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German Pages 291 [292] Year 1986
Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht
Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht Berichte von
Josef Brink, Wolfgang Engshuber, David Jenny, Joachim Wieland
Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht Berichte von
Bernhard Losch, Rolf Gröschner, Paul Henseler, Franz Merli 26. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter „Öffentliches R e c h t " v o m 11. bis 14. März 1986 in Kiel Herausgegeben von Jürgen Makswit, Friedrich K . Schoch
w DE
G
1986 Walter de Gruyter • Berlin • N e w York
CIP-Kurztitelaufnähme
der Deutschen
Bibliothek
Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht / Bericht von Josef Brink ... Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht / Bericht von Bernhard Losch ... [Gesamtw.]: 26. Tagung d. Wiss. Mitarb. Öffentl. Recht vom 11.-14. März 1986 in Kiel. Hrsg. von Jürgen Makswit u. Friedrich K. Schoch. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1986. ISBN 3-11-011001-6 NE: Brink, Josef, [Mitverf.]; Makswit, Jürgen [Hrsg.]; Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter Öffentliches Recht «26, 1986, Kiel»; Beigef. Werk 19; 17
© Copyright 1986 by Walter de Gruyter & Co., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Druck: Hildebrand, Berlin 65 Bindearbeiten: Dieter Mikolai, Berlin 10
VORWORT
Die 26.
Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter der
tung "Öffentliches Recht" fand vom 11.
bis 14.
Fachrich-
März 1986 an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel statt.
Damit war Kiel nach
1966 zum zweiten Mal Ort der Veranstaltung.
Die diesjährige Kie-
ler Tagung markiert zugleich den Beginn des zweiten Vierteljahrhunderts der jährlich stattfindenen Assistententagungen. te und Funktion der ersten 25 Jahre Assistententagung sind unlängst von Herrn Kollegen Dr.
Geschich(1961-1985)
Helmuth Schulze-Fielitz do-
kumentiert und kommentiert worden (JöR n.F. Bd. 34, S. 35 f f . ) . Die 26.
Tagung
unter
stand
der Krise - Finanzverfassung
dem Rahmenthema
"Umschuldung in
in der Bewährung - Gewerberecht im
Wandel". Der erste Themenkreis befaßte sich mit "Aktuellen Fragen der Finanzordnung im internationalen zwei
völkerrechtlichen
Verschuldung von
Referaten
Staaten der
und nationalen
wurden "Rechtliche
'Dritten Welt'
Recht".
In
Probleme der
(Währungssouveräni-
tät und Umschuldungspraxis)" sowie "Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Umschuldungspraxis" behandelt. (national)verfassungsrechtlichen
Teil
wurden
sungsrechtlichen Kompetenzen von Regierung,
"Die
Im
finanzverfas-
Parlament und Volk
in der Schweiz" und die Frage "Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes in der geschriebenen Finanzverfassung des Grundgesetzes?" erörtert. Mit
dem
zweiten
Hauptthema
schaftsverwaltungsrecht" wieder
einmal
-
eine
"Vom Gewerbepolizeirecht
haben
gungsgegenstand gewählt.
Veranstalter
ganz
Thematik
bewußt zum
-
Ta-
Nach dem Eingangsreferat zu "Gewerbe-
freiheit und Gewerbepolizeirecht Wirtschaftsüberwachung"
die
verwaltungsrechtliche
zum Wirt-
befaßte
als geschichtliche Grundlagen der sich
der
zweite
Vortrag
mit
"Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und
Vorwort
6
wirtschaftsverwaltungsrechtlichem das
Thema
"Wirtschaftslenkung
Wandel".
Anschließend
d u r c h Subventionen
wurde
zwischen
För-
d e r u n g und G e f ä h r d u n g u n t e r n e h m e r i s c h e r F r e i h e i t " b e h a n d e l t . abschließende,
zum Zwecke der H e r a u s a r b e i t u n g
der Aspekte vorgenommene B e t r a c h t u n g
Die
rechtsvergleichen-
beinhaltete
"Wirtschaftsge-
s t a l t u n g und W i r t s c h a f t s l e n k u n g im ö s t e r r e i c h i s c h e n
Gewerberecht".
Die in
diesem
in
Reihenfolge dem
der
Tagung.
Tagungsband
v e r ö f f e n t l i c h t e n Vorträge
Ablauf
des
Fast a u s n a h m s l o s h a n d e l t es sich um die Stand der
Teils
der
ursprünglichen,
mit Anmerkungen v e r s e h e n e n F a s s u n g e n der R e f e r a t e . se konnten den
entsprechen
wissenschaftlichen
Die Nachwei-
w i s s e n s c h a f t l i c h e n Diskussion
b i s etwa
Mitte April 1986 b e r ü c k s i c h t i g e n . Besonderer Dank
g i l t den
Referenten f ü r i h r Engagement
bei
der
T a g u n g und vor allem f ü r die zügige und t a t k r ä f t i g e Mithilfe bei den Vorarbeiten zur V e r ö f f e n t l i c h u n g dieses B a n d e s . pflichtet
sind
wir
ferner
Herrn
Dr.
Hassenpflug
Broeckelmann vom Verlag Walter de G r u y t e r , genkommen
und
ihre
vielfältigen
Zu Dank v e r und
Herrn
d i e d u r c h i h r Entge-
Unterstützungen
maßgeblich
r a s c h e n Erscheinen des T a g u n g s b a n d e s b e i g e t r a g e n h a b e n . Dank der
gilt
schließlich
der Dr.
Schleswig-Holsteinischen
großzügige
finanzielle
Unser
Otto-Bagge-Gedächtnisstiftung
Universitäts-Gesellschaft,
Unterstützung
die
zum und
die
durch
Veröffentlichung
dieses
Bandes g e f ö r d e r t h a b e n .
Kiel, im Mai 1986
J ü r g e n Makswit
F r i e d r i c h Schoch
Inhaltsübersicht
Vorwort
5
Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht
Josef Brink, Frankfurt Rechtliche Probleme der Verschuldung von Staaten der "Dritten Welt" Währungssouveränität und Umschuldung
11
Wolf gang Engshuber, München Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Umschuldungspraxis
47
David Jenny, Basel Die finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzen von Regierung, Parlament und Volk in der Schweiz (unter besonderer Berücksichtigung der Ausgabenbewilligungskompetenz)
93
Joachim Wieland, Karlsruhe Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes in der geschriebenen Finanzverfassung des Grundgesetzes?
129
Inhaltsübersicht
8
Vom Gewerbepoliseirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht
Bernhard Losch, Tübingen Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht als geschichtliche Grundlagen der Wirtschaftsüberwachung
Rolf Gröschner,
153
Erlangen-NUrnberg
Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel
177
Paul Henseler, Trier Wirtschaftslenkung durch Subventionen zwischen Förderung und Gefährdung unternehmerischer Freiheit
203
Franz Merli, Graz Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung im österreichischen Gewerberecht
249
Verzeichnis der Autoren
287
Verzeichnis der Teilnehmer
289
Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht
Rechtliche Probleme der Verschuldung von Staaten der "Dritten Welt" Währungssouveränität und Umschuldung Von Josef Brink
Inhaltsübersicht I. II. III.
IV.
Einleitung
11
Entwicklungsländerverschuldung: und Entwicklungskrise
Finanzkrise
Möglichkeiten und Grenzen rechtlicher Problemlösungen
17
1.
Nichterfüllung völkerrechtlicher Schuldverträge
19
2.
Nichterfüllung privatrechtlicher Verträge
23
3.
Einwirkung auf den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr
27
Umschuldung: Ausweg aus der Krise?
34
V. Entwicklungsperspektiven und Lösungsvorschläge . . .
I.
13
40
Einleitung
Der Begriff der Staatsverschuldung bezeichnet gemeinhin eine Pathologie
des
durch -
übermäßige -
angehörigen.
öffentlichen
Finanzsystems eines
bestimmten
Staates
Kreditaufnahme bei seinen eigenen
Staats-
Nicht um diese auch in der Bundesrepublik noch vor
Josef Brink
12
wenigen
Jahren
heftig
geführte
Diskussion^
um internes
deficit
spending von Staaten in der Keynesianischen Tradition soll es im folgenden gehen,
sondern um die heute nicht minder heftig disku-
tierte externe Verschuldung löste tiefgreifende
von Staaten und die dadurch
Pathologie
des
Es wird zunächst darum gehen, erfassen und aufzuzeigen, Währungs-
auf absehbare warum
und
auf
Art und Umfang dieser Krise zu daß vielmehr das bestehende inter-
Finanzsystem
Zeit bleiben
Versuche,
ausge-
Finanzsystems.
daß es sich um mehr handelt als eine
Finanzkrise einzelner Staaten, nationale
internationalen
wird.
einzelne
selber
betroffen
ist
und
Es soll dann gezeigt werden, Verschuldungstatbestände
kasui-
stisch einzugehen und nach Rechten und Rechtsverpflichtungen zu entscheiden,
angesichts der Dimensionen der Verschuldung
schei-
tern müssen und auch von den betroffenen Akteuren nicht
aufge-
griffen werden.
Schließlich sollen Verfahren und Ergebnisse der
Umschuldung als die von den Akteuren fliktlösung dargestellt den.
gewählte
Form der Kon-
und auf ihre Tauglichkeit untersucht wer-
Dabei soll nicht verborgen bleiben, daß es sich bei der Be-
wertung der handelt.
Umschuldungspolitik
Diese Ambitionen
um ein ambitioniertes
sind aber
entwicklungspolitischen Altruismus,
nicht
nur
Vorhaben
Ausdruck
eines
der nach Maßgabe einer advo-
katorischen Ethik für die Opfer der Krise des internationalen nanzsystems Partei ergreift.
Fi-
Sie speisen sich auch aus einem f i -
nanzpolitischen Realismus und utilitaristischen Überlegungen,
weil
die Krise wegen ihrer systematischen Ausprägung auch die öffentlichen
Finanzressourcen
zieht.
Die ambitionierte These der folgenden Ausführungen
lauten,
der
daß die bestehenden
Bundesrepublik
in
Mitleidenschaft
Umschuldungsmechanismen
wird
gemessen
an den vernünftigen Interessen der betroffenen Akteure nur unzureichend 1
zu einer
Lösung
des
Verschuldungsproblems
beitragen,
Vgl. nur die Beiträge in Simmert/Wagner (Hrsg.), Staatsverschuldung Kontrovers, 1981; ferner Piel/Simmert, Staatsverschuldung, Reihe Politik kurz und aktuell, Nr. 35, 1981; Dieckheuer, Staatsverschuldung und wirtschaftliche Stabilisierung, Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft, Bd. 21, 1978.
13
Rechtliche Probleme der Verschuldung
und
daß
Umschuldungspolitik
Sanierungskonzepte
nur
zu
ohne
einem
Einbeziehung
Kreislauf
der
längerfristiger Krisenphänomene
führen wird.
II.
Entwicklungsländerverschuldung: lungskrise
Finanzkrise
Wirtschaftskrisen haben immer deutlich gemacht, organisierte
Gesellschaften
internationalen
in
Arbeitsteilung
die
Netze und
eingefügt
wieweit staatlich
Abhängigkeiten
sind.
Wie die
schaftskrise in der ersten Hälfte des Jahrhunderts, se der siebziger Jahre, krise,
wieweit
der
Prozeß
zur
Herausbildung
2
vernetzten "Weltgesellschaft" staaten
und
Weltwirt-
wie die Ölkri-
einer
zwar
nicht
aber doch wirtschaftlich
wie es die Soziologen nennen,
vor-
Wenn auch die Gläubiger- und die Schuldner-
gegenüber
Jahrhunderts
der
so zeigt auch die moderne Verschuldungs-
kulturell und politisch homogenisierten,
angeschritten ist.
und Entwick-
den
staatlichen
der ersten
tisch sind, - schon im südamerikanische Staaten, 3 Zahlungsunfähigkeit
Insolvenzkrisen
Jahrhunderthälfte
des
weitgehend
letzten iden-
letzten Jahrhundert standen zahlreiche aber auch die Türkei mehrfach vor der so zeichnet sich die heute in den Wirt-
2
Luhmann, Rechtsoziologie, 2. Aufl. 1983, S. 333 f f . ; ders., Die Weltgesellschaft, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 57, 1971, S. 1 f f . ; um die Dependenz zwischen kultureller Sozietät und internationalem Wirtschaftssystem hervorzuheben, sprechen andere Soziologen vom "Weltsystem", so Borschier, Weltsystem, in: Boeckh ( H r s g . ) , Internationale Beziehungen. Theorien, Organisationen, Konflikte, 1984, S. 535 f f . ; ferner die Beiträge in Blaschke ( H r s g . ) , Perspektiven des Weltsystems, Materialien zu Immanuel Wallerstein, "Das moderne Weltsystem", 1983; für das Völkerrecht ist neuerdings mit beachtlichen Nachw. eine ab origine universelle Konzeption mit universalistischem Geltungsbereich behauptet worden von Fisch, Die europäische Expansion und das Völkerrecht, 1984, S. 498 f . ; danach ging eine völkerrechtliche Betrachtungsweise schon immer von einer "Weltstaatengesellschaft" aus, wobei deren Subjekte allerdings zunächst auf die europäischen Staaten begrenzt werden.
3
Vgl.
zu historischen Verschuldungssituationen Hoeflich, Histo(Fortsetzung Fußnote)
14
Josef Brink
schaftsteilen
der
Presse zu
Recht dramatisierte
Verschuldungssi-
tuation gegenüber diesen früheren Schuldenkrisen nicht nur durch die angehäuften
Schuldenvolumina,
sondern
und die den gesamten Gesellschaftskörper der Schuldenlast aus. nes
Staates
besagt
für
auch durch die Art
betreffenden Wirkungen
Die Höhe der Auslandsverbindlichkeiten sich
noch
nichts über
seine
ei-
Fähigkeit,
Tilgungen und Zinszahlungen vorzunehmen,
wie sich an der hohen 4 Auslandsverschuldung der Vereinigten Staaten erweist . Wenn aber Staaten,
ganz abgesehen von ihren Exporterlössalden,
gewaltige
Teile ihres gesamten Bruttoinlandsproduktes einsetzen müßten, ihre Schuldenberge abzutragen, schaftlicher Rede sein. nes
Leistungsfähigkeit
um
so kann von ausreichender wirtzur
Schuldtilgung
nicht
mehr die
Um einige Beispiele zu nennen: Chile müßte 103 % sei-
Bruttoinlandsproduktes
mobilisieren,
bindlichkeiten auflösen zu können,
um seine
Auslandsver-
Peru etwa 76 % des BIP, Uru-
guay c a . 63 % des BIP, Argentinien etwa 60 % des BIP, Venezuela ca.
47 % des BIP, Mexiko und Brasilien c a . 44 % des B I P 5 .
Bra-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) rical Perspectives of Sovereign Lending, in: Gruson/Reisner (Hrsg.), Sovereign Lending: Managing Legal Risk, 1984, S. 21 f f . ; Borchard/Wynne, State Insolvency and Foreign Bondholders, vol. I und I I , 1951; Born, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, 1977; Coing, Staatsschuldenverwaltung, internationale, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. I I I , 1962, S. 337. 4
Zu den Parametern zur Bestimmung des Verschuldungsgrades der einzelnen Entwicklungsländer v g l . D. Münch, Internationale Verschuldungskrise: Zwischenbilanz, RIW 8, 1985, S. 625.
5
Vgl. Wiesner, Ursachen der lateinamerikanischen Schuldenkrise, Finanzierung und Entwicklung, 1985, S. 24; die Hochrechnung von Colaco zum Jahr 1990 kommt zu noch ungünstigeren Relationen, Colaco, Internationaler Kapitalverkehr und wirtschaftliche Entwicklung, Finanzierung und Entwicklung, 1985, S. 2 f f . , 5; s . auch die Angaben über die absolute Höhe der Fremdwährungsverbindlichkeiten von Entwicklungsländern, in: IMF (Hrsg.), International Capital Markets, Developments and Prospects 1983, Occasional Paper 23, 1983; IMF (Hrsg.), Recent Multilateral Debt Restructerings with Official and Bank Creditors, Occasional Paper 25, 1983, S. 3 f f . ; Reffert-Sch&nemann, Die Weltwährungsordnung, Von den festen zu den (Fortsetzung Fußnote)
Rechtliche Probleme der Verschuldung
silien hätte ca.
15
89 % seiner Gesamtexporterlöse einsetzen müssen,
um die im Jahre 1982 f ä l l i g gewesenen Tilgungs- und Zinszahlungen zu leisten,
Argentinien ca. 68 % seiner Exporterlöse, Ecuador
ca. 69 %, Chile ca. 65 % und Mexiko ca. 57 % seiner Exporterlöe se . Dramatisch ist aber auch die Art dieser Schulden. Es handelt sich nicht mehr,
wie bei den Insolvenzkrisen des letzten Jahrhun-
derts um Verbindlichkeiten
gegenüber
britischen,
auch US-amerikanischen Bankenhäusern, deren Volumina
die internationalen
deutschen
und
d.h. privaten Gläubigern,
Finanzmärkte und öffentlichen
Haushalte von Gläubigerstaaten nicht beeinträchtigen könnten.
Es
handelt sich
Fi-
um eine
nanzhilfeinstitutionen Organisationen, rungsinstitutionen
systematische von
gegenüber von
Export-
tätigen
und
Gläubigerstaaten
Auf die Bundesrepublik bezogen, national
Überschuldung
Gläubigerstaaten
Großbanken
und
gegenüber
internationalen
Exportkreditversiche-
wie
gegenüber
Banken.
sind damit nicht nur die interdie
als
Mandatarin des Bundes tätige Kreditanstalt für Wiederaufbau,
involviert,
sondern
auch
die
die wichtigste
Trägerin der bundesdeutschen finanziellen Zusam7 menarbeit darstellt , wie auch die als Mandatarin des Bundes tätige Hermes Versicherungs-AG, die zusammen mit der Treuarbeit-AG g die wichtigste Trägerin bundesdeutscher Exportkreditsicherung (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) flexiblen Wechselkursen - und wie geht es weiter?, 186 f . , 188.
1984,
S.
6
S. Wiesner (Fn. 5), S. 24.
7
Vgl. Harries, Finanzierung von Lieferungen und Leistungen aus Mitteln der bilateralen deutschen Entwicklungshilfe, RIW 1979, S. 437 f f . ; KfW ( H r s g . ) , Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, Erläuterungen zum Verfahren der finanziellen Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland, 1980; Steeg, Foreign Development Lending of the Federal Republic of Germany, in: Rubin ( H r s g . ) , Foreign Development Lending Legal Aspects, 1971, S. 110 f f .
8
Vgl. Voigt/Hasper, Handbuch der Exportfinanzierung, 2. Aufl. 1979, S. 41 f f . ; Schallehn/Stoleenburg, Garantien und Bürgschaften der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der deutschen Ausfuhr, 1952 f f . , Kapitel I , X; eine Übersicht über die berührten Institutionen geben auch Hahn, Öffentliche (Fortsetzung Fußnote)
16
Josef Brink
ist.
Anders a l s die für das Weltfinanzsystem periphere und okkaQ sionelle, oft auf kriegerische Maßnahmen von Schuldnerstaaten zurückgehende Staatenverschuldung bis zur Weltwirtschaftskrise greift die heutige, systematische Verschuldung auf die Planung der öffentlichen Haushalte der Gläubigerstaaten durch. Die haushaltsrechtlich begrenzte fiskalische Handlungsfähigkeit der industrialisierten Gläubigerstaaten ist im Falle der Nichtzahlung oder des Nichttransfers aller genannten Formen kritischer Devisenschulden unmittelbar betroffen: Die Nichterfüllung privater Bankverbindlichkeiten betrifft nur scheinbar allein die Gläubigerbanken. Über Wertberichtigungen in bezug auf kritische und durch Abschreibungen in bezug auf uneinbringliche Devisenforderungen können die Banken ihre Risiken externalisieren, d . h . einerseits Verluste auf Bankkunden im Wege der Kreditkonditionenverschlechterung umlegen, andererseits, was in diesem Zusammenhang bedeutsamer i s t , Verluste körperschaftssteuerrechtlich in Abzug bringen . Steuerausfälle sind die Folge. Direkter ist noch der fiskalische Effekt von Ausfällen bei der Tilgung für Finanzhilfekredite und der Zahlung für Exporte. Für Verluste der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Hermes Versicherungs-AG, die solche Zahlungen auf Kredite und Exporte gegen politische Risiken wie das Konvertierungs- und Transferri(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Auslandsschulden und Völkerrecht, in: Einigkeit und Recht, Festschrift für Carstens, 1984, S. 361 f f . ; mit Ausrichtung auf Schulden von realsozialistischen Staaten Zieger, Probleme der Verschuldung östlicher Staatshandelsländer, Archiv des Völkerrechts 1983, S. 239 f f . 9
Die ersten Verschuldungswellen lateinamerikanischer Staaten gehen noch auf die Befreiungskriege gegen die Spanier und die nach der Befreiung erforderlichen staatlichen Aufbauleistungen zurück; v g l . die Staatenübersicht bei Wynne (Fn. 3), vol. I I , S. 3 f f . ; zu den Ursachen auch Borchard (Fn. 3), vol. I, S. 143 ff.
10
Zu den möglichen Teilwertabschreibungen siehe die Entscheidungen des hessischen Finanzgerichts vom 25.8.1982, BB 1983, S. 228 f. und vom 16.9.1983, BB 1984, S. 36. Die Hinweise verdanke ich Herrn Prof. Dr. Kirchner, Universität Hannover.
17
Rechtliche Probleme der Verschuldung
siko-< verbürgt oder garantiert,
muß die Bundesrepublik
bar aus ihrem, Haushalt einstehen.
unmittel-
Die Bundesaufwendungen allein
für die Schäden im Export- und Exportkreditbereich beliefen sich schon im Jahre 1984 auf über 2 Mrd.
DM**.
Die durch die Insol-
venz von Entwicklungsländern entstehenden Verluste werden so in gewisser Weise zu Lasten der Steuerzahler Schwerer ständlich
wirken für
die
die
Zahlungsunfähigkeit Importbedürfnisse
Folgen
der
betroffenen berührt
zu
sozialisiert.
staatlichen
Insolvenz
Entwicklungsländer
wegen
befriedigen,
der in
Unfähigkeit,
der Regel
Reproduktion
der
Gesellschaft.
Ihre
dringende
unmittelbar
Lebensverhältnisse der Bevölkerung und insgesamt die nomische
selbstver-
selber.
die
sozial-öko-
Hungerrevolten
machen
12
dies deutlich
.
Gesellschaftliche Reproduktionsfunktionen, die der
Entwicklungsstaat übernommen hat, etwa das Erziehungs-, Gesundheits- oder Verkehrswesen, funktion, ist,
Die Modernisierungs-
die mit dem Begriff des Entwicklungsstaates
kann
werden.
werden gestört.
unter Umständen
insgesamt
nicht mehr
impliziert
wahrgenommen
Die Verschuldungskrise ist insofern auch eine Krise der
Entwicklung.
I I I . Möglichkeiten und Grenzen rechtlicher Problemlösungen Die Insolvenzsituation Schuldnerseite
zu
von
einer
Staaten kann
Reihe
auf
Gläubiger-
Optionen
wie
auf
Anlaß
geben,
deren rechtliche Konnotationen in Kürze darzustellen sind.
Dabei
soll es hier nur um die sog.
politischer
öffentlichen Schulden gehen,
das Schal-
11
Siehe die Übersicht über die Jahre 1980 bis 1984 bei lehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. I , Anl. 2.
12
Vgl. Gerster, Fallstricke der Verschuldung, der Internationale Währungsfonds und die Entwicklungsländer, 1982, S. 37 f . ; s. auch die Beispiele Ägypten, Peru u . a . , aufgeführt in e i ner Bundestagsanfrage, BT-Drucks. 10/1977 sowie die Fallstudien in Körner/MaaB/Siebold/Tetzlaff, Im Teufelskreis der Verschuldung, Der Internationale Währungsfonds und die Dritte Welt, 1984, S. 101 f f .
18
Josef Brink
privatrechtlich begründete Areal der Bankenschulden v e r n a c h l ä s sigt werden. Schuldnerstaaten können durch Importrestriktionen, durch Exportmobilisierung und Sparmaßnahmen zu Lasten anderer die benötigten; Devisen intern a u f z u Politikbereiche versuchen, bringen, um Schuldendienst und Zahlungstransfer aufrechtzuerh a l t e n . Sie können auch versuchen, sich die dazu benötigten Mittel extern durch weitere Kreditaufnahmen auf den internationalen Kreditmärkten zu verschaffen. Beide Optionen vermeiden den Konf l i k t mit den Gläubigerstaaten, sind aber heute angesichts der Höhe aufgelaufener Devisenschulden und des Risikobewußtseins der international tätigen Banken kaum r e a l i s i e r b a r . Konfliktträchtig und rechtlich relevant ist dagegen eine Wahl von Optionen, die inzwischen von einer Reihe von Schuldnerstaaten p r a k t i z i e r t werden. Diese Optionen bestehen in der Einstellung der Zahlungen auf Tilgung und Zinsen bei Staatsschulden und in der devisenkontrollrechtlichen Modifikation bzw. Einstellung von Konvertier u n g und Transfer bei privaten Handels- und Handelskreditschul13 den. So haben zahlreiche Schuldnerstaaten, wie Mexiko im Jahre 1982, sämtliche Zahlungen oder, wie Brasilien, die Tilgungszahlungen ausgesetzt und, 14 wie Nigeria, Mexiko, Brasilien, Argentinien und andere Staaten bis heute, durch oder aufgrund von Devisengesetzgebung den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr r e s t r i n g i e r t . Für eine rechtliche Beurteilung dieser Optionen sind zu unterscheiden die Nichterfüllung völkervertragsrechtlich begründeter Kreditverbindlichkeiten, die Nichterfüllung p r i v a t r e c h t lich begründeter Kreditverbindlichkeiten und die Verhinderung
13
Vgl. Zamora, Peso - Dollar Economics and the Imposition of Foreign Exchange Controls in Mexico, American Journal of Comparative Law 1984, S. 99 f f . ; ders., Exchange Control in Mexico: A Case Study in the Application of IMF Rules, Houston Journal of International Law 1984, S. 103 f f .
14
Siehe die Länderberichte in IMF Exchange Arrangements and Exchange Restrictions, Annual Report 1984 und Annual Report 1985; zu Argentiniens Maßnahmen auch Hope, Novel Exchange Control Techniques and the Argentine External Debt, Houston Journal of International Law 1984, S. 137 f f .
Rechtliche Probleme der 'Verschuldung
privater,
19
grenzüberschreitender Zahlungen auf Handelsforderungen
durch Devisenrestriktionen.
1.
Nichterfüllung völkerrechtlicher Schuldverträge
Bevor auf die rechtlichen Probleme einer Nichterfüllung völkervertragsrechtlich begründeter Schulden eingegangen wird, vorgehoben
werden,
daß die klassischen
begründeten Schulden 15 eine
Rolle
keiten,
in
mehr spielen. aber
auch
die
der
modernen
Verschuldungskrise
Zwischenstaatliche Kredite
muß her-
völkervertragsrechtlich kaum
Kreditverbindlich-
internationaler
Organisationen,
werden durchgehend privatrechtlich ausgestaltet. Zwar schließt etwa die Bundesrepublik Deutschland mit Entwicklungsländern Re16 gierungsabkommen sich
über
Kapitalhilfekredite.
aber nur um Rahmenabkommen,
die
Dabei
handelt
es
rechtsgeschäftlich
erst
ausgefüllt werden durch einen privatrechtlichen Kreditvertrag
zwi-
schen der Kreditanstalt für Wiederaufbau und dem jeweiligen Entwicklungsland.
Nur in Ausnahmefällen, etwa in dem Finanzkredit17 abkommen der Bundesrepublik mit der Volksrepublik Polen aus dem Jahre
1975,
spielt das Völkerrecht wegen einer darin
über-
nommenen Garantenstellung des polnischen Staates eine unmittelbare Rolle. Wenn gleichwohl die sich völkerrechtlich im Falle der 15 Diese gehen in der Regel auf nichtkontraktuelle, z.B. Reparationsverpflichtungen zurück, so die Schuldübernahmeerklärung der Bundesrepublik Deutschland vom 6.3.1951 und das Londoner Schuldenabkommen vom 27.2.1953 über die öffentlichen Auslandsschulden des Deutschen Reiches (BGBl. 1951 I I , 473; BGBl. 1953 I I , 333). S. auch Ballreich, Auslandsschulden, in: Strupp/Schlochauer (Fn. 3), Bd. 1, S. 110 f f . ; Fole, State Debts, in: Bernhardt ( H r s g . ) , Encyclopedia of Public International Law, Instalment 8, 1985, S. 484 f f . und Hahn, Foreign Debts, ebda., S. 240 f f . 16
Jeweils verkündet im BGBl. I I ; v g l . auch Folz, Loans, International, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 362; Leube, Völkerrechtliche Rahmenverträge mit privatrechtlichen Ausfüllungsgeschäften, Studien zum internationalen Wirtschaftsrecht und Atomenergierecht, Bd. 33, 1967.
17
Siehe das Abkommen vom 9.10.1975, auch Zieger (Fn. 8), S. 253 f .
BGBl. 1976 I I , 567; dazu
Josef Brink
20
Nichterfüllung stellenden Probleme diskutiert werden, so deshalb, 18 weil das Völkerrecht auch einen Rahmen für die privatrechtlichen zwischenstaatlichen diskutierten
Verträge
bildet,
Probleme auch bei der
so daß
Nichterfüllung
sich
die
hier
privatrechtlich
begründeter Kreditverträge stellen werden. Festzustellen ist
zunächst,
daß die Nichterfüllung
eines völker-
rechtlichen Vertrages grundsätzlich völkerrechtliches Unrecht stellt.
Entwicklungsländern
Rechtsfertigungsgründe für die Nichterfüllung
oder die vorübergehende Zahlungseinstellung zur Seite stehen. ihre
dar-
Die eigentlich interessante Frage ist, ob den verschuldeten
währungspolitische
Souveränität
hier nicht berufen; der schließt eine Berufung auf
können
sich
diese
Auf
Staaten
völkerrechtliche Vertrag jedenfalls 19 innerstaatliche Rechtsetzung aus .
Auch auf die clausula rebus sie stantibus kann die Zahlungsver20
Weigerung regelmäßig nicht gestützt werden
.
Die Risiken,
auch für den Schuldner mit der Intertemporalität hältnisses,
d.h.
und Gegenleistung
dem zeitlichen impliziert
sind,
schluß des Vertrages bekannt. gende Veränderung
der
Auseinanderfallen von waren
die
des SchuldverLeistung
den Parteien
bei Ab-
Sie schließen auch eine
grundle-
wirtschaftlichen
Situation
des
kreditneh-
menden Staates wie der weltwirtschaftlichen Situation ein. Gleiches gilt für im Vertrag vereinbarte variable
Zinssätze und das Risiko
18
So bereits der Ständige Internationale Gerichtshof in den Fällen der serbischen und brasilianischen Anleihen vom 12.7. 1927, PCIJ, Series A no. 20 (1929) und no. 21 (1929); Series C, no. 16 ( I V ) ; deutsche Fassung in: Institut für Internationales Recht in Kiel ( H r s g . ) , Entscheidungen des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, Bd. 7, S. 22 f f . und S. 142 f f . ; dazu die Stichworte von Götz und von Katte, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 256 f f . ; S. 39 f f .
19
Siehe insoweit den geltendes Völkergewohnheitsrecht kodifizierenden Art. 27 der Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23.5.1969; v g l . auch Hahn (Fn. 8), S. 366 f . ; Hann, The Legal Aspect of Money, 4. Aufl. 1982, S. 559.
20
So auch Hahn (Fn. 8 ) , S. 370; Frankenberg/Knieper, Rechtsprobleme der Überschuldung von Ländern der Dritten Welt, RIW 1983, S. 569 f f . , 574.
21
Rechtliche Probleme der Verschuldung
von Wechselkursänderungen
unter denen
Entwicklungsländer
heute
besonders leiden. Auch der Einwand der nachträglichen Unmöglichkeit der Erfüllung vermag die Einstellung der Tilgungs- und Zinszahlungen nicht zu rechtfertigen.
Nach internationalem Vertragsrecht ist der Fall der
nachträglichen
Unmöglichkeit 21
Unmöglichkeit die
in
begrenzt
oder jedenfalls, nur
absoluter
Da es sich um Geldschulden
handelt,
Zahlungsmitteln
zur
Verfügung
bei hinreichender Leistungsfähigkeit,
gung stehen könnten, nicht
.
reproduzierbaren
auf die Fälle objektiver,
stehen
zur Verfü-
liegt eine nachträgliche Unmöglichkeit auch
vorübergehend
vor.
Differenzierter
muß
die
Antwort
wenn sich ein Schuldnerstaat auf force majeure stützt
ausfallen,
und geltend macht, die Zahlung sei gänzlich unzumutbar, weil sie den Bestand des Staates gefährde und die Erfüllung Staatsaufgaben verunmögliche.
unerläßlicher
Die bloße Überschuldung
Zahlungsbilanzdefizit eines Staates reichen
allerdings 22 .
lung des Tatbestands der höheren Gewalt nicht aus walt besagt, unzumutbar
daß eine weil
zur
Erfüllung von Pflichten deshalb ein
jenseits
der Kontrolle
Erfül-
Höhere Gegänzlich
des
Schuldner-
staates gelegenes Ereignis auf seine Leistungsfähigkeit
eingewirkt
hat.
ist,
und das
Eine solche Unzumutbarkeit der Erfüllung ist bei Naturkata-
strophen, tärischen
etwa beim Erdbeben in Mexiko im Jahre 1985, bei miliVerteidigungsmaßnahmen,
und anderen Ereignissen anzunehmen. mern zwar die Verschuldungssituation,
um sich
greifenden
Seuchen
Solche Ereignisse verschlimso daß ein Schuldnerstaat
21
So nun kodifiziert in Art. 61 Abs. 1 der Wiener Vertragsrechtskonvention. Wie hier auch Hahn (Fn. 8), S. 371; Frankenberg/Knieper (Fn. 20), S. 575.
22
Vgl. zur force majeure VerdrosB/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, S. 522. Nach Art. 62 der Wiener Vertragsrechtskonvention wie nach dem Entwurf der International Law Commission einer Konvention über Staatenverantwortlichkeit, dort Art. 31, muß das Leistungsunvermögen jenseits der Kontrolle des betroffenen Staates gelegen haben. Vgl. ILCYearbook, 1980, I I , Teil I I , S. 30 f . ; a.A. wohl Frankenberg/Knieper (Fn. 20), S. 575.
Josef Brink
22
Zahlungen vorübergehend einzustellen berechtigt ist,
sie betreffen
aber eben nicht die heute vorfindliche "normale" Überschuldung. Mit dem Rechtfertigungsgrund der force majeure verwandt des Staatsnotstandes. Arbeiten
zur
Staatenverantwortlichkeit
kannt wird, Mittel
der
Soweit er
den
in der Völkerrechtslehre und in
Völkerrechtskommission
muß
die
darstellen,
die
der
Vereinten
als eigenständiges
Nichterfüllung
um
ist der
Nationen 23 Institut aner-
des Vertrages
grundlegenden
das
einzige
Staatsinteressen
schweren und unmittelbaren Gefahren zu schützen.
lenfalls einen vorübergehenden Zahlungsaufschub rechtfertigen. der,
allerdings älteren,
bloße wirtschaftliche anerkannt
abstellt,
ob die
völkerrechtlichen Rechtsprechung ist die
als hinreichender
worden. Erfüllung
Grund für einen 24 StaatsIndem die Rechtsprechung darauf
der
Zahlungsverpflichtungen
Schuldnerstaat selbst-destruktiv wäre, stand
auf
In
Schwierigkeit der Zahlung auf ein einzelnes
Schuldverhältnis nicht notstand
vor
Dies kann a l -
dem Hintergrund
des je
für den
und zugleich diesen Tatbe-
einzelnen
Schuldverhältnisses
prüft, kann die Verschuldungssituation im Grunde von diesem Tatbestand nicht erfaßt werden. gerade
nicht
in
der
Schuldverhältnisse, belastung,
Das Problem der Verschuldung liegt
Selbstdestruktivität
der
Erfüllung
einzelner
sondern in dem Problem summierter Schulden-
das sich kasuistisch,
d.h.
diskutiert am einzelnen
notleidenden Kredit, kaum Anders als das inner25 erfassen läßt. staatliche Vergleichsrecht hat die Völkerrechtsordnung für das 23
Siehe Art. 33 des Entwurfs der Konvention zur Staatenverantwortlichkeit, ILC-Yearbook, 1980, II, Teil I I , S. 33; Zemanek, Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit und die Sanktionen des Völkerrechts, in: Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Bd. 1, 1983, S. 377.
24
Vgl. die Entscheidung des Ständigen Schiedhofs vom 11.11. 1912 im Fall "Indemnité russe", in: RIAA 11, S. 433 f f . Danach sollte die Türkei sich trotz größter finanzieller Schwierigkeiten nicht auf das Notstandsargument berufen können, weil die streitige Einzelschuld für sich die Existenz des Staates nicht gefährdete.
25
Vgl.
nur SS 7, 8, 74, 82 der bundesdeutschen Vergleichsord(Fortsetzung Fußnote)
Rechtliche Probleme der Verschuldung
Problem f ä l l i g e r ,
Insolvenz aber uneinbringlicher
sum-
mierter Verbindlichkeiten noch keine Lösungen bereitgestellt.
Das
führt aber,
mangels
23
wie zu zeigen sein wird, wiederum nicht zu einer ge-
genüber dem nationalen Vergleichsrecht erhöhten Chance der Glau-1 biger,
ihre Forderungen auch im Rechtswege durchsetzen zu kön-
nen. 2.
Nichterfüllung privatrechtlicher Verträge
Was die Nichterfüllung oder die vorübergehende Leistungsverweigerung auf privatrechtlich begründete Verbindlichkeiten betrifft, ist der Regelungsspielraum,
der dem verschuldeten
so
Entwicklungs-
staat im Rahmen der Ausübung seiner souveränen Rechte zur Verfügung steht,
unter Umständen größer.
Privatrechtliche Verträge,
auch solche zwischen Staaten oder deren Agenturen,
haben nicht
teil an der souveränitätsbindenden Wirkung völkerrechtlicher Verträge,
weil der privatrechtliche
Vertrag
sich gerade einer
be-
stimmten staatlichen Rechtsordnung unterstellt und erst durch sie zum Rechtsgeschäft wird. che Anleiheverträge len.
So war es früher üblich,
privatrechtli-
dem Recht des Schuldnerstaates zu unterstel-
In der völkerrechtlichen Diskussion heftig umstritten war, ob
der Schuldnerstaat
durch gesetzliche
Änderung des
anwendbaren
Rechtes gestaltend
und vernichtend in das von ihm geschlossene 26 Rechtsgeschäft eingreifen durfte . Diesem Problem wird heute dadurch vorgebeugt, daß regelmäßig das Recht des Gläubigerstaates oder eines dritten Staates auf den Vertrag für anwendbar verein27 bart wird . Auf die Verträge, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau
mit
Entwicklungsländern
über
Kapitalhilfekredite
ab-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) nung. 26
Vgl. zu dieser Diskussion O'Connell, 2, 2. Aufl. 1970, S. 984 f f . , 988 f .
International Law, Bd.
27
Vgl. nur Gruson, Controlling Choice of Law, in: Gruson/Reisner (Hrsg.), Sovereign Lending: Managing Legal Risk, 1984, S. 51 f f .
24
Josef Brink
28 schließt,
ist das deutsche Recht
Beurteilung richtet.
von
anwendbar,
Leistungsstörungen
in
bezug
auf
die
Tilgung
ausführlich überprüfen zu wollen, nach
deutschem
nicht
als
nach den
Recht
die
Instituten
grundlage,
des
wäre
auf
französischen
(force
Wahl des
odes
des
einzelne
majeure)
deutschen
der
United
States
wird aber die souveräne
und
etwa dem der
auch Nicht-
Wegfalls-der-Geschäfts-
im
abzustellen,
Gleiches
gälte
anglo-amerikanischen
Recht. für Kreditverträge
der KfW
Rechts für gleichgelagerte for
International
Ver29 Development
Einwirkung von Schuldnerstaaten auf
Vertragserfüllung
nicht v ö l l i g
Territorial-
Währungshoheit
und
Staates
Denn
Schuldverhältnis
Rechts
Agency
eines
würde.
Gesamtschuldenbelastung.
oder die Wahl des amerikanischen träge
Notlage
Rechts,
(frustration, commercial impractability) Durch die
Entwick-
kann versagt werden, daß auch
deutschen
das
die
Privatrecht
Kapitalhilfekredites
durchgreifen
Unmöglichkeit
die summierte
eines
wirtschaftliche
Rechtfertigungsgrund
zu-vertretenden
im
so daß sich
deutschem
Ohne die Nichterfüllung oder den Verzug eines
lungslandes
nicht auf
nach
ausgeschlossen. kann
der
die
Im Rahmen
seiner
Schuldnerstaat,
ohne
sich dadurch f r e i l i c h seiner Verpflichtungen entledigen zu können, zumindest
auf
den
Teil
der
Erfüllungsvorgänge 30 die in seinem eigenen Staatsgebiet stattfinden ,
Einfluß d.h.
nehmen,
diese Zah-
lungsvorgänge seinen eigenen devisenrechtlichen Vorschriften mit unter Umständen erheblichen unterwerfen.
zahlungsrestringierenden
Für die Beurteilung
lungsrestriktionen
bei
der
solcher devisenrechtlichen
Zahlung
auf
gleiche wie für Zahlungsrestriktionen das Problem ihrer völkerrechtlichen
Wirkungen
Kreditverträge
im Handelsverkehr,
gilt
Zahdas
so daß
Zulässigkeit sogleich in deren
28
S.o. die Angaben in Fn. 7.
29
V g l . Folz (Fn. 15), S. 362.
30
Dies ergibt sich aus seiner Gebietshoheit. S. auch Hann (Fn. 19), S. 559; v g l . auch den Schiedsspruch im Carnevaro-Fall im Jahre 1912, in: RIAA, Bd. 11, S. 397. Ferner Mann, Monetary Law, International, i n : Bernhardt (Fn. 15), S. 396, 403.
25
Rechtliche Probleme der Verschuldung
Zusammenhang
im einzelnen
aufgegriffen werden
wohnheitsrechtlich bildet jedenfalls, den,
soll.
Völkerge-
soviel sei schon gesagt wor-
das noch immer anerkannte Verbot willkürlicher 31 Entschädigung ihre Grenze . Völkerrechtliche
ohne
gungsgründe,
die
sich aus der
reinen
Überschuldung selber ergeben könnten, Diskussion
möglicher
Tatsache stehen,
Rechtfertigungsgründe
Enteignung Rechtferti-
der
summierten
wie oben bei der
für
den
völkerrechtlichen Vertrages gezeigt werden konnte,
Bruch
eines
nicht zur Ver-
fügung. Neben
den
klassischen
rechtmäßiges
staatliches
schläge gemacht worden, ihren odiösen,
Rechtfertigungsgründen Handeln
sind
in
für
der
an
letzten
sich
un-
Zeit
Vor-
in bezug auf einzelne Schuldverhältnisse
d.h.
sittenwidrigen Charakter als weiteren Recht32 fertigungsgrund zu berücksichtigen . Uber die Fälle der Staatensukzession hinaus soll danach die Argumentationsfigur der odiösen Schulden auf den.
das Phänomen
Staatlich
schlechthin keiten
für
haften.
der Regimenachfolge ausgedehnt
organisierte alle Die
Rechtspersönlichkeit
in an von
ihrem das
Gesellschaften
sollen
Namen eingegangenen geltende
Staaten
Konzept
der
anknüpfende Haftung
nicht
wermehr
Verbindlichsouveränen soll
durch
31
Das Entschädigungsgebot im Enteignungs- und Nationalisierungsfall hat, wenn auch die Höhe der Entschädigungszahlung nach völkergewohnheitsrechtlichen Grundsätzen umstritten ist, die nach der Dekolonisation einsetzenden Umformungsprozesse überstanden. Vgl. Stemberg, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, 1983, S. 94 f f . ; Grämlich, Rechtsgestalt, Regelungstypen und Rechtsschutz bei grenzüberschreitenden Investitionen, 1984, S. 218 m.w.Nachw. (Fn. 54); auch Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985; ders., Expropriation and Nationalization, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 214 f f .
32
Vgl. Frankenberg/Knieper (Fn. 20), S. 575 f f . ; Knieper, Transfer de techniques juridiques aux questions de l'endettement des pays du tiers monde, Revue Tiers Monde, tome XXV, no. 99, 1984, S. 669 f f . ; ders., Transfer juristischer Techniken in die Diskussion um die Verschuldung der Dritten Welt, Kritische Justiz, 1985, S. 448 f f . ; dazu auch mit Bedenken Folz (Fn. 15), S. 484, 486; ablehnend Hahn (Fn. 8 ) , S. 367 ff.
Josef Brink
26
andere Haftungskriterien ersetzt werden. soll sein,
Neues Haftungskriterium
ob die von den Repräsentanten des Staates eingegange-
nen Verpflichtungen wirklich im vernünftigen Interesse der Bevölkerung waren oder nicht.
Ein neues staatliches Regime soll die
Zahlung von Verbindlichkeiten,
die ein früheres,
korrupteres Regime eingegangen ist, nen dürfen,
daß es sich um odiöse, weil gegen die Interessen des
Volkes eingegangene Verpflichtungen handelte. Vorschlag ist zunächst anzumerken, blem der
Staatenverantwortlichkeit
zurückfällt, stimmten
möglicherweise
mit der Rechtfertigung ablehKritisch zu diesem
daß er in bezug auf das Prohinter
das
historische
das mit der Anerkennung des Prinzips der
staatlichen
Organisation
aller
Völker
Niveau
selbstbe-
gewonnen
wurde.
Dieses ursprünglich europäische Konzept der Staatlichkeit von Gesellschaften hat sich mit der Dekolonisationsbewegung "weltgesell33 schaftlich" durchgesetzt . An die abstrakte Rechtspersönlichkeit der Staaten,
eine zivilisatorische
Errungenschaft im Hinblick auf
den Schutz kleiner und schwacher Gesellschaften, völkerrechtliche Staatshaftungsprinzip an.
knüpft auch das
Nach der Regimeschul-
den-Theorie wären es wieder Herrscher und Regime,
nicht Staaten,
die Verantwortung tragen. Als generelle Maxime würde die Regimeschuldentheorie etwa
die
Unrechtshaftung
der
Bundesrepublik
Nachfolgerin des (Nazi-)Reiches entfallen lassen. lungsländer
beschränktes
Konzept
würde
in
das
als
Als auf EntwickVölkerrecht
ein
Minderjährigenstatus implantiert. Wohl deshalb geht die Staaten34 praxis auch andere Wege . Wichtiger ist aber der Einwand, daß 33
Vgl. nur Fisch (Fn. 2 ) , S. 93 f f . ; Ginther, Die "Dritte" Welt und das Völkerrecht, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Fn. 23), S. 29 f f . , 38 f . ; Rudolf, Neue Staaten und Völkerrecht, Archiv des Völkerrechts 17, 1977/78, S. 1 f f .
34
Die Fälle Sowjetunion und Volksrepublik China im Hinblick auf die Situation des Zaren- bzw. Kaiserreiches sind singulär geblieben, das Regimeschuldargument nie anerkannt worden. Vgl. neuerdings die Entscheidung des US District Court Jackson v . People's Republic of China, 550 FGupp 869 (1983), abgedruckt in International Legal Materials 1983, S. 75, 77. Anders liegt der Fall, wenn Kredite nicht vom Staat, sondern von Herrschern/Regierungsmitgliedern persönlich aufgenommen wurden oder diesen im Zeitpunkt der Kreditaufnahme die Ver(Fortsetzung Fußnote)
27
Rechtliche Probleme der Verschuldung
dieser
Vorschlag
zur
beizutragen vermag. nommener
Kredite
Entlastung
der
Entwicklungsländer
wenig
Die Frage, ob eine Verwendung extern aufgeim
Interesse
des
Entwicklungsprozesses
liegt
oder nicht, ist schon bei gebundenen Krediten schwer zu entscheiden,
ein Beweis der schuldhaften Verstrickung des Kreditgläubi-
gers nur schwer zu erbringen.
Dennoch ist
der
Rechtfertigungs-
grund der Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts jedenfalls bei diesen gebundenen, rechtlich
unter
d.h.
auf Projekte bezogenen Krediten völker-
dem Gesichtspunkt
des
Einwandes
der
Billigkeit
und der unzulässigen Rechtsausübung immerhin dem Grunde nach 35 vertretbar . Für einen Großteil der summierten Entwicklungsländerschulden, nicht
nämlich
zweckgebunden
dagegen aus.
die abstrakten
Kredite,
gegeben wurden,
die
scheidet
von Banken
dieses
Argument
Die Kreditvergabe steht hier mit der Mittelverwen-
dung nicht im Zusammenhang. Vorläufig kann festgehalten werden,
daß Entwicklungsländer sich
nach
Ausübung
geltendem
und regelmäßig
Recht
weder
auch nicht
durch
souveräner
Rechte
durch Geltendmachung von Rechtferti-
gungsgründen der Verpflichtung zur Zahlung ihrer
privatrechtlich
begründeten Verbindlichkeiten entziehen könnten. 3.
Einwirkung auf den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr
Eine Option, die von Entwicklungsstaaten, aber nicht nur solchen, im Falle der staatlichen Solvenzkrise häufig gewählt wird, ist die Devisenbewirtschaftung
im
Wege
staatlicher
Zentralisierung
des
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) tretungsbefugnis ermangelte. 35
Sedes materiae der allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätze der Billigkeit und der aus Unbilligkeit folgenden unzulässigen Rechtsausübung ist Art. 38 Abs. l c des IGH-Status. Vgl. Verdross/Simma (Fn. 22), S. 281, 414; Rotter, Die allgemeinen Rechtsgrundsätze, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Fn. 23), S. 84 f f . , 87; im deutschen Recht entsprechend § 242 BGB, im US-Recht die clean hands-Doktrin. Wie hier auch Knieper (Fn. 32), S. 450 f . ; mit Regimenachfolge hat diese Fallkonstellation aber nichts gemein.
28
Josef Brink
wobei Zahlungsverbote, Zahlungsmoratorien,
Zahlungsverkehrs,
Nichtkonvertierung und der Nichttransfer von Zahlungen der Währung, bestimmte
aber auch die Manipulation der Währungskurse für
Rechtsgeschäfte
nahmen zählen. treffen die
die
in frem-
zu den
Erfüllungshandlungen
rungskredite,
am häufigsten
gewählten
Maß-
Diese Maßnahmen der Devisenbewirtschaftung vor
den Handelsimport.
allem aber
auf
privatrechtliche
be-
Fremdwäh-
den gesamten Zahlungsverkehr für
Völkergewohnheitsrechtlich ist jeder
Staat zu
solchen Maßnahmen berechtigt,
wenn er auch gewisse Grenzen zu
beachten
ist
hat.
Im Völkerrecht
rungspolitischen
Souveränität
ein
weiter Bereich der wäh36 anerkannt , der nicht nur das
Recht jedes Staates umfaßt, "selbst seine Zahlungsmittel zu be37 stimmen" , sondern auch das Recht, restriktiv auf den Verkehr der
einheimischen 38
wirken
.
Währung
Manipulationen
steuerrechtliche und
selbst
vorübergehende
befindlicher staatlicher
Blockieren
ausländischer
anderen
des
Modifikationen
Einfrieren die
mit
Kurses bei
Währungsgebieten der
heimischen
Zahlungen
ausländischer
in
einzu-
Währung,
Devisen,
das
Devisenguthaben
und
Indienstnahme
im 39 eigenen Territorium Zahlungsmittel zur Befriedigung
Zahlungserfordernisse
politischen Souveränität umfaßt.
sind von
der weiten währungs-
Völkergewohnheitsrechtlich ist ein
36
Vgl. Hann (Fn. 19), S. 465 f f . ; Shuster, The Public International Law of Money, 1973, S. 47 f f . ; Fawcett, General Course in Public International Law, Recueil des Cours 132, Bd. 1, 1971, S. 363 f f . ; 431 f f . m.w.Nachw.
37
Urt. des StIGH, ausgegeben in Sachen der brasilianischen Bundesanleihen, vom 12.7.1929, PCIJ, Series A, no. 21 (192S), deutsche Fassung in: Institut für Internationales Recht in Kiel (Fn. 18), S. 142 f .
38
Vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Hann (Fn. 19), S. 467 ff.; insbes. auch die Entscheidungen der US Foreign Claims Settlement Commission in Claim of Tabar, International Law Reports 1953, S. 222, 242; Claim of Zuk, International Law Reports 1958, Bd. 2, S. 284, 286.
39
Vgl. Hahn, Fragen des Rechts der Auf- und Abwertung, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, H 20, 1979, S. 26 f f . , 27; zur Staatenpraxis Hann (Fn. 19), S. 471; O'Connell (Fn. 26), S. 1015 f . ; Shuster (Fn. 36), S. 74 f .
29
Rechtliche Probleme der Verschuldung
einseitiges Transfermoratorium,
wie es Mexiko im Jahre 1982, aber 40 auch schon das Deutsche Reich im Jahre 1933 gewählt hat, ein Fall der legitimen Ausübung von Hoheitsrechten.
marken
der
währungspolitischen
Souveränität
Rechtliche Grenzsind
wiederum
im
Verbot der willkürlichen entschädigungslosen Enteignung zu sehen, so daß eine Entzug aller 41 denrechtes
Indienstnahme ausländischer Devisenguthaben unter Rechte eine Verletzung des völkerrechtlichen Fremdarstellen würde.
Darum geht es aber den verschul-
deten Entwicklungsländern auch nicht. Neben dieser völkergewohnheitsrechtlichen Grenzmarke für restriktive und manipulative Devisenpolitiken haben die betroffenen Entwicklungsländer aber, wenn sie Mitglieder des IWF-Übereinkom42 mens
sind,
auch
völkervertragsrechtliche Grenzen
rungssouveränität zu beachten. Art.
VIII
wichtige Verbotstatbestände
auf grenzüberschreitende Zahlungen, nierender Währungsregelungen,
ihrer
Wäh-
Das IWF-Übereinkommen enthält in für
staatliches
Einwirken
nämlich das Verbot diskrimi-
das Verbot multipler,
d.h. mani-
pulierter Währungskurse und, wohl am bedeutsamsten, das Verbot von Beschränkungen des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs 43 . Letzteres Verbot untersagt alle staatlichen Einwirkungen 40
Gesetz über Zahlungsverbindlichkeiten mit dem Ausland vom 9.6.1933, RGBl. I , 349 (Konversionskassengesetz); v g l . a l l g e mein auch Ballreich, Auslandsschulden, in: Strupp/Schlochauer (Fn. 3), Bd. I , S. 110 f f . , 114; Riedel, Moratorium, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 409 f f .
41
Das Völkerrecht schützt die Substanz der Eigentumsrechte, nicht vertragliche Obligationen. Vgl. auch llann (Fn. 19), S. 474; wohl a.A. Seidl-Hohenveldern, Aliens, Property, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 20 f f . zum Fall de creeping nationalization.
42
Fast alle Entwicklungsländer sind Mitgliedstaaten; Übersicht im IMF, Annual Report on Exchange 1984, V I I .
43
Vgl. Silard, Money and Foreign Exchange, in: International Encyclopedia of Comparative Law, State and Economy, vol. XVII, Chapter 20, 1975; ders., Exchange Controls and External Indebtness: Are the Bretton Woods Concepts still workabel? Houston Journal of International Law 7, 1984, S. (Fortsetzung Fußnote)
vgl. die Restictions
30
Josef Brink
auf Zahlungen, hindern
die die Erfüllung von Forderungen verzögern, be-
oder verhindern,
Zahlungsverbote, die
Nichtkonvertierung 44 .
der
in bezug
auch
Forderungen
auf
Zahlungen
Völkervertragsrechtlich
wären
ihrer
danach
stoßen Entwicklungslän-
auf Zahlungsverpflichtungen
Grenzen
eintritt.
Transferrückstellungen und
einheimischer
vertragswidrig also
so daß eine Verzugssituation
Zahlungsmoratorien,
währungspolitischen
für private Souveränität.
In der Praxis muß man freilich feststellen, daß die meisten - und nicht nur die überschuldeten - Entwicklungsländer sich restrikti45 ver Devisenbewirtschaftungsmaßnahmen bedienen . Für sog. Altrestriktionen,
d.h.
solche Devisenregelungen,
die schon vor ihrem
Beitritt zum Übereinkommen von Bretton Woods bestanden, sie sich
insofern auf
Art.
XIV des IWF-Übereinkommens
können stützen,
der übergangsweise Ausnahmen vom Verbot der Restriktion zuläßt. Restriktive
Eingriffe
sind
auch
dann 46 zulässig, wenn der Wäh. Im Rahmen seiner ka-
rungsfonds seine Zustimmung erteilt hat
talysatorischen Praxis gegenüber dem Problem der
Staatsverschul-
dung, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann, spricht der Fonds häufig befristete Zustimmungen zu vorübergehenden Zahlungsrestriktionen 47 aus. Freilich wird, um zusammenzufassen, (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 53 f f . , 61 f f . ; Aufricht, Exchange Restrictions under the Fund Agreeement, Journal of World Trade Law, 1968, S. 297 f f . , 300 f . ; Fawcett, Trade an Finance in International Law, Recueil des Cours 123, Bd. 1, 1968, S. 215 f f . , 282 f f . 44
Dies gilt nur für laufende Zahlungen nach Art. V I I I 2, 3 i.V.m. Art. XXX ( d ) des IMF-Statuts, nicht für Kapitaltransfers, zu denen auch übermäßige Tilgungszahlungen auf einzelne Großkredite gehören können gem. Art. VI Abschn. 3 i.V.m. Art XXX ( d ) Z i f f . 3 des IWF-Statuts.
45
Vgl. IMF, Annual Report 1984, 1985, S. 522 f f .
46
Art. V I I I Abschn. 2 ( a ) , 3 des IWF-Statuts; v g l . Stratmann, Der internationale Währungsfonds, seine Aufgaben und Lenkungsbefugnisse, 1972, S. 155; Shuster (Fn. 36), S. 155; dazu IMF Executive Bord Decision No. 1034 (60/27 vom 1.6. 1960.
47
So im Falle der mexikanischen Devisenrestriktionen im Jahre (Fortsetzung Fußnote)
S.
580 f f . ;
Annual Report
Rechtliche Probleme der Verschuldung
auch auf
die den
Option der
vorübergehenden nen. le,
restriktiven
grenzüberschreitenden Zahlungs-
und
manipulativen
Zahlungsverkehr
und
31
Einwirkung
letztlich
Transferaufschüben
nur
führen
Eine Lösung des Verschuldungsproblems ist durch
zu
kön-
unilatera-
souveräne Maßnahmen nicht zu e r r e i c h e n . Dies g i l t schon we-
gen der v ö l k e r v e r t r a g s r e c h t l i c h e n und
völkergewohnheitsrechtlichen
Grenzen der Souveränität der betroffenen S t a a t e n . so mehr f ü r die w i r t s c h a f t l i c h e Basis, veränität, muß.
Es gilt aber um
auf die die politische Sou-
wenn sie in p r a x i e f f e k t i v sein soll,
immer a u f b a u e n
Ein s o u v e r ä n e r Autismus der S c h u l d n e r s t a a t e n ,
wirtschaftlicher
Abbruch
der
s c h a f t s - und Weltfinanzsystem,
Verbindungen
mit
dem
d.h.
Weltwirt-
h ä t t e f ü r die meisten dieser S t a a -
ten innenpolitisch k a t a s t r o p h a l e Folgen.
Entwicklungsländer,
wohl
teilweise
in
sind
heute
netzt.
erst
seit
überwiegend
ein
dreißig
Jahren
irreversibel
der
mit der
ob-
Unabhängigkeit,
Weltwirtschaft
ver-
Eine Rückkehr in I d y l l e von Stammes- oder reinen A g r a r g e -
sellschaften ist, zeigt h a t ,
wie d a s Kampuchea-Projekt der Roten Khmer g e -
ohne Selbstdestruktion nicht mehr möglich. Der oft b e -
schworene Schuldnerstreik
mit der sich anschließenden
lichen Isolation müßte nicht n u r an r e c h t l i c h e n , auch an w i r t s c h a f t l i c h e n Abhängigkeiten
wirtschaft-
sondern g e r a d e
scheitern.
Die rechtlichen und w i r t s c h a f t l i c h e n Grenzen,
die einseitigen Maß-
nahmen der Entwicklungsländer zur Befreiung und auch Entlastung von Z a h l u n g s v e r p f l i c h t u n g e n
gesetzt s i n d ,
G l ä u b i g e r s t a a t e n a b e r die Chancen, ren,
nicht wachsen.
lassen auf Seiten der
i h r e Forderungen zu r e a l i s i e -
Auch die G l ä u b i g e r s t a a t e n befinden sich in
(Fortsetzung Fußnote von v o r a n g e g a n g e n e r Seite) 1982; v g l . die Feststellung im US Court of Appeals for the 5th Circuit Decision in Callejo v . Bancomer, S.A., July 8, 1985, i n : I n t e r n a t i o n a l Legal Materials, 1985, S. 1050, 1059. Daneben sind Zustimmungen aus politischen Gründen (Krieg, Sanktionen) möglich; vgl. IMF Bord Decision No. 144 (52/51) vom 4.8.1952; dazu Obeyesekere, I n t e r n a t i o n a l Economic Cooperation through I n t e r n a t i o n a l Law: The IMF Agreement and the Recognition of Foreign Exchange Control Regulat i o n s , German Yearbook of I n t e r n a t i o n a l Law, 1984, S. 142 f f . , 177 f .
32
Josef Brink
einem Dilemma. Vorübergehende Devisenkontrollmaßnahmen, die zum Verzug von Zahlungen führen können, sind oft völkerrechtlich zulässig und müssen von den Gläubigerstaaten hingenommen werden. Sie können kaum verhindern, daß ihre Haushalte wegen der übernommenen Bürgschaften und Garantien für den Außenhandel zunächst belastet werden^®. Soweit das Devisenbewirtschaftungsrecht der Entwicklungsländer völkerrechtlich zulässig ist, sind sie nach Art. VIII Abschn. 2 (b) des Übereinkommens von Bretton Woods sogar gehalten, Klagen auf Erfüllung von Forderungen 49 nicht zuzulassen . Denn aus Devisenkontrakten, wie es dem IWFÜbereinkommen zu entnehmen ist, "welche Währung eines Mitglieds berühren und den von diesem Mitglied in Übereinstimmung mit diesem Abkommen aufrechterhaltenen oder eingeführten Devisenkontrollbestimmungen zuwiderlaufen, darf in den Hoheitsgebieten der Mitglieder nicht geklagt werden". Auch ihre bilateralen Investitionsförderungsverträge mit Entwicklungsländern, von denen die Bundesrepublik etwa fünfzig abschließen konnte, enthalten in der Regel nicht einen so weitgehenden Schutz, daß dadurch Devisenbewirtschaftungen ausgeschlossen wären®®. Bedeutsamer als diese 48
Private ausländische Handelsschuldner können sich wegen der Devisenbewirtschaftungsmaßnahmen ihres Staates auf die nicht zu vertretende Unmöglichkeit der Erfüllung berufen, so daß die Forderung nicht durchsetzbar ist. Nach sechsmonatigem Zahlungsverzug spätestens muß der Bund entschädigen; vgl. Schallehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. X, Rn. 77 ff.
49
Vgl. Böse, Der Einfluß zwingenden Rechts auf internationale Anleihen, 1963, S. 109 f f . ; Jaenicke, Zur Frage des internationalen Ordre Public, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, H 7, 1967, S. 77 f f . ; Obeyesekere (Fn. 47), S. 179.
50
Die Standards der Investitionsförderungsverträge sind unterschiedlich. In Zusatzprotokollen werden Transferrückstellungen bei Devisenknappheit oft zugelassen; v g l . etwa Ziff. 5 des Protokolls zum Investitionsförderungsvertrag der Bundesrepublik mit der VR Benin vom 20.12.1984, BGBl. 1985, II, S. 2 f f . , 8; vgl. auch Köpernik, Instrumentarien des Bundes zur Förderung privater Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, RIW 1979, S. 669 f f . , 671; allgemein Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern. Ein Vergleich der Vertragssysteme der Vereinigten Staaten von Amerika und der (Fortsetzung Fußnote)
33
Rechtliche Probleme der Verschuldung
Gründe für die Schwierigkeiten auf Gläubigerseite, realisieren, war nicht
immer so.
kriegerische
Forderungen zu
sind die begrenzten Vollstreckungsmöglichkeiten. Die Völkerrechtsgeschichte
Maßnahmen zur
aufgezwungene
kennt
Das
durchaus
Schuldenbeitreibung
Schuldenverwaltungen
durch
und mit Gewalt 51 Gläubigerstaaten .
Heute untersagt das völkerrechtliche Gewaltverbot,
eine der völ-
kerrechtlichen Grundpflichten der modernen Völkerrechtsordnung nach Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta, alle gewaltsamen Vollstrek52 kungsversuche . Was den Gläubigerstaaten als Option zur Verfügung
steht,
ist
der indirekte
Druck durch
die
Nichtgewährung
neuer Kredite. Zwar werden Guthaben von Schuldnerstaaten, die im Ausland gelegen sind, heute nur noch begrenzt als immun an53 gesehen , so daß in Bankguthaben außerhalb des Schuldnerstaates u.U.
vollstreckt werden könnte. Dagegen wissen sich aber die
Schuldnerstaaten,
z.B.
durch Repariierung ihres Auslandsvermö-
gens, durchaus zu schützen. Schließlich wäre auch ein völliger Abbruch der Beziehungen
des
Gläubigerstaates zu Schuldnerstaaten nicht im Interesse ihrer gewachsenen wirtschaftlichen Strukturen.
So, wie Entwicklungsländer
häufig importabhängig sind, hängen Gläubigerstaaten (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 103 ff.
wie
die
51
Z.B. die Blockade der venezuelanischen Häfen durch b r i t i sche, deutsche und italienische Kriegsschiffe im Jahre 1902; v g l . Borchard (Fn. 3 ) , Bd. 1, S. 147; zu den internationalen Schuldenverwaltungen Folz (Fn. 15), S. 488 f f . m.w.Nachw.
52
Vgl. nur Bothe, Das Gewaltverbot im allgemeinen, in: Schaumann (Hrsg.), Völkerrechtliches Gewaltverbot und Friedenssicherung, 1971, S. 11 ff.
53
Vgl. allgemein Stein, Immunität, in: Seidl-Hohenveldern (Hrsg.), Lexikon des Rechts, Völkerrecht, 1985, S. 120; ders., Zur Immunität fremder Staaten und ihrer im Ausland unterhaltenen Bankkonten, IPrax 4, 1984, S. 179 f f . ; Grämlich, Staatliche Immunität für Zentralbanken? RabelsZ 1981, S. 66 f f . ; eine bedeutende Rolle spielen die vertraglichen Immunitätsverzichtsabreden in Kreditverträgen. Vgl. auch BVerfGE 64, 1, 12 f f . ; eine Vollstreckung in Zentralbankguthaben ist zulässig, wenn die Vermögenswerte nicht im Kern hoheitlicher Tätigkeit dienen.
34
Josef Brink
Bundesrepublik und Japan vom Export von Gütern ab. portmärkte können auf Jahrzehnte ausfallen, ten
durch
Abbruch
den Ruin treiben.
der
Wirtschaftsbeziehungen
Dies sollte genügen,
Solche Ex-
wenn Gläubigerstaaihre Schuldner
in
um deutlich zu machen,
daß beide Seiten von der Krise betroffen und in ein Dilemma geraten sind. des einzelnen
Durch juristische Fallgestaltungen auf der Grundlage Schuldverhältnisses läßt
sich
dieses
Dilemma
nicht
auflösen.
IV.
Umschuldung: Ausweg aus der Krise?
Umschuldung ist die moderne Antwort auf das Dilemma, ne
systematische
gebracht haben. her
üblichen
Verschuldung
und
Schuldnerstaaten
Sie ist ohne Zweifel eine Alternative zu der frü-
gewaltsamen
einen und dem Erlaß der
Gläubiger-
in das e i -
anderen Seite.
auf
der
von Schulden durch den Gläubigerstaat
Durchsetzung
von Ansprüchen
auf
Gläubigerstaaten haben
allerdings
gegenüber
den sog.
am wenigsten entwickelten Schuldnerstaaten auch schon 54 von der Schuldenerlaßmöglichkeit Gebrauch gemacht . Gegenüber 55 der Umschuldung nomen.
ist der Erlaß von Schulden aber ein
Akteure der
Umschuldung
sind zunächst
Randphä-
Gläubiger- und
54
So die Bundesrepublik für einige der am wenigsten entwickelten Staaten; dazu v g l . Bericht des UNCTAD-Sekretariats UNTAD, Doc. TD/B/866.
55
Zum Begriff v g l . Carreau, Le réêchelonnement de la dette extérieure des Etats, Journal du Droit International, 1985, S. 5 f f . ; Horn, The Restructuring of International Loans and the International Debt Crises, International Business Lawyer, 1984, S. 400 f f . ; Umschuldung: was ist das? (Redaktionsbeit r a g ) , Finanzierung und Entwicklung, 1983, S. 28 f f . ; Keese, Legal Aspects of Multinational, Public Sector Debt Rescheduling, International Business Lawyer, 1980, S. 149 f f . ; auch Horn, Rechtsfragen internationaler Umschuldungen, Wertpapiermitteilungen, 1984, S. 713 f f . ; Foscaneanu, Endettement extérieur, renegotiation des dettes, contrôle du crédit transnational, Revue Générale de Droit International Public, 1985, S. 299 f f .
35
Rechtliche Probleme der Verschuldung
56 Schuldnerstaat verfahren,
,
aber, jedenfalls in den modernen Umschuldungs-
nicht mehr in bilateraler Konstellation, sondern in der
Konstellation eines Gläubigerclubs auf
der einen
und des einzel-
nen Schuldnerstaates auf der anderen Seite. 57 Wichtigstes Forum der Umschuldung ist der sog. Pariser Club , der seit 1956 unter französischem Vorsitz zahlreiche Umschuldungen
durchgeführt hat.
Auf
tritt
dann
Initiative
des
zusammen,
insolventen
wenn eine echte
oder unmittelbar bevorsteht, nerstaat
sich
rungsfonds
auf
Schuldnerstaates
regelmäßig
und, zuvor
Zahlungslücke
dieser
bereits
Club
besteht
was wichtiger ist, der Schuldmit
dem
ein
internationalen
Bereitschaftskreditabkommen 58 schaftliches Sanierungsprogramm geeinigt hat. informell in wechselnder Zusammensetzung.
und
Mexiko,
ein
Wähwirt-
Der Club berät heute Schuld-
56
Zu den Akteuren auch Zehetner, rechtlichen Umschuldungsrecht?, 1984, S. 212, 214 f f .
57
Vgl. nur Rieffei, The Paris Club 1978-83, Columbia Journal of Transnational Law, 1984, S. 83 f f . ; Camdessus, Governmental Creditors and the Role of the Paris Club, in: Suratgar ( H r s g . ) , Default and Rescheduling, 1984, S. 125 f f .
58
Vgl. zur umschuldungskatalysierenden Rolle des IWF Hahn, Third World Debt Crises and International Monetary Fund, Report to the Panel of Banking Law, World Peace Through Law Centers 12th Conference, 1985, S. 7 f f . ; Robichek, The International Monetary Fund: An Arbiter in the Debt Restructuring Process, Columbia Journal of Transnational Law, 1984, S. 143 f f . ; Mohammed, Die fallweise Lösung von Verschuldungsproblemen, Die Rolle des Fonds im Schuldenmanagement, Finanzierung und Entwicklung, 1985, S. 2 ff.; Newbury /Zehetner, Report by the Committee on International Law Association, International Monetary Law, Report of the 61th Conference, 1984, S. 154 f f . , 158 f f . ; zu den Hilfekonditionen des Fonds Jeker, Conditionality and Stand-By Credits of the International Monetary Fund and the Less-Developed Countries, Außenwirtschaft 1980, S. 34 f f . ; Horn, Internationale Schuldenkrise und Ansätze ihrer Bewältigung, in: Festschrift für Werner, 1984, S. 357 f f . , 364 f f . ; Gold, Financial Assistance by the International Monetary Fund, Law and Practice, 2nd Ed. 1980. Krit. zur Rolle des Fonds u.a. Knieper, Zurichtung nationaler Politik durch internationales Recht? - Die Bereitschaftskreditabkommen des Internationalen Währungsfonds, Krit. Justiz 1979, S. 270 f f . ; ders. mit Frankenberg (Fn. 20).
Ansätze zu einem völkerÖsterreichisches BankArch,
36
Josef Brink
nerstaat,
saß beispielsweise auch schon auf der Bank der Gläubi59 gerstaaten . Die Beratungen des Clubs betreffen eine Einigung über die Forderungen, die überhaupt von der Umschuldung erfaßt werden sollen, eine Einigung über den Zeitpunkt, ab dem, und über den Zeitraum, für den umgeschuldet werden soll, ferner eine Einigung über den Zeitraum, für den der Schuldnerstaat seine Tilgungs- und Zinszahlungen aussetzen darf und schließlich eine Einigung über den Zeitraum, in dem die Schulden dann zusammen fiO mit den Zinsen zurückgezahlt werden sollen . All dies macht deutlich, daß die Technik der Umschuldung auf der Zeitachse angesiedelt ist, d.h. durch Zeitgewinn die akute Insolvenz des Schuldners verhindern oder überwinden helfen soll. Umschuldungsvereinbarungen verschieben die Erfüllung der Schuld in die Zukunft. Dem Schuldnerstaat wird für Handelsforderungen ein Transferaufschub, für Staatsschulden oder staatlich garantierte Schulden ein Zahlungsaufschub ermöglicht. Teilweise, dies gilt für die Kapitalhilfekreditschulden, wird eine Renovation der gesamten Altverträge vereinbart. Mit der Umschuldung wird teilweise der in Verzug geratende Teil der Tilgungen und Zinslasten einschließlich 61 der durch den Zahlungsaufschub ausfallenden Teile refinanziert All dies wird freilich im Pariser Club nur vereinbart, nicht vom Club selber durchgeführt. Daß überhaupt multilateral verhandelt wird, dient u.U. weniger dem Schutz der Schuldnerstaaten als dem Schutz der Gläubigerinteressen untereinander. Die Gläubigerstaaten sind daran interessiert, bei erfolgenden Zahlungen des Schuldnerstaates gleich behandelt zu werden. Dazu werden multilateral gleiche Konditionen für alle Gläubigerstaaten ausgehandelt. Ver59
Regelmäßig sitzen auf der Gläubigerbank aber die Vertreter der wichtigsten Industriestaaten; so waren z.B. bis Ende 1984 Frankreich und USA an 54, Bundesrepublik und Britannien an 53, Italien an 51, Japan und die Schweiz an 42 Umschuldungsverhandlungen des Clubs beteiligt.
60
Vgl. zu diesen Variablen i . e . Rieffei (Fn. 57), S. 99 ff.
61
Die Refinanzierungsvariante wird von der Bundesrepublik nicht gewählt; v g l . Schallehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. X Rn. 104.
Rechtliche Probleme der Verschuldung
37
hindert werden soll, daß importpolitisch oder außenpolitisch für den Schuldnerstaat besonders wichtige Gläubigerstaaten befriedigt, unbedeutende oder weniger bedeutende Gläubigerstaaten dagegen leer ausgehen. Auf die Einzelheiten der technischen Lösungen für dieses Problem kann hier nicht weiter eingegangen werden. Festzuhalten bleibt nur, daß Umschuldungen keine altruistischen Maßnahmen sind, sondern interessengeleitete Problemlösungsversuche. Die Ergebnisse des Pariser Clubs führen nicht zu einem multilateralen Umschuldungsabkommen. Sie tragen zunächst nicht mehr als den Charakter
einer
informellen
Umschuldungsvereinbarung
62
ohne
vertragsrechtliche Verpflichtungen . Solche Verpflichtungen werden erst durch zahlreiche bilaterale Umschuldungsabkommen geschaffen, die in der Form von Regierungsabkommen zwischen den einzelnen Gläubigerstaaten und dem Schuldnerstaat auf der 63 Basis
der Club-Vereinbarungen verbindlich abgeschlossen werden . Allerdings, und das unterstreicht die Bedeutung des Pariser Clubs, nehmen die bilateralen Regierungsabkommen teilweise direkt auf die Vereinbarungen des Pariser Clubs Bezug und inkorporieren sie in den Vertrag. Der materielle Schwerpunkt der Umschuldungsmechanismen liegt daher, wiewohl es sich dabei um die eigentlich rechtlich bedeutsame Ebene handelt, nicht bei den bilateralen Umschuldungsabkommen, sondern bei den informellen multilateralen Umschuldungsvereinbarungen des Pariser Clubs. Mögen die Mittel der Umschuldungsdurchführung auch bilaterale völkerrechtliche 62
Die Agreed Minutes des Clubs sind als Empfehlungen formuliert, doch entspricht dies nicht völlig ihrem Stellenwert. Als Ergebnisse internationaler Verhandlung begründen sie zwar keine rechtliche, wohl aber tatsächliche (politische) Verhaltenserwartungen, d . h . sog. soft law. Vgl. dazu Bothe, Legal und Non-legal Norms - A meaningful Distinction in International Relations?, Netherlands Yearbook of International Law, 1982, S. 64 f f . , 92 f.
63
Die bilateralen Umschuldungsabkommen heben die bis dahin privatrechtlich begründeten Schuldbeziehungen auf eine völkerrechtliche Ebene. In bezug auf die Handelsforderungen stellen sie eine besondere Form von Clearing-Agreements d a r . Vgl. dazu Schnitzer, Schulden- und Clearing-Abkommen, in: Strupp/Schlochauer (Fn. 3), Bd. I, S. 214 ff.
Josef Brink
38
Verträge sein,
so stellt
Substanz den Versuch dar, sung
des
die moderne Umschuldung doch in ihrer eine multilaterale und integrierte Lö-
Verschuldungsproblems
unter
Beteiligung
aller
Akteure
zu erreichen. Dieses
Umschuldungsverfahren
ist aber
nur ein
Forderungen und,
Schritt
für
in die
zwischenstaatliche richtige
was wichtiger ist,
Richtung.
wie der Weltbank und der
nalen
bleiben
nommen,
Kurzfristige
Forderungen von internatio-
nalen Finanzorganisationen Entwicklungsagentur
Forderungen
von
der
Internatio-
Umschuldung
ausge-
obwohl die Kredite dieser Institutionen im Grundsatz kei-
nen anderen Charakter tragen als die Finanzhilfekredite der einzelnen Gläubigerstaaten.
Zudem ist dieses multilaterale
Umschul-
dungsverfahren noch nicht hinreichend institutionalisiert. Die Tatsache,
daß beginnend ab dem Jahre 1956 und verstärkt
ab 1980
regelmäßig umgeschuldet wird,
die Tatsache auch, daß Gläubiger-
staaten
internationaler
sich
in
Resolutionen
Organisationen
wie
der UNCTAD auf die Durchführung von Umschuldungen verpflichtet 64 , läßt es zwar zu, von einem embryonalen völkerrechtli-
haben 64
Resolutionen der Vereinten Nationen und ihrer Neben- und Unterorganisationen haben regelmäßig keine rechtliche Bindungswirkung. Auch die UNCTAD hat keine Legislativbefugnisse, v g l . nur die Gründungsresolution GA.Res. 1995 ( X I X ) ; zur politischen Bindungswirkung v g l . das Sondervotum Lauterpacht zum Südwest-Afrika-Gutachten des IGH, ICJ Report 1955, S. 118 f f . ; Resolutionen haben aber dann Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten, wenn sie im Konsens aller Staaten beschlossen werden und die UN-Charta authentisch interpretieren; vgl. ICJ Report 1971, S. 31; ICJ Report 1975, S. 32 zu authentischen Interpretationen des Art. 73 der Charta. Die konsentierten UNCTAD-Resolutionen Res. 165 (S-IX), Trade and Development Board Official Records, 9th Special Session, Res. and Dec., 3rd Part, Suppl. no. 1, S. 1 f f . ; und Res. 222 (XXI), TDBOR 21st Session, 1980, Res. and Dec., Suppl. 1 (TD/B, 830) konkretisieren das Kooperationsgebot der Charta. Sie stellen ein Element zur Fortbildung des kooperativen Völkerrechts dar, das auch in die Praxis des Pariser Clubs eingegangen ist. Vgl. dazu den Hinweis auf das vertrauliche Club-Selbstverständigungspapier "Special Session of Creditor Countries: Agreed and Confidential Chairman's Summary, Paris Club Sekretariat, April 2,1979" und seine Verbindung zur UNCTAD-Resolutionspraxis bei Keese (Fn. 55), S. 150 f . ; f e r ner Zehetner (Fn. 56), S. 217.
Rechtliche Probleme der Verschuldung
39
65 chen Umschuldungsrecht schuldungsrecht Seiten
schuldungswünsche dung.
aber
beinhaltet
betroffener
einzutreten.
zu sprechen.
lediglich
Gläubigerstaaten, zu prüfen
Dieses internationale Um-
und
die
an in
Verpflichtung
auf
sie herangetragene
Um-
Umschuldungsverhandlungen
Es präjudiziert damit keine Ergebnisse der Umschul-
Es handelt sich um eine spezifische Ausprägung des a l l g e -
meinen völkerrechtlichen Kooperationsgebots nach Art. Satzung der Vereinten Nationen.
55,
56 der
Dadurch a b e r , daß ein bestimmtes
Umschuldungsverfaren bisher rechtlich nicht institutionalisiert dadurch auch, gebnis Einfluß
66
Rede sein kann unter
dem
gleichs,
ist,
daß von konsentierten, auf das Umschuldungsernehmenden Prinzipien der Umschuldung kaum die , steht das internationale Umschuldungsrecht weit
Niveau
der
Differenziertheit
und
des
Interessenaus-
wie man es im Vergleichsrecht der einzelnen Staaten vor-
findet. Auch materiell
t r ä g t die
Umschuldung nur
Bewältigung des Verschuldungsproblems b e i , tisch
Unmögliches
in
eine
ungewisse
auf der
Zeitachse
Zukunft
transferiert.
Gründe der Verschuldung bleiben außerhalb ihres Horizontes. Problem innerer,
insbesondere ländlicher Entwicklung,
blem der Importabhängigkeit
von Entwicklungsländern,
blem des Nettokapitalbedarfs dieser Staaten, stiger Gesundung,
das
Die Das Pro-
das Pro-
die Probleme l a n g f r i -
die alle mit der Verschuldungskrise in engstem
Zusammenhang stehen, nicht gelöst.
zur
indem sie heute f a k -
werden durch
Umschuldungsvereinbarungen
Gerade weil Umschuldung Probleme auf der Zeitachse
65
Vgl. Zehetner (Fn. 56), S. 217; vorsichtiger wohl Hahn, Grenzüberschreitende Umschuldungen bei bargeldlosen Geldbewegungen, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 1985, S. 190 f f . , 192.
66
Rudimentäre Prinzipien sind erkennbar in der Verhandlungspflicht a l s Ausdruck des Kooperationsgebots, daneben die Gleichbelastung (bürden s h a r i n g ) der Gläubiger, die Kompar a b i l i t ä t der Behandlung externer Gläubiger, die Konditional i t ä t der Umschuldung ( z . Z . via IWF), die Komparabilität der Behandlung der Schuldner und das Konsensprinzip. Vgl. auch Rieffei (Fn. 57), S. 87 f f . ; Keese (Fn. 55), S. 150 f . ; Camdessus (Fn. 57), S. 128 zum Konsensprinzip.
Josef Brink
40
nur verschiebt der
und die
Verschuldung
desintegrativen
ignoriert,
drohen
ausweitende Umschuldungskreisläufe,
und destruktiven
in
der
Zukunft
Folgen
sich
immer
wie sich schon heute daran
ersehen läßt,
daß einzelne Saaten schon bis zu fünf Mal Umschul67 dungsvereinbarungen mit ihren Gläubigerstaaten treffen mußten . Dabei beschränken
sich
gerstaaten letztlich
die vernünftigen
nicht darauf,
Interessen
über zeitliche
von
Gläubi-
Schuldverschie-
bungen in den Genuß einer zukünftigen Befriedigung ihrer Forderungen zu gelangen. keit, und
die
Auch von ihrer Seite besteht die Notwendig-
internationalen
Exportchancen
in
die
Handelsbeziehungen
aufrechtzuerhalten
Entwicklungsländer
auszubauen.
derzeit bestehenden Umschuldungsverfahren gehen daher ohne zusätzliche,
Die
isoliert
langfristige Sanierung durchgeführt - auch an
den vernünftigen wirtschaftlichen Interessen der Gläubigerstaaten vorbei. Für die Entwicklungsländer schaffen sie eine Zukunftsbür68 de , von der gänzlich unabsehbar ist, wie sie einmal bewältigt werden soll.
V.
Entwicklungsperspektiven und Lösungsvorschläge
Entwicklungsperspektiven und Lösungsvorschläge können hier unter dem Zwang zur Konzentration nur kurz skizziert werden. sollen auch nur zwei Ebenen der Problemlösung
Deshalb
angesprochen wer-
den. Wirft man einen Blick auf die Gründe der Verschuldung,
so lassen
sich kurzfristige und strukturelle Ursachen nur schwer
voneinan-
der trennen. Sicher ist, daß der entwicklungspolitisch nunmehr
über
dreißig
Entwicklungsländer
eine
Jahre Basis
anhaltende für
die
notwendige,
Nettokapitalimport
derzeitige
der
Überschuldung
67
Neben Zaire, Togo, Liberia, Sudan und Sierra Leone auf dem afrikanischen Kontinent sind Peru, Ecuador und die Türkei die wichtigsten Fälle wiederholter Umschuldungen bis 1984.
68
Deshalb das Plädoyer für eine verstärkte Prüfung der Schuldenerlaßmöglichkeiten bei Horn (Fn. 58), S. 367 f f .
Rechtliche Probleme der Verschuldung
41
69 gelegt hat
.
Für einige Entwicklungsländer trat diese akut be-
reits mit der Verteuerung der Ölprodukte in den siebziger Jahren ein.
Mit der weltweiten
Rezession,
dem Sinken der meisten Roh-
stoffpreise und dem Übergang der Industriestaaten zu protektionistischen Maßnahmen zum Ende der siebziger Jahre folgten ihnen 70 die Entwicklungsländer
,
die sich bis dahin mit dem Export von
Rohstoffen und Halbfertigwaren hatten stabil halten können.
Die
Höhe des Dollarkurses schließlich ließ für die meisten Staaten die Tilgung
der
Gleichwohl darf an,
aufgenommenen
hielt
und hält
Verbindlichkeiten
der Kapitalimport-
unmöglich
werden.
und Warenimportbe-
nicht um mit der Entwicklung voranzuschreiten, sondern
schon, um bestehende Strukturen zu erhalten. Auf dem Hintergrund dieser Problemskizze nalen
muß sich für die nationalen und
Entwicklungshilfesituationen
die
wenn die gemeinsam zwischen Weltbank, lungs-Assoziation, für technische aufbau
und
werden
internatio-
stellen,
ob
Internationaler
dann,
Entwick-
Europäischer Investitionsbank, der Gesellschaft
Zusammenarbeit oder der Kreditanstalt für Wiederden
und langjähriger mangels
Frage
betroffenen
Entwicklungsländern
Entwicklungsarbeit
Maintenance-Etatmitteln müssen,
Projektförderung
-
ob
noch
dann
geschaffenen
aufgegeben
eine
ausreichend
in
und
Infrastrukturen
oder
unveränderte
mühevoller
vernachlässigt Fortsetzung
der
entwicklungstauglich
ist.
Werden Entwicklungsländer wegen ihrer Schuldenlasten zu Nettokapitalexporteuren,
droht die Entwertung der gesamten,
schaffenen Entwicklungsbasis.
Dies zu verhindern,
bisher g e -
muß als Ziel
69
Vgl. nur Colaco (Fn. 5), S. 2 f f .
70
Zu den externen Ursachen der Verschuldung u . a . Nowzad, Verschuldung von Entwicklungsländern: einige Probleme der 80ger Jahre, Finanzierung und Entwicklung, 1982, S. 13 f f . ; Lipson, The International Organization of Third World Debt, International Organization, 1981, S. 603 f f . ; Entwicklungspolitische Korrespondenz 2/83 (EPK) mit zahlr. Beiträgen; Barnett/Galvis/Gonraige Jr., On Third World Debt, Harvard International Law Journal, 1984, S. 83 f f . , 86 f f . ; Kahler, Politics and International Debt: Explaining the Crisis, International Organization, 1985, S. 357 f f . ; eine Gesamtbetrachtung auch bei Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 12), S. 42 ff.
42
Josef Brink
in die Hilfekonditionen der genannten Institutionen einfließen. müssen
nicht
nur mehr Mittel
bereitgestellt werden,
müssen auch - jedenfalls vorübergehend fen im Sinne einer integrierten, politik
möglich
sollte
Struktur-Erhaltungshil-
sektoral angelegten Entwicklungs-
gemacht werden.
wicklungshilfekonditionen
Es
sondern es
Eine Neuverhandlung regelmäßig
an
die
der
Ent-
Pariser
Um-
schuldungsverhandlungen institutionell angegliedert werden. Freilich muß der Einwand ernstgenommen werden, liches
Management,
lungsländern haben. spiel.
Korruption
selber
und
regelmäßig
Der Malvinenkrieg Andererseits
haben
zur
rungspolitik
entwicklungshem-
Luxusimporte durch eine unkon-
trollierte Exportpolitik erst möglich gemacht. legung einzusetzen,
Entwick-
beigetragen
ist nur ein krasses Bei-
Industriestaaten
mende und ressourcenvergeudende
in
Überschuldung
Argentiniens die
daß auch staat-
Verschwendung
Hier hat eine Über-
die den Charakter der nationalen Exportförde-
betrifft.
Die
völlige
Streichung
oder
Begrenzung
staatlicher Export- und Exportkreditsicherung würde entwicklungshemmende, Gesundung
teilweise - erdrosselnde - Wirkungen haben, zielende
Umschuldungspolitik
konterkarieren
die auf und
halb zur Lösung des Verschuldungsproblems nicht beitragen.
desPro-
blematisch ist andererseits aber auch die unveränderte Wiederaufnahme der Exportförderung nach Durchführung einer Umschuldung. Die in Einsatz gebrachten Bundesmittel sind nach S 6 Abs. Haushaltsgrundsätzegesetzes
an
und Wirtschaftlichkeit gebunden, gewährt werden dürften,
die
Prinzipien
der
1 des
Sparsamkeit
so daß Bundessicherheiten kaum
wenn absehbar ist,
Risiko mit hoher Wahrscheinlichkeit
eintreten
daß das gesicherte 71 wird . Ein sinn-
voller Weg für die Anpassung der staatlichen Exportförderung an die
Erfordernisse
der Verschuldungssituation
zu den Förderungsvoraussetzungen weils in
§ 9 BHG wird
führt
demgegenüber
im Bundeshaushaltsgesetz.
Je-
die Übernahme von Bürgschaften und Ga-
rantien des Bundes an die Voraussetzungen der Förderungswürdig71
Vgl. Ziff. BHO. Dazu Ziff. 2 zu der Länder,
5 der Vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu S 39 Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 1969 f f . , Bd. 2, S 39 BHO; Patsig, Haushaltsrecht des Bundes und 1982 f f . , Rn. 8 f f . zu S 39 BHO.
Rechtliche Probleme der Verschuldung
43
72 keit des Exports und des besonderen staatlichen Interesses gebunden. Bisher werden die daran anknüpfbaren Exportsteuerungsmöglichkeiten kaum genutzt. Förderungswürdigkeit des Exports sollte nur dann anzunehmen sein, wenn das exportierte Gut zugleich im importierenden Entwicklungsland zur Entwicklung beizutragen geeignet i s t . Eine Ursache der Verschuldung, der Luxuskonsum herrschender Eliten in Entwicklungsländern, könnte so immerhin begrenzt werden. Exportförderung könnte dazu beitragen, daß importierte Ressourcen effektiv eingesetzt werden und zur wirtschaftlichen Erholung beitragen. Auch Exportförderung vermag in diesem Sinne ein entwicklungspolitisches Instrument zu sein. Die Ergebnisse der obigen Ausführungen lassen sich in Kürze wie folgt thesenartig zusammenfassen: 1. Die moderne Verschuldungskrise von Staaten der Dritten Welt reicht tiefer und greift weiter als frühere Verschuldungskrisen. Es handelt sich um eine systematische Überschuldung, die neben den Bankenverbindlichkeiten auch die Handels- und öffentlichen Finanzhilfeverbindlichkeiten in erheblichem Umfang betrifft. So bedroht sie nicht nur die finanz- und entwicklungspolitischen Perspektiven der Entwicklungsländer, sondern auch die öffentlichen Haushalte der industrialisierten Gläubigerstaaten. 2. Diese Verschuldungskrise ist mit den traditionellen Konfliktentscheidungsregeln des Völkerrechts nicht zu lösen. Weder das Beharren von Entwicklungsländern auf ihrer geld- und währungspolitischen Souveränität als Legitimation für restriktives Einwirken auf den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr noch das Beharren von Industriestaaten auf den völkerrechtlichen Grenzen dieser Souveränität nach dem Grundsatz der Vertragstreue und damit auf der Einhaltung von Zahlungs- und 72
Vgl. dazu i . e . Schallehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. I, Rn. 23 ff.
44
Josef Brink
Transferverpflichtungen
führen
zu
wirtschaftspolitisch
begeh-
b a r e n und d u r c h s e t z b a r e n Auswegen a u s d e r V e r s c h u l d u n g . Verschuldung ist kein Problem,
Die
d a s k a s u i s t i s c h gelöst werden
kann. 3. Deshalb h a b e n
sich
Formen
Verschuldungsproblems
der
kooperativen
entwickelt,
Behandlung
die u n t e r
der Umschuldung ( Z a h l u n g s a u f s c h u b ,
des
dem Oberbegriff
Transferaufschub,
Refi-
n a n z i e r u n g ) zusammengefaßt werden k ö n n e n . Wenn sich die Umschuldungspolitik der
zwischen
traditionellen
bedient,
stellt
Staaten
bilateralen
sie
in
ihrer
Lösung
des
ihrer
Umsetzung
auch
völkervertragsrechtlichen Substanz
m u l t i l a t e r a l e n und k o o p e r a t i v e n , nierten
zu
einen Schritt
d.h.
nicht b i l a t e r a l
Verschuldungsproblems
dar.
Mittel
zu e i n e r
Sie
koordiist
ein
Element des Wandels vom Völkerrecht der Koordination zu einem Völkerrecht der Kooperation. 4. Die U m s c h u l d u n g s p r a x i s embryonal
zu e i n e r
zwischen Staaten
Konkretisierung
operationsgebotes g e f ü h r t . recht,
hat bisher
Ein v ö l k e r r e c h t l i c h e s
steht noch a u s .
und
desintegrativen
l ä ß t und
oder
Umschuläungspolitik
verschiebt.
re-
Ohne die Hereinnahme der Probleme
der
droht
ein
Kooperation in sich ausweitenden
Dimensionen
Die
bleiben
destruktiven
5. Die V e r s c h u l d u n g s k r i s e
der
indem es d i e E i n -
n u r zeitlich
entwicklungspolitischen
gelmäßig u n b e a c h t e t .
äquivalent
auf der Zeitachse und auf
Ebene der S c h u l d r e z i p r o z i t ä t e n a n g e s i e d e l t , zelschuld u n a n g e t a s t e t
Ko-
Das v o r f i n d l i c h e Niveau der Umschul-
d u n g s p r a x i s ist e i n d i m e n s i o n a l
handels-
sehr
Umschuldungs-
d a s dem i n n e r s t a a t l i c h e n V e r g l e i c h s v e r f a h r e n
wäre,
nur
des v ö l k e r r e c h t l i c h e n
Verschuldungsfolgen
Leerlaufen
in
die
zwischenstaatlicher
Umschuldungskreisläufen.
s t e l l t a u c h eine Krise d e r
Institutionen
n a t i o n a l e r und m u l t i n a t i o n a l e r E n t w i c k l u n g s - u n d
Exportfinan-
zierung d a r .
Für die i n t e r n a t i o n a l e n
Entwicklungsinstitutionen
sind U m s c h u l d u n g s p r i v i l e g i e n nicht b e g r ü n d b a r . wie i n t e r n a t i o n a l e
Finanzhilfeinstitutionen
Für n a t i o n a l e
wird die
Frage
der
45
Rechtliche Probleme der Verschuldung
Hilfekonditionen zu einer Frage Funktionstauglichkeit.
Finan-
zierungskonditionen bedürfen der Anpassung an die durch die Umschuldung eingeleitete Sanierung, dung Erreichtes
zu unterlaufen.
effiziente
Ressourcenallokationen
fördern.
Dies gilt
Exportförderung.
um nicht durch UmschulSie müssen
in
auch für die nationalen Offensichtlichen
dazu beitragen,
Entwicklungsländern
Luxusexporten
lungsländer ist die Sicherung zu versagen.
zu
Institutionen der in
Entwick-
Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Umschuldungspraxis Von Wolfgang Engshuber
Inhaltsübersicht I. II.
III.
Einführung
48
Gang der Umschuldungsverhandlungen 1. Verfahren 2. Schlüsselrolle des IWF
50 50 52
Der IWF (Überblick)
53
IV. Zahlungsbilanzen des IWF 1.
Formen der Zahlungsbilanzen a) Allgemeine Kreditfazilität b) Erweiterte Fondsfazilität c) Sonderfazilitäten 2. Stand-by bzw. Extended Arrangements a) Zustandekommen einer Vereinbarung b) Rechtlicher Charakter V. Grenzen des Fondshandelns 1. Souveränität a) Guidelines on Conditionality b) Kritik an der Auflagenpolitik des IWF 2. Gleichheit der Staaten a) Gewichtete Stimmrechte b) Grundsatz der Gleichbehandlung 3. Begrenzter Aufgabenbereich
55 56 56 57 58 59 60 61 64 64 65 66 70 70 71 74
48
Wolfgang Engshuber
Gründe für die Begrenzung des Aufgabenbereichs VI.
Neue Tendenzen
76
1. Abkehr vom IWF
76
2.
VII.
Bakerplan
78
a) Grundzüge des Plans b) Reaktion auf die Bakerinitiative c) Würdigung
78 79 80
Forderungen
81
Forderungen im einzelnen
82
I.
Einführung
Die Rolle
des
Internationalen
schuldungspraxis wohl vor nicht
74
Währungsfonds
einen Vortrag
einem Kreis von Ökonomen oder
aber
auf
der
(IWF)
bei
der Um-
zu diesem Thema erwartet man
Assistententagung
Politikwissenschaftlern,
der Mitarbeiter
mit
Fach-
richtung Öffentliches Recht, und manche dieser anderen Fakultäten werden denken:
"Müssen
diese Juristen
auch hierzu
ihren
Kom-
mentar abgeben?" Ein
derartig
fachspezifisches Denken,
Universitäten leider sehr verbreitet ist,
wie es an den deutschen führt zu einer eingeeng-
ten Betrachtungsweise und bewirkt oftmals Schlußfolgerungen, an der Realität vorbeizielen. daher sein,
die
Bestrebung meines Referats soll es
die Rolle des Internationalen Währungsfonds bei der
Verschuldensproblematik aufzuzeigen und mich dabei nicht auf
ei-
ne Darstellung der rechtlichen Grundlagen und Ausgestaltungen zu beschränken,
sondern die Zusammenhänge von ökonomischen,
ent-
wicklungspolitischen und rechtlichen Aspekten deutlich zu machen. Die
Weltöffentlichkeit
wurde
1982
Mexiko und im folgenden weitere ner
vor
Ghana,
der Peru,
Zahlungsunfähigkeit Zaire,
aufgeschreckt, lateinamerikanische standen.
Solange
als
zunächst
GroßschuldStaaten
wie
Indonesien oder Bangladesh in eine schier
49
Der Internationale Währungsfonds
ausweglose Situation an,
gerieten,
sah man dies
als
Einzelprobleme
die das System insgesamt nicht gefährden konnten.
drohte plötzlich
das gesamte
Nun aber
internationale Kreditgeschäft zusam-
menzubrechen'''. Die Privatbanken,
insbesondere die Geschäftsbanken der USA, wa-
ren v ö l l i g unvorbereitet.
Während im Bereich der öffentlichen Vero schuldung mit dem Pariser Club bereits ein Gremium mit längerer
Tradition bestand, 3 kaum statt . z.B.
fanden Umschuldungen privater Kredite bislang
Umschuldungen im Rahmen des Pariser Clubs wurden
in Indonesien im Zeitraum von 1966-1970 wiederholt durchge-
führt (1966:
247 Mio US-$;
1967: 95 Mio US-$; 1968: 83 Mio US-$;
1970: 786 Mio US-$). Weitere Beispiele sind Indien (1968-1976: insgesamt ca.
1600 Mio US-$),
Peru (1968/69:
550 Mio US-$) sowie
Chile (1965-1976: insgesamt ca. 1200 Mio US-$) 4 . Die Privatbanken
hatten
bislang
versucht,
eine
drohende
Zah-
lungsunfähigkeit eines Staates durch Refinanzierungskredite abzuwenden.
Dadurch wurde gewährleistet,
Schuldnerland
seinen
Schuldendienst
schuldungen,
bei denen die Tilgung
daß zumindest formal das
termingerecht
beglich.
Um-
für einen Zeitraum gänzlich
ausgesetzt wurden, gab es nur in Ausnahmefällen wie etwa Argen1
Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff, Im Teufelskreis der Verschuldung. Der IWF und die Dritte Welt, 1984, S. 9 f f . ; Espinoza, 100 Jahre Schulden: Gibt es noch Hoffnung für Lateinamerika?, in: Entwicklung und Zusammenarbeit 10/85, S. 4.
2
Der Pariser Club entstand auf einem Treffen westlicher Industriestaaten 1956 in Paris, auf welchem die Handels- und Zahlungsbeziehungen zu Argentinien abgestimmt wurden und Lieferantenkredite umgeschuldet wurden.
3
IMF: External Indebtedness of Developing sional Paper No 3 ) , 1981, S. 21 f f .
4
Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 88 f f .
5
Die Zinszahlungen wurden bislang nicht umgeschuldet (Ausnahme Nicaragua 1980, wo die Banken erkennen mußten, daß das Land praktisch bankrott w a r ) ; Bogdanowicz/Bindert, Debt: beyond the quick f i x , in: Third World Quaterly, 1983, S. 827 f f .
Countries
(Occa-
50
Wolfgang Engshuber
tinien 1976 (970 Mio US-$),
Jamaika 1979 (129 Mio US-$) und 1981
(103 Mio US-$), Peru 1979 (821 Mio US-$). Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, stitutionellen
Rahmen
daß auch ohne in-
die Umschuldungsverhandlungen
einem gewissen Schema ablaufen, doch anhand eines einheitlichen
meist
nach
so daß die Umschuldungspraxis Verfahrensgangs
aufgezeigt
wer-
den kann®.
II.
Gang der Umschuldungsverhandlungen
1.
Verfahren
Verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage eines Staates so sehr, daß die laufenden können,
Zins- und Tilgungsraten nicht
gezahlt werden
so tritt das Schuldnerland an seine Gläubigerbanken her-
an und bittet um Zahlungsaufschub. Die betroffenen
Banken
bilden sodann ad hoc-Arbeitsgemeinschaf7 ten, sog. "Steering-Committees" , die unter Leitung der bedeutendsten Geschäftsbanken versuchen, festzulegen.
Diese
London
statt
und
Club,
Londoner
Banken tauchen,
sich auf eine einheitliche Linie
Zusammenkünfte finden sind
nach
Club).
Bei
bedingt
Mexiko 1983 waren 611,
diesen
in New York oder in
Orten benannt
der Konsolidierung
(New Yorker
der
durch die große Anzahl
betroffenen
(im Fall von
bei Brasilien über 900 Kreditinstitute be-
teiligt), häufig Probleme auf. Insbesondere kleinere Banken sind g schwer für die Gabe von "fresh money" zu motivieren. 6
Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 94; Karsten, Internationale Bankkredite an Entwicklungsländer, 1984, S. 103 ff.; IMF (Fn. 3 ) , S. 34 f f . ; Huff, The Rescheduling of Country Debt in Group of Thirty Risks in International Bank Lending, 1982, S. 49 f f .
7
Karsten (Fn. 6), (Fn. 1), S. 98.
8
"fresh money" bedeutet,
S.
103 f f . ;
Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff
daß im Rahmen von Umschuldungsver(Fortsetzung Fußnote)
51
Der Internationale Währungsfonds
Danach treten die Banken in Verhandlung mit dem Schuldnerstaat. Nun folgt eine schwierige Phase, reichende
da die Banken nicht über aus-
Informationen über die wirtschaftliche Lage des Staates
verfügen. Es fehlen Erkenntnisse über - die Höhe der insgesamt ausstehenden Schulden, - deren Laufzeiten, - die Schuldenarten und
Q
- die Währungszusammensetzungen . Die organisatorischen
Schwierigkeiten
führten dazu,
daß
es oft
mehrere Jahre dauerte, zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die finanziellen Schwierigkeiten bekannt wurden,
und dem Abschluß eines
Umschuldungsabkommens^. In dieser Phase wird um die Unterstützung des IWF gebeten. IWF verfügt aufgrund seiner jährlichen Konsultationen
Der
mit jedem
Mitgliedsland,
also nicht nur Schuldnerstaaten,
Informationen.
Auch ist es dem Fonds möglich, durch einen inter-
über umfassende
nationalen Quervergleich Rückschlüsse zu ziehen. Der Fonds ist zwar nicht befugt, ben,
mit Einwilligung
diese Informationen herauszuge-
des Landes können sie
aber bei
den Um-
schuldungsverhandlungen einfließen. Von noch größerer Bedeutung
ist aber
darüber hinaus,
Privatbanken zur gleichen Zeit darauf dringen, ne Land
ein Abkommen mit dem IWF abschließt.
daß die
daß das betroffeErst
nach
Ab-
schluß eines Abkommens mit dem IWF (oder zumindest der Zusiche-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) einbarungen auch ein gewisser Betrag an "neuem" Geld durch die Geschäftsbanken bereitgestellt werden muß. 9
Karsten (Fn. 6), S. 104.
10
Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. S. 103 f f .
1), S. 97; Karsten (Fn. 6),
11
Art. IV des Übereinkommens über den IWF, eingehend dazu Edwards, International Monetary Collaboration, 1985, S. 569 ff.
52
Wolfgang Engshuber
rung des IWF,
daß ein Abkommen geschlossen wird) sind die Ban-
ken ihrerseits bereit, die Umschuldung durchzuführen. In der heißen Phase 1982/83 konnte nicht abgewartet werden, der IWF und das Schuldnerland ein Abkommen vereinbarten. sprang die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und gewährte Überbrückungskredite, kommens zurückgezahlt schuldung öffentlicher Kollege Brink
bis Hier
(BIZ) ein
die bei Abschluß des IWF-Ab-
werden mußten.
Ebenso wie bei der Um-
Kredite im Rahmen des Pariser Clubs (wie
ausgeführt
hat)
ist
somit auch bei Umschuldungen
privater Gelder ein Abkommen des Landes mit dem IWF Voraussetzung. Ausnahmen das beim
bildeten
bislang
IWF Mitglied
jüngster Zeit Brasilien. Privatbanken aus, erst
im
Falle
ist
nur
die
und Peru
Vereinbarungen
12
im Jahre
Polen,
1976 sowie
aus
Teilweise übt der IWF auch Druck auf die
wenn er deutlich macht,
einer
mit
Unterstützung
durch
daß er ein Abkommen die
Geschäftsbanken
schließt. 2.
Schlüsselrolle des IWF
Die Schlüsselrolle, die der IWF einnimmt und dessen er sich 13 selbst rühmt , hat ihn zur umstrittensten Figur bei der internationalen Verschuldenskrise werden lassen. So sehen Bankkreise oder Vertreter von Industrieländern in ihm 14 den Krisenmanager , der den Zusammenbruch verhindert h a t , während die Entwicklungsländer in ihm den Schuldeneintreiber 15 , 12
Huff (Fn. 6 ) , S. 49 f f .
13
IWF, Jahresbericht 1984, S. 83.
14
Einzelnachw. finden sich in: Auszüge aus Presseartikeln der Deutschen Bank oder in Reden der Gouverneure auf den IWFJahrestagungen, veröffentl. von IWF, Annual Meeting.
15
Vgl. Fn. 14.
Der Internationale Währungsfonds
der
jeglichen
sozialen
Fortschritt
zunichte macht und sich
einzelstaatliche Besonderheiten hinwegsetzt, Häufig werden Hungeraufstände, ko (Ende 83/84),
wie etwa in Tunesien und Marok-
Massenproteste in Jamaika
1970,
1976;
über
anprangern.
und Marokko (1981) und politische Umstürze Argentinien 1962,
53
(1980),
Peru
(1977)
(Militärherrschaft in
Ghana 1972; Brasilien 1964; Türkei 1960,
1980) oder die Machterlangung konservativer Regierungen in
Jamaika
(1980),
Portugal
IWF in Verbindung gebracht
(1979) 16 .
und Costa
Rica
(1982) mit dem
Ohne auf diese Behauptungen zum jetzigen Zeitpunkt näher einzugehen, stellen sich aber doch die Fragen: Wer ist dieser IWF eigentlich? Welche Macht übt er aus?
III. Der
Der IWF (Überblick) Internationale
Währungsfonds wurde
bereits
1944 in
Bretton
Woods nach Plänen des Amerikaners White und des Briten Keynes 17 gegründet . Ziel war es, einen Währungskrieg, wie er in den dreißiger Jahren entstanden war,
zu verhindern. Das System war auf Goldstandard
und festen Wechselkursen aufgebaut. dem Fonds durch die Einzahlung fügung standen,
Seine finanziellen Mittel, die
von Mitgliedsbeiträgen
sollten einzelnen Mitgliedern bei
zur Ver-
Zahlungsbilanz-
16
S. dazu i . e . , Große Anfrage der Bundesfraktion der GRÜNEN, BT-Drucks. 10/1977; aber auch Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), insbes. Länderstudien, S. 101 f f .
17
Zur Entstehungsgeschichte, Horsefield, The IMF 1949-65, 1969; Rettberg, Weltwährungsfonds und Weltbankgruppe und UNCTAD, 1983, S. 31 f f . ; Aschinger, Das Währungssystem des Westens, 1971, S. 19 f f . ; U. Andersen, Das internationale Währungssystem zwischen nationaler Souveränität und supranationaler Integration, 1977, S. 21 f f .
Wolfgang Engshuber
54
defiziten zur Verfügung gestellt werden,
um Maßnahmen,
die den
nationalen und internationalen Wohlstand beeinträchtigen würden, vermeiden zu können. In der Folgezeit wurde zunächst der Goldstandard durch die Ein18
führung der Sonderziehungsrechte und
1971 brach
das
System
,
eine Art Kunstgeld,
der festen
Wechselkurse
abgelöst
zusammen,
ohne daß der IWF es verhindern konnte. Bei der 2. Satzungsänderung,
die 1978 in Kraft t r a t ,
wurde der Übergang zu flexiblen
Wechselkursen im IWF-Abkommen anerkannt.
Wichtige Funktionen,
die dem IWF ursprünglich übertragen wurden,
konnte er nicht er-
füllen. Bedeutsame Entscheidungen werden nicht im IWF 19 behandelt, sondern bereits im Vorfeld im Rahmen der Zehnergruppe oder in 20
den letzten Jahren in der Gruppe der Fünf September 1985,
.
So z.B.
wurden im
eine Woche vor der Jahrestagung des IWF,
beim
Treffen der Gruppe der Fünf Maßnahmen gegen den überwerteten US-$ beschlossen. Anders entwickelte sich die Bedeutung des IWF bei der Gewährung von Zahlungsbilanzhilfen. mehr in den Vordergrund, der,
Diese Geschäftstätigkeit
rückte immer
auch wenn lange Zeit Entwicklungslän-
die in Zahlungsbilanzschwierigkeiten gelangten, den IWF als
letztes Mittel ansahen, um ihre Lage zu verbessern. Diese Zurückhaltung mag einmal daran gelegen haben, aufzuzeigen ist, nimmt,
konkreten Einfluß
daß der IWF, wie noch
auf die
Politik
der
Länder
zum anderen hatte der IWF einen denkbar schlechten Ruf
unter den Entwicklungsländern,
so daß ein Gang zum IWF ein In-
diz für eine drohende Zahlungsunfähigkeit und fehlender Kredit18
Umgestaltung auf der 1. Satzungsänderung 1969, zu den Sonderziehungsrechten siehe Krämer, Die Rechtsnatur der Geschäfte des IWF, 1967, passim.
19
Mitglieder der Zehnergruppe: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Schweden, Vereinigte Staaten.
20
Die Gruppe der 5 setzt sich zusammen aus der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan und den Vereinigten Staaten.
Der Internationale Währungsfonds
55
21
Würdigkeit auf dem privaten Sektor war sie in den sechziger Jahren
Diese Einstellung, wie
vorherrschte,
wenn er auf Vorwürfe derart reagiert, fen des
.
IWF für die Notwendigkeit
kritisierte
der IWF,
daß er das zu späte Anru-
drastischer
Eingriffe
verant-
wortlich zeichnet. Die
verschiedenen
verstärkt
und
Elemente
einen
haben
Zirkelschluß
sich
tatsächlich
bewirkt.
gegenseitig
Vereinfacht
ausge-
drückt: Eine Abneigung gegen den IWF führte zu einem sehr späten Anrufen desselben. In
diesem Stadium wären ohnehin drastische
Maßnahmen erfor-
derlich gewesen. Diese Einsparungsmaßnahmen
werden alleine
dem IWF zugerech-
net und vielleicht auch von ihm verstärkt.
Dadurch wird der
IWF in die Rolle des Prügelknaben gezwängt. Folge ist schließlich,
daß der IWF noch einen schlechteren Ruf
als zuvor genießt und möglichst noch später angerufen wird. Nachdem
nun
wiederholt
von
einem
"Anrufen
"Gang zum IWF" oder ähnlich die Rede war, zu untersuchen,
des
IWF",
einem
ist es an der Zeit,
was sich eigentlich hinter diesen Redewendungen
verbirgt.
IV.
Zahlungsbilanzen des IWF
Der IWF stellt
22
unter bestimmten
Voraussetzungen
hilfen zur Überbrückung temporärer
Zahlungsbilanz-
Zahlungsbilanzungleichgewich-
21
Guth, Das Internationale Finanzsystem in der Bewährungsprobe, 1983, S. 13 f f .
22
Gold, Financial Assistance by the IMF, IMF Pamphlet Series No 27, 1979.
Law and Practice,
56
Wolfgang Engshuber
te zur Verfügung.
Die Zahlungsbilanzhilfen bestehen darin,
daß
ein Mitglied vom Fonds konvertierbare Währung gegen Hingabe von eigener Währung e r h ä l t . Wirtschaftlich
betrachtet
ist
dies
einem
denn das Mitglied muß die erhaltene
Darlehen
vergleichbar,
Währung in einem gewissen
Zeitraum zurückgeben. Eine rechtliche Analyse führt jedoch dazu, stehend aus zwei Käufen,
vorliegt.
daß ein Vertrag,
be-
Zunächst kauft das Mitglied
Fremdwährung gegen Zahlung von Eigenwährung und nach einiger Zeit erwirbt das Land seine Eigenwährung gegen die Abgabe von konvertierbarer Währung zurück. Diese zwei Käufe werden durch einen Vertrag, der als contractus 23 sui generis anzusehen i s t , verknüpft . Im allgemeinen Sprachgebrauch werden diese Transaktionen als "Ziehungen" bezeichnet. 1.
Formen der Zahlungsbilanzhilfen
Der Fonds hat zunächst versucht, schaftlichen
Problemen
den unterschiedlichen weltwirt-
Rechnung zu tragen
und
unterschiedliche
den
Mitgliedsländern
Arten von Zahlungsbilanzhilfen entwickelt. a) Bei
Allgemeine Kreditfazilität der
allgemeinen
Kreditfazilität
jeweils 25 % ihrer Qoten
in sog.
werden
Tranchen
zur
Verfügung
ge-
stellt24.
23
Krämer (Fn. 18), S. 62 f f . (S. 104).
24
Art. V Abschn. 3 des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds; Gold (Fn. 22).
Der Internationale Währungsfonds
57
Exkurs Die Quote eines Landes ist eine bestimmte Zahl an Sonderziehungsrechten,
die jedem Land beim Beitritt oder bei Quotenanpassungen
zugeteilt wird.
Für die Gründungsmitglieder ist die Anfangsquote
im Anhang an die Satzung festgelegt. Diese Quote soll in etwa die Position
eines Landes in der Weltwirtschaft wiedergeben
und e r -
rechnet sich aus einer Formel, in der das Bruttosozialprodukt und 25 der Außenhandelsanteil im wesentlichen berücksichtigt werden Die Quote ist maßgebend für die Beitragspflicht,
die Ziehungsmög-
lichkeit und für den Stimmenanteil des Mitglieds. Bei Inanspruchnahme von nur 25 % werden keine Bedingungen gesetzt. mit
Bei einer Ziehung von 50 % muß das Land ein Programm
angemessenen
Maßnahmen
lanzschwierigkeiten vorlegen ausgehen
zur
26
(bis 125 %),
.
Überwindung
Für Ziehungen,
der
Zahlungsbi-
die darüber hin-
werden die Mittel im Rahmen von Bereit-
schaftskreditabkommen (stand-by arrangements) zur Verfügung gestellt.
Hierzu werden Erfüllungskriterien gesetzt,
muß zu bestimmten
Terminen
diese Eckdaten
Inflationsrate um einen bestimmten Prozentsatz, ventionen,
Steuererhöhungen)
erreichen.
d . h . das Land
(etwa
Senkung
der
Abbau von Sub-
Die Auszahlung
erfolgt
ratenweise und ist von der Einhaltung der Erfüllungskriterien
ab-
hängig. b) Die
Erweiterte Fondsfazilität allgemeinen
Kreditfazilitäten
zung ausgerichtet. des Fonds.
27 sind auf
kurzzeitige
Dies waren die ursprünglichen
Unterstüt-
Zielsetzungen
Als erkennbar wurde, daß hierdurch den Bedürfnissen
25
J . Gold, Voting and Decisions, 1983, S. 20/21.
1972,
IWF,
Jahresbericht
26
IWF, Jahresbericht 1984, S. 122.
27
Decision No 4377-(74/144), geändert durch Decision No 6339(79/179 sowie No 6830-(81/65), Selected Decision, 10. Issue, S. 27-31.
Wolfgang Engshuber
58
vieler
Entwicklungsländer
wird,
schuf der Fonds die erweiterte Fondsfazilität
einen längeren
nicht
ausreichend
Zeitraum und in einem größeren
hältnis zur Quote gewährt wird.
Rechnung
gezollt
28
,
die über
Umfang im Ver-
Voraussetzung i s t , daß über we-
sentliche wirtschaftspolitische Fragen Einigkeit erzielt wird. Mittel werden
in Form von erweiterten Vereinbarungen
arrangements) bereitgestellt, Auszahlung
bestimmte
Abwertung der Währung).
(extended
die für die Laufzeit unterschiedliche
Erfüllungskriterien beinhalten. ersten
Die
So müssen häufig bereits vor der Maßnahmen
getroffen
werden
Danach wird in regelmäßigen
ständen die Erfüllung von weiteren Erfüllungskriterien
(z.B. Zeitab-
gefordert.
Diese Kriterien sind auf eine Stabilisierung gerichtet und die Anforderungen werden immer höher gesteckt. c)
Sonderfazilitäten
29
Daneben gibt es verschiedene Sonderfazilitäten,
die an Ereignisse
außerhalb der Entscheidungsmacht des Mitglieds knüpfen, wa Exporterlösausfälle,
Kosten für Rohstoffausgleichslager Fällen
wie et-
Kostenschwankungen bei Getreideimporten, und Ölpreiskosten.
sind keine oder nur geringfügige
In
diesen
Maßnahmen seitens
des
hilfesuchenden Staates erforderlich (siehe Tabelle 1 ) .
28
Gold (Fn. 22); Aufsatzreihe von Guitian, IWF, in: Finanzierung und Entwicklung, 1981, Juni 1981.
Die Auflagen des Dez. 1980, März
29
Zur Zeit günstige Sonderfazilitäten: Kompensierende Finanzierungsfazilität für Exporterlösausfälle: Decision No 6224-(79/135), aaO., S. 61-64; Kompensierende Finanzierungsfazilität von Kostenschwankungen bei Getreideimporten: Decision No 6860-(81/81), aaO., S. 6570; Fazilität zur Finanzierung von Rohstoff-Ausgleichslagern: Decision No 2772-(69/47), geändert durch Decision No 4913-(75/ 207), aaO., S. 70-71.
59
Der I n t e r n a t i o n a l e Währungsfonds
Insgesamt lassen sich zwei G r u n d t a t b e s t ä n d e h e r a u s h e b e n : Entweder erfolgt die Z u r v e r f ü g u n g s t e l l u n g , um ein generelles Zahlungsbilanzungleichgewicht
auszugleichen,
dann
werden
je
nach
Höhe und Dauer s t r u k t u r e l l e Anpassungsmaßnahmen gefordert oder Anknüpfungspunkt ist eine spezielle Situation, ren Faktoren beeinflußt w i r d . terstützung
mehr auf
die von ä u ß e -
In diesen Fällen wird bei der Un-
die Auslösefaktoren
abgestellt
und
weniger
eine S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g der Binnen Wirtschaft g e f o r d e r t . Aus der Tabelle e r g i b t sich e i n d e u t i g ,
daß ein Abstellen auf e x -
t e r n e Faktoren immer mehr z u r ü c k t r i t t .
Grund f ü r diese
Entwick-
lung ist d a s Bewußtsein der IWF-Ökonomen,
daß externe Funktio-
nen lediglich
Zahlungsbilanzproble-
zu schon l a n g e
men hinzukamen,
andauernden
und daß außerdem die Ursachen der steigenden
Defizite, obwohl sie externen Ursprungs sein mögen, keinen tempo30 r a r e n C h a r a k t e r haben und von d a h e r Anpassungen unumgänglich s i n d . Zurückkehrend zum A u s g a n g s p u n k t ,
daß f ü r Umschuldungen sowohl
des öffentlichen a l s auch des p r i v a t e n Sektors gefordert w i r d , solle eine Übereinkunft mit dem IWF v o r l i e g e n , a u s s c h l i e ß l i c h Vereinbarungen,
so b e t r i f f t
es dies
f ü r die ein B e r e i t s c h a f t s k r e d i t a b -
kommen oder eine erweiterte Vereinbarung notwendig i s t ,
nicht j e -
doch Ziehungen in die e r s t e Tranche oder im Rahmen von Sonderfazilitäten.
Der
Grund
für
diese
Beschränkung
wenn wir uns diesen s t a n d - b y bzw.
wird
deutlich,
extended a r r a n g e m e n t s n ä h e r
zuwenden. 2.
S t a n d - b y bzw. Extended Arrangements31
S t r u k t u r e l l unterscheiden sich die Bereitschaftskreditabkommen und die erweiterten
Vereinbarungen n i c h t .
Eine Differenzierung
liegt
30
Guitian, Die Auflagen des IWF und der i n t e r n a t i o n a l e Anpassungsprozeß, ein Blick auf die 80er J a h r e , i n : Finanzierung und Entwicklung, Juni 1981, S. 15.
31
Grundlegend: Gold, Stand-by Arrangements, 1970.
Wolfgang Engsbuber
60
in der verschiedenen Laufzeit und Höhe des Betrags; dingt sind die Anforderungen, rung geschlossen
werden,
dadurch be-
die in einer erweiterten Vereinba-
höher
gesteckt.
Eine Darstellung
des
Zustandekommens sowie der rechtlichen Gestaltung kann jedoch zur 32 .
Vereinfachung einheitlich erfolgen
a)
Zustandekommen einer Vereinbarung
Befindet sich ein Mitglied keiten,
33
des Fonds in
Zahlungsbilanzschwierig-
so tritt es an den Fonds heran, um einen Kredit in einer
bestimmten Höhe und Laufzeit zu erhalten. glied
auch
dem Druck
von Gläubigern
Oftmals gibt ein Mit-
nach und
nimmt
deshalb
Kontakte zum IWF auf. Der Fonds fordert nunmehr das Mitglied auf,
ein Programm v o r -
zulegen,
wie sich die wirt-
in welchem ausgeführt werden soll,
schaftliche Situation des Staates ergriffen werden
sollen,
darstellt und welche Maßnahmen
um diese schwierige
Lage zu
meistern.
Auf den Wunsch des Staates ist der IWF bei der Ausarbeitung dieses Programmes behilflich. um schon
Dieser Weg wird in der Regel gewählt,
in der Vorbereitungsphase
eine
Interessenabwägung
zu
ermöglichen. Findet das vorgelegte Programm die Zustimmung des Fonds, klärt
sich
mens bereit.
dieser
zur Gewährung
eines
so e r -
Bereitschaftskreditabkom-
Die Verhandlungen bis zu diesem Einverständnis sind
häufig sehr langwierig. schläge unterbreiten,
Das Land wird
immer wieder
neue Vor-
die dem Fonds aber oft zu vage und nicht
ausreichend erscheinen.
Bisweilen geht die Regierung an die von
ihr
von
dies
gesteckten
Grenzen
möglichen
dem IWF nicht ausreichend,
handlungen für gescheitert.
Einsparungen.
so erklärt
Nach ein oder
Erscheint
das Land die Verzwei Jahren
ist
der
32
Gold (Fn. 22), 2nd e d . , 1980, S. 16 f f .
33
Edwards, International Monetary Collaboration, 1985, S. 248 ff.; Gold (Fn. 31); Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1 ) , ; Karsten (Fn. 6), S. 129 f f .
Der Internationale Währungsfonds
Druck auf
das Schuldnerland
aber
so groß,
61
daß es in
erneute
Verhandlungen eintreten wird. Ein
vollständiges
Abkommen besteht
aus zwei
Dokumenten,
Programm des Staates in Form eines Briefes an den IWF, Finanzminister unterzeichnet
und/oder dem entsprechenden ist
(letter
of
intend)
sowie
dem
der vom
Notenbankpräsidenten der
Erklärung
des
Fonds, dem Land, wie gewünscht, einen bestimmten Betrag, der in fortlaufenden Raten ausgezahlt wird, zur Verfügung zu stellen.
b)
Rechtlicher Charakter
Die
beiden
vorliegenden
Dokumente
sind,
juristisch
betrachtet,
keine internationalen Verträge,
sondern Entscheidungen des Fonds 34 bzw. des Mitglieds aufgrund einseitiger Absichtserklärung . Diese Rechtsform war
lange Zeit nicht eindeutig,
Nummer 3 der Guidelines
ist aber nunmehr in
on Conditionality
ausdrücklich
geregelt
(siehe Anlage 2). Die Gründe,
die
gegen
einen 35 sind pragmatischer Natur .
internationalen
Vertrag
sprechen,
- Die Nichteinhaltung der im Programm festgelegten Eckdaten,
aus
welchem Grund auch immer, soll keine Sanktionen auslösen. - Eine Eintragung und Veröffentlichung gem.
Art.
102 UN-Charta
ist nicht notwendig. - Das Mitgliedsland muß nicht das für Staatsverträge oftmals notwendige parlamentarische Verfahren durchlaufen. -
Die Absichtserklärung enthält rungen,
um eine vertragliche
exakte Kriterienfestsetzung
oft zu unpräzise Bindung
zu Beginn
Politikformulie-
zu ermöglichen.
der Übereinkunft
Eine ist
zu-
dem schwierig und würde die Flexibilität stark einschränken. 34
Edwards (Fn. 33), S. 251; Gold (Fn. 31), S. 46 f f .
35
Gold (Fn. 31), S. 46 f f .
Wolfgang Engshuber
62
Diese Unverbindlichkeit ist für den Fonds mit nur geringem Risiko verbunden,
da er eine ratenweise Auszahlung vornimmt und somit
bei Schwierigkeiten die Zahlungen sperrt. Bei den Rückzahlungen 36 ergaben sich bislang kaum Schwierigkeiten, da die Länder bemüht sind,
den Fonds ordnungsgemäß
zu bedienen,
um seiner
Gunst weiterhin versichert zu sein. Für das Land kann es von Vorteil sein, stere
Situationsbericht
veröffentlicht werden.
und
die
wenn der eventuell dü-
beabsichtigten
Im übrigen
Maßnahmen
steht es jedem Mitglied
nicht frei,
seinen letter of intend zu publizieren. Dies ist auch vereinzelt 37 erfolgt . In der Regel, und dies verzerrt das Gesamtbild, bringt die Regierung nur kleine Ausschnitte an die Öffentlichkeit, um Maßnahmen
zu rechtfertigen
meist
und auf diese Weise dem Druck
der Straße zu entgehen. 38 Kritiker dieser rechtlichen Gestaltung von Bereitschaftskreditabkommen machen geltend,
daß durch diesen Verbund von IWF und
der jeweiligen Regierung gesellschaftliche Gruppen,
wie etwa Ge-
werkschaften,
keinerlei Einfluß auf den Entscheidungsprozeß neh-
men können.
Es ist kein parlamentarisches Verfahren notwendig,
in dem einzelne Punkte des letter of intend erörtert werden könnten.
Eine Anfechtung eines einmal geschlossenen
dem IGH ist nicht möglich,
artigen Verfahren nicht parteifähig sind. nerstaatlichen Bestimmungen
Abkommens vor
da z . B . Gewerkschaften in einem der-
Entscheidungsfindung des Völkerrechts
ist
lösbar.
Die Problematik der injedoch
schwerlich
Es bleibt
durch
dem jeweiligen
36
In Anbetracht der anhaltenden Krise und dem Zustand, daß Rückzahlungsprobleme immer erst zeitlich versetzt auftreten, könnten sich aber Abweichungen ergeben.
37
Auflistung bei Gold (Fn. 31), Appendix, S. 269 ff. sowie das Beispiel Indien bei Edwards (Fn. 33), S. 251 f f .
38
D. Hoffmann, IWF Politik braucht soziale Komponente, in: Schäfer (Hrsg.), Gefährdete Weltfinanzen, 1980, S. 241 ff (244); Gerster, Fallstricke der Verschuldung, 1982, S. 125; Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 226 f f .
63
Der Internationale Währungsfonds
System vorbehalten,
wer die Entscheidungen t r i f f t ,
und wie g e -
sellschaftliche Gruppen darauf Einfluß nehmen können. 39 Manche Forderungen
gehen auch soweit, daß der IWF selbst ent-
sprechende Gruppen beteiligen müßte. Teil schon,
Ansätze hierzu gab es zum
als der IWF beim Aushandeln von Stabilisierungspro-
grammen darauf drängte,
die Regierung müsse sicherstellen,
das Programm durchsetzbar ist.
Dies war etwa 1977 in
und 1979 für Jamaika der Fall,
als gefordert wurde,
Konsens zwischen Regierung,40 Oppositionsparteien, und Gewerkschaften bestehen . Gerade diese Beispiele machen aber deutlich,
daß
Portugal es müsse
Unternehmern
daß durch derartige
Tendenzen der politischen Willkür "Tür und Riegel" geöffnet werden.
So könnte der IWF z.B.
welchen
Gründen
bei Staaten, mit denen aus irgend-
der Abschluß eines Abkommens erwünscht
auf eine Beteiligung der
wird,
Gewerkschaften verzichten,
während in
anderen Fällen ein Konsens gefordert werden könnte,
der von der
entsprechenden Regierung innenpolitisch unannehmbar ist. So wünschenswert
also eine
kreisen auch sein mag, dennoch
abzulehnen.
Beteiligung von weiten
Bevölkerungs-
so ist diese im Sinne der Rechtssicherheit Repräsentant
die entsprechende Regierung.
eines Staates
ist
nun einmal
Diese muß mit dem IWF verhandeln
und ein Abkommen schließen, da sie anschließend die vereinbarten Maßnahmen innenpolitisch verwirklichen muß. Eine reine stellt,
formell-rechtliche
Betrachtungsweise,
daß das Programm des Landes,
einseitige
Absichtserklärung
Realität vorbei.
des Staates
die darauf
ist,
zielt
aber
Danach könnte von einer "Einmischung",
gierung" und "strikten Auflagen" nicht die Rede sein. lichkeit aber ist entscheidend, ligt,
ab-
der letter of intend, eine an der "MitreIn Wirk-
wann der IWF ein Programm
bil-
Er kann die Anforderungen im Extremfall so hoch schrauben,
39
Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 232.
40
BT-Drucks. 10/1977.
64
Wolfgang Engsh.uber
daß dem Land kein Entscheidungsspielraum bleibt,
dies insbeson-
dere, wenn man die Notlage des Landes bedenkt und den Umstand, daß jegliche Umschuldungen eine Vereinbarung mit dem Fonds voraussetzen.
V.
Grenzen des Fondshandelns
Angesichts
der
Bedeutung,
welche
den
IWF-Abkommen
zukommt,
stellt sich die Frage, ob dem IWF bei seinem Handeln Grenzen gesetzt sind. 41 Souveränität
1.
Internationale Organisationen, 20.
wie der IWF, üben in der Welt des
Jahrhunderts eine staatliche Grenzen überschreitende,
planen-
de und verwaltende Tätigkeit aus und erfüllen viele Funktionen, die früher von den Einzelstaaten ausgeübt wurden oder erst durch die zunehmende internationale Verflechtung entstanden;
sie werden 42 zu Trägern einer übernationalen Ordnung und Herrschaft . Einzelstaaten übertragen Bereiche, Disposition standen, sein,
die bislang zu ihrer
souveränen
auf internationale Organisationen im Bewußt-
daß internationale Regelungen im Endergebnis auch den n a -
tionalen Interessen am gerechtesten werden. gung freiwillig erfolgt,
Soweit diese Übertra-
liegt demnach kein Eingriff in die Souve-
ränität
vor.
In diesen
welche
Rechte
übertragen
Fällen muß folglich
untersucht
wurden und ob sich
auf diese Bereiche und Befugnisse beschränkt.
die
werden,
Organisation
Eine weitere Frage
41
Art. 2 I UN-Charta; Erler, Staatssouveränität und internationale Wirtschaftsverflechtung, 1955, S. 29 f f . ; Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, S. 25 f f . m.w.Nachw.; Rabl, Das Selbstbestimmungerecht der Völker, 1973.
42
Dahm, Völkerrecht, Bd. I , 1958, S. 157; Ago, Die internationalen Organisationen und ihre Funktionen im inneren Tätigkeitsgebiet der Staaten, in: Festschrift für Wehberg, 1956, S. 20 f f .
65
Der Internationale Währungsfonds
ist,
ob eine Übertragung grenzenlos erfolgen kann oder ob es e i -
nen unantastbaren Kernbereich gibt.
a)
Guidelines on Conditionality
Für den IWF sind zunächst die Satzung und die Richtlinien,
die
vom Exekutivdirektorium aufgestellt werden,
in-
wieweit
das
Prinzip
der
Souveränität
zu untersuchen,
dort
seinen
Niederschlag
Hier sind insbesondere Nr. 4 und Nr. 9 der Guide43 lines on Conditionality zu nennen .
gefunden hat.
Nr.
4:
"In
Fund will
helping members to devise adjustment programs the
pay
objectives,
due regard
to the
domestic social
and
political
the economic priorities, and the circumstances of mem-
bers including the causes of their balance of payments problems". Es
sollen
demnach
ganz
besonders
die
schaftlichen Maßnahmen berücksichtigt werden. befugnis
über
Faktoren soll
die
landesspezifischen
als Ausdruck
der
Auswirkungen
Die Entscheidungs-
sozialen
der Souveränität
wirt-
bei
und
politischen
den
Mitgliedern
verbleiben. Nr.
9: "The number and content of performance criteria may vary
because of
the diversity
ments of members.
of
problems
Performance
and institutional
criteria will
be limited
arrangeto those
that are necessary to evaluate implementation of the program with a view to ensuring the achievement of its objectives.
Performance
criteria will normally be confined to macroeconomic variables and those necessary to implement specific provisions of the articles or policies adopted
under them.
Performance criteria may relate to
other variables only in exceptional cases when they are essential for the
effectiveness of
the member's
program because
macroeconomic impact".
43
Decision No 6056-(79/38), aaO. (Fn. 27), S. 20 f f .
of
their
66
Wolfgang Engshuber
Entscheidend ist hier die
Festsetzung,
daß der
Fonds
lediglich
makroökonomische Variablen setzen kann.
b)
Kritik an der Auflagenpolitik des IWF
Angesichts dieser Bestimmungen und der eingeengten des Fonds fragt es sich,
Einflußnahme
wo die heftige Kritik von
Staatspräsi-
denten aus Entwicklungsländern ihren Ursprung findet. So Nyerere, und anderer
Präsident von Tansania: "Die Probleme meines Landes Länder
ohne die politischen helfen
können,
der
Dritten
Welt sind
schwerwiegend
Eingriffe von IWF-Beamten.
sollten
sie wenigstens
genug
Wenn sie
aufhören,
sich
nicht
einzumi-
schen" 4 4 . Die Kritik bei den Auflagen läßt sich grob in drei Sektoren einteilen: 1. Die wirtschaftspolitische Strategie, fehlt sein
die der IWF verfolgt,
Ziel und ist auf Entwicklungsländer nicht
ver-
anwend-
bar. 2. Der IWF mißachtet landesspezifische Gegebenheiten. 3. Der IWF regiert mit und läßt den Regierungen keinen Spielraum für eigenverantwortliche
Entscheidungen.
45 Verschiedene Länderstudien tionen durchgeführt wurden, nahmen des
,
die von unterschiedlichen kommen zum Ergebnis,
Institu-
daß die Maß-
IWF zu keiner Verbesserung geführt haben,
sondern
sich meist nur die Lebensbedingungen für weite Bevölkerungskreise verschlechtert selbst ein.
haben.
Diese
Mißerfolge räumt
auch der
IWF
Er verweist aber darauf, daß völlig offen ist, welche
44
Zitiert nach Gerster (Fn. 38), Umschlagseite.
45
Williamson, IMF-Conditionality, 1983; Killick, Adjustment and Financing in the Developing World, The Role of the IMF, 1986; Körner/Maaß/Siebold/Tetslaff (Fn. 1).
67
Der Internationale Währungsfonds
Entwicklungen eingetreten
wären,
des IWF vorgegangen würde.
wenn nicht nach der Strategie
In der Tat ist eine Bewertung hierzu
rein hypothetisch. Die Erfahrungen mit Anpassungsprogrammen 46 bewogen, seine Ansätze zu überdenken . Jahren hauptsächlich die
auch den
Während
Maßnahmen vorgeschlagen
IWF
in früheren die
auf
auch
auf
Regel werden heute in den Stabilisierungsprogrammen 47 :
fol-
Nachfrage
Einfluß
eine Angebotssteuerung In der
haben
nehmen
sollten,
wird
wurden, nunmehr
wertgelegt.
gende Bereiche angesprochen - Preis-,
Steuer- und Subventionspolitik des öffentlichen Sektors.
Es sollen
finanzielle
Ungleichgewichte
beseitigt
zienz im öffentlichen Bereich gesteigert werden. Nahrungsmittelpreise in Marokko,
die
Effi-
Tunesien 1983/84. Benzinpreise
bei den Verhandlungen mit Nigeria zur Zeit, Jamaika,
und
Beispiele sind:
Telefongebühren in
Versuch einer Besteuerung der Baumwollindustrie auf
den Philippinen, lichen Gründen)
nachdem sich das Marcos-Regime zur Wehr setzte,
(aus persön-
ließ der IWF davon ab und
forderte Einsparungen an anderer Stelle. - Zinspolitik zur Erhöhung der inländischen Ersparnisse, derung von
Kapitalflucht,
Verbesserung
der
Verhin-
Ressourcenalloka-
tion. -
Wechselkurspolitik.
Meist
stisch zu hoch bewertet.
sind
die Währungen
Abwertungen sollten
völlig
unreali-
nur zu Annähe-
rungen an die wahren Umstände führen und dadurch die Behinderungen im internationalen Warenverkehr beseitigen.
46
Zur Entwicklung siehe Aufsatzreihe von Guitan (Fn. 28).
47
Sisson, IWF Programme und die Einkommensverteilung in Entwicklungsländern, in: Finanzierung und Entwicklung, März 1986, S. 33 f f .
Wolfgang Gngshuber
68
- Einkommenspolitik.
Die Ansprüche der u n t e r s c h i e d l i c h e n
Bevölke-
r u n g s g r u p p e n sollen sich im Rahmen der v e r f ü g b a r e n Ressourcen halten. - F e s t s e t z u n g von K r e d i t o b e r g r e n z e n ,
d . h . die
Staatsverschuldung
soll b e g r e n z t w e r d e n . Die D a r s t e l l u n g (Tabelle 2) macht d e u t l i c h ,
d a ß d u r c h Regelungen
der einzelnen Sektoren massiv in die W i r t s c h a f t s p o l i t i k e i n e s L a n des e i n g e g r i f f e n w i r d .
Im Hinblick auf
Nr.
4 u n d Nr.
Guidelines on C o n d i t i o n a l i t y bestehen jedoch Grenzen, die F o r d e r u n g e n des IWF sein d ü r f e n . nun auf
einen Bereich,
bestimmte
Auflage
wie konkret
In diesem Punkt stoßen wir
in dem eine j u r i s t i s c h e B e t r a c h t u n g
die Mithilfe von Ökonomen angewiesen i s t , ne
nur
eine
werden,
makroökonomische
wenn eine
auf
denn die F r a g e , ob e i Variable
oder u n z u l ä s s i g e r w e i s e in d i e Mikroökonomie e i n g r e i f t , beantwortet
9 der
Subsumtion
unter
setzt
kann nur
diese
Begriffe
möglich i s t . Hierbei ist der J u r i s t jedoch ü b e r f o r d e r t . Ein k u r z e s Beispiel^® mag dies vor Augen f ü h r e n : mit dem Fonds ein Abkommen g e s c h l o s s e n , der
Abbau
war.
von
Subventionen
für
den
Jamaika hatte
in welchem u . a . Telefondienst
auch
vorgesehen
Anläßlich e i n e r Ü b e r p r ü f u n g d u r c h den Stab des IWF wurde
f e s t g e s t e l l t , d a ß die Telefonpreise immer noch n i e d r i g w a r e n , die Subventionen an,
flössen w e i t e r .
Der Stab
die weitere Auszahlung zu s t o p p e n .
forderte hingegen
eine Gesamtanalyse
Licht f ü r die weitere A u s z a h l u n g .
des
IWF r e g t e
d.h. daher
Das E x e k u t i v d i r e k t o r i u m
an
und
gab
dann
grünes
Es b l e i b t a b e r die F r a g e ,
im Falle e i n e r E i n s t e l l u n g Jamaika einen Verstoß gegen Nr.
ob
9 der
Guidelines on C o n d i t i o n a l i t y h ä t t e r ü g e n k ö n n e n . Abgesehen
von diesen
Einzelpunkten,
stellt
Frage,
welche Auswirkungen sich e r g e b e n ,
konzept
eines
48
Landes
in
Widerspruch
sich
aber
auch
die
wenn d a s W i r t s c h a f t s -
mit den
Vorstellungen
des
Der folgende S a c h v e r h a l t w u r d e , wie dies die Regel i s t , n i c h t publiziert, sondern b e r u h t auf I n f o r m a t i o n e n , die d e r Autor beim IWF in I n t e r v i e w s e r h i e l t .
Der Internationale Währungsfonds
69
Fonds steht. Etwa ein Staat ist nicht der Auffassung, eine Konsolidierung müsse anhand von Einsparungen im öffentlichen Bereich erfolgen, sondern der Staat solle Aufträge erteilen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Derartige Abweichungen hat der IWF bisher nicht unterstützt. Daraus ergibt sich auch der Vorwurf, der IWF verabreiche immer die gleiche Medizin. Kenneth Kaunda, Präsident von Sambia: "Ob man an ökonomischer Malaria, Billharziose oder Beinbruch leidet, der IWF verordnet immer Chinin" 49 . Es ist aber schwer, zu fordern, der IWF müsse auch diese Programme unterstützen, denn ein Ökonom, und der IWF besteht hauptsächlich aus Ökonomen, ist schwerlich davon zu überzeugen, daß er eine Strategie verfolgen soll, die seines Erachtens nicht zum Erfolg führt. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, daß über die ökonomische Linie des Fonds innerhalb der Organisation kaum Gegensätze bestehen, obwohl der Mitarbeiterstab doch weltweit bestellt wird. Man kann also insoweit nur für mehr Aufgeschlossenheit plädieren. Gerade die, doch zahlreichen Mißerfolge sollten das Selbstbewußtsein hinsichtlich einer Patentlösung schmälern. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß das Prinzip der Souveränität der Staaten in den IWF-Statuten seinen Niederschlag gefunden hat. Die Frage aber, ob im Einzelfall ein Verstoß vorliegt, ist äußerst schwierig zu beantworten; es müßte jedoch möglich sein. Ein Mitglied sollte sich nicht scheuen, derartige Fragen vor das Exekutivdirektorium bzw. den Interpretationsausschuß zu bringen (der Interpretationsausschuß wird eigens einberufen und befaßt sich nur mit Interpretationsfragen des Abkommens) .
49
Zitiert aus Financial Times vom 6.11.1985.
Wolfgang Engshuber
70
2.
Gleichheit der Staaten
50
Der IWF bekennt sich zur Gleichheit
der Staaten
der gewichteten Stimmrechte widerspricht dem, Kritik
51
.
Das System
trotz mannigfacher
, nicht.
Exkurs 53 Gewichtete Stimmrechte
a)
Die Stimmacht
eines Exekutivdirektors
oder Gouverneurs
sich nach der Quote des oder der Länder, Anteil von Basisstimmen, 250 Stimmen),
chen von der Quote, Die sich
der jedem Land zugeordnet ist
ist so geringfügig, d.h.
bestimmt
die er vertritt.
Der
(jeweils
daß die Stimmacht im wesentli-
vom finanziellen Beitrag abhängig i s t .
daraus ergebende Stimmverteilung
läßt
sich
vereinfacht
darstellen (Tabelle 3 ) . Es ist
anzumerken,
daß
für
viele
Entscheidungen qualifizierte 54 Mehrheiten von 70 bzw. 85 % notwendig sind , so daß jeweils die Entwicklungsländer oder die USA ggf. dungen macht).
verhindern
können
(Vetorecht,
mit Verbündeten negative
Entschei-
Entscheidungs-
Bei der Vergabe von Krediten genügt die einfache Mehr-
50
Art. 2 I UN-Charta; Schaumann, Die Gleichheit der Staaten, 1957; Dickinson, The Equality of States in International Law, 1920; Padirac, L'Egalité des Etats et L'Organisation Internationale, 1933.
51
Gold, Uniformity as a legal principle of the IMF, Policy in International Business, 1975, S. 765 f f .
52
Nur beispielhaft sei erwähnt Heath: "Das Maß der Macht, das die Gründungsländer noch immer besitzen, ist höchst ungerecht und ein absurder Anachronismus.", zitiert nach Gerster (Fn. 44), Umschlagseite.
53
Gold (Fn. 25); d e r s . , Der Ursprung der gewichteten Stimmrechte, in: Finanzierung und Zusammenarbeit.
54
Gold, Voting Majorities in the Fund, Effects of Second Amendment of the Articles, 1980, IMF Pamphlet Series No 20.
Law and
71
Der Internationale Währungsfonds
heit.
Dies ist der einzige Schutz davor,
daß die
Kreditvergabe
nicht in das Ermessen einzelner Staatenvertreter gestellt wird. Bei
der
Verteilung
von
Stimmrechten
State - one vote Doktrin" verwiesen.
wird
oftmals auf
die
"öne
Diese Doktrin wurde in der
Geschichte des Völkerrechts jedoch von jeher auf die unterschiedlichsten Arten (Zählung von Gliedstaaten, Vetorechte) durchbro55 chen . In der heutigen Praxis sind die verschiedensten Formen einer Stimmengewichtung
bekannt,
mit am weitreichensten ist.
wobei
die Anwendung
im IWF
Dies läßt sich auf die Ähnlichkeit der
Organisationsstruktur mit Aktiengesellschaften zurückführen. Forderungen State
-
wenn
man
von
one
Entwicklungsländern
vote
die
Doktrin"
Entwicklungsländern 56 trachtet
.
(Asiatische
wicklungsbank:
Einführung
etwas
in
an
der
"one
Glaubwürdigkeit,
Zusammenschlüssen
von
auf dem Währungs- und Wirtschaftssektor be-
gleichmäßig verteilt, trag
verlieren
Entscheidungsfindung
nach
Entwicklungsbank:
hier
80% nach Finanzeinlage;
werden
20 %
Afrikanische Ent-
es werden zumindest ein Drittel nach
Finanzbei-
verteilt.).
b)
Grundsatz der Gleichbehandlung
Im übrigen ist der Fonds bemüht, lung
von
Praxis
Mitgliedern
einige
aufkommen
Fazilitäten
wicklungsländern
speziell
zugeschnitten,
keine unterschiedliche Behandzu lassen. auf eine
die
Zwar
ausdrückliche
von Entwicklungsländern erfolgt jedoch nicht. käufe
(im
für den
wurden diese
der Ent-
Bevorzugung
große
über einen
schaffenen Trustfonds den Entwicklungsländern
in
von
Als durch Goldver-
Rahmen der Abkehr vom Goldstandard)
Fonds entstanden,
sind
Bedürfnisse
Gewinne
eigens
ge-
zur Verfügung g e -
55
Hillger, Stimmenwägung in internationalen sationen, 1957, S. 30 f f . m.w.Nachw.
56
Wolfrum, Neue Elemente im Willensbildungsprozeß internationaler Wirtschaftsorganisationen, in: Vereinte Nationen 1981, S. 50 f f .
Wirtschaftsorgani-
72
Wolfgang Engshuber
stellt,
um zu vermeiden, 57
daß der Fonds eine Bevorzugung selbst
vornehmen muß
In der politischen Diskussion über die Handlungsweisen des Fonds wird vorgebracht, gimes.
der IWF unterstütze verstärkt prowestliche Re-
So etwa die kleptokraten Regimes in Zaire
(Mobutu) oder
Haiti (Duevaillier) oder etwa auch noch Somoza (Nicaragua) wenige Tage vor seinem Sturz. In der Tat stellt man,
wenn man die bisher abgeschlossenen Kre-
ditabkommen betrachtet, aber
jeweils
eine eindeutige Tendenz fest.
um Einzelfälle
handelt,
ist ein
Da es sich
Nachweis von Un-
gleichbehandlung schwierig zu führen. Ein Verstoß könnte nur gerügt werden, der
wirtschaftspolitischen
Situation
wenn die Vergleichbarkeit
zweier
Staaten
anhand
von
objektiven Kriterien möglich wäre. Welche objektiven schwierig
Kriterien dies
zu beantworten.
sein könnten,
ist aber
Der Fonds selbst hat sog.
guidelines" aufgestellt,
die bei der Beurteilung 58 chen Lage eines Staates heranzuziehen sind .
äußerst
"unwritten
der wirtschaftli-
- Die Höhe des Zahlungsbilanzdefizits im Verhältnis zur Quote sowie dem
beantragten
Berücksichtigung
Zahlungsbedarf
anderweitiger
seitens
Finanzquellen
des
Fonds
und
dem
unter Begeh-
ren, einen annehmbaren Stand der Währungsreserven aufrechtzuerhalten. - Die Natur des Zahlungsbilanzdefizits:
Strukturell oder zyklisch
und die damit verknüpfte Frage nach der Anpassungsdauer.
57
Gold (Fn. 51).
58
Die "unwritten guidelines" werden nicht veröffentlicht, sondern ergeben sich aus fondsinternen Unterlagen und Mitteilungen.
73
Der Internationale Währungsfonds
- Die Qualität und Strenge des Anpassungsprogramms
einschließ-
lich der Angemessenheit der Politik sowie der Zeitpunkt des Gesuchs. - Die Beurteilung der bisherigen Zusammenarbeit bei nahme von Fondsmitteln und die Erfolgsaussichten,
Inansprucheinen dauer-
haften Gebrauch dieser Mittel zu vermeiden. Diese Kriterien
machen deutlich,
eine Vergleichbarkeit gibt, mente Eingang finden.
daß es zwar Ansatzpunkte
daß aber doch viele
subjektive
für Ele-
Der Fonds wird auch immer auf Entschei-
dungen von Fall zu Fall verweisen und nicht Kriterien aufstellen, bei deren
Erfüllung ein Anspruch auf Abschluß eines
Abkommens
besteht. Das Problem liegt somit auf der Gewichtung der beiden zumindest teilweise konträren Grundsätze: - F l e x i b i l i t ä t , sachgerechte Entscheidung im Einzelfall, - Kontinuität sowie Gleichbehandlung. 59 Im Terra Nova Statement von 1979 und in der Arusha-Initiative 60 von 1980 warfen die Entwicklungsländer dem IWF eine Ungleichbehandlung von Industriestaaten und Entwicklungsländern vor, der IWF nur Einfluß auf kreditsuchende Staaten ausübt, nicht gegen die währungs- und wirtschaftspolitischen
da
hingegen Alleingänge
der USA interveniert. Inwieweit sich derartige Forderungen mit dem Gleichheitssatz begründen lassen,
scheint fraglich, denn der Gleichheitssatz gebie-
tet nur eine Gleichbehandlung in vergleichbaren Fällen. fungspunkt
für
Auflagen
ist
jedoch
die
Anknüp-
Zahlungsbilanzsituation
59
Terra Nova Statement: Tagung vom 5.-7.10.1979 in Kingston, Jamaica, v g l . development dialogue 1/1980.
60
Arusha-Initiative: Tagung von 40 Fachleuten aus 20 Staaten vom 30.6.-3.7.1980 in Arusha, v g l . development dialogue 2/ 1980.
74
Wolfgang Engshuber
eines Landes und der Wunsch nach IWF-Unterstützung. In diesen Fällen wird Einfluß genommen und, soweit Industriestaaten wie Großbritannien oder Italien um Kredit nachsuchten, wurden ihnen auch Auflagen gemacht. Es handelt sich insofern nicht um eine unterschiedliche Behandlung von Industriestaaten und Entwicklungsländern, sondern nach dem Kriterium "Zahlungsbilanzkrise und Kreditwunsch". Dies stellt einen sachlichen Differenzierungsgrund d a r , auch wenn man der Auffassung i s t , alle Staaten sollten zu einem gewissen Verhalten verpflichtet werden. Zusammenfassend läßt sich zum Gleichheitssatz und seinen Auswirkungen für den IWF festhalten, daß der Fonds sich zur Anwendung dieses Gebots ausdrücklich bekennt, daß aber in der Praxis nur schwerlich konkrete Forderungen daraus abgeleitet werden können. 3.
Begrenzter Aufgabenbereich
Gründe für die Begrenzung des Aufgabenbereichs Bereits im Rahmen der Behandlung des Souveränitätsgrundsatzes wurde erläutert, daß der IWF auf einzelnen Gebieten, auf denen ihm Rechte ausdrücklich übertragen wurden, die einzelstaatliche Entscheidungsfindung einengen darf. Eine weitere
Einschränkung ergibt sich auch aus den Kriterien 61 bei der Stimmenwägung . Für eine Währungs- und Wirtschaftsorganisation ist die Einteilung der Stimmacht nach der wirtschaftlichen Bedeutung und dem entsprechenden Anteil am Weltwirtschaftssystem sehr geeignet. Es wäre aber verfehlt, wenn diese Organisation auch in anderen Bereichen (etwa Außen-, Rüstungs- oder Bildungsfragen) Einfluß
61
Barents, in: Kapteyn/Lawwaars/Kooijmans/Schermers/Boomkamp, International Organization and Interpretation, Vol I B, 1982 Dir. I . B . I . 1 6 .
Der Internationale Währungsfonds
hätte,
75
denn die wirtschaftliche Machtposition würde dadurch noch
mehr in den Vordergrund gerückt. Eine Untersuchung der
Statuten ergibt,
daß sich
des IWF auf Währungs- und Wirtschaftsfragen tägliche Praxis zeigt aber sehr wohl,
die Befugnisse Die
beschränken.
daß bei der Behandlung
von Kreditgesuchen auch andere als wirtschaftliche Faktoren eine Rolle spielen. So stimmen z.B.
arabische
von afrikanischen Staaten,
Staaten gegen
jegliche
Kreditgesuche
die mit Israel diplomatische Beziehun-
gen pflegen. In
den
USA sorgten
1983/84 Veröffentlichungen 62
einer
"Hit-List"
für Aufsehen,
nach der einige Staaten in keinem Fall die Unter-
stützung
amerikanischen
des
(Vietnam,
Kuba,
Exekutivdirektors
erhalten
sollten
Afghanistan, Nicaragua sowie damals noch Gre-
nada) . Derartige Fälle sind
jedoch schwierig
weilige
Brustton
Direktor
weshalb völlig
im
das wirtschaftliche
unzulänglich
ist.
der
nachzuweisen,
Überzeugung
Konzept
des
USA zunächst strikt gegen eine Aufnahme.
der
vortragen
kreditsuchenden
Eine Ausnahme stellt
der USA zum Beitrittsgesuch Polens dar.
da
wohl
die
je-
wird, Staates Haltung
In diesem Fall waren die Als jedoch Amnestieplä-
ne sowie die Zulassung einer Gewerkschaft in Polen bekannt wurden,
änderte sich die Haltung Washingtons unter
Hinweis auf die veränderte Situation Insgesamt betrachtet, USA
(unter
Reagan)
CO
ausdrücklichem
.
läßt sich die Tendenz feststellen, verstärkt
Machtmittel einsetzen oder,
internationale
daß die
Organisationen
wenn dies nicht möglich ist,
als
sich zu-
rückziehen. 62
Rossiter, The Financial Hit List, Center for International Pol i c y , 1984; sowie Meldungen im Wall Street Journal.
63
Wall Street Journal, 35.
12.6.1984,
S.
33; ebda., 15.7.1984, S.
76
Wolfgang Engshuber
Diesen
Tendenzen
sollte
im
internationalen
Interesse
entgegengewirkt werden.
verstärkt 64 , der
Dies fordert auch Sir Joseph Gold ec die Entwicklung des Fonds maßgeblich beeinflußt hat .
Auch die Bundesregierung
66
will dafür eintreten,
sierung des IWF vermieden wird. realisieren will,
ist unklar,
daß eine Politi-
Wie sie dies in der Praxis aber
so daß der Verdacht naheliegt, daß
es sich lediglich um eine Good-will-Erklärung handelt. Zusammenfassung Die aufgestellten Grenzen des Fondshandelns bei politik sind bislang zu wenig beachtet worden. kungen für den IWF,
seiner AuflagenSie haben Auswir-
der dadurch politische und andere Einfluß-
nahmen abwehren kann,
für die Mitgliedstaaten,
die sich durch-
aus auf staatliche Souveränität berufen können,
und auch für ge-
sellschaftliche Gruppen,
sollten,
Einzelentscheidung, tragen h a t ,
die sich bewußt sein
daß die
welche soziale Gruppe die Anpassungslast zu
eine Entscheidung ihrer Regierung i s t ,
und sich der
Protest daher gegen diese richten muß.
VI.
Neue Tendenzen
1.
Abkehr vom IWF
Bei Ausbruch der Schuldenkrise einen Kollaps zu verhindern,
1982 ging es vornehmlich darum,
und dies ist trotz aller Untergangs-
prognosen auch gelungen. 64
Gold, Political Considerations are prohibited by Articles of Agreement when the Fund considers request for the use of resources, IMF Survey 1983, S. 147.
65
Sir Joseph Gold trat 1946 in die Rechtsabteilung des Fonds ein und war General Counsel von 1960-79. Seine Publikationen füllen mehrere Regale in Bibliotheken. Seine Meinung und Stellungnahmen hatten und haben großen Einfluß auf die Entscheidungen des Exekutivdirektoriums.
66
BT-Drucks. 10/1977, S. 25.
77
Der I n t e r n a t i o n a l e Währungsfonds
Die i n t e r n a t i o n a l e Zusammenarbeit b e s t a n d d i e s e B e w ä h r u n g s p r o b e . Hier konnte die Bank f ü r I n t e r n a t i o n a l e n rettend
zur
Seite
Verfügung stellte,
stehen,
indem
sie
Zahlungsausgleich
(BIZ)
Überbrückungskredite
b i s die notwendigen Umschuldungsaktionen
zur aus-
gehandelt waren. Sanierungsprogramme des IWF sorgten f ü r eine k u r z z e i t i g e Verbesserung der Situation. daß
die
Prognosen
Bereits zwei J a h r e s p ä t e r zeigte sich a b e r ,
für
d i e weitere
stisch ausgefallen waren. wirkte,
Entwicklung
viel
zu
optimi-
Die a m e r i k a n i s c h e W i r t s c h a f t s p o l i t i k b e -
d a ß ein hohes Z i n s n i v e a u sowie der hohe D o l l a r k u r s l ä n -
ger bestehen blieben a l s e r w a r t e t . mer m e h r ,
Die Rohstoffpreise s a n k e n
im-
und i n s b e s o n d e r e d e r d r a s t i s c h e V e r f a l l des Ölpreises
b e e i n t r ä c h t i g t e die L e i s t u n g s k r a f t von e r d ö l e x p o r t i e r e n d e n
Ländern
wie Mexiko. Viele Staaten b e f i n d e n sich im T e u f e l s k r e i s der H o f f n u n g s l o s i g k e i t . Die Z a h l u n g s b i l a n z e n entscheidende
h a b e n sich
Verhältnis
von
zwar teilweise
Schuldendienst
verbessert,
zu
h a t sich
jedoch v e r s c h l e c h t e r t .
staaten,
wovon d i e E n t w i c k l u n g s l ä n d e r p r o f i t i e r t e n , f l a c h t z u n e h -
mend a b ,
Das Wachstum
das
Exporteinnahmen
und p r o t e k t i o n i s t i s c h e
in den
Industrie-
Maßnahmen nehmen trotz
allge-
meiner Mißbilligung z u . Geblieben sind die d r a s t i s c h e n E i n g r i f f e in d i e S o z i a l p o l i t i k , nach
zum
Teil e u p h o r i s c h e r
Unterstützung
in
der
die
Anfangsphase,
z.B.
in Argentinien im Sommer 1985, nun immer mehr zu S p a n n u n 67 gen f ü h r e n . Mexiko mußte b e r e i t s von s e i n e r S p a r p o l i t i k wieder
Abstand nehmen, Zeit IWF.
und
Brasilien
Viele
IWF-Strategien
in Argentinien i s t es n u r noch eine F r a g e sowie
dem
Befolgung
von
die g r ö ß t e Gefahr f ü r die j u n g e n Demokratien
La-
sehen
widerstreben bei
einer
sich
strikten
zur
der
Zeit
Beobachter
Peru
teinamerikas.
67
Die Opfer gehen auf d i e B a r r i k a d e n , Die Zeit vom 13.2.1986.
78
Wolfgang Engshuber
In der schier ausweglosen Situation, finden,
in der sich die Staaten be-
ist es nicht verwunderlich, daß Stimmen nach einem Zins-
und Schuldentilgungsboykott immer lauter werden.
Wenn die Opfer
umsonst waren, warum neue Opfer? Anlaß genug für alle Beteiligten,
über die bisherige Politik nach-
zudenken. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, IWF anstreben. ob
sie
nicht
sollten.
die eine Lösung ohne den
Sogar Bankkreise äußern Skepsis und überlegen, selbst
ohne
den
IWF
Umschuldungen
durchführen
Im Falle Brasiliens konnte in der Tat ein IWF-Abkommen
umgangen werden. In dieser Phase der Unsicherheit legte der amerikanische
Finanz-
minister
IWF in
Baker
auf
der
letzt jährigen
Jahrestagung
des
Seoul einen Plan vor, der weltweite Beachtung fand. 2.
Bakerplan RR
Das Programm für dauerhaftes Wachstum Baker vorgeschlagen h a t ,
,
das US-Finanzminister
umfaßt drei wesentliche, sich gegensei-
tig unterstützende Elemente. a)
Grundzüge des Plans
aa)
Das Eingreifen
umfassender wirtschaftspolitischer
men durch die Hauptschuldnerländer, nationalen Finanzorganisationen,
Maßnah-
unterstützt durch die inter-
zur Förderung von Wachstum und
Zahlungsbilanzausgleich und Dämpfung der Inflation. bb)
Eine
fortgesetzte
Währungsfonds
in
zentrale
Verbindung
Strukturkrediten der multilateralen 68
Rolle
mit
für
den
zunehmenden
Internationalen und
wirksamen
Entwicklungsbanken.
Rede des US-Finanzministers auf der Jahrestagung des IWF in Seoul, veröffentlicht in: Auszüge aus Presseartikeln, Deutsche Bundesbank 15.10.85.
79
Der Internationale Währungsfonds
cc)
Erhöhte Ausleihung der privaten Banken
der wirtschaftlichen
Anpassungsprogramme.
zur Unterstützung
Angestrebt werden 20
Mrd. US-$ in den nächsten drei Jahren. Von diesem Plan sollen zunächst 15 Hauptschuldnerstaaten umfaßt werden.
Die USA glauben, daß eine adäquate Finanzierung bereit-
gestellt werden kann,
aber nur dort,
auf Wachstum bestehen. rung sein.
von
Effizienz,
wo vernünftige Aussichten
Die Wirtschaftspolitik muß auf die FördeWettbewerb
und
Produktivität
ausgerichtet
Diese Politik der USA hebt ausdrücklich das Bedürfnis nach
einem erweiterten Marktzugang für US-Exporteure im Ausland hervor,
bekräftigt das Bekenntnis des Präsidenten zu einem freien,
aber fairen Handel.
Der wesentliche Zug dieser Politik ist es, die
Märkte zu öffnen, nicht sie zu schließen.
b)
Reaktionen auf die Bakerinitiative
Angesprochen werden von dem Bakerplan Regierungen,
internatio-
nale Institutionen und Geschäftsbanken. aa)
Der
IWF
und
die
Weltbank
haben
Larosiere und Clausen nach kurzer volle
Unterstützung
zugesichert
durch
Beratung der
und
den
Plan
ihre
Vertreter
Vorschläge
ihre
ausdrücklich
be-
grüßt 6 9 . bb) Privatbanken reagierten zunächst zurückhaltend, da ihnen die Bereitstellung von 20 Mrd. US-$ doch sehr hoch erschien. Insbesondere die deutschen Geschäftsbanken meldeten Vorbehalte 70 an . Es ist auch noch nicht geklärt, welcher Anteil etwa auf deutsche
Banken entfallen
würde.
Mittlerweile
unterstützen 71 .
aber
auch Gewerkschaftsbanken aus Deutschland die Initiative 69
IMF-Survey, 6.11.1985, S. 1 f f .
70
Baker's Plan on Debt Crisis Gains Support, Journal vom 4.11.1985.
71
UK and Japanese Banks support Baker debt plan, in: Financial Times vom 13.12.1985; IMF-Survey, 6.1.1986, S. 7.
in:
Wall Street
80
Wolfgang
cc)
Cartagena
Gruppe.
In
Engshuber
der Cartagena
Gruppe sind
teinamerikanische Schuldnerstaaten zusammengeschlossen, 350 Mrd.
US-$ Auslandsverbindlichkeiten
ten p o s i t i v ,
daß der
schuldenskrise
Plan
die
erfaßt habe.
11 l a -
die über
aufweisen. Diese bemerk-
politischen
Dimensionen
Die Ausstattung
der
mit Mitteln
Ver-
sei aber
72 völlig
unzureichend
c)
Würdigung
Stellt der Bakerplan nun, große Chance d a r , Meilensteine
wie teilweise euphorisch behauptet,
die
und werden er und die Konferenz in Seoul als
der Weltwirtschaftsentwicklung
in die Geschichte
ein-
gehen? Zweifel seien e r l a u b t ! Bei einer vitäten
nüchternen
darin
und g e g e n s e i t i g e
letzten Jahren,
stellt man f e s t , aller
Beteiligten
wird
große
insbesondere
Strategien
der
IWF ein
Wachstum
eine
Mißerfolge e r z i e l t
Öffnung
So wünschenswert des
freien
Partnern.
und
die
Märkte
der
Marktes
schon in den
Bindeglied
Öffnung
Weltwarum
kaum s t a t t .
Entwicklungsländer
So
gefordert.
so funktioniert ein System nur
unter
gleichgestellten Indu-
und es g i b t h i e r f ü r genug Beispiele auch in Europa, hingenommen
Rohstoffpreise
von
werden
den
müssen,
während
Industriestaaten
diktiert
andererseits werden
kön-
ist ein System des f r e i e n Marktes Utopie und r e c h t f e r t i g t nur Bereicherung
zwar eine
der
Industriestaaten.
Verantwortung
Der
Bakerplan
auch der Gläubigerstaaten
an,
sungsansätze richten sich aber nach den Interessen der 72
war.
der
Eine A n a l y s e ,
findet
und
gefordert,
Solange aber protektionistische Maßnahmen in den
sanktionslos nen,
der
wurden,
dies auch erscheint,
internationalen
striestaaten, die
(Gläubiger-
Privatbanken)
märkte seit jeher Ziele der Industriestaaten. hierbei
Zusammenarbeit
wenn auch nicht so a u s g e p r ä g t ,
wobei die
daß kaum No-
Es w i r d zwar eine
Finanzorganisationen,
diese bestand aber, sind
sind.
Verantwortung
Schuldnerstaaten,
Ansonsten
Betrachtung
enthalten
Financial Times vom 17.12.1985.
erkennt die
Lö-
Industrie-
Der Internationale Währungsfonds
Staaten,
81
speziell der USA. Ein abflachender Wirtschaftsaufschwung
soll
durch
Die
wirtschaftliche
die
nicht abgebaut,
Öffnung
neuer
Exportmärkte
Abhängigkeit
der
abgefangen
werden.
Entwicklungsländer
wird
sondern sogar verstärkt.
Die Zeitbombe tickt im-
mer noch und erhält immer mehr Dynamit.
Der Bakerplan ist nur
geeignet, die Zündschnur zu verlängern.
VII.
Forderungen
Erfahrungsgemäß ist zu üben,
es nicht schwierig,
an einem System Kritik
die Probleme tauchen aber auf, wenn eigene Lösungsan-
sätze unterbreitet werden sollen. 73 Im Rahmen
der
generellen
Diskussion
Neue
um eine
Weltwirt-
schaftsordnung reichen die Forderungen von kleineren Veränderungen,
im übrigen aber Festschreibung des Systems,
völligen
Veränderung
bis zu einer
und
Wirtschaftssystems.
Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen,
hier im einzelnen
umfassende
des Weltwährungs-
Lösungsvorschläge
darzulegen.
daher auf Veränderungsvorschläge,
beschränke
mich
die den IWF betreffen. Ansatz-
punkt ist hierbei die momentane Situation. erhoben,
Ich
Es werden Forderungen
die bereits jetzt verwirklicht werden könnten. Diese Be-
schränkung bitte ich nicht dahin zu verstehen, lichung dieser Forderungen das Endziel sei. sich um die ersten Schritte,
die
daß die Verwirk-
Vielmehr handelt es
aber immerhin
realisierbar
er-
scheinen. Gerade die jetzige Diskussion unter den Industriestaaten 73
Zur Neuen Weltwirtschaftsordnung (NWWO) nur beispielhaft: Aktionsprogramm über die Errichtung einer NWWO, UNResolution A/Res/3201 (S V I ) und 3203 (S V I ) vom 1.5.1974; Rio Bericht an den Club of Rome, Wir haben nur eine Zukunft, 1977; Nord-Süd Kommission, Das Überleben sichern, 1980; Kebschull u . a . , Die Neue Weltwirtschaftsordnung, 1977; Themaat, The Changing Structure of International Economic Law, 1981; P. Bauer, Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft, in: Zwischenbilanz zur Diskussion über eine NWWO, Symposion VII der Ludwig Erhard-Stiftung, 1980; Dams, Weltwirtschaft im Umbruch, 1978; Becker, Entwicklungskooperation in einem sich wandelnden Weltsystem, 1982.
Wolfgang Engshuber
82
74 um flexible Wechselkurse
könnte genutzt
werden,
auch
andere
Veränderungen durchzuführen. Forderungen im einzelnen 1.
Die Struktur des IWF wird der gewandelten
nicht mehr gerecht.
Aufgabenstellung
Es müßte deshalb entweder
eine Rückbesin-
nung auf die ursprünglichen Aufgaben und Zielsetzungen erfolgen oder aber eine Reform ist dringend litische
Faktoren
müßten
erforderlich
berücksichtigt
(entwicklungspo-
werden;
Änderung
der
Entscheidungsfindung). 2.
Der
Fonds muß den bestehenden
Verflechtungen Rechnung auf
die
Schuldnerstaaten
Faktoren,
einwirken,
sondern
wirtschaftlichen
Politik nicht nur auch
auf
andere
die nicht in der Entscheidungsmacht der Schuldner l i e -
gen (Zinsniveau, Dollarkurs, 3.
komplexen
tragen und bei seiner
Protektionismus).
Der IWF muß bestrebt sein, seine Unabhängigkeit zu wahren
bzw. wiederzuerlangen, um die Funktion als weltweite nisation
erfüllen
zu
können
(Abwehr
politischer
Finanzorga-
Einflußnahmen,
Unabhängigkeit von den Interessen der Geschäftsbanken). 4.
Das Verhältnis des IWF zur Schwesternorganisation
Weltbank
muß neu bestimmt werden. Die Weltbank war ursprünglich für längerfristige Projekthilfe vorgesehen, zu nehmen.
ohne Einfluß auf die Politik
Durch die Schaffung von
Strukturanpassungsdarlehen 75 wurde diese Aufgabenstellung verlassen . Der IWF seinerseits hat immer häufiger den zeitlichen
Rahmen seiner
Hilfestellungen
aus-
74
Presseverlautbarung des Interimsausschusses des Gouverneurrats des IWF, 10.4.86, Nr. 5, entnommen aus: Auszüge aus Presseartikeln der Deutschen Bank vom 15.4.86.
75
Siehe zur Abgrenzung: Gold, Relations between bank's loan agreements and IMF's stand-by arrangements, in: International Financial Law Review, 1983, S. 28 f f . ; zu den Strukturanpassungsdarlehen: Landell-Mills, Kredite zur Strukturanpassung, erste Erfahrungen, in: Finanzierung und Entwicklung, Dez. 1981.
Der Internationale Währungsfonds
gedehnt.
83
Die anfängliche Funktionsteilung ist dadurch verschwun-
den. Die hier geforderten Veränderungen
sind sehr weitreichend,
und
es wäre angebracht,
das Übereinkommen über den IWF einer Re-
form zu unterziehen.
Die Erfahrungen der beiden bisher durchge-
führten Änderungen zeigten,
daß dies ein sehr langwieriges Un-
terfangen i s t . Die 2.
Änderung zog sich von 1972-1978 und dennoch konnte durch
den Druck der Ereignisse
(zweite Ölkrise)
nicht
auf die
detail76 Herten und weitreichenden Vorschläge der Outline of Reform eingegangen werden. In weiten Bereichen, die
Entwicklung
bzw.
insbesondere bei der Conditionality,
durch
Entscheidungen
des
erfolgt
Exekutivdirektoriums
des Gouverneurrats. Dieses Verfahren könnte schon zu Ände-
rungen
in der nahen
Zukunft führen und
sollte daher
im Auge
behalten werden.
76
Committee on Reform of the International Monetary System and Related Issues, International Monetary Reform (Outline of Reform), 1974.
84
Wolfgang Engshuber Tabelle 1
fH
X
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O a
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c (1) 3 ed m
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85
Der Internationale Währungsfonds
Tabelle 2
Wirtschaftspolitische Maßnahmen von 94 Fonds-gestützten Programmen 1980-84
Maßnahmen
.
Anzahl der Programme
Anteil in % der Gesamtzahl der Programme
Liberalisierung und Reform des Wechselkursregimes
52
55
Begrenzung der Kreditexpansion
92
98
Maßnahmen zur Mobilisierung inländischer Ersparnisse
51
54
Löhnen und Preisen
83
88
Strukturelle Anpassungsmaßnahmen
70
74
Maßnahmen zur Beeinflussung von
Verbesserung und Reform der Steuerverwaltung
52
55
Umstrukturierung der Ginkommensteuer
43
46
Maßnahmen im Bereich der Körperschaftssteuer
32
34
Inländische Steuern auf Güter und Dienste
69
73
Importzölle
54
57
Exportzölle
23
24
4
4
Begrenzungen der funktionalen Ausgaben der Zentralregierungen Einschränkungen der laufenden Ausgaben der Zentralregierungen
86
91
Einschränkungen bei Löhnen und Gehältern
59
63
Einschränkungen der Kapitalaufwendungen und der Nettokreditaufnahme
56
60
Verbesserung der Ausgabenverwaltung
40
43
Beschneidung oder Verringerung der Subventionen
39
41
86
Wolfgang Engshuber
Kürzungen der laufenden Transfers an NOPs Maßnahmen bezüglich der Auslandsverschuldung Quelle: Internationaler Währungsfonds. 1 Überschneidungen in der Klassifikation ausgeschlossen. 2 Nichtfinanzielle öffentliche Unternehmen.
2
26
28
86
91
sind
nicht
unbedingt
Entnommen: Finanzierung und Zusammenarbeit, März 1986, S. 14.
Der Internationale Währungsfonds
87
Tabelle 3
Verteilung der Stimmrechte im IWF (Stand 1985)
a) 19 Industrieländer 59,7 % 1) 2) 3) 4) 5)
USA 19,3 % Großbritannien 6,7 % BRD 5,8 % Frankreich 4 , 8 % Japan 4 , 6 %
6) 7) 8) 9) 10)
übrige Industrieländer 18,4 % 3 sozialistische Länder 1,9 % China 2,6 % 122 Entwicklungsländer 32,3 % Saudi-Arabien 3,5 %
Quelle: Annual Report 1985, Washington DC 1985.
Wolfgang Engshuber
88
Anlage 1
Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds Artikel I Ziele Der Internationale Währungsfonds hat folgende Ziele: I.
die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Währungspolitik durch eine ständige Einrichtung zu fördern, die als Apparat zur Konsultation und Zusammenarbeit bei internationalen Währungsproblemen zur Verfügung steht;
II.
die Ausweitung und ein ausgewogenes Wachstum des Welthandels zu erleichtern und dadurch zur Förderung und Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungsgrads und Realeinkommens sowie zur Entwicklung des Produktionspotentials aller Mitglieder als oberste Ziele der Wirtschaftspolitik beizutragen;
III.
die Stabilität der Währungen zu fördern, geordnete Währungsbeziehungen unter den Mitgliedern aufrechtzuerhalten und Währungsabwertungen aus Wettbewerbsgründen zu vermeiden;
IV.
bei der Errichtung eines multilateralen Zahlungssystems für die laufenden Geschäfte zwischen den Mitgliedern und bei der Beseitigung von Devisenverkehrsbeschränkungen, die das Wachsen des Welthandels hemmen, mitzuwirken;
V.
das Vertrauen der Mitglieder dadurch zu stärken, daß ihnen zeitweilig unter angemessenen Sicherungen die allgemeinen Fondsmittel zur Verfügung gestellt werden und ihnen so Gelegenheit gegeben wird, Unausgeglichenheiten in ihrer Zahlungsbilanz zu bereinigen, ohne zu Maßnahmen Zuflucht nehmen zu müssen, die dem nationalen oder internationalen Wohlstand schaden ;
VI.
in Übereinstimmung mit Vorstehendem die Dauer der Ungleichgewichte der nationalen Zahlungsbilanzen der Mitglieder abzukürzen und den Grad der Ungleichgewichte zu vermindern.
Der Fonds läßt sich in seiner Geschäftspolitik sowie bei allen Beschlüssen von den in diesem Artikel niedergelegten Zielen leiten.
89
Der Internationale Währungsfonds
Anlage 2
GUIDELINES ON CONDITIONALITY The Executive Board agrees to the text of the guidelines on conditionality for the use of the Fund's resources and for stand-by arrangements as set forth (below). Decision No. 6056-(79/38) March 2, 1979 Use of Fund's General Resources and Stand By Arrangements 1. Members should be encouraged to adopt corrective measures, which could be supported by use of the Fund's general resources in accordance with the Fund's policies, at an early stage of their balance of payments difficulties or as a precaution against the ermergence of such difficulties. The Article IV consultations are among the occasions on which the Fund would be able to discuss with members adjustment programs, including corrective measures, that would enable the Fund to approve a stand-by a r rangement. 2. The normal period for a stand-by arrangement will be one y e a r . I f , however, a longer period is requested by a member and considered necessary by the Fund to enable the member to implement its adjustment program successfully, the stand-by arrangement may extend beyond the period of one year. This period in appropriate cases may extend up to but not beyond three years. 3. Stand-by arrangements are not international agreements and therefore language having a contracted connotation will be avoided in stand-by arrangements and letters of intent. 4. In helping members to devise adjustment programs, the Fund will pay due regard to the domestic social and political objectives, the economic priorities, and the circumstances of members, including the causes of their balance of payments problems. 5. Appropriate consultation clauses will be incorporated in all stand-by arrangements. Such clauses will include provision for consultation from time to time during the whole period in which the member has outstanding purchases in the upper credit tranches. This provision will apply whether the outstanding purchases were made under a stand-by arrangement or in other transactions in the upper credit tranches. 6. Phasing and performance clauses will be omitted in stand-by arrangements that do not go beyond the first credit tranche. They will be included in all other stand-by arrangements but these
90
c l a u s e s will be credit tranche.
Wolfgang Engshuber
applicable
only
to
purchases
beyond
the
first
7. The Managing Director will recommend t h a t the Executive Board a p p r o v e a m e m b e r ' s r e q u e s t f o r the use of the F u n d ' s g e n e r a l r e s o u r c e s in t h e c r e d i t t r a n c h e s when it i s h i s judgment t h a t t h e program i s consistent with the F u n d ' s p r o v i s i o n s and policies and t h a t it will be c a r r i e d o u t . A member may be e x pected to adopt some c o r r e c t i v e measures before a s t a n d - b y a r rangement is approved by the F u n d , but only if n e c e s s a r y to e n a b l e t h e member to adopt and c a r r y out a program consistent with the F u n d ' s p r o v i s i o n s and p o l i c i e s . In t h e s e c a s e s the Mana g i n g Director will keep Executive Directors informed in an a p p r o p r i a t e manner of the p r o g r e s s of d i s c u s s i o n s with the member. 8. The Managing Director will e n s u r e a d e q u a t e coordination in the a p p l i c a t i o n of policies r e l a t i n g to t h e use of the F u n d ' s g e n e r a l r e s o u r c e s with a view to m a i n t a i n i n g the n o n d i s c r i m i n a t o r y t r e a t m e n t of members. 9. The number a n d content of performance c r i t e r i a may v a r y b e c a u s e of t h e d i v e r s i t y of problems a n d i n s t i t u t i o n a l a r r a n g e m e n t s of members. Performance c r i t e r i a will be limited to those t h a t a r e n e c e s s a r y to e v a l u a t e implementation of the program with a view to e n s u r i n g the achievement of i t s o b j e c t i v e s . Performance c r i t e r i a will normally be confined to (i) macroeconomic v a r i a b l e s , and (ii) those n e c e s s a r y to implement s p e c i f i c p r o v i s i o n s of t h e A r t i cles or policies adopted u n d e r them. Performance c r i t e r i a may r e l a t e to other v a r i a b l e s only in e x c e p t i o n a l c a s e s when they a r e e s s e n t i a l for t h e e f f e c t i v e n e s s of t h e member's program b e c a u s e of t h e i r macroeconomic i m p a c t . 10. In p r o g r a m s e x t e n d i n g beyond one y e a r , or in c i r c u m s t a n c e s where a member is u n a b l e to e s t a b l i s h in a d v a n c e one or more performance c r i t e r i a for a l l or p a r t of the program p e r i o d , p r o v i sion will be made for a review in o r d e r to r e a c h the n e c e s s a r y u n d e r s t a n d i n g s with t h e member for the r e m a i n i n g p e r i o d . In a d dition, in those e x c e p t i o n a l c a s e s in which an e s s e n t i a l f e a t u r e of a program cannot be formulated a s a performance c r i t e r i o n a t t h e b e g i n n i n g of a program y e a r because ob s u b s t a n t i a l u n d e r t a i n t i e s concerning major economic t r e n d s , p r o v i s i o n will be made f o r a review by the Fund to e v a l u a t e the c u r r e n t macroeconomic policies of the member, a n d to r e a c h new u n d e r s t a n d i n g s if n e cessary. In these e x c e p t i o n a l c a s e s t h e Managing Director will inform Executive Directors in an a p p r o p r i a t e m a n n e r of the s u b ject matter of a r e v i e w . 11. The staff will p r e p a r e an a n a l y s i s a n d assessment of t h e p e r f o r m a n c e u n d e r p r o g r a m s s u p p o r t e d by use of t h e F u n d ' s g e n e r a l r e s o u r c e s in the c r e d i t t r a n c h e s in connection with Article IV c o n s u l t a t i o n s and a s a p p r o p r i a t e in connection with f u r t h e r r e q u e s t s for use of the F u n d ' s r e s o u r c e s .
Der Internationale Währungsfonds
91
12. The staff will from time to time prepare, for review by the Executive Board, studies of programs supported by stand-by a r rangements in order to evaluate and compare the appropriateness of the programs, the effectiveness of the policy instruments, the observance of the programs, and the results achieved. Such r e views will enable the Executive Board to determine when ist may be appropriate to have the next comprehensive review of conditionality.
Die finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzen von Regierung, Parlament und Volk in der Schweiz (unter besonderer Berücksichtigung der Ausgabenbewilligungskompetenz) Von David Jenny
*
Inhaltsübersicht I.
Einleitung
94
1. Finanzverfassungsrecht und halbdirekte Demokratie
94
2.
98
Problemformulierung
3. Charakteristika der schweizerischen Finanzverfassungen II.
99
Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage einer Ausgabe
104
1. Grundsätzliches
104
2.
Demokratieprinzip
107
3.
Rechtsstaatlichkeit
110
4. Gewaltenteilung
111
5. Schlußfolgerungen
113
""Danken möchte ich Herrn Professor Kurt Eichenberger, der meine Bemühungen verständnisvoll begleitet hat, Frau l i c . i u r . Karin Somm und Herrn lic.iur. Bruno Lötscher, deren Anregungen stets hilfreich waren, Frau l i c . i u r . Suzanne Debrot und Frau Merete Schatz, die die sorgfältige Abschrift des Manuskriptes erstellt haben.
94
David Jenny
III.
Ausgabenbewilligung: Verfahren und Ausgabenarten
114
1.
Grundsätzliches
114
2.
Anlage oder Ausgabe
116
3.
Neue oder gebundene Ausgabe?
118
4.
Ausgabenhöhe
122
5.
Schlußfolgerungen
124
IV.
Schlußbetrachtungen
I.
Einleitung
1.
Finanzverfassungsrecht und halbdirekte Demokratie
Prägend
für
das
schweizerische
124
Finanzverfassungsrecht'''
Beteiligung des Volkes an den staatlichen
ist
die
Entscheidungsabläufen.
Damit fügt sich das Finanzverfassungsrecht in das schweizerische 2 System der halbdirekten Demokratie ein und teilt dessen Proble1
In der Schweiz sind die Begriffe Finanzrecht und Finanzverfassungsrecht gleichbedeutend, v g l . Escher, Finanzrecht, in: Eichenberger et a l . , Handbuch des Staats- und Verwaltungsrechts des Kantons Basel-Stadt, 1984, S. 453 f f . (454). Unter Finanzrecht im weiteren Sinne werden alle auf die Haushaltsführung anwendbaren Normen verstanden, dazu ausf. Probst, Richtlinien der Regierungspolitik - Finanzplanung Finanzrecht, in: Festschrift für Hans Huber, 1981, S. 685 ff. (S. 692 f f . ) . Als Finanzrecht im engeren Sinn wird das Ausgabenrecht bezeichnet, Escher, aaO,, S. 454. Zu der deutschen Begrifflichkeit v g l . Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I I , 1980, S. 1060 f . und Strickrodt, Finanzrecht. Grundriß und System, 1975, S. 15 ff.
2
Wenn die schweizerische Staatsform als "halbdirekte Demokratie" bezeichnet wird, soll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Schweiz keine direkte oder identitäre Demokratie, sondern eine repräsentative Demokratie ist, die durch direkt-demokratische Institutionen ergänzt wird, v g l . Eichenberger, Zusammen- und Gegenspiel repräsentativer und plebiszitären Komponenten im schweizerischen Regierungssystem, 1977, in: Der Staat der Gegenwart, 1980, S. 95 f f . (S. 96 ff.). Mit dem Begriff "halbdirekte Demokratie" wird das Abrücken vom ursprünglichen Schweizer Idealbild der (Fortsetzung Fußnote)
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
me. da
Die schweizerische Staatsform der halbdirekten sie
das nach dem Muster
gebaute
staatliche
Gerüst
mit
Volkes kombiniert,
schwierig.
wie die
Zuweisung
aller
an
Volk
das
sich
Begrifflichkeit ist
Sachentscheidungskompetenzen
des
Schwierig, an
den
weil einfache Lösungen die Repräsentanten
Schwierig,
werden
andererseits
ist, auf-
betreffenden
umgesetzt
und
Demokratie Demokratie
Kompetenzen
verbieten.
Kcmpetenzausscheidung bar
der repräsentativen
95
weil
die
die
Grundentscheidungen
müssen,
die einerseits
Grundentscheid
zu
oder
sinnvolle in
eine
handhab-
verwirklichen
vermag. Üblicherweise
wird
der staatlichen
zur
Kompetenzzuteilung g
Handlungsformen
im Bund und in den Kantonen fassungs-
und
Gesetzesstufe
die
formale
beansprucht. an der
beteiligt,
So wird
Rechtssetzung auf
Gliederung
auf
das
Volk
der Ver-
Einzelakte
erstreckt
sich die Volksbeteiligung - zumindest im Bunde - nicht.
Befriedi-
gende Resultate e r z i e l t diese formelle Anknüpfung der Volksrechte jedoch 4nur, wenn das erkorene Gefäß auch den erwünschten Inhalt enthält .
Im Finanzverfassungsrecht p a r t i z i p i e r t
finanzrelevanten gung der
Rechtssetzung,
Steuern enthalten
die inbesondere
muß^.
Die P l a n u n g s - ,
das Volk an der auch die
Festle-
V o l l z u g s - und
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) direkten Demokratie s i g n a l i s i e r t . Der von Rhinow g e p r ä g t e Begriff " p l e b i s z i t ä r imprägnierte Repräsentationsdemokratie" (Grundprobleme der schweizerischen Demokratie, ZSR 103 I I , 1984, S. 111 f f . (199 f . ) , betont die zentrale Stellung des repräsentativen P r i n z i p s . 3
Zur Problematik der Abgrenzung von Rechtssatz und Einzelakt v g l . neuestens Jaag, Die Abgrenzung zwischen Rechtssatz und Einzelakt, 1985. Zu den Formen der Rechtssetzung vgl. Müller, Inhalt und Formen der Rechtssetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, 1979, S. 107 f f .
4
Vgl.
5
V g l . Cottier, Die Verfassung und das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage, 1983, S. 59 f f . Das Instrument des Steuerfußes gestattet es a b e r , die gesetzlich festgelegten Steuern den Bedürfnissen entsprechend zu v a r i i e r e n , vgl. Höhn, Steuerrecht, 4. Aufl. 1981, S. 122 f . In einigen Kantonen entscheidet das Parlament endgültig über den Steuerfuß, (Fortsetzung Fußnote)
Müller ( F n . 3 ) , S. 130.
David Jenny
96
Kontrollkompetenzen
Finanzrechts werden e Parlament und Regierung uneingeschränkt zugeteilt . Die Genehmi-
gung des Budgets,
auf
dem
Gebiete
des
des Haushaltes, fällt im Bund und in fast .aln
len Kantonen dem Parlamente zu .
Das auf kommunaler Ebene an-
zutreffende Budgetreferendum ist praktisch von geringer Bedeuo tung . Gleiches gilt für die Mitwirkung des Volkes an der Auf9 nähme von Fremdmitteln . Für die geschilderten Bereiche ist also bezüglich
der
Methode
der
Kompetenzausscheidung
festzuhalten:
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) vgl. die Übersicht bei Jans, Die Zuweisung der Budgetkompetenzen in Bund, Kantonen und Gemeinden, ZB1 85, 1984, S. 477 f f . (481). Der Bund kennt keinen Steuerfuß, v g l . Jans, aaO., S. 480. 6
Für den Kanton Basel-Stadt, der hier als Beispiel angeführt sei, vgl. Escher (Fn. 1), S. 473 f f . Bemerkenswert i s t , daß das Parlament am Vollzug größerer Ausgaben beteiligt ist, Escher (Fn. 1), S. 477 f . Die Rechnung genehmigt jeweils das Parlament. Zur parlamentarischen Kontrolle des Finanzgebarens der Regierung v g l . Vallender, Finanzhaushaltsrecht. Bund - Kantone - Gemeinden, 1983, S. 67 f f . ; Koller, Der öffentliche Haushalt als Instrument der Staats- und Wirtschaftslenkung, 1983, S. 96 f f . und "Bericht der Besonderen Untersuchungskommission (BUK) vom 26. August 1985 zuhanden des Großen Rates des Kantons Bern betreffend die Beanstandungen des Rudolf Hafner vom 22. August 1984", S. 139 f f .
7
Nur der Kanton Schaffhausen referendum, das aber nur im erfußes ergriffen werden darf SH), v g l . dazu Jans (Fn. 5 ) ,
8
Übersicht bei Jans (Fn. 5 ) , S. 484, 489. Immerhin ist zu betonen, daß das Budgetreferendum in der Vergangenheit vereinzelt (z.B. Luzern und Biel) als wirksame Oppositionswaffe eingesetzt wurde. Den destruktiven Charakter des Budgetreferendums zeigt Imboden, Unmittelbare Demokratie und öffentliche Finanzen, 1949, in: Staat und Recht, 1971, S. 163 f f . , 169 f f . , auf.
9
Dem Bund ist das sog. Anleihensreferendum unbekannt. Übersicht über die kantonalen Regelungen bei Jans (Fn. 5), S. 483. Bemerkenswert i s t , daß manche Kantone die Kompetenz zur Aufnahme von Fremdmitteln der Regierung zuweisen. Der Kanton Basel-Stadt verfügt über ein Kuriosum: die Anleihensinitiantive, v g l . Rhinow, Volksrechte, in: Eichenberger (Fn. 1), S. 89 f f . (158).
kennt ein fakultatives BudgetFalle einer Erhöhung des Steu(Art. 42 Abs. 1 Ziff. 3 KV S. 481, 483.
i
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
97
Aus der staatlichen Handlungsform ergibt sich zwingend die Kompetenzzuweisung . In einem zentralen Bereich des Finanzverfassungsrechts kommt e i ne kompliziertere Ausscheidungsmethode zum Zuge:
Um die Ausga-
benbewilligungskompetenz dem zuständigen Organ zuteilen zu können, tion
genügt es nicht,
das Vorliegen einer finanziellen Transak-
zu konstatieren.
Die
staatlichen
Kassenausgänge*®
nach inhaltlichen Kriterien unterteilt. sich weitgehend, an,
verschiedene Verfahren bereitzustellen.
in wieviele Kategorien
werden
Das positive Recht begnügt
die Ausgaben zu gliedern
Es zeigt sind.
Es
deutet aber nur an,
welche inhaltlichen Kriterien
kategorisieren sollen.
Rechtsprechung und Lehre sind bemüht, die
die Ausgaben
Bedeutung der einzelnen Verfahren im Finanzrecht für das Gesamtsystem der
Kompetenzaufteilung
in
der Schweiz
auszuloten,
staatspolitische Zielsetzung eines Instituts freizulegen'*''''.
die
Darauf
aufbauend ist eine praktikable und sinnvolle Terminologie zu e r 12 arbeiten . Diese soll es ermöglichen, die Transaktionen zu bezeichnen,
die als Anlagen, Verfügungen über 13 das Finanzvermögen, in die Zuständigkeit der Regierung fallen . Dem Volke hingegen soll die
Mitwirkung an
werden.
Diese Beteiligung kann im Stadium der Rechtssetzung oder
anläßlich
der Bewilligung von Ausgaben
einzelner Ausgabenbeschlüsse erfolgen.
Gesetzmäßigkeit,
das Legalitätsprinzip,
stimmtheit ausgabenrelevanter Erlasse.
Das Gebot der
fordert eine minimale BeDies ist für den Bund, der
auf einen Einbezug der Bürger in das fahren verzichtet,
gesichert
Ausgabenbewilligungsver-
von besonderer Bedeutung.
In den
Kantonen
10
D.h. Anlagen und Ausgaben.
11
Vgl. die näheren Ausführungen unter I I I .
12
Diese beiden Anforderungen gewährleisten, daß sowohl das Interesse an einer handhabbaren Begrifflichkeit wie auch die Sorge um die Durchsetzung der staatspolitischen Zielsetzung einer Institution berücksichtigt werden, vgl. weiter III.1.
13
Vgl.
III.2.
98
David Jenny
w i r k t d a s Volk an einzelnen A u s g a b e n b e s c h l ü s s e n
mit,
falls
das
vom Volk m i t g e t r a g e n e V e r f a s s u n g s - und Gesetzesrecht die A u s g a b e n b e w i l l i g u n g nicht schon vorweggenommen h a t 14 . In E i n z e l a k t e n , zu denen die A u s g a b e n b e s c h l ü s s e
zählen,
sollen Entscheide,
im R e c h t s s e t z u n g s v e r f a h r e n z u s t a n d e gekommen s i n d , 15 stoßen werden können
2.
b e s c h ä f t i g e n sich
vorwiegend mit der Auftei-
l u n g der Ausgabenbewilligungskompetenz Volk.
Beleuchtet
werden
Dilemma des angemessenen dungen und ten,
Einbezugs
auf R e g i e r u n g ,
das
spezifisch
der Bürger
Einleitend sollen
Fixierung einer
praktikabel,
eindeutig
schweize-
die der Volksbeteiligung
h e r v o r g e h o b e n werden
welche
Anforderungen
an
(1.3.) die
an die
Anschließend
rechtssatzmäßige
Ausgabe a u s dem L e g a l i t ä t s p r i n z i p
Zuletzt soll a u f g e z e i g t w e r d e n , zum r i c h t i g e n
SachentscheiBegrifflichkei-
e i n i g e kennzeichnende Eigenheiten des
stellen s i n d ,
dargelegt,
Parlament
schweizerische
wiederzugeben.
Finanzverfassungsrechts,
Seite zu
in
rechtlicher
vage staatliche Grundentscheidungen
rischen
wird
soll
die allgemeine Problematik
und ohne S u b s t a n z v e r l u s t
wird
die umge-
Problemformulierung
Meine A u s f ü h r u n g e n und
nicht
fließen
(II.).
wie die Problematik der Zuordnung
Ausgabenbewilligungsverfahren
methodisch
bewältigt
(III.).
14
Und f a l l s die Ausgabe eine bestimmte Höhe e r r e i c h t ( v g l . III .4.). Die Ausgabenbewilligungskompetenz des P a r l a m e n t s wird h i e r n e g a t i v u m s c h r i e b e n : Grenzen s e i n e r Kompetenzen s i n d die Z u s t ä n d i g k e i t e n von Volk und R e g i e r u n g .
15
Vgl.
III.2.
F i n a n z v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e Kompetenzen in der Schweiz
3.
C h a r a k t e r i s t i k a der schweizerischen
a)
Das F i n a n z v e r f a s s u n g s r e c h t
99
Finanzverfassungen
hat in Bund und Kantonen eine
unterschiedliche Ausgestaltung e r f a h r e n . Im Bunde beschränkt sich die Volksbeteiligung
auf die Mitwirkung an der Rechtssetzung
auf
Verfassung^- und Gesetzesebene.
Der B u n d e s v e r f a s s u n g s g e b e r , d . h . 16 die Mehrheit des Volkes und der Gliedstaaten , hat eine Ausdehnung der Volksrechte im Finanzbereich verworfen 17 . In allen Kantonen hingegen
gestattet
das
Finanzreferendum
tion des Volkes an Finanzverwaltungsakten
18
.
die
Partizipa-
Für die vorliegen-
den Erörterungen ist besonders d a s Ausgabenreferendum, nanzreferendum im engeren Sinne 19 , von Bedeutung.
das
Fi-
16
Art. 123 BV (SR 101).
17
In der Volksabstimmung vom 30. September 1956 ist die Aufnahme des Finanzreferendums in die B u n d e s v e r f a s s u n g a b g e lehnt worden. Zum Bundesfinanzreferendum v g l . von Sprecher, Das Bundesfinanzreferendum, 1960; Aubert, Une p a g e d ' h i s t o i r e parlamentaire s u i s s e . Le référendum financier devant l ' a s s e m b l é e fédérale (1954-1956), in: Bridel, 1968, S. 1 f f . ; Herold, Zur Geschichte des Finanzreferendums im Bunde, ZB1 82, 1981, S. 64 f f . Die noch h ä n g i g e I n i t i a t i v e der sozialdemokratischen Partei der Schweiz " f ü r die Mitsprache des Volkes bei Militärausgaben (Rüstungsreferendum)", BB1 1981 III 715, sieht ein auf den militärischen Sektor begrenztes Finanzreferendum vor. Auf eine Anknüpfung an einen Finanzverwaltungsakt verzichteten die abgelehnten Volksinitiativen "Demokratie im Nation a l s t r a ß e n b a u " , BB1 1976 II 1133 f f . , und die s o g . Atominit i a t i v e , BB1 1978 II 889. Diese hätten p a r t i e l l e Verwaltungsreferenden e i n g e f ü h r t . Imboden, Helvetisches Malaise, 1964, in: Staat und Recht, S. 279 f f . (292 f . ) , befürwortet einen Einbezug des Volkes in den Nationalstraßenbau. J a n s (Fn. 5), S. 479, Anm. 4, bezeichnet auch die I n i t i a t i v e "Demok r a t i e im Nationalstraßenbau" a l s Finanzreferendum. Diese löst aber ein Referendum u n a b h ä n g i g von einem Finanzbeschluß a u s .
18
Vgl. die Übersichten bei J a n s (Fn. 5 ) , S. 481 f f . , die auch die Rechtslage auf kommunaler Ebene wiedergeben, und Moser, Institutionen und Verfahren der Rechtssetzung in den Kantonen, 1985, S. 61 f f .
19
Dazu v g l . die Abhandlungen von Escher, Das Finanzreferendum in den schweizerischen Kantonen, 1943; Haller, Das Finanzreferendum, ZSR 90 I , 1971, S. 475 f f . ; Hungerbühler, Fußnote)
David Jenny
100
b)
Auf
dem Gebiete des
desverfassung Trotz
der
herrscht
in
den
Kantonen
Absenz den
Finanzverfassungsrechts in
einem
verbindlicher
kantonalen
weiten
läßt
die
Bun20 Maße freie Hand .
bundesrechtlicher
Vorgaben
Finanzverfassungsrechten
bezüglich
der grundsätzlichen Fragen jedoch gemeineidgenössische Überein21 Stimmung . Diese Harmonie, die auf gemeinsamen Anschauungen 22 des Wesens der halbdirekten Demokratie basiert , erlaubt es dem 23 Bundesgericht, Regeln zu entwickeln , die subsidiär Anwendung finden können. nig
Dabei kommen dem Bundesgericht die teilweise we-
aussagekräftigen
kantonalen
Normierungen
und
die
Bereit-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Das Finanzreferendum nach der aargauischen Kantonsverfassung vom 25. Juni 1980, ZB1 86, 1985, S. 329 f f . ; Imboden (Fn. 8); Laur, Das Finanzreferendum im Kanton Zürich, 1966; Nef, Erneuerung des Finanzreferendums, in: Gedenkschrift für Max Imboden, 1972, S. 255 f f . ; Rohner, Die F i nanzkompetenzen der Landesgemeinden, 1960; Saladin, Kantonale Subventionen als Gegenstand des Finanzreferendums, in: Festschrift 500 Jahre Solothurn im Bund, 1981, S. 149 f f . ; Schär, Die verfassungsmäßigen Finanzkompetenzen der Staatsorgane im Kanton Bern, 1961. Weiter v g l . Aubert, Traité de droit constitutionnel suisse, 2 Bde., 1967, supplément 1967-1982, 1982, no. 1151-1154 ter; Auer, Les droits politiques dans les cantons suisse, 1978, S. 159 f f . ; Giacometti, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, 1979 (unveränderter Nachdruck der 1. A u f l . von 1941), S. 525 f f . ; Imboden/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl. 1976, Bd. I I , Nr. 152-154; Schweizer, Verfassung des Kantons Glarus, Kommentar zum Entwurf, 1981, Bd. 1 S. 246 f f . ; Vallender (Fn. 6 ) , S. 80 ff. Zum baselstädtischen Recht v g l . insbes. Escher (Fn. 1 ) , S. 459 f f . ; Rhinow (Fn. 9 ) , S. 158 f f . ; Schmid, I n i t i a t i v e und Referendum im baselstädtischen Verfassungsrecht, BJM 1980, S. 225 f f . (240-242). 20
Art. 6 BV verpflichtet die Kantone zum obligatorischen Verfassungsreferendum und zur Verfassungsinitiative, ein F i nanzreferendum v e r l a n g t er nicht. Dazu v g l . Saladin (Fn. 19), S. 146.
21
So kennen alle Kantone das Finanzreferendum. V g l . Fn. 18.
22
V g l . Giacometti (Fn. 19), S. 528 f .
23
Vgl.
III.l.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
101
schaft der Kantone entgegen, auf Korrektur der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch Neuschaffung präziserer Regeln zu verzichten. In jüngster Zeit haben einige Kantone ausdrücklich die bundesgerichtliche Rechtsprechung in ihre Rechtsordnungen inkorpo24 riert . Zu einer gewissen Rechtsvereinheitlichung hat auch das Bundesgesetz das
die
über
den
kantonalen
Bei gehöriger
eidgenössischen
Kodifizierungen
Vorsicht
ist
Finanzhaushalt
nachhaltig
es daher vertretbar,
trachtung der schweizerischen
Finanzrechte,
geführt, 25 beeinflußt hat eine
Gesamtbe-
namentlich der Aus-
gabenbewilligungsrechte, zu wagen. c)
Das schweizerische Finanzverfassungsrecht ist nicht aus e i -
nem Guß,
es vereinigt fragmentarische Brocken, die verschiedenen
Epochen entstammen. veralteten
"Die Kantone waten durch die Untiefen eines 26 Finanzgebarens" , so lautete im Jahre 1969 die Dia-
gnose Eichenbergers. trockengelegt worden.
Seither sind manche, aber nicht alle Moraste Im Lichte der neueren Errungenschaften des
Finanzrechtes ist zu fragen, ob Relikte aus dem 19. Jahrhundert wie etwa die Zweiteilung des Staatsvermögens 27 in Finanz- und Verwaltungsvermögen - noch immer brauchbar sind . So gesehen, 24
Vgl. beispielsweise § 63 Abs. 1 Bst. c KV Aargau (SR 131. 227), dazu v g l . Hungerbühler (Fn. 19), S. 338; "der baselstädtische Gesetzgeber hat sich den Überlegungen des Bundesgerichts sinngemäß angeschlossen", Escher (Fn. 1), S. 462.
25
Vom 18. Dezember 1968 (SR 611.0, FHG). Dazu v g l . Koller (Fn. 6), S. 72 f f . Vgl. beispielsweise das "Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons Glarus vom 2. Mai 1976" und die "Verordnung über den Finanzhaushalt des Kantons Schwyz vom 21. Februar 1973". Als weiteren Faktor der Rechtsvereinheitlichung hat sich das von der Konferenz der Finanzdirektoren erarbeitete "Mustergesetz für den Finanzhaushalt der Kantone und Gemeinden" erwiesen; Handbuch des Rechnungswesens der öffentlichen Haushalte, hrsg. von der Konferenz der Kantonalen Finanzdirektoren, 2 Bde., 2. Aufl. 1981.
26
Eichenberger, Leistungsstaat und Demokratie, 1969, (Fn. 2), S. 56 f f . (60).
27
Vgl.
III.2.
102
David Jenny
befindet sich das schweizerische Finanzverfassungsrecht, 28 Tagungsthema
aufzunehmen,
um das
noch nicht in einer Phase der Be-
währung. Finanzverfassungsrecht konzentriert sich 29 auf einzelne Ausgaben. Das Budget , das in der Schweiz nicht in
d)
Das schweizerische
Gesetzesform ergeht, sammelt vielfach verstreute Ausgabenbeschlüsse. Dieses Phänomen ist auch im Bunde zu beobachten: Obwohl die Bundesversammlung endgültig,
ohne den Vorbehalt einer
stimmung,
über Ausgaben entscheidet,
beschlüsse
in
Sammelvorlagen
und
Volksab-
werden wichtige Ausgaben-
nicht
im
Budget
verabschie-
28
Das lautet: "Finanzverfassung in der Bewährung".
29
Nach der älteren Schweizer Lehre soll "der Voranschlag . . . die Verwaltungs-Einnahmen und -Ausgaben des kommenden Jahres darstellen und nichts anderes", Burckhardt, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung, 3. Aufl. 1931, S. 687; v g l . auch die Hinweise in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt, BB1 1968 I 471 f f . , 476-478. Der Form nach ist das Budget kein Gesetz, sondern ein einfacher Bundesbeschluß, Burckhardt, aaO., S. 689, der dem fakultativen Referendum entzogen ist. Bäumlin, Die Kontrolle des Parlaments über Regierung und Verwaltung, ZSR 85 I I , 1966, S. 165 f f . , hebt hervor, daß es sich bei Gesetz und Budget "um grundlegende Steuerungsvorgänge innerhalb des demokratischen Regierungsprozesses" (aaO., S. 299) handelt. Auch die Botschaft FHG bezeichnet den Budgetbeschluß als "wesentlichen politischen Steuerungsvorgang", BB1 1968 I 477. Koller (Fn. 6), S. 425 f f . , der sich mit der Frage der Rechtsnatur eingehend beschäftigt, verwirft die Lehre vom Budget als Verwaltungsakt und kommt zum Schluß, der Voranschlag sei als Plan zu q u a l i f i zieren (aaO., S. 458). Zur Frage, ob ein Budgetbeschluß eine ausreichende Grundlage für eine Ausgabenbewilligung ist, v g l . Fn. 64. Zum schweizerischen Budgetrecht v g l . ferner Gähwiler, Das Finanzhaushaltsrecht des Kantons St. Gallen, 1977; Koller, Budget und Norm, in: Festgabe zum schweizerischen Juristentag, 1973, S. 89 f f . ; Müller (Fn. 3), S. 30 f f . ; Stalder, Gesetz und Budget, ZB1 60, 1959, S. 377 f f . , S. 401 f f . ; Vallender (Fn. 6), S. 41 f f . ; Voranschlag und Rechnung der öffentlichen Gemeinwesen, Veröffentlichungen der Schweizerischen Verwaltungskurse an der Handels-Hochschule St. Gallen, Bd. 5, 1945.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
103
30 det
. Die Leistungsfähigkeit des Haushaltsplanes, der eine finan-
zielle
Steuerung
der
gesamten
wird dadurch geschwächt.
Staatstätigkeit
(aber auch in der Bundesversammlung) gen
über
Ausgabenbeschlüsse
konkrete Projekt, len,
gestatten
sollte,
Zusätzlich verdrängen in den Kantonen anläßlich
von Abstimmun-
die Auseinandersetzungen
Uber
das
für das staatliche Mittel eingesetzt werden sol-
die finanzpolitischen Erwägungen. Das Finanzreferendum wird
zum Projektreferendum 31 . e)
Wer Finanzkompetenzen wahrnimmt,
handelt nicht frei von
rechtlichen Bindungen. Mit der rechtssetzenden Gewalt ist die Fi32 nanzgewalt doppelt verknüpft: Zu beachten ist nicht nur der 33 Vorrang, sondern auch der Vorbehalt des Gesetzes . Letzteres Erfordernis gilt
für die
Erhebung
von Abgaben
Zeit auch für die Bewilligung von Ausgaben. wie
bestimmt
die
rechtssatzmäßige
Grundlage
soll und ob gewisse Ausnahmen weiter zulässig
und seit
kurzer
Kontrovers ist aber, einer
Ausgabe
sein
sind.
30
Die Sammelvorlagen, die von den Sachkommissionen und nicht von der Finanzkommission vorberaten werden, beinhalten die sog. Verpflichtungskredite (Art. 23-28 FHG), v g l . Koller (Fn. 6), S. 420 f f . (459).
31
Vgl.
32
Zum Begriff und zum Verhältnis zu den übrigen Staatsfunktionen v g l . Koller, Die Finanzgewalt im System der staatlichen Funktionenordnung, in: Festschrift für Kurt Eichenberger, 1982, S. 507 f f . ; Müller (Fn. 3), S. 29 f .
33
Vgl. I I . Weiter determiniert die rechtssetzende Gewalt t e i l weise auch, in welchem Verfahren die Finanzgewalt sich aktualisiert ( v g l . I I I . ) .
III.3.
104
David Jenny
II.
34 Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage einer Ausgabe
1. Art.
Grundsätzliches 2 des Finanzhaushaltsgesetzes
Bundesversammlung,
des Bundes
von 1968
weist
Bundesrat und Verwaltung an,
den Finanzhaushalt nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit zu führen 35 . Die Kantone haben z . T .
die Formulierung des Bundesgesetzes in ihre 36 eigenen Finanzhaushaltsgesetze aufgenommen . Derartige Bestimmungen drücken aus, was auch ohne explizite Normierung gelten würde: Finanzkompetenzen sind nach Maßgabe der Gesetze auszu37 üben . Wie schon angetönt wurde, ist der exakte Umfang der Gesetzesbindung strittig.
Nur die Geltung des Prinzips des Vorrangs
des Gesetzes steht zweifelsfrei fest
,
auf dessen weitere Diskus-
sion wird daher hier verzichtet. 34
Zum Legalitätsprinzip v g l . Borer, Das Legalitätsprinzip und die auswärtigen Angelegenheiten, 2 Bde., Diss. Basel 1985 (Maschinenschrift); Cottier (Fn. 5); Hertach, Das Legalitätsprinzip in der Leistungsverwaltung, 1984; Wildhaber, Legalitätsprinzip und Außenpolitik - eine Problemskizze, in: Einblicke in die schweizerische Außenpolitik. Zum 65. Geburtstag von Staatssekretär Raymond Probst, 1984, S. 443 ff.; Zimmerli, zum Gesetzmäßigkeitsprinzip im Verwaltungsrecht, Recht 1984, S. 73 ff.
35
Dazu vgl. Botschaft FHG (Fn. 29), S. 481 f . ; Koller (Fn. 6), S. 77 f . ; Vallender (Fn. 6 ) , S. 36 ff.
36
Vgl. etwa das Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons Glarus vom 2. Mai 1976.
37
Ausübung von Finanzkompetenzen ist aber weit mehr als bloßer Gesetzesvollzug. Den Gesetzen ist zu entnehmen, welcher Gestaltungsspielraum noch verbleibt. Dieser wiederum wird von eigenständigen finanzpolitischen Prinzipien beherrscht, die ihrerseits auch den Gesetzgeber zu binden vermögen. So betrifft die verbindliche Aufforderung des Art. 42(bis) BV (Abbau des Fehlbetrages der Bilanz des Bundes) finanzrelevante Rechtssetzung und Ausübung der Finanzkompetenzen.
38
D.h. bei der Führung des Finanzhaushalts darf nicht gegen Gesetze verstoßen werden; Vallender (Fn. 6 ) , S. 36; v g l . auch Hertach (Fn. 34), S. 58.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
Das
schweizerische
Bundesgericht
mehreren wegleitenden Gesetzesvorbehaltes auf
hat
Mitte
der
70ger
105
Jahre
in
Entscheidungen den Anwendungsbereich die gesamte Staatstätigkeit
Zu Recht hat das Bundesgericht es aber vermieden,
des 39 ausgeweitet . generell den
Grad normativer Bestimmtheit, der auf Verfassungs-, Gesetzes40 oder Verordnungsstufe erreicht werden sollte, vorzuschreiben . Lehre und Praxis vertreten die Ansicht,
daß für jedes staatliche
Tätigkeitsfeld gesondert zu prüfen ist,
welche inhaltliche Dichte 41 auf welcher Ebene der Rechtssetzung notwendig ist . Die Ergeb-
nisse stimmen aber trotz
des methodischen
Konsenses nicht
über-
39
BGE 103 Ia 369 f f . , 380-384 ( W ä f f l e r ) , 103 Ia 394 f f . , 402, 104 Ia 305 f f . , 309-312 und 104 Ia 440 f f . , 445 f .
40
BGE 103 Ia 382-384 nennt verschiedene Gesichtspunkte, die jeweils zu berücksichtigen sind. Bemerkenswert ist, daß BGE 104 Ia 445 f . unter Berufung auf den Entscheid Wäffler die dort noch angeführte Einschränkung fallen läßt: "Daß der Gesetzesvorbehalt auszudehnen sei, bedeutet weder, daß er sich auf sämtliche Gebiete des Verwaltungsrechts erstrecken müsse, noch, daß er in allen Gebieten mit gleicher Strenge zu handhaben sei", BGE 103 Ia 382. Würdigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei Cottier (Fn. 5), S. 48 f f . ; Zimmerli (Fn. 34), S. 74 f f .
41
Die bundesgerichtliche Praxis bedient sich vor allem praktischer Gesichtspunkte, vgl. Cottier (Fn. 5),, S. 48 f . Die Lehre ist bemüht, die Funktion des Legalitätsprinzips herauszuarbeiten und Verbindungen mit anderen staatlichen Leitideen aufzuzeigen. Dazu v g l . Cottier (Fn. 5), passim; Wildhaber (Fn. 34), S. 443 f . ; Zimmerli (Fn. 34), S. 73, der insbes. auf die Probleme des Praktikers angesichts der hochdifferenzierten Dogmatik eingeht.
42
Als Beispiel seien die im Auftrag der bernischen Besonderen Untersuchungskommission, v g l . Bericht BUK (Fn. 6), S. 13, verfaßten Gutachten angeführt. Die Schlußfolgerungen von Kölz, Gutachten vom 20. März 1985 und Wildhaber, Kurzes Rechtsgutachten zur Frage der Durchführung einer Disziplinaruntersuchung gegen den Regierungsrat des Kantons Bern wegen der von ihm im Zusammenhang mit der bernischen Jura-Politik ausgerichteten Zahlungen, unterscheiden sich deutlich.
106
David Jenny
Antworten stimmtheit
auf
die
sind
beispielsweise tung
-
Frage
nicht
die
Einteilung 43
zu entnehmen
.
ideen Demokratieprinzip, zurückgegriffen werden, 44 stituieren
.
nach der
angemessenen
Typisierungen in
des
normativen
staatlichen
Eingriffs- und
Vielmehr muß auf die
Be-
Handelns
-
Leistungsverwalstaatlichen
Leit-
Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung die zusammen das Legalitätsprinzip kon-
Ihnen gemeinsam ist die Wertschätzung des Gesetzes.
Das Gesetz soll Garant ihrer Existenz sein,
und weil das Gesetz
in
staatlichen
hervorragender
Weise
Essentialia
unserer
beschützt, ist es mehr als ein bloßes Zielwert" Instrument, nem "eigenständigen rechtsstaatlichen 45 Hier soll skizziert werden, che
Grundlage
staatlicher
Ordnung
es wird zu e i -
wie die Anforderungen an die gesetzliAusgaben
Leitideen zu präzisieren sind.
im
Lichte
der
erwähnten
Dabei soll auch umrissen werden,
welche Bedeutung diesen allgemeinen Grundsätzen, mit den westlichen Verfassungsstaaten
teilt,
in
die die Schweiz der Schweiz zu-
kommt^®.
43
Aus der erwähnten Typisierung sind keine generellen Aussagen ableitbar, im Einzelfall sind aber die Eigenschaften der zu beurteilenden staatlichen Aktivität in die Abwägung miteinzubeziehen.
44
Wildhaber (Fn. 34), S. 443 f . , m.w.H. Diese Dreiheit der Leitideen wird hier verwendet, um die das Legalitätsprinzip betreffenden Überlegungen zu ordnen. Offengelassen wird, ob noch weitere Leitideen (Sozial- und Bundesstaatlichkeit) e i nen eigenständigen Beitrag zum Legalitätsprinzip leisten. Die Analyse der Leistungsfähigkeit von Rechtssatz und Einzelakt hätte auch ausgegliedert werden können. Zu beachten ist aber, daß schlußendlich die erwähnten Leitideen darüber entscheiden, ob die leistungsfähigere Handlungsform v e r f a s sungsrechtlich vertretbar ist.
45
Eichenberger, Gesetzgebung im Rechtsstaat, VVDStRL 40, S. 7 ff. (9).
46
Zu der deutschen Lehre vom Legalitätsprinzip v g l . Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I , 2. Aufl. 1984, S. 796 f f . Der schweizerischen Praxis und Lehre steht die deutsche Lehre skeptisch gegenüber, Stern, aaO. S. 808.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
2.
107
Demokratieprinzip
a) In der Schweiz ist das Volk an der Rechtssetzung beteil i g t ^ . Mittels Initiative können Volksteile im Bund Vorschläge für neues Verfassungsrecht, in den Kantonen auch für Gesetzesrecht dem Gesamtvolk zur Abstimmung unterbreiten. Vom Parlament ausgearbeitetes Verfassungs- oder Gesetzesrecht unterliegt dem Referendum: Verfassungsänderungen müssen im Bund und in den Kantonen dem Volke automatisch vorgelegt werden (sog. obligatorisches Referendum), Gesetze im Bund und einigen Kantonen, wenn eine bestimmte Anzahl stimmberechtigter Bürger es begehrt (sog. fakultatives Referendum). Die übrigen Kantone sehen auch für Gesetze das obligatorische Referendum vor . b)
Das demokratische Prinzip fordert die Mitwirkung des Volkes 49 an den wesentlichen, wichtigen staatlichen Entscheidungen . Das Legalitätsprinzip soll seinen Beitrag zur Sicherstellung der Volksrechte leisten. So ist in der Schweiz dem Begriffe des formellen Gesetzes die Unterstellung 50 unter das obligatorische oder fakultati-
ve Referendum immanent . Den aus dem Demokratieprinzip schweizerischer Ausprägung fließenden Anforderungen ist aber auch Genüge getan, wenn wesentliche Entscheide in referendumsfähigen Akten fallen, die unterhalb der Gesetzesstufe anzusiedeln sind. In den Kantonen und Gemeinden, wo das Volk mittels des Finanzreferendums das staatliche Ausgabengebaren kontrolliert, dürfen die gesetzlichen Normierungen inhaltlich unbestimmter ausfallen als im
47
Vgl. Lötscher/Somm/Überwasser, rechte für das schweizerische m.w.H.).
Zur Bedeutung der VolksStaatssystem (im Druck,
48
Vgl. Moser (Fn. 18), S. 24 f. und 59 f.
49
Vgl. Müller (Fn. 3), S. 107 f f . Ferner v g l . die krit. Würdigung des Kriteriums der "Wichtigkeit" bei Cottier (Fn. 5), S. 167 ff.
50
Cottier (Fn. 5), S. 12 f.
108
David Jenny
Bund len
51
.
Bundesgesetze sollten das Wesentliche über die finanziel-
Auswirkungen
erheischt
aber
der
staatlichen
auch der
Betätigung
Entscheid
des
aussagen.
Respekt
Bundesverfassungsgebers,
auf ein Finanzreferendum zu verzichten und damit der Bundesver52 Sammlung die Ausgabenbewilligungskompetenz zu übertragen . Es bleibt
dem Bundesgesetzgeber,
verwehrt,
d.h.
Parlament
und
Volk
nicht
in einem Bereich den finanziellen Spielraum des Parla-
ments aufzuheben,
zu mehr als einer Grobbestimmung der finan-
ziellen Dimensionen ist er aber nicht verpflichtet. c)
Das
Grundlage.
Demokratieprinzip Ist
die
verlangt
optimale
keine
normative
doppelte
Bestimmtheit
gesetzliche schon
auf
Verfassungsstufe vorhanden,
sind gesetzliche Regelungen bloß wie53 derholenden Inhalts überflüssig . Das jeweils erzielbare Optimum normativer Bestimmtheit bestimmt sich auch nach den Sonderheiten der jeweils zu regelnden Materie. Wo flexibles und situationsbezogenes Handeln dominieren 54 soll , sind die staatlichen Aktivitäten nicht voraussehbar und 51
Da das Parlament bei der Ausgabenbewilligung eine zentrale Rolle spielt ( v g l . I V . ) , werden auch seine Rechte gewahrt, v g l . Müller, Rechtsgutachten betreffend Verwendung der Lotteriegelder durch den Regierungsrat des Kantons Bern, erstattet der Besonderen Untersuchungskommission des Großen Rates des Kantons Bern vom 22. März 1985, S. 19. Problematisch sind die Fälle, wo Parlament und Regierung aufgrund unbestimmter Normen Kredite sprechen, die wegen ihrer g e ringen Höhe das Finanzreferendum nicht auslösen ( v g l . III. 4 . ) . Zu denken ist dabei insbes. an Aufwendungen für Planungen. Auf diesem Wege können wesentliche Entscheide zweimal durch die Maschen der Volksrechte schlüpfen.
52
Die unterschiedliche Ausgestaltung der kantonalen Finanzverfassungen und der Bundesfinanzverfassung erschwert es, Resultate, die einer Analyse der Bundesfinanzordnung entspringen, auf eine kantonale Rechtsordnung zu übertragen, dazu v g l . Wildhaber (Fn. 42), S. 10 f f . , der die Ergebnisse von Koller (Fn. 29), S. 106 f f . , aufnimmt.
53
Vgl. Borer (Fn. 34), S. 695 f .
54
Nicht ausreichend sein darf, daß flexibles Handeln vorteilhaft ist. Vielmehr muß die Verfassung explizit oder implizit (Fortsetzung Fußnote)
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
daher
109
nicht in aussagekräftige generell-abstrakte Normen ein55 56 . So wird bezüglich der Außenpolitik des Bundes , die
kleidbar
in der geschriebenen Verfassung nur rudimentär geregelt ist,
die
Ansicht vertreten,
eine gesetzliche Regelung der Finanzhilfen im 57 auswärtigen Bereich sei nicht unbedingt erforderlich . Zuständig für die Bewilligung der Finanzhilfen ist - ungeachtet der weitrei-
chenden
außenpoltitischen
Sachkompetenzen
der
Regierung
-
das
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) solches Verhalten gebieten ( v g l . auch Fn. 44). 55
Dazu v g l . Cottier (Fn. 5), S. 20 f . ; Wildhaber (Fn. 34), S. 449 f f . (453 f . ) ; Kols (Fn. 42), S. 27 f . Immer erforderlich ist eine formellgesetzliche Kompetenznorm, v g l . Cottier (Fn. 5), S. 36 Anm. 168; Hertach (Fn. 34), S. 124 f .
56
Dazu v g l . Wildhaber, Bundesstaatliche Kompetenzausscheidung; ders., Kompetenzverteilung innerhalb der Bundesorgane, in: Riklin/Haug/Binswanger ( H r s g . ) , Handbuch der schweizerischen Außenpolitik, 1975, S. 237 f f .
57
Wildhaber (Fn. 34), S. 454 f f . "Finanzhilfen, die sich weder generalisieren noch typisieren lassen, können, unmittelbar gestützt auf Art. 102 Z i f f . 8 und 9 der Bundesverfassung, gewährt werden"; Richli, Legalitätsprinzip und Finanzhilfen, ZBJV 120, 1984, 313 f f . (328). Ferner v g l . Borer (Fn. 34), S. 697 f f . ; VPB 1972 Nr. 47, Rechtsgrundlage für Beiträge an Welt- und Landesausstellungen; "Botschaft über ein Darlehen an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) in Genf vom 5. März 1984", BB1 1984 I 1205 f f . Dort schreibt der Bundesrat, daß die Bundesversammlung auch ohne gesetzliche Grundlage kraft der Budgetkompetenz befugt sei, den Kredit zu bewilligen, BB1 1984 I 1213, Praxis bestätigt in BB1 1985 I 249. Zur Frage einer allfälligen kantonalen Außenpolitik und deren Auswirkungen auf die Finanzkompetenzen v g l . Bericht BUK (Fn. 6), S. 60 ff.; Kols (Fn. 42), S. 47 f f . ; Wildhaber (Fn. 42), S. 2 f f . (7 f . ) . Zur verwandten Problematik der Kulturpolitik des Bundes, die aber zusätzlich die innerstaatliche Kompetenzausscheidung berührt, vgl. Martel, Grundlagen staatlicher Kulturpolitik, insbesondere des Bundes, ZB1 83, 1982, S. 101 ff.; "Botschaft über einen Beitrag an die Grobplanung der Jubiläumsanlässe 1991 vom 29. August 1984", BB1 1984 I I 1431 f f . (1437). Eine Gesamtübersicht über die Praxis des Bundes bezüglich Bundeshilfen ist zu finden in VPB 1979 Nr. 98.
David Jenny
110
Parlament.
Die finanziellen Aspekte der Außenpolitik kommen nach
der bislang herrschenden Auffassung den Volksrechten entgegen 58 . d)
Trotz der fehlenden Mitwirkung des Volkes ist auch Gewohn-
heitsrecht als ausreichende gesetzliche Grundlage eines Ausgaben59 bewilligungsbeschlusses anzusehen . Nicht einfach ist es, nichtnormierbare Bereiche von Materien abzugrenzen,
die eine gewohn-
60
heitsrechtliche Regelung erfahren haben
.
3.
Rechtsstaatlichkeit
a)
Im vorigen Abschnitt sind die Anforderungen an die norma-
tive Bestimmtheit einer gesetzlichen Grundlage Bürgers,
der an der Rechtssetzung und - in den Kantonen - an
der Ausgabenbewilligung beteiligt i s t , rechtsstaatlich soll
motivierte
dem Bürger
als
Komponente
Rechtssubjekt
ausgebreitet worden. des
Das
Legalitätsprinzips
insbesondere
des staatlichen Verhaltens und Beachtung gesicherten Rechtspositionen garantieren 61 b)
aus der Optik des Die nun
Voraussehbarkeit
seiner
grundrechtlich
staatliche Ausgabengebaren ist nicht per se grund62 . Eine den Geboten des Gleichheitssatzes konfor-
rechtsirrelevant 58
Die Volksrechte greifen, wenn ein referendumspflichtiger Staatsvertrag finanzrelevant ist (Art. 89 Abs. 3-5 BV) oder wenn ein Gesetz eine Regelung versucht; vgl. Wildhaber (Fn. 34), S. 455.
59
Vgl. Cottier (Fn. 5 ) , S. 13 f . ; Hertach (Fn. 34), S. 122 f . ; BGE 104 Ia 305 f f . (312 f . ) , dazu Richli (Fn. 57), S. 322. Die Frage, ob Gewohnheitsrecht Ausgaben binden kann, bleibt hier offen.
60
So beispielweise die Außenpolitik.
61
Vgl. f.
62
Vgl. Müller (Fn. 3 ) , S. 116. Bezüglich der auswärtigen F i nanzhilfen wird argumentiert, daß die Begünstigten keine schweizerischen Grundrechtsträger seien, vgl. Richli (Fn. (Fortsetzung Fußnote)
Cottier (Fn. 5 ) , S. 117 f . ; Wildhaber (Fn. 34), S. 443
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
111
me Verteilung staatlicher Leistungen kann nur im Gesetz erfolgen. Finanzielles Engagement des Gemeinwesens kann der Ausübung der 63
Grundrechte förderlich oder hinderlich sein
Sowenig das Gesetz imstande ist, zukünftiges situationsbezogenes Handeln sinnvoll zu determinieren, vermag der Einzelakt "Ausgabenbeschluß" Regeln aufzustellen, die den rechtsstaatlichen Erfor64 dernissen entsprechen . Voraussehbarkeit und rechtsgleiche Be65 handlung verwirklichen auch Gesetze im materiellen Sinne . Das demokratische Prinzip,
das zur Rechtsstaatlichkeit hinzutritt, f o r -
dert das formelle Gesetz.
4.
Gewaltenteilung
a)
Die Komponente des Legalitätsprinzips,
waltenteilungsprinzip
66
zurückführen läßt,
die sich auf das Gebehütet
nicht
alleine
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 57), S. 325 f . 63
So kann die finanzielle Intervention eines Gemeinwesens in einem Abstimmungskampf die Meinungsäußerungsfreiheit tangieren, dazu Auer, Le financement public de comités référendaires. Avis des droit, 1985; Kölz (Fn. 42), S. 5 f f .
64
Vgl. Koller (Fn. 29), S. 108 f . Auch wenn es in einem Einzelfall verfassungsrechtlich v e r tretbar ist, auf mehr oder weniger detaillierte rechtssatzmäßige Regelung zu verzichten, sollte nicht von einer "Ausnahme vom Legalitätsprinzip", v g l . den Ausnahmenkatalog in VPB 1979 Nr. 981, S. 460 f . , gesprochen werden. Vielmehr reduziert sich die Anforderung an die normative Bestimmtheit auf eine bloße Ermächtigung zum Tätigwerden in einem bestimmten Bereich. Nur kraft Ausgabenbewilligungskompetenz können keine Ausgaben gesprochen werden, vgl. Hertach (Fn. 34), S. 125 f .
65
Ungenügend sind Verwaltungsverordnungen, nen nicht bekannt sind.
66
Grundlage der vorliegenden Erörterungen ist das System der Gewaltenteilung, das die Bundesverfassung aufgerichtet hat, und nicht das Gedankengebäude, das das allgemeine Prinzip der Gewaltenteilung trägt. Vgl. auch Wildhaber (Fn. 34), S. (Fortsetzung Fußnote)
die den Betroffe-
112
David Jenny
den Gesetzgeber.
Vielmehr soll
in umfassender Weise die in der
Verfassung angelegte Aufteilung der Kompetenzen auf die verschiedenen Organe und Verbände gewährleistet werden. b)
Die Delegation der Ausübung einer Kompetenz an ein anderes
Organ bedarf der Verankerung im formellen, pflichtigen
Gesetz.
Eine
Abtretung
der
d.h.
referendums-
Rechtssetzungskompetenz
durch das Volk an das Parlament oder die Regierung ist nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung
zulässig,
wenn
bereits
Delegationsnorm mindestens die Grundzüge der künftigen 67 enthält
.
die
Regelung
Aus dem formellen Gesetz muß demzufolge hervorgehen,
in welcher Größenordnung sich die notwendigen Ausgaben bewegen. Als zulässig erachtet das Bundesgericht,
in einem bestimmten Be-
reich die Ausgabenbewilligungskompetenz an Parlament oder Regierung
zu übertragen,
sofern das
nicht durch
Finanzreferendums 68 allzu häufige Delegationen ausgehöhlt wird . Nicht
erforderlich
ist eine
formellen Gesetz.
annähernde
Institut
Fixierung
des
der Ausgabenhöhe im
Laut Bundesgericht darf das obligatorische
Fi-
nanzreferendum sogar in einem dem fakultativen Referendum unterstehenden Erlaß ausgeschaltet werden. Diese delegationsfreundliche Praxis,
der es an Abstimmung mit der Rechtsprechung
der Delegation
der
Rechtssetzungskompetenz
Lehre auf Kritik gestoßen
mangelt,
bezüglich ist
in
der
.
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 444. (384-392). Vgl. Aubert (Fn.
67
Grundlegend BGE 103 Ia 369 f f . 19), no. 1531-1536.
68
Vgl. etwa BGE 102 Ia 457 f f . Wenn gerügt wird, ein Ausgabenbeschluß sei dem Finantzreferendum nicht unterstellt worden, prüft das Bundesgericht vorgängig, ob eine Delegation vorliegt, v g l . beispielsweise BGE 108 Ia 237.
69
Vgl. G. Müller, Ausschaltung des Finanzreferendums durch Delegation der Ausgabenbewilligungskompetenz, ZB1 79, 1979, S. 8 f f . Ferner v g l . Geiger, Die Delegation von Finanzkompetenzen als staatsrechtliches Problem, in: St. Galler Festgabe 1965, 1965, S. 83 f f .
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
113
c) Bei der Ausübung der Finanzkompetenzen haben Bund und Kantone die in der Bundesverfassung angelegte Kompetenzausscheidung zu beachten. So darf insbesondere der Bund auf dem Budgetwege die Zuständigkeitsbereiche der Kantone nicht infiltrie-
5.
Schlußfolgerungen
Zusammenfassend sind folgende Gesichtspunkte maßgeblich dafür, ob eine Ausgabe auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruht: 1. Eine gesetzliche Grundlage ist immer erforderlich. Unter Einbezug aller relevanter Umstände muß jeweils ermittelt werden, ob eine bloße Ermächtigung zu möglicherweise ausgaben-wirksamen Handeln als gesetzliche Grundlage ausreicht oder nicht. 2. In die Abwägung einzubeziehen sind die gegensätzlichen Eigenschaften einer generell-abstrakten Anordnung und eines Einzelaktes. 3. Wenn das Volk an der Ausgabenbewilligungskompetenz teilhat, stellt das demokratische Prinzip an die normative Bestimmtheit des Grunderlasses keine hohen Anforderungen. 4. Nur generell-abstrakte Normierungen gewährleisten grundrechtskonformes, rechtsgleiches und voraussehbares staatliches Handeln. 5. Der Umfang von Kompetenzdelegationen ist im formellen Gesetz festzulegen.
70
Zu den kulturpolitischen Maßnahmen des Bundes v g l . (Fn. 57), S. 109 f f .
Martel
114
David Jenny
I I I . Ausgabenbewilligung: Verfahren und Ausgabenarten Ob Finanzgewalt ausgeübt werden darf, vorliegenden Sie ist
Ausführungen
gezeigt
auch von Bedeutung -
Erörterungen sein - ,
-
bestimmt - dies haben die die
rechtssetzende
Gewalt.
dies soll Gegenstand der weiteren
wenn eine Ausgabe dem richtigen Verfahren
zugewiesen werden soll.
1. Die
Grundsätzliches schweizerischen
Finanzordnungen
Ausgabenbewilligungsverfahren.
kennen
kein
einheitliches
Art und Höhe einer Ausgabe ent-
scheiden darüber, welches Verfahren mit welchen beteiligten Organen einzuschlagen i s t . 71 Die Verfahren sind normativ meist ausreichend geregelt andeutungsweise schieden. gen,
werden
die verschiedenen
.
Oft nur
Ausgabenarten
ausge-
Lehre und Praxis haben in der Schweiz die Zielsetzun-
die zu unterschiedlichen Verfahren geführt haben,
habbare Begrifflichkeit umgesetzt.
in hand-
So fragt das Bundesgericht an-
gesichts der spärlichen Normierung nach dem staatspolitischen Zweck des Finanzreferendums, des finanzrechtlichen Mitwirkungs72 rechts des Volkes . Die Erkenntnis des einem Institut zugrundeliegenden Zwecks ist aber denkbar schwierig. die Bedeutung einer Einrichtung für das Ganze, richtungen Revisionen erfahren haben.
Zudem ändert sich wenn andere Ein-
So ist es nicht verwunder-
71
Auch wenn eine Kantonsverfassung neue und gebundene Ausgaben nicht ausdrücklich nennt, ist dennoch aufgrund der Ratio des Finanzreferendums von einer Zweiteilung der Ausgaben auszugehen, v g l . Escher (Fn. 19), S. 95.
72
Die BGE 93 I 313 f f . , 93 I 620 f f . , 95 I 213 f f . , 95 I 531 ff., die sich alle auf die staatspolitische Zielsetzung des Finanzreferendums abstützen, markieren den Beginn einer reichen Rechtsprechung zum Finanzreferendum. Zum staatspolitischen Zweck v g l . ferner Geiger, Elektronische Datenverarbeitungsanlage und Finanzreferendum ZB1 68, 1967, S. 201 ff. (205-207).
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
lieh,
daß die Mitwirkungsrechte des Volkes bei
Ausgabenbewilli-
gungen im Laufe der Zeit verschieden gedeutet worden sind, 73 wohl die rechtlichen Grundlagen dieselben geblieben sind . stehen die staatspolitischen Zielsetzungen einmal fest, in Begrifflichkeit umzumünzen.
obUnd
so sind sie
Begriffe wiederum sind beharrlich,
sie erheben auch dann noch Anspruch auf Verbindlichkeit, die Zwecke,
115
wenn
zu deren rechtlicher Bewältigung sie geschaffen wur-
den, schon lange das Zeitliche gesegnet haben. 74 Die Stimmrechtsbeschwerde gestattet es den Bürgern, desgericht zur Prüfung zu veranlassen,
das Bun-
ob ein Kantonsparlament
oder eine Kantonsregierung eine Ausgabe zu Unrecht dem Finanzreferendum entzogen h a t .
Daher haben die Kriterien,
ständigkeiten des Volkes abgrenzen, gefunden.
die die Zu-
eine sorgfältige Bearbeitung
Da Volksrechte nur an Akte des Parlaments anknüpfen,
werden gleichzeitig auch die Kompetenzbereiche von Parlament und Regierung ausgeschieden. Die folgenden
Fragen,
deren Beantwortung
Ausgabe zum richtigen Verfahren ermöglicht,
die Zuweisung
einer
gehen aus dem F i -
nanzverfahrensrecht hervor: 1. Liegt eine Anlage oder eine Ausgabe (im engeren Sinne) vor? (III.2.) 2. Ist eine Ausgabe als neu oder gebunden zu qualifizieren? (III.3.) 3. Wie hoch ist die Ausgabe? (III.4.)
73
So reichte nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichts, die der jeweiligen kantonalen Praxis noch sehr verhaftet war, eine bloße gesetzliche Ermächtigung aus, um e i ne Ausgabe zu binden, BGE 74 I 116, 40 I 398 f .
74
Art. 85 l i t . a des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, SR 173.110.
116
David Jenny
75
2.
Anlage oder Ausgabe?
a)
Im Bund
gungsgewalt
und
in
den
über das sog.
Finanztransaktionen, qualifizieren sind,
Kantonen
liegt
die
alleinige
Verfü76 Finanzvermögen bei der Regierung
die als Anlagen und nicht als Ausgaben zu entziehen sich den Zuständigkeiten des Parla-
ments und des Volkes. M.E.
sollen
die Begriffspaare Anlage/Ausgabe
waltungsvermögen geln:
in
der
Schweiz
folgende
und
Finanz-/Ver-
Zielsetzung
widerspie-
Apolitische Verfügungen über das Staatsvermögen
die Mitwirkung von Parlament oder Volk nicht,
erfordern
ebenfalls bedürfen
sie keiner gesetzlichen Grundlage. 77 Apolitisch Mittel,
heißt:
um ein
fraglichen
Die fragliche
aufgetragenes
Verfügung
keine
Ziel
Vermögensveränderung zu realisieren.
Vermögensminderung
ist
kein
Da aus der
resultieren
soll
75
Zur Thematik Anlage/Ausgabe/Finanz-/Verwaltungsvermögen v g l . die in Fn. 19 zit. Lit. und Jéquier, Aspects juridiques des finances publiques (La notion des placement et les divers types de dépenses), in: Revue de droit administratif et de droit fiscal 25, 1969 p. 209-218, 256-267; Handbuch (Fn. 25), N 1007-1013; Knapp, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 1983, N 1664-1762; Herz, Finanz- und Verwaltungsvermögen in öffentlich-rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise, 1971; B. Schmitz, Die Unterscheidung zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen im Lichte des modernen Rechts- und Wirtschaftsstaates, 1966.
76
Oder bei einer nachgeordneten Verwaltungseinheit. Vgl. Art. 34 FHG, Art. 33 l i t . e und Art. 34 l i t . 1 des Mustergesetzes für den Finanzhaushalt der Kantone, in: Handbuch (Fn. 25), Bd. 1, S. 127 f . ; § 48 Abs. 3 KV Basel-Stadt. Vgl. ferner Escher (Fn. 1), S. 457 f . ; Rötheli, Über die Finanzkompetenzen des solothurnischen Regierungsrates, in: Festgabe Franz Josef Jeger, 1973, S. 197 f f .
77
Zum Begriff des Politischen v g l . Eichenberger, Die richterliche Unabhängigkeit als staatsrechtliches Problem, 1960, S. 122 f f . Offen bleibt hier, ob apolitisches staatliches Handeln nicht illusionär ist. Vgl. die interessante Bemerkung in Botschaft FHG (Fn. 29), S. 505: "Auch die Verwaltung des Finanzvermögens hat sich den Zielen der allgemeinen Staatspolitik unterzuordnen und dies zu unterstützen.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
und vielmehr Mittel,
ein Vermögenszuwachs
erwartet wird,
117
werden
die
zur Erfüllung der Staatsaufgaben benötigt werden, 78 nicht berührt . Öffentlichen Interessen wird also, so die gängige 79 Definition der Anlagen, nur mittelbar gedient . b)
die
Die dargelegte staatspoltische Zielsetzung wird mittels einer
Begrifflichkeit in Praxis umgesetzt,
die im 19.
80
deutschen Recht entlehnt wurde
.
Jahrhundert dem
Dieses hatte sich der Aufgabe
zu stellen,
die Einflußsphären von Volksvertretung und Monarch
zu
und
trennen
das
Privatvermögen des Monarchen aus dem 81 . Die Schweiz verwendete die Be-
Staatsvermögen auszugliedern griffe,
die ursprünglich die spezifischen Probleme einer konstitu-
tionellen Monarchie bewältigen sollten, Kompetenzen von Regierung einerseits, rerseits abzugrenzen. die deutschen
um die
finanzrechtlichen
Parlament und Volk ande-
Trotz des unterschiedlichen Unterbaus82 haben
Begriffe der Schweiz gute Dienste geleistet
.
In
zwei Bereichen treten aber die Grenzen ihrer Nützlichkeit klar ans Licht: Erstens: Finanz- und Verwaltungsvermögen kennen nicht nur unterschiedliche Zuständigkeitsordnungen, sie werden auch von zwei83 erlei Recht beherrscht . In jüngster Zeit ist die Fragwürdigkeit 78
D.h. die Vermögenswerte bleiben r e a l i s i e r b a r , v g l . Handbuch (Fn. 25), N 406 f .
79
Vgl. etwa Knapp (Fn. 75), N 1692.
80
Vor allem Laband hat die Schweiz nachhaltig beeinflußt. Zu Labands Terminologie v g l . Schmitz (Fn. 75), S. 18 f f . Die schweizerische Lehre hat sich später vor allem auf Fleiner bezogen, vgl. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1939 (Neudruck für die Schweiz), S. 351 ff.
81
Vgl. Schmitz (Fn. 75), S. 1 f f .
82
Das Bundesgericht hat schon früh die Begriffe Finanz-/Verwaltungsvermögen verwendet, v g l . etwa BGE 25 I 459 ff.
83
Zum Gebrauch des Privatrechts durch den Staat v g l . Eichenberger, Verwaltungsprivatrecht, in: Festgabe zum schweize(Fortsetzung Fußnote)
David Jenny
118
der Fiktion,
der Staat handle bisweilen,
so eben bei der Bewirt-
schaftung des Finanzvermögens, wie ein gewöhnlicher Privater und sei daher dem Privatrecht unterstellt, dient sich
der Staat
rechtlichen
Bindungen
seines
aufgezeigt worden. Oft be-
alter ego,
zu lösen®^.
um sich von öffentlich-
Der heutigen
Zeit
entspricht
diese methodische Schizophrenie nicht mehr. Zweitens: das
Objektiv erkennbar i s t ,
staatliche
schluß,
ob
Vermögen
öffentliche
nackten Zahlen nicht.
wie sich eine Verfügung auf
wertmäßig Zwecke
auswirkt.
verfolgt werden,
Kontrovers ist oft,
Eindeutigen vermitteln
Aufdie
ob die Beteiligung an
einem privatrechtlichen Unternehmen nur der Erträge wegen erfolgt ist.
Verhält sich eine Regierung taktisch geschickt und verlaut-
bart ihre Motive nicht, so muß die Beteiligung wohl oder übel als Anlage taxiert werden 85 .
3.
Neue oder gebundene Ausgabe?
Die Beantwortung der zweiten Frage, be,
entscheidet darüber,
neue oder gebundene Ausga-
ob eine Ausgabe an sich, d . h .
abgese-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) rischen Juristentag 1985, S. 75 f f . ; P . R. Müller, Das öffentliche Gemeinwesen als Subjekt des Privatrechts, 1970; Rhinow, Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Festgabe zum schweizerischen Juristentag 1985; ders., Privatrechtliche Arbeitsverhältnisse in der öffentlichen Verwaltung, in: Festschrift für Frank Vischer, 1983, S. 429 f f . 84
Vgl. Rhinow (Fn. 83), S. 438 f .
85
Illustrativ ist die sog. "WATRAG-Affäre": Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, der Aktien eines regionalen Verkehrsunternehmens erwarb, bekannte sich dazu, im öffentlichen Interesse gehandelt zu haben. Dadurch entkräftete er selbst seine eigene These, es liege eine Verfügung über das Finanzvermögen vor, v g l . den "Bericht der Geschäftskommission des Kantons Basel-Landschaft über die Angelegenheit Wasserfallen Transport AG/Autobus AG vom 20. Mai 1985". Vgl. ferner Handbuch (Fn. 25), N 405 und S 75 Abs. 3 neue KV Basel-Landschaft.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
119
oe hen von der Höhe,
referendumsfähig ist
setz
zur Ausgabenbewilligung
die
Kompetenz
. Wenn das formelle Gedelegiert,
erübrigt
sich die Frage. a)
Das Konzept der Zweiteilung
hige
und
der Ausgaben in referendumsfä-
referendumsfähige durchzieht ausnahmslos alle 87 kantonalen Regelungen . Inspiriert von einzelnen kantonalen Be88 89 Stimmungen hat sich folgende Terminologie durchgesetzt : Neue Ausgaben, über.
nicht
d.h. referendumsfähige, stehen den gebundenen gegen-
Diese Begriffe sind logischerweise,
zur Vefügung stehen, sind,
komplementär. Alle Ausgaben, die nicht neu
sind gebunden und vice versa.
korrekt,
da nur zwei Verfahren
Daher wäre es methodisch
nur den einen Begriff zu definieren.
Das Bundesgericht
versucht aber, beide Begriffe positiv zu definieren. b)
Seit etwa 20 Jahren kümmert sich das Bundesgericht intensiv
um saubere begriffliche Erfassung der beiden Ausgabenkatego90 rien . Da die frühere enge Bindung an das concreto auszulegende kantonale Recht weggefallen ist,
gelangen die höchstrichterlichen 91 Deutungen subsidiär zur Anwendung . Falls nicht klare Indizien abweichende kantonale Regelungen anzeigen, wendet das Bundesge86
Dazu v g l . die in Fn. 19 zit.
Lit.
87
Vgl. Fn. 71.
88
So Solothurn und Zürich, v g l . BGE 74 I 116.
89
Escher (Fn. 19), S. 90 f f . , spricht statt von "neuen" von "außerordentlichen" Ausgaben. Der Verfassungsentwurf Glarus verwendet den Ausdruck "freibestimmbare Ausgaben". Mit der Begriffsneuschöpfung ist aber kein Abrücken von der Bundesgerichtspraxis verbunden, Schweizer (Fn. 19), S. 248 Anm. 1.
90
Vgl. die in Anm. 72 angeführten BGE.
91
Aubert (Fn. 19), no. 1151-1152 ( s u p p l . ) , bezeichnet die bundesgerichtlichen Regeln als "une sorte de droit commun". Dieses subsidiäre Recht "n'est pas du droit fédérale, mais un corp de règles cantonales qui ont trouvé dans la jurisprudence fédérale non leur source, mais leur expression".
120
David Jenny
rieht ohne weiteres seine Begriffsbestimmungen an akzeptieren die Rechtsprechung 93 oder ausdrücklich c)
Ausschlaggebend dafür,
Die gesetzliche Grundlage bestimmt nicht nur,
Rechtsordnung
Stufe höherstufige Das
ist
die
Entscheide
Demokratieprinzip
ge-
ist die normative Bestimmtheit des
ches Verfahren einzuschlagen ist. der
Die Kantone
ob eine Ausgabe als neu oder
eine Ausgabe überhaupt getätigt werden darf, baus
.
des Bundesgerichts stillschweigend
bunden eingestuft werden muß, Grunderlasses.
92
ob
sondern auch, wel-
Konsequenz des gestuften AufRegel,
nicht
auf
einer
aufgehoben werden
dieser
Grundsätze
für
daß
das
dem
unteren 94 dürfen .
die wichtigen 95 staatlichen Entscheidungen vorgelegt werden sollen . Die Bedeutung
verlangt,
daß
Volk
Ausgabenbewilligungsrecht
Schweizer Kantone ist offensichtlich:
der
Nur wenn das formelle Gesetz
die wesentlichen ausgabenrelevanten Entscheide nicht enthält,
soll
das Volk
Mit
an der
anderen Worten:
Bewilligung wichtiger Ausgaben mitwirken. Das Finanzreferendum greift ein,
bewilligt werden sollen,
wenn Ausgaben
die ein referendumspflichtiger Akt nicht
schon ausreichend bestimmt hat.
Sofern der Grunderlaß
wichtige
Entscheidungen noch nicht getroffen hat, Übung
der
Finanzgewalt
noch
sofern also bei der Aus96 Entscheidungsfreiheit verbleibt ,
ist ausreichende Bestimmtheit nicht vorhanden, beschluß referendumsfähig.
ist der Ausgaben-
Unerheblich ist es, ob Entscheidungs-
freiheit bezüglich der Höhe einer Ausgabe oder weiterer
92
Vgl. etwa BGE 111 Ia 34 f f . (36 f . ) .
93
Vgl. Fn. 24.
94
Nicht zutreffend ist der von Escher (Fn. führte Grundsatz "ne bis in idem". Auf auf einer höheren Stufe darf über das noch einmal entschieden werden, vgl. 17), S. 204.
95
Vgl.
96
Saladin (Fn. 19), S. 157.
III.2.b).
Modalitä-
19), S. 91, angeder gleichen oder Gleiche sehr wohl von Sprecher (Fn.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
ten wie Ausgestaltung 97 punkts besteht d)
des zu finanzierenden
Die Maßgeblichkeit
gabenhöhe leitet
der
Projekts oder
Entscheidungsfreiheit
sich aus der traditionellen
121
über
Begründung
Zeit-
die Ausdes
Fi-
nanzreferendums her.
Dieses Volksrecht soll es dem Bürger ermög98 liehen, seine Steuerlast festzusetzen Ein Grunderlaß,
der bloß seine Ausgabenrelevanz erkennen
bindet eine Ausgabe nicht,
noch frei entschieden werden kann.
Die Volksrechte würden aber
überdehnt und die Verwaltungskompetenzen gierung geringgeachtet,
läßt,
da über die Höhe der Aufwendungen von Parlament und Re-
wenn alle Ausgaben, die nicht gesetzlich
auf Heller und Pfennig fixiert sind, als neue, d.h. referendums99 fähige Ausgaben eingestuft würden . Die wesentliche Frage ist entschieden, gabe festlegt.
wenn der Grunderlaß die ungefähre Höhe einer AusWeiter wird im allgemeinen Verwaltungsauftrag die
Kompetenz erblickt,
die minimalen Aufwendungen ohne Volksmitwir-
kung zu bewilligen. ben.
Der Kauf einer
stellen,
Zudem binden neue Ausgaben weitere AusgaLiegenschaft kann eine neue Ausgabe
dar-
die Unterhaltskosten hingegen sind gebundene Ausgaben,
obwohl sie das Gesetz nicht ausreichend bestimmt 97
In den Worten des Bundesgerichts: Maßgeblich ist, "ob die entscheidende Behörde hinsichtlich des 'ob' oder 'wie' der Aufwendungen eine verhältnismäßig große Handlungsfreiheit besitzt", BGE 111 Ia 37 m.w.H.
98
Vgl. etwa Aubert (Fn. 19), no. 1151; BGE 93 I 626. Zu beachten ist aber, daß das Gesetzesreferendum und e v t l . das Steuerfußreferendum dem Bürger auch Einfluß über die Steuerlast verschafft.
99
Sehr streng ist von Sprecher (Fn. 17), S. 218, der Bindung nur annimmt, wenn der Grunderlaß "ausdrücklich die Bewilligung eines ziffermäßig fixierten oder betragsmäßig maximal limitierten Finanzaufwandes durch das Volk" erkennen läßt.
100
Vgl. die Kasuistik bei Saladin (Fn. 19), S. 152 f f . ; Hungerbühler (Fn. 19), S. 338 f f . ; BGE 111 Ia 37 und 108 Ia 237 f.
David Jenny
122
e)
Muß Entscheidungsfreiheit
neint werden, des
Finanzreferendums.
Ausgabe
Bei
berücksichtigt
praxis
bezüglich
der Ausgabenhöhe
bedeutet dies noch nicht den definitiven
das
seiner Begriffsbestimmung
das
Bundesgericht,
Finanzreferendum
hinausgewachsen
ist
und
über
auch
das
zum
daß
in
ver-
Ausschluß der neuen
der
Staats-
Finanzverfassungsrecht
Projektreferendum
geworden
ist101. Wohl löst ein zahlenmäßig tes das Referendum a u s , Auseinandersetzungen
faßbares
Element
eines
um das
zu
finanzierende
nanzpolitischen Aspekte sind oft n e b e n s ä c h l i c h . wird
als
Gradmesser
Verwaltungsak-
den Abstimmungskampf prägen meist
für
die
Wichtigkeit
Projekt,
die
die fi-
Die Ausgabenhöhe
eines
Projektes
ge-
braucht. Bei
der
Beurteilung
eines
Ausgabenbeschlusses
prüft
daher
das
Bundesgericht,
ob, auch wenn die Ausgabenhöhe in etwa f e s t s t e h t ,
bezüglich
Modalitäten
der
Entscheidungsfreiheit
des
zu
verbleibt.
finanzierenden Die
Projekts
noch
Entscheidungsfreiheit
muß
v e r h ä l t n i s m ä ß i g wichtige F r a g e n , nicht bloß technische Details 102 betreffen . Als Beispiel sei die Linienführung einer Kantonsstraße
4.
genannt"^.
Ausgabenhöhe
Nicht jede Erforderlich
neue ist,
Ausgabe
wird
dem
daß die Ausgabe
Finanzreferendum eine
minimale
unterstellt.
Höhe
erreicht.
101
"Außerdem soll der Stimmberechtigte über die Art und Weise der Erfüllung wichtiger Verwaltungsaufgaben befinden d ü r f e n " , BGE 95 I 537. Zur Verwaltungsdemokratie v g l . Imboden (Fn. 8); Jagmetti, Demokratie im Umbruch, i n : F e s t s c h r i f t Werner Kägi, 1979, S. 209 f f . (229 f . ) ; Kölz, Ausbau des Verwaltungsreferendums, SJZ 77, 1981, S. 53 f f .
102
Saladin ( F n . 1 9 ) , S. 156 f .
103
Vgl. BGE 105 I a 80 f f .
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
123
104 Die Beträge variieren von Kanton zu Kanton stark
.
Das Krite-
rium der Ausgabenhöhe soll die wichtigen Ausgabenbeschlüsse den Volksrechten zugänglich machen. aus.
Unterhalb
abschließend.
Teils löst ein geringerer Betrag
ein höherer das obligatorische Finanzreferendum
das fakultative,
der festgelegten
Limite beschließt das Parlament
Oft wird der Regierung,
um finanzielle Beweglich-
keit zu gewähren, die Kompetenz Ausgaben in be105 zugestanden, scheidener Höhe zu bewilligen . Problematisch ist die Praxis, da
Kollisionen
mit dem Spezifikationsprinzip
unvermeidlich
sind,
der Regierung auf dem Budgetwege einen Kredit zur freien Verfü106 gung zuzuweisen Die Berechnung der Ausgabenhöhe beschäftigt nicht nur die Buchhalter,
sondern
auch die
Richter.
Umstritten
ist oft,
ob eine
Vorlage künstlich geteilt wurde,
damit die einzelnen Vorlagen j e -
weils
auslösenden
ten
den
107
.
das
Finanzreferendum
Schwierigkeiten tauchen auf,
Betrag
unterschrei-
wenn ein Ausgabenbeschluß 108
neue und gebundene Ausgaben beinhaltet
104
Vgl. die Übersichten bei Moser (Fn. 18), S. 61 f f . Unterschiedliche Limiten bestehen für einmalige und wiederkehrende Ausgaben, v g l . Hungerbühler (Fn. 19), S. 342 f .
105
Vgl. etwa Art. 76 Z i f f . 8 KV Obwalden; Art. 65 Ziff 9 KV Nidwaiden; Art. 52 Abs. 2 Z i f f . 4 KV Glarus. Im Kanton Basel-Stadt schreibt das Gesetz vor, daß im Budget ein Betrag zur Verfügung des Regierungsrates einzustellen sei, S 2 des Gesetzes betreffend Ausgaben- und Vollzugskompetenzen, v g l . Escher (Fn. 1), S. 467 f .
106
Vgl. Bericht BUK (Fn. 6), S. 15 f f .
107
Vgl. Hungerbühler (Fn. 19), S. 344 f f . m.w.H.; BGE 105 Ia 88-90, NZZ 1986 Nr. 32, Urt. des Bundesgerichts vom 2. Oktober 1985.
108
Vgl. etwa ZB1 86, 1985, S. 456 f f . , Urt. des Bundesgerichts vom 27. März 1985.
124
5.
David Jenny
Schlußfolgerungen
Das Finanzreferendum
erfüllt -
dies sei als Ergebnis
Ausführungen festgehalten - einen doppelten Zweck: das Volk am staatlichen
der obigen Es beteiligt
Finanzgebaren und an der Verwaltungs-
tätigkeit im allgemeinen. Zu untersuchen ist daher, ob ein Grunderlaß noch wirkliche Entscheidungsfreiheit gewährt. kussion der Frage,
Auf die Dis-
ob der finanzielle Aspekt eines Projektes der
ideale Anknüpfungspunkt für ein partielles
Verwaltungsreferendum
i s t , wird hier verzichtet. Ausgehend von Lehrmeinungen, die ihren Niederschlag vor allem in Gutachten zuhanden kantonaler Regierungen gefunden haben, hat das Bundesgericht den schweizerischen Verhältnissen eine e i genständige Begrifflichkeit maßgeschneidert. Heute ist es belanglos, daß die Scheidung in neue und gebundene Ausgaben ursprünglich wohl von deutschen budgetrechtlichen Lehrmeinungen 109 angeregt wurde praktisch
.
Der dogmengeschichtliche Hintergrund ist nun
bedeutungslos.
Die Begriffspaare
Anlage/Ausgabe
und
Finanz-/Verwaltungsvermögen hingegen sind noch immer tief in e i ner Vergangenheit heutigen sind.
verwurzelt,
deren Problemstellungen nicht die
Dieses Nebeneinander unterschiedlich fundierter Be-
grifflichkeiten zeigt die Uneinheitlichkeit nanzverfassungsrechts IV.
des schweizerischen
Fi-
auf.
Schlußbetrachtungen
In den bisherigen Ausführungen ist die Bedeutung der Volksrechte für das schweizerische den,
Finanzverfassungsrecht
stark
betont
wor-
vernachlässigt wurden aber die Kompetenzen von Regierung
und Parlament.
109
Vgl. Laband, Das Staatsrecht Aufl. 1914, Bd. I I , S. 532 f .
des Deutschen Reiches,
5.
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
125
In den Kantonen und im Bunde - dort in einem geringeren Ausmaße - beeinflussen die Volksrechte die Einnahmen und die Ausgaben des Staates.
Eine Verpflichtung des Volkes zur finanzpolitischen
Konsequenz besteht nicht. Ausgaben, nen.
Bewilligt das Volk eine
Erhöhung der
so kann es dennoch eine Anpassung der Steuern ableh-
Regierung und Parlament haben es nicht in der Hand,
Staatshaushalt im Gleichgewicht möglich,
zu halten.
den
Dies wäre ihnen nur
wenn das Volk nur die Einnahmen oder nur die Ausgaben
zu steuern vermöchte* 1 ®. Vom eben
skizzierten
widersprüchlichen
Bild
einer
verfassungsrechtlich
Führung des Staatshaushaltes ist
angelegten
die Schweizer
Realität aus mehreren Gründen weit entfernt** 1 . Erstens
beeinflussen
punktuell. Parlament
die
Volksrechte
Unterhalb eines frei.
bestimmten
Das fakultative
den
Staatshaushalt
Betrages
Gesetzes- und
führt nur dann zu einer Volksabstimmung,
entscheidet
nur das
Finanzreferendum
wenn sich eine opposi-
tionelle Gruppierung findet, die den Aufwand einer Unterschriftensammlung
auf
sich
nimmt.
wird zudem oft durch eine
Das
obligatorische
Delegation
der
Finanzreferendum
Ausgabenbewilligungs-
kompetenz im formellen Gesetz ausgeschaltet. Zweitens verbleiben
nicht
Vollzug anvertraut sind, Kompetenzen.
nur der Regierung,
der
Planung und
sondern auch dem Parlament
erhebliche
Da die Volksrechte auf der Ebene der Finanzverwal-
tungsakte, d.h. vor allem Ausgabenbeschlüsse und Festsetzung des Steuertarifes, Natur sind,
nicht initiierender, sondern immer nur reagierender t r i f f t das Parlament wichtige Vorentscheide.
Nur was
110
Zur Mittelbeschaffung v g l . K. Jenny, Mittelbeschaffung als öffentliche Aufgabe am Beispiel des Stadtstaates Basel, in: Festschrift Kurt Eichenberger, 1982, S. 719 f f .
111
Zur finanziellen Situation des Bundes v g l . "Bericht zum Legislaturfinanzplan des Bundes für die Jahre 1985-1987", BB1 1984 I 266-335. Für den Kanton Basel-Stadt, der im schweizerischen Vergleich mit ernsten Problemen zu kämpfen hat, vgl. Frey/Bombach, Zur Lage der Staatsfinanzen von BaselStadt, 1986.
David Jenny
126
das
Parlament
sein.
passiert,
kann
Gegenstand einer
Und es kann darauf v e r t r a u e n ,
Volksabstimmung
daß ein Großteil seiner Be-
schlüsse vom f a k u l t a t i v e n Referendum verschont werden w i r d . dem darf
das Parlament
den Spielraum
Zu-
budgetrechtlicher
zwischen
Bindung und Bindung im Sinne des Finanzreferendums nutzen. Zuletzt wird dem Schweizervolk bereichen die
sich maßvoll
Volksrechte
betätigt.
zusätzlich
nimmt die Schweiz a l l f ä l l i g e Nachteile
attestiert,
in
Die geringen die
gerne in Kauf. bei
weitem
gierungen und Parlamente,
daß es auch in
Finanz-
Turbulenzen,
Staatsfinanzen
die
hineintragen,
Der Einbezug des Volkes wiegt
auf.
Zudem garantieren
denen a l l e
auch
Re-
finanzverfassungsrechtlichen
Kompetenzen übergeben wurden, keinen gesunden
Staatshaushalt.
Hinweis: Der in Fn. zitierten
6 z i t i e r t e Bericht und die in den Fn.
Gutachten
sind e r h ä l t l i c h
ren Untersuchungskommission,
42,
beim Sekretariat
Staatskanzlei,
der
51 und 63 Besonde-
Postgasse 72, CH-3011
Bern. Abkürzungen: BB1
=
Bundesblatt der Schweizerischen
BGE
=
Entscheidungen des Schweizerischen
Eidgenossenschaft Bundesgerichts
(Amtliche Sammlung) BJM
=
Basler Juristische
BV
=
Bundesverfassung der Schweizerischen
Mitteilungen Eidgenossenschaft
(SR 101) FHG
=
Bundesgesetz über den eidgenössischen
KV
=
Kantonsverfassung
SJZ
=
Schweizerische
(SR 611.0) Juristen-Zeitung
Finanzhaushalt
Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz
SR
=
Systematische Sammlung des Bundesrechts
VPB
=
Verwaltungspraxis des Bundes
ZBJV
=
Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins
ZB1
=
Schweizerisches
Zentralblatt
für Staats-
verwaltung ZSR
=
Zeitschrift für Schweizerisches Recht.
127
und Gemeinde-
Ungeschriebene Ausgabenkonipetenzen des Bundes in der geschriebenen Finanzverfassung des Grundgesetzes? Von Joachim Wieland
Inhaltsübersicht I.
II.
III.
IV.
Das Problem
130
1.
Die Inanspruchnahme von ungeschriebenen Bundesausgabenkompetenzen
130
2.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken
133
Die ungeschriebenen Kompetenzen des Bundes
134
1.
Die klassische Definition von AnschUtz
134
2.
Die Selbstkoordination der Länder
136
Die ungeschriebenen Ausgabenkompetenzen des Bundes
139
1.
Die Rechtfertigungsversuche der Praxis
139
2.
Der verfassungsrechtliche Ansatz der Rechtfertigungsversuche
142
3.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
144
4.
Die verfassungsrechtliche Beurteilung der Flurbereinigung
145
Die Konsequenzen für die bundesstaatliche Finanzverfassung
147
1.
Die Klarheit der Finanzverfassung
147
2.
Die Beschneidung der Finanzausstattung der Länder
148
130
Joachim Wieland
I.
Das Problem
1.
Die Inanspruchnahme von kompetenzen
ungeschriebenen
Bundesausgaben-
Der Bund finanziert jährlich mit mehreren Milliarden ben,
ohne daß ihm das Grundgesetz
Ausgabenkompetenzen zuweist . stützung
der
aus
Regierungsentwurf
DM
Aufga-
entsprechende
Die Staatspraxis nimmt mit Unter-
ungeschriebene Kompetenzen 2 kraft Natur der Sache für den Bund in Anspruch . Als Beispiele dem
Wissenschaft
ausdrücklich
insoweit
des Bundeshaushaltsplans
1986 seien
genannt: - 700 Millionen DM - 624 Millionen DM
Kokskohlenbeihilfe 3 , zur
Förderung
verkehrs
des
zwischen 4
LandBerlin
und (West)
Luftreiseund
dem
Bundesgebiet ,
1
Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums waren im Haushaltsplan 1974 DM 2005 Millionen Ausgaben des Bundes im Rahmen ungeschriebener Zuständigkeiten für Vorhaben vorgesehen, die von Bund und Ländern finanziert wurden; Enquete-Kommission Verfassungsreform, Beratungen und Empfehlungen zur Verfassungsreform, Teil I I : Bund und Länder, Zur Sache 2/77, Bonn 1977, S. 110. Neuere und genauere Zahlen sind nicht verfügbar.
2
Frey, Die Finanzverfassung des Grundgesetzes, in: Bundesministerium der Finanzen ( H r s g . ) , Die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aus finanzverfassungsrechtlicher und finanzwirtschaftlicher Sicht, 1982, S. 13 (22 f f . ) ; Fischer-Menshausen, Art. 104a Rn. 9 f f . , in: von Münch (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, Bd. 3, 2. Aufl. 1983, m.w.Nachw.
3
Zuschüsse zur Erleichterung der Produktion von Kokskohle und Hochofenkoks sowie des Absatzes an die Eisen- und Stahlindustrie in revierfernen Gebieten und im innergemeinschaftlichen Austausch, v g l . Zehnter Subventionsbericht, BTDrucks. 10/ 3821, S. 102 f .
4
Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3), S. 146 f .
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
491 Millionen DM
zur Förderung
131
der Luftfahrttechnik,
insbe-
sondere des Airbus-Programms®, 400 Millionen DM
Zuschüsse zu Personalaufwendungen schungs-
und
im F.or-
Entwicklungsbereich g
kleiner
und mittlerer Unternehmen , - 305 Millionen DM - 200 Millionen DM
Neubau- und Modernisierungshilfen 7 delsschiffe und weitere .8 Hilfen für die Werftindustrie
für Han-
Damit werden • immerhin 6 der 17 größten Finanzhilfen des Bundes im Jahre 1986 auf ungeschriebene Ausgabenkompetenzen gestützt. Aber auch für eine Vielzahl kleinerer hält
das
Grundgesetz
keine
Ausgaben des Bundes ent-
ausdrückliche
Kompetenzzuweisung.
Erwähnt seien hier nur aus dem Bundeshaushalt 1985: - die mehr als 30 Millionen DM,
die der Bund auf der Grundlage
von Verwaltungsabkommen jährlich für die Beschaffung der Waffen und des Gerätes der Bereitschaftspolizeien der Länder ausgibt10, - die mehr als 96 Millionen
DM an Globalzuschüssen
zur
gesell-
schaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit - das sind Zuwendungen an die Parteienstiftungen -
,
- die 45.000 DM Zuschüsse für die Förderung haben
und
Veröffentlichungen
schungsaufgaben,
sowie
die
von
Forschungsvor-
Vergabe
von
For-
insbesondere auf dem Gebiet des Verfassungs-
5
Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) , S. 128 f .
6
Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) ,
7
Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) ,
s. s.
150 f .
8
Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) , s .
126 f .
9
Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) ,
10
Kapitel 0624.
11
Kapitel 0602, Titel 684 05.
s.
116 f .
26.
132
Joachim Wieland
rechts
und
der
Kommunalwesens 12 ,
Verwaltungswissenschaft,
einschließlich
des
- die mehr als 77 Millionen DM für die Sportförderung 13 , - die mehr als 6 Millionen DM zur Förderung gesamtstaatlich bedeutsamer Vorhaben aus den Bereichen Kunst und Kultur 14 , - die 18 Millionen DM zur Musikförderung,
u.a. 15 Symphoniker und der Bayreuther Festspiele ,
der Bamberger
- die 410.000 DM für die Ruhr-Festspiele und die 110.000 DM für die Festspiele Bad Hersfeld 1 6 sowie - die mehr 17 Films1'.
als
7
Millionen
DM zur
Förderung
des
deutschen
Genannt seien noch die mehr als 75 Millionen DM, die im Etat des Bundesministers
für
Bildung
und
Wissenschaft
für
die
Studien-
und Promotionsförderung von Studentenförderungswerken wie Cusanus-Werk, Friedrich-Ebert-Stiftung und Studienstiftung ausgewiesen 18 sind , und die mehr als 12 Millionen DM zur Förderung des 19 hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses . Diese Beispiele sind relativ beliebig herausgegriffen und ließen sich ohne Schwierigkeiten vermehren.
12
Kapitel 0602, Titel 685 05.
13
Kapitel 0602, Titelgruppe 01.
14
Kapitel 0602, Titel 681 22.
15
Kapitel 0602, Titel 684 21.
16
Kapitel 0602, Titel 684 23.
17
Kapitel 0602, Titel 685 27.
18
Kapitel 3103, Titel 681 21/22.
19
Kapitel 3103, Titelgruppe 03.
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
2.
133
Die verfassungsrechtlichen Bedenken
Zweifel daran, ob der Bund sich für alle diese Ausgaben auf ungeschriebene Kompetenzen kraft Natur der Sache berufen kann, scheinen mir angezeigt, weil die geschriebene Verfassung nicht nur die Kompetenzen für Gesetzgebung und Verwaltung, sondern auch für Ausgaben genau auf Bund und Länder verteilt. Beide tragen nach dem Lastenverteilungsgrundsatz des Art. 104a Abs. 1 GG - er bildet die Grundregel der Aufgabenverteilung - gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Die Zuständigkeit für die Finanzierung einer Aufgabe hängt also von der Zuständigkeit für ihre Durchführung ab oder kürzer: die Finanzierungszuständigkeit folgt der Verwaltungszuständigkeit. Das Grundgesetz durchbricht allerdings an mehreren Stellen die Akzessorietät der Ausgabenkompetenz zur Verwaltungskompetenz und weist dem Bund die Kosten für Aufgaben der Länder vollständig oder teilweise zu: So trägt der Bund gem. Art. 104a Abs. 2 die Ausgaben, wenn die Länder in seinem Auftrag handeln; Geldleistungsgesetze des Bundes, die von den Ländern ausgeführt werden, können eine vollständige oder teilweise Finanzierungslast des Bundes begründen (Art. 104a Abs. 3 S. 1 GG); weiter kann der Bund den Ländern nach Maßgabe des Art. 104a Abs. 4 GG Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen gewähren; schließlich trägt er zum Teil die Kosten der Gemeinschaftsaufgaben Ausbau und Neubau von Hochschulen, Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur sowie der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (Art. 91a GG) und kann mit den Ländern bei der Bildungsplanung und bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung zusammenwirken (Art. 91 b GG). Die Ausgabenkompetenz des Bundes wird in diesen Vorschriften an im einzelnen bestimmte Formen, Verfahren und Voraussetzungen geknüpft. Liegen sie nicht vor, greift der allgemeine Lastenverteilungsgrundsatz des Art. 104a Abs. 1 GG ein.
134
Joachim Wieland
Indem dieser die Ausgabenzuständigkeit digkeit abhängig macht,
von der
verweist er auf Art.
Aufgabenzustän-
30 GG. Danach ist
die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder,
"soweit
dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt".
Da
das Grundgesetz für die obengenannten Ausgaben und die mit ihrer Hilfe zu erfüllenden Aufgaben ausdrücklich weder eine andere Regelung trifft noch sie zuläßt,
behelfen Staatspraxis und herr-
schende Meinung sich mit der Annahme ungeschriebener Aufgabenund damit
Ausgabenzuständigkeiten
des
Bundes
kraft
Natur
der
Sache. Diese
Annahme
soll
auf
ihre
Ausgehend von der Frage,
Tragfähigkeit
untersucht
werden.
ob die Kompetenzordnung des Grundge-
setzes überhaupt Raum für ungeschriebene Kompetenzen des Bundes läßt ( I I . ) ,
wende ich mich möglichen Besonderheiten bei der La-
stenverteilung zu ( I I I . ) ,
um schließlich die Folgen der Annahme
ungeschriebener Ausgabenkompetenzen verfassung
und die
darzustellen
des Bundes für die Finanz-
bundesstaatliche
Ordnung
des
II.
Die ungeschriebenen Kompetenzen des Bundes
1.
Die klassische Definition von Anschütz
Die Annahme ungeschriebener aus,
daß
Grundgesetzes
(IV).
die geschriebene
unvollständig ist, Handeln entweder
Kompetenzen des Bundes Kompetenzordnung
des
setzt
vor-
Grundgesetzes
daß sie nicht alle Kompetenzen für staatliches dem Bund
oder
den
Ländern
könnte problemlos dann ausgegangen werden,
zuweist.
Davon
wenn das Grundge-
setz die Kompetenzen von Bund und Ländern jeweils aufzählte und es somit vorstellbar
wäre,
daß neben den aufgezählten
weitere
Kompetenzen wahrzunehmen wären. Das Grundgesetz weist jedoch in den Art.
30,
70 und 83 die Ausübung der staatlichen Befugnisse
generell den Ländern zu, trifft.
soweit es selbst keine andere Regelung
Mittels dieser Auffangzuständigkeit der Länder beansprucht
es für seine Kompetenzordnung Vollständigkeit.
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
Dieser Anspruch auf Vollständigkeit
der
geschriebenen
135
Kompetenz-
zuweisungen gilt auch für die gesetzesfreie Verwaltung. schrift des V I I I .
Die Über-
Abschnitts des Grundgesetzes stellt "die Bundes-
verwaltung" neben
"die Ausführung
der
Bundesgesetze",
so daß
die Vorschriften dieses Abschnitts und subsidiär Art.
30 GG für 20 gesetzesakzessorische und für gesetzesfreie Verwaltung gelten . Trotzdem nehmen Staatspraxis,
Rechtsprechung und Rechtswissen-
schaft unter Berufung auf die verfassungsrechtliche Tradition des deutschen 21 an
.
Bundesstaats
ungeschriebene
Zuständigkeit
des
Bundes
Die klassische Definition für die hier vor allem interessie-
rende Kompetenz aus der Natur der Sache stammt von Anschiitz. Es handele sich um den "ungeschriebenen, gründeten,
mithin
Reichsverfassung Sachgebiete,
einer
nicht
ausdrücklichen
bedürftigen
im Wesen der Anerkennung
Rechtssatz,
weil sie iher Natur nach eigenste,
Gesetzgebungszuständigkeit Reichs darstellen,
a
vom Reich
priori
entrückte
und nur von
Dinge bedurch
wonach
die
gewisse
der partikularen Angelegenheit
ihm geregelt
des
werden
können"
20
BVerfGE 12, 205 (246 f . ) .
21
Vgl. die grundlegenden Ausführungen von Küchenhoff, Ausdrückliches, stillschweigendes und ungeschriebenes Recht in der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, AöR 82 (1957), 413; Achterberg, Zulässigkeit und Schranken stillschweigender Bundeszuständigkeiten im gegenwärtigen deutschen Verfassungsrecht, AöR 86 (1961), 63; Kölble, Zur Lehre von den stillschweigend - zugelassenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes, DÖV 1963, 660; Bullinger, Die Mineralölfernleitungen, 1962, S. 65 f f . ; ders., Ungeschriebene Kompetenzen im Bundesstaat, AöR 96 (1971), 237; Nachw. zur Verfassungsrechtsprechung bei H.H. Klein, Verwaltungskompetenzen von Bund und Ländern in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, 2. Bd., 1976, S. 277 (278 f f . ) ; zum heutigen Streitstand Maunz, Art. 30 Rn. 19 f f . , in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, und Gubelt, Art. 30 Rn. 10, in: von Münch, Grundgesetzkommentar, Bd. 2, 2. Aufl. 1983.
22
Anschiitz, Die Reichsaufsicht, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 1. Bd., 1930, S. 365 (367).
136
Joachim Wieland
Das
Bundesverfassungsgericht
zugleich Sache
aber betont,
hat
diese
Definition
daß Schlußfolgerungen
begriffsnotwendig
sein
und
eine
übernommen,
aus der Natur der
bestimmte
Lösung
Ausschluß anderer Möglichkeiten zwingend fordern müßten. mente aus der Natur der Sache versagten,
Dagegen ist nichts zu erinnern. auszugehen, Länder
Möglichkeit,
Es entspricht der Kompetenzver-
auch dort von einer Bundeskompetenz
wo begriffsnotwendig ausscheidet.
Unter
und zwingend eine Kompetenz
diesen Umständen
Kompetenz
besteht
keine
entsprechend der Regelung der Art. 30, 70 und 83 GG
eine Kompetenz der Länder anzunehmen. ne
.
Die Selbstkoordination der Länder
teilung des Grundgesetzes, der
Argu-
wo sich auch eine an23
dere Lösung mit beachtlichen Gründen rechtfertigen lasse
2.
unter
des
Bundes
weder
Wenn das Grundgesetz e i -
bestimmt
noch
zuläßt,
könnte
sonst eine Kompetenz überhaupt nicht wahrgenommen werden. 30,
70 und 83 GG wollen gerade die Ausübung aller
Aufgaben entweder Bund
oder Ländern
zuweisen
Art.
staatlichen
und nicht
etwa
bestimmte staatliche Handlungen verhindern. Diese Argumentation trägt aber nur so weit,
wie der begriffsnot-
wendige und zwingende Ausschluß der Länder von der Erfüllung einer staatlichen
Aufgaben
reicht.
Sobald er
wegfällt
Aufgabenerfüllung durch die Länder vorstellbar wird,
und
die
kann sich
der Bund nicht auf eine Kompetenz kraft Natur der Sache berufen; die Auffangregelung
zugunsten der Länder greift ein.
dend ist in diesem Zusammenhang, man davon ausgehen muß, nicht erfüllen können.
Entschei-
unter welchen Voraussetzungen
daß die Länder eine staatliche Aufgabe
Ist das schon dann der F a l l ,
wenn zwar
ein Land allein eine Aufgabe nicht bewältigen kann, mehrere oder die Gesamtheit der Länder dazu aber durchaus in der Lage sind? 23
BVerfGE 11, 89 (99).
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
Wäre diese Frage zu bejahen,
erwüchsen dem Bund eine Vielzahl
von Kompetenzen aus der Natur der Sache. stärkeren Zusammenwachsens
137
der Glieder
Angesichts des immer
des Bundesstaates,
des
zunehmenden Bedürfnisses nach Einheit der Lebensverhältnisse und des
immer
größeren
Finanzbedarfs
für staatliches
Handeln
eine ständig steigende Zahl von Aufgaben von einem nicht mehr wirksam erfüllt werden.
Es entspräche aber nicht dem
oben entwickelten Verständnis einer Bundeskompetenz tur der
Sache als
letztem
der Kompetenzordnung,
Mittel
kann
Land allein
zur Vermeidung
aus der Na-
einer
Lücke
in
wollte man die Möglichkeiten eines einzel-
nen Landes zum Maßstab machen.
Die Vermutung der Art.
30, 70
und 83 GG zugunsten der Länder, praxis ohnehin
seit langem
deren Bedeutung in der Staats24 abnimmt , würde praktisch in eine
Vermutung zugunsten des Bundes umgekehrt. Die vom Grundgesetz vorgesehene Verteilung der Kompetenzen schen Bund und Ländern bar.
ist aber
keinesfalls beliebig
zwi-
veränder-
Ein Bundesstaat bedarf zu seiner Lebensfähigkeit eines aus-
gewogenen
Gleichgewichts
zwischen
Bund
und
Ländern.
In
der
Bundesrepublik besteht zumindest die latente Gefahr eines Übergewichts des Bundes gegenüber
den Ländern,
deren
eigene
lichkeit immer mehr an Bedeutung zu verlieren droht.
Staat-
Die Kon-
zentration staatlicher Aufgaben und Machtmittel beim Bund ist unübersehbar. Sie wird verstärkt,
wenn der Bund sich bereits dort auf eine un-
geschriebene Kompetenz berufen darf,
wo eine Aufgabe von einem
Land allein nicht mehr wirksam erfüllt werden kann. Grundgesetz
eine
solche generelle
staatliche Aufgaben,
Zuständigkeit
des
Wollte das Bundes
die eine bestimmte Größenordnung
für
überstei-
gen,
wäre eine entsprechende Regelung dieser wichtigen Frage in
Art.
30 GG zu erwarten.
Auffangzuständigkeit
24
Vgl. ff.
der
schon Hesse,
Diese Vorschrift normiert Länder
und spricht
damit
Der unitarische Bundesstaat,
jedoch eine ausdrücklich
1962, S. 14
138
Joachim Wieland
gegen die Annahme e i n e r Bundeskompetenz k r a f t Größe der A u f g a be. Die S t a a t s p r a x i s z e i g t ,
d a ß i h r d i e s e s v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e Hin-
d e r n i s f ü r die R e c h t f e r t i g u n g e i n e r Bundeskompetenz a u s der Größe e i n e r Aufgabe n i c h t v e r b o r g e n geblieben i s t . Die Kompetenz der L ä n d e r soll
nämlich -
a n d e r s a l s sonst in d e r
Kompetenzordnung
des Grundgesetzes - d u r c h die u n g e s c h r i e b e n e Kompetenz des Bundes n i c h t a u s g e s c h l o s s e n s e i n . der
Zuständigkeiten
kleinere
sieht
Staatsaufgaben,
Statt eines solchen
jedoch sondern
das für
Nebeneinanders
Grundgesetz
nicht
staatliches
Größenordnung eine Aufteilung n a c h Sachbereichen
nur
Handeln
Länder
sich
Selbstkoordination
koordinieren.
Solange
besteht,
es
gehlt
diese
an d e r
jeder
vor.
Wo ein Land a l l e i n d u r c h eine Aufgabe ü b e r f o r d e r t w i r d , die
für
können
Möglichkeit
der
vorausgesetzten
Be-
g r i f f s n o t w e n d i g k e i t e i n e r u n g e s c h r i e b e n e n Kompetenz des Bundes. Dieser
Erkenntnis
hat
das
erste
Fernsehurteil
s u n g s g e r i c h t s d a d u r c h Rechnung g e t r a g e n , sikalische
"Überregionalität"
von
des
Bundesverfas-
d a ß es weder die p h y -
Funkwellen
b e d i n g t e " Ü b e r r e g i o n a l i t ä t " der V e r a n s t a l t u n g
noch von
die
finanziell
Fernsehsendun-
gen h a t a u s r e i c h e n l a s s e n , um eine n a t ü r l i c h e Bundeskompetenz zu begründen:
"Die Ü b e r f o r d e r u n g r e g i o n a l e r F i n a n z k r a f t k a n n a b e r
n i c h t die Annahme r e c h t f e r t i g e n , d e r Bund z u s t ä n d i g " . präsentation Tradition"
nach
innen"
vermöchten
n i c h t zu b e g r ü n d e n .
nach der
Natur der
und
"Pflege
sei
kontinuitätsbewahrender
eine u n g e s c h r i e b e n e Vielmehr verweist d a s
Kompetenz
BVerfGE 12, 205 (251 f f . ) .
des
Bundes
Bundesverfassungsge-
r i c h t in diesem Urteil die Länder auf die gemeinsame d i n i e r t e E r f ü l l u n g e n t s p r e c h e n d e r Aufgaben 25
25
Sache
Auch die Natur der Aufgaben " n a t i o n a l e Re-
oder
koor-
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
139
III.
Die ungeschriebenen Ausgabenkompetenzen des Bundes
1.
Die Rechtfertigungsversuche der Praxis
Gilt
das
schen chende daß
auch
für
die Verteilung
Bund und Ländern? ungeschriebene
es
tion,
sich
um die
der Ausgabenkompetenzen
Die Staatspraxis
Ausgabenkompetenzen Wahrnehmung
rechtfertigt des
Bundes
gesamtstaatlicher
zwi-
weitreidamit,
Repräsenta-
besonders wichtiger Auslandsbeziehungen, die Förderung der
Beziehungen
im
geteilten
Deutschland,
der
wissenschaftlichen
Großforschung, der Wirtschaft und nichtstaatlicher zentraler Organisationen oder um die Finanzierung ressortzugehöriger Funktionen handele
26
.
Diese Begriffe gehen auf die nach ihrem Vorsitzenden
Troeger benannte Kommission für die Finanzreform zurück, 27 .
die im
Jahre 1966 ihr Gutachten vorgelegt hat Die Kommission
stand vor dem Problem,
der Bundesrepublik
daß die Staatspraxis in
sich seit 1949 vom föderalen
Trennsystem
der
Finanzierungszuständigkeiten
immer stärker zu zentral gesteuerten 28 Formen kooperativer Aufgabenbewältigung bewegt hatte Der Bund hatte immer mehr die finanzielle Initiative ergriffen und sich zunehmend auch solcher Aufgaben angenommen, lich
zur
führte
Zuständigkeit
zu
der
Überschneidungen
schen Bund und Ländern. veranlaßt von
und
gehören.
leistungsschwachen
Entwicklung zwi-
Ländern
- Bundesmittel
zusätz-
sicherte sich allerdings durch Auf-
gewichtigen Einfluß auf die
nanzierten Aufgaben.
Diese
Meinungsverschiedenheiten
Der Bund stellte vielfach - nicht selten
lich zu Landesmitteln bereit, lagen einen
Länder
die herkömm-
Durchführung der mitfi-
Weigerten sich die Länder,
sich derartigen
26
Frey (Fn. 2), S. 22 f f . ; Fischer-Menshausen (Fn. 2), Art. 104a Rn. 9 f f . ; Maunz (Fn. 21), Art. 104a Rn. 15 f f . ; § 1 Abs. 1 des Flurbereinigungsabkommens, abgedr. bei Frey (Fn. 2), S. 75 f f .
27
Stuttgart u . a . 1966.
28
Fischer-Menshausen (Fn. 2), Art. 104a-109 Rn. 7 f . .
140
Joachim Wieland
Auflagen und Bindungen zu unterwerfen, desmittel verzichten 29 .
mußten sie auf die Bun-
Als Beispiel für die ursprüngliche Selbstkoordinierung der Länder sei nur auf das Königsteiner Abkommen vom 30. /31. März 1949 und das Abkommen der
Länder über
die Finanzierung
schaftlicher Hochschulen vom 4.
neuer
Juni 1964 verwiesen.
wissen-
Im König-
steiner Abkommen verpflichteten sich die Länder für "solche wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, deutung
über
den
allgemeinen
deren Aufgaben und Be-
Wirkungsbereich
eines
einzelnen
Landes hinausgehen und deren Zuschußbedarf die finanzielle
Lei-
stungskraft eines einzelnen Landes übersteigt,
die zur Erfüllung
der
gemeinsam
Forschungsaufgaben
bringen".
erforderlichen
Mittel
aufzu-
Das Hochschulfinanzierungsabkommen sah einen Investi-
tionsfonds der Länder von 3 Milliarden DM zur Finanzierung Baukosten der Universitäten Regensburg,
Konstanz,
der
Bochum, Bre-
men und Dortmund vor. Die Selbsthilfe der Länder wurde jedoch bald zur Ausnahme. ihre Stelle trat eine Mischfinanzierung Die Troeger-Kommission
fand u . a .
An 30 von Bund und Ländern .
folgende Beispiele
für
solche
Mischfinanzierungen vor: - die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft; - das Honnefer Modell (Vorläufer des BAFöG); - die Verbesserung
der Agrar- und Marktstruktur
für land-
und
forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie den sog. Grünen Plan; - die Förderung
von "Bundesausbaugebieten"
als regionale
Wirt-
schaftsförderung; - regionale
Strukturprogramme
wie das
Emsland- und
das Nord-
landprogramm; - die Förderung des sozialen Wohnungsbaus; 29
Troeger-Kommission (Fn. 27), TZ 46 f f . (S. 14 f . ) .
30
Vgl. Regierungsentwurf zum Finanzreformgesetz, V/2861, TZ 39 f f . (S. 17).
BT-Drucks.
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
141
- Stadt- und Dorferneuerung sowie Altstadtsanierung; -
Sportstättenbau;
- schließlich das Deutsche Krebsforschungszentrum forschungszentrum Karlsruhe 31
und das
Kern-
Im Regierungsentwurf zum Finanzreformgesetz heißt es dazu lakonisch,
für die Förderung dieser Aufgaben im Bereich der geset-
zesfreien Verwaltung ergebe sich zwar nicht aus einer Bestimmung der Verfassung eine geschriebene
Zuständigkeit,
der Bund habe
sie aber aus "übergeordneten" Gesichtspunkten für förderungswür32 dig gehalten . Wem oder was waren diese Gesichtspunkte übergeordnet? Doch ganz offensichtlich den Regelungen der geschriebenen Verfassung.
Diese dürre Argumentation ist nur verständlich, wenn
man sich vor Augen führt, daß die Fondsverwaltung des Bundes sich immer mehr ausgebreitet hatte und von der Wissenschaft kaum kritisiert wurde 33 . Andererseits hinderte der erhebliche Umfang der vom Bund in Anspruch
genommenen
Kompetenzen
eine
Konstitutionalisierung
Rahmen der Finanzreform des Jahres 1969. schlug nicht
etwa eine
Umwandlung der ungeschriebenen
schriebene Bundeskompetenzen vor, eine "Flurbereinigung"
in
anzuregen.
aus dessen S 1 Abs.
ge-
sondern begnügte sich damit,
im Wege eines Verwaltungsabkommens
schen Bund und Ländern wurf,
im
Die Troeger-Kommission
Einen entsprechenden
zwiEnt-
1 sich die obengenannten Topoi für
ungeschriebene Bundeszuständigkeiten Gutachten bei 34
ergeben,
fügte
sie
ihrem
31
Regierungsentwurf (Fn. 30), TZ 42 f f . (S. 17 f . ) .
32
Regierungsentwurf (Fn. 30), TZ 39 (S. 17).
33
Vgl. für alle Köttgen, Fondsverwaltung in der Bundesrepublik, 1965; MQller-Volbehr, Fonds- und Investitionshilfekompetenz des Bundes, 1975, S. 25 f f .
34
Anl. 2 zum Troeger-Gutachten (Fn. 27), S. 178 f .
142
Joachim Wieland
Obwohl diese Vereinbarung nie abgeschlossen wurde, wird sie in 35 der Praxis weitgehend reibungslos angewandt . Einem förmlichen Abschluß der Vereinbarung stehen offenbar ebenso wie einer entsprechenden entgegen,
Änderung
des
Grundgesetzes
Bedenken
der
Länder
die die Erweiterung der Kompetenzen des Bundes zwar
in der Regel faktisch hinzunehmen geneigt
sind,
sie aber nicht
auch noch rechtlich absichern wollen.
2.
Der verfassungsrechtliche che
Diese Zurückhaltung
ist nicht
Ansatz der Rechtfertigungsversu-
unbegründet.
Die im
Flurbereini-
gungsabkommen vorgesehenen ungeschriebenen Ausgabenkompetenzen des Bundes rufen erhebliche Bedenken hervor, fassungsrechtlichen
die schon den ver-
Ansatz der Troeger-Kommission und damit zu-
gleich des Flurbereinigungsabkommens betreffen.
Danach wäre eine
Selbstkoordinierung der Länder mit dem Grundgesetz Rechtlich
selbständige
Gemeinschaftseinrichtungen
unvereinbar.
mehrerer
oder
aller Länder zur Erfüllung von Landesaufgaben sollen dem zweigliedrigen Bundesstaatsbegriff und Art. neben den Ländern bestehende, gen außerhalb
28 GG widersprechen, weil
rechtlich selbständige Einrichtun-
der parlamentarischen
Kontrolle stünden.
Zudem
könnten die Länder ohne bundesrechtliche Grundlage weder s t a a t liche Aufgaben oder Befugnisse eigene
Aufgaben
oder
anderer Länder übernehmen
Befugnisse
oder auf selbständige Einrichtungen charakter der Länder verbiete,
auf
Behörden
übertragen.
anderer
noch
Länder
Der Gliedstaat-
daß ein Land Landesmittel zur F i -
nanzierung von Investitionen oder zur Erfüllung sonstiger Aufgaben anderen Ländern zur Verfügung stelle 36 Vermöchten diese Argumente zu überzeugen, bliebe tatsächlich keine andere Möglichkeit, S.
als eine ungeschriebene Ausgabenkompetenz
35
Frey (Fn. 2 ) , 104a Rn. 11.
23 f f . ; Fischer-Menshausen (Fn. 2 ) , Art.
36
Troeger-Gutachten (Fn. 27), TZ 41 f . (S. 13).
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
des Bundes dort anzunehmen, finanziellen
Möglichkeiten
rechtslehre
und
Einrichtungen,
wo eine Erfüllung einer Aufgabe die
einzelner
Staatspraxis
Länder
zählen
die zu unterhalten
Landes übersteigen
143
die das
übersteigt.
Schaffung
Staats-
gemeinsamer
Leistungsvermögen
würde oder die innerhalb
eines
eines Landes
nicht
ausgelastet wären, jedoch durchaus zu den legitimen Gegenständen 37 zwischengliedstaatlicher Abmachungen , Auch das Bundesverfassungsgericht hat im ersten Fernsehurteil die Länder auf die Selbstkoordinierung verwiesen und betont, den Bundesstaat entscheidender Unterschied sei,
ausdrücklich
daß es ein für ob sich die Län-
der einigen oder ob der Bund eine Angelegenheit auch gegen den Willen der Länder oder einzelner Länder gesetzgeberisch regeln oder verwalten könne 38 . Dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist überdies kaum vorstellbar,
daß sich ein Land an der F i -
nanzierung einer gemeinsamen Einrichtung beteiligen würde,
wenn
es durch diese Einrichtung nicht auch eigene Aufgaben erfüllt s ä he.
Die diesbezüglichen
Bedenken
der
Troeger-Kommission
sind
ebensowenig begründet wie der Einwand, daß rechtlich
selbständi-
ge
der
Gemeinschaftseinrichtungen
mentarischen vielmehr
Kontrolle
solche
der
stünden:
Länder Die
außerhalb
Länderparlamente
Gemeinschaftseinrichtungen
in
parlakönnen
ähnlicher
Weise
kontrollieren wie rechtlich verselbständigte Träger der mittelbaren Staatsverwaltung allem die
eines
Entscheidung
einzelnen über
die
Landes.
Dazu bietet
Bewilligung
der
sich
vor
erforderlichen
Mittel an.
37
Vgl. nur H. Schneider, Verträge zwischen Gliedstaaten im Bundesstaat, in: VVDStRL 19, 1 (18, 32) und die sich anschließende Diskussion, S. 131 f f . ; Beispiele für solche gemeinsamen Einrichtungen der Länder finden sich in der Anl. zum Ref. von Schneider, S. 34 ff.
38
BVerfGE 12, 205 (252).
144
Joachim Wieland
3.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Staatspraxis
und
Troeger-Kommission
haben
sungsgericht aber offenbar so beeindruckt, teil zum Jugendwohlfahrtsgesetz
vom 18.
das
Bundesverfas-
daß es in seinem UrJuli
1967 eine
Förde-
rungszuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet der Jugendhilfe für 39 Aufgaben mit eindeutig überregionalem Charakter anerkannt hat Im ersten
Fernsehrurteil
war die Überregionalität
einer
Aufgabe
dagegen noch ausdrücklich als ungeeignet bezeichnet worden, um 40 . Nun-
eine ungeschriebene Kompetenz des Bundes zu begründen mehr stellte das Gericht jedoch darauf ab, Art nach durch ein Land allein könnten.
Es nannte
als Beispiel
ob Bestrebungen ihrer
nicht wirksam gefördert werden für zulässige
Förderungen
auf
dem Gebiet der Jugendpflege durch den Bund zentrale Einrichtungen, deren Wirkungsbereich sich auf das Bundesgebiet41als ganzes erstreckte, gesamtdeutsche und internationale Aufgaben Dieses Urteil muß auf Bedenken stoßen,
weil es ohne Begründung
die Möglichkeiten eines einzelnen Landes und nicht der Ländergesamtheit zum Maßstab für die Annahme ungeschriebener Ausgaben42 kompetenzen des Bundes gemacht hat . Entscheidend ist aber, daß es heute eine ungeschriebene Ausgabenkompetenz des Bundes nicht
mehr
zu
begründen
vermag,
nachdem
Finanzreform des Jahres 1969 die Art.
im
104a Abs.
Rahmen
der
3 und 4 sowie
91a und 91b in das Grundgesetz aufgenommen worden sind.
Diese
Ausnahmen von dem allgemeinen Lastentragungsgrundsatz des Art. 104a Abs. Bundes dem
1 GG für Geldleistungsgesetze und Investitionshilfen des
sowie Gemeinschaftsaufgaben
Bund
allgemein
unabhängig dort
die
von
verlören
besonderen
Ausgabenkompetenz
ihren
Sinn,
Voraussetzungen
zustünde,
39
BVerfGE 22, 180 (217).
40
BVerfGE 12, 205 (252).
41
BVerfGE 22, 180 (217).
42
Zur Krit. des Urt. Bullinger (Fn. 21), S. 273.
wo ein
wenn ganz Land
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
allein eine s t a a t l i c h e Aufgabe nicht erfüllen k a n n . solche
ungeschriebene
Einfügung
Auffangkompetenz
der genannten
gewesen.
Artikel
des
145
Gäbe es eine
Bundes,
wäre
in d a s Grundgesetz
die
überflüssig
Der v e r f a s s u n g s ä n d e r n d e Gesetzgeber hat aber seinerzeit
die Gefahren zu weit reichender Ausgabenkompetenzen des Bundes durchaus
gesehen,
als
er entgegen
dem Vorschlag
der
Troeger-
Kommission die
Bestimmung der Gemeinschaftsaufgaben nicht dem 43 Gesetzgeber überließ , sondern sie in den Art. 91a und 91b GG abschließend aufzählte 44 .
4. Über
Die v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e Beurteilung der Flurbereinigung diese
setzt sich Entwurf
Entscheidung
des
die S t a a t s p r a x i s
des
verfassungsändernden
Gesetzgebers
hinweg,
wenn sie entsprechend dem 45 Flurbereinigungsabkommens weitere Gemeinschafts-
finanzierungen von Bund und Ländern vornimmt. Die im Flurbereinigungsabkommen
dem Bund zugebilligten
benkompetenzen reichen viel weiter, zwingend wäre.
Sie l a s s e n
sich
ungeschriebenen
Ausga-
a l s es begriffsnotwendig und deshalb
zu
einem
wesentlichen
Teil nicht a u s der Natur der Sache begründen. Zwar liegt es durchaus nahe, tativer
Funktionen
der
daß z . B .
Bundeshauptstadt
s t a a t l i c h e r Repräsentation
die Förderung r e p r ä s e n als
Maßnahme
gesamt46 ihrem Wesen nach dem Bund zusteht .
Warum sich die g e s a m t s t a a t l i c h e Repräsentation aber auf die Förderung von Musik,
Film, Festspielen, Sport und g e s e l l s c h a f t s p o l i -
43
So der von der Troeger-Kommission vorgeschlagene GG (Fn. 27), TZ 139 (S. 37).
Art.
85a
44
Vgl. schon den Regierungsentwurf des Finanzreformgesetzes ( F n . 30), Art. 1 § 3 (S. 6) und TZ 78 f f . (S. 24 f . ) .
45
Vgl. § 2 Flurbereinigungsabkommen bei Frey (Fn. und Mauns (Fn. 21), Art. 104a Rn. 18.
46
Fischer-Menshausen (Fn. 2 ) , Art. 104a Rn. 10.
2 ) , S. 76
146
Joachim Wieland
47 tische Bildungsarbeit
beziehen soll
,
ist nicht ersichtlich.
Bund befaßt sich hier mit kulturellen Angelegenheiten
Der
und dringt
damit in den Zuständigkeitsbereich der Länder ein^®. Die Förderung auswärtiger Beziehungen bzw. der Großforschung ist 49 in Art. 32 bzw. Art. 91b GG abschließend g e r e g e l t , so daß in diesen Sachbereichen
kein Raum für ungeschriebene
petenzen
bleibt.
des
Bundes
Die
Förderung
geteilten Deutschland und von Maßnahmen,
der
Ausgabenkom-
Beziehungen
um den Auswirkungen der Teilung Deutschlands zu hierauf wird vor allem die Zonenrandförderung des 50 stützt -
oder der Länder;
entweder
Besonders bergbaus
und
ist
der Werften DM.
des
Bundes
die
sektorale
Wirtschaftsförderung
Bedingungen
Einfluß
der Bundesrepublik.
belaufen sich
jährlich
auf
Da Art.
die Befugnis zugesteht,
die
und
Auflagen
Entwicklung
der
auf
weit
entscheidet, Wirtschaft
in
91a Abs. 1 Nr. 2 GG dem Bund nur
an der Verbesserung der regionalen Wirt-
schaftsstruktur mitzuwirken,
läßt
die Verfassung für eine
r a l e Wirtschaftsförderung des Bundes keinen Raum. zentrale Organisationen
allein
Wer über die Vergabe dieses Geldes und
verbundenen
nimmt maßgeblich
Zuständigkeit
Förderungsmaßnahmen zugunsten des Steinkohle-
über eine Milliarde damit
die
Notwendigkeit.
problematisch
durch den Bund.
in
für einen gesonderten Kompetenztitel des Bundes
besteht keine zwingende
im Bereich der
des Bundes können ebensogut von der
47
begegnen Bundes g e -
, f ä l l t je nach Sachbereich entsprechend den allgemeinen
Kompetenzvorschriften
die
im
die erforderlich sind,
sekto-
Nichtstaatliche
Gesetzgebungszuständigkeit Gesamtheit der
Länder
wie
Vgl. die o. in Fn. 13-17 genannten Beispiele und die Protokollnotiz zu S 1 Nr. 1 des Flurbereinigungsabkommens bei
Frey (Fn. 2), S. 78.
48
Maunz (Fn. 21), Art. 104a Rn. 18.
49
V g l . dazu die Rahmenvereinbarung Forschungsförderung, BAnz Nr. 240 v . 30.12.1975, S. 4 f .
50
Maunz (Fn. 21), Art. 104a Rn. 17.
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
vom Bund gefördert werden. für
Förderungsmaßnahmen
147
Auch hier besteht keine Notwendigkeit
gerade
des Bundes zugunsten
zentraler
Einrichtungen des Sports oder der Jugendpflege. Die Befugnis
des Bundes,
Maßnahmen
sachgemäßen Erfüllung von dig sind,
zu finanzieren,
die
zur
Aufgaben der
Bundesbehörden notwen51 läßt sich zwar kraft Sachzusammenhang grundsätzlich
rechtfertigen.
Es ist aber nicht ersichtlich, warum zur sachgemä-
ßen Erfüllung
von
Aufgaben
des Bundes die einheitliche
stung der Bereitschaftspolizeien der Länder
Ausrü-
durch den Bund not-
wendig sein soll 52
IV.
Die Konsequenzen für die bundesstaatliche Finanzverfassung
Ober diese dogmatischen Bedenken im einzelnen hinaus wirkt sich die Annahme
weitreichender
des Bundes auch negativ
ungeschriebener
Ausgabenkompetenzen
auf die Finanzverfassung und die bun-
desstaatliche Ordnung aus.
1.
Die Klarheit der Finanzverfassung
Ungeschriebene Kompetenzen wirken der insbesondere für die bundesstaatliche
Finanzverfassung
notwendigen
Rechtsklarheit
und
Rechtssicherheit entgegen. Je mehr ungeschriebene Kompetenzen anerkannt
werden,
desto stärker
wird
die Unsicherheit
von Bund
und Ländern über Möglichkeiten und Grenzen ihre Handelns. angestrebte,
aber nicht verabschiedete
ist nicht geeignet, gen der bener
diese Unsicherheit zu beseitigen. Vereinbarun-
Beteiligten können
Kompetenzen
Das
Flurbereinigungsabkommen
nur die
beschränken,
Inanspruchnahme nicht
jedoch
die
ungeschriegeforderte
Rechtsklarheit herbeiführen. 51
Vgl. dazu die in Fn. 21 Genannten.
52
So aber die Protokollnotiz zu § 1 Abs. kommen bei Frey (Fn. 2), S. 79.
2 Flurbereinigungsab-
Joachim Wieland
148
Dieses
Ziel l ä ß t
sich
auch
nicht
mit Hilfe des
Verhältnismäßig-
k e i t s g r u n d s a t z e s e r r e i c h e n 53 . Letztlich liefe dessen Anwendung auf eine
Abwägung
der
gesamtstaatlichen
Bedeutung
von
geförderten
Projekten und E i n r i c h t u n g e n mit den b e t r o f f e n e n Landeskompetenz54 materien h i n a u s . Für diese Abwägung l a s s e n sich keine normat i v e n Kriterien a u s der Rechtsordnung a b l e i t e n , des Abwägenden
tungen f ü r die
Abgrenzung
der
entscheiden.
so d a ß die Wer-
Eine v e r l ä ß l i c h e
Zuständigkeiten
von
Bund
Grundlage
und
Ländern
l ä ß t sich so nicht s c h a f f e n .
2. Die den
Die Beschneidung d e r F i n a n z a u s s t a t t u n g d e r L ä n d e r Inanspruchnahme Bund
ungeschriebener
beeinträchtigt
Rechtsklarheit,
aber
nicht
Ausgabenkompetenzen nur
durch
Rechtssicherheit
und
sondern v e r ä n d e r t auch die vom Grundgesetz v o r -
gezeichnete b u n d e s s t a a t l i c h e Ordnung zu Lasten der L ä n d e r .
Wenn
d e r Bund u n g e s c h r i e b e n e Ausgabenkompetenzen
wird
n i c h t n u r der A u f g a b e n b e r e i c h , tung der Länder beschnitten.
beansprucht,
sondern auch die
Finanzausstat-
Bund und L ä n d e r können nicht
tonom ü b e r i h r e F i n a n z q u e l l e n e n t s c h e i d e n ,
sondern s i n d an
Vorgaben
Ihre
der
Finanzverfassung
gebunden.
dort nicht v o l l s t ä n d i g f e s t g e s c h r i e b e n ,
sondern h ä n g e n
wesentlichen Punkt von den Ausgaben a b : Nr.
Einnahmen
Gemäß Art.
audie sind
in einem 106 Abs. 3
1 GG h a b e n Bund und L ä n d e r im Rahmen d e r l a u f e n d e n Ein-
nahmen gleichmäßig gaben.
Anspruch auf
Deckung
der
notwendigen
Aus-
Auch wenn d a s D e c k u n g s q u o t e n v e r f a h r e n Raum f ü r den p o -
l i t i s c h e n Kompromiß l ä ß t ( " b i l l i g e r Ausgleich" 5 ®), h ä n g e n doch die Ansprüche des Bundes auf d e r einen und der L ä n d e r g e s a m t h e i t der a n d e r e n Seite e n t s c h e i d e n d
davon a b ,
auf
welche Ausgaben ihnen
53
So a b e r W. Jakob, F o r s c h u n g s f i n a n z i e r u n g d u r c h den Bund, Der S t a a t 24 (1985), 527 f f .
54
Jakob ( F n . 53), S. 563 f .
55
Art. 106 Abs. 3 Nr. 2 GG.
Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes
149
56 notwendig entstehen
Das sind nicht nur Ausgaben,
.
Rechtsanspruch besteht, ben.
auf die ein
sondern alle rechtlich zulässigen Ausga-
Die Beurteilung der Notwendigkeit dieser Ausgaben ist kein
rechtliches,
sondern ein politisches Problem.
Wo der Bund aber
keine ungeschriebene Ausgabenkompetenz beanspruchen kann,
ent-
stehen ihm auch keine notwendigen Ausgaben. Demgemäß
besteht
nanzausstattung
ein der
direkter Länder
Zusammenhang
und
Ausgabenkompetenzen des Bundes. kannt werden, gung
der
zwischen
Annahme
am Umsatzsteueraufkommen
für die
Fähigkeit der
Fi-
Soweit solche Kompetenzen aner-
erhöht sich der Anspruch des Bundes auf zu Lasten
der
Länder,
selbst
der Bund eine ungeschriebene
Beteili-
Ländergesamtheit.
Infolge dieser Verschlechterung ihrer Finanzausstattung sich die
der
ungeschriebener
die Ausgaben
verringert zu tragen,
Zuständigkeit in
Anspruch
nimmt. Die Gefahr eines circulus vitiosus liegt auf der Hand: Die sinkende Finanzausstattung
der
Länder
führt zu einer
ungeschriebenen Bundesausgabenkompetenzen, nismus des Art.
106 Abs.
der
die über den Mecha-
3 GG wiederum Mindereinnahmen
Ländergesamtheit zur Folge hat. der entgehen,
Ausweitung
der
Diesem Kreislauf können die Län-
wenn sie - gegebenenfalls gemeinsam - die Aufga-
ben wahrnehmen,
die nach der geschriebenen Finanzverfassung in
ihre Zuständigkeit fallen. Nur so können sie auch eine Beschränkung ihrer keit vermeiden.
Ausgabenkompetenz Gebrauch macht, mehrheit
versuchen,
haltsgesetz ausüben.
über
im Bundesrat
ihr
kann allenfalls eine Länder-
Einspruchsrecht
Einfluß
auf
56
wo
gegen
die Verwendung
das Hausder
Mittel
Über Ausgaben, die in die Kompetenz der Länder fallen,
entscheidet dagegen jedes Land allein. da,
Handlungsfähig-
Wenn nämlich der Bund von einer ungeschriebenen
es
um gemeinsame
Das gilt auch und gerade
Finanzierungen
mehrerer
Zu diesem Begriff Fischer-Menshausen (Fn. 26a und Maunz (Fn. 21), Art. 106 Rn. 49.
2),
oder
aller
Art. 106 Rn.
Joachim Wieland
150
Länder geht. sports
Wenn ein Land z . B .
nicht
für
überregionaler
vorrangig
hält,
Sportleistungszentren
Land e n t s c h e i d e n ,
die F ö r d e r u n g des kann
es
die
ablehnen.
Leistungs-
Mitfinanzierung
Auch
kann
u n t e r welchen Bedingungen es sich an d e r g e -
meinsamen F i n a n z i e r u n g k u l t u r e l l e r V e r a n s t a l t u n g e n wie Film, sik,
jedes
T h e a t e r und Festspielen b e t e i l i g t .
Mu-
Unterschiedliche Vorstel-
lungen d e r L ä n d e r können zu u n t e r s c h i e d l i c h e n
Förderungsmodellen
führen. Diese Überlegungen z e i g e n ,
d a ß es von e r h e b l i c h e r Bedeutung i s t ,
ob eine Ausgabe vom Bund oder g e m e i n s c h a f t l i c h von den Ländern getätigt wird. des Bundes
Die Annahme u n g e s c h r i e b e n e r
auch d o r t ,
griffsnotwendig 104a und 30 GG.
Ausgabenkompetenzen
wo eine Kompetenz d e r L ä n d e r nicht
ausscheidet,
ist nicht
nur unvereinbar
Sie b e e i n t r ä c h t i g t auch die Klarheit der
be-
mit Art. Finanz-
v e r f a s s u n g , beschneidet die F i n a n z a u s s t a t t u n g d e r L ä n d e r und b e schränkt ihre Handlungsfähigkeit. Vielfalt v e r h i n d e r t . rektur.
Überdies wird
Die S t a a t s p r a x i s
bedarf
bundesstaatliche
deshalb
einer
Kor-
Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht als geschichtliche Grundlagen der Wirtschaftsüberwachung Von Bernhard Losch
Inhaltsübersicht I . Begrifflicher Ausgangspunkt II.
153
Geschichtlicher Zusammenhang
155
1.
Zunftwesen und Zunftzwang
155
2.
Zwangs- und Bannrechte, sonstige Monopole und Privilegien
157
3.
Merkantilistische Wirtschaftslenkung
157
4.
Liberale Wirtschaftstheorie
158
5. Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht in der preußischen Reformgesetzgebung
III. IV.
I.
159
6.
Weiterentwicklung des Gewerberechts in Preußen
164
7.
Entwicklung im übrigen Deutschland, in Österreich und in der Schweiz
167
8.
Weitere Entwicklung im 19. Jahrhundert
169
Erweiterter geschichtlicher Zusammenhang
172
Verfassungsrechtlicher und staatsphilosophischer Rahmen
173
Begrifflicher Ausgangspunkt
Der Begriff
Wirtschaftsüberwachung
wird
gewöhnlich
gleichbedeu-
tend mit Wirtschaftsauf sieht verstanden und reicht sehr weit,
von
154
Bernhard Losch
der Gefahrenabwehr über Auskunfts- und Kontrollrechte im Bereich der Wirtschaftslenkung und Wirtschaftsförderung bis zur bloß t a t sächlichen Information . danach unterscheiden, gemeinheit,
Im Bereich der Gefahrenabwehr läßt sich ob es vornehmlich um den Schutz der All-
den Kunden- oder Abnehmerschutz oder den Schutz der
unmittelbar Beteiligten, Kundenschutzes
sind
den Arbeitsschutz, der
vielfach nicht zu trennen.
Betroffenen-
geht.
und
Im Bereich des
Allgemeinheitsschutz
Der spezifische Rechtsgüterschutz steht
außerdem im Zusammenhang mit der Rechtsverträglichkeit der Gesamtwirtschaft,
sich besonders normierte 2 auch als "Bestandspflege" im weiteren Sinne aus . Soweit die
und hier wirken
Verrechtlichung
Gefahrenabwehr hinaus
der
Wirtschaft
über
Ziele
Vorschriften
zunehmend wirtschaftspolitische
zur
Strategien
festschreibt,
schafft sie einen wachsenden Rechtswahrungsbestand, 3 der eine nur darauf bezogene Überwachung nach sich zieht . Mit den
erweiterten
Rechtsschutzzielen
gerät
die
Wirtschaftsüberwa-
chung in einen Übergangsbereich zwischen Gefahrenabwehr, staatlicher
Verteilungsüberwachung
und
allgemeiner
sozial-
Wohlfahrts-
pflege.
Ausgangspunkt ist jedoch die polizeiliche Gefahrenabwehr,
die
Gewerbepolizeirecht
im
ihre
maßgebliche
Regelung
gefunden
hat. Vom Standpunkt der Gewerbefreiheit aus konnten die Grenzen der wirtschaftlichen
Betätigung
nur
in
der
Gefahrenabwehr
liegen.
Diese mußte hinsichtlich der besonderen Gefahren aus der Gewer1
Vgl. Bullinger, Staatsaufsicht in der Wirtschaft, VVDStRL 22 (1965), 264 (328); E. Stein, Die Wirtschaftsaufsicht, 1967; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl. 1980, S. 146; Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 107 f f . (207).
2
Vgl. von der Heide, DÖV 1986, 195 (197).
3
So etwa durch das Subventionsrecht oder die wirtschaftsrechtliche Grundsatzgesetzgebung, vgl. näher Spannowsky, Der Handlungsspielraum und die Grenzen der regionalen Wirtschaftsförderung des Bundes, Tübingen (erscheint 1986); Manuskript S. 199 f .
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
betätigkeit werden.
durch
Einschränkungen
der
155
Gewerbefreiheit
gesichert
Die Einführung der Gewerbefreiheit als das Recht für j e -
dermann, wirtschaftlich tätig zu werden, verlangte daher zugleich eine Regelung des Gewerbepolizeirechts,
um den besonderen Gefah-
ren aus der gewerblichen Tätigkeit entgegenzuwirken. lichen
Ausgangspunkt
für die
staatliche
Den eigent-
Überwachung
der
Wirt-
schaft bildet also die Gewerbefreiheit.
II.
Geschichtlicher Zusammenhang
Wenn man die wirtschaftspolitischen Entwürfe und Stellungnahmen aus der Wende vom 18. zum 19. und aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrachtet, Gewerbefreiheit
eine
schaffen wurde.
gewinnt man den Eindruck,
fundamental
neue
daß mit der
Wirtschaftsordnung
ge-
Was den einen als Notwendigkeit und Aufbruch in
eine bessere Zukunft erschien,
war für die anderen der Sturz ins A
Chaos und das willkürliche Opfer einer bewährten Ordnung .
1. Die
Zunftwesen und Zunftzwang Freiheit
Konkurrenz,
der
wirtschaftlichen
Betätigung,
gab es in dieser Ordnung nicht.
also
Wirtschaftsmarkt aufgeteilt zwischen den Zünften bzw. mannsgilden und Handwerksinnungen, schlossen waren. alters
die
freie
Vielmehr war der den Kauf-
die zu Zünften zusammenge-
Das Zunftwesen hatte sich im Laufe des Mittel-
herausgebildet.
Es
führte zu
fester
Einteilung
der
ver-
schiedenen Berufssparten, legte Ausbildungs-, Qualitäts- und 4 Vgl. von Rohrscheidt, Vom Zunftzwange zur Gewerbefreiheit Eine Studie nach den Quellen, Berlin 1898; Kölzsch, Die Entwicklung der Gewerbefreiheit in Deutschland, Diss. Greifswald 1920; Mieck, Preußische Gewerbepolitik in Berlin 1806-1844, Berlin 1965; Barbara Vogel, Allgemeine Gewerbefreiheit, Die Reformpolitik des preußischen Staatskanzlers Hardenberg (1810-1820), Göttingen 1983 (Krit. Stud. z. Geschichtswissenschaft, Bd. 57).
Bernhard Losch
156
Lohnstandards fest,
schloß die Mitglieder zu sozialen Gruppen zu-
sammen und verband
mit der
beruflichen die
politische
Interes-
5 senvertretung .
Die
Zunft
schlossenen Gesellschaft, gang fand und außerhalb sagt
war.
Dieser
entwickelte
in die
derer die
Zunftzwang
sich
nur der
schließlich
zur
Standesangehörige
gewerbliche Tätigkeit
sicherte
den Zünftischen
geEin-
unter-
das
ge-
werbliche Monopol. Was zunächst Entfaltung und Gestaltung bedeutet hatte,
führte im
Laufe der Jahrhunderte aber zu Erstarrung und Rückschritt.
Aus
der Berufs- und Tätigkeitsorganisation wurde ein Privilegien- und Zeremonienwesen, in dem sich erhebliche Mißbräuche breitmachg ten .
Die traditionelle Aufnahme als Lehrling,
von der Lehre,
die Einsetzung
als Meister,
die Lossprechung die Versammlungen
und Verhandlungen wuchsen sich zu umständlichen und kostspieligen Feiern und Aufzügen aus,
deren berufs- und standesethischer
Ausgangspunkt7 immer mehr in grobe und gewalttätige Belustigungen ausartete . Vor allem dieses Lasterleben war dem Ansehen der
5
Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 1 f f . ; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, 1. Bd., 1958, S. 163 f f . ; M. Weber, Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl. 1958, S. 127 f f . ; H. Pohl, Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung vom Spätmittelalter bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I , 1983, S. 214 (225 f f . ) ; Blaich, Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsverwaltung, ebda., S. 428 (insbes. S. 438 f f . ) .
6
Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 87 f f .
7
Der Zug zu barocken Festgelagen aus jedem denkbaren Anlaß war aber keine Besonderheit der Zünfte, sondern kennzeichnete in weitem Umfang das gesellschaftliche Leben, z.B. im jahres- und lebenszeitlichen Brauchtum und bei der landwirtschaftlichen Abgabenentrichtung ( v g l . Losch, Anfangs- und Abschlußbräuche, in: Dörfliche Fasnacht zwischen Neckar und Bodensee, 1966, Volksleben Bd. 12, S. 82 f f . ) und vor allem auch an den Universitäten, etwa bei den Immatrikulationsund Abschlußfeiern ( v g l . Jens, Eine deutsche Universität, 1977, S. 64 f f . ) . Obrigkeitliche Aufsichtsmaßnahmen richteten sich auch gegen diesen Überschwang; im Zunftwesen erschien die Unordnung nach Ausmaß und Auswirkung besonders lästig.
157
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
Zünfte abträglich und gab im 18. Jahrhundert den Anlaß zu einer o wachsenden obrigkeitlichen Aufsicht .
2.
Zwangs- und Bannrechte, sonstige Monopole und Privilegien
Teilweise
hatten
sich
zusätzlich
zur
Zünfte örtliche Ausschließlichkeitsrechte sprünglich
der
Existenzfähigkeit
Betriebe dienen sollten,
Marktkontrolle herausgebildet,
gemeinwirtschaftlich
durch
die
die urwichtiger
so vor allem für das Mühlengewerbe.
In-
nerhalb des sonstigen Zunfthandwerks war vielfach der Kauf von Gewerbeberechtigungen Voraussetzung
für einen Meisterbetrieb
worden,
was die Monopolisierung verstärkte.
daneben
staatliche
ge-
Schließlich wurden
Privilegien und Sonderkonzessionen außerhalb Q des Zunftwesens vergeben . Diese vielfältigen Sonderrechte führten dazu, daß sich die Wirtschaft zwar nicht ausschließlich in zünftischer,
aber durchweg in fester Hand befand und wenig Raum für
Entfaltung und Neuerung bestand.
3.
Merkantilistische Wirtschaftslenkung
Um gleichwohl die Wirtschaftstätigkeit zu fördern,
versuchte der
Absolutismus
Rohstoffverar-
der
Aufklärungszeit
beitung durch Exportverbote, unterstützen*®.
die
inländische
Schutzzölle und neue Privilegien zu
Damit wurde zwar der Zunftzwang häufiger durch-
8
Die zugleich übertriebene Vorrechte und wirtschaftlichen Machtmißbrauch einschränken wollte; vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 87 f f . ; Köttgen, Gewerbegesetzgebung, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Bd., 1927, S. 1000 (1006 f f . ) .
9
Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 49 f f .
10
Vgl. Lütge, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl. 1966, S. 321 f f . ; Haussherr, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit vom Ende des 14. bis zur Höhe des 19. Jahrhunderts, 3. Aufl. 1960, S. 153 f f . ; Kulischer (Fn. 5 ) , 2. B d . , 1958, S. 102 ff.
158
Bernhard Losch
brochen,
aber wiederum nur durch fest verliehene Berechtigungen,
und der wirtschaftlichen wegungsfreiheit
Belebung wurde keine
eingeräumt.
Anzeichen
einer
ausreichende BeÄnderung
brachte
aber eine gründliche wirtschaftspolitische Neubesinnung.
4.
Liberale Wirtschaftstheorie
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelten die Physiokraten in Frankreich eine Theorie der landwirtschaftlich fundierten Wirtschaftsordnung, die auf der freien Verfügbarkeit der landwirtschaftlichen Produktion aufbaute und, von diesem Bereich ausgehend, die liberale Wirtschaftstheorie vorbereitete''""''. Gegenüber der landwirtschaftlichen Produktion stellte Adam Smith, der Begründer und Wegbereiter der liberalen Wirtschaftstheorie, die Arbeit als den entscheidenden Wirtschaftsfaktor in den Vordergrund und plädierte für einen völlig freien Markt, auf dem sich im Konkurrenzkampf eine allseitig freie Entfaltung der wirtschaftlichen und persönlichen Kräfte nach dem Maßstab des Erforderlichen und Brauchbaren und der natürlichen Auslese entwickeln 12 könnte Es ist offensichtlich, nur
auf
eine
daß in diesem freiheitlichen,
natürliche
Differenzierung
bezogenen
gewissermaßen Entwurf
Grundlagen der Aufklärungsphilosophie aufgegriffen sind,
die
die an
der individuellen und sozialen Selbstbestimmung des Menschen a r beitete und daß der Entwurf sich mit dem Kantschen Rechtsprinzip von der größtmöglichen Freiheit
eines jeden
an den Grenzen der
11
Vgl. Haussherr (Fn. 10), S. 277 f f .
12
A. Smith, Der Wohlstand der Nationen (1776), aus dem Englischen übertragen von H.C. Recktenwald nach der 5. Aufl. 1789, 1974; v g l . Haussherr (Fn. 10), S. 281 f f . ; von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 188 f f . ; Mieck (Fn. 4 ) , S. 3; Kaufhold, Gewerbefreiheit und gewerbliche Entwicklung in Deutschland im 19. Jahrhundert, Bl. f . deutsche Landesgeschichte 118, 1982, S. 73 (74 f f . ) ; Stürmer, Die Suche nach dem Glück: Staatsvernunft und Utopie, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I I , 1983, S. 1 (4, 13 f . ) .
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
159
Freiheit des anderen t r i f f t , hier zum Wirtschaftsprinzip speziali13 siert . Die in den Fundamentalsatz bei Kant als Voraussetzung der
gleichberechtigten
Freiheit
einbezogenen
konstitutiven
Frei-
heitsgrenzen kehren bei der praktischen Verwirklichung des l i b e ralen Wirtschaftsmodells als die polizeilichen Schranken der Wirtschaftsfreiheit wieder. Die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung unter Abschaffung der Zünfte wurde in Frankreich schon 1775/ 76 durch
Turgot durchzusetzen
versucht;
nach
seinem bald
darauf
folgenden Rücktritt wurde die Reform aber wieder rückgängig macht.
ge-
Doch mit der Einführung der neuen bürgerlichen und d . h .
nunmehr Jedermannsrechte durch die Französische Revolution setzte sich die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung in Form der a l l gemeinen Gewerbefreiheit in Frankreich endgültig durch 14
5.
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht in der preußischen Reformgesetzgebung
Von Frankreich aus drang das Prinzip der Gewerbefreiheit in die 15 eroberten und übernommenen deutschen Westgebiete ein . Als e r ster deutscher Staat entschloß sich Preußen,
mit der Zunftverfas-
sung zu brechen und das neue Prinzip zu verwirklichen.
Den An-
stoß dazu gab die Reformgesetzgebung,
die nach dem Zusammen-
bruch
1806/1807 zum Wiederauf-
im französisch-preußischen
Krieg
bau des Staates in die Wege geleitet wurde. Während der erste große Reformer, wesen jedoch nicht,
Freiherr vom Stein, das Zunft-
wie in Frankreich
geschehen,
abschaffen,
13
Kant, Die Metaphysik der Sitten, 2. Aufl. 1798, Einleitung in die Metaphysik der Sitten I , IV, S. 6 f . , 18 f f . , Einleitung in die Rechtslehre B, C, S. 31 f f . , zit. nach der Ausg. in sechs Bänden, hrsg. von W. Weischedel, 1956, S. 318 f . , 326 f., 336 f f . ; v g l . Störig, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, 12. Aufl. 1981, S. 357 f f . ; ferner Lütge (Fn. 10), S. 409; Stürmer (Fn. 12), S. 7 f .
14
Vgl. Kulischer (Fn. 5 ) , 2. Bd., S. 444 f .
15
Vgl. Kaufhold (Fn. 12), S. 85 f .
160
Bernhard Losch
sondern nur modernisieren wollte,
bekannte sich der Nachfolgere-
former von Hardenberg dagegen
uneingeschränkt zum Prinzip der 1 fi Gewerbefreiheit und zur Abschaffung der Zünfte . Die Situation sprach
keineswegs
Insbesondere
eindeutig
bestanden
setzte Meinungen.
auf
für
den
politischer
einen
oder
Seite
anderen
völlig
Weg.
entgegenge-
Während die Befürworter der allgemeinen Gewer-
befreiheit sich auf die Argumente der liberalen
Wirtschaftstheorie
stützten und die Zünfte als Hemmschuh der Entwicklung verstehen mußten,
sahen
die Gegenstimmen,
so besonders die ständischen
Deputiertenversammlungen, die Magistrate und natürlich die Zünfte selbst in der Gewerbefreiheit die Gefahr eines völligen wirtschaftlichen Niederganges,
im Zunftwesen dagegen
eine
unentbehrliche
Gewährleistung dafür, daß Ordnung und Zuverlässigkeit im Gewer17 be aufrechterhalten werden konnten Hardenberg setzte sich aber durch, ausgehenden Reformgesetzen, vorarbeiteten,
und nach verschiedenen vor-
die einer freien beruflichen Tätigkeit
wie vor allem die Bauernbefreiung, die Einführung
des freien Grundstücksverkehrs und die Aufhebung des Mühlen18 Zwanges , wurde durch das Gewerbesteueredikt von 1810 die Gewerbefreiheit unter gleichzeitiger Abschaffung der Zünfte einge19 führt
.
Dieser radikale Schritt,
mit dem nur teilweise an Stelle
der mit den Zünften verbundenen Selbstkontrolle und der sonstigen Vorkehrungen
gegenüber
der
gewerblichen
Gefahrenkontrolle verbunden wurde,
Wirtschaft
eine
erfuhr alsbald die f ä l l i g e Er-
gänzung durch das Gewerbepolizeigesetz von 1811, befreiheit erst den Rahmen gab,
auch
das der Gewer-
in dem sie überhaupt als nicht
16
Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 196 f f . , 312 f f .
17
Vgl. Nachw. o. Fn. 4.
18
Näher von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 202 f f .
19
Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbe-Steuer vom 2. November 1810 (im Titel mit Datum vom 28. Oktober aufgeführt), Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten vom 27. Oktober 1810 bis 1811, S. 79.
161
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
gemeingefährliches Recht und d.h.
eben nichts anderes als eine 20 .
Rechtsinstitution gewährleistet werden konnte
was ausschlaggebend war für Hardenbergs kompro-
Umstritten ist,
mißlosen Reformkurs.
Während ältere Autoren z . T .
betonen,
daß
mit Hardenbergs Generation eine Beamtenschaft zum Zuge kam, maßgeblich
durch
die
schnelle
Aufnahme
und
die
Verbreitung
der 21 Smithschen Ideen an den preußischen Universitäten geprägt war ,
halten neuere Untersuchungen weniger von diesem wirtschaftsliberalen Ausgangspunkt, sche Situation
ab,
sondern stellen die
in erster
auf die praktische
Linie
gekennzeichnet
politi-
war
größtem Geldbedarf und daher Hardenberg veranlaßt habe,
von
allein
aus finanzpolitischen Gründen die Gewerbefreiheit einzuführen, um 22 daran eine allgemeine Gewerbesteuer anknüpfen zu können . Die Einführung der Gewerbefreiheit durch das Gewerbesteueredikt zeigt schon mit dieser Verknüpfung und vor
allem im Vorspruch,
daß
der Nahzweck der Reform in der Tat die Einführung der Gewerbesteuer war.
Die Präambel überläßt es aber dem Leser,
Schwerpunkt auf
der Einlösung
eines
ausdrücklich
ob er den
wieder
aufge-
griffenen Reformversprechens oder eben in der Steuererhebung sehen w i l l . Das Edikt ordnete bei Strafe an,
daß jedermann, ob schon in i r -
gendeiner Form gewerbetreibend oder bisher noch nicht, führung eines
bestimmten
zu
damit
lösen
und
eine
Steuer zu bezahlen habe. auf
Gewerbeschein
Gewerbes je
nach
jährlich
einen
Berufsart
zur Aus-
Gewerbeschein
näher
festgesetzte
Das Betreiben mehrerer Gewerbe jeweils
und überall
im Staatsgebiet
wurde
gestattet.
Auf die Erteilung des Gewerbescheines hatte dem Edikt zufolge j e 20
Gesetz über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe, in Bezug auf das Edikt von 2ten November 1810, wegen Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer. Vom 7ten September 1811, ebda., S. 263.
21
Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 312 f f .
22
Vgl. E. Klein, Von der Reform zur Restauration, 1965, S. 101 f f . , mit Hinweis auf entsprechende ältere Stimmen.
162
Bernhard Losch
der Anspruch,
der ein
Polizeiattest über seinen rechtlichen
Le-
benswandel beibrachte. Diese
allgemeine
Gewerbefreiheit
wurde
für
diejenigen
Gewerbe
"bei deren ungeschicktem Betriebe gemeine Gefahr obwaltet, welche eine öffentliche
Beglaubigung oder Unbescholtenheit
dern" insofern eingeschränkt, nes
den
Nachweis
über
oder erfor-
als die Erteilung des Gewerbeschei-
den
"Besitz
der
erforderlichen
schaften auf die vorgeschriebene Weise" voraussetzte;
Eigen-
diese beson-
deren Gewerbe wurden abschließend in einem 34 Nummern umfassenden Katalog aufgezählt, Apotheker,
Tierärzte,
dazu gehörten z . B . :
Abdecker, Ärzte,
Hebammen, Totengräber, Makler, Juweliere,
Schausteller, Maurer, Zimmerleute und Schornsteinfeger. Besonders überwacht werden sollten also etwa das im Gesundheitsbereich tätige,
das leicht für betrügerischen Gewinn zugängliche
und das Bau-Gewerbe.
Unabhängig davon wurde jede Gewerbetä-
tigkeit den Grenzen des polizeilich Zulässigen unterworfen. Dieses oft als gewerberechtlich unzureichend beschriebene Steuer23 edikt erhielt, wie gesagt, im Gewerbepolizeigesetz von 1811 seine Ergänzung, Einschränkungen die
Grundlage
das in 163 Nummern die gewerbepolizeirechtlichen 24 näher ausführte . Wie das Gewerbesteueredikt der
Gewerbefreiheit,
so
ist
dieses
Grundlage des Gewerbepolizeirechts in Deutschland.
Gesetz
die
Zunächst wur-
de der Erwerb des Gewerbescheines grundsätzlich als vom Bürgerrecht unabhängig klargestellt. Vorschriften verwiesen,
Weiter wurde jedoch
auf örtliche
die das Bürgerrecht zur Voraussetzung für
die Aufnahme eines Gewerbebetriebes erhoben und angefügt,
daß
in diesen Fällen die Versagung des Bürgerrechts wegen rechtlicher 23
Vgl. 87.
von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 412; Kaufhold (Fn. 12), S.
24
Z.T. nicht als notwendige Ergänzung, sondern als Rückschlag gegen die Gewerbefreiheit auf Drängen der Zunftlobby charakterisiert, vgl. E. Klein (Fn. 22), S. 110 f f . ; die auf S. 113-125 aufgeführten Gegenstimmen stammen jedoch aus der Zeit nach 1811. Ausf. zum Gesetz von Rohrscheidt, S. 412 f f .
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
163
Bescholtenheit auch die Gewerbeausübung betreffe. Im Unterschied zum Edikt von 1810 konnte daraus entnommen werden, daß in allen anderen Fällen die rechtliche Unbescholtenheit nicht mehr als Voraussetzung für die Gewerbeberechtigung gelten konnte 25 . Die Aufhebung des Zunftzwanges wurde im Gesetz von 1811 erneut hervorgehoben, ferner wurde die Ablösung der Gewerbeberechtigungen geregelt. Die Brau- und Brennrechte wurden jedoch mit Einschränkungen aufrechterhalten; die Eröffnung neuer Schankstätten unabhängig von solchen Rechten wurde der polizeilichen Genehmigung nach dem Gesichtspunkt der öffentlichen Nützlichkeit unterworfen, sowie für das Wandergewerbe die Zuverlässigkeitsprüfung vorbehalten. Schließlich wurden sämtliche polizeilichen Preis- und Lohnfestsetzungen aufgehoben. Das mit der Einführung der Gewerbefreiheit verbundene Gewerbepolizeirecht ist geprägt durch die Aufhebung der bisherigen Zunftordnung, durch die Einführung der Gewerbeberechtigung auf Gewerbeschein und durch besondere Erlaubnisvorbehalte für eine Anzahl als gefährlich betrachteter Gewerbe; neben polizeilichen Zuverlässigkeitszeugnissen wurde ausnahmsweise auch eine Bedürfnisprüfung vorbehalten. Die heutige geläufige Einteilung in Gewerbeerlaubnis und Gewerbeuntersagung bestand nicht, Bedingungen und Auflagen waren nicht genannt. Überwachungsbehörden waren die Polizei und die allgemeinen Verwaltungsbehörden. Das Prüfungsermessen war unbeschränkt, der Rechtsschutz oft ausgenommen oder das Verfahren eingeschränkt. Arbeitsschutzbestimmungen bestanden nicht. Die Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse wurden privatem Belieben überlassen. Damit zeigt sich eine Grundlage, die das Prinzip der besonderen Überwachung zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zwar klar erfaßt und um eine Regelung bemüht ist, aber, von der Auflistung der gefährlichen Gewerbe abgesehen, sehr pauschal ansetzt und in der Tat als ein erster Versuch erscheint, die Gewer25
von Rohrscheidt (Fn. 4), S. 613.
164
Bernhard Losch
befreiheit polizeilich
zu bewältigen.
Im Gewerbesteuergesetz
von
1820 wurde das Prinzip der Gewerbefreiheit noch verdeutlicht,
in-
dem der
die
Gewerbeschein
grundsätzlich
abgeschafft
und durch
Mitteilung von der Aufnahme des Gewerbes an die Behörde ersetzt wurde.
Nur für das Hausiergewerbe blieb die Pflicht, oc .
einen Ge-
werbeschein zu lösen, aufrechterhalten
6.
Weiterentwicklung des Gewerberechts in Preußen
Die
umrissene
Kerngebiete Staatsteile krieg
Rechtslage
beschränkt; und
blieb nach
der weiteren
französischer,
Gewerberecht.
In
auf
Rückerwerb
Ausdehnung
galt in den verschiedenen
schiedliches
zunächst dem
durch
die den
verlorenen Befreiungs-
Staatsgebieten ein völlig den
Landesteilen
unter
unterehemals
westfälischer und bergischer Herrschaft waren die
Zünfte ganz aufgelöst,
sonst herrschte die alte
Zunftverfassung
und bestanden die herkömmlichen Sonderrechte weiter, Stil des 18.
preußischen
der
teilweise im
Jahrhunderts, teilweise in der vorsichtigen Beschrän-
kung durch das Allgemeine Landrecht und aufgelockert durch die 27 verschiedensten Vorschriften . Es war jedoch keineswegs eindeut i g , daß der Reformkurs sich weiter durchsetzen konnte. Die Geg28 nerschaft gegen die Gewerbefreiheit blieb vehement . Vorerst kam es lediglich zum Erlaß von Teilgesetzen, die aber nur ergänzende Regelungen brachten, so im Reise- und Gaststättengewerbe 29 . Was die allgemeine Berechtigung zum Gewerbe betrifft, die 1811 angeordnete
grundsätzliche
und Gewerbeausübungsrecht setzt,
Unabhängigkeit
wurde 1823 von
ausnahmslos in allen Fällen
Bürgerdurchge-
in denen nach der Städteordnung die Versagung des Bür-
26
Köttgen (Fn. 8), S. 1008.
27
Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 579 f f . ; Kaufhold (Fn. 12), S. 86 f f .
28
Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 556 f f .
29
Köttgen (Fn. 8), S. 1009.
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
165
30 gerrechts nur den Verlust der Ehrenrechte bewirken sollte Polizeiattest noch
für
über
die
die rechtliche
besonders
Unbescholtenheit
erlaubnispflichtigen
war
.
Das
damit
Gewerbe
nur
Vorausset-
zung. Regierung und Verwaltung waren bemüht, das unbeschränkte Ermessen nach allgemeinen Gesichtspunkten
zu regeln.
So wurde
z.B. 1834 die Berücksichtigung 31 Verjährungsfristen gebunden
Verbrechen
an
Als ein
geringer
Mangel des Gewerberechts mußte sich bemerkbar
deren
machen,
daß mit dem Anknüpfen an das hergebrachte Gewerbe in Form der Handwerksbetriebe
die veränderten
Bedingungen
Entwicklung nicht berücksichtigt wurden.
der
industriellen
Hier bestand vor allem
hinsichtlich der Ausnutzung menschlicher Arbeit eine zeirechtlich 1836 über
völlig offene Flanke. die
Arbeitszeit
und
gewerbepoli-
Mit Regulativen von
einem
1824 und
Kinderschutzregulativ
1839 wurde eine Besserung der unerträglichen
Situation
die sich
bemerkbar
zunehmend
durch Gesundheitsschäden
von
versucht, machte.
Jedoch wurde kein Erfolg erzielt und eine grundsätzliche
Neuord-
nung
dringli-
im
Gewerberecht
auch
aus diesem
Anliegen
immer
32 eher
.
Gleiches galt wegen weitgehender Regelungslücken für die
Ausbildung wurden
im Gewerbebetrieb und das Gesellenwesen.
jedoch mehrere Vorschriften erlassen
Zu diesem
und schließlich
der
traditionelle Wanderbrauch wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das Umherziehen ganz aufgehoben 33 Die
Unvollständigkeit
und
Uneinheitlichkeit
des
Gewerberechts
führten schließlich zum Erlaß der preußischen Gewerbeordnung von 1845.
Mit diesem Gesetz wurde
die Aufhebung
der
das Prinzip
Zünfte und Zwangsrechte
30
von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 614.
31
Wie vorige Fn.
32
Vgl. Poerschke, Die Entwicklung Deutschland, 2. Aufl. 1913.
33
von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 589 f f .
der
der Gewerbefreiheit, und das
inzwischen
Gewerbeaufsicht
in
166
Bernhard Losch
entwickelte Gewerbepolizeirecht in ganz Preußen eingeführt bestimmte Berufsgruppen, 1811,
von
wurde ein
nachweis angeordnet.
.
Für
im wesentlichen dieselben wie im Gesetz
Befähigungsnachweis
weitere Gewerbe wurde,
34
vorgeschrieben.
ähnlich wie früher, ein
Für
Zuverlässigkeits-
Die polizeiliche Erlaubnis als Voraussetzung
für das Gaststättengewerbe wurde aus den vorausgegangenen Verordnungen übernommen,
und hinsichtlich des Reisegewerbes wurde
auf die geltenden Bestimmungen verwiesen. wicklung wurde
dadurch Rechnung
Konzessionspflichten ausgedehnt wurden. sonenbezogenen die sach- bzw. führt.
versucht,
daß
anlagenbezogene Konzession einge-
wurden wie
mit
in
einzelnen
Ausnahmen,
werden konnten,
die
So wurde neben der per-
Neu war auch die Freigebung des Marktverkehrs.
keitliche Preisbestimmungen
gern.
Der industriellen Ent-
zu tragen
denen
Obrig-
früher schon aufgehoben,
Preisfestsetzungen
gestattet
z.B. für den Brotverkauf oder bei Schornsteinfe-
Hinsichtlich der Bäcker und Gastwirte konnte das Anschla-
gen der Preise verlangt werden. Die Arbeitsverhältnisse des Personals wurden nunmehr ausführlich geregelt.
Für die Anstellung von
Lehrlingen wurde
Gewerben ein Befähigungsnachweis vorgeschrieben. Arbeitsschutz
wurde aber den füheren Regulativen und ihrer Wei-
terentwicklung überlassen. gesetz
von
in einzelnen
Der eigentliche
1811 neben
Möglichkeit stellt,
Ähnlich wie schon das Gewerbepolizei-
die
völlige
Abschaffung
Korporationen anzuordnen,
der
Zünfte
die
und dadurch dem
traditionellen Gedanken der Förderung und Selbstverwaltung durch Zusammenschluß nicht völlig abgeneigt war,
wurde dieser Grund-
satz nunmehr ebenfalls, jedoch viel deutlicher fortgeführt und das Bilden
von
Innungen
gestattet,
sofern
jeglicher
Zwang
ausge-
schlossen war. Gegenüber heit jedoch 34
dieser
vorsichtigen
alsbald einen
Einlenkung
grundsätzlichen
erlitt
die
Gewerbefrei-
Rückschlag,
ausgelöst
Köttgen (Fn. 8), S. 1008 f . - Zur Entwicklung im 19. Jahrhundert auch Conze, Sozialer und wirtschaftlicher Wandel, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I I , 1983, S. 19 f f .
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
167
durch die Handwerkerbewegung von 1848. Der Druck des industriellen Gewerbes war inzwischen so stark geworden, daß die Handwerkerschaft den Schutz des Handwerks durch Abschaffung der Gewerbefreiheit verlangte. Dem Anliegen der Handwerkerbewegung wurde 1849 dadurch nachzukommen versucht, daß für die Eröffnung des Gewerbebetriebes in den wichtigsten Handwerkszweigen ein Befähigungsnachweis vorausgesetzt wurde, in Form der Aufnahme in eine Innung oder, davon unabhängig, durch Ablegen e i 35 ner Prüfung
.
Die Prüfungsbestimmungen wurden eingehend gere-
gelt. Zum Schutz vor Industrie und Handel wurde die Beschäftigung von Gesellen in der Fabrikarbeit eingeschränkt und an die Betreuung durch Meister gebunden;
der Verkauf von Handwerkerwaren wurde
teilweise auf zugelassene Handwerker beschränkt. die Einrichtung
von Gewerberäten ermöglicht,
den Arbeitsschutzregulativen eingeführte, liche
Fabrikaufsicht
und die ebenfalls
aber ineffektive polizeiineffektiven
sionen zur Fabrikinspektion treten konnten. ebenfalls fehlte.
keine Eine
Bedeutung,
Weiterentwicklung
Gesetz von 1853 versucht, spektoren
da
empfohlen
Regierungsbezirken.
ihnen des
Außerdem wurde die neben die in
jede
Lokalkommis-
Sie erlangten jedoch Durchsetzungsmacht
Arbeitsschutzes
wurde durch
mit dem die Aufstellung von Fabrikin-
wurde.
Dazu
kam es
jedoch
nur
in
drei
Im übrigen blieb es bei der Beaufsichtigung qc
durch die allgemeinen Polizeibehörden
7.
Entwicklung im in der Schweiz
übrigen
Deutschland,
in
Österreich und
Noch vor der gesetzlichen Einführung in Preußen war die Gewerbefreiheit in die französisch besetzten Gebiete hineingetragen wor-
35
Notverordnung vom 9. Februar 1849 zur Änderung der Gewerbeordnung, v g l . Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1009 f .
36
Vgl. Poerschke, wie Fn. 32.
Bernhard Losch
168
den.
Teilweise wurde sie später wieder aufgehoben,
überwiegend
aufrechterhalten.
In
den übrigen
blieb jedoch
deutschen Staaten
hielt sich größtenteils die alte Zunftordnung bis zur Epoche nach 1860, in der sich das liberale Gedankengut völlig durchsetzte. Die Gewerbefreiheit wurde Staaten eingeführt, 37 Bayern den
.
innerhalb eines Jahrzehnts in 19 deutschen zuerst
in
Nassau
1860 und zuletzt
1868 in
Diese Entwicklung mündete in die Gewerbeordnung für
Norddeutschen
Bund
und
ihre
Ausdehnung
auf
das
gesamte
Reich. In Österreich beherrschte die Gewerbepolitik im 16. und 17. Jahrhundert immer wieder die Einschränkung der festen Zunftordnung 38 und des Zunftzwanges
.
Den Kommerzialgewerben,
überörtliches Absatzgebiet tätig waren, große Bewegungsfreiheit eingeräumt;
die
für ein
wurde im 17. Jahrhundert
die ortsbeschränkten Gewerbe
waren dagegen der örtlichen Polizeiverwaltung unterstellt und für ihre
Zulassung
das örtliche
Um die Wende zum 18.
freiheitliche Gewerbepolitik schwert,
und schließlich
zwang gedacht. wurde in
aufgegeben, wurde
an den
generellen
er-
Konzessions-
und der Hausierhandel
kontrolliert.
ordnung wurde 1859 erlassen. nicht
die Gewerbetätigkeit
durch die Verwaltung nach wie vor
Umfang aufrechterhalten
kaiserliches Patent scharf befreiheit
gemacht.
Trotz Umschwung durch die Verfassung von 1848
die Konzessionspflicht
weitem
Bedürfnis ausschlaggebend
Jahrhundert und in der Folge wurde die
ausdrücklich
durch
Eine allgemeine Gewerbe-
Sie g r i f f den Grundsatz der Gewerauf
schen Konzessionscharakter bei.
und behielt
den
protektionisti-
Die Novelle von 1883 betonte die
Sonderstellung des Handwerks und führte die Dreiteilung
in freie,
gewerbescheinpflichtige und konzessionierte Gewerbe ein. In der Schweiz setzte sich dagegen die allgemeine Gewerbefreiheit ausdrücklich
durch,
in Frankreich,
zunächst
angestoßen durch
die Entwicklung
im Bundesvertrag von 1815 durch die Freiheit des
37
Vgl. Kaufhold (Fn. 12), S. 100 f .
38
Die weitere Darstellung folgt Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1039 f f .
169
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
Handels vorbereitet,
in der Verfassung von 1848 weiter entwickelt
und in der Verfassung von 1874 als Grundsatz garantiert.
Als
Ausnahme war vor allem das Gaststättenwesen genannt,
das der
kantonalen
des öf-
Gesetzgebung
zur Beschränkung
fentlichen Wohls unterworfen wurde.
im Interesse
In der Teilrevision der Ver-
fassung von 1885 wurde der bedingte Bedürfnisnachweis Gaststättengewerbe eingeführt. für die Lebensmittelpolizei
an den Bund führte die Tendenz zur
Einschränkung des Gewerbefreiheitsgrundsatzes weiter. dete
die
bung,
Gewerbefreiheit
für das
Die Übertragung der Gesetzgebung
die
Grundlage
der
Jedoch b i l -
Wirtschaftsgesetzge-
die sich anders als in Deutschland nicht auf ein Gewerbe-
gesetz konzentrierte,
sondern
gleich
den Weg zu sehr weit ge-
streuten Regelungen einschlug.
8.
Weitere Entwicklung im 19. Jahrhundert
Die einschränkende preußische Verordnung von 1849 konnte sich nur vorübergehend durchsetzen, schon 1861 wurde durch Änderungsgesetz zur Gewerbeordnung die Gewerbefreiheit wieder ausge39 baut
.
bloße
Die Konzessionspflicht wurde stark eingeschränkt und die Anzeigepflicht
Notgewerbegesetz stehende
wieder
des
Gewerbe
in
den Vordergrund
Norddeutschen
verkündete
den
wurde
auf
einen
geringen
Das das
Bundes
von
1868
Grundsatz
der
Gewerbefreiheit
einheitlich im gesamten Geltungsbereich. pflicht
gestellt.
Rest
für
Die Befähigungsnachweisder
nämlich auf die Tätigkeit im Gesundheitswesen,
Gewerbe
reduziert,
in der Rechtsver-
tretung und der Seeschiffahrt. In der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes von 1869 wurde diese liberale Richtung beibehalten 40 . Das Gesetz lehnt sich eng 39
Für die folgende Darstellung vgl. ebenfalls Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1010 f f . ; ferner Kaufhold, Wirtschaftsverwaltung 1867-1914, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I I I , 1984, S. 207 f f .
40
Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (BGBl. S. 245), Gesetz-Sammlung für die Königlich Preu(Fortsetzung Fußnote)
B e r n h a r d Losch
170
an die p r e u ß i s c h e Gewerbeordnung von 1845 a n , allem d a s Bestreben, ser zu f a s s e n , zuwirken
einen
geordneten
der u n b e s c h r ä n k t e n Unter
den
Rechtsschutz
zu
sichern.
Gewerbefreiheit wurde
ginn g e s t e l l t und a l l e ä l t e r e n schafft.
präzi-
b e h ö r d l i c h e r Willkür soweit wie möglich e n t g e g e n -
und
Grundsatz
zeigt jedoch vor
die gewerbepolizeilichen Bestimmungen
noch b e s c h r ä n k e n d e n
besonderen
an
Der
den
Rechte
Be-
abge-
Zulassungsvoraussetzungen
wurde
z u n ä c h s t die Anlagengenehmigung f ü r die im einzelnen a u f g e f ü h r ten Gewerbe- bzw.
Fabrikanlagen
a u f g r u n d der G e f a h r e n - , ter Berücksichtigung heitspolizeilichen
der bestehenden
Vorschriften
Lebens-
und
Der Bescheid
bau-,
zu v e r s a g e n
Bedingungen zu e r t e i l e n w a r , vor
dahin geregelt,
d a ß sie
die auch
Gesundheitsgefahren
mußte s c h r i f t l i c h
zu
ergehen;
f e u e r - und oder
mit
werden.
Gegen
den
Bescheid
den
gesundnötigen
den Schutz der
Arbeiter
berücksichtigen
hatten.
soweit
die
v e r s a g t oder n u r u n t e r Bedingungen e r t e i l t w u r d e , gründet
nur
N a c h t e i l s - oder B e l ä s t i g u n g s p r ü f u n g u n -
wurde d e r
Genehmigung mußte sie b e -
Rekurs
an
n ä c h s t v o r g e s e t z t e Behörde e r ö f f n e t und d a s V e r f a h r e n genau
die gere-
gelt. Die Anlegung
von Dampfkesseln wurde e i n e r
Genehmigung u n t e r w o r f e n ,
besonders
ebenso wurde die Z u l ä s s i g k e i t
u r s a c h e n d e r Betriebe b e s o n d e r s g e r e g e l t .
r e r B e f ä h i g u n g oder der Z u v e r l ä s s i g k e i t b e d u r f t e n , für
Ärzte
oder
die
Die G a s t s t ä t t e n e r l a u b n i s
Erlaubnis
war
unter
lärmver-
Neben der A n l a g e n g e n e h -
migung s t a n d die Genehmigung f ü r Gewerbetreibende, bation
geregelten
für
genauer
die besondeso die Appro-
Schauspielunternehmer. genannten
Gesichts-
p u n k t e n e i n s c h l i e ß l i c h d e r polizeilichen Sicherheit der Lokale b e sonders geregelt. über
Umfang,
troffen.
Für
In einem eigenen Abschnitt wurden Bestimmungen
Ausübung
und
Verlust
den Gewerbebetrieb
Gewerbebefugnisse
im Umherziehen wurde
ein Legitimationsschein v o r g e s c h r i e b e n , mehr g e n a u e s t e n s f e s t g e l e g t .
der
ge-
wiederum
jedoch d a s V e r f a h r e n n u n -
Die V e r h ä l t n i s s e der Gesellen, Gehil-
( F o r t s e t z u n g Fußnote von v o r a n g e g a n g e n e r Seite) ßischen Staaten 1867-1879, S. 383.
171
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
fen und Lehrlinge wurden wiederum a u s f ü h r l i c h g e r e g e l t sowie e i ne z u s ä t z l i c h e allem
mit
Regelung
über
die
Bestimmungen
über
die Arbeitszeit
Fabrikarbeiter
angefügt,
und
die
vor
Kontrolle.
Die Gewerbeordnung von 1869 wurde nach der R e i c h s g r ü n d u n g
auch
in den s ü d d e u t s c h e n Staaten e i n g e f ü h r t , zuletzt 1873 in B a y e r n . Das umfassend e r s c h e i n e n d e Gesetz u n t e r l a g jedoch in der zeit e i n e r großen Zahl von Änderungen,
Folge-
in denen der a l t e Streit
um Reichweite und Grenzen der Gewerbefreiheit f o r t w i r k t e , und die diesen
Grundsatz
so d u r c h
laufend
Ausdehnung
Bedürfnisnachweisen, tung
der
Innungen
etwas mehr e i n z u s c h r ä n k e n
der
Konzessionspflichten,
versuchten,
Einführung
von
Ausdehnung des Arbeitsschutzes und Aufwersowie
schließlich
des Handwerks u n t e r Einbeziehung
durch
die
Neuorganisation
von I n n u n g e n
und
Handwerks-
kammern. Die z a h l r e i c h e n
E r g ä n z u n g e n der Gewerbeordnung im e r s t e n Viertel
dieses J a h r h u n d e r t s b e s c h r e i t e n
d e u t l i c h e r einen neuen Weg,
dem die
Weiterentwicklung
vornehmlich
in
Sondergesetzen
wurde.
Damit wurde die Konsequenz a u s dem u n z u r e i c h e n d e n
s c h n i t t des Gewerberechts auf d a s Handwerk gezogen. n ä c h s t noch weniger wichtigen Z u s a t z r e g e l u n g e n ,
Neben
dem Gesetz
1896, Kriegs-
setzte und
Zeit waren recht,
zur
sich
Bekämpfung des u n l a u t e r e n die
neue
Nachkriegszeit es vor
Tendenz
ungehemmt
in
der
durch.
Zuzu-
a b e r auch e i n i -
gen ä l t e r e n Sondergesetzen wie dem Nahrungsmittelgesetz und
auf
gesucht
von 1879
Wettbewerbs von Gesetzgebung In
der
der
Weimarer
allem die Gesetzesvorhaben zum A r b e i t s s c h u t z -
zur B e r u f s a u s b i l d u n g ,
zum G a s t s t ä t t e n r e c h t und z u r O r g a -
n i s a t i o n des Handwerks, die den begonnenen Weg v e r d e u t l i c h t e n . Der maßgebliche
Grundsatz
Gewerbefreiheit,
wurde
gen.
Leitend
des deutschen
jedoch p r i n z i p i e l l
geblieben s i n d
Reformgesetzgebung.
Ihre
Wirtschaftsrechts, nicht in
die P r i n z i p i e n
Ausgestaltung
a u s der
zielte
S y s t e m a t i s i e r u n g und r e c h t s s t a a t l i c h e P r ä z i s i e r u n g , w e r b e o r d n u n g von
1869 einen
Meilenstein s e t z t e .
die
Zweifel gezo-
auf
preußischen zunehmende
wofür die GeAllmählich
rei-
c h e r t e sich a b e r d a s W i r t s c h a f t s r e c h t mit neuen Maßstäben der so-
Bernhard Losch
172
zialstaatlichen Wirtschaftslenkung an, zeiliche
Wirtschaftsüberwachung
Zusammenhang,
der
einer
und die traditionelle poli-
geriet
in • einen
Verantwortung
über
weitergreifenden die
traditionelle
Gefahrenabwehr hinaus unterliegt.
III.
Erweiterter geschichtlicher Zusammenhang
Die vorausgehende Darstellung betont das Grundsätzliche der Entwicklung. groß.
Praktisch
waren
die
Gegensätze
Vor allem Kaufhold hebt hervor,
vielleicht
nicht
so
daß die Einführung der
Gewerbefreiheit die industrielle Entwicklung nicht merklich beeinflußt habe und die Wirtschaft sich so oder anders in die moder41 nen Formen hinein entwickeln konnte . Außerdem konnte die staatliche
über die Wirtschaftstätigkeit auf eine ältere 42 Tradition zurückschauen . Jedoch waren die Schwerpunkte früher die
Aufsicht
Aufsicht
über
wohlfahrtsstaatliche den Unterschied
die
wirtschaftliche
Intervention,
gegenüber diesen
lich zweckbeschränkte,
Selbstverwaltung
während
es später
Institutionen und eine
nicht durch zwischengeschaltete
waltungsbereiche modifizierte Gefahrenüberwachung Das Leitbild,
und
die
gerade um säuber-
Selbstver-
ging.
der Gesellschaft freie Beweglichkeit zu verschaffen
und den Staat auf die Sicherheitskontrolle zu beschränken, die ganze rechtliche Entwicklung im 19.
Jahrhundert.
trägt
Sie verän-
derte sich schließlich durch Wiedereinführung der wirtschaftlichen Selbstverwaltung pflichtung
der
und
die
zunehmende
gewerblichen
gemeinwirtschaftliche
Tätigkeit.
Die
neuerliche
Ver-
Aufsicht
über die Selbstverwaltung läßt sich zwar an die frühere Aufsicht über das Zunftwesen anknüpfen,
ist aber anders als früher keine
durch Bekämpfung und Einschränkung, Rechtswahrungszweck
sondern allein durch den
im Rahmen der Kooperation
41
Vgl. Nachw. o. Fn. 12.
42
Hervorgehoben bei Bullinger (Fn.
1).
bestimmte
Insti-
173
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
43 tution . Die sozialstaatlich begründete Wirtschaftsüberwachung ist noch weniger eine Neuauflage älterer, ganz anderen Bedingungen entwachsener Interventionen, sondern ein neu entwickeltes Ergebnis der freiheitlichen, nur gewerbepolizeilich abgesteckten Rechts44 grundlage der Wirtschaft . Diese Rückbindung an die Gewerbefreiheit und das Gefahrenabwehrrecht stellt nicht nur eine rechtsgeschichtliche Verständnishilfe, sondern auch eine 45rechtliche Verpflichtung d a r . hen. IV.
Darauf wird der folgende Vortrag
näher einge-
Verfassungsrechtlicher und staatsphilosophischer Rahmen
Der Gang durch die geschichtliche Entwicklung der Gewerbefreiheit und ihrer Einschränkungen führt letztlich zu der Frage, welche Hin- und Rückwirkungen mit dem Staatsganzen bestehen. Die Gewerbefreiheit als Grundprinzip der gesamten Wirtschaftstätigkeit und wesentliche Grundlage des gesellschaftlichen Lebens wurde in einer Zeit eingeführt, die durch den Übergang vom aufgeklärten Absolutismus zur konstitutionellen Monarchie gekennzeichnet war, und damit fiel diese Neuerung in eine verfassungsrechtliche Kampfepoche, die den Parolen von Freiheit und Gleichheit teilwei46 se noch höchst feindselig gegenüberstand . Andererseits ist offensichtlich, daß der absolutistisch geführte Staat mit seiner erstarrten Ständestruktur der selbst in die Wege geleiteten Ent43
Vgl. Brohm, Selbstverwaltung in wirtschafts- und berufsständischen Kammern, in: Selbstverwaltung im Staat der Industriegesellschaft, Festgabe zum 70. Geburtstag von GeorgChristoph von Unruh, h r s g . von Albert von Mutius, 1983, S. 777 f f .
44
Vgl. E. Stein (Fn. 1).
45
Gröschner, Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel, in diesem Band auf S. 177 f f .
46
Vgl. E. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. I I , 2. Aufl. 1968, Bd. I I I , 2. Aufl. 1970, Bd. IV, 1969.
174
Bernhard Losch
wicklung einer industriewirtschaftlich sellschaft
nicht
gewachsen
sich der Staat aber die
ökonomischen
war.
fundierten bürgerlichen Ge-
Verfassungsrechtlich
klammerte
an das ständestaatliche Schema,
Schleusen
geöffnet hatte
und die
obwohl er bürger-
und
sozialrechtlichen Pforten aufzuschließen begann. Die Frage liegt nahe,
wieweit die wirtschaftliche Vorreiterfunktion
der Gewerbefreiheit der verfassungsrechtlichen arbeitet
hat.
konnte, Die
Wie lästig
zeigt
Politik
Entwicklung vorge-
Gewerbefreiheit
empfunden
die ständige Auseinandersetzung zum
Konzessionssystem
wirtschaftspolitischen technischen
die
Streitstand
Gefahrenabwehr,
spiegelt
und
die
sondern
auch
um das nicht
werden Prinzip.
nur
Herausarbeitung
den der
verfassungspolitische 47 Sorgen. Typisch dafür ist die Konzessionsfrage im Pressebereich . Immerhin erscheint das System der Gewerbefreiheit und ihrer Begrenzung als ein vorgreifendes die
den
Schematismus
nachvollzog,
von
Modell der liberalen
Freiheit
und
äußerer
Verfassung,
Gefahrenabwehr
als das wirtschaftliche Modell sich schon zu wandeln
begonnen hatte.
Der bald
darauf betonte
sozialstaatliche Aspekt
in der Rechtsstaats- und Grundrechtsdogmatik verbindet
sich mit
diesem Wandel von einer bloß negativ abgegrenzten zu einer auch positiv
verantworteten
war das neue
Freiheit.
Modell längst
Staatsphilosophisch
durch die
vorbereitet
Aufklärungsdenker,
die
zwar die Ethik der sozialen Verantwortung nicht zu gering veranschlagten,
aber den grundlegenden Freiheitsprpzeß notwendig be-
sonders betonen mußten. wicklungstendenz vom Staat
des
Ebenso wurde vorwegnehmend die
Modells
philosophisch
mit
als Verwirklichung
der sittlichen
Idee mindestens for-
mal in den Vordergrund gerückt^®.
An der Frage,
der
Ent-
Vorstellung
wieweit diese
47
Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1010.
48
Vgl. Georg Friedrich Wilhelm Hegels Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatsvernunft im Grundrisse, 2. Aufl. 1840 (Hegels Werke, 8. B d . ) , S. 305 f f . Dazu Maihofer, Hegels Prinzip des modernen Staates, in: Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie, Bd. 2, 1975, S. 361 f f .
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht
Verwirklichung überlassen
der
bleiben
Lenkung bedarf
und wieweit
muß,
sich
Auffassungen vom Staat.
scheiden
175
sie sich
früher oder
selbst
später
die
Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel Von Rolf Gröschner
Inhaltsübersicht I . Wirtschaftsüberwachung im juristischen System
178
1. Das System im Recht der Wirtschaftsüberwachung 2. II.
179
Das Recht der Wirtschaftsüberwachung im Rechtssystem
181
Wirtschaftsüberwachung in gewerbepol izeirechtlicher Tradition
III.
184
1.
Die Tradition der Gewerbefreiheit
184
2.
Die Tradition der Gefahrenabwehr
189
Wirtschaftsüberwachung in wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel
192
1.
192
Der Wandel der Rechtsprinzipien
2. Der Wandel der Rechtsinstitute
196
Tradition und Wandel der Wirtschaftsüberwachung sind im folgenden nicht von historischem, Ohne oder
sondern von systematischem
Interesse.
gar gegen seine Geschichte kann eine sinnvolle
Syste-
* Herrn Professor Wilhelm Henke zum 60. Geburtstag am 2. Mai 1986.
Rolf Gröschner
178
matisierung des Rechts aber nicht betrieben werden.
Das Gewerbe-
polizeirecht muß daher auch systematisch die Grundlage des Wirtschaftsüberwachungsrechts solch
traditionell
sches
System
bleiben.
Die Frage
gewerbepolizeirechtlicher
entwickelt
werden
schaftsverwaltungsrechtliche seinen Platz findet.
kann,
Wandel
nur,
Grundlage
in
der
ist
dem
ob auf
ein
auch
juristi-
der
wirt-
Wirtschaftsüberwachung
Der Beantwortung dieser Frage sind die Teile
I I und I I I gewidmet.
Teil I dient der Erläuterung des dafür vor-
ausgesetzten Systembegriffs.
I.
Wirtschaftsüberwachung im juristischen System
Von einem "juristischen von "juristisch" "juristisch"
entsprechend -
sowohl
bedeuten kann,
System" läßt
"rechtlich"
sich -
in zweierlei als
auch
ergeben.
Doppelbedeutung
Sinn sprechen:
kann sich ein juristisches System entweder
System)
aus
dessen
wie
"rechtswissenschaftlich"
gesetzgeberisches System) aus dem positiven dogmatisches
der
Recht oder aber
wissenschaftlicher
(als (als
Bearbeitung
Ersteres, das System des positiven Rechts, wird hier ab-
gekürzt "Rechtssystem" genannt, lich-dogmatische System,
letzteres, das rechtswissenschaft-
kurz "System".
Zunächst ist nach dem
System im Recht der Wirtschaftsüberwachung zu fragen ( 1 . ) , mangels gesetzgeberischer
Systematik auch die Stellung
schaftsüberwachungsrechts im Rechtssystem ( 2 . )
weil
des Wirt-
nur dogmatisch zu
bestimmen ist^.
1
Die Meinungen über ein System im Recht sind geteilt, und zwar in etwa so, wie die Meinungen über den Wissenschaftscharakter der Jurisprudenz geteilt sind, weil wissenschaftliche Arbeit am Recht eben im wesentlichen systematische Arbeit bedeutet. Der Verfasser hat in diesem Meinungsstreit e i ne hermeneutisch-dialogische Stellung bezogen, die hier nicht näher begründet werden kann. (In monographischer Form f i n det sich diese Begründung in "Dialogik und Jurisprudenz: Die Philosophie des Dialogs als Philosophie der Rechtspraxis", 1982, in Aufsatzform in JZ 1982, 622, JZ 1983, 944 und in JZ 1985, 170.).
179
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
1.
Das System im Recht der Wirtschaftsüberwachung
System bedeutet Zusammenhang.
Rechtliche Zusammenhänge werden
aber - weil Recht s p r a c h l i c h v e r f a ß t ist - b e r e i t s durch dung eines bestimmten Begriffs g e b i l d e t .
Verwen-
Das r e c h t s w i s s e n s c h a f t l i -
che System ist d a h e r zunächst ein System der Rechtsbegriffe. Was d a s f r ü h e r e Gewerbepolizeirecht b e t r i f f t , nicht einmal Überschrift
ist a l l e r d i n g s noch
der f ü r d a s entsprechende heutige geeignete
Begriff
hinreichend
Rechtsgebiet
geklärt.
Der
als
hierfür
ganz überwiegend verwendete Begriff der Wirtschaftsaufsicht k a n n die e r f o r d e r l i c h e b e g r i f f s s y s t e m a t i s c h e Klärung j e d e n f a l l s nicht 2
bringen .
Denn Wirtschaftsaufsicht ist vom Begriff der "Aufsicht"
her der S t a a t s a u f s i c h t zuzuordnen,
steht vom System her mit d i e -
ser a b e r in keinem Zusammenhang.
S t a a t s a u f s i c h t ist d a s s y s t e -
matische Korrelat der Selbstverwaltung.
Strenggenommen - und mit
Begriffen sollte es der J u r i s t stets strengnehmen - bezeichnet der Begriff S t a a t s a u f s i c h t
daher
nur
die
Aufsicht
des
Staates
S e l b s t v e r w a l t u n g s t r ä g e r i n n e r h a l b einer o r g a n i s a t o r i s c h
über
bestimmten
Hierarchie (etwa im Bereich der kommunalen Rechts- oder F a c h a u f 2
Die Verwendung des Begriffs der " W i r t s c h a f t s a u f s i c h t " wird regelmäßig mit E. Steins gleichnamiger Monographie aus dem J a h r e 1967 b e l e g t . So z.B. bei Badura, i n : von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 1976, S. 307, bei Fikentscher, Wirtschaftsrecht I I , 1983, S. 465, bei Steindorff, Einf ü h r u n g in d a s Wirtschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1977, S. 100 und bei Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im W i r t s c h a f t s v e r w a l t u n g s r e c h t , 1980, S. 253. H.-P. Ipsen, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 1985, S. 9, verweist auf die S a a r b r ü c k e n e r S t a a t s r e c h t s l e h r e r t a g u n g von 1963 (VVDStRL 22, 1965), deren Thema ( " S t a a t s a u f s i c h t in Verwaltung und Wirtschaft") E. Steins Terminologie maßgeblich beeinflußt h a t ( a a O . , S. VI), obwohl b e r e i t s Salzwedel, den E. Stein a l s Urheber des Begriffs " W i r t s c h a f t s a u f s i c h t " z i t i e r t ( a a O . , S. 20 Fn. 69), an der zitierten Stelle a u s drücklich d a r a u f hingewiesen h a t t e , daß " S t a a t s a u f s i c h t " und " W i r t s c h a f t s a u f s i c h t " "voneinander wesensverschieden sind" ( a a O . , S. 208). Eben d e s h a l b sollten terminologische Überlegungen in der Rechtswissenschaft niemals "bloß b e g r i f f l i c h " , sondern immer - wie h i e r gesagt wird - " b e g r i f f s s y s t e m a t i s c h " s e i n , damit die Wesensverschiedenheit r e c h t l i c h e r P h ä nomene nicht unter einem einheitlichen Begriff verdeckt wird.
180
Rolf Gröschner
sieht).
Die sogenannte Wirtschaftsaufsicht
dagegen hat es
nicht
mit der Ausübung organisationsrechtlich übertragener Verwaltungsautonomie zu tun,
sondern mit der Betätigung grundrechtlich be-
stimmter Wirtschaftsfreiheit.
Und um diesen systematischen Unter-
schied auch begrifflich zum Ausdruck zu bringen, "Wirtschaftsaufsicht"
sollte statt von
"Wirtschaftsüberwachung"
von
gesprochen
werden . Begriffe sind freilich nicht alles im juristischen System. Sie grenzen lediglich einen spezifischen Geltungsbereich
ab,
sei es - im
System des positiven Rechts - den Anwendungsbereich eines Gesetzes,
sei es - im dogmatischen System - den Bereich eines einheit-
lich strukturierten
Rechtsgebietes,
z.B.
des
Wirtschaftsüberwa-
chungsrechts
etwa in Abgrenzung
recht i . S . d .
polizeilichen Ordnungs- und Sicherheitsrechts.
durch
die
übereinstimmende
zum allgemeinen
Verwendung
der "Überwachung" schon angedeutet wird,
des
Überwachungs(Wobei
Begriffsbestandteils
daß hier ein struktu-
reller Zusammenhang vorliegt, der bei den Bereichen der "Überwachung" und der "Aufsicht" nicht gegeben i s t . ) . Die eigentliche
systematische
Struktur
eines
aber erst durch die Rechtsinstitute bestimmt, Rechtsverhältnisse
regelt
und durch
denen diese Regelung erfolgt.
3
Rechtsgebietes
wird
mit denen es seine
die Rechtsprinzipien,
nach
Neben das System der Rechtsbegriffe
So auch für die "Überwachungsverwaltung" im allgemeinen Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I I I , 4. Aufl. 1978, S. 23 f . , für die "Wirtschaftsüberwachung" im besonderen Henke, DVB1. 1983, 983, auf letzteren verweisend Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 107 und Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I , 3. Aufl. 1984, S. 226. Schon E.R. Huber hat übrigens von "Wirtschaftsüberwachung" (und nicht von "Wirtschaftsaufsicht") gesprochen, Wirtschaftsverwaltungsrecht I , 2. Aufl. 1953, S. 333. Begriffssystematisch zu bedauern ist es, daß der Gesetzgeber dieser Terminologie bei der Umbenennung der verschiedenen (Bau-, Berg-, Gewerbe- e t c . ) "Polizei"-Bereiche in die entsprechenden "Aufsichts"-Bereiche nicht gefolgt ist, sondern sich dabei (wie auch bei der Benennung der Bankenaufsicht) der Begriffsbildung im Bereich der Versicherungsaufsicht angeschlossen hat; ähnlich Wolff/Bachof, aaO., S. 24.
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
181
tritt also ein System der Rechtsinstitute und der Rechtsprinzipien. Um dazu im Vorgriff auf erst noch zu erörternde Einzelheiten ein exemplarisches Beispiel zu geben: im Wirtschaftsüberwachungsrecht ist
das
Institut
der Erlaubnis
durch das Prinzip des S 1 GewO
geprägt, weshalb es systematisch - einer verbreiteten Terminologie zum Trotz - kein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Prinzip des § 1 GewO ist nicht das Verbot, der gewerblichen
Betätigung.
darstellt.
Und Systematik
bedeutet
letztlich,
die Gründe für solche Zusammenhänge zwischen Begriffen, tuten und Prinzipien
herauszuarbeiten.
Denn
sondern die Freiheit Insti-
Es ist daher ein System
der Regelungsgründe, auf das die folgende Systematisierung des 4 Rechts der Wirtschaftsüberwachung abzielt .
2.
Das Recht der Wirtschaftsüberwachung im Rechtssystem
Bezüglich
seiner
Stellung
im Rechtssystem wird das
überwachungsrecht üblicherweise danach bestimmt, Teil des sogenannten Wirtschaftsrechts
explizit
aufsicht",
Ein beson-
Beispiel für eine solch dezidiert ökonomische und
"seinswissenschaftliche"
wachung ist
als
- auf wirtschaftliche Vor-
gänge bezogen und von diesen her zu beurteilen sei . ders deutliches
Wirtschafts-
daß es -
Beurteilung
der
Wirtschaftsüber-
Ekkehart Steins Monographie über "Die die damit für einen begriffssystematisch
Wirtschaftsanfechtbaren
4
Der "Regelungsgrund" erschöpft sich dabei nicht im "Regelungszweck", auf den die teleologischen Systemkonzeptionen abstellen - z . B . Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 2. Aufl. 1983, S. 41 und Peine, Das Recht als System, 1983, S. 123. - Denn Gründe sind mehr als Zwecke. So ist etwa die Formulierung des 2. Halbsatzes des § 1 GewO, Einschränkungen der Gewerbefreiheit nur durch "dieses" Gesetz zuzulassen, heute gänzlich zweck-los (um nicht zu sagen sinn-los) geworden, ohne jedoch dadurch ihren historischen Grund verloren zu haben: daß nämlich 1869 - bei Inkrafttreten der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund - alles Gewerberecht noch in der Gewerbeordnung selbst enthalten war. Dazu auch u. II 1.
5
Nachw. und methodologische Krit. 116 ff. und S. 141 ff.
bei Tettinger (Fn.
2 ) , S.
Rolf Gröschner
182
Titel auch noch eine regelungssystematisch g gewählt hat . "Regelungssystematisch"
- d.h.
vom System der RegelungsgrUnde
her - ist diese Grundlage anfechtbar, Eigenart
der Wirtschaftsüberwachung
mische verlegt
anfechtbare Grundlage
weil sie den Grund für die vom Juristischen
und weil das Recht damit für das
der Wirtschaft verantwortlich wird. tionsschutztheorie" -
wie E.
ins Ökono-
Funktionieren
Wenn aber in dieser "Funk-
Stein sie nennt und wie er
selbst
7 sagt
-
...
"der Schutz der Funktionsfähigkeit
Gesamtwirtschaft
unausgesprochen hinter jeder Aufsichtsmaßnahme in der Wirt-
schaft" steht, der
der
dann ist die so bestimmte Wirtschaftsaufsicht von
Wirtschaftslenkung
dem Grunde
nach
nicht
mehr
zu
unter-
scheiden. Entsprechend undifferenziert stützt E.
Stein seine gesamte FunkO tionsschutztheorie ausschließlich auf das Sozialstaatsprinzip . Weil die -
wie er sagt -
"spätliberalen Kategorien" des Polizeirechts
nicht
mehr
seien,
geeignet
eine
umfassende
Schutzpflicht
Staates gegenüber der Wirtschaft zu begründen,
des
müsse diese mit
6
"Rein seinswissenschaftlich" will E. Stein aufgrund einer "methodischen Vorbemerkung" verfahren (S. 1), der es darum geht, daß die "Definition des Seinsbereichs, dessen rechtliche Regelung zu untersuchen i s t " , "nicht in eine normative Betrachtung hinübergleitet" (S. 2); vielmehr gelte es, "den Blick offenzuhalten für die dem Recht vorgegebene Wirklichkeit, deren Bewältigung die Staatsaufsicht dient" (S. 3, vgl. auch S. 7, 13, 32, 73, 74 f . , 76, 80, 90, 97 und 103). "Ökonomisch" läuft dies auf die Forderung hinaus, "den Blick auf das pulsierende Ganze (zu) richten, um dessen Funktionieren es überall geht . . . : die Volkswirtschaft als ganze" (S. 27), die "notwendig eine Einheit bildet" (S. 25, v g l . auch S. 36, 58, 70, 75 und 114). Solch grobe Raster - wie die Einheit der Volkswirtschaft und der Dualismus von Sein und Sollen lassen aber - wenn überhaupt - nur ein grobes Bild von Wirtschaft, Recht und Wirtschaftsrecht entstehen. Das soll im folgenden wenigstens vom systematischen Prinzip her gezeigt werden.
7
Zur "Funktionsschutztheorie" E. sicht, S. 14 f f . , Zitat S. 26.
8
E. Stein (Fn. 7), S. 19, 55 f f .
Stein,
Die
Wirtschaftsauf-
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
183
der sozialen Kategorie einer - so wiederum wörtlich - "staatlichen Q
Mitverantwortung für die Bedarfsdeckung" begründet werden . Dieser Wandel
von liberalen
zu sozialen
Begründungskategorien mag
politisch als Fortschritt gelten können,
juristisch aber - nämlich
rechtshistorisch und rechtssystematisch Ein rechtshistorischer überwachung
Rückschritt
müßte
statt
ist
dann konsequenterweise
"gute Polizei" des 15. auf
die
-
ist er
ein
Rückschritt.
weil
die
Wirtschafts-
er, auf
die
wohlfahrtsfördernde
bis 18. Jahrhunderts zurückgeführt werden gefahrenabwehrende
Gewerbepolizei
des
19.
Jahrhunderts^". Und rechtssystematisch ist dieser Kategorienwandel ein Schritt zurück, weil die klaren Begriffe, Institute und Prinzipien
des Polizeirechts
werden müßten,
einem Grundsatz
welch
unsystematischen,
führen kann*^.
Sozialstaats
dem es noch immer an begrifflicher,
neller und prinzipieller Klarheit fehlt. zu
des
ja
E.
geopfert
institutio-
Steins Beispiel zeigt,
unjuristischen
Ergebnissen
dies
Der Grundsatz etwa, daß wirtschaftsüberwachungs-
rechtliche Befugnisse verschuldensunabhängig sind, "aus der Mitverantwortung
folgt bei ihm
der Aufsichtsbehörden für die Bewälti-
gung der dem Recht vorgegebenen Wirklichkeit" und damit aus e i ner methodisch und rechtlich unsicheren rie statt
aus einem traditionellen
sozialstaatlichen
und in
stisch gesicherten polizeirechtlichen Prinzip. dung nachgeschobene
Satz,
daß - ein
seiner
Katego-
Tradition
juri-
Und der zur Begrün-
letztes Zitat
-
"die
ver-
9
E. Stein (Fn. 7), S. 10, Fn. 36, S. 57; ähnlich ders., Staatsrecht, 9. Aufl. 1984, S. 73 f .
10
Zu ersterer insbes. Knemeyer, Polizeibegriffe in Gesetzen des 15. bis 18. Jahrhunderts, AöR 92 (1967), 153 f f . , zu letzterer insbes. Vogel, Über die Herkunft des Polizeirechts aus der liberalen Staatstheorie, in: Festschrift Wacke, 1972, S. 375 f f . , zu beiden insbes. Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 1966, S. 50 f f . , 96 f f . , 116 f f . , 230 f f . und Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 1 f f . Auch wenn der (heutige) Sozialstaat im Unterschied zum (historischen) Polizeistaat demokratisch und rechtsstaatlich verfaßt ist, sollten die geschichtlichen Grundlagen der Gefahrenabwehr im Polizei-Recht und nicht im Polizei-Staat gesucht werden.
11
Zitate aaO., S. 18.
184
Rolf Gröschner
hängnisvollen Folgen von Funktionsstörungen die Unschuld derer (nehmen), Steins
eingangs
angeführten
"seinswissenschaftlicher" f a l l s ist dies nicht.
keine Rücksicht
die sie auslösten", methodologischen
Satz sein,
auf
mag nach E.
Vorstellungen
ein juristischer
ein
Satz jeden-
Wer im Seinswissenschaftlichen beginnt, kann
eben leicht im Unjuristischen enden.
Ein Beginn, der dieses Ende
vermeiden hilft - und zwar systematisch - ist der Beginn bei der juristischen Tradition.
II.
Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition
Tradition ist nicht Geschichte, begriff
der
Frage
nach
Hermeneutik der
sondern - um es mit einem Grund-
zu sagen
-
Wirkungsgeschichte
gewerbepolizeirechtlichen
Tradition
12
der
.
Die Wirt-
schaftsüberwachung ist also die Frage nach der heute noch wirksamen Geschichte des Gewerbepolizeirechts, tik des Wirtschaftsüberwachungsrechts gegenwärtig wird.
wie sie in der Dogma-
systematisch
gewissermaßen
Die beiden Brennpunkte dieser Frage sind die
Tradition der Gewerbefreiheit
(1.)
auf der einen und die Tradi-
tion der Gefahrenabwehr ( 2 . ) auf der anderen Seite.
1.
Die Tradition der Gewerbefreiheit
Das Grundproblem des § 1 GewO lautet:
stellt die Gewerbefreiheit
ein subjektives öffentliches Recht dar oder ist sie ein objektives Rechtsprinzip und was folgt überwachungsrecht? 12
daraus für das heutige
Wirtschafts-
Daß man sich bei der Lösung dieses Problems
Der Begriff der "Wirkungsgeschichte" ist von Gadamer in "Wahrheit und Methode" (1960) als Grundvoraussetzung aller Hermeneutik - nicht nur der historischen - bestimmt worden, 3. Aufl. 1972, S. 283 f f . Danach setzt alles Verstehen voraus, daß man sich der Wirkung der Geschichte für den eigenen (hier systematischen) Standort ebenso bewußt wird wie der Wirkung dieses Standorts für die eigene Sicht der Geschichte (hier der Tradition des Gewerbepolizeirechts).
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
leicht in ein systematisch
unreflektiertes Verhältnis
genheit und Gegenwart verstricken kann, Kommentierung bei Landmann/Rohmer,
185
von
Vergan-
zeigt ein Blick
in die
in der es apodiktisch heißt:
"Da die Berufsfreiheit nach Art. 12 in gleichem Maße die Gewerbefreiheit gewährleistet,
steht heute außer Frage, daß § 1 ein sub13 jektiv-öffentliches Recht des Einzelnen geschaffen hat" . Wohlgemerkt:
wegen Art.
12 GG soll "heute" feststehen,
ein solches Recht geschaffen " h a t " . kaum haltbar,
daß § 1 GewO
Das ist schon grammatikalisch
systematisch aber ist es eine ganz unhaltbare Kon-
struktion.
Denn wenn § 1 GewO ein subjektives öffentliches Recht
geschaffen
"haben"
werden;
soll,
dann
müßte dies historisch
begründet
wenn dies wegen Art. 12 GG aber erst "heute" g i l t , dann
kann es dafür keine historische, sungsrechtliche die eine
sondern allenfalls eine verfas-
Begründung geben.
Zutreffend ist
noch die andere Begründung.
freilich weder
Denn sowohl aus histori-
schen als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen muß S 1 GewO als objektives Rechtsprinzip angesehen werden. Historisch ist die Einführung der Gewerbefreiheit durch die Ablösung der subjektiven Berechtigungen kennzeichnet,
des alten
Gewerberechts
wie sie bis ins letzte Drittel des 19.
aufgrund von Privilegien,
ge-
Jahrhunderts
Gerechtigkeiten, Konzessionen oder son-
stigen
Verleihungen
bestanden.
Spätestens
seit
dem 1.
1873,
von dem ab all diese Berechtigungen durch § 7 der Gewer-
beordnung für den Norddeutschen Bund aufgehoben waren, die
Gewerbefreiheit
Januar mußte
geradezu als das Gegenteil sol14 eher subjektiven Rechte erscheinen : als Prinzip des objektiven Rechts,
systematisch
das nach damaliger - naturrechtlicher - Vorstellung nur
13
Salewski, in: Landmann/Rohmer, (Stand Juli 1983), § 1 Rn. 13.
14
Noch weiter ging Laband mit seiner Feststellung, Gewerbefreiheit sei "überhaupt kein Begriff von positivem Rechtsinhalt und noch viel weniger ein subjektives Recht, sondern die Negation gesetzlicher Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit in Bezug auf die gewerbliche Tätigkeit", Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. 2, 3. Aufl. 1895, S. 187, Fn. 1.
Gewerbeordnung,
Bd.
1
186
Rolf Gröschner
proklamierte, was jedermann ohnehin zukam, nämlich die natürli15 che Freiheit Verfassungsrechtlich steht demgegenüber thekenurteil (11.6.1958) fest, um ein
Grundrecht
-
also
spätestens seit
daß es sich bei Art. ein
subjektives
12 Abs. 1 GG
öffentliches
handelt und nicht - so das BVerfG wörtlich - "um die rung der
'Gewerbefreiheit'
dem ApoRecht
-
Proklamie-
als eines objektiven Prinzips 16 .
der Ge-
sellschafts- und Wirtschaftsordnung" Für das systematische Verhältnis GewO
folgt
aus
diesem
vor allem das eine:
zwischen Art.
12 GG und § 1
historisch-verfassungsrechtlichen
Befund
daß die Gewerbefreiheit neben der Berufsfrei-
heit nur deshalb noch Geltung beanspruchen kann, ditionsgemäß kein
Recht,
weil sie tra17 sondern ein Prinzip darstellt . Denn
wenn § 1 GewO - wodurch auch immer - zu einem Recht geworden wäre,
hätte dieses einfachgesetzliche Recht neben dem Grundrecht
des Art.
12 GG keinerlei juristische Bedeutung mehr.
Gewerbe-Recht innerhalb
Ein solches
des umfassenden Berufs-Rechts wäre
sy-
stematisch gesprochen obsolet oder schlicht gesagt überflüssig. 15
Die klarsten systematischen Konsequenzen aus dieser historischen Entwicklung werden in Henkes Monographie über "Das subjektive öffentliche Recht", 1968, insbes. S. 9 f f . und S. 14 f f . und im ergänzenden Aufsatz über "Das subjektive Recht im System des öffentlichen Rechts", DÖV 1980, 621 f f . , gezogen. Zur Diskussion in der Rechtslehre des späten 19. Jahrhunderts von Landmann, GewO, 6. Aufl. 1911, Bd. 1, S. 53 ff. und Schecher, Gewerbepolizeirecht des Deutschen Reiches, 1910, S. 7 f f .
16
BVerfGE 7, 377 (397). Freilich hätte es seiner sonstigen Grundrechtssystematik besser entsprochen, wenn das BVerfG den objektiven Regelungsgehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nicht völlig unerwähnt gelassen hätte; dazu Maunz/Diirig/Herzog/ Scholz, GG, Stand 1985, Art. 12 Rn. 5.
17
Im Unterschied zu dieser regelungssystematischen Betrachtung wird das Verhältnis zwischen Berufs- und Gewerbefreiheit im einschlägigen Schrifttum regelmäßig nur begrifflich (Tenor: "Beruf" ist mehr als "Gewerbe") oder bestenfalls b e g r i f f s s y stematisch bestimmt (repräsentativ: Bachof, in: Bettermann/ Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III/l, S. 160, 186).
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
187
der Ebene der Rechtsprinzipien - also auf der
Ebene des
Daß auf
objektiven,
nicht des subjektiven Rechts - etwas anderes g i l t ,
ist
in der bisherigen Diskussion des Zusammenhangs zwischen Art.
12
GG und
§ 1 GewO nicht
sprechung dem
systematischen
achtung GewO daß
schenken
nur
ist; daß
die
diese
schränkt
werden
beider
drei
Zulassung
zum
und
Vorschriften
1 GewO
systematisch tung des
für
sich
.
allein
genommen
sich
hinaus
setzlicher
auf
werbefreiheit als
der
be-
12 GG -,
Gewerbezulas-
Die p r i n z i p i e l l e im Verbot
verfassungsrechtliche
sich
Beurteilung
Um dies
Bedeu-
landesgesetzli-
Zulassungsansprüche
Zulassungsvoraussetzungen.
gründen zu können,
Art.
landesgesetzliche
sondern erstreckt
bundesgesetzlicher die
zweitens,
aber zu p o s i t i v i s t i s c h , um
nicht
Zulassungsbeschränkungen,
die Begründung
§ 1
Feststellungen
nur
Beschränkungen
sein zu können.
§ 1 GewO erschöpft
Be-
daß
betrifft;
dafür allein
Das ist unbestritten,
erschöpfend
überhaupt
31 GG nur bundesgesetzlich Maßstab
polizeirechtliche) 18
Recht-
soweit sie
erstens,
Gewerbebetrieb
der
worden.
insoweit -
Feststellungen:
wegen A r t .
darf
sich
und schließlich drittens - als Folge beider §
sung verbietet
über
auf
berücksichtigt
beschränken
Verhältnis -
Zulassung
(insbesondere
cher
genügend
und Rechtslehre
auch auf und
dar-
bundesge-
im einzelnen
be-
ist zunächst die generelle Bedeutung der Ge-
Rechtsprinzip,
dann
ihre einfachgesetzliche und
schließlich ihre verfassungsrechtliche Bedeutung zu bestimmen. Als
Rechtsprinzip enthält
lem eine
Verteilung
Grund-Satz
ist,
der
muß
§ 1 GewO -
die
Die einfachgesetzliche Bedeutung sich
am Beispiel
der
18
Prinzip -
weil
freiheitsbeschränkende
vor
Freiheit
alder (des
dieses Begründungsprinzips
zeigt
werden.
Erlaubniserteilung.
verbreitete
die
Ausnahme
"Soweit"-Satzes) besonders begründet
wachungsrecht weit
wie jedes
Begründungslast:
gesetzliche
Die im WirtschaftsüberFormulierung,
die
Er-
Vgl. z . B . BVerwG, GewArch 1965, 22 ( 2 3 ) ; Landmann/Rohmer, GewO, § 1 Rn. 8; Fröhler/Kormann, GewO, 1978, § 1 Rn. 21; Sieg/Leifermann, GewO, 1978, § 1 Rn. 3; Fuhr, GewO (Stand 1971), § 1 Anm. 1, 12, 13.
Rolf Gröschner
188
l a u b n i s " i s t zu v e r s a g e n ,
regelt nämlich nur die Ver19 nicht aber die Erteilung der E r l a u b n i s . Ein Anspruch
sagung,
wenn . . . "
auf E r l a u b n i s e r t e i l u n g
ergibt
der Versagungsgründe
erst
Entscheidende daran
ist
sich
daher
i.V.m.
aus
dem
§ 1 GewO.
die Verbindung
NichtVorliegen
Das
systematisch
von Prinzip
und
Denn die Gewerbefreiheit allein - um es noch einmal
gungsgrund.
hervorzuheben - ist kein s u b j e k t i v e s öffentliches Recht, kann sie a l s Rechtsprinzip, solches Recht setzliche . .20 ist
Versa-
begründen,
Grund
ihrer
wenn
der p r i n z i p i e l l
Einschränkung
Auf verfassungsrechtlicher Gewerbefreiheit
den Gesetzeswortlaut
Ebene s c h l i e ß l i c h
rechts der Berufsfreiheit werden. 21 Handwerksurteil des BVerfG .
ein
erforderliche
ge-
im E i n z e l f a l l
zu einem Argument bei
wohl aber
ergänzend, nicht
gegeben
kann das, Prinzip der
der Auslegung
des
Grund-
Das beste Beispiel dafür ist das Bei
wurde dort der Befähigungsnachweis
positivistischer
Betrachtung
der §§ 1 und 7 HandwO zwar
an Art. 12 GG und nicht an § 1 GewO gemessen - wie es dem a u s schließlich verfassungsrechtlichen GG und §§ 36 f f .
Prüfungsmaßstab i . S . d .
BVerfGG entspricht - ;
der p r i n z i p i e l l e Zusammenhang a b e r u n v e r k e n n b a r . Argumentationsaufwand rechtliche matisch
des
BVerfG,
Zulassungsbeschränkung
erst
gesetzt wird
verständlich, zu den
wenn
Gründen
mit
dem es
begründet,
ist
Der erhebliche die
handwerks-
ist nämlich
diese Begründung
sonstiger
Art. 93
systematisch betrachtet
in
syste-
Beziehung
gewerberechtlicher
Zulas-
19
Beispiele - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - : §§ 33a Abs. 2, 33c Abs. 2, 33d Abs. 3 , 33i Abs. 2, 34 Abs. 1, 34a Abs. 1, 34b Abs. 4, 34c Abs. 2, 57 GewO, 4 Abs. 1 GastG, 13 Abs. 2 PBefG, 10 Abs. 6 GüKG, 8 Abs. 1 WaffG (im Unterschied zu § 6 Abs. 1 KriegswaffenG), 8 Abs. 1 SprengG.
20
Ob sich ein d e r a r t i g e r Anspruch auch aus Art. 12 GG e r g ä b e , kann wegen der systematischen Trennung von objektivem und subjektivem Recht und von einfachem und Verfassungs-Gesetz hier dahingestellt bleiben. Denn die e i n f a c h g e s e t z l i c h e B e gründung eines Anspruchs i s t j u r i s t i s c h allemal l e i c h t e r und systematisch j e d e n f a l l s b e s s e r a l s die ( a l l e r d i n g s v e r b r e i t e t e ) Überbeanspruchung von Grundrechten.
21
BVerfGE 13,
97.
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
sungsbeschränkungen,
189
also zu den traditionellen Gründen der Ge-
fahrenabwehr. Und eben dies tut das BVerfG, wenn es betont, daß es dem Handwerksgesetzgeber
nicht darauf
angekommen sei,
"Ge-
fahren für die Gesamtheit oder die Einzelnen aus einer unsachgemäßen Berufsausübung gangen sei,
abzuwenden",
den Handwerksstand
sondern
daß es darum
ge-
als ganzen zu erhalten und zu
22 fördern
.
Systematisch
gesehen
wurden
ordnungspolitischer
Art
gegenübergestellt.
Und das Prinzipielle
liegt darin,
Regelungsgründen
des Art. aus der
Regelungsgründe
dieser
ordnungspolitische
Art
Gegenüberstellung
daß die Gewerbefreiheit traditionell
lich nur ordnungsrechtliche Regelungen nahmsweise
damit
ordnungsrechtlicher
und grundsätz-
zuläßt und daß die aus-
Regelung
daher 23 auch im Rahmen . Denn Argumente
12 GG besonderer Begründung bedarf Tradition
eines
Rechtsgebietes
sind
verfassungsrechtlich
auch dann zulässig, wenn diese Tradition - wie im Falle des § 1 GewO - ihren Niederschlag in einem einfachgesetzlichen Prinzip gefunden hat 24 .
2.
Die Tradition der Gefahrenabwehr
Zur Begründung überwachung
der polizeirechtlichen
mag hier ein
kurzer
Tradition der Wirtschafts-
Blick
der Gewerbeordnung von 1868 genügen.
auf
den ersten
Entwurf
Im ersten Halbsatz seines
§ 1 war nämlich noch nicht davon die Rede,
daß der Betrieb e i -
22
BVerfGE 13. 97 (110); S. 107 die prinzipielle Anerkennung von "besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Zielen" des Gesetzgebers, die hier abgekürzt als "ordnungspolitische Regelungsgründe" bezeichnet werden.
23
Die das BVerfG dann auch auf 13, 97/110-123) geliefert hat.
24
Für Methodenpuristen sei angemerkt, daß dies der historischen (besser wohl: genetischen) Interpretation einer Verfassungsnorm jedenfalls dann entspricht, wenn sie - wie im Falle des Art. 12 GG - das betreffende Rechtsgebiet umfassend regelt.
gut einem dutzend
Seiten
(E
190
Rolf Gröschner
nes Gewerbes jedermann "gestattet" s e i ,
sondern, daß dessen "po-
lizeiliche Zulässigkeit . . . ses Gesetzes
fortan nur nach den Bestimmungen die25 zu beurteilen" sei . Schon d a r a u s läßt sich un-
schwer ersehen,
daß jene Bestimmungen von Anfang an auf poli-
zeirechtlicher Grundlage standen. zeilicher"
von
Und hätte man statt von "poli-
"gewerbepolizeilicher"
Zulässigkeit
dann hätte es auch einer Änderung nicht bedurft, verständnis vorbeugen wollte, sicherheits-,
Sitten-
nach ausdrücklicher
...
gesprochen, die dem Miß-
a l s seien "die allgemeinen feuer-,
usw.
polizeilichen Bestimmungen" nur 26
Maßgabe der GewO zu beachten
wäre d a s Gewerbepolizeirecht dann
.
Vielmehr
schon durch den Wortlaut des
§ 1 GewO a l s Sonderpolizeirecht definiert gewesen. Zu den systematischen Konstitutionsprinzipien dieses Sonderpolizei27 rechts - oder Sonderordnungsrechts, wie das BVerfG g e s a g t hat - gehört ein spezifischer, recht modifizierender
d a s allgemeine Polizei- und Ordnungs-
Gefahrbegriff.
Regelung der genehmigungsbedürftigen der GewO von 1869.
Exemplarisch Anlagen
dafür ist
die
in den §§ 16 f f .
Denn die den allgemeinen Gefahrbegriff e r -
weiternden Begriffe des erheblichen Nachteils und der erheblichen Belästigung sind nicht etwa Errungenschaften des heutigen Immissionsschutzrechts, sondern Schöpfungen seines gewerbepolizeirechtliehen Vorgängers, nämlich der §§ 16 bis 23 GewO28 . Zu deren 25
Vgl. z . B . von Landmann (Fn. 15), S. 51 oder Landmann/ Rohmer, GewO, § 1 Rn. 1 ( a l l e r d i n g s mit fehlerhaftem Zitat).
26
Zitat bei von Landmann (Fn. 15), S. 52. Schecher (Fn. 15), S. 9, definiert "Gewerbepolizeirecht" a l s "Inbegriff aller der ausschließlich auf den Gewerbebetrieb bezüglichen und die polizeiliche Regelung des Gewerbes bezweckenden Rechtsnormen, durch welche die Gewerbefreiheit im öffentlichen Interesse beschränkt wird".
27
BVerfG, GewArch 1976, 157 (159).
28
Die "erhebliche(n) Nachteile, Gefahren oder Belästigungen" . . "für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für d a s Publikum überhaupt", die in § 16 Abs. 1 GewO seit 1869 unverändert beibehalten worden waren, wurden 1974 durch § 4 Abs. 1 BImSchG mit der Formulierung übernommen, "geeignet . . . , die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu (Fortsetzung Fußnote)
Wirtschaftsüberwachung
in Tradition und Wandel
Begründung heißt es in den Motiven,
191
"über die Notwendigkeit
Sicherung des Publikums gegen
der
belästigende Einflüsse" dürfe 29 gemeines Einverständnis vorausgesetzt werden"
"all-
systematischen
Kon-
Dieser
historische
sequenzen
Konsens
haben:
sollte
Einigkeit
auch
sollte
seine
vor
allem
darüber
bestehen,
daß der spezifische Regelungsgrund des Gewerberechts schon immer ein
besonderer,
gewesen i s t :
vom
allgemeinen
die Abwehr
Polizeirecht
Betrieb eines Gewerbes mit sich b r i n g t . gen von
der Person
chen
Anlage
Denn
in
beiden
ist
Fällen
muß
Eintrittswahrscheinlichkeit 30 kennzeichnet'
-
nicht
positivistisch
Vorschrift erst
zu
wieder
-
ist
und
.
der
dort
Schwelle
der
Die
Schadens
der
dessen
diese
Frage,
son-
Fragen
Gefahrenabwehr,
vom
-
Wo
der
den §§ 1 und 5 Nr.
Wandel
gewerbli-
Gefahrbegriff
sein.
Sinne -
systematischen
der
entscheidend.
keine systematische
Schwelle
den
weniger
überschritten
pejorativen
wie es in
Wirtschaftsverwaltungsrecht
oder von des
Grund die
Beeinträchtigun-
allgemeinpolizeilichen
ist
im 31nicht
beim Vorsorgeprinzip, normiert
die
notwendig
entnehmen jenseits
systematisch
den
Schwelle im einzelnen l i e g t , dern
Ob diese
des Gewerbetreibenden
ausgehen,
gesonderter
d e r j e n i g e n Beeinträchtigungen,
jeweiligen beginnen nämlich 2 BImSchG
Gewerbepolizeirecht
zum
markiert.
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu b e lästigen". Die § 16 Abs. 1 GewO genau entsprechenden Substantive finden sich heute in § 1 BImSchG. 29
Zitiert nach von Landmann ( F n . 15), S. 154 f .
30
Wobei es im vorliegenden Zusammenhang weder auf die D i f f e renzierung der G e f a h r b e g r i f f e (abstrakte oder konkrete Gefahr u s w . ) noch der polizeilichen Schutzgüter ( ö f f e n t l i c h e Sicherheit oder öffentliche Ordnung u s w . ) ankommt.
31
So ist beispielsweise § 69a Abs. 2 GewO sowohl vom Gefahrbeg r i f f wie vom Schutzgut her nach allgemeinpolizeirechtlicher Tradition zu interpretieren (obwohl er erst 1977 in Kraft g e treten i s t ) , § 51 GewO dagegen vom B e g r i f f des Nachteils her nach gewerbepolizeirechtlicher Tradition (und zwar schon seit 1869).
192
III.
Rolf Gröschner
Wirtschaftsüberwachung in wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: prinzipien,
wie er
Vorsorgeprinzips
hier anhand
dargestellt
der Rechtsinstitute, nispflichten stehen den
zu radikaler
des
immissionsschutzrechtlichen
werden soll
(1.),
noch der Wandel
für den hier die gewerberechtlichen sollen ( 2 . ) ,
Regelungsgründen
Wie tiefgreifend
weder der Wandel der Rechts-
der
lassen sich
Erlaub-
als Revolutionen
Wirtschaftsüberwachung
in
qualifizieren.
diese Wandlungen im einzelnen auch sein mögen:
Systemänderung
und revolutionärer
Neuordnung
der
Dogmatik zwingen sie nicht.
1.
Der Wandel der Rechtsprinzipien
Im folgenden
geht es
nämlich um die These, BImSchG
etwas
im systematischen
Sinne um das
Prinzip:
daß der Vorsorgegrundsatz des § 5 Nr. 2
prinzipiell
Schutzgrundsatz des § 5 Nr.
anderes
sei
1 BImSchG,
als
der
traditionelle
daß also Gefahren-Vor-
sorge ein systematisches Aliud zur Gefahren-Abwehr sei. Für
diese
Stimmen, setzgebers,
Aliud-These
gibt
es
aber nur ein Argument:
in
der
Literatur
zwar
mehrere
den angeblichen Willen des Ge-
wie er in amtlicher Begründung und parlamentarischer 32 . Dieses Argu-
Beratung des BImSchG zum Ausdruck gekommen sei 32
So argumentieren insbes. Feldhaus, DVB1. 1980, 133 (135); Seilner, NJW 1980, 1255 (1257); Martens, DVB1. 1981, 597 (603) und - letzterem folgend - Hansen/Dix, Die Gefahr im Polizeirecht, im Ordnungsrecht und im Technischen Sicherheitsrecht, 1982, S. 212 ff. - Einen guten Überblick über die sowohl im Prinzipiellen wie im Einzelnen kontrovers geführte Diskussion zu § 5 Nr. 2 BImSchG bieten Schwerdtfeger und Grabitz in WiVerw 1984, 217 und 232. Die besten Argumente gegen die Aliud-These finden sich bei Papier, DVB1. 1979, 162; Breuer, Der Staat 1981, S. 393 (410 f f . ) und Rengeling, DVB1. 1982, 622 (624 f f . ) . Für eine Kritik der wissenschaftstheoretischen Vorstellungen, die Darnstädt mit dem Thema "Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge", 1983, verbindet, ist hier schon deshalb nicht der Ort, weil dort (Fortsetzung Fußnote)
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
ment überzeugt weder methodisch noch sachlich.
193
Methodisch wäre
der subjektive Wille des Gesetzgebers nur im Rahmen des objekti33 vierten Willens des Gesetzes anzuerkennen ; sachlich steht aber im vorliegenden
Falle
nicht
einmal
das
subjektiv
Gewollte
fest.
Jedenfalls ist der von den Vertretern der Aliud-These übereinstimmend zitierte wie
dies
Satz
der amtlichen
regelmäßig
behauptet
Vorsorge ist "notwendig,
Begründung nicht so eindeutig, 34 . Es heißt dort wörtlich,
wird
um rechtzeitig zu verhindern, daß später
die Errichtung neuer Industrieunternehmen
wegen vorhandener be35 . Das mag
denklicher Immissionsbelastung untersagt werden muß" politisch
bereits
als
Umweltplanung
und nicht
mehr als
Umwelt-
schutz bezeichnet werden - und so war es in der Gesetzesdebatte, 36 die doch wohl primär ein Politicum ist, auch gemeint juristisch
aber
und zumal
noch nicht gesagt. lich ist.
noch
nicht
rechtssystematisch
ist
Prinzipielles
damit
Vom rechtssystematischen Prinzip her ist näm-
gesagt,
daß Umweltplanung
auch Planungsrecht
Denn nach allen Kriterien juristischer Systematik - nach Be-
iFortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) über der Wissenschaftstheorie die juristische Tradition in Vergessenheit geraten ist. (Besonders deutlich bei der Deutung des § 5 Nr. 1 BImSchG als "Modifizierung des Vorsorge-Modells", S. 171 f f . ) . 33
Vgl. nur BVerfGE 11, 126 (130 f . ) .
34
Von den in Fn. 32 Genannten Feldhaus, aaO., S. 135; Seilner, aaO., S. 1256; Martens, aaO., S. 602; ferner von Kutscheidt, in: Landmann/Rohmer, GewO, Bd. 3, BImSchG, § 1 Rn. 7.
35
BT-Drucks. 7/179, S. 32, wofür Feldhaus, DVB1. 1980, 132 (135), den - inzwischen allerdings zum Schlagwort gewordenen - Begriff des planerischen "Freiraums" geprägt hat.
36
Vgl. im BT-Protokoll v . 18.1.1974 (2. und 3. Beratung des BImSchG) etwa die Sätze: "Keine Quelle schädlicher Umwelteinwirkungen bleibt unerfaßt" (S. 4680); "Es muß heute dafür gesorgt werden, daß morgen keine Umweltschäden eintreten" (S. 4684); "der Umweltschutz ist ein Bereich, in dem sich das Bewußtsein unserer Bürger und der politisch Verantwortlichen dafür entwickelt hat, daß es Werte gibt, die planend und g e staltend zu bewahren und zu fördern unser aller Pflicht und unser aller Interesse ist" (S. 4688).
194
Rolf Gröschner
Prinzip und Regelungsgrund 37 - wird Planungs38 recht durch Planungsermessen konstituiert . Die auf das Vorsorgriff,
Institut,
gegebot verweisende Genehmigungsvorschrift des § 6 BImSchG enthält
aber unstreitig
eine gebundene,
gerade nicht
der Genehmigungsbehörde stehende Entscheidung.
im Ermessen
Das rechtssyste-
matische Ergebnis ist - im Unterschied zur rechtspolitischen
Dis-
kussion - eindeutig: das Vorsorgegebot des § 5 Nr. 2 BImSchG gehört zum Umweltschutzrecht,
nicht zum Umweltplanungsrecht.
Und
Umweltschutzrecht ist kein Aliud zum Gefahrenabwehrrecht. Die Begründung griffsNr.
für diese
Behauptung ergibt
und regelungssystematischen
2 und 3 Abs.
1 BImSchG.
...
aus
dem
Zusammenhang zwischen
Wenn § 5 Nr.
"Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch
sich
be§§ 5
2 BImSchG nämlich ...
insbesondere
Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung" verlangt,
dann
wird damit nicht auf den Maßstab der "Einwirkung" und deshalb auch nicht auf das Kriterium des Schadens verzichtet. Abs.
1 BImSchG definiert die in
"schädlichen missionen",
Umwelteinwirkungen"
völlig
Denn § 3
2 BImSchG genannten
unzweideutig
als
"Im-
die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Be-
lästigungen herbeiführen können. "Immissionen" sei,
§ 5 Nr.
Daß Gefahrenabwehr Abwehr von
und Gefahrenvorsorge
Vorsorge
gegen
"Emissionen"
ist
dann eine zwar eingängige, systematisch aber falsche 39 Faustregel . Systematisch falsch ist sie, weil sie den Zusammen-
37
S.o. I 1.
38
Dazu statt aller BVerwGE 34, 301 (304). Von der Schwierigkeit der systematischen Zuordnung zum sonstigen Verwaltungsermessen und zum Ermessen des Normgebers sei hier geschwiegen. Zu beidem Gröschner, BayVBl. 1985, 327 (330).
39
In einem Lehrbuch des Wirtschaftsverwaltungsrechts mag diese Faustregel ihre didaktische Rechtfertigung finden können, z . B . bei Jarass, Fn. 3, S. 231, nicht zu rechtfertigen ist aber der systematische Schluß auf ein "Minimierungsgebot für Emissionen" (J. Ipsen, AöR 1982, 262). Denn auch hinter S 5 Nr. 2 BImSchG steht das Prinzip des § 1 GewO, das eine Abwägung (zwischen Freiheit und Freiheitsbeschränkung) verlangt und einseitige Minimierungen verbietet. Zu demselben Ergebnis kommt Grabitz, WiVerw 1984, 240 f . , aufgrund ver(Fortsetzung Fußnote)
195
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
hang zwischen Vorsorge und Schaden ignoriert
und die Vorsorge
damit von der Gefahrenabwehr isoliert. Wo aber zeigt sich dann der systematische Wandel,
den das Vor-
sorgegebot doch unzweifelhaft bewirkt hat?
Nicht im Prinzip, son-
dern - wie systematisch so oft - im Detail:
nicht das Prinzip der
Gefahrenabwehr hat der
Gefahr
-
weil
sich die
gewandelt oben
und auch
erwähnte
nicht
der
Begriff
gewerbepolizeirechtliche
Erweiterung des Schadens auf erhebliche Nachteile und Belästigungen schon traditionell dazugehört
sondern gewandelt hat sich
das Kriterium der Eintrittswahrscheinlichkeit des schädigenden Ereignisses. Während
sowohl
im repressiven
wie
im präventiven
traditionellen Polzei- und Gewerbepolizeirechts
Bereich
für den
des
Schadens-
eintritt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit gefordert wird,
ge-
nügt
die
im
entferntere
Vorsorgebereich Möglichkeit
des eines
"Schädlichkeitsverdachts" 4 0 .
Immissionsschutzrechts -
wie
das
schon
BVerwG gesagt
hat
-
Oder anders - aber ebenfalls mit den
Worten des BVerwG - formuliert:
der Vorsorgebereich des § 5 Nr.
2 BImSchG liegt "jenseits der nach § 5 Nr. 1 BImSchG zu erstellenden konkreten Immissionsprognose" 41 . So formuliert läßt sich (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) fassungsrechtlicher Überlegungen - die sich im übrigen auch auf rechtsphilosophischer Ebene fortsetzen ließen: weil Recht Rechts-verhältnisse regelt, muß es i . d . S . "verhältnis-mäßig" (hermeneutisch vermittelnd und dialogisch ausgleichend) sein, darf aber nicht un-verhältnismäßig minimieren oder maximieren. - Daß neuerdings auch Ossenbühl, NVwZ 86, 161, "Vorsorge als Rechtsprinzip" auf die o . g . "grobe Formel" (S. 169) und in Zusammenhang mit dem eingangs zitierten "Minimierungsgebot" bringt (S. 168), ist deshalb gerade aus prinzipieller Sicht besonders zu bedauern. 40
NVwZ 1983, 32 (34); v g l . auch NVwZ 1984, 371 (373), wo das BVerwG allgemeiner - aber die Besonderheit des immissionsrechtlichen Schutzgutes weniger treffend - von "Gefahrenverdacht" spricht.
41
BVerwG, NVwZ 1984, 373, mit dem systematisch aufschlußreichen Ergebnis, daß Vorsorge dann geboten sei, "wenn hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, daß Immissionen (Fortsetzung Fußnote)
Rolf Gröschner
196
der Wandel von der Schadenswahrscheinlichkeit
zur
Schadensmög-
lichkeit auch als Wandel der Kausalitätsanforderungen ren:
interpretie-
der Nachweis einer unmittelbaren Verursachung i . S . d .
zeirechts,
der für § 5 Nr.
1 BImSchG mit Hilfe einer konkreten
Zuordnung von Emissionen und Immissionen zu führen i s t , für § 5 Nr.
Poli-
2 BImSchG nicht geführt zu werden,
braucht
weil ein solcher
Nachweis schon wegen der Fern- und Langzeitwirkung vieler Emissionen gar nicht geführt werden könnte.
Und das ist schließlich
auch der Grund des überwachungsrechtlichen Wandels: der Gefahren.
der Wandel
Nicht mehr die in § 16 Abs. 2 GewO a . F . an erster
und zweiter Stelle aufgeführten Schießpulverfabriken und Anlagen zur
Feuerwerkerei
sind
bezeichnende
rechtlicher Gefahrenquellen,
BImSchV erst- und zweitgenannten und Kühltürme Stunde.
mit einem
Beispiele
immissionsschutz-
sondern die in S 2 Nr.
1 der 4.
100-Megawatt-Feuerungsanlagen
Kühlwasserdurchsatz
von
10.000 m3
je
Und wenn diesem evidenten Wandel der tatsächlichen Ge-
fahren mit
subtilen
Wandlungen
rechts begegnet werden kann,
im System
des
Gefahrenabwehr-
dann spricht das nicht gegen, son-
dern für dieses System.
2.
Der Wandel der Rechtsinstitute
Am Beispiel
der
gewerberechtlichen
Erlaubnis
soll
abschließend
und zusammenfassend noch einmal verdeutlicht werden, ein einheitliches
Rechtsinstitut
sammenhang zwischen Begriff,
erst
daß sich
aus dem systematischen
Zu-
Prinzip und Regelungsgrund ergibt
und wie dabei auch Tradition und Wandel jeweils systematisch zusammenhängen .
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen und damit - auch wenn sich entsprechende Ursachenzusammenhänge im einzelnen noch nicht eindeutig feststellen lassen - ein Gefahrenverdacht besteht" (Hervorhebung im Original). Was dies alles für den Nachbarschutz bedeutet, muß hier offenbleiben.
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
197
Zunächst zwei begriffssystematische Überlegungen: Die Begriffe "Erlaubnis", "Genehmigung", "Konzession" und "Bewilligung" bedeuten im Wirtschaftsüberwachungsrecht - anders als etwa im 42 Wasserrecht die
- dasselbe:
Zulässigkeit
Entscheidung Abs.
einer
daß der Zugang zu einem Gewerbe bzw. gewerblichen
bedarf.
Wenn dieser
Anlage
einer
behördlichen
Entscheidungsakt
durch
§ 15
2 GewO nunmehr einheitlich als "Zulassung" definiert wird,
dann ist dies
begriffssystematisch -
zumal im Zusammenhang mit
den "Zulassungsvoraussetzungen" i .43 S.d. aus gelungene Gesetzesnovellierung
Art.
Novellierungsbedürftig
Begriff
Erlaubnisvorbehalt".
ist Weil
dagegen
der
das gesamte
12 GG - eine durchdes
"Verbots mit
Wirtschaftsüberwachungs-
recht - wie die Erörterung des § 1 GewO ergeben hat - durch ein Rechtsprinzip konstituiert
wird,
dessen
Haupt-Satz
Freiheit
die
ist, darf das Haupt-Wort des systematisch zuzuordnenden Rechtsinstituts nicht das Verbot sein. wort bleibt,
ändert sich das systematische Mißverhältnis zwischen
(Verbots-)Begriff wort
und
"präventiv"
Verbots
mit
Und solange es bei diesem Haupt-
(Freiheits-)
nicht.
An die
Erlaubnisvorbehalt
Prinzip
auch durch
Stelle gerade -
dessen
des
das
Bei-
"präventiven"
Regelungsgrund
aner-
kanntermaßen eben nicht das Verbot ist - sollte daher der Begriff 44 der "Erlaubnispflicht" treten . Das sog. "repressive" Verbot mit Erlaubnisvorbehalt könnte dann - ohne Adjektiv - zum begriffssystematisch
richtig
verwendeten
"Verbot
mit
Erlaubnisvorbehalt"
werden. 42
Vgl. §§ 2, 7, 8 WHG und - am Beispiel Bayerns - Art. 16 bis 18 BayWG.
43
§ 15 Abs. 2 GewO, BGBl. I S. 1008.
44
In diesem Sinne insbes. Henke, DVB1. 1983, 982 (984). Die sonstige Erörterung des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dagegen hat - soweit ersichtlich - dem Prinzip des § 1 GewO keine besondere Bedeutung beigemessen. Vgl. etwa Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I , 9. Aufl. 1974, S. 403 f f . ; Forsthoff, Verwaltungsrecht I , 10. Aufl. 1973, S. 267 f . ; Friauf, JuS 1962, 422; Schwabe, JuS 1973, 133; Gusy, JA 1981, 80.
neugefaßt durch Gesetz
v.
25.7.1984,
Rolf Gröschner
198
Systematisch noch wichtiger als diese Überlegungen zu Begriff und Prinzip der Erlaubnispflicht sind Überlegungen zu ihrer Bedeutung als
Rechtsinstitut.
Wie bei
Recht überhaupt - ist
jedem Rechtsinstitut
- und
wie im
dabei die materiellrechtliche von der for-
mellrechtlichen Bedeutung zu unterscheiden. Materiellrechtlich bedeutet die Erteilung einer wirtschaftsüberwachungsrechtlichen Erlaubnis nicht mehr als die Bescheinigung, daß die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen bzw. daß Versagungsgründe nicht gegeben sind: dem Antragsteller wird beispielsweise bescheinigt, daß er zuverlässig, sachkundig, fachlich geeignet ist, daß Sicherheit und Leistungsfähigkeit seines Betriebs gewährleistet sind oder daß Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen seiner Anlagen getroffen wurde. Ein subjektives öffentliches Recht wird mit solchen Bescheinigungen nicht gewährt. Anders ausgedrückt: ein Anspruch wird durch die Erlaubnis nicht 45 begründet . Diese
-
für
das
Wirtschaftsüberwachungsrecht
zentrale
-
These
läßt sich wirkungsgeschichtlich und systematisch begründen: der Tradition der Gewerbefreiheit
aus
und aus ihrem Wandel zur Be-
rufsfreiheit. Die erste Begründung ergibt läuterten historischen Befund:
sich
unmittelbar
aus dem oben
er-
weil die natürliche Freiheit schon
kraft Gesetzes - nämlich kraft § 1 GewO - deklaratorisch bestätigt worden war,
wurde diese Freiheit nun kraft gesetzesverlängernden
Verwaltungsakts - also kraft Erlaubnis - erst recht nicht 46 tutiv verliehen .
konsti-
45
Daß ein solcher Satz in den einschlägigen Lehrbüchern des (Wirtschafts-)Verwaltungsrechts nicht zu finden ist, hat seinen Grund in der "dogmatischen Vernachlässigung des subjektiven öffentlichen Rechts", wie Henke, DVB1. 1983, 982 (986), überzeugend dargelegt h a t .
46
Die zeitgenössische Literatur dazu ist konsequent: wo die subjektivrechtliche Deutung der Gewerbefreiheit verworfen wurde, wurde auch das subjektive Recht aus der Gewerbeerlaubnis verneint. Vgl. statt aller Schecher (Fn. 15), S. 7 f f .
199
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
Inzwischen hat sich diese natürliche Freiheit in eine grundrechtliche Freiheit verwandelt.
Die Gewerbefreiheit ist zwar - wie ge-
zeigt - ein objektivrechtliches Prinzip
geblieben,
sie ist jedoch
durch den subjektivrechtlichen
Wandel zur Berufs- und Unterneh-
mensfreiheit überlagert worden.
Wer heute eine wirtschaftsverwal-
tungsrechtliche
Erlaubnis
Heutige ohnehin
beantragt,
zweifelhaftes -
recht hinter sich, gelmäßig aus Art. che Rechtsposition,
hat
also
Naturrecht,
kein
-
für
uns
sondern ein Grund-
und zwar im Wirtschaftsüberwachungsrecht
re-
12, jedenfalls aber aus Art. 2 Abs. 1 GG. Weldie er nicht schon daraus hätte,
sollte ihm
dann mit der Erlaubnis noch verliehen werden? Die entscheidende
systematische
Differenzierung
ist
demnach
die
Unterscheidung des Anspruchs auf die Erlaubnis vom Anspruch aus der Erlaubnis. ergibt,
Denn daß sich aus der Erlaubnis kein Anspruch
heißt noch nicht,
besteht.
Ein
solcher läßt
einfachgesetzlichen leiten:
daß kein Anspruch auf die Erlaubnis sich vielmehr
Erteilungs-
bzw.
bei "Ist-zu-erteilen"-Vorschriften
ohne weiteres,
häufig
schon
aus den
Versagungsvorschriften (wie bei
bei "Ist-zu-versagen"-Vorschriften
her-
§ 6 BImSchG) (wie oben
ge-
zeigt) aufgrund ergänzender Heranziehung des § 1 GewO und bei "Darf-nur-erteilt-werden"-Vorschriften
aufgrund ihrer
konformen Interpretation als gebundene Entscheidung 47 Aus all dem lassen sich zwei Grund-Sätze chungsrechts formulieren. bzw.
Erstens:
des Wirtschaftsüberwa-
bei Vorliegen der Erteilungs-
Nichtvorliegen der Versagungsvoraussetzungen
ein Anspruch auf Erlaubniserteilung.
verfassungs-
besteht Immer
Zweitens: aus der Erlaubnis
selbst ergibt sich niemals ein Anspruch.
47
Ob man dies mit dem Rechtsstaatsprinzip (hier: Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) oder (auch) mit Art. 12 GG begründet, macht im Ergebnis keinen Unterschied. Vgl. z . B . BVerfGE 6, 32 (42); 8, 71 (76) und 20, 150 (158) sowie - ins Grundsätzliche gehend - Meyer-Tscheppe, Staat und Staatsziel, 1968, S. 412.
200
Rolf
Ganze
Aber
das
den,
nämlich im Sinne der angekündigten Unterscheidung
materiellem (auch
der
zwar nur
muß
Gröschner
und
systematisch
formellem
Behörde,
die
aus Gesetz,
formellrechtlich
Recht: dann
noch
weiter
differenziert
Materiellrechtliche Ansprüche 48 Befugnisse sind ) ergeben sich
gleichwohl werden
sie durch
die
in noch näher zu bestimmender
doch
wer-
zwischen
Erlaubnis
Weise beein-
flußt. Formellrechtlich ist als
die
feststellender
ein
Rechtsprechung
und
Erlaubnis
Literatur
nicht entschließen können, sie jedoch
zunächst einmal
Verwaltungsakt. zu
Zwar
dieser
Konsequenz
Systematisch
rechtliche der
-
gungsgrund deshalb sind
-
Gründen
für im
die
-
feststellt,
-
diese
daß
ein
Erlaubnis
Erlaubnis
der Bestandskraft
Erlaubniserteilung wird
daß A n t r a g s t e l l e r ,
Betrieb oder
vorliegt
erteilt.
fähig,
Beide
-
über
nur die
noch
ein
letzter
um es
systematischer
Feststellungswirkung
hinaus
zur
der
Bescheide mate-
Im Falle und zum
bestandskräftig
Anlage
Versaund
ohne zugleich
formulieren - keine gewerbepolizeirechtliche Gefahr Bleibt
keinerlei
der auf Anfrage
gesetzlicher
nicht
r i e l l r e c h t l i c h e Positionen begründen zu müssen. Zeitpunkt der
erscheint
daß
beantragte
Tenor
gleichermaßen
in
noch
im angefragten Falle eine gewerbe49 nicht e r f o r d e r l i c h ist und einem Bescheid,
Erlaubnis
in den
sich
bisher
besteht nämlich
Unterschied zwischen einem Feststellungsbescheid,
anderes
man
systematisch zu Ende gedacht
unausweichlich.
v e r b i n d l i c h entscheidet,
nichts
hat
festgestellt,
traditionell
zu
darstellen.
Schritt:
der
Schritt
Gestaltungswirkung.
48
Zu solchen "subjektiven öffentlichen Rechten des Staates" jetzt ein guter Überblick bei Bauer, DVB1. 1986, 208 f f .
49
Über dessen dogmatische Qualifikation kaum Streit entstehen dürfte. Vgl. die Zusammenstellung von Feststellungsbescheiden, die Kopp, GewArch 1986, 41, jüngst gegeben h a t . Repräsentativ dort ( g l e i c h zu Beginn) auch das nicht näher b e gründete Festhalten an der Trennung von Erlaubnis und f e s t stellendem Verwaltungsakt. Die - z . T . weitreichenden - Konsequenzen aus der I d e n t i f i z i e r u n g der Erlaubnis als Feststellungsbescheid - z . B . f ü r A u f l a g e n , Vollstreckung und Rechtsschutz - können hier nicht gezogen werden.
Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel
Auch dieser
Schritt ist -
tan worden.
soweit ersichtlich
Denn die Gestaltungswirkung,
chen Erlaubnissen allenthalben überall
in
einer
Gestaltung
-
201
noch nirgendwo
ge-
die den
gewerberechtli-
zugesprochen w i r d ,
soll immer und
Rechten
von
liegen.
Systematisch
r i c h t i g l i e g t sie aber in einer Gestaltung von Rechtsverhältnis50 sen . Genauer g e s a g t : mit der Erteilung einer wirtschaftsüberwachungsrechtlichen Verhältnis
Erlaubnis
begründet,
Pflichten und Befugnisse liegenden Gesetz
wird
dessen
ein
Inhalt
-
überwachungsrechtliches vor
sich aus dem der
allem
also
Erlaubnis
Rechte,
zugrunde-
ergibt.
Wirtschaftsüberwachungsrechtliche
Erlaubnisse
stellende und rechtsverhältnisbegründende rechtsbegründende)
Verwaltungsakte.
sind
(nicht
mithin
aber
fest-
unmittelbar
Und das ist schließlich
auch
der eigentliche Regelungsgrund des Wirtschaftsüberwachungsrechts: festzustellen, Einzelfall
ob die Voraussetzungen behördlicher Überwachung im
vorliegen
und
uno
actu
mit
dieser
Feststellung
Rechtsverhältnis zu begründen,
das wegen § 1 GewO und Art.
GG bis
entsprechende
ins
bestimmt
Einzelne
durch
das
12
Überwachungsgesetz
ist.
Der oben a u f g e s t e l l t e Grundsatz,
daß aus einer
wirtschaftsüberwa-
chungsrechtlichen
Erlaubnis niemals ein Anspruch f o l g e ,
aufgrund
Ergebnisses
dieses
Trennschärfe formulieren: chungsrecht
rechtlichen Verhältnis.
mit
noch
größerer
läßt sich
systematischer
Ansprüche folgen im Wirtschaftsüberwa-
mit systematischem
setzlichen Rechtsverhältnis,
50
ein
Vorrang
aus einem besonderen g e -
dem hier so genannten
überwachungs-
Systematisch stellen diese Ansprüche daher
Es dürfte Otto Mayer gewesen sein, der die z i v i l r e c h t l i c h e Vorstellung in das ö f f e n t l i c h e Recht transponiert h a t , daß durch den Verwaltungsakt ein Rechtsverhältnis begründet werde, " k r a f t " dessen - wie § 241 BGB sagt - dann notwendigerweise s u b j e k t i v e Rechte bestünden ( v g l . Deutsches V e r w a l tungsrecht, 3. A u f l . 1924, S. 101 i . V . m . S. 93). "Bloße Feststellungen" (S. 100) waren ihm dabei ebenso fremd wie bloß rechtsverhältnis-begründende Verwaltungsakte, die nicht zug l e i c h bestimmten, was im E i n z e l f a l l "Rechtens" sein sollte (S. 93).
Rolf Gröschner
202
vorrangig
relative subjektive
rechten,
die
hältnissen
systematisch
und
von
sind demgegenüber schen Trennung sen und von
51
absolute
subsidiär. allgemeinen
absoluten
Thema f ü r sich
51
von
daher
Rechte d a r .
Ansprüche Alles
aus
Ansprüche allgemeinen
subjektive Weitere
Rechte
zu
und besonderen
und r e l a t i v e n
subjektiven
dieser
aus
Grund-
Rechtsverdarstellen, systemati-
RechtsverhältnisRechten
ist
ein
.
Daß diese Unterscheidungen überhaupt zu einem Thema der v e r w a l t u n g s - und verfassungsrechtlichen Dogmatik geworden sind, darf als das Verdienst Wilhelm Henkes bezeichnet w e r den, der die entsprechenden Differenzierungen in DÖV 1980, 621 f ü r das Verwaltungsrecht und in DÖV 1984, 1 f ü r das Verfassungsrecht vorgenommen hat. Und daß der Verfasser versuchen w i r d , die Bedeutung dieser Differenzierungen f ü r "Das Recht der Wirtschaftsüberwachung" auch monographisch zu z e i g e n , mag als Hinweis auf den Grund der Widmung des vorliegenden Beitrags genügen. Im übrigen ist dem Verfasser erster t r a d i t i o n e l l - l i b e r a l e r Zugang zum Recht der Wirtschaftsüberwachung schon während seines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums durch Henkes Artikel "Gewerberecht" im HdSW, Bd. IV, 1965, S. 523, eröffnet worden.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen zwischen Förderung und Gefährdung unternehmerischer Freiheit Von Paul Henseler
Inhaltsübersicht A. Grundfragen der Wirtschaftslenkung I. II.
205
Wirtschaftslenkung - Versuch einer Begriffsklärung
205
Taktiken, Techniken und Instrumente des Wirtschaftslenkungsstaates
208
1. Imperative Lenkungskonzepte
209
2. Stimulierende Lenkungskonzepte
211
B. Subventionierung und Unternehmerfreiheit
214
I.
II.
Die Bedeutung der Staatssubvention für die Freiheit des subventionierten Unternehmers
214
1.
Unternehmerfreiheit und unternehmensbezogene Leitungsgewalt
214
2.
Wirkungsspezifika der Art. 12, 14 GG im Subventionsrecht
217
Das Subventionsverhältnis als zentraler Ordnungsfaktor des Subventionsrechts
219
1. Arten von Subventionsverhältnissen
219
a) Einseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse
219
b) Zweiseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse
220
204
Paul Henseler
III. IV.
2.
Begründungsformen von Subventionsverhältnissen
221
3.
Normative und ersatznormative Vorordnung der Vergabekonditionen
222
Die Struktur des zweiseitig verhaltensbindenden Subventionsverhältnisses
223
Die haushaltsrechtlichen Wurzeln von Freiheitsbeschränkungen des Subventionsempfängers
225
1.
Auf den Subventionsgeber einwirkende Legitimationszwänge
225
2.
Typisierender Aufriß der Verhaltensbindungen des Subventionsempfängers
228
a) Verhaltensbindungen, die das Zielbindungs- und Überwachungsgebot umsetzen.
229
aa) Verhaltensbindungen im Interesse der Zielverwirklichung
229
bb) Vorkehrungen zur Erfüllung des Überwachungsgebotes
231
b) Verhaltensbindungen, die dem Gebot der projektbezogenen Kosten-Nutzen-Optimierung entspringen
232
V. Die Rechtsnatur der Selbstbindungen des Subventionsempfängers VI.
VII.
Widerruf und Rückforderung als Sanktionen planwidrigen Unternehmerverhaltens
235 239
1.
Verhaltenslasten und Risikoverteilung im Subventionsverhältnis
239
2.
Die Problematik des § 44a Bundeshaushaltsordnung (BHO)
240
Materielle Anforderungen an Verhaltenslasten und -pflichten des Subventionsempfängers
241
1.
Erfordernis einer spezifischen Maßstabbildung
241
2.
Das Übermaßverbot als zentraler Konfliktmaßstab
242
3.
Die Handhabung des Übermaßverbotes im Subventionsrecht
243
a) Verhaltenslasten, die das Zielbindungsgebot umsetzen
243
b) Verhaltenslasten, die das Gebot der projektbezogenen Kosten-Nutzen-Optimierung konkretisieren
246
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
VIII.
Schlußbemerkung und Ausblick auf subventionsrechtliche Sonderlagen
A.
Grundfragen der Wirtschaftslenkung
I.
Wirtschaftslenkung - Versuch einer Begriffsklärung
205
247
Der größte Feind der wissenschaftlichen Diskussion ist die Begriffsverwirrung. Ihr im Hinblick auf das Phänomen der Wirtschaftslenkung zu entgehen, fällt insofern nicht leicht, als der juristische Sprachgebrauch den Begriff ebenso wie den Komplementärbegriff "Wirtschaftsüberwachung"* mit unterschiedlichen Bedeutungsgehalten auffüllt. So hat es Tradition, Wirtschaftslenkung als Synonym für Wirtschaftsinterventionismus zu verwenden und damit eine Wirtschaftsordnung zu kennzeichnen, die den überkommenen Gegensatz zwischen Staat und Wirtschaft respektive Staat und Gesellschaft überbrückt, ohne die freie Unternehmerinitiative als Gegengewicht zum staatlichen Lenkungsanspruch völlig zu ver2 drängen . Die Gleichstellung von Lenkung und Intervention ver3 kürzt indes - von anderen Bedenken abgesehen - den eigentlichen Gehalt des Lenkungsbegriffs. Die Lenkung der Wirtschaft ist mit der Einwirkung des Staates auf die Wirtschaft nicht identisch, sondern nur eine Form der staatlichen Einflußnahme auf wirt-
1
Der Begriff geht auf Henke, DVB1. 1983, 982 (983), zurück. Statt seiner ist in der Literatur überwiegend der Begriff "Wirtschaftsaufsicht" gebräuchlich, v g l . stellvertretend für alle J a r a s s , Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 107.
2
Scheuner, VVDStRL 11 (1954), 1 (7); Schule, e b d a . , 75 (85); Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, S. 291; d e r s . , in: von Münch, Bes.VerwR, 7. Aufl. 1985, S. 255 (260 f . ) ; Rinck, Wirtschaftsrecht, 5. Aufl. 1977, S. 1.
3
Vgl. Ehmke, Wirtschaft und Verfassung, 1961, S. 86; Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (285 Fn. 100).
Paul Henseler
206
schaftsrelevante
Vorgänge und Tatbestände, 4 der Wirtschaftsüberwachung konkurriert .
die namentlich
mit
Wirtschaftslenkung und Wirtschaftsüberwachung sind allerdings ihrerseits keine eindeutigen,
sondern mehrdimensionale und z . T . in-
einander verschachtelte Ordnungsbegriffe 5 . von
Lenkung
und
Überwachung
Die Gegenüberstellung
kennzeichnet
zum
einen
unter-
schiedliche Auffassungen von den Zielen und Aufgaben staatlicher Wirtschaftspolitik,
zum
anderen
unterschiedliche
Strategien
staatlichen Einflußnahme auf die Wirtschaftsentwicklung. pisch war die Aufgabe des Wirtschaftsüberwachungsstaates scher Prägung darauf beschränkt, fahren privat
klassi-
die Allgemeinheit vor den Geg
verantworteten Wirtschaftens
stens seit Einführung des Art.
der
Idealty-
zu schützen .
Späte-
109 Abs. 2 GG sprengt die verfas-
sungsrechtliche Aufgabenstellung staatlicher Wirtschaftspolitik diesen überkommenen Rahmen. Förderung
der
Im Verbund mit § 1 des Gesetzes zur
Stabilität
und
(StabilitätsG) verpflichtet Art. haltspolitik,
des
Wachstums
der
gleichzeitig auf ein stabiles Preisniveau,
hen Beschäftigungsstand,
Wirtschaft
109 Abs. 2 GG die staatliche Hauseinen ho-
außenwirtschaftliches Gleichgewicht und 7 hinzuwirken
ein stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Die Verpflichtung
impliziert
eine
Abkehr
von
der
unmittelbaren
Schadensabwendung hin zu einer Orientierung der Wirtschafts- und 4
Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1980, S. 251 f . ; Funk, in: Korinek/Rill (Hrsg.), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts, 1982, S. 53 (58 f . ) .
5
Tettinger (Fn. 4 ) , S. verwaltungsgerichtlicher 1971, S. 12 ff.
6
Ausf. hierzu Losch, Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht als geschichtliche Grundlagen der Wirtschaftsüberwachung, in diesem Bd., S. 153 ff.
7
Dazu näher Stern/Münch/Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl. 1972, § 1 (S. 117); Scheuner, in: ders. (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 66 f f . ; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971, S. 147 ff.
251; Wiebel, Wirtschaftslenkung und Rechtsschutz des Wirtschafters,
207
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
Haushaltspolitik an Optimalstandards, ge,
aktiv-gestaltende
Einflußnahme
die nur durch eine ständides
Staates
schaftsentwicklung zu verwirklichen sind.
auf
die
Wirt-
Vor diesem Hintergrund
ist Wirtschaftslenkung ein Kürzel für das Selbstverständnis Staates,
der
seine
Verantwortung
für
die
eines
gesamtwirtschaftliche
Entwicklung erkannt hat und ihr durch eine aktiv-gestaltende und nicht
nur
polizeilich-überwachende
Ausrichtung
Q
seines
eigenen
Verhaltens gerecht zu werden versucht . Zugleich meint Wirtschaftslenkung aber auch eine bestimmte Strategie der Umsetzung staatlicher Gestaltungsansprüche.
Die Wirt-
schaftsentwicklung aktiv gestalten kann der Staat auf verschiedenen Wegen: Er kann entweder selbst in die Rolle des Unternehmers g schlüpfen,
zu privaten Wirtschaftssubjekten in Konkurrenz treten
oder sie von bestimmten Märkten zwangsweise verdrängen er kann sein Wirken darauf ausrichten,
,
oder
das Verhalten der priva-
ten Wirtschaftssubjekte im Sinne seiner eigenen gesamtwirtschaftlichen Vorstellungen von
der
zielgerichtet
wirtschaftlichen
zu beeinflussen.
Eigenbetätigung
In Abgrenzung
kennzeichnet
Wirt-
schaftslenkung untfer diesem Blickwinkel die Strategie des Staates, private oder
Wirtschaftssubjekte
Vertreiber
stimmten,
in
marktmäßiger
gesamtwirtschaftlich
ihrem
Verhalten
Leistungen relevanten
als
im Interesse
Produzenten eines
be-
Ordnungszieles zu be-
einflussen^. 8
R. Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, 1971, S. 36; Bullinger (Fn. 3 ) , S. 287; Tettinger (Fn. 4 ) , S. 252, 258; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I , 3. Aufl. 1984, Rn. 436 f . ; k r i t . Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 207.
9
P. Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, 1976, S. 356 f f . ; Wilke/Schachel, WiVerw 1978, 95 (98 f f . ) ; Püttner, DÖV 1983, 697 (698 f f . ) ; Stober, NJW 1984, 449 f f .
10
Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 136 f f . , 281 f f . ; (Fn. 1), S. 224 ff.
Jarass
11
Funk (Fn. 4 ) , S. 59; Bullinger (Fn. 3 ) , S. 287; Jarass (Fn. 1), S. 35; ähnl. BVerG, NJW 1985, 2774 (2775).
Paul Henseler
208
Wie das
Verhalten
der
privaten
beeinflußt werden s o l l ,
Wirtschaftssubjekte
im
Einzelfall
ist eine F r a g e des t a k t i s c h e n
Vorgehens.
Sieht man das Charakteristikum der Wirtschaftsüberwachung daß der Staat mit zwangsweise merisches
Verhalten
schaftsüberwachung
durchsetzbaren
kanalisiert und
und
darin,
Befehlen unterneh12 , sind Wirt13 keine Gegensätze
diszipliniert
Wirtschaftslenkung
Wirtschaftsüberwachung ist unter dieser Prämisse vielmehr nur e i 14 ne Taktik
der Wirtschaftssteuerung neben a n d e r e n .
im folgenden konkretisieren und die T a k t i k e n , strumente des Wirtschaftslenkungsstaates
Ich will das
Techniken und I n -
zugleich ein wenig näher
beleuchten.
II.
Taktiken, Techniken kungsstaates
Privates
Wirtschaften
wird
und
durch
Instrumente
des
Wirtschaftslen-
Kosten-Nutzen-Überlegungen
des
Unternehmers g e l e i t e t , die sich an der jeweiligen Marktlage 15 orientieren . Die Marktlage wird i h r e r s e i t s durch das p r e i s b i l 16 dende Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage bestimmt . Beide b e t r i e b s - und volkswirtschaftlichen Axiome reduzieren die Möglichkeiten
des
Staates,
das
Verhalten
z i e l g e r i c h t e t zu b e e i n f l u s s e n , muster.
Der Staat kann
mungsfaktor
für
das
privater
letztlich
Wirtschaftssubjekte
auf zwei t a k t i s c h e
die Kosten-Nutzen-Abwägung
Unternehmerverhalten
als
entweder
GrundBestim-
eliminieren
12
Vgl. Bullinger ( F n . 3 ) , S. 286; E . Stein, Die Wirtschaftsa u f s i c h t , 1967, S. 118 f f . , 180 f f . , 217; Stober ( F n . 8 ) , Rn. 412 f . , 418 f f .
13
Im Ergebnis ebenso Brohm ( F n . 8 ) ; H.P. Ipsen, Wirtschaftsrecht, 1985, S. 10, 302.
14
Zur Unterscheidung von Strategien und Taktiken der schaftssteuerung Kaiser, VVDStRL 25 (1966), S. 409.
15
Statt a l l e r Wöhe, Einführung in die Allgemeine B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e , 15. Aufl. 1984, S. 330 f f . , 685 f f .
16
Statt a l l e r Woll, 1984, S. 87 f f .
Öffentliches
Allgemeine Volkswirtschaftslehre,
8.
Wirt-
Aufl.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
209
und das freie Spiel von Angebot und Nachfrage als zentralen Ordnungsmechanismus
des
Marktes
Regulative akzeptieren,
ausschalten
oder
er
kann
beide
erhalten und zum Ansatzpunkt seines e i -
genen Wirkens erheben.
1.
Imperative Lenkungskonzepte
Die Wahl der ersten Alternative korrespondiert regelmäßig mit der Anwendung eines imperativen Lenkungskonzepts, tur
nach
der überkommenen
entspricht:
sächlichem
der
das seiner Struk-
Wirtschaftsüberwachung
Der Staat unterwirft den Unternehmer einer
formulierten Verhaltenspflicht, pflichteten
Technik
durch
einen
Verhalten
zwingend
kontrolliert die Normtreue des Ver-
Vergleich
von
normverlangtem
und
tat-
17
und bedroht jeden Pflichtverstoß mit der 18 Anwendung von Zwangsgewalt . Inhaltlich diktiert der Staat dem Unternehmer,
welche
Leistungen
er
produzieren oder am Markt anbieten spiele
für
dieser
schaftssubjekte
Technik
sind etwa
Betriebsstillegungen, quotierungen,
unter
entsprechende gesetzlich
welchen
Bedingungen
oder nachfragen Einwirkungen
oder behördlich
darf.
Bei-
auf
Wirt-
angeordnete
Produktionskontingente, Absatz- und Import-
An- und Verkaufspflichten,
Preisfestsetzungen und
19 dergleichen mehr
.
Solche Steuerungsinstrumente können für un-
terschiedliche Ordnungszwecke mobilisiertkombiniert und miteinander mit Ausgleichsabgaben oder Subventionen werden 20 .sowie Der 17
Ausf. zur Kontrolle als Vergleich Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 14 f f .
18
Tettinger (Fn. 4 ) , S. 264; Badura, (Fn. 2), S. 297 f . ; v g l . auch Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 1974, S. 245 f f .
19
Rinck (Fn. 2), S. 77 f f . ; Jarass (Fn. 1), S. 124 f .
20
Beispielhaft zum einen das Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlebergbaus und der deutschen Steinkohlebergbaugebiete (BGBl. 1968 I S. 365) - dazu Der Staat 17 (1978), 507 (510) m.w.Nachw. - und Jarass, zum anderen die Ausgleichs- und Umverteilungssysteme nach (Fortsetzung Fußnote)
Stober (Fn.
8),
Rn. 441 f f . ;
210
Paul Henseler
s t a a t l i c h e Einfluß auf Markt und Unternehmen erhöht sich mit der Zahl
der
niert,
staatlich
beeinflußten
wenn der Staat
bündelter
und planvoll
mente
alle
Regie
unterwirft,
aufeinander
Interaktionen die
Marktordnung ersetzt
21
Wirtschaftsvorgänge
durch den zentral auf
abgestimmter
einem
"natürliche"
und
gesteuerten
ge-
Lenkungsinstru-
bestimmten also
kulmi-
Einsatz
Teilmarkt
durch
eine
seiner
staatliche
.
In der Bundesrepublik h a t t e die diesem Konzept verpflichtete Wirtschaftslenkung
ihre Blütezeit in den 50er und 60er J a h r e n .
Hauptanwendungsbereiche schaft, Fett,
waren
die
Land-
und
Ihre
Ernährungswirt-
die durch Marktordnungen für Getreide, Zucker, Milch und Vieh
Maßnahmen
und unter
Fleisch
sowie
strenger
durch
eine
Staatskuratel
der 70er J a h r e sind die nationalen
Vielzahl 22
standen
.
flankierender Seit
Anfang
Interventionssysteme auf diesen
Gebieten weitgehend durch 23 Marktordnungen der Europäischen Gemeinschaften ersetzt worden . Heute unterliegen im wesentlichen nur noch die E n e r g i e - und Verkehrswirtschaft der mehr oder we24 n i g e r intensiven s t a a t l i c h e n Bewirtschaftung . Die gewerbliche Wirtschaft
( I n d u s t r i e , Handwerk, Handel), die h i e r in e r s t e r Linie
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) dem Milch- und Fettgesetz, dem Filmförderungsgesetz oder dem Weinwirtschaftsgesetz - dazu Strauß, Die Abgaben der Ausgleichseinrichtungen im System des allgemeinen Abgabenr e c h t s , 1971, S. 8 f f . ; Götz, AöR 85 (1960), 200 (211) - . 21
Vgl. EuGH, NJW 1975, 2167 (2168); Stober ( F n . 8 ) , Rn. 438 f.; Badura ( F n . 2 ) , S. 292 f . ; Dicke, Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Wirtschaftslenkung in I t a l i e n und der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 68 f .
22
Vgl. BVerfGE 18, 315 (327, 3 3 1 ) ; 45, 142 (166 f f . ) ; BVerwGE 24, 152 f . ; 40, 85 f f . ; H. P . Ipsen, Gedächtnisschrift für W. J e l l i n e k , 1955, S. 593 (597); Dicke, DÖV 1968, 163 f f .
23
H.P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, = S. 842 f f .
24
Rinck ( F n . 2 ) , S. 132 f f . m.w.Nachw.; J a r a s s ( F n . 2 0 ) , S. 507 f f . ; Walcher, Das P l a n u n g s - und Steuerungssystem der s t a a t l i c h e n Verkehrspolitik zur Regulierung der V e r k e h r s märkte, 1978.
1972, 47/12 f f .
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
211
interessieren s o l l ,
ist dagegen außerhalb von Krisenzeiten
sätzlich
direkten
frei
von
vorgenannten Art
2.
staatlichen
der
25
Stimulierende Lenkungskonzepte
Eindeutig g e p r ä g t wird
die staatliche
liche Wirtschaft der Bundesrepublik erwähnte Lenkungskonzeption. der
grund-
Zwangseinwirkungen
Staat
die Orientierung
Einwirkung auf
gewerbzweit-
Sie zeichnet sich dadurch aus,
des Unternehmers
Kosten-Nutzen-Kalkulationen
die
nach wie vor durch die
nicht
aufhebt,
an
marktabhängigen
sondern
die
für
Unternehmer wichtigen Kalkulationsdaten künstlich verändert. dieser
Taktik
entsprechenden
Lenkungsinstrumente
schiedenen ökonomischen Ebenen an und sind von Lenkungsintensität misch
und - g e n a u i g k e i t .
ausgerichteten,
konjunkturabhängige durch
die
meinen
Deutsche
klimatischen
globalen Festsetzung
Bundesbank
sind in
ihren mikroökonomischen gezielten
staatlichen
setzen
Die
auf
ver-
unterschiedlicher
Wirtschaftslenkung
wie
des
Lombardsatzes
Diskont-
beeinflussen allen
Wirkungen
Einfluß
auf
und
lediglich
etwa die
diffus bestimmte
.
Als
und
Instru-
Gruppen
Das unterscheidet sie von den beliebtesten
die
allge-
Wirtschaftens
Unternehmern oder g a r einzelne Unternehmer auszuüben, eignen sich nicht.
den
Maßnahmen der makroökono-
Rahmenbedingungen
ment,
daß
von sie
Instrumen-
ten
der deutschen Wirtschaftslenkungspolitik, den Lenkungssteu27 28 ern , Lenkungs-Sonderabgaben und lenkenden A b g a b e v e r g ü n s t i 25
Rinck (Fn. 2 ) ,
26
Vgl. Starbatty, Erfolgskontrolle der Globalsteuerung, 1976, S. 36 f f . ; Tettinger ( F n . 4 ) , S. 211.; Stober ( F n . 8 ) , Rn. 447 f f .
27
BVerfGE 16, 147 (160 f . ) ; 19, 101 (114); 19, 119 (125); 21, 160 (169); 30, 250 (264); 38, 61 (79 f f . ) ; Seltner, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1971, S. 59 f f . , 110 ff.
28
BVerfGE 57, 139 (167); Richter, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 55 f f . ; Schröder, DÖV 1983, 667 (Fortsetzung Fußnote)
S. 126 f f .
m.w.Nachw.
Paul Henseler
212
gungen 29 einerseits und den Subventionen andererseits. abgaben, bindet,
lenkende Abgabevergünstigungen und Subventionen verdaß sie statt mit Befehl, Kontrolle und Vollstreckungsdro-
hung das unternehmerische Verhalten zen,
Lenkungs-
mit
wirtschaftlichen
Anrei-
Vorzügen und Vergünstigungen zu beeinflussen suchen.
Unternehmer wird bei einem von der politischen Führung meinnützig
definierten
Aussicht gestellt,
Verhalten
ein
wirtschaftlicher
Dem
als ge-
Vorteil
in
den er um den Preis des plankonformen Verhal-
tens in Anspruch nehmen,
aber auch ausschlagen kann.
Der mit
weicher Hand regierende Lenkungsstaat macht sich und die Erfüllung seiner am Gemeinwohl ausgerichteten
Ordnungsziele
insofern
von der Mitwirkungsbereitschaft der Unternehmer abhängig. Um sie für sich zu gewinnen,
muß er die betriebswirtschaftlichen
lationsdaten so manipulieren, delnde
Unternehmer
sein
Kalku-
daß der ökonomisch vernünftig han-
Verhalten
im
eigenen
wirtschaftlichen
Interesse auf die gemeinnützigen Erfolgsziele des Staates ausrichtet. Die abgaberechtlichen Lenkungsinstrumente erzeugen den nötigen ökonomischen Verhaltensdruck, indem sie die als Kosten in die betriebswirtschaftliche Kalkulation eingehende Abgabelast des einzelnen Unternehmers proportional zur Gemeinnützigkeit bzw. mangelnden Gemeinschädlichkeit des unternehmerischen Verhaltens r e 30 duzieren
.
Bei
steht dagegen belastung,
der Verhaltensbeeinflussung
nicht
die Variation
durch
der staatlichen
Subventionen Unternehmens-
sondern die verhaltensabhängige Bereicherung des Un-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) (670); P. Kirchhof, Jura 1983, 505 (517); Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, 1984, S. 68 f f . , 111 f f . m.w. Nachw. 29
Selmer (Fn. 27), S. 130 f f . , 175 f f . ; E.R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl. 1953, Bd. I I , S. 258; Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 14 f f . ; Kirchhof (Fn. 9 ) , S. 380 f.
30
Paradigmatisch insoweit die Regelungen der Abwasserabgabengesetze, dazu Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 178 f f . ; ders. (Fn. 28), S. 116 ff.
213
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
ternehmers im Zentrum. bot,
dem Unternehmer
Der Subventionsgeber lockt mit dem Angefür den
Fall eines bestimmten
Verhaltens
einen Geldbetrag oder eine geldwerte Leistung zuzuwenden, ohne 31 selbst eine marktmäßige Gegenleistung zu verlangen . Von einer möglichen Belastung verschont zu werden und eine staatliche
Zu-
wendung zu erhalten, kann zwar für den Unternehmer im wirt32 schaftlichen Ergebnis auf dasselbe hinauslaufen . Dennoch stehen das Fördern durch Verschonen und die fördernde Leistungssubven33
tion nicht auf einer Stufe
Der entscheidende Unterschied besteht für den Begünstigten in der unterschiedlichen Distanz zu dem Staatsorgan, Handhabung
det.
Das Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nötigt
den Gesetzgeber,
des
Lenkungsinstrumentes
die tatbestandlichen
Bemessungsgrundlage etwaiger
jeweiligen
das über die kon-
krete
einer
Voraussetzungen sowie die
Steuer einschließlich
Steuervergünstigungen
entschei-
Art
und Ausmaß 34 festzulegen
abstrakt-generell 35 . Damit ist für das Abga-
Entsprechendes gilt für Sonderabgaben 31
Meinhold, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften 10 (1959), 236' (239); umfassend zum nach wie vor umstrittenen Subventionsbegriff Bleckmann, Subventionsrecht, 1978, S. 9 f f . ; ders. , Verh. des 55. DJT (1984), Bd. I , D 8 f f . sowie aus dem älteren Schrifttum insbes. H.P. Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, 1956, S. 6 f f . ; Götz (Fn. 29), S. 13 f f . ; Stern, JZ 1960, 518 (519 f . ) .
32
Badura, WiVerw 1978, 137; Jarass (Fn. 1), S. 192.
33
Zuleeg, Ipsen, Badura VVDStRL
34
Vgl. BVerfGE 19, 253 (267); 34, 318 (365); 49, 343 (362); Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973, S. 155 f f . ; Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, 11. A u f l . , § 3 Tz. 28; ansatzweise krit. Brinkmann, Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung und formeller Gesetzesbegriff, 1982, S. 6 f f . , 9 f f .
35
Zur Geltung des Bestimmtheitsgebotes bei Sonderabgaben näher Meßerschmidt, Rechtsfragen der Erhebung von Umweltabgaben, 1986, 2. Teil, E . I I . 4 .
Die Rechtsform der Subventionen, 1965, S. 16; H. P . VVDStRL 25 (1966), 256 (286); Götz (Fn. 29), S. 16; und Jarass (beide wie Fn. 32); a.A. Zacher, 25 (1966), 304 (317); Kirchhof (Fn. 9), S. 380 f .
214
Paul Henseler
benrecht ausgeschlossen, was die Subventionierung regelmäßig verlangt: die Begründung eines konkret-individuellen Rechtsverhältnisses zwischen begünstigendem Verwaltungsträger und begünstigtem Unternehmer, innerhalb dessen Zweck und Konditionen der Begünstigung sowie die behördliche Kontrolle über den Subventionsempfänger den Besonderheiten des Einzelfalles angepaßt wer36 den können
.
Subventionen dürfen nur aufgrund eines
tionsverhältnisses
ausgezahlt
werden.
Soweit
tungsakt oder Vertrag begründet wird,
es
durch
SubvenVerwal-
ermöglicht es staatlichen
Exekutivorganen eine flexible Feinsteuerung
des
Leistungsempfän-
gers mit beträchtlichen Ingerenzen in Organisation und Geschäftsgebaren
des Unternehmers.
ein Sonderverhältnis
Die Subventionierung gerät
zur Unternehmerfreiheit,
damit in
das sie von
anderen Formen der staatlichen Wirtschaftslenkung abhebt. Sonderverhältnis näher auszuleuchten und in seinen schen Strukturmerkmalen zu erfassen,
allen Dieses
charakteristi-
will ich im folgenden ver-
suchen. B.
Subventionierung und Unternehmerfreiheit
I.
Die Bedeutung der Staatssubvention subventionierten Unternehmers
1.
Unternehmerfreiheit und unternehmensbezogene Leitungsgewalt
Auch insoweit ist es wichtig,
für
die
Freiheit
zunächst den Begriff, hier also den
Begriff der Unternehmerfreiheit,
abzuklären.
Unternehmerfreiheit
ist ein komplexer,
grundrechtsübergreifender Sammelbegriff,
seinen
spezifischen
Aussagegehalt
einer
Mehrzahl
winnt
37
.
von
des
erst
durch
bereichsbegrenzten
die
der
Zusammenschau
Freiheitsgarantien
ge-
Die Unternehmerfreiheit splittet sich insbesondere auf in
die Freiheit, 36 Im Ansatz ähnl. Götz, Badura und Jarass (wie Fn. 33). 37
Badura (Fn. 2 ) , S. 275; Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 46, 48 ff.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
215
a ) ein Unternehmen zu gründen und zum Zwecke der 38 keit zu führen ,
Erwerbstätig-
b)
über
den
ökonomischen
Einsatz
und
die
gewerbliche
Nutzung
der das Unternehmen bildenden Personen-, Sach- und Rechtsge39 samtheit eigenverantwortlich zu verfügen und c ) sich in einen ungestörten Wettbewerb mit Dritten zu begeben
40 41
Grundrechtlich abgedeckt
werden diese Freiheiten in erster
durch die Art.
1,
12 Abs.
wendungsbereichen Der
Begriff
der
insoweit
Linie
14 Abs. 1 GG, die sich in ihren Angegenseitig 42
Unternehmerfreiheit
überlagern erfaßt
und
dabei
ergänzen.
nicht
die
ob-
jektiv-institutionelle Bedeutung des Art. tie
einer
thematisch
marktgeprägten lim
die
14 43 Abs. 1 GG als GaranWirtschaftsordnung , sondern es geht
subjektiv-individuelle
Schutzfunktion
der
Art.
38
BVerfGE 50, 290 (363); Badura (Fn. VVOStRL 35 (1977), 55 (57).
39
Scheuner (Fn. 7 ) , S. 49 f f . ; R. Scholz, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, 1974, S. 77 f f . ; Badura, JuS 1976, 205 (211); Friauf/Wendt, Eigentum an Unternehmen, 1977, S. 45 f f .
40
BVerfGE 50, 290 (366); BVerwG, DVB1. 1982, 692 (694); NJW 1985, 2774 (2775); OVG Münster, NVwZ 1984, 522 (524); Dürig (Fn. 37), Rn. 48; von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Bd. I , 3. A u f l . 1985, Art. 2 Abs. 1 Rn. 99.
41
Art. 2 Abs. 1 GG deckt die Freiheit tigung nur ab, soweit die Art. 12, sind. Ebenso BVerfGE 50, 290 (362); f f . ; Rüfner, DVB1. 1976, 689 (690); a . A . Ipsen (Fn. 33), S. 302.
42
Unternehmer und damit Träger der Unternehmergrundrechte ist "die juristisch verfaßte Willenseinheit, die von Rechts wegen die bestimmenden Entscheidungen für das Unternehmen t r i f f t " (Papier, Fn. 38, S. 58). Der Terminus Unternehmensfreiheit (so Huber, DÖV 1956, 135; Dürig, Fn. 37, Rn. 46) ist insofern unkorrekt.
43
I .d.S. Leisner, DÖV 1975, 73 (76 f . ) ; Friauf, DÖV 1976, 624 (626 f . ) ; Badura (Fn. 39), S. 210; einschränkend dagegen BVerfGE 50, 290 (344).
2),
S.
278; Papier,
unternehmerischer Betä14 GG nicht einschlägig Scheuner (Fn. 7 ) , S. 49 Badura (Fn. 2 ) , S. 275;
Paul
216
12
44 14 GG .
und
Staates
in
Subvention nierten,
die der
angestrebte
wird
durch
Hinsicht
Konkurrent
zu
Subventionstätigkeit Zum einen
Lasten
des
verzerrt
Nichtsubventio-
Begünstigten in seiner Wettbe45 wird . Zum anderen tangiert die
Lenkungswirkung
der
Subvention
die
Freiheit
und46selbstverantwortlichen Organisation des Unternehmens
autonomen
resultiert
daraus,
Subventionsempfänger
sowie
Markt a l s ökonomisches treibt. dem
Rie
des
von
des
Staates,
der Staat
das
System
Betroffenheit
Bemühen
Verhalten
daß
Ausmaß
reguliert, Begünstigten
über
die
Wirtschaftssubjekten
also Verhaltenslenkung zu betreiben. -Wirtschaftslenkung ren
Auswirkungen
als auf
der
die
Marktlenkung
erwächst
Subvention
dagegen
das
Verhältnis
zueinander
Subvention
beaus
persönliche
beeinflussen, 47 Wenn man - wie geschehen definiert
Unternehmerfreiheit und
der den
zu
und nach
fragt,
sich der thematische Ansatz damit auf die F r a g e s t e l l u n g , chem
Beund
Konkur-
Auswahl
Begünstigung
also
zielgerichtet
Verhaltenslenkung die
durch
des
Leitung
Die grundrechtliche Betroffenheit des nichtsubventionierten renten
des jede
des
beeinträchtigt
zur
die
berührt.
Marktverhältnisse als
werbsfähigkeit günstigten
Sie
zweifacher
Henseler
Leitungsgewalt
des
ih-
reduziert in w e l -
Unternehmers
stehen.
44
V g l . zur Terminologie Friauf/Wendt ( F n . 39), S. 45, 66.
45
Dazu BVerwGE 30, 191 (198); 48, 211 (223); 60, 154 (159 f.); OVG Münster, NVwZ 1984, 522 (524 f . ) ; Götz ( F n . 29), S. 264 f f . , 272 f f . ; Rüfner, Formen ö f f e n t l i c h e r Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967, S. 209; Friauf, DVB1. 1971, 674 (680); Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenk l a g e , 1974, passim; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates, 1983, S. 161 f f .
46
Vgl. Haverkate ( F n . 45), S. 145 f f . , 153 f f . ; Friauf, Verh. des 55. DJT 1984, Bd. I I , M 8 (M 20). - Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, 1979, S. 55 Fn. 11 und von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, 1977, S. 279, stellen die Relevanz der Subvention f ü r die Freiheit des Begünstigten dagegen - zu Unrecht - a p r i o r i in Abrede.
47
S.o. A .
I.
217
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
Leitungsgewalt meint dabei die in den Art. 12, 14 GG abgesicherte Freiheit
eines
Unternehmensträgers,
selbstverantwortlich zu entscheiden, bund von Personen, Würdigung
der
Sachen und
jeweiligen
Wettbewerb eingestellt mensträger zu, die
in
privater
Initiative
und
wie das Unternehmen als VerRechten
Marktchancen
werden soll^®.
organisiert und
und unter
-risiken
Sie steht jedem
auf
den
Unterneh-
unabhängig davon, ob er sie selbst oder nur über
Einflußnahme
auf
bestellte
Unternehmensführer
ausüben
kann^.
2.
Wirkungsspezifika der Art. 12, 14 GG im Subventionsrecht
Die Wirkung der Subventionierung ambivalent.
auf die Unternehmerfreiheit
ist
Subventionen
sind in erster Linie ein Mittel der 50 staatlichen Wirtschaftsförderung . Sie erleichtern dem Unterneh-
mer die Verwirklichung seiner Marktvorhaben und begünstigen sofern die Entfaltung seiner unternehmerischen
in-
Freiheit.
Andererseits duldet die Rechtsordnung keine zweckfreien oder ziellosen Subventionen. Subventionen werden vielmehr stets in Erwartung eines bestimmten Verhaltens des Leistungsempfängers angeboten, auf das die Subventionsbedingungen zugeschnitten 51 sind
.
Die Konditionen,
an die ein Subventionsgeber
die Lei-
stungsvergabe knüpft,
um den Empfänger zu dem erhofften Ver-
halten zu veranlassen,
beschneiden immer auch ein Stück weit die
48
Scheuner (Fn. 7 ) , S. 49 f . ; Papier (Fn. 38), S. 82 ff.
49
Schwerdtfeger, Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und GG, 1972, S. 217 f f . ; Friauf/Wendt (Fn. 39), S. 55 f f . ; Rupp, Grundgesetz und Wirtschaftsverfassung, 1974, S. 33 f . ; a.A. Stein (Fn. 12), S. 41 f f . ; Suhr, Eigentumsinstitut und Aktieneigentum, 1966, S. 81 ff.
50
Scheuner (Fn. 2 ) , S. 40; Badura, WiVerw 1978, 137 (139); Jarass (Fn. 1), S. 120, 190 f f .
51
Ipsen (Fn. 31), S. 56; Eppe, Subventionen und staatliche Geschenke, 1966, S. 125 f f . ; Vogel, in: Festschrift für H.P. Ipsen, 1977, S. 539 (551 f . ) .
Paul Henseler
218
52 Autonomie des geförderten Unternehmers stehen
Subventionen
deshalb
im
.
Aus seiner Perspektive
Zwielicht,
sind
Förderung
und
mögliche Gefährdung seiner Freiheit zugleich. Der Schutz der ventionierung Stern.
Die
Unternehmerfreiheit
steht
in
jeder
Subventionierung
staatlichen Wirkens,
gegen
Beziehung ist
eine
die
Gefahren der
unter
einem
Sub-
besonderen
eigentümliche
Form
des
die sich weder mit dem Gegensatz von Ein-
greifen und Leisten noch mit den
darauf zugeschnittenen
sungs53
und verwaltungsrechtlichen
läßt
Die Art. 12 und 14 GG gewähren dem Subventionsempfänger
.
Ordnungsmechanismen
verfaserfassen
nur dann einen effektiven Schutz seiner Unternehmerfreiheit,
wenn
sie den Sonderheiten der Materie angepaßt und nicht nur als Abwehr- und Teilhaberechte 54 aktiviert werden, sondern vor allem als
grundrechtliche
Wertvorgaben
das
Verständnis
der 55 tionsrelevanten Rechtsinstitute maßgeblich beeinflussen .
subvenInsofern
entfaltet die Unternehmerfreiheit ihre Schutzfunktion in erster nie dadurch,
daß sie bei der
von Subventionsverhältnissen, rechtlichen
Sanktionensystems,
botes und nicht zuletzt forderungstatbeständen
Li-
Bestimmung der materiellen Natur der Ausgestaltung des subventionsder Handhabung
der Auslegung
des Obermaßver-
von Widerrufs- und Rück-
entscheidungserheblich
zur
Geltung
ge-
bracht wird.
52
Zacher, 64.
53
Vgl. Zacher (Fn. 52), S. 442 f . ; Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, 1973, S. 6; Haverkate (Fn. 45), S. 161, 174.
54
Dazu Ipsen (Fn. 33), 267 f f . ; Haverkate (Fn. 45), S. 169; Friauf (Fn. 46), 8 M 20.
55
Zum Verständnis der Grundrechte als Elemente einer objektiven Wertordnung v g l . statt aller Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 15. Aufl. 1985, S. 118 f f . ; Alexy, Theorie der Grundrechte, 1985, S. 122 f f .
VVDStRL 25 (1966),
308 (344);
Henke (Fn. 46), S.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
219
II.
Das Subventionsverhältnis als zentraler Ordnungsfaktor Subventionsrechts
1.
Arten von Subventionsverhältnissen
Um Mißverständnissen vorzubeugen, halten werden,
des
muß allerdings zuerst festge-
daß nicht jede Subvention die Unternehmerfreiheit
des Begünstigten berührt oder gar in Frage stellt.
Ob und ggf.
welche Einschränkungen seiner Leitungsgewalt ein subventionierter Unternehmer wirklich hinnehmen muß,
hängt entscheidend von der
Art des Subventionsverhältnisses
das ihn im konkreten
ab,
Fall
mit dem Subventionsgeber verbindet.
Subventionsverhältnisse sind 56 ihrer Struktur nach Schuldverhältnisse . Zu ihren notwendigen Bestandteilen
Gewalt,
zählt
die
Verpflichtung
eines
Trägers
öffentlicher
eines bestimmten57 Verhaltens Geld oder eine geldwerte Leistung zukommen zu lassen . Dagegen gehört keineswegs zu den unabdingbaren Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Subventionsverhältnisses, daß sich der Leistungsempfänger seinerseits zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet oder einer Bindung seines zukünftigen Verhaltens unter58 wirft
einem Dritten für den Fall
.
Insofern lassen sich einseitig und zweiseitig verhaltens-
bindende Subventionsverhältnisse a)
unterscheiden.
Einseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse
Einseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse zeichnen sich dadurch aus,
daß sich der Subventionsgeber zu einer Leistung an
den Subventionsempfänger verpflichtet, ohne diesem die Zusage e i nes bestimmten künftigen Verhaltens abzufordern 59 . Ohne eine sol56
Zacher (Fn. 52), S. 326; Henke (Fn. 46), S. 8 f f .
57
Zu den Leistungspflichten des Subventionsgebers umfassend Schetting (Fn. 53), S. 24 f f . , 108 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 224 ff.
58
Haverkate (Fn. 45), S. 147.
59
Vgl. Zacher (Fn. 52), S. 328; Schetting (Fn. 53), S. 130 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 243 f .
220
che
Paul Henseler
Zusage
bleibt
ein
schaftlichen Verhalten
geförderter frei,
tungsgewalt a priori ausscheiden. Staat
auf
diese
ebenso
Weise verspricht,
Unternehmer
so daß
in
seinem
Beschränkungen
Typische Leistungen,
lenkungsschwache
wie
wirt-
seiner
Lei-
die der
freiheitsschonende
sind z.B. nachträglich ausgezahlte Prämien für 60
die Stillegung
von Betrieben
oder Handelsschiffen
sowie Garan-
tien, die der Staat einem Unternehmer etwa zur Deckung bestimm61 ter Risiken von Exportgeschäften gewährt
b)
Zweiseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse
Dagegen zeichnen
sich zweiseitig
verhältnisse dadurch aus,
verhaltensbindende
Subventions-
daß der Leistungspflicht
des Subven-
tionsgebers die selbstbindende Zusage des Begünstigten gegenübersteht,
sich künftig - in der Regel nach Erhalt der Subvention -
in einer bestimmten, zu verhalten.
Die
für die Unternehmensleitung relevanten Weise Begründung
solcher
Rechtsverhältnisse
den Kern der Lenkung durch Subventionen, zwei Etappen abläuft.
in
Durch das Angebot, ihm für bestimmte Vor-
haben Finanzierungserleichterungen
zu verschaffen,
Subventionsgeber den Unternehmer zunächst,
motiviert
Subventionsverhältnis einmal begründet,
der
sich auf ein zweisei-
tig verhaltensbindendes Subventionsverhältnis einzulassen. ber,
bildet
die typischerweise
Ist das
lenkt der Subventionsge-
indem er den Unternehmer unter Druck setzt, 62
die gegebenen
Zusagen tatsächlich einzuhalten
60
Vgl. §§ 13, 16 des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlebergbau vom 29.7.1963 (BGBl. I S. 549); Abschnitt I I I . der Grundsätze für die Förderung der deutschen Seeschiffahrt vom 17.5.1965 (BAnz. Nr. 94 vom 20.5. 1965).
61
Näheres bei Schetting (Fn. 46), S. 250.
62
Ähnl. Kirchhof (Fn. 9), S. 390: "Der Subventionsanreiz bestimmt die individuelle Willensbildung, die Subventionsvergabe die weitere Willensbetätigung.".
53),
S. 45 f f . , 250; Henke (Fn.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
2.
221
Begründungsformen von Subventionsverhältnissen
Wie ein Subventionsverhältnis dieser Art zustande gebracht werden soll,
ist nach wie vor umstritten.
deutig
die
der in
sog.
Subventionsvergabe
In der Praxis überwiegt ein-
durch
Zuwendungsbescheid,
einen
Nebenbestimmungen
und Auflagen die Verhaltensbin63 düngen des Subventionsempfängers umschreibt . Dagegen fordern 64 Stimmen in der Literatur seit Jahren eine verstärkte Umstellung der Vergabe auf die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Ver-
trages.
Unsere Fragestellung wird durch den ansonsten wichtigen
Streit eher zweitrangig betroffen.
Für die Intensität der Lenkung
wie für den Schutz der Unternehmerfreiheit kommt es entscheidend darauf
an,
welche
Verhaltenszusagen
Unternehmer abfordern
und wie er die
bindungen durchsetzen kann. materielle Antwort,
der
Subventionsgeber
eingegangenen
dem
Verhaltens-
Diese materielle Frage erfordert eine
die sich unabhängig davon durchsetzen muß,
in welcher Form das Subventionsverhältnis jeweils begründet wird. Thesenhaft formuliert darf nicht die Handlungsform über den Ausgleich
von
hältnis
Lenkungs-
entscheiden,
und die
Freiheitsinteressen Konfliktlösung
im
Subventionsver-
muß vielmehr
aus
dem
materiellen Recht sowie der65Interessenstruktur der Subventionsverhältnisse entwickelt werden
63
Vgl. insbes. Nr. 4.1, 5.1 der Vorl. VerwV zu den §§ 44, 44a BHO, abgedr. bei Krämer, Zuwendungsrecht - Zuwendungspraxis, Losebl., Stand 1985, A I I 3.3.
64
Renck, JuS 1971, 77 (82 f . ) ; Henke (Fn. 46), S. 20 f f . ; ders., DVB1. 1984, 845 f f . ; Menger, VerwArch 69 (1978), 93 ff.; ders., in: Festschrift für W. Ernst, 1980, S. 301 (304 ff.); Stober, DÖV 1984, 265 (270). - Für eine Beibehaltung der VA-Lösung plädieren dagegen Zuleeg, in: Festschrift für L. Fröhler, S. 275 (291 f f . ) ; Weides, NJW 1981, 841 (844). Umfassend zum Streitstand EhlerB, VerwArch 74 (1983), 112 ff.
65
Im Ergebnis ebenso Zacher (Fn. 52), S. 325; Ipsen (Fn. 33), S. 281; Friauf (Fn. 46), M 18.
wohl auch
222
3.
Paul Henseler
Normative und ersatznormative Vorordnung der Vergabekonditionen
Nach eindeutigen gesetzlichen Grundlagen, und
zulässigen
empfängers
Inhalte
Auskunft
rechtsstaatlich
von
55.
zugunsten
sucht
bedenklichen
Deutschen
stärkeren
genommen
man
Ordnungsdefizite
zum
Anlaß
normativen 67 . Die
worden
tionsrecht stärker zu v e r g e s e t z l i c h e n , stimmung.
des
zumeist
Daß diese Forderungen
für
eine
Subventions-
vergebens. des
66
tiefgründig analysiert
Juristentag
einer
tionswesens
Verhaltenszusagen
geben,
rechts sind v i e l b e k l a g t ,
die über die möglichen
und zuletzt vom erneute
Offensive
Durchdringung
des
Subven-
Forderungen,
das
Subven-
verdienen im Grundsatz
aus der Sicht
der
allerdings
zugleich
zu 68einer
zung ihrer Erfolgsaussichten d e n f a l l s nach wie vor
.
eher
pessimistischen
von
nö-
Einschät-
In der Rechtspraxis dominiert
die Vorordnung
Zu-
Wissenschaft
seit mehr als 30 Jahren tendenziell e r f o l g l o s erhoben werden, tigt
Die
Subventions-
je-
Subventionsbeziehungen
in einer Unzahl normersetzender Verwaltungsvorschriften,
die sich
auf unterschiedlichen Regelungsebenen durchdringen, überlagern, g e g e n s e i t i g s p e z i f i z i e r e n oder einfach nur unkoordiniert nebenein69 ander stehen zu,
sich
.
Die unüberschaubare R e g e l u n g s v i e l f a l t zwingt
im Rahmen
unserer
Fragestellung
auf
typische
da-
Interes-
66
Aus dem unübersehbaren Schrifttum seien s t e l l v . erwähnt Krüger, VVDStRL 11 (1954), 137 (138); Ipsen (Fn 31), S. 33 ff.; Götz (Fn. 29), S. 281 f f . ; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 244 f f . ; Schenke, Der Staat 15 (1976), 533 f f . ; Grosser, Die Spannungslage z w i schen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit bei der Vergabe von staatlichen Wirtschaftssubventionen, 1983, S. 56 f f . ; Bauer, DÖV 1983, 53 f f . ; Jarass, NVwZ 1984, 473 f f .
67
Verh. d. 55. DJT 1984, Bd. I I , M 199 f f . ; v g l . auch die d i f f e r e n z i e r t e n Stellungnahmen von Bleckmann, e b d a . , Bd. I , D 71 f f . und Friauf, e b d a . , Bd. I I , M 13 f f .
68
Ipsen ( F n .
69
Vgl. die Übersichten bei Schetting ( F n . 53), S. X I I I f f . ; Henke ( F n . 46), S. 421 f f . ; Krämer ( F n . 63), passim; aus dem jüngeren Schrittum Oldiges, NJW 1984, 1927 f f . und Krebs, ZRP 1984, 224 f f .
13), S. 7; Friauf
( F n . 67), M 14.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
223
senlagen und darauf zugeschnittene Verhaltensbindungen zu beschränken. Welche Zusagen der Subventionsgeber dem Subventionsempfänger abfordern darf, hängt maßgeblich davon ab, wie man das zweiseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnis materiell einstuft. Dafür ist wiederum vorentscheidend, welche Ziele und Zwecke der Subventionsgeber verfolgt.
III.
Die Struktur des zweiseitig verhaltensbindenden Subventionsverhältnisses
Die Wirtschaftssubvention ist eingebettet in ein mehrstufiges Zielsystem des Subventionsgebers 70 . Er will regelmäßig ein komplexes 71 gesamtwirtschaftliches Ordnungsziel dadurch erreichen, daß er eine Vielzahl von Unternehmern veranlaßt, in ihrem Betrieb für bestimmte Veränderungen zu sorgen. Das Ziel, die Arbeitsmarktstruktur einer bestimmten Region zu verbessern, verwirklicht sich etwa nur durch eine Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze in einer möglichst großen Zahl von Einzelbetrieben. Ebenso kann eine Sanierung der deutschen Stahlindustrie nur gelingen, wenn möglichst viele Einzelunternehmen ihren Betrieb verändern, indem sie etwa die Produktion drosseln oder die Produktpalette umstellen. Die Veränderungen auf der Ebene des Einzelbetriebes zu erreichen, die zur Verwirklichung des gesamtwirtschaftlichen Ordnungszieles beitragen können (z.B. die Schaffung von Arbeitsplätzen im Betrieb X oder die Produktionsbegrenzung im Stahlbetrieb Y), nenne 70
Kreussler, Der allgemeine Gleichheitssatz als Schranke für den Subventionsgeber unter besonderer Berücksichtigung von wirtschaftspolitischen Differenzierungszielen, 1972, S. 24 f f . ; Haverkate (Fn. 45), S. 176 f f . ; vgl auch Charbonnier, Öffentliche Wirtschaftsförderung, Diss. Hamburg 1970, S. 74 ff.
71
Ähnl. Kreussler, wie Fn. 70. - In der Literatur wird dieses Ziel z.T. auch bezeichnet als "Endzweck", (Möller, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1963, S. 32, 38; Rüfner, Fn. 45, S. 206; Schetting, Fn. 53, S. 8), "Sekundärzweck", (Höller, wie vor; Haverkate, Fn. 45, S. 176 f . ) , "Erfolgszweck" (Haverkate, ebda.; Friauf, Fn. 46, M 22) und "entfernterer Zweck" (Vogel, Fn. 51, S. 545).
224
Paul Henseler
Ich das mikrooökonomische Erfolgsziel des Subventionsgebers 72 . Um den Unternehmer zur Verwirklichung dieses Zieles zu veranlassen, setzt er die Subvention ein. Sie soll den Unternehmer motivieren, das mikroökonomische Ziel des Subventionsgebers zu seinem eigenen zu machen und für die gewünschten Veränderungen in seinem Betrieb zu sorgen. Der Kern des zweiseitig verhaltensbindenden Subventionsverhältnisses besteht darin, daß sich Subventionsgeber und Subventionsnehmer gegenseitig versprechen: erstens ein bestimmtes, im beiderseitigen Interesse liegendes Ziel auf der Unternehmensebene verwirklichen zu wollen und zweitens im Interesse der Zielverwirklichung Leistungen zu erbringen. Der Unternehmer sagt zu, die zur Zielverwirklichung erforderlichen Handlungen vorzunehmen, der Subventionsgeber verspricht, dem Unternehmer bei der Finanzierung der im Interesse der Zielverwirklichung erforderlichen Maßnahmen behilflich zu sein. Die zielfördernden Leistungen der Beteiligten stehen nicht - wie in der Literatur z.T. behauptet 73 wird - in einem Austauschverhältnis zueinander, sind aber 74 ebensowenig - auch das wird vertreten - eine öffentlich-rechtliche Variante des zivilrechtlichen Gesellschafterbeitrages. Die Zielverwirklichung wird mit dem Zustandekommen des Subventionsverhältnisses nicht zu einer Gemeinschaftsaufgabe von Subventionsgeber und Unternehmer 75 , dieser weder zur Erfüllung öffentlicher 72
Ähnl. Kreussler, wie Fn. 70; dagegen reden die übrigen in Fn. 71 genannten Autoren insoweit vom "Primärzweck" (Möller, Rüfner, Schetting), "Verhaltenszweck" (Haverkate, Friauf) oder "angestrebten Verhalten" (Vogel).
73
So aber Henke (Fn. 46), S. 31 f f . , 33, 35; dagegen Zacher (Fn. 52), S. 320; Charbonnier (Fn. 70), S. 78; Schetting (Fn. 53), S. 11.
74
A.A. Krüger, Von der Notwendigkeit einer freien und auf lange Sicht angelegten Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft, 1966, S. 21 f . ; d e r s . , Das wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis, 1974, S. 14, 40 f . ; Schetting (Fn. 53), S. 11; wie hier Henke (Fn. 46), S. 31 f .
75
I.d.S.
Krüger, Das wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhält(Fortsetzung Fußnote)
225
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
Aufgaben in Pflicht genommen zum Werkzeug Beitrag
des
staatlicher
76
,
in Funktion gesetzt
noch gar 78 umfunktioniert . Der
Aufgabenträger
Subventionsgebers
77
beschränkt
sich
vielmehr
darauf,
dem Unternehmer wirtschaftliche Hilfestellung für die Durchführung eines privatwirtschaftlich dessen
Verwirklichung
motivierten
sich
der
Vorhabens
zu geben,
von
Subventionsgeber zugleich eine 79 . Der subventionierte
Befriedigung öffentlicher Interessen erhofft Unternehmer bleibt
dagegen
sowohl Herr seines Unternehmens als
auch alleiniger Träger und Prinzipal der betrieblichen Maßnahmen, die im Ergebnis das mikroökonomische Ziel verwirklichen 80
IV.
Die haushaltsrechtlichen Wurzeln von Freiheitsbeschränkungen des Subventionsempfängers
1.
Auf den Subventionsgeber einwirkende LegitimationsEwänge
Die Verhaltensbindungen,
denen sich ein subventionsbereiter Un-
ternehmer in der Praxis unterwerfen muß,
konzentrieren sich
lerdings nicht nur auf die Verwirklichung
des mikroökonomischen
Erfolgszieles seines Förderers.
al-
Vielmehr sind auch Bindungen an-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) nis, S. 14, 40 f. 76
So aber Eppe (Fn. 51), S. 62; Zacher (Fn. 52), S. 341 (anders hingegen S. 319, wo der Zweck der Subvention darin gesehen wird, "dem öffentlichen Interesse objektiv kongruente . . . private Interessen . . . zu ermöglichen, zu unterstützen oder wenigstens einzuleiten").
77
Charbonnier (Fn. 70), S. 79.
78
Ansätze in dieser Richtung bei Friauf, DVB1. (737); wie hier Charbonnier (Fn. 70), S. 79.
79
I.d.S. auch Ipsen (Fn. 33), 319; Henke (Fn. 46), S. 31 f .
80
Ähnl. Ullrich, Privatrechtsfragen der Bundesrepublik Deutschland, Bullinger, in: Börner/Bullinger, men Markt, 1978, S. 161 (189 Fn.
S.
1966,
730
279; Zacher (Fn. 52), S.
der Forschungsförderung in 1984, S. 221 f f . , 233 f . ; Subventionen im Gemeinsa66).
226
Paul Henseler
zutreffen,
die ersichtlich nicht
auf eine zielgerichtete
bestehender Betriebszustände oder -ablaufe ausgerichtet
Änderung sind.
das tatsächliche Bindungsspektrum systematisch zu erfassen, man sich die besonderen
Rechtfertigungszwänge
denen jeder Subventionsgeber
Um muß
vergegenwärtigen,
unterliegt.
Der Staat fördert private Untenehmer regelmäßig dadurch,
daß er
ihnen die Finanzierung eines bestimmten Projekts ermöglicht oder 81 erleichtert, um sie auf einen konkreten Erfolg hinzuleiten . Als fiskalischer Steuerungsversuch me einem
doppelten
unterliegt
jede
Rechtfertigungsbedarf.
SubventionsmaßnahZum einen
muß
Subventionsgeber dem Unternehmer gegenüber die angestrebte haltenslenkung
begründen,
meinheit zu erklären,
und zum anderen
hat
er der
warum die Verhaltenslenkung
von Steuermitteln erfolgen soll oder muß.
der Ver-
Allge-
unter Einsatz
In Formeln gefaßt er-
zeugt die intendierte Verhaltenslenkung einen
subjektiv-freiheitli-
chen,
die Verwendung von Steuermitteln einen objektiv-haushalts82 rechtlichen Legitimationsbedarf der Subventionierung . Der objektiv-haushaltsrechtliche
Legitimationsbedarf
wurzelt
letztlich
in
der Begründung für das Recht des Staates,
seine Bürger zwangs83 weise zur Zahlung von Steuern heranzuziehen . Der Staat, der voraussetzungslose
Abgaben
die
notwendiger
Finanzierung
gen® 4 ,
schuldet
der
mit der Begründung erhebt, öffentlicher
zwangsverpflichteten
Aufgaben
zu
Allgemeinheit
sie für benötieine
ge-
81
Dabei tritt der Subventionsgeber entweder selbst als Projektfinanzier auf, indem er dem Unternehmer (bedingt rückzahlbare) Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen gewährt, oder er erleichtert dem Unternehmer durch Zinszuschüsse, Zinsdarlehen oder Bürgschaften die Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt. Vgl. Schetting (Fn. 53), S. 29 f f .
82
Friauf (Fn. 46), M 10 f f . ; Vogel (Fn. 51), S. 551.
83
Vogel (Fn. 51), S. 551 f . Friauf (Fn. 46), M 12, argumentiert hingegen mit dem Gebot der staatsbürgerlichen Lastengleichheit.
84
Zur historischen Entwicklung dieses Steuern rechtfertigenden Gedankens Schulz, Das System und die Prinzipien der Einkünfte im werdenden Staat der Neuzeit, 1982, S. 331 f f .
227
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
meinnützige und effektive Verwendung des Steueraufkommens. Ihren konkreten Niederschlag findet diese Schuld in dem zentralen haushaltsrechtlichen Gebot, schaftlich
Haushalts- und damit Steuermittel "wirt85 sparsam" zu verwalten . Es schließt die Ver-
und
pflichtung aller mittelbewirtschaftenden Stellen ein, Steuergelder 86 nur zur Verwirklichung öffentlicher Zwecke auszugeben und mit dem
geringstmöglichen
Gemeinnutzen zu erzielen
finanziellen 87
Im Subventionswesen verwirklicht
sich das
lichkeits- und Sparsamkeitsgebot aus den typischen tionen ergeben.
durch staatliche Finanzhilfen Risiko
aus,
kurzgesagt, einem
ohne
Fremdschulden Privaten
direkt
setzt Steuergelder Gemeinnutzen
Zuschüsse oder Bürgschaften
oder mittelbar
die sich
durch
privatunternehmerischer
angemessenen
durch
größtmöglichen
allgemeine Wirtschaft-
der Verwaltung
verschwendet zu werden.
Unternehmer
den
in zwei Untergeboten,
Besonderheiten
Die Förderung
Aufwand
SubvenVorhaben
einem besonderen verbraucht
oder,
Der Subventionsgeber,
Darlehen
gewährt
absichert,
oder
verschafft
der
dessen einem
die Verfügungsgewalt über Steuer-
85
§§ 6 Abs. 1 HGrG, 7 Abs. 1 BHO. Die Pflicht der mittelbewirtschaftenden Stellen zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln wirkt zwar auf das Außenverhalten staatlicher Entscheidungsträger ein. Sie kann j e doch von einem entscheidungsbetroffenen Bürger in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die dem subjektiven Rechtsschutz dienen, nicht geltend gemacht werden. In objektivrechtlichen Verfahren nötigt die Offenheit des Gebotes für politisch-wertende Entscheidungselemente zu einer restriktiven Gerichtskontrolle. Vgl. BayVGH, BayVBl. 1983, 566 f f . ; VGH BW, DÖV 1983, 383 (384); von Mutius, VVDStRL 42 (1984), 147 (207); Friauf (Fn. 46), M 30.
86
Vgl. Mufignug, in: Festschrift für E. Forsthoff, 1972, S. 259 (277 f f . ) ; Henseler (Fn. 28), S. 39.
87
Siedentopf, Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung, 1969, S. 14 f f . ; Reding, Die Effizienz staatlicher Aktivitäten, 1981, S. 26 f f . ; Grupp, DÖV 1983, 661 (662); P. Kirchhof, NVwZ 1983, 505 (515); von Mutius (Fn. 85), S. 177; Friauf, (Fn. 46), M 29 f .
228
Paul Henseler
aufkommen 88 . Zugleich liefert er den gemeinnützigen Ertrag der Verwendung dem Verhalten von Personen a u s , die im Gegensatz zu staatlichen Organen nicht auf die Verfolgung öffentlicher Interessen verpflichtet sind. Wirtschaftliche und sparsame Verwaltung von Haushaltsmittel bedeutet in dieser Lage vorrangig Begrenzung des qualifizierten Verschwendungsrisikos durch eine staatliche Führung und Überwachung des Subventionsempfängers, die in erster Linie auf die Verwirklichung des mikroökonomischen Erfolgszieles ausgerichtet ist und sekundär die fiskalischen Interessen 89 des Staates für den Fall der Zielverfehlung absichert . Neben dem Gebot der zielorientierten Bindung und Kontrolle des Subventionsempfängers steht die Pflicht des Subventionsgebers, dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach Möglichkeit auch durch Vorkehrungen Geltung zu verschaffen, die nicht der zielorientierten Einwirkung auf den Unternehmer dienen. Dazu gehören alle Maßnahmen, die entweder den Finanzaufwand des Staates verringern, der zur Verwirklichung des Zieles erforderlich i s t , oder aber den mit dem Projekt verbundenen Gemeinnutzen über die Zielverwirklichung hinaus vermehren. Kurzgefaßt wird das Zielbindungs- und Überwachungsgebot ergänzt durch das Gebot, die Kosten-Nutzen-Relation der jeweiligen Förderungsmaßnahme nach Kräften zu verbessern. 2.
Typisierender Aufriß der Verhaltensbindungen tionsempfängers
des
Subven-
Beide Gebote bestimmen maßgeblich den Inhalt der Vergabekonditionen des Subventionsgebers und der darin enthaltenen Verhaltensbindungen, denen sich der Subventionsempfänger unterwerfen muß. Unter Berücksichtigung dessen lassen sich für den Regelfall 88
Schetting (Fn. 53), S. 150.
89
Vgl. Schetting (Fn. 53), S. 143 f, 146; Bleckmann (Fn. 67), D 89; ähnl. schon Schlotke, Die hoheitliche Einflußnahme auf die Empfänger öffentlicher Subventionen und ihre rechtlichen Grenzen, 1968, S. 82 f.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
der Projektförderung, 90 vorhaben
,
zwei
unterscheiden, chungsgebot
229
also der Förderung einzelner Unternehmens-
Kategorien
von
lenkenden
Verhaltensbindungen
nämlich solche, die das Zielbindungs- und Überwa-
und solche,
projektbezogenen
die
das Gebot einer
Kosten-Nutzen-Relation
Verbesserung
umsetzen,
erfüllen
der und
absichern®*. a)
Verhaltensbindungen, chungsgebot umsetzen
aa)
Verhaltensbindungen im Interesse der Zielverwirklichung
Den Unternehmer
zu einer
die
das
geordneten
Zielbindungs-
und
Zielverwirklichung
Überwa-
anzulei-
ten, bezwecken die Eigenbeteiligung, die Bindung der Finanzhilfen an konkrete Verwendungszwecke und die Zweckbindung von Zuwendungssurrogaten . Von Ausnahmen abgesehen,
fördert der Staat private Projekte nur,
wenn der Unternehmer sich selbst angemessen an der Finanzierung 92 des jeweiligen Vorhabens beteiligt . Die Eigenbeteiligung soll gewährleisten,
daß
der Subventionsempfänger
einen Teil
des f i -
nanziellen Projektrisikos trägt, selbst etwas zu verlieren hat, und dadurch motiviert wird, aus eigenem Antrieb auf den Projekterfolg hinzuarbeiten 93 90
Vgl. Anl. 2 zu den Vorl. VerwV zu den §§ 44, 44a BHO (Fn. 63); G. Kirchhoff, Subventionen als Instrument der Lenkung und Koordinierung, 1973, S. 45.
91
Üblicherweise werden die Bindungen des Subventionsempfängers in Haupt- und Nebenpflichten unterschieden (vgl. Henke, Fn. 46, S. 239 f f . ; Schetting, Fn. 53, S. 129 f f . ) . Die Unterscheidung ist im hier eröffneten Zusammenhang insbes. deshalb nicht weiterführend, weil sie keinen Zusammenhang mit der materiellen Rechtfertigung der jeweiligen Bindung erkennen läßt.
92
Vgl. Nr. 2.2/2.3 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63). Weitere Beispiele bei Schetting (Fn. 53), S. 21 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 258 f f .
93
Henke (Fn. 46), S. 259; Ullrich (Fn. 80), S. 221 f . , 233; Kirchhoff (Fn. 90), S. 89.
230
Paul Henseler
Eine Wirtschaftssubvention erfüllt ihren Sinn nur, ternehmer die maßnahmen
ihm zugewandten
investiert.
muß deshalb
wenn der Un-
Mittel in projektfordernde
Jeder
Bewilligungsbescheid
Einzel-
oder
Vertrag
dem Subventionsempfänger Anweisung geben,
welche
Maßnahmen er mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln finanmit anderen Worten, die Finanzhilfe an konkrete 94 Verwendungszwecke binden . Die Präzision der Anweisungen zieren soll oder,
schwankt in der Praxis erheblich. auf
globale
Zweckvorgaben
Während manche Bescheide sich
beschränken
( z . B . : 95 Die Zuwendung , binden ande-
wird für den Ausbau des Betriebes in X gewährt) re
den Unternehmer
tionspläne,
an
spezifizierte
Finanzierungs-
die im einzelnen festlegen,
welcher Zuwendungsbetrag
und
Investi-
bis zu welchem Zeitpunkt
für welche Teilinvestitionen
ausgegeben
werden soll*'®. Das mikroökonomische licht
sich meist
der Zuwendung,
Erfolgsziel
nicht
schon
des
Subventionsgebers
durch die
zieldienliche
verwirkInvestition
sondern erst durch zeitlich nachfolgende Verhal-
tensweisen des Unternehmers. So fördert eine Finanzhilfe für den 97 Bau eines Handelsschiffes nur dann die deutsche Seeschiffahrt, wenn die Zuwendung nicht nur in den Bau des Schiffes investiert wird,
sondern der Unternehmer das gebaute Schiff auch über eine
Zeit hinweg unter deutscher Flagge in Fahrt hält. Im Rahmen der 98 regionalen Wirtschaftsförderung kann das mikroökonomische Ziel, 94
Vgl. §§ 23, 44 BHO sowie Kirchhoff (Fn. 90), S. 84 f f . ; Meinecke, WissR 1979, 29 (39 f f . ) ; zur Problematik des Zweckbegriffs im Rahmen des § 44a BHO s.u. B. VI. 2.
95
Kirchhoff (Fn. 90), S. 85.
96
So etwa im Fall OVG Koblenz, NJW 1981, 882 (883).
97
Vgl. die Grundsätze für die Förderung der deutschen Seeschiffahrt vom 17.5.1965 (BAnz Nr. 94 vom 20.5.1965) i.V.m. der Zweiten Richtlinie zur Ergänzung und Änderung der Grundsätze für die Förderung der deutschen Seeschiffahrt vom 9.5.1979 (BAnz Nr. 93 vom 18.5.1979) sowie Ipsen (Fn. 33), S. 278 f .
98
Dazu
das
Gesetz
über
die
Gemeinschaftsaufgabe (Fortsetzung Fußnote)
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
in einem Betrieb mehr Arbeitsplätze zu werden,
schaffen
wenn der Unternehmer die Maschinen,
staatlicher Subventionen gekauft hat, 99 beläßt und betreibt
231
,
nur
die er
erreicht mit Hilfe
auch im geförderten Betrieb
Das Verhalten des Unternehmers in der Phase zwischen der zweckentsprechenden
Investition
der
Finanzhilfe
und
der
vollen
Ver-
wirklichung des erwünschten Betriebszustandes wird in der Praxis durch eine
Klausel gesichert,
Gegenstände
(Schiff,
wendungszwecke
bb)
die mit der Zuwendung beschaffte
Maschinen)
bindet
befristet an
(Zweckbindung
von
zieldienlichee
Ver-
Zuwendungssurroga-
Vorkehrungen zur Erfüllung des ÜberwachungBgebotes
Seiner
haushaltsrechtlichen
Unternehmers
genügt
der
Verpflichtung Subventionsgeber
zur
Überwachung
regelmäßig
des
durch
die
Aufnahme von Nebenbestimmungen in den Bewilligungsbescheid,
die
ihm selbst Einsichts- und Kontrollrechte oder dem Subventionsnehmer Auskunfts- oder Berichtspflichten einräumen bzw, Jeweils sicht,
werden
dabei
auferlegen.
Befugnisse zur
Aktenein-
Betriebskontrolle oder Probeentnahme mit Pflichten zur Aus-
kunft,
Abgabe von Berichten oder Vorlage von Verwendungsnach-
weisen erster
bereichsspezifisch
zu
einem Überwachungspaket
Linie
der
Durchsetzung
der
zusammengeschnürt, zielorientierten
das
in
Verhaltensbin-
dungen d i e n t ^ ^ . (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6.10.1969 (BGBl. I S. 1861) sowie der Vierzehnte Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (BT-Drucks. 10/3562). 99
Das betonen zu Recht VG Schleswig, OVG Lüneburg, DÖV 1985, 76 (77).
NJW 1982,
348 (349);
100
Nr. 4.2.3 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63); OVG Koblenz (Fn. 96); VG Schleswig, OVG Lüneburg (Fn. 99); Götz, NVwZ 1984, 480 (483 f . ) .
101
Ausf. Schetting (Fn. 53), S. 163 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 262 (Fortsetzung Fußnote)
232
Paul Henseler
b)
Verhaltensbindungen, die dem Gebot Kosten-Nutzen-Optimierung entspringen
Dem
Gebot
spricht der
der
projektbezogenen
Kosten-Nutzen-Optimierung
Subventionsgeber durch
gungsbescheid, Projekt
projektbezogenen
der
alle Anordnungen
ent-
im Bewilli-
die im Ergebnis zu einer Verringerung der in das
investierten
Haushaltsmittel
oder
zu
einer Verbesserung 102 der gemeinnützigen Effekte des Vorhabens führen . Auch insofern lassen sich drei Grundtypen von Unternehmerbindungen
unterschei-
den. Erwähnung
verdient
zunächst
die
Bindung
des
Unternehmers
an
die Berücksichtigung öffentlicher Interessen bei der Projektdurchführung.
Bei
anspruchsvollen
Produktionsstätte, der Erforschung
Zielen
wie
der
Errichtung
einer
der Entwicklung eines neuen Flugzeugtyps oder neuer Technologien
t r i t t der projektführende
ternehmer notwendig in Kontakt zu wechselnden oder
Dienstleistungen
er für
Un-
Geschäftspartnern,
deren
Produkte
tigt.
Sein Verhalten bei Abschluß und Abwicklung solcher Zieler-
seine
füllungsgeschäfte reglementiert die Subventionspraxis durch
die Auflage,
schäfte
allgemein
oder bei Abschluß
das Gebot der wirtschaftlichen
Zwecke
benö-
üblicherweise bestimmter Ge-
und sparsamen
Mittelver-
wendung zu beachten 103 . Allgemein knüpft sich daran die Pflicht des Unternehmers, Fördermittel nicht zur Bildung von Rücklagen zu verwenden, und Rabatte, Skonti und sonstige Nachlässe auszu104 nutzen . Im besonderen wird der Unternehmer etwa angehalten, (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) ff. 102
Vgl. Nr. 1.1 der Vorl VerwV zu § 7 BHO, abgedr. bei von Köckritz/Ermisch/Lamm, Bundeshaushaltsordnung, Komm, zu § 7 BHO.
103
Nr. 1.1 Anl. 2 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63). - Entgegen Oldiges, VVDStRL 42 (1984), 294 f . , bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Ausdehnung des Gebots auf den Subventionsempfänger. Ebenso Weides, NJW 1981, 843 (847); Stober, DÖV 1984, 265 (276); Schetting (Fn. 53), S. 151.
104
So ausdrücklich
§ 3 Abs.
3 der Richtlinien des Bundesmini(Fortsetzung Fußnote)
233
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
Projektmitarbeitern bestimmte Löhne zu zahlen
105
,
Reisekosten auf
106 bestimmte von
Höchstgrenzen
Leistungsaufträgen
zu an
beschränken Dritte
oder bei
der
Geschäftsbedingungen
Vergabe zugrunde
zu legen, die für die Auftragsvergabe durch 107 Träger Verwaltung konzipiert worden sind (VOB/VOL)
öffentlicher
Darüber
Unternehmer
hinaus
regelmäßig
an,
weisen
Zuwendungsbedingungen
bei der Vergabe
von Aufträgen
nengruppen besonders zu berücksichtigen, cher
Förderung
ein öffentliches
etwa mittelständische Subventionsvergabe gen werden
Interesse
den
bestimmte
an deren besteht.
Unternehmen oder Vertriebene,
gleichsam mittelbar
Perso-
wirtschaftliDazu
gehören
die über die
in die Förderung
einbezo-
sollen"^.
Ähnliche Mitnahmeeffekte erstrebt
schließlich
die dem Unternehmer
abgeforderte Zusage,
für projektrelevante Transporte oder Reisen 109 die Bahn oder die Lufthansa in Anspruch zu nehmen . Mittelbar (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) sters für Wirtschaft über die Gewährung von Darlehen aus Mitteln des Bundeshaushalts zur Förderung der Entwicklung von z i v i l e n Flugzeugen in der BRD vom 15.11.1968, (BAnz Nr. 137 vom 26.11.1968). 105
Nr. 1.3 Anl. 2 der Vorl. VerwV zu den §§ 44, 44a BHO (Fn. 63).
106
Nr. 10b der Bewilligungsbedingungen für die Zahlung, Verwendung und den Nachweis der Verwendung von Zuschüssen aus Haushaltsmitteln des Bundesministers für wiss. Forschung an p r i v a t e Empfänger vom November 1963 (hektographiert).
107
Nr. 3.1/3.2 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63); v g l . auch § 11 Abs. 2 u. 3 der Bewirtschaftungsgrundsätze des Bundesministers für Forschung u. Technologie für Zuwendungen auf Kostenbasis an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (BKFT 75), abgedr. bei Ullrich (Fn. 80), S. 415 f f . , sowie Schetting (Fn. 53), S. 152.
108
Nr. 3.3/3.5 der Vorl. VerwV zu den §§ 44, 63); § 11 V BKFT; Schetting (Fn. 53), S. 147.
109
§ 10 BKFT, 178.
44a BHO (Fn.
Schetting (Fn. 53), S. 157; Ullrich (Fn. 80), S.
234
Paul Henseler
soll die Subventionsvergabe auf diesem Wege die fizite von Bundesunternehmen lindern helfen, die gemeinnützigen
Auswirkungen
des
Finanzierungsde-
also letztlich auch
geförderten
Projekts
erhö-
hen. Eine andere Art,
den Nutzen eines subventionierten
Projekts für
die Allgemeinheit über den Projekterfolg hinaus zu verstärken,
ist
die Beteiligung des Subventionsgebers an den Projektergebnissen. Sie ist
vorwiegend im Rahmen der
großangelegten
Forschungs- und Entwicklungsvorhaben anzutreffen. schlägigen
Förderungsgrundsätzen
ventionsempfänger, zungsrecht
verpflichtet
von
Nach den einsich
der
Sub-
dem Subventionsgeber unentgeltlich ein Benut-
an den entwickelten
Gegenständen,
grammen und Schutzrechten (Patente, zuräumen,
Förderung
Verfahren,
Pro-
sonstige Urheberrechte) ein-
die er infolge des Projekts erwirbt. Der Subventionsge-
ber wird damit in die Lage versetzt,
die Projektresultate für e i -
gene und damit öffentliche Zwecke zu nutzen. nien sehen schließlich vor,
Dieselben
Richtli-
daß der Subventionsgeber nach einem
besonderen System an eventuellen Gewinnen zu beteiligen ist,
die
der Subventionsnehmer durch die Verwertung der aus dem Projekt entstandenen
Schutzrechte,
erwirtschaftet' 1 1 1 . Förderung
anderer
Kenntnisse oder
sonstigen
Ergebnisse
Die Gewinnbeteiligung, die auch im Rahmen der wirtschaftlich
riskanter
Unternehmerprojekte 112 wie etwa der Erschließung von Ol- und Gasvorkommen oder der 113 Herstellung von Kinofilmen gebräuchlich ist, soll die wirtschaftlichen Verluste des Subventionsgebers weitestmöglich kompen110
§§ 13 f f . BKFT; Ullrich (Fn. 80), S. 179 f f .
111
§ 26 BKFT.
112
Nr. 9 der Richtlinien des Bundesministers für Wirtschaft über die Gewährung von Darlehen in den Jahren 1964 bis 1969 zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Erdölund Erdgasgewinnungsindustrie vom 7.11.1964 (hektographiert).
113
Nr. 1 der Richtlinien des "Kuratoriums Junger Deutscher Film, Gemeinnütziger Verein e.V. München", zit. nach Schetting (Fn. 53), S. 156.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
235
sieren und dadurch den staatlichen Projektaufwand insgesamt
be-
grenzen.
V.
Die Rechtsnatur der Selbstbindungen des Subventionsempfängers
Von zentraler
Bedeutung für die Durchsetzbarkeit
Lenkungsinteressen handelten dung.
Fällen
die
dem Unternehmer
Rechtsnatur
der
sowie
schlechthin.
der
Zwangsintensität
der
ist
staatlicher
staatlichen
in
allen
be-
Verhaltensbin-
jeweiligen
Sie determiniert zugleich das Ausmaß der
vanz die
gegenüber
GrundrechtsreleSubventionierung
Trotz oder wegen der Tragweite des Problems gehen
Auffassungen
der
Literatur
insoweit
diametral
auseinander.
Während die einen alle Bindungen des Unternehmers als klagweise durchsetzbare Rechtspflichten begreifen und den Unternehmer besondere vollauf
in
ins-
Pflicht sehen, das subventionierte Vorhaben 114 zu verwirklichen , sehen andere in den Bindungen des
Unternehmers
der
ausschließlich
nicht
durchsetzbare
Obliegenheiten
und Lasten''^. Beide Positionen vernachlässigen
die verfassungsrechtliche Dimen-
sion des Konflikts zwischen Lenkungsinteresse des Staates und berechtigtem Schutz der Unternehmerfreiheit und fallen infolgedessen gleichermaßen einseitig den
einschlägigen
aus.
Orientiert
verfassungsrechtlichen
langt man zu differenzierten Ergebnissen. sichern auch dem subventionierten Produktions-,
man die
Betrachtung
Wertvorstellungen, Die Art.
Unternehmer das
an ge-
12 und 14 GG Recht,
seine
Vertriebs- und sonstigen Kapazitäten nach eigenem
Plan und in eigener Verantwortung
auf die wechselnden
Marktla-
114
Henke (Fn. 450 (455).
46), S. 239, 389; v g l . auch Krüger, DVB1. 1955,
115
Schindler, Die Bundessubventionen als Rechtsproblem, Diss. Zürich 1952, S. 245; Zacher (Fn. 52), S. 335 Fn. 123 und S. 342; Schetting (Fn. 53), S. 274 f f .
Paul Henseler
236
116
gen und -bedürfnisse auszurichten . Ob und in welcher Intensität Verhaltensbindungen des Subventionsempfängers dieses Recht begrenzen, hängt von Inhalt und Durchsetzbarkeit der jeweiligen Bindung ab. Soweit Verhaltensbindungen das Recht des Unternehmers zur eigenverantwortlichen Marktausrichtung schon vom Inhalt her nicht berühren, gibt es keinen vernünftigen Grund, sie nicht a l s durchsetzbare Rechtspflichten zu konzipieren und auszulegen. Dazu gehören die Rückzahlungspflichten des subventionierten Darlehensempfängers 117 ebenso wie die Pflicht des Forschungsunternehmers, den Subventionsgeber an den Projektergebnissen und -gewin118
nen zu beteiligen . Auch Pflichten, näher bezeichnete Überwachungsmaßnahmen des Subventionsgebers zu 119 dulden oder die Überwachung durch eigenes Tun zu ermöglichen , lassen das Letztentscheidungsrecht des Unternehmers in Fragen der Marktausrichtung und marktorientierten Betriebsführung unberührt. Auch sie können deshalb mit gerichtlicher Hilfe notfalls zwangsweise durchgesetzt werden. Soweit Verhaltensbindungen den Unternehmer in seiner Freiheit zur marktangepaßten Unternehmensorganisation und -führung beeinträchtigen, hängt die Intensität der Freiheitsbegrenzung von der Durchsetzbarkeit der jeweiligen Bindung ab. Die Leitungsgewalt eines subventionierten Unternehmers bleibt im Kern unberührt, solange er sich von eingegangenen Bindungen - wenn auch unter Risiken und Lasten - einseitig lösen kann. Können Verhaltensbindungen hingegen auch dann noch gegen seinen Willen durchgesetzt 116
S.o. B . I . l .
117
Dazu Henke (Fn. 46), S. 247, der sie als Hauptleistungspflicht bezeichnet, und Schetting (Fn. 53), S. 314 f . , der sie als Nebenpflicht ansieht. Vgl. auch Zacher (Fn. 52), S. 330 f.
118
Zur Ergebnisbeteiligung ausf. 329 f f .
119
S.o. B.IV.2. a) b b ) .
Ullrich (Fn.
80), S. 319 f f . ,
237
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
werden,
wenn ein
Festhalten
an ursprünglichen
seiner Einschätzung der (veränderten) spricht,
geht
Absichten
Marktlage nicht
das Recht zur eigenverantwortlichen
nach
mehr ent-
Marktbeurtei-
lung auf den Subventionsgeber über.
Die für den Unternehmerbe-
g r i f f konstituierende
Entscheidungsfähigkeit und
Verknüpfung von
120 Folgenverantwortung
löst sich auf.
In letzter Konsequenz wird
der subventionierende Staat selber zum Unternehmer,
der eine un-
ter
kann,
Umständen
verfehlte
Marktausrichtung
erzwingen
ohne
ihre Folgen tragen zu müssen. Zugleich
verändern
Subvention
eigentumsrechtliche Qualität.
und
Subventionsbedingungen
Die als weiche,
Verhaltensbeeinflussung gedachte
leitende,
Subventionierung konvertiert
der einseitigen Durchsetzbarkeit marktrelevanter gen zu einer Abart der harten, steuerung
in
Bereich
ihre
indirekte mit
Verhaltensbindun-
befehlenden, direkten Verhaltens-
zentraler
grundrechtlicher
Freiheitsbetäti-
121 gung
.
Fragen
Mit der
geht das
dem
Letztentscheidungsrecht
marktorientierten
subventionstypische Angewiesensein
Mitwirkungsbereitschaft tionsgeber,
der
der
Enteignung
und
des Staates
eine fremde
Der
in
-führung auf
die
Subven-
Markteinschätzung
verschafft sich einen Einfluß über das Unter-
je nach
des
Unternehmers
Unternehmers verloren.
dem Unternehmer
aufzwingen kann, nehmen,
des
des
Betriebsorganisation
Fallage einer
Unternehmens
strengen Sozialbindung oder 122 gleichkommt . Als durchsetzbare
Rechtspflichten dürfen für die Unternehmensleitung
relevante
Ver-
120
Scheuner (Fn. 7), S. 51; Benda, in: Gemper ( H r s g . ) , Marktwirtschaft und soziale Verantwortung, 1973, S. 185 (195); Friauf/Wendt (Fn. 39), S. 49.
121
Bullinger (Fn. 80), S. 189; v g l . auch von Wysocki, Öffentliche Finanzhilfen, 1961, S. 261 f .
122
Die einseitige Durchsetzbarkeit und nicht - wie überwiegend angenommen wird - die wirtschaftliche Abhängigkeit des Gefördertem von einer Subvention macht das subventionierende Staatshandeln dem eingreifenden Staatshandeln im Einzelfall vergleichbar. Zur Gegenansicht v g l . Scheuner (Fn. 2), S. 41; Friauf, DVB1. 1966, 729 (737); Kirchhof (Fn. 9 ) , S. 394; Haverkate (Fn. 45), S. 149.
238
Paul Henseler
haltensbindungen des Subventionsempfängers deshalb nur ausgestaltet werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die nach Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 oder Art. 14 Abs. 3 GG vorliegen müßten, f a l l s der Subventionsgeber die jeweilige Verpflichtung durch einseitig eingreifenden Verwaltungs- oder Gesetzesakt begründen würde. Typischerweise sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Wie die 123 gründliche Praxisanalyse Schettings belegt, sehen die in der Realität vorkommenden Subventionsrichtlinien (deshalb?) eine Durchsetzung von Verhaltensbindungen gegen den Willen des Subventionsempfängers - in aller Regel eindeutig - nicht vor. Sofern der Wortlaut des letztlich entscheidenden Zuwendungsbescheides oder Subventionsvertrages insoweit Zweifel läßt, müssen sie bei einer verfassungsorientierten Auslegung zugunsten des bloßen Lastencharakters der jeweiligen Bindung beseitigt werden. Demnach darf der Subventionsempfänger, von atypischen Ausnahmen abgesehen, weder im Klagewege noch durch einseitige Vollstreckungsmaßnahmen gezwungen werden, das staatlich subventionierte Projekt unter Aufwendung eigener Mittel tatsächlich durch124 zuführen . Die Bindung an die im Bewilligungsbescheid oder Vertrag festgelegten Verwendungszwecke verpflichtet den Unternehmer nicht, die empfangenen Finanzhilfen in bestimmte projektfördernde Maßnahmen zu investieren. Sie hindert ihn nur, die Zuwendung oder die mit staatlicher Hilfe beschafften Finanzmittel für andere Zwecke zu verausgaben, ohne den Abbruch seiner Beziehungen zum Subventionsgeber sowie die Rückforderung des Empfangenen zu riskieren. Entsprechendes gilt für die Zweckbindung der Zuwendungssurrogate sowie die Verhaltensbindungen, die sich auf die Art und Weise der Projektverwirklichung beziehen. Auch sie sind grundsätzlich nicht zwangsweise durchsetzbar, so123
Fn. 53, S. 219 f f . ; v g l . auch Ullrich (Fn. 80), S. 224 f.
124
Ebenso Kirchhoff (Fn. 90), S. 68 (mit anfechtbarer Begründung); Bullinger (Fn. 80), S. 189; Ullrich (Fn. 80), S. 223 f f . , 237 f.
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
weit sie den Unternehmer in der Auswahl seiner der Gestaltung
239
Vertragspartner,
seiner mit Dritten abzuschließenden
Verträge oder
in anderer Weise in seinem marktrelevanten Verhalten begrenzen.
VI.
Widerruf und Rückforderung als Sanktionen planwidrigen Unternehmerverhaltens
1.
Verhaltenslasten und Risikoverteilung im Subventionsverhältnis
Soweit die unter Berücksichtigung der Art.
12 Abs.
1, 14 Abs. 1
GG ausgelegten Verhaltenszusagen des Unternehmers einer Zwangsdurchsetzung
nicht
Verhaltenslenkung bereits
sind,
wirkt
im Subventionsverhältnis
Subventionsgebers, die
zugänglich
als
erbrachten
nur die Drohung des
Leistungen
zurückzufordern.
den Unternehmer zu einem den
Subventionsgebers
entsprechenden
von
der
die Förderung für die Zukunft einzustellen und
Druck ausreicht, maßgeblich
Instrument
Verhalten
Ob
dieser
Interessen
anzutreiben,
des
hängt
der
wirtschaftlichen Stärke des Geförderten im 125 Zeitpunkt der Drohung ab . Seine Abhängigkeit von einer Fort-
setzung der Förderung wechselt von Fall zu Fall und häufig in126 . So-
nerhalb der Ablaufphasen eines Subventionsverhältnisses
lange sich der Unternehmer wirtschaftlich außerstande sieht,
die
Einstellung der Förderung oder gar die Rückforderung des bereits Geleisteten zu riskieren,
wirken die ihm auferlegten Verhaltensla-
sten als Instrument der zielorientierten staatlichen kung.
Verhaltenslen-
Setzt sich der Unternehmer dagegen bewußt oder unbewußt
über die eingegangenen Bindungen hinweg,
sichert die tatsächlich
verhängte Einstellung und Rückforderung der Subvention nur noch die haushaltswirtschaftlichen fehlgeschlagenen
Interessen
Lenkungsversuch.
des
Staates
nach
einem
Die dem Unternehmer abgefor-
125
Kirchhoff (Fn. 90), S. 69.
126
Schneider-Gädicke, Der öffentliche Kredit an die gewerbliche Wirtschaft, 1963, S. 100; Zacher (Fn. 52), S. 344 Fn. 166; Henke (Fn. 46), S. 64.
240
Paul Henseler
derten Verhaltenslasten pelte Funktion. strumente
der
erfüllen
in
Anbetracht
dessen
eine
dop-
Sie sind für den Subventionsgeber zum einen InVerhaltenslenkung,
knüpfungspunkte
für
tionsverhältnis,
über
zum anderen
den abgestuften
aber
Ausstieg aus
deren Ausgestaltung
er sein
auch
An-
dem SubvenVerlustrisiko
dosiert.
2.
Die Problematik des S 44a Bundeshaushaltsordnung (BHO)
Für die in der Praxis häufigste
Subventionsform,
die aus dem
Bundeshaushalt gespeisten Finanzhilfen des Bundes, regelt § 44a 127 BHO die Auflösung und Rückabwicklung des Subventionsverhältnisses.
Die insgesamt
Probleme auf. Zeit.
umstrittene Vorschrift
128
Darauf im einzelnen einzugehen,
wirft
erhebliche
fehlt leider die
Ich begnüge mich deshalb mit einer Feststellung,
die mir
besonders wichtig zu sein scheint: Für die Begrenzung des staatlichen Subventionsrisikos wie für die Intensität des staatlichen darauf an,
Lenkungsdrucks kommt es
entscheidend
wie präzise der Bewilligungsbescheid das mikroökono-
mische Erfolgsziel, der Zuwendung,
in der Terminologie des § 44a BHO: den Zweck und die daran auszurichtenden Verhaltensweisen 129 festlegt . Je genauer der Bescheid
des Subventionsempfängers insbesondere bestimmt,
in welcher Weise der Unternehmer mit der
127
Entsprechende Vorschriften finden sich in den Haushaltsordnungen bzw. -gesetzen der Länder; Einzelnachw. bei Weides, NJW 1981, 841 Fn. 2; Grawert, DVB1. 1981, 1029 (1032 Fn. 24).
128
Näheres bei Weides 127), S. 1030 f . ; (Fn. 64, S. 123 Jarass, DVB1. 1985,
129
Darin liegt die Lehre aus der Kontroverse zwischen dem OVG Koblenz, NJW 1981, 882 f f . ; d a s s . , BB 1980, 1495 m.Anm. Heinze, und dem OVG Lüneburg, DÖV 1985, 7 6 , ( 7 7 ) , vorher schon VG Schleswig, NJW 1982, 348 (349). Wie hier Götz, NVwZ 1984, 480 (484); Stober (Fn. 128), S. 274 f . ; Friauf (Fn. 46), M 29.
(Fn. 127), S. 844 f f . ; Grawert (Fn. Domnach, DÖV 1981, 122 (123 f . ) ; Ehlers f.; Stober, DÖV 1984, 265 (268 f f . ) ; 855 f f .
241
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
Zuwendung und den Zuwendungssurrogaten zu verfahren hat, desto stärker verengen sich
die Freiräume des Unternehmers und desto
genauer fällt die staatliche Verhaltenskontrolle einschließlich Sanktion von Bindungsverstößen aus. tensvorgaben
Unklare Ziel- und Verhal-
des Bewilligungsbescheides
widersprechen
dem Interesse des Unternehmers an verläßlichen ten,
sondern
verschenken
der
auch erhebliche
nicht
nur
Orientierungsda-
Lenkungschancen
des
Subventionsgebers.
VII.
Materielle Anforderungen an Verhaltenslasten des Subventionsempfängers
1.
Erfordernis einer spezifischen MaQstabbildung
Als
Anknüpfungspunkt
rechtsträger- müssen
für
staatliche
Verhaltenslasten
und -pflichten
Sanktionen
gegen
Grund-
des
Subven-
und -pflichten
tionsempfängers allerdings nicht nur präzise formuliert sein, dern vor allem auch in materieller Hinsicht rechtsstaatlichen
sonPo-
stulaten genügen., Klare einfachgesetzliche Maßstäbe, die über den zulässigen Inhalt von Bindungen des Empfängers von Subventionen Aufschluß geben könnten, stehen nicht zur Verfügung.
Insbesonde-
re sind die §§ 36 und 56 VwVfG im Subventionsrecht - wenn überhaupt - nur mit erheblichen Modifikationen anwendbar.
Denn e i -
nerseits sind die Nebenbestimmungen der Bewilligungspraxis trotz Namensgleichheit
weder
der
Funktion
noch
der
Zwangsintensität nach den in S 36 VwVfG genannten Auflagen vergleichbar 130 , und andererseits sind Subventionsverträge keine Austauschverträge mit 131
synallagmatischer Leistungsbeziehung der Beteiligten
130
Henke (Fn. 46), S. 254; a.A. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/ Leonhardt, VwVfG, 2. Aufl. 1983, S 36 Rn. 32; Weides (Fn. 127), S. 846.
131
S.o. B . I I I , m. Fn. 73; k r i t . gegenüber der Steuerungskapazität der §§ 36, 56 VwVfG im Subventionsrecht auch Bleckmann (Fn. 67), D 106 ff.
242
Paul Henseler
Davon abgesehen struktur
der
wäre es mit der charakteristischen
Subventionsverhältnisse
unvereinbar,
Interessendas
Subven-
tionsverhältnis pauschal als einseitiges Regelungs- oder Vertragsverhältnis zu qualifizieren und die Einordnung über die alternative Anwendung der §§ 36 oder 56 VwVfG entscheiden zu Zur
Lösung
von
Interessenkonflikten
in
lassen.
Subventionsverhältnissen
bedarf es vielmehr einer spezifischen Maßstabbildung, die Ausprägungen
des Übermaßdenkens ebenso zu Rate zieht wie den Topos
des angemessenen Ausgleichs zwischen Geben und Nehmen, j a beide 132 Aspekte je nach Sachlage untrennbar miteinander verbindet
2.
Das Obermaßverbot als zentraler Konfliktlösungsmaßstab
Als Regulativ, über das konfligierende Gemein- und Individualinteressen austariert werden können, kommt auch im Subventionsrecht zuvörderst das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Mittel in 133 Betracht
.
botes
der
ist
staatliche
Der entscheidende Regulationsansatz des Übermaßverwertende
Zweck-Mittel-Vergleich, hinsichtlich
durch
den
der
Anwendung seiner 134 Mittel an seinen eigenen Zielvorgaben gemessen wird . In Vergleich
Handlungsträger
der
zu setzen sind unter dem Gesichtspunkt
schutzes
das
mikroökonomische
und die Belastungen,
Erfolgsziel
des
des
Grundrechts-
Subventionsgebers
die der Subventionsempfänger
im Interesse
der Zielverwirklichung hinnehmen muß. Im Gegensatz zur überwiegenden Auffassung bin ich allerdings der Ansicht,
daß das Übermaßverbot
als Maßstab für die Bewertung
132
Ansätze in dieser Richtung bei Bleckmann (Fn. 31), S. 104; Jarass, JuS 1980, 115 (117), die § 56 VwVfG "der Sache nach" im Rahmen des § 36 VwVfG zur Geltung bringen wollen.
133
Statt aller Eppe (Fn. 51), 344; Henke (Fn. 46), S. m. umfangr. Nachw.
134
Statt aller Hirschberg, keit, 1981, S. 43 f f .
S. 137 f f . ; Zacher (Fn. 52), S. 254; Haverkate (Fn. 45), S. 175
Der Grundsatz der Verhältnismäßig-
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
243
der Zulässigkeit von Bindungen des Subventionsempfängers nur begrenzt tauglich ist und in jedem Fall auf die spezifische Interessenlage in Subventionsverhältnissen zugeschnitten werden 135 muß
.
zelprüfung
Die Berechtigung dieser These zeigt sich bei einer Einder vorhin typologisch
des Subventionsempfängers. prinzip reagieren,
erfaßten
Lasten und
Pflichten
Wie sie auf das Verhältnismäßigkeits-
wird maßgeblich davon beeinflußt,
ob sie j e -
weils das haushaltsrechtliche Gebot der spezifizierten Zielbindung des
Subventionsempfängers
oder
das
Gebot
der
projektbezogenen
Kosten-Nutzen-Optimierung in das Subventionsverhältnis umsetzen. 3.
Die Handhabung des Obermaßverbotes im Subventionsrecht
a)
Verhaltenslasten, die das Zielbindungsgebot umsetzen
Hinsichtlich der Verhaltenslasten,
die den Unternehmer zur Ver-
wirklichung des mikroökonomischen Erfolgszieles treiben sollen, ist zunächst
festzuhalten,
daß Anweisungen
des
Subventionsgebers,
die sich auf die Verwendung der Fördermittel selbst beziehen, nicht
unverhältnismäßig
sein können.
Da sich
der
gar
Unternehmer
nicht zur Durchführung des subventionierten Vorhabens verpflich136 tet , wird seine Unternehmerfreiheit durch solche Direktiven auch nicht negativ betroffen. stimmung der Zwecke,
Der Subventionsgeber ist in der Be-
für die der Begünstigte die ihm überlasse-
nen Fremdmittel verwenden soll, ber,
ähnlich frei wie der Treuhandge-
der sein Eigentum dem Treuhänder unter bestimmten Weisun-
gen und Auflagen überläßt. Soweit sich Bindungen des Subventionsempfängers dagegen auf den Umgang mit Zuwendungssurrogaten 137 beziehen, beeinträchtigen sie 135
Vgl. Zacher (Fn. 52), S. 344; Haverkate (Fn. 45), S. 174.
136
S.o. B. V.
137
S.o. B. IV.2. a)
aa).
244
Paul Hengeler
seine Freiheit
als Unternehmer
und Eigentümer
der von
der Bin-
dung betroffenen Gegenstände. Unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit stellt wirklichung
sich in
diesen Fällen
des mikroökonomischen
die Frage, Erfolgszieles
gebers erforderlich und verhältnismäßig ist,
ob es zur
Ver-
des Subventions-
den Unternehmer un-
ter Androhung wirtschaftlicher Sanktionen an der freien Verfügung über Unternehmen und Sacheigentum zu hindern. Die zu oder
Einschränkung erklären,
der
weil
Verfügungsfreiheit
vermeintlich
für
verfassungswidrig
funktionsgleiche
Veräußerungs-
Verwendungsverbote des eingreifenden Verwaltungsstaates 138 , wird der Eigenart der Subventionsbe139
verfassungswidrig wären Ziehungen g r u n d s ä t z l i c h
nicht gerecht
.
Die S u b v e n t i o n i e r u n g
selbst in den Fällen keine bloße Eingriffsmodalität,
Unternehmer aus wirtschaftlichen Gründen faktisch keine Möglichkeit
verbleibt,
seinen Konditionen der real
sinnvolle
staatlichen Subventionsangebot und 140 . Zwar verliert in Anbetracht
auszuweichen
wirkenden
zeugungskraft,
dem
ist
in denen dem
Entscheidungszwänge
das Argument
an
Über-
der Unternehmer verbrauche durch den " f r e i w i l l i -
gen" Eintritt in das Subventionsverhältnis ein Stück weit seine Handlungsfreiheit und müsse deshalb die eingegangenen Bindungen 141 ertragen unabhängig
.
Ausschlaggebend bleibt jedoch, davon,
ob der
Unternehmer
daß diese Bindungen
sie
mehr oder
weniger
f r e i w i l l i g eingeht, eine grundlegend andere Qualität aufweisen als eingriffshalber begründete Rechtspflichten. empfänger
sich
tensbindungen lösen kann,
grundsätzlich
von
den ihm
Weil der Subventionsabverlangten
wenn auch unter Risiken und Opfern -
Verhaleinseitig
ist seine Lage mit derjenigen eines Eingriffsadressa-
138
So wohl Friauf, DVB1. 1966, 729 (737).
139
Haverkate (Fn. 52), S. 343 f .
140
A.A. namentlich Kirchhof (Fn. 9 ) , S. 394.
141
So Zacher (Fn. 52), S. 344; dagegen zutreffend Friauf (Fn. 138), S. 736 f . ; Kirchhof (Fn. 9), S. 386 ("Angebotsdiktatur").
45),
S.
159,
161; v g l . auch Zacher (Fn.
245
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
ten nicht vergleichbar Zwanges,
142
.
Die erheblich niedrigere Intensität des
den der Staat im Subventionsverhältnis auf den Unter-
nehmer ausübt,
muß sich im Rahmen einer
Verhältnismäßigkeits-
kontrolle zwangsläufig zu seinen Gunsten auswirken. Entscheidend kommt hinzu, tionierten ein
Unternehmers
angemessenes
daß die Verhaltenslasten des subven-
kraft
Verhältnis
verfassungsrechtlicher zu
Vorgabe
in
der ihn
wirtschaftlich einseitig 143 begünstigenden Staatsleistung gebracht werden müssen . Das den Subventionsgeber bindende objektiv-haushaltsrechtliche Gebot,
auf
einen angemessenen Ausgleich zwischen Geben und Nehmen bedacht zu sein, drängt auf eine Harmonisierung mit dem subjektiv-frei144 heitsrechtlichen Ubermaßverbot . Sie wird nur durch eine Verhältnismäßigkeitskontrolle bewirkt, welche die unternehmerbelastende Bindung von Zuwendungssurrogaten nicht nur ins Verhältnis setzt zu den öffentlichen Interessen an der Durchführung des 145 geförderten Projekts
,
wendungen und Risiken,
sondern auch und vor allem zu den Aufdie 146 der Staat zugunsten des jeweiligen . Mit der Höhe des staatlichen
Unternehmervorhabens erbringt
Finanzierungs- und' Risikoanteils steigt
auch die zulässige Dauer
und Intensität der Zweckbindung von Zuwendungssurrogaten, 142 Vgl. o. B. V.
die
143
S.o. B . I . 2 . mit Fn. 51.
144
Ansatzweise ebenso Schetting (Fn. 53), S. 140: zwischen dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Verhältnismäßigkeit".
145
Einseitig auf diesen Aspekt fixiert sind etwa Krüger (Fn. 114), S. 451; Ipsen (Fn. 31), S. 79; Friauf (Fn. 138), S. 730; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I I I , 4. Aufl. 1974, § 154 I I I b 7; Haverkate (Fn. 45), S. 176 f f .
146
Ansätze einer Loslösung vom reinen Zweck-Mittel-Vergleich bei Zacher (Fn. 52), S. 344: "Von der Sache her muß die Zuwendung, die Abhängigkeit des Empfängers von ihr, sein Nutzen daraus und der öffentliche Zweck, dem sie dient, in Ansatz gebracht werden.". Eindeutig wie hier Schlotke (Fn. 89), S. 133, der den gebotenen Abgleich von Subventionshöhe und staatlicher Einflußnahme als "Abart des Verhältnismäßigkeitsprinzips" bezeichnet.
"Konflikt und der
Paul Henseler
246
der Subventionsgeber dem geförderten Unternehmer abfordern darf. Die überschaubare Rechtspraxis überzieht insoweit nicht den Verfassungsrahmen, sondern bleibt mehr oder weniger deutlich hinter dem verfassungsrechtlich Möglichen zurück. b)
Verhaltenslasten, die das Gebot der projektbezogenen KostenNutzen-Optimierung konkretisieren
Im Hinblick auf Verhaltenslasten des Unternehmers, die das Gebot der projektbezogenen Kosten-Nutzen-Optimierung in das Subventionsverhältnis umsetzen, wird das Übermaßverbot als Kontrollmaßstab von dem Gedanken der angemessenen Relation zwischen staatlicher Leistung und staatlicher Forderung völlig verdrängt. Die Auflage an den Unternehmer, im Rahmen der Projektdurchführung Vertriebene bevorzugt zu behandeln oder die Lufthansa zu benutzen, ist zur Verwirklichung des staatlichen Lenkungszieles ebensowenig
geeignet
und erforderlich wie eine
Beteiligung des 147 Subventionsgebers an Projektergebnissen und -gewinnen . Die entsprechenden Verhaltensbindungen des Subventionsempfängers sind deshalb jedoch weder verfassungswidrig noch sachlich unangemessen. Sie sind legitimer Ausdruck der verfassungs- wie haushaltsrechtlich geforderten Vorsorge gegen unnötige Steuerausgaben und auch aus dem Blickwinkel schützenswerter Unternehmerinteressen nicht zu beanstanden, soweit die Bindung des Unternehmers in einer vernünftigen Relation zur Beteiligung des Subventionsgebers an den Projektkosten und -risiken bleibt. Zwar wird auch der Subventionsgeber, der ein Projekt voll finanziert, nicht zum gleichberechtigten Projektträger neben dem Unterneh149 mer . Mit steigender Kosten- und Risikobeteiligung wächst jedoch der Umfang seines Anspruches auf eine Berücksichtigung der von ihm vertretenen Gemeininteressen bei der Projektdurchführung 147
A.A. wohl Henke (Fn. 46), S. 261 sub d.
148
S.o. B. IV.1. und 2. b ) .
149
Ullrich (Fn. 80), S. 221 f f .
Wirtschaftslenkung durch Subventionen
247
in gleichem Maße wie sein Anspruch auf Teilnahme am Projekter-
VIII.
Schlußbemerkung Sonderlagen
und
Ausblick
auf
subventionsrechtliche
Zugeschnitten auf die in der Praxis dominierende Einzelprojektförderung haben die vorgetragenen Überlegungen erwiesen, daß das Subventionsrecht keine pauschalen und uniformen Regelungskonzepte verträgt, sondern sowohl in seiner verfassungs- wie in seiner verwaltungsrechtlichen Dimension nach situations- und interessengerechten Lösungen verlangt. Dies gilt erst recht für einen in der Praxis zwar selteneren, aber gesamtwirtschaftlich höchst bedeutsamen Förderungstyp, den ich wenigstens nicht ganz vernachlässigen möchte. Gemeint sind die Versuche des Staates, existenzbedrohte Unternehmen von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung durch sog. Sanierungshilfen vor dem Ruin zu bewahren. Sie werden durch zwei Faktoren bestimmt. Zum einen kann das Förderungsziel nur durch tiefgreifende Umstrukturierungen des Unternehmens und seiner gesamten Marktführung erreicht werden. Zum anderen hängt die Verwirklichung des Sanierungszieles nicht nur vom Verhalten des Subventionsempfängers, sondern in erheblichem Maße vom Verhalten Dritter a b . Welche Probleme sich daraus ergeben können, zeigt beispielhaft die Finanzhilfe, welche die 151 Bundesregierung der notleidenden ARBED-Saarstahl-GmbH im November 1982 gegeben hat.
150
Beispielhaft insofern die BKFT 75 (Fn. 107), die den Einfluß des Staates auf die Projektdurchführung ebenso wie das Ausmaß seiner Ergebnis- und Gewinnbeteiligung nach dem Finanzierungsanteil staffeln. Dazu näher Ullrich (Fn. 80), S. 174 ff. sowie - zur Erstinnovationsförderung - S. 154.
151
Die ARBED-Subventionierung wirft zahlreiche Grundsatzprobleme auf. Einzelne Aspekte sind angesprochen bei Bleckmann (Fn. 67), D 78 und Friauf (Fn. 67), M 11 f . , M 24 Fn. 93, M 35.
Paul Henseler
248
Die Bewilligung der Zuwendung stand zum einen unter der Bedingung,
daß sich die Regierung des Saarlandes,
das ausländische
Mutterunternehmen sowie die Gläubigerbanken der Gesellschaft mit näher
bestimmten
Finanzbeiträgen
andererseits unter dem Vorbehalt, Unternehmens bereit erklären, tes im Jahre
an
der
Sanierung
beteiligen,
daß sich die Arbeitnehmer des
diesem 50 % ihres 13. Monatsgehal-
1982 und 1983 als zinsloses
Darlehen zu
belassen.
Die Subventionsbedingungen - als Kompensation der fehlenden Eigenbeteiligung dieser
des
Konstellation
Subventionsempfängers als
Druckmittel
zur
gedacht
meinschaft der mittelbar Sanierungsbegünstigten. Saarland
und
die
schaft zu zwingen, lichung dienlich,
ausländische
-
Bildung
Konzernmutter
wirkten
einer
Die Banken, das in
diese
Gemein-
war insofern sachgerecht und der Ziel Verwirkals diese Betroffenen maßgeblichen Einfluß auf
die Verwirklichung des Sanierungszieles nehmen können. danke,
in
Opferge-
den Subventionsbegünstigten
durch eine
Der Ge-
Eigenbeteiligung
an den Projektkosten zugunsten der Zielverwirklichung zu mobili152 sieren , rechtfertigt jedoch keine finanzielle Inpflichtnahme von einzelnen Arbeitnehmern,
die als solche keinen
Einfluß
auf die
Unternehmenspolitik auszuüben vermögen. Die Subventionsbedingung setzte insoweit eine komplizierte Kette von in Gang,
Entscheidungszwängen
die über den Subventionsempfänger und die Arbeitneh-
mervertreter im Betrieb letztlich zum einzelnen Arbeitnehmer führte und in seiner Person einen unberechtigt abgenötigten Lohnverzicht bewirkte. Das Ergebnis
zeigt,
schen Förderung
daß man das Thema "Subventionierung zwi-
und Gefährdung
unternehmerischer
gentlich um eine Dimension erweitern müßte, der
subventionsbetroffenen
einbezieht.
ei-
in
die
Betrachtung
Diese Lücke zu schließen, bleibt ein bislang unerfüll-
tes Desiderat.
152
NichtUnternehmer
Freiheit"
die auch die Freiheit
S.o. B. IV. 2. a)
aa).
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung im österreichischen Gewerberecht Von Frans Merli
Inhaltsübersicht 1. Vorbemerkung
250
2.
Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
250
2.1 Grundrechte
250
2.2 Kompetenzordnung
253
3.
Quellen und Geltungsbereich des österreichischen Gewerberechts
255
4.
Ziele des Gewerberechts
257
4 . 1 Hauptziele
257
4.2 Hilfsfunktionen
264
5.
Gewerberechtliche Wirtschaftsgestaltung und -lenkung
266
5.1 Begriffliches
266
5.2 Instrumentarium
269
6.
Entwicklungslinien im Gewerberecht
273
7.
Tendenzen außerhalb des Gewerberechts
278
7 . 1 Umweltschutz
278
7.2 Subventionen
281
Franz Merli
250
1.
Vorbemerkung
Dieser Beitrag soll eine Hilfe für die erste Orientierung im österreichischen
Gewerberecht
und Vergleichsmöglichkeiten
lage in der Bundesrepublik Deutschland bieten. verzichte ich darauf,
zur
Rechts-
Aus diesem Grund
Einzelfragen oder theoretische Probleme der
Systembildung aufzugreifen
und erhebe auch keinen Anspruch auf
Originalität oder Vollständigkeit. diese unter Verkürzungen.
Wie jede Übersicht leidet auch
Wer sich näher für bestimmte Punkte
interessiert, sei auf die Literaturangaben verwiesen.
2.
Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
2.1
Grundrechte
Die
österreichische
drückliche
Bundesverfassung
Garantie des
Sozialstaatsklausel'''.
enthält
marktwirtschaftlichen
Wesentliche
weder Systems
eine
aus-
noch eine
Elemente der
marktwirtschaftlio chen Ordnung stehen aber unter grundrechtlichem Schutz : das 3 Privateigentum (auch an Produktionsmitteln) , die Freiheit des 1
Zur österreichischen Wirtschaftsverfassung Schäffer, Die rudimentäre Wirtschaftsverfassung Österreichs, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 3 f f . ; Schambeck, Wirtschaftsverfassung und Verstaatlichung in Österreich, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 39 f f . ; Wenger, Die Wirtschaftsordnung, in: Schambeck (Hrsg.), Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz und seine Entwicklung, 1980, S. 665 f f . ; Korinek, Die verfassungsrechtliche Grundlegung der österreichischen Sozialund Wirtschaftsordnung, in: Mock/Schambeck (Hrsg.), Verantwortung in Staat und Gesellschaft, 1977, S. 245 f f . ; Korinek, Die verfassungsrechtliche Garantie einer marktwirtschaftlichen Ordnung durch die österreichische Bundesverfassung, WipolBl. 1976 H 5, S. 87 f f . ; Gutknecht, Das liberale Baugesetz und die Wirtschaftsverfassung, in: Festschrift F. Korinek, 1972, S. 77 f f . ; - alle m.w.Nachw.
2
Schantl, Berufsfreiheit, Eigentumsfreiheit und Vertragsfreiheit als die wichtigsten Grundrechte der Wirtschaft, in: Festschrift F. Korinek, 1972, S. 129 ff.
3
Art.
5 Staatsgrundgesetz
über die allgemeinen Rechte der (Fortsetzung Fußnote)
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
4 Liegenschaftsverkehrs , grundrechtlichen
5 die Freiheit der Erwerbsbetätigung .
Verbürgungen
setzesvorbehalte,
251
enthalten allerdings
Die
wiederum Ge-
die weitgehende Eingriffe ermöglichen und dem
Gesetzgeber wirtschaftspolitische Gestaltungsfreiheit einräumen. Dies zeigt
sich
in typischer
1 StGG kann jeder Staatsbürger "unter den gesetzli-
Art.
6 Abs.
chen
Bedingungen
Formulierung
Weise an dem für das Gewerberecht
der Freiheit der Erwerbsbetätigung: Nach
wichtigsten Grundrecht, jeden
Erwerbszweig
ausüben".
enthaltene Gesetzesvorbehalt
in
dieser
formaler Art,
was
sich aus der Entstehungsgeschichte des Grundrechts erklärt:
Für
eine
Rechtsordnung,
in
der
ein
ist
Der
zumindest
teilweise
gewähltes
Parlament einer vom Kaiser ernannten und nur diesem verantwortlichen Regierung gegenübersteht und in der die Bindung der Exekutive an das Gesetz
keine ausgemachte
bereits einen Fortschritt, mit ihrem
bedeutet
es
wenn Eingriffe der Verwaltung einer ge-
setzlichen Deckung bedürfen. verfassung
Sache ist,
Aus der Sicht der geltenden Bundes-
strengen
Legalitätsprinzip
(Art.
18 B-VG)
und der Aufhebung des Gegensatzes von Parlament(smehrheit) Regierung kann ein derartiger
Gesetzesvorbehalt jedoch
fallstor für einfachgesetzliche Maßnahmen werden,
und
zum Ein-
die das Grund-
recht v ö l l i g aushöhlen g . (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Staatsbürger 1867 (StGG); Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK; Öhlinger, Eigentum und Gesetzgebung in Österreich, EuGRZ 1984, 557 f f . ; Barfuss, Das Eigentumsrecht und die Vollziehung, EuGRZ 1984, 572 f f . ; umfangr. Literaturhinweise finden sich auch in Adamovich/Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 3. Aufl. 1985, S. 419 f . 4
Art. 6 Abs. 1 StGG; Morscher, Die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs in Österreich, EuGRZ 1983, 515 f f . m.w.Nachw.
5
Art. 6 Abs. 1 StGG; Oberndorfer/Binder, Der verfassungsrechtliche Schutz freier beruflicher, insbesondere gewerblicher Betätigung, in: Festschrift Klecatsky, 1980, I I , S. 677 f f . ; Korinek, Das Grundrecht der Freiheit der Erwerbsbetätigung als Schranke für die Wirtschaftslenkung, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 243 f f .
6
Zum Gesetzesvorbehalt Korinek,
Zur Lehre vom Gesetzesvorbe(Fortsetzung Fußnote)
252
Franz Merli
Der Verfassungsgerichtshof
(VfGH) versucht,
zweierlei Weise gerecht zu werden: fung auf
den Gleichheitssatz
dieser
Situation auf
Einerseits läßt er unter Beru-
"sachlich gerechtfertigte" Ein7 schränkungen der Erwerbsfreiheit zu ; andererseits wendet er die aus der Bundesrepublik Q
Grundrechte an .
nur
übernommene
Lehre vom Wesensgehalt der
An einem Konzessionssystem hat der VfGH bisher
nur Anstoß genommen, wenn auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen q kein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung der KonZession bestand . voraussetzungen
Auch die Normierung (vor
allem
eines
objektiver
Lokalbedarfs
an
Marktzugangsgewerblichen
Leistungen) erklärte der VfGH wiederholt,
aber ohne Begründung,
für verfassungskonform^;
Rechtsprechung
diese ständige
nun allerdings ins Wanken gekommen zu sein:
scheint
nur gewichtige öf-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) halt bei Grundrechten, in: Festschrift Merkl, 1970, S. 171 ff.; Haider, Die Freiheit der Berufsausübung im sozialen Rechtsstaat, JB1. 1978, 359 f f . 7
So z.B. VfSlg 4163/1962, 5871/1968, VfGH G 168/85 vom 3.12.1985; zusammenfassend VfGH B 698/85-8 vom 12.12.1985: "Eine die Erwerbsausübungsfreiheit einschränkende Vorschrift ist nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten und auch sachlich zu rechtfertigen i s t . " . Hier klingt auch das Übermaßverbot an.
8
Worin der Wesensgehalt der Erwerbsfreiheit besteht, ist bislang allerdings im Dunkeln geblieben. Die einzige konkrete höchstgerichtliche Äußerung dazu lautet so: "In dieser Hinsicht ist zunächst darauf zu verweisen, daß eine Verstaatlichung der gesamten Unternehmungen mit großem Kapitalbedarf und der gesamten Grundstoffindustrie deshalb dem Gesetzgeber verwehrt war, weil dann das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Staatsbürgers auf Freiheit der Erwerbsbetätigung . . . in diesem Sektor praktisch beseitigt worden w ä r e . " , VfSlg 3118/1956; v g l . auch VfSlg 3969/1961, 4163/1962, 7403/1974.
9
VfSlg 5240/1966; eine einfachgesetzliche Verbürgung der Gewerbefreiheit (wie in § 1 der deutschen GewO), aus der ein solcher Anspruch ableitbar wäre, enthält die österreichiche GewO nicht.
10
Z.B. 1983.
VfSlg 4521/1963,
5225/1966, 6799/1972, 8492/1979, 9698/
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
fentliche
Interessen,
nicht
aber
Konkurrenzschutz
rechtfertigen objektive Zulassungsvoraussetzungen
als
253
solcher,
•
In engem Zusammenhang mit der Erwerbsfreiheit steht d a s Grundrecht auf Freiheit der Berufswahl und - a u s b i l d u n g enthält keinen Gesetzesvorbehalt. Rechtsprechung des VfGH z u l ä s s i g , stimmten Ausbildungsgang
12
. Art. 18 StGG
Trotzdem ist es nach s t ä n d i g e r für gewisse Berufe einen be-
gesetzlich vorzuschreiben,
weil solche
Bestimmungen a l s Regelung der "Bedingungen für die 13 Ausübung eines Erwerbszweiges" i . S . d . Art. 6 StGG anzusehen seien Zusammenfassend
läßt
die Rechtsprechung
des VfGH Tendenzen zu
einer strengeren Bindung des Gesetzgebers erkennen.
Der g r u n d -
rechtliche Rahmen f ü r d a s Gewerberecht bleibt aber r e l a t i v groß.
2.2
Kompetenzordnung
Engere Schranken
werden
dem
Gesetzgeber a l l e r d i n g s durch die 14 b u n d e s s t a a t l i c h e Kompetenzverteilung auferlegt. Die "Angelegenheiten des Gewerbes und der 15 I n d u s t r i e " sind Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung . Was unter diesem Begriff zu v e r stehen i s t , muß nach der Rechtsprechung des VfGH mit Hilfe der sog. "Versteinerungstheorie" 16 , a l s o in historischer Interpretation 11
VfGH G 70/84 vom 4.10.1984; dazu Griller, V e r f a s s u n g s w i d r i ge Schrottlenkung? ÖZW 1985, 85 f f . ; VfGH B 251/83 vom 7.3.1985; B 698/85-8 vom 12.12.1985.
12
Art. 18 StGG; Schantl (Fn. 2 ) ; Oberndorfer/Binder (Fn. 5); Haider (Fn. 6 ) .
13
Z.B. VfSlg 3168/1957, 1976, 9623/1981.
14
Grundsätzlich Funk, petenzverteilung im 1980.
15
Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG.
16
Azizi,
4578/1964, 5838/1968, 6355/1971, 7559/ Das System der bundesstaatlichen KomLichte der Verfassungsrechtsprechung,
Wirtschaftssteuerung durch Gewerberecht? Kompetenz(Fortsetzung Fußnote)
254
Franz Merli
ermittelt werden.
Entscheidend
dafür
ist
Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des im Jahre 1925.
die
einfachgesetzliche
des Kompetenzbestan-
Das von der GewO 1859 und ihren Nebengeset-
zen gebildete Regelungssystem bildet somit den Rahmen, dessen bundesrechtliche Vorschriften zulässig sind, vorhandene Ansätze weiterentwickeln. vor
allem
von
Bedeutung,
daß
Bestimmungen unter Berufung
der
innerhalb
auch wenn sie
Für unser Thema ist dabei Bund
wirtschaftslenkende
auf die Gewerberechtskompetenz
nur
dann erlassen kann,
wenn ähnliche Regelungen zumindest ansatz17 weise bereits im Gewerberecht des Jahres 1925 enthalten waren Wenn das nicht
zutrifft,
fallen
solche Maßnahmen -
soweit
sie
18
nicht Deckung in anderen Bundeskompetenztatbeständen finden aufgrund der Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder. Allerdings können die Länder von dieser Ermächtigung nur Gebrauch machen, wenn sie dabei nicht das Gebot der Einheit des Bundesgebietes als Wirtschaftsgebiet (Art. 4 B-VG) 19 verletzen. Nach herrschender Lehre heißt das, daß die Länder Wirtschaftslenkungsrecht nur nach bundeseinheitlichen 20
Grundsätzen erlassen können
und daß damit diese Kompetenz zu-
mindest für den Bereich des Gewerberechts praktisch leer bleibt.
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) rechtliche Erwägungen am Beispiel der Energiepolitik, 1984, 3 f f . m.w.Nachw.
ÖZW
17
Azizi (Fn. 16), S. 6, 10; Korinek, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung im B-VG, in: Korinek/Rill (Hrsg.), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts, 1982, S. 83 f f . m.w.Nachw.
18
Z.B. "Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland" (Art. Abs. 1 Z 2 B-VG).
19
Dazu zuletzt Azizi, Zum Verfassungsgebot der Wirtschaftsgebietseinheit und seiner wirtschaftspolitischen Tragweite, OJZ 1985, 97 f f . , 134 f f .
20
Korinek (Fn. 17), S. 95 f f . ; Azizi (Fn. 19); Wenger, Zur rechtlichen Problematik wirtschaftslenkender Maßnahmen, WipolBl. 1978 H 2, S. 97 f f .
10
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
Die v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e
Zulässigkeit
werbefreiheit
überspitzt
ist
somit -
von
gesagt
Quellen rechts
und
Geltungsbereich
Die wichtigste
Quelle
GewO 1973
die die
99
,
des
des
ein
österreichischen
österreichischen
die
Gewerbe-
Gewerberechts
schaft, das
.
GewO aus
1859
Ge-
grund-
2?
ist
die
angetreten 24 hat. Sie regelt im Prinzip a l l e gewerblichen Tätigkeiten eins c h l i e ß l i c h des Gastgewerbes"^, der Handwerke"^ und der Indu27 strie , doch sind wichtige Gebiete aus ihrem Geltungsbereich 28 ausgenommen
Nachfolge der
in
-
weniger 21 Problem
r e c h t l i c h e s a l s ein kompetenzrechtliches
3.
Eingriffen
255
Dazu gehören vor allem die Land- und Forstwirt-
weitgehend
Banken- und
gungsunternehmen.
auch der B e r g b a u ,
Versicherungswesen Auch
und
die T ä t i g k e i t
sowie die freien die der
Berufe,
ElektrizitätsversorSchiffahrts-,
Luft-
f a h r t s - und Kraftlinienunternehmen unterliegt nicht der GewO; den sog. gewerbe)
Gelegenheitsverkehr und
für den
(Ausflugswagen-,
Mietwagen-,
gewerblichen Gütertransport
mit
für Taxi-
Kraftfahr-
21
Hinweise auf einzelne, kompetenzrechtlich stimmungen bei Fn. 51, 157, 161 und 166.
zweifelhafte
Be-
22
BGBl. 1974/50 i . d . F . BGBl. 1975/259, 1976/253, 1978/233, 1978/379, 1979/66, 1980/223, 1981/486, 1981/619, 1982/522, 1982/630, 1983/144, 1983/185, 1983/567, 1985/269, 1986/101.
23
RGBl. 1859/227; Übersicht über die seither ergangenen len bei Mache, Die Gewerbeordnung, 4 . Aufl. 1968.
24
§ 1 Abs. 1 GewO.
25
§§ 189-207 GewO.
26
Z.B.
§§ 6 Z 1, 94-102 GewO.
27
Z.B.
§§ 7, 129 GewO.
28
§§ 2-4 GewO; Winkler, Gewerbebegriff und Anwendungsbereich der GewO 1973, i n : Rill ( H r s g . ) , Gewerberecht, 1978, 1 f f .
Novel-
256
Franz Merli
zeugen bestehen
Sondergesetze
29
,
die
zum Gewerberecht
gezählt
werden. hören
Zu den wichtigsten gewerberechtlichen Nebengesetzen ge30 schließlich noch das RohrleitungsG , das die gewerbs-
mäßige Güterbeförderung in Rohrleitungen und das 31 Recht der zugehörigen Anlagen regelt, das NahversorgungsG , das Vorschriften
über
kaufmännisches
Wohlverhalten
im Wettbewerb
und eine
Versorgungspflicht für Letztverkäufer von Waren des täglichen Be32 darfs enthält, das Sonn- und FeiertagsbetriebszeitenG und das LadenschlußG 33 . Der Arbeitnehmerschutz wurde 1972 aus der GewO 34 herausgenommen und im ArbeitnehmerschutzG und im ArbeitsinspektionsG 35 zusammengefaßt. Auch das Recht der gewerblichen Berufsausbildung findet sich nicht mehr, wie ursprünglich, in der 36 GewO, sondern ist durch das BerufsausbildungsG geregelt.
29
Gelegenheitsverkehrs-G BGBl. 1952/85 i . d . F . BGBl. 1968/305, 1974/50, 1976/253, 1981/486; GüterbeförderungsG BGBl. 1952/63 i.d.F. BGBl. 1963/36, 1963/54, 1974/50, 1974/704, 1981/486, 1982/630.
30
BGBl. 1975/411.
31
BGBl. 1977/392 i . d . F . BGBl. 1980/121.
32
BGBl. 1984/129; dieses Gesetz enthält nur gewerberechtliche Normen; entsprechende arbeitsrechtliche Bestimmungen finden sich dagegen im ArbeitsruheG (BGBl. 1983/144), im BäckereiarbeiterG (BGBl. 1955/59 i . d . F . BGBl. 1960/116, 1975/348, 1978/232) und im Kinder- und JugendlichenbeschäftigungsG (BGBl. 1948/146, zuletzt i . d . F . BGBl. 1983/81).
33
BGBl. 1958/156 i . d . F . BGBl. 1964/203, 1974/50.
34
BGBl. 1972/234 i . d . F . BGBl. 1974/144, 1981/354, 1982/544; allgemein zum Arbeitnehmerschutz Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I , 2. Aufl. 1984, S. 246 f f . ; Azizi, Gewerbliches Betriebsanlagenrecht und Arbeitnehmerschutzrecht, ÖZW 1980, 40 ff.
35
BGBl. 1974/143.
36
BGBl. 1969/142 i . d . F . BGBl. 1974/22, 1974/399, 1974/475, 1978/232; Winkler, Ordnungsfragen der betrieblichen Berufsausbildung, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 911 f f .
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
4.
257
Ziele des Gewerberechts
Versucht man nun, einen Überblick über diese Vorschriften zu gewinnen, kann dies natürlich in verschiedener Weise geschehen. In unserem Zusammenhang erscheint mir besonders wichtig, die Frage nach den Zwecken des Gewerberechts, d . h . nach jenen Gründen zu beantworten, die eine Einschränkung der Gewerbefreiheit rechtfertigen 37
4.1
Hauptziele
Wenn wir zunächst von Hilfsfunktionen absehen, gende primäre Ziele unterscheiden:
lassen sich fol-
- Dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen dienen allgemein z.B. die Vorschriften über die Genehmigung von Be' QQ QQ triebsanlagen und über die Ausstattung von Maschinen oder die Verpflichtung, bestimmte Arbeiten nur durch geschultes Personal durchführen zu lassen 40 ; konkret etwa die Bestimmungen über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände 41 oder das An37
Vgl. die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur GewO: "Die gegenständliche Regierungsvorlage wurde . . . nach dem Grundsatz der Gewerbefreiheit ausgestaltet. Die Gewerbefreiheit soll nur dort ihre Schranken finden, wo dies im öffentlichen Interesse geboten i s t . " (395 BlgNR XIII.GP); ähnlich auch der Bericht des Handelsausschusses (941 BlgNR XIII.GP).
38
§§ 74-84 GewO.
39
§ 71 GewO; Allgemeine Maschinen- und Geräte-Sicherheitsverordnung BGBl. 1983/219 i . d . F . BGBl. 1985/575; Buchmann, Schutzbestimmungen der GewO 1973, in: Rill (Fn. 28), S. 380 f f . (393 f f . ) .
40
§ 70 GewO und Durchführungsverordnungen; weiters §§ 186, 212 Z 3, 216, 225, 229, 233, 246 Abs. 1, 313, 321 GewO; Buchmann (Fn. 39), S. 391 ff.
41
Verordnung des Bundesministers für Handel, Industrie (BMHGI), BGBl. 1977/514.
Gewerbe und
258
Franz Merli
passen von Kontaktlinsen 42 , aber auch die Verbote, Alkohol an 43 Jugendliche auszuschenken oder Versandhandel mit Arzneimitteln zu betreiben 44 . - Andere Vorschriften bezwecken den Schutz "Dritter" vor Vermögenschäden, z.B. die Vorschriften über die Berücksichtigung dinglicher Rechte der Nachbarn bei der Betriebsanlagengenehmi45 gung oder über die Versicherungspflicht für Rohrleitungsunter nehmer^®. - Das Gewerberecht enthält auch Regelungen zur Vermeidung von Umweltbeeinträchtigungen, die über den Schutz der Nachbarschaft hinausgehen: z.B. eine - gegenüber dem Wasserrecht subsidiäre - Bestimmung zum Schutz der Gewässer vor Betriebsanlagen 47 oder den erst kürzlich neueingeführten § 79a GewO48 , der der Gewerbebehörde erlaubt, den Inhabern von Betriebsanlagen auf Antrag des Gesundheitsministers zusätzliche Auflagen zur Hintanhaltung "einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung der Umwelt durch Luftschadstoffe oder Lärm oder Erschütterungen" vorzuschreiben; aber auch die Festsetzung des höchstzulässigen Schwefelgehaltes für Heizöl, das in Gewerbebetrieben verwendet oder von ihnen
42
Verordnung des BMHGI BGBl. 1976/698 i . d . F . BGBl. 1979/510.
43
§ 197 GewO.
44
§ 50 Abs. 2 GewO.
45
S 77 Abs. 1 i.V.m. S 74 Abs. 2 Z 1 GewO.
46
§ 13 RohrleitungsG BGBl. GewO.
47
S 74 Abs. 2 Z 5 i.V.m. § 77 Abs. 1 GewO.
48
§ 79a wurde durch das UmweltfondsG BGBl. 1983/567 in die GewO eingefügt; zu den Tücken dieser Regelung im einzelnen Schwarzer, Die Änderung der Gewerbeordnung 1973 durch das Umweltfondsgesetz - eine versäumte Gelegenheit, ÖZW 1984, 11 f f .
1975/411;
vgl.
auch § 78 Abs. 5
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
verkauft wird nur dann
49
,
oder die Verpflichtung,
in
den Verkehr zu bringen, 50 Lautstärke angegeben ist .
- Dem Energiesparen
dienen
die
ebenfalls
259
bestimmte Maschinen wenn
erst
auf
ihnen
unlängst
GewO eingefügten Bestimmungen der §§ 71a und 77 Abs.
ihre
in
die
3 und
4: sie ermächtigen den Handelsminister, mit Verordnung für Waren
und
Dienstleistungen
schaftlich sinnvollen beauftragen
die
"Mindestanforderungen
zur
volkswirt-
Nutzung von Energie" zu normieren,
Betriebsanlagengenehmigungsbehörde,
energiewirtschaftlichen Gründen" entsprechende
Auflagen
und "aus vorzu-
schreiben® 1 . 52 - Der Schutz ökonomischer Interessen der Konsumenten gewerblicher Leistungen ist Motiv für Regelungen wie die Pflichten der Unternehmer zur Namensführung 53 sowie zur Ersichtlichmachung von Geschäftsbedingungen und Preisen 54 und für die Festsetzung 49
Verordnung des BMHGI, BGBl. 1982/251 i . d . F . BGBl. 1984/73; sie stützt sich auf § 69 Abs. 1 GewO, wo von der "Vermeidung einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen" die Rede ist; trotzdem hat sie darüber hinaus a l l g e meine umweltpolitische Bedeutung. Ähnliches gilt für die Verordnung des BMHGI über die Begrenzung des Schwefelgehaltes von Kraftstoffen für nicht zum Betreiben von Kraftfahrzeugen bestimmte Dieselmotoren, BGBl. 1985/549.
50
§ 72 GewO; Buchmann (Fn. 39), S. 399 f f .
51
GewO-Novelle 1981, BGBl. 619. - Die kompetenzrechtliche Zulässigkeit dieser Vorschriften bestreiten Duschanek, Kompetenzrechtliche Überlegungen zu Energiesparvorschriften im Gewerberecht, ZfV 1981, 260 f f . und Azizi (Fn. 16); a.A. Zluwa, Energiesparen und Verwaltungsrecht, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 885 f f . - Derzeit ist bei VfGH ein Verfahren anhängig, das diese Frage klären soll (G 60/82).
52
Allgemein zum Begriff des Konsumentenschutzes Hanreich, Verbraucherpolitik durch Wettbewerbsrecht, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 539 f f .
53
§§ 63-67 GewO.
54
§ 73 GewO; v g l . auch §§ 123 Abs. 4, 239 Abs. 3 GewO sowie Bestimmungen in Durchführungsverordnungen, die Ausübungs(Fortsetzung Fußnote)
260
Franz Merli
von Höchsttarifen für bestimmte Gewerbe 55 ; auch das Verbot be56 stimmter Geschäftspraktiken , z.B. des Aufsuchens von Privat57 Personen zur Sammlung von Kreditvermittlungsaufträgen , ist offensichtlich kosumentenschützerisch motiviert. Gleiches gilt für Schutzbestimmungen, die in Verordnungen zu § 69 Abs. CO 2 GewO (Ausübungsregeln für einzelne Gewerbe) enthalten sind . - Die Konsumenten
gewerblicher Leistungen
vor Irreführung und Übervorteilung, gen Anbietern geschützt werden. chenden Leistungsstandards
sollen aber
nicht nur
sondern auch vor unfähi-
Der Sicherung eines entspre-
für den Groß59 teil der Gewerbe vorgesehene Befähigungsnachweis , aber auch Bestimmungen wie jene,
dient vor
allem der
daß im Gastgewerbe verwendete Papier60
servietten ein Mindestausmaß von 30 x 30 cm haben müssen
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) regeln für einzelne Gewerbe normieren; weiters §§ 11-llc PreisG, BGBl. 1976/260 i . d . F . BGBl. 1978/271, 1980/288, 1982/ 311, 1984/265. 55
Durchführungsverordnungen zu den §§ 123, 124 (Theaterkartenbüros), 177 (Rauchfangkehrer), 218 (Fremdenführer), 239 (Bestatter), 252 (Kanalräumer), 257 (Abdecker), 261 Abs. 2 Z 1 (Immobilienmakler), 265 (Immobilienverwalter), 269 (Personalkreditvermittler), 309 (Inkassobüros) GewO; vgl. auch die §§ 10-13 GüterbeförderungsG (Fn. 29) und § 10a Gelegenheitsverkehrs-G (Fn. 29).
56
Z.B. §§ 54-62 GewO (Sammeln und Entgegennahme von Bestellungen).
57
§ 6 Abs. 3 Verordnung des BMHGI BGBl. 1977/304.
58
Übersicht in Mache/Kinscher, GewO, Buchmann (Fn. 49), S. 397 f f .
59
"Die Bedeutung des Befähigungsnachweises liegt darin, einen gewissen Standard der Leistungen des Gewerbes zu sichern; der Verbraucher muß damit rechnen können, daß die bestellte Arbeit den Anforderungen entspricht; der Befähigungsnachweis bedeutet aber auch einen Schutz der Gewerbetreibenden gegen die Konkurrenz durch schlechtere, allenfalls die Preise unterbietende Leistungen.", EB zur RV-Fn. 37; v g l . auch Fn. 141.
60
§ 1 Abs. 2 Verordnung des BMHGI BGBl. 1981/176.
5. Aufl. 1982, S. 260;
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
261
- Verschiedene Bestimmungen des Gewerberechts haben die Sicherstellung der Versorgung der Konsumenten zum Ziel; dazu zählen die kürzlich eingeführten Erleichterungen beim Verkauf mit mobilen Betriebseinrichtungen von Bäckern, Fleischern und Le61 bensmittelkleinhändlern , der Entzug von bedarfsgebunderien 62 Konzessionen bei Nichtausübung , der Kontrahierungszwang für CO Rauchfangkehrer (Schornsteinfeger) in ihrem Kehrgebiet und die
durch
das
Nahversorgungsgesetz
geschaffene
Verpflichtung
der Letztverkäufer, Waren des täglichen Bedarfs an Verbraucher 64 abzugeben . Auch die Regelungen des LadenschlußG, des Sonnund
Feiertags-BetriebszeitenG
sind
zumindest
allem was ihre Ausnahmen anbelangt Das
trifft
Gastgewerbe
66
auch
auf
die
zum
Teil
-
versorgungsorientiert
Sperrzeitverordnungen
für
vor 65
das
zu.
61
§ 53a GewO, eingefügt durch BGBl. 1981/619; Demmelbauer, Wird die Gewerbeordnungs-Novelle 1981 die Nahversorgung verbessern?, ZfV 1982, 221 f f .
62
§ 89 Abs. 2 GewO; " . . . daher dient diese Bestimmung auch der Sicherung der Bedarfsdeckung.", EB zur RV-Fn. 37.
63
§ 176 Abs. 3 GewO; "Mit dieser Bestimmung soll erreicht werden, daß Rauchfangkehrer nicht die Ausführung von Arbeiten in entlegenen Häusern ablehnen, weil durch den längeren Anfahrtsweg die Ausführung dieser Arbeiten nicht den gleichen Verdienst wie andere Arbeiten ermöglicht.", EB zur RV-Fn. 37; als entsprechende Strafbestimmung fungiert § 368 Z 17 GewO.
64
§ 5 Abs. 1 NahversorgungsG (Fn. 31); das Ziel geht schon aus dem Titel des Gesetzes hervor: "Bundesgesetz . . . zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen"; die zugehörige Strafbestimmung findet sich in § 8 Abs. 1 und 2 NahversorgungsG.
65
Vgl. § 6 Abs. 2 LadenschlußG (Fn. 33); § 3 Abs. 1 Sonnund Feiertags-BetriebszeitenG (Fn. 32).
66
S 198 GewO verpflichtet den Verordnungsgeber, "auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Fremden Bedacht zu nehmen". Übersicht über die einzelnen Verordnungen bei Mache/Kinscher (Fn. 58), S. 525.
262
Franz Merli
- Zum Kernbestand die
die
sollen.
des Gewerberechts
Unternehmer
vor
gehören
unerwünschter
auch
Vorschriften,
Konkurrenz
bewahren
Zu ihnen zählen z.B. die Bestimmungen, die die Konzes-
sionserteilung an einen Bedarf nach gewerblichen Leistungen 67 knüpfen ; aber auch die Betriebszeitenregelungen verfolgen u.a. diesen Zweck 68 . Außerdem lassen sich die Konsumentenschutzvorschriften auch weitgehend als Bestimmungen gegen un69 lauteren Wettbewerb verstehen . Andererseits enthält das Gewerberecht auch konkurrenzfördernde Vorschriften wie
großzügi-
ge Regelungen der Nebenbetriebsrechte und Erleichterungen beim 70 Übergang auf verwandte Gewerbe . - Schließlich findet mungen,
sich im Gewerberecht eine
Fülle von
Bestim-
die den Schutz anderer öffentlicher Interessen bezwek-
ken. In diesem Bereich leistet das Gewerberecht hauptsächlich dienste
bei
der
Die Spannweite
Verfolgung dieser
von
Zielen
öffentlichen
paar Beispielen verdeutlicht werden:
anderer
Interessen
soll
Hilfs-
Rechtsnormen. nur
an ein
Die speziellen Auskunfts-
67
§ 173 GewO (Rauchfangkehrer), § 238 Abs. 1 Z 2 GewO (Bestatter), § 5 Abs. 1 Gelegenheitsverkehrs-G (Fn. 29), § 6 Abs. 1 l i t . c GüterbeförderungsG (Fn. 29), § 5 Abs. 1 Z 5 RohrleitungsG (Fn. 30); die EB zur RV (Fn. 37) nennen die Bedarfsprüfungen "wirtschaftspolitisch bestimmte Beschränkungen" und verweisen bei den einzelnen Gewerben auf die besondere Bedeutung "gesunder Betriebe".
68
So etwa die RV zum LadenschlußG (478 BlgNR V I I I . G P ) : "Der Entwurf geht von dem Gedanken aus, daß die Ladenschlußregelung einerseits den Verbrauchern den Einkauf zu einer Zeit ermöglichen muß, in der sie nicht selbst berufstätig sind, daß aber andererseits der Wettbewerb unter den Gewerbetreibenden diese nicht zu überlangen Geschäftszeiten nötigen soll, die vielfach betriebswirtschaftlich nicht g e rechtfertigt wären.".
69
Vgl. o. Fn. 59.
70
Z.B. §§ 19, 30, 31, 37 GewO; "Diese Maßnahmen sollen insbesondere einer Verbesserung des Wettbewerbes in der Wirtschaft dienen und eine Steigerung der wirtschaftlichen Lage bewirken.", AB-Fn. 37.
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
263
71 pflichten der Kunst- und Antiquitätenhändler , der Altwaren72 73 händler und der Pfandleiher dienen der Strafrechtspflege, 74 vor allem der Bekämpfung der Hehlerei . Der Schutz öffentlicher Einrichtungen wie Kirchen,
Schulen,
Krankenhäuser75findet Nie-
in den Vorschriften über die Betriebsanlagengenehmigung derschlag.
Ein
schützt
Bestimmung,
die
ganzes
Standortverträglichkeit
Bündel die
knüpft,
von
die weil
sie die
Verbotsnormen etwa des Raumordnungs-, rechts,
öffentlichen
Gewerbeausübung
Interessen an
ihre
Zielsetzungen von
des Bau- und Straßen-
des Eisenbahnrechts oder des Naturschutzes effektuieren
76 soll
.
Dem Interesse der Seilbahnen - die nicht der GewO un-
terliegen dient dasfürVerbot der Konzessionserteilung für Schlepplifte, wenn sie eine Seilbahn eine unzumutbare Kon77 kurrenzierung bedeuteten . Feuerpolizeilich motiviert ist die 78 Gebietsabgrenzung für Rauchfangkehrer .
71
§ 109 GewO.
72
§ 122 Abs. 2 GewO.
73
§ 286 GewO.
74
Die EB zur RV (Fn. 37) sprechen allgemein vom "sicherheitspolizeilichen Interesse".
75
5 74 Abs. 2 Z 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 GewO.
76
S 15 Abs. 1 GewO; zum Kreis der Rechtsvorschriften, die die Gewerbeausübung an einem bestimmten Standort verbieten, v g l . Mache/Kinscher (Fn. 58), S. 99 f .
77
§ 180 Abs. 1 Z 1 GewO; "Die besonderen Verkehrsaufgaben und die damit zusammenhängenden besonderen Verpflichtungen, welche die in Rede stehenden Eisenbahnunternehmen" (gemeint sind Seilbahnen - F.M.) "zu erfüllen haben ( s . die Vorschriften über Betriebspflicht, Maximaltarife, Sozialtarife usw.), erfordern auch eine entsprechende Rücksichtnahme auf die besondere Stellung dieser Eisenbahnunternehmen innerhalb der Volkswirtschaft.", EB zur RV-Fn. 37.
78
Gem. § 176 Abs. 1 GewO hat der Landeshauptmann die g e bietsweise Abgrenzung zu verfügen, "wenn es aus Gründen der Feuerpolizei zweckmäßig i s t " .
264
Franz Merli
Schon aus dieser - eher skizzenhaften - Zusammenstellung wird klar, daß natürlich viele Vorschriften mehreren Funktionen zuzuordnen sind. So haben etwa die Bestimmungen über die Gewerbeausübungsvoraussetzungen (Befähigung, Zuverlässigkeit, Bedarf 79 u.ä. der
) den Zweck, Konsumenten
schützen;
Leben, Gesundheit und ökonomische Interessen vor
unfähigen
oder
unlauteren
Anbietern
zu
gleichzeitig sollen sie aber auch einen bestimmten Lei-
stungsstandard
sichern
wünschter Konkurrenz
und
schützen hilflose Ausländer, denverkehr.
die
bewahren.
Gewerbetreibenden Höchsttarife
für
vor
uner-
Fremdenführer
aber auch den österreichischen Frem-
Betriebszeitenregelungen beschränken den Wettbewerb,
schützen die Nachbarn und sollen die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen.
Bei
genauerem Hinsehen entpuppen
sich
fast
alle
Vorschriften zumindest in ihrer faktischen Wirkung als multifunktional:
So erhöht etwa jede Schutzbestimmung
den Aufwand des
Gewerbetreibenden und wirkt damit abschreckend für Billigkonkurrenz.
Entscheidend
für die
Zuordnung bleibt
aber die
primäre
Motivation der jeweiligen Vorschrift. 4.2
Hilfsfunktionen
Zur Hauptfunktion des Gewerberechts - dem Schutz der genannten Interessen 79
- tritt
eine Reihe
von unselbständigen
und einander
Die GewO unterscheidet zwischen Anmeldungsgewerben und konzessionierten Gewerben (§ 5 ) . Anmeldung bzw. behördliche Bewilligung sind konstitutiv für die Gewerbeberechtigung. Die Anmeldungsgewerbe teilen sich in die freien Gewerbe, in die Handwerke, deren Ausübung außer den allgemeinen Bedingungen (Eigenberechtigung, kein Ausschluß von der Gewerbeausübung wegen bestimmter Delikte oder Konkurses) die Meisterprüfung voraussetzen, und die gebundenen Gewerbe, für die ein Befähigungsnachweis in anderer Form erbracht werden muß. Für die Ausübung der konzessionierten Gewerbe ist meist ein Befähigungsnachweis, immer Zuverlässigkeit Voraussetzung; außerdem müssen die für einzelne Gewerbe geltenden besonderen Erfordernisse ( z . B . Lokalbedarf - Übersicht bei Mache/Kinscher - Fn. 58 - S. 137 f . ) erfüllt sein. Im einzelnen Kinscher, Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben, in: Rill (Fn. 28), S. 103 ff.
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
ergänzenden Hilfsfunktionen. vor allem die Pflicht zur ausübung
265
Der Information der Behörde dienen
Anmeldung der
beabsichtigten
Gewerbe-
80
die Bestimmungen über die mit Anträgen einzureichen81 82 den Unterlagen und v i e l f ä l t i g e Anzeigepflichten . Auch die Mitwirkungszuständigkeiten von Bundesgendarmerie und Sicherheitsorganen bei Erhebungen über die gewerberechtliche Zuverlässigkeit 83 dient der Informationsbeschaffung. Instrumente der Kontrolle sind z.B.
die behördlichen Rechte,
triebe und Lagerräume zu besichtigen, und Auskünfte
zu verlangen, 84 und Proben zu entnehmen .
Be-
technische Demonstrationen
in Geschäftsunterlagen
einzusehen
Der Abwehr unmittelbar drohender Gefahren dienen die einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen,
z.B. die Schließung eines 85
Betriebes oder die Stillegung von Maschinen
Sanktionsvorbereitend sind Maßnahmen der Verfolgung von Verwaltungsübertretungen wie Anzeigen, Festnahme und Beschlagnah86 men An Sanktionen ( i . w . S . )
enthält
das Gewerberecht schließlich Ver87 , Verfall von Gegenstän-
waltungsstrafen (Geld- und Haftstrafen 80
§ 339 Abs. 1 GewO.
81
Z.B. §§ 339 Abs. 3, 341 Abs. 1, 345 Abs. 7, 353 GewO.
82
Vgl. die Zusammenstellung in der Strafbestimmung des § 368 Z 1 GewO.
83
§ 336 Abs. 1 Z 3 GewO.
84
§ 338 GewO; v g l . auch die Mitwirkungspflichten der Bundesgendarmerie und der Sicherheitsorgane der Bundespolizeidirektionen gem. § 336 GewO; dazu Funk, Gewerbepolizeiliche Maßnahmen, in: Rill (Fn. 28), S. 403 f f .
85
§ 360 Abs. 2 GewO; Funk (Fn. 84), S. 425 f f .
86
§ 336 GewO; Funk (Fn. 84), S. 420 f f .
87
§§ 366-368 GewO.
Franz Merli
266
88 89 den , die Entziehung der Gewerbeberechtigung und den bescheidmäßigen Auftrag zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes, 90 der bis zur Schließung des Betriebes gehen kann . In manchen Fällen normiert die GewO auch ein besonderes Rücktrittsrecht von 91 gesetzwidrigen Verträgen ; durch seine Schutznormen wirkt das Gewerberecht hier indirekt
sanktionierend.
5.
Gewerberechtliche Wirtschaftsgestaltung und -lenkung
5.1
Begriffliches
Will man
nun
das
Gewerberecht
nach
rechtlichen Gesichtspunkten betrachten, ne
entsprechende
begriffliche
ordnungs-
und
lenkungs-
so setzt dies zunächst ei-
Unterscheidung
voraus.
In
der
österreichischen Lehre hat sich dazu eine Dreiteilung von s t a a t l i 92 chen Eingriffen in die Wirtschaft entwickelt . Dem Wirtschaftsordnungsrecht werden Maßnahmen zugerechnet, Gefahren,
die
mit wirtschaftlichen
die die Abwehr von
Tätigkeiten
verbunden
sind,
nicht aber deren eigentliche Gestaltung im Hinblick auf bestimmte wirtschaftliche bieten
Erfolge
zum Ziel
gewerbepolizeiliche
zählen Eingriffe
haben.
Befugnisse.
Ein Zur
typisches
Beispiel 93 Wirtschaftsaufsicht
zur Vermeidung oder Korrektur von
wirtschaftli-
88
S 369 GewO.
89
§§ 87-91 GewO.
90
§ 360 Abs. 1 GewO.
91
§§ 54 Abs. 3, 60 GewO.
92
Allgemein z . B . Korinek, Rechtliche Rahmenbedingungen unternehmerischer Tätigkeit, WipolBl. 1985 H 1, S. 16 f f . ; Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 2 f . ; Schäffer (Fn. 1), S. 15 f . ; Wenger, Wirtschaftsverwaltung, in: Klose/Mantl/Zsifkovits (Hrsg.), Katholisches Soziallexikon, 2. Aufl. 1980, S. 2695 ff.
93
Wenger, Die Wirtschaftsaufsicht als Rechtsinstitut des Wirtschaftsverwaltungsrechts, in: Festschrift Fröhler, 1980, S. 373 f f . ; Schäffer, Wirtschaftsaufsicht, ÖZW 1978, 33 f f .
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
chen Fehlentwicklungen,
267
die vor allem die Erhaltung von Betrie-
ben wegen ihrer volkswirtschaftlichen Versorgungsleistung
bezwek-
ken.
Einen Kernbereich der Wirtschaftsaufsicht bildet das Banken94 und Versicherungswesen. Unter direkter Wirtschaftslenkung versteht man schließlich Maßnahmen, mit denen aus volkswirtschaftlichen
Gründen
unternehmerische
ersetzt werden,
durch
staatliche
Entscheidungen
also direkte und beschränkende Interventionen in
Form von Preisregelung,
Bewirtschaftung knapper Güter und admi-
nistrativen Erzeugungs- und Verteilungsstrukturen, wie sie vor 95 allem in den sog. Wirtschaftslenkungsgesetzen enthalten sind. Dieses begriffliche Instrumentarium erweist sich jedoch für meinen Zweck - die Analyse des Gewerberechts - als relativ unfruchtbar, weil
seine
Anwendung
Gewerberecht
im großen
zu dem Ergebnis und ganzen
führen würde,
daß das
nur ordnungsrechtliche
Vor-
schriften kennt.
In Randbereichen ließe sich darüber zwar strei96 ten - etwa wfenn man die Energiesparvorschriften , die Prüfung 97 eines "volkswirtschaftlichen" Bedarfs an Rohrleitungen oder die 98 Versorgungspflicht nach dem Nahversorgungsgesetz ins Auge faßt;
es wäre auch zu fragen, ob etwa gewerberechtliche Preisre-
gelungen wirklich in allen Fällen 99 - z.B. im Gütertransportrecht gewerbepolizeilicher Natur sind ; und ob Bedarfsprüfungen im 94
Korinek/Rill (Fn. 17); Berger, Das Institut der Marktordnung als Instrument der wirtschaftslenkenden Verwaltung, ÖZW 1981, 35 f f . ; Wenger (Fn. 20).
95
PreisG 1976 BGBl. 260, MarktordnungsG 1967 BGBl. 1968/36, ViehwirtschaftsG 1983 BGBl. 621, LandwirtschaftsG 1976 BGBl. 299, VersorgungssicherungsG 1980 BGBl. 282, SchrottlenkungsG 1978 BGBl. 275, LebensmittelbewirtschaftungsG 1952 BGBl. 183, EnergielenkungsG 1982 BGBl. 545, Erdöl-Bevorratungs- und MeldeG 1982 BGBl. 546; jeweils in der geltenden Fassung.
96
Vgl. o. Fn. 51.
97
Vgl. o. Fn. 67.
98
Vgl. o. Fn. 64.
99
Zur Preisregelung durch Gewerberecht Rill, Grundfragen des (Fortsetzung Fußnote)
Franz Merli
268
Gewerberecht
im
Sinne
der
nicht
dem
gehen,
die
ihren Grund in der Unscharfe der t r a d i t i o n e l l e n Begriffe h a t .
Die
Wirtschaftsaufsichtsrecht
Funktionsschutztheorie*^
zuzuordnen wären.
Hier soll es aber nicht um diese Einordnungsprobleme Eigenheiten des Gewerberechts l a s s e n erfassen,
wenn man auf
das
gängige
Dann wird der Blick dafür f r e i , Sicherheitsvorschriften schaftsgestaltenden Bereich groben Ziele
der
als
"gewerblichen
Zügen a b s t e c k e n ,
angedeutet
wurde):
sie
zieht;
ein
enthält.
Set
Wirtschaftsgestaltung"
von
wirt-
nun
diesen
zumindest
erforderlich
Ziel,
(wie
sie
Regelung nicht
in
mUssen
-
wirt-
selbst
Nebenwirkungen
dann,
nach
sich
a n d e r e n f a l l s wäre eine Abgrenzung g a r nicht möglich,
jede gewerberechtliche
Bestimmung notwendigerweise
Folgen h a t .
also eine Vorschrift des Gewerberechts
Verlangt
schaftsgestaltend, stimmten dieser
Sektoren von
für B e t r i e b s a n l a g e n ,
nun vor
Konsumentenschutz
der
sie nicht
Marktposition
und
unter
erfordert
und
von
in
be-
Herstellern
Umständen damit
z.B. wirt-
deren
auch
die
Chancen
erhöht.
Als primär w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h
und
die
verbessert
Fachkräften
auf dem Arbeitsmarkt
r e c h t s kommen
ist
weil
wirtschaftliche
obwohl sie die Wettbewerbsverhältnisse verändert,
Einrichtungen
Einstellung
schen)
oben erster
so wird man i h r den
absprechen
wirtschaftliche
Lärmschutzvorrichtungen
in
so i s t dafür zunächst eine Analyse der Vorschriften
Charakter
intensive
ganzes
Möchte man
Denn verfolgt eine
schaftsgestaltenden
verzichtet.
daß das Gewerberecht neben den
Linie ein w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h e s wenn
Begriffsschema
Kernbestand
Regelungen
gewerberechtlicher
sich meines Erachtens besser
motivierte Regelungen des Gewerbe-
allem jene in F r a g e , einschließlich
Leistungssteigerung,
der
der
die dem
(ökonomi-
Versorgungssicherung
Wettbewerbsregelung
und
dem
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) österreichischen P r e i s r e c h t s I , ÖZW 1974, 97 (100 f f . ) . 100
Funk, Das System des österreichischen Wirtschaftslenkungsr e c h t s , i n : Korinek/Rill ( F n . 1 7 ) , S. 53 (77 f . ) .
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
Energiesparen heraus,
dienen101.
Unter
ihnen
stechen
269
wiederum
einige
die besonders eingriffsintensiv sind - vor allem jene, die
die Berechtigung machen,
zur
Gewerbeausübung
von
Umständen
abhängig
die nicht in der Sphäre des Unternehmers liegen,
die darüber bestimmen,
oder
zu welchen Preisen oder wem gegenüber
eine Leistung zu erbringen i s t .
Diese besonders intensiven,
wirt-
schaftspolitisch motivierten Eingriffe in die Gewerbefreiheit möchte ich
hier
als
Maßnahmen
kung bezeichnen";
der
"gewerberechtlichen
sie sind auch das,
Wirtschaftslen-
was dem Wirtschaftslen-
kungsrecht im "klassischen" Sinn am nächsten kommt.
5.2
Instrumentarium
Durchforstet
man
das
österreichische
Gewerberecht
nach
solchen
Erscheinungen, ergibt sich folgendes Bild: - Eine Bedarfsprüfung ist nur in fünf Fällen vorgesehen den Rauchfangkehrern und den Bestattern, mit Kraftfahrzeugen, Fiaker-,
102
:
Bei
beim Gütertransport
beim Gelegenheitsverkehr
(Ausflugwagen-,
Mietwagen- und Taxigewerbe) und für die Beförderung
von Gütern in Rohrleitungen;
ähnliche Funktion hat die Bestim-
mung,
daß eine Konzession für Schlepplifte nur erteilt werden
darf,
wenn diese keine unzumutbare Konkurrenz für Seilbahnen
darstellen103. - Administrative Preisregelungen 104 in Form von Höchsttarifen
er-
101
Auch die Bestimmung über die Standortverträglichkeit der Gewerbeausübung dient insoweit wirtschaftspolitischen Zielsetzungen, als die Vorschriften außerhalb des Gewerberechts, deren Effektuierung sie sicherstellen soll (z.B. Raumordnungsnormen), wirtschaftspolitisch motiviert sind; diese Ziele sind aber eben nicht gewerberechtliche, und daher klammere ich sie im folgenden aus.
102
Vgl. o. Fn. 67.
103
Vgl. o. Fn. 77.
104
Vgl. o. Fn. 55.
270
Franz Merli
laubt das Gewerberecht für die Leistungen von Theaterkartenbüros,
Fremdenführern, Kanalräumern, Abdeckern,
lern und -Verwaltern, für Bestatter Höchsttarife
Immobilienmak-
Personalkreditvermittlern,
und Rauchfangkehrer festzusetzen;
Inkassobüros;
mit Gebietsabgrenzung
Tarifregelungen
sind
auch
sind
für
Gelegenheitsverkehr und den gewerblichen Gütertransport
den
zuläs-
sig. - Direkte Betriebspflichten
kennt
das
Gewerberecht
nicht;
doch
sieht es regelmäßig den Entzug einer bedarfsgebundenen Konzession vor, 105 .
wird
wenn das Gewerbe länger als ein Jahr nicht ausgeübt Außerdem verpflichtet es bestimmte Gewerbetreibende,
die beabsichtigte Betriebseinstellung der Behörde vorher anzu106 zeigen und Vorsorge für die Fortführung der notwendigen Ar107 beiten durch einen anderen Gewerbetreibenden zu treffen - Vereinzelt
schafft
das Gewerberecht
verwaltungsrechtlich
sank-
tionierte Kontrahierungszwänge, so für die Rauchfangkehrer in 108 ihrem Kehrgebiet und für die Letztverkäufer von täglichen Bedarfsgütern 1 ^. Überblickt man diese Regelungen,
wird klar,
konzessionspflichtige Tätigkeiten betreffen, ben berühren (z.B. seitigung,
Feuerpolizei,
daß sie vor allem
die öffentliche Aufga-
Bestattungswesen,
Abwasserbe-
öffentlicher Verkehr) und daß Wettbewerbsbeschränkun-
gen im Interesse dieser Gewerbetreibenden fast immer mit Eingriffen in
die
unternehmerische
Dispositionsfreiheit
verbunden
sind,
105
Vgl. o. Fn. 62.
106
S§ 175 (Rauchfangkehrer), 251 (Kanalräumer), 292 (Pfandleih e r ) , 376 Z 37 (Güterbeförderung mit Kfz) GewO; S 8 Abs. 7 Gelegenheitsverkehrs-G (Fn. 29).
107
§§ 175 (Rauchfangkehrer), her) GewO.
108
Vgl. o. Fn. 63.
109
Vgl. o. Fn. 64.
251 (Kanalräumer), 292 (Pfandlei-
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
die den sollen.
Mißbrauch der
privilegierten Anbieterstellung
271
verhindern
Gewerberechtliche Wirtschaftslenkungsmaßnahmen treten a l -
so meist
kombiniert
Sondergewerberechts
auf; für
sie bilden
Ansätze eines Systems des
Unternehmer,
die
öffentliche
Aufgaben
erfüllen110. Das
Instrumentarium
ordnen,
des
"allgemeinen"
Gewerberechts
läßt
sich
wenn man den Blick auf den Ansatzpunkt der jeweiligen
Regelung richtet: - Verschiedene Bestimmungen
stellen Anforderungen an die Produ-
zenten gewerblicher Leistungen. schriften über ten 1 1 1 ,
Darunter fallen etwa die Vor-
Fremdsprachenkenntnisse
von
Reisebüroangestell-
vor allem aber die Regelung der subjektiven
Antritts-
voraussetzungen für die Gewerbeausübung mit Hilfe eines kombi112 nierten Anmeldungs- und Konzessionssystems . Hauptinstrument in diesem Bereich ist der Befähigungsnachweis. Heute gibt es 84 Handwerke, 90 gebundene und 44 konzessionierte Gewerbe, neben 113 denen wenig Raum für freie Gewerbe bleibt . Für alle gebundenen Gewerbe und Handwerke sowie für den Großteil der konzessionierten Gewerbe ist ein Befähigungsnachweis AusübungsVoraussetzung 114 , dessen E r l a n g u n g wiederum meist e n t s p r e -
110
An diesem Punkt wird auch deutlich, warum die Energiesparvorschriften im Gewerberecht (Fn. 51) eine Sonderstellung einnehmen: Abgesehen davon, daß ihr Ziel dem Gewerberecht bisher fremd war, unterscheiden sie sich von den anderen wirtschaftslenkenden Bestimmungen des Gewerberechts dadurch, daß sie nicht auf bestimmte Gewerbe beschränkt sind.
111
§ 3 Verordnung des BMHGI BGBl. 407.
112
Vgl. Text in Fn. 79.
113
Zusammenstellung bei Mache/Kinscher (Fn. zur Einteilung der Gewerbe Fn. 79.
114
§ 16 Abs. 1 GewO.
1975/315 i . d . F . BGBl. 1982/
58),
S. 856 f f . ;
Franz Merli
272
chenden Schulbesuch und mehrjährige Berufspraxis erfordert
115
Die Freiheit der Erwerbsausübung ist somit weitgehend von der Freiheit der Berufsausbildung abhängig,
und diese besteht wie116 etwas gesetzlich detailliert Geregeltes zu tun
derum darin, Die
wirtschaftlichen
auf
der
Hand:
Implikationen
Sie
wirken
vor
dieser
Bestimmungen
liegen
allem
wettbewerbsbeschrän-
kend 1 1 7 . Bestimmungen regeln die Produktion, z.B. durch Be118 , oder die Produktionsmittel, etwa 119 durch Ausstattungsanforderungen an Gaststätten oder Kon120 taktlinsenoptikerbetriebe
- Andere
triebszeitenbeschränkungen
- Manchmal selbst,
betreffen z.B.
gewerberechtliche
Regelungen
die
Produkte
die Mindestanforderungen an Waren und Dienstlei121
stungen aus Energiespargründen
- Schließlich verfügt das Gewerberecht Beschränkungen der unternehmerischen
Handlungsfreiheit,
die
sich
auf
das Umfeld der
115
Wer etwa selbständiger Maler und Anstreicher werden w i l l , muß nach Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht, nach der dreijährigen Lehre (Verordnung BGBl. 1975/268, zuletzt i.d.F. BGBl. 1984/419) einschl. des Berufsschulbesuches (§ 20 SchulpflichtG BGBl. 1962/241, zuletzt i . d . F . BGBl. 1982/ 366) und nach der Lehrabschlußprüfung eine mindestens zweieinhalbj ährige Verwendungszeit im Beruf hinter sich bringen, bevor er zur Meisterprüfung antreten kann (§ 18 Abs. 3 GewO). Zum zeitlichen Aufwand kommen bei entsprechender Arbeitsmarktlage noch die Schwierigkeiten, eine Lehrstelle und auch danach Arbeit zu finden; v g l . auch Fn. 144.
116
Vgl. auch o. bei Fn . 12 und 13.
117
Vgl. Text in Fn . 59.
118
Vgl. Nachw. o. Fn. 32, 33, 66.
119
Vgl. Nachw. o. Fn. 60.
120
Vgl. Nachw. 0. Fn. 42.
121
Dazu Fn. 51.
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
Produktion beziehen, die Werbung 123 Der
Schwerpunkt
des
wirtschaftspolitischer zentenorientierten
6.
z.B.
auf die Geschäftsanbahnung
gewerberechtlichen Zielsetzung
liegt
aber
273
122
Instrumentariums eindeutig
in
oder
mit
produ-
Regelungen.
Entwicklungslinien im Gewerberecht
Vergleicht man diesen Befund über den status quo (Teile 4 und 5) 124 125 mit früheren Regelungen , vor allem mit der GewO 1859 , lassen sich in ganz groben Zügen folgende Entwicklungen feststellen:
122
Vgl. Nachw. o. Fn. 56 und 57.
123
Haller,- Gewerberechtliche Probleme der Werbung, ( H r s g . ) , Das Recht der Werbung, 1984, S. 181 f f .
124
Darstellungen des Gewerberechts im 19. Jahrhundert und seiner Vorläufer finden sich z.B. bei Kopetz, Österreichische Gewerbs-Gesetzkunde I 1829, I I 1830; Seltsam/Posselt, Kommentar zur Gewerbeordnung, 2. Aufl. 1885; Seltsam, System des österreichischen Gewerberechts, 1899; Mayerhofer/Pace ( H r s g . ) , Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst V I , 5. Aufl. 1900, S. 801 f f . ; Mischler/Ulbrich ( H r s g . ) , Österreichisches Staatswörterbuch I I , 2. Aufl. 1906, S. 463 f f . ; für die weitere Entwicklung v g l . Heller, Das österreichische Gewerberecht, 1908; Dokupil ( H r s g . ) , Die Gewerbeordnung, 1908; Heilinger, Österreichisches Gewerberecht, 3. Aufl. 1909; Kulisch, System des österreichischen Gewerberechts, 2. Aufl. 1912; Praunegger, Das österreichische Gewerberecht I 1924, I I 1926, I I I 1927; Heller/Laszky/Nathansky, Kommentar zur Gewerbeordnung, 1935; Praunegger, Die österreichische Gewerbeordnung, 1948; Mache (Fn. 23). Eine kurze Zusammenfassung der Entwicklung gibt Adamovich sen., Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts I I , 1953, S. 184 f f . Zu den Neuerungen durch die Einführung der Gewerbeordnung 1973 Barfuss, Wird die neue Gewerbeordnung das Gewerberecht entscheidend verändern? ÖZW 1974, 10 f f . ; Kupka, Die Neuerungen in der Gewerbeordnung 1973, 1973; Oberndorfer, Das neue österreichische Gewerberecht, GewArch 1974, 319 f f . ; Kupka, Die Wirkungen der neuen Gewerbeordnung, WipolBl. 1985 H 1, 32 f f .
125
Vgl. Nachw. o. Fn. 23.
in: Aicher
Franz Merli
274
6.1
An den Zielen des Gewerberechts hat sich wenig geändert.
Auch die GewO 1859 enthielt Bestimmungen zum Schutz von Leben, 126 Gesundheit und Vermögen der Beteiligten , zum Konsumenten127 128 schütz , zur Versorgungssicherung , zur Sicherung eines be129 130 stimmten Leistungsstandards und zur Wettbewerbsregelung 131 Weggefallen sind der Arbeitnehmerschutz und die mit der Re132 gelung der gewerblichen Berufsausbildung verbundenen Ziele, weil sich ben^
.
die entsprechenden Neu hinzugekommen
Rechtsbereiche sind dagegen
verselbständigt das
ha-
Energiesparen^^
126
Z.B. §§ 31 f f . GewO 1859 (Betriebsanlagen); aber auch die Anforderungen an die Fähigkeiten und Kenntnisse des Gewerbetreibenden dürften ursprünglich eher sicherheitspolizeilich motiviert gewesen sein - vgl. Fn. 129 und 141.
127
Z.B. §§ 50 (Verbot des Verkaufs im Umherreisen), 55 (Preissatzungen), 56 (Ersichtlichmachung von Preisen) GewO 1859.
128
§§ 56 (Pflicht zur Vorratshaltung von täglichen Bedarfswaren), 57 (Betriebspflicht für Bäcker, Fleischer und Rauchfangkehrer) GewO 1859.
129
Z.B. § 19 GewO 1859, der für die "mit Preßerzeugnissen sich befassenden Gewerbe . . . genügende allgemeine Bildung" verlangt; weitere Befähigungserfordernisse normieren die §§ 22 (Schiffergewerbe), 23 (Baugewerbe), 24 (Rauchfangkehrer), 25 (Büchsenmacher), 26 (Erzeuger von Feuerwerkskörpern), 27 (Giftverschleißer) GewO 1859; v g l . auch § 30 GewO 1859.
130
§ 18 GewO 1859 verlangt die Berücksichtigung der "Localverhältnisse" bei der Konzessionserteilung für 10 Gewerbe; v g l . auch § 30 GewO 1859.
131
Der Arbeitnehmerschutz war in der GewO 1859 noch kaum berücksichtigt; die §§ 72 f f . GewO handelten allgemein von den arbeitsrechtlichen Beziehungen "zwischen den selbständigen Gewerbetreibenden und ihrem Hilfspersonal". Erst die Novelle 1885 (RGBl. 22) brachte spezifische Arbeitnehmerschutzbestimmungen .
132
§§ 88 f f . GewO 1859.
133
Vgl. dazu Fn. 34 und 36.
134
Vgl. o. Fn. 51.
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
und der
Umweltschutz,
soweit
von Betriebsanlagen hinausgeht
er über 135
den Schutz
Ziele
und
in
Regelungen mit sich gebracht,
der
Dichte
der Nachbarn
aber in der Ge-
Größere Veränderungen hat die Rechtsentwicklung wichtung einzelner
275
der
entsprechenden
was natürlich auch mit dem Fort-
schritt der Technik und gesteigerten rechtsstaatlichen
Anforderun-
gen zusammenhängt. Sicherheitsvorschriften
- Die gewerblichen
differenzierter geworden.
sind
viel
genauer und
Fand etwa die GewO 1859 bei der Ge-
nehmigung von Betriebsanlagen im wesentlichen mit dem Auftrag das Auslangen, kommenden
die
Behörde habe
"die
allenfalls
zu prüfen und die etwa 136 gungen und Beschränkungen vorzuschreiben" ,
geltende
Übelstände
Betriebsanlagenrecht
zehn
Betracht Bedin-
so umfaßt das
ausführliche
mit einer - Vielzahl von Definitionen, 137 Verordnungsermächtigungen
in
nötigen
Paragraphen
Abwägungsklauseln
und
- Der von der GewO 1859 nur punktuell berücksichtigte Konsumentenschutz hat im Lauf der Zeit eine starke Aufwertung erfahren und
Niederschlag
in Ausübungsregeln 138 nungsform für einzelne Gewerbe , aber auch in Bestimmungen
der
vor
allem
GewO
1973
über
in
Verord-
allgemeinen
Informationspflichten 139 Verbote bestimmter Geschäftspraktiken gefunden.
und
- Die größte Veränderung betrifft wohl die Sicherung des gewerblichen Leistungsstandards.
Die GewO 1859 verlangte nur für den
135
Vgl. o. Fn. 48.
136
§ 31 GewO 1859; v g l . auch § 36.
137
§§ 74-84 GewO 1973; Gesamtdarstellung bei Stolzlechner/ Wendl/Zitta ( H r s g . ) , Die gewerbliche Betriebsanlage, 1986; weiters Duschanek, Die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen, in: Rill (Fn. 28), S. 257 f f .
138
Vgl. o. Fn. 58.
139
Vgl. Nachw. o. Fn. 53, 54, 55, 56.
Franz Merli
276
Antritt weniger konzessionierter Gewerbe die nötigen Kenntnisse 140 oder Fähigkeiten . Durch die GewO-Novelle 1883 wurde der gesetzliche Befähigungsnachweis für den neuen Gewerbetypus der 141 Handwerke eingeführt . Nach und nach stiegen die Anforderungen an die Kenntnisse des Bewerbers (Einführung der obli142 gatorischen Gesellenprüfung 1907 , obligatorische Meisterprüfung 1934 ), und die Prüfungsvorschriften wurden immer um144 fangreicher - Im Bereich
der Regelung
des gewerblichen
die Entwicklung dagegen nicht so linear.
Wettbewerbs
verlief
Im Gegensatz zu vor-
angegangenen Regelungen war die GewO 1859 von liberalem Geist getragen;
sie kannte nur 14 konzessionierte Gewerbe; alle übri145 gen waren zunächst freie Gewerbe . Im Lauf der Zeit verschob sich das Verhältnis soweit zuungusten der freien Gewerbe 146 , so daß "vom Grundsatz der Gewerbefreiheit . . . faktisch 140
Vgl. o. Fn. 129.
141
RGBl. 39; den doppelten Zweck des Befähigungsnachweises (Leistungssteigerung und Konkurrenzschutz - vgl. Fn. 59) macht schon die Begründung der GewO-Novelle 1883 (Bericht des Gewerbeausschusses des Abgeordnetenhauses) k l a r : Entscheidend sei der "Schutz der redlichen Arbeit und der bestehenden Gewerbebetriebe gegen Konkurrenz und Schleuderproduktion, ein Schutz gegen Unerfahrenheit, ungenügendes Können und Vermögen sowie Leichtsinn beim Antritt des Gewerbes sowie ein Schutz der Konsumenten, der Käufer von unsolider Ware" (zit. nach Hache/Kinscher - Fn. 58 - IV).
142
RGBl. 26.
143
BGBl. I I , 322.
144
Übersicht über die geltenden Meisterprüfungsordnungen und Verordnungen über Befähigungsnachweise für gebundene und konzessionierte Gewerbe bei Mache/Kinscher (Fn. 58), S. 112 f f . , 120 f f .
145
§§ 3, 16 GewO 1859.
146
Einführung der Handwerke 1883 (Fn. 141), vielfache Konzessionierungen von Gewerben durch eigene Gesetze oder Verordnungen aufgrund § 30 GewO 1859 (Übersicht in Mischler/ Ulbrich - Fn. 124 - S. 470), (vorübergehende) Gewerbesperre (Fortsetzung Fußnote)
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
nichts mehr übrig ( b l i e b D i e wieder eine Liberalisierung, schaffung der
dagegen
die sich in einer weitgehenden Ab-
Bedarfsprüfung,
sionsgewerbe und Handwerke, ters,
GewO 1973 brachte
277
der
Verringerung
der
Konzes-
der Herabsetzung des Mindestal-
dem Ausbau der gewerblichen Nebenrechte und in der Er-
leichterung des Übergangs in verwandte Gewerbe äußerte
6.2
Instrumentariums
Auch im Bereich des wirtschaftspolitischen
zeigt ein Vergleich,
daß Veränderungen eher den Stellenwert ein-
zelner Instrumente als ihren Katalog betreffen. Sieht man von Energiesparvorschriften der GewO 1859 jene Instrumente,
ab,
finden sich schon in
die hier
als
gewerberechtliche
Wirtschaftslenkungsmaßnahmen bezeichnet werden: die Bedarfsprü149 150 151 fung , die Preisregelung , die Betriebspflicht ; einen Kontrahierungszwang enthielt die GewO 1859 nicht, dafür aber die 151 Pflicht zur Vorratshaltung von Waren des täglichen Bedarfs Darüber hinaus
aber
hatten
wirtschaftsgestaltend wirken,
die meisten Instrumente,
dern dienten vor allem dem Schutz von Leben, cherheit der Menschen. derungen den,
1883 ihre
son-
Gesundheit und Si-
Exemplarisch zeigt sich das an den Anfor-
an die Fähigkeiten
und Kenntnisse
die erst mit der Einführung
nachweises
die heute
noch kaum diesen Charakter,
starke
des Gewerbetreiben-
des gesetzlichen
wettbewerbsregelnde
Befähigungs-
Bedeutung
er-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 1933 (BGBl. 53 und 84), Einführung der gebundenen Gewerbe durch die GewO-Novelle 1934 (BGBl. I I , 322). 147
Mache/Kinscher (Fn. 58) V.
148
Barfuss, Kupka, zur RV (Fn. 37).
149
Vgl. Nachw. o. Fn. 130.
150
Hierzu Nachw. o. Fn. 127.
151
Vgl. o. Fn. 128.
Oberndorfer (Fn.
124); v g l . auch die EB
278
Franz Merli
hielten 152 .
Auch
produktionsbezogene Regelungen waren nur am 153 Rande wirtschaftsgestaltend . Produktorientierte Vorschriften aus
wirtschaftspolitischen
Gründen
fehlten
in
der
GewO
1859
über-
haupt. Nur im Bereich des Umfeldes der Produktion finden sich bereits deutliche Vorläufer heutiger (konsumentenschützender) I n Strumente 154
6.3 die ben:
Will man nun eine Prognose abgeben, linearen
Entwicklungstendenzen
des
so kann man getrost
Gewerberechts
fortschrei-
Zu erwarten sind somit Ausbau und Verfeinerungen
cherheits-,
Umweltschutz-
und
der Si-
Konsumentenschutzregelungen
und
wohl auch eine weitere Steigerung der Anforderungen an die Qual i t ä t der Leistungen.
7.
Tendenzen außerhalb des Gewerberechts
Das gezeigte
Bild
bleibt
aber
bruchstückhaft,
auch Tendenzen außerhalb des Gewerberechts
wenn man
berücksichtigt,
nicht die
für die Gewerbeausübung bedeutend sind und denen auch ähnliche Ziele wie dem Gewerberecht zugrundeliegen. Ich möchte das nur in zwei Punkten verdeutlichen, die aktuelle Entwicklungen
7.1
betreffen.
Umweltschutz
Ist der Umweltschutz auch eines der Hauptanliegen chen Betriebsanlagenrechts,
des
gewerbli-
so erschöpft er sich aber keinesweges
in diesen zehn Paragraphen der GewO.
Nach dem Kumulationsprin-
152
Vgl. dazu Fn. 129 und 141.
153
Z.B. die Ausnahmen von der Polizeistunde im Gastgewerbe, die der Bedarfsdeckung dienen; Mischler/Ulbrich (Fn. 124), S. 500.
154
Vgl. hierzu o. Fn.
127.
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
279
155 zip des österreichischen Verwaltungsrechts
ist für die
Errich-
tung einer gewerblichen Betriebsanlage je nach ihrer Beschaffen156 heit eine Vielzahl von Bewilligungen nach anderen Vorschriften notwendig;
gerade
in
ihrem
motivierte Veränderungen
Bereich
festzustellen.
sind
große
umweltpolitisch
Drei Beispiele sollen das
illustrieren: - Das Forstgesetz
1975 machte Anlagen,
die forstschädliche Luft157 Verunreinigungen verursachen, bewilligungspflichtig . Interessant sind dabei aber vor allem die behördliche Pflicht zur Feststellung von Verursachern von Immissionsgrenzwertüberschreitungen 158 und die Sonderregelungen über die Haftung der Verursacher - vor allem die Einführung der Gefährdungshaf159 tung , die gesetzlichen Vermutungen über die Verursachung und die damit verbundene Beweislastumkehr in bestimmten 160 gen
-
Nach
dem 1981 in
haben neuerrichtete
Kraft
getretenen
Dampfkessel-Emissionsgesetz
Dampfkesselanlagen unabhängig
der Nachbarn Emissionen
Fra-
zu vermeiden,
soweit dies
vom Schutz nach dem
155
Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 229.
156
Übersicht bei Merli, Die Betriebsanlage im sonstigen öffentlichen Recht, in: Stolzlechner/Wendl/Zitta (Fn. 137), S. 105 ff.
157
§ 49 ForstG 1975, BGBl. 440 i . d . F . BGBl. 1977/231, 1978/142; Duschanek, Luftreinhaltepflichten nach dem Forstgesetz, ZfV 1983, 255 f f . , hält diese Regelungen aus kompetenzrechtlichen Gründen für verfassungswidrig; ebenso Funk, Verfassungsrechtliche Fragen der Bundeszuständigkeit zur Abwehr gefährlicher Umweltbelastungen, 1984, S. 14.
158
§§ 51 Abs. 1, 52 ForstG 1975.
159
§ 53 ForstG 1975; Jabornegg, Bürgerliches Recht und Umweltschutz, Gutachten zum 9. Osterreichischen Juristentag, 1985, 1/4, S. 82 f f .
160
§ 54 ForstG 1975; v g l . auch S 53 Abs. 2.
Franz Merli
280
l fil Stand der Technik möglich ist
.
Im Augenblick ist gerade e i -
ne Novelle zu diesem Gesetz in Vorbereitung, sche Anpasungspflicht
die eine dynami-
aller Dampfkesselanlagen
an den
jeweils 162
durch Verordnung neudefinierten Stand der Technik vorsieht Vom Betriebsanlagenrecht der GewO unterscheiden sich diese Regelungen durch das Vorsorgeprinzip unabhängig von konkreten
(Vermeidung von Emissionen
Immissionsfolgen)
lege und allgemein geltende
und durch
Anpassungspflicht
ja nur nachträgliche Auflagen
(die
durch individuelle
die
ex
GewO sieht Verwaltungs-
akte v o r 1 6 3 ) . 164 - Schließlich sind in einer Regierungsvorlage
wesentliche Neue-
rungen für die verschiedenen Anlagenbewilligungsverfahren
vor-
gesehen,
und
die
die die
Beteiligung
Rechte betreffen. einer
Konzentration von
von
Bürgern
Bewilligungsverfahren
ohne
Berufung
auf
subjektive
Darüber hinaus ist ein Gesetz zur Einführung
Umweltverträglichkeitsprüfung
für Großprojekte
in
Vorbe-
reitung 1 6 ^. Auch außerhalb des Betriebsanlagenrechts gibt es einige neue Umweltschutzgesetze, nannt
seien
die
für Gewerbebetriebe wesentlich sind. Ge166 aus 1979 und das Sonderab-
nur das Altölgesetz
161
§ 2 Abs. 1 lit. a DKEG, BGBl. 1980/559; Duschanek, Das Dampfkessel-Emissionsgesetz - ein Modell künftiger Umweltschutzgesetzgebung? ÖZW 1981, 104 f f . , bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit des DKEG aus kompetenzrechtlichen Gründen; ebenso Funk (Fn. 157), S. 15 f f .
162
Entwurf des Bundesministeriums für Bauten und Technik, 47310/1-1V/7/85.
163
Schäffer, Bescheidänderung, (Fn. 137), S. 140 f f .
164
841 BlgNR XVI.GP.
165
Entwurf des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, ZI. IV-52.190/97-2/85.
166
BGBl. 1979/138; Duschanek, Offene Fragen im Altölgesetz, ZfV 1980, 289 f f . ; Fischer, Gedanken zum österreichischen Altölgesetz, ÖGZ 1980, 219 f f . ; auch hier werden in Teilbe(Fortsetzung Fußnote)
in:
ZI.
Stolzlechner/Wendl/Zitta
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
fallgesetz aus 1983
1 fi7 ,
281
die Sondervorschriften für die Behandlung
bestimmter gewerblicher Abfälle enthalten, sowie das Waschmittel168 169 und das Düngemittelgesetz aus 1985 , die aus gesetz aus 1984 umweltpolitischen
Gründen
Qualitätsanforderungen
an
gewerbliche
Produkte stellen. Alle diese Vorschriften stützen sich zum Teil auf 170 die Gewerberechtskompetenz des Bundes und hätten daher insoweit genausogut in die GewO integriert werden können.
7.2
Subventionen
Die Förderungsverwaltung ist gerade für das Gewerbe und die Industrie in der letzten Zeit immer wichtiger geworden 171 . Heute ist eine
Übersicht
über die verschiedenen Subventionsmöglichkeiten 172 kaum mehr möglich . Im folgenden sollen nur einige grundsätzliche Fragen stichwortartig behandelt werden, reich typisch sind und auch zeigen,
die für diesen Be-
daß sich die österreichische
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) reichen kompetenzrechtliche Zweifel vorgebracht, auf das SonderabfallG übertragen lassen.
die
sich
167
BGBl. 1983/186.
168
BGBl. 1984/300.
169
BGBl. 1985/488.
170
Vgl. die Materialien: AB 1238 BlgNR XIV.GP (AltölG); RV 1228, AB 1479 BlgNR XV.GP (SonderabfallG); RV 185, AB 332 BlgNR XVI.GP (WaschmittelG); RV 670, AB 744 BlgNR XVI.GP (DüngemittelG); freilich ist diese kompetenzrechtliche Begründung nicht unumstritten.
171
Dies zeigt schon ein Vergleich der Bundesfinanzgesetze 1970 und 1985 (jeweils BGBl. 1): Unter dem Ansatz 1/631 (BMHGI, Förderungsmaßnahmen, laufende Ausgaben und Vermögensgebarung) sind 1970 346,571 Mio S veranschlagt (S. 118), während es 1985 2253,434 Mio S sind (S. 134).
172
Eine Zusammenstellung findet sich in der Ringmappe: Kreditmöglichkeiten für die gewerbliche Wirtschaft, 9. Aufl. 1984, herausgegeben von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft.
Franz Merli
282
Rechtslage
in
manchem wesentlich
von
jener
der
Bundesrepublik
unterscheidet. "Subvention
im verwaltungsrechtlichen
werte Zuwendung
Sinne ist
aus öffentlichen Mitteln,
eine
die ein
VermögensVerwaltungs-
rechtsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher
Mittel be-
traute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen läßt,
sofern
sich dieses statt zur Leistung eines marktmäßigen Entgelts zu e i nem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten halten bereit e r k l ä r t . " Verschiedentlich 174 nisse
,
rechtlichem
in
171
finden
der
.
sich
Regel
Vertrag.
Ver-
zwar hoheitliche
erfolgt
die
Subventionsverhält-
Förderung
aber mit
privat-
Institut des öffentlich-rechtlichen Ver175 träges ist dem österreichischen Recht fremd . Subventionen werden von Bund,
Das
Ländern und Gemeinden zum Teil direkt vergeben,
zum Teil bedient sich der Staat eigener Rechtsträger (öffentlichrechtlicher Fonds oder Kapitalgesellschaften des Privatrechts 176 ) als Subventionsmittler. Für manche Förderungen bestehen eigene 177 , die meisten beruhen jedoch nur auf internen Erlassen
Gesetze 173
Wenger, Funktion und Merkmale eines verwaltungsrechtlichen Subventionsbegriffes, in: Wenger ( R e d . ) , Förderungsverwaltung, 1973, S. 15 f f . (42); Abgabenerleichterungen werden in der Regel nicht als Subventionen betrachtet: Adamovich/ Funk (Fn. 92), S. 180; v g l . auch Ruppe, Steuerbegünstigungen als Subventionen?, in: Wenger (diese F n . ) , S. 57 f f .
174
Z.B. § 13 Bergbauförderungsgesetz BGBl. 1982/636.
175
Ansätze dafür bilden nur gesetzlich vorgesehene Vereinbarungen zwischen Abgabenpflichtigem und Behörde über die Modalitäten der Zahlungen, wie z.B. § 3 Abs. 2 Steiermärkisches ParkgebührenG 1979, LGB1. 21; Wielinger, Was bringt der verwaltungsrechtliche Vertrag? ZfV 1983, 14 f f .
176
Beispiele bei Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 180 f .
177
Meist handelt es sich um sog. "Statutar-" oder "Selbstbindungsgesetze", die die privatrechtlich handelnden Organe des Staates binden, ohne aber Außenstehenden Rechtsansprüche einzuräumen; Beispiele bei Wenger, Zur Problematik der österreichischen "Selbstbindungsgesetze", in: Festschrift F. (Fortsetzung Fußnote)
BGBl.
1979/137
i.d.F.
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
und
Richtlinien
Die
Ziele
fältig
der
wie
die
283
178 verschiedenen
Subventionsmaßnahmen sind so v i e l 179 Staatsaufgaben überhaupt . Manche von ihnen
f a l l e n mit Zielen des Gewerberechts zusammen,
z.B.
wenn es um
die
Wettbewerbsverbesserung durch die Förderung von Klein- und 180 Mittelunternehmen , um die Hebung des Leistungsstandards im 181 182 183 Gewerbe , die Versorgungssicherung , das Energiesparen 184 oder den Umweltschutz geht. Hier wird deutlich, auch mehr)
daß der Staat mit Subventionen dasselbe
erreichen
kann
wie mit gewerberechtlichen
(oder
Instrumen-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Korinek, 1972, S. 189 f f . (190); v g l . auch Laurer, Vom Wesen und.Wert der Selbstbindungsgesetze, i n : Festschrift Weng e r , 1983, S. 109 f f . m.w.Nachw. 178
Z.B. Binder, Die neuen ÖZW 1977, 77 f f .
Förderungsrichtlinien
des
179
Eine Übersicht über e i n i g e wichtige Förderungsbereiche g e ben die Beiträge von Jennersdorfer ( A r b e i t s m a r k t ) , Schmotzer (Landwirtschaft), Mayer (Wohnbau) und Machold (Forschung), i n : Wenger (Fn. 173).
180
Z.B. Bundesgesetz über Maßnahmen zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft, BGBl. 1982/351; Stolzlechner, Mittelstandsförderung. Ein Überblick über die Rechtslage, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 665 f f .
181
Vor allem im Fremdenverkehr; v g l . z . B . die Bundesprämienaktion "Komfortzimmer und Sanitärräume" (Ringmappe-Fn. 139-A 5) oder verwandte Einrichtungen der Länder, etwa "Schöneres Gasthaus Niederösterreich" (Ringmappe-Fn. 172-N 9c).
182
Z . B . die Niederösterreichische Merkantil-Sonderaktion bensmittelnahversorger (Ringmappe-Fn. 172-N 9 b ) .
183
Z . B . (Bundes-)Investitionszuschüsse an Industriebetriebe zur Anschaffung von Meßgeräten für die Überwachung des i n n e r betrieblichen Energieflusses (Ringmappe-Fn 172-A 27).
184
Z.B. UmweltfondsG, BGBl. 1983/567.
Bundes,
für Le-
284
Franz Merli
ten.
Daß
durch
Subventionen
auch
liegt auf
die
den Wettbewerb
unternehmerische
der Hand.
sigkeit derartiger
in
Damit stellt
eingreifen
Freiheit sich die
185
beschränken
und
da-
können,
Frage nach der Zuläs-
Maßnahmen.
Entscheidend dafür ist nach österreichischem Verständnis nicht ihr sondern ihre Form. Hoheitliche Subventionsverhältnisse
Inhalt,
reiten im allgemeinen wenig Probleme.
be-
Wählt der Staat aber nicht
den Bescheid,
sondern - wie es in der Regel geschieht - den p r i -
vatrechtlichen
Vertrag,
Schranken, tenzordnung, 186
so
befreit
er
sich
weitgehend
die ihm bei hoheitlicher Gestaltung das
Legalitätsprinzip
und
die
von
den
durch die
Kompe-
Grundrechte
gesetzt
Probleme der Durchsetzung von Subventionszielen und des 187 Rechtsschutzes werden damit zu solchen des Privatrechts . Das sind
.
mag vom Standpunkt grüßenswert sein, ten in
sich.
der
Flexibilität
der Wirtschaftsförderung
b i r g t aber offensichtlich
be-
Mißbrauchsmöglichkei-
Situation war 188 immer wieder Anlaß für Kritik durch die österreichische Lehre , und sie hat auch zu Versu-
chen geführt, Einschlägige Grundrechte,
Diese
Mißbrauchsverbote
aus
der Verfassung
abzuleiten.
Konstruktionen postulieren die189Fiskalgeltung der vor allem des Gleichheitssatzes , eine Beschrän-
185
Stadler, Renovation als Element einer modernen Mittelstands1985 H l , 69 f f . , gibt an, daß 85 % der politik, WipolBl. direkten Wirtschaftsförderung an Großbetriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten gehen, obwohl diese Unternehmen kaum 20 % der Arbeitnehmer beschäftigen.
186
Zusammenfassend zu den Konsequenzen der "Flucht ins P r i vatrecht" Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 137 f f . (142 f f . ) ; weiters Novak, Konsumentenschutz im Bereich der Subventionsverwaltung, in: Schilcher/Bretschneider ( H r s g . ) , Konsumentenschutz im öffentlichen Recht, 1984, S. 157 f f .
187
Dazu Wilhelm, Privatrechtliche Probleme der Subventionen, in: Wenger (Fn. 173), S. 195 f f . ; Krejci, Zivilrechtliche Fragen zum neuen Wohnungsbauförderungs- und Wohnhaussanierungsrecht, ÖZW 1985, 1 f f . , 33 f f .
188
Hinweise auf die kaum mehr überschaubare Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 137 f .
189
Griller,
Drittwirkung
Literatur
bei
und Fiskalgeltung von Grundrechten, (Fortsetzung Fußnote)
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich
285
190 kung
der
Privatrechtsfähigkeit
der
Gebietskörperschaften
oder
die Begrenzung der Wahlmöglichkeiten des Staates im Hinblick auf hoheitliche
(bescheidmäßige)
So verdienstvoll
und
privatrechtliche
diese Theorien auch sein mögen,
den entscheidenden Nachteil,
Handlungsfor-
sie haben aber
daß es in der Regel - nämlich immer
dann,
wenn auf Abschluß des privatrechtlichen Förderungsvertra192 ges kein Rechtsanspruch besteht - kein Verfahren gibt, in dem sie vom einzelnen zur Anwendung gebracht werden
österreichische
Rechtsschutzsystem
ist
könnten.
Das
rechtsformenbezogen:
Be-
schwerden gegen individuelles Verwaltungshandeln vor dem Verfassungs-
und
hoheitlich,
Verwaltungsgerichtshof
sind
nur zulässig,
wenn es
d.h.
in Bescheidform oder als Maßnahme der 193"unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt" erfolgt . Privatrechtliche Verträge unterliegen dagegen -
auch wenn
sie Ver-
waltungshandeln betreffen - der Jurisdiktion der ordentlichen Gerichte.
Wem der Vertragsabschluß verweigert wird,
bekämpfbarer Rechtsakt 194 .
dem fehlt ein
Gerade die Subventionsvergabe ist so-
(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) ZfV 1983, 1 f f . , 109 f f . m.w.Nachw. 190
Korinek (Fn. 17).
191
Raschauer, Grenzen der Wahlfreiheit zwischen den Handlungsformen der Verwaltung im Wirtschaftsrecht, ÖZW 1977, 1 ff.; ders., Verfassungsrechtliche Fragen der Wohnbauförderung, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 121 f f .
192
Das ist fast immer der Fall; eine Ausnahme bildet z.B. § 4a Abs. 4 MühlenG, BGBl. 1981/206 i . d . F . BGBl. 1982/306, 1984/ 260.
193
Art. 130 Abs. 1, 144 Abs. 1 B-VG.
194
Privatrechtliche Rechtsschutzmöglichkeiten ergeben sich a l lenfalls aus dem Titel culpa in contrahendo und auch für Konkurrenten aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 1984/448): Nach dessen §§ 1, 14, 15 und 16 hat ein Mitbewerber einen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz bei sittenwidrigen Handlungen eines anderen Unternehmers im Geschäftsverkehr; dies betrifft auch die sittenwidrige Subventionsvergabe durch den Staat als Privat(Fortsetzung Fußnote)
286
mit ein
F r a n z Merli
Feld f ü r r e c h t s p o l i t i s c h e Anliegen,
j e n e r der F ö r d e r u n g s v e r w a l t u n g
deren Bedeutung mit
wächst.
(Fortsetzung Fußnote von v o r a n g e g a n g e n e r Seite) r e c h t s s u b j e k t ; Bernärd, Die J u d i k a t u r zum F ö r d e r u n g s w e s e n , i n : Wenger ( F n . 173), S. 273 f f . ( 2 8 4 ) ; v g l . auch die in Fn. 187 a n g e f ü h r t e n Arbeiten.
Referenten der 26. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter der Fachrichtung "Öffentliches Recht" in Kiel, 11. - 14. März 1986
Ass. j u r . , M.A. Josef Brink Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht Fachbereich Rechtswissenschaft - Institut für Öffentliches Recht Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main Senckenberganlage 31 6000 Frankfurt/Main 1 Ass. j u r . Wolfgang Engshuber Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtswissenschaft Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften Universität der Bundeswehr München Werner-Heisenberg-Weg 39 8014 Neubiberg Dipl.-Kaufmann Dr. j u r . Rolf Gröschner Akademischer Rat Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl für Öffentliches Recht Lange Gasse 20 8500 Nürnberg 1
288
Dr. Paul Henseler Hochschulassistent Fachbereich Rechtswissenschaft Universität Trier Postfach 3825 5500 Trier Lic. iur. David Jenny Wissenschaftlicher Mitarbeiter Juristische Fakultät Universität Basel Maiengasse 51 CH-4056 Basel Dr. Dr. Bernhard Losch Hochschulassistent Rechtswissenschaftliche Fakultät Eberhard-Karls-Universität
Tübingen
Wilhelmstraße 7 7400 Tübingen Dr. Franz Merli Wissenschaftlicher Assistent Institut für Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre Kalr-Franzens-Universität Graz Elisabethstraße 27 A-8010 Graz Dr. Joachim Wieland Wissenschaftlicher Mitarbeiter Bundesverfassungsgericht Schloßbezirk 3 7500 Karlsruhe
Teilnehmer an der 26. Tagung der Wissenschaftlichen Hitarbeiter der Fachrichtung "Öffentliches Recht" in Kiel, 11. - 14. März 1986
Dr. Christine
AINETTER
Universität Graz
Elke-Luise
BARNSTEDT
Universität Osnabrück
Dr. Hartmut
BAUER
Universität Augsburg
Christiane
BETZ
Ruhr-Universität Bochum
Wolfgang
BINNE
Universität Frankfurt
Klaus
BOCKSLAFF
Christian-Albrechts-Universität
BRINK
Universität Frankfurt
Wolfgang
BUSCHMANN
Christian-Albrechts-Universität
Klaus
DICKE
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
Karin
DIETRICH
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
Dr. Horst
DREIER
Universität Hannover
Wolfgang
ENGSHUBER
Universität der Bundeswehr München
Thomas
FITSCHEN
Universität Saarbrücken
Jutta
FÖRSTER
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Klaus Peter
FRENZEN
Christian-Albrechts-Universität
Thomas
GAWRON
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin
Dr. Rolf
GRÖSCHNER
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Sönke
HAGGE
Lorenz-von-Stein-Institut Kiel
Peter
HANTEL
Freie Universität Berlin
Ursula
HEINZ
Christian-Albrechts-Universität
M.A.
Josef
Dr. Hans-Günter HENNEKE
Lorenz-von-Stein-Institut Kiel
Kiel Kiel
Kiel
Kiel
290
Dr. Paul
HENSELER
Universität Trier
Walter
HESS
Universität Stuttgart-Hohenheim
Martina
HINTZ
Christian-Albrechts-Universität
Sven
HÖLSCHEIDT
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Jochen
HOFMANN
Universität Würzberg
JAHN
Christian-Albrechts-Universität
JENNY
Universität Basel
Andreas
KÄDE
Christian-Albrechts-Universität
Ullrich
v.
Michael
KILIAN
Universität Tübingen
Ingrid lic.iur.
David
KENNE
Kiel
Kiel Kiel
Freie Universität Berlin
Wolfgang
KLEIN
Christian-Albrechts-Universität
Jörn
KLIMANT
Landeszentralbank Kiel
Tilo
KLINNER
Universität Passau
Andreas
KNAPP
Universität Tübingen
Andreas
KNUTH
Freie Universität Berlin
Michael
KOCH
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
Doris
KÖNIG
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
Christian
LAWRENCE
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
Egil
LEVITS
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
l i c . i u r . Bruno
LÖTSCHER
Universität Basel
Dr.Dr. Bernhard LOSCH
Universität Tübingen
Dr. Jürgen
MAKSWIT
Christian-Albrechts-Universität
Andonis
MALAGARDIS
Freie Universität Berlin
Hartmut
MALINKA
Universität Tübingen
Dr. Franz
MERLI
Universität Graz
Klaus
MESSERSCHMIDT
Universität Trier
Hubert
MEYER
Christian-Albrechts-Universität
Martin M.A.
Rainer
Kiel
Schleswig-Holstein,
MORLOK
Fernuniversität Hagen
NITSCHE
Universität Tübingen
Kiel
Kiel
Gabriele
OESTREICH
U n i v e r s i t ä t der Bundeswehr München
Eva
PALTEN
U n i v e r s i t ä t Graz
Sönke
PETERSEN
Christian-Albrechts-Universität
Christine
PLEWA
Freie U n i v e r s i t ä t
Martin
PROBST
Christian-Albrechts-Universität
Kiel Kiel
Dr. Teresa
PUSYLEWITSCH
Christian-Albrechts-Universität
Gertrud
RAPP
Universität
Hans-Günther
ROES
Christian-Albrechts-Universität
Christel
ROHRMANN
Universität
Martin
RUDOLPH
Freie U n i v e r s i t ä t
Christian
RUMPF
Universität Frankfurt
Karsten
SACH
Albert-Ludwig-Universität
Petra
SCHLAGENHAUF
Freie U n i v e r s i t ä t
Dr.
Isabel
Friedrich
Kiel
Berlin
Bayreuth Kiel
Erlangen-Nürnberg Berlin Freiburg
Berlin
SCHOCH
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
Martin
SCHÜRMANN
Christian-Albrechts-Universität
Kiel
Martin
SCHULTE
Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Christine
SCHULZE
Christian-Albrechts-Universität
lic.iur.
Karin
SOMM
U n i v e r s i t ä t Basel
Dr. Arnim
STOLZ
U n i v e r s i t ä t Graz
Dr. Rudolf
STREINZ
Universität
Passau
Sabine
THOMSEN
Universität
Heidelberg
Gerhard
UEBERSOHN
Universität Frankfurt
lic.iur.
Heinrich UEBERWASSER
Kiel
U n i v e r s i t ä t Basel
Jan
VIEBROCK
Universität
Konstanz
Nora
VOGENO
Universität
Bayreuth
Dr. Joachim
WIELAND
Bundesverfassungsgericht
Gabriele
WIESEND
Universität
Christoph
ZEYEN
Christian-Albrechts-Universität
Karlsruhe
Bayreuth Kiel