Altenpflege Dossier 10 - Neue Pflegegrade: Die Pflegebegutachtung ab 2017: So sind Sie auf die Umstellung optimal vorbereitet 9783866303133

Die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bedeutet, Pflege neu zu denken. Zentraler Aspekt hierbei ist die Se

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INHALT
MAGAZIN
Perspektivwechsel
Selbstständigkeit fördern
Kleine Ursache, große Wirkung
Kein Automatismus mehr
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Altenpflege Dossier 10 - Neue Pflegegrade: Die Pflegebegutachtung ab 2017: So sind Sie auf die Umstellung optimal vorbereitet
 9783866303133

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Altenpflege

DOSSIER 10

Vorsprung durch Wissen

Neue Pflegegrade 2017 I www.altenpflege-online.net

Die Pflegebegutachtung ab 2017: So sind Sie auf die Umstellung optimal vorbereitet

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DOSSIER

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Neue Pflegegrade

Die Perspektive wechseln Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, der

Die ermittelten Pflegegrade

Das neue Begutachtungsinstrument

Klaus Nolte Redakteur, Politikwissenschaftler M.A. [email protected] T 0511 9910-122

zum 1. Januar 2017 in der Pflegeversicherung eingeführt wurde, ist Teil eines in dieser Größenordnung noch nie dagewesenen Reformprozesses in der Pflege. Er bringt viele Veränderungen mit sich, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, zu meistern haben. So hat er einerseits zum Ziel, die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz ebenso zu berücksichtigen, wie die Bedürfnisse von Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Andererseits soll nicht mehr der Hilfebedarf in Minuten, sondern der Grad der Selbstständigkeit und der vorhandenen Fähigkeiten eines Menschen Maßstab für seine Pflegebedürftigkeit sein. Es geht also um einen Perspektivwechsel in der Pflege. Mit dem Dossier möchten wir Sie dabei unterstützen, diesen Wechsel vorzunehmen und „Pflege neu zu denken“, wie es Annegret Miller ausdrückt, die Ihnen in ihrem Beitrag auf Seite 6 erläutert, wie das gelingt.

Diskutieren Sie mit uns auch unter www.facebook.com/ altenpflege.vincentz

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ist das Handwerkszeug zur Umsetzung dieses Perspektivwechsels, da mit dem neuen Pflegebedürft igkeitsbegriff ein neues Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürft igkeit verbunden ist. Dieses Instrument stellt den Menschen, seine Ressourcen und Fähigkeiten in den Mittelpunkt. Es fragt danach, wie seine Selbstständigkeit erhalten und gestärkt werden kann. Von dieser Selbstständigkeit hängt letztlich der ermittelte Pflegegrad ab – und damit von der Mobilität, da sie der Dreh- und Angelpunkt für die selbstständige Lebensweise einer pflegebedürft igen Person ist. Wie Sie die Fähigkeit zur Bewegung fördern und erhalten können, zeigt Ihnen Sabine Hindrichs in ihrem Beitrag auf Seite 16.

2017 I www.altenpflege-online.net

sind das Ergebnis eines komplexen Verfahrens mit Modulen und Gewichtungen. Entsprechend kommt es darauf an, das Einstufungsmanagement sehr sorgfältig durchzuführen, damit es nicht zu Fehleinstufungen kommt. Dass hier schon kleine Fehler eine große Wirkung haben können, lesen Sie im Beitrag von Nicole Franke auf Seite 22, die Ihnen auch sagt, wie Sie diese Fehler vermeiden. Und Bruno Ristok beschreibt ab Seite 28, warum es unter den Bedingungen des Strukturmodells so wichtig ist, das neue Begutachtungsinstrument regelmäßig intern einzusetzen.

Wie Sie sich auf den Einsatz des neuen Begutachtungsinstruments gut vorbereiten. Seite 6

Foto: Werner Krüper

INHALT

04 Magazin 06 Perspektivwechsel Die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bedeutet, Pflege neu zu denken – zentraler Aspekt hierbei ist die Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen.

Wie Sie die Mobilität und damit die Selbstbestimmung pflegebedürftiger Personen unterstützen. Seite 16

Foto: Werner Krüper

16 Selbstständigkeit fördern Mit Einführung der Pflegegrade wird Mobilität zu einer der wichtigsten Fähigkeiten für eine eigenständige Lebensführung. 22 Kleine Ursache, große Wirkung Beim Einstufungsmanagement in Pflegegrade gibt es drei Kardinalfehler, die zu Fehleinstufungen führen können. 28 Kein Automatismus mehr Die Steuerung der Pflegegrade unter den Bedingungen des Strukturmodells erfordert regelmäßig den internen Einsatz des Neuen Begutachtungsinstruments. 32 Service/Impressum/Vorschau

Titelcover: fotolia

Foto: Werner Krüper

Wie Sie falsche Einstufungen durch aussagekräftige Aufzeichnungen vermeiden. Seite 22

www.altenpflege-online.net I 2017

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DOSSIER NEUE PFLEGEGRADE

MAGAZIN

INTERVIEW

„Die Pflegeeinstufung wird gerechter“ Der neue Pflegebedürftigkeits­begriff ist in Kraft getreten. Sind die Medizinischen Dienste gut darauf vorbereitet? Und wie wird sich die Begutachtung verändern? MDS-Chef Peter Pick im Gespräch.

Altenpflege: Herr Pick, welche Erwartungen verknüpfen Sie nun mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und dem Begutachtungsverfahren? Peter Pick: Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs findet eine grundlegende Änderung der Pflegebegutachtung statt. Neuer Maßstab für die Pflegebedürftigkeit ist der Grad der Selbstständigkeit. Dieses Verfahren bildet die Pflegebedürftigkeit viel umfassender ab als das bisherige Verfahren. So werden zum Beispiel kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie psychische Verhaltensweisen und Problemlagen, aber auch der Umgang mit Krankheiten in die Bewertung einbezogen. Die Pflegeeinstufung wird insgesamt gerechter. Denn einerseits erhalten künftig Pflegebedürftige Zugang zu Leistungen, die sie bislang nicht erhalten haben. Zum anderen erreichen die Pflegebedürftigen insgesamt höhere Pflegegrade als bisher. Mittel- und langfristig gesehen muss sich aber weit mehr ändern als nur das Begutachtungsverfahren – der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff wird auch die Sicht auf die Pflege an sich verändern. Altenpflege: Das neue System soll die Einstufung gerechter machen. Aus Sicht einiger Experten gibt es aber einen kritischen Punkt. Künftig ist der Grad der Selbstständigkeit Grundlage für die Einstufung: je unselbstständiger die Person, desto höher der Pflegegrad. Wird so zeitaufwändiges Anleiten von Pflegebedürftigen mit einem niedrigen Pflegegrad „bestraft“, da sie ja nicht komplett unselbstständig sind? Peter Pick: Nein. Neuer Maßstab in der Begutachtung von Pflegebedürftigkeit ist der Grad der Selbstständigkeit. Aus der Feststellung, was eine zu pflegende Person noch kann und worin der pflegerische Unterstützungsbedarf besteht, leitet sich unmittelbar noch kein Pflegeaufwand ab. Das war auch im bisherigen Begutachtungsverfahren prinzipiell nicht anders. Nach der Begutachtung wird zum Beispiel ein ambulanter Pflegedienst einen individuellen Pflegeplan zusammen mit den an der Pflege und Betreuung Beteiligten unter Zugrundelegung der festgestellten Selbstständigkeit erstellen. Im Pflegeplan wird dann als Ergebnis eines Aushandlungsprozesses festgelegt, wer wann welche erforderlichen und gewünschten Aufwände erbringt. Die Rothgang-Studie (2015) zu den Zeit- und Versorgungs-

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aufwänden nach altem und neuem Begutachtungsverfahren zeigt einen linearen Anstieg der zeitlichen Aufwände von den niedrigen zu den höheren Pflegegraden. Dies spricht gegen die angestellten Vermutungen. Altenpflege: Was hätte dies für die aktivierende Pflege zur Folge? Peter Pick: Im Hinblick auf die aktivierende Pflege ändert sich nichts im Vergleich zum bisherigen System: Wenn es einer Pflegeeinrichtung durch aktivierende Maßnahmen gelingt, die Selbstständigkeit des zu Pflegenden zu erhöhen, dann bildet sich dies gegebenenfalls in einem niedrigeren Pflegegrad ab. Leistungsrechtliche Anreize für die aktivierende Pflege zu schaffen, kann Aufgabe der vertragschließenden Parteien der Pflegeselbstverwaltung sein. Altenpflege: Künftig soll der Grundsatz Rehabilitation vor Pflege stärker gelten. Was heißt das genau? Peter Pick: Der Vorrang von Prävention und Rehabilitation ist bereits zum 1. Januar dieses Jahr gestärkt worden. Bislang stellten die Gutachter bei der Pflegebegutachtung fest, ob eine medizinische Rehabilitation durchgeführt werden soll. Die Gutachter müssen nun auch Empfehlungen zur Prävention abgeben. Sie müssen zudem klären, ob Beratungsbedarf zu primärpräventiven Maßnahmen besteht. Dies können zum Beispiel Gruppenangebote zur Sturzprävention oder zur Beseitigung von Mangelernährung sein. Altenpflege: In den Heimen fällt durch den einheitlichen Eigenanteil möglicherweise öfter die Hemmschwelle, einen Höherstufungsantrag zu stellen. Rechnen Sie hier mit deutlich mehr Anträgen? Peter Pick: Bislang hat ein Höherstufungsantrag für viele Pflegebedürftige bedeutet, dass der Anteil, der privat zugezahlt werden muss, erheblich steigt. Das ist nicht mehr so. Insofern ist es gerecht, wenn man trotz zunehmender Pflegebedürftigkeit nicht stärker zu den Pflegekosten herangezogen wird. Klar ist damit: Ein steigender Eigenanteil ist zukünftig kein Hinderungsgrund, eine Höherstufung zu beantragen. Die Anträge werden trotzdem nicht stark steigern. Interview: Steve Schrader

DOSSIER NEUE PFLEGEGRADE

MAGAZIN

WEBPORTAL

Auf dem Portal www.pflegebegutachtung.de stellen der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) und die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) ein übersichtliches Service- und Informationsangebot zum neuen Begutachtungsverfahren sowie zum neuen Begutachtungsinstrument zur Verfügung. Das Informationsportal soll permanent erweitert und aktualisiert werden.

Foto: MDS

Rundum gut informiert

BEGUTACHTUNGSINSTRUMENT

Alles auf einen Blick Einen guten Überblick über die Berechnungsregeln für die Überführung des Summenwertes pro Modul in die jeweiligen gewichteten Punktwerte pro Modul

gibt die unten stehende Grafik, die der Begutachtungsrichtlinie (BRi) entnommen ist und analog zu den Themenfeldern der SIS eingefärbt wurde.

Schweregrad der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten

Gewichtung

Keine

Geringe

Erhebliche

Schwere

Schwerste

0–1

2–3

4–5

6–9

10 – 15

Summe der Punkte im Modul 1

0

2,5

5

7,5

10

Gewichtete Punkte im Modul 1

0–1

2–5

6 – 10

11 – 16

17 – 33

Summe der Punkte im Modul 2

0

1–2

3–4

5–6

7 – 65

Summe der Punkte im Modul 3

Tipp: Die Grafik kann im Internet unter www.hindrichspflegeberatung.de heruntergeladen werden.

Mobilität

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

0

3,75

7,5

11,25

15

Gewichtete Punkte für das Modul 2 oder 3

40 %

0–2

3–7

8 – 18

19 – 36

37 – 54

Summe der Punkte im Modul 4

Selbstversorgung

0

10

20

30

40

Gewichtete Punkte im Modul 4

20 %

Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen

0

1

2–3

4–5

6 – 15

Summe der Punkte im Modul 5

0

5

10

15

20

Gewichtete Punkte im Modul 5

15 %

15 %

10 %

Module

Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

0

1–3

4–6

7 – 11

12 – 18

Summe der Punkte im Modul 6

0

3,75

7,5

11,25

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Gewichtete Punkte im Modul 6

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Foto: Werner Krüper

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Perspektivwechsel 2017 wird der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff im Begutachtungsverfahren umgesetzt. Dies bedeutet für alle Beteiligten, Pflege neu zu denken. Zentraler Aspekt ist hierbei die Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person. Text: Annegret Miller

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Foto: Werner Krüper

Bei der Begutachtung werden mit Hilfe von 65 Bei allen Kriterien wird nicht mehr der Hilfebedarf, Kriterien in acht Modulen (Lebensbereichen) sondern nur der Schweregrad der Beeinträchtigung die gesundheitlich bedingten Beeinträchtigun­ der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten ermittelt. gen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten ei­ Das führt dazu, dass Menschen, die mit hohem En­ ner Person erhoben. Bei den ersten sechs Modulen gagement und zeitaufwändigem Einsatz aktivierend kommt hierfür eine Bewertung per Punktetabelle gepflegt werden, weniger Punkte bekommen als die­ zum Einsatz. jenigen, bei denen eine vollständige Übernahme not­ Pflegebedürftig ist, wer körperliche, kognitive, psy­ wendig ist. chische oder gesundheitliche Belastungen nicht selbst­ Ressourcen in den Blick nehmen ständig kompensieren kann und daher personelle Hil­ fe benötigt. Beim neuen Begutachtungsinstrument Insbesondere die vorhandenen Ressourcen werden wird jetzt eine umfassendere Sicht auf die Pflegesitu­ in den Blick genommen. Was als selbstständig gilt ation zugrunde gelegt. und was nicht, erstaunt zunächst. Bisher sind wir Vertraut sind die Inhalte von bei der Pf legeeinschätzung Modul 1 „Mobilität“ (10 Pro­ darin geübt, darauf zu ach­ zent Gewichtung bei der Er­ Bei allen Kriterien wird ten, welche Form der Hilfe­ mittlung des Pflegegrades) und leistung wie häufig erbracht nicht mehr der Hilfebedarf, Modul 4: „Selbstversorgung“ wird, ob die Hilfe mit meh­ sondern der Schweregrad der (40 Prozent). Die übrigen Mo­ reren Personen geleistet wird dulinhalte wurden bisher so Beeinträchtigung ermittelt. und wie lange dies dauert, ob nicht erfasst. Das sind die Be­ Erschwernisfaktoren vorlie­ reiche gen und wie viel Zeit die Hil­ • „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ feleistungen in Anspruch nehmen. Das ist jetzt nicht (Modul 2) mehr relevant. • „Verhaltensweisen und psychischen Problem­ Beim Positionswechsel im Bett beispielsweise wird lagen“ (Modul 3, beide zusammen mit 15 Prozent jetzt eingeschätzt, ob die Person dabei „selbststän­ Gewichtung) dig“, „überwiegend selbstständig“, „überwiegend un­ • „Bewältigung von und der selbstständige selbstständig“ oder „unselbstständig“ ist. Eine Per­ Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten son, die im Bett den Kopf anhebt oder die Arme auf Anforderungen und Belastungen“ (Modul 5, der Brust kreuzt gilt nicht als unselbständig, denn sie 20 Prozent Gewichtung) hilft ja mit – unabhängig davon, ob ich mit zwei Pfle­ • „Gestaltung des Alltagslebens und sozialer gemitarbeitern die Positionierung umsetze und dies Kontakte“ (Modul 6, 15 Prozent Gewichtung). sehr zeitaufwändig ist.

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Foto: Werner Krüper

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Mehr zum Thema: In der Zeitschrift Altenpflege hat die Autorin ab Ausgabe 6.2016 in einer sechsteiligen Serie die Module des neuen Begutachtungsinstruments detailliert dargestellt.

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Die Pflege wird ihre Tätigkeiten differenzierter wahrnehmen und stärker fachlich begründen müssen. Hierbei kommt der ganzheitliche Pflegeansatz wieder zum Tragen. Einerseits ist die Pflege 24 Stunden im Blick zu halten, andererseits kommt die soziale Betreuung hinzu. Außerdem gilt es, dem Prüfer in der Begutachtungssituation einen „vollständigen“ Eindruck zu vermitteln – aufgrund des Fassadenverhaltens von Menschen, aber auch aufgrund der unterschiedlichen Tagesverfassungen.

Begleitung und fachlicher Austausch Pflegemitarbeiter brauchen Hintergrundwissen zum Neuen Begutachtungsinstrument, entsprechende Schulungsunterlagen, die praxistauglich aufbereitet sind, sowie ein EDV-Tool, mit dem sich die Mitarbeiter spielerisch in dem neuen System ausprobieren können. Zudem sind eine fachlich kompetente Argumentation, eine überzeugende Gesprächsführung sowie Leitungskräfte nötig, die darauf achten, dass die entbürokratisierte Pflegedokumentation nicht wieder unnötig aufgebläht wird. Gute Vorbereitung und Steuerung sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren. 2017 I www.altenpflege-online.net

Es werden 65 Kriterien bewertet, die nachweislich zu begründen sind. Die Begutachtung stellt jedoch nur eine Momentaufnahme zu einer bestimmten Uhrzeit dar, in der viele Menschen ihre stärkste Tagesverfassung haben. Darum ist die gute Vorbereitung entscheidend. Die qualifizierte Mitarbeiterin erstellt vorab das Gutachten. Anschließend überprüft sie, ob diese Inhalte in der Anamnese sowie in der Tagesstruktur eindeutig zum Ausdruck kommen und überarbeitet diese zielgenau. Zudem werden der Tag- und Nachtdienst sowie die soziale Betreuung darüber informiert, dass die Eintragungen im Pflegebericht zu beachten sind. In Übergaben wird hier ebenfalls gesteuert. Die Sprache im neuen Begutachtungsinstrument wirkt sich ebenfalls auf die Dokumentation aus. Das Training, um zu unterscheiden, was „überwiegend selbstständig“ im Vergleich zu „überwiegend unselbstständig“ bedeutet, stellt auch hier eine große Herausforderungen dar. Damit dies gelingt, braucht es über das Training hinaus Begleitung, Reflexion und fachlichen Austausch. Zum Training ist es hilfreich, anhand von Beispielen Einschätzungen vorzunehmen und diese fachlich zu begründen. Hierzu sollten die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes

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auch aus allen Flaschen trinkt. Sie nimmt lieber die gerichteten Brote der Nachbarn, so dass auch ihre Brote gerichtet werden. Beim Streichen der Brote kann sie nicht mithelfen, da sie sofort alles in den Mund steckt. Sie trinkt und isst selbstständig, und ihr Körpergewicht bleibt konstant. Ihre Trinkmenge liegt zwischen 2-3 Litern täglich. Frau Becker ist kontinent und benötigt keine Vorlagen – es besteht nur das Dilemma, die richtige Toilette zu finden. Die Intimhygiene sowie das Anziehen Fallbeispiel Resi Becker und Händewaschen übernimmt sie mit wenig AnleiFrau Becker war Sportlerin. Sie ist sehr beweglich und tung. Medikamente oder ärztliche Verordnungen bekann mit ihren mehr als 90 Jahren immer noch Trepkommt sie keine. pen ohne Sturzrisiko herauf Die frühere Tagesstrukund hinunterlaufen und sotur kann Frau Becker nicht gar ihre Füße im Waschbecken Die Pflege wird ihre benennen. Die Umsetzung waschen. Sie ist hochgradig deder Tagesstruktur und jegliment und hat einige psychische Tätigkeiten differenzierter che Planungen sind ihr nicht Auffälligkeiten. So läuft sie wahrnehmen und stärker möglich und werden durch den ganzen Tag und auch jefachlich begründen müssen. die Pflegemitarbeiter und die de Nacht herum, geht in fremsoziale Betreuung übernomde Zimmer, findet die Toilette men. Frau Becker hat keinen nicht und nutzt hierzu wahlSchlaf-Wach-Rhythmus. Interaktionen mit Mitbelos den Rollstuhl der Nachbarin oder einen Sessel. Sowohnern und Angehörigen interessieren sie nicht. wohl die zeitliche als auch örtliche Orientierung sind Der einzige von ihr gesuchte Kontakt läuft über das nicht erkennbar. Gefahren und Risiken kann sie auch Essen und Trinken. Telefonieren ist mit ihr nicht im Wohnumfeld nicht einschätzen. möglich, und sie reagiert auch nicht auf Anregungen Sie reagiert auf die Ansprache „Frau Becker“, erzur Kontaktaufnahme. kennt aber die Menschen nicht und stellt immer die Die Module 1 und 5 ergeben keine punktrelevangleiche Frage: „Haben Sie Schokolade“. Frau Becker te personelle Hilfe, entfallen somit und werden nachist den ganzen Tag auf der Suche nach Essen und folgend nicht weiter dargestellt. Die Ermittlung der Trinken, hamstert alles, was sie findet, und nimmt Punkte in den übrigen Modulen zeigen die nachfolden Mitbewohnern Sachen aus den Schränken. Sie genden Tabellen. zeigt, wenn ihr etwas nicht gefällt oder wenn sie Schmerzen hat, kann entscheiden, was sie essen will, wenn es vor ihr steht und wünscht sich immer wieder Modul 2:  Kognitive und kommunikative Fähigkeiten Schokolade. Bei Fragen zur Beschäftigung, zur Kleidung etc. ist nicht herauszufinden, was sie möchte. Ist die Fähigkeit vorhanden? Punkte Ein sinnvolles Gespräch gelingt weder in der Grup2.1 Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld 3 pe noch durch Familienangehörige oder die Soziale 2.2 Örtliche Orientierung 3 Betreuung. Ein Beschäftigungsangebot gelingt kurz2.3 Zeitliche Orientierung 3 fristig, wenn es etwas zu essen und zu trinken gibt. 2.4 Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen 3 Mehrmals täglich und auch nachts wird immer wie2.5 Steuern von mehrschrittigen Alltags-Handlungen 2 der versucht, ihr Ruhepausen zu ermöglichen, sie ei2.6 Treffen von Entscheidungen im Alltag 2 ne Stunde zu Bett zu bringen oder sie einen Augen2.7 Verstehen von Sachverhalten und Informationen 2 blick hinzusetzen, da sie sonst unentwegt rennt. 2.8 Erkennen von Risiken und Gefahren 3 Frau Becker kann sich überwiegend selbstständig 2.9 Mitteilen von elementaren Bedürfnissen 1 pflegerisch versorgen. Hierzu reicht eine Vor- und Nachbereitung sowie Anleitung, wenn sie mal den 2.10 Verstehen von Aufforderungen 2 roten Faden verliert. Sie hat Zahnprothesen und kei2.11 Beteiligen an einem Gespräch 2 ne Hilfsmittel. Die Vorbereitungen der Mahlzeiten Modul 2/Punkte gesamt 26 übernimmt die Pflegekraft, da Frau Becker die FlaModul 2: 0 Punkte = Fähigkeit vorhanden/unbeeinträchtigt | 1 Punkt = Fähigkeit größtenteils vorhanden schen nicht öffnen kann, Getränke verschüttet und 2 Punkte = Fähigkeit in geringem Maße vorhanden | 3 Punkte = Fähigkeit nicht vorhanden zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches vom 15. April 2016 genutzt werden, die online über www.mds-ev.de bestellt werden können und dort auch als Download zur Verfügung stehen. Die nachfolgenden Übungsbeispiele zeigen, worauf es bei der Ermittlung des Pflegegrades ankommt und machen deutlich, worauf Sie achten sollten.

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Modul 3:  Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Wie häufig treten nachfolgende Kriterien auf? Punkte 3.1 Motorisch geprägte Verhaltens-Auffälligkeiten 5 3.2 Nächtliche Unruhe 5 3.3 Selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten 0 3.4 Beschädigen von Gegenständen 5 3.5 Physisch aggressives Verhalten gegenüber Anderen 0 3.6 Verbale Aggression 0 3.7 Andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten 0 Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender 3.8 0 Maßnahmen 3.9 Wahnvorstellungen 0 3.10 Ängste 0 3.11 Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage 0 3.12 Sozial inadäquate Verhaltensweisen 5 3.13 Sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen 5 Modul 3/Punkte gesamt 25 Modul 3: 0 Punkte = nie oder selten | 1 Punkt = selten (1 bis 3 x innerhalb von 2 Wochen) 3 Punkte = häufig (zwei- bis mehrmals wöchentlich) | 5 Punkte = täglich

Modul 4:  Selbstversorgung Ist die Selbstständigkeit vorhanden? 4.1 Waschen des vorderen Oberkörpers 4.2 Körperpflege im Bereich des Kopfes 4.3 Waschen des Intimbereichs 4.4 Duschen und Baden inkl. Haare-Waschen 4.5 An- und Auskleiden des Oberkörpers 4.6 An- und Auskleiden des Unterkörpers 4.7 Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen der Getränke 4.8 Essen 4.9 Trinken 4.10 Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls

Punkte 1 1 1 1 1 1 2 0 0 2*

*Dieses Kriterium wird höher gewichtet: überwiegend selbstständig = 2 Punkte

4.11 4.12 4.13

Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma Ernährung parenteral oder über Sonde Modul 4/Punkte gesamt

0 0

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Modul 6:  Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte Ist die Selbstständigkeit vorhanden? Punkte 6.1 Gestaltung Tagesablauf & Anpassung an Veränderungen 3 6.2 Ruhen und Schlafen 3 6.3 Sich beschäftigen 2 6.4 Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen 3 6.5 Interaktion mit Personen im direkten Kontakt 2 6.6 Kontakte zu Personen außerhalb des direkten Umfelds 3 Modul 6/Punkte gesamt 16 Modul 4 und 6: 0 Punkte = selbstständig | 1 Punkt = überwiegend selbstständig 2 Punkte = überwiegend unselbstständig | 3 Punkte = unselbstständig

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• Ermittlung des Pflegegrades für Frau Becker: Bei Frau Becker wurden 50 Punkte ermittelt (siehe Abbildung nächste Seite). Somit erhält sie Pflegegrad 3 (47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte). Fallbeispiel Herr Franz Assendorfer Herr Assendorfer lebt seit dem Tod seiner Frau vor zwei Monaten in einer Pflegeeinrichtung, da er aufgrund einer beginnenden Demenz nicht mehr alleine leben kann. Er ist gelernter Schneider und hat jahrelang mit seiner Frau ein großes Herrenausstattungsgeschäft geführt. Er legt viel Wert auf Kleidung und trägt immer einen Anzug, Hemd und Krawatte. Er ist sehr galant im Umgang mit seinen Mitbewohnern und den Mitarbeitern. Jedoch im Umgang mit demenziell veränderten Bewohnern ist er verbal sehr aggressiv und schimpft täglich lautstark. Wenn er sich unbeobachtet fühlt, droht er Schläge an. Die Mitarbeiter müssen täglich deeskalierend eingreifen (Modul 3/3.6 Verbale Aggression = 5 Punkte). Obwohl Herr Assendorfer ein Sturzrisiko hat, geht er ohne Hilfsmittel und lehnt Hilfe ab (Modul 1/1.5 Treppensteigen = 1 Punkt). Auf dem Wohnbereich kennt er sich aus – außerhalb des Hauses jedoch nicht, sodass er im Straßenverkehr Risiken nicht richtig einschätzen würde (Modul 2/2.2 Örtliche Orientierung = 1 Punkt). Zur zeitlichen Orientierung hat er Einschränkungen. Er muss an Veranstaltungen erinnert werden (Modul 2/2.3 Zeitliche Orientierung = 1 Punkt). Meistens erkennt er vertraute Menschen, doch am späten Nachmittag kommt es regelmäßig vor, dass er z. B. seine Tochter nicht sofort erkennt (Modul 2/2.1 Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld = 1 Punkt). In der Nacht kommt es ein- bis zweimal pro Woche vor, dass er seine Frau sucht. Erst nach Hilfestellung durch den Nachtdienst geht er wieder zu Bett (Modul 3/3.2 Nächtliche Unruhe = 1 Punkt). Bereits morgens um 6 Uhr wäscht sich Herr Assendorfer. Wenn die Mitarbeiter zu ihm kommen, hat er schon mit der Grundpflege begonnen. Jeden Morgen wäscht er sich gründlich den Kopf, da er keine Haare hat. Die Mitarbeiter waschen den Rücken und helfen bei Bedarf auch bei der Intimpflege und beim Nachtrocknen der Leisten. Ebenso waschen sie die Füße und trocknen sie ab – Herr Assendorfer genießt das Eincremen. Bei der Pflege der Zähne und bei der Rasur erhält er manchmal Anleitung. Auch eine Nachrasur sowie die Säuberung des Rasierapparats sind nötig. Beim Duschen übernimmt er den überwiegenden Teil (Modul 4/4.2 Körperpflege im Bereich des Kopfes, 4.3 Waschen des Intimbereichs,

DOSSIER NEUE PFLEGEGRADE

Ermittlung des Pflegegrades bei Frau Becker

Die Gesamtzahl der gewichteten Punkte aus allen sechs Modulen ergibt bei Frau Becker 50. Damit erhält sie Pflegegrad 3, der bei einer Gesamtzahl von 47,5 bis 70 Punkten ermittelt wird.

4.4 Duschen und Baden inkl. Haare-Waschen = je noch zweimal ein Abführmittel, sowie einmal pro 1 Punkt). Monat Bedarfsmedikation. Während des An- und Auskleidens benötigt Herr Herr Assendorfer hat Hörgeräte in beiden Ohren, Assendorfer leichte Hilfestellung bei Strümpfen und die er nicht selbstständig einsetzen kann. Mehrfach Schuhen sowie bei den Knöpam Tag verlegt er diese und fen seines Hemdes. Die Kradie Mitarbeiter helfen beim watte bindet er selbst (Mo- Pflegemitarbeiter benötigen Einsetzen. Das erfolgt mindul 4/4.5 An- und Auskleiden destens dreimal am Tag. Aufein EDV-Tool, mit dem sie des Oberkörpers, 4.6 An- und grund seiner Laktoseintolesich spielerisch in dem neuen ranz erhält er eine verordneAuskleiden des Unterkörpers System ausprobieren können. te Diät. Morgens und mittags = je 1 Punkt). Bei der Vorbereitung der Mahlzeit bekommt er reicht die Bereitstellung meisHilfestellung – seine Frau hattens aus, doch abends muss te immer die Brote gerichtet. Beim Öffnen der Flaer daran erinnert werden, dass er z. B. den Joghurt sche und beim Einschenken braucht er ebenfalls Hilder Nachbarin nicht annimmt. Der Arzt kommt wöfe, da er Getränke verschüttet Mundgerechtes (Mochentlich (Modul 5/insgesamt = 4 Punkte). dul 4/4.7 Zubereiten der Nahrung und Eingießen Herr Assendorfer kann seinen Tagesablauf planen der Getränke = 1 Punkt). Außerdem ist es notwendig und gestalten, es reichen Erinnerungshilfen. Bei unauf die Trinkmenge zu achten, da er von sich aus wegewohnten Veränderungen braucht er zunehmend niger als einen Liter am Tag trinkt und an das TrinBegleitung (Modul 6/6.1 Gestaltung des Tagesabken erinnert werden muss (Modul 4/4.9 Trinken = laufs und Anpassung an Veränderungen = 1 Punkt). 2 Punkte). Herr Assendorfer geht selbstständig zur Er macht tagsüber regelmäßig Pausen und geht zum Toilette und braucht keine Vorlagen. Mittagsschlaf oder bei Bedarf selbstständig in seiMittags und abends werden ihm seine Medikanen Ruhesessel. Meistens geht er um 22 Uhr zu Bett mente verabreicht. In der Woche erhält er morgens – wenn er daran erinnert wird. Der Schlafraum wird www.altenpflege-online.net I 2017

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durch die Mitarbeiter abgedunkelt, und er schläft ungestört. Gelegentlich ist er unruhig, wenn er wach wird und seine Frau sucht. Er lässt sich jedoch gut beruhigen und schläft wieder ein (Modul 6/6.2 Schlafen und Ruhen = 1 Punkt). Tagsüber beschäftigt er sich mit Lesen, hört Radio, sieht TV und nimmt auch gerne an Angeboten teil, wenn ihm Vorschläge gemacht werden. Er muss erinnert werden, dies umzusetzen (Modul 6/6.3 Sich beschäftigen = 1 Punkt). Herr Assendorfer steht regelmäßig mit den Mitbewohnern und dem Personal in Kontakt. Beim Telefonieren erhält er Hilfe. Die Mitarbeiter rufen abends von seinem Telefon die Tochter an, sodass er dann mit ihr ohne weitere Hilfestellung Gespräche führt (Modul 6/6.6 Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes = 1 Punkt).

Modul 1:  Mobilität Ist die Selbstständigkeit vorhanden? Punkte 1.1 Positionswechsel im Bett 2 1.2 Halten einer stabilen Sitzposition 2 1.3 Umsetzen 2 1.4 Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs 3 1.5 Treppensteigen 3 Modul 1/Punkte gesamt 12

Modul 4:  Selbstversorgung Ist die Selbstständigkeit vorhanden? 4.1 Waschen des vorderen Oberkörpers 4.2 Körperpflege im Bereich des Kopfes 4.3 Waschen des Intimbereichs 4.4 Duschen und Baden inkl. Haare-Waschen 4.5 An- und Auskleiden des Oberkörpers 4.6 An- und Auskleiden des Unterkörpers 4.7 Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen der Getränke 4.8 Essen 4.9 Trinken 4.10 Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls

Punkte 1 1 3 2 2 3 2 0 0 4*

*Dieses Kriterium wird mit höheren Punkten gewichtet: überwiegend unselbstständig = 4 Punkte

4.11 4.12 4.13

Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma Ernährung parenteral oder über Sonde Modul 4/Punkte gesamt

Modul 1 und 4: 0 Punkte = selbstständig | 1 Punkt = überwiegend selbstständig 2 Punkte = überwiegend unselbstständig | 3 Punkte = unselbstständig

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• Ermittlung des Pflegegrades für Herrn Assendorfer: Bei Herrn Assendorfer wurden 53,75 Punkte ermittelt. Somit erhält sie Pflegegrad 3 (47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte). Fallbeispiel Hildegard Crämer Frau Crämer war Hausfrau. Sie liebt es, mit vielen Menschen zusammen zu leben, ist sehr gesellig und kontaktfreudig. Sie hat eine Hemiplegie und Adipositas (95 kg bei einer Größe von 1,67 m) sowie eine Dranginkontinenz. Zudem hat sie eine chronische Wunde am rechten Unterschenkel. Aufgrund der Hemiplegie ist das Sprachvermögen eingeschränkt, und sie trägt ein Hörgerät. Frau Crämer hat Zahnprothesen, ATS Strümpfe und sitzt tagsüber im Rollstuhl. Bei Ruhephasen wird sie aufgrund der Adipositas grundsätzlich mit zwei Pflegepersonen gelagert und umgesetzt. Sie hilft mit der nicht betroffenen Seite mit, kann den Kopf heben und sich am Bettgitter mit einer Hand festhalten. Wenn sie im Rollstuhl sitzt, muss auch während einer Mahlzeit die Sitzposition korrigiert werden, da sie immer wieder zur Seite kippt. Im Rollstuhl wird sie geschoben, und sie ist nicht in der Lage, Treppen zu steigen. Im Bereich der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sowie bei den Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen hat sie keine Einschränkungen. Die Selbstversorgung wird wie folgt umgesetzt: Der Unterkörper von Frau Crämer wird durch das Pflegepersonal zunächst im Bett gewaschen, da sie auch ATS Strümpfe trägt und diese im Bett angezogen werden. Der vordere Oberkörper wird größtenteils von ihr am Waschbecken gewaschen und abgetrocknet. Nur die nicht betroffene Seite (Arm und Achsel) übernimmt das Pflegepersonal, das auch den Rücken wäscht und abtrocknet. Sie genießt das Eincremen. Frau Crämer kämmt sich die Haare selbstständig, braucht jedoch Hilfe beim Säubern der Zahnprothese. Den Mund spült sie selbstständig, und auch die Prothese setzt sie selbst ein. Beim Duschen hilft sie bei der Pflege im Oberkörperbereich mit. Den größten Teil der Pflege beim Duschen übernimmt jedoch die Pflegemitarbeiterin. Beim Anziehen des Oberkörpers und beim Unterkörper an- und auskleiden kann sie sich nur minimal beteiligen. Bei der mundgerechten Zubereitung hilft Frau Crämer mit. Das Streichen der Brote wird durch das Personal übernommen, aber sie belegt das Brot mit Aufschnitt. Beim Zerkleinern von Brot oder Fleisch wird sie durch die Mitarbeiter unterstützt. Die Getränkeflaschen müssen durch das Pflegepersonal geöffnet und eingeschenkt werden, da sie die-

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se sonst verschüttet. Essen und Trinken kann sie selbstständig. Beim Benutzen der Toilette hilft sie beim Aufstehen und umsetzen mit. Der größte Teil des Toilettengangs muss jedoch durch die Pflegemitarbeiter übernommen werden. Transfers erfolgen grundsätzlich mit zwei Personen und 10 bis 15 Mal täglich. Frau Crämer ist überwiegend urininkontinent. Die Vorlagen werden durch das Pflegepersonal mehrfach täglich entsorgt und neu angelegt. Bei Stuhlgang meldet sie sich. Frau Crämer erhält morgens, abends und nachts Medikamente – wobei morgens eine Vorabmedikation notwendig ist. Sie erhält zweimal pro Woche ein Abführmittel mittags und im Schnitt dreimal pro Monat Bedarfsmedikamente aufgrund von Schmerzen in der Nacht. Täglich erfolgen Insulininjektionen. Sie wird dreimal nach Schema gespritzt. Die Blutzucker-Messung erfolgt dreimal täglich, zweimal täglich erhält sie seit Jahren eine verordnete Einreibung. Hinzu kommt zweimal pro Woche eine verordnete Gewichtskontrolle aufgrund von Wassereinlagerungen. Frau Crämer hat ATS Strümpfe, die durch das Pflegepersonal an- und ausgezogen, sowie gesäubert werden. Darüber hinaus trägt sie ein Hörgerät. Dies wird durch das Personal morgens eingesetzt und abends herausgenommen. Bei Bedarf werden die Batterien gewechselt und es wird regelmäßig gesäubert. Frau Crämer bekommt täglich einen Verbandswechsel und erhält einmal pro Monat einen Arztbesuch in der Einrichtung. Facharztbesuche nutzt sie selten, und sie hat sich gegen eine Diät entschieden. Im Bereich der Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte ist sie aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen immer wieder auf personelle Hilfe angewiesen. Sie kann ihren Tagesablauf planen und anpassen, erhält jedoch wegen ihrer eingeschränkten Sprach- und Hörfähigkeit personelle Unterstützung, um sich mit anderen Menschen abzustimmen. Zweimal pro Nacht sowie auch am Tag benötigt sie regelmäßig personelle Hilfe beim Toilettengang und beim Lagewechsel, um schlafen zu können. Frau Crämer kann sich mit intensiver personeller Hilfe bei der Umsetzung sinnvoll beschäftigen. Sie wird zu den Angeboten gebracht und erhält kontinuierliche Begleitung zur motorischen Unterstützung, etwa beim Basteln, und um den Kontakt zu anderen Personen zu ermöglichen. Frau Crämer kann nicht selbstständig mit Angehörigen Kontakt aufnehmen und bittet das Personal, die Anrufe und Absprachen für sie zu übernehmen.

Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Anforderungen Tägliche, wöchentliche und monatliche Maßnahmen tgl. wö. mo. 5.1 Medikation 4 2 3 5.2 Injektionen 3 5.3 Versorgung intravenöser Zugänge (z. B. Port) 5.4 Absaugen und Sauerstoffgabe 5.5 Einreibungen sowie Kälte-/Wärme­anwendungen 2 5.6 Messung und Deutung von Körperzuständen 3 2 5.7 körpernahe Hilfsmittel 4 Anzahl (täglich, wöchentlich/7, monatlich/30) 16 4 3 Summe 16,6714 Punkte 3 5.8 Verbandwechsel und Wundversorgung 1 5.9 Versorgung mit Stoma 5.10 Regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden 5.11 Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung Summe 1 Punkte 2 5.12 Intensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung 5.13 Arztbesuche 5.14 Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (bis zu 3 Std.) 5.15 Zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer/ therapeutischer Einrichtungen (mehr als 3 Std.) Summe Punkte 0 Ist die Selbstständigkeit vorhanden? 5.16 Einhalten einer Diät oder anderer krankheitsoder therapiebedingter Verhaltensvorschriften Punkte 0 Modul 5/Punkte gesamt 5 Modul 5: 5.1 bis 5.7: 0 Punkte = keine oder seltener als einmal täglich | 1 Punkt = mindestens ein- bis maximal dreimal täglich | 2 Punkte = mehr als dreimal bis maximal achtmal täglich | 3 Punkte = mehr als achtmal täglich 5.8 bis 5.11: 0 Punkte = nie oder seltener als einmal wöchentlich | 1 Punkt = ein- bis mehrmals wöchentlich 2 Punkte = ein- bis zweimal täglich | 3 Punkte = mindestens dreimal täglich 5.12 bis 5.15: 0 Punkte = 0 bis unter 4,3 | 1 Punkt = 4,3 bis unter 8,6 | 2 Punkte = 8,6 bis unter 12,9 3 Punkte = 12,9 bis unter 60 | 6 Punkte = 60 und mehr 5.16: 0 Punkte = selbstständig | 1 Punkt = überwiegend selbstständig | 2 Punkte = überwiegend unselbstständig 3 Punkte = unselbstständig

Modul 6:  Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte Ist die Selbstständigkeit vorhanden? Punkte 6.1 Gestaltung Tagesablauf & Anpassung an Veränderungen 1 6.2 Ruhen und Schlafen 2 6.3 Sich beschäftigen 2 6.4 Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen 1 6.5 Interaktion mit Personen im direkten Kontakt 2 6.6 Kontakte zu Personen außerhalb des direkten Umfelds 1 Modul 6/Punkte gesamt 9 Modul 6: 0 Punkte = selbstständig | 1 Punkt = überwiegend selbstständig 2 Punkte = überwiegend unselbstständig | 3 Punkte = unselbstständig

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Ermittlung des Pflegegrades bei Frau Crämer

Die Gesamtzahl der gewichteten Punkte aus allen sechs Modulen ergibt bei Frau Crämer 66,25. Damit erhält sie Pflegegrad 3, der bei einer Gesamtzahl von 47,5 bis 70 Punkten ermittelt wird.

Da Frau Crämer im Bereich der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sowie bei den Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen keine Einschränkungen zeigt, ergeben sich im Modul 2 und 3 keine punktrelevanten Bewertungen und werden nachfolgend nicht dargestellt. Die Ermittlung der Punkte in den übrigen Modulen zeigen die Tabellen auf Seite 12 und 13.

Hierzu werden in den Richtlinien folgende Beispiele aufgeführt: Menschen im Wachkoma oder bei Menschen mit hochgradigen Kontrakturen, Versteifungen, hochgradiger Tremor, Rigor oder Athetose. Auch wenn nur noch unkontrollierbare Greifreflexe bestehen, gilt dies als Gebrauchsunfähigkeit der Arme.

• Ermittlung des Pflegegrades für Frau Crämer: Bei Frau Crämer wurden 66,25 Punkte ermittelt (siehe Abbildung oben). Somit erhält sie Pflegegrad 3 (47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte).

Besondere Bedarfskonstellationen Abschließend gilt es, noch auf eine Sonderregelung in den Begutachtungsrichtlinien aufmerksam zu machen: Gemäß § 15 Abs. 4 SGB XI können Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden. Als besondere Bedarfskonstellation ist nur die Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine festgelegt. Dies können Lähmungen aller Extremitäten sein oder ein vollständiger Greif-Steh-oder Gehverlust.

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Annegret Miller berät Einrichtungen und Teams bei der Einführung des „Neuen Begutachtungsinstruments“. [email protected] www.exzellenz.de

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Ermöglicht Anwendern ein rückenschonenderes Arbeiten als bei herkömmlichen Inkontinenzslips – durch eine geringere Verweildauer in gebeugter Haltung*. *Quelle: Studie zur Ergonomie an der Dijon-Universitätsklinik, Frankreich im Oktober 2015, durchgeführt von den Ergonomie-Experten aus Friedrichshafen, Deutschland.

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Foto: Werner Krüper

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Selbstständigkeit fördern Mit Einführung der neuen Pflegegrade rückt die Selbstbestimmung pflegebedürftiger Personen in den Vordergrund. Mobilität wird damit zum Dreh- und Angelpunkt für deren eigenständige Lebensführung. Text: Sabine Hindrichs

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Mobilität ist eine der wichtigsten Fähigkeiten für eine eigenständige und selbstbestimmte Lebensgestaltung. Sie ermöglicht die Teilnahme am gesellschaftlichen und gemeinschaftlichen Leben und ist damit die Grundvoraussetzung für den Erhalt wertvoller Lebenszusammenhänge und -gefühle. Dies macht die Erhaltung und Förderung der Bewegungsfähigkeit zu einem Dreh- und Angelpunkt einer selbstständigen und selbstbestimmten Lebensgestaltung.

Geändertes Verständnis Gut 21 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland hat sich zum 1. Januar 2017 die Definition und damit das Verständnis von Pflegebedürftigkeit geändert – vom Hilfebedarf hin zur Selbstständigkeit. Die Frage ist: Kommt es tatsächlich zu dem viel beschriebenen Paradigmenwechsel bei der Beurteilung von Pflegebedürftigkeit und damit auch zwangsläufig zu einem veränderten Verständnis von Pflege und Betreuung in der Praxis? Die Definition und Beurteilung von Pflegebedürftigkeit hat seit der Einführung der Pflegeversicherung 1994 eine ganze Generation von Pflegefachkräften in einem erheblichen Maß beeinflusst und geprägt. Die Sichtweise und das praktische Erfahrungswissen der „alten Hasen“ wurde insbesondere durch die Ausrichtung auf die Hilfebedürftigkeit der Betroffenen und damit die Abrechnungsfähigkeit von Leistungen zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff soll nun die Selbstständigkeit von pflegebedürftigen Personen in den Vordergrund gerückt werden – und nicht von vornherein ihr möglicher, aber nicht immer gewünschter und erforderlicher Hilfebedarf. Zunächst ermöglicht das neue Begutachtungsverfahren mit seinem Begutachtungsinstrument (Module/Lebensbereiche) die Beurteilung bzw. Begutachtung von Pflegebedürftigkeit und damit die Berechnung eines Pflegegrades durch ein wissenschaftlich standardisiertes entwickeltes Instrument. Hier stellt sich die Frage, ob dies darüber hinaus auch Auswirkungen auf das praktische Alltagsleben, auf die Sichtweise und den Umgang mit der pflegebedürftigen Person hat. Die Ausgestaltung des Moduls 1 „Mobilität“ mit seinen fünf Beurteilungsbereichen • Positionswechsel im Bett, • Halten einer stabilen Sitzposition, • Aufstehen aus sitzender Position/Umsetzen, • Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs und • Treppensteigen

verbindet Pflegewissenschaft und praktisches Erfahrungswissen zu einer professionell gestaltenden Sichtweise. Diese Bereiche können sowohl in der täglichen Pflegepraxis als auch zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit eingesetzt und genutzt werden. DarüMobilität ist eine der ber hinaus wird der aktuelle Stand des Wissens zum Thewichtigsten Fähigkeiten ma Mobilität in Deutschland für eine selbstbestimmte mit seinen AnknüpfungsLebensgestaltung. punkten zum nationalen Expertenstandard „Erhaltung und Förderungen der Mobilität“ hergestellt. Dies ist wohl auch dadurch begründet, dass bei der Entwicklung der Themenmodule sowie beim Expertenstandard Mobilität die gleichen Personen mitgewirkt haben. Die Betrachtung von Mobilität in der Pflege war bislang auf den Zeitbedarf begrenzt, um definierte Verrichtungen durchzuführen. Pflegeminuten zur Verrichtung einer Mobilitätsmaßnahme bildeten da-

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Pflegegradcontrolling umschreibt die systematische Steuerung der Pflegegrade innerhalb einer stationären Einrichtung bzw. eines ambulanten Dienstes. Das Controlling umfasst dabei in Anlehnung an Horvárth die Bereiche • Informationsversorgung, • Planung, • und Kontrolle. Der Begriff Pflegegradcontrolling ersetzt zum einen den Begriff des Pflegestufencontrolling, zum anderen umschreibt er aufgrund der inhaltlichen Unterschiede von Pflegegrad und Pflegestufe ein völlig anders Konzept zur Bestimmung der Grundlagen für die Bemessung von staatlichen Transferleistungen. Das bisherige Pflegestufencontrolling konnte per EDV automatisiert werden, da es sich im wesentlichem um die Addition von Zeiten für bestimmte Verrichtungen mit Einschluss von bestimmten Nebenbedingungen handelte. Ein solcher Automatismus ist beim Pflegegradcontrolling nicht möglich. Nachfolgend werden zunächst die Unterschiede zwischen den beiden Systemen zur Feststellung staatlicher Transferleistungen dargestellt. Anschließend geht es um die Beschreibung der Rahmenbedingung für das Pflegegradcontrolling. Zum Abschluss folgen Tipps und Hinweise zur Umsetzung des Pflegegradcontrolling unter den Bedingungen des Strukturmodells.

Unterschiede zwischen den beiden Systemen Für die Ermittlung der Pflegestufe bildete der zeitliche Aufwand für die Versorgung in den Bereichen Hauswirtschaft, Grundpflege, Mobilität und Ernährung die Grundlage. Hinzu kam, dass bei der Ermittlung dieser Zeitorientierungswerte für die Pflege erleichternde oder erschwerende Faktoren berücksichtigt wurden, und dass diese Werte auf der vollständigen Übernahme dieser Verrichtungen durch eine Laienpflegekraft basierten.

Für die Ermittlung des Pflegegrades werden alle relevanten Aspekte der Pflegebedürftigkeit unabhängig davon begutachtet, ob sie auf körperlichen, psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen beruhen. Ausschlaggebend für die Einstufung in einen der fünf neuAusschlaggebend für die en Pflegegrade isr der Grad der Selbstständigkeit des PfleEinstufung in einen der fünf gebedürftigen neuen Pflegegrade ist der Zusammenfassend gilt: Der Grad der Selbstständigkeit. Grad der Selbstständigkeit eines Klienten und der darauf basierende Pflegegrad kann nur mittels des Neuen Begutachtungsinstruments ermittelt werden. Eine unmittelbare kausale Ableitung aus anderen Instrumenten, wie etwa der Pflegeplanung, ist nicht möglich.

Rahmenbedingungen für das Pflegegradcontrolling Grundsätzlich werden die Pflegegrade durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) erhoben und über einen Verwaltungsakt von den Pflegekassen festgestellt. Insofern haben die internen Erhebungen des Pflegeheims oder des Pflegedienstes keine unmittelbare rechtliche Relevanz. Sie sind aber ein wichtiger Indikator für einen Antrag auf Höherstufung. Beim Pflegegradcontrolling steht auf der Kostenseite die Zeitdauer für die Durchführung des Neuen Begutachtungsinstruments. Auf der Erlösseite stehen im stationären Bereich die verbesserten Pflegesätze und der damit unmittelbar verbundene bessere Personalschlüssel, im ambulanten Bereich dagegen die erhöhten Sachleistungsbeträge. Um eine Kosten-/ Nutzenabwägung vornehmen zu können, werden beide Parameter in der unten abgebildeten Tabelle dargestellt. In der stationären Altenhilfe ergeben sich durch einen erhöhten Pflegegrad eines Bewohners demnach vor allem indirekte Auswirkungen auf das für

Zeitdauer für die Durchführung des Neuen Begutachtungsinstruments Versorgungsform

Durchschnittliche Begutachtungszeit

Stationäre Pflege

Ambulante Pflege

Klienten ohne Demenz

Klienten mit Demenz

Klienten ohne Demenz

Klienten mit Demenz

46 Minuten

66 Minuten

50 Minuten

70 Minuten

Quelle: DPWV LV Berlin Juli 2016 (nicht repräsentative Erhebung)

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Foto: Werner Krüper

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die Pflege zur Verfügung stehende Personal. Für die ambulante Altenhilfe lässt sich unter der Annahme, dass intern mit einem Stundensatz von ca. 40 Euro für den Einsatz des neuen Begutachtungsinstruments kalkuliert wird, auf jeden Fall pauschal sagen, dass sich ein regelmäßiges Reasssessment lohnt, da hiermit eine beträchtliche Erhöhung der Sachleistungen verbunden ist: • von 689 Euro in Pflegegrad 2 • über 1.298 Euro in Pflegegrad 3 • und 1.612 Euro in Pflegegrad 4 • bis zu 1.995 Euro in Pflegegrad 5.

gänzt werden. Grundsätzlich kann es hier zwischen der Dokumentation der Abweichung von der Tagesstruktur und einer Veränderung des Grades der Selbstständigkeit eine Abweichung geben. Dazu ein Beispiel zu dem Item „Positionswechsel im Bett“ im Modul 1 „Mobilität“:

Positionswechsel im Bett Einnehmen von verschiedenen Positionen im Bett Drehen um die Längsachse Aufrichten aus dem Liegen Selbstständig

Selbstständig ist auch eine Person, die ihre Position unter Nutzung von Hilfsmitteln (Aufrichthilfe, Bettseitenteil, Strickleiter, elektrisch verstellba­ res Bett) allein verändern kann.

Überwiegend selbstständig

Die Person kann beispielsweise nach Anreichen eines Hilfs­ mittels oder Reichen der Hand ihre Lage im Bett verändern.

Pflegegradcontrolling unter den Bedingungen des Strukturmodells Ein effektives und valides Pflegegradcontrolling ist nur durch den regelmäßigen internen Einsatz des Neuen Begutachtungssinstruments möglich. Dabei geht es sowohl um den Vergleich mit den Ergebnissen des MDK als auch mit den früheren internen Erhebungen. Für die praktische Umsetzung des Pflegegradcontrollings unter den Bedingungen des Strukturmodells empfiehlt sich folgendes Vorgehen. 1. Klärung von Vorgaben Zunächst braucht es eine Verständigung darüber, welche Veränderungen im Berichteblatt im Hinblick auf die Veränderung der Pflegesituation erfasst werden sollen. Während das Strukturmodell den Schwerpunkt auf die Abweichungen von der Tagesstruktur legt, sollte dieser Fokus gegebenenfalls um die Veränderung im Grad der Selbstständigkeit er-

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Überwiegend Die Person kann beim Positions­ unselbstständig wechsel nur wenig mithelfen, z. B. auf den Rücken rollen, am Bettgestell festhalten, Auf­ forderungen folgen, wie z. B. „Bitte die Arme vor der Brust verschränken und den Kopf auf die Brust legen.“ Unselbstständig Die Person kann sich beim Postionswechsel nicht oder nur minimal beteiligen.

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In der Tagesstruktur wird ausgeführt: „Waschen des Bewohners im Bett.“ Bei der Erfassung der Abweichung würde beispielsweise dokumentiert, dass der Bewohner heute geduscht wurde. Eine Erfassung der Veränderung des Grades der Selbstständigkeit wäre aber entsprechend den Vorgaben des Strukturmodells nicht relevant. 2. Praktische Umsetzung Bei der Frequenzvariante findet der Einsatz des Neuen Begutachtungsinstruments in einer von der Einrichtung beziehungsweise vom ambulanten Dienst festzulegenden Frequenz statt. Dabei empfiehlt es sich, die Bewohner/Patienten in „Veränderungsgruppen“ einzuteilen.

Beispiel für eine solche Einteilung: Gruppe

Frequenz

Schnelle Veränderung

Jeden Monat

Langsame Veränderung

Quartalsweise

Normale Veränderung

Jeden 2 Monat

Durch diese Vorgehensweise können die Kosten zur Ermittlung der Veränderungen reduziert werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass auf diese Weise ein maximaler Zeitraum sichergestellt ist, in dem eine Wiederholung stattfindet (Minimalqualität). Ein Nachteil dieser Variante besteht darin, dass das Verfahren trotz einer Differenzierung in Gruppen sehr schematisch ist. Obwohl gegebenenfalls keine Veränderungen eingetreten sind, wird der Einsatz des Neuen Begutachtungsinstruments durchgeführt und versursacht entsprechende Kosten. Bei der Ereignisvariante findet der Einsatz des Neuen Begutachtungsinstruments aufgrund von Ereignissen statt, die von der Einrichtung bzw. vom ambulanten Dienst festgelegt werden. Grundsätzlich sind dabei wieder zwei Ansätze denkbar: • Systematischer Ansatz: Das Ereignis tritt ein, und es findet immer eine weiterer Einsatz des Neuen Begutachtungsinstruments statt. • Ansatz zwei: Das Ereignis tritt ein, und es wird dann durch die Bezugspflegekraft entschieden, ob ein Einsatz des Instruments durchgeführt wird. Denkbar ist auch eine Koppelung der Ereignisse mit der Gruppendifferenzierung. Von Nachteil ist hier, dass bei schleichenden Veränderungen die Gefahr besteht, dass diese nicht als Ereignis wahrgenommen werden, und es daher keine definierte Minimalquali-

tät gibt. Der Vorteil besteht zum einen darin, dass auf entscheidende Veränderungen schneller reagiert weden kann. Zum anderen entstehen geringere Kosten, da der Einsatz des Neuen Begutachtungsinstruments nur nach Ereignissen stattfindet. Bei einer Kombination aus Frequenz- und Ereignisvariante wiederum können die Nachteile der einzelnen Varianten vermieden werden. So lässt sich eine Minimalqualität bei gleichzeitiger schneller Identifikation von Veränderungen nach Ereignissen sicherstellen.

Ausblick Eine generelle automatische Ermittlung von neuen Pflegegraden kann es nicht geben. Zudem wird die Vermischung der beiden Funktionen „Pflegeplanung unter den Bedingungen des Strukturmodells“ sowie „Neues Begutachtungsinstrument“ von den Autoren des Strukturmodells sehr kritisch gesehen (siehe hierzu Thesenpapier „Das Strukturmodell zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation und das neue Begutachtungsinstrument zur Feststellung

Grundsätzlich kann es zwischen der Dokumentation der Abweichung von der Tagesstruktur und einer Veränderung des Grades der Selbstständigkeit eine Abweichung geben. von Pflegebedürftigkeit – Unterschiede und Zusammenhänge“). Für ein sinnvolles Pflegegradcontrolling unter den Bedingungen des Strukturmodells ist es daher notwendig, dass zumindest alle Pflegefachkräfte, die am Pflegeprozesse beteiligt sind, mit dem Neuen Begutachtungsinstrument und dessen Systematik vertraut sind.

Bruno Ristok ist Geschäftsführer der C&S Computer und Software GmbH in Augsburg

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Jetzt Pflegegrade managen Zum Thema „Neues Begutachtungsverfahren“ bietet die Vincentz Akademie im Frühjahr 2017 an sechs unterschiedlichen Orten und zu sechs unterschiedlichen Terminen das jeweils eintägige Seminar „Pflegegradmanagement in der Praxis“ an. Die Referenten Hermann-Josef Ahmann und Sabine Hindrichs erläutern den Teilnehmern das „Neue“ am Begutachtungsverfahren und zeigen ihnen, wie sie das Pflegegradmanagement beherrschen können. Die erste Veranstaltung findet am 28. März 2017 in Düsseldorf/Ratingen statt. Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.vincentz-akademie.de

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Neue Begutachtung im Fokus Auch der Messe-Kongress Zukunftstag ALTENPFLEGE, der vom 25.-27. April 2017 in Nürnberg stattfindet, befasst sich ausgiebig mit der Auswirkungen der Pflegestärkungsgesetze und der Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs. So wird mit dem Pflegestärkungsgesetz II unter anderem das neue Begutachtungsinstrument in die Praxis umgesetzt. Was das neue System für Pflegebedürftige, Pflegekräfte und Pflege­ einrichtungen bedeutet – und wie Sie sich auf die zahlreichen Änderungen vorbereiten, erfahren Sie in zahlreichen Workshops und Vorträgen an den ersten beiden Kongresstagen. Da geht es dann beispielsweise um die vergütungsrechtlichen Folgen des neuen Pflege­ bedürftigkeitsbegriffs, um die Auswirkungen der Pflegereform auf Pflegebedürftige, Pflegekräfte und Einrichtungen, um die Änderung in der Versorgung Demenzkranker, um den Perspektivwechsel in der Einstufungspraxis oder um das Pflegegrademanagement. Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.zukunftstag-altenpflege.de/

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Die Mediathek Wissensdatenbank Sie suchen umfassende Informationen zu den neuen Pflegegraden, zum neuen Begutachtungsverfahren oder zu anderen pflegerelevanten Themen? Dann besuchen Sie die Vincentz Wissenswelt im Internet. VincentzWissen ist die umfangreichste Wissensdatenbank für alle, die in der Altenhilfe tätig sind. Recherchieren Sie zu Ihren Themen in Zeitschriften, Büchern, Fachvideos und zahlreichen anderen Dokumenten. Weitere Infos: www.vincentz-wissen.de

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Dieser Ratgeber bietet einen praxisorientierten Einstieg in das neue Begutachtungsverfahren und ermöglicht anhand konkreter Hilfestellungen und Zusatzinformationen eine Begutachtung anhand der neuen Systematik. Er unterstützt bei der Vorbereitung auf die Umstellung und begleitet bei der praktischen Anwendung des neuen Pflegegradmanagements. Sofort einsetzbare Schulungseinheiten unterstützen die schnelle und kompetente Unterweisung eines Teams. Manuela Ahmann, Sabine Hindrichs, Anette Pelzer: Das neue Begutachtungsverfahren. Verlag Mensch und Medien, Landsberg, 2016, 208 Seiten, 99 Euro

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Im April 2017 erscheint das Altenpflege DOSSIER „Recht“

Impressum Altenpflege DOSSIER www.altenpflege-online.net Fax Redaktion: F +49 511 9910-119 Chefredaktion: Monika Gaier T +49 511 9910-110, [email protected] Redaktion: Klaus-Dieter Nolte T +49 511 9910-122, [email protected] Verlagsleitung: Miriam von Bardeleben, T +49 511 9910-101, [email protected] Produktion & Layout: Maik Dopheide (Leitung), Birgit Seesing (Artdirection), Nadja Twarloh Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung des Verlages gestattet. Beiträge, die mit vollem Namen oder auch mit Kurzzeichen des Autors gezeichnet sind, stellen die Meinung des Autors, nicht unbedingt auch die der Redaktion dar. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in dieser Zeitschrift berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche

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Namen ohne weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen. Unverlangte Zusendungen redaktioneller Beiträge auf eigene Gefahr und ohne Gewähr für Rücksendung. Die Einholung des Abdruckrechtes für dem Verlag eingesandte Fotos obliegt dem Einsender. Die Rechte für Abbildungen ohne Quellenhinweis liegen beim Autor oder der Redaktion. Überarbeitungen und Kürzungen liegen im Ermessen der Redaktion. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Verlag: Vincentz Network, Postfach 6247, 30062 Hannover Postbank Hannover (BLZ 250 10030) Konto 1 23-3 05, USt-ID-Nr. DE115699823 Anzeigen Leitung: Ralf Tilleke T +49 511 9910-150, [email protected]

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Die neuen BegutachtungsRichtlinien sind verabschiedet. Alle Veränderungen stellt dieses topaktuell aktualisierte Handbuch vor. Von veränderten Begriffen (Neues Begutachtungsinstrument – NBI) bis zu veränderten Regelungen. Es unterstützt Sie als PDL oder Pflegekraft dabei: • die bestmögliche Umsetzungsstrategie zu wählen • das eigene Dokumentationssystem optimal anzupassen • alle relevanten Vorgaben in den Pflegeprozess zu integrieren • entscheidende Grundlagen für Leistungsqualität und Wirtschaftlichkeit zu legen Alle Kapitel des Buches folgen dem Aufbau des NBI. Praxisorientierte Beschreibungen helfen wirkungsvoll bei der schnellen und effektiven Einführung der Neuregelungen.

Nicole Franke Pflegegrade und die neuen Begutachtungsrichtlinien Praxishandbuch für die erfolgreiche Umsetzung im Pflege- und Betreuungsprozess 2016, 2. überarbeitet Auflage, 160 Seiten, kart., 32,– €, Best.-Nr. 20007

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