Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten: Ein ganzheitliches Framework für erfolgreiche Innovationen 3658425768, 9783658425760, 9783658425777

Dieses Buch vermittelt ein ganzheitliches Framework des Agilen Innovationsmanagements. Die Autoren zeigen anhand von sie

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Table of contents :
Was Sie in diesem essential finden können
Danksagung
Inhaltsverzeichnis
Über die Autoren
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Einführung in das Agile Innovationsmanagement
2.1 Warum ist agiles Arbeiten so wichtig?
2.2 Was bedeutet Digitalisierung und was zeichnet erfolgreiche Digitalunternehmen aus?
2.3 Agiles Innovationsmanagement
3 Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten
3.1 Schritt 1: Das Ziel festlegen – Wo wollen wir hin?
3.1.1 Die Innovation Challenge
3.1.2 SCRUM-Board und Morgenmeetings
3.2 Schritt 2: Den Kunden verstehen – Wer ist unser Kunde?
3.2.1 Kundenorientiertes Denken
3.2.2 Kundensegmentierung
3.2.3 Die Tagesablaufanalyse (TAA)
3.3 Schritt 3: Kundenanforderungen ableiten – Was will der Kunde?
3.3.1 Formate für Kundenbefragungen
3.3.2 Die WAS-Analyse
3.4 Schritt 4: Lösungsideen generieren – Wie können die Kundenanforderungen erfüllt werden?
3.4.1 Lösungsideen generieren
3.4.2 Detailablauf Kreativworkshop
3.5 Schritt 5: Lösungsideen priorisieren – Welche der Ideen werden umgesetzt?
3.5.1 Lösungsideen priorisieren
3.5.2 Priorisierungsmethoden
3.6 Schritt 6: Prototyp entwickeln – Wie sieht ein erster Prototyp der priorisierten Lösungsidee aus?
3.6.1 Der erste Prototyp – Beispiel App
3.6.2 Weitere Formen von Prototypen
3.7 Schritt 7: Prototyp testen und weiterentwickeln – Wie wird der Prototyp basierend auf Kundenfeedback weiterentwickelt?
4 Schluss
Was Sie aus diesem essential mitnehmen können
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Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten: Ein ganzheitliches Framework für erfolgreiche Innovationen
 3658425768, 9783658425760, 9783658425777

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Valerius Braun · Tim Felten

Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten Ein ganzheitliches Framework für erfolgreiche Innovationen

essentials

essentials plus online course

essentials liefern aktuelles Wissen in konzentrierter Form. Die Essenz dessen, worauf es als „State-of-the-Art“ in der gegenwärtigen Fachdiskussion oder in der Praxis ankommt. In Ergänzung zum Buchprojekt gibt es einen hochwertigen Online-Kurs auf iversity. essentials informieren schnell, unkompliziert und verständlich • als Einführung in ein aktuelles Thema aus Ihrem Fachgebiet • als Einstieg in ein für Sie noch unbekanntes Themenfeld • als Einblick, um zum Thema mitreden zu können Die Bücher in elektronischer und gedruckter Form bringen das Fachwissen von Springerautor*innen kompakt zur Darstellung. Sie sind besonders für die Nutzung als eBook auf Tablet-PCs, eBook-Readern und Smartphones geeignet. essentials sind Wissensbausteine aus den Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften, aus Technik und Naturwissenschaften sowie aus Medizin, Psychologie und Gesundheitsberufen. Von renommierten Autor*innen aller Springer-Verlagsmarken.

Valerius Braun · Tim Felten

Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten Ein ganzheitliches Framework für erfolgreiche Innovationen

Valerius Braun LIO Consulting GmbH Berlin, Deutschland

Tim Felten LIO Consulting GmbH Herdecke, Deutschland

ISSN 2197-6708 ISSN 2197-6716 (electronic) essentials ISSN 2731-8028 ISSN 2731-8036 (electronic) essentials plus online course ISBN 978-3-658-42576-0 ISBN 978-3-658-42577-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-42577-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Ann-Kristin Wiegmann Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Das Papier dieses Produkts ist recyclebar.

Was Sie in diesem essential finden können

• Ein einfaches Framework zum agilen Innovationsmanagement in sieben Schritten • Einen in der Strategieberatung entwickelten Ansatz, der vielfach in der Praxis erprobt ist • Viele Praxisbeispiele aus Unternehmen

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Danksagung

Unser Dank gilt den unermüdlichen Kontributoren zu diesem Werk: Alina Gewiß, Philipp Weseloh, Julian Tenner und Fabian Klaps. Außerdem all unseren Kunden, die uns in den letzten Jahren ermöglicht haben, die hier aufgeführten Methoden in der Praxis anzuwenden und feinzuschleifen.

VII

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2 Einführung in das Agile Innovationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Warum ist agiles Arbeiten so wichtig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Was bedeutet Digitalisierung und was zeichnet erfolgreiche Digitalunternehmen aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Agiles Innovationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten . . . . . . . . . . 3.1 Schritt 1: Das Ziel festlegen – Wo wollen wir hin? . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Die Innovation Challenge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 SCRUM-Board und Morgenmeetings . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Schritt 2: Den Kunden verstehen – Wer ist unser Kunde? . . . . . . . 3.2.1 Kundenorientiertes Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Kundensegmentierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Die Tagesablaufanalyse (TAA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Schritt 3: Kundenanforderungen ableiten – Was will der Kunde? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Formate für Kundenbefragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Die WAS-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Schritt 4: Lösungsideen generieren – Wie können die Kundenanforderungen erfüllt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Lösungsideen generieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Detailablauf Kreativworkshop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Schritt 5: Lösungsideen priorisieren – Welche der Ideen werden umgesetzt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.1 Lösungsideen priorisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

3.5.2 Priorisierungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Schritt 6: Prototyp entwickeln – Wie sieht ein erster Prototyp der priorisierten Lösungsidee aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1 Der erste Prototyp – Beispiel App . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Weitere Formen von Prototypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Schritt 7: Prototyp testen und weiterentwickeln – Wie wird der Prototyp basierend auf Kundenfeedback weiterentwickelt? . . .

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4 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Über die Autoren

Valerius Braun, LIO Consulting GmbH, EitelFritz-Straße 25, 14129 Berlin, [email protected] Valerius Braun ist geschäftsführender Partner der Strategieberatung LIO Consulting GmbH. Mit über 15 Jahren Strategieberatungserfahrung blickt er auf die erfolgreiche Implementierung zukunftsweisender und innovativer Lösungen in zahlreichen Großunternehmen zurück. Daneben engagiert er sich als Beirat für junge Digitalunternehmen. Valerius Braun hat Betriebswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin und danach an der ESCP European School of Management studiert. Dabei hat er zwei Master-of-Science-Abschlüsse in Management sowie ein Diplôme de Grande École erworben.

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Über die Autoren

Dr. Tim Felten, LIO Consulting GmbH, Eitel-FritzStraße 25, 14129 Berlin, tim.felten@lio-consulting. com Dr. Tim Felten ist ebenfalls geschäftsführender Partner von LIO Consulting. In seinen über zehn Jahren Strategieberatungserfahrung bei LIO und Roland Berger hat er bereits zahlreiche Innovationsprojekte erfolgreich umgesetzt. Vor seiner Zeit als Strategieberater promovierte Tim Felten in theoretischer Plasmaphysik und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Physik und Astronomie der Ruhr-UniversitätBochum mit Forschungsaufenthalten an der University of Maryland und University of WisconsinMadison. Beide Autoren sind ebenso seit mehreren Jahren als Hochschuldozenten für Agiles Innovationsmanagement tätig.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1 Abb. 3.1 Abb. 3.2 Abb. 3.3 Abb. 3.4 Abb. 3.5 Abb. 3.6

Exponentielles Wachstum. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielhaftes SCRUM-Board. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesablauf-Analyse. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . WAS-Analyse. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für Workshopregelkarten. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wegweiser-Landkarte. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die sechs Schritte des Rapid Prototyping. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved) . . . . . . . . . . . . . .

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XV

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Einleitung

Zusammenfassung

Agiles Innovationsmanagement (AIM) bietet einen strukturierten Ansatz zur agilen Entwicklung von schnellen und innovativen Lösungen für Probleme und Herausforderungen im digitalen Zeitalter. Der Prozess basiert auf fünf Kernerfolgsfaktoren, wurde in der Strategieberatung entwickelt und vielfach erprobt. Die Digitalisierung und das exponentielle Wachstum erfordern Flexibilität und Agilität, um im Wettbewerb bestehen zu können. Erfolgreiche Unternehmen werden auch als „Digital Champions“ bezeichnet und zeichnen sich insbesondere durch eine andere Denk- und Arbeitsweise aus. Dieses Buch und dieser Kurs zeigen Dir, wie diese neuen Denk- und Arbeitsweisen genau aussehen und wie Du die richtigen Techniken erlernen kannst, damit auch Du ein Digital Champion wirst. AIM besteht aus sieben Schritten, die aufeinander aufbauen und strukturiert jeden zu einem Digital Champion machen können.

Wie der Online-Kurs das Buch bereichert

Leser*innen dieses Buches können kostenfrei auf den zugehörigen OnlineKurs zugreifen. Der dazugehörige Link lautet: (https://sn.pub/ocmBH8). Der Kurs ergänzt dieses Buch inhaltlich und liefert zudem Hilfestellungen für die erfolgreiche Umsetzung in den Alltag. Wie Du schon gemerkt hast, verwenden wir in diesem Buch das im Digitalzeitalter immer üblichere „Du“. Das Du als äußeres Zeichen, dass sich etwas verändert und alte Strukturen aufgebrochen werden, ist sinnbildlich für den ersten Schritt zu einem agileren Unternehmen. Wollen wir mit ein paar elementaren Fragen

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 V. Braun und T. Felten, Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42577-7_1

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Einleitung

starten, die Du Dir vielleicht im Alltag schon einmal gestellt hast: „Wie schafft es Tesla ein neues Modell in 12 bis 18 Monate auf den Markt zu bringen statt in 6–8 Jahren wie die Konkurrenz?“ Oder: „Wie schafft es AirBnB zum größten Bettenvermittler zu werden, ohne auch nur ein einziges Hotel zu besitzen?“. Oder aber auch: „Wie schafft es WeChat aus China innerhalb von wenigen Jahren knapp eine Milliarde aktive Nutzer aufzubauen?“. Diese Unternehmen schaffen das, weil sie neue Arbeits- und Denkweisen anwenden. Sie arbeiten agil und bringen Innovationen mit atemberaubender Geschwindigkeit an den Markt. Und genau diese Arbeits- und Denkweisen wollen wir Dir in diesem essential vermitteln. Also legen wir los und werden gemeinsam zum Digital Champion! Der Megatrend Digitalisierung setzt fast alle Unternehmen und Branchen unter Druck und zwingt Mitarbeiter dazu, sich weiterzuentwickeln. Tendenziell unterschätzen wir jedoch die von der Veränderungsgeschwindigkeit der Digitalisierung ausgehende Gefahr, weil das menschliche Gehirn nur schwierig exponentielle Entwicklungen voraussagen kann. Mit dem essential erlernst Du sieben konkrete Schritte, mit denen Du in der Lage bist, Innovationen in sämtlichen Unternehmensbereichen umzusetzen. „AIM“ ist ein ganzheitliches Framework, das vielfach in Strategieberatungsprojekten erprobt wurde und basiert auf verschiedenen Innovationskonzepten und -methoden. Es bedient sich u. a. der wesentlichen Elemente aus Design Thinking, Rapid Prototyping, Value Proposition Design, Testen & Lernen, Scrum und Lean Startup und ist auf maximale Praxistauglichkeit in Unternehmen ausgerichtet. Wir geben Dir in Kurzform wichtige Methoden der führenden Digitalunternehmen an die Hand, die Du strukturiert auf jede strategische Fragestellung in Deinem Arbeitsalltag anwenden kannst, um bessere, schnellere und innovativere Ergebnisse zu erzielen. Da wir aus unserer langjährigen Erfahrung wissen, dass „learning by doing“ der Schlüssel zur erfolgreichen Anwendung neuer Arbeits- und Denkweisen ist, haben wir Dir die Kerninhalte dieses essentials zusammen mit einer Reihe von praktischen Vorlagen und Anwendungsübungen auch online bereitgestellt. Die Zugangsdaten zu diesem kostenlosen Zusatzangebot findest Du im folgenden Kasten.

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Einführung in das Agile Innovationsmanagement

Zusammenfassung

Flexibilität und Agilität werden in einer digitalen Welt aufgrund des exponentiellen Wachstums unabdingbar. Erfolgreiche Unternehmen („Digital Champions“) legen andere Denk- und Arbeitsweisen an den Tag, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden. Der AIM-Prozess basiert auf 5 Kernerfolgsfaktoren, die in sieben Schritten ein strukturiertes und erfolgreiches Arbeiten ermöglichen.

2.1

Warum ist agiles Arbeiten so wichtig?

Erinnerst Du dich noch an Deinen ersten Computer? Für uns alle – und dabei spielt es keine Rolle, wie alt wir sind – hat sich die Technologie seither enorm weiterentwickelt. Ob wir unseren ersten Computer vor zehn Jahren bekommen haben oder vor 40 Jahren, in der heutigen Zeit lassen sich berufliche wie schulische Aufgaben kaum mehr ohne ein halbwegs aktuelles Modell bewältigen. Doch woran liegt das? Zum einen an den vielen digitalen Innovationen, die beispielsweise aus dem kalifornischen Silicon Valley stammen und immer auf Basis der neuesten Technologie entwickelt werden, zum anderen aber eben auch an der rasant wachsenden Leistungsfähigkeit dieser digitalen Technologie. Vielleicht kannst Du dich noch an alte Speicherdisketten erinnern, die wenige Kilobytes (KB) an Kapazität besaßen, oder aber zumindest noch an USB-Sticks und MP3Player mit einer Speicherkapazität von 32 Megabyte (MB) oder, wenn man Glück hatte, mit bahnbrechenden 128 MB. Heute lässt sich kein hochauflösendes Foto mehr auf solch einem Speichermedium ablegen.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 V. Braun und T. Felten, Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42577-7_2

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Einführung in das Agile Innovationsmanagement

1979 stellte Intel den ersten Mikroprozessor vor und begründete damit nicht nur das Zeitalter der Informations- und Kommunikationstechnologie, sondern revolutionierte die ganze Welt. Ein Mikroprozessor besteht aus vielen Schaltkreisen mit Millionen von sogenannten Transistoren. Bereits 1996 kostete ein solcher Schaltkreis mit einer Million Transistoren weniger als ein einziger Transistor im Jahr 1960. Das Moore’sche Gesetz, welches 1965 von einem amerikanischen Ingenieur namens Gordon Moore formuliert wurde, besagt, dass sich die Komplexität der Schaltkreise nahezu jährlich verdoppelt. Wir erleben also, dass sich die Komplexität der Grundvoraussetzung für die Leistungsfähigkeit eines Computers jedes Jahr verdoppelt und somit jedes Jahr neue Innovationen hervorbringen lässt, die unser alltägliches Leben von heute auf morgen maßgeblich verändern können. Wir sprechen in diesem Fall von einem exponentiellen Wachstum. Weil es uns Menschen schwerfällt, eine wirkliche Vorstellung von exponentiellem Wachstum zu entwickeln, haben wir ein kleines Gedankenexperiment für dich. Überlege doch einmal kurz, wie oft Du ein Blatt Papier theoretisch falten müsstest, um die Distanz von der Erde bis zur Sonne (150 Mio. km) zu überbrücken. Die Auflösung findest Du im Kasten, siehe Abb. 2.1. Auflösung des Gedankenexperiments: Es sind tatsächlich nur 50-mal, wobei Du beim 49. Mal gerade einmal die Hälfte der Strecke geschafft hast.

Abb. 2.1 Exponentielles Wachstum. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved)

2.1 Warum ist agiles Arbeiten so wichtig?

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Unternehmen machen sich diese exponentielle technologische Entwicklung zu Nutze, entwickeln neue Produkte, insbesondere digitale Produkte, und disruptieren die Märkte. Weil sie wissen, wie schnell der technologische Fortschritt passiert, haben sie wenig Zeit, ihre Idee erfolgreich zu vermarkten. Aus diesem Grund herrscht heutzutage unter Digitalunternehmen oftmals eine Winner-TakesAll- (der Gewinner bekommt alles) oder eine Grow-Big-Fast-Stimmung (wachse groß und schnell). Geschwindigkeit ist essenziell! Das folgende Beispiel soll dir zeigen, was passiert, wenn Unternehmen sowohl die Konkurrenz als auch die exponentielle Entwicklung der Technologie unterschätzen. Beispiel: Karstadt-Quelle

1999 fusionierten die beiden Handelsriesen Karstadt und Quelle zu einem Konzern mit über 120.000 Mitarbeitern, der über 16 Mio. EUR Umsatz im Jahr machte und folglich eines der größten Unternehmen im Deutschen Aktien Index (DAX) wurde. Die Zukunft sah dem Vernehmen nach für den deutschen Warenhaus- und Versandhandel-Giganten absolut rosig aus. Heute sind wir jedoch schlauer. Bereits zehn Jahre später, 2009, meldete Karstadt-Quelle das erste Mal Insolvenz an. Amazon, das 1999 noch hauptsächlich als OnlineBuchhändler auftrat, entwickelte sich in kürzester Zeit zum größten OnlineVersandhaus der Welt. Amazon hat den Markt disruptiert! Karstadt-Quelle hatte Schwierigkeiten mitzuzählen, wie schnell ihre Kunden abwanderten und den oftmals lästigen Weg in die Innenstadt durch bequemes Bestellen über den Computer vom heimischen Sofa aus eintauschten. 2018 fusionierte Karstadt dann erneut mit einem weiteren Warenhaus; dieses Mal mit Galeria Kaufhof. Während man 1999 noch die eigene Marktmacht stärken wollte, ging es bereits hier nur noch ums Überleben. Doch auch diese Hoffnung mündete für viele in bitterer Enttäuschung, als 2022 erneut Insolvenz angemeldet werden musste. Der digitale Zug war für Karstadt, Quelle und Galeria Kaufhof abgefahren. Zu schnell entwickelte sich die Technologie weiter und Unternehmen, die in ihren Arbeits- und Denkweisen nicht agil sind, haben es seither schwer mit Digitalunternehmen wie Amazon und Co mitzuhalten. Diese Erfahrung machten auch viele weitere Unternehmen in anderen Branchen. So hat beispielsweise Nokia 2007 das erfolgreichste Geschäftsjahr in seiner Geschichte geschrieben. Im gleichen Jahr, in dem Steve Jobs das erste iPhone präsentierte.

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2

Einführung in das Agile Innovationsmanagement

Aber was bedeutet das nun für uns und für agiles Arbeiten? Wir wollen auf keinen Fall den selben Fehler machen und das exponentielle Wachstum der Digitalisierung unterschätzen! Gottlieb Daimler sagte einst: „Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren“. Wir Menschen haben nicht nur unglaubliche Schwierigkeiten exponentielles Wachstum zu begreifen, sondern sind auch unheimlich schlecht darin, die Zukunft halbwegs präzise vorherzusagen. Aus diesem Grund sollten wir zu jeder Zeit auf alles gefasst sein und auf jede unvorhergesehene Wendung vorbereitet sein – sprich, wir sollten in unseren Handlungen und Denkweisen agil sein.

2.2

Was bedeutet Digitalisierung und was zeichnet erfolgreiche Digitalunternehmen aus?

Digitalisierung ist heutzutage in fast allen Lebensbereichen präsent. Sie beschreibt den Prozess der Umwandlung analoger Informationen in digitale Formate und die Integration digitaler Technologien in verschiedene Aspekte des Lebens. Doch woraus besteht die Digitalisierung eigentlich und was befeuert sie? Wie wir eben gesehen haben, ist der technologische Fortschritt ein Haupttreiber der Digitalisierung. Ausprägungen dieses Fortschrittes sind unter anderem Künstliche Intelligenz (KI), Robotik, 3D-Drucken oder auch die Blockchain. Digitalisierung ermöglicht die Erschaffung neuer und innovativer Geschäftsmodelle und revolutioniert die Art und Weise wie wir arbeiten und leben. Zusätzlich sinken die Markteintrittsbarrieren für neue Wettbewerber immer stärker. Erinnere dich an die Mikrochips und die Entwicklung der Kosten für einen Transistor. Eine exponentielle Verbesserung der Rechnerleistung und die gleichzeitige exponentielle Reduzierung der Kosten für den Speicherplatz sorgen dafür, dass Unternehmen heute sehr günstig gegründet werden können und über das Internet weltweit ihre Kunden erreichen können. Aber neben dem technologischen Fortschritt und den Skalierungseffekten hat die Digitalisierung auch gravierenden Einfluss auf die Kundenanforderungen. Heute sind Kunden in fast allen Lebensbereichen ein gutes digitales Erlebnis gewohnt und haben dementsprechend hohe Erwartungen an die Unternehmen. Darüber hinaus hat sich der Umgang mit Medien grundlegend geändert. Insbesondere Zeitungen und Magazine erleben einen großen Transformationsdruck, ihre Inhalte zahlungspflichtig auf mobilen Medien anzubieten, da die Kunden immer weniger analoge Formate konsumieren.

2.2 Was bedeutet Digitalisierung und was zeichnet …

7

Was unterscheidet nun Unternehmen, die die Digitalisierung als Chance gesehen und genutzt haben von Unternehmen, die diese Entwicklung verschlafen haben? Die sogenannten GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) gelten als die größten Profiteure der Digitalisierung und gehören heute zu den größten Unternehmen der Welt. Im Folgenden werden 5 Faktoren beschrieben, die diese Unternehmen eint und die sie zu Digital Champions hat werden lassen: 1. Exponentielle Ziele statt inkrementelle Ziele Traditionelle Unternehmen setzen sich das Ziel zu wachsen und nicht selten reicht ihnen ein Wachstum von 10 % aus. Die erfolgreichen Digitalunternehmen hingegen wollen 10-fach wachsen. So hat Uber sich beispielsweise nie an der Größe des Taximarkts orientiert, sondern sich als Ziel gesetzt, die Stadtmobilität zu revolutionieren. „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“ (Antoine de Saint-Exupéry). 2. Kundenorientierung statt Produktorientierung Was will der Kunde? Diese Frage ist viel wichtiger als zum Beispiel: „Was ist gut für mein Unternehmen?“. Erinnern wir uns an die Zeitungen, die heute ohne digitales Angebot nicht mehr existieren würden. Das fordern die Kunden ein und die Zeitungen kommen diesen Kundenanforderungen nach. Nur wenn Angebote und Lösungen eines Unternehmens eindeutige Kundenanforderungen bedienen, können sie langfristig im Wettbewerb erfolgreich sein. Das Denken geht also primär vom Kunden und seinen Wünschen aus und nicht vom Status Quo der aktuellen Produktpalette. 3. Agiles Arbeiten statt Mittelfristplanung In Zeiten der Digitalisierung ändern sich die Umweltbedingungen mit zunehmender Geschwindigkeit. Daher werden aufwendige Mehrjahrespläne meist schon nach kurzer Zeit von der Realität überholt. Wer trotzdem an diesen langfristigen Plänen festhält, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit ein ähnliches Schicksal wie KarstadtQuelle erfahren. Besser ist es, wenn Unternehmen agil handeln und sich konstant neu ausrichten und an Veränderungen anpassen. Also vom 6-Jahresplan zum 6Monatsplan. Ganz nach Charles Darwin und der Evolutionstheorie „Survival of the fittest“ („der Anpassungsfähigste überlebt“).

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2

Einführung in das Agile Innovationsmanagement

4. Testen & Lernen statt Sieben Sigma Erfolgreiche Digitalunternehmen entwickeln schnell neue Produkte und werfen sie in unfertigen Beta-Versionen auf den Markt. Das tun sie, um frühzeitig Kundenfeedback zu bekommen und die Produkte dann konstant weiterzuentwickeln. Allerdings heißt Testen & Lernen nicht, dass das Produkt nicht funktioniert. Der Kern des Leistungsversprechens muss komplett erfüllt werden, aber die Details drum herum und die Prozesse im Hintergrund können noch unfertig sein. Traditionelle Unternehmen hingegen setzen oft auf Perfektion in jedem Bereich bevor sie neue Produkte herausbringen. Sie brauchen daher einerseits deutlich länger bis zur Marktreife, bekommen andererseits aber auch erst deutlich später Kundenfeedback, ob ihr Produkt überhaupt den Geschmack der Kunden trifft. So dauert der Produktinnovationszyklus bis zum Launch eines neuen Modells bei Tesla nur ca. 12–18 Monate. Bei Daimler dagegen 6–8 Jahre. 5. Kollaboration statt Autarkie Wie wir bereits gelernt haben, ist Geschwindigkeit ein zentraler Erfolgsfaktor in Zeiten der Digitalisierung. Digitalunternehmen entwickeln oft Ideen, für deren Umsetzung sie jedoch nicht die entsprechenden Fähigkeiten oder Ressourcen haben. Sie haben aber auch keine Zeit diese nach und nach aufzubauen. Stattdessen kooperieren sie mit anderen Unternehmen und Institutionen. Diese können dabei auch gerne schon einmal die eigentliche Konkurrenz sein (sog. Frenemy-Modelle, zusammengesetzt aus den englischen Begriffen Friend und Enemy). Die einhellige Meinung ist, dass es im Digitalzeitalter keine nachhaltigen Ideenmonopole mehr gibt. Es geht vielmehr nur noch darum, wer es schafft, eine Idee am schnellsten und besten umzusetzen. Elon Musk hat diesen Ansatz beispielsweise für sein Projekt Hyperloop verwendet. Der Hyperloop ist eine Art Zug, der in einer Vakuumröhre Passagiere mit über 1000 km/h befördern soll. Statt nun aber langfristig selbst die Technologie zu entwickeln, machte Elon Musk alle Patente und Designs der Öffentlichkeit zugänglich und schrieb einen weltweiten Wettbewerb aus, an dem sich über 1000 Teams von Ingenieuren der besten Universitäten und Unternehmen beteiligt haben. Die Weiterentwicklung der Technologie in der gleichen Geschwindigkeit wäre wahrscheinlich unmöglich gewesen, zumindest aber deutlich teurer als das Preisgeld für den Wettbewerb. Netzwerken schlägt also stilles Kämmerlein. Also, um nochmal zusammenzufassen: Die Digitalisierung disruptiert quasi jede Branche – und das aufgrund des exponentiellen Wachstums deutlich schneller als man meist erwartet. Unternehmen und deren Mitarbeiter müssen daher die Denk- und Arbeitsweisen erfolgreicher Digitalunternehmen erlernen und in Teilen übernehmen, um nicht zum nächsten Karstadt/Quelle zu werden. Und das sind

2.3 Agiles Innovationsmanagement

9

insbesondere die hier vorgestellten fünf Kernerfolgsfaktoren, die uns übrigens weiter begleiten werden. Also legen wir los. Getreu dem Motto: „Disruptiere Dich selbst, bevor es jemand anders tut“.

2.3

Agiles Innovationsmanagement

Das Ziel dieses essentials ist es, Dir zu zeigen, wie Du die Denk- und Arbeitsweisen erfolgreicher Digitalunternehmen erlernen kannst und somit selbst zu einem Digital Champion werden kannst. Dafür haben wir die großen und erfolgreichen Digitalunternehmen in den letzten Jahren ganz genau studiert und aus unseren Erkenntnissen ein Framework abgeleitet, welches jeden, auch Dich, zum Digital Champion machen kann. Wir konnten diese Methodik in den letzten Jahren mit einer Vielzahl von Kunden testen, anwenden und verfeinern, sodass wir nun stolz behaupten können, eine erfolgsversprechende Methode entwickelt zu haben, die simpel ist und von jedem, der innovative Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse entwickeln möchte, angewendet werden kann. Das Framework heißt Agiles Innovationsmanagement, kurz AIM, und macht Dich in einem strukturierten Prozess in sieben Schritten zu einem Digital Champion. Doch bevor wir anfangen, uns die sieben Schritte von AIM anzuschauen, starten wir mit der Geschichte eines echten Digital Champions. Klöckner und & Co ist ein über 100 Jahre altes deutsches Traditionsunternehmen, welches insbesondere Stahl verarbeitet und vertreibt. Es ist also kein klassischer Digital Champion, wie wir ihn uns vorstellen würden. Aber 2014 hat das Unternehmen seine Arbeitsweisen komplett hinterfragt und entschieden, einen neuen Weg einzuschlagen, um auch im Digitalzeitalter weiterhin erfolgreich sein zu können. Unternehmenschef Gispert Rühl hat damals entschieden, dass innerhalb von fünf Jahren, die Hälfte des Umsatzes über Verkäufe im Internet erzielt werden sollen. Einen Verkaufskanal, den es bis dahin bei Klöckner und Co noch gar nicht gab. Ein Onlineshop allein macht aber noch lange keinen Digital Champion. Gispert Rühl musste vielmehr nicht nur seine Handlungsweisen, sondern auch seine Denkweisen grundlegend verändern. Dafür hat er als ersten Schritt sein schickes und luxuriöses Vorstandsbüro aufgegeben und ist mit einer Delegation aus dem Unternehmen nach Berlin in einen Co-Working-Space gezogen. Hier konnte er zusammen mit jungen, innovativen Unternehmern aus der Start-up-Szene zusammenarbeiten und sowohl lernen als auch verstehen, was es heißt, ein Digital Champion zu sein. Eine seiner ersten Erkenntnisse war, dass ein Onlineshop

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Einführung in das Agile Innovationsmanagement

für seine Produkte nicht ausreichen wird. Er müsse radikal größer denken, um langfristig erfolgreich zu sein. Folglich sprach er das Ziel aus, das Amazon für Stahl zu werden. Er baute schließlich nicht nur einen Onlineshop, sondern gleich einen Online-Marktplatz, wo er über seine eigenen Produkte hinaus auch viele Fremdprodukte verkaufte. Dieses Anspruchsdenken zeichnet einen wahren Digital Champion aus. Aber kommen wir nun zurück zum Agilen Innovationsmanagement. In den folgenden Kapiteln werden wir die sieben Schritte sukzessive mit Dir durchgehen. Und denke daran, dass Du begleitend auch noch Anwendungsaufgaben und weitere Beispiele im Online-Kurs findest. Die Beschreibung des Zugriffs darauf findest Du im Einleitungskapitel. Diese sieben Schritte umfassen AIM: Schritt 1: Das Ziel festlegen Die strategische Fragestellung, für die eine innovative Lösung gesucht werden soll, muss exakt beschrieben und verstanden werden. Sie wird im AIM-Kontext „Innovation Challenge“ genannt. Allen muss das Ziel der Challenge bewusst sein, denn wenn man nicht weiß, wo man hin will, kann man dort auch nicht ankommen. Wo will ich hin? Schritt 2: Den Kunden verstehen Denke kundenorientiert! Daher solltest Du wissen, wer Dein Kunde ist. Dafür gilt es, die richtigen Zielkundensegmente festzulegen und zu verstehen. Wer ist mein Kunde? Schritt 3: Kundenanforderungen ableiten Wir wissen jetzt bereits, wer unser Kunde ist und wie er tickt. Jetzt gilt es seine Wünsche, Aufgaben und Sorgen („WAS“) in Bezug auf die Innovation Challenge besser zu verstehen. Was will der Kunde? Schritt 4: Lösungsideen generieren Nachdem Du nun weißt, wer Dein Kunde ist und was Dein Kunde will, entwickelst Du die ersten Lösungsideen, die z. B. konkrete Wünsche des Kunden erfüllen. Hier gilt es, möglichst viele Ideen zu generieren. Masse statt Klasse! Schritt 5: Lösungsideen priorisieren Jetzt muss die Klasse aus der Masse herausgefiltert werden. Was sind die effektivsten und innovativsten Lösungsideen? Welche sind umsetzbar? Welche sind am erfolgversprechendsten? Welche ist die Top-Lösungsidee?

2.3 Agiles Innovationsmanagement

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Schritt 6: Prototyp entwickeln Du kennst Deine Top-Lösungsidee und nun muss ein erster Prototyp entwickelt werden. Ein Prototyp ist ein einfacher Entwurf, der die Lösungsidee visualisiert oder anfassbar macht. Und zwar so schnell wie möglich und mit minimalem finanziellem Aufwand. Wie kann ich meine Lösungsidee am einfachsten veranschaulichen? Schritt 7: Prototyp testen und weiterentwickeln Verliere Dich nicht in Perfektionismus und nutze Deine Zeit sinnvoll. Deshalb entwerfe einfache und schnelle Prototypen und teste sie so schnell wie möglich mit Deinen Kunden. Typische Fragen, die das Testen Deiner Lösungsidee beantworten, sind zum Beispiel: Wird meine Idee den Anforderungen der Kunden gerecht? Nutzt sie dem Kunden? Hat sie Potenzial? Was kam gut an, was wurde kritisiert? Auf Basis des Kundenfeedbacks wird der Prototyp dann weiterentwickelt. Wie kann ich laufend Kundenfeedback einarbeiten? AIM ist an dieser Stelle aber nicht zu Ende. Insbesondere der letzte Schritt 7, das Testen und Weiterentwickeln des Prototyps, hört quasi nie auf. Denke da nur an Dein Handy, welches jedes Jahr von den Herstellern geupdatet wird und versucht, den Kundenanforderungen jedes Jahr wieder noch besser gerecht zu werden. Manchmal stellt man aber auch fest, dass die Lösungsidee, den Ansprüchen nicht gerecht wird und sogar komplett verworfen werden muss. Dann beginnt AIM wieder von vorne. Du siehst also, AIM ist ein iterativer Prozess oder anders formuliert, der Weg ist das Ziel. In den folgenden Kapiteln wirst Du jeden Schritt im Detail kennenlernen und auch ausprobieren können. Danach wirst Du sehr gut vorbereitet sein, selbst eine Innovation zu entwickeln und zu einem Digital Champion zu werden. Take-Away-Box

• Durch die Digitalisierung und das dahinterliegende exponentielle Wachstum verändert sich die Welt so schnell, dass Flexibilität und Agilität unabdingbar sind • Erfolgreiche Digitalunternehmen („Digital Champions“) legen andere Denk- und Arbeitsweisen an den Tag als traditionelle Unternehmen und sind daher im Digitalzeitalter erfolgreich • Dabei sind insbesondere fünf Kernerfolgsfaktoren zu beachten • Der AIM-Prozess basiert auf diesen Kernerfolgsfaktoren und den führenden agilen Methoden und ermöglicht es, Innovationen in sieben Schritten strukturiert zu erarbeiten

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

Zusammenfassung

Agiles Innovationsmanagement (AIM) ist ein strukturierter Prozess, der in sieben Schritten jeden zum Digital Champion machen kann. AIM ist dabei ein iteratives Vorgehen, welches vom Festlegen des Ziels, über das Kennen und Verstehen des Kunden, das Herausarbeiten der richtigen Lösungsideen, bis schließlich zum Testen und Verbessern der Ideen fortschreitet. Insbesondere beim Testen der Ideen kann sich herauskristallisieren, dass die Idee grundlegend anders gedacht werden muss und man nochmal ein paar Schritte weiter vorne neu beginnen muss. So stellt man aber sicher, dass das endgültige Produkt auch wirklich markttauglich ist und eine echte Lösung für die Kunden darstellt.

3.1

Schritt 1: Das Ziel festlegen – Wo wollen wir hin?

3.1.1

Die Innovation Challenge

Im ersten Schritt von AIM geht es darum, die strategische Fragestellung, für die man eine Lösung sucht, explizit zu benennen. Dadurch wird das Ziel der Innovation klarer und alle Beteiligten verstehen, was erreicht werden soll. Diese sogenannte Innovation Challenge wird dich als Grundfrage über den gesamten Innovationsprozess begleiten und dich bei jedem Schritt herausfordern, ob Du weiterhin auf dem richtigen Weg bist. Die Innovation Challenge kannst Du als Leitfrage verstehen, für die Du im weiteren Verlauf versuchen wirst, Lösungen zu finden. Daher ist es auch hilfreich,

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 V. Braun und T. Felten, Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42577-7_3

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

sie als Frage zu formulieren. Bei der Formulierung der Innovation Challenge gibt es drei Punkte zu beachten: 1. sie muss strategisch relevant sein 2. sie muss hinreichend konkret sein 3. sie muss ausreichend offen formuliert sein. Deine Innovation Challenge sollte strategisch relevant sein. Das bedeutet, sie sollte in klarer Verbindung zu Deiner Unternehmensvision stehen und helfen, Deinem übergeordneten Ziel einen Schritt näher zu kommen. Amazon hat einst, als sie noch einen reinen Online-Buchhandel betrieben haben, die Vision ausgerufen, das kundenorientierteste Unternehmen der Welt zu sein, in dem die Kunden alles finden und entdecken können, was sie online kaufen möchten. Eine strategisch relevante Innovation Challenge für das damalige Amazon hätte ungefähr so lauten können: „Welche Produkte neben Büchern kann ich online noch verkaufen?“ Die Innovation Challenge sollte darüber hinaus auch hinreichend konkret formuliert sein. Das ist deshalb so wichtig, damit jeder im Team exakt das gleiche unter der Innovation Challenge versteht und man somit ziel- und lösungsorientiert zusammenarbeiten kann. Ist die Innovation Challenge nicht konkret formuliert, läuft man Gefahr, Herausforderungen einer Lösungsidee mit unterschiedlichen Zielvorstellungen anzugehen und am Ende viel Kraft und Zeit unnötig investiert zu haben. Die Innovation Challenge sollte zwar möglichst konkret formuliert sein, aber sie sollte dabei dennoch offen genug für kreative und innovative Lösungsideen bleiben. Sie soll die Lösung also nicht schon vorwegnehmen. Die Herausforderung ist, die richtige Balance zwischen ambitionierten Zielen mit ausreichend Spielraum für Kreativität und klaren Fragestellungen, die konkrete Ergebnisse ermöglichen, zu halten. Ist Deine Innovation Challenge zu eng formuliert, wird die Lösungsidee wahrscheinlich eher offensichtlich und wenig innovativ sein. Ist sie hingegen zu weit formuliert, drohst Du Gefahr, Dein Ziel aus den Augen zu verlieren und an Effizienz und Geschwindigkeit zu verlieren. Beispiel: Innovation Challenge

• Zu enge Innovation Challenge: „Mit welchen Schrauben können wir die Abdeckung von Maschine XY am besten befestigen?“ • Zu weite Innovation Challenge: „Was heißt der Megatrend Künstliche Intelligenz für unser Unternehmen?“

3.1 Schritt 1: Das Ziel festlegen – Wo wollen wir hin?

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• Gute und strategische Innovation Challenge: „Wie können wir eine schnelle und zuverlässige Paketzustellung ohne Personaleinsatz erreichen?“ Die Innovation Challenge ist von der Vision oder den generellen strategischen Zielen eines Unternehmens zu unterscheiden. Während die Vision eine generelle Richtung oder einen Rahmen vorgibt, ist die Innovation Challenge eine konkrete Fragestellung, deren Lösung auf die Vision und die generellen strategischen Ziele des Unternehmens einzahlt. Man sollte sich daher bei der Formulierung der Innovation Challenge an den Vorgaben aus der Vision oder der Unternehmensstrategie orientieren.

3.1.2

SCRUM-Board und Morgenmeetings

Wenn Du im Team arbeiten solltest, dann haben wir für euch noch zwei Werkzeuge, die euch helfen, sowohl eure Aufgaben für den Tag und die Woche strukturiert zu planen als auch den Überblick darüber zu behalten, wer im Team welche Aufgabe übernimmt: das SCRUM-Board und Morgenmeetings. Das SCRUM-Board, welches auch auf die Kernerfolgsfaktoren „Agiles Arbeiten“ und „Kollaboration“ einzahlt, hat seine Wurzeln in der ITSoftwareentwicklung. Es gliedert sich in fünf Spalten und beliebig vielen Zeilen. In der ersten Spalte werden die dringendsten Aufgaben notiert, welche akut brennen und eine schnelle Bearbeitung erfordern. In der zweiten Spalte stehen alle Aufgaben, die eine hohe Priorität genießen, aber nicht sofort erledigt werden müssen. In der dritten Spalte stehen die wiederkehrenden Aufgaben, wie zum Beispiel „Kundenfeedback einsammeln und auswerten“. In der vierten Spalte stehen die Aufgaben, die mittelfristig erledigt werden müssen und in der letzten Spalte alle Aufgaben mit niedriger Priorität. An einem physischen Board lassen sich die Aufgaben sehr gut mit verschiedenfarbigen Post-its in den jeweiligen Spalten anhängen. Die Farben können dann beispielsweise für eine bestimmte Person im Team stehen. So sieht man sofort, wer welche Aufgaben erledigt. Natürlich gibt es für so ein SCRUM-Board aber mittlerweile auch eine Vielzahl an digitalen Software-Tools, die die Aufgabenorganisation digital ermöglichen. Außerdem gibt es auch Variationen der hier beschriebenen Board-Gestaltung, zum Beispiel das KANBAN-Board. Wir haben bei unseren Kunden allerdings die besten Ergebnisse mit der hier beschriebenen Aufteilung des SCRUM-Boards gemacht, siehe Abb. 3.1. Morgenmeetings sind eine wunderbare Ergänzung zum SCRUM-Board. Einmal täglich (evtl. reicht auch ein- bis zweimal pro Woche) trifft man sich im

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

Abb. 3.1 Beispielhaftes SCRUM-Board. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved)

gesamten Team vor dem SCRUM-Board und geht gemeinsam über alle Aufgaben, priorisiert und verteilt die Verantwortlichkeiten. So kann sichergestellt werden, dass Klarheit über die Aufgaben besteht und alle im Team einen Überblick über die To Do’s haben. Sind Aufgaben erledigt, erfahren das die anderen automatisch und der Post-it kann vom Board entfernt werden. Sofern ein digitales SCRUM-Board genutzt wird, kann das Morgenmeeting natürlich auch digital aus dem Home-Office stattfinden. Die Morgenmeetings haben dabei drei explizite Vorteile. Erstens, man ist im Team zusammen und Nachfragen können direkt geklärt werden. Das stellt sicher, dass alle im Team auf einem Stand sind und das Ziel klar vor Augen behalten. Zweitens, Aufgaben können spontan neu priorisiert werden. Wie wir bereits gelernt haben, gilt es, agil zu bleiben und sich nicht an starre Pläne zu halten, sondern neue Gegebenheiten anzunehmen und sich selbst anzupassen. Das bedeutet, dass auch Aufgaben plötzlich neu auftreten können, an die man zuvor noch gar nicht gedacht hat, oder dass Aufgaben, die erst eine geringe Priorität besaßen, plötzlich dringend erledigt werden müssen. Damit es hier nicht

3.2 Schritt 2: Den Kunden verstehen – Wer ist unser Kunde?

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zu Unstimmigkeiten kommt, macht es Sinn, Priorisierungen im gesamten Team vorzunehmen. Drittens, Morgenmeetings schaffen Transparenz. Alle im Team haben einen Überblick über die Aufgaben und wissen darüber hinaus auch, woran die Kolleginnen und Kollegen arbeiten. Gut strukturierte Morgenmeetings können so eine Vielzahl an weiteren Meetings einsparen und schaffen eine hohe Effizienz im Team. Die Dauer eines Morgenmeetings bestimmt ihr als Team und am besten nehmt ihr euch so viel Zeit, wie ihr benötigt. Auch hier gilt es, agil zu bleiben. Es wird Tage geben, da wird nach fünf Minuten alles geklärt sein und es wird Tage geben, da werdet ihr 90 min sprechen und diskutieren müssen. Setzt euch da nicht unter Druck, sondern habt das Ziel im Blick. Als Faustregel sollte ein Morgenmeeting allerdings um die 15 min dauern. Die meisten Detaildiskussionen, die sich aus dem Morgenmeeting ergeben, können in kleinerer Runde fortgesetzt werden, statt dass das ganze Team dabei sein muss. Das SCRUM-Board gepaart mit Morgenmeetings wird euch sehr schnell helfen, euch im Team zu strukturieren und zielorientiert zu arbeiten. Das Erfolgsversprechen dieser Werkzeuge ist kein Geheimnis, denn viele DAX-Konzerne und erfolgreiche Mittelständler haben die Vorteile bereits erkannt und haben diese Methodik in ihr Tagesgeschäft integriert. Und beide Werkzeuge helfen, den AIM-Prozess effizient und zielorientiert zu durchlaufen.

3.2

Schritt 2: Den Kunden verstehen – Wer ist unser Kunde?

3.2.1

Kundenorientiertes Denken

Die Basis, um den Kunden zu verstehen ist kundenorientiertes Denken. Im Zeitalter der Digitalisierung ist es für Unternehmen wichtiger denn je, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, da sich die Art und Weise, wie Kunden einkaufen und mit Unternehmen interagieren, grundlegend verändert hat. Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass Kunden über das Internet Zugang zu einer Vielzahl von Informationen und Kaufmöglichkeiten haben. Dies hat den Wettbewerb zwischen Unternehmen verschärft, da Kunden jederzeit zwischen verschiedenen Anbietern wählen können und somit ein höheres Maß an Auswahl und Flexibilität haben. Im Vergleich zum Agilen Innovationsmanagement, wo das kundenorientierte Denken im Vordergrund steht, sind herkömmliche Prozesse in der Regel durch ein produktorientiertes Denken gekennzeichnet. Sie basieren oft auf einer linearen Planung und einem sequenziellen Vorgehen in starren und hierarchischen

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

Strukturen. Der Fokus auf dem Produkt und seiner evolutionären Weiterentwicklung verhindert revolutionäre Innovationen und birgt die Gefahr, an den sich verändernden Kundenanforderungen vorbeizuentwickeln. Die Durchführung der Prozesse im klassischen Vorgehen kann außerdem oft viel Zeit in Anspruch nehmen und Änderungen während des Prozesses sind schwierig umzusetzen. Charakteristika herkömmlicher Prozesse sind Wasserfallmodell Das Wasserfallmodell ist ein sequenzielles Vorgehen, bei dem jede Phase des Projekts abgeschlossen sein muss, bevor man zur nächsten übergehen kann. Das bedeutet, dass Änderungen während des Projekts schwer umzusetzen sind und zu Verzögerungen führen können. Im Wasserfallmodell werden Budget und genaue Projektdauer im Vorhinein festgelegt, obwohl viele Dinge häufig noch sehr unklar sind. Langwierige Genehmigungsprozesse In einigen Unternehmen müssen Entscheidungen von vielen verschiedenen Hierarchieebenen genehmigt werden, bevor sie umgesetzt werden können. Das kann dazu führen, dass Entscheidungen lange dauern und Innovationen gehemmt werden. Hierarchische Strukturen In vielen Unternehmen gibt es eine klare Hierarchie, bei der Entscheidungen von oben nach unten getroffen werden. Das kann dazu führen, dass Mitarbeiter, die näher am Kunden sind, wenig Einfluss auf Entscheidungen haben und die Kundenorientierung gehemmt wird. Silostrukturen In einigen Unternehmen arbeiten verschiedene Abteilungen isoliert voneinander und tauschen wenig Informationen aus. Das kann dazu führen, dass Ineffizienzen entstehen, Innovationen gehemmt werden und dass Kundenbedürfnisse nicht ausreichend berücksichtigt werden Nun kennst Du ein paar Beispiele für veraltete Prozesse, sodass wir Deinen Fokus wieder aufs Agile Innovationsmanagement legen können. Im Agilen Innovationsmanagement stehen Kundenbedürfnisse im Vordergrund. Die Prozesse sind darauf ausgerichtet, schnell auf Veränderungen reagieren und flexibel bleiben zu können. Das agile Vorgehen basiert auf einem iterativen Ansatz, bei dem man in kurzen Sprints arbeitet und häufig Feedback von den Kunden einholt, um Produkte und Services laufend auf deren Anforderungen anzupassen. Das Agile Innovationsmanagement fördert eine Kultur der Zusammenarbeit und des Experimentierens, um neue Ideen und Lösungen zu entwickeln. Es geht also weniger um eine starre Planung, sondern um eine

3.2 Schritt 2: Den Kunden verstehen – Wer ist unser Kunde?

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kontinuierliche Verbesserung und laufende Anpassung an die Bedürfnisse der Kunden. Die meisten Unternehmen, die man fragt, sagen über sich selbst, dass sie kundenorientiert sind. Fragt man allerdings weiter, wann das letzte Mal war, dass sie mit echten Endkunden detailliert gesprochen haben, fallen die Reaktionen meist wesentlich zurückhaltender aus. Das verdeutlicht, dass Kundenorientierung nicht nur ein Schlagwort ist, sondern neue Denk- und Arbeitsweisen erfordert, um wirklich gelebt zu werden. Eine kleine Anmerkung an dieser Stelle: wir sprechen immer von Kunden. Dabei müssen Kunden nicht zwangsläufig Endkunden sein, sondern können auch Mitarbeiter sein. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel ein Programm zur Mitarbeiterbindung aufsetzen möchte, sind die Adressaten die eigenen Mitarbeiter, also „Kunden des Programms“. Warum ist kundenorientiertes Denken so wichtig? Kundenorientiertes Denken ist heutzutage wichtiger denn je, da es Unternehmen ermöglicht, ihre Kunden besser zu verstehen und somit eine langfristige und erfolgreiche Kundenbeziehung aufzubauen. In einer digitalen Welt, in der Kunden unzählige Optionen haben, ist es von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen die Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen ihrer Kunden verstehen und erfüllen. Ein Unternehmen, das Kundenorientierung erfolgreich umsetzt, kann von vielen Vorteilen profitieren. Es kann ein stärkeres Kundenengagement und eine höhere Kundenbindung erzielen, was zu einer höheren Kundenzufriedenheit und -loyalität führt. Es kann auch die Effizienz steigern, indem es seine Prozesse und Ressourcen auf die Bedürfnisse der Kunden ausrichtet und somit Zeit und Geld spart. Darüber hinaus kann es die Innovationsfähigkeit steigern, indem es kontinuierlich neue Produkte und Dienstleistungen entwickelt, die den Bedürfnissen seiner Kunden entsprechen. Kundenorientierung ist jedoch kein einmaliger Prozess, sondern erfordert eine kontinuierliche Überprüfung und Anpassung an sich ändernde äußere Gegebenheiten. Unternehmen, die Kundenorientierung erfolgreich umsetzen, haben einen langen Atem und setzen auf langfristige Kundenbeziehungen. Beispiel: Wie man es nicht machen sollte – Paydirekt

Paydirekt war ein Online-Bezahlverfahren, das von deutschen Banken und Sparkassen als Antwort/Alternative zu PayPal entwickelt wurde und ist ein Beispiel dafür, dass es nicht funktioniert hat, kundenorientiert zu denken und zu handeln. Paydirekt konnte den Kunden keine Vorteile gegenüber PayPal

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

bieten, sodass die Kunden keinen Grund hatten, von PayPal zu Paydirekt zu wechseln. Das heißt, Paydirekt hat ein Problem gelöst, welches gar nicht existiert hat, weil die Kunden mit PayPal bereits zufrieden waren. Dadurch blieben die Zahlen hinter den Erwartungen zurück, weil die Banken nicht auf die wirklichen Bedürfnisse ihrer Kunden eingegangen sind. Das zeigt, dass es nicht reicht, einfach nur ein Problem zu lösen, von dem man denkt, dass es die Kunden haben. Stattdessen ist es wichtig, die wirklichen Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu verstehen und darauf einzugehen. Nur so kann ein Unternehmen tatsächlich kundenorientiert sein und den Bedürfnissen seiner Kunden gerecht werden. Beispiel: Wie man es besser macht – N26

N26 ist eine deutsche Direktbank mit Hauptsitz in Berlin, die 2013 gegründet wurde. Ursprünglich als mobile Bank konzipiert, bietet N26 mittlerweile auch eine Desktop-Version seiner Dienstleistungen an. N26 hat sich auf die Bereitstellung von Bankdienstleistungen spezialisiert und bietet ein breites Spektrum an Finanzprodukten wie beispielsweise Girokonten, Kreditkarten und Kredite an. Das Unternehmen ist in Europa und den USA aktiv und hatte 2022 mehr als 8 Millionen Kunden. Das Ziel von N26 ist es, die Bankdienstleistungen so einfach und intuitiv wie möglich zu gestalten und den Kunden dabei eine nahtlose und benutzerfreundliche Erfahrung zu bieten. N26 hat sich von Anfang an auf die Bedürfnisse von Kunden konzentriert, die mobil-affin sind und ihre Finanzen auf dem Smartphone verwalten möchten. Durch eine ständige Verbesserung der Benutzererfahrung und eine gezielte Ansprache dieser Kundengruppe konnte N26 ein starkes Markenimage aufbauen. Das Unternehmen hat erkannt, dass immer mehr Menschen ihr Bankgeschäft über mobile Geräte abwickeln möchten, und hat seine Plattform für das mobile Banking optimiert. N26 ist ein gutes Beispiel für kundenorientiertes Denken, da sie ihre gesamte Geschäftsstrategie auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe ausrichten. Das Unternehmen hat sich auf mobile-first-Kunden konzentriert und seine gesamte Produktpalette und sein Marketingbudget in dieses Kundensegment investiert. Dadurch konnte N26 ein innovatives und benutzerfreundliches Bankerlebnis für seine Kunden schaffen, das den traditionellen Bankprozess vereinfacht und ihnen mehr Flexibilität und Kontrolle über ihr Bankgeschäft gibt. Durch die Fokussierung auf die Bedürfnisse der Kunden konnte N26 schnell wachsen und sich als eine der führenden mobilen Bankplattformen

3.2 Schritt 2: Den Kunden verstehen – Wer ist unser Kunde?

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in Europa etablieren. Das Unternehmen hat gezeigt, dass kundenorientiertes Denken ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Unternehmens ist, insbesondere in einer digitalen Welt, in der die Bedürfnisse der Kunden schnell und einfach erfüllt werden müssen.

3.2.2

Kundensegmentierung

Da nicht alle Kunden gleich sind, das gleiche wollen oder die gleichen Präferenzen haben, ist es wichtig, sie in sinnvolle Gruppen zu unterteilen. Das nennt man Kundensegmentierung. Die Segmente sollten nach innen hin homogen sein, d. h. in Bezug auf ihre Produktpräferenzen vergleichbar sein, und nach außen hin heterogen sein, d. h. dass die Segmente sich voneinander signifikant unterscheiden. Um die Kundensegmentierung zu vereinfachen, unterteilen viele Unternehmen ihre Kunden in Gruppen oder Segmente. Veraltete Segmentierungsansätze basieren dabei häufig auf demografischen Faktoren wie: • • • •

Alter Geschlecht Wohnort Einkommen

Das Alter als Segmentierungskriterium Das Alter wird oft mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Interessen und Kaufverhalten assoziiert. Zum Beispiel haben ältere Kunden möglicherweise andere Bedürfnisse als jüngere Kunden, wenn es um Finanzdienstleistungen oder Gesundheitsprodukte geht. Ältere Kunden suchen möglicherweise eher nach Sicherheit und Stabilität, während jüngere Kunden eher an innovativen und neuen Produkten interessiert sind. Daher kann die Berücksichtigung des Alters bei der Kundensegmentierung dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Marketing- und Produktstrategien besser auf die Bedürfnisse der Kunden abstimmen können und somit erfolgreicher sind. Das Geschlecht als Segmentierungskriterium Auch das Geschlecht ist ein klassischer Faktor bei der Kundensegmentierung, da Männer und Frauen teilweise unterschiedliche Bedürfnisse und Präferenzen haben. Zum Beispiel gibt es Produkte und Dienstleistungen, die speziell auf Frauen oder Männer ausgerichtet sind, wie Schmuck oder Rasierer. Auch in der Werbung und im

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

Marketing werden oft geschlechtsspezifische Ansätze gewählt, um eine bestimmte Zielgruppe anzusprechen. Somit kann das Geschlecht ein entscheidendes Kriterium bei der Kundensegmentierung sein, um die Bedürfnisse und Präferenzen der Kunden besser zu verstehen und gezielt anzusprechen. Der Wohnort als Segmentierungskriterium Der Wohnort spielt bei der Kundensegmentierung eine Rolle, da er Einfluss auf die Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Kunden haben kann. So kann beispielsweise das Umfeld, in dem ein Kunde lebt, seine Einkaufsgewohnheiten, Präferenzen und Interessen beeinflussen. Auch regionale Besonderheiten, wie Dialekte oder spezielle kulinarische Vorlieben, können bei der Entwicklung von Marketingstrategien berücksichtigt werden. Darüber hinaus können auch lokale Angebote und Dienstleistungen auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt werden. Das Einkommen als Segmentierungskriterium Das Einkommen spielt bei der Kundensegmentierung häufig eine wichtige Rolle, da es ein Indikator für die Kaufkraft und die Konsumpräferenzen der Kunden ist. Kunden mit höherem Einkommen können sich in der Regel teurere Produkte und Dienstleistungen leisten und haben oft auch höhere Ansprüche an Qualität und Service. Daher ist es für Unternehmen wichtig, ihre Produkte und Dienstleistungen entsprechend zu positionieren und zu bewerben, um diese Zielgruppe anzusprechen. Andererseits können Kunden mit niedrigerem Einkommen aufgrund ihrer begrenzten finanziellen Mittel empfindlicher auf Preisänderungen und Rabatte reagieren. Unternehmen können dies berücksichtigen, um maßgeschneiderte Angebote zu erstellen und ihre Marketingstrategien entsprechend anzupassen. Es ist allerdings bereits aus den Beispielen ersichtlich, dass diese Formen der klassischen Kundensegmentierung eher oberflächlich und verallgemeinernd sind. Ohne Zweifel ist es besser, seine Kunden auf Basis solcher oberflächlichen Kriterien zu segmentieren, als sie alle über einen Kamm zu scheren. Allerdings fehlt den klassischen Ansätzen die wichtigste Dimension zur Kundensegmentierung: das Kundenverhalten. Das Kundenverhalten kann heutzutage viel einfacher aus den üppig verfügbaren Daten herausgelesen werden und gibt einen tiefen Einblick in die Bedürfnisse und Präferenzen der Kunden. So kann beispielsweise ein Kundensegment gebildet werden, das eine hohe Zahlungsbereitschaft für hochwertige Technik hat und durchaus aus unterschiedlichen Einkommensschichten bestehen kann.

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Beispiele für verhaltensbasierte Kundensegmentierung

Ein Unternehmen, welches sich auf die Herstellung von Sportschuhen spezialisiert hat, kann feststellen, dass es unter seinen Kunden eine Gruppe von Läufern gibt, die häufig an Marathons teilnehmen. Dies kann ein wichtiger Hinweis darauf sein, dass diese Kunden hohe Ansprüche an die Leistung und Qualität ihrer Schuhe haben und möglicherweise bereit sind, mehr für hochwertige Produkte zu zahlen. Ein anderes Unternehmen, das sich auf Fitnessbekleidung spezialisiert hat, kann feststellen, dass seine Kunden bevorzugt bequeme und atmungsaktive Kleidung tragen, um sich während des Trainings wohlzufühlen. Durch die Berücksichtigung des Kundenverhaltens können Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen gezielt auf die Bedürfnisse ihrer Kunden ausrichten und eine persönliche Beziehung zu ihnen aufbauen. Dies führt zu einer höheren Kundenzufriedenheit und -loyalität, was schließlich zu einem höheren Umsatz und Gewinn für das Unternehmen führen kann. Darüber hinaus kann das Kundenverhalten auch Veränderungen in der Nachfrage und den Bedürfnissen der Kunden aufzeigen, was für Unternehmen wichtig ist, um schnell neue Markttrends zu erkennen und wettbewerbsfähig zu bleiben.

3.2.3

Die Tagesablaufanalyse (TAA)

Die Kundensegmente an sich sind meist etwas sperrig. Ein ganzes Segment zu verstehen ist oft eine eher abstrakte Übung. Stell Dir vor, Du sollst Dir nun die Bedürfnisse des Segments „Digitaler Trendsetter“ ableiten. Und zwar aus den Segmentbeschreibungen wie „Digitalaffinität“, „Haushaltsnettoeinkommen“, „Durchschnittliche Medienkanalnutzung“ etc. Eine recht sperrige Übung. Deutlich einfacher wird es, wenn Du Dir einen exemplarischen Vertreter des Segments herauspickst und versuchst, diesen einzelnen Menschen zu verstehen. Dieser exemplarische Vertreter nennt sich übrigens Persona. Eine bewährte Methodik zum Start von kundenorientiertem Denken basierend auf Personas ist die Tagesablaufanalyse. Sie ist ein wichtiger Bestandteil des Agilen Innovationsmanagements, um die Bedürfnisse und Verhaltensmuster der Kunden besser zu verstehen und dient zur Erfassung der Aktivitäten, Interaktionen und Entscheidungen, die Kunden im Verlauf eines typischen Tages durchführen. Durch die Analyse dieser Tagesabläufe wird man gezwungen, sich in den Kunden hineinzuversetzen und die Welt aus seinen Augen zu betrachten.

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

Das ist der erste Schritt und die Grundvoraussetzung von kundenorientiertem Denken. Eine Tagesablaufanalyse besteht aus den folgenden Schritten. 1. Persona-Bildung Zunächst müssen archetypische Kunden identifiziert werden, die repräsentativ für das jeweilige Kundensegment sind. Diese sogenannten Personas (z. B. Peter, 32 Jahre alt, IT-Spezialist, Single und Hund, wohnhaft in Heidelberg etc.) erleichtern die Arbeit mit den häufig etwas sperrigen Kundensegmenten, da man sich leichter in einen konkreten (wenn auch häufig konstruierten) Menschen hineinversetzen kann als in eine statistische Gruppe 2. Tagesablaufanalyse Anschließend kann man direkt versuchen, sich in diese Kunden hineinzuversetzen, wenn man schon etwas Erfahrung mit dem jeweiligen Kundensegment und dem Markt hat. Alternativ können echte Vertreter des Kundensegments beobachtet werden, was aber häufig aus Zeit- und Kostengründen hier entfällt, da es eher um das Einüben des Denkens aus Kundensicht als um exakte wissenschaftliche Ergebnisse geht. Aus dem sich in die Persona hineinversetzen kann jetzt ein archetypischer Tagesablauf abgeleitet werden. Dabei sollte sich immer auf die Elemente konzentriert werden, die eine Relevanz zur Produktnutzung haben. Beispiel

Nehmen wir die Persona „Peter“. Einen jungen, digitalen und hippen Mitarbeiter eines Startups. Und er ist ein gesundheitsbewusster Bio-Typ. Jetzt versuchen wir uns in Peter hineinzuversetzen. Wie läuft Peters normaler Tag ab, siehe Abb. 3.2?  Mithilfe der Tagesablauf-Analyse hast Du nun ein Werkzeug an der Hand, dass es Dir ermöglicht, aus den abstrakten Segmentbeschreibungen, erlebbare Personas abzuleiten. Idealerweise hast Du nach der TAA ein so gutes Verständnis Deiner Persona, als ob sie zwar nicht unbedingt ein Freund, aber doch ein guter Bekannter oder Verwandter wäre. Denn nur, wenn Du weißt, wie die Persona bzw. der Kunde tickt, wirst Du auch eine Innovation kreieren können, die dem Kunden wirklich nutzt und von ihm verwendet wird. Die TAA – oder besser das aus ihr resultierende Kundenverständnis – ist somit die Basis für erfolgreiches Agiles Innovationsmanagement.

3.2 Schritt 2: Den Kunden verstehen – Wer ist unser Kunde?

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Abb. 3.2 Tagesablauf-Analyse. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved)

Im nächsten Schritt werden wir das neugewonnene kundenorientierte Denken auf unsere Innovation Challenge anwenden. Take-Away-Box

• Kundenorientierung ist die Basis für langfristigen Erfolg – die Digitalisierung hat diese Entwicklung noch verstärkt • Kundenorientierung ist mehr als nur ein Schlagwort, sondern eher eine ganzheitliche Einstellung oder Geisteshaltung, die an alle Tätigkeiten und Prozesse angelegt werden muss • Nicht alle Kunden ticken gleich, daher sollte man ähnliche Kunden in Kundensegmenten zusammenfassen • Da es schwierig ist, sich in ein abstraktes Kundensegment hineinzuversetzen, bietet es sich an, Personas zu bilden, die archetypische Vertreter ihres Segments sind • Um kundenorientiertes Denken zu beginnen, kann die Tagesablaufanalyse (TAA) verwendet werden, um sich in einzelne Personas hineinzuversetzen

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

3.3

Schritt 3: Kundenanforderungen ableiten – Was will der Kunde?

3.3.1

Formate für Kundenbefragungen

Die Tagesablaufanalyse (TAA) ist hilfreich, um kundenorientiertes Denken zu beginnen und sich in Kunden hineinzuversetzen. Allerdings wollen Kunden häufig andere Dinge, als man selbst meint. Daher ist es wichtig, neben dem Hineinversetzen auch die Kunden selbst zu befragen, um ihre Anforderungen und Bedürfnisse aus erster Hand zu erfahren. Es gibt verschiedene Methoden, um Kundenanforderungen abzuleiten. Beispiele dafür sind: • • • •

Marktforschung Online-Crowd-Befragungen Kundeninterviews Fokusgruppen

Marktforschung Marktforschung ist eine Methode, um die Meinungen und Anforderungen der Kunden zu erfassen. Hierbei werden gezielt Daten über den Markt und die Kunden gesammelt und ausgewertet, um wertvolle Informationen für Unternehmen zu gewinnen. Das Ziel der Marktforschung ist es, Entscheidungen in Bezug auf Produkte, Dienstleistungen oder Marketingstrategien auf fundierten Informationen zu treffen. Eine hohe Anzahl an Befragten sorgt für ein repräsentatives Ergebnis und minimiert die Wahrscheinlichkeit von Verzerrungen. Zudem können verschiedene Erhebungsmethoden wie Online-Umfragen, Telefoninterviews oder persönliche Befragungen eingesetzt werden. Allerdings ist die Marktforschung auch mit einigen Nachteilen verbunden. Zum einen ist sie recht kostenintensiv und zeitaufwendig, da es in der Regel 4–8 Wochen dauert, bis man valide Ergebnisse erhält. Zudem können Verzerrungen auftreten, wenn die Stichprobe nicht repräsentativ oder die Fragen nicht neutral formuliert sind. Auch die Gefahr von Fehlinterpretationen der Ergebnisse sollte berücksichtigt werden. Repräsentative Marktforschungen führt man aufgrund des damit verbundenen Aufwands meist höchstens einmal im Jahr durch. Dadurch sind sie ein eher statisches Instrument, dafür aber meist statistisch sehr valide.

3.3 Schritt 3: Kundenanforderungen ableiten – Was will der Kunde?

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Online-Crowd-Befragungen Deutlich dynamischer ist die Online-Crowd-Befragung. Dabei handelt es sich um eine Methode, bei der innerhalb eines Tages viele Antworten (z. B. 100) erwartet werden können. Im Vergleich zur Marktforschung bietet die Online-CrowdBefragung den Vorteil, dass sie kostengünstiger und schneller durchgeführt werden kann. Darüber hinaus kann man die Kunden viel häufiger befragen und somit am Ende ebenfalls valide Ergebnisse erzielen, auch wenn jede einzelne Umfrage nicht repräsentativ ist. Jedoch gibt es auch Nachteile bei der Online-Crowd-Befragung. Es kann schwierig sein, die gewünschte Kundengruppen in der Crowd herauszufiltern. Je kleiner und spezifischer die Kundengruppe, desto schwieriger wird die Nutzung von Crowd-Befragungen. Ein weiterer Nachteil ist, dass bei dieser Methode Mimik und Gestik nicht erfasst werden können. Diese bieten oft indirektes Feedback, das wertvolle Informationen liefern kann. Trotzdem ist die Online-Crowd-Befragung ein wichtiges und sinnvolles Kundenbefragungsinstrument im Agilen Innovationsmanagement (AIM), da sie unmittelbares und häufiges Kundenfeedback ermöglicht. Beispiel: Online-Crowd-Befragungs-Tool: Appinio

Appinio ist eine Plattform für Online-Marktforschung, die es Unternehmen ermöglicht, schnell und einfach Umfragen durchzuführen und Meinungen von Kunden und Zielgruppen zu sammeln. Appinio bietet eine Crowd von über 1 Million registrierten Nutzern, die für Umfragen bezahlt werden. Die Plattform richtet sich insbesondere an Start-ups und kleinere Unternehmen, die schnelle, kosteneffektive und zielgerichtete Ergebnisse benötigen. Kundeninterviews Kundeninterviews bieten eine weitere Möglichkeit, um die Meinungen und Anforderungen der Kunden zu ermitteln. Hierbei handelt es sich um direkte Gespräche zwischen einem Vertreter des Unternehmens und dem Kunden, in denen dessen Meinungen und Wünsche erfragt werden. Das Ziel ist es, möglichst umfassende Informationen über die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden zu erhalten und daraus ableitend Verbesserungen für Produkte oder Dienstleistungen vorzunehmen. Ein großer Vorteil von Kundeninterviews ist die Möglichkeit, die vollständige Reaktion inklusive Mimik und Gestik aufzunehmen. Dadurch kann man nicht nur die gesprochenen Worte, sondern auch die indirekten Signale des Kunden analysieren und Rückschlüsse auf dessen Einstellung und Gefühle ziehen. Außerdem ermöglicht ein exploratives Interview-Design, auch kreatives und qualitatives Feedback vom

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

Kunden zu erhalten, das über einfache Antwortoptionen hinausgeht. Auch können individuelle Nachfragen gestellt werden, um spezifische Aspekte zu vertiefen. Allerdings ist die Anzahl der befragten Kunden bei Kundeninterviews relativ gering im Vergleich zu den anderen Methoden, und somit ist das Ergebnis nicht so repräsentativ. Außerdem können Kundeninterviews sehr aufwendig und zeitintensiv sein, sowohl in der Vorbereitung als auch in der Durchführung. Daher sollten Kundenbefragungen immer zu zweit (ein Befrager, ein Protokollant) durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass keine Informationen verloren gehen und dennoch ein konzentriertes und flüssiges Interview stattfindet. Fokusgruppen Interviews mit mehreren Kunden auf einmal nennt man auch Fokusgruppen. Hier liegt der Schwerpunkt meist aber stärker auf der Beobachtung der Kunden, z. B. beim Ausprobieren eines neuen Produkts. Sie bieten außerdem die Möglichkeit, die Kunden in einer Gruppendiskussion zu beobachten und Feedback zu bestimmten Themen zu sammeln. Dabei wird kein klassisches Interview geführt, sondern die Diskussionen der Gruppe werden beobachtet und moderiert. Der Vorteil ist, dass Kunden sich in der Gruppe gegenseitig beeinflussen und somit zusätzliche Informationen geliefert werden können. Auch können diese Gruppen schnell und einfach über Social Media aufgebaut werden. Allerdings ist es teilweise schwierig, eine solche Gruppe zu kontrollieren und zu moderieren, da es leicht zu Streitigkeiten und Off-Topic-Diskussionen kommen kann. Eine weitere Möglichkeit sind Kunden-Communities, bei denen echten Kunden eines Unternehmens eine Plattform geboten wird, auf der sie sich zu einem bestimmten Thema austauschen können. Hierbei können Kunden direkt mit dem Unternehmen interagieren und Feedback geben, was den Vorteil hat, dass ein direkter Kontakt zum Kunden besteht. Allerdings kann es hierbei schwer sein, repräsentative Kundengruppen anzulocken, relevante Informationen zu filtern und die Gruppe aktiv zu halten. Insgesamt gilt: Je nachdem, was das Ziel der Befragung ist und wie viel Zeit und Budget vorhanden sind, bieten sich manche Formate mehr oder weniger an. Dabei gibt es kein falsches Format, und es können auch mehrere Befragungsformate genutzt werden, um ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Diese Befragungsformate können für jegliche Interaktion mit dem Kunden genutzt werden, zum Beispiel um den Kunden zu verstehen oder um Kundenfeedback zu bekommen. Das Wichtigste ist: Nur Mut zum direkten Kontakt. Trau Dich und geh auf Deine Kunden zu!

3.3 Schritt 3: Kundenanforderungen ableiten – Was will der Kunde?

3.3.2

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Die WAS-Analyse

Was will der Kunde? Zur Beantwortung dieser Kernfrage des Agilen Innovationsmanagements (AIM) wird die WAS-Analyse genutzt. WAS steht dabei für die Analyse der Wünsche, Aufgaben und Sorgen (WAS) der Kunden. Die WAS-Analyse wird genau wie die Tagesablaufanalyse (TAA), die Du schon aus dem letzten Abschnitt kennst, auf Persona-Ebene durchgeführt. Hier ein Beispiel basierend auf der Persona „Peter“ aus der TAA. Als Innovation Challenge nehmen wir die Weiterentwicklung der Kreditkarte. Also die Kreditkarte 2.0, siehe Abb. 3.3. Beispiel: Google Glass

Ein Beispiel für die Notwendigkeit einer WAS-Analyse war die Google Glass aus dem Jahr 2014: eine sogenannte Augmented-Reality-Brille. Obwohl das Produkt einige interessante Kernfunktionalitäten bot, wie beispielsweise das schnelle Schießen von Fotos und die Anzeige von direkten Informationen auf

Abb. 3.3 WAS-Analyse. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved)

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dem Bildschirm vor dem Auge, berücksichtigte es nicht ausreichend die Wünsche und Sorgen der Kunden. Das Hauptproblem war die Sorge der Kunden, dass durch die Brille eine permanente Überwachung möglich war, was zu ihrer Ablehnung führte. Zusätzlich sahen die Kunden keinen großen Mehrwert, da das Handy stets griffbereit für Fotos und Informationen ist und designtechnisch war die Brille auch nicht wirklich ansprechend. Das Ergebnis war, dass die Brille vom Privatkundenmarkt nicht gut angenommen wurde und initial floppte. Doch Google wäre nicht Google, wenn sie nicht aus diesem Fehler lernen würden. Daher analysierten sie, in welchen anderen Kundensegmenten evtl. bestehende Wünsche, Aufgaben oder Sorgen durch die Brille adressiert werden könnten. Sie kamen dabei auf den Firmenkundenmarkt und brachten kurzerhand die Google Glass Enterprise Edition heraus. Damit können zum Beispiel Fertigungsbetriebe die Wartung ihrer Maschinen aus der Ferne unterstützen. Die Überwachung war kein Thema mehr und auch das Design war kein Thema mehr. Auch Apple hat übrigens genau hingeschaut und sich bei Google für das Kundenfeedback bedankt und fokussiert sich heute stark auf das Thema AR und wie es unter Berücksichtigung von Googles Erkenntnissen zu den Wünschen und Sorgen der Kunden auch für den Privatkundenmarkt wieder interessant sein kann. Der Erfolgsfaktor ist also, dass man testet und lernt. Die WAS-Analyse muss natürlich für jedes Kundensegment bzw. jede Persona durchgeführt werden, denn unterschiedliche Segmente oder Personas werden auch unterschiedliche Wünsche, Aufgaben und Sorgen haben. Einige erfolgreiche Startups sagen übrigens, dass es erfolgversprechender ist, primär die Sorgen der Kunden (oder neudeutsch ihre “Painpoints”) zu heilen als ihre Wünsche zu erfüllen. Aber das ist umstritten. Du kannst das später bei der Ideengenerierung und -priorisierung berücksichtigen oder auch nicht. Wichtig ist noch zu erwähnen: In der WAS-Analyse geht es noch nicht darum, konkrete Lösungsideen für die Kundenanforderungen zu entwickeln. Das folgt erst im nächsten Schritt. Da beim Bearbeiten der WAS-Analyse einem aber oftmals trotzdem schon Lösungsideen einfallen, ist es hilfreich einen Ideenparkplatz aufzumachen, um diese später nicht zu vergessen. Das kann zum Beispiel ganz einfach auf einem Flipchart erfolgen. Nach diesen Übungen verstehen wir also unsere Kunden und wissen, was ihre Wünsche, Aufgaben und Sorgen in Bezug auf unsere Innovation Challenge

3.4 Schritt 4: Lösungsideen generieren …

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sind. So können wir unsere innovativen Ideen direkt an den Kundenbedürfnissen ausrichten und müssen kein teures Lehrgeld – wie einst Google – zahlen. Take-Away-Box

• Um herauszufinden, was der Kunde eigentlich will, gibt es eine Reihe von verschiedenen Kundenbefragungsmethoden (Marktforschung, OnlineCrowd-Befragungen, Kundeninterviews, Fokusgruppen etc.) • Jede Methode hat Vor- und Nachteile und kann sinnvoll eingesetzt werden – für Agiles Innovationsmanagement (AIM) kommt es jedoch auf Geschwindigkeit an, daher spielt klassische Marktforschung eine eher untergeordnete Rolle • Egal mit welcher Methode, Hauptsache der Kunde wird eingebunden und befragt, um seine Anforderungen und Bedürfnisse zu verstehen • Die WAS-Analyse (Wünsche, Aufgaben und Sorgen) ermöglicht es, die Kundenbedürfnisse einzelner Personas/Segmente in Bezug auf unsere Innovation Challenge strukturiert zu erfassen • Damit ist die Basis gelegt, um im nächsten Schritt innovative Lösungen für die Wünsche, Aufgaben und Sorgen der Kunden zu konzipieren

3.4

Schritt 4: Lösungsideen generieren – Wie können die Kundenanforderungen erfüllt werden?

3.4.1

Lösungsideen generieren

Durch die WAS-Analyse verstehen wir unsere Kunden und wissen, was ihre Wünsche, Aufgaben und Sorgen in Bezug auf unsere Innovation Challenge sind. Im nächsten Schritt geht es jetzt darum, so viele Lösungsideen wie möglich zu generieren, die den Wünschen, Aufgaben und Sorgen der Kunden gerecht werden. Ein Gedankenspiel kann uns dabei helfen zu verstehen, wie man am besten Lösungsideen generieren kann. Stell Dir folgende Situation vor: Paula ist unterwegs auf dem Weg zur Arbeit und stellt bei ihrer Ankunft in ihrem Unternehmen fest: Sie hat ihre Kreditkarte auf dem Weg verloren. Nun stellt sich ihr die Frage: Was sollte sie als nächstes tun? Eine Möglichkeit ist es, sofort die Sperrrufnummer anzurufen – doch wie war die Nummer dafür noch gleich? Die steht nämlich auf der Rückseite der verloren gegangenen Karte. Es besteht allerdings

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

die Chance, dass sie eventuell lediglich ihr Portemonnaie verlegt hat. Eine sofortige Sperrung würde eine Vielzahl von Unannehmlichkeiten aufwerfen, wie die Wartedauer auf die neue Karte, eine Aktualisierung ihrer Zahlungsdaten bei allen Anbietern, bei denen sie ihre Kreditkarte zur Zahlung verwendet oder auch die Notwendigkeit sich erst mal eine neue PIN merken zu müssen. Dieses kleine Beispiel zeigt: Hier wurde scheinbar nicht aus Kundensicht gedacht. Der Wunsch des Kunden wäre es, seine Karte vor Missbrauch zu schützen, ohne sie gleich unwiderruflich sperren zu müssen. Wie könnte man es also besser machen? Eine mögliche Idee, die diese Problematik mit einem Schlag löst, und Paulas Sorgen und Aufgaben rund um das verlorene Portemonnaie erfüllen würden, wäre eine mobile App, die sie immer auf ihrem Smartphone bei sich hat. Darin hätte sie dann zwei Optionen: (i) Karte sperren und (ii) Karte temporär blockieren. Paula könnte damit also mit einem Klick ihre Karte temporär blockieren und damit auf Nummer Sicher gehen. Wenn sie die Karte dann doch wiederfindet, kann sie die Blockade wieder aufheben. Und wenn sie sie nicht wiederfindet, kann sie die Karte final sperren. Glücklicherweise sind die meisten Kreditkartenanbieter in den letzten Jahren darauf gekommen, dass solch ein Feature aus Kundensicht eine gute Idee wäre. Nun stellt sich uns aber die Frage: Wie kann man solche Lösungsideen systematisch generieren? In vielen Fällen heißt es noch: • „Ideen generiert doch nur das Management.“ • „Ich bin einfach nicht kreativ genug.“ • „Meine Ideen werden doch eh nicht umgesetzt“. Diesen Standardsätzen wollen wir mit AIM entgegenwirken. Denn AIM hilft, Kreativität zu wecken und der Prozess zur Innovation lässt sich durch AIM trainieren. Eine offene und unterstützende Haltung der Führungsebene ist hierbei allerdings wichtig. Wir werden uns im Rahmen dieses Kapitels jedoch primär auf den Prozess der Ideengenerierung fokussieren. Die notwendigen Rahmenbedingungen innerhalb eines Unternehmens, um AIM großflächig einzuführen klammern wir hier der Einfachheit halber noch aus. In der „Ideen generieren“-Phase befinden wir uns noch im „Wünsch-Dir-WasLand“. Es zählt Masse statt Klasse. Das ist wichtig, weil die besten Ideen häufig erst durch Denkanstöße aus den Ideen anderer entstehen. Es ist sogar oft so, dass unrealistische oder verrückte Ideen der Anstoß zu einer umsetzbaren TopInnovationsidee sind. Daher sollte der Kreativprozess unter keinen Umständen vorschnell abgebrochen werden durch Kommentare wie „Das funktioniert doch

3.4 Schritt 4: Lösungsideen generieren …

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eh nicht.“, „Das hatten wir schon und es macht keinen Sinn.“, „Dafür haben wir kein Budget.“ etc. Sinnvollerweise macht man diesen Schritt nicht im stillen Kämmerlein, sondern in einem oder mehreren großen Kreativ-Workshops. Wir erinnern uns: ein Kernerfolgsfaktor lautet Kollaboration. Daher gilt für diese Workshops: Um möglichst kreative Ideen zu entwickeln, lade Teilnehmer aus einer Vielzahl unterschiedlicher Hintergründe ein.

3.4.2

Detailablauf Kreativworkshop

Durchführung eines Kreativworkshops Du hast nun die Theorie zur Ideengenerierung gehört. Damit Du ein besseres Gefühl für die angesprochenen Kreativworkshops bekommst, werden wir Dir im Folgenden eine beispielhafte Agenda und ein paar hilfreiche Tipps mitgeben. Vorab ein Hinweis: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man in größeren Kreativworkshops mehrere Schritte von AIM sehr gut bündeln kann (insb. Schritte 4 und 5). Ein eigener Workshop je AIM-Schritt ist daher nicht unbedingt notwendig. Da Du die TAA und WAS-Analyse bereits kennst, werden wir uns im Folgenden auf die Phase der Ideengenerierung fokussieren. Lade idealerweise Teilnehmer mit unterschiedlichen Hintergründen ein und ggf. sogar echte Kundenvertreter. Von der Anzahl sollten es ca. 10 bis 25 Personen sein. Ideal ist, wenn Du eine Gruppe von 3–7 Teilnehmern pro Segment/Persona bilden kannst. Eine beispielhafte Agenda beinhaltet: 1. 2. 3. 4. 5.

Begrüßung mit Zielen, Agenda und Einordnung in AIM (15–30 Min), Kreativübungen zum Warmwerden (15–30 Min), Vorstellung bisheriger Ergebnisse aus TAA und WAS (15 Min je Gruppe), Ideengenerierung (ca. 120–180 Min) und Ausblick mit Verabschiedung (15 Min).

1) Begrüßung, Ziele, Agenda und Einordnung in AIM Diese ersten 15–30 min sind wichtig, damit alle Workshop-Teilnehmer verstehen, worum es eigentlich geht. Falls nicht alle Workshop-Teilnehmer bereits die TAA und WAS-Analyse bearbeitet haben, ist dies der Moment, den Teilnehmern klarzumachen, wie der AIM-Prozess aussieht und wo im AIM-Prozess ihr euch grade befindet. Außerdem ist eine Vorstellungsrunde für Teilnehmer, die sich nicht kennen, sinnvoll. In jedem Fall sollte allen Teilnehmern nochmal die Innovation Challenge

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erklärt werden sowie die Ziele des Tages festgelegt werden (so viele Ideen wie möglich zu generieren). 2) Kreativübungen zum Warmwerden Um in die richtige Grundhaltung zum kreativen Arbeiten zu kommen, sind Kreativübungen zum Start hilfreich. Dies hilft nicht nur als Startschuss für die Kreativphase, sondern auch, um die allgemeine Stimmung zu heben und die Workshop-Teilnehmer zu aktivieren. Ein Beispiel für eine Kreativübung zum Warmwerden sind die sogenannten Assoziationsketten. Dafür bildet ihr zwei Gruppen und stellt euch jeweils in einem Kreis auf. Bildet so schnell wie möglich Assoziationsketten im Team auf Worte, die ihr vorgegeben bekommt, z. B. Cote D’Azur → blau → Farbe → Tapetenwechsel → Umzug → Möbelwagen → Fahrer usw. Wenn Du etwas Wettbewerbscharakter etablieren willst, kannst Du die Teams auch gegeneinander antreten lassen und schauen, wer mehr Worte in 2 min findet. Das erste Wort musst Du natürlich vorgeben. 3) Vorstellung bisheriger Ergebnisse aus TAA und WAS Falls die Workshop-Teilnehmer noch nicht die Ergebnisse aus der WAS-Analyse kennen, sollten diese jetzt kurz vorgestellt werden. 10 min für die Vorstellung plus 5 min für Rückfragen bzw. Ergänzungen je Gruppe reichen hierbei aus. 4) Ideengenerierung Die Phase der Ideengenerierung stellt den Hauptteil des Workshops dar. Hier gilt es, kreative Lösungsideen auf Basis der WAS-Analyse abzuleiten. Wir empfehlen hier die WAS-Analyse je Persona sichtbar aufzuhängen und daneben ein Brownpaper an einer Metaplanwand, auf das die Lösungsideen auf Post-Its gehängt werden. Die Lösungsideen sollten Wünsche, Sorgen oder Aufgaben der Persona adressieren. Allerdings müssen sie nicht 1:1 einem Punkt aus der WAS-Analyse zugeordnet sein. Alles ist erlaubt, Masse statt Klasse. Du solltest außerdem darauf achten, dass jeder Workshop-Teilnehmer, Lösungsideen zu jedem Segment generiert. Dafür eignet sich ein rotierendes System. Folgendes Beispiel kann dir beim Verständnis helfen: wenn ihr vier Personas habt, so bildet ihr vier Gruppen unter den Teilnehmern. Jede Gruppe startet bei ihrer Persona und bearbeitet diese für 30 min. Anschließend rotieren die Gruppen und gehen zur nächsten Persona. Dort schauen sie sich die erarbeiteten Lösungsideen der Vorgruppe an und fügen eigene Ideen hinzu. Für die zweite Persona genügen 20 min Bearbeitungszeit, bevor es zur dritten Persona geht. Für diese und die letzte Persona reichen dann je 15 min, da ja die Vorgruppen bereits viele Lösungsideen

3.4 Schritt 4: Lösungsideen generieren …

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gesammelt haben werden und dann meist nur noch weniger neue Ideen dazukommen. Es wird am Ende insgesamt so oft rotiert, dass jeder Workshopteilnehmer jede Persona bearbeitet hat. Den Abschluss bildet dann die Vorstellung der gesammelten Ergebnisse pro Persona im Plenum. Dabei darf natürlich weiterhin diskutiert und spontan aufkommende Ideen dürfen noch ergänzt werden. Falls ihr nicht rotieren wollt, weil ihr zum Beispiel sehr vertieft in der Ideengenerierung seid, können die Personas auch am Ende im Plenum vorgestellt werden und dabei durch weitere Lösungsideen ergänzt werden. Das Ergebnis sollte eine möglichst lange Liste verschiedener potenziell denkbarer Lösungsideen für den Kunden sein. Zu diesem Zeitpunkt können die Lösungsideen noch unrealistisch und verrückt sein. Die Bewertung der Umsetzbarkeit erfolgt erst im nächsten Schritt. Der Kreativität sind hier also bewusst keine Grenzen gesetzt. Wir erinnern uns: Ein Kernerfolgsfaktor ist, sich exponentielle Ziele zu setzen und groß zu denken. Kreative und visionäre Ideen sind erwünscht. Es gibt ein paar Kernregeln bei der Durchführung erfolgreicher Kreativ-Workshops. Zum Beispiel keine Kritik an den Ideen anderer! Es empfiehlt sich, diese Regeln bei jedem Workshop ausgedruckt dabei zu haben und für alle Teilnehmer sichtbar aufzuhängen. Es hilft oft Wunder, wenn man sich auf die Regeln beziehen kann. Dadurch kann man sicherstellen, dass nicht schon zu Anfang die ganze Kreativität der Teilnehmer direkt im Keim erstickt wird, siehe Abb. 3.4. Take-Away-Box

• Lösungsideen sollten kundenorientiert abgeleitet werden und Wünsche, Aufgaben oder Sorgen der Personas aus der WAS-Analyse adressieren • Dazu sind Kreativworkshops sinnvoll, die mit möglichst verschiedenen Teilnehmern und ggf. sogar Kundenvertretern besetzt sind • In so einem Workshop sollte man der Kreativität freien Lauf lassen und auch verrückte und unrealistische Ideen zulassen, da diese häufig die Basis für spätere realistische Ideen sind – dabei helfen konkrete Workshopregeln • Es gilt Masse statt Klasse • Im nächsten Schritt müssen die Lösungsideen priorisiert werden, um die als erstes umzusetzenden Top-Ideen herauszufiltern

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Abb. 3.4 Beispiel für Workshopregelkarten. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved)

3.5

Schritt 5: Lösungsideen priorisieren – Welche der Ideen werden umgesetzt?

3.5.1

Lösungsideen priorisieren

Wir haben gelernt, dass bei der Ideengenerierung erst einmal alles erlaubt ist und Masse statt Klasse zählt. Als Ergebnis erhalten wir eine lange Liste von Lösungsideen zu unserer Innovation Challenge. Nun kann man nicht alle Ideen gleichzeitig umsetzen. Daher stellt sich die Frage: wie priorisiere ich diese lange Liste an Ideen und filtere die Klasse aus der Masse? Bevor wir auf die Bewertungskriterien zu sprechen kommen, erinnern wir uns: in Abschn. 2.1 haben wir gelernt, dass einer der Kernerfolgsfaktoren Kollaboration lautet. Daher sollte die Priorisierung von Lösungsideen immer von einer Gruppe aus Menschen erfolgen. Die Chefetage sollte nicht allein die weiterzuverfolgenden Ideen festlegen. Man sollte sich stattdessen bei der Bewertung die Schwarmintelligenz der Mitarbeiter zu Nutze machen.

3.5 Schritt 5: Lösungsideen priorisieren – Welche …

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Das heißt, ich lasse zunächst viele Personen alle Ideen bewerten, und zwar grob nach Bauchgefühl. Eine quantitative Berechnung, z. B. in Form von konkreten Business Cases, findet hier nicht statt. Das würde zu viel Zeit kosten. Als Bewertungskriterien bieten sich aus der Erfahrung heraus Kundenmehrwert, Umsetzbarkeit und Potenzial an. Darüber hinaus existieren je Bewertungskriterium verschiedene Subkriterien, die dabei helfen, dass alle das gleiche Verständnis haben. Im Bereich Kundenmehrwert sollte man sich die Fragen stellen „Steigert die Lösungsidee die Kundenzufriedenheit?“, „Hat die Lösungsidee ein Alleinstellungsmerkmal?“ und „Bietet die Lösungsidee eine komfortable Lösung für das Problem des Kunden?“. Die drei relevantesten Subkriterien für das Segment Umsetzbarkeit sind die Fragen „Gibt es regulatorische Hürden?“, „Gibt es IT-seitige Hürden?“ oder „Ist ausreichend Budget verfügbar?“. Das Potenzial lässt sich mit Nachfragen wie „Können mit der Lösungsidee Kosten eingespart werden?“, „Hat die Lösungsidee einen positiven Effekt auf den Ertrag?“ und „Ist die Lösungsidee ein Effizienztreiber?“ ermittelt werden. Die Wegweiser-Landkarte Die Bewertung der Ideen entlang der drei Kriterien erfolgt durch das Anbringen der Ideen an Metaplanwände und das Abgeben von Bewertungen durch alle Teilnehmer pro Idee. Dies kann zum Beispiel durch das Anbringen von Klebepunkten durch jeden Teilnehmer pro Kriterium pro Idee erfolgen. Danach erfolgt im nächsten Schritt eine Priorisierung. Dafür gibt es die sogenannte Wegweiser-Landkarte. Auf ihr wird jede Idee auf Basis der Bewertungen aller Teilnehmer zugeordnet. Die Wegweiser-Landkarte unterteilt die Lösungsideen in vier Prioritäten, siehe Abb. 3.5: 1. Die Kern-Lösungsideen, die ich sofort umsetzen will. Diese Lösungsideen haben einen strategisch hohen Mehrwert und sollten möglichst bald berücksichtigt werden. Hier sollte maximal eine Handvoll Ideen stehen, denn mehr kann man nicht gleichzeitig umsetzen. 2. Die Erweiterten Lösungsideen. Das ist der Parkplatz für die nächste Umsetzungswelle. Diese Lösungsideen haben zwar einen klaren Mehrwert, sollten jedoch nicht als erstes angegangen werden, sondern zu einem späteren Zeitpunkt berücksichtigt werden. 3. Die möglichen Zukunftsthemen. Diese Lösungsideen sind mögliche zukünftige Weiterentwicklungen. Also Lösungsideen, die eher für die lange Bank relevant sein könnten. Zum Beispiel Zukunftstechnologien, die noch nicht voll ausgereift sind.

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Abb. 3.5 Die Wegweiser-Landkarte. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved)

4. Die absehbar nicht relevanten Ideen. Das sind Lösungsideen aus der großen „Masse statt Klasse“-Menge, die nicht sinnvoll erscheinen oder nicht zum Unternehmen passen.

3.5.2

Priorisierungsmethoden

Für die Zuordnung gibt es zwei Vorgehensweisen. Die analytische Zuordnung und die Zuordnung im Team. Analytische Zuordnung Bei der analytischen Zuordnung bekommt jede Idee einen numerischen Wert, der sich aus der Summe der Bewertungen ergibt. Daraufhin werden die Ideen nach der Rangfolge ihrer Punktzahl auf der Wegweiser-Landkarte zugeordnet. Eine beispielhafte Punktevergabe je Idee könnte wie folgt gestaltet werden:

3.5 Schritt 5: Lösungsideen priorisieren – Welche …

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• Kundenmehrwert: 1 Punkt für „keiner“ … 4 Punkte für „hoch“ • Umsetzbarkeit: 1 Punkt für „schwer“ … 4 Punkte für „Quick Win“ • Potenzial: 1 Punkt für „sehr gering“ … 4 Punkte für „sehr hoch“ Im nächsten Schritt werden die Punkte je Idee aufsummiert, die Grenzen festgelegt und die Ideen auf der Wegweiser-Landkarte zugeordnet. Mögliche Grenzen, die festgelegt werden können, sind etwa „von 0 bis 3 = Vorerst nicht relevant“, „von 3 bis 6 = Mögliche Zukunftsthemen“, „von 6 bis 10 = Erweiterte Lösungsideen“ und „von 10 bis 12 = Kern-Lösungsideen.“ Grob sollten sich nach der Zuordnung 5–10 % der Lösungsideen unter den Kern-Lösungsideen, 50 % unter den erweiterten Lösungsideen und 30 % unter den möglichen Zukunftsthemen wiederfinden. Die Vorteile dieser Methode sind zum einen, dass sie weniger Diskussionen im Nachgang zur Folge hat, da das Ergebnis sauber abgeleitet wird. Zudem bietet sie eine hierarchiefreie Zuordnung der Lösungsideen in die Wegweiser-Landkarte. Bei Bedarf können aber trotz der analytischen Zuordnung noch manuelle Änderungen durch die Gruppe vorgenommen werden. Zuordnung im Team Alternativ findet die Zuordnung nach einem pragmatischen Ansatz, dem „Pi mal Daumen“-Prinzip, durch Zuordnung im Team statt. Denn wir sehen bereits durch die Bewertungen, ob eine Idee eher gut oder eher schlecht ist. Als nächstes diskutiert man im Team in welches Cluster der Wegweiser-Landkarte man die Vorschläge einordnen sollte. Diese Methode bietet die Vorteile, dass sich Teammitglieder mit der Zuordnung der Ideen identifizieren können, da sie gemeinsam durchgeführt wird. Außerdem kann fehlendes Fachwissen bei der Bewertung direkt ausgeräumt werden und somit eine Expertenmeinung höher gewichtet werden als die demokratische Meinung der ganzen Gruppe. Unabhängig von der Vorgehensweise erhalten wir am Ende aus diesem Prozess heraus eine Handvoll priorisierter Top-Ideen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Wegweiser-Landkarte dabei nicht als statisch zu betrachten ist. Bei der Ausdetaillierung können die Ideen jederzeit neu priorisiert werden. Gleichzeitig bietet die Landkarte uns ebenso Platz, jederzeit neue Ideen zu integrieren. Es gibt Unternehmen, die jahrelang von ihrer Wegweiser-Landkarte profitieren und diese immer weiter ergänzen. Abschließend gilt es noch hervorzuheben, dass die Priorisierung ein äußerst wichtiger Schritt ist, da man sonst Gefahr läuft, sich zwischen der Vielzahl an guten Ideen zu verzetteln und somit deutlich an Geschwindigkeit im Prozess der Ideen-Umsetzung verlieren kann.

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Take-Away-Box

• Für die Priorisierung der erarbeiteten Ideen sollte man die Schwarmintelligenz der Gruppe nutzen • Die Ideen sollten jeweils in den Dimensionen Kundenmehrwert, Umsetzbarkeit und Potenzial bewertet werden • Basierend auf dieser Bewertung kann man die Ideen in vier Prioritäten einteilen, wobei nicht mehr als eine Handvoll Kern-Lösungsideen zur direkten Weiterverfolgung priorisiert werden sollte • Die Einteilung kann entweder durch eine analytische Zuordnung oder durch eine „Pi mal Daumen“-Zuordnung im Team erfolgen • Im nächsten Schritt geht es darum, die Kern-Lösungsideen möglichst schnell umzusetzen

3.6

Schritt 6: Prototyp entwickeln – Wie sieht ein erster Prototyp der priorisierten Lösungsidee aus?

3.6.1

Der erste Prototyp – Beispiel App

Im letzten Schritt haben wir eine Handvoll Kern-Lösungsideen priorisiert. Jetzt geht es darum, diese so schnell, so aufwandsarm und so kundenorientiert wie möglich umzusetzen. Dafür dienen sogenannte Prototypen. Es gibt aber nicht den einen Prototypen. Ein Prototyp kann unterschiedliche Ausprägungen und Formate haben. Wichtig ist nur, dass Du damit in kurzer Zeit den Kerngedanken Deiner Idee am Kunden testen kannst. Denn nur durch regelmäßiges Kundenfeedback können wir sichergehen, dass unsere Idee und ihre Umsetzung nicht an den Kundenbedürfnissen vorbeigehen. Ein Prototyp ist also eine frühe Version eines Produkts, einer Dienstleistung oder einer Innovation, die dazu dient, die Idee oder das Konzept zu visualisieren und mit Kunden zu testen. Er ist ein wichtiger Bestandteil des Agilen Innovationsmanagements (AIM), da er dazu beiträgt, schnell und kostengünstig Feedback von potenziellen Nutzern oder Kunden zu sammeln und die Lösung kontinuierlich zu verbessern. Das Hauptziel eines Prototyps besteht somit darin, die Idee oder das Konzept der Innovation schnell und einfach an Kunden/Nutzer zu kommunizieren, um deren Feedback zu erhalten. Er muss dazu noch nicht den Funktionsumfang oder

3.6 Schritt 6: Prototyp entwickeln – Wie sieht ein …

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das Design des fertigen Produkts haben. Es geht vielmehr darum, das Leistungsangebot und die Möglichkeiten und Einschränkungen der Innovation verständlich zu machen. Er hilft auch, Design-Entscheidungen zu treffen und das Produktkonzept zu verfeinern, bevor man in die teure und zeitaufwendige Phase der Produktion geht. Ein weiteres Ziel von Prototypen ist es, das Potenzial der Innovation zu validieren, indem man das Feedback der Kunden und Nutzer sammelt. Der Prototyp ermöglicht es, das Verhalten und die Reaktionen von potenziellen Kunden auf das Produkt zu beobachten und zu verstehen, bevor es auf dem Markt eingeführt wird. Das Feedback kann dazu beitragen, die Innovation zu verbessern, bevor sie auf den Markt kommt, und somit die Erfolgsaussichten drastisch zu erhöhen oder sich sogar basierend auf dem Kundenfeedback gänzlich gegen eine teure Markteinführung zu entscheiden. Prototypen können in unterschiedlichen Ausprägungen und Formaten vorliegen. Sie können von einfachen Papiermodellen, über 3D-Drucke, bis hin zu voll funktionsfähigen digitalen Prototypen reichen. Das Format hängt von der Art der Innovation und dem Feedback ab, das man sammeln möchte. Wichtig ist jedoch, dass ein Prototyp schnell und kostengünstig erstellt werden kann, um den Innovationsprozess zu beschleunigen und die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Im App-Bereich kann man Prototypen grob in 6 Stufen unterteilen, siehe Abb. 3.6. Skizze Die Lösungsidee wird einfach mit Stift und Papier skizziert und das Konzept am Kunden getestet. Es geht dabei weniger um die grafische Qualität der Skizzen, sondern eher um das Erfassen von Ideen und um schnelles Feedback von potenziellen Nutzern Storyboard Eine Aneinanderreihung von Skizzen, was sich zum Beispiel zur Darstellung von Prozessen, gut eignen kann. Es kann auf Papier oder digital erstellt werden. In der Regel besteht ein Storyboard aus mehreren Panels, in denen der Nutzerfluss von einer Seite zur nächsten beschrieben wird. Es kann dazu beitragen, Probleme bei der Benutzerführung zu identifizieren und die Anwendungsfälle zu verdeutlichen. Wireframes Die Skizzen sind nun in ein digitales Format übertragen worden. Quasi eine technische Zeichnung am Computer. Man kann es sich als digitale Darstellung des Layouts einer App ohne Design-Elemente wie Farbe oder Bilder vorstellen. Wireframes können mit speziellen Softwareprogrammen erstellt werden, die es ermöglichen, die Navigation, Interaktionen und Inhalte der App zu planen und

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Abb. 3.6 Die sechs Schritte des Rapid Prototyping. (© LIO Consulting GmbH 2023. All Rights Reserved)

zu testen. Das Ziel von Wireframes ist es, die Struktur der App zu definieren und Probleme bei der Benutzerfreundlichkeit oder der Funktionalität der Anwendung zu identifizieren Mockups Graphisch ausdesignte Wireframes mit richtigen Bildern und Farbe. Ein Mockup zeigt, wie die App letztendlich aussehen wird. Man benötigt hierfür Grafikprogramme wie Photoshop. Sie können insbesondere dazu beitragen, das Feedback auf das endgültige Erscheinungsbild und Design der App einzuholen.

3.6 Schritt 6: Prototyp entwickeln – Wie sieht ein …

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Clickdummy Eine klickbare Aneinanderreihung der Mockups, die die Funktionalität der App simuliert. Es ermöglicht dem Benutzer, durch die Anwendung zu navigieren und verschiedene Funktionen auszuprobieren. Durch den Clickdummy kann das Nutzererlebnis und die Benutzerfreundlichkeit der App getestet und verfeinert werden. Der Clickdummy kann auch dazu beitragen, potenzielle Probleme in der Benutzerführung zu identifizieren, bevor die eigentliche Programmierung der App beginnt.Manchmal werden Clickdummies auch zu einem früheren Zeitpunkt erstellt und basieren dann auf Skizzen und Wireframes anstelle der designten Mockups Programmierung Tatsächliche voll funktionsfähige Programmierung der App. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass alle vorherigen Schritte dazu beitragen sollen, sicherzustellen, dass die App gut durchdacht und benutzerfreundlich ist, bevor sie programmiert wird. Erst danach sollte mit der eigentlichen Programmierung der App begonnen werden, um Kosten für Fehlentwicklungen, die an den Bedürfnissen der Kunden vorbeigehen zu vermeiden. Die Programmierung ist meist zwar funktionsfähig, aber umfasst noch nicht sämtliche geplanten Funktionalitäten der finalen Lösung. Diese werden sukzessive entwickelt und dazugeschaltet. Diesen ersten funktionsfähigen Stand des Produkts nennt man auch Minimum Viable Product (MVP). Beim Einholen von Feedback während der Entwicklungsphase eines Prototyps ist es wichtig, das Feedback nicht nur vom gleichen kleinen Kreis von Personen einzuholen, sondern eine möglichst breite Zielgruppe anzusprechen. So kann man sicherstellen, dass man ein repräsentatives Feedback erhält und nicht nur eine begrenzte Perspektive auf das Nutzerverhalten hat. Auch sollte nicht nur Feedback zum Gesamtkonzept eingeholt werden, sondern es können auch spezifische Aspekte, wie zum Beispiel das Design oder bestimmte Funktionen, auf ihre Akzeptanz hin geprüft werden.

3.6.2

Weitere Formen von Prototypen

Es existieren allerdings auch jenseits des App-Beispiels noch viele weitere Typen von Prototypen. Hier einige Beispiele: Ein Erklärvideo Ein Erklärvideo ist ein Prototyp, der das Konzept oder die Idee einer App oder eines Produkts auf einfache und verständliche Weise erklärt. Dropbox nutzte diese

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Variante, um den Kunden die Vorteile des Drag-and-Drops nahezubringen. Das Video könnte beispielsweise eine animierte Darstellung des Produkts zeigen oder die Verwendung des Produkts in einer realen Umgebung darstellen. Durch das Video können die Benutzer das Produkt verstehen und sehen, wie es ihnen helfen kann. Ein Verpackungsprototyp Ein Verpackungsprototyp ist ein physisches Modell der Verpackung eines Produkts. Der Prototyp kann aus Pappe, Papier oder anderen Materialien hergestellt werden. Der Verpackungsprototyp kann verwendet werden, um das Aussehen und die Funktionalität der Verpackung zu testen. Beispielsweise kann man den Prototypen mit einem Produkt befüllen, um zu sehen, wie gut die Verpackung das Produkt schützt. Eine Darstellung der Kundenreise Eine Kundenreise ist eine Darstellung der verschiedenen Schritte, die ein Benutzer durchläuft, wenn er ein Produkt nutzt oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmt. Eine Darstellung der Kundenreise kann ein Prototyp sein, der die Benutzererfahrung von Anfang bis Ende visualisiert. Der Prototyp kann aus einer Reihe von Skizzen, einer Grafik oder einer interaktiven Webseite bestehen, die die Benutzer durch jeden Schritt der Kundenreise führt. Ein Prozesschart Ein Prozesschart ist ein Prototyp, der die verschiedenen Schritte eines Prozesses oder Workflows visualisiert. Der Chart kann beispielsweise eine Liste der Schritte enthalten, die erforderlich sind, um ein Produkt herzustellen oder eine Dienstleistung bereitzustellen. Der Chart kann auch die Beziehungen zwischen den verschiedenen Schritten zeigen, um die Prozessabläufe zu verdeutlichen. Das Prozesschart beispielsweise kann als Grundlage für die Entwicklung von Automatisierungstools oder Workflow-Management-Systemen dienen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Prototypen ein wesentlicher Bestandteil des Agilen Innovationsmanagements sind. Sie ermöglichen es, Ideen in kurzer Zeit und mit wenig Aufwand umzusetzen, um schnell Feedback von Kunden zu erhalten. Dabei kommt es nicht auf das Format des Prototyps an – erlaubt ist, was gefällt. Wichtig ist, dass der Prototyp den Kerngedanken der Idee vermittelt und somit zielgerichtetes Feedback ermöglicht. Durch die schnelle Rückmeldung der Kunden können Ideen iterativ weiterentwickelt und verbessert werden. Somit arbeitet man stets kundenorientiert und gewinnt nicht nur an Geschwindigkeit, sondern auch an Sicherheit, dass das finale Produkt auch wirklich ein Erfolg werden wird und sich die Investitionen in die

3.6 Schritt 6: Prototyp entwickeln – Wie sieht ein …

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Produkterstellung rechnen. Das Risiko von teuren und langen Fehlentwicklungen sinkt drastisch. Dieses Vorgehen steht im Widerspruch zum klassischen Innovationsmanagement, wo eine Idee erst final ausgearbeitet wird, bevor sie auf den Markt gebracht wird, was in langen Entwicklungszyklen und hohen Risiken bei der Markteinführung resultiert. Vielleicht erinnerst Du Dich an das Beispiel der Produktentwicklung in der Automobilindustrie aus dem ersten Kapitel. Dort wurde beschrieben, dass es klassischerweise 6–8 Jahre dauert, bis ein neues Modell marktreif ist. Tesla hingegen war in der Lage, durch den Einsatz von agilen Methoden, diese Zeit auf 12–18 Monate zu verkürzen, da sie sich initial nicht gescheut haben, auch unperfekte Autos auf den Markt zu bringen, bei denen beispielsweise das Spaltmaß der Türen nicht den Standards einer Premiummarke entsprach. Aber da sie verstanden hatten, was die Kernbedürfnisse ihrer Zielgruppe waren (Vorreiter bei der Elektrifizierung zu sein), konnten sie es sich leisten solche MVPs auf den Markt zu bringen und vom Kundenfeedback für den nächsten Entwicklungszyklus zu lernen, statt Jahre zu verlieren bis echte Kunden mit dem Produkt interagieren. Take-Away-Box

• Um die priorisierten Kern-Lösungsideen schnell mit Kunden zu vertesten und deren Feedback einzuarbeiten, sind Prototypen wichtig • Ein Prototyp kann viele Formen annehmen. Wichtig ist nur, dass er das Grundkonzept der Lösungsidee einfach begreifbar vermitteln kann • Prototypen haben das Ziel, schnell und kostengünstig Kundenfeedback einzuholen – sei es auf die Lösungsidee an sich, auf einzelne Funktionen, das Design oder die Bedienbarkeit • Durch den Einsatz von Prototypen arbeitet man kundenorientiert und steigert die Wahrscheinlichkeit, dass das finale Produkt von den Kunden gut angenommen wird • Im nächsten Schritt geht es darum, den Prototyp iterativ weiterzuentwickeln

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3.7

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Agiles Innovationsmanagement (AIM) in sieben Schritten

Schritt 7: Prototyp testen und weiterentwickeln – Wie wird der Prototyp basierend auf Kundenfeedback weiterentwickelt?

Nachdem wir aus unseren Lösungsideen einen Prototyp entwickelt haben, gilt es im nächsten Schritt, diesen Prototyp zu testen und weiterzuentwickeln. Das lässt sich am besten auf der Basis von Kundenfeedback umsetzen. Wie man Kundenfeedback einholt, hast Du bereits in Schritt 3 kennengelernt. Ein Beispiel sind Kundeninterviews. Idealerweise führt man diese Kundeninterviews zu zweit durch. Somit ist eine Person der Interviewer und die andere der Protokollant, der mithilfe eines Feedback-Templates die Aussagen der Kunden notiert. Kundeninterviews Mögliche Fragen, die du an den Kunden stellen kannst, lauten: „Würdest Du den Prototypen nutzen?“ oder „Bringt Dir die Idee einen Mehrwert?“ Als Antwortmöglichkeit kann der Kunde mit „Ja oder Nein“ antworten. Außerdem kannst du mit der Frage „Wie schätzt Du den Innovationsgrad der Idee ein“ den Kunden auf einer Skala von 1 bis 10 einschätzen lassen, wie innovativ eine Idee ist, wobei 10 eine äußerst innovative Idee darstellt. Darüber hinaus solltest Du dem Kunden Raum für ausführliche Antworten geben und kannst ihm die offenen Fragen wie „Was gefällt Dir an der Idee und dem Prototyp?“, „Was fehlt Dir an der Idee oder was würde sie noch besser machen?“, „Gibt es etwas, das Du nicht verstehst?“ und „Wie könnte der Prototyp sinnvoll weiterentwickelt werden?“ stellen. Anschließend an die Kundeninterviews ist es wichtig, das Gesagte zu analysieren und bei Bedarf die Idee anzupassen. Das Kundenfeedback sollte zu einer Weiterentwicklung des Prototyps führen. Nach jeder Prototypanpassung folgt erneut das Testen mit echten Kunden. Dabei solltest Du keine Angst davor haben, den Prototyp bzw. die dahinterliegende Idee zu verwerfen, wenn es konstant negatives Kundenfeedback gibt. Rapid Prototyping und Minimum Viable Product Zurück zum Beispiel aus der App-Entwicklung aus dem vorigen Abschnitt. Wichtig ist: nach jeder Entwicklungsstufe sollte Feedback eingeholt werden und der Prototyp auf Basis des Feedbacks weiterentwickelt werden. Oft fährt man je Entwicklungsstufe allerdings mehrere Iterationsschleifen, bevor man zur nächsten Stufe übergeht. Ein Beispiel wäre, dass die Wireframes zunächst erstellt werden, dann getestet und auf Basis des Feedbacks überarbeitet werden, bevor man sie erneut testet und erst bei zufriedenstellendem Kundenfeedback zur Mockup-Erstellung übergeht. Durch diese iterative Vorgehensweise kann man sicherstellen, dass das

3.7 Schritt 7: Prototyp testen und weiterentwickeln – Wie …

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Endprodukt möglichst nutzerzentriert und marktgerecht ist. Dieser Prozess wird auch Rapid Prototyping genannt. Beispiel: Rapid Prototyping: Zappos

Ein sehr gutes Beispiel für Rapid Prototyping ist die Gründung von Zappos, einem großen Online-Schuhhaus aus den USA und dem Vorbild für Zalando. Der Gründer, Nick Swinmurn, hat im Jahr 1999 Schuhläden gefragt, ob er Fotos von ihren Schuhen machen dürfte und hat diese dann in einem rudimentären Webshop angeboten. Wenn ein Kunde eine Bestellung aufgegeben hat, ist Nick in den Schuhladen gegangen und hat dort den Schuh gekauft und an den Kunden versendet. Es gab weder ein Netzwerk, unterstützende Logistik, einen komplexen Onlineshop, noch ein praktikables Businessmodell. Jedoch konnte Nick mit dem Prototyp die Kundenbereitschaft für seine Geschäftsidee testen. Durch die stetige Analyse des Kundenfeedbacks und der Verbesserung der Prozesse ist letztendlich ein Unternehmen herangewachsen, das 2009 für 1,2 Mrd. USD von Amazon aufgekauft wurde. Wir haben bereits gelernt, dass man den ersten für den Kunden funktionierenden Prototyp einer Idee – also im Beispiel von Zappos, die erste Rohversion des Webshops – im Digital-Sprech MVP (Minimum Viable Product) nennt. Dabei ist ein MVP nicht gleichzusetzen mit der Fehlinterpretation, dass es sich um ein unfertiges, fehlerhaftes Produkt handelt, das noch gar nicht auf den Markt gebracht werden dürfte. Im Gegenteil, ein gutes MVP ist ein fehlerfreies Produkt, das allein das Hauptbedürfnis des Kunden befriedigt, aber eben auch nicht mehr. Genau wie im Beispiel von Zappos: das Hauptbedürfnis der Kunden war es, Schuhe online zu bestellen und nach Hause geliefert zu bekommen. Wie die Prozesse im Hintergrund laufen, war für die Kunden nebensächlich. Das waren jetzt allerdings alles Erfolgsbeispiele. Aber Prototypen, Ideen und auch ganze Unternehmen scheitern. Es gibt bei Startups unterschiedliche Statistiken, die um eine Rate von ca. 75 % gescheiterter Startups schwanken. Scheitern gehört also dazu und ist übrigens mitnichten negativ. Nie zu scheitern kann sogar eher ein schlechtes Zeichen sein. Thomas Edison ist im 19ten Jahrhundert mit 300 Prototypen gescheitert, bis er letztendlich die Glühbirne erfunden hat. Echtes Rapid Prototyping!

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Take-Away-Box

• Während der Weiterentwicklung des Prototyps von z. B. einer einfachen Skizze hin zu einem MVP wird auf jeder Stufe kontinuierlich Kundenfeedback eingeholt, bevor in die Entwicklung der nächsten Stufe investiert wird • Dieses auch Rapid Prototyping genannte Vorgehen ermöglicht schnellere Entwicklungsprozesse, stellt sicher, dass die Entwicklung nicht an den Kundenbedürfnissen vorbeigeht und reduziert damit drastisch das Risiko von Fehlinvestitionen • Der erste funktionsfähige Prototyp, der das der Innovation zugrunde liegende Hauptbedürfnis der Kunden befriedigt, wird auch MVP (Minumum Viable Product) genannt.

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Schluss

Herzlichen Glückwunsch, Du hast es geschafft! Du hast in diesem essential viel gelernt. Lass uns noch mal rekapitulieren, was das alles war. Du hast gelernt, dass die Digitalisierung uns zwingt, unser Denken und Handeln zu verändern. Erfolgreiche Digitalunternehmen einen fünf Differenzierungsfaktoren im Vergleich zu traditionellen Unternehmen: 1. 2. 3. 4. 5.

Exponentielle Ziele statt Inkrementelle Ziele Kundenorientierung statt Produktorientierung Agiles Arbeiten statt Mittelfristplanung Testen & Lernen statt Sieben Sigma Kollaboration statt Autarkie

Vielleicht am wichtigsten: Du hast gelernt, das AIM-Framework zu benutzen. Hier nochmal ein Schnelldurchlauf zur Auffrischung: Alles beginnt mit einer Vision, einem gemeinsamen Ziel. Dieses Ziel soll ruhig sehr ambitioniert sein und nennt sich im AIM-Kontext "Innovation Challenge" (das war Schritt 1). Anschließend müssen wir die für das Ziel relevanten Kundengruppen verstehen (Schritt 2). Dazu bietet sich die Abstraktion in Personas, also archetypischen Vertretern eines Kundensegments, an. Sobald wir wissen, welche Wünsche, Aufgaben und Sorgen ("WAS-Analyse") diese Personas haben (Schritt 3), können wir darauf basierend Lösungsideen für eben diese Kundenanforderungen ableiten (Schritt 4). Hierbei gilt Masse statt Klasse und größtmögliche Kreativität.

© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 V. Braun und T. Felten, Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42577-7_4

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Schluss

Die lange Liste an Lösungsideen wird dann priorisiert (Schritt 5) und die Top-Ideen werden in Form von Prototypen ausgearbeitet (Schritt 6). Ein Prototyp kann unterschiedliche Ausprägungen haben. Wichtig ist nur, dass damit in kurzer Zeit der Kerngedanke einer Idee am Kunden getestet werden kann. Es gilt also, so früh wie möglich Kundenfeedback auf seinen Prototypen zu bekommen und dieses objektiv aufzunehmen und nicht nur die positiven Teile zu hören. Basierend auf dem Kundenfeedback wird der Prototyp dann angepasst und verbessert und anschließend wieder mit Kunden getestet (Schritt 7). Dieses Vorgehen wird kontinuierlich wiederholt. Man durchläuft den AIM-Prozess also nicht nur einmal, sondern immer wieder. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass man alles neu Gelernte auch schnell wieder vergisst, wenn man es nicht anwendet. Daher möchten wir Dich gerne einladen, möglichst viele Elemente in Deinen Arbeitsalltag zu übernehmen. Dafür muss man sich bewusst Zeit blocken. Google gab seinen Mitarbeitern beispielsweise 20 % ihrer Zeit zur freien Verfügung, um an Innovationen ihrer Wahl zu arbeiten. Die können komplett losgelöst vom regulären Arbeitsinhalt des Mitarbeiters sein. So viel muss es im ersten Schritt vielleicht nicht sein, aber vielleicht blockst Du Dir eine Stunde pro Woche, um über mögliche Innovationen und Verbesserungen nachzudenken. Der letzte Schritt zum Digital Champion ist jetzt, dass Du die Kursinhalte auch in der Praxis anwendest. Getreu unserem Motto: Learning by Doing. Sofern Du es nicht schon begleitend zum essential getan hast, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, die Anwendungsaufgaben auf unserer Online-Plattform durchzugehen. Die Details dazu findest Du in der Einleitung. Agiles Innovationsmanagement (AIM) basiert auf mehreren agilen Methoden wie zum Beispiel Design Thinking, Rapid Prototyping, Value Proposition Design, Testen & Lernen, Scrum und Lean Startup und ist auf maximale Praxistauglichkeit in Unternehmen ausgerichtet. Allerdings tickt jedes Unternehmen anders. Daher möchten wir Dich ermutigen, die Elemente von AIM zu verwenden, die gut für Dich passen und bei anderen Elementen ruhig selbst etwas mit Variationen herumzuprobieren. Solange sie den Grundgedanken von AIM folgen, ist das völlig in Ordnung und sogar ein Zeichen von gelebter Agilität. Wir wünschen daher allzeit viel Erfolg und genug Mut zur agilen Veränderung!

Was Sie aus diesem essential mitnehmen können

• Die Quintessenz aus den wichtigsten Agilen Methoden • Ein einfach anzuwendendes Framework für agiles Innovationsmanagement • Bessere, schnellere und innovativere Lösungen für Deine individuellen Fragestellungen

© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 V. Braun und T. Felten, Agiles Innovationsmanagement in sieben Schritten, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42577-7

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