mit Mt. fort. Der Zusatz omnis ciuitas entstammt bereits Mt., so daß bei einem Textabgleich mit der Vulgata zu früh nach Mt. übergewechselt wurde, omnis ciuitas wurde wohl bereits vom Kopisten wieder gestrichen. Im althochdeutschen Text wurden nach inti zwei oder drei Buchstaben bis zur Unkenntlichkeit getilgt. Ob hier die Konjektur einer Entsprechung zu omnis ciuitas versucht wurde, ist daher nicht entscheidbar. hus scheint vom Kopisten nachgetragen worden zu sein. Möglicherweise hat er den Eintrag von lat. domus vergessen. Dieses Wort kann von Junius stammen. 139. Cap. 62,12 (F. 64,15; Mt. 12,37) T. 213,16 ex uerbis ... iustificawem r OT. 130 ,16 Ex verbis ... iuftificaberis,

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Zum lateinischen Text

Τ =F.; OT.=Mt. - Möglicherweise wurde der Text auch analog dem in der nächsten Zeile syntaktisch parallel gehenden condemnaberis geändert. 140. Cap. 63,4 (F. 64,27; Lc. 10,41) T. 215, lf. ... &turbaris erga plurima... OT. 130v,4 et turbaris circa plurima; OT.=F.+Lc. AMGD {circa). - OT.: circa > erga korrigiert. Das Althochdeutsche hat umbi. Lc. SZPCOr: erga, Lc. s: erga circa. 141. Cap. 64,1 (F. 64,3 lf.; Lc. 7,19) T. 215,8 ad dominum ... v OT. 130 ,ll ... ad Jefum... T.=F.; OT.=Lc. smPOc. - Ahd. zi truhtine. 142. Cap. 64,4 (F. 65,6; Mt. 11,7; Lc. 7,24) T. 215,26f. ... harundinem uento moueri. ... r OT. 133 ,l Arundinem vento agitataml T.=F.+Lc. (bis auf c); OT.=Mt.+Lc. t. 143. Cap. 64,6 (F. 65,13; Lc. 7,27; Mt. 11,10) T. 217,3 ... qui praeparaw/Y Γ OT. 13 3 , 11 qui praeparabit... T.=F.+Lc. ZPG; OT.=Mt.+Lc. SNAMDCOc. 144. Cap. 64,11 (F. 65,23; Mt. 11,14) T. 217,22 Si uultis ... r OT. 133 ,28 et fi vultis ... T.=F.; OT.=Mt. SMZPGDCOc - et steht im Zeilenspiegel und ist ursprünglich. 145. Cap. 64,12 (F. 65,26; Mt. 11,16) T. 217,28 clamantes coaequalibus OT. 133v,2 qui clamantes coaequalibus ... T.=F.; OT-Mt. 146. Cap. 66,1 (F. 6,9; Mt. 6,30; Lc. 9,10) T. 219,31 omnia quxcumque fecerant r OT. 136 ,2f. omnia quae fecerant... T.=F.; OT.=Mc.xLc.? - Mc.: omnia quae egerant\ Lc.: quaecumque fecerunt. OT. folgt hinsichtlich quae wohl Mc. Das Spatium nach

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

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quae ist stark vergrößert. Es bezeugt möglicherweise ein Zögern bei der Entscheidung zwischen der Vorlage und der Vulgata. 147. Cap. 66,1 (F. 66,9; Mc. 6,30) T. 219,30 ... nuntiauerunt illi OT. 136r,2 raiuntiauerunt illi... T.=F.; OT.=Mc. - Im OT. wurden am linken Zeilenrand zwei nicht mehr lesbare Zeichen getilgt. 148. Cap. 66,3 (F. 66,12; Mc. 6,31) T. 221,3f. ... ueniebant multi nec manducandi spatium habebant; OT. 136r,6f. ... veniebant multi et rediebant nec manducandi spatium habebant. T.=F.; OT.=Mc. - -bant ist im OT. am Zeilenende übergeschrieben worden. Der Zusatz entstammt Mc., dessen Text im OT. gegen T. und F. weitergeschrieben wurde. In der althochdeutschen Zeile ist anstelle der fehlenden Entsprechung ein großes Spatium mit einen Asterisk darin gesetzt worden. 149. Cap. 67,14 (F. 67,14f.; Lc. 14,31) T. 225,2 aut qui rex ... OT. 139r,7 aut quis rex... T.=F. OT.=Lc. ZPCOCr - OT.: aut getilgt (e> Ahd ). quis > Quis, da es nach der Tilgung von aut am Satzanfang steht. 150. Cap. 67,14 (F. 67,15; Lc. 14,31) T. 225,4 nonne... OT. 139r,9 non... OT =F.+Lc. gegen T. 151. Cap. 68,3 (F. 67,27; Lc. 6,3) T. 225,24f. ... qui cum ipso erant.... r OT. 139 ,27 ... qui cum eo erant, T.=F.; OT.=Lc. 152. Cap. 69,1 (F. 68,1; Lc. 6,6) T. 227,6 OT. 139v, 11

Factum est autem in alio sabbato Factum eft autem et in alio fabbato,

Zum lateinischen Text

348

OT.=F.+Lc. gegen T. - Noch E. Sievers setzt ohne weitere Bemerkung et. Die Lesung in der Edition von A. Masser ist ohne Zweifel korrekt957. 153. Cap. 69,1 (F. 68,2£; Lc. 6,6) T. 227,9 & manus eius dextera arida, v OT. 139 ,14 et manus eius dextra erat ariöa. T.=F.; OT.=Lc. SMZPGDCOt. - Junius hat nach mehrfacher, am Althochdeutschen orientierten Korrektur (et manus eius > cuius manus; arida + ei) den Ausgangszustand wiederhergestellt. 154. Cap. 69,2 (F. 68,4; Lc. 6,7) T. 227,12f. ... ut inuenirent accusare

illum.... OT. 139v, 17 ut inuenirent unde accufarent eum. T.=F.; OT.=Lc. t. unde=Lc. ZPOc; eum=Lc. c. 155. Cap. 69,4 (F. 68,7; Lc. 6,9 (Mc. 3,4)) T. 227,19f. ... si lic& sabbato bene facere... v OT. 139 ,23f. ...Ii licet in fabbat/s bene facere ... T.=F.; OT.«Lc. c+Mc. - Die Variante sabbatis existiert in Lc. t und an der Parallelstelle bei Mc., zu der der Text wenig später958 übergeht. in fehlt allerdings in der Vulgata. Es kann analog ahd. in fambaztag hinzugefugt worden sein. 156. Cap. 69,6 (F. 68,12; Mt. 12,11) T. 227,28 & si cediderit sabbato in foueam. OT. 15 l r ,2 et ίϊ ceciderit hcec fabbat/s in foueam. OT.=F.+Mt. gegen T. 157. Cap. 69,6 (F. 68,14; Mt. 12,12) T. 227,31f. Ideoque lic& sabbato bene facere.... r OT. 151 ,5 itaque licet fabbat/s benefacere. T.=F.; OT.=Mt. 158. Cap. 71,1 (F. 68,35; Lc. 8,5 (Mt. 13,3)) T. 229,31

Ecce exiit qui seminat seminare

957

Cod. Sang. 56, p. 106, Z. 6:... autem in ....

958

T. 227,21; OT. 139v,26.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

OT. 151v,9f.

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Ecce exijt qui feminat feminare fernen iuum Τ =F.+Mt.; OT.=Lc. - Lc. ist bis auf den Zusatz semen suum gleichlautend mit Mt. Im Althochdeutschen ist gegen T. eine Entsprechung finan famon zu lesen. Der Fall ist unter den althochdeutschen Wortvarianten bereits erörtert worden959. Sieh auch Nr. 159. 159. Cap. 71,2 (F. 69,1; Mt. 13,4 (Lc. 8,5)) T. 231,2 & uenerunt uolucres & comederunt ea. || inti quamun |fugala inti frazun thiu OT. 151v,13f. et venerunt volucres cqli, et comederunt ea.... T.=F.; OT =Mt. t. - Auch Lc., dem der noch der unmittelbar vorausgehende Text OT. folgt, hat caeli, weicht aber im weiteren Verlauf ab. Die althochdeutschen Texte stimmen überein. Das Fehlen einer Entsprechung zu cqli wurde bemerkt. An der betreffenden Stelle ist nämlich ein Asterisk gesetzt worden. Unter diesen hat Junius als Konjektur himiles geschrieben, ohne den Asterisk zu tilgen. Davon war bereits bei den althochdeutschen Wortvarianten die Rede960. Man vergleiche auch Nr. 158. 160. Cap. 71,4 (F. 69,6; Mt. 13,7; Lc. 8,7) T. 231,10 /«spinas... OT. 151v,21 ... inter spinas; T.HF.+Mt.; OT.=Lc. 161. Cap. 72,1 (F. 69,13; Mt. 13,24) T. 231,19 ... Simile est ... v OT. 151 ,29 Simile factum est ... OT.=F.+Mt. gegen Τ. - E. Sievers setzt ohne weitere Bemerkung

factum. 162. Cap. 72,6 (F. 69,26f.; Mt. 13,30) T. 233,lOf. ... & alligate ea fasciculos... Γ OT. 154 , 17 et alligate ea in fafciculos T.=F.; OT.=Mt. t. - OT.: ea gestrichen (0 Ahd.).

959

Teil III.B.b.

960

Teil III.B.b.

350

Zum lateinischen Text

163. Cap. 73,1 (F. 69,31; Mc. 4,30) T. 233,16 Aut cui parabolf comparauimus illud. r OT. 154 ,23 aut cui parabolas comparabimus illuö? T.=F.; OT.-Mc. 164. Cap. 73,1 (F. 69,29; Mt. 13,31) T. 233,13 ... proposuit Ulis OT. 154r,20 ... propofuit eis ... OT.=F.+Mt. gegen T. 165. Cap. 74,1 (F. 70,2; Mt. 13,33) T. 233,25 quod accipiens... OT. 154v,l quod accepium ... OT.=F,+Mt. gegen T. - Das Althochdeutsche hat das Partizip Präsens inphahenti. 166. Cap. 74,5 (F. 70,15f.; Mt. 13,13; Lc. 8,10) T.235,15-17 quia uidentes non uid ent & audientes non audiunt. neque intellegi//rt.... OT. 154v,23-25 quia videntes non videöi et audientes non aubiant, neque intelliga«/. T.=F.+Mt.; OT.=Mt.xLc. - Lc. 8,10: ut videntes non videant et audientes non intellegant. Im OT. wurde eine Textfassung aus Mt. und Lc. komponiert. 167. Cap. 75,4 (F. 71,2£; Mt. 13,23) T. 237,25 ... aliud quidem cent um OT. 157v,4 aliud quidem c&aießmum T.=F.; OT.=Mt. PGDCc. - OT.: quidem gestrichen (0 Ahd.), dann aber von Junius wieder übergeschrieben. 168. Cap. 75,4 (F. 71,3; Mt. 13,23) T. 237,26 aliud autem sexaginta.... OT. 157v,5 aliud autem SQxagefimum, T.=F.; OT.=Mt. PGDCt - OT.: autem gestrichen und von Junius wieder übergeschrieben. 169. Cap. 75,4 (F. 71,3; Mt. 13,23) T. 237,26f. porro aliud triginta. ...

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

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OT. 157v,6 aliud vero tncelimum. Τ - F . ; OT.=Mt.Cc - Mt. PGDCr: tricesimum; Mt. Ct: aliud uero statt porro aliud. 170. Cap. 75,4 (F. 71,2; Mt. 13,23) T. 237,24 ... & factum affercfc. OT. 157v,3 et fructum afferi Τ - F . ; OT.=Mt. (adfert). 171. Cap. 76,1 (F. 71,5; Mc. 4,26) T. 237,28 ... si homo iaceat OT. 157v,8 ίϊ homo iac/at... T.=F.; OT.=Mc. [Textlücke des OT.] 172. Cap. 156,5 (F. 137,15; Io. 13,18) T. 553,23 sed impleatur scriptura. OT. 163r,14 fed ut impleatur Scriptura; OT.=F.+Io. gegen Τ. - E. Sievers ergänzt ut und vermerkt das Fehlen fur den Sangallensis. 173. Cap. 157,3 (F. 137,27; Lc. 22,11; Mc. 14,14) Τ. 555,17 & dicitö domino r OT. 163 ,31 et dicite domino domus T.=F.+Lc. x Mc.; OT.=Lc. x Mc ! - dicitis entspricht Lc., dicite Mc. OT. wechselt etwas früher zu Mc. als T. und F. 174. Cap. 158,4 (F. 138,4; Mc. 14,19) T. 557,14 & dicere singillatam v OT. 163 ,24 et dicere fingillat/m OT.=F.+Mc. gegen Τ - E. Sievers hat -tim ohne Anmerkung. Eine Variante auf -tum fehlt der Vulgata. 175. Cap. 158,6 (F. 138,8; Mt. 26,24) T. 557,22 ... filius homis OT. 166r,2 filius hom/wis ... OT.=F.+Mt. - Es liegt ein Fehler im T. vor, nicht aber im OT. 176. Cap. 160,2 (F. 138,35; Mt. 26,28) T. 561,22 ... saguis meus OT. 166v,19 ... fa/jguis meus

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Zum lateinischen Text

OT.=F.+Mt. - Fehler im T., nicht im OT. A. Masser und E. Sievers bessern in sanguis. 177. Cap. 160,2 (F. 138,35f; Lc. 22,20; Mt. 26,28; Mc. 14,24) T. 561,24f. qui pro uobis & multis eflund&ur OT. 166v,21 qui pro uobis et pro multis effundetur Τ =F.; OT.=Mt.+Mc. - OT.: effundetur > effunditur. Die Worte pro multis effunditur entsprechen Mt.+Mc. 178. Cap. 162,3 (F. 139,35; Mt. 14,6) T. 567,12 ego sum & ueritas & uita. v OT. 169 ,27 Ego fum via, et Veritas, et vita. Im T. fehlt via, was von A. Masser und E. Sievers auch bemerkt wird. OT. steht es übereinstimmend mit F. und Mt. von vornherein. 179. Cap. 162,3 (F. 140,3; Io. 14,7) T. 567,17 ... cognosc/tis eum. v OT. 169 ,31 ... cognofcetis eum, T.=F.; OT.=Io. MDOr. - Man vergleiche aber etwa das in T. und OT. übereinstimmende cognoscitis in Cap. 164,3%1, obwohl Io. 14,17 PCOc cognoscetis haben. 180. Cap. 165,4 (F. 140,36; Io. 14,26) T. 573,5 & sugger/Y uobis omnia v OT. 172 ,30 ... et fuggerefvobis öiä OT.=F+Io. gegen T. 181. Cap. 166,1 (F. 141,11; Lc. 22,35) T. 575,2 sine saccolo ... r OT. 175 ,17 ... fine facculo... OT.=F.+Lc. gegen T. - Genaugenommen handelt es sich um eine Lautvariante, die aber ihrer Abweichungsrichtung wegen hier berücksichtigt ist. Die Variante mit -u- ist die klassische962. Auch die Schreibgewohnheit des Kopisten oder eines früheren Bearbeiters kann zu dieser Abweichung geführt haben. 182. Cap. 166,2 (F. 141,15; Lc. 22,36) T. 575,19 & qui non hab& uende r OT. 175 ,23 et qui non habet, vendat 961

T. 569,25; OT. 172r,29.

^GH. II, Sp. 2439f.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

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OT.=F.+Lc. - Fehler im T., nicht aber im OT. Die Korrektur kann aufgrund der Vulgata erfolgt sein. A. Masser und E. Sievers bessern in uendat. 183. Cap. 167,5 (F. 140,36; Io. 15,6) T. 577,19f. & In ignem mittunt & ard ent. v OT. 175 ,25 et in in ignem mitte«/, et ardet Τ =F. OT.=Io. t (mittent Ct; ardet t). 184. Cap. 167,6 (F. 142,2; Io. 15,7) T. 577,24 petitbis & fi& uobis. OT. 175v,29 petite & accipietis fiet vobis. Die Handschriften haben unterschiedliche Versionen. F.: petitis, Io.: petetis; petieritis Z. Im OT. wurde accipietis offenbar bereits vom Kopisten wieder gestrichen, da er mit dem korrekten Textanschluß fortfährt. Es kann auf ähnliche Formulierungen in Mt. 21,22: Et omnia quaecumque petieritis in oratione credentes accipietis und Mc. 11,24: omnia quaecumque orantes petitis credite quia accipietis et veniet vobis zurückgehen. Man beachte auch die Verwendung von & im OT. gegen die sonstige Gewohnheit, es aufzulösen. 185. Cap. 174,2 (F. 143,30; Io. 16,17) T. 587,3 ... quod dic& nobis OT. 181v,26f. ... quoö dic/Y nobis;... Τ =F.; OT.=Io. 186. Cap. 174,5 (F. 144,4; Io. 16,21) T. 587,22 ... ora eius r OT. 184 ,12 ...Aoraeius OT=F.+Io. gegen T. - OT. hat die korrekte Form des Wortes aus der Vulgata oder einfach aus der Kenntnis des Lateinischen. 187. Cap. 174,6 (F. 144,7; Io. 16,22) T. 587,27 ... tristitiam habebitis. r OT. 184 , 17 ... triftitiam habetis\ T.=F.; OT.=Io. SNMZDCOr. - E. Sievers hat wie OT. habetis und vermerkt habebitis für F. 188. Cap. 175,3 (F. 144,24f.; Io. 16,32) T. 591,4 & me solum relinqu/tis v OT. 184 ,21 et me folum relinquotis;

354

Zum lateinischen Text

T.=F.; OT.=Io. - Das -a- in relinquatis ist schmal und einem e ähnlich. 189. Cap. 178,2 (F. 145,10; Io. 17,11) T. 593,20 & hi in mundo OT. 187v,3 et hi in mundo Amt OT.=F.+Io. - sunt fehlt im Τ. A. Masser und E. Sievers tragen es nach. A. Masser vermerkt einen Nachtrag ή σ "von späterer grober Hand". 190. Cap. 179,3 (F. 145,35; Io. 17,24) T. 597,6 & uideant... r OT. 190 ,14 ut videant... OT.=F.+Io. gegen T. - OT.: ut aus Korrektur, möglicherweise von et. Das Althochdeutsche hat die Konjunktion thaz. E. Sievers setzt ohne weiteren Hinweis ut. 191. Cap. 181,2 (F. 146,21; Mc. 14,35) T. 599,20 ... possibilia s/'nt. OT. 190v, 18 ... poffibilia funt, OT.=F.+Mc. gegen T. - Zwar hat auch das Althochdeutsche hat den Indikativ sint, doch macht die Übereinstimmung des OT. mit F. und Mc. gegen T. eine Herkunft der Variante aus der Mc.-Tradition wahrscheinlich. 192. Cap. 181,4 (F. 146,26; Lc. 22,46) T. 599,30 & ait eis quid dormitis? v OT. 190 ,25 Et ait Ulis; Quid dormitis? T.=F.; OT =Lc. 193. Cap. 181,4 (F. 146,26; Mt. 26,40) T. 599,31 non potuistis ... OT. 190v,26 Sic non potuistis ... OT.=F.+Mt. gegen Τ. - A. Masser konstatiert für T. marginal links vor non eine "Rasur im Umfang von drei Buchstaben (vielleicht sie)". Das Althochdeutsche hat: so ni mohtut..., was dazu passen würde. OT. hat Sic von vornherein. 194. Cap. 181,6 (F. 146,29; Mt. 26,41) T. 601,4 ... prwmptus est v OT. 190 ,29 ... promptus eft OT.=F.+Mt. - Genaugenommen handelt es sich um eine Lautvariante, die aber wegen ihrer möglichen Herkunft aus einer Textrevision nach

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

355

der Vulgata hier aufgeführt wird. OT. hat wie Mc. die klassische Form 963 . Neben ihrer Herkunft aus der Vulgata könnte es sich auch um die dem Kopisten geläufigere Form in der Tradition bereinigten Humanistenlateins handeln. 195. Cap. 182,7 (F. 147,6; Mt. 26,45) T. 601,31 & filius hominis trad/tur r OT. 193 ,21 et filius homninis tradetur Τ =F.; OT.=Mt. AMZPGDCOc. 196. Cap. 183,4 (F. 147,18; Mt. 26,15) T. 147,18 amice ad quod uenisti OT. 193v,15 amice, ad quid venisti? T.=F.; OT.=Mt. c. 197. Cap. 184,5 (F. 147,28f.; Io. 18,9) T. 605,18 ... ex ipsis quicquam. OT. 196r,7 ... ex eis quemquam. T.=F.; Io. Gc. 198. Cap. 185,3 (F. 147,36; Io. 18,11) T. 607,4 mitte gladium tuum In uaginam r OT. 196 ,21 mitte gladium in vaginam. OT =F.+Io. SAMZPGDC. - Junius hat nach gladium zuächst tuum einkorrigiert, aber wieder getilgt. Das Althochdeutsche hat: thin fuert. 199. Cap. 185,12 (F. 148,21; Mc. 14,52) T. 609,15 nudus profug/// ab eis. v OT. 196 ,31 nudus profug// ab eis. T.=F.; OT.=Mc. 200. Cap. 186,2 (F. 148,25; Io. 18,15) T. 609,24 ... in atrii/wm ... OT. 199r,6 ... in atriwm ... Es liegt ein Schreibfehler im T. vor, nicht aber im OT. A. Masser und E. Sievers korrigieren in atrium. 201. Cap. 186,4 (F. 148,28; Lc. 22,56; Io. 18,17) T. 609,31 quem cum uidiss& ancilla ostiaria r OT. 199 ,12 quem quum vidißet ancilla, T.=Lc.+Io.; OT.=Lc. - T. bezieht ostiaria aus Io., während es OT. mit Lc. bei der Bezeichnung ancilla beläßt. Da der Text auch an963

GH. II, Sp. 1992f.

356

Zum lateinischen Text

schließend wieder Lc. folgt, ist es erklärlich, daß der kurze Sprung zu Io. bei der Textrevision nicht erkannt oder bewußt nicht mitvollzogen wurde. Das Ahd. hat duriuuarta, mithin ein Kompositum für zwei lateinische Wörter, was die Abweichung zusätzlich begünstigt haben kann. Junius ersetzte die lateinische Zeile durch: Et quum vidiffet oltiaria nach ahd. Inti mit du in angifah thiu thuriuuarta, wobei er die falsche Worteinteilung bei in angifah erkannte und in inan gifah korrigierte, was T. entspricht. 202. Cap. 187,1 (F. 148,34; Io. 18,19) Τ. 611,12 ... Interrogaw/7 ihesum r OT. 199 ,22 ... interrogaÄa? Jefum T.=F.; OT.=Io. ΖΦ 203. Cap. 187,3 (F. 149,3; Io. 18,21) T. 611,22 quid locutus sum ipsis OT. 199r,30 ... quid locutus fim ipfis. T.=F.; OT.=Io. t. 204. Cap. 187,5 (F. 149,7f.; Io. 18,23) T. 611,30 testimonium per/be... OT. 199v,8 teftimonium per/i/be ... T. hat einen Schreibfehler, OT. nicht. Junius ersetzte die Zeile durch per hi be utique teßimoniü aufgrund von fage thanne quitti .... A. Masser und E. Sievers bessern in perhibe, was bei E. Sievers nicht eigens gekennzeichnet ist. 205. Cap. 189,4 (F. 150,3; Mc. 14,60) T. 615,28 ... In medium OT. 202r,30 ... in medio T.=F.; OT.=Mc. ZP 206. Cap. 189,4 (F. 150,5; Mt. 26,62) T. 615,30 nihil respond/s... OT. 202v,2 Nihil responds... T.=F.; OT.=Mt. 207. Cap. 191,1 (F. 150,14; Mt. 26,65) Τ. 617,18 ... princeps sacercerdotum OT. 202v,18 ... princeps facerdotum Es liegt ein Schreibfehler im T. vor, nicht aber im OT. 208. Cap. 193,5 (F. 150,36; Mt. 27,7) T. 619,30 In sepwftiram peregrinorum

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Vulgata)

357

OT. 205r,25 in fepw/iuram peregrinorum Es liegt ein Schreibfehler im T. vor, nicht aber im OT. A. Masser und E. Sievers korrigieren ihn. 209. Cap. 198,2 (F. 152,34; Io. 19,13) T. 629,26 pilatus ergo cum audiss& ... r OT. 21 l ,15 Pilatus autem quum audißet... T.=F.; OT =Io. t. - OT.: autem gestrichen (0 Ahd.). Zu cum/quum sieh Teil IV.B.2.C. 210. Cap. 199,1 (F. 153,10; Mc. 15,6) T. 631,22f. exuiwris OT. 21Γ,6 ex viwcris... Schreibfehler im T., nicht aber im OT. A. Masser und E. Sievers korrigieren in uinctis. 211. Cap. 199,3 (F. 123,12; Mt. 27,17) T. 631,26 congregatis ergo illis OT. 21Γ,9 Congregatis autem illis ... Τ - F . ; OT.=Mt. SPG. - Das Althochdeutsche hat tho. Die Abweichung kann auch auf Analogie wegen der häufigen Entsprechung autem - tho beruhen. 212. Cap. 199,3 (F. 153,12; Mt. 27,17) T. 631,27 dicit pilatus. OT. 21Γ,9 ... dixit Pilatus; OT.=F.+Mt. gegen Τ.; E. Sievers hat dixit ohne weiteren Hinweis. 213. Cap. 201,3 (F. 154,20; Lc. 23,29) T. 637,17f. ... &uentres qui non genuerunt OT. 214v,20 et ventres quce non genuerunt, Τ =F.; OT.=Mt. MZP. - Junius ersetzte quce durch qui. 214. Cap. 204,4 (F. 155,9f.; Io. 19,22) T. 641,8 quod scrips scripsi OT. 217V, 1 Quod fcrips/fcripsi OT.=F.+Io. - Es liegt ein Fehler im T. vor, nicht aber im OT. A. Masser und E. Sievers korrigieren in scripsi. 215. Cap. 205,2 (F. 155,13; Mt. 27,40) T. 641,16 ... templum || ... tempal OT. 217v,6 ... templum dei || tempal gotes

358

Zum lateinischen Text

Τ =F.; OT =Mt. ΑΦγ - Im T. fehlen dei und gotes. Für dei existieren Stützen bei Mt. gotes ist vom Kopisten geschrieben und wohl eine zum Lateinischen passende Konjektur, die bei oder bereits vor der Abschrift erfolgt ist964. 216. Cap. 205,3 (F. 155,19; Mt. 27,43) T. 641,28 confid ut und intrauit > intraret zu verzeichnen, und zwar beides wohl von Junius aufgrund des Althochdeutschen. 74. Cap. 64,3 (F. 65,3; Mt. 11,6) T. 215,21 & beatus est qui... v OT. 130 ,24 et beatus qui... Im OT. wurde est von Junius nach beatus interlinear einkorrigiert. Der Text folgt Mt. und nicht Lc. 7,23, wie E. Sievers und E. Ranke angeben. Da est in keiner der übrigen Quellen fehlt, ist die Auslassung im OT. als Fehler einzustufen. 75. Cap. 64,4 (F. 65,5f.; Mt. 11,7) T. 215,26 in deserto ... v OT. 130 ,29 in foJfitudinem] viderel || in uuostinna fehan? Die Zeile ist im OT. durch mehrere Korrekturen stark entstellt. Das nach in fol- Folgende ist zum Teil bis zur Unkenntlichkeit gestrichen. Es scheint sich um mehrere, wieder getilgte Wortanfänge und eine Teilkontamination mit dem Althochdeutschen zu handeln. Denn die Unterlänge eines f , die Buchstaben -an und ein wieder gestrichenes ahd. fehan sind zu erkennen. Nach fol[it]- wurde vom Kopisten tudinem übergeschrieben. Junius strich in bis fehan und schrieb in folitudine neben die Interlinearkorrektur des Kopisten. Die Wortvariante deserto / folitudinem ist jedenfalls ursprünglich. T. und F. haben deserto. Mt. bietet die Varianten in desertum und in deserto. Solitudo ist nicht bezeugt, auch nicht an der Parallelstelle Lc. 7,24. Ob sonstige Verwendungen des Wortes in Vulgataformulierungen mit beiden Wörtern1021 die Variante angeregt haben, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen.

1021

Etwa Jr. 49,13; PsH. 106,4; Os. 13,3; Ioel 2,3.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Sonstige)

401

76. Cap. 64,12 (F. 65,25; Mt. 11,16) T. 217,26 generationem istam. ... r OT. 133 ,31 ... generation^ häc? Es liegt eine Synonymenvariante vor. Sie kann dem Kopisten beim Kürzen und Hineinzwängen der Wörter in die Zeile unterlaufen sein. 77. Cap. 65,4 (F. 66,4; Mt. 11,23) T. 219,23 Quia si in sodomis... OT. 133v,26 quia Γι in Sidone ... Es handelt sich um eine einfache Verwechslung des Kopisten. Junius korrigierte ihn, indem er Sidone durch Sodomis ersetzte. 78. Cap. 66,3 (F. 66,12; Mc. 6,31) T. 221,3 erant enim ... OT. 136r,6 Erant autem ... Eine durch die häufige Verwendung von erat autem und erat enim im Text und in der Vulgata begünstigte Variante. 79. Cap. 67,6 (F. 66,27; Lc. 10,20) T. 221,25f. ... gaud&e autem quod... r OT. 136 ,27 Gaudete autem, quoniam ... Synonymenvariante. 80. Cap. 67,9 (F. 66,36; Mt. 11,29) T. 223,lOf. ... tollite iugum meum... v OT. 136 ,14 Tollite enim iugum meum ... OT.: enim gestrichen (o Ahd.). Der Zusatz des Wortes kann von der ähnlichen Formulierung iugum enim meum in Mt. 11,30 angeregt sein. 81. Cap. 67,9 (F. 67,2f.; Mt. 11,30) T. 223,14f. ... iugum enim meum suave est & onus meum leue est. v OT. 136 , 18f. Jugum enim meum fuave est et onus leue. || inti min burdin ist lihti T.-F.; Mt.: et onus meum leve SDCc. - Die Auslassung von est könnte der Vulgata folgen. Das fehlende meum ist allerdings weder durch die Vulgata noch durch den althochdeutschen Text gestützt. Demnach verbleiben zwei mögliche Erklärungen. Der Kopist kann sich an einer sonstigen Redaktion dieses sehr bekannten Ausspruchs

402

Zum lateinischen Text

Jesu orientiert haben, oder er schrieb ihn so auf, wie er ihn im Gedächtnis hatte. Junius hat enim durch autem ersetzt. 82. Cap. 68,3 (F. 67,25; Lc. 6,3) T. 225,22 & respondens ihesus ad eos dixit. OT. 139r,25 et respondens ad eos, dixit; || tho antlingita ther heilant |zi in inti quaö Die Auslassung von ihesus im OT. geschah wohl versehentlich. Junius ersetzte die Zeile durch Tunc refponditad eos et dixit, wobei er dem althochdeutschen Text folgt. 83. Cap. 69,8 (F. 68,17; Mt. 12,15) T. 229,3 ... Ihesus autem sciens OT. 151r,9 Jefus itaque fciens... || ther heilant uuizenti... Für keines der variierenden Wörter gibt es eine althochdeutsche Entsprechung. Sie können in diesem Fall als Synonyme aufgefaßt werden. Die gesamte lateinische OT.-Zeile ist von Junius korrigiert, dann gestrichen und schließlich in der Ausgangsfassung unterzeilig wiederholt worden. 84. Cap. 70,1 (F. 68,29; Lc. 6,12) T. 229,2lf. ... & erat pernoctans in oratione dei., OT. 151r,27 et erat pernoctans in oratione. || ... in Gotes gibete Die ursprüngliche Auslassung von dei ist wohl als einfacher Fehler zu bewerten. Junius korrigierte Dei vor oratione ein und orientierte sich dabei am Althochdeutschen. 85. Cap. 71,3 (F. 69,2; Mt. 13,5) T. 231,4 ubi non habebat terram multam. v OT. 15 l ,15f. ... et non habuerunt || ... thar nih habeta terram multam. || mihhila erda; Für die Abweichung bietet Mt. allenfalls ungefähre Parallelen. Mt. GDOc haben eine Variante habebant, aber keine Variante habuerunt. Das lateinische Subjekt ist hier alia, während T. eine unpersönliche Konstruktion vorweist. Die Parallelstelle Mc. 4,5 bietet immerhin die Perfektform habuit. Es liegt eine unbekannte Mt.-Fassung oder ein Versehen vor. et wurde von Junius durch ubi ersetzt. Er kann sich an Mt. oder an ahd. thar orientiert haben. 86. Cap. 74,2 (F. 70,4; Mt. 13,34) T. 233,29 in parabolis ad turbas.,

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Sonstige)

403

OT. 154v,5 inparabolis, dicens ad turbas; dicens wurde im OT. wieder getilgt, ebenso eine dazu interlinear einkorrigierte Entsprechung quedenti. Die Worteinfiigung kann nach dem Muster ähnlicher vorausgehender Formulierungen erfolgt sein1022. 87. Cap. 74,3 (F. 70,9; Mt. 13,35) T. 235,4 ... eructabo abscondita v OT. 154 ,13 et eructabo abfcondita ... et steht innerhalb des Zeilenspiegels und ist daher keine spätere Zutat. Es hat keine althochdeutsche Entsprechung und wurde wieder getilgt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen versehentlichen Zusatz des Kopisten. Denn auch die nächste Zeile beginnt mit et. Der Kopist kann sich selbst korrigiert haben. 88. Cap. 74,6 (F. 70,20f.; Mt. 13,15) T. 235,24-26 ne quando oculis uideant & auribus audiant. & corde intellegant.... OT. 157r,3f. ne quando oculis videant, et corde intell/gant, Das Fehlen von et auribus audiant im OT. führte dazu, daß die althochdeutsche Entsprechung inti mit orun gihorent zunächst übergangen wurde und dann interlinear zwischen Zeile 3 und 4 nachgetragen werden mußte. Soweit zu erkennen, stammt der Nachtrag vom Kopisten. Er wurde kräftig getilgt, was nachträglich wegen der fehlenden lateinischen Entsprechung geschehen sein kann. Jedenfalls hatte der Kopist den vollständigen althochdeutschen Text. Der Verlust der lateinischen Worte kann auf einem Fehler bei der Umsetzung der Vorlage beruhen. 89. Cap. 153,4 (F. 136,16; Mt. 26,4) T. 547,27 & consilium fecerunt OT. 160r, 11 et concilium fecerunt... Die Wörter sind aufgrund ihrer äußerlichen und semantischen Ähnlichkeit leicht verwechselbar1023. Die Vulgataparallele Io. 11,47 hat concilium. Sie weicht aber im sonstigen Wortlaut ab.

1022

Etwain Cap. 73,1: OT. 154r,20; T. 233,13 und Cap. 74,1: OT. 154r,29; T. 233,23.

I023

GH. I., Sp. 1391f.; Sp. 1257-1531.

404

Zum lateinischen Text

90. Cap. 154,1 (F. 136,19; Mt. 26,14) T. 549,2 ... unus de duodecim r OT. 160 ,15 ... unus e duodecim, Es handelt sich um eine Synonymenvariante, ex findet sich in den Vulgataparallelen Mc. 14,43 und Io 6,72, die aber sonst abweichen und zu denen auch jeweils de als Variante existiert. 91. Cap. 155,6 (F. 137,2; Io. 13,10) T. 551,18 ... non indig& v OT. 160 ,22 ... non eget Es handelt sich um eine Synonymenvariante1024. 92. Cap. 156,2 (F. 137,9; Io. 13,14) T. 553,5 Si ergo ego laui... OT. 163r,2 Si ergo laui... Im OT. wurde ergo zu ego korrigiert. Dieses hat die ahd. Entsprechung ih, jenes keine. Da aber zuerst ergo stand, handelt es sich um keine primäre Anpassung an das Althochdeutsche. Ursprünglich ist ego aufgrund der äußerlichen Ähnlichkeit mit ergo übersprungen worden. 93. Cap. 156,4 (F. 137,14; Io. 13,17) T. 137,14 si haec scitis... r OT. 163 , 10 Si hoc fcitis ... || Ob ir thifu uuizzent... Die Numerusvariante hat keine erkennbare Quelle. 94. Cap. 157,4 (F. 137,29; Mc. 14,15) T. 555,22 & ipse uobis demonstrabit OT. 163v,4 Et ipfe vobis monftrabit Nach vobis hat Junius demonßrabit interlinear einkorrigiert, ohne monstrabit zu streichen. Junius schreibt auch im Kommentar1025 De-

monstrabit. 95. Cap. 158,3 (F. 138,lf.; Io. 13,21) T. 557,10 & protestatus est & dixit v OT. 163 ,20 et proteftatus, et dixit Es liegt wohl eine versehentliche Auslassung des Kopisten vor. Junius ersetzte zuerst etproteßatus durch etprseßgnavit, strich dann die

l024

GH. I, Sp. 2363. GH. II, Sp. 195f.

10J5

OT. 164r.

Textbesonderheiten: Wortvarianten (Sonstige)

405

gesamte Zeile einschließlich seiner Korrektur und schrieb interlinear die T. entsprechende Fassung darunter. 96. Cap. 158,6 (F. 138,7; Mt. 26,24) T. 557,19 filius quidem hominis uadit OT. 163v,28 filius quidem hominis tradet || mannes fun uerit, Es handelt sich um einen Fehler durch Augensprung. Die Vorzeile endet in beiden Handschriften mit tradet. - tradet (oder traditl) wurde von Junius durch vad.it ersetzt, wobei das Althochdeutsche oder der Vulgatatext als Vorbild gedient haben mag. Wegen der starken Tilgung ist die Lesung von -et unsicher. 97. Cap. 158,7 (F. 138,9£; Io. 13,22) T. 557,26f.

Aspiciebant ergo ad inuicem discipuli haesitantes OT. 166r,5f. Aspiciebant ergo ad inuicem haefitantes... Auslassungsfehler beim Zeilenwechsel. Das Althochdeutsche ist vollständig. Erst Junius hat das fehlende difcipuli am Ende von Zeile 5 nachgetragen. 98. Cap. 159,5 (F. 138,22f.; Io. 13,29) T. 559,25 quod dicit ei ihesus OT. 166r,25 ... quod dicit Jefus, || ... thaz imo ther heilant quadi, Die Auslassung von ei ist als Fehler zu betrachten, dicit wurde von Junius durch dicebat ei ersetzt, wobei er dem Althochdeutschen folgte. 99. Cap. 160,4 (F. 139,5; Lc. 22,32) T. 563,7 utnon deficiat... OT. 169r,2 ne deficiat... Synonymenvariante ohne erkennbare Quelle. 100. Cap. 161,1 (F. 139,14; Io. 13,36) T. 563,26f. ... non potes me modo sequi. ... r OT. 169 , 18 non potefto me modo fequi; Es handelt sich wohl um einen Analogiefehler. Eine ähnliche Formulierung geht voraus, nämlich quo ego vado, vos non potestis veni-

102
-ii- korrigiert. Sieh Nr. 177. (179.) Cap. 235,3 (F. 163,1; Io. 21,3) T. 685,1 ... Innauem OT. 241v,14 ... innau/m Man vergleiche das zu Nr. 166 und Nr. 169 Gesagte. (180.) Cap. 237,2 (F. 163,14; Io. 21,10) T. 687,2 quos prpidedistis nunc OT. 244r, 12 quosprehendistis nunc. F., T. und Io. benutzen die synkopierte Nebenformprendere. OT. hat dagegen die gängige, nichtsynkopierte Form prehendere. Außerdem hat OT. mit F. und mit Io. ADC die reguläre Perfektform gemeinsam1055. Die übrigen Io.-Zeugen haben wie T. prendidistis. Im ganzen ist der Beleg zu denjenigen zu stellen, in denen wahrscheinlich eine dem Kopisten geläufige Form Verwendung findet. (181.) Cap. 74,6 (F. 70,20; Mt. 13,15) T. 235,23 & oculos suos cli/serunt OT. 157r,2 et oculos fuos clai/ferunt, Im T. wurde cluserunt mit nachträglichem α über -u- durch Korrektor 2 zu clauserunt korrigiert. Wenn die Vorlage des OT. die gleiche Form hatte, läge keine Wortformvariante vor. Falls die Vorlage jedoch der ursprünglichen Fassung des T. entsprach, wäre dieser Fall zu

1053

RHLG. § 102, S. 112. GH. I, Sp. 2427-2430.

1034

RHLG. § 73 Nr. 3, S. 68.

1055

Man vergleiche GH. II, Sp. 1911.

Textbesonderheiten: Zusätzliche Zeilen

423

denjenigen zu stellen, in denen der Kopist oder ein Vorkorrektor eine ihm geläufigere Form eines Wortes1056 bevorzugte. Es zeigt sich, daß sich für viele der hier zusammengefaßten Abweichungen handschrifteninterne Ursachen ausmachen lassen oder Ursachen nahegelegt werden können, die eher mit dem Abschreibevorgang als mit dem Einfluß anderer Texte zusammenhängen. Wenn sich auch naturgemäß kein positiver Beweis für die Richtigkeit dieser Annahmen führen läßt, so ist doch einer Erklärung aus derartigen Umständen der Vorzug vor der Heranziehung weiterer potentieller Quellen außer der Vulgata zu geben. Setzt man die Zahl dieser Abweichungen in eine Relation zum Gesamttext von 157 Seiten, so erscheint die Zahl der 'sonstigen' Fälle nicht einmal übermäßig hoch.

e. Zusätzliche Zeilen Textauslassungen, wie sie von E. Sievers1057, P. Ganz1058 und J. Rathofer 1059 festgestellt worden sind, lassen sich hinreichend sicher aus den Umständen des Kopiervorgangs erklären. Sie betreffen jeweils den lateinischen und den althochdeutschen Text und sind nicht etwa als Lücken gekennzeichnet. Anders sind Auslassungen althochdeutscher Zeilen zu beurteilen, denen lateinischer Text gegenübersteht und die mit Punkten oder dem Asterisk markiert sind. Es handelt sich in den meisten Fällen nur um scheinbare Auslassungen im Althochdeutschen, tatsächlich aber um lateinische Zusätze im Vergleich zu T. Die Analyse dieser Stellen zeigt, daß sie erklärbar sind, ohne dem Kopisten Erfindungsreichtum unterstellen oder fehlende althochdeutsche Textpartien, die über den Bestand des Sangallensis hinausgehen, annehmen zu müssen. Wichtige Schritte in die richtige Richtung für die Interpretation dieser Stellen hat J. Rathofer1060 mit im ganzen zutreffender Kritik an P. Ganz getan. 105i

GH. I, Sp. 1197-1199.

1057

Tatian, S. XXf.

1058

PBB. 91 (1969) S. 58.

1059

PBB. 95 (1973) S. 90-104.

io«opBB

95

(1973) s. 111-118. J. Rathofer, Literatur und Sprache im europäischen

424

Zum lateinischen Text

1. Cap. 5,2 (F. 33,6; Mt. 1,6) T. nach 79,24 [Kein dem OT. entsprechender Text.] OT. 19v, 17 ex eä quas fuit Vriae OT.=F.+Mt. gegen T. - Dieser Fall ist bereits im Zusammenhang mit den Ahnenlisten in Cap. 5 besprochen worden1061. Nachdem bereits unter den Wortvarianten lateinische Textzusätze zu verzeichnen waren, die sich als Ergebnis eines Abgleichs des Tatiantextes mit der Vulgata erklären ließen, ist diese Zeile definitiv zu den Textabweichungen zu stellen, die aus einem Weiterschreiben des zugrundeliegenden Vulgatatextes gegen die Vorlage resultieren. 2. Cap. 13,6 (F. 38,36; Io. 10,13)1062 T. 105,4 sed ex deo nati sunt, | ouh fon gote giborane uuarun, OT. 40v,16 fed ex Deo nati funt | Die lateinischen Zeilen stimmen überein. Die althochdeutsche Zeile des OT. ist ausgepunktet und enthält keinen Text1063. Hier ist mit einer Unleserlichkeit der Vorlage zu rechnen. 3. Cap. 14,2 (F. 40,26; Mt. 3,15) Τ. 111,27 Implere omnem Iustitam || zigifullenne al reht OT. 49r,15 adimplere omnem iustitiam || * T.=F.+Mt. gegen OT. - Im OT. ist das a- in ad- etwas vergrößert, aber innerhalb des Zeilenspiegels. Die Präfigierung könnte von einem althochdeutschen zi- in zigifullene angeregt worden sein. Aber die althochdeutsche Zeile enthält keinen Text. Sie ist ausgepunktet, ein * am Zeilenanfang wurde getilgt. Es wäre denkbar, daß der Kopist vom Zeilenanfang wenigstens noch zi lesen konnte und danach die Präfigierung im Lateinischen durchführte. Dann wäre es jedoch sehr verwunderlich, daß er die gesamte althochdeutsche Zeile leer ließ. Wahrscheinlicher ist, daß er vom althochdeutschen Text nichts lesen konnte und das Lateinische so vorfand, wie er es abgeschrieben hat. Dann wäre dieser Fall ein wenn auch unsicheres Indiz eines älteren Korrekturgangs, der sich am Althochdeutschen orientiert haben könnte.

Mittelalter, S. 277f. u. A. 79. 1M1

Teil IV.B.a. Sieh auch dort zur Einrückung der Zeile.

1062

Man vergleiche J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 102.

1063

Dazu J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 102.

Textbesonderheiten: Zusätzliche Zeilen

425

4. Cap. 18,2 (F. 42,28; Lc. 4,19) T. 121,26f. ... predicare captiuis || ... zipredigonne haften remissionem... || forlaznessi. ... r OT. 58 ,16 praedicare captiuis remißionem. || Die althochdeutsche Zeile des OT. enthält keinen Text. Sie ist lediglich schwach ausgepunktet. Die Ursache ist unsicher und kann in einer unleserlichen Stelle der Vorlage bestehen. 5. Cap. 21,8 (F. nach 44,23; Io. 3,35)1064 T. nach 129,27 [Kein dem OT. entsprechender Text.] OT. 64v, 19f. Pater diligit Filium, || et omnia dedit in manu eius. || Die althochdeutschen Zeilen sind ausgestrichelt. Bei diesen lateinischen Zeilen handelt es sich um Io. 3,35. Dieser Abschnitt ist nicht in T. und F. eingegangen. Dort geht vielmehr der Text von Io. 3,34 sogleich zu Io. 3,36 über. Bei der Textüberarbeitung nach der Vulgata ist der Johannestext weitergeschrieben worden. Im OT. beginnt gerade an dieser Stelle Abschnitt 8. Bei E. Sievers beginnt er mit qui credit In filium1065, der nächsten lateinischen Zeile, die wieder mit OT. übereinstimmt. Der Verlauf des althochdeutschen Textes ist im übrigen nicht tangiert. Es gibt weder Textverluste noch Konjekturen. Alles spricht dafür, daß es an dieser Stelle niemals einen über T. hinausgehenden althochdeutschen Text gegeben hat. 6. Cap. 32,7 (F. nach 48,19; Mt. 5,47) T. nach 147,11 [Kein dem OT. entsprechender Text.] OT. 79r,20 quid ampliüs facitis? Die althochdeutsche Zeile des OT. ist bis auf einen Asterisk am Zeilenanfang leer. Die Entsprechung entstammt Mt., dessen Text somit gegen T. und F. im OT. vollständig wiedergegeben worden ist. Auch hier wird es niemals einen über T. hinausgehenden althochdeutschen Text gegeben haben. 7. Cap. 34,3 (F. 49,8; Mt. 6,7) T. 149,25 putant enim quia in multiloquio OT. 82r,6 putant enim quod in multiloquio fuo * | || [leer]

1064

Man vergleiche J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 114f.

1065

Das entspricht T. 129,28.

426

Zum lateinischen Text

Von den Einzelwortvarianten im Lateinischen war bereits die Rede. Sie gehören zu den Textabweichungen, die auf die Vulgata zurückgehen. Die althochdeutsche Zeile des OT. ist bis auf einen Asterisk leer, der die Auslassung kennzeichnet. Der Kolumnentrennstrich läuft in der oben angedeuteten Weise so um ihn herum, daß er irrtümlich zur lateinischen Spalte gezogen wird. Dort fehlt im Vergleich zu T. und F. jedoch kein Text. Die umgebenden Zeilen stimmen mit T. überein. Vermutlich war die Vorlage an dieser Stelle unleserlich. 8. Cap. 40,3 (F. 51,17; Lc. 11,8)1066 T. 159,24 ... dico uobis. r OT. 88 ,18f. Et ille ßperfeueraueritpulfans dico vobis;... Der lateinische Zusatz steht gegen T. und F. und hat im OT. keine althochdeutsche Entsprechung. Er fuhrt zu einem Fehler im Zeilenparallelismus, der durch Verweisstriche und Einfügung von Punkten über Zeile 18b ausgeglichen wurde. Das hat bereits der Kopist getan. Denn ab Zeile 20 stimmt der Parallelismus wieder. Junius hat die zusätzliche Zeile durch Et ille perfeveraven't pulfare ersetzt. Der Zusatz stimmt mit Lc. sAZPCOc überein, wobei t si ille hat. Im ganzen ist es sehr unwahrscheinlich, daß es jemals eine althochdeutsche Entsprechung gegeben hat. Der Anschaulichkeit halber sei die Stelle als Probe aus der Handschrift wiedergegeben:

tßtfn yiW.•r^ci-

ψ . ι

H

i ^ f ^ e ^ ^ e ä ^ t ^ ^

t^fjfÄ'ßuÜM/U: f. Ujl Tu* eUittr tili ο

tntiofrJrr^

TU^cfot %

tmicvL.j ejuj

Abb. 9: Lateinischer Zusatz in Cap. 40,3

9. Das Beispiel zeigt in der letzten Zeile einen Eingriff des Junius, der das mit T. 159,26 übereinstimmende arßentit thanne uf durch arftanl066

Man vergleiche J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 52f.

Textbesonderheiten: Zusätzliche Zeilen

427

tanüuf ersetzte. Damit folgte er dem Lateinischen. Die meisten seiner Eingriffe passen umgekehrt das Lateinische dem Althochdeutschen an, wovon bereits die Rede war. 10. Cap. 44,28 (Sievers 44,26) (F. 55,71; Mt. 10,41) T. nach 175,27 [Kein dem OT. entsprechender Text.] OT. 100Γ, 17 et qui precipit iuftum in nomine iusti, Dieser Zusatz wurde wieder gestrichen. Die althochdeutsche Zeile ist bis auf einen Asterisk am Zeilenanfang leer. Der Zusatz entstammt Mt. und bildet die zweite Hälfte von 10,41, die nicht in T. eingegangen ist. In Mt. heißt es übereinstimmend mit F. weiter: ... mercedem iusti accipiet. Offensichtlich hat der Kopist Mt. 10,41 zu Ende schreiben wollen, aber dann die Abweichung vom Textbestand der Vorlage bemerkt und den Vorgang abgebrochen. Es dürfte niemals einen über T. hinausgehenden althochdeutschen Text gegeben haben. 11. Cap. 53,7 (F. 58,21f.; Mc. 5,9; Lc. 8,30) T. 189,30 die quod tibi nomen est. || quid uuelih namo thir si OT. 112r,lf. et interrogauit eum || inti frageta inan, quod est tibi nomen? || quid uuelih namo ther II? Die Umgestaltung des lateinischen Textes ist bereits als eine Folge der Überarbeitung nach der Vulgata erläutert worden1067. Der Text des OT. wurde aus Mc. und Lc. kompiliert. Das Ergebnis war eine Zeile, für die keine althochdeutsche Entsprechung existierte. Eine solche wurde von Junius konjiziert. 12. Cap. 53,1 If. (F. [58,31]; Mt. 8,33)1068 T. [ 191,15] & in garos omnia; Et ecce OT. 112r,21f. et in agros omnia. Et de his qui demonia habuerant Et ecce... Der lateinische Zusatz steht gegen T. und F. Er wurde stark getilgt. Am Ende der Zeile ist noch ein Zeichen erkennbar, daß dem modernen Tilgungszeichen {*t) ähnelt. Die althochdeutsche Zeile ist leer. Der sonstige althochdeutsche Text entspricht T. Es handelt sich um den letzten Teilsatz von Mt. 8,331069. Dieser Abschnitt wurde gewisl067

Teil IV.B.b.2.a.

1068

J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 111-114.

1069

Anders J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 111.

428

Zum lateinischen Text

sermaßen zu Ende geschrieben. Die getilgte Zeile ist in die Zeilenzählung mit einbezogen. Möglicherweise hat der Kopist nachträglich seinen Fehler erkannt und durch die Tilgung korrigiert. Mit Et ecce beginnt Abschnitt 12. 13. Cap. 56,6 (F. [60,28]; Mc. 2,19) T. 199,1 f. ... quamdiu sponsus cum illis est ieiunare uenient autem dies OT. 118% 11-14. ...ieiunare?

quanto tempore habent Cecum fponfum non poßunt ieiunare. Venient autem dies... Der zweizeilige lateinische Zusatz im OT. ist wieder gestrichen worden. Er fehlt im T. und in F. Seine Quelle ist Mc., dessen Text in F. und T. nur bis ieiunare eingeflossen ist. Der Abschnitt wurde im OT. weitergeschrieben. Die althochdeutschen Zeilen sind bis auf einen getilgten Asterisk am Anfang der ersten Zeile leer. Im Vergleich mit T. fehlt kein althochdeutscher Text. Die Vorlage des OT. dürfte keinen über T. hinausgehenden althochdeutschen Text gehabt haben. 14. Cap. 57,5f. (F. 61,12-15; Mt. 12,42; Lc) T. 201,12-18 ... & ecce plus quam Salomon hic; dico autem uobis; quia multi uenerunt a finibus terrp audire sapientiam salomonis. & ideo maior Salomon hic; Cum immundus spiritus exierit de homine.... v OT. 118 ,23-28 Et ecce plusquam Salomon hic. Cum autem immundus spiritus exierit ab homine [leer] [leer] Cum autem immundus spiritus Im OT. fehlen die korrekten lateinischen Entsprechungen zu insgesamt vier Zeilen, während der althochdeutsche Text weiterläuft und mit T. übereinstimmt. Die Zeilen 24f. haben fälschlich den vorgezogenen Anfang von Abschnitt 6 Cum autem ..., der im OT. wieder gestrichen wurde. Die Zeilen 26f. sind ganz leer. Der Grund für diese

Textbesonderheiten: Zusätzliche Zeilen

429

Abweichung kann ein Augensprung des Kopisten gewesen sein, der durch das zweimalige Salomon hic1070 begünstigt wurde. Das mag die Fehleintragung von Cum autem ... erklären, nicht aber den im ganzen festzustellenden Textverlust. Es fällt auf, daß die gestrichenen Zeilen nicht ersetzt und die fehlenden Entsprechungen nicht nachgetragen wurden. Die Möglichkeit, das Fehlende mit Hilfe des Vulgatatextes zu ergänzen, war an dieser Stelle allerdings eingeschränkt. Der Kopist hat nur den Text eingetragen, der tatsächlich bei Mt. zu lesen ist. Die im OT. fehlende lateinische Passage dico autem uobis ....... Salomon hic ist ein Zusatz, den F. und T. gegen die Vulgata haben und der auch ins Althochdeutsche übersetzt wurde. Wenn die Vorlage einen Textverlust im lateinischen Teil hatte, war dieser wegen der Abweichung vom Vulgatatext schwieriger abzugleichen als an anderen Stellen. Diese Stelle belegt, daß für die Textrevision sicher kein Tatiantext welcher Provenienz auch immer zur Verfügung gestanden hat. Was mit Hilfe der Vulgata nicht vollständig korrigierbar war, konnte nur notdürftig gebessert werden. Die Zeilenzählung des OT. orientiert sich auf dieser Seite am Althochdeutschen. Die Leerzeilen sind daher mitgezählt. 15. Cap. 60,5 (F. 62,14f.; Mc. 5,30; Lc. 8,45) T. 205,16f. & statim ihesus cognoscens in sem&ipso ait. quis me t&igit? OT. 12 Γ,28-30; 124r,l Et ftatim Jefus cognofcens in femetipfo virtutem

quce exierat ab ipso eo, converfus ad turbas, aiebat; Quis me tetigit? T.=F. - Nach in sem&ipso geht T. sogleich zur Frage quis me t&igit? aus Lc. über, während OT. den Mc.-Text noch weiterführt, wenn auch mit kleinen Abweichungen: Mc. hat de eo und turbam. Zu diesem lateinischen Zusatz existiert kein althochdeutscher Text mehr. Den noch mit T. gemeinsamen Worten in imo felbemo folgt ein Asterisk, darauf noch das Wort maht, das als Entsprechung zu virtutem gedacht ist. Die letzten beiden Zeilen der Seite (Z. 29f.) sind leer bis ,070

T. 201,13.16.

430

Zum lateinischen Text

auf quad; am Ende von Z. 30. Es paßt zu lat. aiebat, ist aber zugleich die korrekte Fortsetzung des althochdeutschen Textes nach felbemo. Der Kopist hat demnach nur ein Wort zu ergänzen versucht und ansonsten den verfugbaren althochdeutschen Text in imo felbemo quad so auseinandergezogen, daß der Einschub aus Mc. überbrückt und der Anschluß der folgenden Frage möglich wurde. Auch Junius füllte die Lücken nicht. Mit dem Beginn von Folio 124 geht auch OT. zu Lc. über, und die Handschriften stimmen wieder überein. 16. Cap. 60,6 (F. 62,15; Lc. 8,45) T. 205,17f. ... quis me t&igit? dixit p&rus... r OT. 124 ,l-3 Quis me tetigit?

negantibus autem omnibus dixit Petrus... In OT. wird ein in T. und F. übergangener Teilsatz aus Lc. aufgenommen. Die althochdeutsche Zeile ist bis auf einen Asterisk leer. 17. Cap. 68,3f. (F. 67,31; Lc. 6,5; Mt. 12,5) T. 225,30f. ... & dicebat illis. Aut non legistis... r OT. 139 ,2-4 et dicebat illis; Quia dominus

est filius hominis etiam sabbati. aut non legistis... Im OT. wurde aut wegen seiner Position am Abschnitsanfang zu Aut korrigiert und dominus aus den bekannten Gründen in Großschreibung korrigiert. Bis illis folgt der Text Lc., ab aut dann Mt. Im OT. wurde der Lc.-Abschnitt anders als in T. und F. zu Ende geschrieben. Dort fehlt der zusätzliche Text des OT. Im althochdeutschen Text ist das Fehlen der Entsprechung in Zeile 2 durch Auspunktung angedeutet. Zeile 3 b ist leer. 18. Cap. 166,5 (F. nach 141,23; Lc. 22,39) T. nach 575,23 [Kein dem OT. entsprechender Text.] OT. 175v,5 fecuti funt eum et difcipuli. In OT. wird Lc. 22,39 vollständig aufgenommen, wenn auch in variierter Form, während T. und F. den letzten Teilsatz auslassen. Er lautet bei Lc.: secuti sunt autem illum et discipuli. Die ursprünglich leere althochdeutsche Zeile hat Junius mit einer vollständig konjizierten Entsprechung gefüllt: inti folgetun imo ßnejungiron.

Textbesonderheiten: Graphisches

431

Im folgenden Fall fehlt nur ein Teil der althochdeutschen Zeile. Er gehört nur bedingt hierher. (19.) Cap. 171,3 (F. 143,3; Io. 16,2) T. 583,13 absque synagogis facient uos. || uz fon iro samanungu | duont sie iuuuih. r OT. 181 ,8 Absque fynagogis facient vos ***** || uz fon iro fama|nungu Im OT. wurde facient vos gestrichen, da die althochdeutsche Entsprechung für diese Worte fehlt. T. hat duont sie iuuuih. Obgleich der Rest der lateinischen Zeile mit Asterisken markiert ist, die sonst meist zur Kennzeichnung von Auslassungen dienen, entspricht der Textbestand T., F. und Io. Der Grund für die Setzung der Asteriske an dieser Stelle ist unklar. Sie können versehentlich in die falsche Kolumne piaziert und ursprünglich als Markierung einer Unleserlichkeit im Althochdeutschen gedacht worden sein. Für die dortige Auslassung ist ansonsten kein Grund erkennbar. Von den achtzehn Fällen sind fünf auf Unleserlichkeiten der Vorlage zurückzufuhren. Die übrigen bezeugen deutlich eine Überarbeitung des Textes nach der Vulgata. Darunter ist der Fall 14 von besonderer Bedeutung, weil er als Indiz dafür dienen kann, daß bei der Revision kein Tatiantext benutzt wurde.

c. Graphische Abweichungen Wie der althochdeutsche Text der Oxforder Abschrift, so weist auch der lateinische eine Reihe von graphischen Abweichungen von der St. Galler Handschrift auf. Nach dem, was über die wahrscheinlich anzunehmende Revision des Textes nach der Vulgata gesagt wurde, sind in der benutzten Vulgatafassung und in den orthographischen Gewohnheiten der Zeit der Anfertigung der Abschrift die möglichen Hauptfaktoren für die graphische Varianz zu erblicken. Anders als das Althochdeutsche hat das Lateinische bekanntlich eine seit dem Mittelalter ununterbrochene Kontinuität in der Schriftlichkeit gehabt. Daher ist der Stellenwert der graphischen Abweichungen des

432

Zum lateinischen Text

lateinischen Textes anders zu beurteilen als der des althochdeutschen. In bezug auf die lateinischen Graphien ist allenthalben mit der Tendenz des Kopisten zu rechnen, sie absichtlich oder unwillkürlich dem eigenen Usus anzupassen. Außerdem ist nicht abzuschätzen, in welchem Ausmaß der Kopist Korrekturen, die bereits in die Vorlage eingetragen worden sind, bei der Abschrift berücksichtigt hat. Es ist auch anzunehmen, daß der Kopist Fehler und Unleserlichkeiten der Vorlage hier weitaus eher eigenständig auszugleichen vermochte als beim althochdeutschen Text, ohne daß das dem Apograph äußerlich anzusehen wäre. Die Rückschlußmöglichkeiten auf das Aussehen der Vorlage sind daher sehr begrenzt. Immerhin ist an den erst nachträglich und nahezu konsequent durchgeführten Korrekturen von konsonantischem i zu j und konsonantischem u zu ν gut erkennbar, daß die Graphien der Vorlage in diesem Punkt nicht von der des T. abwichen. Der Text wurde nach der Schreibgewohnheit des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts überarbeitet, die in den gedruckten Werken dieser Zeit reichlich dokumentiert ist. Es sei daran erinnert, daß Junius ja das gesamte Ms. Junius 13 als Druckvorlage intendiert hatte. Für die auch im lateinischen Text benutzte Buchstabenform (ß) gilt das zum Althochdeutschen Gesagte. Auch die Differenzierung zwischen ( / ) und (s), die dem Sangallensis fehlt, kann als modernisierte Schreibung aufgefaßt werden. Über den Zeitpunkt ihrer Anwendung auf den Text, also bei der Abschrift durch den Kopisten oder bereits früher, läßt sich aber nichts sagen. Kleinere Abweichungen, wie etwa die nicht ganz einheitliche graphische Repräsentation von le:l durch (e), {q) oder {oe), eignen sich nicht fur weitreichende Rückschlüsse auf das Aussehen der Vorlage. Gerade hier können jederzeit der Befund der Vorlage und die Schreibgewohnheit des Kopisten miteinander interferiert haben. Neuzeitlichem Usus entspricht auch die Verwendung von Akzenten im Lateinischen, die bereits im Zusammenhang mit dem Althochdeutschen erörtert worden ist1071. Im OT. ist nicht sicher zu entscheiden, ob die Akzente jeweils vom Kopisten stammen oder von Junius, der sie im Kommentar häufig einsetzt. Sie sind jedenfalls als orthographische Modernisierung einzustufen. Wie bereits dargelegt, spiegelt sich die

,071

Teil III.C.a.1.

Textbesonderheiten: Graphisches

433

Akzentsetzung im Althochdeutschen, wie sie T. bietet, nur resthaft im OT. Ein auffälliger Unterschied zwischen T. und OT. besteht in der Regelung von Großschreibung und Kleinschreibung. Im T. werden Majuskeln als Initialen verschiedener Größe und Funktion eingesetzt1072, und zwar ausschließlich im lateinischen Text. Das in seiner Edition von A. Masser benutzte und in dieser Arbeit auch so zitierte (/) ist als /-longa zu verstehen und nicht als Majuskel. Die Funktion der Großbuchstaben besteht in der Gliederung von Textabschnitten, wobei T. bekanntlich seiner Vorlage F. genau folgt. Im OT. ist dagegen das Bemühen zu erkennen, die Großschreibung von vornherein nach syntaktischen Kriterien einzusezten, das heißt, Satzanfänge und insbesondere den Beginn wörtlicher Rede zu kennzeichnen. Außerdem werden Eigennamen und Nomina Sacra durchweg groß geschrieben, wovon bereits die Rede war. Im Zuge der nachträglichen Textgliederung in Abschnitte wurde auch das jeweils erste Wort eines Abschnitts in Großschreibung korrigiert, was eine große Zahl von Korrekturen von Minuskeln in Majuskeln nach sich zog. Außerdem wurde die Großschreibung dort eingeführt, wo ein Wort nach einer Tilgung an den Satzanfang geriet oder der Korrektor einen Satzanfang oder einen Redeanfang dort markieren wollte, wo der Kopist keinen solchen erblickt hatte. In den meisten dieser Fälle war Junius der Korrektor. Auch diejenigen, deren Urheber sich nicht klar bestimmen läßt, folgen demselben Verfahren. Das ändert nichts daran, daß im OT. von vornherein ein anderes Prinzip bei der Verwendung von Majuskeln und Minuskeln festzustellen ist als im Τ. Auch hier ist vor voreiligen Rückschlüssen auf die Vorlage zu warnen. Denn das beschriebene Verfahren ist am ehesten als handschrifteninterne Modernisierung zu verstehen. Die Tatsache aber, daß bei der Anpassung der Großschreibung an die Syntax viele Korrekturen erforderlich wurden, kann als Indiz dafür gelten, daß in der Vorlage ein anderes Prinzip gegolten hat, und zwar das des T. Die Vorlage ist demnach überwiegend in Minuskeln geschrieben worden. Die Interferenz moderner Schreibgewohnheiten verbietet allzu kühne Rückschlüsse aus Schreibweisen, denen man auch lautliche Relevanz beizumessen geneigt sein könnte. Als Beispiel sei die weitgehend durch1072

T. 14.

434

Zum lateinischen Text

geführte Assimilation von Konsonanten1073 genannt, etwa assimilare statt adsimilare oder -cunque statt -cumque. Bereits bei der Untersuchung der lateinischen Wortvarianten war stets damit zu rechnen, daß bei Varianten ein und desselben Wortes, etwa octoginta versus octuaginta, wie sie seit dem klassischen Latein bezeugt sind, der Kopist oder der Schreiber der Vorlage die ihm geläufigere Variante bevorzugte. Auch die gelegentliche Verwendung des archaisch wirkenden quum statt cum im OT. eignet sich kaum für weitreichende Schlußfolgerungen 1074 Es wird zu selten eingesetzt, um als Reflex eines signifikanten Elements der Vorlage gelten zu können. Selbst wenn man annähme, daß der Kopist sich bemüht hätte, ein durchgängig verwendetes quum- jeweils zu cum- umzusezten, wäre festzustellen, daß er die Umsetzung von & zu et, eine vergleichbare Aufgabe, viel öfter vergessen hat1075. In wenigstens einem Fall ist quum mit ziemlicher Sicherheit sekundär zustande gekommen, indem eum zu cum verlesen und dieses mit quum wiedergegeben wurde1076. Auch Junius setzt quum gelegentlich bei Korrekturen ein, etwa in Cap. 196,31077, wo er quumque cognoviffet konjiziert hat. Damit ist quum am ehesten als archaisierende neulateinische Variante einzuschätzen. Auch für die Abschrift des lateinischen Textes ist eine vollständige Genauigkeit und Konsequenz weder bei der Reproduktion der Vorlage noch bei der Durchführung sekundärer Korrekturen, insbesondere der graphischen Modernisierungen zu erwarten. Auf das gelegentlich nicht umgesetzte & wurde ja bereits hingewiesen. Tatsächlich ist an der einen oder anderen Stelle eine zu erwartende Korrektur ausgeblieben, was aber am Gesamtbefund nichts zu ändern vermag und deswegen hier nicht weiter ausgeführt zu werden braucht. Von den Fehlertypen, die für das Althochdeutsche auf paläographische Eigenschaften der Vorlage wie etwa Buchstabenähnlichkeiten oder Häufungen kurzer Schäfte zurückgeführt wurden, kann angenommen 1073

RHLG. § 13, S. 14.

1074

Sieh dazu Kap. IV.A.c., Nr. 11.

,075

Zum Beispiel Cap. 167,6: OT. 175v,29; T. 577,24.

1076

Cap. 186,4: OT. 19?,13; T. 611,1. Der Fall ist weiter oben behandelt worden: Teil IV.B.b.2.6„ Nr. 118. 1077

Cap. 196,3: OT. 208r,17; T. 625,11. Sieh Teil IV.B.b.2.ö., Nr. (154).

Textbesonderheiten: Das letzte Blatt

435

werden, daß sie sich im Lateinischen allenfalls in Spuren nachweisen lassen, da sich Unsicherheiten in der Lesung des Lateinischen durch die Vertrautheit des Kopisten mit der Sprache und durch das Heranziehen der Vulgata leicht beheben ließen. Zwar ist bei einigen lateinischen Wortvarianten erwogen worden, daß sie auch als rein graphisches Problem verstanden werden können, etwa bei tum statt tunc10™. Doch ist die Hauptmasse der Wortvarianten nicht auf diese Weise zu erklären. Rückschlüsse auf ein wesentlich von T. verschiedenes Aussehen des lateinischen Textes der Vorlage lassen sich ohnehin aus diesen Fällen nicht ziehen. Im ganzen ist festzustellen, daß gerade die besonders augenfälligen graphischen Abweichungen des OT. es nicht zulassen, für die Vorlage eine graphische Gestalt zu postulieren, die wesentlich von der des Sangallensis abwich. Die Indizien sprechen eher für eine Ähnlichkeit.

d. Das letzte Blatt Alle äußeren Faktoren, die dem Kopisten beim Abschreiben Probleme bereitet haben, können auch Junius beeinflußt haben, als er das Vorwort Victors von Capua abschrieb und das letzte Blatt der Handschrift durch eine eigene Abschrift ersetzte. Was ihn vom Kopisten unterscheidet, ist die Vertrautheit mit dem Althochdeutschen. Vom Vorwort Victors von Capua und den damit verbundenen Problemen war bereits die Rede. Es kann hier außerhalb der Betrachtung bleiben, weil es nicht zum bilingualen Textkorpus gehört. Eine Untersuchung des Textes soll klären, ob Junius das letzte Blatt der Abschrift1079 nach der Vorlage ersetzt oder ein verderbtes Blatt des Kopisten abgeschrieben hat. Das letzte Blatt ist auch wegen seiner Aufschlußmöglichkeiten als Ergänzung der Überlegungen zur graphischen Varianz im Text des Kopisten von Interesse. Die Kursivsetzungen markieren im folgenden besonders bemerkenswerte Fälle, die anschließend besprochen werden. Eine Abschnittszählung ist auf dem letzten Blatt

l078

Etwa Cap. 8,4: OT. 31v,12; T. 93,31. Teil IV.B.b.2.ö„ Nr. 12.

1079

OT. 250', 1-19. T. 695, 1-19.

436

Zum lateinischen Text

nicht mehr durchgeführt worden. Die Zeilenzählung ist Beigabe des hier vorliegenden Abdrucks. Cap. 244,[2-4] (F. 165,1-8; Lc. 24,50.52-30; Mc. 16,19f.) Duxit autem eos foras in Bethaniam; et levatis manibus fuis, benedixit eis . 5 Et factum eil dum benediceret eis; receffit ab eis . Et ferebatur in ccelum . Et fedit ä dextris Dei. 10 Et ipfl adorantes regrefll sunt in Hierufalem cum gaudio magno; Et erant Temper in templo laudantes 15 et benedicentes Dominum . Et profecti prsedicaverunt ubique Domino cooperante et fermonem confirmante fequentibus fignis.

Tho leita her fie uz in Bethaniam. inti u/erhabenenfinenhentin uuihita in. Jnti was tho giworthen mit thiu her in uuihita er uuas fon in ; inti uuas brat in him .... Jnti faz in zefo Gotes . Jnti fie tho betonte uuidar giengun in Hierufalem mit michilomo givehen . Inti uuarun fimbolon in themo temple lobonte inti uuihente Got. Inti farenti predigotun jö giuuar Trohtine ebanuuirkontemo inti uuort feltinontemo folgenten zeichanon.

Ein Kommentar zu dieser Seite existiert nicht. Vom Kopisten wäre, so könnte man annehmen, eine stärkere Zusammenfassung der Zeilen zu erwarten gewesen. Daher könnte die Zeilenfüllung als Indiz dafür genommen werden, daß Junius die Vorlage benutzte. Dagegen spricht aber, daß es sich um das letzte Blatt handelte, dessen Text in jedem Falle auf eine Seite paßte. Damit entfiel jeder Grund zur Platzersparnis. Doch es gibt weitere Indizien. Im Vergleich zum T. sind vor allem die Abweichungen von den oben kursiv markierten Wörtern aufschlußreich. Dabei bleiben die Auflösungen von &, Unterschiede in der Akzentsetzung und die Verwendung von /'-longa im T. unberücksichtigt.

Textbesonderheiten: Das letzte Blatt

437

Im Lateinischen hat T.: Ζ. 1 eduxit - Z. 3 eleuatis - Z. 4 Ulis - Z. 15 deum. Im Althochdeutschen hat T.: Z. 3 iif erhabenen - Z. 5 giuuortan - Z. 6 mittiu - Z. 7 eruueiz - Z. 8 brahtln himil -Z.9 ceso - Z. 10 betonti - Z. 12 mihilemo giüehen - Z. 15 got - Ζ. 16 iogiuuar - Ζ. 17 ebanuitirkentemo - Ζ. 18 festinentemo Diese Varianten repräsentieren noch einmal auf engstem Raum einige der wesentlichen Abweichungsformen, die in dieser Arbeit behandelt worden sind, und zwar diesmal bei Junius und nicht beim Kopisten. Sie dokumentieren auch, daß die Schwierigkeiten mit dem althochdeutschen Text größer waren als mit dem lateinischen. Im Lateinischen fallen vor allem die Wortvarianten auf. Im OT. stehen zwei Simplices gegen präfigierte finite Verbformen des T. Sie gehen nicht auf die Vulgata zurück. Bei eis / Ulis dürfte es sich um eine bloße Synonymenvariante handeln. Dominum / deum kann auf der unterschiedlichen Auflösung einer Kürzung beruhen oder auf Domino zu Beginn der übernächsten Zeile. Die graphischen Abweichungen beschränken sich auf das Bekannte: die Großschreibung am Satzbeginn, von Eigennamen und von Dominus als Nomen Sacrum, die Unterscheidung von u und v, die Verwendung von (s) und (/) sowie die Akzentsetzung nach dem Usus des Neulateinischen in der Epoche der Leidener Humanisten. Im Althochdeutschen sind gewissermaßen alte Bekannte anzutreffen. Bemerkenswert ist eine Reihe von e/o-Abweichungen, die Abschwächung im Partizip Präsens betonte, die möglicherweise auch als graphische Variante aufzufassen ist, Unterschiede in der Worteinteilung, die freilich im T. eigentümlichen Prinzipien folgt1080, die Übertragung von Großschreibung und Kleinschreibung auch auf das Althochdeutsche. In giworthen liegt eine abgeschwächte Form vor. Die (w)-Schreibung ist sicher als modernisierende Umsetzung des -uu- zu deuten, -th- statt -tkann auf falscher Analogie beruhen, wenn Junius an das Vorliegen des Phonems Idl gedacht hat, wie es etwa der Infinitiv werdan bietet. In zeso ist die im T. mit (c) wiedergegebene Affrikata Itsl mit dem auch sonst meist gebräuchlichen (z) repräsentiert. Besonders auffällig sind schließlich drei gravierende Entstellungen. Bei brat statt braht und er uuas statt eruueiz kann es sich um einen einfachen Schreibfehler beziehungsweise 1080

T. 15. A. Masser, Grammatica ianua artium, S. 63-67.

438

Zum lateinischen Text

um einen Lesefehler handeln. Das entstellte him ist durch die folgenden Punkte als defektiv ausgewiesen und läßt sicher auf eine verderbte Stelle schließen. Alles in allem wird durch das Auftreten altbekannter Abweichungstypen die Vermutung bestätigt, daß Junius ein schlechtes Blatt des Kopisten abgeschrieben und nicht etwa ein fehlendes Blatt nach der Vorlage ersetzt habe. Falls aber doch gegen alle Indizien die letztgenannte Möglichkeit zuträfe, so würden die bisherigen Aussagen über die Probleme, die die Vorlage dem Kopisten bereitete, nur bestätigt, da sie Junius in gleicher Weise erfahren hätte.

e. Schlußfolgerungen Die Untersuchung des lateinischen Textes fuhrt zu der Frage, ob angesichts der von Anfang an im Apograph festzustellenden Varianten überhaupt noch von einer prinzipiellen, das heißt ursprünglichen Identität des lateinischen T. und des lateinischen OT. gesprochen werden kann. Die Differenzen zwischen den Texten bedürfen einer Gewichtung, die über eine rein quantitative Aufstellung hinausgeht. Wenn sich weit über fünfhundert Fälle feststellen lassen, in denen über das rein Graphische hinaus Unterschiede zum Sangallensis bestehen, so ist diese Zahl in eine Relation zum Gesamtumfang des Textes zu setzen. Das Apograph hat einhundertsiebenundfünfzig Seiten. Sie sind mit jeweils dreiundzwanzig bis dreiunddreißig Textzeilen beschrieben1081. Die Hauptmasse hat achtundzwanzig bis dreiunddreißig Zeilen. Zwei statistische Ausreißer mit neun beziehungsweise neunzehn Zeilen ändern daran nichts. Rechnet man die Angaben J. Rathofers zusammen, ergibt sich eine Zahl von 4539 Zeilen im OT. Demgegenüber weist im Durchschnitt etwa jede neunte Zeile eine signifikante Abweichung auf, wobei der Grad der Aussagefähigkeit solcher Abweichungen variiert. Trotz der hohen Zahl der Einzelfälle erscheint es mithin nicht angebracht, den lateinischen Texten in T. und OT. eine prinzipielle Identität abzusprechen.

l081

Die Angaben nach J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 21.

Textbesonderheiten: Schlußfolgerungen

439

Dagegen sind die folgenden Sachverhalte zu bedenken. Über eventuelle Vorstufen der Vorlage des OT. ist nichts bekannt. Daher ist nicht abzuschätzen, wie viele abschriftliche Stufen und damit potentielle Quellen fur Änderungen der Text vor der Anfertigung der Vorlage des OT. durchlaufen hat. Es ist eine Tatsache, daß der grundsätzliche Charakter der Bilingue sich vom neunten Jahrhundert bis zum Ende des sechzehnten Jahrhunderts erhalten konnte und daß wenigstens am Ende der Entwicklung Personen faßbar werden, die zu Eingriffen in den Text fähig und bereit waren. An diesen Möglichkeiten der Einwirkung auf die Textgestalt im Laufe der Jahrhunderte gemessen, erscheint die Zahl der Abweichungen nicht einmal sonderlich hoch. Wenn man nun noch hinzurechnet, daß die meisten Fälle sich sogar als Abweichungen mit einer bestimmbaren Richtung und also wohl mit einem bestimmbaren Zweck interpretieren lassen und daß unter den sogenannten sonstigen Fällen viele sind, die sich im Rahmen der Synonymie oder kleinerer Versehen bewegen, so wird man wohl die Hypothese von einer Abkunft des lateinischen Textes aus einer anderen Traditionslinie als der Fuldisch-Sangallischen aufgeben müssen, so reizvoll diese Möglichkeit auch gewesen wäre, um darauf eine weiterreichende Hypothese von einer Abkunft auch des althochdeutschen Textes aus einer anderen Tradition zu errichten. Zu viele Unwahrscheinlichkeiten und Zufälle müßten für eine solche Hypothese in Kauf genommen werden, die zudem vom Textbefund nicht einmal erzwungen wird. Die Feststellung der prinzipiellen Textidentität trotz allen Abweichungen ist äußerst wichtig und keineswegs selbstverständlich. Schließlich haben überzogene Vorstellungen darüber, welches Maß an Übereinstimmung nötig sei, um zwei Überlieferungsträger als Zeugen ein und desselben Textes bezeichnen zu können, gerade in der Tatianphilologie für Verwirrung gesorgt. So konnte die Übereinstimmung des lateinischen Textes in T. mit F. bestritten werden. Für T. wurde außerdem eine Zeitlang angenommen, der althochdeutsche Text sei nicht aus dem daneben stehenden lateinischen übersetzt und also lediglich eine althochdeutsche Tatianversion zu einer lateinischen gestellt worden. Diese Annahmen sind überholt. Die Überlieferung volkssprachiger Texte im Mittelalter bietet genügend Beispiele dafür, wie stark Überlieferungen ein und desselben Textes innerhalb recht kurzer Zeiträume noch des Mittelalters voneinander

Zum lateinischen Text

440

abweichen können. Das kann an einigen Beispielen aus den drei ältesten Handschriften1082 des Hoheliedkommentars Willirams von Ebersberg1083 gezeigt werden, die noch dem elften Jahrhundert angehören und an denen bereits Wortvarianten aufweisbar sind. So variiert zikkin in Br.1084 mit kizzin in Eb.1085, wobei Pal. die betreffende Textstelle nicht hat. An anderer Stelle hat Br. zikkenm6, Pal. zikkin10*1, Eb. jedoch kizzexm. Einem reion in Br.1089 und reion in Eb.1090 steht rehcgeizzon in Pal.1091 gegenüber. Anderswo1092 haben Br. und Eb. übereinstimmend reion, während in Pal.1093 reion gechrieben und darüber von anderer Hand rehgeize eingetragen wurde. Schließlich existiert zu rehkizzen in Eb.1094 und rehkizzon in Pal.1095 die Variante rehzikkinon in Br.1096 Aus dem Bereich der Glossenüberlieferung sei zum Beispiel auf das Summarium Heinrici1097 hingewiesen, an dem sich genügend Varianten zeitlich nahe beieinanderliegender Handschriften aufweisen lassen. Für spätere Texte wäre etwa an die sogenannte Nibelungenklage1098 zu denken, die Beispiele für das Gemeinte bietet. 1082

Breslau, Biblioteka uniwersytecka, Cod. R 347 (Sigle Br.). München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm . 10 (Sigle Eb.). Rom, Bibliotheca Apostolica Vaticana, Cod. Pal. Lat. 73 (Sigle Pal.). 1083

SchW. S. 39f. (Sigle WH., mit der einschlägigen Literatur).

l084

Br. 4vc, Z. 35. SchW. S. 335

(zikm). Eb. 12 c, Z. 11. SchW. S. 181 (kizzin).

l085

v

1086

Br. 20rc, Z. 13

1087

Pal. 20vc, Z. 14.

l088

Eb. 28rc, Z. 14.

1089

Br. 9rc, Z. 21. SchW. S. 236

(reia).

,090

Eb. 16vc, Z. 4.

1091

Pal. 6vc, Z. 6. SchW. S. 235

1092

v

(rehcgeiz).

r

Br. 12 c, Z. 28. Eb. 20 c, Z. 22.

l093

Pal. ll r c,Z. 26.

1094

Eb. 50vc, lOf. SchW. S. 235

1095

(rehkizzi).

r

Pal. 48 c, Z. 16.

,096

Br. 42rc, Z. 29f.,

reh marginal rechts neben Z. 29. SchW. S. 236 (rehzikkiri).

1097

Sieh zum Beispiel St. Stricker, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda (III), S. 298-308. 1098

J. Bumke, Die vier Fassungen der 'Nibelungenklage', S. 60-68, 89f., 352-389.

Textbesonderheiten: Schlußfolgerungen

441

Die volkssprachige Überlieferung bietet aber auch Zeugnisse dafür, daß mit der Möglichkeit einer sehr beharrlichen Tradition sprachlicher Formen bis in eine Zeit zu rechnen ist, in der das Tradierte längst nicht mehr der Norm entsprach1099. Diese aufweisbaren Möglichkeiten der Überlieferung erlauben es, den Oxforder Tatian als eine Spätüberlieferung zu betrachten, bei der sich unter einer mächtig wirkenden Schicht von Abweichungen verschiedener, aber nicht gleichermaßen bedeutender Art eine außerordentlich beharrliche Tradition ausmachen läßt. Der Wein, der hier in neue Schläuche gegossen wurde, ist trotz allen Beimengungen alt. Alles spricht dafür, daß die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue, die im Sangallensis als 'originales Endprodukt' eines in höchstem Maße planvoll durchgeführten Unternehmens der Arbeit am Bibeltext ihren Anfang genommen hatte, mindestens einen Traditionsstrang begründet hat, der ihren Charakter im Prinzip unverfälscht überliefert hat und dessen später Zeuge das Oxforder Apograph ist, und zwar als Zeuge einer Bilingue und nicht einfach als Zeuge eines lateinischen und eines althochdeutschen Textes. Damit ist die Frage noch nicht beantwortet, an welcher Position in der Textgeschichte sich die Oxforder lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue möglicherweise doch einordnen läßt. Dieses Problem kann nur in einer Zusammenschau aller bisher vorgetragenen Befunde in Angriff genommen werden.

,099

Man vergleiche etwa B. Meineke, Althochdeutsches aus dem 15. Jahrhundert, S. 48-51, 54f. Zum OT. sieh auch: B. Wulf, in: R. Schützeichel, Addenda und Corrigenda (III), S. 395.

V. Zusammenschau Aufgrund einiger wichtiger Bedingungen unterscheidet sich eine Interpretation der Ergebnisse der vorliegenden Variantenuntersuchung von Analysen, die sich mit verschiedenen Zeugen eines Textes befassen, die der althochdeutschen Sprachperiode angehören oder jüngere Zeugen einer überlieferten Filiation älterer Quellen sind. Es sind das die fast acht Jahrhunderte, die zwischen der Vollendung des Codex Sangallensis 56 und der Anfertigung des Oxforder Apographs liegen, der Verlust der Vorlage des Ms. Junius 13 und die Ungenauigkeit der historischen Nachrichten über sie, die Eingriffe in die Textgestalt bereits vor der Anfertigung der Abschrift, die Schwierigkeiten, mit denen der Kopist zu kämpfen hatte, die Eingriffe des Franciscus Junius und der beträchtliche Textverlust. Abgesehen von den wissenschaftsgeschichtlichen Problemen, für deren Behandlung diese Handschrift in ihrer Gestaltung durch Junius Bemerkenswertes zu bieten hat, ist die Tatsache entscheidend, daß Ms. Junius 13 Zeuge einer historisch nachweisbaren, ehemals größeren Handschriftenfiliation eines der wichtigsten althochdeutschen Sprachdenkmäler ist1100. Sie gibt dazu Anlaß, alles Vorhandene, das auf mittelalterlicher Überlieferung beruht, so genau und unter so vielen Aspekten wie sinnvoll möglich zu prüfen, auch wenn auf manche Fragen nur Teilantworten möglich sind. Jeder Befund, der hilft, Spekulationen durch so weit als möglich von der Überlieferung getragenes Wissen zu ersetzten, ist der Anstrengung wert. Die Frage nach der textgeschichtlichen Stellung des Apographs oder genauer dessen, was es gerade durch vielerlei Verzerrungen erkennen läßt, ist nicht sogleich mit deijenigen nach dem "kritischen Wert"1101 in eins zu setzen. Die einseitige Beurteilung eines Überlieferungsträgers allein aus der Perspektive der Textkritik oder von den Bedürfnissen der Lexikographie her fuhrt zu unnötigen Aporien, die den Blick auf die Erkenntnismöglichkeiten verbauen, die jedwede Überlieferung auf ihre Weise zu bieten hat. Insofern, so könnte man ein berühmtes Diktum ,100

P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 30-32. E. Meineke, Kloster Fulda in der Welt der KarolingerundOttonen, S. 412-414. 1I01 E. Sievers, Tatian, S. XXI.

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Zusammenschau

abwandeln, ist jeder Überlieferungsträger zunächst einmal unmittelbar zu Gott. Die Frage nach dem kritischen Wert würde sich bei einem Editionsvorhaben stellen, das die gesamte Überlieferung der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue oder gar die weitere lateinische Überlieferung der Harmonie zusammenfassen wollte und dabei die Abweichungen angemessen zu berücksichtigen hätte1102. Sie setzte eine Prüfung aller Varianten dieser Handschrift voraus, die für die vorliegende Untersuchung erstmals durchgeführt und je nach Grad der Relevanz in Beispielen oder vollständig vorgelegt worden ist. Das Ergebnis der Prüfungen offenbart das ganze Maß der Unsicherheiten, die durch die Überlieferungslage gegeben sind und die eine differenzierte und vorsichtige Betrachtung der Einzelfälle erzwingen. Insofern erscheint es sehr fraglich, was denn eine Edition, die so unterschiedliche Überlieferungsträger wie den Codex Sangallensis und Ms. Junius 13 vereinigen wollte, eigentlich erbringen sollte. Gerade die jüngsten und in dieser Arbeit immer wieder herangezogenen Forschungen A. Massers zeigen doch, in welch hohem Maße Erkenntnisse verschiedenster Art, etwa zur Syntax oder gar zur höchst diffizilen Frage der Widerspiegelung gesprochener Sprache im althochdeutschen Tatian von der präzisen Auswertung der Befunde der Einzelhandschriften abhängig sind. Eine vorschnelle und einseitige Konzentration auf den Text ohne Beachtung der gewollten Anlage des Überlieferungsträgers, mithin seines kodikologischen Programms, ist gerade im Falle der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue unhaltbar. Das gilt auch für den späten Oxforder Zeugen, wenngleich naturgemäß unter Berücksichtigung der andersartigen Bedingungen seiner Entstehung. Im OT. lassen sich die Abweichungen nur durch die Beachtung aller greifbaren handschriftlichen Indizien einschließlich der Beiträge des Junius gewinnen. Ein Editor, der einen Text aus derart heterogenen Überlieferungsträgern konstituieren wollte, wäre mit dem beständigen Problem konfrontiert, die Abweichungen im OT. erklären und nicht allein darbieten zu müssen. Für sich genommen sagten die Formen nichts aus, nicht einmal dann, wenn man sie mit trefflichen Anmerkungen über Korrekturen versähe.

"^Man vergleiche die Ausführungen J. Rathofers zu einer solchen von ihm seinerzeit geplanten Edition, PBB. 92 (1970) S. 178 undPBB. 95 (1973) S. 17f.

Zusammenschau

445

Dennoch ist die Frage nach dem kritischen Wert des Oxforder Apographs sehr berechtigt. Denn schließlich reflektiert es einen verschollenen Text, über dessen mutmaßliche Position in einem Handschriftenstemma der Tatianbilingue aufgrund der vorgängig zusammengetragenen Indizien nun Überlegungen anzustellen sind. Dazu sind zunächst die bisherigen Erkenntnisse zu bündeln. Es wurde festgestellt, daß die Beurteilung des Oxforder Tatian einzig aufgrund des im Ms. Junius 13 überlieferten Textes im Rahmen der Gestaltung durch Franciscus Junius und unter Einbeziehung der möglichen Einwirkungen des Kopisten und mutmaßlicher früherer Bearbeiter vorgenommen werden kann. Die beiden zeitgenössischen gedruckten Textproben können nicht weiterhelfen. Bezugspunkte für den Vergleich sind der Codex Sangallensis 56 als Original der Bilingue, der Codex Bonifatianus 1 als unmittelbare lateinische Vorlage des Sangallensis, sowie der Text der Vulgata als mögliche Quelle für Korrekturen und Überarbeitungen des OT., eine Funktion, die er auch schon bei der Herstellung des Sangallensis gehabt hat1103. Der Versuch, altlateinische und jüngere volkssprachige Traditionen einzubeziehen, stellt sich als nicht haltbar heraus, was in der Erkenntnis der Abhängigkeit des lateinischen Sangallensis vom Fuldensis seit J. Rathofers 'Abkehr von der Methode der Diatessaronforschung' eine tiefere Begründung hat und sich in den tatsächlich aufweisbaren lateinischen Varianten auch zeigt. Die simple Übertragung textkritischer und editorischer Methoden auf die Überlieferung der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue unterbleibt besser, auch wenn diese Methoden anderswo ihre volle Berechtigung haben mögen. Das Pariser Tatianfragment und die Vorlage des OT. bezeugen eine einstmals umfangreichere Handschriftenfiliation. Weitere Hinweise auf ehemals existierende Handschriften der Bilingue sind vorhanden, aber zu unsicher, um in stemmatische Konstruktionen einbezogen zu werden. Es ist anzunehmen, daß der Codex Sangallensis 56 bald nach seiner Fertigstellung von Fulda nach St. Gallen verbracht wurde1104. Über die Jahrll03

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 118-121.

U04

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 114, 127.

446

Zusammenschau

hunderte bis zum späten Mittelalter ist über sein Schicksal bis auf einen St. Galler Besitzvermerk nichts bekannt. Erst a. 1461 wird er in einem Bücherverzeichnis in St. Gallen wieder faßbar1105. Für Aufenthalte des Codex an einem anderen Ort als St. Gallen gibt es keine Hinweise. Die Benutzerspuren am Sangallensis sind nur geringen Umfangs, so daß eine intensive Nutzung während des Mittelalters nicht stattgefunden zu haben scheint1106. Selbst ihr Einband ist noch der ursprüngliche, was gegen eine intensive Beanspruchung spricht1107. Das mag ein Indiz dafür sein, daß man den Umfang einer verschollenen Filiation der Bilingue nicht wird überschätzen dürfen. Unter diesen Umständen verbleiben mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nur zwei Orte, an denen eine Handschriftentradition, deren später Reflex der Oxforder Tatian ist, ihren Ausgang genommen haben kann. Es handelt sich um St. Gallen und um Fulda, den Entstehungsort des Codex Sangallensis 56. In St. Gallen wäre der Codex 56 selbst zum Ursprung einer solchen Überlieferung geworden. Das ist denkbar. Überliefert ist jedoch nichts. In Fulda wäre es das Konzept für die Herstellung der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue gewesen, möglicherweise auch eine zweite, aus diesem gefertigte Reinschrift oder eine Abschrift des Sangallensis, bevor dieser an seinen Bestimmungsort geschickt wurde. Über den Zeitpunkt, zu dem eine Handschriftenfiliation ihren Beginn genommen haben könnte, läßt sich nur insofern etwas sagen, als im Pariser Tatian immerhin ein Textzeuge vorliegt, der bereits im frühen Mittelalter entstanden ist1108. Das Konzept des Sangallensis verwiese naturgemäß auf dessen Entstehungszeit. Beide möglichen Traditionslinien, die fuldische wie die sangallische, reichten mithin in ihren möglichen Wurzeln bis in das erste Viertel des neunten Jahrhunderts zurück. II05

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 108f.

II06

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 105f„ 115-125. T. 32.

1,07

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 125.

,108

E. Sievers, Tatian, S. XVIIf. E. Meineke, Althochdeutsch. Syntax und Semantik, S. 330f.

Zusammenschau

447

Sie wären damit so alt, wie es die bekannten Fakten der Überlieferung anzunehmen erlauben. Sie wären, was die Sache erheblich erschwert, gewissermaßen urverwandt und daher in einem späten Zeugen und unter den bekannten Überlieferungsverhältnissen womöglich nicht mehr hinreichend differenzierbar. Die eigentümliche Gliederung des OT. in Kapitel und Abschnitte, die hier als eine Kombination aus primären, letztlich auf den Codex Fuldensis zurückgehende Elemente und sekundären Konstruktionen wohl des B. Vulcanius und des Junius erkannt werden konnte, hat an wenigstens einer Stelle, nämlich dem Beginn von Cap. 211109, die Möglichkeit eröffnet, das Oxforder Apograph mit dem Konzept des Sangallensis in Verbindung zu bringen. Die Ahnenlisten in Cap. 51110 mit ihrer systematisch verkürzten Wiedergabe des Textes und ihrer zusätzlichen Textzeile sehen auf den ersten Blick gar aus wie unmittelbar aus einem solchen Konzept gewonnen. Ob sich diese Vermutungen bestätigen lassen, hängt von der Deutung der althochdeutschen und der lateinischen Wortvarianten ab. Von den althochdeutschen Wortvarianten, die kein Sondergut darstellen, läßt sich nur in den wenigsten Fällen einigermaßen sicher annehmen, daß sie bereits Teil der Vorlage gewesen sind. Der überwiegende Teil ist unsicher oder wahrscheinlich sekundär zustande gekommen. Althochdeutsche Wortvarianten, die als Sondergut des OT. gelten könnten, wären als besonders deutliche Hinweise darauf zu verstehen, daß die Oxforder Abschrift nicht in direkter Linie auf den Sangallensis zurückgeht. Auch unter diesen Varianten sind die meisten Fälle nur unter Vorbehalt als primär anzusprechen oder gar bei genauer Prüfung zu verwerfen. Es fällt zudem auf, daß die Abweichungen oft nur zwischen Simplizes und präfigieren Formen bestehen oder nur durch eine geringfügig abweichende Wortgestalt, etwa hinsichtlich eines einzigen Vokals, Zustandekommen. An dieser Stelle mögen die grammatischen Bestimmung der Formen des OT. nach den Kriterien heutiger Grammatiken vielleicht stärkere Unterschiede suggerieren, als sie das Apograph tatsächlich zu bieten hat. In keinem Falle reicht ein rascher Blick in die Handschrift und das Herausgreifen isolierter Formen ohne die Berücksichtigung der

U09

Sieh Teil II.B. '""Teil IV.B.a.

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Zusammenschau

gesamten Verhältnisse des Apographs aus, um Wortvarianten zu konstruieren, wo tatsächlich nur graphische Varianten vorliegen. Im Vergleich zu den lateinischen Varianten ist mit rund fünfzig Fällen eine recht niedrige Zahl althochdeutscher Wortvarianten zu konstatieren, und zwar selbst dann, wenn man, wie oben geschehen, zunächst einmal alle Fälle zusammennimmt, die mutmaßlich als solche lexikalische Varianten zu betrachten sind und nicht ohne eingehende Prüfung als Fehler oder graphische Varianten ausgeschieden werden können. Das bedeutet, daß der althochdeutsche Text im ganzen trotz allen Eingriffen die Fährnisse der Überlieferungsgeschichte vergleichsweise besser überstanden hat als der lateinische. Dieser Befund ist angesichts der langen Zeit, die zwischen der Entstehung des Sangallensis und der des Apographs vergangen ist, und der vielen damit verbundenen Einwirkungsmöglichkeiten vielleicht die erstaunlichste Feststellung. An diesem Befund vermögen auch die unzähligen graphischen Varianten nichts zu ändern, die zudem von Interferenzen mit neusprachlichen Gewohnheiten des Kopisten beeinflußt sind. Die graphischen Varianten erweisen sich als einigermaßen gut systematisierbar, so daß sie mit aller Vorsicht Rückschlüsse auf die graphische Gestalt der Vorlage zulassen. Einiges spricht dafür, daß in der Vorlage bestimmte Buchstaben verwechselbar waren, so etwa e/o, i/e, f / f , h/k (und so weiter). Möglicherweise wurde ein cc-a verwendet. Auch scheinen durchstrichene d/ό als altertümliche Elemente in der Vorlage des OT. häufiger benutzt worden zu sein als im Sangallensis. Das mag J. Rathofer 1111 dazu bewogen haben, einen Ansatz der Vorlage noch vor dem 11./12. Jahrhundert in Betracht zu ziehen, auch wenn er das nicht weiter ausgeführt hat. Die Grundlage für präzisere Aussagen fehlt allerdings. Es erscheint auch nicht sinnvoll, in den Skriptorien Fuldas und St. Gallens nach Texten zu suchen, deren paläographische Gestalt zu den oben angeführten mutmaßlichen Kriterien passen würden, schon gar nicht unter den hochkalligraphischen Handschriften1112. Zu vieles ist im Dunklen, etwa die Zahl abschriftlicher Zwischenstufen, deren Erhaltungszustände und die Fähigkeiten der womöglich beteiligten Schreiber. U11

J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 117, 106, A. 161.

1112

Sieh etwa H. Hoffmann, Buchkunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich, I, S. 132-180, 366-402; II, Abb. 29-51; Abb. 187-216.

Zusammenschau

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Die Verwechslungsgefahr von Buchstaben hat sich im althochdeutschen Text erheblich stärker ausgewirkt als im Lateinischen. Das ist dadurch erklärlich, daß der Kopist für das Lateinische neben seiner eigenen Vertrautheit mit der Sprache die Möglichkeit zum Textvergleich mit der Vulgata besaß, während er für das Althochdeutsche allein auf sein Lesevermögen angewiesen war. Noch die Textproben des B. Vulcanius zeugen davon, daß diese Schwierigkeiten nicht für ihn allein bestanden. Die graphische Gestalt des OT. ist außerdem von modernen Überformungen geprägt, die sich insbesondere in der Verwendung des ß, der Interpunktion beider Textfassungen und der Orthographie des Lateinischen zeigen. Doch lassen sich hinter den modernen Schreibweisen, vor allem den modernisierenden Korrekturen des Typs i/j und u/v, oftmals die alten Schreibungen noch gut erkennen. Vor allem graphische Besonderheiten, die von Schreibvarianten bis zu Entstellungen reichen, haben immer wieder einen Anlaß für Junius geboten, in den Text einzugreifen. Die Offenlegung seines Verfahrens der Konjektur und Korrektur, die er auf interne Textvergleiche und die Heranziehung anderer Texte stützte, wird durch seinen Kommentar ermöglicht und erlaubt es, viele Abweichungen im Althochdeutschen als sekundär zu erkennen. Die Arbeitsweise des Junius ist auch hinsichtlich der Frage von Belang, inwieweit Junius die Vorlage des OT. herangezogen haben kann und inwieweit den von ihm eingetragenen Varianten daher Authentizität zugesprochen werden kann. Da sich die Kollation des Junius nur an wenigen Stellen sicher nachweisen läßt, dafür aber sein Bearbeitungsverfahren im Kommentar und auch in der dem Ms. Junius 13 beigebundenen Textprobe aus den Murbacher Hymnen umso deutlicher hervortritt, ist eine skeptische Haltung angebracht. Soweit sich die Einzelfälle aus dem Material des Junius erklären lassen, ist von Spekulationen über eine abweichende sprachliche Gestalt der Vorlage abzusehen. Ein gleiches gilt für die Fehlertypen, die sich im Abschreibeverhalten des Kopisten ausmachen lassen. Vor allem ist die Vielfalt der innerhalb der Handschrift nachweisbaren sekundären Einflüsse auf die Gestalt der Abschrift ein entscheidendes Hindernis, Einzelfälle zu isolieren, ihre Gestalt unbesehen für authentisch zu nehmen und darauf weitreichende Schlüsse aufzubauen. Insofern können Verfahren, die sich auf althochdeutsche Primärüberlieferungen mit Erfolg anwenden lassen, nicht einfach übernommen

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werden. Als besonders anschauliches Beispiel kann die Bestimmung des Korrektors Π im T. als Alemannen dienen, die sich auf ein einziges Wort hara statt herα stützen läßt1113. Lautlich unterscheiden sich vor dem Hintergrund dieser Überlegungen die althochdeutschen Überlieferungen im T. und im OT. nur unwesentlich. Insbesondere läßt sich der Oxforder althochdeutsche Tatian sprachgeographisch nicht anders einordnen als der St. Galler. Vereinzelte Abschwächungen ändern an diesem Befund nichts. Andere lautliche Abweichungen lassen sich nicht hinreichend absichern. Auch hier ist vor einer überzogenen Interpretation isolierter Einzelbefunde zu warnen. Da sich außerdem Interferenzen neuerer Sprachstufen auf die Graphien einzelner Wörter ausgewirkt haben und hierin ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor bei der Beurteilung besteht, ist auch hier der Auffassung der Vorzug zu geben, daß OT. trotz allen Verzerrungen den althochdeutschen Text viel besser widerspiegelt, als das der äußere Anschein vermuten läßt. Es handelt sich um alten Wein, der in neue Schläuche gegossen wurde. Die Beschaffenheit beider war freilich erst einmal zu durchschauen. Genau hierin liegt die Antwort auf die Frage nach dem textkritischen Wert der Abschrift. Wenn man sie auf die Entscheidung reduziert, was an Varianten in einen kritischen Apparat aufzunehmen sei, so wird man sich mit dem Oxforder Variantenbestand schwertun. Insofern hat E. Sievers gut daran getan, das Oxforder Apograph einstweilen aus seiner Edition auszuschließen, wenngleich er diesen Weg nicht konsequent gegangen ist und wichtige Aspekte des Sangallensis nicht erkannt hat. Wenn man die Frage unter dem Gesichtspunkt betrachtet, wie Altes in Neuem gespiegelt wird, wie Altes rezipiert und tradiert wird, so kann man dem Oxforder Textzeugen als Phänomen sui generis einiges abgewinnen. Die lateinischen Varianten bezeugen Einflüsse auf den Text, die in diesem Ausmaß für das Althochdeutsche nicht konstatiert werden können. J. Rathofer1114 bemerkt, daß derjenige, der die Niederschrift der Vorlage des OT. nicht erst ins elfte oder zwölfte Jahrhundert verlegen wolle, sämtliche durch das Apograph gespiegelten Zusätze als marginale oder interlineare Ergänzungen des lateinischen Textes der Vorlage durch 1113

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S.

116. ,U4

J. Rathofer, PBB. 95 (1973) S. 117.

Zusammenschau

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einen jüngeren Bearbeiter zu erklären habe. Es erscheint gar nicht notwendig, eine jüngere Bearbeitungsstufe an eine solche Datierung der Vorlage zu binden. Es wurde bereits gesagt, daß sich über die Zahl abschriftlicher Stufen, auf der die Vorlage des OT. womöglich ihrerseits beruht, rein gar nichts aussagen läßt. Die Wahrung des Zeile-für-ZeilePrinzips und die Überlieferung des althochdeutschen Textes in der beschriebenen Form lassen immerhin mit guten Gründen vermuten, daß es sich nur um sehr wenige kopiale Vorstufen gehandelt haben dürfte, da sonst womöglich mit wesentlich größeren Verzerrungen und mit noch mehr jüngeren Formen zu rechnen wäre. Die Bearbeitung des lateinischen Textes zeugt von sich teilweise überkreuzenden Bestrebungen. Einerseits wurde er noch stärker am Vulgatatext ausgerichtet als das Victor von Capua zu seiner Zeit und mit der ihm verfugbaren Vulgatafassung getan hatte. Zum anderen war der althochdeutsche Text Vorlage für Änderungen, ob versehentlich oder beabsichtigt. Eine derartige Bearbeitungsform begegnet auch in den Eingriffen des Junius und kann diesen Eingriffstypus auch dort als jung erweisen, wo er primärer Bestandteil des Apographs ist. Andere Varianten lassen ich durch handschrifteninterne Faktoren verschiedener Art erklären. Dazu gehören Beeinflussungen durch benachbarte Textstellen, aber auch einfache Fehler und Versehen. Sie können nicht auf eine bestimmte Quelle zurückgeführt werden. Es erscheint ratsamer, sie als Zeugen der Fährnisse der Textüberlieferung hinzunehmen als ihre Abkunft aus bald hier, bald dort aufgetanen Quellen mit Gewalt postulieren zu wollen. Die Zielrichtungen einer Bearbeitung zeugen möglicherweise von verschiedenen Bearbeitungsgängen. Die Ausrichtung auf den Vulgatatext ist aufgrund ihres Umfangs und ihrer relativ konsequenten Durchführung wohl als ein Vorgang aufzufassen, der relativ gut aus der Gemengelage sonstiger Varianten hervorsticht. Die wenn auch schwachen Indizien, die darauf deuten, daß der Kopist daran beteiligt war, verweisen auf die Möglichkeit einer Textrevision noch im sechzehnten Jahrhundert. Der Kopist scheint das Anlageprinzip der Bilingue besser begriffen zu haben als etwa B. Vulcanius. Auch das spricht dafür, in ihm mehr zu erkennen als nur einen braven, aber unintelligenten Abschreiber. Das, was man ihm als Fehler anlasten kann, ist unter dem Gesichtspunkt der Schwierigkeit der Aufgabe zu sehen, die er zu erfüllen hatte. Welchen Alters die Vorla-

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ge war und was an Korrekturen in welchem Umfang bereits sie enthielt, ist nicht festzulegen. In den aufgewiesenen Varianten verschiedener Art wird man größtenteils Zeugnisse einer Metamorphose zu erblicken haben, der ein Text zwangsläufig unterworfen wird, wenn er den Einflüssen der Überlieferung über fast acht Jahrhunderte ausgesetzt war. Die Spuren, die darauf hinweisen, daß die Überlieferungslinie womöglich nicht zum Sangallensis selbst zurückfuhrt, vielmehr zu einer Handschrift in unmittelbarer stemmatischer Nähe, sind schwach. Sie können aber nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden. Für das, was der Oxforder Tatian darstellt und für das, was das gesamte Ms. Junius 13 in seiner Bearbeitung durch Franciscus Junius bietet, ist diese Frage nicht so bedeutsam, wie es unter einem allzu eng gefaßten Aspekt des kritischen Werts den Anschein haben mag. Als Spiegel älterer Verhältnisse und Zeuge jüngerer Eingriffe hat er in jedem Falle Beachtung verdient, und zwar unabhängig von jeglichem philologischen Wunschdenken in der spezifischen Form seiner Überlieferung. Der Oxforder Tatian taugt jedenfalls nicht zur Annahme einer sehr umfänglichen Handschriftenfiliation, die auf eine weite Verbreitung des Textes im Mittelalter schließen ließe. Die unabhängigen Lesungen und Redaktionen, die man in ihm erblicken möchte, liegen nicht so weit ab vom Sangallensis, als daß man eine solche Hypothese darauf bauen könnte. Auch lassen sich von hier keine neuen Argumente für ältere Vorstellungen von der literarischen Wirkung der Bilingue gewinnen, wie sie zum Beispiel in bezug auf Otfrids Evangelienharmonie erwogen worden sind1115. Erst recht ist das Oxforder Apograph nicht zum Zeugen eines Textes zu erheben, "which was widely used for missionary work"1116. Der Wunsch des Philologen, den von ihm untersuchten Texten möglichst viel Bedeutung auch für die allgemeine Geschichte beizumessen, ist verständlich, aber unhaltbar und im Falle der lateinisch-althochdeutschen Tatianbilingue ganz abwegig. Es bedarf dieser Vorstellung ""Sieh etwa H. de Boor, Geschichte der deutschen Literatur von den Anfangen bis zur Gegenwart, S. 43. Wesentlich vorsichtiger: G. Ehrismann, Geschichte der Deutschen Literatur I, S. 289f. Man vergleiche in einem weiteren Zusammenhang W. Schröder, Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 87 (1956/57) S. 190-213. 1116

P. Ganz, Introduction, S. xvi.

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auch gar nicht, weder um das Interesse am Gegenstand zu begründen, noch um den Gegenstand angemessen zu erklären. Der Text, der da im ersten Viertel des neunten Jahrhunderts in der Zusammenarbeit von Gelehrten, Übersetzern und Schreibern gezielt und sorgfältig hergestellt wurde, ist zu allererst ein Erzeugnis ebendieser Anliegen der damaligen Arbeit am Bibeltext1117. Die Vorstellung von einer Art Gebrauchsübersetzung für Missionare auf deutschem Boden ist gänzlich unbegründet. Gerade dem ursprünglichen Anliegen des Textes und seiner Bindung an die historischen Umstände seiner Entstehung ist es wohl zu verdanken, daß nicht mehr davon erhalten ist. In der Entstehung der Bilingue aus gelehrter Arbeit am Text und in der späten Überlieferung der Bilingue aus ähnlichem, wenn auch im Detail anders ausgerichtetem Interesse, liegen erstaunliche historische Parallelen. In den Vorgängen, die damit gegriffen werden, liegt für eine Beschäftigung mit dem Überlieferten Rechtfertigung genug. Die Oxforder Abschrift lenkt somit in all ihren Verzerrungen und Brechungen den Blick gerade auf den Charakter, das Wesen und die ursprüngliche Intention der in Fulda für die Sankt Galler Brüder geschaffenen Bilingue zurück. Daß das nach so langer Zeit noch zu erkennen ist, ist in erster Linie dem glücklichen Umstand der Überlieferung des Codex Sangallensis 56 zu verdanken. Es ist auch einer langwährenden Forschung an der Bilingue zu verdanken, die nach einigen Umwegen in jüngerer Zeit doch zu einem Blick auf die tatsächlichen Überlieferungsverhältnisse gelangt ist. Es ist schließlich, und davon war in dieser Arbeit im besonderen zu handeln, den Anstrengungen gelehrter Köpfe vergangener Jahrhunderte zu verdanken, die sich bemühten, den alten Wein nicht achtlos wegzuschütten, ihn vielmehr nach Maßgabe dessen, was sie für richtig und wünschenswert hielten, in neue Schläuche zu gießen, um ihn erhalten und weiterreichen zu können.

1117

A. Masser, Die lateinisch-althochdeutsche Tatianbilingue des Cod. Sang. 56, S. 106. Sieh auch bereits G. Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur I, S. 290.

VI. Anhang A. Textfragment aus Ms. Junius 115a Im Ms. Junius 115a ist auf fol. 470vb ein Papierblatt von circa 19,1 cm Länge und 8 cm Breite aufgeklebt. Er ist am rechten Rand, nahe dem Mittelfalz der Handschrift, zum Teil umgeknickt. Der Knick ist sehr scharf, als ob der Zettel früher im Buchfalz gesteckt hätte, sei es, daß er als loses Blatt in dieser Handschrift lag oder daß er ursprünglich einer anderen Handschrift angehörte. In der jetzigen Form ist das Blatt so aufgeklebt, daß ein Abstand zum Falz gegeben ist. Das Manuskript verfugt über einen Einband exakt der gleichen Art wie der des Ms. Junius 13, der auf die dreißiger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts datiert wird1118. Es handelt sich um ein bisher nicht bekanntes Textfragment. Es bricht in seiner letzten Zeile mit einer Worttrennung ab und war mithin ursprünglich sicher länger. Auch der Anfang fehlt offensichtlich. Der Buchstabe Β am Textbeginn könnte der Rest einer Abschnittskennzeichnung des vollständigen Textes mit Großbuchstaben sein. Der Beginn des Textes mit seinem Rückbezug sicut antea dixi weist darauf hin, daß es sich um den Anschluß an vorhergegangene Ausführungen handelt. Weder ein passendes vorhergehendes Stück noch eine Fortsetzung ist im genannten Codex zu finden. Entweder sind sie abhanden gekommen oder sie befinden sich in einer anderen Handschrift des Junius-Nachlasses. Möglicherweise handelt es sich auch um den Teil eines Briefentwurfs. Der Text des Blattes wurde von Junius geschrieben und auch verfaßt und nicht aus dem Werk eines anderen Gelehrten abgeschrieben. Das wird durch den Hinweis auf die bevorstehende eigene Edition des Codex Argenteus belegt (Z. 19f.). Denn diese erfolgte tatsächlich durch Junius im Jahre 16651119, womit zugleich ein terminus ante quem gewonnen ist. Außerdem erwähnt Junius auch seine Arbeit an Willirams von Ebersberg Hoheliedparaphrase, zu der er a. 1655 einen Kommentar veröffentlichte1120. Es wird nicht ganz deutlich, ob zur Zeit der Abfassung des vorliem8

P. Ganz, PBB. 91 (1969) S. 36, A. 45.

""QuatuorD. N. Jesu Christi euangeliorum Versiones perantiquae duae, Gothica seil, et Anglo-Saxonica. ll20

Francisci Junii F. F. Observationes in Willerami Abbatis Francicam paraphrasin

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genden Fragments die Observationes bereits abgeschlossen waren. Zwei Gründe machen diese Folgerung aber wahrscheinlich. Erstens läßt des Junius Bemerkung, diese Arbeit habe ihn schon seit längerer Zeit beschäftigt, den Schluß zu, daß sie wenigstens weit fortgeschritten war. Zweitens gelangte Junius erst ein Jahr vor der Fertigstellung der Observationes in den Besitz des Codex Argenteus1121. Wenn er angibt, dessen Edition vorzubereiten, so ist anzunehmen, daß er auch damit bereits vorangekommen war. Das vorliegende Textfragment ist demnach in die Zeit zwischen a. 1654/55 und a. 1665 zu datieren. Eine vollständige Erschließung der Korrespondenz des Junius wird womöglich genauere Schlüsse erlauben. Zur Bemerkung des Junius, seine Lebensspanne sei schon beinahe abgelaufen, ist zu sagen, daß er sich in der Tat in fortgeschrittenem Alter befand (* a. 1597), auch wenn er erst a. 1677 starb. Das Fragment ist eine eindrucksvolle Selbstäußerung des Junius über die Bedeutung, die er dem Sprachvergleich beigemessen hat1122. Die Wiedergabe erfolgt unter Beibehaltung der Zeilenflillung und der wenigen Kürzungen. Eine Übersetzung durch den Verfasser der vorliegenden Arbeit soll den Zugang erleichtern. Β Pofteaquam igitur admirabilis tot proximarum confanguinearumq, linguarum affinitas, sicut antea dixi, jam dudum advertiffet animum Willeramo illuftrando intentum, non deftiti rem ufu tractandöq, compertam fedulo urgere, ac praeclara Teutonia nominis ingenia monere, hortari, orare, ut facilem & non inamcenum laborem conferendi linguas cognatas mutuoq, fibi veluti innexas, libenter fufciperent, et expeditiffimä rectiflimäcjä via gratiam apud

Nachdem also der erstaunliche, enge Zusammenhang so vieler der am nächsten verwandten Sprachen, wie ich vorher gesagt habe, schon seit längerer Zeit die gespannte Aufmerksamkeit darauf gelenkt hatte, Williram zu erläutern, habe ich nicht aufgehört, die durch Benutzung und Behandlung zuverlässig ermittelte Sache emsig voranzutreiben, sowie die hervorragenden Begabungen deutschen Namens zu ermahnen, zu ermuntern, zu bitten, daß sie die leichte und nicht unangenehme Arbeit, die verwandten und gleichsam ineinander verschlungenen Sprachen zu vergleichen, gerne auf sich nähmen und auf sicherstem und richtigstem Wege Dank beim eigenen Volke, Ruhm bei den

Cantici canticorum. im

Ph. H. Breuker, Franciscus Junius F. F. and His Circle, S. 141.

ll22

Sieh oben, Teil III.A.

Textfragment aus Ms. Junius 115a

populäres, famam apud exteros quaererent. Ac tandem ipfe quoque, Argenteum codicem editurus, huic operae manum admovi; non tarn ut aliis facultatem bene de pofteris merendi praeriperema), quam ne acres fufceptas cohortationis aculeos ipfe nihil agens obtunderem inanefq, redderem. Hanc interim lampada, prope jam decurfo caducas vitae fpatio, deinceps illis trado qui plus valent ingenio. Mihi vero qualifcunque haec opera non prorfus perierit, fi alii, eä adjuti, minore pofthac negotio conatus meos promovere ftudebunt. Exfurgant modo septentrionis alumni Teu-

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anderen erstrebten. Und endlich habe auch ich selbst, der ich dabei bin, den Codex Argenteus herauszugeben, Hand an diese Aufgabe angelegt; nicht so, daß ich andere der Möglichkeit berauben würde, sich günstig vor der Nachwelt Verdienste zu erwerben, als vielmehr, daß ich nicht die scharfen Stachel der unternommenen Ermunterungen durch eigenes Nichtstun stumpf und wertlos machen würde. Unterdessen übergebe ich diese Fackel, da die Frist dieses vergänglichen Lebens schon beinahe abgelaufen ist, von nun an jenen, die durch Geisteskraft mehr auszurichten vermögen. Mir aber wird diese wie auch immer beschaffene Arbeit durchaus nicht verloren gehen, wenn andere sich, durch sie unterstützt, danach mit weniger Schwierigkeiten damit beschäftigen werden, meine Bemühungen fortzufuhren. Es erheben sich eben erst die Sprößlinge des Nordens [Teu-]

^prceriperem] gestrichenem prcecluderem übergeschrieben, ein Einfügezeichen [/\] vor dem Komma markiert die Einfügesteile.

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Β. Sachregister Das Sachregister ergänzt das Inhaltsverzeichnis um ausgewählte Stichwörter und Eigennamen. Nicht aufgenommen wurden Namen und Begriffe, von denen in der Arbeit durchgängig die Rede ist, sowie Gesichtspunkte, die sich über das Inhaltsverzeichnis erschließen lassen. Abschwächung 210. 212. 213. 215. 437. 450 Ammonius Alexandrinus 54. 56. 102 Angelomus v. Luxeuil 54. 61 Assimilation 339, 434 C. Baronius 56 R. F. R. Bellarminus 56 G. Cassander 38 Μ. T. Cicero 53. 54 Codex Argenteus 41-44. 455-457 Codex Unia 46 Alter Druck (altfriesisch) 46 M. Flacius Illyricus 55 J. Fox 43 M. Freher 30. 39. 55. 57. 67. 71. 93. 112. 113. 115. 116. 189. 194. 204. 206. 367 Zehn Gebote (altfriesisch) 45-47 M. Goldast 28 N. Heinsius 30. 39. 55. 56. 93. 97. 115 Hieronymus 54. 56 Murbacher Hymnen 44. 48. 50. 51 De iure - Haet is riucht 45 Jus Municipale Frisonum 45 E. Lye 89. 103 Th. Marshall 59 Nibelungenklage 440 Otfrid 54. 55. 90. 91. 102. 143. 145. 156. 159. 164. 166. 194. 452 J. I. Pontanus 93 M. F. Quintiiianus 53 Westerlauwerssches Recht 45 Sigebert v. Gembloux 55. 56 R. Stephanus 70 Summarium Heinrici 440 Te Deum 48 Victor von Capua 53-J