Akanthus und Zitronen: Die Welt der römischen Gärten 380535097X, 9783805350976


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Table of contents :
Front Cover
Titel
Impressum
Inhalt
Wovon dieses Buch erzählt
1. Bilder von römischen Gärten
Verlorene Gärten
Lawrence Alma-Tadema und der Traum vom Leben im römischen Garten
Viktorianer in Toga
Der römische Garten von Lawrence Alma-Tadema
Akanthus
Archäologie und Gärten
Das Pompejanum
… und sein Garten
Garten und Haus
Die Anfänge der Gartenarchäologie
2. Was wissen wir über die Gärten der Antike?
Die Gärten der Villa Borg
Welche Antike?
Die Getty-Villa
Was die Bilder erzählen
Ausgrabungen
Gartenhandbücher
Pflanzenlisten aus Griechenland
Pflanzen aus dem Wüstensand
3. Römische Gärten: Wo lagen sie und wie sahen sie aus?
Plinius der Jüngere und der Garten am Meer
Ein Landgut in der Toskana
Plinius’ Gärten
Ein kurzer Blick auf die Villa der Poppaea
Die herrschaftliche Villa auf dem Land: Fishbourne
Der Heckengarten in Fishbourne
Buchsbaum
Küchengarten
Park
Peristylgärten
Pflanzen in Fishbourne
4. Vor den Römern: Gärten in Griechenland und anderswo
In Ägypten
Gärten vor der Stadt
Philosophie im Garten
Der Garten des Epikur
Philosophie unter Platanen
Im Topf
Geheimnisvolle Adonisgärten
5. Küchengärten und Nutzgärten: Selbstversorgung auf römische Art
Bauernhof und Gutshaus
Zierpflanzen und Nutzpflanzen
Rosmarin
Küchengärten: Wo wurden sie angelegt?
Columellas Gemüsegarten
Kräuter im Garten
… und Obst
6. Blumen im Garten
Blumen für Girlanden und Kränze
Duft
Der Garten des Herkules: Ein kommerzieller Blumengarten in Pompeji
Im Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs
Rosen in Rom
Römische Rosen
Rosensorten
7. Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung
Innenhofgärten
Der Garten im Haus der Vettier
Wasser im Garten
Bäume im Hofgarten
Becken und Brunnen
Wasserbecken mit Bepflanzung
Skulpturen im Garten
Noch mehr Kunst im Garten: Oscilla, Pinakes und Wandbilder
Schaugarten
Beete und Rasenflächen
Efeu im Garten und andere Zierpflanzen
8. Leben mit dem römischen Garten
Von Zitronen und anderen neuen Arten
Gartenarbeit
Gartenwerkzeuge
Gärtner
Aufenthalt im Ziergarten
Im Grünen
Gärten und Götter
Von den Haustieren
Bienenzucht
Teiche für Fische und Enten
Lotosblumen
9. Ideen aus dem römischen Garten
Gärten auf kleinem Raum
Die Frage der Überwinterung
Blumentöpfe aus dem alten Rom
Pflanzen im Haus
Wie geht man mit Topfpflanzen richtig um?
Welche Töpfe
Einige empfehlenswerte Pflanzen für den römischen Garten
Schluss: Die Welt der römischen Gärten
Anhang
Bibliographie
Adressen
Pflanzenregister
Bildnachweis
Back Cover
Recommend Papers

Akanthus und Zitronen: Die Welt der römischen Gärten
 380535097X, 9783805350976

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Stephanie Hauschild

Akanthus und Zitronen Die Welt der römischen Gärten

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Der Verlag Philipp von Zabern ist ein Imprint der WBG. © 2017 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Gestaltung und Satz: Anja Harms, Oberursel Einbandabbildung: Fresko aus der Villa di Livia © Alamy; Zitronenbaum © Alamy Einbandgestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8053-5070-9 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-8053-5096-9 eBook (epub): 978-3-8053-5097-6

Inhalt 7

Wovon dieses Buch erzählt

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1. Bilder von römischen Gärten Verlorene Gärten – Lawrence Alma-Tadema und der Traum vom Leben im römischen Garten – Viktorianer in Toga – Der römische Garten von Lawrence Alma-Tadema – Akanthus – Archäologie und Gärten – Das Pompejanum – … und sein Garten – Garten und Haus – Die Anfänge der Gartenarchäologie

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2. Was wissen wir über die Gärten der Antike? Die Gärten der Villa Borg – Welche Antike? – Die Getty-Villa – Was die Bilder erzählen – Ausgrabungen – Gartenhandbücher – Pflanzenlisten aus Griechenland – Pflanzen aus dem Wüstensand

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3. Römische Gärten: Wo lagen sie und wie sahen sie aus? Plinius der Jüngere und der Garten am Meer – Ein Landgut in der Toskana – Plinius’ Gärten – Ein kurzer Blick auf die Villa der Poppaea – Die herrschaftliche Villa auf dem Land: Fishbourne – Der Heckengarten in Fishbourne – Buchsbaum – Küchengarten – Park – Peristylgärten – Pflanzen in Fishbourne

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4. Vor den Römern: Gärten in Griechenland und anderswo In Ägypten – Gärten vor der Stadt – Philosophie im Garten – Der Garten des Epikur – Philosophie unter Platanen – Im Topf – Geheimnisvolle Adonisgärten

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5. Küchengärten und Nutzgärten: Selbstversorgung auf römische Art Bauernhof und Gutshaus – Zierpflanzen und Nutzpflanzen – Rosmarin – Küchengärten: Wo wurden sie angelegt? – Columellas Gemüsegarten – Kräuter im Garten – … und Obst

6 Inhalt

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6. Blumen im Garten Blumen für Girlanden und Kränze – Duft – Der Garten des Herkules: Ein kommerzieller Blumengarten in Pompeji – Im Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs – Rosen in Rom – Römische Rosen – Rosensorten

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7. Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung Innenhofgärten – Der Garten im Haus der Vettier – Wasser im Garten – Bäume im Hofgarten – Becken und Brunnen – Wasserbecken mit Bepflanzung – Skulpturen im Garten – Noch mehr Kunst im Garten: Oscilla, Pinakes und Wandbilder – Schaugarten – Beete und Rasenflächen – Efeu im Garten und andere Zierpflanzen

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8. Leben mit dem römischen Garten Von Zitronen und anderen neuen Arten – Gartenarbeit – Gartenwerkzeuge – Gärtner – Aufenthalt im Ziergarten – Im Grünen – Gärten und Götter – Von den Haustieren – Bienenzucht – Teiche für Fische und Enten – Lotosblumen

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9. Ideen aus dem römischen Garten Gärten auf kleinem Raum – Die Frage der Überwinterung – Blumentöpfe aus dem alten Rom – Pflanzen im Haus – Wie geht man mit Topfpflanzen richtig um? – Welche Töpfe – Einige empfehlenswerte Pflanzen für den römischen Garten

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Schluss: Die Welt der römischen Gärten Anhang Bibliographie Adressen Pflanzenregister Bildnachweis

„Nach diesen Ausführungen bleibt noch übrig, vom Gartenbau zu reden, der sowohl für sich allein erwähnenswert ist als auch, weil das Altertum nichts früher bewunderte …“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

Wovon dieses Buch erzählt Dieses Buch erzählt von den Gärten der Römer von der Zeit der Republik im 5. Jahrhundert v. Chr. bis zum Ende der Kaiserzeit im 4. Jahrhundert n. Chr. in Rom, in den Städten rund um den Vesuv und in den Provinzen des Römischen Reichs. Es handelt davon, wie die Gärten aussahen, wer sie pflegte, was darin wuchs, und davon, welche Anregungen diese uralte Form der Gartennutzung für uns heute noch zu bieten hat. Im Mittelpunkt stehen die kleineren Nutzgärten und Ziergärten und das Leben mit dem Garten in der damaligen Zeit. Es geht um Anlage und Ausstattung der Gärten, wie sie in archäologischen und literarischen Zeugnissen überliefert wurden und wie man die Anlagen für heutige Betrachter rekonstruiert hat. Den Pflanzen der römischen Gärten, wie etwa Akanthus und Zitronen, aber auch heute weniger bekannten Gewächsen wie Kronenwucherblume oder Pferdeeppich, ist gemeinsam, dass sie als echte Kulturpflanzen ebenso wie die materiellen Güter und Artefakte der römischen Antike von den Menschen und ihrem Leben erzählen. Eine

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Wovon dieses Buch erzählt

naheliegende Möglichkeit, sich in die Antike und ihre Gartenkultur hineinzuversetzen, ist es, das Vorbild der alten römischen Hofgärten auch als Inspiration für den eigenen Stadtgarten oder Balkon zu nutzen. Zumal ja viele Arten schon damals auf kleinen Gartengrundstücken angepflanzt oder in Töpfen gepflegt wurden und deren Pflege in unseren heutigen Stadtgärten, auf Balkonen und Terrassen problemlos gelingt. Tatsächlich wirkt das Konzept der römischen Ziergärten zeitlos. Vorstellungen und Wünsche städtischer Gärtner und Gartennutzer damals wie heute erscheinen sehr ähnlich. Daher will das Buch dazu auffordern, Aspekte dieser alten Gartentradition auszuprobieren und selber tätig zu werden. In kaum einem anderen Bereich lässt sich die antike Kultur so konkret nachempfinden wie in der Gärtnerei. Ich habe versucht, die Umstände zu beschreiben, unter denen im alten Rom Gärten angelegt und gehegt wurden. Mithilfe von Dokumenten, Büchern, Bildern und archäologischen Funden wollte ich herausfinden, wie es gewesen sein könnte im römischen Garten. Viele der im Buch erwähnten Pflanzen habe ich zu diesem Zweck selbst gepflegt. Das Buch ist geprägt durch meine eigenen Erkenntnisse, Erfahrungen und Vorlieben. Es erzählt deshalb keine vollständige Geschichte der römischen Gärten, sondern greift Themen heraus, die für die Leserinnen und Leser besonders interessant und vielversprechend sein können.

„In der Ebene steht weicher und, fast möchte ich sagen, wogender Akanthus.“ (Plinius d. J., Brief an Apollinaris)

1. Bilder von römischen Gärten Ve r l o r e n e G ä r t e n

In einem antiken römischen Garten kann heute niemand mehr spazieren gehen. Wir können uns nicht mehr selbst davon überzeugen, was darin wuchs und wie die Gärtner und Planer einmal die Beete und Hecken angelegt haben. Ausnahmslos alle römischen Gärten – in Italien und anderswo – sind mehr oder minder gelungene Nachschöpfungen, die an den ursprünglichen Orten neu angelegt und nach Dokumenten, Bildern und archäologischen Erkenntnissen rekonstruiert wurden. Wenn wir heute über die Gärten der Römerzeit sprechen, reden wir daher vor allem über Gartenbilder. Über solche, die von den Römern überliefert wurden, ebenso wie über die Bilder in unseren Köpfen, die sich aus Träumen, Erzählungen, Büchern, Filmen und den archäologischen Interpretationen der historischen Stätten speisen. Sie alle prägen unsere Vorstellung von römischen Gärten. Diese Bilder spiegeln jedoch auch den Standpunkt ihrer Schöpfer und ihre ganz persönliche Vision vom Leben im und mit dem Garten in der Römerzeit.

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Bilder von römischen Gärten

Dieser Punkt wird ganz besonders deutlich, wenn man die Werke des niederländisch-britischen Malers Sir Lawrence Alma-Tadema (1836– 1912) genauer betrachtet. Wie kein anderer Maler vor ihm hat AlmaTadema in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit seiner Kunst die Welt der alten Römer und ihre Gärten zum Leben erweckt. L a w r e n c e A l m a - Ta d e m a u n d d e r Tr a u m vom Leben im römischen Garten

Bunte Blumenbeete im Innenhof eines römischen Hauses hat er gemalt. Mit Wein bewachsene Säulen, ein Hausaltar, in dem eine Flamme brennt, ein figurengeschmückter Brunnen, bemalte Mauern und in antike Gewänder gekleidete Figuren verlegen das Geschehen auf dem Bild in die Zeit der alten Römer. Die junge Mutter, die ihre Tochter umarmt, ein Kind, das mit einem kleinen Hund spielt, ein Mann in der Toga auf der Treppe zum Garten und eine Frau hinter den Säulen beleben die detailreiche Darstellung eines Gartens aus römischer Zeit. Das Gemälde mit dem doppelten Titel „A Roman Garden – A Hearty Welcome“ wird im Ashmolean Museum in Oxford bewahrt. Der Künstler malte es im Jahr 1878 und schenkte es seinem Freund,

Der Traum vom Leben im römischen Garten

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Schüler und Arzt Henry Thompson. Das Bild scheint beides zu sein: archäologische Rekonstruktion eines Gartens aus der Römerzeit ebenso wie ein idyllisches Familienbild aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Tatsächlich porträtierte Lawrence Alma-Tadema auf dem Bild seine zweite Ehefrau Laura und die Töchter aus seiner ersten Ehe. Sich selbst hat er am Eingang zum Hof auf der Treppe eingefügt. In Alma-Tademas Gemälde spiegeln sich zeitgenössische Vorstellungen vom Leben in der Antike. Es zeigt aber ebenso das Familienbild der viktorianischen Zeit und die Vision des Künstlers vom guten Leben mit der Familie. Die Hausfrau sorgt sich liebevoll um ihre Stiefkinder und nimmt ihre Tochter vor dem Altar in den Arm, dort wo die Hausgötter und Ahnen verehrt werden. Die Flamme deutet an, dass die Hausbewohner ihren Pflichten nachgekommen sind; die Mutter ist als Hüterin der Flamme das ‚Herz‘ des Hauses. Ehefrau und Kinder haben ihren Platz in dem idyllischen Innenhof. Von der Außenwelt hinter den Mauern sind nur die Dächer der benachbarten Häuser und ein wenig blauer Himmel zu sehen. Lawrence Alma-Tadema, A Hearty Welcome. A Roman Garden, 1878, Oxford, Ashmolean Museum

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Bilder von römischen Gärten

V i k t o r i a n e r i n To g a

Alma-Tademas Zeitgenossen schätzten den Detailrealismus seiner Gemälde und die archäologische Sachkenntnis des Künstlers. Sie liebten sie als Projektionsflächen, mit denen sie sich in eine andere Zeit und in eine andere Kultur träumten. In den Bildern konnten sich die Betrachter spiegeln, weil Zeitgenössisches und Vergangenes dort gleichzeitig und gleichwertig nebeneinanderstehen. Genau das aber war es, was die Kritiker auf der anderen Seite an den Gemälden bemängelten: Alma-Tademas Figuren wurden als ‚Viktorianer in Toga‘ belächelt und seine Bilder galten als pedantische, detailversessene Genremalerei. Mit über hundert Jahren Distanz zwischen der Entstehung von Alma-Tademas „Roman Garden“ ist es heute einfacher geworden, das Bild unbefangen zu betrachten und neu zu befragen. Tatsächlich vermittelt es anschaulich, wie man sich Aussehen und Nutzung der römischen Gärten im späten 19. Jahrhundert vorstellte und wirkt in der Vermittlung dieses Wissens erstaunlich zeitgemäß. So gelten AlmaTademas Gemälde bis heute als überzeugende Rekonstruktionen des antiken Alltags. Populäre Sachbücher, die von römischer Geschichte und Kultur handeln, sind mit ihnen illustriert. Und wie in AlmaTademas Gemälden, werden in archäologischen Sammlungen, Museen und archäologischen Parks Kostüme und Requisiten eingesetzt, um Kindern wie Erwachsenen das Leben in der Römerzeit zu erklären, die Vergangenheit vorstellbar zu machen und zum Leben zu erwecken. In diesem Sinne möchte ich Alma-Tademas „Roman Garden“ näher betrachten. Was für ein Bild von einem römischen Garten entwirft der Maler in dem Gemälde? Was interessierte ihn daran und woher bezog er seine Ideen? D e r r ö m i s c h e G a r t e n v o n L a w r e n c e A l m a - Ta d e m a

Auf den ersten Blick schon ist erkennbar, dass die Bepflanzung auf dem Bild viel zur Atmosphäre und heiteren Stimmung des Innenhofs beiträgt. Die Mohnblumen auf dem Beet in der Bildmitte und die Sonnenblumen an der Mauer verleihen dem Bild eine warme Atmosphäre. Die über die Säulen rankenden Weinstöcke lassen den hinteren

Der römische Garten von Lawrence Alma-Tadema

Teil des Gartens in einem sonnengesprenkelten Halbschatten erscheinen. Am linken Bildrand wachsen stachelige Blätter und kleine Blüten in die Höhe. Ein paar gelbe Blumen haben sich an den Rand des Mohnblumenbeets verirrt, das von einer exakt geschnittenen Rasenkante abgeschlossen wird. Palmwedel vor dem Springbrunnen vervollständigen die Pflanzenauswahl. Der Maler vermittelt die entspannte Atmosphäre eines späten Nachmittags unter südlicher Sonne. So könnte er also ausgesehen haben, der Innenhof eines römischen Hauses. Dass Gärten für die Römer und für die Bewohner Pompejis eine wichtige Rolle spielten, wusste Alma-Tadema aus der Lektüre der lateinischen Klassiker. Der ältere und der jüngere Plinius, Cato, Varro, Horaz, sie alle haben über die Schönheit und Pracht der antiken Gartenanlagen geschrieben. Und natürlich kannte Alma-Tadema auch Edward Bulwer-Lyttons (1803–1873) berühmten Roman „The Last Days of Pompeii“, in dem das Schicksal der Bewohner Pompejis vor und während des Vesuvausbruchs im Sommer des Jahres 79 n. Chr. geschildert wird. 1834 hatte sich der Autor von den Funden der verschütteten Städte am Golf von Neapel zu einer Geschichte inspirieren lassen, die bis heute in der Beschäftigung mit den antiken Stätten nachwirkt und die auch einigen Bildern Alma-Tademas zugrunde liegt. Autor wie Maler haben versucht, die antiken Ruinen mit Geschichten lebendig und für Leser und Betrachter erfahrbar zu machen. Als begeisterter Amateurhistoriker vermehrte Alma-Tadema seine archäologischen Kenntnisse auf Reisen zu den antiken Stätten und bei Besuchen archäologischer Sammlungen. In seiner Referenzbibliothek hütete er dicke Mappen mit Vergleichsabbildungen, Skizzen und Fotografien. Beinahe jedes Detail auf seinen Gemälden rekonstruierte er nach Museumsstücken oder nach archäologischen Ausgrabungen. Dennoch irritieren bei genauerer Betrachtung einige Kleinigkeiten auf diesem detailgetreuen Bild: Sonnenblumen (Helianthus annuus) etwa, waren in der viktorianischen Ära nicht nur in England allgegenwärtig. Oscar Wilde trug sie im Knopfloch, die französischen Impressionisten malten sie auf ihre Bilder. Gärtner in ganz Europa tauschten Samen und Sorten und füllten ihre Gärten mit immer neuen Varianten und Arten. Jedoch: die Römer kannten die schöne Pflanze noch nicht.

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Bilder von römischen Gärten

Sonnenblumen stammen aus Südamerika. Erst die Spanier brachten sie im 16. Jahrhundert mit nach Europa. Bei den kleinen Palmen am Brunnen müsste es sich – wenn man es gartenhistorisch ganz genau nimmt – um die Zwergpalme (Chamaerops humilis) handeln, die einzige europäische Palmenart, die bis heute in Italien auch wild wächst. In viktorianischer Zeit war diese Art mit einigen ähnlich aussehenden tropischen Verwandten in den Wintergärten und Wohnzimmern verbreitet. Auch die Kombination von Palmen und Zimmerspringbrunnen kennen wir aus InterieurDarstellungen des 19. Jahrhunderts. Alma-Tademas dekorative Zusammenstellung von Palmwedeln mit plätscherndem Brunnen dürfte daher wohl vor allem die Wohnungseinrichtungen seiner Zeitgenossen spiegeln und die damit verbundene Sehnsucht nach südlichen Ländern. Als Gartenpflanzen der römischen Antike sind Zwergpalmen nicht gesichert. Damals wurden – wie wir noch sehen werden – als einzige Palmenart in den Gärten Dattelpalmen (Phoenix dactylifera) gepflegt. Auch der Mohn war im 19. Jahrhundert eine beliebte Gartenpflanze. Aus den bekannten Arten hatten Spezialisten zahlreiche Sorten gezüchtet, die in der Malerei häufig aufgegriffen wurden. Mohnblumen sind auf den Landschaftsbildern der Impressionisten ebenso zu finden wie auf den Werken der englischen Präraphaeliten und der symbolistischen Maler. Sie alle waren fasziniert von der Farbenpracht und Schönheit seiner Blüten und von den vielfältigen mythologischen Bedeutungen. Der Schlafmohn (Papaver somniferum) ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde seit jeher als nährendes, heilendes, schmerzlinderndes und narkotisches Gewächs in Gärten angebaut und als Pflanze der Götter verehrt. Die Römer schätzten den Schlafmohn auch als Zierpflanze, wie wir von Wandmalereien wissen. Doch ein großes Beet mit nur kurz blühendem Schlafmohn im Zentrum eines römischen Gartenhofs? Diese Idee zur Gartengestaltung ist höchstwahrscheinlich der Phantasie des Künstlers entsprungen. Archäologische oder literarische Quellen für das Motiv gibt es nicht. Vielleicht spielen die Blüten und Kapseln des Schlafmohns auf den Tagtraum des Malers von der eigenen glücklichen Familie in römischem Kostüm an, vielleicht auch auf den Beruf des Bildbesitzers, der

Der römische Garten von Lawrence Alma-Tadema

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Schlafmohn (Papaver somniferum)

ja Arzt war. Oder sie sind eine scherzhafte Anspielung auf die Mohnblumenbilder der französischen Malerkollegen. Von den kleinen gelben Blumen am Rande des Mohnbeets, die Margeriten, Chrysanthemen oder Kamillen gleichen, wissen wir hingegen, dass die Römer sie als Nutz- und Zierpflanzen schätzten. Dies gilt auch für die stachelige Pflanze am linken Bildrand, den Akanthus. Akanthus

Akanthus (Acanthus mollis) zählt zusammen mit dem Wein zu den bekanntesten Pflanzen der antiken Welt. Dennoch ist er weniger den Gärtnern als vielmehr Archäologen und Architekten ein Begriff. Nach dem Akanthus wurde das gleichnamige Säulenkapitell benannt: Vitruv zufolge hatte der Bildhauer Calimachus nach der Betrachtung einer solchen Pflanze das mit Blättern verzierte Akanthuskapitell erdacht. Aus Schriften und von Bildern wissen wir, dass die Römer Akanthuspflanzen als Heilmittel gegen Magenprobleme verwendeten

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Bilder von römischen Gärten

und in ihren Ziergärten pflegten. Viel weniger wissen wir jedoch darüber, wie und wo die Gewächse im Garten gepflanzt wurden, ob etwa als Teil einer Rabatte, als Gruppenpflanzung oder in einem Kübel. Auch Alma-Tadema lässt offen, wo sich der Akanthus auf seinem Bild genau befindet. Vom Bildrand überschnitten, bleibt die Position der Pflanze im Bildraum unbestimmt. Dieser Punkt hat den Maler offenbar weniger interessiert als die dekorative Wirkung des Akanthus. Archäologie und Gärten

Doch welche Arten säten die Römer eigentlich in ihre Blumenbeete? Und was wissen wir tatsächlich darüber, wie die Gärten bepflanzt wurden? Wie sahen die Gärten im Allgemeinen aus? Wie wurde zwischen Zier- und Nutzgarten unterschieden? Waren Nutzpflanzen auch Zierpflanzen, so wie wir das aus späteren Epochen kennen? Und was machten die Römer in ihren Gärten überhaupt? Für Alma-Tadema war der Hofgarten offenbar ein Ort, an dem sich die Familie traf und wo Kinder spielten. Wir werden im Folgenden noch sehen, dass diese Einschätzung nicht in jedem Fall zutraf. Altertumswissenschaftler hingegen interessierten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als der Künstler sein Bild vom römischen Garten malte, kaum für die Gartenanlagen der römischen Zeit. Obwohl die Bedeutung, die Gärten für die römische Kultur hatten, bekannt war. Doch wurde die Archäologie als wissenschaftliche Disziplin in dieser Zeit gerade erst entwickelt. Ausgräber in Pompeji und an anderen Orten waren vor allem damit beschäftigt, Kunst und Alltagsgegenstände zu bergen und architektonische Überreste freizulegen. Ihre Beschreibungen konzentrierten sich vor allem auf Architektur, Ausstattung und Hausrat. Die Existenz von Gärten wurde zwar meist vermutet und gelegentlich durch Wasserrohre, Zisternen und Brunnenbecken belegt, doch gingen die Ausgräber oft nicht ins Detail. Entsprechend wurden auf gezeichneten und gemalten Rekonstruktionen der pompejanischen Häuser freie Flächen und Höfe meist ohne Gartenpflanzen dargestellt. Gemessen daran hat Alma-Tadema in einer Zeit, in der sich die archäologische Forschung mit dieser Frage noch überhaupt nicht beschäftigte, seinen Garten recht genau rekon-

Archäologie und Gärten

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Akanthus (Acanthus mollis) Die auch als Bärenklau (nicht zu verwechseln mit Heracleum mantegazzium, dem Riesenbärenklau oder Herkulesstaude) bekannte robuste Staude stammt aus dem Mittelmeergebiet. Sie entwickelt kräftige, bis zu 2 m hohe weiße, rosa oder violette Blütenkerzen (vgl. Abb. S. 162). Akanthus lässt sich leicht aus Samen ziehen und wächst rasch zu einer kräftigen Pflanze heran, blüht aber erst im zweiten Jahr. Ein geschützter Standort, ausreichend Feuchtigkeit, ein nährstoffreicher Boden und ein Platz im Halbschatten fördern ihr Wachstum. Nach der Blüte im Frühjahr können die alten Blätter absterben. Acanthus mollis benötigt Platz im Garten. Er verbreitet sich durch unterirdische Rhizome und braucht als Südeuropäer einen Winterschutz.

struiert. Er schmückte den Hof mit Gewächsen, die er in Italien gesehen hatte und ergänzte die Bepflanzung mit Arten, die ihm zur Gestaltung des Bildes passend erschienen. Doch wenn selbst so ein kenntnisreicher Maler wie AlmaTadema seine Bilder am Ende nach persönlichen Vorlieben gestaltete, wie verhält es sich dann mit den vielen anderen Bildern und Rekonstruktionen von römischen Gärten? Was entspricht der historischen Wirklichkeit? Und was ist der Fantasie von Künstlern oder den Interpretationsversuchen der Forscher zuzurechnen? Da nur wenige Dokumente erhalten geblieben sind, sind die römischen Gärten der Antike bis heute ein unvollständiges Mosaik aus Spuren, Fragmenten und Details geblieben, die je nach Standpunkt des Betrachters zu immer neuen Bildern zusammengesetzt werden. Solche aus vielen Einzelelementen zusammengesetzten Bilder manifestierten sich überall dort, wo die Gärten der Römer rekonstruiert werden. Mithilfe der Rekonstruktionen ist es möglich, die Ergebnisse der archäologischen Forschung auch an Besucher ohne spezielle Vorkenntnisse anschaulich zu vermitteln. Lässt sich das Leben im Altertum anhand von Gärten doch besonders gut und publikumswirksam darstellen, weil es einen unmittelbaren Bezug zum heutigen

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Bilder von römischen Gärten

Leben der Besucher gibt. Auch aus diesem Grund sind Gartenrekonstruktionen auf öffentlich zugänglichen archäologischen Stätten so verbreitet. Schon im 19. Jahrhundert durchstreiften Italien-Touristen die Ruinen auf der Suche nach Geschichten, die vom römischen Leben vor 2000 Jahren erzählen. Doch waren viele Besucher gerade von Pompeji und dem vermuteten perfekt konservierten Alltagsleben enttäuscht. Die ausgegrabenen Ruinen waren verfallen, die ungeschützten Wandmalereien verblasst und boten einen traurigen Anblick. Die Überreste schienen viel zu klein, gemessen an den großen Erwartungen. Das Pompejanum

Diese Enttäuschung beim Anblick der pompejanischen Ruinen veranlasste den bayerischen König Ludwig I. (1786–1868) dazu, ein pompejanisches Stadthaus mit einem Innenhof in seiner bayerischen Heimat, im Schlosspark von Aschaffenburg nachzubauen. Der König beauftragte den Architekten Friedrich von Gärtner (1791–1847) mit der Planung und dem Bau, der 1848 fertiggestellt wurde. Doch das Pompejanum ist keine originalgetreue Kopie eines pompejanischen Wohnhauses. Von Gärtner hatte den am pompejanischen Haus der Dioskuren orientierten Grundriss etwas vereinfacht und das Obergeschoss nach den Wünschen des Königs mit einer Freitreppe und einem speziellen Aufenthaltsraum ergänzt. Als Wohnhaus war es jedoch von Anfang an nicht gedacht. Vielmehr ist das Pompejanum das begehbare Modell eines römischen Stadthauses, das nach dem Wunsch Ludwigs I. Kunstinteressierten in Deutschland das Studium der antiken Architektur ermöglichen sollte. Für uns ist das Pompejanum interessant, weil darin deutlich wird, wie ein Innenhofgarten in die Architektur eines römischen Hauses eingebettet war. Das fensterlose Gebäude betrete ich durch eine schmale, hohe Eingangstür. Von dort schaue ich auf das dämmrige Atrium. Durch die Öffnung im Dach, die heute verglast ist, fallen Sonnenstrahlen und tauchen die vorderen Räume in ein wunderschönes Licht. Unter der Dachöffnung liegt das Impluvium, ein Wasserbecken, in dem man das Regenwasser auffing. Eine Rinne an der Impluviummauer leitete über-

Das Pompejanum

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Das Pompejanum in Aschaffenburg

fließendes Wasser in eine unterirdische Zisterne. Als in augusteischer Zeit ein Aquädukt Pompeji mit frischem Wasser versorgte, nutzte man das Impluvium als Zierbecken und Springbrunnen. Auch mich empfängt das angenehme Rieseln einer kleinen Fontäne. Hinter dem Atrium fällt mein Blick auf das Tablinum, einen weiten Empfangsraum mit prächtigen Wandmalereien. Hinter dem Tablinum öffnet sich die Wand zu einem Säulengang mit einem kleinen Innenhofgarten und Wandmalereien auf der hinteren Mauer.

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Bilder von römischen Gärten

… und sein Garten

Zwischen den Säulen trennt ein kleiner Zaun Innenraum und Garten voneinander. Der Zaun wird als illusionistische Malerei auf der Mauer des Gartens fortgeführt. Auf der Mauer dargestellt ist eine Gartenlandschaft. Springbrunnen, phantasievoll gestaltete Vögel und Blumen sind zu sehen und ein Ausblick auf einen Strand, auf Meer und Himmel. Den Gartenmauern vorgeblendete Säulen erwecken den Eindruck eines umlaufenden Säulengangs oder Peristyls, der dieser Form des Innenhofs seinen Namen gegeben hat. Das Peristyl (griechisch peristylon; lateinisch peristylium) ist ein rechteckiger Hof, der an einer oder mehreren Seiten von Säulengängen, den Kolonaden umgeben ist. Das griechische Wort bedeutet ‚das von Säulen Umgebene‘. Gelegentlich werden auch nur die umgebenden Säulenhallen als Peristyl bezeichnet. Der römische Architekturtheoretiker Vitruv empfahl, das Peristyl im römischen Stadthaus in der Mittelachse im hinteren, privateren Bereich des Hauses anzulegen, ganz so wie es im Pompejanum verwirklicht wurde. Deutlich zu erkennen ist, dass die Architektur des Pompejanums ganz auf Atrium und Innenhof ausgerichtet ist, die das Haus mit frischer Luft und Tageslicht versorgten. Im Vergleich mit dem Haus der Dioskuren ist aber auch zu erkennen, dass der Architekt des Pompejanums sich ebenso sehr von Vitruvs Architekturtheorie leiten ließ wie von den archäologischen Befunden. Tatsächlich war das Vorbild in Pompeji weit weniger regelmäßig und symmetrisch ausgestaltet als der Bau in Aschaffenburg. Im Haus der Dioskuren wichen zusätzliche Höfe und Zimmer deutlich von Vitruvs symmetrischem Ideal ab. Der Garten des Pompejanums ist mit Kies ausgelegt. Philosophen- und Dichterhermen schmücken seine Ecken. Zwischen den Kiesflächen befinden sich zwei achteckige Beete. Sie sind mit Efeu eingefasst und mit Studentenblumen und Buntnesseln bepflanzt. In der Mitte stehen Zitrusbäumchen im Kübel. Weitere Töpfe mit Rosmarin Der Peristylgarten des Pompejanums

… und sein Garten

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Bilder von römischen Gärten

und Lorbeer sind vor der rückwärtigen Mauer zu sehen. Vom heutigen Kenntnisstand betrachtet, gibt es an der Präsentation des Gartens manches zu bemängeln: Der gemalte Ausblick auf den Strand und die Phantasievögel und Blumen entsprechen ebenso wie die Farbauswahl eher dem Geschmack des 19. Jahrhunderts und weniger den antiken Fresken auf Gartenmauern, wie sie in Pompeji gefunden wurden. Deutlich wird aber der Wunsch, mithilfe der Malerei den Garten optisch zu vergrößern und einen schönen Ausblick zu schaffen. Tagetes und Buntnesseln waren – wie die Sonnenblumen bei Alma-Tadema – den Römern noch unbekannt. Efeu, Lorbeer, Rosmarin und Zitronen hingegen wurden in römischen Gärten tatsächlich gepflegt. Der gekieste Boden wiederum hat sicher mehr mit praktischen Überlegungen zu tun als mit dem Versuch, einen echten Peristylgarten zu rekonstruieren. Auch fehlt ein Wasserbecken. Im Garten des Hauses der Dioskuren gab es eine unterirdische Zisterne und eine Brunneneinfassung, ein Puteal, aus der das Wasser geschöpft wurde. In Aschaffenburg sind jedoch nur steinerne Rinnen zu sehen, die das Regenwasser vom Dach ableiten. Wie Friedrich von Gärtner den Garten des Pompejanums ursprünglich gestaltet hat, wissen wir heute nicht mehr. Im Laufe der Zeit wurde der Garten verändert; auch Kriegszerstörungen haben dem Pompejanum zugesetzt. Die beiden achteckigen Beete stammen zwar aus der Entstehungszeit des Baus, für den Garten des antiken Vorbilds sind sie jedoch nicht belegt. Und während im Haus der Dioskuren ein Gartentisch und ein Lararium, also ein Schrein für die Hausgötter standen, finden wir diese im Garten des Pompejanums nicht. Von diesen Kleinigkeiten einmal abgesehen, vermittelt das Pompejanum viel von der Atmosphäre eines antiken römischen Hauses. Ausgrabungsstätten hingegen etwa erlauben meist nur den Blick auf Grundmauern, vielleicht noch auf ein paar Säulen oder die Fußböden. Daraus einen räumlichen Eindruck zu gewinnen, ist auch für Archäologen nicht immer einfach. Rekonstruktionszeichnungen und Pläne verlangen ebenfalls viel Vorstellungsvermögen und richten sich eher an Spezialisten. Bilder wie Alma-Tademas „Roman Garden“ wiederum rekonstruieren wohl die Details, zeigen aber nur einen Ausschnitt.

… und sein Garten

Am besten machen Rekonstruktionen wohl deutlich, wie sehr sich die Wertschätzung der Römer für ihre Hofgärten in der Architektur der Häuser ausdrückt. Garten und Haus

Römische Stadthäuser kamen weitgehend ohne Fenster zur Straße aus. Tageslicht erhielten sie hauptsächlich über den Hof und das offene Atrium. Das Atrium als Teil des Eingangsbereichs war zugänglich für Besucher und Gäste. Der Gartenhof hingegen war privat. Hierhin zogen sich die Bewohner nach Beendigung ihrer Geschäfte zurück. Im Pompejanum kann ich vom Eingang über Atrium und Tablinum bis zum Gartenhof und zur bemalten Mauer schauen. Auch wenn in römischer Zeit Vorhänge den Blick abfingen, ist die Architektur ganz auf die Abfolge der beiden Lichthöfe ausgerichtet, mit dem Garten als optischen Mittelpunkt. Auf ihn sind auch die Fenster der an den Hof grenzenden Speisezimmer ausgerichtet. So konnten Hausherr, Familie und Gäste beim gemeinsamen Mahl auf den Garten hinausblicken. Das Pompejanum mit seinem Peristylgarten wurde 1848 fertiggestellt. Alma-Tadema malte sein Bild eines römischen Gartens etwa dreißig Jahre später. In Pompeji begann man jedoch erst um 1900, die Innenhöfe der Ruinen als Gärten herzurichten. Lorbeer, Dattelpalmen und andere Gewächse sollten den Besuchern erstmals vor Ort einen Eindruck vom Aussehen der antiken Innenhofgärten geben. Doch haben die damaligen gärtnerischen Bestrebungen mit den antiken Pflanzplänen nicht viel zu tun. Tatsächlich war nämlich, trotz aller Bemühungen, immer noch wenig darüber bekannt, welche Gewächse in den römischen Gärten wuchsen und wie man die Pflanzen eingesetzt hat. Die Anfänge der Gartenarchäologie

Zur Zeit Ludwigs I. oder Alma-Tademas gab es noch keine Gartenarchäologie. Tatsächlich ist der Zweig der Archäologie, der sich mit den Gärten beschäftigt, relativ jung. Sogar in den Vesuvstädten, wo man Gärten zumindest vermutete, blieb eine eingehende Beschäftigung mit ihnen lange aus. Es ist der amerikanischen Archäologin Wilhelmina Jashemski (1910–2007) zu verdanken, dass seit den 1970er-

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Bilder von römischen Gärten

Jahren bei Grabungen erstmals auch die Gärten berücksichtigt wurden. Ihre Arbeit hat maßgeblich zum Wissen von der antiken Gartenkultur beigetragen. Jashemski hat danach gefragt, wie groß die Gärten in den pompejanischen Häusern tatsächlich gewesen sind. Sie suchte und fand Hinweise, die klärten, wie die Römer ihre Gärten nutzten. Sie hat erkannt, dass Gärten als Arbeitsräume, Plätze zur Erholung oder zum Essen, zum Anbau von Nahrungsmitteln, Blumen oder Heilkräutern für den Eigengebrauch dienten. Jashemski regte außerdem an, dass Pollenmaterial analysiert und Spuren der Pflanzenwurzeln mit Gips ausgegossen wurden. Ihre Pionierarbeit hat dazu beigetragen, dass wir uns heute ein wesentlich differenzierteres Bild vom Garten in der Römerzeit machen können als noch zur Zeit König Ludwigs von Bayern oder Lawrence Alma-Tademas. Viele Erkenntnisse aus Jashemskis Forschungen sind in die modernen Rekonstruktionen römischer Gärten mit eingeflossen, so etwa in die prächtigen Gartenanlagen der Villa Borg im Saarland, um die es im folgenden Kapitel geht.

„Sogar die römischen Könige haben Gärten angelegt.“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

2. Was wissen wir über die Gärten der Antike? Die Villa Borg empfängt mich im strahlenden Sonnenschein. Ich sehe Beete mit Klematis, Iris und Kartoffelrosen am Torhaus, eine Rasenfläche und ein Wasserbecken mit Goldfischen und Seerosenblättern. Die Rosenhecken und Skulpturen am Beckenrand lasse ich hinter mir und gehe in Richtung der Villa, deren Gebäudeflügel einen großen mit Hecken bepflanzten Hof umschließen. Unter dem von Säulen gestützten Vordach ist es angenehm kühl und schattig. Wasser rieselt in eine kleine Brunnenschale, es duftet nach frisch geschnittenem Buchs. Plinius der Jüngere hat in den Beschreibungen seiner Villengärten Buchshecken erwähnt, denke ich, und dass der Glückliche die Plage aller Buchsbaumfreunde noch nicht kannte: Fraßspuren zeigen an, dass Buchsbaumzünsler auch vor archäologischen Rekonstruktionen nicht haltmachen.

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Was wissen wir über die Gärten der Antike?

Die römische Villa Borg

Die Gärten der Villa Borg

Die Gärten der Villa Borg

Die Villa Borg wurde auf den Grundmauern eines römischen Gutshofs aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. wiederaufgebaut. Wohnräume, Thermen und Küche wurden liebevoll rekonstruiert. Für Gäste gibt es außerdem Tagungsräume und eine römische Taverne im Hof. Die schattigen Sitzplätze im Freien sind mit Fächerpalmen in Kübeln verschönert – ganz ähnliche Palmen hat auch Alma-Tadema gemalt. Die anderen Gärten liegen hinter dem Haus. Um sie zu sehen, durchquere ich die große Eingangshalle, in der Zitrusbäumchen und Yukka in Töpfen wachsen. Kübel mit Oleander, Feigen und Schmucklilien stehen im Gang auf der Gebäuderückseite. Sie warten wohl noch die Eisheiligen ab, bevor sie ins Freie entlassen werden. Eine unscheinbare Tür führt mich hinaus in die römischen Gärten des Archäologieparks Villa Borg. Im Juni 2000 begann man, die Villenanlage mithilfe des EUProjekts „Gärten ohne Grenzen“ um Gartenrekonstruktionen zu erweitern. Insgesamt sechs Gärten wurden eingerichtet. Die Buchshecken im Hof auf der Vorderseite der Villa gehören ebenso dazu wie Kräutergarten, Küchengarten, Baumgarten, Rosen- und Rebenhof auf der Rückseite. Mauern aus grob behauenen Steinen schließen die Gärten hinter dem Haus zum übrigen Gelände hin ab. Buchenhecken und darunter gepflanzter Frauenmantel trennen die einzelnen Gärten voneinander. Efeu wuchert in allen Gärten als Einfassung oder als Bodendecker. Der Rosenhof erweist sich bei genauerer Betrachtung als weiterer, in der Art des Eingangshofs gestalteter Ziergarten, mit in Form geschnittenen Eiben und einem Marmorspringbrunnen. Die Weinstöcke im Rebenhof wachsen vor hölzernen Spaliergittern an der Mauer. Im Küchengarten wartet freiliegende Erde in den rechteckigen Beeten zwischen den Kieswegen noch auf die Bepflanzung. Im Kräutergarten schließlich wachsen in großzügigen rechteckigen Beeten verschiedene Würz- und Heilpflanzen. Zwischen den Pflanzen liegt Mulch, um Unkraut zu vermindern. Einige wenige Arten sind für die Besucher beschriftet, andere erkenne ich auch so: Akanthus wächst hier, Weinraute, Minze und Liebstöckel.

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Was wissen wir über die Gärten der Antike?

Am besten gefällt mir der kleine Obstgarten mit niedrig wachsenden Apfelbäumchen, einer Mispel und Kirschen. Von Mauern und Hecken umgeben, liegt der Garten verborgen und abseits vom Besuchertrubel. Nur das Summen der Insekten und Vogelgezwitscher sind hier zu hören. Jeder Baum wächst auf einem separaten, rechteckigen Beet. Darunter blühen Narzissen und Maiglöckchen. Doch warum sind die Bäume in rechteckige Beete gepflanzt? Die römischen Autoritäten Cato oder Columella empfehlen lediglich, die Erde um die Baumwurzeln freizuhalten. Von Beeten für Bäume steht in ihren Büchern nichts. Die rechteckigen Baumbeete und die breiten Wege erinnern an den Klosterplan von St. Gallen, der jedoch aus dem neunten Jahrhundert stammt und daher wenig über die Gestaltung römischer Gärten aussagt. Auch die aus Ostasien stammenden Kartoffelrosen (Rosa rugosa) und Klematis (Clematis montana) am Torhaus, die südafrikanische Schmucklilie, die amerikanische Yukkapalme und die Fächerpalmen an der Taverne entsprechen nicht den Pflanzen in den antiken Gärten. Sie alle sind damals weder in den italienischen Gärten noch in den nördlichen Provinzen gewachsen. Oleander, der in Südeuropa die römischen Gärten tatsächlich schmückte, darf als Topfpflanze für die germanische Provinz ebenfalls angezweifelt werden. Und Zitronenbäumchen in Wohnräumen, sind nach allem, was wir über die Wohnkultur der Römer wissen, nur schwer vorstellbar, ebenso wie die Zwergstammgehölze im Obstgarten. Welche Antike?

Doch auch die Römer haben in ihren Gärten zahlreiche Gewächse aus anderen Ländern aufgenommen: Platanen, Zitronen, Dattelpalmen, Pflaumen und Kirschen waren keine ursprünglich in Italien heimischen Gewächse, sondern kamen aus allen Gegenden des Weltreichs nach Rom. Die Römer hegten Gärten ungefähr vom 6. Jahrhundert v. Chr. bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. Gärten nach römischer Art wurden in Rom und im übrigen Italien angelegt, in den eroberten Territorien und Provinzen in Nordafrika, Kleinasien, auf der iberischen Halbinsel, jenseits der Alpen in Gallien, Germanien und in Britannien. Klima und der Zugang zu frischem Wasser formten das Aussehen der Gärten

Welche Antike?

ebenso wie die zur Verfügung stehenden Pflanzen oder die Ansprüche der Besitzer. Der Gemüsegarten, den Cato zur Zeit der Römischen Republik beschreibt, erfüllte andere Funktionen als der prächtige Villengarten der Kaiserzeit, den Plinius d. J. in seinen Briefen schildert. Die üppigen Gartenbilder der römischen Wandmalerei präsentieren andere Vorstellungen vom römischen Garten als archäologische Befunde. In Häusern, die über viele Generationen hinweg bewohnt wurden, änderten sich im Verlauf der Zeit Funktion und Pflanzkonzepte. Immer haben die Nutzer ihre Gärten den Lebensumständen angepasst. Die Gärten der Römer hatten viele Formen, Größen und Stile. Den ‚römischen Garten‘ gibt es nicht, genauso wenig wie es den „mittelalterlichen Garten“ oder den „Barockgarten“ gibt. Römische Gärten wurden von den Umständen geprägt, unter denen sie entstanden, und waren der Funktion der Gebäude angepasst, zu denen sie gehörten. So mögen auch Pflanzen, die in Borg angebaut wurden und die im Saar-Moselraum verbreitet waren, in Italien vielleicht auf wenig Interesse gestoßen oder gar nicht gewachsen sein. Lorbeer und Granatäpfel wiederum dürften es in Borg im Winter schwer gehabt haben. Und ob Mittelmeergewächse überall in Britannien gediehen, darf ernsthaft bezweifelt werden. Pfirsiche, Pflaumen und Kirschen kamen erst im Verlauf des Kaiserreichs nach Rom und verbreiteten sich von dort aus in Europa. Die Sorten, die man damals pflegte, gibt es heute nicht mehr. Die Pflanzen tragen zwar noch die alten Namen, doch es bleibt fraglich, ob die Römer Pfirsiche und Äpfel gegessen haben, wie wir sie heute kennen, denn Pflanzenzüchtungen sind kurzlebig. Neue Sorten entstehen, alte kommen aus der Mode und werden vergessen. Die Kohl- und Feigensorten, die Columella nennt, sind heute verloren. Die meisten vermeintlich alten Züchtungen, seien es Gemüse, Obstsorten oder auch Rosen, die wir in den Fachkatalogen oder botanischen Gärten bestaunen, stellen sich bei genauerer Recherche als höchstens 200 bis 300 Jahre alt heraus. Für die Auswahl der Gewächse im heutigen Gemüse- und Obstgarten in Borg gibt es vor allem praktische Gründe: Verfügbarkeit, Geschmack, Anpassung an Boden und Klima und Pflegeaufwand dürften bei der Auswahl der Sorten eine Rolle gespielt haben. Welche

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Was wissen wir über die Gärten der Antike?

Pflanzen dort wirklich vor 2000 Jahren gepflegt wurden und wie die Gärten einmal ausgesehen haben, wissen wir nicht, denn man hat auf dem Ausgrabungsgelände keinerlei Spuren der ursprünglichen Gärten gefunden. Die Gartenanlagen des Archäologieparks reflektieren, ebenso wie der Peristylgarten des Pompejanums oder Alma-Tademas Gemälde, Texte antiker Autoren und archäologische Erkenntnisse, die man auf die Situation der Villa übertragen hat. Die römischen Gärten in Borg geben einen Eindruck der damals genutzten Pflanzenvielfalt, vermitteln etwas von der besonderen Gartenatmosphäre und formen das ungefähre Aussehen der antiken Anlagen nach. Die Getty-Villa

Eine detailgenauere Vorstellung von der Gartenkunst der Römer finde ich nicht in einem europäischen Garten, sondern in den USA. Das J. Paul Getty-Museum im kalifornischen Malibu hat sich der antiken Kunst verschrieben. Ganz nebenbei präsentiert das Museum eine der am gewissenhaftesten rekonstruierten altrömischen Gartenanlagen überhaupt. Der Namensgeber, der Miliardär J. Paul Getty (1892– 1976), hat sich Mitte der 1970er-Jahre direkt am Pazifik, inmitten der kalifornischen Hügellandschaft, eine römische Luxusvilla mit Gärten nach dem Vorbild der bei Herculaneum gefundenen Villa der Papyri gebaut. Gettys Idee ähnelt der Absicht König Ludwigs I. von Bayern, der mit dem Pompejanum ebenfalls ein vom Vesuv verschüttetes Haus bis in die Details nachbauen ließ und es der Öffentlichkeit als Studienobjekt und Museum zur Verfügung stellte. Im Unterschied zum Pompejanum, in dem der Garten ein wichtiges Detail ist, aber das Interesse vor allem Wandmalereien und Architektur gilt, wurde bei der Gestaltung der Getty-Villa ebenso viel Wert auf die korrekte Darstellung der Gärten gelegt. Ausdehnung und Gestaltung der Anlagen folgen den Grabungsplänen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die Gärten wurden so weit wie möglich nach archäologischen Befunden, antiken Texten und Bildern rekonstruiert.

Das große Peristyl der Getty-Villa

Die Getty-Villa

Dabei wurde nicht nur die Gartenarchitektur den antiken Vorbildern nachempfunden, sondern auch die Pflanzenwelt. Die Gärten des Getty-Museums versammeln eine umfangreiche Sammlung von römischen Zier- und Nutzpflanzen. Samen und Zwiebeln für die Pflanzungen importierte man zum Teil aus Europa. So weit wie irgend möglich wird versucht, ursprüngliche Sorten oder Wildformen zu präsentieren. In einigen Fällen wich man aus pflegerischen und optischen Gründen auf ähnliche amerikanische Arten aus. Insgesamt fünf Gärten sind in der Getty-Villa zu bewundern: Zwei Peristylgärten mit Wasserbecken und Brunnen, ein Kräutergarten und zwei weitere Ziergärten. Kopien von Skulpturen und Brunnen aus den Ausgrabungen in Pompeji und Herculaneum tragen zur altrömischen Atmosphäre des Museums bei und vermitteln einen Eindruck von der damaligen Gartenkultur. Doch selbst die wissenschaftlich begleiteten Gärten des Getty-Museums zeigen nur einen Ausschnitt aus der Gartenkunst der alten Römer. Den Interessen und Aufgaben eines kulturhistorischen Museums geschuldet, werden in den Anlagen Kunstgeschichte und Gartenkultur aufeinander bezogen und die Wünsche der Besucher nach schön gestalteten Gartenanlagen

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Was wissen wir über die Gärten der Antike?

Der Gartensaal aus der Villa der Livia, um 30. n. Chr., Rom, Museo Nazionale Romano

Was die Bilder erzählen

berücksichtigt. Die Gärten sind also ebenso wenig eine exakte Kopie der verlorenen Gärten der Villa der Papyri, wie der Garten des Pompejanums eine echte Rekonstruktion des Gartens aus dem Haus der Dioskuren darstellt. Dafür wissen wir zu wenig über Pflanzpläne, Lage der Beete oder die Anordnung der Skulpturen. Nicht einmal die Anzahl der Gärten der Villa der Papyri ist vollständig überliefert. Darüber hinaus unterscheiden sich Boden und Klima des Grundstücks in Kalifornien von den Verhältnissen in Kampanien. Die Planer mussten also viele Kompromisse eingehen. Sie haben aber beispielhaft versucht, das vorhandene Wissen über die Gärten der Römer in ihrer Anlage zu bündeln und anschaulich zu machen. So sind die Gärten der GettyVilla ein eindrucksvolles Beispiel für eine kleinteilige und detailversessene Rekonstruktion verschiedener Zier- und Nutzgärten. Wenn wir aber so wenig wissen, nach welchen Vorbildern wurden denn die Gärten der Getty-Villa und der Villa Borg gestaltet, welche Quellen gibt es? Was die Bilder erzählen

Vor allem die prächtigen Gartendarstellungen auf den Wänden der antiken Wohnhäuser in Rom und in den Vesuvstädten vermitteln uns heute noch eine ungefähre Vorstellung vom Reichtum der römischen Gärten. Die Bilder zeigen üppig wuchernde Pflanzenparadiese, angefüllt mit Blumen, Bäumen und Kunstwerken. Manchmal sind es nur einzelne Wände, manchmal wurden ganze Zimmer mit Gärten ausgemalt, wie im Haus des Obstgartens (vgl. Abb. S. 98) und im Haus des goldenen Armreifs (vgl. Abb. S. 100) in Pompeji oder im Gartensaal der Villa der Livia in Rom. Gartenmauern bemalte man damals ebenfalls (vgl. Abb. S. 122). Wie wir am Pompejanum gesehen haben, sollten die illusionistisch gestalteten Bilder die oft sehr kleinen Gartengrundstücke optisch vergrößern und dem Wunsch der Gartenbesitzer nach schönen Ausblicken gerecht werden. Dementsprechend spiegeln die Gartenbilder Ausstattung und Gestaltung der damaligen Gärten: Zäune, Vasen, Brunnen, Gartenmöbel und Skulpturen, wie sie auf den Bildern zu sehen sind, wurden auch bei Ausgrabungen gefunden. Viele der dargestellten Bäume, Sträucher oder Blumen im Vor-

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Was wissen wir über die Gärten der Antike?

dergrund der Wandbilder auf den Gartenmauern und den Wohnräumen lassen sich bestimmen. Auch wenn es bei einzelnen Darstellungen in der Fachwelt mitunter Diskussionen gibt, sind die Gartenbilder ein wichtiger Schlüssel zum Wissen über die Gartenpflanzen der Römer. Neben den Gewächsen bilden die Wandmalereien auch Vögel ab, einheimische Arten, etwa Tauben, Teichhühner oder Ziergeflügel wie Pfauen (vgl. Abb. S. 45), von denen wir wissen, dass sie in den römischen Gärten lebten. Die Bilder zeigen uns jedoch vor allem ein Idealbild der römischen Gärten. Sie schufen eine Rückzugsmöglichkeit, einen idealen Ort, um sich vor der italienischen Sommerhitze zu schützen oder im Winter vom Frühling zu träumen. Sicherere Erkenntnisse darüber, wie die Gärten ausgesehen haben, liefert uns die Gartenarchäologie. Ausgrabungen

Nachdem bei römischen und provinzialrömischen Ausgrabungen lange Zeit Architektur und Artefakte im Vordergrund standen, wurden in den letzten 40 Jahren auch gezielt Gärten untersucht. Gartengrundrisse römischer Villen und Bauernhöfe wurden freigelegt, Umrisse von Beeten, Pflanzlöchern und Löchern für Wuchshilfen kamen ans Tageslicht. Pflanzenarten wurden mithilfe von Pollenanalysen und der Radiokarbon- oder C-14-Methode genauer bestimmt und Wurzellöcher mit Gips ausgegossen. Insgesamt liegt also reichhaltiges archäologisches Material über die Gärten der römischen Antike vor. Doch ist der archäologische Blick auf die Gärten längst noch nicht vollständig. So bleiben in vielen Fällen Zweifel, ob es sich bei den gefundenen Pflanzenresten um Spuren von Kulturpflanzen handelt oder schlicht um Unkraut. Der Weiße Gänsefuß (Chenopodium album) etwa ist so ein Fall. Er wird heute meist als Unkraut betrachtet, in römischer Zeit war er aber ein beliebtes Küchenkraut. Ähnliches gilt für den Feldmohn (Papaver rhoeas): Seine Samen mögen in die Beete geweht worden sein, vielleicht hat man ihn aber auch gezielt angepflanzt. Samen der Feigenfrucht oder des Granatapfels können einerseits darauf hinweisen, dass man auch nördlich der Alpen versucht hat, Pflanzen im Garten zu ziehen, genauso gut könnte es sich aber auch um importierte

Gartenhandbücher

Früchte handeln. Darüber hinaus überdauern einige Pflanzenreste die Zeit besser als andere. So wissen wir mehr über Sträucher und Bäume als über Blumenbeete oder Rasenflächen. Die Auswertung der Grabungsbefunde ist zudem nicht selten Auslegungssache. So können Erdverfärbungen ganz verschieden gedeutet werden. Archäologische Praxis allein reicht in vielen Fällen nicht aus, um zu beschreiben, wie die Gärten tatsächlich aussahen. Gartenhandbücher

Wir sind auch deshalb so gut über die Geschichte und Entwicklung der Gärten des republikanischen und kaiserlichen Roms unterrichtet, weil römische Autoren Handbücher hinterlassen haben, die über landwirtschaftliche Techniken, über die Ertragskultur in den Nutzgärten, gewerbsmäßige Blumenzucht, medizinische Anwendungen und die Verwendung in der Küche informieren. Es sind zwar nur wenige Texte überliefert, die sich mit den Ziergärten beschäftigen, die ein wesentliches Merkmal vieler römischer Haushalte waren und die in der Malerei hauptsächlich dargestellt wurden. Zusammengenommen geben die Texte aber einen guten Überblick über die damals bekannten Pflanzen, ihre Verwendung und ihren Anbau im Garten. Nur ist es nicht in jedem Fall möglich, die Pflanze anhand der Beschreibungen des Autors auch zu bestimmen. Einige Arten lassen sich heute bekannten Pflanzen nicht mehr zuordnen. Andere werden, wie die von Plinius d. Ä. in seiner Enzyklopädie „Naturalis historia“ aufgezählten Lorbeerarten, von heutigen Wissenschaftlern verschiedenen Arten zugerechnet. Plinius’ Neffe, der jüngere Plinius, schwärmte zudem von duftenden Veilchen und meinte damit nicht allein unser heutiges Duftveilchen (Viola odorata), sondern eine ganze Gruppe unterschiedlicher wohlriechender Pflanzen. Auch wenn aus den römischen Schriften hervorgeht, dass die Römer Pflanzen als Schmuck für ihre Gärten betrachtet haben, liegt ihr Schwerpunkt auf den nützlichen Aspekten der Gartenarbeit. Dazu zählt der älteste bekannte römische Text über den kommerziellen Landbau und Nutzgärten: Marcus Porcius Cato d. Ä. (234–149 v. Chr.) verfasste um 150 v. Chr. die Schrift über den Landbau „De agri cultura“. Sein

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Text ist kein systematisches Lehrbuch, sondern vermittelt eigene Erfahrungen als Landwirt sowie die Einschätzungen seiner Zeitgenossen. Cato betrachtet den Weinbau, Olivenanbau, Wiesen- und Weidewirtschaft, Viehzucht und Getreideanbau. Den Gartenbau mit Blumen, Obst und Gemüse empfiehlt er als vorteilhaft in der Nähe der Stadt, um die Lieferwege der leicht verderblichen Produkte kurz zu halten. Um 40 v. Chr. schrieb Marcus Terentius Varro (116–27 v. Chr.) das in Dialogform verfasste Lehrbuch „Rerum rusticarum libri tres“, in dem er zahlreiche Pflanzen und ihren Anbau beschreibt. Mehr als sein Vorgänger Cato hebt Varro neben dem Ertrag auch die Freude an der Landarbeit hervor. Er empfiehlt wie Cato für größere Gärten die Zucht von Rosen, Veilchen und Kräutern für den Verkauf. Fischteiche, Bienenstöcke, Hasengehege, Schneckenzucht, Siebenschläfergehege und Volieren sollten in den Gärten ebenfalls Platz finden. Ein weiteres praxisorientiertes Handbuch zur Landwirtschaft und zum Anbau von Obst und Gemüse verfasste Lucius Iunius Moderatus Columella (gest. 70 n. Chr.) um 60 n. Chr. In „Rei rusticae libri duodecim“, deutsch „Zwölf Bücher über die Landwirtschaft“, geht Columella systematisch vor. Er kommentiert das zunehmende Interesse an der Gärtnerei und gibt Ratschläge für Amateurgärtner. Columella schreibt, dass Gärten mit Blumen bepflanzt werden sollten, um Farbe und Abwechslung im Garten zu haben, und er rät zum Anpflanzen von Gemüse und Kräutern. Wie seine Vorgänger empfiehlt er dem erfolgreichen Gärtner, den Überschuss auf dem Markt zu verkaufen. Er gibt zahlreiche Ratschläge, über die Aussaat von Kräutern, den Anbau von Obst, dem Winterschnitt von Wein und Dornstrauchhecken bis hin zur Anpflanzung eines Waldes aus Eicheln und Samen und zur Wartung, Reparatur und Anfertigung von Werkzeugen. Ungefähr zur gleichen Zeit arbeitete Gaius Plinius Secundus Maior, der ältere Plinius (um 23–79 n. Chr.) an seiner berühmten, 37 Bände umfassenden „Naturalis historia“. An vielen Stellen geht der Autor auch auf Gartenbau und Botanik ein. Ein echtes Handbuch zum Gartenbau ist sein enzyklopädisches Werk aber nicht. Doch das Werk verzeichnet neu in Rom eingeführte Gewächse, wie etwa die Platane, die, wie wir noch sehen werden, als Schattenbaum in römischen

Pflanzenlisten aus Griechenland

Gärten Karriere machte. Plinius erwähnt auch die Kunst des dekorativen Gärtnerns – davon im 7. und 8. Kapitel mehr. Darüber hinaus nennt er über 900 Heilpflanzen und Substanzen und diskutiert alle damals bekannten Getreide- und Gemüsesorten. War dem älteren Plinius an der umfassenden Dokumentation des damaligen Wissens gelegen, die den Gartenbau und die Botanik mit einschloss, so gibt sein Neffe Gaius Plinius Caecilius Secundus (um 61–115 n. Chr.), genannt Plinius der Jüngere, in zwei zwischen 97 und 107 n. Chr. verfassten Briefen einen seltenen Einblick in die Gestaltung der Ziergärten seiner ländlichen Villen in Laurentum und Tusculum: Hecken, Laubengänge, Küchengarten, Blumenterrasse, Gartenhaus, Obstbäume, in Form geschnittener Buchsbaum und besonders beliebte Zierpflanzen werden beschrieben (siehe Kapitel 3). Auch „De re qoquinaria“ oder „Von der Kochkunst“, das älteste erhaltene Kochbuch der römischen Antike, gibt Aufschluss über die römischen Gärten. Es handelt sich um eine Sammlung von Kochrezepten, die im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. zusammengestellt wurde. Als Name des Verfassers ist zwar Caelius Apicius überliefert, doch geht die Forschung heute davon aus, dass die Rezeptsammlung über lange Zeit immer wieder erweitert wurde. Viele Obst- und Gemüsepflanzen, die damals in römischen Gärten angebaut wurden, sowie Blumen und Kräuter werden in den Rezepten erwähnt und bieten Hinweise auf den Gebrauch typisch römischer Nahrungspflanzen in der damaligen Küche. Pflanzenlisten aus Griechenland

Einen Überblick über die ganze Vielfalt der in der Antike bekannten Arten verdanken wir jedoch zwei griechischen Autoren. Bereits um 287 v. Chr. schrieb der griechische Naturforscher und Philosoph Theophrastos von Eresos (um 372–288 v. Chr.) eine umfassende Naturgeschichte der Gewächse. Die als „Historia plantarum“ bekannte Schrift zählt zu den bedeutendsten Schriften der antiken Naturkunde, auch wenn der Text mit dem Ende der Antike zunächst verloren ging. Erst im 15. Jahrhundert wurde er wiederentdeckt und ins Lateinische übertragen. Für die Beschäftigung mit den römischen Gärten ist die „His-

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toria plantarum“ wichtig, weil sie über die damals bekannten Wildund Kulturpflanzen und ihren medizinischen Gebrauch informiert. Theophrastos erwähnt rund 500 Pflanzenarten und hat den Gewächsen des Küchengartens sogar ein eigenes Kapitel reserviert. Im ersten Jahrhundert n. Chr. schrieb der griechische Militärarzt Dioskurides (gest. 90 n. Chr.) ein Buch über Arzneipflanzen, das heute zumeist unter seinem lateinischen Titel „De materia medica“ bekannt ist. Dioskurides behandelt darin die medizinischen Bestandteile der Gewächse, die aus Bäumen und Rinden, aus Gräsern, Wurzeln, Kräutern und Wein gewonnen werden konnten. Systematisch benannte, beschrieb und klassifizierte er über 600 Kräuter und viele weitere Substanzen. Jedes Kapitel in seinem Buch verzeichnet den Namen der Pflanze, eine Liste der Synonyme, eine genaue Beschreibung ihrer Gestalt und der Standortbedingungen, die Gewinnung der Arzneien und ihre Verwendung. Bis heute gilt „De materia medica“ als das einflussreichste Buch über Heilpflanzen und Arzneien, das je geschrieben wurde. Mediziner benutzten es 15 Jahrhunderte lang und Autoren anderer Kräuterbücher haben für ihre Zwecke daraus geschöpft. Soviel wir wissen, war Dioskurides’ Buch zu Beginn seines Siegeszugs noch nicht illustriert. Abbildungen wurden erst in zwei spätere Versionen eingefügt, die heute zu den berühmtesten Büchern der Welt zählen. Die eine Handschrift wird nach ihrem heutigen Standort in der Wiener Nationalbibliothek meist als „Wiener Dioskurides“ bezeichnet (vgl. Abb. S. 94). Das andere Manuskript, der „Dioscurides Neapolitanus“, befindet sich in der Nationalbibliothek von Neapel (vgl. Abb. S. 84). Er stammt ebenfalls aus dem späten 6. Jahrhundert und hat, im Unterschied zu seinem Pendant in Wien, etwas kleinere Pflanzenabbildungen. Mit diesen beiden Abschriften von „De materia medica“ besitzen wir das einzige erhaltene, illustrierte, naturwissenschaftliche Werk der Spätantike und ein bedeutendes Quellenwerk für die Geschichte der griechisch-römischen Gartenkultur. Welche Arten auch in den Gärten der nördlichen Provinzen, in Gallien, Germanien oder Britannien gepflanzt wurden, lässt sich aus Dioskurides’ Text nicht ableiten, wenngleich wir wissen, dass die Römer viele Pflanzenarten nach Mitteleuropa gebracht haben. Ebenso

Pflanzen aus dem Wüstensand

wenig lassen sich alle Arten, die Dioskurides beschrieben hat, sicher identifizieren. Eine wertvolle Ergänzung zu den antiken Schriften sind daher die Blüten und Blätter, die in ägyptischen Gräbern der Römerzeit gefunden wurden und die in einem wenig bekannten Museum in Berlin ausgestellt sind. Pflanzen aus dem Wüstensand

Das Botanische Museum in Berlin Dahlem beherbergt eine kleine ägyptische Abteilung, in der die Pflanzensammlung des Botanikers Georg Schweinfurth (1839–1925) gehütet wird. Schweinfurth sam-

Blumenkranz aus Immortellen (Helichrysum stoechas) aus einem Grab in Hawara in Ägypten, 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr., London, British Museum

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Was wissen wir über die Gärten der Antike?

melte pflanzliche Überreste aus ägyptischen Gräbern, um daraus einen Katalog der Pflanzenwelt des alten Ägyptens zu erstellen. Neben Exemplaren aus der Pharaonenzeit sammelte Schweinfurth Exemplare aus dem berühmten Gräberfeld von Hawara. Im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr. hatte man dort nach ägyptischem Ritus bestatteten Verstorbenen Blumensträuße und Kränze mit ins Grab gegeben. In den Museumsvitrinen liegen einzelne Blätter und Blüten, Kränze, Sträuße und Girlanden in von Hand beschrifteten und hübsch verzierten Schachteln. Ein Blatt von einem Olivenbaum, ein Strauß Majoran, Blütenblätter des indischen Lotos (Nelumbo nucifera), Blütenblätter von Rosa richardii, ein Kranz aus Weinblättern, Reste von Himmelsröschen (Silene coeli-rosa) und Kronenwucherblumen (Chrysanthemum coronarium) werden dort gehütet. Auch andernorts lassen sich Zeugen der antiken Liebe zu Blumen und Kräutern finden. Im British Museum kann man dicke Kränze aus Immortellen (Helichrysum) bestaunen. Kränze aus Rosen warten im versteckten Londoner Petrie Museum und in den Sammlungen der Kew Gardens auf Besucher. Die Funde aus dem Wüstensand berichten über den Gebrauch von Blumen und Duftpflanzen in den römischen Provinzen. Und sie machen deutlich, wie viele verschiedene Arten damals verarbeitet wurden. Getrocknete Blüten, Gartenhandbücher und medizinische Traktate von römischen und griechischen Autoren, Ausgrabungen und Wandmalereien – all diese Quellen erzählen uns von der Gartenbegeisterung der damaligen Zeit. Sie sind kostbare Spuren, die uns die Vergangenheit näherbringen. Fachleute und Künstler setzen die Spuren zu immer neuen Bildern zusammen. So kehren manche formalen Aspekte, wie regelmäßige Beete, Efeuumpflanzungen, exakt geschnittene Buchsbaumhecken und geharkte Kiesflächen in fast allen Rekonstruktionen wieder. Sie allein erwecken einen recht strengen Eindruck von der römischen Gartenkultur. Die wild wuchernden Garteninszenierungen auf römischen Wandbildern hingegen vermitteln ein ganz anderes Bild, wie wir später noch sehen werden.

„Es steht außer Zweifel, dass man die Gärten mit dem Landhaus verbinden muss.“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

3. Römische Gärten – Wo lagen sie und wie sahen sie aus? Plinius der Jüngere und der Garten am Meer

Feigen und Maulbeerbäume wuchsen in Plinius’ Landhausgarten am Meer. Eine Hecke aus Buchs und Rosmarin säumte die äußeren Wege und Laubengänge beschatteten den weichen Boden, auf dem Plinius barfuß durch den Garten streifte. War das Wetter schlecht, konnte er die an das Haus angeschlossene Wandelhalle, den Portikus, für Spaziergänge nutzen. Vor dem Portikus verströmte eine mit Veilchen bepflanzte Terrasse ihren betörenden Duft. Auf der Rückseite des Wohnhauses lag ein Gemüsegarten. Quellen und Brunnen sorgten für fließendes Wasser, ein Gartenhaus, das für Sonnenbäder, stille Mußestunden und für Übernachtungen eingerichtet war, vervollständigte die ausgedehnten Gartenanlagen. Das Landgut, dessen Garten Plinius der Jüngere in einem Brief an seinen Freund Gallus so ausführlich beschreibt, lag in der Nähe der Hafenstadt Ostia in Laurentum. Obwohl Plinius viel über Einrichtung und Ausstattung des Gartens mitteilt, lässt sich kein umfassendes

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Römische Gärten – Wo lagen sie und wie sahen sie aus?

Gesamtbild aus dem Text ermitteln. Weder die Lage der Gärten zum Haus, noch ihre tatsächliche Anzahl, ihre Größe oder genaue Ausstattung gehen aus dem Text hervor. In den Details erweist Plinius sich jedoch als Meister der genauen Beschreibung. Sehr genau vermittelt er seinen Lesern, was ihm als Besitzer und Nutzer an den Gärten wichtig ist. Plinius schildert die Gärten als einen privaten Ort für zwanglose Entspannung und Erholung bei jedem Wetter. Als Anwalt und Senator in Rom war er ein vielbeschäftigter Mann. Umso kostbarer muss ihm die Zeit gewesen sein, in der er sich nicht mit den Belangen seiner Klienten oder Pächter auseinandersetzen musste. Um dem Bedürfnis nach Ruhe, Stille und Abgeschiedenheit gerecht zu werden, gab es im Garten verborgene Plätze, wo er sich aufhalten konnte, ohne von der Betriebsamkeit des Gutsalltags gestört zu werden. Obwohl Plinius nur in wenigen Sätzen auf die wirtschaftlichen Grundlagen des Landsitzes eingeht, macht der Brief deutlich, dass das Gut zu seinem Einkommen beitrug. Das Anwesen wurde als villa rustica bewirtschaftet, war also ein Bauernhof mit Wirtschaftsgebäuden, Ställen und Gemüsegarten, Obstwiesen, Weinreben und Olivenbäumen, auf dem auch Milch- und Viehwirtschaft betrieben und Nahrungsmittel angebaut wurden. Zugleich schildert Plinius seinen Besitz aber auch als herrschaftliches Anwesen, das nur zeitweise bewohnt wurde. Entsprechend lagen der Gemüsegarten als Einkommensquelle und die Ziergärten zur Erholung und zum Zeitvertreib direkt nebeneinander. Neben dem Haus am Meer besaß der wohlhabende Plinius weitere Villen, die ihm ein regelmäßiges Einkommen garantierten und die er aufsuchen konnte, wann immer die Zeit es ihm erlaubte. Größer und luxuriöser ausgestattet als das Laurentinum war das Anwesen in Tusculum am Fuß der Apenninen, das er in einem weiteren Brief beschreibt.

Plinius’ Gärten

E i n L a n d g u t i n d e r To s k a n a

Auch in diesem Brief, den Plinius an seinen Freund Apollinaris schrieb, schildert er viele Einzelheiten, die sich nur schwer zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammenfügen. Ob die Villa bei Tusculum ebenso wie das laurentinische Landgut als Gutshof bewirtschaftet wurde, geht aus dem Brief nicht eindeutig hervor, ist aber zu vermuten, weil Plinius an einer Stelle Pächter erwähnt. In beiden Villenbriefen hebt Plinius die ganz auf persönliche Bedürfnisse ausgerichtete Gestaltung der Gärten hervor. So gab es auch in der toskanischen Villa eine von Säulen flankierte Terrasse und eine überdachte Säulenhalle für Spaziergänge. Von Hecken gesäumte Gartenwege, Rasenflächen und Blumenbeete mit Akanthus und Rosen schmückten den Garten. Zu Tieren oder zu Buchstaben geformte Buchsbaumsträucher sollten die Bewunderung der Besucher hervorrufen. Von Efeu umrankte Platanen, Lorbeersträucher und Zypressen spendeten Schatten. Nur auf Olivenbäume und Myrten musste Plinius verzichten, weil sie in dem rauen Klima nicht gedeihen. Zu den besonderen Annehmlichkeiten des Gartens gehörten ein Essplatz unter einer von Marmorsäulen gestützten Laube, mit Platanen bepflanzte Innenhöfe, Becken, die das Wasser der zahlreichen Quellen auffingen, ein zum Baden hergerichteter Teich und ein ganz besonderer Pavillon, die Zotheca, die wie das Gartenhaus im Laurentinum als Schlaf- und Ruheraum diente. Plinius’ Gärten

Aus Plinius’ Briefen spricht der Wunsch, Gärten als Ort der Stille und des privaten Rückzugs zu nutzen. „Kein Zwang die Toga anzulegen, kein Mensch in der Nähe, der mich stört“, fasst Plinius seine Vorstellungen vom Aufenthalt im Garten zusammen. Im Garten ging er spazieren, erfrischte sich an Springbrunnen und Wasserbecken, nahm Mahlzeiten ein und ruhte sich aus. Sein Gartenkonzept spricht alle Sinne an: Weicher Boden unter den nackten Füßen, das Geräusch von plätscherndem Wasser, Mahlzeiten unter schattigen Lauben, der Duft der Blumen und der Anblick von fantasievoll geschnittenen Hecken gehörten dazu, ebenso wie schöne Aussichten vom und auf den Garten.

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Römische Gärten – Wo lagen sie und wie sahen sie aus?

Wenn Plinius über die erlesene Ausstattung seines Besitzes schreibt, über die gepflegten Hecken und Beete oder die Ausdehnung der Gärten, dann sprechen aus den Briefen Statusbewusstsein und Besitzerstolz eines römischen Patriziers. Umso erstaunlicher wirkt es, dass Plinius keine Kunstwerke erwähnt, obwohl Statuen, Hermen oder andere Bildwerke zur Grundausstattung der römischen Ziergärten gehörten. Der römische Philosoph und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero (106–43 v. Chr.) etwa ließ für seine Landgüter passende Statuen sogar aus Griechenland importieren. Auch im rekonstruierten Peristylgarten des Pompejanums stehen in allen Ecken Hermen der berühmten griechischen Dichter. Ob Plinius tatsächlich keine Kunst in den Gärten aufstellte oder sie aber aus unbekannten Gründen nicht erwähnte, wissen wir nicht. Archäologische Spuren haben sich von seinen Villen oder Gärten nicht erhalten. Um seine Beschreibungen besser zu verstehen, lohnt es, einmal auf die archäologisch erschlossenen Gartenanlagen einer ähnlich luxuriös ausgestatteten Villa zu schauen. Ein kurzer Blick auf die Villa der Poppaea

Wunderschöne Gärten müssen einmal die Villa der Poppaea in der Nähe von Pompeji in Oplontis geschmückt haben. Als Villa der zweiten Frau von Kaiser Nero, der 54–68 n. Chr. regierte, wird die Anlage deshalb bezeichnet, weil eine im Haus entdeckte Amphore ihren Namen trug. Ob die Villa tatsächlich Poppaea Sabina gehörte, ist aber umstritten. Archäologen bezeichnen die Anlage daher meist wesentlich schlichter als „Villa A“, um sie von einer in der Nähe befindlichen zweiten Villa zu unterscheiden. Im Unterschied zu Plinius’ Laurentinum wurde die Villa der Poppaea nicht als Gutshof bewirtschaftet. Das Anwesen entspricht dem Villentyp, den bereits Cicero als Luxusanwesen bezeichnete und der ausschließlich dem Vergnügen der Besitzer diente. Insgesamt dreizehn Gärten hat man bisher freigelegt und noch immer ist die Villa nicht vollständig erforscht. Neben mehreren mit Bäumen bepflanzten Peristylgärten gab es auf der Rückseite des Gebäudes vermutlich eine Gartenmalerei mit Pfau und Springbrunnen in der Villa der Poppaea in Oplontis, um 60 n. Chr.

Ein luxuriöses Refugium

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Art Parkanlage. Sie war von zentralen und diagonalen Wegen durchzogen, die von Sträuchern und Bäumen gesäumt wurden. Dazwischen waren Statuen aufgestellt. Oleanderbüsche, Zitronenbäume und Platanen fassten das große Wasserbecken an der Ostseite der Villa ein. Vor jedem Baum stand eine Götter- oder Heldenstatue oder eine Herme. Wandmalereien im Inneren des Hauses mit Darstellungen von Bäumen und Sträuchern, Springbrunnen und Pfauen zeigten die Gartenanlagen und verbanden so Innenräume und Gärten miteinander. In der Villa der Poppaea haben sich Gärten, Gartenschmuck, Architektur und die umgebende Landschaft mit Vesuv und Meer zu einer spektakulären Einheit verbunden. Die Ausgrabungen lassen die Pracht der römischen Gartenkultur erahnen. Und sie bestätigen, dass Plinius’ Beschreibungen durchaus den Tatsachen entsprechen. Auch in Poppaeas Villa heben Sichtachsen vom Haus auf den Garten, wie Plinius sie in den Briefen erwähnt, die Bedeutung der Gärten als Teil der Architektur hervor. Bezüge zwischen Garten und der umgebenden Landschaft, schöne Aussichten auf die Umgebung, Wasserspiele und Bademöglichkeiten als Teil des Gartenvergnügens finden wir in der Villa der Poppaea ebenso wie in Plinius’ Beschreibungen. Die herrschaftliche Villa auf dem Land: Fishbourne

Ziergärten, wie Plinius sie in seinen Briefen schildert oder wie sie in der Villa der Poppaea ausgegraben wurden, entwickelten sich in der Kaiserzeit zu einem wichtigen Bestandteil der römischen Kultur. Mit zunehmender Ausdehnung des Römischen Reichs wurden auch außerhalb Italiens in den Villen entsprechende Gärten angelegt. Dass die römischen Eroberer mit ihrer Architektur ihre Gartenkultur in die Provinzen getragen haben, wissen wir unter anderem aus dem südlichen England. In Fishbourne, in der Nähe des in Sussex gelegenen Chichester, haben Archäologen Überreste einer der größten römischen Villen nördlich der Alpen ausgegraben. In der Literatur wird die Anlage gerne als römischer Palast beschrieben, weil der Begriff ‚Villa‘ kaum ausreicht, um die Ausdehnung und Pracht des Anwesens zu beschreiben. Ob der Bau tatsächlich ein Regierungssitz war oder ob es sich um eine private Anlage handelt, ist nicht gesichert. Die meisten

Die herrschaftliche Villa auf dem Land: Fishbourne

Besucher kommen heute wegen der prächtigen Mosaikfußböden nach Fishbourne. Für Gartenenthusiasten hält die Anlage zudem hervorragend rekonstruierte römische Gärten bereit. Archäologen entdeckten bei Ausgrabungen in den 1960er-Jahren Spuren von verschiedenen Gärten: Sie fanden Hinweise auf einen Ziergarten im zentralen Hof, auf Peristylgärten, auf einen Park, und sie sicherten Reste eines Küchengartens. Erbaut wurde der Palast von Fishbourne vermutlich in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr. für König Tiberius Claudius Cogidubnus, den der römische Geschichtsschreiber Tacitus (um 58–120 n. Chr.) als Vasallenkönig unter Vespasian für die Zeit 69–79 n. Chr. in Britannien erwähnt. Eine Persönlichkeit wie Cogidubnus hätte auch das Geld und die Motivation mitgebracht, sich selbst einen Palast im römischen Stil zu bauen. Nach Cogidubnus’ Tod hatte das Gebäude verschiedene Eigentümer, bis es um 280 n. Chr. niederbrannte und danach nicht wiederaufgebaut wurde. Interessant ist, dass an Errichtung und Ausstattung des Palastes neben Architekten, Mosaikkünstlern, Ingenieuren und Wandmalern auch Gärtner mit speziellen Kenntnissen beteiligt gewesen sein müssen – Fachkräfte, die es zu dieser Zeit in England noch nicht gab. Denn es existierte bis zur Eroberung durch die Römer in Britannien noch keine Gartenkultur. Gewiss wurden auf kleinen Flächen Gemüse und Kräuter angebaut und geheiligte Haine, die gepflegt wurden, mag es ebenfalls gegeben haben. Früchte, Nüsse und Gemüse wurden jedoch überwiegend wild gesammelt. Obst- und Küchengärten waren nicht überall üblich, wie insgesamt der Unterschied zwischen Gartengewächsen und Wildpflanzen damals weniger bedeutsam war, als der Nutzen einer Pflanze als Medizin oder Nahrungsmittel. Ziergärten waren in der vorrömischen Zeit auf den britischen Inseln vollkommen unbekannt. Die Gärtner und Architekten, die die Grünanlagen der Villa nach den Idealen der römischen Gartenkultur gestalteten, waren mit Sicherheit keine einheimischen Fachleute. Sie müssen aus dem Ausland nach Fishbourne gekommen sein. Vermutlich brachten sie ihre Erfahrungen aus dem römischen Gallien mit nach Britannien. Zusammen mit den Gärtnern trafen wohl auch die ersten mediterranen Zierpflanzen in Britannien ein. Nutzpflanzen hingegen waren

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Der Garten von Fishbourne Palace mit rekonstruierten Hecken

schon früher mit Soldaten und Händlern über den Kanal gekommen. Knollen, Zwiebeln oder Saatgut ließen sich leicht transportieren. Im Frühjahr wurde ausgesät oder gepflanzt, mit dem Ende der Gartensaison starb die Pflanze ab und die Gärtner konnten entscheiden, ob es sich lohnte, die Art im nächsten Jahr erneut zu ziehen. Für die Zierpflanzen der herrschaftlichen Gärten hatten Soldaten und Händler jedoch keine Verwendung. Arten wie Zitronen, Oleander oder gar Dattelpalmen hat man vielleicht aus Saatgut vor Ort gezogen oder als Stecklinge oder Jungpflanzen importiert. Auf den Schiffen wären sie an Deck jedoch dem Wetter und dem Salzwasser ausgesetzt gewesen, unter Deck fehlte es an Licht.

Der Heckengarten in Fishbourne

Wir können heute nur noch erahnen, auf welchen Wegen die ersten Zierpflanzen aus dem Mittelmeerraum die entlegenen römischen Provinzen erreichten und mit wie viel Mühe die Gärtner die Pflanzen versorgt und gepflegt haben müssen, damit sie in provinzialrömischen Villen wie in Fishbourne wachsen konnten. Es muss ein mühsamer Prozess gewesen sein, bis die Gärtner herausgefunden hatten, welche der ihnen anvertrauten Gewächse mit den neuen Bedingungen, mit dem Boden und dem Wetter in Britannien zurechtkamen. Geduldig werden sie über ihre Pflanzen gewacht haben. Sie beobachteten genau, welche Arten das rauere Klima, die niedrigen Temperaturen, die kalten Winter und die größeren Niederschlagsmengen vertrugen. Für besonders begehrte Gewächse hat man damals wahrscheinlich sogar neue Kultivierungsformen oder Überwinterungshilfen entwickelt – und einige Arten wurden vielleicht irgendwann durch heimische Gewächse ersetzt. Der Heckengarten in Fishbourne

Wir wissen heute, dass der von Gebäudeflügeln und Säulengängen umschlossene zentrale Hof der Villa von Fishbourne als Heckengarten gestaltet war, der mit weit über 6000 Quadratmetern Fläche als die bei Weitem größte derartige Anlage in Großbritannien gilt. Den entscheidenden Hinweis für die Existenz eines Heckengartens fanden die Archäologen in dunklen Erdverfärbungen, die sich als regelmäßige Muster von der Bodenfläche abhoben. Die Muster rahmten den Weg in der Hofmitte und zogen sich über die ganze Anlage. Nach einer genaueren Untersuchung erwiesen sich die Verfärbungen als 20–25 cm breite und bis zu 40 cm tiefe Gräben, die man aus dem festen Lehmund Kiesgrund regelrecht herausgeschnitten und mit sorgfältig präparierter Erde aufgefüllt hatte. Die regelmäßigen, gekurvten Spuren entsprechen der Darstellung in anderen Quellen. So ist im zweiten Band des berühmten Stichwerks „Le Antichità di Ercolano esposte“ aus dem 18. Jahrhundert, das die antiken Funde in Herculaneum dokumentiert, eine Gartenszene mit Springbrunnen, Blumenbeeten und größeren Büschen dargestellt, auf der ein niedriger Gartenzaun ganz ähnliche Nischen bildet wie die Heckenspuren in Fishbourne. In Fishbourne hatte man der Erde in den Gräben Mergel beigefügt, offenbar um den

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sauren Boden auszugleichen. Die fachkundigen Gärtner hatten erkannt, dass der ursprüngliche Boden für die geplanten Pflanzungen nicht geeignet war. Zum Abschluss der Arbeiten verteilten sie eine gleichmäßige 10–15 cm dicke Erdschicht über die gesamte Fläche; nur die Wege blieben ausgespart. Gestaltung und Bepflanzung des Gartens mit Wegen und Hecken im Hof waren, so scheint es, genau durchdacht. Buchsbaum

Welche Pflanzen die Gärtner aber für die Hecken auswählten, wie hoch sie waren und wie sie geschnitten wurden, darüber haben die Archäologen nichts herausfinden können, denn Pflanzenreste haben sich nicht erhalten. Auch das Bild aus Herculaneum hilft in diesem Punkt nicht weiter. Sehr wahrscheinlich haben die Gärtner aber Buchsbaum verwendet. Denn der jüngere Plinius erwähnt Buchs in seinen Gartenbeschreibungen mehrfach und Wilhelmina Jashemski stieß bei ihren Grabungen in den Vesuvstädten immer wieder auf Reste von Heckenschnitt, bei dem es sich um Buchs handeln dürfte. Buchs ist auch die Pflanze, die der griechische Naturforscher Theophrastos von Eresos unter dem Namen pyxos beschreibt. Im Mittelalter machte man daraus Druckstöcke für Holzschnitte und bis in die Neuzeit lieferte

Buchsbaum

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Brunnen, Zäune, Blumenbeete und Pergolen. Kupferstich nach einem Wandbild aus Herculaneum. Tafel XXII im 2. Band von „Le Antichità di Ercolano eposte“, Neapel 1760

Buchsbaum wertvolles, festes Holz für Drechsel- und Schnitzarbeiten. Theophrastos vergleicht Buchsbaumholz mit Ebenholz, weiß, dass die größten und schönsten Buchsbäume auf Korsika gedeihen, die Blätter des Buchs der Myrte ähneln und dass er sogar an kalten, rauen Plätzen wächst. Botaniker fassen unter der Gattung Buxus etwa dreißig Arten zusammen, von denen einige aus Europa und den gemäßigten Klimazonen Asiens stammen. Die meisten sind jedoch tropische und subtropische Arten aus dem südlichen Afrika, aus Zentralamerika oder von den karibischen Inseln. Sie haben größere Blätter als unsere bekannten Gartenformen. Doch obwohl wir Buchsbaum in unseren Gärten meist als kleinwüchsigen Strauch betrachten, handelt es sich aus botanischer Sicht um einen Baum. Seine kleinen grünlich-gelben, für Bienen attraktiven Blüten bilden sich im Frühjahr; ihr Honig schmeckt Theophrastos zufolge aber nicht besonders gut. In den römischen Gärten und damit auch in Plinius’ Anlagen dürfte die Art Buxus sempervirens – der gewöhnliche Buchsbaum – gewachsen sein, der heute in vielen verschiedenen Sorten gezüchtet wird.

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Gewöhnlicher Buchsbaum (Buxus sempervirens) und Kleinblättriger Buchsbaum (Buxus microphylla) Der Gewöhnliche Buchsbaum kann bis zu 9 m hoch werden. Im Garten erreicht er in der Regel eine Höhe von 1–2 m. Sein natürliches Verbreitungsgebiet reicht vom Mittelmeer über Frankreich bis in das Oberrheingebiet und das Moseltal, im Nordwesten bis Südengland. Buchs gilt als zäh und anspruchslos und gedeiht auf den meisten Böden in der Sonne wie im Schatten. Über Stecklinge lassen sich die Pflanzen leicht vermehren. Weil sie starken und regelmäßigen Schnitt das ganze Jahr über vertragen, ist Buchs für Schnitthecken und Formsträucher bestens geeignet. In den letzten Jahren hat sich in vielen Gärten die kleinwüchsige ostasiatische Buchsbaumart, Buxus microphylla durchgesetzt, die bereits in Form geschnitten auch als Topfpflanze angeboten wird. Sorten dieser Art sind wegen ihrer Kälteunempfindlichkeit und ihrem kompakten niedrigen Wuchs sehr beliebt. Hecken aus Buxus microphylla var. koreana schmücken etwa die Gärten der Getty-Villa in Malibu.

Weil der Gewöhnliche Buchsbaum auch in Mitteleuropa heimisch ist, konnten die römischen Gärtner in Borg und in Fishbourne ihn problemlos als Heckenpflanze einsetzen. In Fishbourne säumen Buchsbaumhecken den Weg, der Eingangstor und Hauptgebäude miteinander verbindet, und sie teilen den Garten in der Mitte. Am nördlichen Ende des Gartens der Anlage wurde ein mit Erde verfülltes Pflanzloch gefunden; vermutlich stand dort ein einzelner Baum, dessen Art aber nicht identifiziert werden konnte. Hinweise auf Beete und Spuren von Wuchshilfen lassen vermuten, dass vor den Säulengängen größere und vielleicht sogar kletternde Gewächse gediehen. Entlang der Pfade an den Rändern des Hofs und parallel zum Verlauf der Hecken waren ebenerdige Wasserbecken aufgestellt, die über Keramikrohre mit der Zisterne in der Nordwestecke des Gartens verbunden waren. Möglicherweise sah das Zusammenspiel von Wasserbecken und Hecken in Fishbourne ganz ähnlich aus wie das Arrangement auf der herculanischen Wandmalerei.

Peristylgärten

Küchengarten

An der Außenseite der Villa lag der Küchengarten. Als solchen hat man die quadratische Fläche interpretiert, weil sie unmittelbar an mehrere Öfen angrenzt, die zur Palastküche gehörten. Zudem weisen hölzerne Wasserrohre mit Verbindungsstücken aus Blei darauf hin, dass das Gelände einen eigenen Wasseranschluss besaß. Aus der dicken Schicht schwarzer, humusreicher und mit Keramikscherben versetzter Erde lässt sich schließen, dass die Erde auf dieser Fläche intensiv bewirtschaftet wurde. All dies macht es wahrscheinlich, dass das Gelände als Garten genutzt wurde. Welche Pflanzen man zu Cogidubnus’ Zeiten im Küchengarten angebaut hat, wissen wir allerdings nicht. Der Küchengarten, der heute an seiner Stelle angelegt wurde, enthält jedoch all die Gewächse, die man in einem römischen Küchengarten vermuten darf. Park

Möglicherweise als Naturgarten darf man sich die große, künstlich treppenförmig angelegte Fläche vorstellen, die zwischen dem Südflügel der Villa und dem Meer lag und deren Terrassen nach Süden auf den Garten und auf die See ausgerichtet waren. Im Südflügel des Palastes residierte der Hausherr mit seiner Familie – Grund genug, in der Fläche ein ganz besonders gestaltetes Stück Land zu vermuten. Wir wissen, dass das Gelände mit einem Wasserbecken ausgestattet war, das ungefähr in der Mitte zwischen Meer und Gebäude lag und das von einem Wasserlauf gespeist wurde. Kiespfade führten durch das Gelände. Große Pflanzlöcher für Bäume oder Büsche lassen auf eine unregelmäßige Bepflanzung schließen. Eine Statuenbasis und Reste einer Wasserleitung sind Hinweise darauf, dass das Gelände tatsächlich als parkähnlicher Garten gestaltet war, der sich optisch mit der Landschaft verband und vielleicht dem großen Park der Villa der Poppaea ähnelte. Peristylgärten

Bei jüngeren Grabungskampagnen wurden im Nord- und Ostflügel der Villa in Fishbourne Reste mehrerer Peristyle gefunden, die nur über die umliegenden Räume zugänglich waren und die wir uns wahr-

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scheinlich ganz ähnlich vorstellen dürfen, wie den Innenhof des Pompejanums. Über Ausstattung und Bepflanzung der Peristyle ist nichts bekannt. In Plinius’ Innenhöfen wuchsen Platanen. Vielleicht war das auch in Fishbourne der Fall. Doch bleiben die Höfe in vielerlei Hinsicht rätselhaft, weil Peristylgärten in den nördlichen Provinzen nie zur Standardausstattung der ländlichen Villen gehörten. Für das historische Vorbild der Villa Borg etwa ist kein Peristylgarten belegt. Essensreste, Webgewichte und persönliche Gegenstände, die man in den Peristylhöfen der römischen Stadthäuser gefunden hat, weisen darauf hin, dass die Menschen dort gegessen, gearbeitet und auch ihre Freizeit verbracht haben. In den Stadthäusern boten die Höfe willkommene Erholung vom Lärm, vom geschäftigen Treiben, von der Hitze und den Gerüchen der Straße. In den Landgütern des Plinius, in der Villa der Poppaea oder im Palast von Fishbourne war das Peristyl hingegen nur ein weiteres luxuriöses Ausstattungselement. Es war nicht das alleinige Zentrum des Hauses, so wie es Alma-Tadema auf seinem Bild schildert oder wie es im Pompejanum rekonstruiert wurde. So vermuten die Archäologen, dass die Peristylgärten im Palast von Fishbourne, dessen Bewohner ja ausreichend Platz für verschiedene Aktivitäten hatten, als verborgene und sehr private Ruhezonen genutzt wurden. Vielleicht suchten sie dort wie Plinius einen stillen Zufluchtsort abseits von der Geschäftigkeit des Villenalltags. Pflanzen in Fishbourne

Was wuchs nun, vom Buchsbaum abgesehen, in den Ziergärten von Fishbourne? Plinius nennt in den Villenbriefen nur wenige Arten: Neben Buchs zählt er Akanthus, Platanen, Feigen, Maulbeeren, Oliven, Lorbeer, Myrte, Rosen, Zypressen, Rosmarin, Veilchen, Weinreben, Efeu und Rasenflächen auf. Der zentrale Hof von Fishbourne war zwischen den Hecken sehr wahrscheinlich mit Gras bewachsen; das vermutet zumindest der Leiter der Ausgrabungen, der britische Archäologe Barry Cunliffe. Pollen sind allerdings nicht erhalten und Pflanzenreste wurden ebenfalls nicht nachgewiesen. Aus den Befunden in Fishbourne lassen sich Blumenbeete, Stützen für einzelne Gewächse und Solitärpflanzungen sicher ableiten. Ein

Pflanzen in Fishbourne

Pflanztopf in der Art wie er auch in Pompeji gefunden wurde (vgl. Abb. S. 147), kam ebenfalls ans Licht. Vielleicht wurden in dem Topf Pflanzen vorgezogen, die man später im Garten auspflanzte. Oder er diente zum Transport von andernorts gekauften oder importierten Gewächsen. Die Pflanz- und Pfostenlöcher am Säulengang hat man als Spuren von Spalierbäumen interpretiert, wie sie in der Kaiserzeit gerne gepflegt wurden. In Fishbourne sind die Flächen heute mit als Spalierobst gezogenen Apfelbäumen bepflanzt, wie sie auch in Plinius’ Garten in Tusculum wuchsen. Da man auf der Südseite des Gartens Pflanzlöcher mit Kompostresten fand, in denen Rosen gewachsen sein könnten, wurden nach Plinius’ Vorbild auch in Fishbourne Akanthus- und Rosenbeete angelegt. Das große Pflanzloch im Hof besetzte man mit einer italienischen Zypresse (Cupressus sempervirens), die in Plinius’ Gärten ebenfalls wuchs. Doch waren die Zypressen in seinem Garten als Gruppe oder Reihe gepflanzt und nicht als Solitär. Wie sich herausstellte, kam die Zypresse in Fishbourne mit dem englischen Klima anfangs nur schlecht zurecht. Dieser Umstand verdeutlicht noch einmal die großen Herausforderungen, vor denen die ersten römischen Gärtner in den Provinzen standen: Sie mussten den Wünschen der Auftraggeber entsprechen, die im römischen Stil eingerichtete Gärten mit vertrauten mediterranen Pflanzen verlangten. Zugleich waren sie aber auch gezwungen, die Ansprüche der an völlig andere klimatische Verhältnisse angepassten Pflanzen zu berücksichtigen und in schwierigen Fällen nach geeignetem Ersatz zu suchen. Bevor wir nun im Detail auf die Pflanzen der römischen Gärten zu sprechen kommen, werfen wir noch einen kurzen Blick zurück auf die Vorläufer der römischen Gartenkunst.

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„Epikur, der Lehrer des Müßiggangs, hat Gärten zuerst in Athen angelegt; bis hin zu ihm war es nicht Sitte, in den Städten Landgüter zu bewohnen.“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

4. Vor den Römern: Gärten in Griechenland und anderswo Obwohl der säulenumstellte Innenhof, das Peristyl, ein wesentlicher Bestandteil der römischen Architektur war, war er keine römische Erfindung. Vielmehr übernahmen die Römer die Idee aus der griechisch-hellenistischen Kultur. In Griechenland gehörte das Peristyl seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. zur Palastarchitektur. Der Hof war dort jedoch in der Regel gepflastert oder mit Mosaiken ausgeschmückt. Wasserbecken waren noch nicht üblich und bepflanzt hat man die Höfe auch nicht. Der griechische Peristylhof war also noch kein Garten. In den Quellen kommt nirgends zum Ausdruck, dass die Griechen Gärten oder Pflanzen zur Verbesserung der Wohnqualität ihrer Häuser eingesetzt haben. In diesem Punkt unterscheiden sich griechische und römische Vorstellungen von Wohn- und Gartenkultur grundlegend. Denn für die Römer waren Gärten direkt am Haus von Anfang an ein wesentlicher Bestandteil ihrer Lebensweise. Ziergärten, also Gärten, die allein nach gestalterischen und ästhetischen Aspekten angelegt wurden

In Ägypten

und die der Erholung oder Repräsentation und nicht zum Anbau von Nutzpflanzen dienten oder als Begleitgrün für Tempel und Sportstätten gedacht waren, sind folglich eine römische Erfindung. Innerhalb der griechischen Stadtmauern gab es nur wenige Gärten. Ausgrabungen in allen Teilen des antiken Griechenlands zeigen, dass die Flächen hinter den Verteidigungsmauern dicht bebaut waren. Die Menschen wohnten eng beieinander in Häusern, die direkt an die Straßen grenzten. Selbst wenn Platz für einen Garten vorhanden war, dürfte der Zugang zu frischem Wasser eher die Ausnahme gewesen sein. Ohne Zisternen, Quellen, Bäche oder anderes, um den Garten mit Wasser zu versorgen, lag der einzige passende Platz für einen Garten außerhalb der Stadtmauern. In Ägypten

Eine Ausnahme im griechisch geprägten Kulturraum bildete nur Alexandria. In der Stadt, die im späten vierten Jahrhundert v. Chr. von Alexander dem Großen an der ägyptischen Küste gegründet wurde, scheint es in vorrömischer Zeit bereits Stadthäuser mit Gärten gegeben zu haben. Allerdings sind die Palastgärten, Haine und Parks, die der griechische Geschichtsschreiber Strabon (um 63 v. Chr.–23 n. Chr.) aufführt, ziemlich sicher als ägyptisches Erbe zu betrachten. Wandmalereien bestätigen, dass die Ägypter bereits lange Zeit vor Ankunft der Griechen Hofgärten pflegten. So ist etwa im Grab des Sennefer, der Bürgermeister von Theben war, eine um 1400 v. Chr. gemalte Darstellung des Amun-Tempels von Karnak zu bewundern. Dargestellt ist ein großer, von Mauern umgebener Garten mit Bäumen, Sträuchern, Blumen, Weinlauben und Wasserbecken, in denen Enten schwimmen und Wasserpflanzen wachsen. Doch auch kleinere Gärten wurden in Kunstwerken festgehalten. Das New Yorker Metropolitan Museum of Art besitzt das Modell eines ägyptischen Hauses mit einem ummauerten Hofgarten. Es wird auf etwa 1990 v. Chr. datiert und ist damit sogar noch älter als das Tempelgartenfresko aus Sennefers Grab. Gefunden wurde das Häuschen, das wohl als Behältnis für Trankopfer gedacht war, im Grab des königlichen Haushofmeisters Meketre in Theben. Der Teich in der

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Vor den Römern: Gärten in Griechenland und anderswo

Modell eines ägyptischen Hauses mit Hofgarten, Theben, um 1990–1985 v. Chr., New York, Metropolitan Museum of Art

Mitte des Modells konnte für die Opferzeremonie mit Wein oder anderen Flüssigkeiten gefüllt werden und war zu diesem Zweck mit Kupfer ausgeschlagen. Von der rituellen Funktion abgesehen, bietet das gerade einmal 84 cm lange Objekt einen einzigartigen Einblick in die Gestaltung eines ägyptischen Gartens vor fast 4000 Jahren. Im Mittelpunkt der Anlage ist der Teich untergebracht, der von Laubbäumen und einer hohen Mauer umgeben ist. Die Mauer bildet an einer Seite auch den Hauseingang, der von zwei Säulenreihen gestützt wird. Die hintere Säulenreihe hat Kapitelle in Form von Papyrusstängeln, die vorderen imitieren Lotospflanzen. Obwohl Regen selten in Oberägypten ist, sind Regenrohre auf dem Dach montiert, die das Regenwasser in den Teich ableiten sollten. Die Rohre sind ein Hinweis darauf, wie naturgetreu das ganze Modell gestaltet ist. Die Bäume und roten Früchte zwischen den Blättern in Meketres Modell stellen wohl Maulbeerfeigen (Ficus sycomorus) dar. Sie sind

In Ägypten

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mit dem bekannten schwarzen Maulbeerbaum (Morus nigra), der in Plinius’ Garten wuchs, nicht direkt verwandt. Und im Unterschied zu der weit verbreiteten Echten Feige (Ficus carica), wachsen die Früchte der Maulbeerfeige an kleinen Zweigen in Büscheln am Stamm. Die Ägypter pflegten die Maulbeerfeige als Obst- und Schattenbaum. Aus dem Holz fertigten sie Möbel und andere Gebrauchsgegenstände. Selbst Meketres Hausmodell ist aus dem Holz dieses Baums gearbeitet. Bis heute sind Maulbeerfeigen in Afrika und der arabischen Halbinsel bis nach Madagaskar verbreitet. Den Sprung in den römischen Garten hat die wärmebedürftige Art jedoch nicht geschafft. Ein Innenhof mit Säulen, Regenrinnen, ein Wasserbecken und fruchttragende Schattenbäume – eigentlich waren in der Pharaonenzeit schon alle Elemente des Innenhofgartens vorhanden, den die Römer später so sehr schätzen sollten. Doch fand die Idee in der griechisch-hellenistischen Gartenwelt zunächst keine direkte Fortsetzung.

Feige (Ficus carica) Die Feige stammt aus der Türkei und Westasien, wo sie seit Jahrtausenden kultiviert wird. Die Römer kannten zahlreiche Kulturvarietäten und brachten den kleinen, sommergrünen Baum wohl nach Mitteleuropa. An einem geschützten Standort in der Nähe eines Hauses oder an einer Mauer übersteht der Feigenbaum auch hiesige Winter. Doch selbst vom Frost betroffene Exemplare treiben im Frühjahr meist neu aus. Die ungewöhnliche Form der Blätter, der angenehme Duft, den der ganze Baum verströmt, die bei gutem Wetter auch bei uns reifenden Früchte und nicht zuletzt die für ein Mittelmeergewächs seltene relative Frostunempfindlichkeit empfehlen den Feigenbaum für den Garten. Wie alle Obstbäume gedeihen auch Feigen in voller Sonne und in guter, angereicherter Gartenerde am besten.

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Vor den Römern: Gärten in Griechenland und anderswo

Gärten vor der Stadt

In Griechenland legte man, weil der Platz in den Städten begrenzt und kostbar war und weil Wasseranschlüsse fehlten, Gärten rund um die Stadtmauern in Vororten und ländlicheren Zonen an. Dort wurden auch Gemüse und Blumen für den Markt angebaut. Obst und Wein züchtete man auf den weiter außerhalb liegenden Bauernhöfen. Die Nutzgärten der Bauernhöfe lagen vom Haus etwas entfernt und waren vor Eindringlingen durch Mauern oder Zäune geschützt. Lange Zeit galten Gärten in Griechenland als ein Luxus, auf den man zur Not verzichten konnte. Der Geschichtsschreiber Thukydides (um 454–ca. 396 v. Chr.) notierte etwa, dass Perikles seine Athener Landsleute aufforderte, die im Krieg gegen Sparta verwüsteten Gärten als entbehrlichen Besitz zu betrachten und nicht weiter zu betrauern. Gleichwohl waren Gartengrundstücke rund um Athen teuer. Der Philosoph Platon (um 428–347 v. Chr.) bezahlte für seinen Garten in einem Vorort von Athen im Jahr 388 v. Chr. 2000 Minen. Sein Berufskollege Epikur (um 341–270 v. Chr.) kaufte seinen Garten später sogar für 8000 Minen. Weiter entfernt von der Stadt, im Inland der attischen Halbinsel waren Gärten hingegen schon für etwas über 200 Minen zu bekommen. Eine Möglichkeit auch für weniger wohlhabende Athener, einen Garten zu nutzen, war die Pacht. Für 30 bis 70 Minen im Jahr kam man in den Genuss eines eigenen Grundstücks auf Zeit. Doch gab es in den Athener Vororten auch Gärten oder Parks, die keine echten Ziergärten in der Art der späteren römischen Anlagen waren, die aber auch nicht dem Anbau von Nahrungsmitteln dienten. In den Parkanlagen vor den Toren Athens befanden sich die Sportstätten für die männliche Jugend, die Gymnasien. Sie waren in wasserreichen Gebieten entlang der Flüsse und inmitten alter heiliger Haine und Kultorte gelegen. Platane, Ulme, Pappel und Olivenbäume sollen dort gewachsen sein, wie der Dichter Aristophanes (um 450– 380 v. Chr.) vermerkte. In der Nähe der Gymnasien lagen auch die Schulen und Gärten der Philosophen. Ein einzigartiges Mosaikbild aus dem Archäologischen Nationalmuseum in Neapel zeigt einen solchen Philosophengarten, der für Schüler und Lehrer ein Ort zum Diskutieren und Nachdenken war.

Philosophie im Garten

Philosophie im Garten

Sechs bärtige, in Mäntel gehüllte Männer sitzen auf einer halbrunden Bank oder stehen unter einem Baum. Ein Mann weist mit einem Stab auf die Himmelssphäre in der Mitte. Sie diskutieren und denken nach; das ist an ihren Gesten zu erkennen. Im Bildhintergrund sind eine Stadtmauer und eine Burg zu sehen. Ein Säulenportal mit vier Öllämpchen auf dem verbindenden Querbalken, eine weitere Säule mit einer Sonnenuhr und Kästen zu Füßen der Männer vervollständigen das Bild. Als das Mosaikbild 1897 in der Villa des Titus Siminius Stephanus vor der Stadtmauer von Pompeji entdeckt wurde, erregte es unter den Fachleuten großes Aufsehen. Zu ungewöhnlich war das dargestellte Motiv, das sich nicht in die vertrauten mythologischen Bilder oder Szenen aus dem Alltag einordnen ließ. Zudem hat die sitzende männliche Figur, die auf die Himmelssphäre zeigt, Ähnlichkeit mit den bekannten Marmorporträts des Philosophen Platon. Auch Kleidung und Haartracht der abgebildeten Männer lässt auf eine Gruppe Philosophen schließen, die sich vor den Mauern einer befestigten Stadt treffen. Sehr wahrscheinlich zeigt das Mosaikbild einen Blick auf Platons Akademie, die Philosophenschule, die der Meister vor den Toren Athens gegründet hatte. Platon hatte das Grundstück 388 v. Chr. erworben. Es lag in der Nähe eines Hains, der nach dem attischen Heros Akademos „Akademia“ hieß. Bald wurde der Name des Hains auf Platons Schule übertragen und die Schulmitglieder begannen, sich Akademiker zu nennen. Wie der Garten aussah, in dem Platon seine Schüler das Philosophieren lehrte, ist nur in wenigen Einzelheiten überliefert. Wir wissen immerhin, dass Platon ein eigenes Haus, ein Musenheiligtum und eine Exedra – einen Sitzplatz am Ende eines Säulengangs – errichtete. Vermutlich war der Garten zumindest teilweise wie ein kleiner Park gestaltet, mit Spazierwegen, Rasenflächen, Schattenbäumen und mit Lauben, die sich die Schüler bauten, um in der Nähe ihres Lehrers wohnen zu können. Die Gartenexpertin Maureen Carroll vermutet, dass es auch Nutzgärten gab, die die Bewohner versorgten. Auf dem pompejanischen Philosophenmosaik ist einiges davon

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Platons Akademie, Mosaik aus der Villa des T. Siminius Stephanus bei Pompeji, Neapel, Museo Archeologico Nazionale di Napoli

Philosophie im Garten

wieder zu erkennen. Die Gesprächsrunde findet unter dem Schatten eines großen Baums statt. Die Männer sitzen auf einer Marmorbank vor Säulen, die vielleicht eine Exedra andeutet. Die Sonnenuhr an der Säule mag für die berühmte Uhr stehen, die in der platonischen Akademie die Schüler zusammenrief. Die Säule und die beiden mit einem Querbalken versehenen Pfeiler lassen vermuten, dass man sich in römischer Zeit Platons Garten aufwendig hergerichtet vorstellte. Die beiden Pfeiler könnten Teil eines Säulengangs sein, der ja ein wesentliches Merkmal der griechischen Philosophenschulen war. Oder aber sie rahmen einen Altar. Vergleichbare Darstellungen von Öllampen auf einer Portalarchitektur in der Nähe großer Bäume und Heiligtümer kennen wir aus der pompejanischen Wandmalerei. Ob nun mit der Architektur ein Säulengang oder Heiligtum angedeutet werden sollte – zu dem Garten eines griechischen Philosophen würde beides passen. Als Platon gestorben war, übernahmen seine Schüler die Leitung der Akademie und diskutierten weiter im Garten über die Philosophie ihres Meisters. 86 v. Chr. eroberten dann die Römer Athen und verwüsteten die Schule. Zwar zerstörten die Römer den Garten, in dem Platon lehrte; das Interesse an griechischer Philosophie, Kultur und Kunst nahmen sie jedoch mit nach Italien. Auf dem Mosaik können wir sehen, welche Vorstellungen der griechischen Lebensart und Philosophie die Römer entwickelten – und was davon in ihre eigene Kultur überging. Der prächtige Rahmen des Philosophenmosaiks mit den Fruchtgirlanden und Theatermasken lässt vermuten, dass die Darstellung sich auf ein Theaterstück bezieht und dass das Bild einmal zur Ausstattung eines Speisezimmers gehörte. Obwohl Gebrauchsspuren die einstige Verwendung als Fußbodenmosaik nahelegen, haben die Archäologen es im losen Schutt der Villa des Titus Siminius Stephanus entdeckt, eingebettet in einen Rahmen aus Travertingestein. In der Villa waren verschiedene Handwerksstätten untergebracht, darunter war wohl auch ein Atelier für Marmorarbeiten. Möglicherweise stammte das Mosaik aus einem Haus, das beim schweren Erdbeben 62 n. Chr beschädigt wurde. Vielleicht hatte man es aber auch von auswärts nach Pompeji gebracht, um es in der Werkstatt wiederherzurichten und zu verkaufen.

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Vor den Römern: Gärten in Griechenland und anderswo

Doch zurück nach Griechenland: In Athen schätzte man den Philosophieunterricht im Garten sehr. Andere Philosophen folgten Platon in der Gründung eigener Schulen mit angeschlossenen Gärten. Im Verlauf des vierten Jahrhunderts unterrichteten etwa Aristoteles (384–322 v. Chr.) und dessen Nachfolger Theophrastos von Eresos ihre Anhänger im sogenannten Lykeion. Wie Platons Akademie soll es ein Wohngebäude, einen Säulengang und Heiligtümer enthalten haben. Der Garten des Epikur

Mehr als Aristoteles, Theophrastos oder Platon ist jedoch ein anderer griechischer Philosoph mit dem Garten verbunden. Nach dem griechischen Wort für Garten (képos), wird die Schule des Epikur bis heute Kepos genannt – durchaus passend für einen Ort, an dem Epikur über das Leben im Verborgenen, über das Wesen des Glücks, die Überwindung der Furcht und die Freude am gegenwärtigen Leben nachgedacht hat. Er erwarb sein Grundstück um 306 v. Chr. Die Forschung ist geteilter Meinung, ob der Garten wie die anderen Philosophengärten vor der Stadt lag oder innerhalb der Stadtmauern. Plinius d. Ä. schreibt Epikur in der „Naturalis historia“ jedenfalls die Erfindung des Stadtgartens zu. Die Archäologin Maureen Carroll geht jedoch davon aus, dass Plinius sich in seiner Einschätzung geirrt hat und dass auch Epikurs Garten vor der Stadt lag. Er unterschied sich vermutlich kaum von den anderen Philosophengärten mit ihren Säulengängen, Sitzgelegenheiten und Wegen. Auch Heiligtümer und ein Altar werden in Epikurs Garten nicht gefehlt haben, ebenso Hütten oder Lauben, Sträucher und Hecken sowie eine Quelle oder ein Bach, um den Garten mit ausreichend Wasser zu versorgen, und zahlreiche Pflanzen. Historische Quellen, die dies belegen, sind jedoch nicht überliefert. Aber vielleicht wuchs in seinem Garten auch eine Platane. Philosophie unter Platanen

Im antiken Griechenland wurden vielerorts Platanen als Schattenbäume kultiviert. Sie wuchsen in den Heiligtümern vor den Städten, in den Gymnasien und Wettkampfstätten der Sportler – und auch in den Gärten der Philosophenschulen. Aristoteles etwa soll seine Schüler un-

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ter einer mächtigen Platane unterrichtet haben. Platon beschreibt in dem Dialog „Phaidros“ eine Platane, die in der Nähe eines Heiligtums für Pan an einem kleinen Fluss vor der Stadtmauer von Athen stand. Er erzählt, wie Phaidros und Sokrates im Schatten des Baums eine Diskussion über das Wesen der Liebe fortsetzen, die sie während ihres Spaziergangs begonnen hatten: Phaidros: Nun, siehst du dort jene höchste Platane? Sokrates: Wie sollte ich nicht? Phaidros: Dort ist sowohl Schatten als auch ein mäßiger Luftzug, auch Rasen, um uns niederzusetzen oder, wenn wir lieber wollen, uns niederzulegen. In den Gärten der Philosophen wuchs die morgenländische Platane Platanus orientalis. Sie stammt, wie ihr Name schon vermuten lässt, ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Plinius’ „Naturalis historia“ zufolge kam die über 30 m hohe Art über das Ionische Meer nach Sizilien. Von dort aus gelangte sie über Italien ins westliche Südeuropa und später auch nach Mitteleuropa. Platanen vertragen

Platane In den Städten Mitteleuropas wächst heute die gewöhnliche Platane oder ahornblättrige Platane Platanus x acerifolia, eine Hybride aus dem 18. Jahrhundert, die mit den griechischen Platanen eng verwandt ist. Diese Art ist unempfindlicher gegenüber Kälte und Pilzbefall als ihre griechische Verwandte. Obwohl Platanen zu den beliebtesten Bäumen in den römischen Gärten zählten, sind sie in den rekonstruierten Anlagen selten anzutreffen. So wachsen etwa in der Getty-Villa in Malibu anstelle der morgenländischen Platane die Gewöhnliche Platane und die in Nordamerika heimische Platanus racemosa, die das kalifornische Klima besser vertragen. Platanen sind Bäume für Parks und Alleen, denn für die allermeisten Gärten dürften die Bäume mit ihren ausladenden Kronen zu groß werden. Tiefer, nährstoffreicher Boden und sonnige Lage sind neben viel Platz Voraussetzungen für ihre erfolgreiche Pflege.

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Eine Platane aus dem „Gartenzimmer“ im Haus des goldenen Armreifs in Pompeji, um 40–60 n. Chr.

starken Rückschnitt, Überpflasterung und lassen sich sogar im Alter noch umpflanzen, Eigenschaften, die sie bereits im Altertum zu beliebten Gartenbäumen werden ließen. Platanen wurden damals auch als Heilpflanzen verwendet. Dioskurides empfiehlt Blätter, Rinde und Früchte gegen Augenleiden, Zahnschmerzen und Schlangenbisse. Die Römer wussten von der engen Beziehung zwischen den Platanen und den griechischen Philosophenschulen. So nimmt Cicero in seiner Schrift „De oratore“ den Anblick einer Platane zum Ausgangs-

Philosophie unter Platanen

punkt für ein Gespräch über Platon und wiederholt zu diesem Zweck die im „Phaidros“ geschilderte Szene mit Spaziergang und Gespräch im Schatten der Platane: „Warum, Crassus, ahmen wir nicht Sokrates im Phaidros nach? Deine Platane hier gibt mir diesen Gedanken ein; sie breitet zur Beschattung dieses Ortes ihre Äste nicht weniger aus als jene, deren Schatten Sokrates nachging, die mir nicht so sehr durch das Bächlein selbst, das dort beschrieben wird, als durch die Rede des Platon gewachsen zu sein scheint.“ Für Cicero und seine Zeitgenossen war die Platane also eng mit der griechischen Philosophie verknüpft. Mit einiger Wahrscheinlichkeit können wir auch in dem Baum auf dem pompejanischen Mosaik eine Platane vermuten. Neben den Anspielungen auf die griechische Philosophie und Lebensart war die Platane für die Römer vor allem ein Symbol für den Gartenluxus der herrschaftlichen Villen. Die Erwähnung von Platanen und Säulen reichte aus, um eine Villa zu umschreiben. Als Horaz beklagte, dass private Villen Ackerland und öffentliche Bauten verdrängten, fasste er den Umstand in dem Bild der einheimischen Ulme, die der Platane weichen muss, zusammen. Assoziationen zur verehrten griechischen Kultur, ihre Bedeutung als Statussymbol, die Qualitäten als Schattenbaum, ihre Anspruchslosigkeit und Formbarkeit sowie die schöne Farbe von Blättern und Rinde machten die Platane in der römischen Kaiserzeit zu einem beliebten Gartenbaum. So zeigt auch das Gartenbild im Haus des goldenen Armreifs in Pompeji eine kleine Platane in der Mitte des Bildes direkt hinter dem Brunnen. Plinius d. J. pflanzte Platanen in die Peristyle seiner Landgüter. 16 Platanen wuchsen zu beiden Seiten eines Kanals in der Villa von San Marco im antiken Stabiae und Platanen rahmten auch das große Wasserbecken der Villa der Poppaea. In der Getty-Villa sind Platanen in einem der Ziergärten im östlichen Teil des Geländes gepflanzt. Im historischen Vorbild der Getty-Villa wiederum, der Villa der Papyri in Herculaneum, fanden die Ausgräber im 18. Jahrhundert eine ganze Bibliothek mit den Schriften Epikurs. Vielleicht haben sich ja die Leser in der Villa der Papyri mit Epikurs Texten in den Garten zurückgezogen und unter einer Platane philosophiert. Epikur hätte diese Vorstellung bestimmt gefallen.

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I m To p f

Letztlich aber kann man über das Aussehen von Epikurs Garten und dem jeder anderen griechischen Gartenanlage nur spekulieren. Sicher ist nur, dass reine Ziergärten bis in die hellenistische Zeit nicht üblich waren. Immerhin wissen wir aus Schriftquellen und dank archäologischer Funde, dass Schattenbäume, Rasenflächen, Sitzgelegenheiten und Säulengänge zur Ausstattung gehört haben müssen. Über die Gliederung der Gärten, über Wege, Hecken und Beete oder gar über Pflanzschemata ist hingegen nichts bekannt. Ebenfalls nur wenig wissen wir über die Pflanzen in Töpfen und Kübeln in griechischen Häusern, Höfen und Gärten. Zumindest sind Blumenkübel in einigen Fällen belegt. Bei Ausgrabungen in der antiken griechischen Stadt Olynth beispielsweise wurden Pflanzentöpfe unterschiedlicher Größe geborgen. Als Pflanzenbehälter sind sie an einem Loch am Boden oder an den Seiten oder an einem Untersetzer zu erkennen. Sehr wahrscheinlich wurden die Töpfe in den Innenhöfen der Häuser aufgestellt. Was darin wuchs und zu welchem Zweck die Töpfe bepflanzt wurden, ist nicht bekannt. Vielleicht pflegte man darin Küchenkräuter. Dass Pflanzen damals bereits zu Zierzwecken gehalten wurden, etwa um Innenhöfe, Dächer oder Fenster zu schmücken, ist wenig wahrscheinlich; Zierpflanzen in Töpfen sind nicht belegt. Auch Schnittblumen gab es im antiken Griechenland nur zu ganz besonderen Anlässen. Vasenbilder zeigen geschnittene Myrtenzweige in großen Gefäßen für Hochzeiten. Meist wurden Blumen im antiken Griechenland aber in Form von Girlanden verarbeitet. Girlanden schmückten Wände und Türrahmen, Festteilnehmer trugen Blumenkränze; auch das zeigen uns die Bilder auf den griechischen Vasen. Für Tempel und Altäre sowie als Opfergaben für die Götter wurden Blumen ebenfalls genutzt. Sie wurden in kommerziellen Gärten vor der Stadt gezüchtet, in hellenistischer Zeit auch aus Ägypten importiert, und dann von Blumenbinderinnen auf dem Markt aufgebunden und verkauft.

Geheimnisvolle Adonisgärten

Zur Adonisfeier trägt die Göttin Aphrodite eine Schale mit blühenden Pflanzen auf das Dach eines Hauses. Lekythos aus Ruvo, 4. Jahrhundert v. Chr., Karlsruhe, Badisches Landes museum

Geheimnisvolle Adonisgärten

Auf manchen griechischen Vasen sind dennoch Blumen in Töpfen oder Schalen abgebildet, die von kleinen geflügelten Göttern gegossen werden. Sie waren Teil eines Festes, das die griechischen Frauen zu Ehren des Adonis veranstalteten. Die Mythen erzählen von dem wunderschönen jungen Adonis, den Persephone, die Herrin der Unterwelt, und die Liebesgöttin Aphrodite gleichermaßen begehren. Als Adonis auf der Jagd von einem Eber getötet wird, verwandelt die untröstliche Aphrodite den Geliebten – um ihn Persephone nicht ganz zu überlassen – in eine Blume. Im Mythos von Adonis geht es um Liebe und Tod, um Verwandlung und Auferstehung, Themen, die während des Festes symbolisch

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Geheimnisvolle Adonisgärten

nachvollzogen wurden, wie wir aus Textstellen bei griechischen und lateinischen Autoren sowie von einigen Bildern wissen. Die griechischen Frauen feierten Tod und Auferstehung ihres Helden, indem sie rasch wachsende Pflanzen wie Gerste, Fenchel, Lattich, Weizen oder verschiedene einjährige Blumen in Töpfe oder Körbe säten und auf den Dächern ihrer Häuser aufstellten. Die Pflanzen wuchsen schnell in die Höhe, um ebenso rasch wieder zu verwelken. Nach acht Tagen wurden sie in Quellen oder ins Meer geworfen. Die erst keimenden, dann blühenden und schließlich sterbenden Gärten stehen stellvertretend für das Schicksal des Adonis. Ein Vasenbild auf einem Salbgefäß aus dem Badischen Landesmuseum in Karlsruhe zeigt die Göttin Aphrodite selbst auf einer Leiter, wie sie vom geflügelten Amor eine Schale mit jungen Pflanzen entgegennimmt, um die Pflanzen auf das Dach des Hauses zu tragen (vgl. Abb. S. 69). Auf dem Boden stehen zwei weitere bepflanzte Gefäße, für die offenbar der obere Teil einer Amphore verwendet wurde. Im Laufe der Zeit entwickelte der Kult um Adonis lokale Ausprägungen. In einigen Gegenden wurde das Fest im Frühjahr, in anderen im Sommer begangen. Obwohl es nie in den offiziellen Festkalender aufgenommen wurde, feierten auch die römischen Frauen das Adonisfest. Auf einem Wandbild der Villa des Fannius Synistor in Boscoreale aus der Zeit um 40 v. Chr. ist beispielsweise eine bepflanzte Schale auf dem Dach eines Erkers zu sehen. Möglicherweise ist die Schale als Anspielung auf den Kult zu verstehen und verweist darauf, dass Adonis auch in den Vesuvstädten verehrt wurde. Auf einem Fragment des monumentalen Marmorplans, einem Plan der Stadt Rom aus der Regierungszeit des Kaisers Septimius Severus, der 193 bis 211 n. Chr. regierte, ist schließlich eine T-förmige Fläche vermerkt, die mit dem Namen „Adonea“ beschriftet ist. Auch wenn die Wissenschaftler nicht ganz sicher sind, spricht doch vieles

Pflanzen in Schalen und Kübeln auf einem Wandbild aus der Villa Fannius Synistor in Boscoreale, 40–30 v. Chr., New York, Metropolitan Museum of Art

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dafür, dass diese Beschriftung auf eine Stätte hinweist, an der Adonis im kaiserzeitlichen Rom verehrt wurde. Das Gelände ist mit zahlreichen, dicht nebeneinanderliegenden Punkten versehen, die, wenn diese Stelle tatsächlich Adonis geweiht war, als Darstellung von Pflanzen in Tontöpfen gedeutet werden kann. Eine Bestätigung findet diese Interpretation in den halbierten, im Boden versenkten Amphoren, die auf dem Palatin gefunden wurden. Die Töpfe waren in Reihen angeordnet und enthielten Wurzelreste. Ist die Einschätzung korrekt, dürfte das alte Ritual der kurz blühenden Adonisgärten in Rom aber eine Umformung erhalten haben: Die nur zeitweilig gehegten Blumentöpfe auf den Dächern in Griechenland oder in den Vesuvstädten wurden auf dem Gelände der Adonea eine dauerhafte Einrichtung, in der die Gewächse vermutlich längere Zeit gepflegt wurden. Darauf verweisen zumindest die gefundenen Wurzelreste, die nicht von kurzlebigen Gräsern oder Blumen stammen. Blumen in Schalen und Körben auf dem Dach – dabei an unsere neuzeitlichen Topfgärten auf Balkonen, Terrassen oder sogar Fensterbänken zu denken, liegt eigentlich nahe. Doch Topfpflanzen zur Zierde sind – so selbstverständlich sie uns heute auch erscheinen mögen – in der griechisch-römischen Welt nicht üblich gewesen. Wann aber haben die Menschen angefangen, Gewächse nicht nur als Nutzpflanzen zu kultivieren, sondern stattdessen das Bedürfnis nach Farbe und Schönheit in den Vordergrund zu stellen; und seit wann richteten sie Gärten zur Erholung und zum Vergnügen ein? Dafür schauen wir noch einmal auf die Anfänge der römischen Gartenkunst und betrachten den Nutzgarten auf dem Landgut von Plinius d. J. in Laurentum.

„Cato rühmt die Kohlgärten.“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

5. Küchengärten und Nutzgärten: Selbstversorgung auf römische Art Bauernhof und Gutshaus

Plinius’ Landgut war zu einem Teil ein Bauernhof, also eine villa rustica. Es war aber auch ein Gutshaus mit Merkmalen der villa urbana, dem Stadthaus, in dem viel Wert auf Bequemlichkeit und Repräsentation gelegt wurde. Das historische Vorbild der Villa Borg war vergleichbar strukturiert. Zum einen weisen Wirtschaftsgebäude und landwirtschaftliche Nutzflächen auf die Nutzung als villa rustica hin. Zum anderen waren die Besitzer der Villa wohlhabend, wie auch Plinius. Darauf lassen die Ausdehnung der Gebäude und die reiche Ausstattung mit Mosaikfußböden und Wandmalereien schließen, die nach dem Vorbild der römischen Villen Italiens gestaltet sind. Ein solches, mit vielen Annehmlichkeiten ausgestattetes, repräsentatives Haus auf dem Land bezeichnen Archäologen als villa suburbana, also als Haus vor der Stadt. Zu den bestimmenden Merkmalen der villa suburbana gehören Ziergärten mit den Hecken, Beeten, Wasserbecken

Ansicht einer villa suburbana mit Rasenflächen, Beeten und Bäumen, 1. Jahrhundert n. Chr., Wandbild im Haus des M. Lucretius Fronto in Pompeji

und Spazierwegen, über die Plinius so ausführlich schreibt. Ein kleines Wandbild im Haus des M. Lucretius Fronto in Pompeji bildet eine villa suburbana mit nach repräsentativen Gesichtspunkten angelegten Gärten ab. Die dreiflügelige Anlage mit den Säulengängen rahmt Wege, umzäunte Beete und Rasenflächen in einem offenen Hof. Hinter den Gebäuden dehnen sich weitere Gärten mit größeren Sträuchern und Bäumen aus. Von einem Gemüsegarten, den Plinius für die Villa in Laurentum erwähnt, ist hingegen nichts zu sehen. Zierpflanzen und Nutzpflanzen

Plinius beschreibt den Küchengarten in seinem Brief ausdrücklich als ländlich, während er an anderen Stellen hervorhebt, dass die Ziergärten nach städtischen Vorbildern gestaltet sind. Er unterscheidet die Gärten also sehr genau nach ihren Funktionen – typisch für die Römer, die Nutz- und Ziergärten streng voneinander trennten, im Unterschied etwa zur Barockzeit, in der man Küchengärten als Zierpflanzungen herrichtete und in Ziergärten auch Nutzpflanzen ernten konnte. Plinius hebt darüber hinaus hervor, dass sein Küchengarten sehr fruchtbar ist, was wahrscheinlich meint, dass der Garten Überschüsse produziert und die Erzeugnisse nicht nur zur Selbstversorgung dienten, sondern auf dem Markt verkauft werden konnten. Cato und Columella bestätigen das: Ihrer Ansicht nach sollte der Nutzgarten Gewinn abwerfen. Columella beschreibt im 10. Buch über die Landwirtschaft das Vergnügen am Markttag, wenn „der Marktbeschicker mit schwankendem Schritt nach kräftigem Weingenuss eine schwere Last von Münzen im Gewandbausch aus der Stadt nach Hause bringt“.

Zierpflanzen und Nutzpflanzen

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Obwohl die Römer zwischen Zier- und Nutzgärten sehr genau unterschieden, gab es bei der Pflanzenauswahl nicht selten Überschneidungen. Das lag nicht zuletzt daran, dass – verglichen mit heute – nur eine begrenzte Anzahl an geeigneten Pflanzen zu Verfügung stand. Gebraucht wurden Schattenbäume für den Sommer und immergrüne Arten, die auch im Winter einen schönen Anblick boten. Darüber hinaus waren farbenprächtige Blüten, Gewächse mit angenehmem Duft und für den Formschnitt geeignete Pflanzen gefragt. So zählt Plinius für seinen Garten Feigen und Maulbeerbäume auf, die zu den wichtigsten Obstbaumarten der Römerzeit gehörten. In Baumgärten wurden sie im großen Stil für kommerzielle Zwecke gezogen. Offenbar war Plinius sich bewusst, dass er in seinem Brief Bäume erwähnt, die für einen Ziergarten ungewöhnlich waren. Er begründet seine Entscheidung mit einem Hinweis auf die besonderen Bodenverhältnisse. Platane und Buchs hingegen, denen wir bereits im vorherigen Kapitel begegnet sind, wurden, trotz ihrer medizinischen Bedeutung, vor allem als Ziergewächse betrachtet. Bei anderen Arten wie Myrte und Lorbeer oder den meisten Blumen entschied der Ort, ob sie also in einem Beet der villa urbana oder in einem Nutzgarten wuchsen, darüber, ob die Pflanze als Zier- oder Nutzgewächs betrachtet wurde. Ein Gärtner trägt Körbe mit Blumen zum Markt. Mosaik aus der Villa del Casale in der Nähe von Piazza Amerina (Sizilien), spätes 3. bis frühes 4. Jahrhundert n. Chr.

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Küchengärten und Nutzgärten

Rosmarin

Rosmarin ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Römer manche Pflanzen anders einordneten, als wir es heute tun. Plinius d. J. beschreibt Rosmarin nicht etwa als Küchenkraut, sondern als Ziergewächs, nämlich als Ersatz für Buchsbaum. Er führt aus, dass Buchs empfindlich auf Trockenheit und salzhaltige Luft reagiert, Rosmarin hingegen diese Bedingungen verträgt. Ob wir uns die Rosmarinpflanzung als geschlossene niedrige Hecke vorstellen dürfen oder als eine lockere Reihe, geht aus dem Text nicht hervor. Ebenso wenig wird deutlich, ob die Lücken in der Buchsbaumhecke lediglich mit Rosmarin aufgefüllt wurden oder ob Rosmarin flächendeckend überall dort gepflanzt wurde, wo Buchsbaum keine Chancen hatte. Dass Plinius den Rosmarin ausschließlich als Schmuckpflanze beschreibt, ist durchaus repräsentativ: Rosmarin spielte als Küchenkraut im Altertum keine Rolle. Erst in mittelalterlichen Rezeptsammlungen kommt er als Würzkraut zum Einsatz. Vom gärtnerischen Standpunkt betrachtet, passen Rosmarin und Buchs gut zusammen. Feines, immergrünes Laub, kleine, hübsche Blüten und angenehmer Duft zeichnen beide Arten aus, ebenso vertragen beide Hitze und Trockenheit. Für den Formschnitt ist Rosmarin im Gegensatz zum Buchs aber nicht geeignet. Rosmarin stammt ursprünglich aus dem westlichen Mittelmeerraum aus Südfrankreich und Spanien. Heute ist er von Portugal bis Kleinasien verbreitet. Ob es die Römer waren, die ihn auch nach Mitteleuropa brachten, ist

Rosmarinwein Gegen Leibgrimmen und jegliche Art von Durchfall macht man Rosmarinwein, und zwar folgendermaßen: Man gießt Traubenmost in eine neue Amphore. Dann gibt man Zweige von getrocknetem Rosmarin, die mit einem Leinenfaden zusammengebunden sind, hinein und lässt beides sieben Tage lang gären. Nun nimmt man das Bündel der Zweige heraus, reinigt den Wein gründlich und verschließt das Gefäß. Diesen Wein kann man nach zwei Monaten als Heilmittel verwenden. (Columella, 12. Buch über die Landwirtschaft)

Blühender Rosmarin (Rosmarinus officinalis)

nicht gesichert. Die Römer nutzten ihn als Zierpflanze, als Weihrauchersatz, als Bienenweide und als Heilkraut, wie Plinius, Ovid und Vergil mitteilen. Columella hat im 12. Buch seiner Abhandlung über die Landwirtschaft ein Rezept für Rosmarinwein festgehalten, der bei Magenbeschwerden helfen soll. Küchengärten: Wo wurden sie angelegt?

Küchengärten zur Selbstversorgung waren ein fester Bestandteil der römischen Lebensweise. Ausgrabungen in Cosa an der italienischen Westküste belegen, dass römische Häuser bereits im 4. und 3. vorchristlichen Jahrhundert kleine Gemüsegärten auf der Rückseite ihrer Anwesen besaßen. Sie wurden stets in unmittelbarer Nähe der Wohnhäuser angelegt und waren auf den Grundstücken der ländlichen Villen fest mit eingeplant. Zuweilen entstanden kleinere Gemüsegärten auch durch Umbau. In der Villa der Poppaea etwa hat man die nach dem Erdbeben 62 n. Chr. frei gewordenen Flächen als Küchengärten genutzt. Auf dem Land wurde der Küchengarten immer dort angelegt, wo man leichten Zugang hatte, denn Repräsentation spielte für die villa rustica eine untergeordnete Rolle. Auf dem als Villa Regina bezeichneten Bauernhof in Boscoreale vor den Toren Pompejis brachten die Besitzer ihre Gemüsebeete sogar in unmittelbarer Nähe des Hauptein-

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Küchengärten und Nutzgärten

gangs unter. Für Plinius’ Villa, die Villa in Borg oder Fishbourne Palace wäre ein derart exponierter Ort für den Gemüsegarten wohl nicht infrage gekommen. Allerdings war der Gemüsegarten der Villa Regina nur klein, denn der Schwerpunkt des Hofs lag auf dem Weinbau. Auf Landgütern, die als villa suburbana genutzt wurden, dürfte der Küchengarten wohl in der Regel auf der Rückseite der Wohngebäude untergebracht worden sein, so wie es Plinius in seinem Brief schildert. In Städten mit ihrem eingeschränkten Platzangebot nutzten die Bewohner jede verfügbare freie Fläche für ihre Gärten. In Pompeji wurden viele kleine Gärten gefunden, in denen die Besitzer Gemüse und Obst für den Eigenbedarf angebaut haben. In welchem Maß die Selbstversorgung mit Obst und Gemüse innerhalb der Stadtmauern Pompejis betrieben wurde, ist jedoch nur schwer abzuschätzen. Sicher ist lediglich, dass viele Häuser neben vereinzelten größeren Anbauflächen über kleine Nutzgärten verfügten, die den Haushalten zwar keine unabhängige Eigenversorgung ermöglichten, aber zumindest den Speiseplan ergänzten. Selbst angebautes Essen aus dem eigenen Garten galt seit den Zeiten der Römischen Republik als erstrebenswert und entsprach dem weit verbreiteten Autarkiebedürfnis der Römer. Plinius d. Ä. schreibt dazu im ersten Buch seiner „Naturalis historia“: „Zu Rom wenigstens war der Garten selbst der Acker des Armen. Aus dem Garten bezog das Volk seinen Unterhalt.“ Für Archäologen ist es nicht einfach, Küchengärten auf dem Ausgrabungsgelände zu identifizieren, da die intensive Bewirtschaftung der Flächen nur wenige Spuren hinterlassen hat. Wurzelreste stammen zumeist von größeren Sträuchern oder Bäumen. Wurzeln von ein- oder zweijährigem Gemüse und Blumen hingegen wurden entweder mit abgeerntet oder für das nächste Jahr wieder umgegraben. Pollen, Samen und Früchte lassen sich ebenfalls nicht immer nachweisen. So sind also Flächen, die in der Antike einmal als Küchengärten gedient haben, heute meist nur an wenigen Zeichen erkennbar. Gelegentlich gibt es Mauerreste, die Hinweise geben, und manchmal ist die Aufteilung der Fläche in Beete und Wege zu erkennen. Meist müssen die Archäologen jedoch allein von der fehlenden architektonischen Binnengliederung auf einen Garten schließen oder sie führen die Existenz des Küchengartens

Columellas Gemüsegarten

auf die besondere Zusammensetzung der Erde zurück. In Fishbourne wies allein die Erde auf die Existenz eines Gartens hin. Wilhelmina Jashemski ist es gelungen, die Spuren eines Küchengartens in der Villa Regina in Boscoreale zu finden. Sie entdeckte Wege zwischen den Beeten, die zugleich als Bewässerungskanäle dienten und die Beetflächen unterteilten und sie fand eine Zisterne im hinteren Teil der genutzten Fläche. Die Frage, welche Pflanzen im Garten der Villa Regina wuchsen, konnte Jashemski in ihren Untersuchungen jedoch nicht beantworten. Was in den Beeten römischer Küchengärten einmal gepflanzt wurde, lässt sich nur in sehr wenigen Fällen rekonstruieren, weil der Boden regelmäßig umgegraben und alte Pflanzen ständig durch neue ersetzt wurden. In Fishbourne, in Borg und in der Getty-Villa hat man, trotz dieser Schwierigkeiten, versucht, römische Nutzgärten nachzubilden. In Borg gedeihen Blumen, Heil-, Duft- und Würzpflanzen in einem speziellen Kräutergarten, während die Gemüsepflanzen in einem separaten Garten untergebracht sind. Diese Trennung zwischen Gemüse und Kräutern finden wir in den römischen Gartenhandbüchern jedoch nicht, sie ist erst für mittelalterliche Anlagen belegt und in Borg wohl aus praktischen Gründen vorgenommen worden. Columellas Gemüsegarten

Da weder die archäologischen Ausgrabungen noch die Malerei uns sichere Erkenntnisse darüber liefern, was in den römischen Küchengärten wuchs, sind wir mehr noch als bei den Ziergärten auf die Beschreibungen der antiken Autoren angewiesen. Rezeptsammlungen wie das Kochbuch des Apicius erklären, wie Kräuter, Gemüse und Obst in der Küche eingesetzt wurden. Auch Cato, Varro und vor allem Columella vermitteln ein recht genaues Bild von den damals verwendeten Arten. Columellas lange Liste mit Gemüsepflanzen macht deutlich, welch wichtigen Platz die Ernährung aus dem eigenen Garten für die Römer hatte. Blättert man durch seine Aufzeichnungen, fällt auf, dass erstaunlich viele der aufgelisteten Arten das Aussehen unserer Nutzgärten bis heute bestimmen. Nicht wenige von ihnen fanden erst mit den Römern ihren Weg nach Mitteleuropa.

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Blühender Kapernstrauch (Capparis spinosa)

Neben vertrauten Gewächsen wie Rettich, Lauch, Gartenkarotte, Artischocken, Spargel, Mangold, Gurken, Gartenkresse, Senf, Flaschenkürbis oder Rauke empfiehlt Columella auch Arten, die wir heute im Gemüsegarten eher selten antreffen. Dazu gehört der anspruchslose Kapernstrauch (Capparis spinosa), der fast ohne Wasser auskommt. Seine Blütenknospen, die Kapern, wurden bereits damals in Salzlake eingelegt und als würzende Zutat für Speisen verwendet. Im Kochbuch des Apicius ist ein Rezept für Brotsalat mit Kapern verzeichnet (siehe unten). Ebenfalls in unseren Gärten selten vertreten, im Römischen Reich aber ein beliebtes Gemüse war der Pferdeeppich (Smyrnium olusatrum). Wild ist der Eppich heute vom Kaukasus über Südwesteuropa bis auf die Kanaren verbreitet. Er wird aber seit dem 19. Jahrhundert,

Brotsalat mit Kapern nach Apicius Zutaten: Pfeffer, Minze, Sellerie, getrocknete Polei-Minze, Käse, Pinienkerne, Honig, Essig, Liquamen (Fischsoße), Eidotter, frisches Wasser. Presse in Posca (eine Mischung aus Wasser und Weinessig) eingeweichtes Brot aus und lege Kuhkäse und Gurken mit dazu gemischten Pinienkernen in einem kleinen Topf zurecht. Gib kleingeschnittene Kapern zusammen mit der Hühnerleber dazu. Gieße die Sauce darüber, stelle es in Eiswasser und serviere es so. (Kochbuch des Apicius, 4, 1)

Columellas Gemüsegarten

Pferdeeppich (Smyrnium olusatrum)

Kohl (Brassica)

als er vom Sellerie verdrängt wurde, nicht mehr kommerziell angebaut. Tatsächlich schmecken die Blattstiele des Pferdeeppichs ganz ähnlich wie Staudensellerie. Stiele und Blätter wurden von den Römern gerne als Gemüse gegessen, die aromatischen Früchte verwendete man als Gewürz. Plinius und Columella bezeichnen den Eppich als „schwarzes Gemüse“ oder „schwarzen Kohl“. Unter dieser Bezeichnung ist er auch in Apicius’ Kochbuch zu finden. Von allen Gemüsepflanzen, die in der römischen Welt gegessen wurden, hatte jedoch der Kohl (Brassica) die größte Bedeutung. Cato widmet ihm in seinem Buch ein ganzes Kapitel. Er führt neben dem wilden Kohl bereits verschiedene Gartensorten an, die er auch als bekömmliche Speise und darüber hinaus als das allerbeste Gemüse empfiehlt. Er weiß Rezepte für Blätter, Sprossen und Stiele, für eingemachten, in Essig eingelegten, rohen oder gekochten Kohl. Columella berichtet, dass Kohl bevorzugt auf den Äckern am Vesuv angebaut wurde und dass die Stängel und jungen Sprossen verzehrt wurden. Die Kohlblätter und der Pflanzensaft, manchmal mit anderen Zutaten vermischt, galten außerdem als Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten, von Geschwüren bis hin zu schlechter Verdauung. Mit den Blättern des Kohls wurden Wunden gereinigt und desinfiziert. Und Dioskurides erwähnt in seiner „De materia medica“ den Kohl als wirksames Mittel gegen Trunkenheit.

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Küchengärten und Nutzgärten

Aus den wilden Kohlarten wurden bereits in der Antike vielfältige Formen herausgezüchtet. So entwickelten sich aus dem gemeinen Kohl (Brassica oleracea) Rot- und Weißkohl, Spitzkohl oder Wirsing, aber auch Grün- und Rosenkohl, Blumenkohl und Broccoli. Allen Kohlpflanzen gemeinsam sind die unscheinbaren Blüten und die großen Blätter. Columella zählt vierzehn verschiedene Kohlsorten auf, deren Unterschiede und Kultivierung Plinius in der „Naturalis historia“ beschreibt. Wie der Kohl waren auch Zwiebeln (Allium cepa) für die Römer ein Grundnahrungsmittel. Man fand verkohlte Zwiebeln in der Asche von Pompeji und Herculaneum und weiß, dass die Römer die Zwiebeln über die Alpen brachten. Es wurden für Zwiebeln sogar spezielle Gärten, die cepinae, angelegt, die von Fachleuten, den ceparii, gepflegt wurden. In Apicius’ Rezeptesammlung werden Zwiebeln häufig erwähnt. Dioskurides unterscheidet mehrere Sorten, darunter lange, runde, gelbe und weiße Zwiebeln. Knoblauch (Allium sativum), der ebenfalls in den cepinae gezogen wurde, spielte in der feinen Küche des Apicius kaum eine Rolle. Der intensive Geruch wurde schon in der Antike als unangenehm empfunden. Dies ging so weit, dass der Verzehr von Knoblauch in griechischen Tempeln verboten war. Es waren die römischen Soldaten, die

Zwiebeln (Allium cepa)

Blühender Knoblauch (Allium sativum)

Kräuter im Garten

Knoblauch als Proviant in die germanischen Provinzen brachten. Im römischen Militärlager in Neuss im Rheinland wurden verbrannte Knoblauchzehen gefunden, ebenso in römischen Landgütern dieser Region. Ein deutlicher Hinweis, dass Knoblauch auch in den Gärten der nördlichen Provinzen als Gartenpflanze gezogen wurde. Eine weitere Pflanze, die in römischen Gemüsegärten nicht fehlen durfte, ist der Salat oder Lattich. Die Stammform des Gartensalats Lactuca serriola ist heute als Steppenpflanze in Ägypten verbreitet. Möglicherweise begann man dort mit der Kultur des Gartenlattichs Lactuca sativa. Von Ägypten breitete der Lattich sich über die griechische und römische antike Welt aus. Die Römer aßen ihn frisch als Salat und gekocht als Gemüse. Kam er zunächst vor allem als Vorspeise auf den Tisch, setzte man ihn später wegen der bei Dioskurides vermerkten einschläfernden Wirkung an das Ende des Mahls. Um ihn das ganze Jahr essen zu können, wurden die Stiele in eine Lake aus Salz und Essig eingelegt. Obwohl archäologische Nachweise fehlen, ist anzunehmen, dass die Römer den Lattich auch nach Deutschland brachten. In Apicius’ Kochbuch wird Salat gemeinsam mit der auch bei Columella aufgeführten Endivie genannt, für die Apicius die gleiche Salatsoße vorschlägt. Kräuter im Garten

In seiner Aufzählung der Pflanzen, die er für den Garten empfiehlt, unterscheidet Columella nicht zwischen Gemüse und Kräutern. Ebenso wenig trennt er zwischen Küchen- und Arzneikräutern oder solchen, deren Blüten gegebenenfalls zu dekorativen Zwecken weiterverarbeitet wurden. Stattdessen orientiert sich seine Liste an den Jahreszeiten und den Zeitpunkten für die Aussaat, an den Pflegearbeiten und an der Ernte. Eine heute nur wenig bekannte Pflanze, die in den römischen Gartenhandbüchern häufiger erwähnt wird, ist der Alant (Inula helenium), eine mächtige Staude mit hohen Blütenstängeln und kräftigem, bitter schmeckendem Wurzelstock, der einen feinen Veilchenduft entwickelt. Unter der Bezeichnung helenion ist der Alant in der Dioskurides-Abschrift aus Neapel dargestellt. Dort werden die typischen, breiten Blätter, die goldenen Blüten und die kräftigen Wurzeln hervorgehoben, die in der römischen Welt ein wichtiges Mittel gegen Magen-

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Küchengärten und Nutzgärten

Alant (Inula helenium) Die großblättrige unempfindliche Solitärstaude stammt ursprünglich aus Zentralasien und ist heute in Mittel- und Südeuropa verbreitet. Inula helenium lässt sich leicht aus Samenkörnern ziehen und ist mit Sonne oder Halbschatten gleichermaßen zufrieden. Da sie dazu neigt, sich im Garten auszubreiten. sollte man sie aber mit Bedacht anpflanzen. Die goldgelben Blüten, die wie kleine Sonnenblumen aussehen, erscheinen erst im zweiten Jahr nach der Aussaat. Der umfangreiche Wurzelstock, der bis zu vier Kilogramm wiegen kann, spielt in der Medizin heute keine Rolle mehr, ist aber eine ausgezeichnete Zutat für Potpourris.

Alant (Inula helenium). Miniatur aus dem Dioscurides Neapolitanus, Codex Vindobonensis Graecus 1, fol 69., Ende 6. Jahrhundert n. Chr., Neapel, Biblioteca Nazionale di Napoli

Kräuter im Garten

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Meerzwiebel (Urginea maritima)

beschwerden waren. Columella hielt Rezepte für in Wein, Gewürze, Honig oder Lake eingelegte Wurzeln fest. Die prächtigen gelben Blüten verarbeitete man vermutlich zu Kränzen und Girlanden. Die Meerzwiebel (Urginea maritima) bildet, im Unterschied zu vielen anderen Gewächsen im römischen Garten, erst im Herbst ihren hohen Blütenschaft mit dicht an dicht liegenden weißen Blüten heraus. Heute wird das giftige Liliengewächs nicht mehr im Gemüsegarten gepflegt. Dioskurides empfiehlt die Meerzwiebel jedoch gegen Gelbsucht, Krämpfe, Asthma und als magenreinigendes Mittel. Columella beschreibt Meerzwiebelwein als Mittel für gute Verdauung, zur Kräftigung der Gesundheit, gegen chronischen Husten und für den Magen. Die Meerzwiebel wurde, wie Dioskurides schreibt, auch als Amulett gegen böse Geister über der Haustür aufgehängt. Neben diesen, für die Küche nicht geeigneten Pflanzen, führt Columella all die vielen Kräuter auf, die wir heute noch im Garten pflegen. Schnittlauch und Sauerampfer gehören dazu, der „duftreich blühende Dill“, Kerbel, Basilikum, Majoran und Thymian, Minze und das unverzichtbare Bohnenkraut (Satureja hortensis), mit dem die Römer ihre Bohnengerichte verfeinerten. Geschätzt wurde neben dem Geschmack die verdauungsfördernde Wirkung bei fetten und blähenden Speisen. Die in Italien heimische, nach Kokos duftende, bläulich-

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grün gefärbte Weinraute (Ruta graveolens) gehörte zu den beliebtesten Würzpflanzen der Römer. Columella empfiehlt sie als Begleitung für Oliven. Apicius erwähnt sie über hundert Mal; er verfeinert mit den Blättern der Raute Soßen, Geflügel, Bohnen, Erbsen, Linsen, Fisch, Kräuterkäse und Wein. Die Raute war im Altertum zudem eine der wichtigsten Heilpflanzen überhaupt, ein wichtiges Gegenmittel bei Vergiftungen und eine Arznei gegen Augenkrankheiten, wie wir von Dioskurides wissen. Vermutlich brachten die Römer die Pflanze über die Alpen. Ihre Samen wurden im römischen Köln gefunden. Heute wird sie in der Volksmedizin nicht mehr verwendet. Auch als Gewürz sollte man sie nur sparsam einsetzen, denn Weinraute kann phototoxisch wirken und Hautausschlag verursachen. Ein wenig Vorsicht ist bei Berührungen also angebracht. Ebenso beliebt wie die Raute war der Koriander (Coriandrum sativum) in den römischen Gärten. Die Römer verbreiteten die Pflanze auch in den Provinzen. Allein im Römischen Rheinland wurde er an 24 Fundstellen entdeckt. In Militärlagern, in Städten, auf dem Land, überall wusste man Koriander zu schätzen. Er war Heilmittel, wie die in einem römischen Lazarett gefundenen verkohlten Samenkörner belegen und kam bei schlecht heilenden Wunden und Parasiten zum Einsatz. Er wurde aber auch als Würzpflanze gezogen. Im Kochbuch des Apicius wird er für siebzig verschiedene Speisen empfohlen. Verwendet wurden die Körner und häufiger noch die frischen Blätter.

Weinraute ( Ruta graveolens ) Die Pflanze stammt aus dem östlichen Südeuropa, wo sie auf mageren, felsigen Böden und auf Kalksteinböden wächst. Im Garten ist sie an einem einigermaßen sonnigen Standort mit fast jedem Boden zufrieden, nur sauer sollte er nicht sein. Weinraute ist winterhart, wird über einen Meter hoch und kann problemlos zurückgeschnitten werden. Sie ist prinzipiell auch für die Topfkultur geeignet, vorausgesetzt, der Behälter ist groß genug. Im Garten sät sie sich leicht von selbst aus. Die kleinen gelben Blüten ziehen im Sommer viele Insekten an.

Kräuter im Garten

Koriander (Coriandrum sativum)

Fenchel (Foeniculum vulgare)

Der Fenchel (Foeniculum vulgare) der Römer war der Gewürzfenchel. Im Unterschied zu unserem Gemüsefenchel, der vor allem wegen der Knolle gezogen wird, verwendeten die Römer Samen und Laub der Pflanzen. Der Fenchel stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum und ist in mehreren Arten und Varietäten von Südeuropa bis Westasien heimisch. Bereits die Griechen schätzten den besonderen Duft der Blätter und trugen zu festlichen Anlässen Kränze aus Fenchellaub. Sie verwendeten seine Blätter und Samen für fast alle Speisen. Essig, Brot, eingelegte Oliven, Fleischbrühen und Wildbret wurden damit gewürzt. Die Römer übernahmen den Fenchel und verbreiteten ihn in ihrem Reich. Samen wurden in Deutschland, Frankreich und England gefunden, und natürlich kommt er auch in Apicius’ Kochbuch vor. Dioskurides empfiehlt Fenchel als Heilpflanze bei Magenproblemen und Augenleiden und als harntreibendes Mittel. Dass die Römer in ihren Gärten tatsächlich alle von den Autoren genannten Pflanzen zogen, darf bezweifelt werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass je nach Standort und Größe des Gartens und dem persönlichen Ehrgeiz der Besitzer oder Gärtner die Gemüse und Kräuter nach Bedarf und Ansprüchen ausgewählt wurden. Kultiviert wurden die Gewächse in separaten Beeten. Gelegentlich pflanzte man bestimmte Arten gemeinsam, um Schädlinge und Krankheiten zu vermindern. Empfohlen wurde etwa die gemeinsame Kultur von Bohnenkraut und Zwiebeln, von Kohl und Minze oder von Kohl und Mohn. Da in den meisten Fällen nicht nur für den Eigenbedarf, sondern auch für den Verkauf angebaut wurde, dürfen wir uns die Beete mit den einzelnen Gewächsen durchaus größer vorstellen, allerdings nicht zu

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Küchengärten und Nutzgärten

breit, damit das Jäten nicht zu mühsam wurde. Kleine Kräuterecken, wie sie in vielen unserer heutigen Gärten zu finden sind, waren wohl nicht üblich in den römischen Gärten. Im Kräutergarten der Villa Borg hat man neben den Arten, die die römischen Autoren erwähnen, auch solche zusammengetragen, die in den nördlichen Provinzen wild wuchsen, so etwa Borretsch, Dost, Knoblauchrauke, Beinwell oder Frauenmantel. Im Herb Garden der Getty-Villa wachsen hingegen, anders als der Name vermuten lässt, nicht nur Kräuter. Zwar ist für die Villa der Papyri, das historische Vorbild der Getty-Villa, kein Gemüsegarten nachgewiesen, doch ist es wahrscheinlich, dass Flächen in der Nähe der Villa für den Anbau von Wein, Oliven und Getreide genutzt wurden. Der Herb Garden der Getty-Villa liegt neben dem als Ziergarten hergerichteten großen Peristyl von einer hohen Mauer getrennt am westlichen Rand der Anlage. Im Garten versammelt sind um die fünfzig verschiedene Gemüse, Kräuter, Blumen und Bäume, die in axial angeordneten, rechteckigen Beeten wachsen. Im Zentrum der Anlage steht eine Brunneneinfassung der Art, die auch in der Villa Regina den Garten mit Wasser versorgte. Dort begegnet uns der Kapernstrauch aus Columellas Garten wieder. Ebenso wächst im Herb Garden Kohl, jedoch eine Ziervarietät, die auf die Bedeutung der Kohlgemüse für die römische Speisekarte verweist, aber auch verdeutlicht, dass der Garten der Getty-Villa bei allen Bemühungen um Detailgenauigkeit in erster Linie eine Schauanlage ist. Zum Garten der Getty-Villa zählen darüber hinaus verschiedene Obstbäume, die entweder in die Beetpflanzungen einbezogen wurden oder an den Rändern des Gartens wachsen. … und Obst

Die Römer zählten die größeren Obstgärten ebenso wie die Weinberge und Olivenhaine nicht zu den Hausgärten. Dennoch wuchsen in vielen kleineren Nutz- und Küchengärten einzelne Obstbäume, wie wir von den Ausgrabungen in Pompeji wissen. Im Haus des Fauns und im Haus des Pansa etwa gab es in den Hinterhöfen Gärten mit Obstbäumen und Gemüsebeeten. Im Haus des Polybius wuchsen Feigen, Kirschen, Oliven, Apfel- und Birnbäume im Peristyl. Wilhelmina Ja-

Kräuter im Garten

Feigenbaum im Haus des Obstgartens in Pompeji, 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr.

shemski hat dort Wurzelreste von insgesamt fünf großen und mehreren kleineren Bäumen und Hinweise auf Pfosten, die schwere Äste stützten, gefunden. Im Nutzgarten der Getty-Villa gedeihen neben den in Italien heimischen Apfel-, Birn-, Feigen-, Mispel- und Olivenbäumen auch Zitronen, Quitten, Pflaumen und Pfirsiche, die erst im Verlauf der römischen Eroberungszüge zum Repertoire der römischen Gärten hinzukamen. Bei der Feige (Ficus carica), einer der ältesten Kulturpflanzen überhaupt, unterscheidet Columella zwischen verschiedenen Sorten. Er kennt „chalkidische“ und „kallistruthische Feigen“, „Cauneen aus Chios“, „rote Chelidonier“ und „fette Marisker“. Die Sorten sind heute verloren, die Vielfalt deutet aber an, wie wichtig Feigen für die Ernährung der Römer gewesen sind. Sie waren Brot und Beilage in ei-

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Küchengärten und Nutzgärten

Früchte des schwarzen Maulbeerbaums (Morus nigra)

Pflaume (Prunus domestica)

Granatapfel (Punica granatum)

nem. Cato kürzte seinen Sklaven sogar die Brotration, wenn die Feigen reif waren. In der Küche des Apicius wurde neben frischen und getrockneten Früchten ein aus den Früchten hergestellter eingedickter Sirup, defrutum genannt, verwendet. Als Trockenfrucht gelangten Feigen auch in die römischen Provinzen. Ob sie in römischer Zeit bereits nördlich der Alpen angepflanzt wurden, ist nicht sicher. In Pompeji schmückt ein prächtiger Feigenbaum vor schwarzem Grund die Wände eines kleinen Zimmers im Haus des Obstgartens, das einmal ganz mit großen fruchttragenden Bäumen in einem Garten ausgemalt war. Auch die Früchte des schwarzen Maulbeerbaums gehörten zu den römischen Grundnahrungsmitteln. Im Unterschied zu den Feigen, die getrocknet über große Strecken transportiert werden können, verderben Maulbeeren leicht. Sie wurden frisch verzehrt oder zu Saft verarbeitet. Doch wurde der Maulbeerbaum auch als Zierbaum ge-

… und Obst

schätzt. Plinius etwa pflanzte ihn zusammen mit Feigen, und im Haus der Venus in der Muschel in Pompeji ziert ein Bild von einem Maulbeerbaum in einem Topf die Gartenmauer. Die Bäume mit ihren prächtigen großen Blättern können, ohne Schaden zu nehmen, beschnitten und zu schattenspendenden Spalieren und Lauben geformt werden. Ursprünglich wohl aus Zentralasien stammend, übernahmen die Römer die Kultur der schwarzen Maulbeere von den Griechen und verbreiteten sie später auch in den Provinzen. In Köln, Aachen und am Oberrhein wurden Reste der Früchte gefunden. Pollenfunde lassen den Anbau auch in der hessischen Wetterau vermuten. Auch die Pflaume war nicht ursprünglich in Italien heimisch. Sicher ist, dass Pflaumen im Altertum bereits im östlichen Mittelmeerraum angebaut wurden und dass die Römer verschiedene Pflaumensorten kannten. Tatsächlich ist die Pflaume eine reine Kulturpflanze, die aus Kreuzungen verschiedener Wildarten hervorgegangen ist und heute in mehrere Unterarten und zahlreiche Formen unterteilt wird. Auf den Wänden pompejanischer Häuser finden wir Darstellungen von dunkelblauen und gelben Früchten und Bilder von Pflaumen in Glasschalen. Offenbar hat man Pflaumen gerne frisch und direkt vom Baum gegessen. Apicius erwähnt sie als Zutat für seine Gerichte, Dioskurides notierte die abführende Wirkung der Früchte und empfiehlt das Baumharz als Klebstoff. Die Römer brachten verschiedene Pflaumensorten schließlich über die Alpen bis nach England. Den Granatapfel (Punica granatum) erwähnt Columella mehrfach wegen seiner Blüten; die Früchte scheinen ihm weniger wichtig gewesen zu sein. Dennoch haben die Römer die Kerne des Granatapfels gerne gegessen, das belegen Stillleben an den Wänden der pompejanischen Häuser und Darstellungen auf den Mosaiken. Ursprünglich stammt der Granatapfel aus Persien. Der kleine Baum oder Strauch verbreitete sich bereits im frühen Altertum im ganzen Mittelmeerraum. Dioskurides unterscheidet zwischen dem wilden Granatapfel und der Kulturform. Samen, Blüten und Rinde beider Sorten empfiehlt er bei Magenproblemen und Geschwüren. Die Blüten des wilden Granatapfels, die keine Früchte mehr bringen, listet Columella bei den Blumen auf, die für den Markt geschnitten werden.

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„Wenn aber nun das Land alle Hässlichkeit verloren hat und in sauberer Ordnung frisiert voll Schönheit seine Einsaat fordert, dann malt man darauf bunte Blumen, die Sterne der Erde.“ (Columella, 10. Buch über die Landwirtschaft)

6. Blumen im Garten Obwohl Blumen im Römischen Reich, genau wie in Griechenland, lange Zeit ausschließlich als Nutzpflanzen angebaut wurden, hatten die Römer durchaus einen Blick für ihre Schönheit. Columella schrieb beispielsweise, dass man mit Blumen – er nennt sie „Sterne der Erde“ – Farbe und Abwechslung in den Garten bringen solle. Er zählt in seinem Buch über die Landwirtschaft Schneeglöckchen, Narzisse, Löwenmäulchen, Hyazinthe, Malve, Ringelblume, Tausendschön, Hornmohn, Krokus, Seidelbast, schwarzen Liguster und noch viele andere Arten auf. Und Plinius der Jüngere spricht in den Villenbriefen von „gleichsam edelsteinbedeckten Wiesen“. Dennoch bauten die Römer Blumen überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen an, als Heilpflanze, als Nahrungsmittel oder zur Gewinnung von Duftstoffen. Aus dem größten Teil der in den großen und kleinen Gärten gezogenen Blüten stellten sie Kränze und Girlanden her, deren Gebrauch im Haus und als Schmuck für Festtage auf vielen Bildern dargestellt ist.

Blumen für Girlanden und Kränze

Blumen für Girlanden und Kränze

Der Rahmen des Philosophenmosaiks aus Neapel etwa (vgl. Abb. S. 62) ist mit einer üppigen Girlande aus Blättern und Früchten geschmückt. Und auch auf Wandmalereien finden wir Girlanden. Meist zieren sie den oberen Teil der Dekoration. Im Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs sind sie zwischen den Säulen zu sehen. Mosaiken und Wandbilder vermitteln einen Eindruck davon, wie sie in den Häusern verwendet wurden: Mit Girlanden wurden Säulen umwickelt, oder man hängte man sie zwischen Pfeilern auf. Zu diesem Zweck gab es Haken, die die Aufhängung an den Stützen erleichterten. Als Basis für die Girlanden dienten Wein- und Efeuranken, in die man zusätzliche Blätter und Blüten einarbeitete. Manchmal wurden Bänder eingeflochten oder die Ranken damit umwickelt. So ist es etwa auf der Darstellung einer Girlande vor rotem Grund aus dem Archäologischen Nationalmuseum in Neapel zu sehen. Die insgesamt vier Meter lange Wandmalerei schmückte vielleicht einmal den Eingang zum Haus des Fauns in Pompeji. Die Girlande besteht aus Weinranken, Lorbeerblättern, Blüten, Pinienzweigen sowie Früchten: Trauben, Pflaumen und Granatäpfeln. Ein locker geschlungenes Band hält die ganze Pracht zusammen. Kürzere und kleinere Girlanden wurden zu besonderen Anlässen als Blumenketten getragen, und man gab sie Verstorbenen mit ins Grab. Auch Kränze (coronari) waren eine häufige Grabbeigabe. Heute noch bekannt sind Efeukränze, die damals vor Trunkenheit und den Folgen übermäßigen Alkoholgenusses schützen sollten. Kränze aus Lorbeer und Myrte waren Ehrengaben für bedeutende Persönlichkeiten; es gab Gesetze, die regelten, wer sie tragen durfte. Aus duftenden Blüten und Blättern gebundene Kränze schließlich waren ein beliebter Schmuck zu verschiedenen Gelegenheiten. Wandbilder und Mosaiken, getrocknete Kränze in ägyptischen Gräbern und solche, die aus Gold nachgebildet wurden, zeigen, wie verbreitet Kränze und Blumenketten im römischen Altertum gewesen sind und wie unterschiedlich sie aussehen konnten. Sie konnten aus einem Rahmen aus Maulbeer- oder Feigenzweigen geformt sein, in die man weitere Blüten einsteckte. Manchmal wurde der Kranz auch aus

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Ein luxuriöses Refugium

Kronenwucherblume ( Glebionis coronaria ) Die rasch wachsende Einjährige aus dem Mittelmeergebiet wird bis zu einen Meter groß. Sie lässt sich leicht aus Samenkörnern ziehen und ist für die Pflege im Topf wie im Garten gleichermaßen gut geeignet. In den Garten sollte sie erst nach dem letzten Frost gepflanzt werden. Die Kronenwucherblume gedeiht in nahrhafter Komposterde. Zu hohe Temperaturen machen die angenehm aromatisch schmeckenden Blätter bitter. Regelmäßiges Schneiden der Triebspitzen fördert das Wachstum an den Seiten.

Kronenwucherblume (Glebionis coronaria), Miniatur aus dem Wiener Dioskurides, Codex Vindobonensis Med. Gr. I, fol. 373 r, Ende 6. Jahrhundert n. Chr., Wien, Österreichische Nationalbibliothek

Blumen für Girlanden und Kränze

den Blumenstielen selbst geflochten. Stark duftende Narzissen, Rosen, Lilien und Veilchen waren als Kopfschmuck begehrt, aber die Kränze enthielten auch Rittersporn, die Blütenstände der Petersilie, Ringelblumen, Kamille und viele andere Arten mit kleinen Blüten. Zu den damals besonders beliebten Blüten zählte die Kronenwucherblume (Glebionis coronaria), die ihre Funktion als Kranzblume in ihrem Namen trägt und die im Wiener Dioskurides recht genau wiedergegeben ist. Dioskurides bezeichnet die Pflanze mit den hübschen gelben und weißen Blüten als Chrysanthemon. Er weiß, dass sie in der Nähe der Städte wild wächst und empfiehlt sie als Mittel gegen Geschwulste und Leberleiden. Außerdem aß man die Stängel und Blätter der Kronenwucherblume als Gemüse. Heute wird die Pflanze in Kräutergärtnereien unter der Bezeichnung ‚Speisechrysantheme‘ angeboten und in Kochbüchern für asiatisch inspirierte Gerichte empfohlen. Im Botanischen Museum in Berlin Dahlem werden die Reste einer Girlande mit den Blüten der Kronenwucherblume aus einem ägyptischen Grab aus dem sechsten Jahrhundert v. Chr. aufbewahrt. Im Botanischen Museum in Dahlem kann man auch Kränze aus Majoran (Origanum majorana) bewundern, die ebenfalls in einem Grab gefunden wurden und in die Blüten des Himmelsröschen (Silene coeli-rosa) eingearbeitet sind. Auch die Blumenkette aus Strohblumen oder Immortellen (Helichrysum) aus dem British Museum war einmal als letzter Gruß für einen Verstorbenen gedacht (vgl. Abb. S. 39). Bei den Strohblumen handelt es sich jedoch nicht um die vertrauten Blumen mit den großen Blüten aus unseren heutigen Bauerngärten. Diese Exemplare stammen aus Südafrika, in der antiken Welt waren sie noch unbekannt. Die Strohblumen des Altertums sind intensiv duftende Gewächse aus dem Mittelmeerraum, die im Handel heute unter der Bezeichnung ‚Currykraut‘ angeboten werden. Meist handelt es sich um Helichrysum italicum und Helichrysum stoechas. Diese Arten wachsen in Südeuropa auf trockenen Standorten, etwa in den Dünen. Die goldgelben Blüten welken niemals, wie Plinius d. Ä. schreibt – daher der Name Immortelle, die Unsterbliche. Zusammen mit dem aromatischen Duft machte sie das zu einer idealen Kranzblume. Lange haltbar, hübsch anzusehen und dazu noch intensiv duftend, war

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Blumen im Garten

Helichrysum für den Totenkult wie auch als Zierde für Götterbilder und Altäre bestens geeignet. Im Römischen Reich wurden gewaltige Mengen frischer Blüten für Kränze und Girlanden benötigt, um Tempel und Altäre zu schmücken oder öffentliche und private Feste auszustatten. Um den Bedarf zu decken, wurden viele Blüten wild gesammelt und auf den Märkten verkauft. Die in den Gärten angebauten Blumen verarbeitete man noch vor Ort zu Kränzen und Girlanden. Einen Eindruck davon gibt ein spätrömisches Mosaik der Villa del Casale in Sizilien aus dem 4. Jahrhundert n. Chr., auf dem zwei Frauen unter einem Baum beim Kränzeflechten zu sehen sind. Die Farbe der Blüten und die sie umgebenden Sträucher lassen vermuten, dass die beiden an Kränzen aus Rosenblüten arbeiten. Auf einem anderen Mosaik sammeln Pflücker die Blüten von den Sträuchern und füllen sie in großen Körbe (vgl. Abb. S. 75). Auch hier wird offenbar ein Teil der Ernte im Garten weiterverarbeitet. Das lässt zumindest die unter einem Strauch sitzende Frau vermuten. Sie bindet die Blüten aus dem Korb zu einer Girlande, die sie an einem Ast befestigt hat. Eine andere Frau bringt währenddessen Nachschub heran. In der unteren Reihe trägt ein Mann zwei bis über den Rand gefüllte Blumenkörbe an einer langen Stange. Vermutlich bringt er die Ernte zum Markt, um sie dort zu verkaufen, vielleicht trägt er seine Ware aber auch direkt zu einem Parfümeur. Duft

Blüten, Kräuter, Früchte, Blätter und Rinde der Bäume waren während des Altertums im gesamten Mittelmeerraum begehrte Rohstoffe für Düfte. In den frühen Jahren verstreuten die Römer duftende Blüten und Blätter einfach auf dem Boden, um die Luft in den Innenräumen zu verbessern. Später stellten sie daraus auch Salböle und Parfüms her. Man vermischte zu diesem Zweck die Pflanzenteile mit Olivenöl, aber auch mit dem Öl von Myrte, Lorbeer oder Zypresse. Die Mischung wurde vorsichtig erhitzt, um Verfärbungen und unschöne Geruchsveränderungen zu vermeiden. Um die Mischung haltbar zu machen und Verdunstung einzudämmen, wurden außerdem Salz, Harz oder Gummi hinzugefügt.

Duft

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Duftküche. Wandmalerei im Haus der Vettier in Pompeji, Mitte 1. Jahrhundert n. Chr.

Auf einem Fries im Haus der Vettier in Pompeji ist eine solche Duftküche dargestellt. Kleine geflügelte Götterkinder, Amoretten und Psychen stellen Essenzen her und verkaufen sie. Sie pressen das Öl mit einer speziellen Ölpresse, zerreiben die Blüten und andere Bestandteile in einem Mörser, mischen die Substanzen mit dem Öl und füllen die fertigen Produkte dann in Fläschchen ab. In einem Kabinett bieten sie es einer jungen Dame an, die in Begleitung eines Dieners das Salböl auf ihrem Arm ausprobiert. Düfte wurden aus einer überraschend großen Anzahl verschiedener Pflanzen gewonnen, die zu unzähligen verschiedenen Kompositionen zusammengestellt werden konnten. Neben Rosen wurden Lavendel, Iris oder Veilchen verwendet, aber auch Kalmus oder Mädesüß, um nur einige Arten zu nennen. Sehr begehrt war auch ein Parfüm aus Quitten, das aus Ägypten importiert wurde. Obwohl der Duft der Quitte auch heute noch viele Freunde hat, erscheint ein Parfüm aus der Frucht eher ungewöhnlich. Gleiches gilt für den Majoran, den Theophrastos ebenso wie das Quittenparfüm in seiner Schrift „De odoribus“ gleich mehrfach erwähnt. Darin hat der Autor das Wissen über Düfte, ihre Konservierung und den Dufthandel in der

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Blumen im Garten

antiken Welt zusammengefasst. Parfüms, die man auf der Haut trug, berichtet er, wurden in Form von Salben hergestellt. Für einige Hautpartien wurden bestimmte Salben bevorzugt. So empfiehlt der Autor etwa, Majoransalböl auf die Stirn aufzutragen. Um gut zu riechen, bedufteten die Römer ihre Kleider mit flüssigen Parfüms auf Alkoholbasis und bestreuten ihre Betten mit duftendem Pulver. Die Götterkinder im Haus der Vettier lassen es bereits vermuten: Salben und Parfüm wurden auch in Pompeji hergestellt. In der Stadt gab es dafür mehrere Werkstätten; ließen sich doch mit der Produktion von Duftstoffen stattliche Gewinne erzielen. Wilhelmina Jashemski hat in Pompeji einen Garten erforscht, in dem offenbar Gewächse für die Verarbeitung zu Duftstoffen angebaut wurden. Nach der im Garten gefundenen Herkulesstatue wird der Garten heute als Garten des Herkules bezeichnet und das Haus wegen der vermuteten Tätigkeit seiner Besitzer als Haus des Parfümeurs. Der Garten des Herkules: Ein kommerzieller Blumengarten in Pompeji

Das Haus des Parfümeurs und der Garten des Herkules lagen zwischen kleinen Läden in einem Geschäftsviertel Pompejis. Besucher wurden am Eingang mit einem Fußbodenmosaik empfangen, auf dem „cras credo“ zu lesen stand, was sich mit „Kredit gebe ich dir morgen“ übersetzen lässt. Im Haus und im Garten fanden Archäologen Glasfläschchen, die vermuten lassen, dass hier Essenzen hergestellt, gelagert und verkauft wurden. Hinter dem Haus lag ein großer, von Mauern umgebener Garten mit einem Lararium. In diesem Schrein für die Hausgötter, wie ihn auch Alma-Tadema in sein Bild vom römischen Garten malte, wurde jene Herkulesstatue aufgestellt, die man ganz in der Nähe gefunden hatte und die dem Garten ihren Namen gab. Der Garten war nicht an die Wasserleitung, das Aquädukt, angeschlossen. Stattdessen wurde das vom Dach fließende Regenwasser in Behältern und Becken aufgefangen und mithilfe eines Systems von Kanälen zwischen die Beete geleitet. Die Sorgfalt, mit der die Gärtner sich um die Wasserversorgung im Garten des Herkules gekümmert haben, ließ Jashemski vermuten,

Im Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs

dass in den Beeten pflegeintensive Gewächse angebaut wurden. Möglicherweise erntete man für einen Teil des Jahres Gemüse, aber Blumen haben wohl den größeren Teil ausgemacht. Wurzelspuren und Pollenanalysen legen nahe, dass im Garten zudem mehrere große Bäume wuchsen, vermutlich Oliven. Die Spur der Olivenbäume, aus denen das Öl für die Duftproduktion gewonnen wurde, und die vielen Glasfläschchen im Haus und im Garten ließen Jashemski zu dem Schluss kommen, dass im Garten des Herkules Blumen für die Parfümproduktion gezogen und verarbeitet wurden. Welche Blumen und Kräuter aber im Garten des Herkules angebaut wurden, wissen wir nicht. Allerdings finden wir viele Pflanzen, die von den Römern wegen ihres Duftes geschätzt wurden, auf den Gartenbildern der römischen Häuser wieder: Rosen, Veilchen oder Quitten sind dort abgebildet. Zwischen niedrigen Zäunen und Mauern, Kunstwerken, Springbrunnen und bunten Vögeln, inmitten von wuchernden, grünen Gartenparadiesen leuchten dort einzelne bunte Blüten auf. Im Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs

In dem um 30 bis 35 n. Chr. geschaffenen Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs ist auf drei Wänden solch ein üppig bepflanzter Garten mit Palmen, Bäumen, Sträuchern, bunten Blumen und Tieren zu sehen. In frischen Grün- und Blautönen gemalt, erscheint der Garten sehr wirklichkeitsgetreu. Die Pflanzen und Tiere sind bis in die Details naturnah gestaltet und in Licht und Schatten modelliert; einzelne Arten zu identifizieren, fällt nicht schwer. Dennoch handelt es sich bei den Wandbildern um eine überaus kunstvolle Zusammenstellung von Gewächsen, Tieren und Dekorationsobjekten. So nahmen die Maler keine Rücksicht auf die unterschiedlichen Blühzeiten der dargestellten Gewächse – etwa der im Frühjahr und im Frühsommer blühenden Rose und des Erdbeerbaums, der erst im November Früchte trägt. Auch die Standortbedingungen für die einzelnen Pflanzen blieben unberücksichtigt: Eine Rose im Garten würde im Schatten großer Sträucher und Bäume nicht über längere Zeit gesund wachsen und blühen. Ähnlich wie bei den Blumenbildern des 17. Jahrhunderts, strebten

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Das Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs in Pompeji illustriert, welche Idealvorstellungen von einem Garten die Menschen im alten Rom hatten und welche Pflanzen für sie zu einem solchen Garten gehörten.

Im Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs

die Maler offenbar kein genaues Abbild einer existierenden Pflanzengemeinschaft an. Vielmehr schufen sie eine Aufzählung besonders beliebter Pflanzen, die in ihrer schönsten Erscheinung zu einem idealen Garten zusammengefügt wurden. Das Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs illustriert eindrucksvoll, welche Idealvorstellungen von einem Garten die Menschen im alten Rom hatten und welche Pflanzen für sie zu einem solchen Garten gehörten. Die Funktion der Gartenzimmer lag wahrscheinlich im Bereich der Repräsentation und des Statusdenkens, auch wenn man nicht ganz ausschließen kann, dass die Gartenbilder an den Wänden der römischen Häuser religiöse oder symbolische Funktionen hatten. Im Haus des Obstgartens fand man neben dem Raum mit den Obstbäumen (vgl. Abb. S. 89) ein weiteres Gartenzimmer, das mit Symbolen ägyptischer Kulte ausgestaltet ist. Den Beginn der Serie kunstvoll gemalter Gartenzimmer sehen Archäologen im Gartensaal der Villa der Livia in Rom (vgl. Abb. S. 32). Die Gemahlin des Kaisers Augustus (30 v. Chr.–14 n. Chr.) hatte mit ihrem unterirdischen, wohl als Speisezimmer gedachten Raum einen Trend gesetzt, der in Pompeji rasch aufgegriffen wurde. Die Darstellungen auf den Wänden der Gartenzimmer sind stets nach der gleichen Formel aufgebaut: Vor einem einfarbigen, meist blauen Himmel finden wir im Vordergrund eine Zone mit einzelnen kleineren Pflanzen, Brunnenbecken und Kunstgegenständen. Dahinter wuchert – manchmal von einem Zaun oder einer Mauer abgetrennt – ein prächtiges Durcheinander verschiedener Gewächse. Viele der dargestellten Arten lassen sich bestimmen und verschaffen uns so einen Überblick über die beliebtesten Zierpflanzen der Römer. Auf den Wänden des Gartens im Haus des goldenen Armreifs wachsen Oleander, Schneeball und Immergrün, Veilchen, Rosen, Madonnenlilie und weiße Zaunwinde. Die kleinen, gelblichen und weißen Blüten am unteren Bildrand sind wohl Kamille oder Ringelblumen, vielleicht auch Kronenwucherblumen. Als Gartenblumen wirken die gelben Blüten auf den Wänden ziemlich unspektakulär, als Kranzblumen waren sie jedoch von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Bei genauerer Betrachtung der Blumenpracht fällt auf, dass die Maler

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Duftveilchen (Viola odorata)

keinen Unterschied zwischen Nutz-, Zier- und Wildpflanzen machen und sogar für die Zaunwinde (Calystegia sylvatica), die in unseren Gärten als übles Unkraut gilt, einen Platz in ihrer Komposition geschaffen haben. In der Nähe der wilden Zaunwinde wächst Schlafmohn, den Alma-Tadema viele hundert Jahre später in sein Traumbild vom römischen Familienleben malte. Während Alma-Tadema ein ganzes Beet mit violettem Schlafmohn für den Garten der römischen Familie vorsah, sind auf den Wänden des Gartenzimmers nur wenige Blüten zu erkennen. So unscheinbar und beiläufig der Mohn im gemalten Garten auch wirkt, gehörte er dennoch zu den wichtigsten Kulturpflanzen des Altertums. Seine Samen wurden gegessen oder zu Öl gepresst. Den heilkräftigen Milchsaft (griechisch ópion) dickte man ein und formte ihn zu kleinen Kügelchen. Wegen seiner narkotischen Eigenschaften schätzten ihn die Römer schon damals als Heilmittel. Der aus dem westlichen Mittelmeerraum stammende Schlafmohn verbreitete sich in prähistorischer Zeit im gesamten Mittelmeergebiet und wurde sogar im Rheinland sowie in der Nähe des Hadrianswalls in England angebaut.

Im Gartenzimmer im Haus des goldenen Armreifs

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Neben dem Mohn wachsen kleine violette Veilchen. Als Kranzblume, Tempelschmuck und Opfergabe für die Götter waren Veilchen unverzichtbar. Die Römer liebten den süßen Duft der Blüten, wie das Veilchenbeet in Plinius’ Villengarten belegt. Doch fassten sie unter Veilchen auch andere kleinblütige Arten mit intensivem Duft zusammen. Wenn in der Literatur des Altertums von weißen und gelben Veilchen die Rede ist, meinten Theophrastos, Dioskurides und die beiden Plinius vermutlich Goldlack (Erisymum cheiri) oder die Nachtviole (Hesperis matronalis). Wenn die Rede aber auf nigra viola oder viola purpurea kommt, ist mit Sicherheit das Duftveilchen Viola odorata gemeint, oder eine verwandte Art. Der Sammelbegriff ‚Veilchen‘ für besonders intensiv duftende Blumen hielt sich bis ins Mittelalter, auch wenn das aus dem Mittelmeergebiet stammende Duftveilchen erst im neunten Jahrhundert nach Mitteleuropa gekommen sein dürfte. Albertus Magnus spricht im 13. Jahrhundert vom Goldlack als „Geel Veilchen“. So dürften auch auf Plinius’ nach Veilchen duftender

Rosen- und Veilchenwein Rosenwein bereite auf die folgende Art: Reihe Rosenblätter, nachdem du das Weiße abgemacht hast, auf einen Faden und binde sie zusammen, und gib so viele wie möglich zum Wein, sodass sie sieben Tage lang im Wein sind. Nimm die Rosenblätter nach sieben Tagen aus dem Wein heraus und gib frische zusammengebundene genauso dazu, damit sie sieben Tage lang im Wein ruhen, und nimm dann die Rosenblätter wieder heraus und seihe den Wein durch und mache Rosenwein, wenn du ihn zum Trinken benutzen willst, unter der Zugabe von Honig fertig. Achte genau darauf, dass du völlig trockene und sehr gute Rosen dazu gibst. Ähnlich wie oben mache auch mit Veilchen Veilchenwein, und schmecke ihn auf dieselbe Art mit Honig ab. (Kochbuch des Apicius, 1, 4)

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Terrasse im Garten des Laurentinums nicht nur violette Veilchen gestanden haben, sondern auch süß duftender Goldlack und Nachtviolen. Dioskurides empfiehlt Veilchen als Mittel gegen Trunkenheit und Apicius kennt ein Rezept für Veilchenwein, das gleichermaßen auch für Rosen geeignet ist. Rosen in Rom

Mehr noch als Veilchen waren Rosen die mit Abstand begehrtesten Blumen in der römischen Welt. Rosen wurden in Süditalien auf großen Flächen kommerziell angebaut. Als Ägypten 31 v. Chr. Teil des Römischen Reichs wurde, importierte man die Rosen auch von dort. Wie die Veilchen, verwendete man sie als Opfergaben für Schreine und Altäre der Haushaltsgötter, zur Besänftigung der Totengeister und als Grabschmuck. Zu Ehren der Toten feierten die Römer sogar ein spe-

Lawrence Alma-Tadema, Die Rosen des Heliogabalus, 1888, Colección Pérez Simón, Mexiko

Römische Rosen

zielles Rosenfest, die rosalia, das zur Zeit der Rosenblüte im Mai oder Juni stattfand, wie wir aus Inschriften wissen. Rosen waren in Rom unverzichtbar und beinahe allgegenwärtig. Man verfeinerte mit ihnen Mahlzeiten und aromatisierte den Wein. Rosen wurden außerdem eingelegt und zu Soßen verarbeitet. Kritischere Geister, wie der Dichter Horaz, protestierten zwar gegen den Rosenluxus auf Kosten der Anbauflächen für Getreide. Dennoch ist der verschwenderische Umgang der römischen Kaiser und ihrer Familien mit den Rosen bis heute legendär. So sollen bei einem Gastmahl eines Freundes von Kaiser Nero vier Millionen Sesterzen allein für Rosenschmuck aufgewendet worden sein. Berühmt-berüchtigt ist der Verlauf, den das Fest des Kaisers Marcus Aurelius Antonius, besser bekannt unter dem Namen Heliogabalus, nahm. Der Legende nach sollen die betrunkenen Gäste des Kaisers unter Massen von Rosenblütenblättern, die er über ihnen ausschütten ließ, erstickt sein. Lawrence Alma-Tadema hat diese Episode aus dem Leben des Herrschers auf seinem berühmtesten Bild festgehalten. Plinius beschreibt in seiner „Naturalis historia“, wie Rosen gewerbsmäßig auf Feldern angebaut wurden. Als Zentrum der damaligen Rosenzucht galt Praeneste, das heutige Palestrina, eine kleine Stadt südwestlich von Rom. Ein weiteres Anbaugebiet lag zwischen Cumae und Capua in Kampanien. Am berühmtesten war das am Golf von Salerno gelegene Paestum. Die Rosen, die dort kultiviert wurden, brachten es zu besonderem Ruhm. Ovid spricht in den „Metamorphosen“ von „Paestum, dem linden, von Rosen umhegten“. Auch Vergil hebt in seinem Buch über den Landbau, der „Georgica“, die Rosen aus Paestum besonders hervor, weil sie zwei Mal im Jahr blühten. Und unter den wohlhabenden Römern war es zeitweilig sogar Mode, zur Rosenblüte nach Paestum zu reisen. Römische Rosen

In Plinius’ „Naturalis historia“ gibt es einen kleinen Rosenkatalog, der uns einiges über die Qualitätsmerkmale der Rosen im römischen Altertum erzählt und der zugleich verdeutlicht, wie sehr sich unsere heutigen Beurteilungskriterien von denen der Römer unterscheiden.

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Blumen im Garten

Wichtig an der Rose ist für Plinius in erster Hinsicht der Duft. Er ist das bestimmende Merkmal, das über die Qualität und Güte der Pflanze entscheidet, während Plinius der Farbe wesentlich weniger Bedeutung beimisst. Er unterscheidet Rosen zudem nach der Anzahl und Beschaffenheit der Blütenblätter und zählt auch äußerlich ähnliche Arten wie etwa die Malve zu den Rosen, weil Farbe, Form, Duft und Verwendung als Kranzblumen gemeinsam sind. Plinius beginnt seine Aufzählung mit einer in Italien heimischen, schwach duftenden Rose, die für Kränze kaum verwendet wird, wohl aber als Rohstoff für das begehrte Rosenöl, für Salben und für die Küche. In der Liste folgen drei verschiedene Züchtungen: Die „Rose von Praeneste“ beschreibt er als besonders spät blühende Gartenrose. Die ebenfalls duftende „Rose von Kampanien“ soll früh geblüht haben. Von der „Rose von Milet“ weiß Plinius, dass sie höchstens zwölf Blütenblätter zählt und von „feuriger“, also roter Farbe ist und spät blüht. Plinius nennt weiterhin die „Rose von Trachnis“, nach einem Ort am Schwarzen Meer, und die „Rose von Alabanda“ mit weißlichen Blüten. Eine hundertblättrige Rose – nicht zu verwechseln mit der erst im 17. Jahrhundert kultivierten Zentifolie – wurde in Kampanien gezogen. Die „Rose aus Kyrene“ hat den besten Geruch und wurde für die Salbenproduktion verwendet. Sie soll in Karthago und Spanien den ganzen Winter hindurch geblüht haben. Schließlich nennt er noch eine im Herbst blühende Rose „Coroniola“ mit mittelgroßen Blüten, die für Kränze verwendet wurde. Es fällt auf, wie sorgfältig Plinius die Blütezeit der Rosen vermerkt. Tatsächlich kannten die Römer kaum mehrfach blühende Rosen. Die Blütezeit der frühen Züchtungen und wilden Arten liegt fast immer in einer kurzen Zeitspanne im Frühjahr und Frühsommer. Um das ganze Jahr hindurch den Bedarf an frischen Rosen zu decken, waren die Römer auf zu unterschiedlichen Zeiten blühende Sträucher angewiesen. Gewährleistet wurde dies durch die Kunst der Gärtner. Plinius empfiehlt etwa für eine vorzeitige Blüte, den Rosenstock mit warmen Wasser zu begießen, sobald sich erste Knospen zeigen. Die zweifach blühenden Rosen von Paestum müssen schon in dieser Hinsicht etwas ganz Besonderes gewesen sein, weil sie eine doppelte

Rosensorten

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Aus der Stammform der Rosa gallica, der Essigrose, wurden viele verschiedene Sorten gezüchtet.

Ernte zu verschiedenen Zeitpunkten versprachen. Eine andere Möglichkeit, während der kalten Jahreszeit frische Rosenblüten zu bekommen, war der Import aus Gegenden mit anderem Klima, aus Spanien oder Nordafrika. Sechs Tage brauchten die mit Rosen beladenen Frachtschiffe vom ägyptischen Alexandria nach Rom. Auf welche Weise die gepflückten Rosen während des Transports frisch gehalten wurden, darüber kann man nur spekulieren. Rosensorten

In Ägypten wurden in hellenistischer und in römischer Zeit Rosen für verschiedene Anlässe, für Götterkult und Feste angebaut. Königin Kleopatra soll 42 v. Chr. den römischen Feldherrn Marcus Antonius auf einer rosengeschmückten Barke und selbst ganz in Rosen gehüllt entgegengetreten sein. Es heißt, sie hätte Rosen in den Zimmern des Palastes verstreuen lassen. Sogar in den Zierteichen sollen Rosen geschwommen sein.

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Blumen im Garten

Über die Arten und Sorten, die im Römischen Reich angebaut oder gesammelt wurden, wissen wir nicht viel. Neben Wildrosen, wie z. B. der Zaunrose Rosa rubiginosa, der immergrünen Rose Rosa sempervirens oder der Dünenrose Rosa pimpinellifolia, vermuten Botaniker frühe Formen der rot blühenden Rosa gallica und der rosa und weißen Rosa alba unter den Gartenrosen der Römer. Vielleicht waren bereits Sorten der Gruppe Damaszener-Rosen (Rosa x damascena) dabei. Im Garten der Getty-Villa etwa wachsen Sorten der DamaszenerRose (Rosa x damascena semperflorens oder Rosa x damascena bifera), die wie die berühmten Rosen von Paestum zwei Mal im Jahr blühen, die seit langer Zeit wegen ihres unwiderstehlichen Duftes in den Gärten gepflegt werden und aus denen bis heute das begehrte Rosenöl hergestellt wird. Auf den Gartenbildern im Haus des goldenen Armreifs sind vermutlich Gallica-Rosen abgebildet. Die Farbe der Blüten und der kompakte Wuchs stimmen mit den Merkmalen der Art jedenfalls überein. An einem Rosenstrauch sind sogar zweifarbige rot-weiße Blüten zu sehen. Tatsächlich gibt es mit der Form Rosa gallica versicolor oder Rosa mundi eine vergleichbare Sorte mit panaschierten Blüten, die bis heute in unseren Gärten blüht. Zumindest eine Rose, die im römischen Ägypten viel verwendet wurde, können wir jedoch mit Sicherheit bestimmen. So hat man Verstorbenen im ägyptischen Hawara Blumenkränze mit ins Grab gegeben, die in den Archiven von Kew Garden in London und im British Museum aufbewahrt werden. Einzelne Blüten lassen sich auch im Botanischen Museum in Berlin Dahlem betrachten. In allen Fällen ist die Farbe der uralten Blüten zwar verblasst, ihre Gestalt blieb aber unter den günstigen Bedingungen erhalten. So konnten Botaniker eine große Ähnlichkeit mit der wohl ursprünglich aus Kleinasien stammenden Rosa richardii feststellen, die auch als Rosa sancta, holy rose, äthiopische Rose oder Mumienkranzrose bekannt ist. Die Verwandtschaftsverhältnisse sind nicht endgültig geklärt, aber man vermutet eine sehr alte, eng mit den Gallica-Rosen verwandte Hybride. In Ägypten und im äthiopischen Hochland soll sie heute noch an einigen Stellen in der Nähe der alten Klöster wild wachsen. Dort wurde sie Ende des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt und nach Europa gebracht.

Rosensorten

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Rosen im Garten Abgesehen von den verschiedenen Wildrosen, die wohl nur wenige Gärtner in ihren Gärten pflegen, gibt es unter den heute noch bekannten Kultursorten einige Formen, die in ähnlicher Gestalt bereits die römischen Gärten schmückten. Die Essigrose Rosa gallica gilt als Stammmutter der roten Gartenrosen, die allerdings nicht so intensiv duftet wie die aus ihr herausgezüchteten Sorten. Alle GallicaRosen sind Ausläufer bildende, robuste Sträucher, die bis zu 1,50 m hoch wachsen. Sie sind winterhart und geben sich mit beinahe jedem Boden zufrieden. Die Sorte Rosa gallica officinalis, die Apothekerrose, mit ihren leuchtend rosaroten Blüten, der goldenen Mitte und einem intensiven Duft gehört zu den ältesten kultivierten Gartenrosen. Von dieser Rose entstand eine Mutation, die dunkelrosaweiß gestreifte Rosa gallica versicolor, auch Rosa mundi genannt, die heute noch in vielen Gärten gepflegt wird. Die weiße oder blassrosa blühende Rosa x alba war bereits in frühester Zeit in allen europäischen Kulturen bekannt. Sie entstand wahrscheinlich im Mittelmeerraum und gelangte von dort aus mit den Römern nach Mitteleuropa. AlbaRosen sind gesunde und kräftige Pflanzen, die sich zu dichten, manchmal überhängenden, früh blühenden Sträuchern mit langer Blütezeit entwickeln. Die etwa 2,5 m groß werdende Sorte Semiplena dürfte bereits den Römern bekannt gewesen sein. Gallica- und Albarosen sind für die Topfkultur nicht geeignet. Wer Rosen in Kübeln pflegen möchte, sollte daher auf jüngere, kleinwüchsige Züchtungen ausweichen.

Rosa richardii hat blassrosa Blütenblätter um eine goldene Mitte, duftet angenehm und wächst als niedriger Strauch. Sie gilt als robuste Gartenrose und ist im Fachhandel erhältlich. Ob sie bereits in den römischen Gärten als Zierstrauch gepflegt wurde, ist nicht überliefert. Überhaupt wissen wir nur wenig über die Rosen auf den Wandbildern und ihre tatsächliche Verwendung in den Ziergärten. Gartenhandbücher von Columella oder Cato konzentrieren sich auf

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Blumen im Garten

den gewerbsmäßigen Anbau. Plinius vermerkt in den Briefen zwar Rosenbeete für den Garten in Tusculum und weiß, dass Rosen Sonne für ein gesundes Wachstum benötigen. Wie seine Rosenbeete aussahen und wie wir uns die Rosenkultur in einem Ziergarten vorstellen können, verrät der Autor allerdings nicht. Wandmalereien zeigen nur einzelne Rosenstöcke vor größeren Sträuchern und Bäumen; als Beleg für eine tatsächliche Gartenpflanzung können sie wohl nicht gelten. Immerhin wird auf einem Bild im Haus des goldenen Armreifs die Rose von einer Wuchshilfe begleitet, was auf die besondere gärtnerische Betreuung der Rosen schließen lässt. Ein Raum im Haus der Vettier – ein oecus, der dem Empfang von Gästen diente – ist mit einer kunstvoll gestalteten Scheinarchitektur bemalt, an der rote Kletterrosen ranken. Offenbar kannten die Römer neben den kompakt wachsenden Sträuchern bereits rankende Formen. In den Gartenrekonstruktionen der archäologischen Parks in Fishbourne oder in Borg finden wir ebenfalls mit Rosen bewachsene Laubengänge und Pergolen. In Borg schmücken Rosenhecken auch das Wasserbecken vor dem Villengebäude und den prächtigen Rosengarten hinter dem Haus. Mit den Hochstammrosen, dem Springbrunnen in der Mitte und den kunstvoll geschnittenen Hecken erinnert der Rosengarten von Borg jedoch eher an einen Renaissance-Garten und darf nach heutigem Kenntnisstand wohl als sehr freie Adaption römischen Gartenwissens gelten.

„Jetzt besitzt man unter der Bezeichnung ,Gärten‘ selbst in der Stadt Vergnügungsparks, Landgüter und Landhäuser.“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

7. Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung Innenhofgärten

In den Innenhöfen der Vesuvstädte haben sich Spuren der frühesten städtischen Ziergärten der europäischen Kulturgeschichte erhalten. Peristyle bildeten in den römischen Stadthäusern einen Ruhepol und notwendigen Ausgleich zum hektischen Treiben auf den Straßen. Häufig genug war der Innenhof der einzige Ort, um durchzuatmen und sich zurückzuziehen. Doch nutzten die Römer die Peristyle ihrer Stadthäuser lange Zeit vor allem als Gemüsegärten oder als Obstwiesen. Erst als das Aquädukt Pompeji erreichte, änderte sich der Umgang mit den Höfen und die Bewohner begannen, ihre Gärten völlig neu zu überdenken: Die Peristyle und Hinterhöfe wurden nun als Ziergärten hergerichtet und anders als bisher genutzt. Peristylgärten der großen Villae suburbanae wie etwa der Villa der Papyri konnten über 100 m² groß sein. Die meisten Anlagen waren jedoch wesentlich kleiner. Bei einem Spaziergang durch die Ruinen der Vesuvstädte kann man erkennen, dass die Bewohner auch sehr kleine

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Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung

Flächen für ihre Gärten genutzt haben. Heute sind viele Freiflächen in Pompeji begrünt, mit mächtigen Dattelpalmen, Buchsbaumhecken und mit Gras, das unter der Sommerhitze leidet. Für einige Häuser hat man zudem versucht, einen möglichst originalen Eindruck vom Aussehen der Gärten herzustellen. Zu den in dieser Hinsicht am besten rekonstruierten Häusern gehört das Haus der Vettier, dessen Wandmalereien uns bereits mehrfach begegnet sind. D e r G a r t e n i m H a u s d e r Ve t t i e r

Archäologen gruben das Haus der Vettier gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus. Weil die Ruinen sofort nach der Freilegung überdacht wurden, ist die prachtvolle Ausstattung gut erhalten. Aus Bronzesiegeln und Wahlempfehlungen an der Außenseite des Hauses geht hervor, dass zwei Brüder es um die Mitte des ersten Jahrhunderts n. Chr. erwarben und nach ihren Wünschen umbauen sowie mit Malereien ausstatten ließen. Wahrscheinlich waren Aulus Vettius Conviva und Aulus Vettius Restitutus Freigelassene, die zu Geld gekommen waren und die sich ihr Haus nach den neuesten Errungenschaften der römischen Mode einrichteten. Haus und Garten erzählen viel von den Wünschen und von den Statusvorstellungen der damaligen Zeit. Den Innenhofgarten finden wir, wie bei Vitruv beschrieben, im hinteren Teil des Hauses in einer Achse mit Eingang und Atrium. Im Unterschied zum Pompejanum, dessen Peristyl nur an einer Seite mit Säulen ausgestattet ist, rahmt im Haus der Vettier ein umlaufender Säulengang den Hof. Fast ein Drittel ihres Grundstücks widmeten die Brüder ihrem Garten, den sie mit Marmormöbeln, Säulen, Statuen und Springbrunnen anfüllten. Zum Zeitpunkt der Ausgrabung war der Garten weitgehend unangetastet. So bietet er einen einzigartigen Blick auf die Ausstattung eines römischen Ziergartens in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr., auch wenn er von weiteren Beschädigungen nicht verschont blieb. 1943 explodierte eine Weltkriegsbombe in der Nordostecke des Peristyls und zerstörte Teile der Architektur und der Malereien sowie drei der im Garten aufgestellten Säulen. 1978 wurden vier Brunnenstatuen gestohlen. Als man sie wiederfand, waren sie in Stücke gehauen worden.

Der Garten im Haus der Vettier

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Der Peristylgarten im Haus der Vettier in Pompeji

Dennoch gehört das Haus der Vettier seit seiner Entdeckung zu den beliebtesten Touristenattraktionen in Pompeji. Haus und Garten wurden auf unzähligen Postkarten und Fotografien dokumentiert. Diese Bilder gestatten einen Einblick in die wechselnden Interpretationen der Gartenbefunde seit der Entdeckung 1894. Sie zeigen, dass noch während der Ausgrabungsarbeiten versucht wurde, ganz im Sinne der damaligen archäologischen Erkenntnisse, Hermen, Brunnenbecken und Figuren an Ort und Stelle im Garten wieder aufzustellen. Zunächst platzierte man die Objekte im Hof auf der bloßen Erde, später wurde der Garten nach archäologischen Befunden bepflanzt. Während die Präsentation der Skulpturen und anderen Ausstattungstücke – von den Verlusten einmal abgesehen – weitgehend gleichgeblieben ist, wurde die Bepflanzung immer wieder verändert. Lediglich der Verlauf der Hecken und der freien Fläche in der Gartenmitte folgt bis heute dem Aussehen der alten Darstellungen.

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Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung

Auf den ältesten Postkarten aus der Zeit um 1900 ist ein Azaleenstrauch in der Mitte der Anlage zu sehen. Rhododendren oder Azaleen stammen aus Asien, die Römer kannten sie noch nicht. Um 1900 waren sie aber typische Gewächse der Jugendstilgärten. Auch Alma-Tadema malte in seine römischen Gartenphantasien mehr als einmal Azaleen. Auf späteren Postkarten mit Darstellungen des VettierGartens ist der Strauch jedoch wieder verschwunden. An seine Stelle traten Ende der 1950er-Jahre Rosen. In den 1960er-Jahren schmückten üppige bunte Blumenrabatten im englischen Stil den Garten. Manche Fotos zeigen hinter den Hecken niedrige Sträucher oder kleine Bäume, aber auch leuchtend pinke fleißige Lieschen und hellrote Geranien sind zu sehen, oder zu kleinen Buckeln geschnittener Efeu. Während Begonien und Geranien aus dem Zierpflanzensortiment des 20. Jahrhunderts stammen, ist in Form geschnittener Efeu schon auf Gemälden in den Sockelzonen der Säulengänge zu entdecken. Auf jüngeren Fotos sind an Stelle der bunten Blumenvielfalt Ringelblumen getreten, die hinter niedrigen Beeteinfassungen aus Buchs, Lavendel, Thymian und Rosmarin blühen. Bei der Betrachtung der Bilder wird deutlich, dass aktuelle Gartenmoden die Bepflanzung im Garten der Vettier deutlich mitbestimmt haben. Erst in jüngerer Zeit wurde Wert darauf gelegt, den Garten mit Gewächsen zu bepflanzen, die schon in der Römerzeit bekannt waren. Außerdem haben die Gärtner darauf geachtet, den Blick auf das sorgfältig gestaltete Layout aus Hermen und Brunnen nicht zu beeinträchtigen. Ob aber schon in der Antike niedrig wachsende Sträucher und Hecken den Garten der Vettier prägten oder vielleicht eher wuchernde, dicht nebeneinanderstehende Blumen und Bäumen angestrebt wurden, wie auf den Wandbildern dargestellt, bleibt offen. Wasser im Garten

Mit der spektakulären Brunneninszenierung in ihrem Garten hatten die Vettier-Brüder sich für eine extravagante Lösung für die Ausgestaltung des Innenhofs entschieden: Zwischen den Säulen stehen auf Sockeln zwölf Brunnenfiguren aus Marmor und Bronze. Das Wasser spritzte damals aus Bleirohren in insgesamt acht rechteckige oder run-

Bäume im Hofgarten

de Marmorbassins; was überlief, floss in Wasserrinnen am Gartenrand ab. Derart großzügige Wasserspiele in den Gärten Pompejis waren eine noch recht junge Entwicklung. Denn die Wasserversorgung der Stadt hatte sich über Jahrhunderte schwierig gestaltet: Wollte man nicht das Wasser vom Fluss Sarmo oder von den Quellen an den Vesuvhängen in die Stadt tragen, so war man auf Tiefbrunnen angewiesen oder häufiger noch auf Zisternen, in denen Regenwasser gesammelt wurde. Zisternen gab es wohl in jedem Gebäude, wenn nicht als Trinkwasservorrat, dann zur Bewässerung der Gärten. Die Zisternen lagen meist direkt unter den Gärten wie etwa im Garten des Herkules oder im Haus der Dioskuren, wo das Wasser aus einem marmornen Puteal geschöpft werden konnte. Als gegen Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. Pompeji an das Aquädukt angeschlossen wurde, änderte sich der Umgang mit dem Wasser. Zwar war das vorrangige Ziel, die öffentlichen Brunnen und die öffentlichen Thermen über das Aquädukt mit Wasser zu versorgen. Doch ließen sich auch wohlhabende Privathaushalte an die Wasserleitung anschließen. Plinius vermerkt in seiner „Naturalis historia“ die Vorteile des Aquädukts für öffentliche Gebäude und Bäder und für private Wohnungen und Gärten. Wie viel Zeit und Mühe die Gärtner für die Bewässerung ihrer Gewächse ohne Aquäduktanschluss aufbringen mussten, ist an der Beetgestaltung im Garten des Herkules heute noch zu erkennen. Die Römer pflegten in solchen Gärten vor allem Sträucher und Obstbäume, die – einmal eingewöhnt – mit wenig Wasser auskamen. Bäume im Hofgarten

Doch auch in den privilegierteren Hofgärten gediehen neben prestigeträchtigen Platanen oder Zypressen verschiedene Obstbäume, die an den Mauern als Spalier gezogen oder als Sichtschutz verwendet wurden. Im Garten im Haus des Polybius in Pompeji weisen Wurzelspuren auf zwei Feigenbäume, zwei Kirsch- oder Birnbäume und einen Olivenbaum hin, die auf einer gerade einmal neun Quadratmeter großen Fläche wuchsen. Die Reste einer großen Leiter wie sie Obstpflücker verwenden, belegt, dass die Bäume tatsächlich Nutzbäume waren. Im

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Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung

Becken und Brunnen

Garten des Hauses des Schiffes Europa, ebenfalls in Pompeji, standen in allen vier Ecken des Peristylgartens Bäume und Weinstöcke. Und in der Villa der Poppaea in Oplontis beschattete eine einzelne große Esskastanie einen Innenhof. Neben den vertrauten Oliven, Feigen, Maulbeeren oder Äpfeln pflanzten die Römer auch neue Obstbaumarten, die damals noch als exotisch galten und entsprechend eindrucksvoll wirkten. Auf den Wandbildern im Haus des Obstgartens begegnen uns die seltene Zitrone und die aus dem Osten importierte Quitte. Die aus Nordafrika stammende Dattelpalme ist im Haus des goldenen Armreifs dargestellt (vgl. Abb. S. 100). Der ältere Plinius berichtet, dass ihre Früchte in Italien nicht zur Reife gelangten, die stattlichen Palmen aber dennoch gerne als Zierpflanze gepflegt wurden. Das Aquädukt, das Römern Wasser für ihre Gärten lieferte, war ein entscheidender Wendepunkt in der Geschichte der römischen Gartenkunst. Erst mit ständig verfügbarem Wasser konnten anstelle der genügsamen Gewächse auch Pflanzungen, Hecken und Beete mit höheren Wasseransprüchen treten. Im Zuge dessen begannen Gartenbesitzer ihre Gärten ganz neu zu gestalten. Das Wasser war nicht mehr allein Mittel zum Zweck, sondern wurde selbst zum Mittelpunkt der Gärten. Becken und Brunnen

Die Vettier leiteten das Aquäduktwasser über Rohre in ihren Garten. Diese Bleirohre sind erhalten geblieben und mussten nur wenig ausgebessert werden, um das System wieder funktionstüchtig zu machen. Das Wasser floss in unterschiedlich geformte rechteckige und runde Marmorbassins. Anders in der Villa der Poppaea in Oplontis: Dort sprudelte in einem der Peristylgärten das Wasser aus einer großen Marmorvase in ein flaches, viereckiges Becken. Diese Marmorvasen, oder auch Krater hatten die Römer von den Griechen übernommen, die in den Gefäßen Wein und Wasser mischten. Neben Vasen und kleinen Marmorbecken waren in den letzten Jahren vor dem VulkanMosaikbrunnen im Garten des Hauses mit dem großen Brunnen in Pompeji

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Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung

ausbruch Springbrunnen besonders beliebt, die mit Mosaiken geschmückt waren. Ein solcher reich verzierter Mosaikbrunnen verschönerte etwa den Garten im Haus des großen Brunnens in Pompeji (vgl. Abb. S. 116). In anderen Gärten wurde Wasser in Kanälen durch den Garten geleitet, so im Haus des Loreius Tiburtinus. Oder man machte ein einzelnes Wasserbecken zum Mittelpunkt des Gartens, wie etwa im Peristyl der Villa der Papyri, das von einem 66 x 7 m messenden Bassin beherrscht wurde. Das Wasser hierfür hat man vom unterirdisch verlaufenden Aquädukt mithilfe eines hydraulischen Systems heraufgepumpt. Ergänzt von den rund um das Becken aufgestellten Bronze- und Marmorstatuen, war das Peristyl eine prächtige Zurschaustellung von Reichtum und fortgeschrittener Technik. Auch in den entfernten Provinzen wurden große Wasserbecken zum unverzichtbaren Bestandteil der Villen. Bassins mit Brunnenskulpturen schmückten die Vorderseite des historischen Vorbilds der Villa Borg und den Park in Fishbourne. Im portugiesischen Conimbriga nahm das Wasserbecken im Haus der Springbrunnen aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. sogar die ganze Hoffläche ein. Aus mehr als vierhundert Öffnungen sprudelte das Wasser in ein reich gegliedertes Becken. Wasserbecken mit Bepflanzung

Die gemauerten Kompartimente des Beckens im Haus der Springbrunnen bilden regelrechte Inseln, die früher wohl einmal für Pflanzen bestimmt waren. Welche Arten darin wuchsen, wissen wir nicht. Um typische Gewächse für Feuchtbiotope, wie wir sie heute für Teiche verwenden, dürfte es sich allerdings nicht gehandelt haben. Archäologische Befunde legen vielmehr nahe, dass man Pflanzen und Wasser in Conimbriga möglichst getrennt hielt. Die meisten Wasserbecken in den römischen Gärten kamen wohl ganz ohne spezielle Bepflanzung aus. So war etwa das mit Fontänen und Kaskaden ausgestattete Bassin im Garten des Hauses des Meleager in Pompeji auf der Innenseite blau verputzt. Das Becken im Garten im Haus des Pansa soll sogar mit Wasserpflanzen und Fischen ausgemalt gewesen sein. In Nordafrika sind ebenfalls Becken gefunden worden, die mit Wassertieren verziert sind. Die verputzten und bemalten

Wasserbecken mit Bepflanzung

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Wasserbecken mit Bepflanzung im Haus der Springbrunnen in Conimbriga (Portugal), 3. Jahrhundert n. Chr.

Bassins lassen vermuten, dass, ähnlich wie bei den Mosaikbrunnen, der Anblick der bunten Farben im klaren Wasser bevorzugt wurde. Echte Wasserpflanzen, die einen Bodengrund benötigen, hätten das Wasser getrübt und den angestrebten Eindruck beeinträchtigt. Das Becken im Haus der Springbrunnen in Conimbriga ist heute mit blauen und weißen Schwertlilien bepflanzt. Entlang der Kanäle im Garten des Loreius Tiburtinus wachsen ebenfalls Iris, außerdem auch Akanthus. Beide Arten waren in römischen Gärten weit verbreitet. Ob sie damals aber tatsächlich als Begrünung für Wasserspiele eingesetzt wurden? Wer weiß.

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Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung

Skulpturen im Garten

Sicher ist hingegen, dass die Römer ihre Gärten mit Gartenskulpturen im Stil der verehrten griechischen Kunst schmückten. Das war im Haus der Vettier nicht anders als in der Villa der Papyri oder der Villa der Poppaea, deren Statuenkollektionen am Rand der Wasserbecken aufgestellt waren. Da der Garten der Vettier wie die meisten pompejanischen Höfe eher klein war, wählten die Brüder für ihr Peristyl kleinformatige Werke aus, die stilistische und formale Anleihen bei der griechischen Kunst machten und zugleich ganz auf ihre Wünsche zugeschnitten waren. Für echte Kopien der griechischen Meisterwerke entschieden sich römische Gartenbesitzer nur selten. Die Statuen wurden in darauf spezialisierten Werkstätten produziert. Wie die Marmorkratere wurden auch viele Gartenskulpturen für den römischen Markt in Griechenland hergestellt und auf dem Seeweg ins gesamte Römische Reich transportiert. 1907 fand man vor der nordafrikanischen Küste Reste eines Schiffswracks, das zwischen 100 und 80 v. Chr. in der Nähe des tunesischen Mahdia untergegangen war. Geladen hatte der Frachter einen einzigartigen Schatz an Marmorblöcken, Möbeln, Gefäßen, kleineren Gerätschaften und Skulpturen, die alle einmal für die Ausstattung römischer Villen und Gärten bestimmt waren. Ob die Objekte Auftragsarbeiten waren oder für den Markt hergestellt worden sind, ist nicht bekannt. Aufträge dieser Art gab es aber durchaus: Cicero beispielsweise schreibt, dass er für die Gärten seiner Landgüter ein verziertes Puteal und eine Herkulesbüste in Griechenland bestellt hatte, außerdem eine Bronzeherme mit dem Kopf einer Athene, die er auf dem Sportplatz in seinem Garten aufstellte. Götterbilder standen in vielen römischen Gärten. Im Garten der Vettier sind Venus, Amor und Bacchus vertreten. Beliebt waren auch Naturgottheiten wie Nymphen, die Hüterinnen der Quellen, der Hirtengott Pan oder andere Gestalten, die auf das Leben in der ländlichen Natur verweisen. Paris – nicht in seiner Rolle als Richter im Wettstreit um die schönste Göttin, sondern mit einem Lamm auf dem Arm – vertritt im Garten der Vettier das beschauliche Reich der Hirten. Mythische Helden wie Herkules waren in den pompejanischen Gärten

Noch mehr Kunst im Garten

ebenso beliebt wie Tierskulpturen, etwa die berühmten Hirsche aus dem Haus der Hirsche in Herculaneum. Diese zwei etwas unterlebensgroßen Jagddarstellungen zeigen flüchtende Hirsche, die von Windhunden gehetzt werden. Im rekonstruierten Garten sind heute Kopien der Figuren aufgestellt. Im Garten der Vettier tummeln sich um die Brunnen mehrere Amorknaben, die Begleiter der Liebesgöttin Venus. Zwei von ihnen halten Gänse als Symbol ihrer Herrin im Arm. Die anderen zeigen Trauben vor, die auf Bacchus verweisen. Ein Satyr, der eine Muschel an sein Ohr hält, ein anderer mit einem Weinschlauch in den Händen und Bacchus selbst, ebenfalls mit einem Weinschlauch, legen weitere Spuren zum Kult des Weingottes. Zum Umfeld des Bacchus gehören auch die beiden Doppelhermen auf mit Efeublättern und Beeren verzierten Säulen. Auch der Efeu verweist auf den Weingott, wie wir noch genauer sehen werden, war Efeu dem Bacchus geweiht. Ein Silen und eine Mänade, Gestalten aus dem Gefolge des Bacchus, und der Gott selbst als junger und als bärtiger alter Mann schmücken die Säulen. Der Pflanzenschmuck auf den Säulen und vor allem die besondere Gestaltung der Hermenköpfe greifen ältere Stilelemente aus der griechischen Kunst auf, die bei den römischen Gartenbesitzern damals sehr beliebt waren. Farbreste belegen, dass die heute marmorweißen Köpfe ursprünglich einmal bunt bemalt waren. Noch mehr Kunst im Garten: Oscilla, Pinakes und Wandbilder

Zur Welt des Weines, des Rausches und der Freuden des ländlichen Lebens gehörten auch flache rechteckige, runde oder sichelförmige Scheiben oder Masken aus Marmor, die die Römer wie die Blumengirlanden als festlichen Schmuck zwischen den Säulen im Peristyl aufhängten. Archäologen bezeichnen sie als Oscilla, man hat sie überall im Römischen Reich gefunden. Die Scheiben sind auf beiden Seiten mit flachen Reliefs dekoriert. Die Bilder von Bacchus, Satyrn, Mänaden oder Darstellungen des Pan wurden wohl für entsprechende Feste zu Ehren der Götter aufgehängt. Im Haus mit dem Telephos-Fries in Herculaneum hat man den Gebrauch der Oscilla rekonstruiert:

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Venus zwischen Gartenbildern auf der Mauer im Haus der Venus in der Muschel in Pompeji

Gipsabgüsse der gefundenen Scheiben schmücken dort die Säulen um das Atrium. Auch auf den Gartenbildern sind Oscilla zu sehen. Auf den Fresken im Haus des goldenen Armreifs etwa hängen Theatermasken und Scheiben mit Götterdarstellungen vom oberen Rand der Bilder (vgl. Abb. S. 100). Unterhalb der Oscilla und Masken sind Hermen mit Satyrköpfen abgebildet – darauf verweisen die spitzen Ohren. Interessanterweise sind auf dem Scheitel der Hermen zusätzliche Bilder montiert, sogenannte Pinakes – abgeleitet von dem griechischen Wort pínax für Bildtafel. Dargestellt sind liegende und unbekleidete Frauengestalten mit einem Efeukranz, der andeutet, dass es sich um Mänaden handelt. Formal betrachtet ähneln die Pinakes den rechteckigen Oscilla. Und tatsächlich dürfen wir auch für die Oscilla annehmen, dass sie einmal bemalt waren. Doch ob die Pinakes auf den Wandbildern im Haus des goldenen Armreifs als bemalte Reliefs gedacht waren oder als Male-

Noch mehr Kunst im Garten

reien auf Marmor, ist nur schwer zu entscheiden. Die Römer stellten Pinakes auf Mauern oder Zäunen im Garten auf oder setzten sie auf Pfosten wie auf unserem Bild. Im Garten des Hauses der goldenen Amoretten in Pompeji sind zwei Marmorreliefs auf verzierten Pfeilern im Peristylgarten erhalten geblieben. Neben den kleinen Täfelchen schmückten die Römer ihre Gärten auch mit größeren Bildern. Im Garten der Vettier sind die Mauern des Säulenumgangs ausgemalt. Und dort, wo keine Säulengänge, sondern nur Mauern den Garten umgrenzten, wurden die Bilder direkt auf die Gartenmauer gemalt. Was jedoch vor Ort in den Vesuvstädten zu besichtigen ist, ist meist kaum noch zu erkennen. Viele Bilder auf den Gartenmauern haben nur in Beschreibungen oder Abbildungen überdauert. Wilhelmina Jashemski und ihrem Mann ist es zu verdanken, dass ein Teil der Bilder auf den Gartenmauern Pompejis katalogisiert und fotografiert wurde. Nicht nur in den größeren Häusern, auf die sich die Aufmerksamkeit der Forscher besonders richtete, fanden sich Gartenbilder, sondern auch in vielen kleinen Häusern. So etwa in dem bescheidenen Haus mit dem gemalten Labrum, das manchmal als Casa Jashemski bezeichnet wird. Ein gemalter Springbrunnen, dem das Haus seinen Namen verdankt, ein trinkender Vogel, ein Zaun, Bäume und blühende Büsche sind dort auf die rückwärtige Mauer gemalt. Die Malerei schmückt einen winzig kleinen Hof mit einem L-förmigen Beet und einer Zisterne. Im Aschaffenburger Pompejanum ist die besondere Wirkung, die diese Art der Malereien entfaltete, sehr gut zu beobachten (vgl. Abb. S. 21): Hauptaufgabe der bemalten Gartenmauern war es, die kleinen Gärten optisch zu vergrößern. Eine schöne Aussicht und der Eindruck von Weite war wichtig für die Gartenbesitzer, denn hinter den Gartenmauern war es oft recht beengt. Darüber hinaus stellten die Maler auf den Bildern all das dar, was der reale Garten seinen Besitzern nicht bieten konnte. Überfließende Springbrunnen täuschten darüber hinweg, dass die Gartenbesitzer weiterhin das Wasser aus der Zisterne schöpfen mussten. Gemalte Kunstwerke ersetzten echte Statuen, die zu teuer oder zu groß für das kleine Grundstück gewesen wären. Darstellungen von Vögeln und anderen Tieren füllten den kleinen Hof

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Städtische Ziergärten und ihre Ausstattung

mit Leben und dienten vielleicht als Ersatz für die echten Volieren und Menagerien der großen Villen. Im Haus von L. Ceius Secundus in Pompeji sind zwischen Bildern von Springbrunnen sogar jagende Löwen und Leoparden dargestellt. Die Malereien auf den Gartenmauern erzählen mehr noch als die Bilder im Inneren der Häuser davon, wie die Besitzer sich ihre Gärten wünschten und wie sie idealerweise aussehen sollten. Doch auch die Besitzer der größeren Häuser in Pompeji ließen sich Bilder auf die Gartenmauern malen. Die Bewohner des Hauses der Venus in der Muschel beispielsweise verzierten die Südmauer ihres Gartens um 30 n. Chr. mit einem Gemälde der Göttin der Liebe (vgl. Abb. S. 122). Das Bild der Venus wird zu beiden Seiten flankiert von Gartendarstellungen mit Springbrunnen, Statuen, wilden Vögeln und Bäumchen in Marmorvasen. Schaugarten

Im Garten der Vettier fällt die Fülle an Objekten, Skulpturen und Brunnen auf, die sich auf der kleinen Fläche drängen. Bei genauerer Betrachtung ist aber durchaus ein Bemühen um Ordnung und Gliederung zu erkennen. Brunnenbecken, Skulpturen und Hecken formen den Rahmen und die äußere Grenze des Gartens. Die Hermen und die mittlere Brunnenschale sorgen für optische Schwerpunkte. Objekte, Wege und Hecken betonen die Mittelachse. Ein niedriger Zaun zwischen den Säulen des Peristyls ohne sichtbare Eingangspforte trennt Wohnräume und Säulengang optisch vom Garten. Der Zaun und die vielen gedrängten Kunstwerke auf relativ kleinem Raum laden nicht gerade dazu ein, den Garten zu betreten. Auch für einen Spaziergang ist der Garten wohl zu klein. Der Hof der Vettier-Brüder war also kein Garten, wie ihn Alma-Tadema auf seinem Traumbild vom römischen Garten im Sinn hatte, in dem sich die Familie traf und in dem sogar Kinder spielten. Vielmehr war das Peristyl wie viele römische Häuser ganz gezielt mit Blickachsen auf den Garten konstruiert. Es ermuntert dazu, vom Gartenrand aus genussvoll den Blick schweifen zu lassen, denn den besten Blick auf die Anlage hat man vom Säulengang oder von einem der angrenzenden Zimmer.

Beete und Rasenflächen

Beete und Rasenflächen

Im Unterschied zu den prächtigen Malereien und Skulpturen und den Wasserspielen, ist die Rolle, die Pflanzen in den römischen Ziergärten der Kaiserzeit spielten, nur schwer einzuschätzen. Im Garten der Vettier fand man Spuren von den Umrissen der Beete. Und bereits im 19. Jahrhundert wurden in einigen der größeren pompejanischen Häuser eingetiefte Ziegel als Begrenzung geometrisch geformter Pflanzenbeete gesichert. In Fishbourne zeigten Verfärbungen im Boden den Verlauf der Hecken und Wege an. Dass es also formale Gärten gegeben hat, daran besteht kein Zweifel. Die Beete und Hecken begleiteten Wege, Zäune und Gartenränder. Sie rahmten Wasserbecken und fassten Statuen ein. Sie führten den Blick durch die Anlagen, setzten Schwerpunkte und gliederten den Garten in Abschnitte. Aus den Briefen von Plinius d. J. geht hervor, dass die Hecken manchmal zu verspielten Formen geschnitten wurden. Und dass Buchs als Heckenpflanze sehr verbreitet war, wissen wir heute auch. Schwieriger ist jedoch die Frage zu beantworten, wie hoch die Hecken wachsen durften und welche Gewächse zusätzlich zum Buchs gepflegt wurden. In einigen Peristylhöfen der Villa der Poppaea hat man gar keine Wurzelspuren gefunden. Entweder waren sie nicht bepflanzt – was unwahrscheinlich ist – oder es wurden vor allem Kräuter und Blumen gepflegt. Vielleicht wuchs auch Gras dort; zumindest erwähnt Plinius Rasenflächen oder Wiesen in seinen Villenbriefen. In anderen Höfen der Villa der Poppaea verliefen parallel zum Säulengang Blumenbeete. Sorgfältig voneinander getrennte Blumenbeete und Rasenflächen finden wir auch auf der Villendarstellung aus dem Haus des M. Fronto (vgl. Abb. S. 74) und dem kleinen Wandbild aus Herculaneum (vgl. Abb. S. 50). Dort scheinen neben den Blumen größere Sträucher zu wachsen. Vielleicht handelt es sich um Oleander (Nerium oleander), dessen verkohlte Reste man in der Nähe des großen Wasserbeckens hinter einer Statuenbasis in der Villa der Poppaea entdeckt hatte. Auf Wandbildern häufig dargestellt, wird Oleander in der antiken Literatur sonst nur selten erwähnt. Plinius d. Ä. gibt jedoch Hinweise für die Vermehrung des Oleanders über Stecklinge und Aussaat, was bestätigt, dass der Oleander als Zierpflanze verbreitet war.

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Trotz des Oleanderfundes in der Villa der Poppaea und der Beschreibung von Veilchen- und Rosenbeeten bei Plinius d. J., spielten Blumen und Blütensträucher aber keine Hauptrolle im römischen Ziergarten. So wie sich der römische Garten in Ausgrabungen, Beschreibungen und Malereien zeigt, war er vor allem ein grüner Garten. Entsprechend bezeichneten die Römer den Garten auch als viridarium. Basis für die Gestaltung des Ziergartens waren immergrüne Gewächse wie Myrte, Lorbeer, Buchsbaum oder Efeu, die den Garten das ganze Jahr über schmückten. Efeu im Garten und andere Zierpflanzen

Neben dem allgegenwärtigen Buchs ist der immergrüne Efeu (Hedera helix) diejenige Pflanze, die in den Rekonstruktionen der römischen Gärten am häufigsten eingesetzt wird. In Borg finden wir ihn als Bodendecker in allen Gärten, im Aschaffenburger Pompejanum umrahmt er die Beete in der Gartenmitte. Efeu ist eine sehr alte Kulturpflanze, die mit etwa zehn Arten in ganz West-, Süd- und Mitteleuropa sowie Nordafrika verbreitet ist. Griechen und Römer stellten die Götter des Weines und ihr Gefolge mit Efeukränzen dar, und die Römer kennzeichneten mit der Pflanze ihre Weinschenken. Der Efeu galt als Symbol der Heiterkeit, Geselligkeit und Freundschaft. Zahllose Wandmalereien belegen, dass er in römischer Zeit auch in den Gärten gepflegt wurde. Neben den dunkelgrünen Blättern kannte man bereits Sorten mit panaschierten gelblichweißen und grünen Blättern. In der Sockelzone des Peristylumgangs im Haus der Vettier finden wir Darstellungen von Efeu, der zu kleinen Hügeln oder Türmen geschnitten wurde. Ebenso gerne wurde Efeu aber auch als Kletterpflanze eingesetzt. Plinius etwa ließ ihn im Garten seiner Villa bei Tusculum in die Platanen wachsen. Der Efeu berankte Stamm und Äste und kletterte in die Nachbarbäume, sodass sich der Eindruck einer geschlossenen Hecke ergab. Cicero wiederum ließ Efeu über die Grundmauern des Hauses wuchern und über die Statuen zwischen den Säulen des Peristyls. Efeu war den Göttern Apollon und Bacchus geweiht. Er wurde zu Kränzen und Girlanden verarbeitet sowie als Zierpflanze in ver-

Efeu ( Hedera helix ) Hedera helix ist in Europa heimisch. Als winterharte immergrüne Kletterpflanze mit verholzendem Stamm eignet sich Efeu ideal als Bodendecker und zur Berankung von Mauern. Er wächst an Säulen empor, umfasst Rabatten und rankt aus Kübeln. Die Pflanze sollte regelmäßig zurückgeschnitten werden. Efeu kann man auch als Formstrauch ziehen, wenn man die Seitentriebe regelmäßig stutzt. Viele buntblättrige Sorten sind als Zimmerpflanzen geeignet. Efeu ist sehr anpassungsfähig. Er wächst in der Sonne oder im Schatten und kommt mit beinahe jedem Klima zurecht. Durch Stecklinge oder wurzelnde Stiele lässt sich Hedera helix leicht vermehren. Ältere Pflanzen bringen im Herbst kleine gelbgrüne Blüten hervor, die von vielen Insekten angeflogen werden. Die schwarzen Beeren werden von Vögeln gefressen, die auf diese Weise den Efeu im Garten verbreiten.

schiedenen Formen gezüchtet und war damit Nutzpflanze und dekoratives Gewächs zugleich. Zusammen mit Akanthus, Oleander, Buchsbaum, Platane und Dattelpalme darf er gewiss zu den bevorzugten Zierpflanzen der Römer gezählt werden.

„So viele Arten, so viele Zeiten des Auspflanzens gibt es.“ (Columella, 10. Buch über die Landwirtschaft)

8. Leben mit dem römischen Garten Vo n Z i t r o n e n u n d a n d e r e n n e u e n A r t e n

Auch die Zitrone war in der Antike eine echte Zierpflanze. Immergrün, mit duftenden, weißen Blüten und goldenen Früchten wuchs sie in vielen Gärten des Römischen Reichs. Als Obstbaum und Nahrungsmittel jedoch war sie unter römischen Gärtnern damals kaum bekannt. In Pompeji, im Garten des Hauses des Polybius wurden Zitronen in Blumentöpfen vorgezogen und in Beete an der Mauer ausgepflanzt. Die dort gepflegten Zitronen gehörten zur Art Citrus medica, der Zitronatzitrone. Sie enthält nur wenig Saft, hat dafür aber eine dicke, aromatisch duftende Schale. Wie alle Zitronenarten stammt Citrus medica aus Asien, in Italien war sie ursprünglich nicht heimisch. Erst mit den Eroberungszügen Alexanders des Großen kamen Zitronen nach Griechenland und von dort aus auch nach Rom. Bei Cato und Columella wird die Zitrone nicht erwähnt. Plinius nennt sie in der „Naturalis historia“ „citrus“, „malum citrum“ oder „citrea“. Dioskurides bezeichnet die Zitrone nach ihrer vermuteten Herkunft als „me-

Zitronatzitrone (Citrus medica)

dischen“ oder „persischen Apfel“ und bespricht sie als Heilpflanze. Zitronen wurden im Wein als Gegenmittel gegen Vergiftungen verwendet, die Kerne halfen bei Schwangerschaftsübelkeit. Um Ungeziefer vorzubeugen, legte man Zitronen auch zwischen die Kleidung oder in den Schrank. In der Küche verarbeitet wurde sie nur selten. Im Kochbuch des Apicius ist jedoch ein Rezept vermerkt, in dem die aromatischen Blätter der Zitrone verwendet werden. Zitronen waren im römischen Altertum vor allem Zierbäume, die man eventuell sogar im englischen Fishbourne pflegte. In den Gärten der Villa der Poppaea sind sie sicher gewachsen, das belegen verkohlte Zweige des Baums, die man dort gefunden hat. Aber auch in anderen pompejanischen Gärten weisen Topfscherben auf Zitronenbäumchen hin. An der Westmauer im Garten des Hauses des Polybius wurden über den Wurzelabdrücken Nagellöcher gefunden. Sie legen nahe, dass die Zitronenbäume dort als Spalierobst gezogen wurden. Neben Zitronen kamen seit der Mitte des ersten Jahrhunderts vor Christus weitere Obstarten aus den neu eroberten Territorien nach Rom. Der berühmte Lucullus (117–56 v. Chr.) soll als hochrangiger Offizier beim Militär Aprikosen, Pfirsiche und Kirschen von seinen Auslandseinsätzen in Kleinasien mitgebracht haben. Hundert Jahre später machte Kaiser Vitellius, der 68 bis 69 n. Chr. regierte, die aus

Rezept für mit Zitronenblättern aromatisierten Wein Gib Blätter vom Zitronenbaum in einem Körbchen aus Palmbast in ein Fass Most, bevor er vergärt, und nimm sie nach vierzig Tagen heraus. Wenn nötig, gib Honig hinzu. (Kochbuch des Apicius 1,4)

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Syrien stammende Pistazie in Italien heimisch. Kannte Cato im zweiten Jahrhundert vor Christus gerade einmal 5 verschiedene Birnensorten, 4 Äpfel- und 6 Feigensorten, so nennt Plinius in der „Naturalis historia“ bereits 39 verschiedene Birnen, 23 Äpfel, 29 Feigen und dazu die Cato noch unbekannten Pflaumen und Quitten. Darstellungen von Obstbäumen im Haus des Obstgartens, in der Villa der Livia und anderswo lassen darauf schließen, dass die neu eingeführten Arten im Garten nicht allein aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ästhetischen Gründen gepflegt wurden. Gartenarbeit

Wie die Baum- und Nutzgärten bewirtschaftet werden sollten, haben die antiken Gartenbuchautoren detailliert aufgeschrieben. Manches ist heute jedoch schwer nachvollziehbar. So etwa Columellas Vorschläge zur Ungezieferbekämpfung: Tierblut und Eingeweide sollen bei Unwettern die Götter besänftigen. Und falls Raupen oder Würmer die Pflanzen schädigen, hilft dem Autor zufolge eine junge Frau, die mit aufgelöstem Haar und nackten Füßen um Beete und Gartenzaun geführt wird. Inwieweit diese Ratschläge auch außerhalb Roms oder in den Provinzen und in Germanien befolgt wurden, können wir nur vermuten. Von solchen Details einmal abgesehen, nennt Columella gute Erde und Wasser in erreichbarer Nähe als Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Gartenarbeit. Theophrastos weiß, dass das Wasser frisch und kalt sein sollte. Außerdem sei Wasser aus Entwässerungsgräben zu vermeiden, weil es Unkrautsamen enthalten kann. Und gewässert werden sollte früh morgens oder am Abend. In Pompeji legte man zur Bewässerung kleine Gräben um die jungen Pflänzchen an, damit das Wasser die Wurzeln leichter erreichen konnte. Columella äußert sich ausführlich zu den weiteren Arbeiten des Gärtners im Jahresverlauf. Ungewöhnlich für moderne Gartenbücher, beginnt er mit dem Herbst: Dann kann, wenn der Boden weich vom Regen ist, die Erde mit einem Spaten umgegraben werden, andernfalls empfiehlt der Autor den Pflug. Den Winter über soll die Erde offen liegen. Gegen Ende des Winters wird der verdichtete Boden gelockert und die Erde mit Mergel und Mist aufbereitet. Theophrastos empfiehlt

Gartenarbeit

dafür Dünger aus Holzasche und mit Stroh vermischten Dung von Vögeln, Menschen, Schweinen, Ziegen, Schafen und Rindern. Auch Lupinen wurden als Gründünger gepflanzt und untergepflügt. Der Frühling beginnt für Columella mit der Aussaat von Blumen und Gemüse. Das Saatgut dafür sollte möglichst früh gesammelt werden. Theophrastos empfiehlt, keine Saaten zu verwenden, die älter als zwei Jahre sind. Sobald die Saat keimt und die ersten Blätter und Triebe aus der Erde wachsen, muss der Gärtner regelmäßig gießen und die Erde hacken, schreibt Columella. Einige Pflanzen, wie Rettich oder Basilikum können sukzessive ausgesät werden, um mehrere Ernten zu gewährleisten. Theophrastos empfiehlt zudem, Jungpflanzen umzupflanzen, um stärkere und größere Exemplare zu erhalten. Über das Umpflanzen von Bäumen macht sich auch Plinius d. Ä. in der „Naturalis historia“ Gedanken. Er rät dazu, junge Bäume in mindestens 60 cm weite und tiefe Pflanzlöcher zu setzen, die mit Steinen, zerbrochenen Scherben oder Kies begrenzt sind. Für kleinere Bäume oder Büsche sollte, je nach Größe der ausgewachsenen Pflanze, mindestens ein Meter Abstand eingeplant werden. Neue Pflanzen gewannen die römischen Gärtner auch durch Absenker und Stecklinge. Cato empfiehlt diese Methoden für Brombeeren, Efeu, Weinreben, Feigen, Granatäpfel, Äpfel und Lorbeer, Myrten oder Maulbeeren. Die jungen Pflanzen zog man in geflochtenen Körben heran. Lediglich besonders wertvolle Pflanzen – wie etwa Zitronen – setzte man in Töpfe, in denen sie auch leicht transportiert werden konnten. Ob die Römer ihre Pflanzen bereits in Gewächs- oder Treibhäusern kultivierten, wie in der Literatur gelegentlich diskutiert wird, ist nicht gesichert. Archäologische Belege für diese Auffassung gibt es bisher nicht. Vermutlich gab es aber Beetkästen auf Rollen. So heißt es, dass Kaiser Tiberius, der 14 bis 37 n. Chr. regierte, auf seine geliebten Gurken auch außerhalb der Erntezeit nicht verzichten wollte. Deswegen sollen seine Gärtner das Gemüse in beweglichen Kästen kultiviert haben. Die Beete konnten so in der kalten Jahreszeit tagsüber in die Sonne geschoben werden und kamen nachts in eine geschützte Unterkunft.

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Leben mit dem römischen Garten

Miniaturgartenwerkzeuge aus Bronze aus Kölner Grabfunden des 3. und 4. Jahrhunderts n. Chr., Köln, Römisch-Germanisches Museum

Gartenwerkzeuge

Über viele Hilfsmittel für die Gartenarbeit wissen wir recht gut Bescheid. Bei Ausgrabungen wurden immer wieder Gartenwerkzeuge gefunden. Sie geben gemeinsam mit den Beschreibungen der antiken Autoren wertvolle Hinweise dafür, wie wir uns die Arbeit im Garten in römischer Zeit tatsächlich vorzustellen haben. Wir kennen zum Beispiel Leitern zum Obstpflücken aus den pompejanischen Gärten. Und Columella empfiehlt hölzerne Spaten mit scharf geschliffenen eisernen Rändern zum Umgraben. In der Villa der Poppaea wurde ein Gartenmesser mit gekrümmter Klinge ausgegraben, eine Hippe, die zum Schneiden und Trimmen der Gewächse diente. Columella kennt

Gartenwerkzeuge

auch schwere Walzen, die nach der Aussaat feiner Samen die Erde festigen und das Ungeziefer fernhalten sollten. Sensen zur Grasernte brachte die römische Armee nach Germanien und Britannien. Zum Wenden des Heus dienten wohl bereits Rechen mit hölzernem Balken und eisernen Zinken. Zum Unkraut jäten wurden Hacken mit kurzer Klinge genutzt. Mit der Jäthacke zog Columella auch die schmalen Pfade durch seine Beete. Zum Lockern der verdichteten Erde und zum Zerkleinern der Erdschollen schließlich empfahl Columella eine zweizinkige Hacke. Eine ganz ungewöhnliche Kollektion von römischen Gartenwerkzeugen im Miniaturformat hütet das Römisch Germanische Museum in Köln. Die Modelle landwirtschaftlicher Geräte aus Bronze wurden in römischen Frauen- und Mädchengräbern in Köln entdeckt. Die kleine Leiter, der Spaten, die Sense, Sichel, Harke und anderen Geräte werden in das 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. datiert. Warum man sie den Verstorbenen mit ins Grab gab, ist nicht bekannt. Lange Zeit hat man sie als Symbole des Gottes Mithras gedeutet, wofür es aber keine Anhaltspunkte gibt. Die Objekte vermitteln jedoch einen Eindruck von der Vielfalt der damals verwendeten Gerätschaften. Gärtner

Es ist unklar, wer genau in den Gärten gearbeitet hat, ob zum Beispiel auch die Hausherrinnen die Pflanzen gepflegt haben. Sicher ist es allerdings, dass Cato, die beiden Plinius oder Columella, die äußerst fachkundig über die gärtnerische Arbeit schreiben, die Gartenarbeit nicht selbst verrichtet haben. Sie hatten tatkräftige Unterstützung von Sklaven oder angestellten Gärtnern. Die Zahl der Arbeitskräfte, die den Garten versorgten, hing von der Größe des Grundstücks ab. Auf kleinen Flächen kam man wohl mit ein bis zwei Arbeitskräften aus. In den großen Villengärten war hingegen eine Vielzahl verschiedener Bediensteter mit der Pflege der Gärten beschäftigt. Neben dem Verwalter und seinem Vertreter, dem villicus und subvillicus, gab es den olitor, der sich um das Gemüse kümmerte. Der arborator war für die Bäume zuständig und besorgte das Schneiden und Pfropfen. Ein vinitor hütete die Weinstöcke und der aquarius schließlich war für die Bewässerung

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der Pflanzen verantwortlich. Einen übergeordneten Begriff für den Gärtner als jemanden, der sich um alles kümmerte, was mit dem Garten zu hatte, hatten die Römer offenbar nicht. Der Begriff hortulanus setzt sich erst im zweiten Jahrhundert n. Chr. durch und bezog sich auf die Arbeiter in kommerziellen Gärten. Die Kunst des dekorativen Gärtnerns wurde als topiara opera bezeichnet, der Gärtner entsprechend als topiarius. Plinius d. Ä. datiert die Entstehung dieses Berufszweigs in die Regierungszeit des Augustus (30 v. Chr.–14 n. Chr). Ursprünglich bezog sich der Begriff nur auf die Person, die die Hecken schneidet, im Verlauf der Zeit wurde er auch als allgemeine Bezeichnung für den Gärtner, der die Ziergärten pflegt und für den Landschaftsgärtner verwendet. Topiarii scheinen damals hoch angesehen gewesen zu sein. Cicero etwa äußert sich in seinen Briefen bewundernd über den topiarius seines Bruders, der Säulengang und Statuen mit Efeu überwachsen ließ. Plinius d. J. bezeichnet seinen Gärtner sogar als Künstler und erlaubte ihm, den eigenen Namen in die Hecken seines Villengartens zu schneiden. Tatsächlich haben sich eine ganze Anzahl von Grabsteinen erhalten, auf denen die Berufsbezeichnung topiarius erscheint – ein deutlicher Hinweis darauf, dass diese Männer als Handwerker in Rom und dem übrigen Italien in einigem Ansehen standen. Über die Gärtner, die die großen Gartenanlagen in den weit entfernten Provinzen in Fishbourne oder in Borg betreuten, wissen wir leider nichts. Doch dürften die Einheimischen diesen vollkommen neuen Beruf wohl mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen haben. Aufenthalt im Ziergarten

Die Ziergärten waren sehr wichtige Bestandteile des Hauses oder der Villa. Aus Plinius’ Villenbeschreibungen geht hervor, dass ein schön gestalteter Ziergarten ein Statussymbol war, das mit Stolz vorgezeigt wurde. Aus Griechenland importierte Kunst und aufwendige Wasserspiele unterstrichen diesen Anspruch ebenso wie die Pflanzung neuer Arten oder ungewöhnlich geschnittene Sträucher und Hecken. Weniger wohlhabende Gartenbesitzer ließen sich unerreichbare Ausstattungselemente auf Gartenmauern malen. Ebenso bedeutsam für das

Aufenthalt im Ziergarten

römische Gartenkonzept war der Blick auf den Garten. Sogar in bescheidenen Häusern wie dem Haus mit dem gemalten Labrum wurde der Blick vom Eingang bis zum Garten und den illusionistischen Malereien auf der Mauer geführt. In den größeren Häusern wurde dem Blick vom Speisezimmer, dem Triklinium, auf den Garten besonders viel Bedeutung beigemessen. Seinen Namen hat das Triklinium von dem Speisesofa, der Kline, auf der mehrere Personen Platz nehmen konnten. Der Begriff Triklinium bezeichnet sowohl die typisch römische Zusammenstellung von drei Klinen um einen Tisch, als auch den Raum, in dem die Klinen standen. Doch nahmen die Römer ihre Mahlzeiten nicht ausschließlich im Speisezimmer mit Blick auf den Garten ein, sondern versammelten sich, wenn das Wetter es erlaubte, zum gemeinsamen Essen auch im Garten. Überall im Römischen Reich lassen sich Hinweise auf Gartentriklinien finden: in den Vesuvstädten, aber auch im römischen Gallien, in Spanien und sogar in Britannien. Waren die Klinen im Haus aus Holz, wurden die Klinen im Garten häufig aus Steinen gemauert. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Garten- oder Sommertriklinien um die übliche Zusammenstellung von drei Klinen. Gelegentlich aber gab es auch sogenannte Biklinien, in denen sich lediglich zwei Klinen gegenüberstanden. In den späten Jahren des Römischen Reichs wurden gekurvte Triklinien populär, die zumeist auf byzantinischen Malereien dargestellt sind. Im Garten des Herkules in Pompeji beispielsweise stand ein Triklinium unter einer Pergola, wie Spuren von Pfostenlöchern belegen. Eine Pergola sorgte in den südlicheren Gefilden für den dringend benötigten Schatten im Garten. Sie war mit Kletterpflanzen wie Wein oder Efeu, vielleicht auch mit Geißblatt bewachsen. Die Pergola selbst bestand wohl meist aus Holz. In den aufwendigeren Versionen kamen aber auch Säulen zum Einsatz, über die Querstreben aus Stäben, Rohr, Schnur oder Weinranken gezogen wurden. Plinius d. J. schildert den von einer säulengestützten Pergola beschatteten Essplatz in den Villenbriefen. Und im Haus des Epheben in Pompeji ist ein von vier Säulen umstandenes Triklinium erhalten geblieben. Die Säulen stützen heute wieder ein mit Wein bewachsenes hölzernes Gitter. Alma-Tade-

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ma malte eine ganz ähnlich aussehende Säulenpergola in sein Bild von einem römischen Innenhof (vgl. Abb. S. 10). Pergolen dienten als Schattenspender für Triklinien ebenso wie für die Wasserbecken im Zentrum des Gartens. Wie beliebt die Pergola in der damaligen Gartenkultur tatsächlich war, belegt die Wandmalerei aus Herculaneum, die gleich zwei mit Wein bewachsene Pergolen an den Gartenrändern abbildet (vgl. Abb. S. 50). Im Grünen

Wo immer es möglich war, pflanzten die Römer Weinreben. Sie waren das beliebteste Gewächs, um Pergolen zu beranken und Schatten in den Garten zu bringen. So empfiehlt auch Columella Wein ausdrücklich nicht nur wegen der Früchte, sondern als dekorative Pflanze und als Schattenspender. Plinius ließ sogar sein Ruhezimmer auf dem Anwesen in Tusculum von Weinreben überwuchern. Er schwärmt von dem ganz mit Wein überwachsenen, in gedämpftes grünes Licht getauchten Raum, der ihm das Gefühl gibt, im Wald zu sein. Der Wunsch, sich im Grünen, im Wald aufzuhalten, drückt sich in den Gartenmalereien der römischen Wohnhäuser besonders deutlich aus. So finden wir das von Plinius beschriebene Dämmerlicht in den Grünund Blautönen der Gartenbilder im Haus der Livia oder auf den Fresken im Haus des goldenen Armreifs wieder. Im Haus des Obstgartens werden die Wandmalereien sogar bis unter die Decke weitergeführt, was den Eindruck von einem Baumgewirr und dem besonderen Licht, in dem sich die Baumstämme verlieren, noch weiter steigert. Neben dem fest installierten Gartentriklinium unter der weinberankten Pergola oder Besonderheiten wie Plinius’ Ruhezimmer, waren römische Gärten häufig mit weiteren Möbeln ausgestattet. Feste Sessel oder Hocker haben sich zwar kaum erhalten, obwohl Plinius d. J. oder Cicero sie in Briefen erwähnen. An einigen Orten fand man aber gemauerte Bänke mit und ohne Rückenlehnen. Auch fest installierte Tische sind in den Gärten der Vesuvstädte häufiger zu sehen. Vor allem Tische für das Gartentriklinium hatten in der Regel eine gemauerte Basis. Gelegentlich fehlt die Tischplatte, die dann vermutlich aus Holz bestand. Der ältere Plinius erwähnt runde Tischplatten aus dem Holz

Gärten und Götter

von Zitronenbäumen. Es gab auch fest installierte, dekorative und mit Tier- und Fabelwesen geschmückte Tische aus Marmor. Ein solcher Tisch hat sich etwa im Garten des Hauses der Dioskuren erhalten. In den meisten Gärten jedoch behalf man sich wohl mit tragbaren Möbeln, die bei schlechtem Wetter zurück ins Haus geräumt wurden. Gärten und Götter

Im Garten des Herkules stand in der Nähe des Trikliniums ein Kultschrein, in dem die Laren, die Schutzgötter der Familie und des Hauses, verehrt wurden. Solche Lararien für den privaten Gebrauch im Haus konnten ganz unterschiedlich aussehen. Manchmal genügte den Bewohnern eine bemalte Nische in der Wand. An anderen Orten, etwa im Garten des Herkules und im Säulengang des Hauses der goldenen Amoretten, waren große und aufwendig ausgestattete Schreine untergebracht, wie auch auf Alma-Tademas Bild dargestellt. Neben den Laren wurden in den Schreinen Ahnenbilder und Bildnisse anderer Götter und Heroen aufgestellt, so wie die Statuette des Herkules, die im Schrein im Garten des Herkules verehrt wurde. Ursprünglich platzierten die Römer das Lararium im Eingangsbereich des Hauses oder in der Nähe des Herdfeuers. In den Vesuvstädten fand es jedoch nicht selten einen Platz im Garten. Dieser Umstand lässt vermuten, dass der Hausherr und die übrigen Mitglieder des Haushalts sich in manchen Gärten regelmäßig vor dem Schrein versammelten, um in kleineren, privaten religiösen Zeremonien und Kulthandlungen Götter und Ahnen zu verehren. Zunächst ist es nicht weiter erstaunlich, dass auch Schreine für die Götter, Helden und Ahnen, die über den Haushalt wachten, im Garten untergebracht waren, waren doch gleich mehrere verschiedene Götter für den Garten zuständig. Diana war als Göttin des Hains in den Bäumen anwesend, Venus wachte über den Garten, Mars war der Gott aller wachsenden Dinge, Priapus der Gott der Fruchtbarkeit – und auch Bacchus als Gott des Weines war mit dem Garten verbunden. Ebenfalls waren viele der von den Römern gepflegten Gartenpflanzen eng mit der römischen Götterwelt verknüpft, etwa Wein, Myrte, Efeu oder Lorbeer.

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Nicht alle Götterbilder aber verweisen auf die Verehrung der Gottheiten im jeweiligen Haushalt, denn zuweilen wurden sie aus ganz praktischen Gründen genutzt: Besitzer von Nutzgärten stellten zum Beispiel Bilder des Fruchtbarkeitgottes Priapus als Vogelscheuche auf. Und Columella notierte: „Verehre vielmehr einfach den roh behauenen Stamm eines alten Baumes als die Gottheit Priapus mit dem schreckenerregenden Glied, der stets inmitten eines Gartens den Knaben mit seinem Geschlecht, den Dieb mit seiner Sichel bedroht.“ Andere Gartenbesitzer wiederum inszenierten im Garten einen heiligen Hain nach Art der ländlichen Heiligtümer, so etwa Horaz. Cicero widmete einen Teil seiner Gartenanlagen der Göttin Athena, deren Standbild er aus Griechenland bezogen hatte. Für ihn war der Garten die geeignete Kulisse für ein teures Kunstwerk. Die vielen Götterbilder im Garten der Vettier erzählen ebenfalls von der Sammelleidenschaft und dem Statusdenken ihrer Besitzer. Die Figuren ordnen den Garten aber auch, ähnlich wie bei Cicero oder Horaz, in eine große Erzählung, die Garten und Götter miteinander verbindet. Der Garten der Vettier erzählt von den Freuden des ländlichen Lebens und von den Gaben der Götter, von Wein, Liebe und Rausch. Die Kunstwerke, die in dekorativer Form auf Venus oder Bacchus Bezug nehmen, betonen die sinnlichen Aspekte der Religion, den Genuss und die Erotik. Aufgabe der Götterbilder im Garten der Vettier war es, eine heitere Stimmung und Sinnlichkeit zu verbreiten und eine freundliche, religiös gefärbte Oberfläche zu schaffen, wie sie viele Bewohner des Römischen Reichs schätzten. Im Garten der Vettier wurden Formen des Götterkults säkularisiert und auf eine allgemeine Ebene der Kommunikation und Repräsentation gehoben. Ein sakraler oder spirituell überhöhter Ort oder gar das irdische Abbild eines verklärten Jenseits, wie es der Garten in der christlichen Literatur des Mittelalters war, das alles war der römische Ziergarten, trotz der Schreine und Götterbilder, wohl nicht.

Von den Haustieren

Vo n d e n H a u s t i e r e n

Neben den Kunstwerken und vielen Pflanzen sind auf den Bildern im Haus des goldenen Armreifs (vgl. Abb. S. 100) auch Tiere abgebildet: Pirol, Steinhuhn, Purpurhuhn, Nachtigall, Krickente, Silberreiher, Eichelhäher, Haustaube, Amsel, Drossel und viele andere bekannte und weniger bekannte Arten lassen sich identifizieren. Auf der Gartenmauer des Hauses der Venus in der Muschel (vgl. Abb. S.122) sind ebenfalls Reiher und Drosseln dargestellt. Während der Reiher oder der Pirol farbenfroher Blickfang, Rarität oder Stellvertreter für den Wunsch nach Natur und Wildnis waren, wurden Tauben und Enten auf den Bauernhöfen für den Verkauf und zum Verzehr gezüchtet. Ebenso hat man verschiedene Wildvogelarten, allen voran Drosseln oder Rebhühner, zu diesem Zweck gehalten. Columella schreibt über die gewerbsmäßige Pflege und Zucht von Haushühnern, Tauben, Enten, von Drosseln und Amseln. Die entsprechenden Rezepte im Kochbuch des Apicius machen deutlich, welche Bedeutung Geflügelgerichte in der römischen Küche hatten. Darüber hinaus hielten die Römer Vögel auch als Haustiere. Der leere Vogelkäfig auf den Wandmalereien im Gartensaal der Villa der Livia verweist auf diese Praxis ebenso wie die mit einem Netz abgesicherten Nischen oder Winkel im Peristyl bei Varro. Varro beschreibt zudem eine sehr große und aufwendig gestaltete Voliere mit Teichen und Säulenaufbauten, in der Amseln und Nachtigallen gehalten wurden. Neben den vielen kleineren Haus- und Wildvögeln wurden Pfauen auf den römischen Wandmalereien besonders häufig dargestellt (vgl. Abb. S. 45). Als Ziergeflügel pflegte man sie sogar in den städtischen Gärten: Columella unterstreicht, dass Pflege und Zucht der schönen Tiere für Stadtbewohner besonders interessant sein dürfte und widmet den Pfauen in seinem Buch ein eigenes Kapitel. Als Voraussetzungen für die erfolgreiche Haltung von fünf Hennen und einem Hahn nennt er ein mit Bäumen und Sträuchern bewachsenes ebenes Grundstück mit einer hohen Mauer, einen Auslauf, Ställe für die Tiere, eine Unterkunft für den Pfleger und Gerste als Futter.

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Bienenzucht

Auch die Bienen betrachten die römischen Autoren in ihren Büchern besonders genau. Die Imkerei war aber ebenso wie die Haltung größerer Tiere den ländlichen Regionen vorbehalten, für die römischen Städte ist die Bienenzucht nicht nachgewiesen. Varro, Plinius und Columella geben Anweisungen zur Pflege der Insekten und der Herstellung des wertvollen Honigs und Wachses. Sie beschreiben das Einfangen wilder Bienenschwärme, die Auswahl geeigneter Arten, ihre Pflege, außerdem Zucht, Krankheitsbekämpfung, Verhalten, die Konstruktion der Bienenstöcke und vieles mehr. Columella nennt Pflanzen, die Bienen anziehen, sie versorgen und den Geschmack des Honigs verbessern. Zitronenmelisse und Thymian waren bereits damals als Bienenweide bekannt, ebenso die Blüten der Obstbäume, die Blumenbeete in den Nutzgärten und Rosen, Veilchen und Akanthus. Honig aus Thymian, Majoran oder Rosmarin galt als besonders wohlschmeckend. Honig von Efeu, von gedüngten Pflanzen und von Kohlblüten hingegen bezeichnet der Autor als minderwertig, Eibenhonig galt sogar als schädlich. Te i c h e f ü r F i s c h e u n d E n t e n

Waren Bienen im Römischen Reich vor allem auf den Bauernhöfen zu finden, pflegten die Römer Fische auch auf den Grundstücken der villae suburbanae. Zu fast allen Villen am Meer gehörten während der Kaiserzeit Fischteiche. Die Becken waren vor dem Haus untergebracht. Um den Wasserwechsel zu erleichtern, richtete man sie meist in Strandnähe ein. Columella rät, die Becken so anzulegen, dass frisches Wasser in die Becken hinein und verbrauchtes Wasser abfließen kann. Der Beckengrund sollte mit Sand und Verstecken für die Fische ausgestattet sein. Ob in den Teichen eher Muscheln und andere Schalentiere, Plattfische oder Hochseefische gehalten wurden, hing von der Beschaffenheit des Ufers und der Lage der Becken ab. In der Regel wurden die Fische im Meer eingefangen, in den Teichen bis zum Verkauf oder Verzehr gemästet und wenn möglich auch nachgezüchtet. In den kaiserlichen Palästen sollen die besonders begehrten Meerbarben und Muränen auch als Haustiere gehalten worden sein – wie

Lotosblumen

die Versorgung der Becken mit frischem Wasser im vom Meer weit entfernten Rom jedoch vonstattenging, ist nicht bekannt. Das Impluvium im Atrium der römischen Häuser oder die Wasserbecken im Garten waren hingegen für die Haltung von Meeresfischen nicht geeignet. Und Süßwasserfische, die für die Pflege infrage kamen, waren in Rom nicht sehr beliebt. Ob sie vielleicht zum Verzehr im großen Wasserbecken in Borg gehalten wurden, ist nicht überliefert. Goldfische jedenfalls, die dort heute leben, kannten die Römer noch nicht. Ohnehin ist ungewiss, ob überhaupt Fische in den Gartenbecken gepflegt wurden. Die Wasserbecken kamen ja, wie wir gesehen haben, zumeist ohne Bepflanzung aus, und die Besitzer erfreuten sich wohl vor allem am klaren Wasser und am farbigen Putz. Stattdessen brachte man Bilder von Meereslebewesen in Form von Mosaiken und Malereien in der Nähe der Wasserbecken unter oder schmückte das Becken selbst damit. So etwa ist das Wasserbecken im Garten des Hauses des Meleager mit Darstellungen von Wasserlebewesen verziert, ohne dass sich vermuten ließe, man habe in diesem Becken echte Pflanzen oder Fische gepflegt. Dennoch gab es bepflanzte Teiche, auch wenn sie wohl kein Bestandteil der Ziergärten waren. Columella erwähnt in dem Kapitel über die Geflügelhaltung spezielle Teiche für die Pflege von Wassergeflügel, in denen vielleicht auch das prächtige Purpurhuhn aus dem Gartenbild im Haus des goldenen Armreifs gehalten wurde. Columella beschreibt den Teich mit Zu- und Ablauf für das Wasser, einer flachen Böschung, geformt aus Scherbenzementpflaster, und einem Grund aus eingestampften Steinen und Putzmörtel. Die Wasserpflanzen sollten in der Mitte des Teichs Platz finden, zu diesem Zweck sollte der Boden an dieser Stelle mit Erde bedeckt werden. Am Ufer geben Gras, Myrten und Buchsbaumbüsche den Tieren Deckung. Binsen, Tamarisken und Lotos nennt er als geeignete Wasserpflanzen. Lotosblumen

Wollten sie Lotos anpflanzen, hatten die römischen Teichbesitzer gleich mehrere Arten zur Auswahl. Die indische Lotosblume Nelumbo nucifera mit ihren großen wohlriechenden rosafarbenen oder weißen

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Leben mit dem römischen Garten

Blüten bezeichnet Plinius d. Ä. in seiner „Naturalis historia“ wegen der Samenform als ägyptische Bohne. Frisch oder getrocknet wurden ihre Samen damals gerne gegessen. Apicius erwähnt in seinem Kochbuch auch Rezepte für die Wurzeln der Nelumbo nucifera, die als colocasia bezeichnet wurden. Dioskurides empfiehlt die Pflanze gegen Magenprobleme und Ohrenleiden. Der indische Lotos kam mit den Eroberungszügen Alexanders nach Ägypten, ist dort heute aber ausgestorben. Die in Ägypten heimischen Nymphea lotus und Nymphea coeruela, die weiße und blaue ägyptische Lotosblume, wachsen hingegen noch heute auf dem Nil. Ihre Blüten wurden ebenso wie der indische Lotos als Kranzblumen verwendet. Im Frankfurter Senckenbergmuseum und im Botanischen Museum in Berlin Dahlem werden Kränze und Girlanden mit getrockneten Lotosblüten aufbewahrt. Auf den römischen Wandmalereien und auf Mosaiken werden Lotosblumen und Enten gemeinsam dargestellt, was darauf schließen lässt, dass diese Pflanzen in den Ententeichen des Römischen Reichs verbreitet waren. Wie so viele von den Römern geschätzte Gewächse, sind aber auch die Lotosblumen nicht winterhart. In den botanischen Gärten verbringen sie deshalb die kalte Jahreszeit in beheizten Becken. Einen Winter in Borg würden sie ohne Winterschutz nicht überstehen. Dort wachsen ebenso wie in den Teichen der Getty-Villa robustere europäische und nordamerikanische Nymphaea-Hybriden. Dennoch bereichern erstaunlich viele Pflanzen, die bereits in den Gärten der Römer wuchsen, auch unsere heutigen Gärten. Mit einfachen Mitteln können wir ein Stück römische Gartenkultur in unsere Gärten oder auf den Balkon holen – davon handelt das letzte Kapitel.

„Was Du sorgfältiger anpflanzen willst, muss in Töpfen gezogen werden.“ (Cato, De agri cultura CXLLII)

9. Ideen aus dem römischen Garten Einen Garten ganz nach den Vorbildern der römischen Kaiserzeit anzulegen, ist eine reizvolle Idee, doch nur wenige Gartenenthusiasten werden wohl eine echte Kopie eines römischen Gartens anstreben. Auch wenn gerade die Hofgärten in Pompeji als Inspiration für die kleinen Gartengrundstücke in unseren Städten durchaus bedenkenswert erscheinen, werden solche Projekte wohl eher von Museen oder archäologischen Parks angestrebt. Ganz abgesehen davon, dass es gar nicht so einfach ist, einen römischen Garten detailgetreu nachzubilden. Gärten in Rom und Pompeji, in Conimbriga, Borg oder Fishbourne dürften bereits im Altertum aus klimatischen und geographischen Gründen ganz unterschiedlich ausgesehen haben. Und auch große Anlagen wie die heutigen Gärten der Getty-Villa, der Villa Borg und Fishbourne oder die Rekonstruktionen in Pompeji und Herculaneum sind lediglich Interpretationen. Sie veranschaulichen das Aussehen der römischen Gärten, folgen ihnen aber nicht bis in alle Details. Düngung, Pflege im Verlauf der Jahreszeiten oder die Pflanzen selbst

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Ideen aus dem römischen Garten

sind den heutigen Bedingungen angepasst und bilden nur einen Ausschnitt aus der ungeheuren Vielfalt der römischen Gartenwelt ab. Davon einmal abgesehen bedeutet die Anlage eines vermeintlich echten römischen Gartens zuallererst Verzicht. Verzichten müsste man auf viele beliebte und bewährte Pflanzen, die erst in späteren Jahrhunderten den Weg in unsere Gärten gefunden haben. Und wer möchte schon einen Garten ohne Tulpen, Tomaten, Kapuzinerkresse, Sonnenblumen, Geranien, Flieder oder Forsythien – Pflanzen, die ebenfalls seit langer Zeit unsere Gärten bereichern? Außerdem sind ja die allermeisten römischen Gartenpflanzen nicht winterhart. Die Sorge und Schwierigkeiten, die eine Überwinterung in unserem Klima mit sich bringt, erschwert den Umgang mit den Gewächsen der Römerzeit zusätzlich. Viel interessanter ist es daher, die Vorbilder aus der Römerzeit als kreative Anregung für die eigene gärtnerische Tätigkeit zu verstehen, so wie auch die Gärtner im Römischen Reich ihre Gärten immer wieder den eigenen Bedürfnissen anpassten und selbstverständlich neue Sorten und Arten in ihre Gärten aufnahmen, wie etwa Quitten, Platanen oder Zitronen. Gärten sind nun einmal unbeständig: Manches kommt von ganz allein hinzu, anderes will überhaupt nicht gedeihen. Neue Pflanzen verdrängen die alten. Altes wird wiederentdeckt und in neue Zusammenhänge eingebunden. Wie lässt sich nun der eigene Garten nach römischen Vorbildern gestalten? Die Gartenbilder der römischen Antike und die rekonstruierten Gärten der Ausgrabungsstätten und Museen bieten reichlich Inspiration. Man kann in Geschichts- und Kunstbüchern blättern, die Gärten in den archäologischen Parks erforschen, durch Museen und Ausgrabungsstätten streifen und sich anregen lassen. Auf den Wandmalereien im Haus der Livia, im Haus des goldenen Armreifs und anderen Meisterwerken der antiken Malerei sind noch viele Pflanzen zu identifizieren, Farb- und Pflanzkombinationen zu entdecken. Zäune, Töpfe, Skulpturen, in Form geschnittene Hecken, Wasserbecken … längst noch nicht alles ist erforscht oder auch nur beschrieben. Mit wenig Aufwand kann man auf diese Weise ein eigenes kleines Forschungsprojekt starten. In kaum einem anderen Bereich lässt sich die römische Kultur und Lebensart so leicht nachvollziehen wie in der

Die Frage der Überwinterung

Gärtnerei. Mit Pflanzen aus dem Baumarkt oder dem Supermarkt kann man dann jederzeit beginnen. Später kommen vielleicht seltenere Arten, selbst gezogene Pflänzchen oder Exemplare aus Spezialgärtnereien dazu. Gärten auf kleinem Raum

Wer das Glück hat, einen eigenen Garten zu besitzen, kann ein wenig Platz für eine ‚römische Ecke‘ einplanen. Es gibt zahllose Anleitungen für die Gartenkultur und Pflege; die Literaturliste am Ende des Buchs nennt einige empfehlenswerte Bücher. An ein römisches Gemüsebeet oder Wasserspiele im römischen Stil werden sich wohl nur wenige herantrauen. Auch die von den Römern so geschätzten Platanen dürften für die meist kleinen Gartengrundstücke rasch zu groß werden. Aber was spricht gegen eine Hecke aus Rosmarin, ein paar Töpfe mit in Form geschnittenem Buchs und Efeu, ein Akanthusbeet, wie Plinius es in seinem Garten hatte, oder eine kleine Kollektion von Myrte, Zitronenund Granatapfelbäumchen? Auch mediterrane Kräuter wie Thymian, Majoran oder Lavendel bereichern im Kübel jede Terrasse oder Dachterrasse. Die Frage der Überwinterung

In unseren Breiten ist der römische Garten in den meisten Fällen ein Topfgarten, da viele Pflanzen als Bewohner der mediterranen Welt nicht zuverlässig winterhart sind. Dennoch lassen sich einige Arten zumindest in den milderen Zonen Deutschlands auch im Garten überwintern. Feigen etwa überstehen unsere Winter meistens ganz gut. Sollte es trotzdem einmal zu kalt werden und der Baum erfrieren, so treibt er nach meinen Erfahrungen im Frühjahr meist wieder aus. Oliven, die Plinius zu seinem Leidwesen auf seinem Landgut in Tusculum nicht anbauen konnte, ertragen ebenfalls den Winter an geschützter Stelle, vielleicht mit Folie und Laub zusätzlich abgedeckt. Meine Nachbarin zumindest hat ihrem Bäumchen bereits vor mehreren Jahren einen Platz in der Nähe der Hauswand überlassen, wo er gut gedeiht. Auch Rosmarin und Thymian kann man durchaus im Garten auspflanzen: Ob sie dem Winter draußen in jedem Fall gewachsen

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Ideen aus dem römischen Garten

sind, ist jedoch Glückssache. Im Topf im Haus untergebracht, wird es ihnen andererseits schnell zu warm. Einfacher sind Granatapfelbäumchen im Topf zu betreuen, die ihr Laub im Herbst meist abwerfen. Wenn es zu kalt werden sollte – leichten Frost vertragen sie durchaus –, kann man sie in den Keller stellen. Ohne ihre Blätter sind sie nicht auf viel Tageslicht angewiesen. Oleander, Myrten und Zitronen sind immergrün, müssen aber im Winter frostfrei und dazu kalt und hell untergebracht werden. In unseren modernen, gut gedämmten und meist kleinen Wohnungen sind solche Plätze rar. Glücklich ist, wer ein helles Treppenhaus ohne Zugluft hat oder vielleicht sogar einen Wintergarten sein Eigen nennt. Eine gute Alternative ist die Überwinterung in einer kommerziellen Gärtnerei. Im Herbst werden die Pflanzen dort in Obhut genommen und im Frühjahr wieder abgeholt. Nach meiner Erfahrung bekommt besonders den heiklen Zitronenbäumchen der Aufenthalt in der Gärtnerei unter professioneller Aufsicht sehr gut. Blumentöpfe aus dem alten Rom

Doch auch, wer sich die Mühe mit den heikleren Arten gar nicht machen möchte, kann sich mit ein paar Töpfen auf der Fensterbank, auf dem Balkon oder im Garten ein wenig von der Schönheit und dem Reichtum römischer Gärten in das eigene Heim holen. Tatsächlich pflegten ja bereits die Römer Pflanzen im Topf, auch wenn es sich in vielen Fällen um Töpfe für die Anzucht und den Transport gehandelt hat, wie sie im Garten des Herkules gefunden wurden. Cato vermerkt, dass Feigen, Oliven, Myrten, Granatapfel, Quitte und andere Obstbäume in Töpfen herangezogen und bewurzelt wurden. Wenn man sie später in den Garten pflanzte, zerbrach man die Töpfe und grub die Scherben mit ein. Fast alle diese Töpfe hatten ein Loch im Boden und drei Löcher an den Seiten. Solche Töpfe wurden überall im Römischen Reich gefunden: im Garten der Villa der Livia in Rom ebenso wie in Griechenland, in Israel oder im englischen Fishbourne. Auch in den als Ziergärten hergerichteten Peristylen der Villa der Poppaea fand man Topfscherben und Wurzelspuren. Vielleicht hatte man dort junge Obstbäume ausgepflanzt, vergleichbar den Feigen und

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Römische Blumentöpfe

Maulbeeren in Plinius’ Garten. Immergrüne Gewächse, Lorbeer oder Zitronen mögen ebenfalls in den Töpfen gewachsen sein, oder sogar exotische oder schwierig zu pflegende Pflanzen. In Töpfen, die man vor den Säulen gefunden hatte, befanden sich vermutlich rankende Gewächse, Weinreben oder Efeu, so wie es Cicero in seinen Briefen beschrieben hat. Bei all den ausgegrabenen Topfscherben handelt es sich um relativ grob gearbeitete, unverzierte Gebrauchskeramik. Als Schaustücke für den Garten waren sie ebenso wenig gedacht wie die Kunststofftöpfchen, in denen wir heute unsere Pflanzen kaufen. Wollte man damals Pflanzen im Topf oder Kübel präsentieren, verwendete man optisch ansprechendere Gefäße. Wandmalereien etwa in der Villa der Poppaea, im Haus der Venus in der Muschel (vgl. Abb. S. 122) oder in der Villa des Fannius Synistor (vgl. Abb. S. 70) bilden Bäumchen in großen Kübeln oder Ziervasen ab. Die dargestellten Gefäße ähneln den Marmorkrateren, die wir bereits als Brunnenbecken kennengelernt haben. Derartige Gefäße wurden in vielen römischen Häusern gefunden. Nicht immer ist ihre Funktion gesichert. Doch offenbar wurden gar nicht so selten auch Pflanzen darin gepflegt. Die Römer hielten Topfpflanzen überall dort, wo der Platz im Garten knapp war, wo der Boden sich für die Gewächse nicht eignete oder wo das Bedürfnis bestand, mit einer Kübelpflanze eine besondere Stelle im Garten hervorzuheben. Die Wandmalereien im Haus des

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Ideen aus dem römischen Garten

Fannius Synistor und auf der Gartenmauer im Haus der Venus in der Muschel zeigen, wo überall man sich Blumenkübel in einem römischen Garten vorstellen darf: neben dem Hauseingang, entlang der Mauern, in der Nähe von Statuen, an den Brunnen und nicht zuletzt auch auf den Dächern. Pflanzen im Haus

Ob bepflanzte Töpfe auch im Haus aufgestellt wurden, ist hingegen nicht gesichert. Das Wandbild aus dem Haus des Fannus Synistor (vgl. Abb. S. 70) zeigt jedenfalls keine Pflanzen an den Fenstern. Tatsächlich war der Platz am Fenster, der uns heute so selbstverständlich als Aufstellungsort für Pflanzen erscheint, damals noch unbekannt, was vermutlich daran liegt, dass die Fenster der allermeisten römischen Häuser nicht besonders groß waren und die Häuser weniger durch die Fenster beleuchtet wurden, als über den Innenhof und das Atrium. Wenn also Topfpflanzen im römischen Haus wuchsen, dann vermutlich im Atrium. Tatsächlich wurde das Impluvium, als es als Wasserspeicher ausgedient hatte, in einigen Fällen in einen dekorativen Garten umgewandelt. In der Villa der Poppaea baute man es etwa in einen Springbrunnen mit zwei konzentrischen Rundbassins um, der außen von Blumentöpfen gerahmt wurde. Im Atrium der Getty-Villa wurde das Wasserbecken zumindest eine Zeit lang ebenfalls von Topfpflanzen gerahmt. Welche Pflanzen die Innenräume der römischen Häuser möglicherweise verschönerten, wissen wir nicht. Geeignet gewesen wären Pflanzen, die mit dem dämmrigen Licht im Atrium zurechtkamen: Farne, die auf den Wandmalereien immer wieder dargestellt wurden, vielleicht oder der anspruchslose Efeu. Vielleicht hat man auch nur für die Zeit der Blüte Blumen oder Sträucher ins Haus geholt. In diesem Punkt steht die Forschung noch ganz am Anfang. Die tropischen Zimmerpflanzen allerdings, die in der Getty-Villa zeitweilig das Impluvium schmückten, waren in römischer Zeit mit Sicherheit noch unbekannt.

Welche Töpfe?

W i e g e h t m a n m i t To p f p f l a n z e n r i c h t i g u m ?

Für die Pflege von Topfpflanzen gibt es unzählige hervorragende Bücher, Gebrauchsanweisungen oder Blogs im Internet, weshalb an dieser Stelle nur ein paar persönliche Ratschläge genannt seien: Am einfachsten ist es, sich junge Pflanzen aus der Gärtnerei oder dem Gartenmarkt zu besorgen. Für den Anfang reichen vielleicht sogar ein paar Töpfe aus dem Supermarkt. Wer die Pflanzen stattdessen selbst aus Samen ziehen möchte, sollte dies im Frühjahr tun. Dafür ist die Fensterbank bestens geeignet, wenn man die Saat mit Folie oder Glas vor Austrocknung schützt. Spezielle Saaterde bietet den kleinen Pflänzchen einen guten Start. Sind sie etwas größer geworden, kann man sie in normale Blumenerde umpflanzen. Pflanzen reagieren sehr individuell auf die Pflegebedingungen. Deshalb ist es wichtig, die Pflanzen gut zu beobachten und zu schauen, wie sie auf Veränderungen in ihrer Umgebung reagieren. Es ist ratsam, die Töpfe nicht in Übertöpfe zu setzen, sondern in ausreichend große Untersetzer. Auf diese Weise lässt sich am besten erkennen, wann nachgegossen werden muss. Gegossen wird immer dann, wenn sich kein Wasser mehr im Untersetzer befindet und die Erde leicht angetrocknet ist. Sind die Pflanzen gut gewachsen, kann man sie in frische Erde umtopfen. Achten Sie darauf, die Erde nicht bis an den oberen Topfrand zu füllen, sondern lassen Sie etwas Platz nach oben; das erleichtert das Gießen. Und aufgepasst: Nicht jede Blumenerde ist gleich gut geeignet. Manchmal lohnt es sich, etwas mehr Geld auszugeben, denn an der Erde liegt es meist, wenn die Pflanzen nicht recht wachsen. Auch scheinbar genügsame Pflanzen wie Kräuter wollen gedüngt werden. Bewährt haben sich für Topfpflanzen Flüssigdünger, die mit dem Gießwasser in regelmäßigen Abständen hinzugefügt werden. Welche Töpfe?

Welche Töpfe Sie bevorzugen, ist eine reine Geschmacksfrage. In den römischen Gärten hat man geflochtene Körbe oder grobe Tontöpfe für die Anzucht verwendet. Es gab auch fest installierte Pflanzcontainer, etwa in der Nähe der Wasserbecken. Für die Adonisfeiern säte man einjährige Arten in halbe Amphoren oder große Keramikscherben. Für

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Ideen aus dem römischen Garten

besonders schöne und seltene Gewächse oder um den Garten zusätzlich zu schmücken, wählten wohlhabende Gartenbesitzer prächtige Marmorkratere nach griechischem Vorbild. Welche Töpfe auch verwendet werden: Sie sollten ausreichend groß sein und das Wasser muss abfließen können. Sollen die Töpfe für den Winter umgesetzt werden, empfiehlt sich Kunststoff. Verkauft werden Pflanzen meist in sehr kleinen Behältern. Man sollte sie möglichst rasch in ein größeres Gefäß umsetzen. Balkonkästen sind ebenfalls geeignet. Jedoch sollte man stets nur eine Art einsetzen oder zumindest solche mit ähnlichen Ansprüchen. Denn auch wenn Abbildungen von üppig wuchernden, dicht gedrängten Pflanzen in Zeitschriften und Büchern sehr dekorativ wirken: Solche Gemeinschaften funktionieren in der Regel nur für kurze Zeit. Größer werdende oder schneller wachsende Arten rauben den kleineren Nachbarn über kurz oder lang den Platz und das Licht. Einzeltöpfe sind daher auf jeden Fall zu empfehlen. Sie lassen sich immer wieder neu gruppieren. Bei Bedarf sind kränkelnde Pflanzen leichter zu versorgen und unansehnliche Exemplare lassen sich leichter entfernen. Einige empfehlenswerte Pflanzen für den römischen Garten

Plinius’ Villenbriefe, Columellas Gartenbuch und die römischen Wandmalereien beschreiben die ganze Vielfalt der Gewächse in römischen Gärten: Mächtige Platanen und Zypressen, Obstbäume, Kohl, Efeu, Wein, Rosen oder Akanthus gehörten mit Sicherheit zu den beliebtesten römischen Gartenpflanzen. Für den heutigen Gebrauch im Topf auf der Terrasse oder für den kleinen Garten sind wohl Einjährige oder kleinere Sträucher am besten geeignet, die die ganze Saison hindurch mit hübschen oder aromatisch duftenden Blättern punkten oder auch in der Küche verwendet werden können. Gewächse, die vor allem über die Blüte bezaubern, können ja nur wenige Tage ihre ganze Schönheit zeigen. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, eigene Erfahrungen zu machen und selbst auf die Suche nach speziellen Sorten zu gehen. Viele der römischen Gartenpflanzen von der Rose über Iris und Lavendel bis zu den Gewürzkräutern sind heute noch immer selbstverständlicher Bestandteil unserer Gärten. Andere Arten wie Currykraut oder

Einige empfehlenswerte Pflanzen

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Pferdeeppich wurden in den letzten Jahren neu entdeckt oder warten noch darauf, so der Akanthus, der ein verborgenes Leben in botanischen Gärten und einigen Bauerngärten führt. Als uralte Kulturpflanzen sind die Gewächse der römischen Gärten zumeist pflegeleicht und verhältnismäßig einfach zu kultivieren. Verhältnismäßig einfach, denn nicht alles gedeiht überall gleich gut – das weiß jeder, der schon einmal versucht hat, Pflanzen im Topf oder im Garten zu pflegen. Manchmal liegt es am Standort, mal an der Erde, an den Begleitern, an den Pflegemaßnahmen oder gar am berühmten grünen Daumen. Es gibt so viele Faktoren, die für Gesundheit und Wachstum einer Pflanze wichtig sind. Das einzige, was bei Problemen wirklich weiterhilft ist: ausprobieren, nicht aufgeben und es immer wieder neu versuchen. Ich zum Beispiel habe Probleme, Dill und Ringelblumen überhaupt nur zum Keimen zu bringen, und behelfe mir deshalb mit vorgezogenen Pflänzchen aus der Gärtnerei. Die Beschäftigung mit den Pflanzen und mit dem Garten ist nun einmal in erster Hinsicht eine Erfahrungswissenschaft. Im Folgenden seien nun noch einige Pflanzen für Topf und Garten empfohlen, die in den vorangegangenen Kapiteln nur gestreift werden konnten und die bis heute nicht nur echten Römern viel Freude machen.

Blaue Schwertlilie (Iris germanica) Trotz ihres Namens kommt die Iris germanica in Deutschland nur verwildert vor, vermutlich haben die Römer sie aus ihrer ursprünglichen Heimat im Mittelmeerraum nach Mitteleuropa gebracht. Farben und Formen der Blüten können stark variieren. Aus diesem Grund benannten die antiken Autoren sie nach der Göttin des Regenbogens. Ihrer schönen Farbe und dem Duft der Blüten und Wurzeln wegen wurde die blaue Schwertlilie bereits in der Antike als Zier-, Arznei- und Duftpflanze kultiviert. Sie ist auf minoischen Wandmalereien ebenso zu finden wie auf römischen Fresken. Vielleicht kannte man damals auch bereits die weiß

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Ideen aus dem römischen Garten

blühende Iris germanica florentina. Beide Sorten duften intensiv, ihre Wurzeln werden als ‚Veilchenwurz‘ bis heute für die Parfümherstellung verwendet. Heute kennen wir unzählige Sorten, die zuverlässig winterhart sind, aber nicht in jedem Fall duften. Im Garten ist die Iris einfach zu kultivieren und breitet sich über ihre dicht an der Erdoberfläche liegenden Rhizome leicht aus. Viel Sonne, ein trockener Standort und Kompostgaben im Frühjahr verhelfen der Art im Garten oder in ausreichend großen Töpfen zu wunderschönen Blüten, die den Garten jedoch nur für wenige Tage schmücken. Um die Blühfreudigkeit zu erhöhen, sollten die Horste nach einigen Jahren ausgelichtet werden.

Granatapfel (Punica granatum) Der sommergrüne Strauch stammt ursprünglich aus Persien, wurde aber bereits im Altertum im gesamten Mittelmeergebiet heimisch. Obwohl er nicht winterhart ist, gedeiht er auch im gemäßigten Klima in tiefen, durchlässigen Böden in geschützten Lagen. Es heißt, er könne überall da angepflanzt werden, wo auch Feigen wachsen. Seine Früchte reifen bei uns nur in Gegenden mit heißen und langen Sommern. Der Granatapfelbaum wird in vielen verschiedenen Sorten angeboten und erreicht eine Höhe von bis zu 4,50 m. Besser geeignet für die Kultur in kleinen Gärten und Kübeln sind kleinwüchsigere Varianten, die unter dem Namenszusatz nana angeboten werden. Ausreichend Sonne, genügend Wasser, regelmäßige Düngergaben verhelfen dem Zwerggranatapfelbaum zu gutem Wachstum, schönen orangefarbenen Blüten und mit ein wenig Glück zu knapp Tischtennisballgroßen Minigranatäpfeln. Im Herbst verliert der Strauch meist seine Blätter. Auch wenn er den Frost zu Winterbeginn noch verträgt, sollte er bald ins Winterquartier gebracht werden. Der robuste und wunderschöne Granatapfel ist für die Kultur im Topf auf der Terrasse unbedingt zu empfehlen.

Einige empfehlenswerte Pflanzen

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Lorbeer (Laurus nobilis) Der Lorbeer ist wohl die Pflanze, die als erstes genannt wird, wenn es um Gewächse des Altertums geht. Lorbeer ist bis heute in Italien allgegenwärtig und war einst verschiedenen Göttern geweiht, allen voran dem Apollon. Blätter und Früchte des immergrünen Strauchs verströmen einen angenehm würzigen Geruch, und auch die kleinen gelblichen Blüten duften. Lorbeer war im Römischen Reich ein wichtiges Arzneimittel und wurde auch damals schon in der Küche verwendet. Apicius vermerkt Früchte, Blätter, Blüten und sogar Sprossen für verschiedene Rezepte. Doch wird es dem Lorbeer als echtem Mittelmeergewächs auch schnell zu kalt, sodass man ihn entweder im Garten an einem geschützten Ort pflanzt oder auf die Topfkultur ausweicht. Durchlässige Erde und ein Platz in der Sonne verhelfen ihm zu gutem Wachstum. Er verträgt Frost bis 10 Grad unter null und neigt wie alle immergrünen Gewächse dazu, im Winter viel Feuchtigkeit zu verlieren. Abgesehen davon ist Lorbeer ein bemerkenswert unkompliziertes Gewächs.

Majoran (Origanum majorana) Majoran war im Altertum ein sehr geschätztes Würzund Duftkraut, das Dioskurides in seiner „De materia medica“ erwähnt. Er ist nah verwandt mit dem einheimischen Dost oder Oregano (Origanum vulgare). Über die genauen Bezeichnungen von Majoran und Oregano herrscht einige Verwirrung. Beide Arten gehören der selben Gattung Origanum an. Origanum vulgare ist jedoch zum Würzen nicht so gut geeignet und duftet auch nicht so intensiv. Im Gegensatz zum rosa blühenden, großblättrigen Oregano hat Majoran ein sehr kräftiges Aroma und winzig kleine weiße Blüten. Das Kraut stammt aus dem Mittelmeerraum und

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Ideen aus dem römischen Garten

verträgt nur wenig Frost. Wird er zu feucht gehalten, ist er anfällig für Bodenpilze. Er benötigt nährstoffhaltigen, durchlässigen, kalkigen und trockenen Boden. Als Topfpflanze ist er gut geeignet, zumal er kaum höher als 20 cm wird. Im Fachhandel werden unendlich viele Origanumsorten und -arten angeboten, die sich in Geschmack, Duft, Blüten und Laubfarbe voneinander unterscheiden und zumindest zum Teil den deutschen Winter besser überstehen als der von Dioskurides und Theophrastos beschriebene Majoran.

Myrte (Myrtus communis) Mit den aromatisch duftenden Blüten und Zweigen der im Mittelmeergebiet wachsenden Myrte schmückten sich bereits die ägyptischen Frauen der Pharaonenzeit. Die Griechen verwendeten die Sträucher oder kleinen Bäume in ihren Ritualen und verewigten sie in Malerei und Dichtung. Als heilige Pflanze war sie der Aphrodite geweiht. Myrtenkränze wurden bei Hochzeiten getragen. Römische Feldherren durften myrtenbekränzt vor dem Senat erscheinen. Und aus der Pflanze wurde ein begehrtes Duftöl hergestellt. Apicius verwendet die Beeren als Gewürz, etwa für Geflügel- und Wildgerichte und für gegrilltes Fleisch. Außerdem kennt er ein Rezept für Myrtenwein. Ob die Römer die Pflanze mit über die Alpen genommen haben, bleibt jedoch ungewiss. Botaniker teilen Myrten in verschiedene Varietäten ein, die sich in der Form und Größe der Blätter unterscheiden. Alle sind dichte, immergrüne Sträucher mit kleinen dunkelgrünen Blättern, weißen, sternförmigen Blüten, die im Frühjahr erscheinen und aus denen schwarze Beeren entstehen. Die Myrte mag feuchten, durchlässigen Boden und Sonne oder leichten Schatten. Sie lässt sich in Form schneiden und ist als Topfpflanze hervorragend geeignet. In kalten Wintern sollte sie ins Haus geholt werden.

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Zitrone (Citrus) Zu den Pflanzen, die die römischen Gärten zierten, gehörte auch die Zitrone. Wenngleich die kleinen Bäumchen nicht gerade pflegeleicht sind, sind die schönen sattgrünen aromatischen Blätter, die intensiv duftenden weißen Blüten und die essbaren Früchte einen Pflegeversuch auf jeden Fall wert. Während Sorten von Citrus limon regelmäßig im Handel angeboten werden, findet man alte Kultursorten wie die Zitronatzitrone nur in Spezialgärtnereien. Unabhängig davon, welche Sorte man pflegen möchte: Alle Zitrusgewächse benötigen einen ausreichend großen Topf und durchlässige Erde. Das Gießwasser muss gut abfließen können, am besten verzichtet man auf einen Untersatz. Gegossen werden sollte mit Regenwasser, weil die Pflanzen den Dünger über hartes, kalkhaltiges Leitungswasser nicht so gut aufnehmen können. Doch Achtung: Zu nasse Erde vertragen die Pflanzen nicht, sie lässt die Wurzeln faulen. Viel Sonne, ausreichend Wasser und regelmäßige Düngergaben versprechen hingegen üppiges Laub, Blüten und Früchte, die möglichst lange am Baum bleiben sollten. Auch wenn manche Sorten leichten Frost überstehen, sollten sie besser rechtzeitig in ein kühles und helles Winterquartier umziehen.

„Doch beim Herkules, wie wohlfeil sind die Gartengewächse, wie sehr eignen sie sich zum Genuss und zur Sättigung!“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

Schluss: Die Welt der römischen Gärten Mit der Zitrone schließen wir unsere kleine Betrachtung der römischen Gärten ab, auch wenn es noch viele Gewächse gäbe, über die zu schreiben sich lohnt und die nur darauf warten, von neugierigen Gärtnern wiederentdeckt zu werden. Das Ziel dieses Buchs ist es, einen Blick auf die Gärten der Römerzeit zu werfen und dazu anzuregen, sich näher mit den Gärten, Gewächsen und den Menschen, die sie pflegten, zu beschäftigen. Doch gibt die Vergangenheit ihre Geheimnisse niemals vollständig preis, und so hat auch dieses Buch längst nicht alle Geschichten erzählt, sondern hat aus dem gewaltigen Schatz der Geschichten aus der Welt der Römer eine eigene kleine Gartengeschichte gemacht. Wenn es aber dazu beitragen kann, altvertraute Pflanzen einmal aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten, und Sie vielleicht sogar dazu zu inspirieren, selbst in die antike Gartenwelt und ihre Geschichten einzutauchen, dann hat dieses Büchlein seinen Zweck erfüllt.

Literatur

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Anhang

Bibliographie

Quellen Apicius Marcus Gavius Apicius, Das römische Kochbuch. Aus dem Lateinischen übersetzt und kommentiert von Robert Maier, Stuttgart 2016 Dioskurides Julius Berendes, Des Pedanios Dioskurides aus Anazarbos Arzneimittellehre in fünf Büchern, Stuttgart 1902 Cato Marcus Porcius Cato, Vom Landbau. Fragmente. Alle erhaltenen Schriften. Lateinisch-deutsch, herausgegeben von Otto Schönberger, München 1980 Columella Lucius Iunius Moderatus Columella, Zwölf Bücher über die Landwirtschaft. Buch eines Unbekannten über Baumzüchtung. Lateinisch-deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Will Richter, Band 2 u. 3, München/Zürich 1982 Plinius d. Ä. C. Plinius Secundus d. Ä., Naturkunde. Lateinisch-deutsch, Buch XIV, XV, XVI: Gartenpflanzen, herausgegeben und übersetzt von Roderich König in Zusammenarbeit mit Joachim Hopp, Karl Bayer und Wolfgang Glöckner, Darmstadt 1996

Literatur

Plinius d. J. C. Plinius Caecilius Secundus, Sämtliche Briefe. Lateinisch-deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Heribert Philips und Marion Giebel, Stuttgart 1998 Theophrastos Theophrastus, Enquiry into plants and minor works on odurs and weather signs with an English translation by Sir Arthur Hort, 2 Bände, London/New York 1926 Varro Marcus Terentius Varro, Über die Landwirtschaft. Lateinisch-deutsch, herausgegeben und übersetzt von Dieter Flach, Darmstadt 2006

Literatur Andreae, Bernard, „Am Birnbaum“. Gärten und Parks im antiken Rom, Mainz 1996 Ash, Russell, Sir Lawrence Alma-Tadema, London 1995 Atallah, W., Adonis dans la Littérature et L'Art Grecs, Paris 1966 Barrow, R. J., Lawrence Alma-Tadema, London 2004 Birkenhagen, Bettina, Die römische Villa Borg. Ein Begleiter durch die Anlage, Merzig 2012 Blech, Michael, Studien zum Kranz bei den Griechen, Berlin/New York 1982 Bowe, Patrick/Dehart, Michael D., Gardens and Plants of the Getty Villa, Los Angeles 2011 Brunner, Bernd, Wie das Meer nach Hause kam. Die Erfindung des Aquariums, Berlin 2003 Carroll, Maureen, Earthly Paradises. Ancient Gardens in History and Archeology, London 2003 Carroll-Spillecke, Maureen, Kepos. Der antike griechische Garten, München 1989 Carroll-Spillecke, Maureen u.a. (Hrsg.), Der Garten von der Antike bis zum Mittelalter, Mainz 1992 Cheers, Gordon (Hrsg.), Botanica. Das ABC der Pflanzen. 10.000 Arten in Text und Bild, o. O. 2003 Ciarallo, Annamaria, Il giardino pompeiano. Le piante, l'orto, i segreti della cucina, Neapel 2002 Ciarallo, Annamaria, Pompei e le aque. Il fiume e il mare, Neapel 2006 Ciarallo, Annamaria, Flora pompeiana antica. Guida all'orto botanico, Neapel 2007

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Anhang

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Kataloge

MacDougall, Elisabeth/Jashemski, Wilhelmina (Hrsg.), Ancient Roman Gardens. Dumbarton Oaks Colloquium on the History of Landscape Architecture, Dumbarton Oaks 1981 Pavord, Anna, Wie die Pflanzen zu ihren Namen kamen. Eine Kulturgeschichte der Botanik, Berlin 2008 Phillips, Roger/Ric, Martin, The Quest for the Rose. The Most Highly Illustrated Historical Guide to Roses, London 1993 Rose, Graham/King, Peter, The Love of Roses. From Myth to Modern Culture, London 1999 Rüpke, Jörg, Die Religion der Römer, München 2001 Ryley, Claire, Roman Gardens and their Plants, Chichester o. J. Scherf, Gertrud, Zauberpflanzen und Hexenkräuter. Mythos und Magie heimischer Wild- und Kulturpflanzen, München 2002 Scherf, Gertrud, Pflanzengeheimnisse aus alter Zeit. Überliefertes Wissen aus Kloster,- Burg- und Bauerngärten, München 2004 Schweinfurth, Georg, Der Blumenschmuck ägyptischer Mumien, in: Die Gartenlaube, 38, 1884, S. 628–630 Strank, Karl Josef/Meurers-Balke, Jutta (Hrsg.), „... dass man im Garten alle Kräuter habe ...“ Obst, Gemüse und Kräuter Karls des Großen, Mainz 2008 Stützer, Herbert Alexander, Kleine Geschichte der römischen Kunst, Köln 1984 Taylor, Christopher, The Archaeology of Gardens, o. O. 1988 Walsh, John u.a., The J. Paul Getty Museum Guide to the Villa and its Garden, Malibu 1992

Kataloge Das Wrack. Der antike Schiffsfund von Mahdia, Katalog zur Ausstellung in Bonn 1994–1995, Köln 1994 Gärten der Welt. Orte der Sehnsucht und Inspiration, Katalog zur Ausstellung in Zürich 2016, Köln 2016 Il giardino. Realtà e immaginario nell'arte antica, Katalog zur Ausstellung in Sorrent 2005, Neapel 2005 In Stabiano. Exploring the ancient Seaside Villas of the Roman Elite, Katalog zur Ausstellung in Washington 2004, o. O. 2004 Pompeji. Leben und Kunst in den Vesuvstädten, Katalog zur Ausstellung in Essen 1973, Recklinghausen 1973 Pompeji – Nola – Herculaneum. Katastrophen am Vesuv, Begleitband zur Ausstellung in Halle a. d. Saale 2011, München 2011 Pompeji wiederentdeckt, Katalog zur Ausstellung in New York, Houston, Malmö, London, Amsterdam, Stuttgart und Hamburg 1990–1993, Rom 1993 The Last Days of Pompeii. Decadence, Apocalypse, Resurrection, Katalog zur Ausstellung in Malibu, Cleveland und Québec, 2012-13, Los Angeles 2012

161

Adressen Archäologiepark römische Villa Borg Im Meeswald 1 66706 Perl-Borg www.villa-borg.de Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem Freie Universität Berlin Königin-Luise-Straße 6-8 14195 Berlin www.bgbm.org The British Museum Great Russell Street London, WC1B 3DG Vereinigtes Königreich www.britishmuseum.org Conimbriga Condeixa-a-Velha 3150-220 Condeixa-a-Nova Portugal www.conimbriga.pt Fishbourne Roman Palace Roman Way Fishbourne, Chichester PO19 3QR Vereinigtes Königreich www.sussexpast.co.uk

Akanthus (Acanthus mollis)

Adressen

The Getty Villa 17985 Pacific Coast Highway Pacific Palisades, CA 90272 Vereinigte Staaten von Amerika www.getty.edu/visit/villa/ Kew Gardens Royal Botanic Gardens, Kew Richmond, Surrey, TW9 3AE Vereinigtes Königreich www.kew.org Museo Archeologico Nazionale di Napoli Piazza Museo, 19, 80135 Napoli, Italien www.museoarcheologiconapoli.it Petrie Museum of Egyptian Archeology University College London Malet Place, London WCIE 6BT Vereinigtes Königreich www.ucl.ac.uk/museums/petrie Pompejanum Pompejanumstraße 5 63739 Aschaffenburg www.schloesser.bayern.de Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberganlage 25 60325 Frankfurt am Main www.senckenberg.de Für Besuche in Pompeji, Herculaneum, Boscoreale und Oplontis: Soprintendenza Pompei www.pompeiisites.org

163

Saatgut und viele der im Text genannten Pflanzen sind zu finden bei: Rühlemanns Kräuter & Duftpflanzen Auf dem Berg 2 27367 Horstedt www.kraeuter-und-duftpflanzen.de Historische Zitrussorten und mediterrane Gewächse gibt es bei: Flora Toskana – Die Pflanzenwelt des Südens Schillerstraße 25 89278 Nersingen www.flora-toskana.de Neben den aktuellen Züchtungen gibt es auch viele alte Rosensorten bei: Rosenhof Schultheis e. K. Bad Nauheimer Str. 3-7 61231 Bad Nauheim - Steinfurth www.rosenhof-schultheis.de Wenn es etwas exklusiver sein darf: Bei Manufactum (www.manufactum.de) gibt es historische Gartenpflanzen und Saatgut, Gartenwerkzeuge und vieles mehr.

Pflanzenregister Akanthus (Acanthus mollis)

Duftveilchen (Viola odorata) 34, 102ff. Dünenrose (Rosa pimpinellifolia) 108

15ff., 27, 43, 54f., 119, 127, 140, 150f. Alant (Inula helenium) 83f. Alba-Rose (Rosa × alba) 108f. Apfel (Malus) 28f., 55, 88f., 117, 130f. Apothekerrose (Rosa gallica officinalis) 109 Aprikose (Prunus armeniaca) 129 Artischocke (Cynara scolymus) 80 Azalee (Rhododendron) 114

22, 27, 43, 54, 93, 114, 121f., 126f., 131, 134f., 137, 140, 145, 147f., 150 Eibe (Taxus) 27, 140 Erdbeerbaum (Arbutus unedo) 99 Essigrose (Rosa gallica) 107ff. Esskastanie (Castanea sativa) 117

Bärenklau siehe Akanthus

Feige (Ficus carica)

Basilikum (Ocimum basilicum) 85 Begonie (Begonia) 114 Beinwell (symphytum officinalis) 88 Binse (Juncus) 141 Birne (Pyrus communis) 88f., 119, 130 Blaue Lotosblume (Nymphaea caerulea) 142 Bohnenkraut (Satureja hortensis) 85, 87 Borretsch (Borago officinalis) 88 Brombeere (Rubus) 131 Buchsbaum (Buxus sempervirens) 25, 27, 37, 41, 43, 50, 52, 54, 75f., 112, 114, 126f., 141, 145 Buntnessel (Solenostemon) 20

Efeu (Hedera helix)

27, 29, 34, 41, 54, 59, 75, 89ff., 115, 117, 130f., 146 Feldmohn (Papaver rhoeas) 34 Fenchel (Foeniculum vulgare) 71, 87 Flaschenkürbis (Curcurbita lagenaria) 80 Frauenmantel (Alchemilla mollis) 27, 88

Gartenkresse (Nasturtium officinale)

Currykraut siehe Immortelle

80 Geranie (Pelargonium) 114, 144 Gerste (Hordeum) 71, 139 Gewöhnliche Platane (Platanus × acerifolia) 64 Goldlack (Erysimum cheiri) 103f. Granatapfel (Punica granatum) 29, 34, 90f., 93, 131, 145f. Gurke (Cucumis sativum) 80, 131

Damaszenerrose (rosa × damascena)

Himmelsröschen (Silene coeli-rosa)

108 Dattelpalme (Phoenix dactylifera) 14, 23, 28, 48, 112, 117, 127 Dill (Anethum gravolens) 85, 151 Dost siehe Majoran

40, 95 Hornmohn (Glaucium) 92 Hyazinthe (Hyacinthus) 92

Clematis siehe Klematis

Immergrün (Vinca minor)

101

166

Anhang

Immergrüne Rose (Rosa sempervirens) 108 Immortelle (Helichrysum) 39f., 95f., 150 Indische Lotosblume (Nelumbo nucifera) 40, 58, 141f. Iris (Iris germanica) 97, 119, 150ff.

Kalmus (Acorus)

97 Kamille (Matricaria) 15, 95, 101 Kapernstrauch (Capparis spinosa) 80, 88 Karotte (Daucus carota) 80 Kartoffelrose (Rosa rugosa) 25, 28 Kerbel (Anthriscus cerefolium) 85 Kirsche (Prunus avivum) 28f., 88, 115, 129 Klematis (Clematis montana) 25, 28, 135 Knoblauch (Allium sativum) 82f. Knoblauchrauke (Alliaria officinalis) 88 Kohl (Brassica) 29, 81f., 87f., 140, 150 Koriander (Coriandrum sativum) 86f. Krokus (Crocus) 92 Kronenwucherblume (Glebionis corona) 7, 94f., 101

Lauch (Allium porrum)

80

Lattich siehe Salat Lavendel (Lavendula) 97, 114, 145 Liebstöckel (Levisticum officinale) 27 Lorbeer (Laurus nobilis) 22f., 29, 34, 43, 54, 75, 93, 96, 126, 131, 137, 146, 153 Lotos (siehe auch Blaue Lotosblume, Indische Lotosblume, Weiße Lotosblume) 58, 141f. Löwenmäulchen (Antirrhinum) 92 Lupine (Lupinus) 131

Mädesüß (Spiraea ulmaria) 97 Madonnenlilie (Lilium candidum) 95, 101 Maiglöckchen (Convallaria majalis) 28 Majoran (Origanum majorana) 40, 82, 88, 95, 97f., 140, 145, 153f. Malve (Malva) 92, 106 Mangold (Beta vulgaris) 80 Maulbeerfeige (Ficus sycomorus) 58 Meerzwiebel (Urginea maritima) 85 Mispel (Mespilus germanica) 28, 89 Minze (Mentha) 27, 80, 85, 87 Mohn (siehe auch Feldmohn, Hornmohn, Schlafmohn) 12ff., 87 Morgenländische Platane (Platanus orientalis) 28, 36, 43, 46, 52, 64ff., 75, 115, 126f., 148, 145, 150 Mumienkranzrose (Rosa richardii) 40, 108f. Myrte (Myrtus communis) 43, 51, 54, 68, 75, 93, 96, 126, 131, 137, 141, 145f., 154 Nachtviole (Hesperis matronalis) 103f. Narzisse (Narcissus) 28, 92, 95

Oleander (Nerium oleander) 27f., 46, 48, 101, 125ff. Olivenbaum (Olea europaea) 34, 40, 42f., 54, 60, 88f., 96, 99 Palmen (siehe auch Dattelplame, Zwergpalme) 13f., 27f., 99 Petersilie (Petroselinum crispum) 95 Pflaume (Prunus domestica) 28f., 89, 91, 93, 130 Pferdeeppich (Smyrnium olusatrum) 7, 80f., 151 Pfirsich (Prunus persica) 29, 89, 129 Pinie (Pinus pinea) 93 Pistazienbaum (Pistacia vera) 130

Pflanzenregister

Platane siehe Morgenländische Platane, Gewöhnliche Platane

Quitte (Cydonia oblonga)

Spargel (Asparagus) 80 Strohblume (Bractheanta) 95 Studentenblume (Tagetes) 20

89, 97,

99, 117, 130, 144, 146

Rauke (Eruca sativa)

80 Raute siehe Weinraute Rettich (Raphanus sativus) 80 Ringelblume (Calendula officinalis) 92, 95, 101, 114, 151 Rittersporn (Delphinium) 95 Rosa mundi (Rosa gallica versicolor) 108f. Rosen (siehe auch Alba-Rose, Apothekerrose, Damaszenerrose, Dünenrose, Essigrose, Immergrüne Rose, Kartoffelrose, Rosa mundi) 29, 36, 43, 54, 95, 97, 99, 101, 103ff., 109, 114, 126, 140, 150 Rosmarin (Rosmarinus officinalis) 20, 22, 41, 54, 76f., 114, 140, 145

Tamariske (Tamarix)

141 Tausendschön (Bellis perennis) 92 Thymian (Thymus vulgaris) 85, 114, 140, 145

Veilchen (siehe auch Duftveilchen) 35f., 41, 54, 95, 97, 99, 101, 126, 140, 145

Weinrebe (Vitis vinifera)

10, 12, 15, 27, 36, 38, 40, 42, 54, 57, 60, 88, 93, 117, 131, 133, 135, 137f., 147, 150 Weinraute (Ruta graveolens) 27, 86 Weißer Gänsefuß (Chenopodium album) 34 Weiße Lotosblume (Nymphaea lotus) 142 Weizen (Triticum) 71

Salat (Lactuca sativa)

71, 83 Sauerampfer (Rumex acetosa) 85 Schlafmohn (Papaver somniferum) 14, 102f. Schmucklilie (Agapanthus) 27, 28 Schneeball (Viburnum) 101 Schneeglöckchen (Galanthus) 92 Schnittlauch (Allium schoenoprasum) 85 Schwarze Maulbeere (Morus nigra) 41, 54, 59, 75, 90f., 93, 117, 131, 146 Schwarzer Liguster (Ligustrum vulgare) 92 Schwertlilie siehe Iris Seerose (Nymphaea) 25 Seidelbast (Daphne) 92 Senf (Sinapis alba) 80 Sonnenblume (Helianthus annus) 12ff., 22, 84, 144

Yukka

27f.

Zaunrose (Rosa rubiginosa)

108 Zaunwinde (Calystegia silvatica) 101f. Zitronatzitrone (Citrus medica) 128f., 131 Zitrone (Citrus lemon) 20, 22, 27f., 46, 48, 89, 117, 128, 137, 144ff., 155f. Zitronenmelisse (Melissa officinalis) 140 Zwergpalme (Chamaerops humilis) 14 Zwiebel (Allium cepa) 82, 87 Zypresse (Cupressus sempervirens) 43, 54f., 96, 115, 150

167

Bildnachweis

akg-images: S. 19, 26, 31, 62, 66, 69, 70, 74, 97, 100, 104, 113, 116, 119, 122, 155, 164; Alamy: S. 32, 48, 75; Biblioteca Nazionale di Napoli: S. 84 unten; bpk-images: 39; Interfoto: S. 10/11; Maureen Carroll: S. 147 links (Oliver Jessop), 147 rechts; The Metropolitain Museum of Art/www.metmuseum.org: S. 58; Rheinisches Bildarchiv/Anja Wegner/rba d033381: S. 132; Universitätsbibliothek Heidelberg: S. 50/51; Wikimedia Commons: S. 15 (Donaviamoris), 21 (Maulaff), 45 (Jebulon), 59 (Céréales Killer), 77 (Thor), 80 (Vaghanti), 81 links (Júlio Reis), 81 rechts (Coyau), 82 links, 82 rechts (Janee), 84 oben (Silar), 85 (Zeynel Cebeci), 87 links (Thamizhpparithi Maari), 87 rechts (H. Zell), 89, 90 links (Wouter Hagens), 90 mittig (Inra Dist), 90 rechts (Peter Forster), 94 oben (Zeynel Cebeci), 94 unten, 102 (AnRo0002), 107 (Habib M’henni), 127 (Derek Ramsey), 129 (Johann Werfring), 151 (Mark Ahsmann), 152 (Peter Forster), 153 oben (4028mdk09), 153 unten (Fores & Kim Starr), 154 (Krzysztof Golik), 162 (Paul Hermans)