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German Pages 468 Year 2003
Managementwissen für Studium und Praxis Herausgegeben von Professor Dr. Dietmar Dorn und Professor Dr. Rainer Fischbach Bisher erschienene Werke: Arrenberg • Kiy • Knobloch • Lange, Voikuis in Mathematik Barsauskas · Schafir, Internationales Management Behrens • Kirspel, Grundlagen der Volkswi rtschaftslehre, 2. Auflage Behrens, Makroökonomie - Wirtschaftspolitik Bichler • Dörr, Personalwirtschaft - Einführung mit Beispielen aus SAP® R/3® HR® Blum, Grundzüge anwendungsorientierter Organisationslehre Bontrup, Volkswirtschaftslehre Bontrup, Lohn und Gewinn Bontrup • Pulle, Handbuch Ausbildung Bradtke, Mathematische Grundlagen für Ökonomen Bradtke, Übungen und Klausuren in Mathematik für Ökonomen Bradtke, Statistische Grundlagen für Ökonomen Bradtke, Grundlagen im Operations Research für Ökonomen Breitschuh, Versandhandelsmarketing Busse, Betriebliche Finanzwirtschaft, 5. A. Clausius, Betriebswirtschaftslehre I Clausius, Betriebswirtschaftslehre II Dinauer, Allfinanz - Grundzüge des Finanzdienstleistungsmarkts Dom • Fischbach, Volkswirtschaftslehre II, 4. A. Dorsch, Abenteuer Wirtschaft -75 Fallstudien mit Lösungen Drees-Behrens • Kirspel • Schmidt • Schwanke, Aufgaben und Lösungen zur Finanzmathematik, Investition und Finanzierung Drees-Behrens · Schmidt, Aufgaben und Fälle zur Kostenrechnung Ellinghaus, Werbewirkung und Markterfolg Pank, Informationsmanagement, 2. Auflage Fank • Schildhauer • Klotz, Informationsmanagement: Umfeld - Fallbeispiele Fiedler, Einfuhrung in das Controlling, 2. Auflage Fischbach, Volkswirtschaftslehre I, II A. Fischer, Vom Wissenschaftler zum Unternehmer Frodl, Dienstleistungslogistik Götze, Techniken des Business-Forecasting Götze, Mathematik für Wirtschaftsinformatiker Götze · Deutschmann • Link, Statistik Gohout, Operations Research Haas, Kosten, Investition, Finanzierung Planung und Kontrolle, 3. Auflage Haas, Marketing mit EXCEL, 2. Auflage Haas, Access und Excel im Betrieb Hans, Grundlagen der Kostenrechnung Hardt, Kostenmanagsment, 2. Auflage Heine • Herr, Volkswirtschaftslehre, 3. A. Hildebrand • Rebstock, Betriebswirtschaftliche Einführung in SAP® R/3® Hofinann, Globale Informationswirtschaft Hoppen, \fertriebsmanagement
Koch, Marketing Koch, Marictfoischung, 3. Auflage Koch, Gesundheitsökonomie: Kosten- und Leistungsrechnung Krech, Grundriß der strategischen Unternehmensplanung Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band I, 5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band II, 5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band III, 5. Auflage Laser, Basiswissen Volkswirtschaftslehre Lebefromm, Controlling - Einführung mit Beispielen aus SAP® R/3®, 2. Auflage Lebefromm, Produktionsmanagement Einführung mit Beispielen aus SAP® R/3®, 4. Auflage Martens, Betriebswirtschaftslehre mit Excel Martens, Statistische Datenanalyse mit SPSS für Windows Martin • Bär, Grundzüge des Risikomanagements nach KonTraG Mensch, Investition Mensch, Finanz-Controlling Mensch, Kosten-Controlling Müller, Internationales Rechnungswesen Olivier, Windows-C - Betriebswirtschaftliche Programmierung für Windows Peto, Einfuhrung in das volkswirtschaftliche Rechnungswesen, 5. Auflage Peto, Grundlagen der MakroÖkonomik, 12. Auflage Peto, Geldtheorie und Geldpolitik, 2. Aufl. Piontek, Controlling, 2. Auflage Piontek, Beschallungscontrolling, 2. Aufl. Piontek, Global Sourcing Posluschny, Kostenrechnung für die Gastronomie Posluschny • von Schorlemer, Erfolgreiche Existenzgründungen in der Praxis Reiter • Matthäus, Marktforschung und Datenanalyse mit EXCEL, 2. Auflage Reiter · Matthäus, Marketing-Management mit EXCEL Rothlauf, Total Quality Management in Theorie und Praxis Rudolph, Tourismus-Betriebswirtschaftslehre, 2. Auflage Rüth, Kostenrechnung, Band I Sauerbier, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler Schaal, Geldtheorie und Geldpolitik, 4. A. Schambacher • Kiefer, Kundenzufriedenheit, 2. Auflage Schuchmann • Sanns, Datenmanagement mit MS ACCESS Schuster, Kommunale Kosten- und Leistungsrechnung, 2. Auflage Schuster, Doppelte Buchführung für Städte, Kreise und Gemeinden Specht • Schmitt, Betriebswirtschaft für Ingenieure und Informatiker, 5. Auflage Stahl, Internationaler Einsatz von Führungskräften
Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 3. Auflage Stender-Monhemius, Marketing - Grundlagen mit Fallstudien Stock, Informationswirtschaft Strunz · Dorsch, Management Strunz • Dorsch, Internationale Märkte Weeber, Internationale Wirtschaft Weindl • Woyke, Europäische Union, 4. Aufl. Zwerenz, Statistik, 2. Auflage Zwerenz, Statistik verstehen mit Excel Buch mit CD-ROM
Abenteuer Wirtschaft 75 Fallstudien mit Lösungen
Von
Dipl.-KfFr. Monique Dorsch
Mit Illustrationen von Dipl.-Ing. Thomas Jandl
ROldenbourg Verlag München Wien
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
© 2003 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza ISBN 3-486-27325-6
Vorwort
ν „AH the world's a stage and all the men are merely players."1
... wie Shakespeare schon sagte, in der Wirtschaft scheint dies in besonders hohem Maße zuzutreffen. Die Akteure sehen sich nicht selten mit Abenteuern konfrontiert, oft ohne ihr Zutun, manchmal auch aus eigener Schuld. Spannend ist die Welt der Wirtschaft allemal. Im vorliegenden Buch versuchen insgesamt 75 Fallstudien mit Lösungen, Facetten davon - gewissermaßen als Schnappschüsse - einzufangen. Die Fälle gehen auf die unterschiedlichsten Bereiche der Wirtschaft zurück und beziehen sowohl betriebswirtschaftliche als auch volkswirtschaftliche Themen ein, wobei bei diesen nicht selten auch die Politik eine Rolle spielt. Alle Aspekte sind bei der Ausbildung von Ökonomen gleichermaßen von Bedeutung. Anspruch auf Vollständigkeit kann und will natürlich in keinster Weise erhoben werden. Dieser Band bildet zusammen mit den beiden Lehrbüchern „Management" und „Internationale Märkte" von Herbert Strunz und Monique Dorsch (beide erschienen bei Oldenbourg 2001) eine didaktische Einheit und versteht sich als Arbeitsbuch zu den beiden genannten Lehrbüchern. Didaktisch wurde insofern fast Neuland beschritten, als es zwar Fallstudienbücher durchaus gibt, diese üblicherweise aber praktisch keinerlei Lösungen oder Hinweise darauf anbieten. Dieserart fühlen sich Studierende erfahrungsgemäß mit einer nicht eben als leicht empfundenen Materie, insbesondere in Phasen der Klausurvorbereitung, sehr alleine gelassen. Mit den Lösungen bzw. Lösungsskizzen zu jeder der angebotenen Fallstudien möchte die Autorin zur Schließung dieser eher unverständlichen Lücke beitragen. Alle Fallstudien wurden von der Autorin selbst entwickelt und beruhen nahezu ausnahmslos auf wahren Begebenheiten2. Mit „offenen Augen durchs Leben gehen", so die Erkenntnis, und täglich kommt dem interessierten Betrachter Stoff 1
Shakespeare, William: As You Like It [Akt II, Szene 7], Ware, Hertfordshire 1993, 38 Der Ordnung halber sei an dieser Stelle darauf verwiesen, daß die im Buch vorkommenden existierenden Markennamen und Firmenbezeichnungen geschützt sind.
2
Vorwort
6
für mehrere Fallstudien unter. Vieles - und das soll hier nicht verhehlt werden ist auch Kritik auszusetzen. Insbesondere offenbaren zahlreiche Vorgänge im Zusammenhang mit der internationalen Wirtschaft oft ernüchternd die Schattenseiten der Weltwirtschaft. Handlungsleitend war nicht zuletzt auch der Praxisbezug für die Lehre. Für die Studierenden bietet all dies eine Menge Herausforderungen: Auseinandersetzung mit einem breiten inhaltlichen Spektrum, das die Neugier und Lust anregen möchte, den Dingen der Realität nachzuspüren; vor diesem Hintergrund sind natürlich besonders auch das analytische Vermögen und kritische Denken angesprochen. Die Handhabung des Buches ist - insbesondere wegen der zugrunde liegenden didaktischen Absichten - erklärungsbedürftig. Zunächst gibt es Fallstudien in drei Schwierigkeitsgraden. Die Lösungen werden ebenfalls in drei Varianten angeboten: voll ausgearbeitete Musterlösung, Lösungsskizze und Lösungshinweise. Gedacht ist, daß je nach Übungszweck auf die eine oder andere Variante, die allesamt entsprechend gekennzeichnet sind, zurückgegriffen werden kann. Schwierigkeitsgrad der Fallstudie
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Lösungsskizze
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Lösungshinweise
Lösungshinweise
Lösungshinweise
Übersichten am Beginn des Buches zeigen, wo die Schwerpunkte jeder Fallstudie liegen. Grundsätzlich ist auch anzumerken, daß die Fragestellungen zu den einzelnen Fällen je nach Interesse und Schwerpunktsetzung durchaus auch variiert werden können, was die Fälle universeller einsetzbar bzw. anwendbar macht. Für Interessierte finden sich am Ende jedes Kapitels zahlreiche Hinweise auf Literatur und Quellen zum Weiterlesen. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß der Text geschlechtsneutral zu lesen ist. Monique Dorsch
Inhalt
•
Teil A - Management
15
1
Die Anwaltskanzlei
16
2
Projekt-Mißmanagement
21
3
Der Sommerjob
30
4
Umstieg auf Bus und Bahn
35
5
Die Prima-Lock GmbH
40
6
Wir bauen auf und reißen nieder
44
7
Einem Ingenieur ist nichts zu schwör
51
8
Waidmanns Heil
58
9
Die Leiden der jungen K.
61
10 Krise im Museum
64
11 Wie ein Rädchen im Getriebe
70
12 Schuldiger gesucht
76
13 Die Mär vom König Kunden
80
14 Arbeiten in Schweden
89
15 Verkaufsgespräche in China
98
Teil Β - Strategie
105
1
Über die Grenze - Tschechien
106
2
Basar einmal anders ... Franchising im Golf
114
3
Hoffnungsmarkt Afghanistan?
118
4
Die Auslandsinvestition
123
5
Auf nach Padanien!
130
6
Gut gerüstet ist halb angekommen
132
7
Franz Immerschlau und Theo Weißnichtrecht
138
Inhalt
8 8
Entdecke die Möglichkeiten
143
9
Hotel „Romance"
153
10 Haben Sie ... schon bei Nacht gesehen?
165
11 Duell der Lebensmittelhändler
169
12 Die Werbeagentur
173
13 Der Fahrradkurier
183
14 Im Parallelschwung zum Erfolg
190
15 Das Prinzip Hoffnung
196
Teil C - Marketing
201
1
Red Bull verleiht Flüüügel
202
2
Die verpatzte Variation
214
3
Die zarteste Versuchung
217
4
Zum Wohl!
221
5
Das Wirtshaus in Schwechat
227
6
Einmal um die ganze Welt
237
7
Mickys Imperium
242
8
Pottermania
249
9
Tante Emma goes Internet
255
10 Tante Emma goes InterCity
262
11 The United Colors
270
12 Uncle Sam läßt grüßen
278
13 Wir kümmern uns um Ihrem Müll
284
14 Kundenorientierung im Museum
286
15 Der Weg der 1.000 Leiden
291
Teil D - Öffentliche Wirtschaft
299
1
Zwischen Abriß und Aufbruch
300
2
Die Stadtgalerie
310
3
Corporate Image: Wir zeigen Euch wo's lang geht
317
4
Müll, Müll und nochmals Müll
319
5
Erlebnis Eisenbahn
323
Inhalt
9
6
Unsere Gemeinde soll attraktiver werden
328
7
Es grünt so grün ...
332
8
Licht am Ende des Tunnels?
336
9
Wer braucht uns noch?
349
10 Angebot und Nachfrage
352
11 Studieren, aber wo?
356
12 Über den Tellerrand
361
13 In vollen Zügen genießen
367
14 Hochwasserschutz in den Alpen
376
15 Blühende Landschaften
386
Teil Ε - Ethik und Wirtschaft
393
1
Erdbeeren im Dezember
394
2
Fairer Handel
396
3
Saubere Kleidung - in jeder Hinsicht
397
4
Sanfter Tourismus?
398
5
Schwarzes Gold
400
6
Sicherheit als Wirtschaftsfaktor
402
7
Rosten statt Rüsten?
405
8
Blutige Diamanten
412
9
Wenn Kinder arbeiten müssen ...
414
10 Privatisierung im großen Stil
415
11 Oil for Food
420
12 Vor dem Kollaps
427
13 Great Man-Made River Proj ect
441
14 Wasser ist Leben
445
15 Die Quadratur des Kreises?
447
Literatur
453
Inhalt
10
Schwierigkeitsgrad Umfang der Lösung
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15. Verkaufsgespräche in China t
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Themenschwerpunkte Kommunikation Zielsetzung, Planung Entscheidung Motivation Organisation Überwachung Sachfunktionen Verhalten in Organisationen Arbeitszufriedenheit Streß Wahrnehmung Konflikt/Krise Macht Organisationskultur Kundenorientierung Corporate Identity/Image Projektmanagement Strategie Direktinvestition Öffentliche Wirtschaft Ökologische Umwelt Umfeld Personalbeschaffung Auslandseinsatz
14. Arbeiten in Schweden
13. Die Mär vom König Kunden
12. Schuldiger gesucht
11. Wie ein Rädchen im Getriebe
10. Krise im Museum
9. Die Leiden der jungen K.
8. Waidmanns Heil
7. Einem Ingenieur ist nichts zu schwör
6. Wie bauen auf und reißen nieder...
5. Die Prima-Lock GmbH
4. Umstieg auf Bus und Bahn
3. Der Sommerjob
2. Projektmißmanagement oder...
1. Die Anwaltskanzlei
Teil A - Management
I
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Inhalt
11
Umfang der Lösung Themenschwerpunkte Konzeption strategischer Entscheidungen Umsetzung strategischer Entscheidungen Erschließung von internationalen Märkten Umfeldanalyse Branchenanalyse Export Franchising Direktinvestition Unternehmensgründung Geschäftsexpansion Risiken Standardisierung Marketing Logistik Finanzierung Organisationskultur Zielsetzung, Planung Lobbying Non-Profit Kultur EU-Binnenmarkt Dritte Welt Portfolioanalyse
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15. Das Prinzip Hoffnung
14. Im Parallelschwung zum Erfolg
11. Duell der Lebensmittelhändler
10. Haben Sie... schon bei Nacht gesehen f
13. Der Fahrradkurier
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12. Die Werbeagentur
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9. Hotel „Romance"
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8. Entdecke die Möglichkeiten
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7. Franz Immerschlau und Theo W...
5. Auf nach Padanien!
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6. Gut gerüstet ist halb angekommen
4. Die Auslandsinvestition
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3. Hoffnungsmarkt Afghanistan?
Schwierigkeitsgrad
2. Basar einmal anders ...
1. Über die Grenze
Teil Β - Strategie
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Inhalt
12
Schwierigkeitsgrad
Themenschwerpunkte Strategie Branchenanalyse Produktpolitik Produktpalette/Sortiment Produktanalyse Standardisierung Service Merchandising Kommunikationspolitik Werbung Verkaufsförderung Public Relations Sponsoring Distributionspolitik Kontrahierungspolitik Kundenorientiening lnternet/e-commerce Logistik Untemehmensakquisition Untemehmensnachfolge Unternehmensgründung Projektmanagement Zielsetzung, Planung Organisation Motivation Öffentliche Wirtschaft Kultur
15. Der Weg der 1.000 Leiden
14. Kundenorientierung im Museum
13. Wir kümmern uns um Ihren Müll
12. Uncle Sam läßt grüßen
11. The United Colors
10. Tante Emma goes InterCity
9. Tante Emma goes Internet
8. Pottermania
7. Mickys Imperium
6. Einmal um die ganze Welt
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Umfang der Lösung
5. Das Wirtshaus in Schwechat
4. Zum Wohl!
3. Die zarteste Versuchung
2. Die verpatzte Variation
1. Red Bull verleiht Flüüügel
Teil C - Marketing
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Schwierigkeitsgrad
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Umfang der Lösung W
Themenschwerpunkte
Strategie
Branchenanalyse Umfeldanalyse
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Angebot/Nachfrage Regionalökonomie
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Zielsetzung, Planung Projektmanagement
Unternehmensgründung
Tourismus
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Kultur
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15. Blühende Landschaften
14. Hochwasserschutz in den Alpen
13. In vollen Zügen genießen
12. Über den Tellerrand
11. Studieren, aber wo?
10. Angebot und Nachfrage
9. Wer braucht uns noch?
8. Basistunnel durch die Alpen
7. Es grünt so grün ...
6. Unsere Gemeinde soll attraktiver...
5. Erlebnis Eisenbahn
4. Müll, Müll und nochmals Müll
3. Corporate Image: Wir zeigen Euch...
2. Die Stadtgalerie
1. Zwischen Abriß und Aufbruch
Inhalt 13
Teil D - Öffentliche Wirtschaft
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Schwierigkeitsgrad
Umfang der Lösung
Themenschwerpunkte
Internationale Konzerne
Dritte Welt
Produktion
Finanzierung
Logistik
Export/Import
Projektmanagement Ressourcen
Arbeitsmarkt Arbeitsbedingungen
Privatisierung Soziale Gerechtigkeit
ökologische Umwelt Konsument
Konflikt/Krieg
Sanktionen 15. Die Quadratur des Kreises?
14. Wasser ist Leben
13. Great Man-Made River Project
12. Vor dem Kollaps
11. Oil for Food
10. Privatisierung im großen Stil
9. Wenn Kinder arbeiten müssen ...
8. Blutige Diamanten
7. Rosten statt Rüsten?
6. Sicherheit als Wirtschaftsfaktor
5. Schwarzes Goid
4. Sanfter Tourismus?
3. Saubere Kleidung - in jeder Hinsicht
2. Fairer Handel
1. Erdbeeren im Dezember
14 Inhalt
Teil Ε - Ethik und Wirtschaft
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Management
A
1
Die Anwaltskanzlei
16
2
Projekt-Mißmanagement
21
3
Der Sommerjob
30
4
Umstieg auf Bus und Bahn
35
5
Die Prima-Lock GmbH
40
6
Wir bauen auf und reißen nieder ...
44
7
Einem Ingenieur ist nichts zu schwör
51
8
Waidmanns Heil
58
9
Die Leiden der jungen K.
61
10 Krise im Museum
64
11 Wie ein Rädchen im Getriebe
70
12 Schuldiger gesucht
76
13 Die Mär vom König Kunden
80
14 Arbeiten in Schweden
89
15 Verkaufsgespräche in China
98
16
A - Management
„Wenn ein Jurist den Raum betritt, muß es um ein paar Grade kälter werden." (Walter Hallstein3)
Adele Advokat hat vor wenigen Jahren in ihrer deutschen Heimat ihr zweites Staatsexamen in Jura abgelegt und arbeitet seitdem in einer Anwaltskanzlei in Österreich. Nebenbei absolviert sie gerade ein Doktoratsstudium. Sollte es mit den diesbezüglichen Arbeiten wie geplant vorangehen, wird sie das Studium in wenigen Monaten abschließen können. Die A&B-Kanzlei, in der Adele arbeitet, hat ihren Hauptsitz im Zentrum von Wien. Die Partner der Kanzlei, die Herren Adam und Bertram, haben sich vor kurzem getrennt. Dabei blieben die Mitarbeiter, die bisher vorwiegend mit Adam zusammengearbeitet hatten, bei ihm, während die anderen Mitarbeiter zusammen mit Bertram die Kanzlei verließen. Wenig später fusionierte Adam mit der Kanzlei eines anderen Anwaltskollegen, Clemens, zur A&C-Kanzlei. Adams und Clemens' Kanzlei haben in der Vergangenheit verschiedene Schwerpunkte bearbeitet, wodurch das Gesamtangebot der neuen Sozietät an Attraktivität gewinnen soll. Bertram war derjenige, der stets den Überblick behalten und die Dinge gelenkt hatte. Adam wird sich nun zunehmend bewußt, daß er all jene Aufgaben, die Bertram früher bewältigte, nicht allein lösen kann. Sein neuer Partner Clemens soll von diesem Problem jedoch nichts erfahren. Er will aber auch keinen seiner Mitarbeiter ins Vertrauen ziehen und die Aufgaben neu verteilen. Auch um sich zu beweisen, akquiriert Adam - seine eigentliche Kernkompetenz - nun mit viel Geschick einen Auftrag nach dem anderen, bei deren Bearbeitung werden aber die bisherigen Kunden zunehmend vernachlässigt. Die Mitarbeiter der beiden neuen Partner haben kaum Kontakt miteinander, man kennt sich teilweise nur dem Namen nach, hat sich aber noch nicht gesehen. Allerdings sind die Mitarbeiter nicht so ahnungslos wie Adam vermutet. Beim gemeinsamen Mittagessen außerhalb der Kanzlei hat man sich schon vor einiger Zeit ausgesprochen. Da sie von ihren Kollegen ähnliche Erlebnisse und Ansichten geschildert bekamen, fühlten sich die meisten in ihren Vermutungen bestärkt: wenn es so weiter geht, wird die Kanzlei mehr und mehr Mandanten verlieren. Mehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt, hat es Adam lange Zeit versäumt, die erbrachten Leistungen seiner Mitarbeiter entsprechend zu würdigen. Im Gegenteil: perfekte Leistung wird vorausgesetzt, beim kleinsten Fehler braust Adam auf, ohne nach den wirklichen Fehlerquellen zu fragen.
3
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 628
Die Anwaltskanzlei
17
Während immer mehr Kollegen nun auch offen über eine Kündigung sprechen oder bereits schon gekündigt haben, hält Adele - trotz Zweifel - die Stellung. Als sich ihr Kollege Hermann zur Fertigstellung seiner Dissertation eine „Auszeit" nimmt, werden ihr zahlreiche bisher von Hermann vertretene HolocaustFälle israelischer Mandanten, bei denen es um Entschädigungszahlungen geht, übergeben. Adele sieht darin eine große Chance und macht sich engagiert an die Arbeit.
Anschiß
Als Hermann wenige Zeit später die Kanzlei besucht, fragt er Adele ganz nebenbei, ob sie denn nun auch mit zur nächsten wichtigen Verhandlung nach Tel Aviv fahren würde. Adele ist erstaunt: „Tel Aviv? Wie kommst du darauf? Wer fahrt denn dorthin?" Hermann schildert ihr nun hinter vorgehaltener Hand, daß
18
A-
Management
Adam bereits verschiedene Mitarbeiter (darunter auch ihn, obwohl er ja eigentlich im Prüfungsurlaub sei) gefragt habe, ob sie mit zu einem Mandantentreffen in Sachen Holocaust-Fälle mit nach Israel kommen würden. Bislang habe sich aber noch kein Mitarbeiter bereit erklärt. Adele sagt vorerst nichts dazu. Auf dem Heimweg und auch in den folgenden Tagen kann sie allerdings kaum an etwas anderes denken und wartet ständig darauf, von Adam ebenfalls angesprochen zu werden. Die Tage vergehen ... Zwei Wochen später ist sie immer noch nicht gefragt worden. Sie kann sich allerdings nicht erklären warum. Bisher hat sie immer ausgezeichnete Arbeit geleistet und ist, zumindest in den ersten Monaten, auch häufig dafür gelobt worden. Kurz darauf, als sie mit ihrer Kollegin Claudia gemeinsam beim Mittagessen sitzt, spricht sie diese auf den Flug nach Tel Aviv an. Auch Claudia war von Adam gebeten worden, ihn dorthin zu begleiten. Sie hatte jedoch mit der Begründung abgelehnt, daß schließlich Adele für die Betreuung der Fälle zuständig sei und ihr es doch wohl als erster zustände, nach Israel zu fahren. Adam hatte daraufhin etwas herumgedruckst und schließlich gemeint: „Adele kann ich nicht mitnehmen, die ist zu deutsch und zu blond!" Aufgabe 1 Wie würden Sie das allgemeine Arbeitsklima in der Kanzlei beschreiben? Aufgabe 2 Wie beurteilen Sie die Kommunikationsprozesse in der Organisation? Aufgabe 3 Wie hat Adele Ihrer Meinung auf Adams Äußerung hin nach reagiert? Aufgabe 4 Wie kam es zur beschriebenen Situation? Wer hat welche Fehler gemacht? Aufgabe 5 Kann man die Situation „retten"? Wenn ja, wie?
Die Anwaltskanzlei
19
Lösung Aufgabe 1 In der Kanzlei herrscht eine gespannte Lage. Von einem angenehmen Arbeitsklima kann nicht mehr gesprochen werden. (Offizielle) Kommunikations- und Informationsflüsse funktionieren schlecht. Die Mitarbeiter sind demotiviert, tragen sich mit dem Gedanken eines Arbeitsplatzwechsels.
Aufgabe 2 Die Kommunikationsprozesse in der Organisation funktionieren nicht mehr richtig. Informationsflüsse sind weder von oben nach unten noch umgekehrt garantiert. Kommunikation soll im Unternehmen vier Aufgaben erfüllen: Information, Motivation, Ausdruck von Emotionen und Kontrolle. Im vorliegenden Fall werden diese Aufgaben schlecht bzw. nicht erfüllt: •
über den wahren Stand der Dinge werden Mitarbeiter und Partner nicht informiert, was zu Gerüchte und falschen Schlußfolgerungen führen kann;
•
Kommunikation wurde schon lange nicht mehr zum Zwecke der Motivation eingesetzt, was Mitarbeiter vielleicht auch als Geringschätzung ihrer Leistung interpretieren;
•
Emotionen sind bei Adam nicht sichtbar, und wenn, dann in Form von cholerischen Ausbrüchen;
•
Kontrollieren möchte Adam sicher schon, setzt dabei aber nicht immer am richtigen Punkt an.
Aufgabe 3 Adele ist enttäuscht. Sie hat erwartet, daß sie Adam auf der Reise nach Tel Aviv begleiten kann. Sie kann nicht verstehen, daß Adam nicht mit ihr gesprochen hat und daß er - praktisch hinter ihrem Rücken - alle anderen Mitarbeiter informiert hat. Sie interpretiert dies folgerichtig als Vertrauensbruch. Sie hat nach einiger Zeit Adam darauf angesprochen und nach einer Erklärung für sein Verhalten gesucht. Sicher wird sie nun ihre Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen, beispielsweise indem sie die Kanzlei nach erfolgreicher Promotion verläßt.
Aufgabe 4 Der vorliegende Fall ist wahrscheinlich nur ein Beispiel für schlechte Kommunikation innerhalb der Kanzlei. Nach Trennung der beiden Partner folgte sofort die Fusion mit einer anderen Kanzlei, ohne die Gründe der Trennung vom alten Partner genau zu analysieren, die Organisationsstrukturen zu überdenken und vielleicht an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen. Die Mitarbeiter der beiden neuen Partner kennen einander kaum persönlich, Kommunikationsflüsse sind nicht optimal. Es kann vermutet werden, daß zwischen anderen Mitarbeitern auch bereits auf schlechte Kommunikation zurückzuführende Probleme bestehen. Adam hat versäumt, rechtzeitig mit Adele unter vier Augen zu sprechen. Er hätte ihr das Problem und seine - interkulturellen - Bedenken offen darlegen sollen. Noch
20
A - Management
schlimmer, als nicht mir Adele darüber zu sprechen, ist aber, daß er alle anderen Mitarbeiter - hinter Adeles Rücken - über seine Bedenken in Kenntnis gesetzt hat. Auch für die Mitarbeiter ist dies ein schwieriger Fall: Hermann hat die geplante Reise nur beiläufig erwähnt, ohne zu wissen, daß Adele nichts von den Plänen ahnt. Er befand sich dann mehr oder weniger in einer Zwangslage, mußte ihr praktisch „reinen Wein einschenken". Claudia rückte erst mit der Sprache heraus, als Adele sie konkret darauf ansprach. Sie hätte vielleicht auch eher etwas sagen können, nachdem sie das Reiseangebot schon mit einer plausiblen Begründung abgelehnt hat.
Aufgabe 5 Die Situation zu retten, wird schwierig werden. Adele wird das Ereignis nicht so schnell vergessen können. Angesichts des derzeitigen Arbeitsklimas ist es nur wahrscheinlich, daß sie sich auch nach einer anderen Stelle umsieht. In Anbetracht der Kündigungen anderer frustrierter Mitarbeiter sollte Adam aber um jeden fähigen Mitarbeiter kämpfen (vgl. Motivation). Wenn es schon aufgrund der interkulturellen Spannungen nicht möglich ist, Adele mit zur Verhandlung nach Israel zu nehmen, so sollten ihr doch zumindest eine vergleichbare Chance und langfristig berufliche Aufstiegschancen geboten werden.
Projekt-Mißmanagement oder Theorie vs. Praxis
21
2 Projekt-Mißmanagement oder Theorie vs. Praxis 4 Theorie ist, wenn jeder weiß, wie's geht, aber nichts klappt. Praxis ist, wenn alles klappt, aber keiner weiß, warum. Uns ist es gelungen, Theorie und Praxis zu verbinden: bei uns klappt nichts, und keiner weiß, warum. (unbekannt)
Aufgrund ihrer Komplexität sind Projekte in der Regel von Unsicherheit behaftet und Entwicklungen nicht immer vorhersehbar. Dementsprechend zahlreich sind die Beispiele, in denen Projekte - aus welchen Gründen auch immer - gescheitert sind bzw. von nur mäßigem Erfolg gekrönt waren; jedenfalls anders gelaufen sind, als dies ursprünglich geplant war. Das nachfolgende Beispiel fügt sich hier nahtlos ein. Anfang 1998 hatte eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern und Praktikern aus Österreich die Idee, gemeinsam eine Studie zu den Marktgegebenheiten auf dem Gesundheitssektor im arabischen Raum durchzufuhren. Finanziert werden sollte die Studie mithilfe des Studienfonds einer Bank, deren wesentliche Aufgabe darin besteht, die staatliche Exportförderung zu koordinieren. In den arabischen Ländern besteht ein großer Nachholbedarf auf dem Medizinsektor, den man für die einheimische Industrie konkretisieren wollte. Verschiedene Gutachten von Unternehmen wurden eingeholt, die die vermuteten Potentiale bestätigten. Im Herbst 1998 wurde das Projekt genehmigt. Das Projektteam unter Leitung des österreichischen Ingenieurbüros A. setzte sich wie folgt zusammen: Projektleitung
Non-profit-Organisation G. Herr E. - 54 Jahre, Generalsekretär
Koordination
Ingenieurbüro A. Herr F. - 60 Jahre, Ingenieur, Geschäftsführer Herr C. - 30 Jahre, Ingenieur, Mitarbeiter des Ingenieurbüros A.
Sachbearbeiter
Herr P. - 45 Jahre, Statistiker, Professor an einer österreichischen Universität Herr S. - 38 Jahre, Ökonom, Professor an einer deutschen Hochschule Frau D. - 26 Jahre, Betriebswirtin, Assistentin von Herrn S.
Konsulenten
Herr K. - 50 Jahre, Jurist, Geschäftsführer eines international tätigen Unternehmens der Medizintechnik Herr W. - 67 Jahre, Ingenieur, pensionierter Generaldirektor eines großen Konzerns der Medizinbranche
Abbildung 2-1 Zusammensetzung
des
Projektteams
Nachdem das Projekt genehmigt und die Bank die Finanzierung zugesichert hatte, wurde auf der ersten Projektsitzung die weitere Vorgehensweise beschlos-
4
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Projektmanagement, Fulda 2001, 73ff
A - Management
22
1. Darstellung des Projektablaufs 2. Diskussion und Definition der Projektziele 3. Vorschlag fur die Erhebungsparameter 4. Diskussion und eventuelle Ergänzungen 5. Erklärung der Ableitung des Erhebungsmodells 6. Darstellung des Erhebungsmodells 7. Aufgabenverteilung für die Erhebungsphase 8. Festlegung des weiteren Zeitablaufes und des Informations- und Datentransfers Der Projektablauf war wie folgt geplant: 1. Definition der Projektziele
• • • •
2.
Erhebung und Dokumentation der bestehenden Unterlagen
• • • •
3. Örtliche Erhebungen der bestehenden Situation
• • • •
4. Ganzheitliche Darstellung des Projektes unter Beachtung der vernetzten Zusammenhänge und Synergien (Sensitivitätsmodell)
•
5. Ableitung von Planungsparametern in Form eines Pflichtenheftes zur Erreichung der Projektziele
•
6. Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen auf Basis des Pflichtenheftes
• •
•
• •
•
Erhebungen und Besprechungen mit Betroffenen und Entscheidungsträgern Dokumentation und Ableitung angestrebter Lösungen Abstimmung mit den Entscheidungsträgern Formulierung der Projektziele (Was wollen wir?) Erhebungen bestehender Informationen, Statistiken und sonstiger schriftlicher Unterlagen Dokumentation mit funktionellem Bezug der Informationen Interpretation der Relevanz der Verwendbarkeit in Erreichung der definierten Projektziele eventuell erforderliche Rücksprachen mit den Erstellern der Unterlagen Ergänzungen der Unterlagen und Informationen durch Vor-OrtErhebungen digitale Fotodokumentation relevanter Einrichtungen Erhebung bestehender Organisationsabläufe Erhebung der Aufbau- und Ablauforganisation des Gesundheitsdienstes (System und personelle Besetzung) Definition der Systemelemente (Strukturen, Abläufe, Nutzenparameter, Qualitätsparameter usw.) Bestimmung der Abhängigkeiten mittels Einflußmatrix systemanalytische Auswertung und Interpretation in bezug auf die angepeilten Projektziele
Darstellung von Teilszenarien, welche die Projektziele im Zusammenhang mit der Ist-Situation aufzeigen aus den Erkenntnissen dieser Zusammenhänge Ableitung von Vorgaben (bzw. Empfehlungen), in Abstimmung mit den Auftraggebern, für die Planung Verfassen des Pflichtenheftes interdisziplinäre Teamarbeit für die Ideenbringung von Lösungen zur Erreichung der Projektziele unter Beachtung der Vorgaben des Pflichtenheftes eventuell Einschaltung externer Experten oder internationaler Konsulenten
Projekt-Mißmanagement oder Theorie w. Praxis 7.
8.
9.
Bewertung und Selektion der eingeholten Lösungsvorschläge
•
objektive Bewertung in Relation des Zielerreichungsgrades auf Basis des Pflichtenheftes mit den Erkenntnissen des Systemansatzes
•
subjektive Bewertung in Abstimmung mit den Entscheidungsträgern
•
Selektion der Lösung für die Weiterbearbeitung
•
eventuell erforderliche Anpassung an zusätzliche Vorgaben
Kosten-Wirksam• keits-Analysen der einzelnen Lösungs- • vorschläge Definition der selektierten Lösungsvorschläge
Abbildung 2-2 Geplanter
23
Darstellung der Gesamtwirkungen im System und Beschreibung der sich bei der Umsetzung ergebenden Nutzenkomponenten generelle Kostenberechnung für die Abwicklung (eventuell Simulation der Varianten)
•
Beschreibung der Maßnahmen
•
Darstellung der Umsetzungsstrategien
•
Darstellung des erzielbaren Gesamtnutzens
•
Auflistung der erforderlichen Kosten
•
politische, funktionelle und organisatorische begleitende Maßnahmen zur optimalen Erreichung der Zielvorgaben Projektablauf
Das grundsätzliche Projektziel bestand darin, Exportmöglichkeiten österreichischer Unternehmen auf dem Gesundheitssektor in den arabischen Ländern zu analysieren bzw. zu prognostizieren. Dazu sollten das Angebot der österreichischen Firmen und die Nachfrage in den arabischen Ländern gegenübergestellt und Möglichkeiten zur Intensivierung der Exporte aufgezeigt werden. Die österreichische Angebotspalette betreffend sollten dazu folgende Punkte untersucht werden: •
österreichische Warenexporte - Schwerpunkt Medizintechnik und Pharmazie
•
Planungs- und Beratungsleistung auf dem Gesundheitssektor (gesundheitspolitische und administrative Bereiche, z.B. Dokumentationssysteme, Finanzierungs- und Abrechnungsmodelle für Gesundheitsleistungen usw.)
•
Durchführung von Turn-key-Projekten für Gesundheitseinrichtungen
•
Software und Know-how-Transfer speziell im Bereich der Telekommunikation im Gesundheitswesen (z.B. Krankenhausinformationssysteme, Systeme der Teleconsulting wie Teleradiologie, Teledermatologie, Telepathologie, Telediagnostik usw.)
•
österreichische Investitionen für Gesundheitseinrichtungen in den arabischen Ländern
Zusätzlich wollte man sich in bezug auf die arabische Nachfrage noch folgenden Schwerpunkten widmen: •
potentielle Erlöse durch Behandlung arabischer Patienten in Österreich
•
etwaige Einnahmen für die österreichischen Krankenversicherungen durch gegenseitige Abkommen
•
indirekte Erlöse über Umwegrentabilitäten (z.B. Kuraufenthalte)
A - Management
24 •
mögliche arabische Investitionen im österreichischen Gesundheitsbereich
•
eventuelle Erlöse durch den Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse
Weiters wollte man ein auf Frederic Vesters Sensitivitätsmodell5 basierendes Modell entwickeln, das Zusammenhänge und Wechselwirkungen der betrachteten Problembereiche widerspiegelt. Das zur Verfugung stehende Gesamtbudget belief sich auf etwas unter € 150.000. Die Aufgabenverteilung im Team war wie folgt vorgesehen: Non-profitOrganisation G.
•
Ingenieurbüro A. • •
Auftragsakquisition und administrative Abwicklung Erstellung eines Fragebogens, mittiitfe dessen vor Ort umfangreiche Daten zum medizinischen status quo erhoben werden sollten Entwicklung eines Modells zur Darstellung von Zusammenhängen und Wechselwirkungen der betrachteten Problembereiche
•
Einspeisung der erhobenen Daten
Sachbearbeiter
•
Sammlung volkswirtschaftlicher und gesundheitsspezifischer Daten zu Österreich und den einzelnen arabischen Ländern
Konsuienten
•
Bereitstellung spezifischer, mit der Abwicklung von Exporten und Direktinvestitionen in Zusammenhang stehender Informationen
Abbildung 2-3 Geplante
Aufgabenverteilung
Aufgrund der großen räumlichen Distanz zwischen den einzelnen Projektmitarbeitern verließ man sich auf die moderne Technik. Das heißt, Daten und Informationen wurden nahezu ausschließlich per E-Mail ausgetauscht. Kleinere Unklarheiten wurden ab und zu in einem Telefongespräch geklärt. Zu einer wirklichen Diskussion gab es nur während der alle paar Wochen stattfindenden Projektsitzungen Gelegenheit. Daran nahmen aber nicht immer alle Projektmitarbeiter teil. Zur Abwicklung des Projekts war ein Zeitraum von sechs Monaten vorgesehen. Es zeigte sich jedoch recht schnell, daß eine Realisierung innerhalb dieser sechs Monate aus verschiedenen Gründen nicht möglich war. So erwies es sich wesentlich schwieriger als ursprünglich angenommen, die nötigen statistischen Daten zu beschaffen. Auch funktionierte die Zuarbeit aus den Zielländern bei weitem nicht wie erhofft. Quantität und Qualität der zugelieferten Daten waren sehr unterschiedlich, so daß eine Vergleichbarkeit nicht immer gewährleistet war. Die Projektabwicklung zog sich also immer mehr in die Länge. Schon mehrmals war bei der finanzierenden Bank eine Verlängerung des Projektzeitraums beantragt worden. Nun aber stand fest, daß spätestens Ende März 2000 der Abschlußbericht abgeliefert werden sollte.
5
vgl. Vester, Frederic; Hesler, Alexander von: Sensitivitätsmodell, Frankfurt/M. 1980
Projekt-Mißmanagement oder Theorie vs. Praxis
25
Allmählich machte sich Hektik breit. In einer für ein Wochenende Ende Februar angesetzten Projektsitzung, an der erstmals alle Beteiligten teilnahmen, hoffte man, all jene Erkenntnisse zu gewinnen, zu denen man es während der letzten Monate nicht gebracht hatte. Es dauerte jedoch eine Weile, bis man zum „wirklichen Anliegen" der Sitzung vordrang. Man hatte sich ja lange nicht gesehen und nutzte die kostbare Zeit zunächst, um Neuigkeiten auszutauschen. Man sprach über Golfhandikaps, die letzten Reisen oder begab sich gar auf die Suche nach potentiellen Kandidaten für eine neu zu besetzende Professorenstelle. Als wesentliche Voraussetzung das Gelingens/Mißlingens des gegenständlichen Projekts erwiesen sich die handelnden Beteiligten, d.h. ihre Eigenschaften und ihr Verhalten. Aus diesem Grund seien im folgenden einige Charakteristika skizziert. Herr P.
• • •
Herr F.
•
Herr C.
• • •
HerrW.
• •
Herr K.
• •
Herr E.
•
Herr S.
•
Frau D.
•
schüchtern, nervös und unsicher wurde relativ oft in dienstlichen Angelegenheiten auf seinem Handy angerufen und fand dadurch nicht die für das Projekt nötige Ruhe hatte am Tage der Projektsitzung mit einer Gelenkentzündung im Zeigefinger infolge übermäßiger Bedienung der Maustaste zu kämpfen, die ihn mehr oder weniger „gefechtsunfähig" machte war relativ teilnahmslos, brachte sich zur Sache praktisch nicht ein, unterhielt sich aber gut mit alten Bekannten über seine bisherigen Erfolge vergaß, als er vorzeitig das Geschehen verließ, in der „Hektik" seine Aktentasche äußerst schüchtern versteckte sich hinter seiner Computertechnik, die aber letztendlich nicht richtig funktionierte erwartete als „Herr der alten Schule", daß seine Anregungen kritiklos aufgenommen werden versuchte wiederholt, Frau D. - die einzige Frau im Bunde - mit seinem Charme zu beeindrucken eleganter Herr in den besten Jahren traf wesentlich verspätet als letzter ein, eine „liebenswürdige" Eigenschaft, die ihn stets begleitet, wie Herr W. lächelnd anmerkte versuchte abwechselnd, die Anwesenden zur Sache zu rufen, und mit seinem Charme ebenfalls zu beeindrucken setzte sich diskret in einer wichtigen Phase der Sitzung aus nicht weiter erläuterten Gründen für längere Zeit ab versuchte von Anfang an, der Sache mit dem nötigen Emst zu begegnen, was sich durch die allgemeinen Umstände aber als schwieriges Unterfangen envies
Abbildung 2-4 Charakteristika der Beteiligten
Als sich endlich alle mit dem eigentlichen Diskussionsgegenstand befassen konnten, traten bisher unterdrückte Probleme ans Tageslicht. Im Projektverlauf hatte sich gezeigt, daß die geplante Erstellung eines Modells mit den spärlich vorhandenen Daten gar nicht realisierbar war. Kurzerhand wurde daher beschlossen, das vom Ingenieurbüro A. erstellte Modell zu kippen, wodurch das Projekt einen erheblichen Teil seiner Grundlage verlor. Übrig blieb lediglich
26
A - Management
eine mehr oder weniger vollständige Ansammlung statistischer Daten, die durchaus auch von einer einzigen Person mit Hilfe verschiedener Quellen hätte zusammengetragen werden können. Einige entscheidende Erkenntnisse wurden von den externen Konsulenten Herrn K. und Herrn W. beigetragen, die aus ihren langjährigen Erfahrungen im Export schöpfen konnten. Herr E. ließ schließlich seine umfassenden Kontakte spielen und trug in den Tagen nach der Sitzung per Telefon und Fax noch schnell einige Informationen aus den Zielländern zusammen. Herr S. und Frau D. verarbeiteten diese Informationen dann schließlich innerhalb kürzester Zeit zu einem 250 Seiten zählenden Abschlußbericht, der einige Tage später der Bank vorgelegt, von dieser abgenommen und etwas später einem interessierten Fachpublikum auch erfolgreich präsentiert wurde. Da das beabsichtigte Modell letztendlich nicht entwickelt wurde und sich das Ingenieurbüro A. in den letzten Phasen des Projekts auch nicht unbedingt kooperativ zeigte, beschloß Herr E. schließlich (auch vor dem Hintergrund der finanziell mißlichen Lage seiner Non-profit-Organisation), deren Honorar um die Hälfte zu kürzen. Herr F. vom Ingenieurbüro A. ist nun gerade dabei, den ihm seiner Meinung nach noch zustehenden Restbetrag einzuklagen. Während mittlerweile auch Herr P. einen Teil seiner zugesprochenen Vergütung erhalten hat, warten Herr S. und Frau D. - aus obigem Grund - noch immer auf ihr Geld. Aufgabe 1 Arbeiten Sie die wesentlichen Projektschritte heraus! Aufgabe 2 Wer hätte welche Beiträge leisten können bzw. sollen? Aufgabe 3 Wer hat welche Fehler gemacht? Versuchen Sie, die Ursachen des Mißerfolges im Verlauf der Bearbeitung der Studie zu erklären! Aufgabe 4 Wie hätte man die Erhebungen in den Zielländern optimal organisieren können? Aufgabe 5 Wie hätte man den Prozeß effektiver gestalten können? Wie könnte man eine derartige Studie optimal durchführen?
Projekt-Mißmanagement oder Theorie vs. Praxis
27
Lösung Aufgabe 1 Geplanter Ablauf
Tatsächlicher Ablauf
• •
• • • •
• •
•
• • • •
Definition der Projektziele Erhebung und Dokumentation der bestehenden Unterlagen Ortliche Erhebungen der bestehenden Situation Ganzheitliche Darstellung des Projektes unter Beachtung der vernetzten Zusammenhänge und Synergien (Sensitivitätsmodell) Ableitung von Planungsparametern in Form eines Pflichtenheftes zur Erreichung der Projektziele Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen auf Basis des Pflichtenheftes Bewertung und Selektion der eingeholten Lösungsvorschläge Kosten-Wirksamkeits-Analysen der einzelnen Lösungsvorschläge Definition der selektierten Lösungsvorschläge
• • • •
Zusammenstellen des Projektteams Verteilung der Aufgaben Festlegen der Ziele Sammlung statistischer Daten (allerdings langsam und unvollständig) Neudefinition der Ziele, da Modell nicht realisierbar „Feuerwehreinsätze" nach Überziehung des Zeitrahmens Zusammenstellung der vorhandenen Daten zu einem Abschlußbericht Präsentation der Ergebnisse
Abbildung 2-5 Geplanter vs. tatsächlicher Ablauf des Projekts
Aufgabe 2
Non-profitOrganisation G. - Projektleitung
Sollen
Können
•
• •
Auftragsakquisition und administrative Abwicklung
•
• Ingenieurbüro A. • - Koordination
•
• Sachbearbeiter
•
Erstellung eines Fragebogens, mithilfe dessen vor Ort umfangreiche Daten zum medizinischen status quo erhoben werden sollten Entwicklung eines Modells zur Darstellung von Zusammenhängen und Wechselwirkungen der betrachteten Problembereiche Einspeisung der erhobenen Daten
• • • • •
•
Sammlung volkswirtschaftlicher und • gesundheitsspezifischer Daten zu Österreich und den einzelnen arabi- • schen Ländern
Planen und Koordinieren Fristen setzen und auf deren Einhaltung drängen Setzen von Teilzielen und Erfolgskontrolle in Zusammenarbeit mit der Koordination vorhandene Kontakte früher nutzen Projektkoordination effektiver gestalten effektive Kommunikation mit Team Termineinhaltung kontrollieren mehr Engagement zeigen Entsendung von Vertretern in die Zielländer zur Absicherung der Zuarbeit aus diesen Ländern Feedback an alle Beteiligten bessere Verteilung der Aufgaben untereinander regelmäßige Zuarbeit einfordern: Nachfragen nach Materialien, die zugearbeitet werden sollten
28
A- Management Bereitstellung spezifischer, mit der Abwicklung von Exporten und Direktinvestitionen in Zusammenhang stehender Informationen
mehr Engagement und Beteiligung Zeitablauf beschleunigen (wie es sich zeigte, konnten wichtige Informationen in relativ kurzer Zeit beschafft werden)
Abbildung 2-6 Erwartete/mögliche Beiträge der Beteiligten
Aufgabe 3 Fehler und Ursachen des Mißerfolgs • •
•
späte Reaktion aller Beteiligten räumliche Distanz: Kommunikation und Interaktion hätte effektiver gestaltet werden müssen; vorhandene Kommunikationsmittel wurden nicht optimal genutzt Mitarbeiter arbeiteten nicht konsequent genug an Zielerreichung
Allgemein
• • • • •
bei Projektsitzungen nie alle Teammitglieder anwesend mangelnde Zuarbeit, fehlendes Feedback mangelhafte Koordination und Kooperation Nichteinhaltung der Zeitvorgaben keine Konsequenzen bei Nichterfüllung, erst am Ende droht Honorarkürzung
Non-profitOrganisation G. Projektleitung
• • •
exakte und verbindliche Zeitvorgaben fehlten kein Feedback mehr Konzentration auf das Projekt
•
hätte energischer eingreifen müssen, als große Abweichungen vom Plan sichtbar waren
Herr F.
• •
wirkt zerstreut, unkonzentriert, teilweise desinteressiert fehlendes Engagement, keine Teamarbeit
Herr C.
• • • •
Einzelkämpfer, Analytiker, kein Teamarbeiter wirkt passiv, kann sich nicht wirklich durchsetzen technische Probleme lenken von der eigentlichen Sache ab von Herrn F. im Stich gelassen
Herr P.
• • •
nicht konzentriert, läßt sich leicht ablenken nicht sehr kommunikativ, kein Teamarbeiter fehlendes Engagement
Herr S.
• • •
wirkt desinteressiert setzt andere Prioritäten wird zu spät wirklich aktiv
Frau D.
• •
hätte sich besser durchsetzen sollen hätte andere Beteiligte motivieren können
Herr W.
• •
erst sehr spät wirklich bei der Sache hätte wichtige Informationen eher liefern können
Herr K.
• • •
erst sehr spät wirklich bei der Sache hätte wichtige Informationen eher liefern können Probleme mit eigenem Zeitmanagement
Ingenieurbüro A. Koordination
Sachbearbeiter
Herr E.
Konsulenten
Abbildung 2-7 Fehler und Ursachen des Mißerfolgs
Projekt-Mißmanagement oder Theorie vs. Praxis
29
Aufgabe 4 • Vorabinformationen einholen, ob benötigte Daten schon in irgendeiner Form vorhanden sind • Informationen über Dateninfrastruktur in den Zielländern • Qualität und Quantität der vorhandenen/zu erhebenden Daten: Zugang, Verwendbarkeit, Vergleichbarkeit • landesspezifisch erfahrenen Vertreter bzw. Team vor Ort zur Koordination einsetzen • Einheimische stärker in Datengewinnungsprozeß einbeziehen • vorhandene Kontakte schon eher und besser nutzen Aufgabe 5 • Projekt gründlich planen; Projekt so konstruieren, daß bei Nichterfüllbarkeit einzelner Teilaufgaben nicht das gesamte Projekt „stirbt" • klare Definition von Zielen • optimale Zusammensetzung des Teams • Sicherstellen einer effektiven Kommunikation, Informationsfluß muß gewährleistet sein • regelmäßige Besprechungstermine zum Zweck der Zwischenergebniskontrolle und Motivation schon zu Beginn einplanen und festlegen • Erstellen eines Zeit- und Finanzplans • konkrete Aufgabenverteilung • mögliche Konsequenzen bei Nichterfüllung diskutieren •
Motivationsmaßnahmen
• regelmäßige Überprüfung der (Zwischen-)Ergebnisse, Zwischenberichte • zwischen den Projektsitzungen auftauchende Probleme sofort diskutieren (effektivere Kommunikation) • Erfahrungen und Kompetenzen der Mitarbeiter effektiv nutzen • Möglichkeit, flexibel auf Unvorhergesehenes zu reagieren; Notfallplan
A — Management
30
„Der Papa wird's schon richten, das gehört zu seinen Pflichten." (Gerhard Bronner6)
Freie Stellen Das Museum in Waldwinkel sucht Sommerpersonal (Mai bis September).
Wir suchen folgendes Sommerpersonal: •
Museumswächter im Schloß-Museum, im Freilichtmuseum und im Alten Gefängnis (Teilzeit)
•
Verkäufer im Schloß-Museum und im Freilichtmuseum (Teilzeit)
•
Schloßführer im Schloß-Museum (Stundenlohn ca. 11 €/Stunde)
•
Reinigungspersonal für das gesamte Museumsgebiet von Anfang April bis Ende September (Teilzeit und Vollzeit)
•
Nachwächter für das gesamte Museumsgebiet (Teilzeit)
Anforderungen für alle Stellen •
Mindestalter 18 Jahre
•
gute Kenntnisse in Englisch, idealerweise auch Französisch (keine Voraussetzung bei Reinigungspersonal und Nachtwächter)
•
gutes Ausdrucksvermögen, Teamfähigkeit und Kundenfreundlichkeit
Interesse an und Kenntnisse in Geschichte sowie Kenntnisse in anderen als den genannten Sprachen sind förderlich. Senden Sie Ihre Bewerbung mit Lebenslauf (Zeugnis muß nicht beigelegt, beim Vorstellungsgespräch aber vorgewiesen werden) an: Museum Waldwinkel Sommerpersonal Waldstraße 11 12345 Waldwinkel oder an: [email protected]
Achtung: Das Museum kann keine Unterkünfte für Sommerpersonal bereitstellen, hilft aber gerne bei der Suche.
6
Der Qualtinger - ein kabarettistisches Porträt (CD), Preiserrecords 1987
Der Sommerjob
31
Wie jedes Jahr sucht das Museum Waldwipkel auch für diese Saison wieder Sommerpersonal, um den Museumsbetrieb während des großen Ansturms in den Sommermonaten aufrechterhalten zu können. Ähnliche wie die vorliegende Anzeige wurden in verschiedenen Zeitungen und im Internet geschaltet, die Resonanz war zufriedenstellend. Björn Bär, verantwortlicher Bereichsleiter des Museums, ist für die Durchführung der Vorstellungsgespräche verantwortlich. Bei diesen Gesprächen sah er auch einige aus den Vorjahren bereits bekannte Gesichter wieder. Eine der Bewerberinnen hat bereits mehrere Male im Museum gearbeitet, allerdings waren dabei ihre Arbeitsleistungen und ihr Engagement immer schlechter geworden. Außerdem war sie mehrmals äußerst unfreundlich mit den Museumsbesuchern umgegangen. Björn beschloß daraufhin, die Bewerberin für dieses Jahr nicht zu engagieren. Allerdings ist der Vater der Bewerberin im Parlament der Landesregierung vertreten. Wenige Tage nach der Ablehnung der Bewerberin rief der Vater bei Björn an und drohte mit Konsequenzen, falls seine Tochter nicht eingestellt würde. Aufgabe 1 Wie würden Sie nun entscheiden? Nutzen Sie für Ihre Überlegungen den Entscheidungsbaum von Vroom & Yetton! Björn Bär ließ sich von den Drohungen der Parlamentsabgeordneten nicht erweichen. Um sich allerdings abzusichern, meldete er diesen Vorfall seinem Vorgesetzten, dem Leiter des Museums in Waldwinkel. Dieser wiederum leitete den Akt an die höchste Instanz, den Kultusminister, weiter. Aufgabe 2 In welchen Schritten laufen die Entscheidungsprozesse ab? Welche Probleme können bei Entscheidungsprozessen im allgemeinen auftreten? Aufgabe 3 Woraus kann Macht resultieren? Wie versucht der Parlamentsabgeordnete im vorliegenden Fall, seine Ziele zu erreichen?
32
A-
Management
Lösung Aufgabe 1
Entscheidungsmodell von Vroom und Yetton7 Ausgehend von der Annahme, daß es einen „Allround-Führungsstil", der sich in jeder Situation erfolgreich einsetzen läßt, nicht gibt, entwickelten Vroom und Yetton (1973) ein Entscheidungsmodell, aus dem für jede Entscheidungssituation ein angemessener Führungsstil abgeleitet werden kann. Dabei wird von fünf grundsätzlich möglichen Entscheidungsstrategien ausgegangen: •
Al- Autoritäre Entscheidung
Der Manager löst das Problem allein und trifft die Entscheidung auf Grundlage der im Moment verfügbaren Informationen. •
All - Autoritäre Entscheidung nach Einholung von Informationen bei Mitarbeitern
Der Manager verschafft sich die für die Entscheidung notwendigen Informationen und entscheidet dann selbst über die Lösung des Problems. Aufgabe der Mitarbeiter ist dabei lediglich die Informationsbeschaffung. •
Bl - Konsultative Entscheidung, alleinige Entscheidung nach individueller Beratung durch Mitarbeiter
Der Manager bespricht das Problem mit einzelnen Mitarbeitern, jedoch nicht in der Gruppe. Er informiert sich über Ideen und Vorschläge und trifft danach selbst die Entscheidung. Dabei kann die Entscheidung Ideen der Mitarbeiter enthalten, muß aber nicht. •
Bll - Konsultative Entscheidung, alleinige Entscheidung nach Beratung mit der Gruppe
Der Manager diskutiert das Problem mit den Mitarbeitern im Rahmen einer Gruppenbesprechung und trifft danach selbst die Entscheidung, die auch Ideen der Mitarbeiter enthalten kann, aber nicht muß. •
Gll - Gruppenentscheidung
Der Manager diskutiert das Problem zusammen mit den Mitarbeitern in einer Gruppendiskussion. Die Beteiligten entwickeln gemeinsam Lösungsmöglichkeiten und versuchen, zu einer Übereinstimmung zu kommen. Der Manager nimmt dabei die Rolle eines Moderators ein. Er ist zur Annahme und Verantwortung jeder Entscheidung bereit, die von der Mitarbeitergruppe gewünscht und unterstützt wird. Den Kern des Entscheidungsmodells von Vroom und Yetton stellt der „Entscheidungsbaum" dar. Durch Beantwortung verschiedener Fragen gelangt man mit Hilfe des Entscheidungsbaums zu(r) für die jeweilige Situation geeigneten Entscheidungsstrategie(n).
7
vgl. Steyrer, Johannes: Theorien der Führung, in: Kasper, H., Mayrhofer, W. (Hrsg.): Personalmanagement - Führung - Organisation, Wien 1996, 212f
Der Sommerjob Α
Β
C
D
Ε
F
33
G | Al. All, Bl, Bll, GM |GII [Al, All, Bl, Bll, GM [Al, All, Bl, Bll |GII |BII [Bl, Bll [All, Bl, Bll Bl, Bll, GM | Bll | Bll, GH |GII
Fragen zur Strukturierung des Entscheidungsproblems Α Gibt es ein Qualitätserfordernis: ist vermutlich eine Lösung rationaler als eine andere (spielen juristische, technische oder wirtschaftliche Sachverhalte eine Rolle)? Β Habe ich genügend Informationen, um eine qualitativ hochwertige Entscheidung zu treffen (sind die benötigten Informationen beschaflbar)? C Ist das Problem strukturiert (weiß ich, wie ich vorgehen muß)? D Ist die Akzeptierung der Entscheidung durch die Mitarbeiter für die effektive Ausführung und deren Folgen wichtig? Ε Wenn ich die Entscheidung selbst treffen würde, würde sie dann von Mitarbeitern akzeptiert werden? F Teilen die Mitarbeiter die Organisationsziele, die durch die Lösung des Problems erreicht werden sollen? G Werden die bevorzugten Lösungen vermutlich zu Konflikten unter den Mitarbeitern führen?
Abbildung 3-1 Analyse des Falls mit Hilfe des Entscheidungsbaums
von Vroom und Yetton
Es zeigt sich, daß im vorliegenden Fall jeder Entscheidungsstil angewandt werden könnte. In bezug auf die Auswahl der Entscheidungsstrategie ist die Angelegenheit nicht so heikel.
Aufgabe 2 Der Prozeß der Entscheidung besteht auch hier - wie im allgemeinen - aus folgenden Schritten: Formulierung des Problems, Präzisierung der Ziele, Erforschung der Alternativen des Handelns, Ermittlung der Restriktionen für mögliche Alternativen, Prognose der Ergebnisse und Auswahl einer Alternative. Mögliche Probleme: •
fehlende Entscheidungsfreude der einzelnen Mitarbeiter,
34
A - Management
•
fachlich unrichtige Entscheidungen (wirtschaftlicher und technischer Art),
•
mangelnde Möglichkeit der Übernahme von mehr Eigenverantwortung,
•
häufig umständliche und langwierige Entscheidungsprozesse,
•
Beeinflussung von Entscheidungsprozessen durch „politische" Versprechungen und Interventionen.
Aufgabe 3 Mögliche Quellen der Macht sind: •
Positionsmacht entsteht, wenn ein Individuum durch seine Stellung die Möglichkeit erhält, wichtige Ressourcen oder Informationen zu kontrollieren (vgl. Firmenhierarchie).
•
Persönlichkeitsmacht beruht auf Persönlichkeitsmerkmalen eines Individuums. Es kann ein dominantes, autoritäres, selbstsicheres Individuum andere Personen leichter manipulieren als jemand eher schüchterner.
•
Expertenmacht basiert auf der Möglichkeit, eigene Erfahrungen und Kenntnisse zur Manipulation anderer Individuen zu benutzen.
•
Gelegenheitsmacht entsteht, wenn jemand „zur richtigen Zeit am richtigen Ort" ist. Sie kann auch ohne eine einflußreiche Position oder spezifisches Wissen ausgeübt werden.
Der Abgeordnete setzt auf seine Positionsmacht und versucht, Druck auf den Entscheidungsträger auszuüben, um seine Anliegen - koste es, was es wolle - durchzusetzen.
Umstieg auf Bus und Bahn
35
4 Umstieg auf Bus und Bahn 8 „Wir vermochten das Bedürfnis nach neuen Parkplätzen schlicht nicht mehr zu befriedigen." (Projektleiter Mobilitätsmanagement9)
Den Anfang bildete ein scheinbar unlösbares Verkehrsproblem: Die Mitarbeiterzahlen eines in einer Grenzregionen gelegenen Technologiekonzerns waren innerhalb von fünf Jahren um 400 angestiegen. Die Parkflächen an den beiden Unternehmensstandorten wurden aber nicht vergrößert. Die Folge - die Wildparkerei nahm ständig zu, die Beschwerden von Gemeinden und Umweltverbänden häuften sich - bis die Situation eskalierte. Man hatte sich im Konzern auch schon bisher mit Fragen der Mobilität beschäftigt. Allerdings kam der Stein erst durch einen Anstoß von außen ins Rollen. Der geplante Ausbau der Parkflächen wurde zwar genehmigt, allerdings unter der Auflage, eine Lösung für das akute Verkehrsproblem auszuarbeiten. Dazu wurde ein „Projektleiter Mobilitätsmanagement" ernannt, der sich der Problematik gemeinsam mit dem Umweltbeauftragten widmen sollte.
Der Umstieg auf Bus oder Bahn gestaltete sich nicht immer leicht
Der Neubau eines Parkhauses würde den Konzern über 30 Mio. DM kosten, die man aber lieber in neue Produktionsflächen investiert. Im Rahmen einer laufenden Umweltmanagement-Zertifizierung stellte sich heraus, daß der Individualverkehr als Umweltfaktor eine große Rolle spielt. So sprachen neben den finanziellen Aspekten auch noch ökologische gegen den Bau neuer Parkhäuser.
8 9
vgl. Kaletsch, Thorsten: Unaxis - mehr Mitarbeiter, weniger Verkehr, Via 5/2001,43 ebd.
A-
36
Management
Um die Mitarbeiter zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen, wurden verschiedene Neuerungen eingeführt. So wurde beispielsweise ein Mobilitäts-Club gegründet: •
Wer sich verpflichtet, wöchentlich maximal 2x mit dem Privatauto zur Arbeit zu fahren, erhält eine sog. „Plus-Card"-Mitgliedskarte.
•
Wer sich verpflichtet, monatlich maximal 2x mit dem Privatauto zur Arbeit zu fahren, erhält eine sog. „Top-Card"-Mitgliedskarte.
Club-Mitglieder erhalten gratis ein Abo des Öffentlichen Nahverkehrs. TopCard-Inhaber können zudem den firmeneigenen Fuhrpark kostenlos nutzen. Darüber hinaus werden weitere Vergünstigungen gewährt. Mittlerweile konnten bereits 600 der insgesamt 1.600 Mitarbeiter zum Wechsel auf öffentliche Verkehrsmittel überzeugt werden. Durch umfangreiche Investitonen seitens des Konzerns in den öffentlichen Nahverkehr sowie eine neue Kooperation zwischen den einzelnen Verkehrsunternehmen konnten zum Fahrplanwechsel 2001 19 zusätzliche Verbindungen geschaffen und drei neue Buslinien eingerichtet werden. Durch den bisherigen Erfolg optimistisch gestimmt, ist der Konzern gerade dabei, mit den Verkehrsunternehmen Sondertarife auszuhandeln. Zudem möchte man die Bahn dazu bewegen, eine zusätzliche Station in unmittelbarer Unternehmensnähe einzurichten. Ziel des Unternehmens ist es, mittelfristig 55 % der Mitarbeiter zum Wechsel auf öffentliche Verkehrsmittel zu überzeugen. In Zukunft will man nur noch 45 % der Belegschaft einen Parkplatz zur Verfügung stellen. Wie die Verteilung der Parkplätze konkret aussehen soll, ist derzeit noch unklar. Dem Unternehmen ist bewußt, daß dies einen heiklen Eingriff in die persönliche Freiheit seiner Mitarbeiter darstellt. Nach Meinung des Mobilitätsmanagers sind dazu Transparenz, klare Vorgaben und Unnachgiebigkeit vonnöten. Aufgabel Wie ist das vorliegende Problem strukturiert? Versuchen Sie, die oben beschriebene Problematik in einem Netzwerk darzustellen! Erläutern Sie die Zusammenhänge kurz! Aufgabe 2 Welche Ziele hat sich der Konzern gesetzt? Aufgabe 3 Der Projektierter Mobilitätsmanagement wurde kürzlich beauftragt, die Aufteilung der verfügbaren Parklätze anzugehen. Bevor er eine konkrete Aufteilung vornimmt, möchte er sich erst darüber klar werden, wie die Beteiligten zu dieser Problematik stehen und wie das Problem gelöst werden könnte.
37
Umstieg auf Bus und Bahn Lösung
Analyse von Zusammenhängen und Wirkungsbeziehungen10 Netzwerke werden eingesetzt, um Zusammenhänge und Wirkungsbeziehungen eines bestimmten Sachverhalts zu analysieren und überblicksartig darzustellen. Dabei können nicht nur die Wirkungsbeziehungen an sich, sondern auch deren Richtung (gleichgerichtete vs. entgegengerichtete Beziehung) und Fristigkeit (kurz-, mitteloder langfristige Wirkung) einbezogen werden. Nachfolgendes Beispiel soll den Aufbau eines solchen Netzwerks verdeutlichen:
Fristigkeit langfristig
Gleichgerichtete vs. entgegengerichtete Beziehung _+
^
je größer A, umso größer Β bzw. je kleiner A, umso kleiner Β
mittelfristig kurzfristig
Abbildung 4-1 Aufzeigen der Wirkungszusammenhänge men der internationalen Geschäftstätigkeit
Β
je größer A, umso kleiner Β bzw. je kleiner A, umso größer Β
zwischen den Funktionsbereichen
im Rah-
Die festgestellten Wirkungsbeziehungen zwischen den einzelnen Funktionsbereichen können in einem nächsten Schritt interpretiert werden.
10
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft, Frankfurt/M. 2001, 28
A - Management
38 Aufgabe 1
+
^
je größer Α, umso größer Β bzw. je kleiner A, umso kleiner Β
^
je größer A, umso kleiner Β bzw. je kleiner A, umso größer Β
Abbildung 4-2 Zusammenhänge und Wirkungen
Wirkung von ... auf ... Mitarbeiter vorhandene Parkflächen
vorhandene Parkflachen „wilde Parkplätze"
je mehr Mitarbeiter, umso öfter wurde „wild geparkt"
Neubau von Parkflächen Neubau von Parkflächen
„wilde Parkplätze"
Erläuterung der Zusammenhänge je mehr Mitarbeiter, umso weniger reichten die vorhandenen Parkflächen aus
Gemeinden Umweltverbände
je knapper die vorhandenen Parkflächen wurden, umso dringender wurde der Neubau von Parkflächen je mehr die Wildparkerei zunahm, umso dringender wurde der Neubau von Parkflächen je mehr die Wildparkerei zunahm, umso mehr drängten die Gemeinden auf eine Lösung des Problems je mehr die Wildparkerei zunahm, umso mehr dräng-ten die Umweltverbände auf eine Lösung des Problems
Gemeinden
Bauamt
mit dem Ziel, eine Lösung des akuten Verkehrsproblems herbeizuführen, hat die Gemeinde auf das Bauamt eingewirkt
Bauamt
Neubau von Parkflächen
Genehmigung nur unter der Auflage, daß vom Konzern eine Lösung für das Verkehrsproblem ausgearbeitet wird
Umstieg auf Bus und Bahn
Konzern
Verkehrsbetriebe
39
Verkehrsbetriebe
je mehr der Konzern die Verkehrsbetriebe unterstützt, umso eher werden diese bereit sein, spezielle Angebote zu unterbreiten bzw. Zusatzleistungen (wie zusatzliche Linien, Stationen usw.) anzubieten
Mitarbeiter
je attraktiver die Leistungen bzw. das Angebot der Verkehrsbetriebe, umso eher bzw. häufiger werden Mitarbeiter auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigen
Tabelle 4-1 Beschreibung der Wirkungszusammenhänge
Aufgabe 2 Oberziel ist die Lösung des Verkehrsproblems; daraus abgeleitete Teilziele sind folgende: •
Schaffung zusätzlicher Parkflächen
•
Kein Neubau von Parkhäusern
•
Vereinbarung von Sondertarifen mit Verkehrsunternehmen
•
Einrichtung einer zusätzlichen Bahnstation
•
55 % der Mitarbeiter zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegen
•
Verteilung der verfügbaren Parkplätze auf die Mitarbeiter
Aufgabe 3 Beteiligte
Ansichten/Situation
Konzemieitung
• •
Abteilungsleiter Mitarbeiter
den Mitgliedern der Konzernleitung muß sicherlich ein Parkplatz zur Verfügung gestellt werden es sei denn, besonders umweltbewußte Mitglieder möchten mit gutem Beispiel vorangehen
•
ähnlich gestaltet sich die Situation bei den Abteilungsleitern
•
es könnte sein, daß man aufgrund seiner Position auf einen Parkplatz besteht
•
sicherlich werden viele der Mitarbeiter, die sich noch nicht für den Mobilitätsclub entschieden haben, auf einem Parkplatz bestehen
• •
Möglichkeiten der Verteilung: Entscheidung „von oben" -> möglicherweise Akzeptanzprobleme
•
Einbeziehung der Mitarbeiter, die sich noch nicht für den Mobilitätsclub entschieden haben -> wahrscheinlich größere Akzeptanz der Entscheidung Verlosung der Plätze -> Gefahr der Manipulation verhältnismäßige Verteilung pro Abteilung -> innerhalb der Abteilung muß geklärt werden, wer einen Parkplatz erhält -> erneute Diskussion Parkplatz-Rotation -> keine Dauerlösung
• • •
Tabelle 4-2 Beteiligte und deren Ansichten/Situation
Vor der letztendlichen Verteilung der Parkplätze sollte auch geklärt werden, wer beispielsweise aufgrund einer ungünstigen Lage des Wohnortes oder besondere familiäre Umstände auf die Nutzung des Privatfahrzeuges angewiesen ist.
A - Management
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5 Die Prima-Lock GmbH11 „Die bestverschlossene Tür ist die, die man offenlassen kann." (Chinesisches Sprichwort12)
Ende der 1970er Jahre wurde die Prima-Lock GmbH als Familienunternehmen durch Martin Pritz, der zugleich Firmeninhaber und Geschäftsführer ist, gegründet. Die Geschäftstätigkeit beschränkte sich zunächst auf die Herstellung und den Vertrieb von Sicherheitsschlössern und Türbeschlägen. Im Laufe der Zeit kamen Fenstersicherungssysteme und Feuerschutztüren dazu, so daß PrimaLock heute Komplettlösungen für den Bereich der Sicherheitsschließsysteme anbieten kann. Nachdem anfangs neben Pritz und seiner Frau nur fünf Mitarbeiter beschäftigt waren, ist die Beschäftigtenzahl mittlerweile auf 32 Mitarbeiter angestiegen. Pritz erwartet von seinen Mitarbeitern Einsatzbereitschaft und Selbständigkeit. Großer Wert wird auch auf die Fähigkeit, im Team arbeiten zu können, gelegt. Da Pritz ein sehr direkter und offener Mensch ist, pflegt er auch im Umgang mit seinen Mitarbeitern ein solches Verhältnis. Hierarchiestufen sind so gut wie gar nicht ausgeprägt. Die Bürotüren aller Mitarbeiter stehen jederzeit für jedermann offen, auch die Tür des Geschäftsführers. Wichtige Entscheidungen werden von allen Betroffenen gemeinsam besprochen, wobei das letzte Wort nach wie vor beim Geschäftsführer liegt. Obwohl Pritz grundsätzlich Vertrauen zu all seinen Mitarbeitern hat, ist das Vertrauen in letzter Konsequenz doch nicht so groß, daß er einen Stellvertreter ernannt hätte. So bleiben, wenn Pritz abwesend oder auf irgendeine andere Art verhindert ist, wichtige Entscheidungen liegen. Ein dokumentiertes Organigramm des Unternehmens existiert nicht. Ebenso wenig gibt es Ablauf- oder Stellenbeschreibungen. Leitende Funktionen im Unternehmen werden derzeit von folgenden Personen ausgeübt, die dem Geschäftsführer Martin Pritz direkt unterstellt sind: •
Gundula Pritz - Verwaltung/Sekretariat,
•
Sabine Heller - Rechnungswesen/EDV,
•
Elke Michel - Werbung/PR,
•
Tobias Markardt - Verkauf,
•
Gabriele Gebauer - Einkauf,
•
Eberhard Müller - Konstruktion,
•
Alfred Sommer - Produktgruppe Sicherheitsschlösser und Türbeschläge,
" Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Management, München/Wien 2001, 82ff 12 vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002
Die Prima-Lock GmbH •
Dirk Schulze - Produktgruppe Fensterssicherungssysteme,
•
Wolfgang Bachmann - Produktgruppe Feuerschutztüren,
•
Sommer, Schulze, Bachmann - Qualitätssicherung.
41
Martin Pritz, Maschinenbau-Ingenieur, interessiert sich auch heute noch mehr für Technik als für die anfallenden Verwaltungsarbeiten. So kommt es vor, daß er sich tagelang begeistert mit einem neuen Schließmechanismus beschäftigt, während sich auf seinem Schreibtisch unerledigte Akten türmen. Seit rund fünf Jahren ist Prima-Lock auch in Polen und Tschechien aktiv. Nach der erfolgreichen Einrichtung zweier Verkaufsniederlassungen ist nun die Errichtung einer Produktionsstätte in Polen geplant. Zunächst soll dort - wie auch in Deutschland - mit der Herstellung von Sicherheitsschlössern und Türbeschlägen begonnen werden. Eine Ausweitung der Produktion auf andere Bereiche ist mittelfristig ins Auge gefaßt. Alfred Sommer, der schon seit der Unternehmensgründung bei Prima-Lock tätig ist, war zunächst als Leiter der polnischen Produktionsniederlassung vorgesehen, lehnte aber aus Altersgründen ab. Er vertritt die Meinung, daß ein jüngerer Mitarbeiter diese Chance zur persönlichen Weiterentwicklung bekommen sollte. Auch die beiden anderen Produktionsleiter zeigten sich bislang an einer Versetzung nach Polen wenig interessiert. Sie äußerten sich zwar nicht offen dazu, machten aber deutlich, daß sie einer Entsendung nach Polen nur bei Gewährung entsprechender Anreize zustimmen würden. Aufgabe 1 Welche innerbetrieblichen Probleme können Sie bei Prima-Lock identifizieren? Aufgabe 2 Welche Organisationsstruktur wäre Ihrer Meinung nach für dieses Unternehmen sinnvoll? Erstellen Sie ein Organigramm, das den aktuellen Anforderungen gerecht wird! Aufgabe 3 Welche Probleme können in Zusammenhang mit dem Aufbau der polnischen Produktionsniederlassung auftreten?
A - Management
42 Lösung Aufgabe 1 •
unklarer Führungsstil: einerseits Selbständigkeit gefordert, andererseits trifft Geschäftsführer letztendlich Entscheidungen selbst
•
fehlende Regelung der Stellvertretung - ein längerer Ausfall des Geschäftsführers kann zum Stillstand des Unternehmens führen
•
fehlendes Interesse des Geschäftsführers für administrative Aufgaben
•
fehlende Stellenbeschreibungen
•
fehlende schriftlich fixierte Organisationsstruktur
Aufgabe 2 Eine mögliche Organisationsstruktur wäre das Stabliniensystem. Stabsstellen können die Linien bei den Aufgaben entlasten, die nicht unmittelbar in den Kompetenzbereich der Linie fallen. Dabei haben die Stabsstellen keine unmittelbare Entscheidungskompetenz, sondern dienen der Entscheidungsvorbereitung. Die Vorteile einer solchen Organisationsform wären folgende: •
Mitarbeiter können in ihren bisherigen Tätigkeitsfeldern weiterarbeiten;
•
Entlastung des Geschäftsführers durch offizielle Etablierung einer zweiten Ebene (Leiter Konstruktion, Leiter Produktion, Leiter Marketing);
•
wichtige Entscheidungen, z.B. strategische Entscheidungen oder F&E-Entscheidungen bleiben nach wie vor beim Geschäftsführer
Wie das Organigramm der Prima-Lock GmbH aussehen könnte, zeigt die Abbildung auf der folgenden Seite. Aufgabe 3 •
Personalrekrutierung: fehlende Tätigkeits- und Anforderungsprofile; zur Auswahl geeigneter Mitarbeiter sollten zunächst Stellenbeschreibungen erstellt werden
•
interne Personalbeschaffung: Vorteile - Mitarbeiter kennen das Unternehmen, Produktionsprozesse, Geschäftsführer weiß, was er von den Mitarbeitern erwarten kann; Nachteil - evtl. Betriebsblindheit, Versetzung nur durch entsprechende Motivationsmaßnahmen und Anreizsysteme möglich
•
externe Personalbeschaffung: Vorteile - lokales Know-how, neue Inputs; Nachteile - neue Mitarbeiter kennen Unternehmen nicht, Unternehmen kennt sie nicht
•
Finanzierung: Gefahr der Unterschätzung des Finanzierungsbedarfs, Wechselkursschwankungen, Preisschwankungen usw.
•
Umfeld: institutionelle Barrieren - z.B. Behinderung von Direktinvestitionen; verhaltensbedingte Barrieren - marktseitige Barrieren, die sich aus dem Verhalten der Wettbewerber bzw. Abnehmer ergeben (z.B. Boykott der Zulieferer), unternehmensseitige Barrieren, die sich aufgrund ungenügender Information oder psychischer Barrieren ergeben (z.B. ungenügende Marktforschung)
Die Prima-Lock GmbH
Abbildung 5-1 Mögliche Organisationsstruktur der Prima-Lock GmbH
43
A - Management
44
6 Wir bauen auf und reißen nieder... so haben wir Arbeit immer wieder." (unbekannt)
Nach der Wende erlebte die Bauindustrie im Osten Deutschlands einen wahren Bauboom. Tausende von Wohnungen wurden neu gebaut, umgebaut oder saniert. So auch in Blumenstadt. Neben zahlreichen anderen Investoren und Bauherren vergab auch die kommunale Wohnungsgesellschaft fleißig Aufträge. Mittlerweile ist der größte Teil der Wohnungen aus ihrem Bestand saniert, was sich allerdings auch in den finanziellen Reserven widerspiegelt. Förderprogramme boten zwar viele Möglichkeiten, setzten aber gleichzeitig auch Grenzen. So großzügig, wie man den Umbau zu Beginn der Sanierungswelle angegangen war, konnte man schon längst nicht mehr vorgehen. War es zu Beginn beispielsweise noch Standard, Küchen und Bäder in den Wohnungen neu zu fliesen, mußten jetzt die Mieter - sofern sie Wert auf neue geflieste Küche oder Bad legten - einen Großteil der Kosten selbst übernehmen. Bei der Auftragsvergabe im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung an sich schon an bestimmte Vorschriften gebunden, achtete man nun zunehmend auf besonders günstige Angebote. Man war zwar bestrebt, vor allem Firmen aus der Region bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen, doch letztendlich entschied dann doch allein der Preis. Als die Sanierung eines bislang noch „verschonten" Wohnblocks mit 50 Mieteinheiten anstand, entschloß sich der Vermieter aus Kostengründen zu einer Teilsanierung, die unter bewohntem Zustand durchgeführt werden sollte. Mit der Projektierung und Durchführung wurde ein Ingenieurbüro aus der Region beauftragt, mit dem man auch schon bei früheren Aufträgen zusammengearbeitet hatte. Geplant war •
die Anbringung eines Fassadenvollwärmeschutzes,
•
die Sanierung der Dächer,
•
die Errichtung einer Aufzugsanlage,
•
der Einbau neuer Haus- und Hoftüren, Briefkästen,
•
der Einbau einer neuen Klingelanlage mit Wechselsprechfunktion,
•
die Renovierung der Treppenhäuser,
•
die Erneuerung der Elektroinstallation im Kellergeschoß,
•
die Zentralisierung der Elektrozählerplätze,
•
die Erneuerung der Elektrosteigleitung,
•
die Sanierung der vorhandenen Loggien und der Neubau von Baikonen,
Wie bauen auf und reißen nieder.
45
•
der Einbau neuer Fenster,
•
der Einbau neuer Wohnungseingangstüren,
•
die Demontage der Stadtgasleitungen und
•
die Umstellung der Wasserversorgung auf Elektrodurchlauferhitzer.
Die geplanten Kosten der Baumaßnahmen setzten sich wie folgt zusammen: Maßnahmen
Baukosten in EUR
Maßnahmen
Baukosten in EUR
Gerüst
16.000
Bodenbelag Treppenhaus
Fassade
21.000
Elektroinstallation
10.000
Außenanlagen
33.000
Sanitär
59.000
Treppenhaus/Trockenbau
26.000
Heizung
10.000
137.000
Aufzugsanlagen
476.000
Schlosser
Tischler
242.000
Balkonanbau
101.000
Dachdeckung
59.000 160.000
Balkonsanierung
46.000 112.000
Wärmedämmung Gebäudereinigung Malerleistung
4.000
Honorar Baukostenzuschüsse
2.000
20.000
44.000
Gesamtsumme
1.578.000
Tabelle 6-1 Zusammensetzung der Gesamtkosten
Daraus ergab sich eine Kostenbelastung pro Quadratmeter von rund EUR 539. Anfang des Jahres fand eine Versammlung statt, auf der alle betroffenen Mieter über die bevorstehenden Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen informiert werden sollten. Das Sanierungskonzept wurde grob vorgestellt, Verantwortliche und Ansprechpartner genannt. Für die Zeit des Baus wurde in einer freien Wohnung ein Baubüro eingerichtet, in dem die Mieter während der Maßnahmen direkt vor Ort einen Ansprechpartner vorfinden sollten. Aus einem ähnlichen Projekt im Vorjahr, das sich aufgrund verschiedenster Probleme im Ablauf bis in die Adventszeit hineingezogen hatte, hatte man inzwischen Konsequenzen gezogen und den Baubeginn um einen Monat nach vorn verlagert. Baubeginn war nun Mitte März. Die Arbeiten in den Wohnungen sollten maximal 15 Wochen dauern, wobei sich die Arbeiten in einer Wohnung selbst auf sieben - allerdings nicht notwendigerweise zusammenhängende Werktage konzentrieren sollten. Für die Arbeiten am Gebäude waren insgesamt 26 Wochen vorgesehen.
46
A - Management
März
April
Mai
Juni
Juli
Sep.
Aug.
II
Wochen Keller/Treppenhaus Installation Keller Elektroinstallation Treppenhaus -
Trockenbau Treppenhaus Deckendämmung Keller Malerarbeiten Keller
I
1
—
Bodenbelagssanierung Malerarbeiten Treppenhaus
1
Wohnungen Heizungsrückbau (bei Balkon neu)
|
I i
Betonschneiden für Balkontüren
—
Fensteraus- und -einbau Elektroinstallation Sanitärinstallation Einbau Elektroherde -- r
Einbau Trockenbaudecke Flur Malerreparaturarbeiten
1
Einbau Wohnungseingangstüren Außen Abbruch Balkonbrüstungen —
Gerüstaufstellung Betonsanierung Loggien Fassadendämmung
—
Dachdeckung Provisorische Hauseingänge —
Aufzugsbau/-montage Gerüstabbau | 1
-
Fundament/Montage neue Balkone 1
Hauseingänge Außenanlagen
i 1
Abbildung 6-1 Geplante Abfolge der Sanlerungs- und Modernisierungsarbeiten
1
1
(Projektplan)
Arbeiten direkt in den Wohnungen sollten den betroffenen Mietern jeweils 14 Tage vorher per Aushang an der Wohnungstür angekündigt werden. Außerdem waren vorherige Wohnungsbegehungen geplant, durch die geklärt werden sollte, inwieweit Flächen frei geräumt bzw. Inventar zum Schutz vor Beschädigung und Schmutz abzudecken wäre. Tatsächlich sahen die Mieter einen einzigen derartigen Aushang. Die Lage stellte sich nicht selten so dar, daß man lange Zeit auf den Handwerker wartete
Wie bauen auf und reißen nieder.
47
und langsam die Geduld verlor; oder aber, daß die Handwerker - ohne eine vorherige Information - mit ihrem Handwerkszeug einfach vor der Tür standen. Glück hatte, war dann auch zu Hause war. Dadurch ergaben sich natürlich Verzögerungen im Bauablauf. Hinzu kam, daß einzelne Firmen zeitgleich an anderen, größeren Projekten arbeiteten und deshalb hier und da Handwerker von der Baustelle abgezogen wurden. Nach nur wenigen Wochen konnte der Projektplan nur noch als grobe Richtschnur, nicht aber als solide Basis der Bauausführung gesehen werden. Ungereimtheiten waren die Folge: So kam es, daß beispielsweise nach Abschluß der Malerarbeiten in den Wohnungen plötzlich noch Telefonkabel in bereits verschlossene und überklebte Kabelschächte verlegt oder in bereits fertige Wände Löcher gebohrt werden sollten. Außerdem zeigte sich in einem schon recht frühen Stadium, daß die Ausführung qualitativ zu wünschen übrig ließ: Die Dämmplatten an den Kellerdecken lösten sich reihenweise, weil aus Zeitgründen auf die Verdübelung verzichtet wurde. Zur neu eingesetzten Haustür lief nach einem heftigen Regenguß das Wasser in Strömen herein, weil beim Bau des davor befindlichen Podests scheinbar keine Wasserwaage verfügbar gewesen war. Auf den neu beschichteten Loggien bildeten sich häßliche Blasen, die Schmutz magisch anzogen. Vorfalle dieser Art führten dazu, daß die durch die Modernisierungsmaßnahmen an sich schon gestreßten und hoch sensibilisierten Mieter tatsächliche Baufortschritte nicht mehr würdigen konnten und bei jedem noch so kleinen Problem die Mücke zum sprichwörtlichen Elefanten machten.
Sanierung in bewohntem Zustand
...ist für alle Beteiligten nicht leicht
Katalysator für all den aufgestauten Frust auf seiten der Mieter und mit der Zeit auch auf seiten der beteiligten Unternehmen war der Bauleiter, der zu vermitteln versuchte, wo es ging und aufgrund seiner ausgeglichenen Art manche Flutwelle abschwächen konnte. Doch trotz seines Einsatzes konnte er manchmal nichts ausrichten - wenn kein Handwerker zu sehen war, war eben keiner da!
48
A - Management
Bei Bauabnahme im Herbst wurden vermehrt Mängel in der Ausführung festgestellt. Die verantwortlichen Firmen wurden zur Nachbesserung veranlaßt, was sich nicht immer unproblematisch darstellte. Arbeiten an den Loggien waren beispielsweise aufgrund der Jahreszeit - inzwischen war der Winter eingekehrt nicht mehr möglich. Als die Nachbesserungen im Frühjahr durchgeführt werden sollten, stellte sich heraus, daß die eine oder andere beteiligte Firma bereits pleite war. Diese Unternehmen hatten zwar vor Projektbeginn aufgrund ihrer günstigen Angebote den Zuschlag bekommen, sich durch ihr Preisdumping aber selbst ruiniert. Die Bauleitung stand nun vor dem Problem, kurzfristig neue Firmen für die noch anstehenden Arbeiten zu finden. Der Auftraggeber wiederum mußte diese Unternehmen für Leistungen bezahlen, die eigentlich unter die Garantie gefallen wären, allerdings gab es jetzt niemanden mehr, bei dem man die Garantieansprüche hätte anmelden können ... Aufgabe 1 Welche Fehler bzw. Probleme sind aufgetreten? Wer wäre dafür zur Verantwortung zu ziehen gewesen? Aufgabe 2 Welche Schritte kennzeichnen in einem derartigen Fall ein erfolgreiches Projektmanagement? Aufgabe 3 Analysieren Sie die entstandenen Konflikte! Wie würde ein erfolgreiches Konfliktmanagement aussehen? Aufgabe 4 Welche Erkenntnisse können aus dem - nicht atypischen - Fall gezogen werden? Was könnte zukünftig besser gemacht werden?
Wie bauen auf und reißen nieder.
49
Lösung Aufgabe 1 •
Probleme im Ablauf und mit den ausführenden Firmen, Ingenieurbüro hätte härter durchgreifen müssen
•
Mieter während der Maßnahmen schlecht informiert, Firmen hätten Infos bereitstellen, Ingenieurbüro (und Wohnungsgesellschaft) hätte(n) besser steuern müssen
•
Bauleiter wurde von Ingenieurbüro allein gelassen
•
Konfliktmanagement hing einzig und allein am Bauleiter; eine einzelne Person kann dies bei einem Projekt solchen Ausmaßes aber gar nicht allein bewältigen
•
da es sich beim Auftraggeber um ein kommunales Unternehmen handelt, müssen die Aufträge normalerweise an die preisgünstigsten Anbieter vergeben werden (Qualität der Leistungen und Finanzkraft der Unternehmen spielen dabei eine nachrangige Rolle)
Aufgabe 2 •
Projektvorbereitung
•
Projektgestaltung (Ziele, Prozeß, Organisation)
•
Projektplanung (Leitung, Team, Termine, Finanzen, Qualität, Risiken)
•
Projektauslösung (Entscheidung, Auftragsvergabe)
•
Projektdurchführung (Kommunikation, Entscheidung, Motivation, Überwachung, Konfliktmanagement, Berichte und Dokumentationen)
•
Projektabschluß (Übergabe, Abnahme)
Steuerung,
Aufgabe 3 Beteiligte Parteien
Auftraggeber = Wohnungsgesellschaft = Vermieter
Projektleitung = Ingenieurbüro
Auftragnehmer = verschiedene Firmen
Mieter
Interessenslagen
•
qualitativ einwandfreie Durchführung der Arbeiten
•
qualitativ einwandfreie Durchführung der Arbeiten
•
qualitativ einwandfreie Durchführung der Arbeiten
•
qualitativ einwandfreie Durchführung der Arbeiten
•
in der vorgesehenen Zeit
•
in der vorgesehenen Zeit
•
in der vorgesehenen Zeit;
•
in der vorgesehenen Zeit
•
ohne zusätzliche Kosten
•
ohne zusätzliche Kosten
•
gleichzeitige Wahrnehmung weiterer, größerer Projekte
A - Management
50 Konflikte
Lösung
•
•
Qualität vs. preiswerte Angebote und schneller Abschluß
•
nicht Preis allein entscheidet
•
Qualität vs. schneller Abschluß
•
.kleine" Baustelle vs. „große Baustelle"
• • •
•
•
• aus Fehlern vorheriger Aufträge lernen • besser planen, mehr Pufferzeiten
vorher Prioritäten setzen
•
„mit ganzem Herzen" bei • der Sache sein
Beschwerdemanagement
•
lästige Bauarbeiten Handwerker zu langsam fehlende Ansprechpartner Erwartungen nicht zu hoch setzen mit Problemen rechnen, gelassener reagieren aktiv an Konfliktlösung mitarbeiten
Tabelle 6-2 Beteiligte, Interessenslagen, Konflikte und Lösungsansätze
Aufgabe 4 •
nicht der Preis allein sollte bei Auftragsvergabe entscheiden
•
Einhaltung des Projektplans konsequenter überwachen, gegebenenfalls mehr Pufferzeiten einbauen
•
Zusammenarbeit der beteiligten Firmen besser koordinieren
•
effektive Qualitätskontrolle
•
Projektleiter sollte vor Ort mehr personelle Unterstützung bekommen (z.B. durch Projektteam)
•
Mieter besser und regelmäßig informieren
•
effektives Konfliktmanagement
Einem Ingenieur ist nichts zu schwör
51
„Wenn ich nicht bald von den 08/15-Planungen loskomme, bin ich mein Leben lang darauf festgelegt." (Isolde Igelberg)
Isolde Igelberg ist seit dem Abschluß ihres Studiums vor fünf Jahren als Diplom-Ingenieur in einem Ingenieurbüro tätig. Nach dem Studium froh, diese Arbeitsstelle gefunden zu haben, macht sich nun zunehmend Unmut breit. An sich gefällt ihr die Tätigkeit als Ingenieur ganz gut, mit den Kollegen kommt sie auch einigermaßen zurecht, wenngleich das Arbeitsklima nicht optimal ist. Isolde, ledig und kinderlos, hatte bisher beispielsweise äußerst selten das Glück, Urlaub in der Hauptsaison genehmigt zu bekommen. Da ihr Lebenspartner als Lehrer tätig ist und folglich nur während der Schulferien für längere Zeit verreisen kann, sind gemeinsame Urlaube spärlich gesät. Auch die Wochenenden werden regelmäßig für die Firma „geopfert". Können Projekte unter der Woche nicht erledigt werden, ist es üblich, die Vorgänge zu Hause weiter zu bearbeiten. Vergütet werden die Überstunden nicht. Offiziell sind die Mitarbeiter berechtigt, Überstunden „abzufeiern", in der Praxis sieht dies jedoch anders aus.
A
£
Kleine Ursache, große Wirkung
Die in der Stellenbeschreibung angepriesene Eigenverantwortung hatte sich Isolde auch etwas anders vorgestellt: Jedes ausgehende Schreiben muß vom Vorgesetzten genehmigt werden. Wenn Isolde also ein Gutachten, Konzept oder eine Stellungnahme angefertigt hat, wird dies dem Chef vorgelegt. Dieser achtet
52
A - Management
dann allerdings nicht auf inhaltliche Richtigkeit, sondern korrigiert den Ausdruck und Stil des Schreibens. Darüber hinaus läßt er sich mit dem Abzeichnen der Schriftstücke meist reichlich Zeit. Nicht selten wurden dadurch schon Fristen versäumt, was er aber regelmäßig den Mitarbeitern anlastet. Isolde sieht sich durch die Art der Arbeit kaum mehr gefordert. Sie glaubt, wenn sie nicht bald von den „08/15-Planungen" wegkommt, ist sie ihr Leben lang darauf festgelegt. Dazu kommt, daß es viele interne „Machtspiele" gibt: diese werden hauptsächlich über die Kommunikation ausgetragen - nicht miteinander reden, Informationszurückhaltung und Desinformation sind an der Tagesordnung. Schon seit Monaten schaut Isolde regelmäßig im Internet und in Tageszeitungen nach einer anderen Stelle, findet aber kaum interessante und lohnenswerte Angebote. Inzwischen sind schon zahlreiche Ingenieurbüros in der Umgebung pleite gegangen. Dadurch drängen natürlich Ingenieure im besten Alter, mit entsprechender Berufserfahrung und Spezialkenntnissen auf dem Arbeitsmarkt. Von den Absolventen findet dort kaum noch jemand eine Stelle. Seit kurzem kursieren im Unternehmen Gerüchte über etwaige Entlassungen, die mit der schlechten Finanzlage des Unternehmens begründet werden. Isolde schwant Schlimmes... Aufgabe 1 Welche Faktoren können Arbeitszufriedenheit bzw. Arbeitsunzufriedenheit bewirken? Aufgabe 2 Welche Faktoren bestimmen derzeit Isoldes Lage? Wie wirken sich diese auf Isoldes Arbeitszufriedenheit aus? Aufgabe 3 Wie schätzen Sie den Leiter des Ingenieurbüros und Isoldes Mitarbeiter ein? Aufgabe 4 Welche Ziele wird sich Isolde angesichts der derzeitigen Lage setzen? Welcher Zeitrahmen wäre zur Erfüllung dieser Ziele denkbar? Aufgabe 5 Wie würden Sie Isoldes Ziele in Zusammenhang mit Herzbergs Zwei-FaktorenTheorie bzw. Maslows Bedürfnishierarchie beschreiben?! Aufgabe 6 Woraus könnte ein Vorgesetzter die Unzufriedenheit seiner Mitarbeiter ableiten? Aufgabe 7 Wie könnte sich die Situation weiterentwickeln?
Einem Ingenieur ist nichts zu schwör
53
Lösung Aufgabe 1 Arbeitszufriedenheit fördernde Faktoren
Arbeitszufriedenheit dämpfende Faktoren
•
ansprechende Tätigkeit
•
Unterforderung
• • • • •
optimales Arbeitsumfeld attraktives Gehalt angenehmes soziales Umfeld Aufstiegsmöglichkeiten Kommunikation am Arbeitsplatz
• • • • •
Streß nicht leistungsgemäße Entlohnung soziale Spannungen zu viele (unbezahlte) Überstunden Urlaubssperre
•
private Zufriedenheit
•
privater Streß
Tabelle 7-1 Arbeitszufriedenheit fördernde bzw. dämpfende Faktoren
Aufgabe 2
keine Aufstiegsmöglichkeiten Überstunden
unbefriedigende Tätigkeit
Arbeitsumfeld nicht —|
optimal
Urtaubssperre
Arbisitsurizufriitdenheit
Str eß
— |
privater StreE
| - - | Wochenendarbeit |
unkooperativer
nicht selbst
Chef
verschuldeter Termindruck Arbeltsmarktlage
4
Anerkennung ? materiell immateriell Perspektiven ?
|
Veränderungen im Unternehmen ? Firma verlassen ?
Abbildung 7-1 Isoldes Lage bestimmende Faktoren
54
A - Management
Isolde ist frustriert und demotiviert. Sie empfindet ihren Job nicht mehr als ansprechende Tätigkeit. Das Arbeitsumfeld ist nicht (mehr) optimal, die Kommunikation im Unternehmen funktioniert nicht. Aufstiegsmöglichkeiten sind derzeit nicht gegeben. Die zur Steigerung der Motivation nötige Anerkennung der Leistungen bleibt aus. Sie möchte die ihr übertragenen Aufgaben gewissenhaft erfüllen, scheitert dabei aber z.T. an der Organisation. Zudem plagen Ängste wegen eines möglichen Jobverlusts. Da sie weder verheiratet ist noch Kinder hat, rechnet sie als eine der ersten mit einer Kündigung. Da das Unternehmen keine Perspektiven bietet, plant sie einen Wechsel des Arbeitsplatzes, was sich aber angesichts der aktuellen Arbeitsmarktlage als schwierig herausstellt. Auch die private Zufriedenheit könnte - sollte sich an der Lage langfristig nichts ändern - gefährdet sein: Arbeit am Wochenende, kaum gemeinsame Urlaube.
Aufgabe 3 Der Leiter des Ingenieurbüros wirkt ein wenig orientierungslos. Er weiß nicht, was unter den Mitarbeitern gespielt wird. Zudem scheint er Probleme bei der Planung, dem setzen von Prioritäten und dem Management allgemein zu haben. Bei den Kollegen ist sich jeder selbst der nächste. Mögliche Kündigungen sorgen für Unsicherheit. Jeder versucht, seinen Platz - auch auf Kosten der anderen - zu sichern. Aufgabe 4 Ziel
Priorität
Zeitrahmen zur Erfüllung
angemessene und befriedigende neue Stelle finden
Oberziel
mittelfristig
bis dahin Arbeitsklima so angenehm wie möglich gestalten
1
kurzfristig
Arbeitszufriedenheit steigern
2
kurz-, mittel- und langfristig
persönliche Weiterentwicklung netter Kollegenkreis und gutes Betriebsklima
3 4
mittel- bis langfristig
„Luftveränderung"
5
Lebensqualität verbessern
6
Familienplanung berücksichtigen andere Interessen verfolgen können
7 8
mittel- bis langfristig mittelfristig kurz-, mittel- und langfristig langfristig mittel- bis langfristig
Abbildung 7-2 Isoldes Ziele
Aufgabe 5 Einordnung der Ziele nach Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie: Motivatoren
Hygienefaktoren
Arbeit selbst
-
Gehalt
Anerkennung
-
Beziehungen zu Kollegen, Vorgesetzten
übertragene Kompetenzen Entscheidungsspielraum/Verantwortung persönliche Weiterentwicklung
-
Gestaltung des Arbeitsplatzes Atmosphäre am Arbeitsplatz
-
Sicherheit des Arbeitsplatzes
-
Tabelle 7-2 Isoldes Ziele vor dem Hintergrund von Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie
+ -
+ -
Einem Ingenieur ist nichts zu schwör
55
Einordnung der Ziele nach Maslows Bedürfnishierarchie:
Bedürfnis nach Anerkennung übertragene Kompetenzen, Gehattshöhe Soziale Bedürfnisse: nette Kollegen, angenehme Atmosphäre, mitarbeiterorientierte Vorgesetzte Sicherheitsbedürfnisse: sicherer Arbeitsplatz Physiologische Bedürfnisse: Entgelt, Gestaltung des Arbeitsplatzes
Abbildung 7-3 Isoldes Ziele vordem Hintergrund von Maslows Bedürfnishierarchie
Aufgabe 6
Konstruktiv
Passiv Loyalität Eine weitere Möglichkeit ist, passiv auf eine Verbesserung der Bedingungen zu warten bzw. öffentlicher Kritik an der Organisation entgegenzutreten.
Destruktiv
Aktiv Mitarbeit Durch Verbesserungsvorschlage und Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Vorgesetzten kann ein Mitarbeiter versuchen, unbefriedigende Umstände zu verandern. Austritt Durch aktives Suchen nach einem neuen Arbeitsplatz oder durch den Rücktritt von einer verantwortungsvollen Position kann ein Mitarbeiter seinen Willen zum Verlassen der Organisation ausdrücken.
Gleichgültigkeit Schließlich kann der Mitarbeiter ein gleichgültiges Verhalten gegenüber der Organisation zeigen. Dies drückt sich z.B. aus in verstärkter Abwesenheit und verringertem Engagement.
Abbildung 7-4 Möglichkeiten der Mitarbeiter, Unzufriedenheit auszudrücken'*
13
Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Management, München/Wien 2001, 128
A — Management
56 Aufgabe 7
Entwicklung von Szenarien14 Mit Hilfe von Szenarien können künftige Entwicklungsmöglichkeiten einer gegenwärtig gegebenen Situation antizipiert werden. Dadurch soll es dem Betrachter möglich werden, sich auf Veränderungen vorzubereiten und die davon betroffenen eigenen Ziele und Maßnahmen entsprechend anzupassen. Die Vorgehensweise soll am Beispiel von Isolde Igelbergs Situation demonstriert werden. Derartige Szenarien können gleichermaßen für kurz-, mittel- oder langfristige Zeiträume entwickelt werden.
Umweltsegment
Schlüsselfaktoren
Trendaussage
Arbeitsumfeld
(P) wird schlechter
( 0 ) verbessert sich
Wirkung auf Isoldes Lage +
(W) wird schlechter (0)gegeben Arbeitsaufgabe
+
(P) nicht gegeben (W) nicht gegeben
Entscheidungsspielräume
( 0 ) werden größer
+
(P) bleiben (W) bleiben ( 0 ) mehr
Aufstiegsmöglichkeiten
+
(P) weniger (W) bleibt*
Zufriedenheit
( 0 ) verbessert sich Kommunikation
+
(P) wird schlechter (W) wird schlechter ( 0 ) verbessert sich
Flexibilität
+
(P) wird schlechter (W) bleibt ( 0 ) weniger
Überstunden
+
(P) mehr (W) bleibt* ( 0 ) verbessert sich
Urlaubsplanung
+
(P) wird schlechter (W) bleibt* ( 0 ) mehr
Anerkennung
+
(P) weniger (W) bleibt*
Motivation
( 0 ) bessere Perspektiven
+
(P) schlechtere (W) bleiben gleich*
14
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft, Frankfurt/M. 2001, 63
57
Einem Ingenieur ist nichts zu schwör (0) weniger (P) größer (W) bleibt* (0) weniger Wochenendarbeit (P) mehr (W) bleibt* (0) entschärft sich Konkurrenz zu Kollegen (P) verschärft sich (W) verschärft sich (0)besser Kooperation seitens (P) schlechter des Vorgesetzten (W) bleibt* (0) besser Angebot am Arbeits(P) schlechter markt (W) schlechter (0) verbessert sich Allgemeine Situation (P) wird schlechter der Baubranche (W) wird schlechter (0) weniger (P) mehr Private Spannungen (W) bleiben*
+
Termindruck
Streß
+
+
+
+
+
+
(0) optimistisches Szenario; (P) pessimistisches Szenario; (W) wahrscheinliches Szenario Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis - (sehr negativ) * wenn die Lage bleibt wie sie ist, entsteht für Isolde keine Verbesserung. Deshalb wurde hier mit „-„ bewertet. Abbildung 7-5 Mögliche Entwicklungsszenarien
Das Szenario zeigt, daß sich nichts zugunsten von Isolde entwickelt. Ihr wäre also dringend anzuraten, sich aktiv um eine Veränderung ihrer Situation zu bemühen sei es durch Aussprache mit den Kollegen oder, sofern sich eine Stelle findet, Jobwechsel.
58
A - Management
8 Waidmanns Heil „Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muß ich fort..." (Hannes Wader15)
Hugo Hurtig, Ende 20, beheimatet in Niederösterreich, arbeitet für einen großen, international vertretenen Elektronikkonzem. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften landete er - obwohl das nicht unbedingt so geplant war in der Verkaufsabteilung. Die Hauptabsatzgebiete des Unternehmens liegen in Osteuropa, wobei Hugo hauptsächlich in Polen und Rußland unterwegs ist. Seine Aufgabe ist es, potentiellen Kunden die Produkte der Firma vorzustellen, die Verkaufsverhandlungen vorzubereiten und Abschlüsse zu „bringen".
Um Zeit zu sparen, fahrt Hugo meist über Nacht. Am Morgen am Zielort angekommen, organisiert er sich etwas zu essen, bevor er sich auf dem Parkplatz hinter dem Auto aus dem bequemen Jeans schält und den dunklen Anzug anzieht. Kurze Zeit später steht er wie aus dem Ei gepellt pünktlich vor der Türe des Kunden. Neben den Reisen durch halb Osteuropa fallt natürlich auch eine Menge administrativer Arbeiten im Unternehmen an, wobei die Berichte über den Status der 15
vgl. Buchner, Gerhard (Hrsg.): Frei wie der Wind, München 1990, 46
Waidmanns Heil
59
erhofften Abschlüsse immer im Mittelpunkt stehen. Dabei lastet auf Hugo viel Druck, weil sich beim Kunden tendenziell immer alles in die Länge zieht und die Chefs die Aufträge immer schon lieber vorgestern auf dem Tisch gehabt hätten als - wie meistens - erst übermorgen; wenn überhaupt. Richtige Ruhe findet Hugo - was kein Wunder ist - nur selten. Es ist immer das selbe: Nach wenigen Tagen im Büro zieht's ihn schon wieder hinaus. Das Lebens findet dadurch größtenteils auf der Autobahn, in irgend einer Stadt und überwiegend in fremden Betten statt. Am Anfang war alles noch sehr aufregend. Später wurde es Routine. Etwas anderes als dieses Nomadenleben kann sich Hugo auch nicht mehr vorstellen. Manches Mal denkt Hugo, daß das Leben an ihm vorbei rauscht wie die Autobahn und ertappt sich beim Gedanken, daß alles auf Dauer nicht unbedingt befriedigend aussieht... Aufgabe 1 In welchem beruflichen Umfeld bewegt sich Hugo Hurtig? Was sind dabei die entscheidenden Kriterien? Aufgabe 2 Welches Qualifikationsprofil braucht ein Mitarbeiter in dieser Funktion? Ober welche Fähigkeiten und Fertigkeiten muß er verfügen? Aufgabe 3 Warum ist ein Mitarbeiter bereit, in solch einer Position zu arbeiten? Aufgabe 4 Wie kann Hugo Hurtig den mit seiner Tätigkeit verbundenen Streß bewältigen? Aufgabe 5 Welche Perspektiven bieten sich Hugo Hurtig nun?
A - Management
60 Lösung Aufgabe 1 •
internationaler Konzern
•
schnellebige Produkte, sich rasch wandelnde Märkte
•
Exportbranche - Osteuropa
•
andere Länder, andere Sitten
•
Spezifika des Verkäuferberufs (z.B. Vorgaben, Zeitdruck, Konkurrenz, schwierige Bedingungen)
Aufgabe 2 •
solider kaufmännischer Hintergrund
•
Verkaufsgeschick
•
überdurchschnittliches persönliches Engagement
•
Bereitschaft, sich in der Fremde zu akklimatisieren
•
Kraft, Risikobereitschaft, Flexibilität und Mobilität
Aufgabe 3 •
weil man selbständig arbeiten kann
•
weil man - neben mancher Frustration - Erfolge sehen kann, die einem selbst zugerechnet werden
•
weil man weit überdurchschnittliche Verdienstchancen hat
•
weil man sich an immer wieder neuen Orten aufhalten kann und immer wieder neuen Menschen begegnen kann
Aufgabe 4 •
beruflichen Streß nicht mit dem Privatleben verbinden
•
bewußt Auszeiten nehmen, abschalten können
Aufgabe 5 •
das „Handwerk" des Verkaufens perfektionieren
•
auf dieser Basis eines Tages als selbständiger Exportkaufmann auf eigene Rechnung arbeiten
•
auf diese Weise Geld in einem Ausmaß zu verdienen, daß sich die heutigen Kollegen im Unternehmen nicht einmal vorstellen können
Die Leiden der jungen Κ.
61
9 Die Leiden der jungen K. Der Beginn einer Karriere ist ein Geschenk der Götter. Der Rest ist harte Arbeit. (Fritzi Massary, österreichische Sängerin16)
Kunigunde König hat vor sechs Jahren ihr Studium der Betriebswirtschaft beendet und ist seitdem freiberuflich für verschiedene Auftraggeber tätig. Wirklich geplant hatte sie diese Art des Berufslebens nicht, sondern ist eher „hineingeschlittert". Zu verschiedenen Zeiten Einsatz- und z.T. auch Risikofreude bewiesen, hat sich in den letzten Jahren eigentlich alles „irgendwie ergeben"; was nicht heißt, daß sie unzufrieden mit der derzeitigen Situation wäre. Einen normalen Bürojob von Montagmorgen bis Freitagnachmittag hätte sich Kunigunde sowieso nur schwerlich vorstellen können. Deshalb kommt ihr die Möglichkeit der freien Zeiteinteilung und Ortsungebundenheit sehr entgegen.
16
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002
62
A - Management
Die Möglichkeit der freien Arbeits- und Zeiteinteilung hat natürlich auch ihre Nachteile. Regelmäßigkeit gibt es in Kunigundes Arbeitsleben selten. Zu den daraus resultierenden Unsicherheiten kommt die Unsicherheit über die berufliche Zukunft. Um sich als Neuling in der Situation zu behaupten und am Markt Fuß zu fassen, nahm Kunigunde bislang jeden sich bietenden Auftrag an, der irgendwie in ihr Tätigkeitsspektrum paßte. Da die ersten Aufträge zur großen Zufriedenheit der Auftraggeber erledigt wurden, fragten diese bei neuen Projekten wiederholt bei ihr an. Aus Angst, irgendwann vielleicht eine „Durststrecke" überwinden zu müssen, sagte sie bisher auch wirklich bei jeder Anfrage zu. Dies führt natürlich häufig zu einem äußerst umfangreichen Aufgabenpensum. Kaum ist eine Aufgabe halbwegs erledigt, türmen sich schon die Akten für die nächsten Projekte auf ihrem Schreibtisch. Arbeitswochen mit 50-60 Stunden sind keine Seltenheit, Zeit zum „Luftholen" gibt es praktisch nicht. Oft beschleicht sie dabei das Gefühl, nie fertig zu werden. Kunigunde ist an sich sehr auf Termineinhaltung bedacht. Bei vielen Aufträgen bildet sie aber das letzte Glied der Kette, beispielsweise bei der Fertigstellung und redaktionellen Überarbeitung von Studien. In solchen Fällen ist sie in ihrer Zeit- und Arbeitseinteilung völlig von ihren Zulieferern abhängig. Nicht selten treffen von diesen quasi in letzter Minute Zuarbeiten ein, die es - vornehmlich an Wochenenden oder Feiertagen - zügig einzuarbeiten gilt, um die Fristeinhaltung doch noch zu garantieren. Egal, wie sorgfältig Kunigunde vielleicht ihre eigenen Arbeiten geplant hatte, die ganze Planung wird in solchen Fällen völlig „über den Haufen geworden". Der Druck wird umso größer, weil sie ihre Aufträge möglichst perfekt erfüllen will. Unter solchen Vorzeichen stellt sich dann Frust ein... Aufgabe 1 Wie würden Sie die Situation beschreiben, in der sich Kunigunde König befindet? Aufgabe 2 Wodurch ist Kunigunde motiviert, in dieser Situation weiterzuarbeiten? Aufgabe 3 Warum ist Kunigunde teilweise frustriert? Aufgabe 4 Welche Perspektiven bieten sich nun?
Die Leiden der jungen Κ.
63
Lösung Aufgabe 1 •
Zeitdruck
•
Überlastung
•
Streß
•
viele Unbekannte
•
hohe Erwartungen
•
sich selbst vermarkten müssen
Aufgabe 2 •
Erfolgserlebnisse (zufriedene Auftraggeber fragten wiederholt an)
•
will vorwärts kommen
Aufgabe 3 •
Arbeitsrhythmus mitunter dadurch gestört, daß sie letztes Glied der Kette ist
•
kann Termineinhaltung und Qualität der Vorarbeit, was ihr sehr am Herzen liegt, nicht beeinflussen
Aufgabe 4 Grundsätzlich: •
freiberuflich weitermachen oder
•
sich doch als Angestellte „zurücklehnen"
Im Falle des „Weitermachens": •
Erfolgserlebnisse (Arbeitserfolg, gute Verdienstchancen, im Markt zunehmendes Fußfassen, sich erweiterndes Netzwerk, Freiheit) mehr genießen
•
mit Frustrationsmomenten gelassener umgehen lernen
•
von sich selbst nicht soviel verlangen, die eigene „Latte" - gerade in Streßmomenten und bei Versagen anderer - nicht so hoch legen
•
Auszeiten planen und dann auch wirklich nehmen
64
A - Management
„Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht." (Deutsches Sprichwort17)
In einem zu einem Museumsverbund gehörigen Museum in Südfinnland brennt seit Wochen die Luft. Die Mitarbeiter gehen sich gegenseitig aus dem Weg. Jeder ist froh, wenn er einigermaßen in Ruhe seiner Arbeit nachkommen kann. Wie es zu der derzeitigen angespannten Lage kommen konnte, ist keinem so recht klar. Früher haben sich ja auch alle untereinander verstanden. Irgendwie hat sich das Klima aber mehr und mehr verschlechtert, bis letztendlich jeder in jedem eine Art „Feind" sah. Bei Gesprächen untereinander wird jede Äußerung in der schlimmstmöglichen Weise ausgelegt. Jeder Rat oder Hinweis wird als persönlicher Angriff interpretiert. Besonders augenscheinlich sind die Antipathien zwischen der Museumsleiterin und zwei Archäologen. Mittlerweile sind die Querelen im Museum bis zum Leiter des Museumsverbundes, Anders Karlsson, vorgedrungen, der nun Abhilfe schaffen will. Zur Lösung des Problems hat er die Bildung einer sechsköpfigen Kommission angeordnet, die den Ursachen der angespannten Atmosphäre auf den Grund gehen soll. In die Kommission berufen wurden neben zwei Mitarbeitern aus dem Museumsverbund vier Mitarbeiter des betroffenen Museums: die Leiterin Pernilla Bergström, der Verantwortliche für Werbung und PR, Pekka Lahti, die Archäologin Charlotte Bright sowie die Mitarbeiterin der archäologischen Abteilung, Signe Eriksson. Zum Stammpersonal des Museums gehören 15 Mitarbeiter. Daneben ist man insbesondere während der Sommermonate auf Saisonkräfte angewiesen. Vor eineinhalb Jahren übernahm die relativ junge Pernilla Bergström die Leitung des Museums. Unter ihrer Leitung wurden bereits zahlreiche, sehr erfolgreiche Ausstellungen und Veranstaltungen organisiert. John und Charlotte Bright, zwei britische Archäologen, sind seit etwa drei Jahren im Museum in der archäologischen Abteilung, John als deren Leiter, tätig. Den anderen Mitarbeitern des Museums waren die beiden schon von Anfang an etwas eigen vorgekommen. An sich war mit ihnen aber gut auszukommen. Nun aber ließen sie öfter verlauten, Pernilla Bergström würde gegen sie intrigieren und das gesamte Personal würde dies - durch Stillschweigen - unterstützen. Pernilla weist alle Vorwürfe von sich und wirft den beiden Archäologen im Gegenzug vor, ihre Position untergraben zu wollen. Charlotte, die unter den gegebenen Bedingungen angeblich sehr leidet, hatte sich schon mehrmals krankschreiben lassen. Pekka Lahti arbeitet seit etwas mehr als vier Jahren im Museum und wird von den Kollegen als ruhige und sachliche Person sehr geschätzt. Aus diesem Grund wurde er mit der Leitung der Kommission beauftragt. 17
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.dasgrossez.de, 16.09.2002
Krise im Museum
65
Aufgabe 1 Wie entstehen Konflikte? In welchen Phasen läuft ein Konflikt ab? Aufgabe 2 Pekka stand noch nie vor einem solchen Problem und weiß nicht recht, wie er die Sache angehen soll, ohne daß der Aussöhnungsversuch von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Bevor er eine gemeinsame Aussprache anberaumt, möchte er mit jedem persönlich sprechen und dessen Ansichten festhalten. Welche Ansichten vertreten bzw. welche Ziele verfolgen die beteiligten Personen bezüglich ihrer beruflichen Tätigkeit? Welche Absichten könnten diese Personen bei der Konfliktbewältigung verfolgen? Aufgabe 3 Wie könnte sich die Situation entwickeln18, wenn keine Aussöhnungsversuche unternommen werden? Wie könnte sich dies auf das Image des Museums als Touristenattraktion bzw. als Arbeitgeber auswirken? Aufgabe 4 Wie kann die Museumsleitung in die Situation eingreifen? Was kann die Leitung nicht steuern? Welche Faktoren können als Frühwarnindikatoren dienen?
Nachdem verschiedene Gespräche mit den Betroffenen stattgefunden haben und die Situation ausgiebig analysiert wurde, wird Pernilla Bergström in ein anderes Museum versetzt. Man glaubt, damit das Problem gelöst zu haben. Ende des Jahres beschließt man - auch zur Festigung des Zusammenhalts unter dem Mitarbeitern - , eine gemeinsame Weihnachtsfeier zu veranstalten. Dazu begibt man sich, wie in den Küstenregionen der nordischen Länder üblich, auf eine gemeinsame Kreuzfahrt mit einem Fährschiff. Pekka Lahti, vom „neuen Frieden" noch nicht ganz überzeugt und irgendwie mit einer unguten Vorahnung belastet, nimmt an den Feierlichkeiten nicht teil. Auch andere Mitarbeiter verzichteten aus den unterschiedlichsten Gründen auf diese Feier. Schließlich betreten zwei Wochen vor Weihnachten zehn Mitarbeiter das gebuchte Fährschiff. Nach dem gemeinsamen Abendessen wird auch einiges getrunken. Die Witze werden derber, schließlich zieht man auch über die Kollegen her. Ziemlich schnell haben sich wieder die beiden „alten Lager" gebildet, die einstigen Anhänger Pernillas auf der einen und die Unterstützer von John und Charlotte auf der anderen Seite. Schließlich werden zwei der Mitarbeiter handgreiflich. Das Ergebnis dieser Rangelei sind zahlreiche blaue Flecke, Prellungen und ein gebrochenes Bein. Aufgabe 5 Nun ist guter Rat teuer. Wie kann unter den gegebenen Umständen überhaupt wieder eine Atmosphäre geschaffen werden, in der man gerne arbeitet und auch die erforderlichen Leistungen bringt?
18
siehe Kasten Seite 56
A - Management
66 Lösung Aufgabe 1
Für die Entstehung von Konflikten können verschiedene Gründe verantwortlich sein, beispielsweise sprachliche Mißverständnisse, unterschiedliche Interessen und Ziele, eine unklare Definition der Arbeitsaufgaben, unklare Kompetenzbereiche, als unangemessen empfundene Entlohnungs- und Aufstiegssysteme, Abhängigkeit oder auch persönliche Merkmale, wie etwa das persönliche Wertesystem. Konflikte können in folgenden Phasen ablaufen: Phase 1. Potentielle Widersprüchlichkeit bzw. Unvereinbarkeit 2. Ausbruch des Konflikts 3.
Festlegung der Ziele der Konfliktparteien
Ereignisse •
in Kommunikation, Struktur, persönlichen Merkmalen
•
durch Wahrnehmung und Personifizierung der Bedrohung
• • • • •
Erfüllung der eigenen Interessen Erfüllung der Interessen beider Parteien Unterdrückung des Konfliktausbruchs Anpassung der Ziele an die Konfliktparteien Kompromiß zur teilweisen Zielerfüllung der Parteien
4.
Handlungsphase
•
als dynamischer, interaktiver Prozeß
5.
Ergebnis
• •
konstruktiv und leistungsfördernd destruktiv und funktionsstörend
Tabelle 10-1 Ablaufeines Konfliktprozesses19
Aufgabe 2
Abbildung 10-1 Zentrum der Krise und deren Umfeld 19
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Management, München/Wien 2001, 153
Krise im Museum
Pekka Lahti
John und Charlotte Bright
Pernilla Bergström
Anders Karlsson
Ansichten
Absichten
•
Motivation, Engagement und • Qualität der Arbeit werden durch • Konflikt dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen
Lösung des Konfliktes regte deshalb die Bildung einer Kommission an, die zur Klärung der Streitigkeiten beitragen soll
Zusammenarbeit (Lösung zugunsten beider Parteien)
•
sieht sich angeblich durch John und Charlotte Bright in ihrer Position gefährdet
•
wünscht sich sicher ein angenehmes Arbeitsklima im Museum
Vermeidung (Unterdrückung des Konflikts)
•
ist sich ihrer bisherigen Erfolge bewußt
• •
Festigung der eigenen Position scheint bisher aber nicht wirklich an einer Konfliktlösung interessiert gewesen zu sein, setzt sich jedenfalls nicht aktiv für eine Klärung der Situation ein
• •
sehen in Pernilla eine Intrigantin werfen dem Personal vor, diese Intrigen durch Stillschweigen zu unterstützen
• • • •
Konkurrenz (zielt auf die Erfüllung der eigenen Interessen)
•
können die von ihnen gemachten Vorwürfe aber nicht anhand von Beispielen belegen hegen vielleicht Neidgefühle gegen Pernilla, die nach ihrer kurzen Tätigkeit im Museum bereits ansehnliche (Ausstellungs-) Erfolge verbuchen kann
angenehmes Arbeitsklima Festigung der eigenen Position eventuell Aufstiegschancen? sind scheinbar nicht wirklich an einer Lösung des Konfliktes interessiert, treten jedenfalls nicht aktiv für Konfliktlösung ein
beitragen zur Konfliktlösung, daß bald wieder Ruhe einzieht möchte dabei aber keine vorschnellen Schlüsse ziehen, sondern sachlich und ruhig an das Problem herangehen
Zusammenarbeit (Lösung zugunsten beider Parteien) oder Kompromiß (ein Teil der Ziele wird zugunsten der Interessen des Gegners geopfert)
•
•
Charlotte läßt sich krankschreiben: entweder ist sie vom Konflikt wirklich betroffen oder will sich nur für eine Zeitlang aus der Affare ziehen
•
ist nicht direkt in Konflikt involviert ist als Leiter der Kommission unsicher, wie er nun vorgehen soll will zunächst in Einzelgesprächen die Ansichten der Beteiligten ergründen
•
•
Wiederherstellung eines angenehmen Arbeitsklimas
bislang eher desinteressiert, sollte als Kommissionsmitglied aber auf Konfliktlösung hinarbeiten es ist nicht klar, inwieweit sie von John und Charlotte beeinflußt wird
•
Sichern des eigenen Arbeitsplatzes es kann sein, daß sie in den Konflikt nicht direkt hineingezogen werden will
•
•
• Signe Eriksson
Ziele
67
•
•
•
•
Vermeidung (Unterdrückung des Konflikts)
es kann aber auch sein, daß sie durch die ständige Streiterei um die eigene Abteilung mehr und mehr genervt ist und in Zukunft umso aktiver an der Konfliktlösung mitarbeitet
Abbildung 10-2 Beteiligte, deren Ansichten und Ziele
Wie es scheint, hat der Konflikt zwischen Pernilla Bergström und John und Charlotte Bright auf das gesamte Personal übergegriffen. Werden die Anschuldigungen weiterhin wie Bälle hin und her gespielt, wird der Konflikt sicher nicht gelöst werden.
A - Management
68
Die Mitarbeiter hätten schon viel früher miteinander reden sollen. Doch auch jetzt ist die einzige Möglichkeit: aussprechen, zuhören und diskutieren. Ob fremde Hilfe (Kommissionsmitglieder aus dem Museumsverbund) zielführend ist, hängt davon ab, ob die Beteiligten das akzeptieren bzw. wollen.
Aufgabe 3 Wirkung auf Trendaussage Image (0) bleibt +/Motivation (P) nimmt stark ab (W) nimmt ab (0) bleibt +/Engagement (P) nimmt stark ab (W) nimmt ab (0) bleibt +/Qualität der geleisteten (P) nimmt stark ab Arbeit (W) nimmt ab Arbeitsleistung/ Arbeitsklima (0) bleibt +/Wahrscheinlichkeit des (P) nimmt stark zu Auftretens von Mobbing (W) nimmt zu +/Wahrscheinlichkeit von (0) bleibt Kündigun(P) nimmt stark zu gen/Fluktuation (W) nimmt zu (0) bleibt +/Zahl interessierter Sai(P) nimmt stark zu sonarbeitskräfte (W) nimmt zu (0) bleibt +/Streßempfinden (P) wird viel stärker (W) wird stärker (0) bleiben +/Negative psychische Auswirkungen auf Or(P) nehmen stark zu ganismus (W) nehmen zu Gesundheit/ Wohlbefinden (0) bleiben Negative physische +/Auswirkungen auf Or(P) nehmen stark zu ganismus (W) nehmen zu Zahl der Fehltage der (0) bleibt +/Mitarbeiter/ (P) nimmt stark zu Krankenstand (W) nimmt zu (0) bleibt +/Freundlichkeit zu Besu(P) nimmt stark ab chern (W) nimmt ab (0) bleibt +/MuseumsQualität der Ausstellun(P) nimmt stark ab besucher gen und Aktivitäten (W) nimmt ab (0) bleibt +/Qualität der Führungen (P) nimmt stark ab (W) nimmt ab O) optimistisches Szenario; P) pessimistisches Szenario; W) wahrscheinliches Szenario Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis - (sehr negativ) Umweltsegment
Schlüsselfaktor
Abbildung 10-3 Mögliche Entwicklungen
Krise im Museum
69
Insgesamt zeigt sich, daß Schlichtungs- und Aussöhnungsversuche unbedingt notwendig sind, da nicht nur das Klima unter den Mitarbeitern und deren Gesundheit, sondern auch der Ruf des Museums aus Touristenattraktion und Arbeitgeber (z.B. auch für Saisonkräfte) gefährdet ist. Aufgabe 4 Kategorien
Durch Museumsleitung steuerbar
Durch die Museumsleitung nicht oder nur unwesentlich steuerbar
Frühwamindikatoren
allgemeine Faktoren
konfliktbezogene Faktoren
•
Qualität der Arbeit
•
Dialogsuche, Einzelgespräche
•
Qualität der Ausstellungen und Aktivitäten
•
Unterbreiten von Lösungsvorschlägen
•
Qualität der Führungen
•
Androhen von Versetzungen
•
Freundlichkeit zu Besuchern
•
Androhen von Entlassungen
•
Durchsetzung von (Teil-)Lösungen (z.B. Versetzungen)
•
Streßempfinden
•
Reaktionen der Beteiligten
•
Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Mobbing
•
tatsächlicher Verlauf des Konfliktprozesses
•
negative physische Auswirkungen auf den Organismus
•
Kündigungen seitens der Mitarbeiter
•
Image des Museums in der Öffentlichkeit
•
Kommunikation und Kooperation nach Lösung des Konfliktes
•
negative psychische Auswirkungen auf den Organismus
•
Zahl interessierter Saisonarbeitskräfte
•
Motivation
•
Engagement
•
Fehltage
•
Fluktuation
Abbildung 10-4 Von der Museumsleitung
beeinflußbare
und nicht beeinflußbare
Faktoren
Aufgabe 5 Die Situation ist mittlerweile so „verfahren", daß sich die Mitarbeiter allein wahrscheinlich nicht mehr helfen können. Sinnvoll wäre hier der Einsatz eines neutralen Dritten, z.B.: •
ein Vermittler, der den Verhandlungsprozeß vereinfachen soll, indem durch geschicktes Argumentieren und Überzeugen sowie durch Vorschlagen von Lösungsalternativen die endgültige Lösung gefunden werden soll;
•
ein Schiedsrichter, der den Konfliktparteien eine Übereinkunft vorschreiben kann (vgl. Gericht);
•
ein Schlichter, der die Konfliktparteien auch bei der Suche und Interpretation von Informationen sowie bei der Überzeugung der Kontrahenten unterstützt;
•
ein Berater oder Mediator, der versucht, den Problemlösungsprozeß durch Kommunikation sowie eigene Erfahrungen und Fertigkeiten bei der Aushandlung von Konflikten zu vereinfachen; Aufgabe des Beraters bzw. Mediators ist dabei nicht die Problemlösung an sich, sondern die gegenseitige Annäherung der Konfliktparteien, so daß diese aus eigenen Kräften eine Einigung zu erzielen.
70
A — Management
11 Wie ein Rädchen im Getriebe „Das Personal von McDonald's und Starbucks verdient oft weniger als die Arbeitskräfte in selbständigen Restaurants oder Cafes. Dies erklärt, warum McDonald's weltweit für die Erfindung des Wegwerfjobs verantwortlich gemacht wird, des .McJobs', den inzwischen die ganze Fastfood-Branche kopiert."20
Es macht sich wohl kaum jemand Gedanken darüber, welche Konsequenzen der Biß in einen so beliebten Burger für die eigene Gesundheit oder gar für Gesellschaft und Umwelt hat. Nur selten wird darüber nachgedacht, woher die Zutaten stammen, wie sie produziert wurden. Gegessen wird in einem Fast-FoodRestaurant eher beiläufig. Es soll eben schnell gehen. Über mehr als 650 Millionen Gäste, die mehr als 2,5 Mrd. Euro ausgaben, konnte sich McDonald's Deutschland im Jahr 2001 freuen.21 Weltweit bieten über 28.000 Filialen22 bzw. Franchiseunternehmen Burger & Co. an. Trend steigend. Doch nicht nur McDonald's macht sich auf dem Globus immer breiter. Pizza Hut, Taco Bell, Starbucks sind nur einige, die den amerikanischen Style of Life in die Welt tragen. McDonald's „ist in den USA der größte Abnehmer für Rindfleisch, Schweinefleisch und Kartoffeln sowie der zweitgrößte Abnehmer für Hühnerfleisch. Das Unternehmen besitzt die meisten Immobilien im Einzelhandel, [...] gibt mehr Geld für Reklame und Marketing aus als jedes andere Unternehmen und hat mittlerweile Coca-Cola als bekannteste Marke der Welt abgelöst. Es betreibt mehr Spielplätze als jede andere private Organisation in den USA und ist einer der größten Einkäufer von Spielwaren. "23 Neben all diesen Auswirkungen übt McDonald's auch einen großen Einfluß auf den Arbeitsmarkt aus. Allein in den USA werden jährlich etwa eine Million Mitarbeiter eingestellt, womit der Konzern zu den größten Arbeitergebern zählt. Viele junge Menschen treten ihre erste Stelle bei McDonald's an.24 In Deutschland sind derzeit rund 50.000 Mitarbeiter bei McDonald's beschäftigt.25 Aufgrund der niedrigen Löhne, die nicht dazu taugen, eine Familie zu ernähren, der niedrigen Mindestanforderungen, die ein Mitarbeiter mitbringen muß, und der ansturmabhängigen Arbeitszeiten scheinen Jugendliche oder Zusatzverdiener für diese Art von Job prädestiniert. Um nicht in zeitlich und finanziell intensive Schulungen investieren zu müssen, müssen die Geräte einfach zu bedienen sein. Die Beschäftigungspraktiken in der Systemgastronomie gehen auf die Fließbandproduktion zurück, die - entwickelt
20
Klein, Naomi: No Logo!, München 2002, 247 vgl. Bartmann, Erla: Fettleibige Burger, in: Publik, 02/2002, 17 22 vgl. Schlosser, Eric: Fast Food Gesellschaft, München 2002,13 23 ebd., 13f 24 vgl. ebd., 13 25 vgl. McDonald's, http://www.mcdonalds.de, 10.09.2002 21
Wie ein Rädchen im Getriebe
71
von Taylor und erstmals in großem Stil umgesetzt von Henry Ford - Anfang des 20. Jahrhunderts in amerikanischen Unternehmen Einzug hielt. 1958 stellte Fred Turner (nunmehr McDonald's-Präsident) ein Handbuch für Ausbildung und Betrieb zusammen, welches jeden zu erledigenden Handgriff exakt regelt. Es beschreibt, wie die einzelnen Geräte zu bedienen sind, wie dick Pommes Frites zu sein haben, wie Hamburger auf den Grill zu legen und wie die Kunden zu grüßen sind.27 Jeder Arbeitsschritt ist also genau geregelt. Das Arbeitsergebnis hängt nicht mehr von den Fertigkeiten und Kenntnissen des Mitarbeiters ab. Der Mitarbeiter wird somit austauschbar. Die Neubesetzung von Stellen ist kein Problem mehr.
ein neues
McDonald's-Lokal.28
In der Hand der Manager liegt es, den Mitarbeiter die Arbeiten zuzuteilen, sie einzustellen und zu entlassen. Ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist die Motivation der Mitarbeiter. Angesichts der eher schlechten Bezahlung wird hierbei besonderer Wert auf eine Entwicklung von „Teamgeist" gelegt. An einer unternehmenseigenen „Universität" werden jedes Jahr mehrere tausend Manager, leitende 26 27 28
vgl. Schlosser, Eric: Fast Food Gesellschaft, München 2002, 101 vgl. ebd., 103 Pater, Siegfried: Zum Beispiel McDonald's, Göttingen 1996, 8
72
A - Management
Angestellte und Franchisenehmer in zweiwöchigen Kursen in Sachen Teamarbeit, • 29 Mitarbeitermotivation, gemeinsame McDonald's-Sprache und -Kultur geschult. ,Jn einem durchschnittlichen McDonald's- oder Burger-King-Restaurant sind etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt. Sie arbeiten im Durchschnitt 30 Stunden in der Woche. [...] Nur die wenigsten sind fest angestellt. Ein Fastfoodrestaurant mit 50 Mitarbeitern beschäftigt vier bis fünf Manager und Assistant Manager. [...] Sie haben Chancen auf eine Karriere im Unternehmen, müssen dafür aber auch zahlreiche unentgeltliche Überstunden leisten und arbeiten oft bis zu 70 Stunden in der Woche. Die Fluktuation unter Assistant Managern ist besonders hoch. Die Tätigkeit bietet wenig Gelegenheit, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Computerprogramme, Ausbildungshandbücher und die Maschinen in der Küche bestimmen jeden Handgriff.'00 Günter Wallraff beschreibt die Arbeit bei McDonald's in seinem Buch „McDonald's beißt kräftig zu" wie folgt: ,Jn meiner Arbeit war McDonald's das ekelhafteste System, das ich erlebt habe. Betriebsratswahlen wurden oft verhindert. Es gab unter den Mitarbeitern kein Zusammengehörigkeitsgefühl. Bei McDonald's muß man sich erst auf engstem Raum, wie in einem Kleiderschrank, vor fast aktenordnerbreiten Spinden, aus- und die dünne Arbeitskleidung anziehen, die eigentlich nichts als Verpackung ist - überall steht das McDonald 's-Zeichen drauf. Erst danach wird man oben am Arbeitsplatz abregistriert, was kein Betriebsrat zulassen würde. Wer Trinkgelder annimmt, kann entlassen werden. Zur Dienstuniform und zum charakteristischen Papphut gehört auch jenes unsägliche Keep-smiling, wie es von Werbeflächen heruntergrinst. [...] Außerdem gehört es zum System, das Personal möglichst oft zu wechseln, um die Löhne niedrig zu halten und jeden Ansatz gewerkschaftlicher Organisierung im Keim zu ersticken,"31 Anders als bei den Mitarbeitern und der Arbeitsweise in den Restaurants deutlich wird, lehnte McDonald's-Vater Ray Kroc jegliche Uniformität unter den Männern in seiner Führungsriege ab, was sich auch deutlich in folgendem Ausspruch Krocs zeigt: „ Wenn es in einem Unternehmen zwei Führungskräfte gibt, die dasselbe denken, ist einer überflüssig."32 Ebenso wurde und wird von den Führungskräften Kreativität und Flexibilität erwartet. ,f)as McDonald's-Management ist stolz auf seine Fähigkeit, sich jeder Situation anzupassen. Man ist bereit, sorgfältig ausgearbeitete Pläne buchstäblich über Nacht fallenzulassen, wenn Veränderungen am Markt es erfordern. Man scheut sich nicht, zu experimentieren und dabei auch Fehler einzukalkulieren. Man kennt keine Hemmungen, das Problem beim Namen zu nennen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen,"33 Angesichts der welt-
29 30 31 32 33
vgl. Schlosser, Eric: Fast Food Gesellschaft, München 2002, 47 ebd., 109 Wallraff, Günter, zit. in: Pater, Siegfried: Zum Beispiel McDonald's, Göttingen 1996, 44f Ray Kroc, zit. in: Love, John F.: Die McDonald's Story, München 1996, 133 ebd., 106
Wie ein Rädchen im Getriebe
73
weiten Erfolge hält man an den „überlieferten Franchising-Prinzipien und an [...] unerschütterlichen Forderungen in bezug auf Qualität, Service und Hygiene fest: Markenzeichen einer Kette, die durch systemkonforme Leistung besticht. Aber unter dem Mantel der Konformität verbirgt sich eine Unternehmenskultur, die Flexibilität in den Mittelpunkt stellt. "34 Aufgabe 1 Was beinhaltet eine Organisationskuitur? Wodurch kann eine Organisationskultur den Mitarbeitern verinnerticht werden? Aufgabe 2 Wie würden Sie die Organisationskultur von McDonald's beschreiben? Aufgabe 3 Beschreiben Sie, warum McDonald's als mechanistische Organisation bezeichnet werden kann (vgl. Organisation als Maschine)! Inwiefern sind derartige Organisationsprinzipien noch zeitgemäß? Aufgabe 4 Auf welche Komponenten der Arbeitsmotivation können sich McDonald's-Mitarbeiter stützen? Aufgabe 5 Versuchen Sie, die Entscheidungsstrukturen, Entscheidungsabläufe und Entscheidungsspielräume der einzelnen Mitarbeiter zu beurteilen! Aufgabe 6 Welche Probleme hinsichtlich des Arbeitsumfeldes, sozialer Auswirkungen und Auswirkungen auf die Umwelt sind festzustellen? Aufgabe 7 Inwieweit übt McDonald's Einfluß auf gesamtwirtschaftliche Strukturen und Zusammenhänge aus?
34
ebd.
A - Management
74 Lösung Aufgabe 1 •
System von Wertvorstellungen, Verhaltensnormen, Denk- und Handlungsweisen, die von den Organisationsmitgliedern erlernt und akzeptiert werden
•
bewirkt, daß sich eine Gruppe von Individuen von einer anderen unterscheidet
•
kann gezielt als Steuerungs- und Führungsinstrument eingesetzt werden
•
Verinnerlichung durch Geschichten, Anekdoten, Sprache, Rituale, Zeremonien, Symbole
Aufgabe 2 •
Uniformität (trotz unterschiedlicher Layouts ähneln sich Lokale stark, einheitliche Kleidung der Mitarbeiter in einem Restaurant)
•
Sprache (Bezeichnung der Speisen und Getränke überall gleich)
•
Symbole/Figuren („Golden Arches", Ronald McDonald)
•
Standardisierung der Arbeitsabläufe
•
Flexibilität und Kreativität wird im höheren Management besonders gefordert, ist an der Basis aber kaum möglich
•
junges Team
Aufgabe 3 •
Arbeitsabläufe genau geregelt (Handbuch), sehr effektiv
•
Standardisierung - dafür notwendig: stabile Umgebung, Aufgabe/Produkt mit geringer Komplexität, wenige Produkte, große Mengen
•
Mitarbeiter müssen „funktionieren" wie das sprichwörtliche Rädchen im Getriebe
•
Ergebnis hängt nicht mehr von den Fertigkeiten/Kenntnissen des Mitarbeiters ab, Mitarbeiter wird austauschbar
•
Organisation als Maschine funktioniert immer noch nach dem klassischen Taylorismus35 - übertrieben formuliert gehört das ins Museum der Organisationswissenschaften
•
vgl. „Fordismus" (technische, wirtschaftliche und sozialpolitische Grundlagen, die Henry Ford in seinen Automobilfabriken anwendete und die dem Gedankengut von F. W. Taylor sehr nahe stehen)
Aufgabe 4 •
Teamgeist, Dazugehörigkeitsgefühl
•
immaterielle „Entlohnung" (z.B. Auszeichnungen)
35
siehe dazu auch Taylor, Frederick W.: Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsfuhrung, München/Berlin 1913
Wie ein Rädchen im Getriebe
75
•
Geld (Entlohnung allerdings vergleichsweise niedrig)
•
allerdings: sowohl Hygienefaktoren als auch Motivatoren (vgl. Frederick Herzberg36) in oft nur geringem Ausmaß erfüllt
Aufgabe 5 •
kaum Raum für eigene Entscheidungen
•
Arbeitsabläufe genau festgelegt
•
Abweichungen von der Norm nicht vorgesehen
•
Individualität spielt praktisch keine Rolle
•
Einbringen spezieller persönlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten ist kaum gefragt
Aufgabe 6 •
McDonald's als „Maschine", ausschließlich Orientierung an Leistungsprinzip
•
absolute Austauschbarkeit der Mitarbeiter bestimmt Stellung des Einzelnen
• •
„McJobs" als unzureichende Grundlage persönlicher Existenzsicherung aufgrund der Größenordnung des Business von McDonald's (vgl. Economies of Scale) vielfältige Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft weltweit
Aufgabe 7 •
Beschaffung
•
Preisniveau
•
Arbeitsmarkt
•
Bildungs- und Qualitätsstandards
•
Gastronomiebranche
•
Einfluß auf die Gesellschaft in bezug auf Konsumverhalten und kulturelle Aspekte, die sich aus der Organisationsphilosophie ableiten
36
siehe dazu auch Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Management, München/Wien 2001,54ff
76
A - Management
„Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung." (Antoine de Saint-Exupery37)
Seit Beginn des Jahres verzeichnet ein zu einem internationalen Konzern gehöriges deutsches Unternehmen der Stahlbranche starke Umsatzrückgänge, was sich deutlich in der Gewinnsituation widerspiegelt. Da die Konzernleitung derzeit ehrgeizige Expansionspläne in Asien verfolgt, konnte sie sich nicht so eingehend wie sonst üblich mit der Umsatzentwicklung in Deutschland beschäftigen und war daher sehr überrascht, als ihr der vergleichsweise schlecht ausgefallene Halbjahresbericht vorgelegt wurde. Die Konzernleitung machte deutlich, daß sie nicht daran interessiert sei, den Standort Deutschland durch die Erfolge in Asien quer zu subventionieren und forderte von der deutschen Geschäftsleitung eine rasche Stellungnahme. In einer kurzfristig eingeräumten „Krisensitzung" identifizierte die Geschäftsleitung als mögliche Ursachen: eine mögliche Marktsättigung, das Angebot der Konkurrenz, ungenügende Werbung, zu lange Lieferzeiten, ungünstige Zahlungskonditionen. Da diese möglichen Ursachen nach Meinung des Geschäftsführers „alles irgendetwas mit Marketing zu tun haben" schob man in der eilig an die Konzernleitung gefaxten Stellungnahme kurzerhand der Marketingabteilung den „schwarzen Peter" zu. Wenig später klingelte beim Marketingleiter das Telefon und ein äußerst aufgebrachtes Mitglied der Konzernleitung forderte ein griffiges Konzept zur Korrektur der derzeitigen Lage ein. Andernfalls hätte der Marketingleiter mit Konsequenzen zu rechnen. Der Marketingleiter räumt ein, daß seine Abteilung aufgrund zwischenmenschlicher Konflikte in der letzten Zeit nicht optimal arbeitete. Er ist jedoch der Meinung, daß seine Abteilung nicht allein für den Umsatzrückgang geradestehen sollte. Erst kürzlich hatte es im Versandbereich Entlassungen gegeben. Zudem hatte sich der Personalleiter vor einigen Tagen beim gemeinsamen Essen in der Kantine über die mangelhafte Qualifikation der verbliebenen Versandmitarbeiter beschwert. Der Finanzchef klagt bereits seit längerer Zeit über die schlechte Zahlungsmoral einiger Abnehmer und die nur schleppend eingehenden Zahlungen. Zudem ärgerte er sich schon häufig über ungünstige Zahlungskonditionen bei Verträgen mit größeren Zulieferunternehmen. Aufgabe 1 Wie konnte es zu dieser Stellungnahme kommen?
37
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001 (Klappentext)
Schuldiger
gesucht
77
Aufgabe: Wie kann der Marketingleiter die Geschäftsleitung überzeugen, daß er nur bedingt für diese Situation verantwortlich ist und sie zu einer Änderung ihrer Haltung bewegen? Aufgabe 3
Aufgabe 4 T Woduri
·- ,
m
Schuld sind immer die anderen
A-
78
Management
Lösung Aufgabe 1 Es wurde im Unternehmen nicht ausreichend kommuniziert. Zudem scheinen die Informationsflüsse nicht gut zu funktionieren. Die Manager der verschiedenen Abteilungen habe sich scheinbar lange nicht mehr ausgesprochen, so daß nicht bekannt ist, welche Probleme in den einzelnen Abteilungen aufgetreten sind. Die Geschäftsleitung stellte nun Vermutungen über die möglichen Ursachen an, ohne stichhaltige Informationen vorliegen bzw. sich ausreichend mit dem Problem beschäftigt zu haben. Aufgabe 2 Der Marketingleiter sollte die Geschäftsleitung (und idealerweise auch alle anderen Beteiligten) dazu bringen, das Problem nicht nur aus einer Perspektive zu betrachten. Einzubeziehen wären in diesem Fall die Sichtweise des Personalleiters und die des Finanzchefs, die der Geschäftsleitung, der Konzernleitung und der Kooperationspartner: Personen
Ansichten/Versäumnisse
Finanzchef
•
Liquiditätssicherung
• • • •
Beschaffung finanzieller Mittel (Innen-, Außenfinanzierung) Zahlungseingänge Kosten und Erlöse Die schlechte Ertragslage kann z.T. auch durch schleppend eingehende Zahlungen verursacht worden sein.
• • •
Qualifikation der Mitarbeiter Personalabbau Die zu langen Lieferzeiten müssen nicht unbedingt auf die MarketingAbteilung zurückzuführen sein. Deren Ursache kann beispielsweise auch in einem zu geringen Personalstand oder in der Qualifikation der Mitarbeiter liegen.
Personalleiter
Geschäftsleitung • • •
Denken in „Schubladen" Zusammenhänge nicht erkannt handelte voreilig, hätte erst Stellungnahme der einzelnen Bereichsleiter einholen sollen
•
hat sich zu spät mit Problem beschäftigt
Konzernleitung
• • •
will Erfolge sehen wichtig ist, daß Problem gelöst wird, weniger wichtig - wer und wie vernachlässigte Standort Deutschland
Umfeld
•
Kapitalgeber: sind nur bereit, in ein erfolgversprechendes Unternehmen zu investieren
•
Lieferanten: aus Sicht des eigenen Unternehmens günstigere Zahlungskonditionen vereinbaren
•
Abnehmer: schleppende Zahlungsweise; Schaffung von Anreizen zur früheren Zahlung; aus Sicht des eigenen Unternehmens günstigere Zahlungskonditionen vereinbaren
Abbildung 12-1 Beteiligte und deren Ansichten/Versäumnisse
Schuldiger gesucht
79
Aufgabe 3 Phase
Merkmale
Strategische Krise
•
Erfolgspotentiale des Unternehmens verschlechtern sich, wirken sich aber noch nicht auf den Gewinn aus
•
mögliche Gründe: Verschlechterung der Kundenorientierung, Verlust der technologischen Führerschaft
Rentabilitätskrise
•
Gewinn ist nachhaltig zu gering, sinkt tendenziell
•
es treten noch keine Verluste auf
Ertragskrise
•
es treten Verluste auf
Liquiditätskrise
•
Verlustsituation führt zu Liquiditätsengpässen
•
Überziehungsrahmen der Konten sind weitgehend ausgeschöpft
•
Bedienen von Verbindlichkeiten schwierig
Tabelle 12-1 Typischer
Krisenverlauf8
Im vorliegenden Fall befindet sich das Unternehmen im Übergang von der strategischen zur Rentabilitätskrise.
Aufgabe 4 •
bewußtes Wahrnehmen von Krisensignalen, die sich häufig bereits frühzeitig abzeichnen
•
akzeptieren, daß eindeutige Anzeichen für eine Krise vorhanden sind und nicht „den Kopf in den Sand stecken"; nicht nach Schuldigen suchen, sondern bereits rechtzeitig die Zusammenarbeit zur Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten suchen
•
nicht hektisch und kurzsichtig agieren, kalkuliertes Vorgehen statt Aktionismus und Alibiaktionen
•
nicht aufgeben, wenn nicht alles gleich so läuft, wie man es sich vorstellt
•
einsichtig bisherige Verhaltensweisen in Frage stellen, Loslassen der alten Muster ist die Bedingung für das Erkennen neuer Chancen
38
vgl. Ossola-Haring, Claudia (Hrsg.): Die 499 besten Checklisten für Ihr Unternehmen, Landsberg/L. 1996,17f
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A - Management
13 Die Mär vom König Kunden „Wer Handel treibt, muß freundlich sein." (Chinesisches Sprichwort39)
Es war einmal eine Kundin, die glaubte, das Sprichwort vom „König Kunden" habe noch Gültigkeit. Verschiedene Erlebnisse in der glitzernden Einkaufswelt lassen sie aber zunehmend daran zweifeln ... Freundlichkeit hat einen Namen40 Kunigunde König hatte in einem Warenhaus Druckerpapier gekauft. Da auf dem Kassenbon nur der Papierhersteller, der neben Druckerpapier auch zahlreiche weitere Produkte vertreibt, aber nicht die Artikelbezeichnung ausgewiesen war, bat sie um eine Quittung. Die Dame an der Kasse verwies Kunigunde dazu an eine weitere Mitarbeiterin, die derzeit mit dem Abstauben von Parfumfläschchen beschäftigt war. Diese Mitarbeiterin, scheinbar in ihrer Arbeit gestört, belehrte Kunigunde zunächst, daß derartige Anliegen vor Ausdruck eines Kassenbons vorzubringen sind. Kunigunde erwiderte daraufhin, sie habe vorher ja nicht wissen können, was auf dem Bon steht. Die Mitarbeiterin meinte, das sei auch jetzt egal, man schreibe in diesem Warenhaus sowieso keine Quittungen mehr aus. Kunigunde blieb hartnäckig. Sie benötigte die Quittung fur die Steuerunterlagen, und da müsse schließlich die genaue Artikelbezeichnung aufgeführt sein. Nach langem Hin und Her zog begab sich die Mitarbeiterin hinter eine weitere Kasse und zog einen angefangenen Quittungsblock hervor. ,Na also', dachte Kunigunde, ,es geht ja doch!' Doch sie hatte sich zu früh gefreut. Die Mitarbeiterin trug lediglich den Gesamtpreis ein, schob den Block zu Kunigunde und sagte: „Schreiben Sie sich den Rest doch selber!" - Jetzt reichte es. Kunigunde verlangte lautstark nach dem Geschäftsführer. Die Kunden, die sich mittlerweile um den Ort des Geschehens versammelt hatten, beobachteten das Schauspiel interessiert und harrten der Dinge, die da kommen würden. Scheinbar wurde es der Mitarbeiterin jetzt doch peinlich, denn auf einmal füllte sie die Quittung anstandslos aus. Und Kunigunde verließ samt Papier und Quittung erhobenen Hauptes den Ort des Geschehens. Wie es der Zufall wollte, traf Kunigunde einige Tage später bei einem erneuten Einkauf in diesem Warenhaus auf den Geschäftsführer. Eine andere Mitarbeiterin, die sich noch gut an das kurze Zeit zurückliegende „Schauspiel" erinnern konnte, ermutigte Kunigunde, den Geschäftsführer daraufhin anzusprechen, was sie noch am selben Tag tat. Dieser hörte aufmerksam zu und versprach, die Angelegenheit zu klären. In den folgenden Wochen blickte sich Kunigunde bei je39 40
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 544 Aufschrift auf den Ansteck-Buttons der Mitarbeiter
Die Mär vom König Kunden
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dem Besuch in diesem Warenhaus aufmerksam um, um der betreffenden Mitarbeiterin aus dem Weg zu gehen. Doch bei keinem ihrer Besuche traf sie die Mitarbeiterin mehr dort an. Die Nr. 1 ist bei uns der Kunde41 Kunigunde König hatte vor kurzem eine neue Wohnung bezogen und war, nachdem die Wohnung fast fertig eingerichtet war, noch auf der Suche nach einigen Kleinigkeiten. Eines schönen Tages schlenderte sie durch ein Möbelhaus und entdeckte ein chromfarbenes Deko-Gitter samt Ablagen, das noch gut in ihre Küche passen würde. Kurz entschlossen kaufte Kunigunde das Gitter und trabte frohen Mutes nach Hause. Gegen Abend wollte sie es an der Wand montieren und entfernte dazu die Verpackung. Bei genauerem Hinsehen entdeckte sie dabei allerdings auch zwei Rostflecken. Nicht gewillt, das nagelneue Gitter so zu montieren, entschloß sie sich, es noch am selben Tag umzutauschen. Mit einem Anruf im Möbelhaus wollte sie sich zuvor jedoch erst vergewissern, ob dieses überhaupt noch geöffnet habe. Kurz nach 19.00 Uhr erreichte sie die Zentrale. Eine nette Dame erklärte ihr, das Möbelhaus habe bis 20.00 Uhr geöffnet, und sie könne den Artikel gerne heute noch umtauschen. Gesagt, getan. Kunigunde traf kurz vor 19.30 Uhr am Möbelhaus ein ... und glaubte ihren Augen nicht zu trauen: geschlossen! Der Wachdienst teilte ihr mit, das Haus schließe bereits 19.00 Uhr und sie solle doch bitte am nächsten Tag wiederkommen; was Kunigunde allerdings mißfiel. Nach einigem Diskutieren und Bitten wurde ihr schließlich gestattet, in Begleitung eines älteren Herrn vom Wachdienst die Hauptkasse aufzusuchen. Gleichzeitig machte ihr dieser Herr aber auf äußerst ruppige Art und Weise deutlich: „Fünf Minuten und nicht länger, sonst hole ich die Polizei wegen Hausfriedensbruchs!" An der Hauptkasse, die sich in der Abteilung befindet, in der Kunigunde das Gitter gekauft hatte, hielten sich noch drei Damen auf, die aber alle nicht zur Abteilung gehören wollten. Auch wollte es niemand für möglich halten, daß Kunigunde kurz nach 19.00 Uhr überhaupt mit einem Mitarbeiter des Möbelhauses am Telefon gesprochen haben könnte. Der ältere Mann vom Wachdienst wurde sehr ausfallend und stellte sie praktisch als Lügnerin oder Verrückte hin. Nachdem Kunigunde mit der Presse und dem Fernsehen gedroht hatte, war es aber plötzlich doch möglich, die Ursache allen Übels - das Deko-Gitter für ganze € 16 - umzutauschen. Noch am selben Abend machte Kunigunde in einem Brief an den Geschäftsführer des Möbelhauses ihrem Herzen Luft und schilderte den Vorfall ausführlich. Die Antwort daraufkam postwendend:
41
Werbeslogan des betreffenden Möbelhauses
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„... Ihre Ausführungen nahm ich mit großem Interesse zur Kenntnis. Zuerst möchten wir uns vielmals bei Ihnen für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen. Zur Auskunft, daß unser Haus bis 20.00 Uhr geöffnet hatte, möchten wir Ihnen folgendes erklären: Seit August haben wir in ... [Ort des Geschehens] bis 19.00 Uhr geöffnet. Das Telefon unserer Zentrale wird jedoch um 19.00 Uhr umgestellt auf unser Stammhaus in ... [anderer Ort], so daß weiterhin alle Gespräche entgegengenommen werden können. Unser Stammhaus ist bis 20.00 Uhr geöffnet. Bei Ihrem Anruf telefonierten Sie mit einer Mitarbeiterin aus ... [anderer Ort], Es tut uns außerordentlich leid, daß es zu diesem Mißverständnis kam! Auch für die Unfreundlichkeit des Wachdiensthabenden bitte wir Sie vielmals um Entschuldigung. Wir werden diese gesamte Angelegenheit intern besprechen. Als kleine Wiedergutmachung für den Ärger, den wir Ihnen selbstverständlich gerne erspart hätten, laden wir Sie mit beiliegendem Gutschein recht herzlich in unser Restaurant ein."
Drei Monate nach den unangenehmen Erlebnissen in diesem Möbelhaus löste Kunigunde den Gutschein ein. Das Essen war sehr gut, die Bedienung ebenfalls, und Kunigunde beginnt für den Einzelhandel wieder zu hoffen ...
Die Bahn kommt! - Bloß wann? Kunigunde ist auf Dienstreise ins Salzkammergut. Für die Fahrt nach Salzburg hatte sie sich ein Ticket für den neuen ICE-T mit Neigetechnik besorgt, um schnell dort zu sein. Geplante Abfahrt vom Heimatbahnhof war 9.10 Uhr. Als sie kurz vor 9 Uhr am Bahnhof ankam, leuchtete schon die „erfreuliche" Mitteilung „mehr als 60 min Verspätung" an der Abfahrtstafel. Auf ihre Frage, ob
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der Zug denn überhaupt käme oder ob man lieber auf eine andere Verbindung umsteigen sollte, konnte ihr - eigentlich wie erwartet - keiner eine Antwort geben. Zufälligerweise - oder aus einer Art „Vorahnung" heraus - hatte sie sich aber am Vortag eine „Ersatzverbindung" ausgedruckt: Abfahrt 9.58 Uhr, allerdings sollte sie diese Verbindung statt 2x mit dem ICE, mit Umsteigen in München, auf einer ganz anderen Strecke 4x im „Bummelzug", der sprichwörtlich an jedem Kuhstall hält, nach Salzburg führen. Nun hatte Kunigunde aber für dieses ICE-Ticket über € 15 mehr bezahlt als die Fahrt auf der „Bummelstrecke" tatsächlich kostete und wollte sich von der Bahn das Geld rückerstatten lassen. Sie hatte sich sogar von jedem Schaffner auf der Fahrkarte schriftlich bestätigen lassen, wie sie gefahren war - für den Fall, man könnte hinterher die Stempelaufdrucke auf dem Ticket nicht mehr lesen und würde anzweifeln, daß sie eine andere Strecke gefahren sei. Beim ersten „Rückholversuch" scheiterte Kunigunde bereits an der Bürokratie: Da sie das Ticket bargeldlos bezahlt hatte, war eine Rückerstattung in bar nicht möglich. Und eine Überweisung wird auch nur dann vorgenommen, wenn man den Original-Kassenbeleg vorlegt. Glücklicherweise fand sich der Beleg zu Hause unter einem Stapel Akten. Beim zweiten Versuch schien zunächst alles glatt zu gehen, bis Kunigunde auch noch das Geld für die Platzkarten rückerstattet haben wollte. Dies scheiterte zunächst daran, daß sie sich auf den Platzkarten nicht bestätigen lassen hatte, daß sie sie nicht genutzt hatte. Sie war am Verzweifeln und appellierte an den gesunden Menschenverstand der Schalterbeamtin: wie soll sie denn (nachweislich) mit einem „Bummelzug" gefahren und zur gleichen Zeit in einem ICE gesessen haben? Es soll zwar gespaltene Persönlichkeiten geben, aber das war ja nun wirklich ein Ding der Unmöglichkeit, was schließlich auch die Dame am Schalter einsehen mußte.
Versicherung auf Kundenfang Kunigunde König, seit nunmehr über drei Jahren Kundin eines großen deutschen Mobilfunkunternehmens, hat sich zum Kauf eines neues Mobiltelefons entschlossen. Dabei möchte sie ein Angebot des Mobilfunkunternehmens, bei einer weiteren vertraglichen Bindung um mindestens 20 Monate ein Handy zum Vorzugspreis von € 1 erwerben zu können, nutzen. Anfang März entschied sich Kunigunde in der Filiale X für ein Handymodell. Auf eine vom Unternehmen angebotene kostenpflichtige Zusatzgarantie über den gesetzlichen Gewährleistungsrahmen hinaus verzichtete sie, wie es auch in der zum Mobiltelefon gehörigen Garantie-Karte vermerkt wurde. Zwei Wochen später erhielt sie von der Versicherungs-AG „Versicher' dich", eine Garantieurkunde über einen wenige Tage später beginnenden GarantieVertrag mit Zahlungsaufforderung. Kunigunde war verwirrt. Sie hatte im Geschäft doch ausdrücklich gesagt, daß sie keine Zusatzgarantie in Anspruch neh-
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men möchte. Sie hatte ja auch nichts unterschrieben. Und doch lag nun vor ihr ein angeblich rechtskräftiger Vertrag, und sie wurde zur Zahlung von monatlich € 5 aufgefordert. Ihr wurde zwar - im Kleingedruckten auf der Rückseite des Vertrags - eine 14tägige Widerspruchsfrist gewährt. Doch wie sollte sie einem Vertrag widersprechen, der gar nicht bestand? Ging sie mit einem Widerspruch vielleicht das Risiko ein, das Bestehen eines Vertrages - quasi durch die Hintertür - zu akzeptieren? Irgendwie kam ihr die Sache spanisch vor. Nach langem Überlegen entschloß sie sich, sich schriftlich an die Versicherungs-AG zu wenden: Kunigunde König Kaiserstraße 10 Königshausen Versicher' dich Versicherungs-AG Zum Reibach 100 Geldstadt Königshausen, 04.04.2002
„Vertragsnummer" 1234567890 Sehr geehrte Damen und Herren, bezugnehmend auf Ihre beiden Schreiben vom 25.03.2002 teile ich ihnen mit, daß ich keinen Vertrag über die Inanspruchnahme einer Zusatzgarantie unterzeichnet habe bzw. dies auch nicht beabsichtigte. Ich habe keinerlei mündliche Vereinbarungen mit den Fa. X getroffen bzw. Unterschriften (siehe beigefügte Kopie der Garantieurkunde) geleistet. Aus diesem Grund betrachte ich den von Ihnen zugesandten Vertrag unter der o.g. „Vertragsnummer", deren Zustandekommen mit schleierhaft ist, als gegenstandslos. Da nachweislich kein Vertrag besteht, gilt für mich auch nicht die in Ihrer Verbraucherinformation erwähnte Widerspruchsfrist. Darüber hinaus bin ich der Auffassung, daß derartige Methoden der Kundenakquisition als - gelinde gesagt - dreist zu betrachten sind. Weitere rechtliche Schritte gegen derartige Praktiken behalte ich mir vor. Mit freundlichen Grüßen, Kunigunde König
Ein ähnliches Schreiben sandte sie an die Filiale X des Mobilfunkunternehmens. Außerdem setzte sie die örtliche Niederlassung der Verbraucher-Zentrale über den Vorfall in Kenntnis. Wenige Tage später erhielt Kunigunde ein Schreiben von der Filiale X. Darin entschuldigte man sich umständlich für das versehentliche Zustandekommen des Vertrages, was angeblich auf einem Buchhaltungsfehler beruhte. Quasi als „Wiedergutmachung" legte man ein Headset für ihr Mobiltelefon bei. Für Kunigunde hatte sich die Sache damit erledigt. Umso erstaunter war sie, als sie am 18.04.2002 erneut von der Versicherungs-AG angemahnt wurde, ihre
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ausständige Prämie, nunmehr in Höhe von monatlich € 8,50, für die Zusatzversicherung zu begleichen:
„Da der Beitrag bis heute unserem Konto nicht gutgeschrieben wurde, befinden Sie sich im Verzug. [...] Es liegt in Ihrem Interesse, die vertraglich vereinbarte Zahlung schnellstens nachzuholen, damit nicht rechtliche Nachteile die Folge sind."
Doch auch jetzt war Kunigunde nicht gewillt, sich mit derart dreisten Methoden in einen Vertrag drängen zu lassen. Sie wandte sich erneut an die Versicherungs-AG: Kunigunde König Kaiserstraße 10 Königshausen Versicher' dich Versicherungs-AG Zum Reibach 100 Geldstadt Königshausen, 18.04.2002 „Vertragsnummer" 1234567890 Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Schreiben möchte ich erneut (vgl. mein Schreiben an Sie vom 04.04.2002) klarstellen, daß ich keinerlei vertragliche Verbindung mit Ihrem Unternehmen eingegangen bin (siehe dazu auch das Schreiben der Fa. X). Deshalb • kann ich mich nicht - wie von Ihnen behauptet - im Zahlungsverzug befinden, • behalte ich mir rechtliche Schritte gegen Ihr Unternehmen vor, sollten Sie mich weiterhin mit Zahlungsaufforderungen zu einem nicht existenten Vertrag belastigen und • werde ich auch diesmal die Verbraucher-Zentrale über die von Ihnen angewandten Praktiken informieren. Mit freundlichen Grüßen, Kunigunde König
Inzwischen hatte auch der Verbraucherschutz reagiert:
„... vielen Dank für die übersandten Unterlagen in Sachen ,Mobiltelefon-Zusatzgarantie', die Sie uns zur Information bzw. zur Einleitung weiterer Schritte mit übersandt haben. Wir haben diese an unsere Geschäftsstelle in Leipzig gesandt. Von dort aus wird geprüft, ob die angelegenheit für eine Abmahnung geeignet ist und ob in diesem Falle die Sache von der Verbraucherzentrale Sachsen selbst wettbewerbsrechtlich weiterverfolgt wird oder ob die Unterlagen an unseren Dachverband [...] weitergereicht werden."
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Nachdem Kunigunde die Filiale X erneut um Klärung der Angelegenheit gebeten hatte, schien der Versicherungs-AG scheinbar klar zu werden, daß doch kein rechtskräftiger Vertrag zustande gekommen war. Jedenfalls bestätigte man nach Kunigundes zweitem Schreiben - nun gleich von zwei verschiedenen Stellen der Versicherungs-AG - das kein Zusatzgarantie-Vertrag besteht und somit auch keine Zahlungsforderungen gegen Kunigunde erhoben werden.
*
Der schnelle Weg zum Imbiß Dienstagabend, kurz nach 21.00 Uhr - Mittag- und Abendessen waren streßbedingt ausgefallen. Nun waren Kunigunde König und ihr Kollege Hugo Hurtig mit mächtig knurrendem Magen auf dem Weg zu einer bekannten SchnellimbißKette. Große Ansprüche an das Essen stellten die beiden an diesem Tag nicht, wichtig war nur, daß sie schnell etwas bekamen. Im „Restaurant" angekommen,
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erwartete die beiden eine lange Schlange vor der einzigen geöffneten Kasse. Sie warteten, warteten und warteten. Es schien überhaupt nicht vorwärts zu gehen. Schließlich platzte Hugo Hurtig der Kragen. Er drängte sich vor zur Kasse und fragte, ob es nicht möglich wäre, eine der fünf geschlossenen Kassen zu öffnen, damit es ein wenig schneller gehe. Schließlich sei man hier Kunde und nicht „Bittsteller". Mitarbeiter gäbe es genug, man sah sie ja hinter dem Tresen herum huschen. Die Kassiererin fühlte sich mit dieser Bitte scheinbar überfordert. Entscheiden durfte sie selbst nicht, der Restaurantmanager war momentan außer Haus. Hugo ließ sich damit nicht abspeisen. Die Kassiererin bot an, Hugo bevorzugt zu behandeln, doch das wollte er aus prinzipiellen Erwägungen nicht. Also diskutierte man weiter. Dies hatte zur Folge, daß nun an der einzigen Kasse auch nichts mehr weiterging. In der Reihe wurde man unruhig. Kunigunde bat Hugo wiederholt, wenigstens den Ablauf an dieser Kasse nicht noch zu stören ohne Erfolg. Auf einmal tauchte aus dem Hintergrund der Manager, der sich offenbar doch bei den Angestellten hinter dem Tresen befand, auf. Sofort öffnete man zwei weitere Kassen, die wartende Schlange teilte sich auf diese Kassen auf und binnen fünf Minuten saß jeder zufrieden mit Pommes oder Burger im Lokal.
Bezahlen Sie doch einfach mit Ihrem guten Namen! Kunigunde König ist seit langem Kundin eines Modehauses. Mit Angebot und Service ist sie eigentlich immer zufrieden gewesen. Seit einiger Zeit stört sie lediglich, daß das Bezahlen mit der EC-Karte nicht immer funktioniert. Schon mehrmals wurde ihr an der Hauptkasse erklärt, die Abbuchung würde nicht funktionieren, da ihr Konto gesperrt sei, was angesichts der wartenden Kunden hinter ihr stets peinlich war. Wenige Minuten später funktionierte dieselbe Karte aber in anderen Geschäften oder am Geldautomaten stets problemlos. Auch Rücksprachen mit der Bank ergaben, daß die Karte einwandfrei, das Konto zu jedem Zeitpunkt gedeckt und der Fehler im Kassensystem des Modehauses zu suchen sei. Mit diesem Wissen wandte sich Kunigunde deshalb an den Geschäftsführer des Modehauses. Dieser antwortete prompt und entschuldigte sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Doch statt ihr bei der Klärung des Problems behilflich zu sein, schickte man ihr einen Antrag zur Ausstellung einer Kreditkarte. Aufgabe 1 Wodurch zeichnet sich ein kundenorientiertes Unternehmen aus? Aufgabe 2 Wodurch kommen bei Kunigunde Zweifel an der Kundenorientierung der beschriebenen Unternehmen auf? Aufgabe 3 Wie hätte man in den obigen Fällen idealerweise reagieren sollen?
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Lösung Aufgabe 1 •
Vertrautmachen und Eingehen auf Kundenbedürfnisse, -erwartungen und -wünschen
•
Ausrichtung der Geschäftsprozesse auf Bedürfnisse/Wahrnehmungen der Kunden
•
Analyse der Zufriedenheit der Kunden mit Produkten und Leistungen in regelmäßigen Abständen
•
Kontaktpflege
•
Einrichtung eines Beschwerdemanagements
•
Einstellung und Förderung ausschließlich kundenfreundlicher Mitarbeiter
Aufgabe 2 In allen Fällen wird der Kunde nicht als mündiger Bürger, sondern als Bittsteller behandelt. Interne Probleme werden z.T. auf dem Rücken des Kunden ausgetragen. Auch wenn die betreffenden Unternehmen sicher über Leitsätze zur Kundenorientierung verfügen und diese in ihrer Unternehmensphilosophie verankert haben, mangelt es derzeit noch an der praktischen Umsetzung bzw. der Kommunikation dieser Philosophie bis zur „Basis". Aufgabe 3 Dem Kunden entgegenzukommen, ist mehr als eine lästige Pflichtübung. Oft reichen schon Kleinigkeiten aus, um das Wohlwollen des Kunden wiederherzustellen. Sobald er sieht, daß man sich bemüht, ist er in den meisten Fällen ohnehin besänftigt. Unverständlich ist es, warum sich Unternehmen in vielen Fällen selbst mit kleinen Entgegenkommen so schwer tun. Den Mitarbeitern im Einzelfall mehr Handlungsspielräume im Sinne von Großzügigkeit einzuräumen, trägt im Zusammenhang damit zur Findung von beiderseitig akzeptablen Lösungen bei. Dazu gehört auch, daß Mitarbeiter in Sachen „Beschwerdemanagement" entsprechend geschult sind. Natürlich ist dies nicht alles: im Falle des Häufens von Beschwerden ist es dem Management dringend angeraten, den Ursachen konsequent nachzugehen und entsprechende Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen.
Arbeiten in Schweden
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14 Arbeiten in Schweden „Ein Ende des in ganz Skandinavien wachsenden Bedarfs an Ärzten ist nicht abzusehen - zu knapp hatten die nordeuropäischen Staaten ihre langfristige Nachwuchs-Planung angelegt."42
Während in Deutschland die Zukunftsaussichten für Jung-Mediziner nicht gerade rosig sind, werden in Skandinavien dringend Ärzte gesucht. Grund für den Ärztemangel ist u.a. die strikt bedarfsorientierte Zulassung zum Medizinstudium, wobei man in den letzten Jahren den tatsächlichen Bedarf aber weit unterschätzt hat. Im Zeitraum von 1998-2000 wurden von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Bonn rund 200 deutsche Ärzte nach Skandinavien vermittelt. Dabei stellen sich die Aussichten auf einen vorübergehenden oder dauerhaften Arbeitsplatz insbesondere für Fachärzte vielversprechend dar.43
Schärenlandschaft vor Stockholm
In Schweden fehlen derzeit beispielsweise etwa 450 Ärzte pro Jahr.44 2001 hatten 44 % der 1.329 approbierten Ärzte in Schweden eine ausländische Ausbildung. Dabei stellen Ärzte mit deutscher Ausbildung die größte Gruppe (139 im Jahr 2001). Für den schwedischen Ärzteverband ist es in diesem Zusammenhang besonders wichtig, daß die ausländischen Ärzte möglichst schnell mit der Landessprache vertraut werden und deren Integration am Arbeitsplatz zügig vorangetrieben wird 45
42
Preusker, Uwe K.: Dr. Gastarbeiter, in: 4/2000 (Juli/August), 46 vgl. ebd. 44 vgl. o.V.: Deutsche Ärzte in Schweden, in: Deutsches Ärzteblatt, 03.05.2002, Al 193 45 vgl. Ahlgren, Tom: Näre hälften av nya läkare har utländsk utbildning, in: Läkartidningen 2002 (28. Woche), Sveriges Läkarförbund/Schwedische Ärztevereinigung, http://www.ronden.se/slf, 10.07.2002 43
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• Kebnekaise (2111 m)
FINNLAND
Lappland Luleäi Norftotten SCHWEDEN
Västerbotten
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Malmö 200 Abbildung
14-1
Schweden
300 km
Arbeiten in Schweden
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Seit Schweden EU-Mitglied ist, gestaltet sich ein Arbeitsaufenthalt im Land wesentlich einfacher als zuvor. Eine Arbeitserlaubnis ist für EU-Bürger nicht mehr erforderlich. Lediglich eine Aufenthaltserlaubnis muß bei einem über drei Monate hinausgehenden Aufenthalt - entweder vorher in Deutschland oder vor Ort - beantragt werden. Wird ein Stellenangebot kurzfristig angenommen, ist es sogar möglich, die Stelle ohne eine solche Erlaubnis anzutreten, da diese in solchen Fällen stets nachträglich erteilt wird. Diese Chance möchte nun auch Erik Sommer nutzen. Erik hat in Deutschland Medizin studiert und war nach Abschluß des Studiums eine Zeitlang in Deutschland tätig. Allerdings war er nicht so recht zufrieden mit dieser Situation. Als sich die Gelegenheit bot, eine Stelle in Mora, in der Provinz Dalarna, anzunehmen, sagte Erik zu. Das Land ist für Erik nicht völlig unbekannt. Während seiner Studienzeit führten ihn bereits mehrere Reisen nach Skandinavien. Das Interesse wurde noch verstärkt, als sein Bruder einige Semester in Uppsala studierte, wo er ihn natürlich auch besuchte. Doch noch so viele Urlaubsreisen können natürlich nicht vermitteln, wie das Leben im fremden Land dann tatsächlich ist. Aufgabe 1 Worauf ist der derzeitige Ärztemangel in Skandinavien zurückzuführen? Aufgabe 2 Welche Gründe können generell für bzw. gegen einen Auslandseinsatz sprechen? Aufgabe 3 Da Erik nicht von seinem bisherigen Arbeitgeber ins Ausland entsandt wird, sondern sich den neuen Arbeitsplatz auf eigene Initiative suchte, kommt er nicht in den Genuß sonst üblicher Vorbereitungs- und Trainingsprogramme. Wie kann sich Erik dennoch auf die neuen Rahmenbedingungen und die neue Kultur vorbereiten? Aufgabe 4 Welche persönlichen Maßnahmen zur Vorbereitung bzw. Planung sollte Erik vorab konkret treffen? Aufgabe 5 Inwieweit könnte eine Analyse des neuen Umfeldes bei der Vorbereitung helfen? Wie könnte eine derartige Umfeldanalyse aussehen? Aufgabe 6 Welche Probleme könnten bei der Rückkehr aus dem Ausland auftreten?
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Lösung Aufgabe 1 •
strikt bedarfsorientierte Zulassung zum Medizinstudium, wobei in den letzten Jahren den tatsächlichen Bedarf weit unterschätzt wurde
•
längere Dauer des Medizinstudiums läßt Änderungen in der Planung nicht sofort wirksam werden
•
Anmerkung: zahlreiche schwedische Ärzte gingen nach Norwegen, wo ebenfalls Ärztemangel herrschte, was aber die Situation in Schweden noch verschärfte
Aufgabe 2 Contra
Pro •
Schritt auf der Karriereleiter
•
•
größere Verantwortung übernehmen
•
Familie, insbesondere Partner
•
Ausdehnung des Aufgabenbereiches
•
•
Wunsch, Neues kennenzulernen
Abneigung gegenüber Rahmenbedingungen im Gastland
•
bessere Bezahlung
•
Angst vor Karriereknick nach Rückkehr
Tabelle 14-1 Pro und Contra
persönliche Gründe
Auslandsaufenthalt46
Aufgabe 3 •
Besuch eines Sprachkurses, insbesondere medizinisches Fachvokabular
•
Literaturstudium
•
Gespräche mit Nicht-Schweden, die bereits in Schweden arbeiten bzw. dort eine Zeitlang gearbeitet haben
•
Lokalaugenschein, um die aktuellen Entwicklungen einzufangen
•
Besuch interkultureller Trainingskurse
•
Anschluß finden an evtl. schwedische Institutionen in der Heimat bzw. Besuch von deren Veranstaltungen
Aufgabe 4 Vorbereitung: Die Sammlung von Informationen zum Land und der dortigen Lebensweise hilft, sich auf das neue Lebens- und Arbeitsumfeld einzustellen. Obwohl Englisch in Schweden weit verbreitet ist, ist die Absolvierung eines Sprachkurses unumgänglich. Ob dieser vorab in Deutschland, parallel zum Einsatz in Schweden (oder auch kombiniert) stattfindet, hängt höchstwahrscheinlich von der Kurzfristigkeit des Einsatzes und der Verfügbarkeit in Deutschland ab.
46
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationale Märkte, München/Wien 2001, 375
Arbeiten in Schweden
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Abbildung 14-2 Arbeiten in Schweden - Was vor dem Umzug zu berücksichtigen ist
Familie: Ist Erik gebunden, sollte ein derartiger Entschluß nicht ohne Einbeziehung der Partnerin getroffen werden. In Abhängigkeit von der geplanten Dauer des Auslandseinsatzes stellt sich die Frage, ob die Partnerin zu Hause bleibt oder ins Gastland mitkommt (sofort oder später?). Im letzteren Fall müßte die Partnerin, sofern sie berufstätig ist, höchstwahrscheinlich ihren Arbeitsplatz in Deutschland aufgeben und im Gastland eine neue Stelle suchen. Zeitraum: Es sollte auf jeden Fall geklärt werden, ob es sich um einen befristeten oder unbefristeten Einsatz handelt. Davon hängt beispielsweise ab, ob die Wohnung in Deutschland ganz aufgegeben wird, die Partnerin mit übersiedelt.
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Umzug: Angesichts der geographischen Entfernung will vorher gut überlegt sein, was beim Umzug mitgenommen werden soll. Es stellt sich die Frage, ob die Übersiedelung auf einmal oder etappenweise (beispielsweise wenn die Partnerin vorerst in Deutschland bleibt oder die Wohnungseinrichtung in Deutschland vorübergehend eingelagert wird) erfolgen soll. Wird ein Kleintransporter gemietet (und soll die Strekke nicht mehrfach zurückgelegt werden), ist das Transportvolumen von vornherein begrenzt. Doch auch wenn der Umzug einer darauf spezialisierten Firma überlassen wird, sollte das Transportgut überlegt zusammengestellt werden. Üblicherweise werden die Transportkosten nach belegter Ladefläche berechnet. Hinzu kämen noch die Kosten für die Fähre (bzw. für die Nutzung der öresundbrücke). Wohnen: Auch die Suche nach einer Unterkunft wird sicher von der Aufenthaltsdauer abhängig sein. Darüber hinaus ist es sicher von Bedeutung, wie gut Wohnung oder Haus an die vorhandene Infrastruktur angebunden sind. Finanzen: Finanzielle Belastungen erwachsen allein schon aus dem Umzug. Werden nur Teile der Wohnungseinrichtung mitgenommen, gilt es diese in Schweden zu komplettieren, was wiederum Kosten nach sich zieht. Interessant ist vor solch einem Schritt sicher auch ein Vergleich von Gehalt und Lebenshaltungskosten im Heimatund im Gastland. Formalitäten: Schließlich müssen eine Reihe von Formalitäten geklärt werden: Ist es beispielsweise aufgrund der Aufenthaltsdauer notwendig, eine Aufenthaltserlaubnis zu beantragen? Wenn ja, soll dies bereits in Deutschland oder erst in Schweden erfolgen? Unabdingbar ist in Schweden die Beantragung der sogenannten personnummer, die jeder Schwede mit der Geburt erhält und ohne die in Schweden keinerlei Amtsgeschäfte abgewickelt werden können. Aufgabe 5 •
Vorbereiten auf neues Umfeld
•
Vertrautmachen mit Besonderheiten
•
Erkennen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zum Heimatland
•
relativiert vielleicht (übermäßige) Vorfreude bzw. Bedenken und Ängste
Politisch-rechtliches Umfeld politische Situation
•
Staatsform: parlamentarische Monarchie
•
Hauptstadt: Stockholm
•
Verwaltungsgliederung: 24 Provinzen (Län), die sich teilweise mit den 25 Landschaften decken; staatliche Verwaltungsbehörden sind der Regierung unterstellt
•
politisches System: repräsentative Demokratie; schwedischer Reichstag, der nur durch direkte Wahlen gewählt wird, besteht aus einer Kammer, der wiederum 349 Mitglieder angehören; Legislaturperiode vier Jahre; Reichstag ernennt Ministerpräsidenten, der mit Regierungsbildung beauftragt wird; Staatsoberhaupt ist König bzw. Königin des Landes
•
Parteiensystem: galt lange Zeit als eines der stabilsten der westlichen Welt; im Reichstag vertreten sind Sozialdemokratische Arbeiterpartei, Moderate Sammlungsparte (Konservative), Liberale Partei, Zentrumspartei, Linkspartei, Umweltpartei Die Grünen, Christlich-Demokratische Partei, Neue Demokratie
•
Neutralität: Schweden führte seit 1814 keinen Krieg mehr; blieb auch im Ersten und Zweiten Weltkrieg neutral
Arbeiten in Schweden politische Situation
•
• rechtliches Situation
•
•
• • •
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Sicherheitspolitik: lange Zeit Politik der Bündnisfreiheit, auch Beitritt zur EU führt in der Sicherheitspolitik zu keiner Veränderung; Unterstützung der UNFriedensmissionen Mitgliedschaften: seit 1995 Mitglied der EU, nimmt jedoch nicht am Euro teil Rechtsordnung: Verfassung besteht aus vier Grundgesetzen: Gesetz über die Regierungsform, Thronfolgegesetz, Pressegesetz und Grundgesetz über die Freiheit der Meinungsäußerung; Gesetzgebung basiert auf starker einheimischer Tradition; Verzicht auf eine umfassende Kodifikation wie Bürgerliches Gesetzbuch in Deutschland oder Code Civil in Frankreich; Rechtssystem zwischen denen des europaischen Kontinents und denen des anglo-amerikanischen Raums anzusiedeln; Besonderheit Ombudsman Rechtssicherheit: gewährleistet, u.a. durch Verwaltungsgesetz von 1986, welches insbesondere die Wahrung der Rechtssicherheit der Bürger gegenüber Verwaltungsbehörden zum Ziel hat Wirtschaftsordnung: sozial-liberale Marktwirtschaft steuerliche Situation: hohe Besteuerung; Steuereinnahmen rund 52 % des BSP (1999) Amtssprache: Schwedisch, als Geschäftssprache Englisch weit verbreitet
Ökonomisches Umfeld Wirtschaft • Wirtschaftspolitik: liberale Handelspolitik zur Förderung von Importen, Wettbewerb und Strukturwandel; in den letzten Jahren umfangreiche Strukturreformen • Zusammensetzung des BIP: Dienstleistung 68 %, Industrie 30 %, Landwirtschaft 2 % • öffentliche Finanzen: Einkommen und Wohlstand relativ gleichmäßig verteilt; große Bedeutung des öffentlichen Sektors • Außenhandel: stark vom internationalen Handel abhängig; Exporte 45 % des BIP (1998), wichtigste Exportmärkte in Westeuropa sowie Norwegen und Finnland; über die Hälfte der Exporte geht in die EU, rund 20 % in die nordischen Länder; 35 Jahre Mitglied der EFTA, Mitgliedschaft endete mit Beitritt zur EU • Industrie: stark differenzierte Volkswirtschaft, in der auch traditionelle Industriezweige noch eine große Rolle spielen; große Bedeutung der metallverarbeitenden und Hochtechnologiebranchen: z.B. Luftfahrt- und Kernkraftindustrie, Rüstungsindustrie (Gripen/Saab), Automobilhersteller (Volvo, Saab); Telekommunikationsindustrie (Ericsson), Arzneimittelbranche; Erfolge vor allem durch Expansion im Ausland; hoher Anteil an Dienstleistungen Kaufkraft
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Arbeitsmarkt
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Höhe der Preise: entgegen der allgemeinen Annahme nicht wesentlich höher als in Deutschland; Lebensmittel allerdings z.T. bis zu 10 % teurer; Mehrwertsteuer {moms) 25 % auf alle Waren, ausgenommen Lebensmittel, Hotels, Campingplätze und Personenverkehr (12 %) sowie Bücher, Nachrichtenzeitungen und bestimmte Waren und Dienstleistungen (6 %); darüber hinaus 16 verschiedene Warensteuem, z.B. auf Kraftstoff, Elektrizität, Alkohol, Tabak Höhe der Einkommen: stark abhängig von der steuerlichen Situation; Besteuerung von Einkommen (aus abhängiger Beschäftigung) über Kommunalsteuer (je nach Gemeinde 26-35 %) und staatliche Einkommensteuer (20 bzw. 25 %); Beispiel: von 230.000 SEK Lohn/Jahr muß ein Arbeiter 78.000 SEK als Lohnsteuer abführen; es gibt keine gesetzlichen Mindestlöhne Arbeitslosigkeit: 4,5 % (Februar 2002), 3-4 % in Arbeitsbeschaffungs- und Weiterbildungsmaßnahmen; Bemühungen um aktive Arbeitsmarktpolitik; Arbeitslosengeld 80 % des vorherigen Bruttoverdienstes, max. 580 SEK/Tag für max. 300 Arbeitstage (bei Arbeitslosen über 57 Jahre max. 450 Arbeitstage) hoffnungsvolle Branchen: Arbeitskräftemangel insbesondere für qualifizierte Tätigkeiten in den Ballungsgebieten Erwerbsquoten: lange Zeit hatte Schweden einer der höchsten Erwerbsquoten der Welt; hohe Erwerbsquote der Frauen (fast 60 % der Frauen in Ganztagsbeschäftigung)
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Management
• • • •
durchschnittliche Wochenarbeitszeit weniger als 37 Stunden rund 79 % der Arbeitnehmer sind gewerkschaftlich organisiert Anteil der Auslander an Erwerbsbevölkerung rund 5 % Soziales Soziale Sicherheit: Sozialversicherung ist für alle geltende Pflichtversicherung; Staat zahlt Grundrenten, Kindergeld, Wohngeld; Gemeinden zahlen Sozialhilfe • Gesundheitswesen: Bereitstellung und Finanzierung der Gesundheits- und Krankenpflege ist Aufgabe der öffentlichen Hand • Wohnungspolitik: Ziel ist Bereitstellung einer guten und finanzierbaren Wohnung für alle; Wohngeld für bedürftige Familien • Schwedisches Modell: eine Besonderheit Schwedens, die Idee des Wohlfahrtstaates erwies sich jedoch als nicht finanzierbar; verschiedene Elemente davon wurden aufgegeben bzw. reformiert Technologisches Umfeld technologischer • Schweden ist eines der führenden Länder in F&E (Ausgaben 3,8 % des BSP Fortschritt, For1999) schungsaktivitä- • Verteilung der F&E-Ausgaben: Wirtschaft 75 %, Hochschulsektor 22 % ten • bemerkenswert ist auch der hohe Anteil der F&E-Ausgaben im universitären Bereich (mehr als 50 % der Gesamtausgaben) Gesellschaftliches Umfeld sozio-kulturelle • Lebensweise: Mittelklassegesellschaft, die versucht, soziale Unterschiede zu Faktoren minimieren; nur wenige sichtbare Anzeichen von Armut oder Reichtum; Nationalstolz geht über soziale Differenzen hinweg; weitgehend homogene Gesellschaft; Schweden gelten als reserviert, kühl, sachlich und gleichzeitig als demokratisch und fortschrittlich •
•
Grund- und Sekundärwerte: nach Hofstede ist die schwedische die femininste aller Kulturen; hoher Stellenwert von interpersonellen Aspekten, Lebensqualität, physische Umgebung und Sicherheit, Unsicherheitsempfinden wird durch ein starkes soziales System reduziert Feste: Pflege des Brauchtums (Vatoorpsmässa/fon/Walpurgisnacht,
MidsommariMittsommer, KräftstaVa/Krebs-Festessen, Lucia usw.)
soziodemographische Faktoren
•
Medien: abwechslungsreiche Medienlandschaft; Vielzahl von (teils unabhängigen, teils politisch orientierten) Zeitungen und Zeitschriften; verschiedene öffentliche und private Rundfunk- und Fernsehsender
• •
Einwohner: ca. 8,7 Mio., davon Stockholm ca. 695.000 Bevölkerungsdichte: ca. 19,3 Einwohner/km2; rund 85 % der Einwohner leben in der südlichen Hälfte des Landes ethische und religiöse Zusammensetzung: bedeutende ethnische Minderheit - Samen im Norden Schwedens; 85 % gehören der Schwedischen Kirche an; überwiegend Lutheraner, auch Katholiken und andere Religionen Bildung: neunjährige obligatorische Grundschule, anschließende Sekundarstufe; landesweit einheitliche Lehrpläne für Pflichtschule und Gymnasialstufe; 13 staatliche Universitäten, 23 staatliche Hochschulen, verschiedene Hochschulen mit anderem Träger; Ausbildung in staatlichen Schulen kostenlos; Gemeinden sind verpflichtet, Schwedischunterricht für Einwanderer anzubieten
•
•
• Natürliches Umfeld Geographie • • • •
Sport: ein Drittel der Einwohner gehört einem der 22.000 Sportvereine bzw. 10.000 Betriebssportvereine an; zahlreiche Breitensportveranstaltungen Fläche: 449.964 km2 Ausdehnung: Nord-Süd 1.574 km, Ost-West 499 km Oberflächenstruktur: Fjällhochflächen, Hügelland, Mittelschwedische Senke, Schären; lange Küsten; große Wald- und Seengebiete Infrastruktur: trotz großer Ausdehnung des Landes gut ausgebaut
Arbeiten Flora, Fauna
Schweden
97
•
große Flächen von Nadelwaldern bedeckt; im Süden auch Mischwalder
•
Tierleben durch Klima, geschichtliche Entwicklung und Eingriffe durch den Menschen bestimmt; im ganzen Land Elche, Rehe, Füchse, Hasen; im Norden Baren, Luchse; im Sommer Zugvogel aus dem Süden; reichhaltiges Tierleben im Wasser Schweden richtete als erstes Land Europas Nationalparks ein
• Klima
in
• • • • •
langgestrecktes Land, das sich über mehrere Klimazonen ausdehnt Lage hoch im Norden führt zu ausgeprägten jahreszeitlichen Unterschieden in Sonneneinstrahlung, Helligkeit und Temperatur Nordschweden: kontinentales Borealklima; lange, sehr kalte und schneereiche Winter; Vegetationsdauer von 100-150 Tagen Mittelschweden: subkontinentales Klima; sehr kalte Winter mit ausgeprägter Winterruhe; mäßig warme Sommer, Vegetationsdauer von 160-210 Tagen Südschweden: subozeanisches Klima; mäßig kalte Winter; mäßig warme Sommer; Vegetationsdauer über 200 Tage
Allemansrätten
•
= Recht zum Gemeinbrauch: gestattet allen, in Wald und Flur zu wandern, Beeren und Pilze zu sammeln, zu zelten, zu picknicken, Fahrrad zu fahren, Ski zu laufen, ohne Eigentümer zu fragen
Umweltschutz
•
neue Umweltgesetzgebung seit Herbst 1999, nach der die Emissionen nicht größer sein sollen, als Mensch und Umwelt vertragen und schädliche, naturfremde Mittel auf Sicht nicht mehr in der Umwelt vorkommen; Schutz der biologischen Vielfalt und der Kulturlandschaften
Tabelle 14-2 Umfeldanalyse Schweden47
Aufgabe 6 •
(erneut) A n p a s s u n g an neues Umfeld
•
p e r s ö n l i c h e B i n d u n g e n , die v o r O r t g e k n ü p f t w u r d e n , k ö n n e n d a r u n t e r leiden
•
A r b e i t s b e d i n g u n g e n , E n t l o h n u n g im H e i m a t l a n d m ö g l i c h e r w e i s e s c h l e c h t e r
•
m ö g l i c h e r W a n d e l d e r I n t e r e s s e n , S i c h t w e i s e n im L a u f e d e r Zeit
•
H e i m a t l a n d w i r d mit a n d e r e n A u g e n g e s e h e n
•
P r o b l e m e bei W i e d e r e i n g l i e d e r u n g (im H e i m a t l a n d ) ; alter F r e u n d e s k r e i s existiert in d e r F o r m nicht m e h r ; B i n d u n g e n m ü s s e n reaktiviert w e r d e n
47
vgl. S v e n s k a Institutet (Hrsg.): T a t s a c h e n ü b e r S c h w e d e n , S t o c k h o l m 1999, 2 0 0 0 , 2 0 0 1 , 2 0 0 2 , http://www.si.se, 0 6 . 0 7 . 2 0 0 2 ; A u s t r u p , G e r h a r d : S c h w e d e n , M ü n c h e n 1997; Findeisen, Jörg-Peter: S c h w e d e n - V o n d e n A n f a n g e n bis zur G e g e n w a r t , R e g e n s b u r g 1997; B a e d e k e r S c h w e d e n , O s t f i l d e r n 1996, 17ff u n d 27f; z u m W e i t e r l e s e n siehe a u c h Leek, Jan: S c h w e d e n , Ihre z w e i t e H e i m a t , Stuttgart 2 0 0 2 ; Phillips-Martinsson, Jean: S w e d e s - A s O t h e r s See T h e m , L u n d 1991; S c h w e d i s c h e B o t s c h a f t , Berlin, h t t p : / / w w w . s c h w e d e n . o r g , 0 2 . 0 7 . 2 0 0 2 ; S w a h n , J a n - Ö j v i n d : M a i b a u m , F l u ß k r e b s e u n d L u c i a - So lebt u n d feiert m a n in S c h w e d e n , Stockh o l m 1999; N o r d i s - D a s N o r d e u r o p a - M a g a z i n ; Virtual S w e d e n - T h e O f f i c i a l G a t e w a y to Sweden, http://www.sweden.se, 06.07.2002
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A - Management
.Wirtschaftliche Zusammenarbeit blüht umso besser, je mehr man darüber weiß, wie der Partner lebt, denkt und spricht." (Richard von Weizsäcker, Bankett des Lord Mayor of London, Ansprache des Bundespräsidenten 198649)
Bei Verhandlungen im Ausland spielen kulturelle Unterschiede der beteiligten Parteien oft eine entscheidende Rolle. Besonders offensichtlich wird dies, wenn man den westlichen Kulturkreis, der sich doch in etlichen Punkten ähnelt, verläßt und mit z.B. arabischen oder asiatischen Geschäftspartnern umgehen muß. Dafür soll der folgende Fall als treffendes Beispiel dienen: Thomas Fechter, ein ausgezeichneter und international erfahrener Verkäufer, versteht die Welt nicht mehr. Er ist zu Verkaufsgesprächen in China. Nach tagelangen zähen Verhandlungen über den Ankauf von Präzisionswerkzeugen wähnt er sich mit der chinesischen Delegation endlich soweit, sich über den Lieferumfang verständigen zu können, der den Preisvorstellungen der Chinesen entspricht. Fechter, der den erfolgreichen Abschluß greifbar nahe sieht, macht einen umfassenden Vorschlag, der aus seiner Sicht den Stand der Verhandlungen zusammenfaßt und den Interessen beider Seiten optimal gerecht wird. Mit Befriedigung registriert er während seiner Ausführungen, daß die Mitglieder und der Leiter der chinesischen Delegation wiederholt zustimmend nikken. Auch seine Schlußbemerkung, daß aus seiner Sicht der Vorschlag eine für beide Seiten befriedigende Lösung darstelle, wird vom chinesischen Delegationsleiter lächelnd und zustimmend nickend bestätigt. Thomas Fechter erwartet zuversichtlich die Zustimmung zu seinem Vorschlag am nächsten Tag. Das Gespräch eröffnet der technische Leiter der Chinesen, der damit beginnt, man finde den Vorschlag sehr gut und habe nur noch einige wenige spezielle Wünsche, die er gerne darlegen wolle. Am Ende des Vortrages ist Herrn Fechter klar, daß der chinesische Vorschlag mit dem seinen nicht das geringste zu tun hat und zudem für ihn völlig unannehmbar wäre. Seine Partner tun, als hätten die tagelangen Verhandlungen nicht stattgefunden, als begänne alles von neuem. „Wenn die auf Zeit spielen, tue ich es umgekehrt", beschließt Fechter. Er macht dem chinesischen Delegationsleiter deutlich, daß er zu weiteren tagelangen Verhandlungen nicht bereit sei und auch spätestens in zwei Tagen zurückreisen müsse. Nach den bisherigen positiven Zwischenergebnissen, die er auch gestern
48
von Sven Roßbach, vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationale Märkte, München/Wien 2001, 338ff 49 vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 1387
Verkaufsgespräche in China
99
nochmals formuliert habe und die ja auch von chinesischer Seite bestätigt worden seien, sei er sehr zuversichtlich, daß man sich auf der Basis seines Vorschlages bis dahin sicherlich einigen könne.
Der chinesische Delegationsleiter nickt lächelnd, man werde sicherlich sehr schnell zu einem Abschluß kommen, wenn Herr Fechter sich ein wenig bemühe, ihnen entgegenzukommen und ihren Vorschlag akzeptiere.
100
A - Management
Thomas Fechter hält die Zeit für gekommen, seinen Verhandlungsstil zu verschärfen: Er habe sich all die Tage bemüht, den chinesischen Interessen soweit wie nur möglich entgegenzukommen und dies in seinem Vorschlag zum Ausdruck gebracht. Der Gegenvorschlag hingegen berücksichtige in keiner Weise bisher gefundene Kompromisse. Er sei tief enttäuscht hierüber, denn ein solches Vorgehen sei für ihn weder seriös noch akzeptabel. Er sei wohl bereit, auf der Basis seines Vorschlages nochmals Details zu erörtern. Auch über den Preis könne man gegebenenfalls noch einmal reden, obwohl er hier keinen Spielraum mehr sähe. Dies sei aber sein äußerstes Angebot und letztes Wort. Nach längerem Schweigen ergreift der chinesische Direktor das Wort, spricht lange allgemein über deutsch-chinesische Freundschaft, die guten Beziehungen und den wechselseitigen Respekt und bittet am Ende um Vertagung. Herr Fechter geht in sein Hotel und ist sich sicher, daß die Chinesen einlenken werden. Am frühen Nachmittag erhält er die Nachricht, in der Abendmaschine sei ein Platz für ihn reserviert, man wünsche ihm eine gute Heimreise.
Hintergrundinformationen Etliche auf den ersten Blick unverständliche Reaktionen lassen sich leichter nachvollziehen, wenn man ein wenig über eines der wichtigsten Konzepte der Eigenwahrnehmung und Selbstdefinition im moralischen Verhalten der Chinesen weiß. Das Konzept des „Gesicht-Wahrens" bedeutet generell, Peinlichkeiten im sozialen Umgang zu vermeiden. Es ist eng mit der Etikette verbunden, da durch die rechte Anwendung und Ausübung der Etikette das Gesicht gewahrt bleibt oder, im negativen Fall, verlorengeht. „Gesicht wahren" steht für die Einhaltung aller moralischen Tugenden, die durch die Lehre des Konfuzius vorgegeben sind, d.h. Loyalität, Einhaltung der Hierarchie, Pietät usw. Übertritt jemand die moralischen Normen oder lehnt diese offen ab, so spricht man davon, daß diese Person „kein Gesicht will", was einer Ausschließung aus der sozialen Gemeinschaft gleichkommt. Insofern kann „Gesicht" durchaus als eine Form sozialer Währung und des persönlichen Status gesehen werden. „Gesicht zu verlieren" wird daher unter Umständen genauso ernst empfunden, wie die wörtliche Bedeutung; es ist vergleichbar der Verstümmelung von Auge oder Nase. Es gibt sogar etliche Geschichten, wo Selbstmord als letzte Möglichkeit gesehen wurde, sein Gesicht für die Nachwelt zu wahren. Die praktische Anwendung dieses Konzepts umfaßt sehr verschiedene Aspekte und ist für das zwischenmenschliche Zusammenleben von allergrößter Bedeutung. Man kann ein Gesicht verlieren, wahren, retten, sich oder anderen geben oder rauben, wiederherstellen usw., wozu jeweils konkrete Schritte zu unternehmen sind. Sich oder anderen Gesicht zu geben, kann auch als Druckmittel im sozialen Gefüge angewandt werden, um den eigenen Status sicherzustellen. Man kann auf diese Weise den Partner höflich zu Gegenleistungen veranlassen, zu denen er gezwungen ist, um nicht sein eigenes Gesicht zu verlieren.
Verkaufsgespräche in China
101
Der Begriff „Gesicht" bezieht sich aber keineswegs nur auf einzelne Personen, sonder kann auf ganze Gruppen angewandt werden, wie z.B. Familie, Arbeitsteam, seine Stadt oder das Land China im ganzen. Gerade im Kontakt mit dem Ausland ist das Gesicht-Konzept in China besonders wichtig, da die Chinesen besonders stolz auf ihre Nation und Kultur sind, sich sogar traditionellerweise der übrigen Welt überlegen fühlen. Die gewaltsame Öffnung Chinas durch das imperialistische Ausland am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde von den Chinesen als schwerer Gesichtsverlust empfunden, was wesentlich schlimmer war als die ökonomischen und politischen Konsequenzen dieses Einbruchs. Die Intellektuellen in China beschäftigt nach wie vor die Frage, wie China sich aus seiner Rückständigkeit befreien kann und warum und wie der Westen seine unübersehbare Überlegenheit gegenüber China, einem Land mit tausendjähriger Kultur, erreicht hat. Natürlich haben darüber hinaus bestimmte Gesten und Reaktionen in China nicht unbedingt dieselbe Bedeutung wie in Europa. Von einer Seite als ganz selbstverständlich angesehene Vorgehensweisen können unter Umständen auf der anderen zu schwerwiegenden Mißverständnissen führen. Einige grundlegende Unterschiede im Umgang mit Chinesen seien im folgenden genannt, von denen manche aber auch auf das Gesicht-Konzept zurückgeführt werden können. Während etwa in Deutschland Nicken in der Regel bedeutet „Rede bitte weiter" und oftmals auch einen etwas zustimmenden Unterton hat, meint ein Chinese damit lediglich „Ich versuche zu folgen". Man kann daraus aber nicht entnehmen, ob das Gesagte auch wirklich verstanden wurde, das Gegenüber wirklich folgen kann. Um das herauszufinden, wird jedoch auch die Frage „Haben Sie verstanden?" nicht viel weiterhelfen. Die Antwort lautet mit ziemlicher Sicherheit immer „Ja". Besser ist hier die Frage „Wie haben Sie verstanden?". Auch einem Lächeln sollte man keine allzu große Bedeutung beimessen. Wenn jemand in Asien lächelt, heißt das nicht unbedingt, daß die Person glücklich ist, es ist oft einfach Ausdruck der Wertschätzung und sogar auch die Reaktion auf eine beschämende Situation. Eine Kellnerin, die den Gast anlächelt, nachdem sie ihm Tee über die Hose geschüttet hat, findet die Angelegenheit sicher nicht lustig, sie bietet das Lächeln als eine Art der Entschuldigung an. „Land des ewigen Lächelns" ist nicht umsonst ein geläufiger Begriff. Erfahrt man in Deutschland keinen Widerspruch, kann man davon ausgehen, daß der Gesprächspartner mit den vorgebrachten Punkten oder Argumenten einverstanden ist, für einen Chinesen jedoch ist es lediglich ein Gebot der Höflichkeit und Wertschätzung, sich mit Widerspruch zurückzuhalten. Man erspart damit dem Gegenüber die Bloßstellung unter Umständen etwas Falsches gesagt zu haben. Essentielle Differenzen können ja auch später in einem anderen Zusammenhang noch einmal besprochen werden. Diese Einstellung kommt auch in der Aufteilung der Redezeit zum Ausdruck. Wenn es in einer Angelegenheit nur noch 10 % Differenzen gibt, wird der Chinese den 90 % Übereinstimmung auch 90 % seiner Redezeit widmen, was dann oft wie das Wiederaufwärmen bereits
102
A - Management
besprochener Dinge klingt. Der Deutsche hingegen wird die 90 % wahrscheinlich mit einem „Ja, aber ..." abhandeln und sich den Rest der Zeit den 10 % Differenzen widmen. Für den Chinesen klingt das dann jedoch, als gäbe es überhaupt keine gemeinsamen Standpunkte. Längere Pausen werden in Deutschland meist als unbehaglich empfunden. Sie vermitteln das Gefühl einer ausweglosen Situation, man weiß nicht mehr, was man sagen soll und außerdem ist längeres Schweigen nach der westlichen Devise „Zeit ist Geld" ineffizient. Also wird man versucht sein, solche Pausen zu vermeiden, sie irgendwie zu füllen. Für Chinesen sind aber Pausen am Ende eines Redebeitrages zwingend nötig, um nachzudenken und das eben Gehörte zu „verdauen". Das trifft übrigens auch auf andere ostasiatische Länder, wie z.B. Japan, zu. Chinesischer Verhandlungsstil kann oft mit der Formel „drei Schritte vor, zwei zurück" umschrieben werden. Das liegt teilweise auch daran, daß es in vielen staatlich geführten Betrieben noch zu viele Verwaltungsebenen gibt, die alle informiert sein wollen, so daß mitunter die Besetzung der Delegation von einem Tag auf den anderen wechseln kann. Hinzu kommt, daß es vielen Chinesen schwer fällt, persönlich Verantwortung zu übernehmen. Entscheidungen werden daher meist im Kollektiv gefällt. Auch die westliche Idee, Verhandlungszeit so effektiv wie möglich zu nutzen, d.h., sich geradlinig von einem Punkt zum nächsten zu bewegen, spielt in einer solchen Organisation eine eher untergeordnete Rolle. Allgemein läßt sich sagen, daß, während Deutsche die wichtigsten Informationen auch zuerst vorbringen, bei Verhandlungen in China die kritischsten Punkte oft erst relativ spät besprochen werden. Schließlich muß man sich ja erst einmal kennenlernen, den Gesprächspartner mit weniger prekären Details ausloten, sich möglichst privat etwas näher kommen, um schließlich eine Basis zu haben, auf der man auch wirklich wichtige Dinge besprechen kann. Aufgabe 1 Was hat Herrn Fechter so zuversichtlich gemacht, daß die chinesischen Partner seinen Vorschlag akzeptieren würden? Aufgabe 2 Wie interpretierte Herr Fechter die Situation, als die chinesische Delegation dann doch nicht auf seinen Vorschlag einging? Aufgabe 3 Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Gründe, warum die Verhandlung gescheitert ist? Aufgabe 4 Was hätten Sie anders gemacht, wenn sie an Fechters Stelle gewesen wären? Weshalb?
Verkaufsgespräche in China
103
Lösung Auf die Fragen gibt es eigentlich kaum „die" richtige Antwort. Sicherlich hätten in dieser Situation mehrere Wege zum Erfolg geführt. Genauso wenig gibt es ein Patentrezept für ähnliche Fälle. Insofern sind die folgenden Antworten größtenteils eine Möglichkeit von mehreren, die Situation „richtig" zu beurteilen. Aufgabe 1 Herrn Fechter sind offenbar einige der oben beschriebenen Fehler unterlaufen. Ob das Nicken der Chinesen wirklich zustimmend war, ist nach dem Ausgang des Falles wohl eher zweifelhaft. Auch das Lächeln des Delegationsleiters muß nicht bedeuten, daß er mit dem vorgebrachten Vorschlag zufrieden ist, wie es von Fechter offensichtlich interpretiert wurde. Dieser glaubt, eine für beide Seiten befriedigende Lösung angeboten zu haben, und fehlender Widerspruch bestärkt ihn in der Annahme. Tatsächlich hat er jedoch in keiner Form eine wirklich bestätigende Rückmeldung erhalten. Aufgabe 2 Er ist überzeugt, die Chinesen hätten zum Schein alle bisher erreichten Zwischenergebnisse über Bord geworfen, obwohl sie im Grunde genommen die für ihn offensichtlichen Vorteile seines Vorschlages einsehen, nur um so sein Entgegenkommen noch weiter auszunutzen. Herr Fechter glaubt auch, die Chinesen wollen ihn vielleicht sogar ausspielen, da sie ja wissen, daß er als Reisender nicht unbegrenzt Zeit zur Verfügung hat, um ihm so größere Zugeständnisse abzuringen. Aufgabe 3 Herrn Fechters Interpretation der Situation war wohl nicht ganz zutreffend. Es ist eher unwahrscheinlich, daß die Chinesen wirklich eine derart hinterlistige Taktik anwenden. Es ist durchaus normal, daß scheinbar geklärte Fragen noch einmal aufgeworfen werden, in der Regel kann man sich aber relativ schnell wieder auf die bereits besprochene Lösung oder eine leichte Variation davon einigen. Diese Fehleinschätzung führte zu einer falschen Reaktion. Die Chinesen mit den zwei Tagen unter Druck zu setzen und einen schärferen Stil anzuwenden, widerläuft dem chinesischen Harmoniebestreben. Sich schließlich noch dazu hinreißen zu lassen, das Vorgehen der Chinesen offen als unseriös und unakzeptabel darzustellen, hat Fechter selbst das Gesicht genommen. Die chinesische Seite sah keine gemeinsame Basis mehr, von der man die Verhandlungen hätte fortführen können.
Aufgabe 4 Zu wichtigen Verhandlungen in China sollte man vor allem eins mitbringen - Zeit und Geduld. Das sollten möglichst auch die Vorgesetzten zu Hause verstehen. Thomas Fechter hätte sich auf jeden Fall von diesem vermeintlichen Rückschlag nicht aus der Ruhe bringen lassen sollen. Die richtige Reaktion wäre gewesen, zu lächeln und dann z.B. ebenfalls einen neuen Vorschlag zu bringen, der im wesentlichen auf seinem ersten beruht, aber vielleicht in einigen weniger wichtigen Details den Chinesen etwas entgegenkommt. Daß es dafür noch Spielraum gegeben hätte, wurde ja am
104
A - Management
Ende angedeutet. Man hätte sich dann sicher tatsächlich relativ schnell einigen können, da ja die meiste zeitraubende Vorarbeit schon geleistet war. Hätte es dann tatsächlich noch länger als zwei Tage gedauert, hätte notfalls ein Anruf in der Firma so kurz vor einem Abschluß sicherlich auch noch eine gewisse Verlängerung ermöglicht. Es ist letztlich durchaus möglich, in seiner Verhandlungsposition hart zu bleiben, besonders wenn es um Hochtechnologie wie Präzisionswerkzeuge geht, die die Chinesen wirklich brauchen. Es kommt nur auf das Wie an!
Strategie 1
Über die Grenze - Tschechien
2
Basar einmal anders ... Franchising im Golf
3
Hoffnungsmarkt Afghanistan?
4
Die Auslandsinvestition
5
Auf nach Padanien!
6
Gut gerüstet ist halb angekommen
7
Franz Immerschlau und Theo Weißnichtrecht
δ
Entdecke die Möglichkeiten - IKEA
9
Hotel „Romance"
10 Haben Sie ... schon bei Nacht gesehen? 11 Duell der Lebensmittelhändler 12 Die Werbeagentur 13 Der Fahrradkurier 14 Im Parallelschwung zum Erfolg 15 Das Prinzip Hoffnung
Β - Strategie
106
1 Über die Grenze „Die Bereitschaft, sich im Außenhandel zu betätigen, hat weniger mit den Produkten zu tun als vielmehr mit Mut." (Roland Berger, Geschäftsführer der Roland Berger M a n a g e m e n t Consultants, München 5 0 )
Ein Anfang der 1990er Jahre gegründetes mittelständisches Unternehmen aus Sachsen mit Standort nahe der Grenze zur Tschechischen Republik produziert schon seit Unternehmensgründung erfolgreich Zulieferteile für die metallverarbeitende Industrie. Freie Produktionskapazitäten und eine stagnierende Inlandsnachfrage führten zu Überlegungen, die Produkte im Ausland abzusetzen. Da das Unternehmen bislang über keine Exporterfahrung verfügte, entschloß man sich, es zunächst mit dem Export in ein Nachbarland zu versuchen.
CESKA REPUBLIKA DKRES I
S0K0L0V
Die Wahl fiel dabei auf die Tschechische Republik. Ausschlaggebend für die Auswahl des Ziellandes war vor allem die geografische Nähe. Darüber hinaus lassen sich aus der derzeitigen Außenhandelssituation der Tschechischen Republik gute Exportchancen ableiten. Seit der Aufgabe des staatlichen Außenhandelsmonopols wurde der wirtschaftliche Austausch mit anderen Ländern wesentlich erleichtert. Für alle Unternehmen besteht seitdem die Möglichkeit des direkten Imports in das Land und des Exports aus dem Land. Der tschechische Außenhandel konzentriert sich seit dem politischen und wirtschaftlichen Umbruch 1989 auf die OECD-Staaten.
Besonders kräftig wuchs der Handel mit der EU, der derzeit rund 50 % des gesamten tschechischen Außenhandels ausmacht. Deutschland stellt derzeit den wichtigsten Handelspartner der Tschechischen Republik dar. Die wichtigsten tschechischen Ausfuhrwaren sind Maschinen und Ausrüstungen (einschl. Kraftfahrzeuge), Halbfabrikate, chemische Erzeugnisse, Nahrungsmittel, Brennstoffe und Rohstoffe sowie Konsumgüter. Zu den wichtigsten tschechischen Einfuhrwaren zählen Maschinen und Ausrüstungen, Halbfabrikate, chemische Erzeugnisse, mineralische Rohstoffe und Erze, Brennstoffe, Lebens50
zit. in: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.): Weltweit aktiv, Berlin 1999,7
Über die Grenze
107
mittel und Konsumgüter. Tschechiens hoher Importanteil an Metallprodukten läßt darauf schließen, daß Zulieferer dieser Branche gute Chancen haben. Der Geschäftsführer des sächsischen Unternehmens betrachtet die Exportpläne als eine Art persönliche Weiterentwicklung. Für ihn steht jetzt bereits fest, daß exportiert wird: Die Erzeugnisse des Unternehmen sind qualitativ hochwertig und dennoch vergleichsweise preiswert. Die tschechischen Unternehmen sind in großem Maße auf Importe angewiesen. Als einziges Problem sieht er derzeit noch die Kontaktaufnahme zu potentiellen tschechischen Abnehmern, verläßt sich dabei aber ganz auf die Unterstützung durch die Außenhandelskammern. Der Geschäftsführer erwartet, daß in spätestens zwei Monaten die ersten Produkte seines Unternehmens Tschechien erreichen werden. Der Marketingleiter glaubt, in zwei bis drei Wochen bestens über die Angebotsund Nachfragesituation im Gastland informiert zu sein und verläßt sich dabei vor allem auf die von ihm kürzlich gefundenen Web-Sites verschiedener statistischer Ämter. Zudem will er Informationen zur Geschäftsmentalität in Tschechien einholen. Der Versandleiter möchte sich innerhalb der nächsten vier Wochen Informationen über Verpackungsvorschriften, Transportwege- und Transportmittel einholen. Gleichzeitig gibt er zu verstehen, daß er den Zeitraum zur Analyse der Angebots· und Nachfragesituation als zu kurz betrachtet. Schließlich werden aussagekräftige Daten hauptsächlich im Gastland selbst zu finden sein, was aber einen längeren Bearbeitungszeitraum und entsprechende finanzielle Aufwendungen erforderlich macht. Der Finanzleiter sieht die Exportpläne generell skeptisch und betont wiederholt die seiner Meinung nach angespannte Finanzsituation des Unternehmens. Er will sich trotz seiner zurückhaltenden Einstellung in den folgenden acht Wochen nach Exportforderungsprogrammen, den zum Export notwendigen Exportdokumenten, den für das Unternehmen günstigsten Zahlungskonditionen, zu entrichtenden Zöllen und Möglichkeiten zur Absicherung der Exportrisiken erkundigen. Für morgen hat der Geschäftsführer Marketing-, Versand- und Finanzleiter zu einem Gespräch geladen, in dem die Vorgehensweise bis zum Beginn des physischen Exports der Waren geklärt werden soll. Er erwartet von allen geladenen Personen ungefähre Vorstellungen über Ziele und Zeitrahmen. Aufgabe 1
Stellen Sie sich vor, Sie würden an diesem Gespräch teilnehmen. Welche weitere Vorgehensweise würden Sie den Beteiligten vorschlagen, um baldmöglichst exportieren zu können? Welche zusätzlichen Aspekte müßten mit dem Ziel einer baldigen Aufnahme der Exporte berücksichtigt werden?
108
Β - Strategie
Aufgabe 2 it wer!ukunft
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Über die Grenze
109
Lösung Aufgabe 1 Ziele der Beteiligten (Teilziele): •
Geschäftsführer: Export nach Tschechien, Kontaktaufnahme zu potentiellen tschechischen Abnehmern
•
Marketingleiter: Analyse der Angebots- und Nachfragestruktur, Geschäftsmentalität in Tschechien
•
Versandleiter: Information über Verpackungsvorschriften, Transportwege- und Transportmittel
•
Finanzleiter: Information über Exportförderungsprogramme, günstigste Zahlungskondition, die zum Export notwendige Exportdokumente, zu entrichtende Zölle und Möglichkeiten zur Absicherung von Exportrisiken
Welche Aspekte sind zusätzlich zu berücksichtigen? •
Produktvorbereitung auf Export
•
Berücksichtigung ausländischer Richtlinien in bezug auf Produktbeschaffenheit und Etikettierung (z.B. Kennzeichnung der Waren in Landessprache bzw. in Englisch),
•
Transportverpackung entsprechend Transportmittel und Transportweg
Festlegung des Zeitrahmens Ziel
Priorität
Export nach Tschechien
Oberziel
Zeitrahmen zur Erfüllung
Marktanalyse bzw. Branchenanalyse (Angebotsstruktur, Nachfragestruktur usw.)
1
6-8 Wochen* 4 Wochen*
Information über Exportförderungsprogramme
2
Auswahl eines geeigneten Exportweges
3
3 Wochen*
Auswahl eines geeigneten Transportmittels
4
3 Wochen*
Auswahl einer geeigneten Transportroute
5
Abklären der Zahlungskonditionen
6
3 Wochen* 4 Wochen*
Einholen von Informationen über Exportdokumente und Zölle
7
2 Wochen*
Information über Möglichkeiten zur Absicherung von Exportrisiken
8
3 Wochen*
Produktvorbereitung, Durchführung evtl. Anpassungsmaßnahmen (wie Etikettierung in Landessprache, Verpackung nach Gastlandvorschriften usw.)
9
8 Wochen*
Kontaktaufnahme zu potentiellen tschechischen Abnehmern
10
ständig
* parallel zueinander Tabelle 1-1 Ziele und Arbeitsschritte im Rahmen eines geplanten Exportes
Β - Strategie
110 Aufgabe 2 Umweltsegment
Schlüsselfaktoren
Entwicklung Trendaussage
Wirkung auf Exportvorhaben
(0) bleibt gleich (P) nimmt ab (W) bleibt gleich (0) bleibt gleich Politik (P) nimmt ab Rechtssicherheit (W) bleibt gleich (0) bleibt gleich Eingriffe in die Wirt(P) nimmt ab schaft (W) bleibt gleich (0) verbessert sich Allgemeine wirtschaftli(P) verschlechtert sich che Lage (W) bleibt gleich (0) bleibt gleich Volkswirtschaft Preisstabilität (P) nimmt ab (W) nimmt ab (0) bleibt gleich Stabilität der Wechsel(P) nimmt ab kurse (W) nimmt ab (0) nimmt zu Marktpotential (P) nimmt ab (W) nimmt zu (0) nimmt zu Marktwachstum (P) nimmt ab (W) nimmt zu (0) nimmt zu Nachfrage Stabilität der Nachfrage (P) nimmt ab (W) bleibt gleich (0) verbessert sich Marktzugang (P) verschlechtert sich (W) verbessert sich (0) verbessert sich Zahlungsmoral (P) verschlechtert sich (W) bleibt gleich (0) verbessert sich Wettbewerbsklima (P) verschlechtert sich (W) bleibt gleich (0) nehmen ab WettbewerbssiMarkteintrittsbarrieren (P) nehmen zu tuation (W) nehmen ab (0) bleibt gleich Zahl der Konkurrenten (P) nimmt zu (W) nimmt zu O) optimistisches Szenario; Ρ) pessimistisches Szenario; W) wahrscheinliches Szenario Stabilität des politischen Systems
Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis — (sehr negativ)
Tabelle 1-2 Mögliche Entwicklungen
+/-
+/+/-
+/-
+/-
+/-
+ +/+/-
+/-
+
+ +
+ + +/-
+ + + +/-
+ +/-
+
+ +/-
Über die Grenze
111
Das politische Umfeld kann als relativ sicher angesehen werden. Die Gefahr eines plötzlichen politischen Umbruchs, der die Importmöglichkeiten ausländischer Firmen in die Tschechische Republik stark beeinflussen könnte, ist nicht gegeben. Die volkswirtschaftliche Lage war in den letzten Jahren als eher ungünstig einzuschätzen. Inflationstendenzen sind nach wie vor gegeben, ebenso ist mit Wechselkursschwankungen zu rechnen. Die Entwicklung der Nachfrage ist aufgrund des bestehenden Defizits zwischen inländischer Produktion und Nachfrage eher positiv einzuschätzen. Hinsichtlich der Zahlungsmoral sind aufgrund der generell schlechten Liquidität der tschechischen Unternehmen in naher Zukunft keine Verbesserungen zu erwarten. Durch die Beitrittsverhandlungen mit der EU dürften sich längerfristig gesehen Vereinfachungen in bezug auf den Marktzugang ergeben. Ferner ist damit zu rechnen, daß die Zahl der Konkurrenten in Zukunft zunehmen wird.
Aufgabe 3
Mind-Mapping51 Mind-Mapping, eine auf Tony Buzan52 zurückgehende Technik, ist ein Instrument zur Erleichterung der Brainstorming-Technik. Das zu bearbeitende Problem wird dabei bildlich dargestellt und die gefundenen Ideen in Form von .Ästen" systematisiert bzw. nach Themen/Bereichen geordnet. Wichtige Punkte können herausgearbeitet, Verknüpfungen dargestellt und Nebenaspekte beleuchtet werden. Die offene Struktur des Mindmaps erlaubt ein allseitiges Wachstums und nachträgliche Ergänzungen. Die Technik des Mind-Mapping eignet sich besonders gut für die Analyse von Problemen, die Planung, die Suche nach Strategien, zur Verschaffung eines Überblicks über komplexe Problemsituationen und zur Vorbereitung auf Reden oder Aufsätze. Als Nachteil ist die starke Vereinfachung komplizierter Sachverhalte zu nennen. Zudem täuschen Mind-Maps dem Problemloser häufig vor, die Situation zu überblicken, obwohl dies gar nicht der Fall ist. Die Erstellung eines Mind-Maps beginnt in der Mitte eines möglichst großen Blattes Papier durch Aufschreiben des Themas. Ausgehend von diesem Thema werden an sog. ,Ästen" mit dem Thema zusammenhängende Begriffe oder Ideen notiert. Dabei werden verwandte Begriffe/Ideen als „Zweige" an bereits vorhandene Äste angefügt. Dieser Prozeß wird solange fortgeführt, bis der Problemloser den Eindruck hat, ihm fallen keine neuen Begriffe/Ideen mehr ein bzw. die wichtigsten Begriffe/Ideen und Zusammenhänge wurden notiert. Zur anschaulicheren Darstellung können in ein Mind-Map auch Bilder oder Symbole aufgenommen, zusammenhängende Aspekte durch Umrandungen gekennzeichnet oder verschiedene Farben verwendet werden. Dem Einfallsreichtum der Beteiligten sind dabei keine Grenzen gesetzt. Eine Auflistung der Probleme und Risiken von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Export könnte wie folgt aussehen, wobei die folgenden Mind-Maps keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
51
Karbach, Rolf; Dorsch, Monique: Kreativitätstechniken, Hamburg 2000, 24ff siehe dazu auch Buzan, Tony; Buzan, Barry: Das Mind-Map-Buch, Landsberg/Lech 1997; Buzan, Tony; North, Vanda: Business Mind Mapping - visuell organisieren, übersichtlich strukturieren, Arbeitstechniken optimieren, Frankfurt/M./Wien 1999 52
112
Β - Strategie
Abbildung 1-1 Problemstellungen beim Export - Unternehmensinterne
53
Risiken53
Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft Instrumente zur Erfolgssicherung, Frankfurt/M. u.a. 2001,122
Über die Grenze
113
nichttarifäre Handelshemmnisse
tariere Handelshemmnisse, Zeile
Abbildung 1-2 Problemstellungen beim Export - Unternehmensexterne
54
Η
Krieg
|
-j
Boykott
•j
Streik» ~ |
- | Blockaden [
Risiken54
Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft Instrumente zur Erfolgssicherung, Frankfurt/M. u.a. 2001,123
114
Β - Strategie
„I know of no region in the world where finding a good local partner is so important." (Phil Zeidman, Partner der Anwaltskanzlei Wolfe, Epstien & Zeidman, Washington, DC55)
Die Franchise-Welle hat auch den Nahen Osten schon längst erreicht. Die steigende Zahl von Franchise-Unternehmen in der Region zeugt einerseits von der wachsenden Bedeutung des Marktes als auch von den positiven Auswirkungen durchgeführter Liberalisierungen von Seiten der Regierungen. Noch vor einigen Jahren war es kaum vorstellbar, in der arabischen Welt einmal auf Disney Stores, McDonald's-, Planet-Hollywood-Restaurants oder eines der anderen typischen Franchise-Unternehmen zu treffen. Inzwischen sind dort mehr als 1.000 solcher Geschäftseinheiten etabliert, und die jährlichen prozentualen Zuwachsraten liegen im zweistelligen Bereich. Mittlerweile wird die Golfregion von europäischen, amerikanischen und japanischen Franchise-Gebern als eine der lukrativsten und verlockendsten Regionen weltweit gesehen. Die erfolgreichsten Franchise-Geber sind bislang jene aus dem Restaurantbereich, Lebensmitteleinzelhandel, Anbieter der Automobilbranche, Bildungsprodukte und Dienstleistungen. Darüber hinaus sind längst schon Computerhändler, Bildungseinrichtungen und B2B-Operations vertreten. Mit der Liberalisierung der Märkte und der fortschreitenden Privatisierung der Wirtschaft werden auch mehr und mehr Franchisunternehmen vordringen. Anstrengungen, unter dem Gulf Cooperation Council56 einen gemeinsamen Markt zu etablieren, vergrößern die Chancen. Westliche Produkte sind mehr und mehr gefragt, der Lebensstandard der Bevölkerung steigt, die Präsenz ausländischer Geschäftsleute wird zunehmend akzeptiert. Das Prinzip des Franchising „paßt" zur lokalen Handelskultur; es wird als Hilfe zur Gründung eines eigenen Geschäfts verstanden. Im allgemeinen sind Franchise-Geber sehr um ein einheitliches Image ihres Unternehmens bemüht und regeln sehr genau, welche Entscheidungs- und Handlungsfreiheit einem Franchise-Nehmer zugestanden wird. Um im arabischen Raum Fuß zu fassen, ist ein wenig mehr Flexibilität gefragt als sonst. Eine Restaurantkette erlaubte ihren ägyptischen Franchisenehmern beispielsweise die Entwicklung spezieller Gerichte für die heilige Zeit des Ramadan. In Saudi-
55
zit. in: Martin, Josh: Franchises in the G u l f - Burgers Rule, in: The Middle East, April 1999,40 Cooperation Council for the Arab States of the Gulf (GCC): regionale Organisation, gegründet im Mai 1981 von Bahrain, Kuweit, Oman, Katar, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten; ab 2003 interne Zollunion geplant; seit 1989 existiert ein Kooperationsabkommen mit der EU (vgl. Europäische Union, http://www.europa.eu.int, 10.07.2002) 56
Basar einmal anders ... Franchising im Golf
115
Arabien und Katar wurden Restaurant-Layouts geändert, um der Sitte der Trennung der Geschlechter in der Öffentlichkeit Folge leisten zu können. Einen der kritischsten Aspekte stellt die Auswahl des Franchise-Nehmers dar. Strukturen der Clans und einflußreiche Familien, die sich oft ungeachtet der Ländergrenzen entwickelt haben, spielen eine wichtige Rolle. Häufig können diese als „Sprungbrett" zu weiteren Märkten genutzt werden. 57 Aufgabe 1 Wodurch ist ein Franchise-System charakterisiert? Aufgabe 2 Worin bestehen die wesentlichen Vor- und Nachteile für Franchise-Geber bzw. Franchise-Nehmer? Aufgabe 3 Welche Probleme können bei Ausweitung eines Franchise-Systems auf internationale Märkte auftreten? Aufgabe 4 Welche Rolle spielt Franchising in der Golf-Region? Aufgabe 5 Was ist bei der Übertragung eines erfolgreichen Franchise-Konzeptes auf die Länder der Golf-Region zu beachten? Aufgabe 6 Warum existieren bislang nur wenige arabische Franchise-Geber?
57
vgl. Martin, Josh: Franchises in the Gulf - Burgers Rule, in: The Middle East, April 1999, 39f; zum Weiterlesen siehe z.B. auch Pavlovic, Ernst: Geschäfte mit dem Morgenland, in: Internationale Wirtschaft, Dezember 2001, 22ff
116
Β - Strategie
Lösung Aufgabe 1 Beim Franchising handelt es sich um eine kooperative Vertriebsform, bei der ein Franchise-Geber einem Franchise-Nehmer das Recht zum Führen eines Betriebes im Franchise-System einräumt. Die Gewährung des Rechts erfolgt gegen Zahlung von Miet- bzw. Pachtgebühren für die Ausstattung des Franchise-Betriebes sowie die regelmäßige Abführung einer Umsatz- oder Gewinnbeteiligung. Der Franchise-Geber stellt dem Franchise-Nehmer seinen Firmennamen und sein Know-how zur Nutzung im Rahmen der Franchise-Vereinbarung zur Verfügung, hat darüber hinaus Einfluß auf Ausstattung der Geschäftsstellen, Auswahl und Anlieferung der Waren und Preiskalkulation. Der Franchise-Geber entwickelt überregionales Marketingkonzept und stellt Werbe- und Dekorationsmaterial zur Verfügung. Es erfolgen regelmäßige Schulungen der Franchise-Nehmer zu Management- und Marketingproblemen. Der Franchise-Nehmer verpflichtet sich im Gegenzug, Mindestmengen abzunehmen, sich an der Preispolitik des Franchise-Gebers zu orientieren und die überregionale Marketingpolitik durch regionale Aktivitäten zu unterstützen; er darf i.d.R. in seinem Betrieb nur Produkte des Franchise-Gebers führen.
Aufgabe 2 Vorteile für den Franchise-Geber im Vergleich zum eigenen Niederlassungsnetz
Vorteile für den Franchise-Nehmer im Vergleich zum eigenen Handelsgeschäft
•
schnellere Expansion
• • • •
kein Fixkostenaufbau kein Konkursrisiko keine Haftung für Fremdkapital umsatzabhängige Einnahmen
• •
schnellerer Weg in die Selbständigkeit geringeres Geschäftsrisiko
• • •
Profitieren vom Image des Franchise-Gebers Übernahme einer bewährten Marketingkonzeption Unterstützung und Beratung
•
laufende Schulung
Wesentliche Nachteile • • • • • • •
geringere Durchgriffsrechte auf Verkaufspersonal aufwendigere Kontrolle Erfolg hängt von Partnerqualität ab schlechte Partner schaden dem eigenen Image häufig Mitbestimmung der Partner geringere Flexibilität eingeschränkte Bildung von Markt-Know-how
• Finanzierungshilfen • Gebühren sind variable Kosten Wesentliche Nachteile • • • • • • •
Erfolg hängt vom Herstellerimage ab höhere Abhängigkeit weniger Freiheiten geringere Flexibilität Zwang zur Standardisierung Abhängigkeit vom Erfolg des Herstellers Einstiegskosten/Gebühren
Abbildung 2-1 Vor- und Nachteile eines Franchise-Systems (Winkelmann, Peter: Marketing und Vertrieb, München/Wien 2000, 331)
Aufgabe 3 Man trifft höchstwahrscheinlich auf andere Sitten und Bräuche, die sich mehr oder weniger stark auf das eigene Konzept auswirken können. Möglicherweise sind Adap-
Basar einmal anders ... Franchising im Golf
117
tionen bei Produkten und Dienstleistungen notwendig. Dort erzielte Mißerfolge können sich negativ auf den einheimischen Markt auswirken. Aufgabe 4 Die Golfregion stellt den lukrativsten und verlockendsten Markt für europäische, japanische und amerikanische Franchise-Unternehmen dar. Die Zahl von FranchiseNehmern wächst kontinuierlich. Die erfolgreichsten der Franchise-Geber betreiben Restaurants, Lebensmitteleinzelhandel, automobilbezogene Geschäfte, Bildungsprodukte und Dienstleistungen; ferner auch schon Computerhändler, Bildungseinrichtungen und B2B-Operations. Die fortschreitende Liberalisierung der Märkte und damit verbundene Privatisierungsbestrebungen begünstigen die Entwicklung. Das Interesse an westlichen Produkten steigt, ebenso der Lebensstandard der Bevölkerung. Die Präsenz ausländischer Geschäftsleute wird zunehmend akzeptiert. Das Prinzip des Franchising „paßt" zur lokalen Handelskultur; es wird als Hilfe zur Gründung eines eigenen Geschäfts verstanden. Aufgabe 5 Normalenweise wird ein(e) gleiche(s) Produktpalette, Vermarktung und Image an allen Standorten angestrebt. In der Golf-Region ist dies nicht ohne weiteres möglich, sondern es muß besondere Rücksicht auf lokale Sitten und Gebräuche genommen werden; zugunsten der schnellen Expansion werden Zugeständnisse gemacht. Bereitschaft zur Adaption und Flexibilität werden vorausgesetzt, z.B. Veränderungen beispielsweise in Produktpalette, Restaurant-Layout. Einen kritischen Aspekt stellt die Auswahl des Franchise-Nehmers dar. Strukturen der Clans und einflußreichen Familien, die sich oft ungeachtet der Ländergrenzen entwickelt haben, müssen beachtet werden. An der richtigen Stelle angesetzt, erleichtern sie teilweise auch den Zugang zu weiteren Märkten.
Aufgabe 6 Es gibt nur wenige einheimische Produkte oder Dienstleistungen, die auf diese Weise in andere Staaten exportiert werden könnten.
118
Β - Strategie
3 Hoffnungsmarkt Afghanistan? „Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen."58
Knauf-Österreich ist ein in der Steiermark ansässiges Tochterunternehmen eines deutschen Baustoffkonzerns, das weltweit Gipsplatten für Trockenbausysteme herstellt und vertreibt. Von Österreich aus werden die Auslandsmärkte Osteuropas (außer Rußland und Ukraine), das Baltikum und der Kaukasus sowie Iran betreut, wo zwei Drittel der insgesamt € 254 Mio. Konzernumsatz erwirtschaftet werden. Diese Märkte will man nun als „Sprungbrett" ins kriegszerstörte Afghanistan nutzen. Die Chancen stehen gut: es ist geplant, rund 10.000 UN-Soldaten in Afghanistan zu stationieren und samt Ausrüstung unterzubringen. Dazu müssen innerhalb der nächsten Monate etwa 600 Baracken (Fertighäuser mit gewissem Komfort) errichtet werden. Das nötige Material könnte Knauf aus der nächstgelegenen Produktionsstätte in Teheran liefern. Knauf-Österreich rechnet dabei in einer ersten Auftragswelle mit 3-4 Mio. Euro Umsatz. Später werden auch internationale Unternehmen wieder Interesse an Afghanistan anmelden und sehr schnell Büroflächen benötigen. 59 Aufgabe 1
Ein Engagement in derartigen „Hoffnungsmärkten" birgt naturgemäß ein hohes Risikopotential. Aus diesem Grund sollten geschäftliche Aktivitäten erst nach gründlichen Vorabrecherchen und -analysen aufgenommen werden. Welche Faktoren wären im Rahmen einer diesbezüglichen Umfeldanalyse zu berücksichtigen? Erstellen Sie dazu ein Mindmap60! Aufgabe 2
Greifen Sie aus Ihrem Mindmap 5-7 Faktoren heraus und stellen Sie deren Zusammenhänge in einem Netzwerk61 dar! Aufgabe 3
Erstellen Sie ausgehend von Ihrem Netzwerk eine Wirkungsmatrix!
58
Titel des Buches von Shakib, Siba: Nach Afghanistan kommt Gott nur noch zum Weinen Die Geschichte der Shirin-Gol, München 2001 59 vgl. o.V.: Aufbau am Hindukusch, in: Profil, 04.03.2002, 63; siehe dazu auch Knauf, http://www.knauf.at; zum Weiterlesen siehe z.B. Berger, Silvia; Kläy, Dieter; Stahel, Albert Α.: Afghanistan - ein Land am Scheideweg, Im Spiegel der aktuellen Ereignisse, Zürich 2002; Finke, Ralf: Unter weinenden Himmeln - Ein Reporter-Tagebuch aus Afghanistan, Berlin 2002; Krech, Hans: Der Afghanistan-Konflikt 2001 - Ein Handbuch, Berlin 2002; Wolf, Winfried: Afghanistan, der Krieg und die neue Weltordnung, Hamburg 2002 60 siehe Kasten Seite 111 61 siehe Kasten Seite 37
119
Hoffnungsmarkt Afghanistan? Lösung Aufgabe 1
instabile Regierungssituation
I Dringlichkeit des Bedarfs
Rechts- und Wirtschaftsordnung
instabile Wirtschaltssituation
| Boomphasen |η Eingriffe in die Wirtschaft
|
Rezession |
Staatsform
Höhe der
Verschuldungs grad
Preise
soziale Instabilität
politische Instabilität
Höhe der Spareinlagen
Konkurrenzsituation
steuerliche Situation
Krieg, Revolution. Terrorismus
Höhe der Einkommen
|-
/
Konjunktur
Kaufkraft
rechtliche Situation
politische Situation
ökonomisches Umfeld politischrechtliches Umfeld Forschungsaktivitäten
Grund- und Sekundärwerte
Lebensweise der Menschen
Innovatiohnsmöglichkeiten
Umfeld
| Religion |
technologisches Umfeld soziokulturelle Faktoren Vertraglichkeit der Produkte
technischer Fortschritt
schaftliches Umfeld
Eßgewohnheiten Kleidungsgewohnheiten Artoeitsgewohnheiten
sozio-demographische Faktoren
Geburtenziffern
Ökologie natürliches 0 Μ Η
—I
Standort
j
geographische Bevölkerungsverteilung
BevOlkerungswachstum
Altersstruktur
|
ethnische und religiose Zusammensetzung —|
Bildungsstand
— | Familienumstflnde | Bevölkerungsdichte
Abbildung 3-1
62
—j
Heiratsraten
Umfeldanalyse62
Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft Instrumente zur Erfolgssicherung, Frankfurt/M. u.a. 2001, 39
Β - Strategie
120 Aufgabe 2
Abbildung 3-2 Wirkungszusammenhänge
Wirkung von ... auf...
Regierungssituation
Rechts- und Wirtschaftsordnung
Erläuterung der Zusammenhänge •
je instabiler die Regierungssituation, umso nachteiliger wirkt sich dies auf die Rechts- und Wirtschaftsordnung des Landes aus
•
je instabiler die Regierungssituation, umso nachteiliger wirkt sich dies auf die Wirtschaftssituation des Landes aus
•
je stärker, umso instabiler die Regierungssituation
•
je stärker, umso instabiler die Wirtschaftssituation
•
je stärker, umso schlechter die konjunkturelle Lage
Wirtschaftssituation Regierungssituation Krieg, Revolution, Terrorismus
Wirtschaftssituation Konjunktur (Boom vs. Rezession)
Hoffnungsmarkt
je starker, umso stärker die (negativen) Auswirkungen auf die Rechts- und Wirtschaftsordnung des Landes
•
je starker, umso mehr ist Infrastruktur gefährdet (Zerstörung, fehlende Mittel zum Wiederaufbau)
•
je starker, umso negativer wird die Lebensweise der Menschen beeinflußt
•
je unsicherer, umso instabiler die Wirtschaftssituation
•
je instabiler die Wirtschaftssituation, umso wahrscheinlicher ist ein wirtschaftlicher Abschwung
•
je instabiler die Wirtschaftssituation, umso negativer wirkt sich dies auf die Lebensweise der Menschen aus
•
je schlechter die konjunkturelle Lage, umso negativer wirkt sich dies auf die Stabiiitat der Wirtschaftssituation aus
•
je starker der wirtschaftliche Abschwung, umso geringer die Kaufkraft
Lebensweise der Menschen
•
je geringer die Kaufkraft, umso negativer wirkt sich dies auf die Lebensweise der Menschen aus
Konjunktur (Boom vs. Rezession)
•
je höher Kaufkraft, umso mehr wird (privat und öffentlich) investiert
•
je mehr Rohstoffe vorhanden, umso mehr sollte in die Infrastruktur zur Gewinnung der Rohstoffe investiert werden
•
je besser die Infrastruktur, umso besser können vorhandene Rohstoffe gefördert und abtransportiert werden
•
die ethnische und religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung beeinflußt stark deren Lebensweise
Infrastruktur Lebensweise der Menschen
Rechts- und Wirtschaftsordnung
Wirtschaftssituation
Konjunktur (Boom vs. Rezession)
Wirtschaftssituation Konjunktur (Boom vs. Rezession) Lebensweise der Menschen
Wirtschaftssituation
Kaufkraft
Kaufkraft
121
•
Rechts- und Wirtschaftsordnung Krieg, Revolution, Terrorismus
Afghanistan?
Rohstoffe
Infrastruktur
Infrastruktur
Rohstoffe
ethnische und religiöse Zusammensetzung
Lebensweise der Menschen
Tabelle 3-1 Beschreibung der Wirkungsbeziehungen
Aufgabe 3
Bewertung von Einfiußstärken 6 3 Über die einfache Erfassung der Wirkungszusammenhänge hinaus können diese im weiteren auch hinsichtlich ihrer Stärke bewertet werden. Bei der folgenden Interpretation werden auch die detaillierten Inhalte der einzelnen Funktionsbereiche in die Betrachtung einbezogen
63
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft - Instrumente zur Erfolgssicherung, Frankfurt/M. 2001, 29ff 64 vgl. dazu die von Vester und v. Hesler im Rahmen ihres Sensitivitätsmodells (1980) entwickelte Wirkungsmatrix
Β - Strategie
122
Krieg, Revolution, Terrorismus
Rechts- und Wirtschaftsordnung
Wirtschaftssituation
Konjunktur (Boom vs. Rezession)
Kaufkraft
Rohstoffe
Infrastruktur
Lebensweise der Menschen
ethnische/religiöse Zusammensetzung
auf Regierungssituation
Wirkung
« c α '5 Ν
Regierungssituation
X
0
3
3
0
0
0
0
0
0
6
Krieg, Revolution, Terrorism us
3
X
3
3
3
0
0
3
3
0
18
Rechts- und Wirtschaftsordnung
0
0
X
3
0
0
0
0
0
0
3
Wirtschaftssituation
0
0
0
X
3
0
0
0
2
0
5
Konjunktur (Boom vs. Rezession)
0
0
0
3
X
3
0
0
0
0
6
Kaufkraft
0
0
0
0
3
X
0
0
2
0
0
0
0
0
0
2
0
0
2
Infrastruktur
0
0
0
0 0
X
5
Rohstoffe
0
0
2
X
0
0
2
Lebensweise der Menschen
0
0
0
0
0
0
0
0
X
0
0
ethnische/religiöse Zusammensetzung
0
0
0
0
0
0
0
0
2
X
2
0
χ
von
Spaltensumme 3 0 6 12 9 3 2 5 9 Bewertung der Einflüsse von 0 (keine oder geringe Wirkung) bis 3 (sehr starke Wirkung)
»
ε ε 3
Tabelle 3-2 Analyse der Wirkungsstärken
Aus der Analyse der Wirkungsstärken geht insbesondere hervor, daß Krieg, Revolution und Terrorismus (siehe Zeilensumme 18) alle übrigen Faktoren stark und nachhaltig beeinflussen. Die Wirtschaftssituation im Land wiederum wird von allen betrachteten Faktoren am stärksten beeinflußt (siehe Spaltensumme 12). Die übrigen Ergebnisse wäre analog zu interpretieren.
Die
Auslandsinvestition
123
,So genannte Entwicklungsländer werden als Handelspartner oft gar nicht ernst genommen." (Peter Greischel, Geschäftsführer, COBA International Management Consultants, München65)
Tex-Style, ein norddeutsches Unternehmen der Textilbranche fertigt seit mehreren Jahren erfolgreich Textilien für den Sport- und Freizeitbereich. Kontinuierlich zunehmende Umsätze in den letzten zwei Jahren haben zu Überlegungen in Richtung einer Unternehmensausweitung gefuhrt. Angesichts der hohen Lohnund Lohnnebenkosten in Deutschland und des arbeitsintensiven Charakters der Produktionstätigkeit steht fur Geschäftsführer Jansen allerdings jetzt schon fest, daß eine Ausweitung der Produktionskapazitäten in Deutschland nicht in Frage kommt.
Lohnt sich's?
Jansen schwebt vielmehr vor - inspiriert durch den allgemeinen Trend, in Billiglohnländern produzieren zu lassen - ebenfalls ins Ausland zu gehen und eine Produktionsstätte in einem Entwicklungsland zu errichten. Ungeachtet der Bedenken seiner engsten Mitarbeiter, die die Meinung vertreten, das Vorhaben erfordere entsprechende Erfahrung und Jansen solle es doch lieber erst mit einer
65
zit. in: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.): Weltweit aktiv, Berlin 1999,39
124
Β - Strategie
Investition in einem Nachbarland versuchen, hält Jansen an seinem Vorhaben fest. Er plant, zukünftig Massenware wie T-Shirts im Ausland fertigen zu lassen. Hochwertigere und höherpreisige Erzeugnisse, wie z.B. Bekleidung für den Wasser- oder Wintersport, sollen aber nach wie vor in Deutschland hergestellt werden. Die im Zielland produzierten Erzeugnisse sollen etwa zur Hälfte vor Ort abgesetzt werden, der andere Teil soll zurück auf den Heimatmarkt und angrenzende Ländermärkte gefuhrt werden. Jansen ist bewußt, daß ein Engagement in einem Entwicklungsland zwar zahlreiche Chancen mit sich bringt, aber auch häufig mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Nicht zuletzt wegen der oft politisch instabilen Situation birgt ein Auslandsengagement beträchtliche Risiken. Unabhängig davon, in welchem Land letztendlich die neue Produktionsstätte von Tex-Style errichtet werden soll, will Jansen zunächst abklären, welche Investitionsmöglichkeiten sich in einem solchen Land generell bieten und welche Vor- und Nachteile jeweils damit verbunden sind. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang auch, inwieweit Tex-Style durch die Regierung vor Ort Unterstützung finden könnte und welche Fördermöglichkeiten Deutschland bietet. Aufgabe 1 Jansen beauftragt einen seiner Mitarbeiter, sich näher mit der Thematik „Investition in einem Entwicklungsland" zu befassen. Er erwartet Informationen zu den grundlegenden Möglichkeiten einer Auslandsinvestition sowie deren wesentlichen Vor- und Nachteilen, Chancen und Risiken, die mit einer Investition in einem Entwicklungsland verbunden sind, Aspekten, die bezüglich der Finanzierung des Vorhabens geklärt werden müssen sowie den verschiedenen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung. Stellen Sie sich vor, Sie wären der Mitarbeiter, der sich mit dieser Problematik beschäftigen soll und entwickeln Sie ein Mind-Map86, das wesentliche diesbezügliche Aspekte enthält! Aufgabe 2 Gerade bei einem Engagement in politisch und wirtschaftlichen instabilen Umgebungen - wie dies in vielen Entwicklungsländern der Fall ist - ist es von Bedeutung, auf mögliche Veränderungen der Rahmenbedingungen vorbereitet zu sein. Jansen möchte wissen, wie sich das für die geplante Produktionsniederlassung relevante Umfeld in den nächsten Jahren verändern könnte. Erstellen Sie dazu ein Szenario67 für eine mögliche mittelfristige Entwicklung in den Entwicklungsländern! Aufgabe 3 Nun möchte Jansen wissen, wie stark wichtige Faktoren der ausländischen Umwelt auf die strategischen Aktionsfelder des Unternehmens wirken. Erläutern Sie kurz einige wichtige Zusammenhänge!
66 67
siehe Kasten Seite 111 siehe Kasten Seite 56
Die Auslandsinvestition
125
Lösung Aufgabe 1
Verfügbarkeit von Ressourcen Vergrößerung des Absatzmarktes Kostenvorteile Wettbewerbsvorteile
"Sprungbrett" zu weiteren Märkten
schwierige Kontakt anbahnung
Erfahrungen sammeln für weitere Vorhaben
Marktzugangsbeschrankungen
staatliche Eingriffe in die Wirtschaft
-
Einstiegskosten
Synergieeffekte
-
rechtliche Probleme
Nutzung von Förderprogrammen
instabiles politisches und wirtschaftliches Umfeld
-
Finanzierung
-
Akzeptanzprobleme
® Risiken \
Ministerien internationale Organisationen, z.B. Weltbank, IMF Datenbanken
I
Vorteile |
| Nachteile [
Synergieeffekte
keine umfangreichen Investitionen nötig
bessere Entscheidungs- und Kontrollmöglichkeiten
Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort
keine Auseinandersetzung mit spezifischen Problemen vor Ort
freie Vertagung über Gewinne
geringerer Kapitalbedarf als 100%ige Tochter- gesellschaft
erleichterter Marktzugang
Unterstatzung durch lokale Regierung
größere Akzeptanz
gennge Einfluß- und Entscheidungsmöglichkeiten
Investitionsbedarf
Kontrolle und Vorgaben durch lokale Regierung
oft Dominanz des Gastland-Partners
von Auslandsgewinnen kann nur begrenzt poftiert werden
Auseinandersetzen mit Problemen vor Ort Akzeptanzprobleme
begrenzte Auswahl bei Partnersuche
lokales Know-how
möglicher Knowhow-Verlust
Ott nicht möglich, da Beteiligung Einheimischer gefordert
Abbildung 4-1 Mögliche Probleme bei einer Investition im Ausland6'
68
Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationale Märkte, München/Wien 2001, 87
Β - Strategie
126 Aufgabe 2
Umweltsegment
Schlüsselfaktoren
Trendaussage 0) nimmt zu
Stabilität des politischen Systems
0) nimmt zu Rechtssicherheit
Eingriffe in die Wirtschaft
+
P) nimmt stark ab W) bleibt gleich
Politik
Wirkung auf Investition
+/-
+
P) nimmt ab W) bleibt gleich
+/-
0) nehmen ab
+
P) nehmen stark zu
+/-
W) bleiben gleich 0) nimmt zu BNP
W) bleibt gleich 0) nimmt zu Pro-Kopf-Einkommen
0) nimmt zu
Stabilität der Wechselkurse
+
+/-
+
P) nimmt ab W) bleibt gleich
Volkswirtschaft
+/-
P) nimmt ab W) bleibt gleich
Preisstabilität
+
P) nimmt ab
+/-
0) nimmt zu
+
P) nimmt ab
+/-
W) bleibt gleich 0) nehmen ab Devisentransferbeschränkungen
W) bleibt gleich Kaufkraft der Bevölkerung
+
P) nehmen zu +/-
O) nimmt zu
+
P) nimmt ab
+/-
W) bleibt gleich Export-ImportRegelungen
0) werden liberalisiert
+
P) werden verschärft
+
W) werden liberalisiert 0) nimmt zu
+
Bevölkerungswachstum P) nimmt zu
+ +
W) nimmt zu 0) nimmt stark zu Gesellschaft
Arbeitskräftequalifikation
P) bleibt gleich W) nimmt zu
Arbeitskräfteverfügbarkeit
+ +/+
0) nimmt stark zu
++
P) bleibt gleich
+/+
W) nimmt zu
Die Auslandsinvestition 0 ) nimmt zu Marktpotential
P) bleibt gleich
127 + +/+
W ) nimmt zu 0 ) nimmt zu Marktwachstum
P) bleibt gleich
+ +/+
W ) nimmt zu 0 ) nimmt zu
Nachfrage
Stabilität der Nachfrage
W ) bleibt gleich 0 ) wird erleichtert Marktzugang
Zahlungsmoral
Wettbewerbsklima
+/-
+
P) wird erschwert W ) wird erleichtert
+
0 ) verbessert sich
+
P) verschlechtert sich W ) bleibt gleich
+/-
0 ) verbessert sich stark
++
P) verschlechtert sich W ) verbessert sich
Markteintrittsbarrieren
+
P) nimmt ab
+
0 ) nehmen ab
+
P) nehmen stark zu
—
W ) nehmen zu 0 ) bleibt gleich
Wettbewerbssituation
Zahl der Konkurrenten
+/-
P) nimmt stark zu W ) nimmt zu 0 ) bleibt gleich
-
+/-
technologisches Niveau P) nimmt zu W ) nimmt zu O) nimmt ab Bedrohung durch Substitutionsprodukte
+
P) nimmt zu W ) nimmt zu
0 ) optimistisches Szenario; P) pessimistisches Szenario; W ) wahrscheinliches Szenario Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis - (sehr negativ)
Tabelle 4-1 Mögliche Entwicklungen
Da ein Großteil der Entwicklungsländer um eine Integration in die Weltwirtschaft bemüht ist, kann generell mit einer Liberalisierung der Marktregulierungen gerechnet werden. Zudem bieten viele Landesregierungen spezielle Anreize, um ausländische Investoren ins Land zu locken. Dennoch sollte man sich nicht nur von der prognostizierten positiven Entwicklung leiten lassen. In Ländern wie z.B. Libyen oder Algerien, die zwar ein großes Marktpotential aufweisen und bedingt durch ihren Ölreichtum in der Lage sind, Großprojekte (mit) zu finanzieren, sind diese Länder auch durch nicht zu unterschätzende politische und wirtschaftliche Unsicherheiten gekennzeichnet. Bedingt beispielsweise durch umfassende Importverbote im Zuge der UN-Sanktionen gegen Libyen wurden Investoren jahrelang - trotz bestehender Verträge - an der Durchführung ihrer Investitionen gehindert. Zudem sind Regierungswechsel und damit u. U. einhergehende
Β - Strategie
128
Veränderungen in der Wirtschaftspolitik, Außenhandelsregelungen oder im Devisenverkehr in solchen Ländern nicht immer vorhersehbar. Aufgabe 3
Bewertung von Umwelteinflüssen69 Die Einflußintensität der Umweltfaktoren auf die strategischen Aktionsfelder kann beispielsweise anhand folgender Matrix, die auf der von Vester und v. Hesler70 entwickelten Wirkungsmatrix basiert, bewertet werden. Aus der Zeilensumme wird ersichtlich, welche der Aktionsfelder den stärksten Einflüssen von außen unterlegen sind. Die Spaltensumme wiederum zeigt, welche der Umfeldfaktoren am stärksten auf die innerbetrieblichen Bereiche wirken. Strategische Aktionsfelder von Tex-Style sind: Absatz, Marketing, Finanzen, Logistik, Beschaffung und Personal. Für die nachfolgende Betrachtung wurden die wichtigsten Umfeldfaktoren ausgewählt.
Marktwachstum
Zeilensumme
3 2 2 2 1 0 2 3 3 2 1 1 3 1 1 0 3 3 11 11 11 bis 3 (starker Einfluß)
Arbeitskräfteverfügbarkeit
1 0 3 0 0 0 4 Einfluß)
Arbeitskräftequalifikation
Export-ImportRegelungen
auf Absatz 3 2 3 3 Marketing 1 3 2 1 Finanzen 3 3 3 3 Logistik 3 2 1 1 Beschaffung 3 3 3 3 Personal 3 2 2 0 Spaltensumme 18 14 11 13 Bewertung der Einflüsse von 0 (kein bzw. sehr geringer
Devisentransferbeschränkungen
Stabilität der Wechselkurse
Preisstabilität
Eingriffe in die Wirtschaft
von Stabilität des poli sches Systems
Wirkung
3 2 3 2 2 2 14
22 12 26 13 19 15 X
Tabelle 4-2 Auswirkungen der Umwelteinflüsse auf die strategischen Aktionsfelder des Unternehmens
Einen wesentlichen Einfluß auf die geplante Produktionsstätte insgesamt übt die Stabilität des politischen Systems der Entwicklungsländer aus. Ein etwaiger Regierungswechsel, der nicht immer vorhersehbar ist, kann weitreichende Folgen für die Wirtschaft haben: z.B. durch Rücknahme von Liberalisierungsmaßnahmen, Einführung von Außenhandelsbeschränkungen, Devisentransferbeschränkungen, Investitionsbeschränkungen usw. Die Matrix zeigt, daß die Finanzen, gefolgt von Absatz und Beschaffung das am stärksten beeinflußte Aktionsfeld darstellen. 69
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft - Instrumente zur Erfolgssicherung, Frankfurt/M. 2001, 90 70 vgl. dazu die von Vester und v. Hesler im Rahmen ihres Sensitivitätsmodells (1980) entwickelte Wirkungsmatrix
Die
Auslandsinvestition
129
Die Absatzpolitik des Unternehmens sollte so ausgerichtet sein, daß nicht die gesamte Produktion im Gastland abgesetzt, aber auch nicht zu 100% aus dem Land ausgeführt werden soll: • 100% Absatz im Gastland: Risiko der Errichtung von Markteintrittsbarrieren durch einheimische Anbieter bzw. der Erschwerung des Absatzes durch staatliche Eingriffe; zu starke Abhängigkeit von Kaufkraft der einheimischen Bevölkerung usw. • 100% der Produktion exportieren: Risiko, daß Veränderung der Außenhandelsbestimmungen Export erschwert bzw. stark verteuert oder gar unmöglich macht; u.U. Unverständnis vor Ort, daß dort hergestellte Ware nicht auch dort abgesetzt wird usw. Auch die Beschaffungspolitik sollte flexibel gestaltet werden, so daß das Unternehmen nicht von inländischen Zulieferern abhängig ist. Werden alle benötigen Rohstound Betriebsstoffe importiert, können sich Devisenverkehrsbeschränkungen und Importregelungen nachteilig auswirken.
130
Β - Strategie
5 Auf nach Padanien! „Frisch gewagt ist halb gewonnen." (Sprichwort aus Deutschland71)
Ein bisher nur auf dem Heimatmarkt tätiges, mittelständisches Unternehmen plant eine Ausdehnung der Unternehmensaktivitäten auf die benachbarten Märkte. Beginnen will man mit der Aufnahme von Exporten nach Padanien, wozu kurzfristig, d.h. im Laufe der nächsten sechs Monate, eine Vertriebsrepräsentanz in Padanien eingerichtet werden soll. Sofern sich das Vorhaben erfolgreich entwickelt, will man nach und nach auch in andere Märkte vorstoßen. Der Geschäftsführer verspricht sich davon vor allem eine langfristige Sicherung des Unternehmens, da es dadurch nicht mehr vom Binnenmarkt allein abhängig ist. Im Heimatland will er die Marktposition aber auf jeden Fall halten, wenn möglich sogar parallel zu den Aktivitäten in Padanien ausbauen. Die bestehenden Arbeitsplätze im Heimatland sollen langfristig gesichert, wenn möglich sogar neue geschaffen werden. Insgesamt erscheint dem Geschäftsführer das Vorhaben klar strukturiert und gut vorbereitet. Der Finanzchef ist jedoch der Meinung, daß die Vorbereitungszeit bis zum tatsächlichen Export viel zu kurz ist und die Kapitaldecke des Unternehmens derzeit keine großen Sprünge zuläßt. Größte Sorge ist es in diesem Zusammenhang, keinen Verlust zu erwirtschaften. Er möchte den Geschäftsführer zum Überdenken seines Zeitplans bewegen und besteht darauf, keine unnötigen Risiken einzugehen. Außerdem erscheinen ihm die Zielformulierungen stellenweise noch verbesserungswürdig. Aufgabe 1 Welche Ziele haben sich die Beteiligten gesetzt? Aufgabe 2 Der stets eher vorsichtig agierende Finanzmanager will sich vor einem Engagement im Export über mögliche externe Risiken im Exportgeschäft informieren und wenn notwendig, entsprechende Absicherungsmaßnahmen einleiten. Welche externe Risiken könnten im Zusammenhang mit der geplanten Exporttätigkeit auftreten? Unterscheiden Sie dabei in ökonomische und politische Risiken!
71
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002
Auf nach Padanien!
131
Lösung Aufgabe 1 Im Unternehmen hat man sich folgende Ziele gesetzt: •
Bestand des Unternehmens langfristig sichern (= Oberziel)
•
Marktposition halten, wenn möglich ausbauen
•
bestehende Arbeitsplätze sichern, wenn möglich neue schaffen
•
keinen Verlust erwirtschaften
•
keine unnötigen Risiken eingehen
•
Errichtung einer Vertriebsrepräsentanz in Padanien innerhalb der nächsten sechs Monate
Aufgabe 2
Abbildung 5-1 Mögliche Exportrisiken
Β - Strategie
132
6 Gut gerüstet ist halb angekommen „Ein Berggipfel ist so attraktiv, daß nicht für ihn geworben werden muß." (Reinhold Messner72)
Im Herbst 2001 schlossen sich 20, teils konkurrierende, skandinavische Outdoor-Firmen zur Scandinavian Outdoor Group zusammen. Unterstützt werden sie dabei von der schwedischen Außenhandelskammer. Zweck dieses Zusammenschlusses ist es zum einen, etwas Bewegung in den Tourismus-, und dabei insbesondere in den Outdoormarkt zu bringen. Zum anderen verspricht man sich dadurch einen dynamischeren Auftritt auf den Exportmärkten, insbesondere in Europa.73 Obwohl sich einige der Unternehmen erst in den letzten Jahren am Markt etabliert haben, können etliche - auch im restlichen Europa gut bekannte Firmen bereits auf eine lange Tradition zurückblicken: Unternehmen
Herkunft 74
Tätig seit
Produkte
Ajungilak
Norwegen
Mitte des 19. Jh.
Schlafsäcke, Bekleidung, Zelte
Bergans
Norwegen
1908
Rucksäcke, Bekleidung
Craft
Schweden
1977
Bekleidung
Dale of Norway
Norwegen
1879
Bekleidung
Fjällräven
Schweden
1962
Outdoor-/Trekking-Bekleidung, Ausrüstung
Haglöfs
Schweden
1914
Bekleidung, Schuhe, Zelte, Schlafsäcke
Helly Hansen
Norwegen
1877
Outdoor- und Sportbekleidung
Tabelle 6-1 Skandinavische Unternehmen der Outdoor-Branche (Auswahl)75
Skandinavien kann als relativ kleiner Markt bezeichnet werden, auch wenn der Anteil derjenigen, die derartige Produkte nutzen, vergleichsweise hoch ist. Angebotsseitig gilt der skandinavische Markt als der mit der höchsten Dichte an Herstellern von Outdoor-Equipment. Es liegt also nahe, daß immer mehr skandinavische Unternehmen auf andere Exportmärkte ausweichen wollen. In Europa treffen sie dabei aber bereits auf starke Konkurrenz - europäische und amerikanische Hersteller und auch skandinavische Firmen, die diesen Schritt schon eher gewagt haben (z.B. Fjällräven). Erfolg versprechen sich die Anbieter teil-
72
Messner, Reinhold: Berge versetzen - Das Credo eines Grenzgängers, München/Wien/Zürich 1996, 131 73 vgl. Krämer, Thomas: Umsatz dank Naturliebe, in: Nordis, 04/2002,43 74 Ajungilak gehört seit 2001 zum Schweizer Unternehmen Mammut. 75 erstellt nach: Ajungilak, http://www.ajungilak.no, 10.07.2002; Bergans, http://www.bergans.no, 10.07.2002; Crafit, http://www.crafit.se, 10.07.2002; Dale of Norway, http://www.dale.no, 10.07.2002; Fjällräven, http://www.fjallraven.com, 10.07.2002; Haglöfs, http://www.haglofs.se, 10.07.2002; Helly Hansen, http://www.hellyhansen.com, 10.07.2002
Gut gerüstet ist halb angekommen
133
weise durch das Bedienen von Nischen oder das Ausweichen auf hochpreisige 76 Marktsegmente.
Nicht zuletzt der Exportmarkt Deutschland bietet für skandinavische Produkte ein hohes Absatzpotential. Nach Einschätzung skandinavischer Hersteller würden die Deutschen trotz der geographischen Nähe in diesem Sektor allerdings ein anderes KaufVerhalten an den Tag legen: sie wären einerseits anspruchsvoller als die Skandinavier und würden mehr auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achten. Anderseits gehen sie Kaufentscheidungen nicht so praxisorientiert wie ihre nordischen Nachbarn an.77 Aufgabe 1 Welche Gründe können ein Unternehmen zur Ausweitung seiner Geschäftstätigkeit auf Auslandsmärkten veranlassen? Unterscheiden Sie dabei in aktive und reaktive Gründe! Welche Motive verfolgen die skandinavischen Outdoor-Unternehmen vermutlich?
76
vgl. Krämer, Thomas: Umsatz dank Naturliebe, in: Nordis, 04/2002, 43 vgl. ebd.; zum Weiterlesen siehe auch: Kraus, Gerhard: Gut gerüstet, in: Nordis, 04/2002, 46; Scandinavian Outdoor Group, http://www.scandinavianoutdoors.com, 10.07.2002 77
134
Β - Strategie
Aufgabe 2 Wie würden Sie die Outdoorbranche in Europa charakterisieren? Gehen Sie dabei insbesondere auf die Aspekte Angebot und Nachfrage, Wettbewerber, Marktattraktivität sowie Markteintrittsbarrieren ein! Aufgabe 3 Zur Erschließung des europäischen Marktes könnten die betreffenden Hersteller versuchen, ihre Produkte bei bereits existierenden Händlern listen zu lassen oder aber eine eigenständige Absatzorganisation aufbauen. Welche Vorteile/Nachteile weist der direkte Vertrieb gegenüber dem Einsatz von Händlern auf?
Analysieren Sie die Vorteile des EU-Binnenmarktes für schwedische, dänische und auch finnische Unternehmen!
Gut gerüstet ist halb angekommen
135
Lösung Aufgabe 1
Allgemeine Gründe Aktive Gründe
Passive Gründe
Verfügbarkeit von Ressourcen Kosten der Produktionsfaktoren Wirt schaftsförderungsmaßnahmen wirtschaftlicher Entwicklungsgrad Zins- und Steuervorteile Wettbewerbsvorteile Economies of Scale Synergieeffekte Prestige Überwindung von Handelsbarrieren Internationalisierung der Geschäftspartner Internationalisierung der Wettbewerber Gesetze und Restriktionen im Heimatland Marktgröße Zufall
Gründe der skandinavischen Unternehmen
Wirtschaftsförderungsmaßnahmen
Wettbewerbsvorteile Economies of Scale Synergieeffekte Prestige
Internationalisierung der Wettbewerber Marktgröße Zufall
Tabelle 6-2 Gründe für eine Internationalisierung der Geschäftstätigkeit
Aufgabe 2 Aspekte
Teilaspekte
Einschätzung
Nachfrage
nachgefragte Produkte
•
geographisches • Absatzgebiet
weltweit, zunächst insbesondere Europa
Vertriebszeitraum
• •
ab sofort ganzjährig
Marketingmaßnahmen
•
gemeinsamer Marktauftritt im Rahmen der Scandinavian Outdoor Group mit Unterstützung der schwedischen Außenhandelskammer
Produktlebenszyklus
•
langlebige Produkte, verschiedene Hersteller gewähren auf ihre Produkte weit über die gesetzliche Garantiefrist hinausgehende Garantien (teilweise lebenslange Garantie) allerdings ist Bekleidung, zumindest psychologisch, dem der Modebranche eigenen Gesetzmäßigkeiten unterworfen, z.B. sind in einem Jahr aktuelle Farbkombinationen im nächsten Jahr eben nicht mehr „in", was allerdings nichts mit der eigentlichen Qualität der Erzeugnisse zu tun hat
•
Angebot
qualitativ hochwertige Outdoor-Bekleidung und -Equipment mit angemessenem Preis-Leistungs-Verhältnis
Nachfrager
• •
verschiedene Gruppen von Nachfragern vom Extrembergsteiger bis zum Freizeitsportler - alles „OutdoorFans", quer durch alle Schichten und unabhängig von geographischer Ansiedlung
angebotene Produkte
•
qualitativ hochwertige Outdoor-Bekleidung und -Equipment
Β - Strategie
136 Angebot
Wettbewerber
Marktattraktivität
Kapazität/ Lieferfähigkeit
•
zahlreiche Unternehmen produzieren für diesen Sektor
•
Kapazitätsprobleme müssen nicht auftreten, insbesondere dort, wo Kunde nicht auf eine bestimmte Marke festgelegt ist und Produkte substituierbar sind
Infrastruktur
• • •
relativ kurze Distanzen von Skandinavien nach Europa gut ausgebaute Infrastruktur Transporte per Schiene oder Straße problemlos möglich; Schneilieferungen auch per Flugzeug machbar
Anforderungen an Distribution und Service
•
aufgrund der langen Garantiefristen muß Gewährleistung auch nach längerer Zeit abgesichert sein evtl. Servicezentrum in jedem Land einrichten, das Reklamationen abwickelt
• •
ebenfalls günstig: Info-Telefon in Landessprache
Transportkosten
•
abhängig vom Transportmittel, aufgrund der geringen Distanzen aber moderat
Verhalten der Wettbewerber
•
expansionswillig
Wettbewerbsklima
•
Markt schon relativ dicht, dennoch Marktwachstum abzusehen
Variablität der Wettbewerbsbedingungen
•
relativ sicheres Umfeld, Gefahr unvorhergesehener Veränderungen gering
•
Änderung der Bedingungen nur bei Fusion/Aufkauf von Wettbewerbern (vgl. Ajungilak/Mammut)
Marktwachstum
• •
in Skandinavien eher mäßig bis gar nicht im übrigen Europa gute Chancen
Marktgröße
•
großer Markt (die fünf größten EU-Nationen haben zusammen 300 Mio. Einwohner: Deutschland 82,3 Mio., Großbritannien 59 8 Mio., Frankreich 59,5 Mio., Italien 57,9 Mio., Spanien 39,5 Mio. )
Umfeld
Eintrittsbarrieren
• Ertragspotential • Marktzugang •
Kapitalbedarf
günstig, risikoarm mittel bis hoch
•
Listung durch Handel erforderlich evtl. Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes (z.B. eigene Ladenkette [kostenintensiv], Internet [über zentralen Versand realisierbar])
•
bei Export nicht allzu hoch
Tabelle 6-3 Branchenanalyse Outdoor-Markt
Aufgabe 3 Direkter Vertrieb Vorteile
78
• •
exklusiver Vertrieb möglich direkter Kontakt zum Markt und zum Kunden
• •
Informationen aus erster Hand Reklamationen können direkt abgewikkelt werden
Indirekter Vertrieb • •
Handel verfügt über Erfahrungen und zahlreiche Kontakte übernimmt zudem verschiedene Funktionen: Verkauf und Absatzförderung, Einkaufserleichterung durch Sortimentszusammenstellung, Mengenauflösung, Lagerhaltung, Finanzierung, Risikoübernahme, Bereitstellung von Marktinformationen, Schulung und Beratung
vgl. Harenberg, Bodo (Hrsg.): Aktuell 2002, Dortmund 2001, 177
Gut gerüstet ist halb Nachteile
• •
•
angekommen
• kosten- und aufwandsintensiv Funktionen, die sonst der Händler übernimmt, müßte der Hersteller selbst • wahrnehmen zahlreiche Kontakte zum Endverbrau• cher, die über den Handel gebündelt werden könnten
•
137
Produkte werden neben denen der Wettbewerber angeboten Handler kennt sich durch Vielzahl der angebotenen Produkte nicht mit allen gleich gut aus nur bedingt Einfluß auf Preisgestaltung des Händlers möglich kein direkter Kontakt zum Markt
Tabelle 6-4 Direkter vs. indirekter Vertrieb
Aufgabe 4 •
Handelserleichterungen (administrativer und zolltechnischer Art)
•
rechtliche Erleichterungen
•
Handelspartner in EU nehmen überwiegend am Euro teil
•
im Falle Finnlands entfällt jegliche Währungsproblematik
•
eventueller Rückgriff auf Kooperationen wirtschaftlicher Art zwischen den Ländern
138
Β - Strategie
7 Franz Immerschlau und Theo Weißnichtrecht „Sicher ist, daß nichts sicher ist. Selbst das nicht." (Joachim Ringelnatz79)
Franz Immerschlau und Theo Weißnichtrecht, Studenten der Betriebswirtschaft, sollen über die Semesterferien eine Seminararbeit im Fach Internationales Management anfertigen. Die beiden entscheiden sich für eine Analyse eines Schwellen- oder Entwicklungslandes. Konkret soll es dabei um die Einschätzung eines Ländermarktes als Standort für eine Produktionsniederlassung eines deutschen Unternehmens gehen.
Sie glauben, das Thema sei relativ einfach zu handhaben, da es im Internet dazu ja mittlerweile Informationen in Hülle und Fülle gibt. Man begibt sich also ins
79
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002
Franz Immerschlau
und Theo
Weißnichtrecht
139
„ W e b der unbegrenzten Möglichkeiten" und sammelt - zunächst m e h r oder w e niger strukturiert - Daten. Im L a u f e ihrer Recherche k o m m t ihnen auch mehrm a l s das Schlagwort „Sicherheit v o n Standorten" unter. Franz Immerschlau meint, dies sei f ü r ihre A n a l y s e nicht v o n Bedeutung. Schließlich wolle m a n keine G e s c h ä f t e mit der M a f i a anbahnen. T h e o Weißnichtrecht ist d a anderer M e i n u n g . Er glaubt, Franz sehe das T h e m a Sicherheit zu eng gefaßt, und es w ü r d e n n o c h eine R e i h e anderer Faktoren die Sicherheit v o n Märkten beeinflussen. Schließlich k o m m t es zu einer heftigen Diskussion über die Sicherheit v o n Standorten und M ä r k t e n . . . Aufgabe 1 Welche Faktoren bestimmen die Sicherheit von Standorten und Märkten? Aufgabe 2 Nachdem Franz und Theo mögliche Sicherheitsfaktoren ausführlich erörtert haben, widmen sie sich wieder dem eigentlichen Anliegen ihrer Seminararbeit. Untersucht werden soll ja die Eignung eines bestimmten Ländermarktes für die Errichtung einer Produktionsniederlassung. Franz und Theo nehmen nun an, der Produktionsmanager sei mit der Vorbereitung und Koordination dieses Vorhabens betraut worden und versuchen, sich in dessen Lage zu versetzen. Welche Personen, Personengruppen, Organisationen bzw. Institutionen könnten auf das Vorhaben in irgendeiner Weise Einfluß ausüben? Welche Stellung nehmen diese im Gesamtsystem Unternehmen - Umwelt aus Sicht des Produktionsmanagers ein? Aufgabe 3 Nachdem aufgezeigt wurde, welche Personen, Personengruppen, Organisationen bzw. Institutionen Einfluß ausüben, ist nun von Interesse, welche nicht-institutionellen Faktoren die Errichtung der Produktionsniederlassung bzw. den späteren Produktionsbetrieb beeinflussen können. Erstellen Sie dazu eine Umwelt-Einflußmatrix80!
80
siehe Kasten Seite 128
Β - Strategie
140 Lösung Aufgabe 1
hohe materielle und personelle Ausstattung
zunehmendes Kommunikationsaufkommen
zunehmende technische Möglichkeiten 1 Nachrichtendienste
1 Konkurrenten Wirtschafts- und Konkurrenzspionage
\
Einschaltung von Scheinfirmen
,
Abhören der Kommunikation swege
Umgehung von Handelsbarrieren
Lieferung von Einzelteilen
zeitweilig tatige Externe (z.B. Wissenschaftler)
1
Ζ
Grenzen moderner Kommunikation
Lieferung über Drittstaaten
Boykotte und Protestbewegungen Überschwemmung
Erdbeben Stürme
Informationsverluste durch Viren, Hacker
ix
Proliferation
1
ί > r1
gegen Länder
Γ
\ gegen Unternehmen
Naturkatastrophen
Feuer
Delikte im Bereich Anlage und Finanzierung Wettbewerbsdelikte Delikte im Bereich der Arbeitsverhältnisse
Armut und Umwelt Insolvenzstraftaten
Umweltzerstörung
Produktfälschungen/ Markenpiraterie
Betrug und Untreue bei Kapitalanlagen
Betrug | Veruntreuung ^ Unterschlagung
Organisierte Kriminalität
ZZE
Betrug
Abbildung 7-1 Bedrohungsfaktoren
81
Rohstoffknappheit
1 Wirtschaftskriminalität
Illegaler Warentransport Einbrüche und Diebstähle
Betrug
£
Armut
Korruption
Piraterie
der Markt- und
Laden-und Transportdiebstähle
Standortsicherheitβ1
Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationale Märkte, München/Wien 2001, 44
141
Franz Immerschlau und Theo Weißnichtrecht Aufgabe 2
Institutionen im Gastland
Kapitalgeber
Lieferanten
Abnehmer
Konkurrenten
Personalmanager
usw.
Unternehmensleitung Marketingmanager
SMM
Finanzmanager
Produktionsmanager
Abteilungsleiter
•
Mitarbeiter
Abbildung 7-2 Der Produktionsmanager und das ihn umgebende Umfeld
Aufgabe 3 von
Stabilität der Wechselkurse
3 3 3 3
2 2 3 2
3 1 3 1
3 1 3 1
1 0 3 0
3
3
3
3
3 18
2 14
2 13
0 11
Zeilensumme
3 2 3 2
22 12 26 13
0
3
1
1
2
19
0 4
0 11
3 11
3 11
2 14
15 χ
3 0
Verfügbarkeit
2 1 3 1
O ft UU DC
Arbeitskräfte-
3 2
2 2 2 1
t 8. § # ?
Arbeitskräftequalifikation
Marktwachstum
Devisentransferbeschränkungen
Preisstabilität
Strategische Aktionsfelder des Unternehmens
Absatz Marketing Finanzen Logistik Beschaffung Personal Spaltensumme
Eingriffe in die Wirtschaft
auf
Umfeldfaktoren Stabilität des politisches Systems
Wirkung
Tabelle 7-1 Auswirkungen der Umwelteinflüsse auf die strategischen Aktionsfelder des Unternehmens Als a m stärksten beeinflussender Faktor stellt sich hier die Stabilität des politischen Systems dar (Spaltensumme 18). Ein möglicher Regierungswechsel, der sich nicht immer vorher deutlich abzeichnen muß, kann sich stark auf die Aktionsspielräume der Unternehmen auswirken. Liberalisierungsmaßnahmen könnten zurückgenom-
142
Β - Strategie
men, Waren- und Devisenverkehr eingeschränkt, Investitionsvorhaben behindert werden. Die von äußeren Faktoren am stärksten beeinflußten Bereiche sind der der Finanzen (Zeilensumme 26) und der des Absatzes (Zeilensumme 22). Absatzprobleme können nicht nur direkt, z.B. durch Wegbrechen der Inlandsnachfrage, eintreten, sondern es sind auch indirekte Wirkungen möglich. So könnte das Exportvolumen beispielsweise durch eine restriktive Exportgesetzgebung eingeschränkt werden. Exporte sind dann nur noch beschränkt möglich, auch wenn die Auslandsnachfrage viel höhere Exporte ermöglichen würde. Stark beeinflußt werden Exporte auch durch die Wechselkurse. Verteuert sich das Exportgut beispielsweise durch eine Währungsaufwertung erheblich, hat dies wahrscheinlich Absatzrückgänge zur Folge.
Entdecke die
Möglichkeiten
143
8 Entdecke die Möglichkeiten 82 „Für die breite Masse ist IKEA ein Unternehmen, das Möbel verkauft, die man selbst nach Hause schaffen und dann, meist mit einem kleinen merkwürdigen Schlüssel, selbst zusammenbauen muß. [...] und Tausende von Diskussionen haben sich in maßlosen Beschreibungen vom Kampf mit der Montageanleitung und fehlenden Schrauben und diesem Schlüssel, der nicht richtig paßt, ergeben."83 1943 ließ der damals 17jährige Ingvar Kamprad IKEA als Firma registrieren. Der Name IKEA setzt sich aus den Initialen Kamprads sowie des Hofes Elmtaryd, auf dem er aufgewachsen ist, und der Gemeinde Agunnaryd zusammen. 1947 wurde IKEA zum Versandunternehmen, 1950 wurde der erste Katalog gedruckt. 1958 erfolgte die Eröffnung des ersten Einrichtungshauses mit einer Fläche von 13.000 m 2 in Älmhult. Grundlegende Vision Kamprads war es, ein breites Sortiment an funktionellen, gut gestalteten Möbelstücken zu niedrigen Preisen zu verkaufen. Um die Preise möglichst gering zu halten, hatte er eine Idee: er überließ den Kunden die abschließende Montage der Möbel. So gelang es, die Preise rund 30 % unter denen konkurrierender Produkte gleicher Qualität zu halten.84 Das erste Einrichtungshaus außerhalb Schwedens wurde 1963 in Oslo eröffnet, 1973 das erste Haus außerhalb Skandinaviens in Spreitenbach/Schweiz. 85 Innerhalb der nächsten sechs Jahre gründete man 22 neue Möbelhäuser, zehn davon allein in Deutschland. 86 Mittlerweile gibt es 143 IKEA-Einrichtungshäuser in 22 Ländern (2001). 87 Der Großteil dieser Einrichtungshäuser gehört direkt der IKEA-Gruppe. In kleinen oder unsicheren Märkten hat man jedoch auch auf das Prinzip des Franchising zurückgegriffen. Franchisenehmer können dabei vom Erfahrungsschatz von IKEA profitieren, erhalten Ausbildung und Managementhilfe. Zudem werden ihnen Handbücher zur Verfugung gestellt, „die manchmal konkret oder mit nachdrücklichen Empfehlungen angeben, wie ein komplettes Möbelhaus auszusehen habe, um optimal zu sein, wie die Kundenströme durch den Laden geführt werden müssen, welche Einrichtung dazugehört und wie sie zu piazieren ist. " 88 Im Gegenzug zahlt jeder Franchisenehmer 3 % des Umsatzes an Inter IKEA Systems Β. V. Abweichungen vom Konzept, wie z.B. das Weglassen der klassischen Spielzone am Eingang oder des Restaurants, bedürfen der Genehmigung. Setzt sich der Franchisenehmer nicht nachhaltig für
82
IKEA-Werbeslogan Torekuli, Bertil; Kamprad, Ingvar: Das Geheimnis von IKEA, Hamburg 1998, 65 84 vgl. Lindkvist, Lars: Scandinavian Management, Växjö 1994, 5 85 vgl. Inter IKEA Systems B.V.: IKEA facts, o.O. 1990,18 86 vgl. Torekull, Bertil; Kamprad, Ingvar: Das Geheimnis von IKEA, Hamburg 1998, 134 87 vgl. IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002 88 Torekull, Bertil; Kamprad, Ingvar: Das Geheimnis von IKEA, Hamburg 1998, 144 83
144
Β - Strategie
die Umsetzung des Konzepts ein, soon kann ihn IKEA ersuchen, das ZKE^-Schild von der Verkaufsstelle zu entfernen. IKEAs Zielgruppe sind junge, gebildete Leute mit liberalen kulturellen Werten, die keinen besonderen Wert auf Statussymbole legen. IKEA verfolgt eine standardisierte Produktpolitik. Das Sortiment umfaßt rund 10.000 Produkte90, die vom Tisch und Sofa bis hin zu Glühbirne und Besteck reichen. In den Einrichtungshäusern sind zahlreiche Zimmer mit den /ÄX4-Produkten eingerichtet, um den Kunden auch Ideen zu geben und Kombinationskäufe anzuregen. Die Produkte haben keine Artikelnummern, sondern Namen: Vornamen, Städtenamen, Eigenschaften. Was sich für nicht-schwedische Ohren eigenartig anhört, gehört zum Konzept: es klingt exotisch, und das wiederum wirkt anziehend. Produkte Polstermöbel, Couchtische,... Betten, Kleiderschranke,... Eßtische, -Stühle Badezimmerartikel Küchenutensilien Stühle, Schreibtische Stoffe, Gardinen Teppiche Bettwasche Kinderartikel
Ideengeber schwedische Ortsnamen norwegische Ortsnamen finnische Ortsnamen skandinavische Seen, Flüsse... Gewürze, Kräuter, Funktionen ... Männernamen Frauennamen dänische Ortsnamen Blumen, Pflanzen, Edelsteine Säugetiere, Vögel, Abjektive
Beispiele Eksjö, Henriksdal, Strömstad Mörkedal, Tromsö, Dalselv Risti, Lantula, Hakko Vänern, Baren, Björken Försluta, Sallad, Fjärran, Malt Anton, Herman Mari, Ingert Hove, Mejrup, Ringum Fjärding, Sandlilja Mammut, Mäne, Sömnig, Duktig
Tabelle 8-1 Wie die Namen der IKEA-Produkte bestimmt werden (Auswahl)91
Obwohl IKEA bestrebt ist, weltweit dieselben Produkte zu vertreiben, mußten doch schon in mancher Hinsicht Adaptionen durchgeführt werden. So erwiesen sich z.B. in den USA IKEAs Küchen- und Kleiderschränke als zu flach, was man in der Folgeproduktion berücksichtigte. Die Kommunikationspolitik konzentriert sich auf den jährlich neu erscheinenden Katalog. Der IKEA-Katalog wird in einer Auflagenhöhe von 110 Mio. Stück in 34 Sprachen92 publiziert. Mit innovativer Werbung, die den schwedischen Lebensstil und Traditionen nahebringen soll (Beispiel Midsommar), ruft sich IKEA ins Gedächtnis der deutschen Kunden. Zudem setzt man auf Mund-zu-MundPropaganda. Für die Rentabilität ist der Standort entscheidend. Die Einrichtungshäuser befinden sich meist in peripherer Lage, außerhalb der (teuren) Stadtzentren, sind aber
89
vgl. Torekull, Bertil; Kamprad, Ingvar: Das Geheimnis von IKEA, Hamburg 1 9 9 8 , 1 4 4 f vgl. IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002 91 vgl. Inter IKEA Systems B.V.: Waren Sie schon mal in KLIPPA N ? So kommen die IKEA Produkte zu ihren Namen (17.04.2002), http://www.ikea.de, 19.06.2002; Inter IKEA Systems B.V.: IKEA-Katalog 2003 92 vgl. IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002 90
Entdecke die Möglichkeiten
145
verkehrsgünstig gelegen und gut erreichbar. Um den Kunden den Transport der Einkäufe organisieren zu helfen, kooperiert das Unternehmen mit Autovermietern. Außerdem kann - gegen Aufpreis - ein Montageservice in Anspruch genommen werden. Die Preise liegen nun etwa 30-50 % unter denen fertig montierter, konkurrierender Produkte. Möglich ist dies vor allem aufgrund der großen Einkaufsmengen, kostengünstiger Logistik, der Vorstadt-Lage der meisten Einrichtungshäuser und der „Do it yourself'-Orientierung. Auch die ursprüngliche Geschäftsidee Kamprads, den Versandhandel, können die Kunden heute nutzen: mit IKEA Homeshopping.
Umsatzentwicklung
Umsatz nach Region
Umsatzstärkste Länder
3% 2001
10420
2000
521
1994 1984 1974
19« 9% 1954
•Asien In Mio. EUR
BEuropa
BNordamerika
Lieferanten nach Region
Größte Lieferländer
Ο Deutschland
Β USA
•Großbritannien
• Frankreich
• Schweden
• Sonstige
Mitarbeiter nach Region
4%
55.000 •Asien BNordamerika
BEuropa
•China
• Schweden
BAsien/Australien
• Polen
•Deutschland
BEuropa
• Italien
DSonstige
BNordamerika
93
Abbildung 8-1 IKEA - Zahlen und Fakten
Um dem Kunden das Einkaufserlebnis so angenehm wie möglich zu gestalten, verfügen die meisten /ÄE/i-Einrichtungshäuser über eine Spielzone und ein Restaurant. Im „Kinderparadies" können sich die Kinder beschäftigen, während die Eltern in aller Ruhe durch die Ausstellung schlendern. Im Restaurant kann man während oder nach dem Einkaufen smalandische Hausmannskost (z.B. köttbullar med lingonsylt - Fleischbällchen mit Preiselbeeren) genießen. Außerhalb der
93
erstellt nach: IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002
Β - Strategie
146
Kassenzone findet man meist einen „Sweden Shop", in dem man typische schwedische Lebensmittel, wie Knäckebrot, Lachs, Käse oder Schokolade kaufen kann. Wie zahlreiche andere Unternehmen auch ist IKEA bestrebt, seine Kunden langfristig an das Unternehmen zu binden. So gründete man den Einkaufs- und Vorzugsklub „Family" und gibt viermal jährlich für Clubmitglieder das Magazin „room" heraus. Aus einer Not heraus - der schwedische Markt konnte IKEAs Nachfrage, auch aufgrund eines Lieferboykotts, nicht mehr befriedigen - sah sich Kamprad nach Zulieferern im Ausland um. Fündig wurde er in Polen, das 1961 zum ersten Lieferantenland außerhalb Schwedens wurde.94 Mittlerweile sind die Zulieferer überall auf der Welt ansässig, auch in solchen Ländern, in denen Kinderarbeit noch verbreitet ist. Gemeinsam mit UNICEF hat IKEA in Indien ein Projekt ins Leben gerufen, im Rahmen dessen Tausende Kindern die Möglichkeit einer guten Schulbildung gegeben werden soll.95 Heute bezieht IKEA seine Waren von rund 2.000 Zulieferern aus 55 Ländern und unterhält darüber hinaus 40 Einkaufsbüros in 33 Staaten.96 Die Zulieferer transportieren ihre Waren zu einem der verschiedenen Zentrallager, wie sie beispielsweise in Älmhult (Schweden) und in vielen anderen, geographisch günstig gelegenen Orten zu finden sind. Artikel
Herkunftsland
Artikel
Herkunftsland
Aufbewahrungsbehälter
Polen
Kuscheltiere
Badzubehör
Indien
China, Indien, Indonesien, Polen, Thailand
Bettlaken
Indien
Lampen
China, Israel Sri Lanka
Bettvorleger
Indien
Lampenschirme
Bettwasche
Pakistan
Matratzen
Niederlande
Blechbehälter
Taiwan
Möbel
China, Indonesien, Malaysia, Polen, Rußland, Schweden, Thailand, Vietnam Frankreich
Bürozubehör
China, Italien
Computerzubehör
China, Taiwan
Decken
Griechenland, Italien
Personenwaage
Geschenkpapier
Großbritannien
Pfannen
Italien, Finnland
Gläser
Frankreich, Niederlande, Portugal, Ungarn
Platzsets
Tschechien, Malaysia
Polstermöbel
Slowenien
Handtücher
China
Porzellan
Kabel
Griechenland
Portugal, Türkei, Vietnam
Kerzen
Deutschland, Dänemark Schüsseln
94 95 96
Rumänien
vgl. Torekull, Bertil; Kamprad, Ingvar: Das Geheimnis von IKEA, Hamburg 1998, 74 vgl. IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002 vgl. ebd.
Entdecke die Möglichkeiten
147
Kerzenhalter
Vietnam
Stoffe
Kissenbezüge
China, Dänemark, Deutschland, England, Griechenland, Indien, Ungarn
Finnland, Indien, Pakistan, Rußland
Stühle
Taiwan
Teppiche
Belgien, Indien, Iran, Vietnam
Kleiderbügel
China
Türgriffe
Malaysia
Klobürsten
Tschechien
Übertöpfe
Indonesien
Kochlöffel
China
Vasen
Vietnam
Korbgegenstände
Indonesien, Vietnam
Weihnachtslichterketten
Polen
Korbstühle
China
Wischtücher
Tschechien
Küchenherde
Italien
Tabelle 8-2 Bei IKEA verkaufte Artikel und deren Herkunftsland
(Auswahl)97
Nachdem IKEA lange Zeit seine Produkte nur entwarf, aber nicht selbst produzierte, stellt man seit 1991 verschiedene Artikel auch in Eigenproduktion in der Tochterfirma Swedwood her. Zur Produktionsgruppe Swedwood gehören mittlerweile 33 Unternehmen in zehn Ländern.98 Im Jahr 2000 führte IKEA einen Verhaltenskodex für Arbeitsbedingungen und Umweltschutz, Einkauf von Einrichtungsprodukten - The IKEA Way", bei seinen Lieferanten ein. Darin sind die Mindestanforderungen hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Sozialstandards, Umwelt, Forstwirtschaft und Kinderarbeit festgelegt. So verlangt IKEA beispielsweise von seinen Lieferanten, daß das für die Produkte verarbeitete Massivholz nicht aus Urwäldern oder Wäldern mit hohem Naturschutzwert stammen darf (ausgenommen zertifiziertes Holz). In diesem Zusammenhang unterstützt IKEA auch Global Forest Watch, ein weltweites Projekt zur Kartierung aller Urwälder. IKEA erwartet von seinen Lieferanten die Achtung der Menschenrechte und die faire und respektvolle Behandlung der Mitarbeiter." 2000 gründete IKEA eine eigene Eisenbahngesellschaft, IKEA Rail AB, für den Gütertransport, um damit das bestehende Distributionsnetzwerk zu optimieren.100 IKEA beschäftigt weltweit etwa 65.000 Mitarbeiter. Die IKEA-Organisation ist gekennzeichnet durch flache Hierarchien. Großer Wert wird innerhalb der Organisation auf die Übernahme von Verantwortung, die Einräumung von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen und Vertrauen gelegt. Um eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen und Barrieren abzubauen, sprechen sich alle Mitarbeiter mit „Du" an. 1976 entwickelte Ingvar Kamprad neun Thesen, die die Philosophie von IKEA widerspiegeln - das „Testament eines Möbelhändlers". Diese Thesen wurden 97
Ermittelt in einer Feldstudie im Rahmen der Lehrveranstaltung „Internationale Unternehmensfuhrung" an der Westsächsischen Hochschule Zwickau. 98 vgl. IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002; Swedwood, http://www.swedwood.com, 04.06.2002 99 vgl. IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002 100 vgl. ebd.
148
Β - Strategie
unter dem Motto „to create a better everyday life for the majority of people" an alle Mitarbeiter verteilt: Testament eines Möbelhändlers101 1. Das Sortiment - unsere Identität IKEA möchte ein breites Sortiment formschöner Möbel anbieten, die funktionsgerecht sind und die sich möglichst viele Menschen leisten können. Dabei sollte das Sortiment so gestaltet sein, daß es überschaubar bleibt und daß man die einzelnen Artikel als „typisch IKEA" bzw. „typisch Schweden " identifiziert. Die Produkte müssen leicht handhabbar, widerstandsfähig und langlebig sein. Die Qualität muß dem Zweck des Benutzers entsprechen. Angestrebt werden niedrige Preise, die Preisgestaltung darf aber nicht auf Kosten der Qualität geschehen. 2. Der IKEA-Geist - eine starke und lebendige Wirklichkeit. Der /KEA-Geist baut auf Tatendrang, Freude an der Arbeit, Interesse an Neuem, Kostenbewußtsein, Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und Hilfsbereitschaft. Diesen Geist gilt es zu pflegen, zu fördern und weiterzuentwickeln. 3. Gewinn gibt uns Mittel. Die Aufbringung von Ressourcen ist nur auf zwei Wegen möglich: durch Gewinne oder Unterstützung. IKEA will sich bei der Aufbringung von Mitteln auf sich selbst verlassen. Voraussetzung dafür ist, langfristig gute Ergebnisse zu erzielen. Dies ist wiederum nur möglich, wenn Preis und Qualität stimmen. 4. Mit wenigen Mitteln gute Ergebnisse erzielen. Problemlösungen werden erst dann interessant, wenn man weiß, was sie kosten. Ressourcenverschwendung ist unbedingt zu vermeiden. 5. Einfachheit ist eine Tugend. Komplizierte Regeln erschweren die Zusammenarbeit im Unternehmen. Komplizierte Planung lähmt. Wo möglich und nötig sollen Verstand und Vernunft die Planung begleiten. Vereinfachung dient der Beschleunigung von Prozessen, der Erhöhung der Effektivität. 6. Die „Linie anders". Experimentierfreude und der Mut, etwas anders zu machen, sind der Schlüssel zum Erfolg. Ideen, Prozesse und Ansichten sollen hinterfragt werden. Erst das „Warum?" bringt weiter. 7. Kraftsammlung - wichtig für unseren Erfolg. Die Ressourcen sollen auf das Wesentliche konzentriert werden. Dies gilt für die Gestaltung und Vermarktung von Produkten ebenso wie die Erschließung von neuen Märkten. 8. Verantwortung übernehmen zu können - ein Vorteil. Verantwortung übernehmen kann man unabhängig von Ausbildung, finanzieller Lage oder Position. Verantwortungsbewußtsein ist in allen Unternehmensbereichen notwendig. Es muß erlaubt sein, Fehler zu machen. Und Fehler kann nur jemand machen, der aktiv ist. 9. Das meiste ist noch nicht getan. Wunderbare Zukunft. Wenn ein Unternehmen glaubt, es habe sein Ziel erreicht, stagniert es. Die ständige Frage wie das, was jetzt getan wird, besser gemacht werden kann, bringt 101
vgl. Torekull, Bertil; Kamprad, Ingvar: Das Geheimnis von IKEA, Hamburg 1998, 275ff
Entdecke die
Möglichkeiten
149
vorwärts. Zeit ist eine wichtige Ressource, die nicht verschwendet werden sollte. Die Mitarbeiter werden aufgefordert, ihr Leben in 10-Minuten-Abstände einzuteilen und so wenig Zeit wie möglich davon zu vergeuden. In Älmhult finden regelmäßig Schulungen zum IKEA Way statt. Den Teilnehmern werden dabei gemäß den Hauptbestandteilen des -Konzepts Empfehlungen hinsichtlich Einkaufspolitik, Produktionssteuerung, Sortiment, Preispolitik, Design, Einfachheit vermittelt. 102 Aufgabe 1 Warum ist IKEA so erfolgreich? Was sind mögliche Grenzen des Konzepts? Aufgabe 2 Analysieren Sie IKEAs Marketing-Mix! Welche Rolle spielen hierbei kulturelle Faktoren? Aufgabe 3 Welche Faktoren sind bei IKEAs Standortwahl entscheidend? Aufgabe 4 Wie wird den Mitarbeitern von IKEA die Unternehmenskultur nahegebracht? Aufgabe 5 Inwieweit finden sich die Werte des „Testaments eines Möbelhändlers" in der Organisationskultur bzw. in der Produktpalette von IKEA wieder? Aufgabe 6 Inwieweit wird bei IKEA die Unternehmenskultur von der Gesellschaft Schwedens geprägt? Gehen Sie bei Ihrer Diskussion auf das Modell von Hofstede ein! Aufgabe 7 Informieren Sie sich über Zulieferer, Produktionsmodalitäten und -Standorte sowie die Distributions- und Logistikkanäle bei IKEA\ Aufgabe 8 Informieren Sie sich über soziale und Umweltprojekte, die IKEA ins Leben rief bzw. an denen IKEA beteiligt ist! Wie bewerten Sie IKEAs Initiativen! 102
vgl. Torekuli, Bertil; Kamprad, Ingvar: Das Geheimnis von IKEA, Hamburg 1998, 153; zum Weiterlesen siehe auch Blume, Georg: wie Weihnachten nach Peking kam, in: Die Zeit, 20.12.2000, 32; Walther, Klaus: Ein Liebling namens Billy, in: Freie Presse (07.06.2001) http://www.freiepresse.de, 04.06.2002; Lau, Mariam: Die Ethik der Arbeitsplatte, in: Die Welt (31.03.2001) http://www.welt.de, 04.06.2002; Inter IKEA Systems B.V.: Die IKEA Position zum Thema Kinderarbeit (01.11.2000), http://www.ikea.de, 19.06.2002; Inter IKEA Systems B.V.: IKEA Verhaltenskodex zu Kinderarbeit (01.05.2000), http://www.ikea.de, 19.06.2002; Rada, Uwe: Ikea baut auf Berlin baut auf Ikea, in: taz, 23.01.2002,23
Β - Strategie
150
Lösung Aufgabe 1 •
Erfolg: profitables Netzwerk von Möbelhäusern über die ganze Welt verteilt; Produkte wirken jung, dynamisch, interessant; vergleichsweise niedrige Preise
•
Grenzen des Konzepts: Zielgruppen eingegrenzt, Marktsättigung tritt ein, Konzerne derartiger Größenordnung nehmen sich tendenziell die Nachfrage selbst
Aufgabe 2 Produktpolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Kontrahierungspolitik
• • • •
standardisierte Produktpolitik Sortiment umfaßt rund 10.000 Produkte funktionelle Produkte in modernem Design verschiedene Stilrichtungen
• • •
Artikel sollen als „typisch IKEA" bzw. „typisch Schweden" identifiziert werden die meisten Produkte müssen vom Kunden endmontiert werden in den Einrichtungshäusern sind zahlreiche Zimmer mit den /KE4-Produkten eingerichtet, um den Kunden Ideen zu geben (evtl. Kombinationskäufe)
• •
gelb-blaues Logo: schwedische Landesfarben konzentriert sich auf jährlich neu erscheinenden /KE4-Katalog; derzeitige Auflagenhöhe 110 Mio., erscheint in 34 Sprachen
• • •
zudem setzt man auf Mund-zu-Mund-Propaganda bringt schwedischen Lebensstil nahe (Beispiel Midsommar) Nutzung der Medien kann je nach Markt unterschiedlich sein
• •
verfügt über eigenes Distributionsnetzwerk Einrichtungshäuser befinden sich meist in peripherer Lage, außerhalb der (teuren) Stadtzentren, aber verkehrsgünstig und gut erreichbar
•
IKEA kooperiert mit Autovermietern, um den Kunden den Transport der Einkäufe organisieren zu helfen
• •
niedrige Preise Preise liegen etwa 30-50% unter denen fertig montierter, konkurrierender Produkte möglich vor allem aufgrund der großen Einkaufsmengen, kostengünstiger Logistik, der Vorstadt-Lage der meisten Einrichtungshäuser und der „Do it yourself-Orientierung
•
Tabelle 8-3 Marketing-Mix bei IKEA
•
verschiedene kulturelle Faktoren beeinflussen Einkauf bei IKEA: Lebensstil, Design und Stil der Möbel, Küchengeräte usw.; Unterschiede z.B. hinsichtlich der Bettgröße, was Folgekäufe bei IKEA nach sich zieht
Aufgabe 3 •
periphere Lage
•
große Flächen, außerhalb der (teuren) Stadtzentren
•
verkehrsgünstig gelegen und gut erreichbar
Entdecke die Möglichkeiten
151
Aufgabe 4 •
tagtägliches „Leben" der Kultur
•
Übertragen von Verantwortung, Einräumen von Handlungs- und Entscheidungsspielräumen; Vertrauen
•
angenehme Arbeitsatmosphäre durch ungezwungenen Umgang miteinander (Mitarbeiter per Du)
•
„Testament eines Möbelhändlers", Schulungen
Aufgabe 5 •
Einfachheit
•
alles basiert auf einer Niedrigkosten-Orientierung
•
Funktionalität, kein Wegwerf-Möbel
•
regelmäßige Erneuerung des Möbelstils, ohne aber den alten Stil völlig aufzugeben
•
Familienfreundlichkeit der Einrichtungshäuser
Aufgabe 6 Schweden
IKEA
Individualismus vs. Kollektivismus
•
Individualismus stark ausgeprägt
•
gering ausgeprägt
•
eigene Interessen stehen im Vordergrund
• •
Respekt des Einzelnen dieselbe Produktpalette auf der ganzen Welt
Machtdistanz
• •
• •
•
gering ausgeprägt machtbezogene Unterschiede stark abgeschwächt Titel spielen keine grolle Rolle
gering ausgeprägt flache Hierarchien; einfache Kommunikation zwischen den Hierarchien
•
Gleichberechtigung
• •
•
einfacher Kleidungsstil Autorität basiert nicht auf Titeln oder Positionen, sondern auf Wissen und Erfahrung Mitarbeiter sind per Du
Vermeidung von Unsicherheit
•
gering ausgeprägt
•
gering ausgeprägt
•
Menschen fühlen sich kaum von unvorhergesehenen Einflüssen bedroht
•
gehen in jedes Land, auch wenn Umfeld unsicher
Maskulinität
• •
• gering ausgeprägt große Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen und des Wohlergehens Menschen vor Profit
•
Tabelle 8-4 Kulturelle Dimensionen nach Hofstede
gering ausgeprägt
152
Β - Strategie
Aufgabe 7 •
Lieferanten: in 55 Ländern rund 2.000 Lieferanten; größte Lieferländer: China, Schweden, Polen, Deutschland, Italien; 40 Einkaufsbüros in 33 Ländern
•
Produktionsmodalitäten und -Standorte: kostengünstige Produktion; IKEA kauft bei Herstellern keine Produkte, sondern Produktionskapazitäten; Flexibilität gewünscht, aber Aufrechterhaltung langfristiger Beziehungen zu Herstellern; Unterstützung der Hersteller in finanzieller und technischer Hinsicht; seit 1991 auch Eigenproduktion, zur Produktionsgruppe Swedwood gehören 33 Fabriken in 10 Ländern
•
Distributions- und Logistikkanäle: 22 Zentrallager an strategisch günstigen Standorten (Beispiel: Zentrallager Wels versorgt Österreich, Schweiz und Italien); Bemühung um Verlagerung der Transporte von der Straße auf die Schiene, zu diesem Zweck Gründung einer eigenen Eisenbahngesellschaft (IKEA Rail AB); alle Zentrallager verfügen über Eisenbahnanschluß; Forcierung der Transporte per Schiff; in Kooperation von Banverker (S), Banestyrelsen (DK) und DB Netz (D) fährt ein täglicher Güterzug von Älmhult nach Duisburg
Aufgabe 8 •
Einkauf von Einrichtungsprodukten - The IKEA Way: Mindestanforderungen hinsichtlich Arbeitsbedingungen, Sozialstandards, Umwelt, Forstwirtschaft und Kinderarbeit;
•
Schulprojekte in 200 indischen Dörfern in Zusammenarbeit mit UNICEF;
•
Schaffung von Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen in 25 indischen Dörfern in Zusammenarbeit mit CREDA, einer lokalen NGO in Indien;
•
Impfprogramm in 200 indischen Dörfern in Zusammenarbeit mit UNICEF;
•
Unterstützung der Kinderhilfsorganisation „Save the Children", Ermöglichen einer Schulbildung für Kinder im Kosovo;
•
Aufbau von acht Pilotschulen im Kosovo in Zusammenarbeit mit UNICEF;
•
Unterstützung des Global Forest Watch zum Schutz der Urwälder;
•
Finanzierung von Stipendien für Studenten aus Rußland, Polen, Estland, Lettland und Litauen für ein Forstwirtschaftsstudium an der Schwedischen Landwirtschaftsuniversität in Alnarp;
•
Stiftung „Sow a Seed": Wiederherstellung von 14.000 Hektar Regenwald in Malaysia1*3
103
vgl. IKEA, http://www.ikea.de, 28.05.2002
Hotel „ Romance"
153
9 Hotel „Romance" Reisen bildet vor allem Staus auf Autobahnen. (Michael Schiff104)
Peter Mühlenheim absolvierte eine Lehre zum Reiseverkehrskaufmann und arbeitete anschließend drei Jahre lang als Kundenberater in einem Reisebüro. Da ihn diese Tätigkeit auf Dauer nicht genug forderte, entschloß er sich, ein BWLStudium aufzunehmen. Als Schwerpunkte wählte er dabei Tourismusmanagement und Marketing. Nun, nach erfolgreichem Abschluß des Studiums, plant er gemeinsam mit seiner Frau Anna, die BWL mit den Schwerpunkten Rechnungswesen und Finanzierung studierte, ein Romantik-Hotel mit rund 40 Betten zu eröffnen. Mit ihrem Ausbildungshintergrund glauben die beiden, für den Betrieb eines Hotels bestens gerüstet zu sein.
Ο
Der Standort für das Hotel wurde ausgewählt, ein geeignetes, ausbaufähiges Gebäude schon gefunden. Als äußerst günstig erweist sich dabei ein an das Gebäu-
104
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 1005
154
Β - Strategie
de angrenzendes bewaldetes Grundstück, das - wenn ein Teil des Waldes gerodet würde - für diverse Freizeiteinrichtungen genutzt werden könnte. Der Gemeinderat gab vorab bereits seine Zustimmung zur Hotelerrichtung, da das leerstehende Gebäude in relativ zentraler Lage schon seit längerer Zeit als Schandfleck des Ortes betrachtet wurde und sich die Gemeinde außerdem durch eine größere Zahl von Touristen eine Steigerung ihrer Einnahmen verspricht. Ferner verbinden die zahlreichen arbeitslosen Einwohner der Gemeinde gewisse Hoffnungen mit der Hotelerrichtung, und einige Landwirte der Region haben bereits ihr Interesse an einer Zuliefertätigkeit bekundet. Auch der regionale Tourismusverband zeigte sich gegen eine Hoteleröffnung nicht abgeneigt. Mitglieder des Verbandes sind die umliegenden Gemeinden und die ortsansässigen touristischen Einrichtungen, wie Schwimmbäder, Museen usw. Zu den Aufgaben des Verbandes gehören die Bekanntmachung der Region und ihrer Attraktionen, die Koordination touristischer Aktivitäten und der Ausbau des regionalen Wanderwegnetzes. Finanziert wird die Verbandstätigkeit durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Der Verbandsvorsitzende erklärte Peter, daß er - nach Peters Beitritt in den Verein - gerne bereit sei, ihn bei der Vermarktung des Hotels zu unterstützen, machte aber gleichzeitig deutlich, daß zum Ausbau der örtlichen Wanderwege dringend Zuschüsse notwendig wären. In der näheren Umgebung befinden sich noch eine Jugendherberge mit 68 Betten und ein Campingplatz mit 32 Stellplätzen. Gleich bei seinem ersten Besuch vor Ort traf Peter auch auf einen Vertreter des regionalen Umweltschutzvereins. Der Verein, der schon seit einigen Jahren gegen den weiteren „Verbau" der Region kämpft, äußerte seinen Unmut gegen die geplante Bebauung des Grundstückes hinter dem zukünftigen Hotel und drohte Protestaktionen an für den Fall, daß große Teile der Waldfläche gerodet werden. In wenigen Tagen werden Anna und Peter bei ihrer Bank vorsprechen, um einen Kredit für den Ausbau des Gebäudes und die Erschließung des angrenzenden Grundstückes zu beantragen. Aufgabe 1 Peter und Anna müssen nun ein ausführliches Konzept ihres Vorhabens erarbeiten, das auch vor der Kreditabteilung ihrer Bank bestehen kann. Dazu ist es zunächst notwendig, konkrete Ziele zu formulieren und den Zeitraum bis zu deren Erfüllung möglichst realistisch abzuschätzen. Bislang haben sich Anna und Peter nur das Ziel gesetzt, das Hotel zu eröffnen und den dazu nötigen Kredit der Bank zu erhalten. Da Anna in der Vergangenheit hin und wieder negative Erfahrungen mit Handwerkern hinsichtlich der Termineinhaltung gemacht hat, erscheint es ihr besonders wichtig, ausreichende „Zeitpuffer" in die Planung einzubauen. Welche weitere Vorgehensweise würden Sie den beiden empfehlen?
Hotel „ Romance "
155
Aufgabe 2 Nach der Zielbestimmung überlegen Peter und Anna nun, welche Stellung ihr „Romantik-Hotel" innerhalb seines Umfeldes einnimmt. Diese Umfeldanalyse ist deshalb von Bedeutung, weil - trotz funktionierendem internen System - externe Faktoren in großem Maße zum Überleben des Hotel beitragen bzw. das Überleben des Hotels gefährden können. Identifizieren sie die Elemente des Gesamtsystems, in das das Teilsystem „Romantik-Hotel" eingebettet ist! Welche Ansichten/Ziele haben die Beteiligten? Aufgabe 3 Nun überlegen Peter und Anna, welche Faktoren bzw. Bereiche innerhalb ihres Hotels von besonderer Relevanz sind und welche Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren bestehen. Dabei kommt es nicht nur auf die Zusammenhänge an sich, sondern auch auf die Fristigkeit ihrer Wirkungen an. Stellen Sie das Zusammenwirken der hotelinternen Faktoren grafisch dar und kennzeichnen Sie die Fristigkeiten der Wirkungen! Erläutern Sie anschließend, wie sich Veränderungen bei einzelnen Faktoren auf das Netzwerk105 auswirken! Aufgabe 4 Nachdem die Kernelemente des Netzwerks, deren Wirkungsbeziehungen und Fristigkeiten identifiziert wurden, wollen Anna und Peter untersuchen, wie stark die einzelnen Faktoren aufeinander wirken. Dadurch wollen sie herausfinden, welche Faktoren andere stark beeinflussen und welche Faktoren stark beeinflußt werden. Erstellen Sie eine Wirkungsmatrix106 ausgehend von den im Netzwerk untersuchten Faktoren! Aufgabe 5 Nun erstellen Anna und Peter ausgehend von den in der Wirkungsmatrix ermittelten Werten ein Intensitätsportfolio, um herauszufinden, welche Faktoren sie dem kritischen, aktiven, reaktiven bzw. trägen Bereich zuzuordnen haben. Aus der Zuordnung zu den vier Bereichen möchten sie Anhaltspunkte über mögliche Steuerungseingriffe erhalten. Erstellen Sie ein Intensitätsportfolio und interpretieren Sie dessen Ergebnis! Aufgabe 7 Nachdem die gegenwärtige Situation des Romantik-Hotels analysiert wurde, möchten Anna und Peter gerne wissen, wie es in Zukunft mit ihrem Hotel weitergehen könnte bzw. mit welchen Einflüssen und/oder Veränderungen sie kurz- bis mittelfristig zu rechnen haben. Geben Sie eine Prognose für die möglichen weiteren Entwicklungen!
105 106
siehe Kasten Seite 37 siehe Kasten Seite 121
156
Β-
Strategie
Lösung Aufgabe 1 Eine Hinterfragung von Annas und Peters Zielen ergibt, daß •
das Oberziel zwar allen Beteiligten klar ist und unmißverständlich formuliert wurde,
•
allerdings - abgesehen von der Kreditaufnahme - noch keine klaren Teilziele aus dem Oberziel abgeleitet
•
und daher die Teilziele auch nicht mit Prioritäten gewichtet wurden.
•
Ein Zeitraum für die angestrebten Realisierung wurde nicht festgelegt,
•
folglich können keine Aussagen darüber, ob ein angegebener Zeitraum realistisch erscheint, gemacht werden.
Als weitere Vorgehensweise empfiehlt sich: 1. zunächst weitere Teilziele aus dem Oberziel Hoteleröffnung abzuleiten, 2. die Teilziele mit Prioritäten zu versehen bzw. in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen und 3. die Zeiträume bis zu Erfüllung der Ziele möglichst realistisch abzuschätzen. Ziel
Priorität
Zeitrahmen zur Erfüllung
Aufnahme des Hotelbetriebs
Oberziel
nach ca. 13 Monaten
Klärung der Finanzierungsfrage
1
1 Monat
Erschließen des Grundstückes
2
3 Monate (parallel zum Ausbau)
Ausbau des vorhandenen Gebäudes
3
9 Monate (parallel zur Erschließung)
Einrichten des Hotels (Zimmer, Gemeinschaftsräume, Küche, Serviceräume, Freizeiteinrichtungen usw.)
4
3 Monate
Personalbeschaffung
5
2 Monate (parallel zu obigen Aktivitäten)
Vermarktung
6
begleitend
Abbildung 9-1 Ableitung von Teilzielen, Setzen von Prioritäten und Festlegung des
Zeitrahmens
Aufgabe 2 Wichtige Elemente des Gesamtsystems sind: das Romantik-Hotel selbst, zukünftige Mitarbeiter des Hotels, die Gemeinde, der Staat, Ämter, Behörden und Verbände (Bauamt, Gewerbeamt, Gesundheitsamt, IHK, DEHOGA107), die Konkurrenz (Jugendherberge, Campingplatz), Lieferanten, Banken, der Tourismusverband der Region, Touristen, der Umweltschutzverein und die Natur. Stellung der Elemente im System und deren Sichtweisen:
107
Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e.V.: Dachverband des Gastgewerbes in Deutschland, über Fachverbände vereinigt der DEHOGA alle Typen von Unternehmen vom Grandhotel bis zur Kneipe an der Ecke
Hotel „Romance'
157
Abbildung 9-2 Das Romantik-Hotel und sein Umfeld
Beteiligte
Ansichten und Ziele
Konkurrenz
Da jedoch sowohl die Jugendherberge als auch der Campingplatz eine andere Zielgruppe als das Romantik-Hotel ansprechen, sind diese touristischen Einrichtungen durch die Neueröffnung eines Hotels nicht primär bedroht. Unter Umstanden könnten beide Einrichtungen sogar von der Hoteleröffnung profitieren, beispielsweise durch verstärkte Werbung für die Region.
Lieferanten
Bei der Gewinnung von Lieferanten für den laufenden Hotelbetrieb dürften sich an sich keine Probleme ergeben, da Landwirte der Region bereits Interesse angemeldet haben.
Hotelmitarbeiter
Gemeinde
Die Hotelmitarbeiter sind noch zu rekrutieren. Sie sind die höchstwahrscheinlich hochmotiviert, da sie die Chance erhalten, von Anfang an am Hotelbetrieb beteiligt zu sein. Die Gemeinde steht der Hoteleröffnung positiv gegenüber, da der Schandfleck des Ortes, das lange Zeit leerstehende Gebäude, das zum Hotel ausgebaut werden soll, nun endlich verschwindet und eine größere Anzahl von Touristen auf größere Einnahmen hoffen läßt. Zudem hofft man auf eine Abnahme der Arbeitslosenzahlen durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Tourismusverband
Dieser steht der Hoteleröffnung ebenfalls positiv gegenüber, da dadurch einerseits mehr Touristen in die Region gelockt werden könnten, andererseits auch auf weitere Zuschüsse für den Verband gehofft werden kann.
Ämter
Von seiten der Amter sind solange keine Probleme zu erwarten, so lange die gesetzlichen Vorschriften und Auflagen erfüllt werden. Allerdings sollte einkalkuliert werden, daß behördliche Vorgänge mitunter eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen.
Β - Strategie
158
Staat
Werden Mitarbeiter in einem Unternehmen beschäftigt, sind bestimmte staatliche Rechtsvorschriften zu beachten und einzuhalten (z.B. Meldung an Arbeitsamt, Mitgliedschaft in Berufsgenossenschaft, Versicherung: Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung usw.).
Banken
Die Banken könnten dann Probleme bereiten, wenn das vorgeschlagene Konzept nicht „griffig" ist, d.h. nicht richtig durchdacht ist, nicht überzeugend dargestellt ist oder von vornherein als erfolglos eingeschätzt wird. Da der Hotelbetrieb mit der Finanzierung steht oder fallt, ist die Ausarbeitung eines entsprechenden Konzeptes für Peter und Anna besonders wichtig.
Zielgruppe
Mit dem Romantik-Hotel wird eine neue Zielgruppe angesprochen. Touristen, die bisher die Region kennenlemen wollten, Campingurlauben und Jugendherbergsaufenthalten aber nichts abgewinnen können, bietet sich nun eine neue Alternative.
Natur
Umweltschutzverband
Die Natur wird durch den Hotelbau und die größere Zahl von Touristen zweifellos stärker belastet als zuvor. Zudem soll ein Teil des Waldes auf dem angrenzenden Grundstück gerodet werden. Als eine Art „Wiedergutmachung" wäre beispielsweise die Aufforstung an anderer geeigneter Stelle im Ort auf Kosten des Hotels denkbar. Die angekündigten Proteste des Umweltschutzverbandes können sicher nur durch ein entsprechendes Gegenangebot vermieden werden. Beispielsweise könnten Gemeinschaftsaktionen (geführte Wanderungen o.ä.) oder Veranstaltungen zugunsten des Verbandes organisiert werden.
Abbildung 9-3 Beteiligte, deren Ansichten und Ziele
Aufgabe 3
Konkurrenz
Touristen
Personal
Finanzen
Marketing
langfristig
Angebot/ Service
je größer A, umso größer Β bzw. je kleiner A, umso kleiner Β
mittelfristig *·
kurzfristig
Abbildung 9-4 Wirkungszusammenhänge
je größer A, umso kleiner Β bzw. je kleiner A, umso größer Β
Hotel „Romance" Wirkung von ... auf...
Personal
Marketingaktivitäten
Erläuterung der Zusammenhänge
Fristigkeiten
Servicequalität
je mehr Personal, umso besser die Servicequalität
kurzfristig
Finanzen
je mehr Personal, umso schlechter gestaltet sich die finanzielle Lage
mittelfristig
Touristen
je mehr Marketingaktivitäten, umso mehr Touristen können angesprochen werden
langfristig
Personal
je mehr Marketingaktivitäten, umso mehr Personal ist zu deren Umsetzung notwendig
mittelfristig
Finanzen
je mehr Marketingaktivitäten, umso schlechter gestaltet sich die finanzielle Lage
mittelfristig
Marketingaktivitäten
je weniger Touristen, umso mehr muß für die Vermarktung des Hotels getan werden
kurz- bis mittelfristig
Finanzen
je mehr Touristen im Hotel absteigen, umso besser gestaltet sich die finanzielle Lage
kurzfristig
Personal
je mehr Touristen im Hotel absteigen, umso mehr wird das Personal gefordert
kurzfristig
Angebot/Service
je anspruchsvoller die Touristen, umso anspruchsvoller muß das eigene Angebot gestaltet werden
langfristig
Konkurrenz
je anspruchsvoller der Touristen, umso anspruchsvoller muß auch die Konkurrenz ihr Angebot gestalten
langfristig
Personal
je besser die finanzielle Lage, umso mehr Personal kann eingestellt werden
mittelfristig
Angebot/Service
je besser die finanzielle Lage, umso ausgefeilter können Angebot und Service sein
mittelfristig
Marketingaktivitäten
je mehr Aktivitäten der Konkurrenz, umso mehr muß für das eigene Hotel getan werden (im vorliegenden Falle ergänzen sich eher die Aktivitäten der touristischen Einrichtungen, da sie keine unmittelbare Konkurrenz zum Hotel darstellen)
langfristig
Touristen
je mehr Aktivitäten der Konkurrenz, umso mehr Touristen können durch Konkurrenz angesprochen werden
langfristig
Angebot/Service
je besser das Angebot der Konkurrenz, umso mehr muß man sich um das eigene Angebot bemühen
mittelfristig
Touristen
je besser/ attraktiver das eigene Angebot, umso mehr Touristen werden sich angesprochen fühlen
mittelfristig
Konkurrenz
je besser/ attraktiver das Angebot, umso mehr muß sich die Konkurrenz um das eigene Angebot bemühen
mittelfristig
Finanzen
je umfangreicher das Angebot, umso mehr werden die Finanzen beansprucht
mittelfristig
Personal
je umfangreicher das Angebot, umso mehr wird das Personal gefordert
kurzfristig
Touristen
Finanzen
Konkurrenz
159
Angebot/Service
Tabelle 9-1 Beschreibung der Wirkungsbeziehungen
160
Β - Strategie
Aufgabe 4
Touristen
0
2
3
0
0
10 8
Finanzen
Angebot/ Service
e» SΒ I I «2 5 m
Personal Finanzen
X
3 X
3
2
2
Angebot/Service Marketingakt.
2 1
3 3
Konkurrenz
0
Touristen Spaltensumme
von
3
ZeilenSumme
Konkurrenz
auf Personal
Wirkung
X
1
1
3
10
X
3
3
13
0
3 1
2
X
1
4
2
3
1
1
1
X
8
12
10
9 5 9 Bewertung der Einflüsse von 0 (keine oder sehr geringe Wirkung) bis 3 (sehr starke Wirkung)
8 X
Tabelle 9-2 Bewertung der Einflüsse
Im vorliegenden Fall beeinflussen die Marketingaktivitäten die übrigen Faktoren am stärksten (Zeilensumme 13). Die Finanzen wiederum stellen den am stärksten beeinflußten Faktor dar (Spaltensumme 12).
Aufgabe 5
Erstellen eines Intensitätsportfoiios108 Die in der Wirkungsmatrix ermittelten Ergebnisse können in einem weiteren Schritt in ein sog. „Intensitätsportfolio"109 übertragen werden. Dieses Portfolio klassifiziert die Einflußfaktoren in vier verschiedene Kategorien: kritische, aktive, reaktive und träge Faktoren. Kritische Faktoren wirken stark auf andere Faktoren und werden selbst auch stark von anderen Faktoren beeinflußt. Sie sind daher als eine Art „Initialzündung" geeignet. Steuerungseingriffe sollten hierbei jedoch äußerst vorsichtig vorgenommen werden, da durch unkontrolliertes Aufschaukeln auch das gesamte System aus dem Gleichgewicht gebracht werden kann. Auch aktive Faktoren wirken stark auf andere Faktoren, werden allerdings selbst weniger von anderen Faktoren beeinflußt. Steuerungseingriffe sollten hier ebenfalls vorsichtig erfolgen, da dies (mitunter unvorhergesehene) Auswirkungen auf das System nach sich ziehen kann. Reaktive Faktoren beeinflussen anderen Faktoren nur schwach, werden aber selbst stark von anderen Faktoren beeinflußt. Steuerungseingriffe bei diesen Faktoren haben im allgemeinen keine nennenswerten Auswirkungen auf das System. Diese Faktoren eignen sich jedoch gut, um Auswirkungen von Steuerungseingriffen bei anderen Faktoren einzuschätzen.
108
vgl. Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft - Instrumente zur Erfolgssicherung, Frankfurt/M. 2001, 3lf 109 Vester, Frederic; Hesler, Alexander von: Sensitivitätsmodell, Frankfurt/M. 1980
161
Hotel „Romance"
Träge Faktoren wirken nur schwach auf andere Faktoren und werden auch nur wenig von diesen beeinflußt. Eingriffe bei solchen Faktoren beinhalten ein relativ geringes Risiko und können gut überschaubare Veränderungen bei anderen Faktoren bewirken. Aus der obigen Wirkungsmatrix ergeben sich für die einzelnen Faktoren folgende Koordinaten: Personal (10;8), Finanzen (8;12), Angebot/Service (10;10), Marketing (13;9), Konkurrenz (4;5), Touristen (8;9).
Beeinflußbarkeit REAKTIV
KRITISCH
14
| Α |
Angebot/Service
[ F j
Finanzen
| Κ |
Konkurrenz
| Μ|
Marketingaktivitäten
| Ρ |
Personal
[ Τ |
Touristen
12
10
3 κ:
•:-
• :-!:y
f
0
Θ
f
•
AKTIV
TRÄGE 8
Abbildung
9-5 Intensitätsportfolio
für das
10
12
Einflußnahme 14
Romantik-Hotel
Wie das Intensitätsportfolio zeigt, konzentrieren sich die Faktoren - „Konkurrenz" ausgenommen - auf den kritischen Bereich. Daraus wird deutlich, daß Veränderungen bei diesen Faktoren nur vorsichtig vorgenommen werden sollten, da die Auswirkungen nicht immer wirklich absehbar sein werden. Personal: kritischer Faktor, tendiert zum aktiven Bereich hin - Die Servicequalität ist in hohem Maße von Zahl, Qualifikation, Engagement und Motivation des Personals abhängig. Aufgrund der Zuordnung zum kritischen Bereich sollten Steuerungseingriffe vorsichtig vorgenommen werden. Finanzen: kritischer Faktor, tendiert zum reaktiven Bereich hin - da dieser Faktor von fast allen anderen Faktoren stark beeinflußt wird und diese wiederum stark beeinflußt, sollten Veränderungen bzw. Steuerungseingriffe vorsichtig vorgenommen werden. Angebot/Service: kritischer Faktor - beeinflußt alle anderen Faktoren stark und wird gleichermaßen stark beeinflußt; Angebot und Service des eigenen Hauses entscheiden über Akzeptanz bei den Kunden, finanzielle Lage, Beanspruchung des Perso-
162
Β - Strategie
nals und etwaige Maßnahmen der Konkurrenz. Veränderungen sollten nur nach sorgfältiger Untersuchung der Markterfordernisse vorgenommen werden. Marketing: kritischer Faktor - dieser Faktor wird zwar nicht so stark wie die Finanzen, aber auch von allen anderen beeinflußt. Auch hier sollten Veränderungen vorsichtig und in Abstimmung mit den beeinflussenden und beeinflußten Faktoren vorgenommen werden. Konkurrenz: träger Faktor - „träge" hieße im Zusammenhang mit dem kompetitiven Umfeld, daß Steuerungseingriffe zwar Veränderungen bewirken können; dies allerdings - im Gegensatz zur Steuerung der innerbetrieblichen Funktionen - nur sehr indirekt. Eigene Maßnahmen etwa der Preispolitik werden die Konkurrenz mehr oder weniger dazu veranlassen, ebenfalls diesbezügliche Maßnahmen zu ergreifen (im vorliegenden Fall wahrscheinlich eher weniger, da beispielsweise die Preispolitik einer Jugendherberge mit der eines Romantik-Hotels nicht vergleichbar ist). Touristen: kritischer Faktor, tendiert zum reaktiven Bereich hin - Auch die Touristen werden als kritischer Faktor mit Tendenz zum reaktiven Bereich eingeschätzt. Erklärt werden kann dies damit, daß Kunden beispielsweise stark auf Preisänderungen und Verschlechterungen im Angebot reagieren. Dabei zeigt sich in der Praxis häufig, daß Kunden auf eine Verschlechterung stärker als auf eine Verbesserung reagieren. Dabei kann das Ausmaß der Reaktion nicht wirklich vorhergesagt werden. Auf den ersten Blick mag das obige Bild des Intensitätsportfolios atypisch erscheinen. Nach genauerer Betrachtung zeigt sich aber, daß dem System Romantik-Hotel nur wenige Aktionsmöglichkeiten gegeben sind und das Bild von daher doch typisch ist. Die Zahl der Gäste bestimmt sich im wesentlichen nach der Attraktivität des Angebots (verbunden mit der Attraktivität der Umgebung). Das Angebot wiederum sollte auf die Wünsche der Gäste zugeschnitten sein, so daß vielleicht trotz guter Ideen der Hotelbesitzer sich diese nicht umsetzen lassen, weil sie beim Kunden einfach nicht auf Akzeptanz stoßen. Aus der Zahl der Gäste resultiert die finanzielle Lage des Hotels, die wiederum bestimmt, inwieweit Service und Angebot ausgebaut oder Marketingmaßnahmen durchgeführt werden können. Der Hotelbesitzer bewegt sich also in einem vergleichsweise enger Aktionsrahmen, in dem bereits die kleinsten Änderungen große Wirkungen nach sich ziehen können. Es gibt nur wenige Ansatzpunkte vor Steuerungseingriffe bzw. Veränderungen, die generell nur sehr vorsichtig vorgenommen werden sollten. Unter den vorliegenden Umständen sind für das Romantik-Hotel keine Expansionsmöglichkeiten gegeben. Allerdings liegt das sicher auch nicht im Sinn der Betreiber, da Exklusivität und Einzigartigkeit die Faktoren sind, auf denen ein Romantik-Hotel üblicherweise aufbaut. Das Eröffnen einer Kette wie beispielsweise die ETAP-Hotels würde wahrscheinlich auf Kosten der Einzigartigkeit geschehen.
Aufgabe 6 Auf eine Betrachtung der Konkurrenz wurde verzichtet, da Jugendherberge und Zeltplatz nicht wirklich eine Konkurrenz zum Romantik-Hotel darstellen.
Hotel „Romance' Umweltsegment
Gemeinde
Umweltschutzverein
Touristen
Schlüsselfaktoren
Trendaussage
Finanzlage
(0) bleibt gleich (P) verschlechtert sich (W) verschlechtert sich
Wirkung auf Hotel
(0) nimmt zu Zahl der Aktionen zur Förderung von Handel, (P) nimmt ab Gewerbe und Tourismus (W) bleibt gleich
+/-
+ +/-
Zahl von Protestaktionen
(0) bleibt gleich (P) nimmt zu (W) bleibt gleich110
+/-
+/-
Preisbewußtsein
(0) bleibt gleich (P) nimmt zu (W) nimmt zu (0) bleibt gleich (P) nimmt zu (W) nimmt zu
+/-
Fernweh
(0) nimmt stark zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
++
Zahl in der Region
Lieferqualität
(0) nimmt zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
Preisdruck von Seiten der Lieferanten
(0) bleibt gleich (P) nimmt zu (W) nimmt zu
+/-
Mitgliedsbeiträge, Spendenerwartung
(0) bleiben gleich (P) nehmen stark zu (W) nehmen zu
+/-
Zahl der Aktionen zur Bekanntmachung der Region
(0) nimmt stark zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
++
Lieferanten
Tourismusverband
163
+/-
+
+
+
+
(O) optimistisches Szenario; (P) pessimistisches Szenario; (W) wahrscheinliches Szenario Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis - (sehr negativ) Tabelle 9-3 Mögliche Entwicklungen
Gemeinde: Die generell schlechte Finanzlage der Gemeinden wird sich auch am Hotelstandort auswirken. Obwohl die Gemeinde auf zusätzliche Einnahmen hofft, kann nicht damit gerechnet werden, daß so hohe Überschüsse erzielt werden, um zusätzliche Aktionen zur Förderung des Tourismus unternommen werden können. Unterstützung könnte das Hotel lediglich auf nicht-finanzielle Art und Weise erfahren, beispielsweise indem die Gemeinde für die Durchsetzung der Gemeindeordnung sorgt, d.h. auch ein sauberes Umfeld schafft und versucht, als Ort attraktiver zu werden. Umweltschutzverein: Soweit von vornherein eine Einigung mit dem Umweltschutzverein möglich ist, dürfte sich die Zahl von den Hotelbetrieb behindernden Kampagnen nicht erhöhen.
110
Sofern es möglich ist, sich mit dem Verein trotz der Erschließung des angrenzenden Grundstückes auf irgendeine Art und Weise zu arrangieren.
164
Β - Strategie
Touristen: Auch wenn die Zahl der Touristen in der Region wahrscheinlich zunimmt, so werden die Kunden doch immer preisbewußter und gleichzeitig auch anspruchsvoller. Für Anna und Peter bedeutet dies höchstwahrscheinlich die Notwendigkeit nach einem genau auf die Kundenwünsche zugeschnittenen Angebots- und Serviceprogrammes und eine sich an der Preisuntergrenze bewegende Preispolitik (wenngleich verglichen mit „normalen" Hotels dieser Größe eher im höherpreisigen Segment). Preissteigerungen werden erst dann möglich sein, wenn sich ein gewisser Kundenstamm gefunden hat bzw. wenn die Qualität des Angebots auch in den Augen der Kunden höhere Preise rechtfertigt. Lieferanten: Es kann davon ausgegangen werden, daß genügend Anbieter bereit sind, das Hotel zu beliefern und die Qualität der Lieferungen eher zunimmt. Gleichzeitig ist aber mit einer Zunahme des Kostendruckes auf Seiten der Lieferanten zu rechnen, so daß die Abnahmepreise für das Hotel wahrscheinlich steigen bzw. höchsten gleichbleiben. Tourismusverband: Dem Tourismusverband fehlt es wie auch der Gemeinde an finanziellen Mitteln zur Realisierung seiner Vorhaben. Verfügbare Mittel werden eher in allgemeine Aktivitäten als in die Förderung spezieller Objekte gesteckt. Wie auch bei der Gemeinde kann aber sicher immer mit Unterstützung nicht-finanzieller Art gerechnet werden.
Haben Sie... schon bei Nacht gesehen?
165
Wo der Wirt vor der Tür steht, da sind nicht viele Gäste. (Deutsches Sprichwort111) Kunigunde König und Hugo Hurtig streifen nach einem langen und ereignisreichen Arbeitstag mit hungrigem Magen durch die Stadt auf der Suche nach einem gemütlichen Lokal. An sich gibt es derer viele, der potentielle Gast hat die Qual der Wahl: griechisch, italienisch, französisch, indisch essen kann man, aber auch - mit großer Auswahl - traditionelle, einheimische Kost. Dennoch fallt es den beiden nicht leicht, sich für eines der vielen Lokale zu entscheiden. Hier ist es zu voll, da menschenleer, daß man sich bald fürchten muß, im nächsten Wirtshaus ist es zu laut, im anderen zu hell, und dort mißfallt ihnen die Speisekarte. Auf dem Weg durch die abendliche Innenstadt entdecken sie das eine oder andere neue Restaurant, sehen vielleicht, daß eines, das ihnen vor kurzem noch gefallen hat, nicht mehr existiert. Neben den weltweit mit ähnlichen Produkten vertretenen Lokalen der Systemgastronomie bieten sich dem hungrigen Magen und der durstigen Kehle verschiedene Möglichkeiten, die Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Möglichkeiten sind freilich je nach Standort verschieden, und jede Region weist ihre gastronomischen Besonderheiten auf. Ob französisches Bistro, englisches Pubs, Wiener Beisl und Kaffeehaus, deutsche Kneipe, schwedische Gatukök oder italienische Osteria - alle dienen dazu, die physiologischen Bedürfnisse des Gastes zu dekDoch wonach suchen Kunigunde und Hugo eigentlich? Hatten sie nicht eigentlich „nur" Hunger? Schon, aber das alleine ist nicht der Punkt. Selbst, wenn man nur hungrig suchend durch die Gegend streift, will man - für den nicht unerheblichen Preis, den es anschließend zu entrichten gilt - mehr. Viele Faktoren spielen bei der Auswahl des Platzes, wo man schließlich den Abend verbringen wird, eine Rolle: Speisen, Getränke, Atmosphäre sind sicher die wichtigsten. Darüber hinaus kommt es darauf an, was man sonst noch vor hat: reden, Leute treffen, Zeitungen lesen, nachdenken oder einfach nur Ruhe haben wollen... Aufgabe Führen Sie für eine Stadt Ihrer Wahl einen Kneipen- und/oder Restauranttest durch! Nutzen Sie dazu die Portfolio-Technik! Beziehen Sie dabei Ihrer Meinung nach wesentliche Faktoren in die Betrachtung ein und unterziehen Sie diese einer vergleichenden Bewertung!
" ' v g l . Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001,1386
Β - Strategie
166 Lösung112
Für die Betrachtung wurde die Stadt Zwickau gewählt. Kurzinformation zur Stadt: 107.000 Einwohner; gelegen an der Mulde, in Westsachsen; älteste urkundliche Erwähnung 1118, Stadt seit 1212; ehemals große Bedeutung des Silber- und Steinkohlebergbaus; verschiedene Verarbeitungsindustrien; 1904 Gründung der Horch-Automobilwerke, 1957 bis 1990 Sachsenring-Werke (bekanntestes Produkt der Stadt war der Trabant, der von 1964 bis 1990 gefertigt wurde), nun Volkswagenwerk in Mosel; Hochschulstandort, Ingenieurausbildung seit 1897, nun breit gefächertes Studienangebot 113 Portfolianalyse: Zur Bewertung der Kneipen und Restaurants werden verschiedene Faktoren herangezogen, die in die Rubriken „objektive Faktoren" und „subjektive Faktoren" gegliedert werden. In der Rubrik „objektive Faktoren" werden dabei jene zusammengefaßt, die relativ gut meßbar sind (z.B. Anzahl der angebotenen Hauptspeisen, Getränke; Öffnungszeiten usw.). Die Kategorie der „subjektiven Faktoren" bilden jene, deren Einschätzung hauptsächlich im Ermessen der jeweiligen Testperson liegt. Objektive Bewertung Angebot
•
Getränke und Speisen auf der Karte, Anzahl/Menge, gibt es ein Tagesangebot usw.
Öffnungszeiten
•
tagsüber, nachmittags, Zapfenstreich, evtl. Frühstück usw.
Preise
•
akzeptabel, überteuert, studentisch - Bewertung anhand vergleichbarer Preise, wie bei Bier, kleinem Salat usw.
WC
•
Bewertung nach deutschem Standard - wie leicht läßt sich das Örtchen finden, brennt Licht usw.
Flexibilität
•
im Sinne der Raumaufteilung - gibt es S6par6s für private Feiern? Können Tische für große Runden zusammengeschoben werden? usw.
Besucherzahl
•
Wie gut ist das Lokal besucht? (evtl. in Abhängigkeit von Uhrzeit und Wochentag)
Geschwindigkeit
•
Wie schnell arbeitet die Bedienung? Wie lange dauert es, bis das Bestellte zubereitet und serviert wurde?
Subjektive Bewertung Atmosphäre
•
Image
•
Welches Image hat das Lokal im allgemeinen? Was sagen andere darüber?
Bedienung/ Freundlichkeit
•
Wie wird man empfangen? Ist die Bedienung höflich oder eher aufdringlich? Wird man zu späterer Stunde eher unhöflich hinaus komplementiert? Wie professionell ist das Verhalten?
Ausstattung
•
Ist die Innenausstattung und -dekoration angemessen? Oder wirkt sie überladen bzw. zu „heruntergekommen"?
Qualität
•
Wie hat es geschmeckt? War es warm/kalt genug? War das Fleisch durch? usw.
112
Ambiente, Wärme, Licht, Qualm, Geräuschpegel
entstanden während einer Feldstudie im Rahmen des Studienschwerpunktes „Marketing" an der Westsächsischen Hochschule Zwickau im WS 2001/2002 ' 1 3 siehe dazu auch Stadt Zwickau, http://www.zwickau.de, 26.07.2002; zum Weiterlesen siehe Härdler, Jürgen; Kettner, Winny; Göhler, Wolfgang: Persönlichkeiten und Kostbarkeiten der Stadt Zwickau, Wilkau-Haßlau 2002; Härdler, Jürgen; Hertting-Thomasius, Rainer: Bauwerke in Zwickau, Zwickau 2000
167
Haben Sie... schon bei Nacht gesehen? Auffälligkeit
•
Wie leicht ist die Lokalität zu finden? Gibt es genügend Hinweisschilder oder ist es ein purer Insidertip?
Werbewirksamkeit
•
Sind Besucher durch Hinweise auf der Straße oder an Fassaden auf das Lokal aufmerksam geworden? War der Lokalbesuch eine spontane Entscheidung?
Tabelle 10-1 Betrachtete objektive und subjektive Faktoren
Bewertet wurden diese Faktoren anhand einer Skala von 1 bis 6, wobei 1 als sehr schlecht und 6 als sehr gut gilt. Objektive Bewertung
Flexibilität
Besucherzahl
Atmosphäre
Image
Freundlichkeit/Bedienung
Ausstattung
Qualität
Auffälligkeit
Werbewirksamkeit
Summe
3
6
5
6
4
3
30
3
3
4
4
3
2
5
24
6
6
2
3
5
4
6
32
6
5
6
5
6
4
2
34
Altinone
5
5
4
5
5
5
5
34
3
4
5
4
4
5
5
30
Alte Remise
6
5
3
6
6
3
5
34
6
6
4
6
5
4
3
34
Ars Vivendi
5
3
3
4
3
5
4
27
5
5
4
4
5
3
2
28
Brasserie Kloster's
4
4
1
4
5
4
2
24
4
5
2
3
4
3
3
24
Collage
3
5
6
4
4
3
5
30
3
4
4
4
3
2
3
23
3
1
4
6
26
2
2
2
4
2
5
4
21
Dolce Vita
4
6
2
Summe
WC
3
1470
Restaurant/Kneipe
Geschwindigkeit
Preisniveau
013
Angebot
Öffnungszeiten
Subjektive Bewertung
El Paseo
4
5
3
3
4
2
5
26
3
5
1
5
6
2
4
26
Gasthof Thurm I
5
5
5
6
4
3
6
34
6
5
6
5
5
3
2
32
Gasthof Thurm II
5
5
5
6
5
4
6
36
6
5
6
5
5
3
2
32
Grünhainer Kapelle
5
5
2
3
5
2
5
27
5
2
6
6
6
4
5
34
6
5
5
5
6
4
4
35
La Fontana
6
5
4
5
5
6
6
37
Le Cafe
5
6
6
4
6
5
5
37
3
4
5
4
6
4
3
29
Le Tre Perle
5
5
4
3
4
4
5
30
4
3
4
4
4
3
1
23
5
3
5
2
1
25
4
5
4
30
5
4
4
5
6
5
33
6
6
6
5
6
5
4
38
6
6
6
3
36
4
5
6
5
6
3
2
31
4
5
3
5
5
31
4
5
6
3
5
4
4
31
4
3
5
3
2
24
4
4
5
4
4
3
2
26
33
5
4
5
5
5
5
5
34
34
4
3
5
4
5
4
3
28
Pinocchio
5
3
5
4
Russische Stube
5
4
4
Sausalito
6
6
3
Sirtaki
5
4
Tivoli
4
3
Wenzel
5
5
4
4
5
6
4
Wikinger
5
5
5
2
5
6
6
Tabelle 10-2 Bewertung der einzelnen Kneipen und Restaurants (Auswahl)
In ein Portfolio übertragen stellt sich die Situation wie folgt dar:
Β - Strategie
168
Kneipen- und Restauranttest Zwickau
schlecht
• 013 ©Alte Remise θ Collage • Gasthof Thurm I • Le Cafe O Pinocchio • Sirtaki • Wikinger
Objektive
Bewertung
©1470 • Ars Vivendi ©Dolce Vita Ο Gasthof Thurm II ® La Fontana θ Russische Stube • Tivoli
Abbildung 10-1 Marktportfolio der Kneipen und Restaurants in Zwickau
gut
• Allinone • Brasserie Klosters • El Paseo OGrünhainer Kapelle ® Le Tre Perle OSausalito ©Wenzel
Duell der Lebensmittelhändler
11
169
Duell der Lebensmittelhändler „Konkurrenz belebt das Geschäft." (Deutsches Sprichwort114)
,Jn kaum einem anderen Land ist die Konzentration im Lebensmittelhandel so hoch wie in Österreich. Die beiden Branchenführer Billa, mit einem Marktanteil von 34 Prozent, und Spar, mit 31 %, beherrschen nahezu zwei Drittel des gesamten Marktes und liefern sich nun mit niedrigen Preisen, Filialzukäufen, Kartellbeschwerden und gerichtlichen Auseinandersetzungen einen erbitterten Kampf um Vorherrschaff. " m Erst im Frühjahr 2003 war durch Billas Initiative und dem darauf folgenden Einschreiten des Finanzministers Spars geplante Übernahme von sechs Verbrauchermärkten in Oberösterreich und Salzburg verhindert worden. Die folgenden gegenseitigen Anschuldigungen und Gerüchte um die Nachfolge innerhalb der Unternehmen schienen nur die Spitze des Eisberges in einem harten Verdrängungswettbewerb zu sein. Im Streben um Marktmacht werden Filialen von (in Konkurs gegangenen) Wettbewerbern aufgekauft, bestehende Filialen ausgebaut und erweitert und mit auf Konfrontation ausgerichteter Werbung um jeden Kunden gekämpft. Freilich muß man hinterher oft auch einsehen, daß sich nicht alle Filialen als „Renner" herausstellen. Die Konflikte zwischen den beiden Unternehmen begannen jedoch schon viel früher und gingen als „Gurkerlkrieg" in die Geschichte ein: damals hatte Spar mit einem „unverschämt" billigen Glas eingelegter Gurken Kunden anlocken wollen. Billa war allerdings noch „unverschämter" und bot ein ebensolches für 60 Groschen weniger an. Aufgabe 1 Stellen Sie sich vor, Sie sind aufgrund der brancheninternen Vorkommnisse beauftragt worden, eine Analyse des österreichischen Lebensmittelhandels vorzunehmen. Welche Faktoren sollten im Rahmen einer solchen Branchenanalyse berücksichtigt werden? Aufgabe 2 Greifen Sie 5-7 Faktoren aus Ihrer Branchenanalyse heraus, stellen Sie deren Zusammenhänge in einem Netzwerk116 dar! Beschreiben Sie die Wirkungsbeziehungen! Aufgabe 3 Erstellen Sie ausgehend von Ihrem Netzwerk eine Wirkungsmatrix117!
114
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002 115 o.V.: Im Clinch, in: Profil, 04.03.2002,60f 116 siehe Kasten Seite 37
170
Β-
Strategie
Lösung Aufgabe 1
Abbildung 11-1 Branchenanalyse1
117
siehe Kasten Seite 121 Strunz, Herbert; Dorsch; Monique: Internationalisierung der mittelständischen Wirtschaft - Instrumente zur Erfolgssicherung, Frankfurt/M. 2001, 73 118
Duell der Lebensmittelhändler
171
Aufgabe 2
Abbildung 11-2 Wirkungszusammenhänge
Wirkung von ... auf... Wettbewerbsklima Verhatten der etablierten Wettbewerber
Verhalten der etablierten Wettbewerber Wettbewerbsklima
MarketingmaBnahmen
je rücksichtsloser und aggressiver das Verhalten der Wettbewerber, um rauher das Wettbewerbsklima
•
um sich am Markt halten zu können, sind Anpassungen an die Produktpalette der Wettbewerber notwendig
•
um sich am Markt halten zu können, muß man sich an der Preispolitik der Wettbewerber orientieren
•
je rauher das Wettbewerbsklima, umso aggressiver werden sich die etablierten Anbieter zu behaupten versuchen
•
je intensiver die Marketingmaßnahmen, umso starker wird der Wettbewerb „angeheizt"
•
je intensiver die Marketingmaßnahmen, umso starker wird sich dies auf die Preisbildung niederschlagen (entweder „Kampfpreise", um Konkurrenz zu unterbieten oder Preissteigerungen, um Maßnahmen refinanzieren zu können)
Produktpalette Preisbildung
Wettbewerbsklima
Erläuterung der Zusammenhänge •
Preisbildung
Β - Strategie
172
Produktpalette
Preisbildung
•
Anforderungen an Distribution und Service
•
Preisbildung
Wettbewerbsklima
Gesellschaftliche Trends
Produktpalette
Anforderungen an Distribution und Service Vertragsbedingungen (mit Lieferanten)
• •
• Preisbildung • Preisbildung
Tabelle 11-1 Beschreibung der
je breiter/tiefer die Palette, umso mehr Möglichkeiten zur Quersubventionierung gibt es je betreuungsintensiver die Produkte, umso mehr sind Distribution/Service gefordert je aggressiver die Preispolitik, um rauher das Wettbewerbsklima je starker sich die gesellschaftlichen Trends andern, umso starker wird sich dies auf die angebotene Produktpalette auswirken je höher die Anforderungen und damit verbunden die Betreuungsintensität, umso höher wahrscheinlich die Preise je größer die Marktmacht der Lieferanten, umso starker wird sich das auf die Preisbildung der Abnehmer (Einzelhandelsunternehmen) auswirken
Wirkungsbeziehungen
Tabelle 11-2 Bewertung der Einflüsse
Anforderungen an Distribution und Service
Vertragsbedingungen (mit Lieferanten)
von Verhalten der etablierten WettX 3 0 2 2 bewerber Wettbewerbskli3 X 0 0 0 ma Marketingmaß0 2 X 1 0 nahmen Produktpalette 0 0 0 X 3 Preisbildung 0 3 0 0 X Gesellschaftliche 0 0 0 2 0 Trends Anforderungen an Distribution und 0 0 0 0 2 Service Vertragsbedingungen (mit Liefe0 0 0 0 2 ranten) Spaltensumme 3 8 0 4 10 0 = keine oder geringe Wirkung bis 3 = sehr starke Wirkung
Gesellschaftliche Trends
Preisbildung
Produktpalette
Marketingmaßnahmen
auf
Wettbewerbsklima
Wirkung
Verhalten der etablierten Wettbewerber
Aufgabe 3
0
0
0
7
0
0
0
3
0
0
0
3
0 0
2 0
0 0
5 3
X
0
0
2
0
X
0
2
0
0
X
2
0
2
0
χ
φ Ε ε If)
« ΜΟΗ » 3
Die Werbeagentur
12
173
Die Werbeagentur Das Schild ist's, das die Kunden lockt. (Jean de La Fontaine, Fabeln119)
Frank Brinkmeier wird in wenigen Wochen sein Studium der Betriebswirtschaftslehre (Spezialisierung Marketing und Rechnungswesen/Finanzierung) beenden und plant, sich danach mit einer Werbeagentur selbständig zu machen. Während des Studiums arbeitete er bereits zwei Jahre lang halbtags in einer kleinen Werbeagentur. In dieser Zeit bekam er einen umfassenden Einblick in diese Art der Tätigkeit, lernte auf Kunden zuzugehen, mit ihnen zu verhandeln und setzte verschiedene kreative Ideen in die Praxis um. Da sich einige seiner Kommilitonen bereits erfolgreich selbständig gemacht haben, könnte er in der üblicherweise schwierigen Anfangszeit mit einigen Aufträgen rechnen. Aus dem Studium und der Arbeit in der Werbeagentur weiß Frank, daß viel Arbeit auf ihn wartet und seine persönliche Leistung ausschlaggebend für den Erfolg der Agentur sein wird. Mitarbeiter sollen vorerst noch nicht eingestellt werden. Frank hofft, daß seine Frau Ines, die derzeit den zehn Wochen alten gemeinsamen Sohn betreut, in Stoßzeiten einspringt und ihn beispielsweise bei Schreibarbeiten oder Abrechnungen unterstützt. Frank will keinen Kredit aufnehmen, sondern das Geschäft vom Arbeitszimmer zu Hause aus ins Laufen bringen. Über notwendige Computerausstattung, Internetanschluß, Telefon, Fax usw. verfügt er. Bevor er seinen Plan zur Existenzgründung verwirklicht, überlegt Frank, welche internen Faktoren bzw. Bereiche der Werbeagentur von besonderer Bedeutung sind und welche Zusammenhänge zwischen ihnen bestehen. Aufgabe 1 Welche Faktoren spielen im Rahmen der Existenzgründung eines besondere Rolle? In welchem Wirkungszusammenhang stehen diese Faktoren? Erstellen Sie dazu ein Netzwerk120! Aufgabe 2 Nachdem die Wirkungszusammenhänge erfaßt sind, interessiert es Frank, wie stark die einzelnen Faktoren aufeinander wirken. Erstellen Sie nun ausgehend von den im Netzwerk untersuchten Faktoren eine Wirkungsmatrix121!
' 1 9 vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 688 120 siehe Kasten Seite 37 121 siehe Kasten Seite 121
174
Β - Strategie
Aufgabe 3 Erstellen Sie ausgehend von der Wirkungsmatrix ein Intensitätsportfolio122 und interpretieren Sie das Ergebnis! Aufgabe 4 Wie könnte sich Franks Geschäftsumfeld in Zukunft entwickeln123? Aufgabe 5 Analysieren Sie die Umweltfaktoren der Werbeagentur und identifizieren Sie diejenigen Faktoren, die Frank direkt bzw. nur in geringem Maße oder gar nicht beeinflussen kann! Ermitteln Sie außerdem Frühwarnindikatoren, aus denen auf mögliche Trends der Branche geschlossen werden kann! Aufgabe 6 In einem weiteren Schritt möchte Frank die Auswirkungen der Umwelt auf die strategischen Aktionsfelder seiner Agentur untersuchen, um daraus Anhaltspunkte zur Planung zukünftiger Maßnahmen und Strategien zu gewinnen.124
122 123 124
siehe Kasten Seite 160 siehe Kasten Seite 56 siehe Kasten Seite 128
Die Werbeagentur
175
Lösung Aufgabe 1
Marketing
Angebot
1
Absatz/Umsatz
Kunden
-»-
langfristig
-*•
mittelfristig
->
kurzfristig
Abbildung 12-1
je größer A, umso größer Β bzw. je kleiner A, umso kleiner Β je größer A, umso kleiner Β bzw. -*· Β je kleiner A, umso größer Β
Wirkungszusammenhänge
Wirkung von... auf... Marketing
eigene Arbeit
+
Angebot
Kunden
Erläuterung der Zusammenhänge je mehr Arbeitsleistung in das Marketing investiert wird, umso effektiver sind wahrscheinlich die Maßnahmen je mehr Arbeitsleistung in die marktbezogene Gestaltung des Angebots investiert wird, umso besser wird das Angebot wahrscheinlich vom Markt angenommen je bessere Akquisitionsarbeit geleistet wird, umso mehr Kunden können gewonnen werden
Fristigkeiten langfristig
langfristig
langfristig
Β - Strategie
176
je umfangreicher das Angebot, umso mehr werden die Finanzen beansprucht je besser das Angebot den Kundenbedürfnissen entspricht, umso mehr wird wahrscheinlich ab/umgesetzt
mittelfristig
je besser das Angebot den Kundenbedürfnissen entspricht, um so mehr Kunden werden sich dadurch angesprochen fühlen
mittelfristig
Kunden
je besser/attraktiver das Angebot, umso mehr muß sich die Konkurrenz um das eigene Angebot bemühen
mittelfristig
Konkurrenz
je mehr Marketingaktivitäten durchgeführt werden, umso mehr werden die Finanzen beansprucht
mittelfristig
Finanzen Absatz/Umsatz
je effektiver die Marketingaktivitäten, umso größer der Absatz/Umsatz
langfristig
eigene Arbeit
je besser die finanzielle Lage, umso beskurzfristig ser kann die eigene Arbeit entlohnt werden (-» Motivation) je besser die finanzielle Lage, umso mehr Marketingaktivitäten können durchgeführt werden
kurzfristig
Marketing Angebot
je besser die finanzielle Lage, umso ausgefeilter kann das Angebot sein
mittelfristig
Finanzen
je mehr Leistungen ab/umgesetzt werden, umso besser die finanzielle Lage
kurzfristig
eigene Arbeit
je mehr Leistungen ab/umgesetzt werden, umso besser die eigene Motivation
kurzfristig mittelfristig
eigene Arbeit
je mehr Kunden, umso mehr muß gearbeitet werden; je anspruchsvoller die Kunden, umso anspruchsvoller müssen die für sie ausgearbeiteten Lösungen sein
Marketing
je anspruchsvoller die Kunden, umso anspruchsvoller müssen die Marketingmaßnahmen sein
kurz- bis mittelfristig
Finanzen
je mehr (zahlende) Kunden, umso besser die finanzielle Lage
kurzfristig
Absatz/Umsatz
je mehr (zahlende) Kunden, umso höher der Absatz/Umsatz
kurzfristig
je anspruchsvoller die Kunden, umso anspruchsvoller müssen die für sie ausgearbeiteten Lösungen sein
langfristig
Konkurrenz eigene Arbeit
je mehr Konkurrenten im Markt tätig sind, umso effektiver muß gearbeitet werden
mittelfristig
Marketing
je effektiver die Werbemaßnahmen der langfristig Konkurrenz, umso ausgefeilter müssen die eigenen Maßnahmen sein
Absatz/Umsatz
je mehr potentielle Kunden zur Konkurrenz mittelfristig gehen, umso weniger wird im eigenen Unternehmen ab/umgesetzt
Kunden
je mehr Aktivitäten der Konkurrenz bzw. je langfristig besser das Angebot der Konkurrenz, umso mehr Kunden könnten sich dadurch angesprochen fühlen
Finanzen Absatz/Umsatz Angebot
Marketing
Finanzen
Absatz/Umsatz
Kunden
Konkurrenz
Tabelle 12-1 Beschreibung der Wirkungsbeziehungen
mittelfristig
Die Werbeagentur
177
Aufgabe 2 auf
i 3 c *
Zeilensumme
ü
c α> ΐ
ac
a
2
ü-
gleiches Preisniveau oder nicht wesentlich teurer als in anderen Läden
Langstrecken/reiner Fernverkehr? •
weniger geeignet, da Fernreisende meist bereits genügend Gepäck dabei haben - holen sich eher einen Imbiß
Kurzstrecken
Einsatzhäufigkeit
Zeitpunkt des Einsatzes
•
Fahrgäste müssen genügend Zeit zum Einkauf haben, ansonsten werden sie Angebot wahrscheinlich nicht wahrnehmen
•
besser: stark frequentierte Strecken bis ca. 150 km mit hohem Anteil an Berufspendlern; kennen Angebot, wissen was sie dort bekommen
•
sie müssen zum Dauerkunden werden
einmal täglich? mehrmals täglich? wie oft? nur an bestimmten Tagen? an welchen? daraus resultierende Stillstandszeiten? •
weil sich Angebot an Berufspendler richten soll, ist Einsatz von Montag bis Freitag günstig
•
Waggons verkehren derzeit sieben Mal täglich
morgens? mittags? nachmittags? abends? •
Railshop muß zu festgelegten (aus dem Fahrplan ersichtlichen) Zeiten immer auf denselben Strecken verkehren, damit sich Kunden darauf verlassen können
•
günstig früh, wenn viele Pendler auf dem Weg zur Arbeit sind (Frühstück z.B. im Zug, Pausenverpflegung und Zeitung mitnehmen)
•
günstig auch nach der Arbeit, wenn Fahrgäste auf dem Heimweg sind (Kaffee oder Bier zum Abschalten, Lebensmitteleinkäufe für zu Hause)
Position des Zugende/Zuganfang? Waggons im Zug • wenn Waggon häufig umgehängt werden muß, kommt nur der Zuganfang bzw. das Zugende in Frage •
das heißt aber, daß die Kunden durch den gesamten Zug laufen müssen, was bei gut besetzten Zügen mit vollen Einkaufstaschen problematisch sein kann (ist nicht nur für die Einkäufer, sondern auch für die übrigen Fahrgäste lästig)
•
Position sollte in diesem Fall stets dieselbe sein, daß Stammkunden sich be-
Tante Emma goes InterCity
261
reits am Bahnsteig entsprechend positionieren können und nicht durch den Zug laufen müssen Mitte des Zuges? • Werbung
Mitte kann ungünstig sein, wenn Waggons häufig umgehängt werden müssen
wo? wann? wie oft? wie? •
Fahrgäste werden nach jedem Halt direkt im Zug auf den Service aufmerksam gemacht; allerdings könnten sich regelmäßig mit diesen Zügen fahrende Pendler mit der Zeit dadurch auch belästigt fühlen
•
mögliche Lösung: in vorwiegend von Pendlern genutzten Zügen (früh + abends) auf Ansagen verzichten; auf Bahnhöfen an Abfahrtstafeln anzeigen oder bei Durchsagen auf Bahnsteig erwähnen
•
daneben würden sich auch die sonst üblichen Formen der Werbung (Zeitung, Plakate, Radio, Fernsehen) anbieten
Tabelle 10-1 Vor- und Nachteile der einzelnen Gestaltungsoptionen
Aufgabe 3
Abbildung 10-3 Wirkungszusammenhänge
268
C - Marketing Erläuterung der Zusammenhänge
Wirkung v o n . . . auf...
wffiSfoa^mttmim
Angebot - Preise
je preissensibler die potentiellen Kunden, umso günstiger sollte das Angebot sein
Angebot - Umfang/ Zusammensetzung
je anspruchsvoller die Zielgruppe, umso umfangreicher/differenzierter sollte das Sortiment sein
Werbung
die Gestaltung der Werbung sollte in Abhängigkeit von der Zielgruppe erfolgen
Streckenwahl
die Auswahl der Strecke sollte in Abhängigkeit von der Zielgruppe erfolgen
Einsatzzeitpunkt
die Einsatzzeitpunkte sollten in Abhängigkeit von der Zielgruppe bestimmt werden
Einsatzhäufigkeit
die Einsatzhäufigkeit sollte in Abhängigkeit von der Zielgruppe bestimmt werden
Zielgruppe
_
Preis: je höher der Preis, umso weniger kaufwillige Kunden Angebotspalette
Streckenwahl
Zielgruppe
Umfang/Zusammensetzung: je attraktiver das Sortiment, umso mehr Kunden nutzen wahrscheinlich den Railshop
Zielgruppe
je mehr Fahrgäste auf der ausgewählten Strecke unterwegs sind, umso mehr haben die Chance, das Angebot zu nutzen
Einsatzzeitpunkt
je größer die Zugdichte innerhalb einer gewissen Zeitspanne auf der Strecke, umso öfter kann der Railshop in dieser Zeit zum Einsatz kommen
•
ίΓ ν
'··'
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, ί ί - ΐ ί , 5 Einsatzhäufigkeit
. ·"'•'
je häufiger der Railshop zum Einsatz kommt, umso mehr Fahrgäste haben die Chance, das Angebot zu nutzen
Zielgruppe ' i· · : ·': u i «· ·
Einsatzzeitpunkt
Einsatzhäufigkeit und Einsatzzeitpunkt bedingen sich gegenseitig; wird der Railshop nur ein- oder zweimal täglich eingesetzt, sollte das bei stark frequentierten Zügen geschehen; wird der Railshop mehrmals täglich eingesetzt, könnte er auch zusätzlich bei weniger stark frequentierten Zügen angehängt werden
Zielgruppe
je günstiger der Einsatzzeitpunkt für den Großteil der Fahrgäste liegt, umso mehr Fahrgäste haben die Chance, das Angebot zu nutzen
Einsatzhäufigkeit
Einsatzhäufigkeit und Einsatzzeitpunkt bedingen sich gegenseitig; wird der Railshop nur ein- oder zweimal täglich eingesetzt, sollte das bei stark frequentierten Zügen geschehen; wird der Railshop mehrmals täglich eingesetzt, könnte er auch zusätzlich bei weniger stark frequentierten Zügen angehängt werden
Zielgruppe
je günstiger die Position für den Großteil der Fahrgäste, umso mehr Kunden werden wahrscheinlich zum Railshop kommen
Einsatzhäufigkeit
l' . -. ' .ν'"-!'·..". i '. Einsatzzeitpunkt
Waggonposition
Werbung
je größer die Zugdichte auf der Strecke, umso öfter kann der Railshop zum Einsatz kommen
Zielgruppe
Tabelle 10-2 Beschreibung
der
je mehr geworben wird, umso mehr potentielle Kunden werden auf den Railshop aufmerksam gemacht aber: je intensiver geworben wird, umso mehr könnten sich die Fahrgäste auch belästigt fühlen Wirkungsbeziehungen
Tante Emma goes InterCity
269
Fazit: Im Prinzip dreht sich alles um die Zielgruppe, nach der das Angebot im Railshop sowie die Aspekte seines Einsatzes ausgerichtet werden sollten.
Aufgabe 4 Probleme: •
Streckenwahl angesichts der Größe des Streckennetzes
•
Art der Zuggarnitur (z.B. nicht möglich bei ICE); „klassische" Waggonzüge wie InterRegio gibt es in Deutschland auf vielen Hauptstrecken nicht mehr
•
„klassische" Waggonzüge beginnen bzw. enden i.d.R. mit Triebfahrzeug bzw. Steuerwagen; ein Anhängen des Railshops ist dann nicht möglich
•
wird Railshop in der Mitte des Zuges eingehängt, entsteht großer Rangieraufwand
Streckenwahl: •
von Berufspendlern stark frequentierte Strecken mit entsprechender Zugdichte
•
Unterwegshalte müssen gewisse zeitliche Distanz aufweisen, sodaß sich Gang in den Railshop lohnt
•
Warenlager in der Nähe eines Endpunktes
C — Marketing
270
11
The United Colors „Für sie ist die Welt mal gut, mal schlecht - aber immer kunterbunt."235
Die Benetton-Gruppe, ein international agierendes Unternehmen, ist derzeit in 120 Ländern tätig. Im Bekleidungssektor ist das Unternehmen durch die Marken United Colors of Benetton und Sisley bekannt, im Sportartikelbereich durch die Marken Playlife, Nordica, Prince, Rollerblade und Killer Loop. Das Ladennetz der Gruppe zählt mittlerweile über 8.000 Benetton-Shops weltweit.236 Benetton, das ist auch ein Familienunternehmen, das auf den Schultern der vier Geschwister Luciano, Giuliana, Gilberto und Carlo ruht. Giuliana soll es gewesen sein, die als erste mit der „Produktion" von Pullovern begann. Schon als Kind soll sie gerne gestrickt haben - eine Leidenschaft, die ihr Leben wurde. Alles begann mit einer Strickmaschine. Zunächst arbeitete Giuliana daran nur nach Feierabend, wenn sie von ihrer regulären Arbeit in einer Fabrik nach Hause kam. Nach wenigen Wochen hatte sie ihre erste Kollektion „Tres Jolie" - 20 Pullover, die sich schon damals aufgrund ihrer bunten Farbkombinationen von denen anderer Anbieter abhoben - fertiggestellt. Einige Monate später war es Luciano bereits gelungen, rund 20 Pullover pro Woche zu verkaufen. Giuliana gab ihren Job auf und widmete sich ganz der Pulloverproduktion. Ein Jahr später wurde die zweite Strickmaschine angeschafft, die ersten Mitarbeiter eingestellt. Wenig später folgte die dritte Maschine. Das Haus der Familie nahm nun schon die Züge eines kleinen Produktionsunternehmens an. Luciano konnte schließlich einen ansässigen Einzelhändler überzeugen, die selbstgestrickten Pullover in sein Sortiment aufzunehmen. Da sich die Pullover gut verkauften, wurden weitere nachbestellt. Diesmal 600 Stück. Bei den Benettons löste dies Schock und Freude zugleich aus. Trotz der für damalige Verhältnisse großen Menge gelang es ihnen, rechtzeitig zu liefern.237 Nach diesem Erfolg und einer fact-finding mission in Rom stand für die Geschwister fest, daß sie den Markt der italienischen Hauptstadt erobern wollten. Nach Gesprächen mit einem erfahrenen Handelsvertreter sowie durch Kontakte zu einer traditionsreichen Kaufmannsfamilie in Rom reifte der Entschluß, „über eine Ladenkette eine breite Produktpalette in verschiedenen Stilrichtungen und Farben zu erschwinglichen Preisen" anzubieten. ,JDiese Kette sollte nicht auf den heimischen Markt beschränkt bleiben, sondern konnte über die Grenzen Italiens, ja sogar über die Grenzen Europas bis nach Amerika und noch weiter ausgebaut werden,"238 235
Borchert, Hans; Schmid, Dorothea: Eine phantastische Masche, in: Focus, 18.01.1999, 78 vgl. Benetton Group, http://www.benetton.com, 30.01.2001 237 vgl. Mantle, Jonathan: Benetton - Vom Familienbetrieb zum Weltimperium, München 2000, 44ff 238 ebd., 53 236
The United Colors
271
Stammsitz des Familienimperiums wurde die Villa Minelli, gelegen in Ponzano (Veneto), dem Heimatort der Eltern. Die Funktionen im Unternehmen sind klar verteilt. Luciano, der Älteste, nimmt die Chef-Rolle wahr. Giuliana ist, zusammen mit ihren beiden Töchtern, verantwortlich für den Kreativbereich. Gilberte wacht über die Finanzen. Carlo zeichnet für den Produktionsbereich verantwortlich. Außerdem gilt Carlos Aufmerksamkeit der Landwirtschaft: produziert wird alles, was auf Weide und Acker gedeiht. Mit 270.000 Merinoschafen ist Benetton der weltgrößte einzelne Wollproduzent, deckt damit aber den eigenen Bedarf nur zu zehn Prozent. Dazu kommen rund 20.000 Rinder, darunter Edelrassen wie Hereford, Limousine und Charolais, sowie 1.000 Pferde und 7.000 Schweine. Angebaut werden Mais, Soja, Weizen, Zuckerrüben, Gerste, gepreßt wird Olivenöl, und natürlich darf auch ein Hauswein nicht fehlen."239 Mittlerweile werden nur noch rund 40 % des Umsatzes mit dem Stammgeschäft erwirtschaftet. Seit mehr als 20 Jahren setzt Benetton auf Diversifikation: Formel 1, Hotellerie und Gastronomie, Sportartikel, Finanzsektor, die oben erwähnte Landwirtschaft - keine Branche scheint ungeeignet. Pro Saison werden von Giuliana und ihrem 250 Köpfe starken Team bis zu 3.000 Kreationen - Pullover, T-Shirts, Jeans, Jacketts, Unterwäsche - entworfen. Realisiert wird dies alles per Computer. Ist ein Entwurf fertiggestellt, kann dieser per Knopfdruck an die Produktion übermittelt werden.240 90 % aller Benetton-VxoAvkXe werden in Europa gefertigt. Ein Großteil der Produktionsanlagen befindet sich in Castrette (Treviso, Italien). Dort werden auf einer Fläche von rund 190.000 m2 täglich mehr als 200.000 Kleidungsstücke bzw. 120 Mio. Kleidungsstücke jährlich produziert. Die aus drei Produktionsstätten und einem Distributionssystem bestehenden Anlagen in Castrette werden von Benetton als modernster Produktionskomplex der Welt bezeichnet. Ferner befinden sich Produktionseinheiten in Frankreich, Spanien, Ungarn und Tunesien. Durch die starke Automatisierung der Produktion können die Kosten gering und die Qualität auf einem gleichmäßig hohen Standard gehalten werden. Benettons besonderes System zur Färbung der Kleidungsstücke, wobei nicht die Garne, sondern die fertigen Stücke gefärbt werden, ermöglicht schnelle Reaktionen auf Geschmacksänderungen der Konsumenten und neue Trends.241 Einen großen Teil der Produktion übernehmen Vertragsfirmen. Benetton kommt in diesem Netz von Vertragsproduzenten eine entscheidende Position zu, so daß das Unternehmen Regeln, z.B. in Hinblick auf Rohmaterialmengen, technisches Know-how, einzuhaltende Fristen usw. diktieren kann. Den Kreislauf von Bestellung, Produktion, Lagerung und Distribution wird vom automatischen Distributionszentrum in Castrette, von der Familie als „Big
239 240 241
Borchert, Hans; Schmid, Dorothea: Eine phantastische Masche, in: Focus, 18.01.1999, 82 vgl. ebd., 81 vgl. Benetton Group, http://www.benetton.com, 30.01.2001
272
C - Marketing
Charly" bezeichnet, geschlossen. Auf einer Fläche von 20.000 m2 werden dort 30.000 ein- und ausgehende Pakete pro Tag abgewickelt. Die gesamte Aufnahmekapazität liegt bei 300.000 Paketen. Nach Eingang der Bestellungen aus den Geschäften im Distributionszentrum werden die bestellten Artikel dort automatisch verpackt, Rechnungen erstellt und die Waren schließlich versandt. Benetton garantiert, daß die Ladenbesitzern die Lieferung spätestens sieben Tage nach Eingang der Bestellung erhalten - weltweit. Zur Überwachung der reibungslosen Abläufe im Logistiksystem stehen rund um die Uhr insgesamt 19 Spezialii · 242 sten bereit. Nicht unumstritten sind Benettons Werbekampagnen, die vor allem durch Oliviero Toscanis provokante Fotos für Aufsehen sorgen: „Dann küssen Nonnen Priester243 und stillen schwarze Mamis weiße Babys. Aidskranke tragen HIVStempel und sehen aus wie Jesus244. Kinder zappeln, gerade geboren, an der Nabelschnur245. Palästinenser rasieren Israelis, Behinderte spielen unbekümmert Modelrollen. Und um das ganze Spielplatzparadies zieht sich ein gepflegter Stacheldraht. "246 Doch was hat all das mit bunten Pullovern zu tun? Die Meinungen zu Benettons Werbung und deren Absichten gehen weit auseinander. Während einzelne Bilder in verschiedenen Ländern und von den unterschiedlichsten Organisationen oder Medien scharf verurteilt werden, verleiht man ihnen in anderen Ländern Auszeichnungen. Während sich die einen fragen, ob man sich in der Werbung alles erlauben darf, nur um auf sich aufmerksam zu machen, meint Toscani: „Werbung ist die vielseitigste und wirkungsvollste Kommunikationsform der Welt. Wir brauchen Bilder, die die Leute zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung anregen ,.."247
242
vgl. Benetton Group, http://www.benetton.com, 30.01.2001 Während dieses in Italien von der Werbeaufsichtsbehörde verboten wurde und in Frankreich Grund dafür war, daß aufgebrachte Randalierer einen Benetton-Laden verwüsteten, war es in anderen Ländern sehr erfolgreich. In Großbritannien wurde es sogar mit dem Eurobest Award ausgezeichnet (vgl. Mantle, Jonathan: Benetton - Vom Familienbetrieb zum Weltimperium, München 2000, 217). 44 Die heftigsten Aufwirkungen waren nach Erscheinen des Fotos von einem sterbenden AIDS-Kranken zu verzeichnen. Demonstrationen vor und der anschließende Überfall auf ein Benetton-Geschäft, organisiert von einer AIDS-Aktionsgruppe, zeugten von der drohenden Gefahr, daß Benettons Bilder-Kampagne erstmals wirklich das Image und den Umsatz des Unternehmens schädigten könnte (vgl. ebd. 223f). 245 Dieses bis heute umstrittene Foto wurde in Amerika von der Zensurbehörde verboten. In Japan lehnten verschiedene Zeitschriften ab, das Foto zu drucken. In Italien forderten die Behörden, das Plakat von den Plakatwänden zu entfernen. Ähnliche Proteste regten sich in Großbritannien, Frankreich und Irland (vgl. ebd. 219). 246 Borchert, Hans; Schmid, Dorothea: Eine phantastische Masche, in: Focus, 18.01.1999, 79 247 Mantle, Jonathan: Benetton - Vom Familienbetrieb zum Weltimperium, München 2000,246 243
The United Colors
273
United Colors
Benetton-Artikel werden derzeit ausschließlich über die weltweite Ladenkette vertrieben. Die strategisch wichtigsten Länden gehören Benetton zu 100 %. Alle weiteren Geschäfte werden von selbständigen Unternehmern geführt, die häufig mehrere Geschäfte besitzen. Um die Vernachlässigung von Geschäften zu vermeiden, ist die Zahl der Geschäfte, die eine Person besitzen darf, limitiert. In der Regel handelt es sich bei den Ladenbesitzern nicht um Verkaufsexperten, sondern sie werden nach persönlicher Eignung und Engagement ausgewählt. Die Betreuung der Geschäfte obliegt Gebietsmanagern und selbständigen Agent s 248 ten. Die Ladenbesitzer sind in ihrer Entscheidungs- und Handlungsfreiheit stark eingeschränkt. • Um einen hohen Wiedererkennungsgrad und Uniformität zu erreichen, gleichen sich alle Geschäfte in Ladenlayout und Ausstattung. Die Ladenbesitzer können lediglich aus 12 Standardausstattungen wählen.
248
vgl. - auch im folgenden - Strunz, Herbert; Dorsch, Monique: Führung und Organisation im Marketing, Berlin 2001, 74ff
274
C - Marketing
•
In den Geschäften dürfen ausschließlich Benetton-Artikel verkauft werden. Die Waren wird auf offenen Regalen präsentiert, so daß sie der Kunde anfassen und probieren kann.
•
Die Preise aller Artikel werden vorab im Unternehmen festgelegt bzw. als „unverbindliche Preisempfehlung" auf dem Etikett vermerkt. Preissenkungen bedürfen der Zustimmung des betreuenden Agenten. Preiswettbewerb unter den Geschäften eines Verkaufsgebietes findet nicht statt.
•
Grundlegende Verkaufs- und Werbemaßnahmen werden vom Unternehmen diktiert. Die Schaufensterdekoration wechselt wöchentlich.
Das Verkaufspersonal wird „passend" zum Geschäft bzw. zum Benetton-Image ausgewählt. Vor dem Einsatz im Geschäft durchlaufen alle zukünftigen Verkäufer ein Verkaufstraining, das meist in den Läden der betreuenden Agenten durchgeführt wird. Ziel sind engagiertes und kompetentes Verkaufspersonal und ein guter Service. Die Geschäfte verfugen in der Regel nur über wenig Stauraum, so daß die bestellte Ware nach einer Kontrolle meist direkt in die Ladenregale einsortiert werden. Die Gebietsmanager sind fest im Unternehmen angestellt. Sie bilden die interne Verkaufsorganisation. Sie sind verantwortlich für die Koordination der gesamten Verkaufsorganisation, kontrollieren regelmäßig die Benetton-Shops und geben Agenten und Ladenbesitzern Unterstützung. Ferner obliegt ihnen die Einsammlung des in den Geschäften eingenommenen Geldes. Die externe Verkaufsorganisation wird von den Agenten, einer Art Bindeglied zwischen dem Unternehmen und den Benetton-Shops, gebildet. Ihnen obliegt der Auf- und Ausbau des Verkaufsnetzes in dem ihnen exklusiv zugeteilten Verkaufsgebiet. Im Rahmen dessen sind sie verantwortlich für die Auswahl neuer Standorte und die Suche nach potentiellen Investoren, die regelmäßige Kontrolle der Läden und die Unterstützung der Ladenbesitzer. Zweimal jährlich werden den Agenten in der Benetton-Zentrale die neuen Kollektionen vorgestellt. Aus einer etwa 600 Artikel umfassenden Kollektion wählen die Agenten etwa 30 bis 40 % aus, die sie den von ihnen betreuten Ladenbesitzern vorstellen. Gemeinsam mit diesen werden anschließend die für den jeweiligen Standort am besten geeigneten Produkte ausgewählt und in der Benetton-Zentrale bestellt. Die Bestellungen werden an das Zentrallager weitergeleitet und von dort aus direkt an die Ladenbesitzer versandt. Bezahlt wird die Ware direkt bei Benetton, die Agenten erhalten auf den Wert der bestellten Waren eine 4%ige Kommission. Daneben werden die Agenten von Benetton ermutigt, selbst Läden zu eröffnen. Dadurch erhöht sich einerseits ihre Bindung ans Unternehmen, anderseits erlangen sie Erfahrungen und Kenntnisse aus erster Hand, die sie wiederum an die von ihnen betreuten Geschäfte weitergeben können.
The United Colors
275
Anders als die Gebietsmanager sind die Agenten nicht bei Benetton angestellt, sondern selbständig tätig. Dies bringt für das Unternehmen den Vorteil, daß sie motivierter und effektiver arbeiten. Die Auswahl der Agenten erfolgt vorrangig nach persönlichen Eigenschaften, wie Motivation und Engagement, weniger nach bisherigen Verkaufserfahrungen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben gründete ein Großteil der Agenten eine eigene Organisation, in der mehrere junge Assistenten tätig sind. Diese helfen bei der Kontrolle der Geschäfte und sind als „Trendscouts" an verschiedenen Jugendtreffpunkten unterwegs. Zur Unterstützung des Unternehmenswachstums richtet man seit geraumer Zeit auch (weitgehend in Eigenregie geführte) Megastores ein. Diese sollen sowohl hinsichtlich der Produktpalette als auch der begleitenden Dienstleistungen hohe Qualität bieten. Als Megastores werden großräumige Geschäfte, mit Einkaufsflächen um 3.000 m2, gelegen an strategisch günstigen Standorten, bezeichnet. Man rechnet dabei mit Umsätzen von ca. 2 Mrd. EUR pro Geschäft. Bis Ende 2002 sollen 100 dieser Megastores in Europa eröffnet werden, wovon 40 in Eigenregie geführt werden sollen. Dafür sind Investitionssummen von bis zu 350 Mio. EUR veranschlagt.249 Bislang gibt es bereits Megastores in Rom, Madrid, Bukarest, Budapest, Moskau, Säo Paolo, Riyadh, Jeddah und Tokio. In Deutschland finden die Kunden derartige Megastores in Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig und Stuttgart.250 Seine Expansionsbestrebungen setzt das Unternehmen nicht nur durch Neuerrichtungen, sondern auch durch die Übernahme von Läden anderer Ketten, wie Peek & Cloppenburg und Coin Group, um. Darüber hinaus wurde das Unternehmen im E-Business aktiv. Eigens dafür gründete man (gemeinsam mit Accenture) die Firma United Web. Auf der Website http://www.theex.it können Interessierte in einem virtuellen BenettonKaufhaus Artikel der Marken United Colors of Benetton, Sisley und Playlife einkaufen, Gratiszustellung Inbegriffen. Neben dem klassischen Warenangebot liefert die Website Informationen zu Lifestyle, Musik, Kino usw.251 Aufgabe 1 Wie würden Sie Benettons Strategie beschreiben? Was ist charakteristisch für diese Strategie und wovon hängt der Erfolg ab?
249
vgl. o.V.: 100 Megastores Opening By 2002, in: Agi Daily News Service (29.03.2000), http://www.benetton.com, 30.01.2001 250 vgl. Benetton Group, http://www.benetton.com, 30.01.2001 251 vgl. o.V.: theex.it Is Here Net Shopping Benetton-Style, http://www.benetton.com, 30.01.2001
C-
276
Marketing
Aufgabe 2 Erläutern Sie die Bes dies mit sich brin *
in Benettons Organisation! Welche Problei
Stellenwert nimmt die Managementfunktion „Überwachung" bei Benetton
Aufgabe 5 H B H p ^K^w&teuvp·
Analysieri tionskanäi
§
JB
und Schwächen der von Benetton verwendeten Distribu-
Aufgabe 6 kann es Ktedefl
Geschäftsleitung ausschließ-
The United Colors
277
Lösung Aufgabe 1 Ziel: als multinationales Unternehmen mit einheitlichem Image zu agieren. Ausrichtung der Marketing-Instrumente auf Standardisierung bzw. Internationalisierung. Benetton vertreibt Produkte mittlerer bis hoher Qualität über weltweite Ladenkette. Der Erfolg basiert auf einheitlicher Strategie, Automatisierung von Produktion und Distribution. Aufgabe 2 Wesentliche unternehmerische Bereiche gehören direkt zu Benetton. Das Unternehmen verläßt sich aber für einen (Groß-)Teil seiner Aktivitäten auf externe Firmen. Daraus resultierende Probleme können mögliche Kontrollverluste, Qualitätsprobleme, Probleme bei der Gewährleistung der Einheitlichkeit sein. Dem wird entgegengewirkt durch Schaffung einer hohen Abhängigkeit der Zulieferer und der Ladenbesitzer. Aufgabe 3 Überwachung spielt eine große Rolle, da Qualität und einheitliches Auftreten sichergestellt werden müssen. Es existiert eine Art „Überwachungshierarchie": Gebietsmanager (Teil der internen Verkaufsorganisation), Agenten (externe Verkaufsorganisation), Ladenbesitzer. Das Unternehmen „diktiert" Regeln und Vorgaben und überprüft deren Einhaltung regelmäßig. Aufgabe 4 Benetton will mit Kampagnen zweifellos aufrütteln und die Aufmerksamkeit auf TabuThemen lenken. Es stellt sich dennoch die Frage, was viele der Werbekampagnen noch mit bunter Bekleidung zu tun hatten und ob in der Werbung jedes Mittel recht sein darf. Nach Veröffentlichung der Plakatserie mit HIV-Positiven wurde Benetton beispielsweise in Frankreich von einer AIDS-Initiative vorgeworfen, „humanitäre Belange vor den Karren wirtschaftlicher Interessen zu spannen."252 Ein Pariser Gericht verurteilte Benetton 1995 zu Schadenersatz in Höhe von USD 32.000, ein ähnliches Urteil wurde wenig später von einem deutschen Gericht gefällt. Eine weitere französische AIDS-Initiative veröffentlichte ein Gegen-Plakat mit dem Slogan „United Boycott".253 Aufgabe 5 Stärken: gute Marktdurchdringung, weltweite Verbreitung, durchdachtes Logistikkonzept; Schwächen: starker Einfluß von Gebietsmanagern und Agenten, eingeschränkte Entscheidungs- und Handlungsfreiheit der Ladenbesitzer (schnelle, individuelle Reaktionen vor Ort kaum möglich) Aufgabe 6 Betriebsblindheit; fehlende Impulse von außen; mögliche Konflikte, Familienmitglieder kann man nicht „entlassen"
252 253
Mantle, Jonathan: Benetton - Vom Familienbetrieb zum Weltimperium, München 2000,239 vgl. ebd.
278
12
C — Marketing
Uncle Sam läßt grüßen „Wir werden und wollen in Deutschland weiterhin wachsen." (Kay Hafner, Chef Wal-Mart Deutschland254)
Wal-Mart International ist mit rund USD 218 Mrd. Umsatz im Jahr und über 1.303.000 Mitarbeitern der größte Einzelhandelskonzern der Welt. In den USA betreibt der Konzern insgesamt mehr als 3.200 Märkte255 und ist darüber hinaus in neun weiteren Ländern mit über 1.100 Märkten256 vertreten. Mittlerweile erwirtschaftet Wal-Mart so hohe Umsätze wie die vormals drei größten US-Handelsketten. Die Kombination aus Kundenorientierung und Niedrigpreispolitik ließ Wal-Mart zur Nummer 1 in den USA aufsteigen. Zum Erfolgsrezept gehören außerdem riesige Verkaufsflächen in städtischen Randlagen sowie die Tatsache, daß Superstores nur in der Nähe von Vertriebszentren eröffnet werden. Innerhalb eines bestimmten Radius' werden so lange neue Märkte eröffnet, bis das Gebiet übersättigt ist. Erst dann rückt man in neue Regionen vor. So werden einerseits Transportkosten und -wege minimiert, andererseits trägt dies zu einer gewissen Präsenz in der Region bei.257 Die Rückseite des Namensschildes jedes Mitarbeiters enthält die Grundphilosophie des Unternehmens: „Respekt gegenüber dem Einzelnen, Service für unsere Kunden und Streben nach hervorragender Leistung. Daneben existiert noch eine Reihe fester Prinzipien für den Umgang mit den Kunden." Die „Ten-Foot-Rule" besagt, daß jeder Kunde, der sich einem Mitarbeiter auf weniger als drei Meter nähert, freundlich angesprochen werden muß. Nach der „Sundown-rule" muß jede Kundenfrage bis zum Abend erledigt sein. Nicht nur der Service, auch der Umgang mit den Mitarbeitern ist „typisch amerikanisch". Der Arbeitstag beginnt mit dem „Morning Cheer": „Who is the number one?" - „The customer!". Der „Morning Cheer" dient dazu, die Mitarbeiter immer wieder aufs Neue zu mehr Leistung anzuspornen. Diese Leistungen werden aber nicht materiell, sondern auf immaterielle Art und Weise honoriert. Der „Kassierer des Monats" bekommt beispielsweise einen Platz an der Ehrentafel des Marktes und darf einen Monat lang eine braune Schürze mit dem Aufdruck „Star Cashier" tragen.258
254
zit. in: Hirn, Wolfgang: Kein guter Einkauf, in: Manager Magazin, 1/2002, 60 insgesamt 3.269, davon: 1.622 Wal-Mart-Märkte, 1.113 Supercenter, 503 SAM's Clubs, 31 Neighbourhood Markets (Wal-Mart, http://www.walmart.de, 10.09.2002) 256 derzeit insgesamt 1.186 Märkte, davon: 563 in Mexiko, 252 in Großbritannien, 196 in Kanada, 95 in Deutschland, 22 in Brasilien, 19 in China, 17 in Puerto Rico, 11 in Argentinien, 11 in Südkorea (Wal-Mart, http://www.walmart.de, 10.09.2002) 257 vgl. Klein, Naomi: No Logo!, München 2002,149 258 vgl. Klawitter, Nils; Herzau, Andreas: Glück zu verkaufen, in: Focus, 22.11.1999,138f 255
Uncle Sam läßt grüßen
279
Wal-Markt gilt allerdings auch als gewerkschaftsfeindlich (in den USA werden Gewerkschaftsmitglieder gar nicht erst eingestellt) und zahlt häufig nur den gesetzlichen Mindestlohn. Beim Umbau der Dortmunder Wal-Mart-Filiale bewegte man sich mit den geleisteten Überstunden Mitarbeitern zufolge am Rande des Gesetzes. Einen Lohnausgleich gab es dafür allerdings nicht.259 Der Markteinstieg in Deutschland erfolgte 1997, als 21 ehemalige Wertkauf-SBWarenhäuser übernommen wurden, ein Jahr später folgten 74 Interspar-Märkte. 2001 eröffnete man die ersten beiden neu errichteten Wal-Mart-Supercenter (Heidenau und Pattensen), ein weiteres folgte im Juni 2002 (Bergkamen). Nun beschäftigt Wal-Mart in Deutschland rund 17.000 Mitarbeiter. Das Warensortiment umfaßt Lebensmittel, Textilien, Schuhe, Schreibwaren, Musik- und Elektroartikel. Neben gängigen Markenprodukten werden auch etliche Eigenmarken vertrieben. Insgesamt sind rund 75.000 Produkte gelistet.260 Ein Blick auf die Umsätze des deutschen Lebensmitteleinzelhandels zeigt jedoch, daß Wal-Mart hierzulande noch lange nicht zu den Top Ten gehört.
Umsätze im Lebensmittelhandel in Mrd. EUR
Abbildung 12-1 Umsätze im Lebensmittelhandel in Mrd. EUR261
Bei der Erschließung des deutschen Marktes lief einiges nicht so gut, wie es vielleicht nach außen hin aussieht. „Wal-Marts Auftritt in Deutschland - ein Lehrstück für jede Business School: how not to enter a foreign market. Oder etwas prosaischer: wie ein Riese von einem Fettnäpfchen ins nächste trampelt. 259
vgl. Klawitter, Nils; Herzau, Andreas: Glück zu verkaufen, in: Focus, 22.11.1999, 142 vgl. Wal-Mart, http://www.walmart.de, 10.09.2002 261 M+M Eurodata 2001, in: Hirn, Wolfgang: Kein guter Einkauf, in: Manager Magazin, 1/2002, 65 260
280
C - Marketing
[...] Ein missratenes Logistikkonzept und die verfehlte Preispolitik sind die sichtbarsten Ergebnisse des Missmanagements,"262 Die Fehlschläge waren in der Tat vielgestaltig263: •
Die Einführung einer neuen EDV bei zeitgleicher Einrichtung eines Zentrallagers führte zum logistischen Chaos. Waren wurde entweder nicht rechtzeitig, in falschen (meist zu großen) Mengen, an den falschen Ort oder gar nicht geliefert. Auch sonst arbeitet das Logistiksystem nicht effektiv genug. Die einzelnen Märkte liegen sehr weit auseinander, sodaß die Lieferungen über zu große Strecken transportiert werden müssen. Dabei hätte man hinsichtlich der Logistik mehr erwarten können. Ein ausgeklügeltes Warenwirtschaftssystems (SMART - Store Merchandising Applied Retail Technology) soll die Logistikkosten bei Wal-Mart gegenüber denen der Konkurrenz um etwa die Hälfte reduzieren. Man weiß sonst genau, welche Artikel zu welchem Zeitpunkt wohin geliefert werden müssen. Mit Hilfe eines speziellen pistolengroßen Scanners kann anhand des Strichcodes auf einer Warenverpackung beispielsweise festgestellt werden, wie viele Stück davon auf Lager liegen, wie viele davon gestern, letzte Woche, letzten Monat oder im letzten Jahr verkauft wurden, ob automatisch nachbestellt wird und welche Gewinnspanne man mit diesem Artikel realisieren kann. Wal-Mart arbeitete als erstes Unternehmen in den USA mit einem satellitengestützten Kommunikationssystem und soll angeblich nach dem Pentagon über den größten Datenpool weltweit verfügen.
•
Mit Fernsehwerbung versuchte man, die Aufmerksamkeit der Kunden zu wecken. Nur: vielerorts gab es in der Nähe der angesprochenen Kunden gar keinen Wal-Mart. Angesichts der Kosten für Fernsehwerbung waren die Streuverluste viel zu hoch.
•
Die Strategie, sich als Preisbrecher am Markt zu etablieren, ging nicht auf. Im Rahmen von sogenannten „Roll back-Kampagnen" senkte Wal-Mart auf einmal bei Tausenden von Artikeln dauerhaft die Preise. Man hatte aber einfach nicht damit gerechnet, daß die konkurrierenden Einzelhändler in den Preiskampf einsteigen würden. Die Gewinnmargen nahmen drastisch ab, sanken auf durchschnittlich 1 %. Markenware wurde in Sonderaktionen weit unter ihrem ursprünglichen Preis „verschleudert". Der Kunde wurde mehr und mehr zur Suche nach „Super-Schnäppchen" animiert. Um die sinkenden Gewinnspannen abzugleichen, versuchte man gleichzeitig, die Kosten zu senken: durch Personalabbau und bessere Logistiksysteme. Mit dem Ziel, dem ruinösen Preiskampf ein Ende zu setzen, untersagte das Bundeskartellamt daraufhin, Nahrungsmittel zu Niedrigstpreisen zu verkaufen und tadelte
262
Hirn, Wolfgang: Kein guter Einkauf, in: Manager Magazin, 1/2002, 58f u. 62f vgl. ebd., 65f; Wieking, Klaus: Angst vor Uncle Sam, in: W & V werben & verkaufen, 29.09.2000, 54f
263
Uncle Sam läßt grüßen
281
im Herbst 2000 Wal-Mart, Lidl und Aldi Nord wegen des Verkaufs von Lebensmitteln unter Einstandspreis. Letztendlich haben die meisten Händler wieder ein ähnliches, eben insgesamt nur niedrigeres Preisniveau als vorher. Wal-Marts Problem nun: wenn man schon nicht der billigste Anbieter ist, wie will man sich dann positionieren? •
„Wir wollen Nummer eins beim Service werden" verlautbarte Wal-Mart einst. Beim jährlichen Kundenmonitor 264 der Service-Barometer AG München landete aber nicht Wal-Mart, sondern zum wiederholten Male Globus auf dem ersten Platz. Wal-Mart lag dabei sogar weit unter dem Branchendurchschnitt. Dabei wollte sich Wal-Mart die Identitätskrise des deutschen Lebensmitteleinzelhandels zunutze machen und versuchen, mit seiner Philosophie der totalen Kundenorientierungii in der „Servicewüste" Deutschland zu etablieren. Bereits am Eingang werden die Kunden vom einem WalMarkt-Mitarbeiter, dem „people greeter", empfangen. Wal-Mart erwartet von seinen Mitarbeitern, daß sie den Kunden gegenüber stets freundlich und Kundenfragen gegenüber immer offen sind. Auch die Ladenlayouts sind auf die Zufriedenstellung der Kunden zugeschnitten: weite Korridore und der Verzicht auf deckenhohe Regale sollen den Einkauf erleichtern. An der Kasse werden die Einkäufe auf Wunsch eingepackt. Qualität und Service sollen durch verschiedene Garantien unterstrichen werden: z.B. Geld-zurückGarantie, kurze Wartezeiten an den Kassen, kostenlose Einkaufstüten, lange Öffnungszeiten. Allerdings waren vor Wal-Mart schon andere Einzelhändler auf diese Idee gekommen ...
Man hat den deutschen Markt schlicht und einfach unterschätzt. Dabei gilt er als der am härtesten umkämpfte und damit schwierigste in Europa. In der WalMart-Zentrale glaubte man, für Deutschland reichten ,zweit- und drittklassige Manager, die sie massenhaft über den großen Teich schickten. Die Greenhorns - oft nur für ein paar Monate abkommandiert — hatten keine Ahnung vom deutschen Markt. Sie sprachen kein Deutsch und waren auch nicht bereit, die fremde Sprache zu lernen. Gleich von Anfang an verprellten sie das - gewiss nicht schlechte - Wertkauf-Management, das nach und nach die Flucht ergriff" •JfLS
Deutschland sollte als strategischer Brückenkopf für die Erschließung des europäischen Marktes dienen. Dazu sollte hier schnell eine große und starke Basis geschaffen werden. Aus diesem Grunde kaufte man - vielleicht ein wenig zu hastig - Ende 1998 auch noch die 74 Interspar-Häuser auf. Der Kaufpreis dafür war nicht nur überteuert, die Märkte wiesen zudem unterschiedliche Flächen und Qualitäten auf. Es erwies sich also als recht schwierig, ein einheitliches Erscheinungsbild zu wahren. Durch die Aufkäufe war man auf einmal nicht nur mit der Wal-Mart-Kultur, sondern auch der Unternehmenskultur von Wertkauf 264
Dabei werden jährlich etwa 12.000 Kunden nach ihrer Zufriedenheit mit den verschiedenen Lebensmittelanbietern befragt. 265 Hirn, Wolfgang: Kein guter Einkauf, in: Manager Magazin, 1/2002, 60
282
C - Marketing
und Interspar konfrontiert. Es dauerte lange, bis die Zentrale in den USA realisierte, daß es zur Zusammenfuhrung dieser unterschiedlichen Kulturen eines erfahrenden Führungsteams bedarf. Doch auch bei der Neubesetzung der Chefposition hatte man keine glückliche Hand. Der aus Großbritannien abkommandierte Manager mag sich zwar auf seinem Heimatmarkt auskennen, Deutschland war fur ihn aber ebenso Neuland. Nach nur einem halben Jahr übergab er an seinen deutschen Nachfolger, der inzwischen von einem neuen CEO abgelöst wurde. Angesichts der Verluste, die 2001 dem Vernehmen nach im dreistelligen Millionenbereich lagen, gilt es vier Jahre nach Eintritt in den deutschen Markt zu überlegen, ob das Unternehmen im Markt bleiben oder sich zurückziehen soll.266 Aufgabe 1 Beschreiben Sie die Strategie von Wal-Mart\ Aufgabe 2 Wie werden den Mitarbeitern Zielsetzung und Strategie des Unternehmens nahegebracht? Wie werden die Mitarbeiter motiviert? Aufgabe 3 Welche Probleme sind für Wal-Mart bei der Erschließung des Marktes aufgetreten? Aufgabe 4 Was könnte Wal-Mart tun, um in Deutschland erfolgreich zu sein? skizzieren Sie mögliche Elemente einer erfolgreich(er)en Strategie! Aufgabe 5 Was sollten die Einzelhändler, insbesondere die Diskonter, zur Steigerung der Kundenzufriedenheit tun?
266
vgl. Hirn, Wolfgang: Kein guter Einkauf, in: Manager Magazin, 1/2002, 59f u. 65; Zum Weiterlesen siehe auch Stippel, Peter: Was steckt in H. Lee Scott?, in: Absatzwirtschafit, 12/2000, 16ff; Stippel, Peter: Wie gefährlich ist Wal-Mart wirklich?, in: Absatzwirtschaft, 3/2000, 12ff; Stippel, Peter: Was halten die Verbraucher von Wal-Mart?, in: Absatzwirtschaft, 3/2000, 16ff; Hilfe, die Amis kommen (Reportage), MDR, März 2001
Uncle Sam läßt grüßen
283
Lösung Aufgabe 1 •
Kombination aus Kundenorientierung und Niedrigpreispolitik
•
Mitarbeiter-Coaching
•
Logistik
•
Standortpolitik (Cluster-Politik)
Aufgabe 2 •
Mitarbeiter-Coaching: Unternehmensphilosophie auf Rückseite der Namensschilder; „Morning-Cheer", um Mitarbeiter zu mehr Leistung zu motivieren; immaterielle Honorierung der Leistungen (z.B. Kassierer des Monats)
•
es stellt sich allerdings die Frage, inwieweit das oftmals „antrainiert" erscheinende Lächeln der Mitarbeiter wirklich aus Überzeugung kommt und wie lange sich die Mitarbeiter mit der praktizierten Art der immateriellen Anerkennung zufriedenstellen lassen
Aufgabe 3 •
Logistikprobleme: Märkte zu weit voneinander entfernt, zu große Distanzen zurückzulegen
•
EDV: Umstellung führte zu Chaos bei Bestellungen und Lieferungen
•
Werbung: zu große Streuverluste
•
Preispolitik: Einzelhändler zogen beim Preisdumping mit, Wal-Mart konnte sich nicht als Billigstanbieter positionieren
•
Management: deutscher Markt wurde unterschätzt; unerfahrenes Management; durch Übernahmen verschiedene Unternehmenskulturen
Aufgabe 4 •
Wal-Mart muß sich eindeutiges Profil geben
•
Wal-Mart muß wachsen, um wirtschaftlich arbeiten, d.h. Größeneffekte erzielen zu können
Aufgabe 5 •
erkennen, daß Niedrigpreise allein die Kunden auf Dauer nicht befriedigen
•
nicht mehr nur reine Artikelwerbung, sondern auch Imagekampagnen, Etablierung der Anbieter als von Marke
•
optisches Erscheinungsbild der Filialen verändern
•
Angebot den Bedürfnissen anpassen, z.B. mehr frisches Obst und Gemüse oder frische Backwaren
284
13
C - Marketing
Wir kümmern uns um Ihren Müll „Do in Rome as the Romans do." (unbekannt)
Die Firma Beutel-Schneider & Co. stellt u.a. Müllsäcke verschiedener Qualitäten und Preisklassen her. Vor kurzen erhielt sie eine Anfrage von der zuständigen Beschaffungsbehörde aus dem Land A, das am Bezug von Müllsäcken Ihres Unternehmens interessiert ist. Nachdem detaillierte Produktbeschreibungen übersandt worden waren, hat man eine Delegation des Unternehmens BeutelSchneider & Co. nach Land Α eingeladen und möchte sich über Details einer möglichen Lieferung unterhalten. Dabei wurde bereits deutlich gemacht, daß sollte ein Vertrag zustande kommen - an regelmäßige Folgelieferungen gedacht Nachfolgendes Dokument zeigt die lieferbaren Müllsackgrößen samt ihrer Ausstattungsmerkmale :
Beutel-Schneider & Co. Saekpsse 13 · 12345 Müllhausen
Lieferbare Müllsäcke Ausstattungsmerkmale:
X X X
Typ 2 X X X X
X
X
X
X X
Typi Anti-Geruchs-Ausstattung ßlickdicht Faserverstärkt Paßform Recyclebar Reißfest Säurebeständig Schimmelschutz Tierfreundlich Tragelasche UV-beständig Verottbar Verschiedene Farben Wasserdicht
X X
X X X
Größen (alle Typen): 41, 251, 551, 921 Lieferung in Packungsgrößen ä 50 Stück; Mindestabnahmemenge 10.000 Stück Preise sind abhängig von der Abnahmemenge
•j.yp 3
X X X X X X X X X X X X
Wir kümmern uns um Ihren Müll
285
Aufgaben für potentielle Käufer Wählen Sie ein Land, das Sie repräsentieren möchten, und machen Sie sich mit den Besonderheiten des Landes hinsichtlich des Geschäftslebens vertraut! Versuchen Sie dann, im Vorfeld der Verhandlungen folgende Fragen zu beantworten: 1. Können die angebotenen Produkte wahrscheinlich den von Ihnen verfolgten Zweck erfüllen? Sind Modifikationen nötig? 2. Welche Produkt-Mengen-Kombination wäre für den von Ihnen verfolgten Zweck sinnvoll? 3. Was wären Sie bereit, für diese Produkte zu zahlen? 4. Welche etwaigen Zusatzleistungen erwarten Sie vom Hersteller? 5. Welche Zahlungskonditionen und welche Lieferbedingungen wären aus Ihrer Sicht vorteilhaft? 6. Unter welchen Umständen würden Sie einem Vertragsabschluß nicht zustimmen? 7. Welche interkulturellen Aspekte könnten sich im Laufe der Verhandlungsgespräche als problematisch erweisen? Führen Sie, wenn Sie Ihren Vorbereitungen abgeschlossen haben, Verhandlungsgespräche zur beschriebenen Thematik durch! Aufgaben für Verkäufer 1. Erstellen Sie ein Preisraster für die lieferbaren Größen aller Müllsack-Typen! 2. Welche Rabatte könnten einem Abnehmer in Abhängigkeit von welchen Gegebenheiten gewährt werden? 3. Welche Zahlungskonditionen und welche Lieferbedingungen wären aus Ihrer Sicht vorteilhaft? 4. Ist es im vorliegenden Fall notwendig, Instrumente des Risk Covering einzusetzen? Wenn ja, welche? 5. Wie müßten Sie sich auf die Gespräche mit dem potentiellen Abnehmer vorbereiten? 6. Welche Zugeständnisse/Kompromisse wären preislich, rabattbezogen bzw. in Hinblick auf die Produkte möglich? 7. Machen Sie sich mit den Besonderheiten des Heimatlandes des potentiellen Käufers hinsichtlich des Geschäftslebens vertraut! Auf welche interkulturellen Aspekte sollten Sie dabei im Laufe der Verhandlungsgespräche besonders achten? Führen Sie, wenn Sie Ihren Vorbereitungen abgeschlossen haben, Verhandlungsgespräche zur beschriebenen Thematik durch!267
267
Eine Lösung entfallt aufgrund des Trainingscharakters der Problemstellung.
286
C - Marketing
„Was der Kunde wirklich will, sind drei Dinge: erstens Service, zweitens Service und drittens Service." (unbekannt268)
Franz Oberhuber, Mitte 50 und Historiker aus Leidenschaft, ist Direktor des Heimatmuseums in Hintertupfingen. Eingerichtet in einem kleineren Komplex aus mittelalterlichen Fachwerkhäusern bildet die Regionalgeschichte den Schwerpunkt der Dauerausstellung. Von Zeit zu Zeit werden auch Arbeiten einheimischer Künstler ausgestellt. Einmal jährlich wird der Museumsinnenhof im Rahmen des Stadtfestes für Vorführungen ansässiger Handwerker genutzt. Hintertupfingen ist eine 20.000 Einwohner zählende Kleinstadt im idyllisch gelegenen Sonnental. Vorwiegend in den Sommermonaten bevölkern zahlreiche Touristen die Region, die es vor allem zur Sommerrodelbahn und zum gut ausgebauten Wander- und Radwegenetz zieht. Leider profitiert das Museum - aus welchen Gründen auch immer - nicht von diesen Touristenströmen. An manchen Tagen kann man die - vornehmlich älteren - Museumsbesucher sprichwörtlich an den Fingern abzählen. Auch liegt die durchschnittliche Aufenthaltszeit der Besucher im Museum bei weniger als einer Stunde. Direktor Oberhuber empfindet es schon als außergewöhnliches Glück, wenn ein vollbesetzter Reisebus vor seinem Museum hält. Aus den geringen Besucherzahlen resultieren natürlich auch finanzielle Probleme. Um die laufenden Ausgaben für die Gehälter überhaupt bestreiten zu können, ist das Museum auf Zuschüsse angewiesen. Die Stadt, wie viele andere Gemeinden auch selbst in finanzieller Not, ist nicht in der Lage, große Summen zuzustecken. Das Stammpersonal des Museums wurde mittlerweile auf drei Vollzeitkräfte (einschließlich Museumsdirektor) und zwei Teilzeitkräfte reduziert. Ein Großteil der Aufgaben (wie Kasse, Einlaß, Aufsicht usw.) wird von Aushilfskräften bestritten. Dies sind zum größten Teil Schüler oder Rentner, die weniger aus Interesse am Museum dort arbeiten, sondern nur etwas dazu verdienen wollen. Folglich fehlt ihnen auch der fachliche Hintergrund. Mehr und mehr verlieren nun auch die festangestellten Mitarbeiter die Lust an der Arbeit im Museum. Direktor Oberhuber ist zu Ohren gekommen, daß sich zwei seiner Mitarbeiter bereits nach einer anderen Stelle umschauen. Franz Oberhuber weiß, das es so mit seinem Museum nicht weitergehen kann. Um das Stammpersonal und die Aushilfskräfte wieder für die Arbeit zu begei268
vgl. Fachverlag für Kommunikation und Management, http://www.komma-net.de/zitate,
16.09.2002
Kundenorientierung im Museum
287
stern und das Museum für Besucher attraktiver zu gestalten, sind einige Veränderungen vonnöten. Aufgabe 1 Welche Ziele wird sich Direktor Oberhuber jetzt wohl setzen? Prüfen Sie die von Ihnen aufgestellten Ziele mit Hilfe des Zielprüfstandes! Korrigieren Sie anschließend eventuelle Defizite hinsichtlich der Zielformulierung! Aufgabe 2 Überlegen Sie, wie man das Museum attraktiver gestalten und damit mehr Besucher ins Museum locken könnte! Aufgabe 3 Welche Faktoren spielen im System „Museum" eine wichtige Rolle? Untersuchen Sie Direktor Oberhubers Steuerungsmöglichkeiten bei diesen Faktoren! Aufgabe 4 Wie kann Franz Oberhuber die personellen Schwierigkeiten im Museum meistern? Aufgabe 5 Im Rahmen der Neupositionierung des Museums möchte man auch vorhandene Begleitschriften, Broschüren und Ansichtskarten neu gestalten. Wichtig erscheint Oberhuber in diesem Zusammenhang auch die Gestaltung der Eintrittskarten. Welche Gestaltungsmöglichkeiten gibt es hierbei? Nutzen Sie für Ihre Überlegungen Kreativitätstechniken, wie beispielsweise die Osbom-Checkliste!
C - Marketing
288 Lösung Aufgabe 1 Ziel
Priorität
Z e i t r a h m e n z u r Erfüllung
langfristiges Bestehen des Museums und seine Fähigkeit, sich weitgehend selbst zu finanzieren, sichern
Oberziel
unbefristet
Erarbeitung eines Marketingkonzeptes
1
in den nächsten 4 Wochen
Steigerung der Besucherzahlen
2
10 % mehr Besucher in den nächsten 6 Monaten
Entwicklung von Maßnahmen zur Motivation des Personals
3
in den nächsten 4 Wochen
Erstellung eines Finanzplanes
4
in den nächsten 3 Wochen
Abbildung
14-1 Oberhubers
Ziele
Wichtig dabei: nicht „von oben" allein entscheiden, sondern das Personal einbinden. Aufgabe 2
"Geschichte zum Anfassen" Sonderausstellungen
[
Erlebnistage
=z
in historischer Kleidung Alltag der Vorfahren nachempfinden
Konzerte
| lichtbildervorträge [ an Kunst und Geschichte Interessierte
Brot backen, kochen nach alten Rezepten)
Handwerkervorführungen Familien
I Schulklassen I
Zielgruppen definieren und gezielt ansprechen
Museumsklub
ehrenamtliche Mitglieder, Hilfe bei Vorbereitung von Ausstellungen
Aufbau bzw. Verbesserung des Images |
Corporate Identity schaffen
|
Slogan entwickeln
Zusammenschluß mit anderen Museen |-
Gemeinsame Organisation von Veranstaltungen
L
Maskottchen einführen
Abbildung
14-2 Möglichkeiten
zur attraktiveren
Gestaltung
Museums-Kombitickets
Kundenorientierung
im Museum
289
Aufgabe 3 Kategorien
Faktoren •
steuerbare Faktoren
Ausstellungen im Museum (= Angebot)
•
sonstige Aktivitäten im Museum
•
gemeinsame Aktivitäten mit anderen Museen oder Einrichtungen
•
Besucherzahlen
•
Umsatz
•
Image des Museums
•
Arbeitsklima
•
Motivation der Mitarbeiter und Hilfskräfte
•
Ausstellungen im Museum (= Angebot)
•
sonstige Aktivitäten im Museum
•
gemeinsame Aktivitäten mit anderen Museen oder Einrichtungen
•
Image des Museums
nicht oder nur unwesentlich steuerbare Faktoren
•
finanzielle Situation der Stadt
Frühwarnindikatoren
•
Motivation der Mitarbeiter und Hilfskräfte
wirksam steuerbare Faktoren
Tabelle 14-1 Aus Museumssicht steuerbare und nicht steuerbare Faktoren
Aufgabe 4 •
Mitarbeiter nach persönlichen Meinung zur Situation fragen
•
fragen, was Motivation steigern könnte
•
Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungen, wenn Entscheidungen gemeinsam getroffen werden, kann man sich nicht so einfach davon distanzieren, an Umsetzung eigener Ideen wird i.d.R. motivierter gearbeitet
•
Perspektiven bieten: z.B. Organisation von Ausstellungen in Eigenregie, macht selbständiger, stärkt Verantwortungsbewußtsein, macht auch stolz
Aufgabe 5
Osborn-Checkliste269 Neben dem Brainstorming entwickelte Alex Osborn verschiedene weitere Kreativitätstechniken, zu deren bekanntesten die Osborn-Checkliste zählt. Anhand dieser Checkliste können aus vorhandenen Lösungen neue, kreativere Lösungen abgeleitet werden.
269
vgl. Nöllke, Matthias: Kreativitätstechniken, Planegg 1998, 94ff und Karbach, Rolf; Dorsch, Monique: Kreativitätstechniken, Hamburg 2000, 32f
290
C - Marketing
Die Osborn-Checkliste ist besonders dann geeignet, wenn Ideen bzw. Produkte vorliegen, diese allerdings nicht kreativ oder originell genug erscheinen. Weniger geeignet ist diese Technik, wenn es keine konkreten Lösungen gibt bzw. ein Projekt erst in der Anfanasphase steckt. Die Checkliste setzt sich aus zehn Punkten zusammen, für die idealenweise mindestens eine Idee zu finden ist: 1. Anders verwenden: kann das Produkt zu einem anderen als dem ursprünglichen Zweck verwendet werden? 2. Anpassen: gibt es ähnliche Produkte, die nachgeahmt werden könnten? 3. Ändern: können Farbe, Ausstattung, Größe, Geruch usw. geändert werden? 4. Vergrößern: kann das Produkt vergrößert oder vervielfältigt werden? 5. Verkleinern: kann das Produkt verkleinert oder aufgespaltet werden? 6. Ersetzen: ist das Idee austauschbar; können historische oder fremdländische Elemente verwendet werden? 7. Umstellen: können Ursache und Wirkung vertauscht werden; können bestimmte Bestandteile ausgetauscht werden? 8. Umkehren: ist ein Rollentausch möglich; kann das Produkt spiegelverkehrt, um 180° gedreht verwendet werden? 9. Kombinieren: kann das Produkt mit etwas anderem kombiniert werden; kann es Teil eines größeren Ganzen werden; kann es zerlegt werden? 10. Transformieren: kann das Produkt umgewandelt - verflüssigt, härter oder weicher gemacht, gedehnt, komprimiert - werden?
Folgende Gestaltungsmöglichkeiten für Eintrittskarten wurden mit Hilfe der OsbornCheckliste gefunden: Anders verwenden
Teilnahmekarte für ein Gewinnspiel
Anpassen
Ansichtskarte
Ändern
handgeschöpftes Papier
Vergrößern
Poster, Begleitprospekt, Museumsübersichtsplan
Verkleinern
auf die Kleidung aufzuklebender Punkt
Ersetzen
historische Darstellung
Umstellen
„Austrittskarte", beim Verlassen wird vorhandene Eintrittskarte als Andenken „veredelt (und z.B. durch Stempelaufdruck gleichzeitig entwertet)
Umkehren
Eintrittskarte als Spielkarte
Kombinieren
Bestandteil einer Ansichtskartenserie des Museums
Transfonmieren
geprägte Münze, Ansteckmotiv, Aufkleber, Stempelabdruck, Holztafelchen
Tabelle 14-2 Gestaltungsmöglichkeiten für Eintrittskarten
Der Weg der 1.000 Leiden
15
291
Der Weg der 1.000 Leiden „Der Weg ist das Ziel." (unbekannt)
Der jährlich am ersten Märzwochenende in der schwedischen Provinz Dalarna stattfindende Vasaloppet zählt zu den härtesten Skilanglaufrennen der Welt. Er fuhrt von Sälen ins 90 km entfernte Mora und soll an die Flucht des einstigen Königs Gustav Vasa vor den Dänen vor rund 500 Jahren erinnern.
Der erste Vasalauf fand vor 80 Jahren, am 19.03.1922, statt. Damals nahmen 119 Läufer teil. Seitdem sind ca. 350.000 Skiläufer in Mora durch das Ziel gefahren. Da der Lauf bei jedem Wetter startet, können sich Differenzen von mehr als drei Stunden bei den Siegerzeiten ergeben.271 Zum Lauf 2001 hatten sich 36.659 Sportler aus 29 Ländern angemeldet, 29.332 starteten und 27.320 kamen ins Ziel.272 In Schweden erfreut sich der Vasalauf großer Beliebtheit. Die fünfeinhalbstündige Direktübertragung des Laufes zählt zu den Fernsehsendungen mit den höchsten Einschaltquoten und wurde beim letzten Lauf von rund 1,8 Mio. Zuschauern gesehen. An der Strecke selbst feuern rund 50.000 Zuschauer die Läufer an. Entlang der Strecke sind 15 mit Kommunikationstechnik ausgestattete Beobachtungsfahrzeuge sowie zwei Fahrzeuge, die als Radiozentrale fungieren, unterwegs. Insgesamt sind rund 100 Personen mit der Berichterstattung beschäftigt. Sie leiten Informationen darüber, wer gestartet bzw. nicht ist, unterwegs aufgegeben hat oder im Ziel angekommen ist, an die Informationszentrale weiter, von wo aus die Informationen über verschiedene Medien der Öffentlich270 271 272
erstellt nach: Biwak, http://www.mdr.de/biwak, 06.03.2002 vgl. ebd. vgl. Vasaloppet, http://www.vasaloppet.se, 11.06.2002
292
C - Marketing
keit zugänglich gemacht werden. Auf die Homepage des Vasalaufes, über die man den Lauf mitverfolgen kann273, wurde 2001 in der Woche des Laufes rund 60 Mio. mal zugegriffen, davon kamen 100.000 Zugriffe von WAP-Handys. IBM und Ericsson ermöglichen es, daß der Vasalauf nunmehr weltweit via Mobiltelefon mitverfolgt werden kann. In diesem Zusammenhang wurden auch einer Reihe von Journalisten WAP-Telefone zur Verfugung gestellt, um die Berichterstattung vom Lauf zu vereinfachen.274 Aufgrund seiner allgemeinen Attraktivität ist der Lauf auch für Sponsoren interessant: Lauf
Hauptsponsoren
Vasaloppet (Vasalauf]
Ericsson, IBM, Craft (Sportbekleidung), Länsförsäkringar (Versicherungsunternehmen), NRJ (Radio Energy)
TjejVasan (Damen-Vasalauf)
ICA (Einzelhandelsorganisation)
Barnens Vasalopp (Kinder-Vasalauf)
Ekströms (Lebensmittel), Stadium (Sportartikel)
HalvVasan (Halber Vasalauf)
k.A.
KortVasan (Kurzer Vasalauf)
ICA
Öppet Spär (Offener Lauf)
DalaKraft (Energieversorger), FM Mattsson (Armaturen), Mora Armatur (Armaturen), WIBE (Elektro/Elektronik)
Tabelle 15-1 Sponsoren275
Die Organisation des Vasalaufes verlangt den Verantwortlichen logistische Höchstleistungen ab. Insgesamt sind im Laufe der Vasalauf-Woche 1.270 km Loipe zu präparieren. An der Loipe selbst sind rund 2.500 Helfer postiert, deren Aufgabe die Überwachung des Laufes und die Unterstützung der Skiläufer ist. Nicht jeder Skiläufer hat die Erfahrung oder das Glück, seine Ski mit der richtigen Wachssorte bzw. in ausreichendem Maß behandelt zu haben. Deshalb sind entlang der Strecke sieben Wachsstationen eingerichtet, an denen Material (Wachs, Kleister, Reinigungsflüssigkeit, Schaber, Bürsten und Trockenpapier) im Wert von etwa SEK 500.000 verbraucht wird. An der Strecke gibt es sieben Verpflegungsstellen, an denen etwa 800 Personen arbeiten. An diesen Stationen werden während des Laufes rund 35.000 Liter Blaubeersuppe, 16.000 Liter Pripps Energy, 5.500 Liter Kaffee, 3.000 Liter Fleischbrühe, 3.000 Liter Milchsuppe und 65.000 Vasalauf-Brötchen konsumiert. Nach dem Lauf können die Läufer an den Umkleidestützpunkten ihre Verpflegung in Empfang nehmen. Verarbeitet werden dafür rund 3.000 kg Kartoffeln, 2.000 kg gebratene köttbullar, 2.000 kg Gemüse, 2.000 kg Soße, 165 kg Butter, 240 kg Käse, 400 in Scheiben geschnittene Brotlaibe, 1.200 kg Gurken und 9.000 Liter Getränke.276
273
1998 wurde eine Neuerung hinsichtlich der Zeitmessung eingeführt. Seitdem tragen alle Läufer am rechten Bein einen Chip, mithilfe dessen eine schnelle und exakte Zeitmessung an jeder Kontrollstation möglich ist. Diese Daten wiederum können an Internet, Mobiltelefone usw. weitergeleitet werden. 274 vgl. Vasaloppet, http://www.vasaloppet.se, 11.06.2002 275 vgl. ebd. 276 vgl. Biwak, http://www.mdr.de/biwak, 06.03.2002
Der Weg der 1.000 Leiden
Über 90 % der gestarteten Läufer kommen ins Ziel
293
294
C-
Marketing
Da die Läufer nur in Rennkleidung starten und am Ausgangspunkt ihre Rucksäcke bzw. Kleiderbeutel zurücklassen, sind umfangreiche Transporte notwendig. Auf 20 großen Lkw werden die numerierten Gepäckstücke der rund 30.000 Läufer von Sälen nach Mora transportiert. Sind die Lkw in Mora angekommen, beginnt fur etwa 240 Mitarbeiter das Sortieren der etwa 30.000 Gepäckstücke, was drei bis sechs Stunden in Anspruch nehmen kann. 277 Bis 1992 wurde der Vasalauf von IFK Mora und Sälens IF organisiert. 1992 gründete man die Vasalauf-Vereinigung Sälen-Mora, die seitdem für die Durchführung verantwortlich zeichnet. Während der Wettkampftage sind weitere 30 Organisationen und Vereine aktiv. Beim Vasalauf findet das sogenannte Cross-Marketing Anwendung, d.h., daß völlig verschiedene Produkte unter dem Dach des Vasalaufes gemeinsam vermarktet werden.
Abbildung 15-2 Marketing-Mix rund um den
Vasalauf78
Der Vasalauf arbeitet mit einer Reihe ausgewählter Sportartikelhändler, verteilt über das ganze Land, zusammen. Voraussetzungen dafür, um in den auserwählten Kreis der Geschäfte zu kommen, sind ein auf Langlauf ausgerichtetes Sortiment sowie dementsprechend geschultes Personal. Im Januar 2002 gab es 60 derartiger offizieller vasaloppsbutiker.279 Aufgabe 1 Welche Bedeutung hat der Vasalauf für die Region?
277 278 279
vgl. ebd. vgl. Vasaloppet, http://www.vasaloppet.se, 11.06.2002 vgl. ebd.
Der Weg der 1.000 Leiden
295
Aufgabe 2 Welche Probleme sind mit dem gigantischen Logistik-Aufwand verbunden? Welche Anforderungen müssen erfüllt werden, um diesen zu bewältigen? Aufgabe 3 Welchen Herausforderungen muß sich das Event-Marketing bei internationalen Sportwettkämpfen stellen? Aufgabe 4 Welche wirtschaftliche Bedeutung hat einer derartige Veranstaltung für die verschiedenen beteiligten Interessensgruppen (Veranstalter, Sportler, Sponsoren, Geschäfte, Medien)? Aufgabe 5 Wie könnte eine diesbezüglicher Projektplan (Überblick) aussehen? Aufgabe 6 Mit welcher Strategie könnten Sponsoren für eine derartige Veranstaltung gewonnen werden?
296
C-
Marketing
Lösung Aufgabe 1 •
lange Tradition
•
sportliches Highlight des Jahres
•
weltweite Aufmerksamkeit (Medien, Sportler, Touristen, Sponsoren, Kunden)
•
umsatzstarke Zeit (Übernachtungen, Verpflegung, Transport, Souvenirs usw.)
Aufgabe 2 Probleme: •
Teilnehmerzahl
•
Distanzen
•
Zeitfaktor
•
Wetterlage
•
Transportkapazitäten (geeignete Transportmittel)
•
Unterbringung, Verpflegung, Versorgung
•
Kooperation mit den Medien und sonstigen Organisationen
Anforderungen: •
exzellente Vorbereitung (insbesondere Planung)
•
Erfahrung
•
funktionierendes Projektmanagement
•
Infrastruktur
•
ausreichende finanzielle Mittel (vgl. Sponsoring)
•
qualifizierte personelle Kapazitäten
Aufgabe 3 •
Koordination der Abläufe (Wettkämpfe, Logistik, Medien)
•
Unterbringung der Teilnehmer, Gäste, Medienvertreter
•
Verpflegung der Teilnehmer und Gäste, Medienvertreter
•
Vermarktung
•
Gewinnung (bzw. Pflege) der Sponsoren
Der Weg der 1.000 Leiden
297
Aufgabe 4 •
Veranstalter: Finanzierung des Events, Gewinnung von Sponsoren, evtl. Aufnahme von Krediten, Absicherung gegen Risiken (z.B. Einnahmeverluste bei vorzeitigem Abbruch oder Ausfall)
•
Sportler: Aufwendungen für Wettkampfvorbereitung und -teilnähme, gleichzeitig werden Sponsoren aufmerksam
•
Sponsoren: durch Beteiligung am Event gleichzeitig starke Medienpräsenz, Zielgruppe konzentriert vor Ort bzw. verfolgt Medien aufmerksam
•
Geschäfte: durch zahlreiche Sportler, Gäste und Medienvertreter wahrscheinlich höhere Umsätze
•
Medien: stärkeres Interesse von seiten des Publikums, Medien werden stärker genutzt, höhere Verkaufszahlen
Aufgabe 5 •
Projektvorbereitung
•
Projektgestaltung
•
Projektplanung (Leitung, Team, Termine, Kosten)
•
Projektauslösung
•
Projektdurchführung
•
Projektabschluß
Aufgabe 6 •
traditionsreiche, gut besuchte Veranstaltung (Publikumsmagnet)
•
Veranstaltung muß für Medien interessant und zukunftsträchtig sein
•
gute Fundraiser und Verhandler
Öffentliche Wirtschaft 1
Zwischen Abriß und Aufbruch
2
Die Stadtgalerie
3
Corporate Image: Wir zeigen Euch wo's lang geht
4
Müll, Müll und nochmals Müll
5
Erlebnis Eisenbahn
6
Unsere Gemeinde soll attraktiver werden
7
Es grünt so grün ...
8
Licht am Ende des Tunnels?
9
Wer braucht uns noch?
10 Angebot und Nachfrage 11 Studieren, aber wo? 12 Über den Tellerrand 13 In vollen Zügen genießen 14 Hochwasserschutz in den Alpen 15 Blühende Landschaften
300
D - Öffentliche Wirtschaft
1 Zwischen Abriß und Aufbruch „Baulärm war früher Krach. Heute ist er Wachstumsmusik." (Alfred Biolek280)
Wir befinden uns in Sonnenstadt, einer etwa 80.000 Einwohner zählenden Stadt in den neuen Bundesländern. Wie in vielen anderen Städten auch, konnte man hier in den letzten Jahren einen enormen Baumboom verzeichnen. Der schlechte Zustand der existierenden Wohnungen, die vom Staat bereitgestellten Fördergelder sowie die steuerlichen Vergünstigungen lockten so manchen Bauherrn nach Sonnenstadt. Seit der Wende wurden zahlreiche Häuser neu gebaut oder saniert, gleichzeitig nahmen aber aufgrund der schlechten Arbeitsmarktsituation die Einwohnerzahlen ab. Auch bemüht sich die Stadt seit langem um die Ansiedlung einer Hochschule, bislang allerdings ohne Erfolg. Mittlerweile kommen in Sonnenstadt auf eine Wohnung 1,5 Einwohner. Egal, von welchem Standpunkt aus man die Lage betrachtet: In der Stadt gibt es zu viele Wohnungen oder es leben zu wenige Menschen hier - jedenfalls stehen unzählige Wohnungen leer. Es müssen jährlich hohe Beträge investiert werden, um diese leerstehenden Wohnungen zu unterhalten oder unbewohnte, baufällige Gebäude zu sichern. Besonders auffallig ist der Leerstand, wie in vielen anderen ostdeutschen Städten auch, in der großen Plattenbausiedlung am Stadtrand. 13.000 Wohnungen, rund ein Viertel des Sonnenstädter Wohnungsbestands, befinden sich im Besitz der städtischen Wohnungsbaugesellschaft „Sonnenbau". Insbesondere in der am Stadtrand gelegenen großen Plattenbausiedlung, in der früher 20.000 Menschen wohnten, gehört ein Großteil der Wohnungen der Gesellschaft. Im Besitz der Wohnungsbaugesellschaft befinden sich ferner 350 Gewerbeeinheiten, wie Ladenlokale oder Gaststätten, und rund 2.000 sonstige Mieteinheiten (z.B. Büroflächen). Hauptproblem der „Sonnenbau" ist der mittlerweile rund 25 Mio. € erreichende Schuldenberg. Bislang werden die Schulden zwar noch durch Vermögen gedeckt, doch auf lange Sicht muß das Unternehmen wieder Gewinne erzielen, um zu überleben. Derzeit stehen rund 2.000 Wohnungen der „Sonnenbau" leer, wodurch der Gesellschaft nicht unerhebliche Beträge an Mieteinnahmen entgehen. Doch der zunehmende Leerstand ist nur die Spitze des Eisbergs. In den letzten Jahren wurden von der Gesellschaft viele Häuser aus dem Besitz der Stadt übernommen. Außerdem wurden zahlreiche städtebauliche Projekte, z.B. die Sanierung von unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden, durchgeführt. Bei einem Großteil 280
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002
Zwischen Abriß und Aufbruch
301
dieser Projekte handelte es sich um städtische Problemfalle, bei denen jeder andere Investor bereits abgewunken hatte. Seit 1990 haben sich fast 100 Mio. € Verluste angesammelt, wovon rund 85 Mio. € durch Abschreibungen entstanden sind. Für den Instandhaltungsausbau aus DDR-Zeiten wurde jährlich doppelt soviel ausgegeben wie durch Miete eingenommen wird. Saniert hat die „Sonnenbau" vorrangig in den innerstädtischen Lagen, in denen Alt- und Plattenbauten nebeneinander stehen. Doch auch in den reinen Plattenbausiedlungen hat sich einiges getan. Um die Wohnqualität zu verbessern, wurden Aufzüge und Balkons angebaut, wo bisher noch nicht vorhanden. Wohnungsgrundrisse wurden - sofern aus statischer Sicht möglich - auf Wunsch der Mieter verändert oder kleinere Wohnungen zu größeren zusammengelegt. Auch in die Sanierung der Außenanlagen wurden große Summen investiert.
Sanierungen - oft unter Auflagen des Denkmalschutzes - verschlangen enorme Summen
Auch jetzt noch, nach der Sanierung, sind diese Wohnungen vergleichsweise günstig zu mieten. Mit Kaltmieten um € 3/m2 kann kaum ein anderer Anbieter mithalten. Trotzdem finden sich kaum Mieter. Mancherorts hat man sich deshalb bereits zum Rückbau oder Abriß entschieden, in Sonnenstadt läuft gerade die Diskussion. Geschäftsführer Baumann hat aus der mißlichen Lage seiner Gesellschaft bereits Konsequenzen gezogen. Man will sich nun bis auf weiteres auf das Stammgeschäft - Vermieten und Sanieren - konzentrieren. Ab sofort werde es keine Neubauten mehr geben. Lediglich der vorhandene Bestand an Wohnungen soll Schritt für Schritt saniert werden, sofern noch nicht geschehen. Städtebauliche Aktivitäten sollen auf ein Minimum beschränkt, neue Kredite, wenn möglich, nicht aufgenommen werden. Aus einer kürzlich durchgeführten Marktanalyse geht hervor, daß in Sonnenstadt in den nächsten 10 Jahren um die 4.000 Wohnungen abgerissen werden müssen. Für die „Sonnenbau", die derzeit einen Marktanteil von 25 % hält, würde dies etwa 1.000 Wohnungen bedeuten.
302
D - Öffentliche Wirtschaft
Planen im großen Stil
Geschäftsführer Baumann plant deshalb, in den nächsten Monaten etwa 30 Häuser (das sind rund 200 Wohnungen) an unattraktiven Standorten abreißen zu lassen. Die meisten dieser Wohnungen stehen jetzt bereits leer, so daß sich keine großen Probleme mit Mietern ergeben werden. Seiner Meinung nach ist der Abriß dieser Häuser auch aus städtebaulicher Sicht nicht kritisch, da es sich in den meisten Fällen um freistehende oder Eckhäuser handelt. Das Paradoxe an der Sache: oft sind diese Häuser technisch noch gut intakt, es will aber einfach niemand dort einziehen. Für ihn scheint die kürzlich beantragte Abrißgenehmigung seitens der Stadt eine reine Formsache. Bei der Stadt stößt Geschäftsführer Baumann mit diesen Plänen allerdings auf Widerstand. Man sieht dort nicht ein, daß technisch intakte Häuser abgerissen werden sollen. Zudem beruft man sich in vielen Fällen auf die Regelungen zum Denkmalschutz. Der Stadt sei schon bewußt, daß sich die Instandhaltung leerstehender, derzeit nicht vermietbarer Häuser insbesondere angesichts der derzeitigen finanziellen Lage der „Sonnenbau" nicht rechnet. Allerdings wird ja auch der Abriß nur zu einem minimalen Teil staatlich gefordert, so daß ein
Zwischen Abriß und Aufbruch
303
Großteil der Summe aus Gesellschaftsmitteln der „Sonnenbau" aufgebracht werden muß. Statt des Abrisses empfiehlt man zur Verbesserung der finanziellen Lage den Verkauf von Immobilien. 281 Aufgabe 1 Woraus resultiert die mißliche Lage der „Sonnenbau"? Aufgabe 2 Stellen Sie die Ziele aus Sicht der „Sonnenbau" dar! Greifen Sie aus Ihrer Zielliste Ziele heraus und spezifizieren Sie diese näher! Aufgabe 3 Welche Faktoren beeinflussen die Situation der „Sonnenbau"? Beschreiben Sie deren Wirkungsbeziehungen282! Aufgabe 4 Erstellen Sie ausgehend von den im Netzwerk untersuchten Faktoren eine Wirkungsmatrix283! Aufgabe 5 Übertragen Sie nun die Werte aus obiger Wirkungsmatrix in ein Intensitätsportfolio284 und interpretieren Sie Ihr Ergebnis! Aufgabe 6 Welche Faktoren aus dem Geschäftsumfeld der „Sonnenbau" können von dieser gezielt beeinflußt werden, welche nicht? Welche Faktoren würden sich als Frühwarnindikatoren eignen? Aäl£pbe7 Diskutieren Sie Handlungsoptionen der „Sonnenbau" zur Verbesserung der derzerfrgen Lage! Aufgabe 8 Was müßte die Stadt tun, um der „Sonnenbau" langfristig zu helfen?
281
zum Weiterlesen siehe z.B. Schmidt, Christian: Die große Leere - was ist zu tun?, in: Freie Presse, 24.03.2002; Wesely, Stephanie: Hohe Verluste durch Leerstand, in: Freie Presse, 16.01.2002; Lindner, Udo; Behrend, Matthias: 10.000 Wohnungen in Sachsen stehen vor dem Abriss, in: Freie Presse, 23.03.2002, http://www.freiepresse.de, 10.09.2002 282 siehe Kasten Seite 37 283 siehe Kasten Seite 121 284 siehe Kasten Seite 160
304
D - Öffentliche
Wirtschaft
Lösung Aufgabe 1 •
abnehmende Einwohnerzahl
•
Wohnungsüberschuß
•
Leerstand, Instandhaltungsausgaben, Sanierungen
•
alte Objekte übernommen
•
städtebaulich wichtige Objekte saniert
•
Schuldenlast
Aufgabe 2 Ziel
Spezifizierung
Existenz sichern (Oberziel) Rationalisierung im Verwaltungsbereich
Verbesserung der finanziellen Lage und Reduzierung der Schuldenbelastung
schrittweise Mieterhöhungen
Konzentration aufs Stammgeschäft: Vermieten, Sanieren
Ausarbeitung einer diesbezüglich schlüssigen Strategie und ihre Umsetzung in entsprechende Planungsschritte
kein neuer Leerstand
Halten der bisherigen Mieter durch verbesserte Ausstattung der Wohnungen, zusätzliche Serviceleistungen Gewinnen neuer Mieter durch intensive Werbemaßnahmen in lokalen und regionalen Zeitungen usw.
keine Neubauten in nächster Zeit
keine diesbezüglichen Aktivitäten und Planungen
städtebauliche Aktivitäten stark reduzieren
in Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden und den politisch Verantwortlichen
keine neuen Kredite aufnehmen
Konsolidierung der gegenwärtigen finanziellen Situation Rückführung der bestehenden Kredite nach Plan bzw. Möglichkeit
etwa 30 Häusern in den nächsten Monaten abreißen Tabelle 1-1 Ziele der Sonnenbau
z.B. Abriß von Häusern im Stadtviertel A; Abriß von Häusern in den Straßen B, C und D
Zwischen Abriß und Aufbruch
305
Aufgabe 3
Abbildung 1-1 Wirkungszusammenhänge
Erläuterung der Zusammenhänge
Fristigkeit
Sonnenbau - Auslastung
je besser Ausstattung und Service und umso attraktiver die Miete, je höher wahrscheinlich die Auslastung
mittelfristig
Konkurrenz - Ausstattung, Service, Miete
je besser Ausstattung und Service und umso mittelfristig attraktiver die Miete bei Sonnenbau, umso mehr Anstrengungen müssen auf Seiten der Konkurrenz unternommen werden
Sonnenbau - Finanzen
je höher die Mieteinnahmen, umso besser die finanzielle Lage
kurz- bis mittelfristig
Sonnen bau - Finanzen
je mehr zahlende Mieter, umso besser die finanzielle Lage
kurz- bis mittelfristig
Konkurrenz - Auslastung
je mehr Mieter zu Sonnenbau gehen, umso weniger Mieter bei Konkurrenz (gleichbleibende Einwohnerzahl vorausgesetzt)
mittelfristig
Wirkung von ... auf...
Sonnenbau Ausstattung, Service, Miete
Sonnenbau Auslastung
D - Öffentliche Wirtschaft
306 Sonnenbau Finanzen
Sonnenbau - Ausstattung
je besser die finanzielle Lage, umso mehr kann in Ausstattung und Service investiert und umso preiswerter können die Wohnungen angeboten werden
mittel- bis langfristig
Sonnenbau - Ausstattung
je besser Ausstattung und Service bei Konkurrenz, umso mehr muß Sonnenbau bieten bzw. je preiswerter Konkurrenz, umso attraktivere Mieten muß Sonnenbau anbieten
mittelfristig
Konkurrenz Ausstattung. Service, Miete
Sonnenbau - Auslastung
je mehr Einwohner, umso höher wahrlangfristig scheinlich die Auslastung (Gleichverteilung angenommen)
Konkurrenz - Auslastung
je mehr Einwohner, umso höher wahrlangfristig scheinlich die Auslastung (Gleichverteilung angenommen)
Sonnenbau - Ausstattung, Miete, Service
je niedriger die Mietpreisakzeptanz, umso niedriger müssen die Mieten angesetzt werden, um Mieter zu halten bzw. zu gewinnen
kurz- bis mittelfristig
Sonnenbau - Auslastung
je niedriger die Mietpreisakzeptanz, umso mehr Mieter wahrscheinlich bei Sonnenbau (bei gleichbleibender Mietpreislage in der Stadt)
mittel- bis langfristig
Konkurrenz - Ausstattung, Miete, Service
je niedriger die Mietpreisakzeptanz, umso niedriger müssen die Mieten angesetzt werden, um Mieter zu halten bzw. zu gewinnen
kurz- bis mittelfristig
Konkurrenz - Auslastung
je niedriger die Mietpreisakzeptanz, umso weniger Mieter wahrscheinlich bei Konkurrenz (bei gleichbleibender Mietpreislage in der Stadt)
mittel- bis langfristig
Einwohnerzahl
Mietpreisakzeptanz
Tabelle 1-2 Beschreibung der Wirkungsbeziehungen
3
0
-
2
2
0
0 0
3
0 0
3
Zeilensumme
-
3
h'i etr-n-; akzeptanz
Einwohnerzahl
0
Einwohnerzahl
K: Ausstattung, Service, Miete K: Auslastung
3
K: Auslastung
SB: Finanzen
3
-
Κ: Ausstattung, Service, Miete
SS; Ausstattung, Service, Miete SB: Auslastung
SB Finance;
von
SB Auslastung
Wirkung
SB: Ausstattung, Service, Miete
Aufgabe 4
2
2
0
0
10
0
3
0
0
6
0
0
0
0
3
-
3
0
0
7
0
-
0
0
3
-
0 0
2 3 0 2 3 0 7 14 6 4 Spaltensumm« 14 0 0 Bewertung der Einflüsse von 0 (kein bzw. sehr geringer Einfluß) bis 3 (starker Einfluß) SB = Sonnenbau; Κ = Konkurrenz Mietpreisakzeptanz
Tabelle 1-3 Bewertung der Einflüsse
3 6 10 X
307
Zwischen Abriß und Aufbruch Aufgabe 5
Aus obiger Matrix ergeben sich folgende Wertepaare: Sonnenbau - Ausstattung, Service, Miete (10;7), Sonnenbau - Auslastung (6;14), Sonnenbau - Finanzen (3;6), Konkurrenz - Ausstattung, Service, Miete (7;4), Konkurrenz - Auslastung (3; 14), Einwohnerzahl (3;0), Mietpreisakzeptanz (6;0).
Beeinflußbarkeit | Ε | KAI
Einwohnerzahl Konkurrenz - Auslastung
KM J Konkurrenz - Ausstattung, Service, Miete | Μ |
Mietpreisakzeptanz
SA|
Sonnenbau - Auslastung
SF
Sonnenbau - Finanzen
SM I
Sonnenbau - Ausstattung, Service, Miete
Einflußnahme
Abbildung
1-2 Intensitätsportfolio
für die Gesellschaft
Sonnenbau
Sonnenbau - Ausstattung, Service, Miete: aktiver Faktor, tendiert zum kritischen Bereich; wird von den übrigen Faktoren stark beeinflußt und wirkt auch auf diese stark; Veränderungen (z.B. Mieterhöhungen, Verbesserung der Ausstattung, Anbieten/Streichen von Serviceleistungen) sollten aufgrund der Auswirkungen auf die übrigen Bereiche (Auslastung, Finanzen) wohlüberlegt sein Sonnenbau - Auslastung: reaktiver Faktor; die Auslastung ist stark abhängig von den anderen Faktoren; ergibt sich aus Attraktivität für den Mieter (Ausstattung, Service, Miete), dem diesbezüglichen Angebot der Konkurrenz, der allgemeinen Mietpreisakzeptanz und der Einwohnerzahl; Veränderungen bei der Auslastung sind nur über Veränderungen bei diesen anderen Faktoren herbeizuführen; diese wiederum können nur bedingt von der „Sonnenbau" beeinflußt werden Sonnenbau - Finanzen: träger Faktor; finanzielle Lage ist stark abhängig von Auslastung und Mieteinnahmen; entscheidet darüber, inwieweit in Ausstattung und Service investiert werden kann Konkurrenz - Ausstattung, Service, Miete: träger Faktor mit Tendenz zum aktiven Bereich; beeinflußt Ausstattung, Service, Miete und Auslastung der „Sonnenbau"; träge Komponente resultiert daher, daß unter „Konkurrenz" verschiedene Anbieter
D - Öffentliche Wirtschaft
308
zusammengefaßt werden, die als Gesamtheit eher träge auf Veränderungen bei der „Sonnenbau" reagieren Konkurrenz - Auslastung: reaktiver Faktor; die Auslastung ist stark abhängig von verschiedenen Faktoren; ergibt sich aus der Attraktivität für den Mieter (Ausstattung, Service, Miete), dem diesbezüglichen Angebot der Konkurrenz, der allgemeinen Mietpreisakzeptanz und der Einwohnerzahl Einwohnerzahl: träger Faktor; wird von den hier einbezogenen Faktoren beeinflußt; wirkt auch generell träge, d.h. reagiert eher langsam auf Veränderung der Rahmenbedingungen; kann als Frühwarnindikator dienen Mietpreisakzeptanz: träger Faktor mit Tendenz zum aktiven Bereich; wird von den hier einbezogenen Faktoren nicht beeinflußt; ist trotz der Zuordnung zum trägen Bereich wichtiger Faktor, entscheidet in den unteren und mittleren sozialen Schichten meist darüber, ob eine Wohnung gemietet wird oder nicht; kann als Frühwarnindikator dienen Aufgabe 6 Kategorien
Faktoren •
steuerbare Faktoren
wirksam steuerbare Faktoren
nicht oder nur unwesentlich steuerbare Faktoren
Frühwarnindikatoren
Wohnungsausstattung
•
Miete
•
teilweise Umfeld der Hauser
•
Mieterzufriedenheit
•
Wohnungsausstattung
•
Miete
•
teilweise Umfeld der Häuser
•
Miete, Ausstattung von Wohnungen der Konkurrenz
•
Zahl der Konkurrenten
•
Fördergelder
•
Einwohnerzahl
•
Arbeitsmarktsituation
•
Einkommenssituation
•
Kaufkraft
•
Geschäfts-/ Industrieansiedlungen
•
Stadtplanung/ Stadtentwicklung
•
Einwohnerzahl
•
Arbeitsmarktsituation
•
Einkommenssituation
•
Geschäfts-/ Industrieansiedlungen
•
Stadtplanung/ Stadtentwicklung
Tabelle 1-4 Von der Sonnenbau steuerbare und nicht steuerbare Faktoren
Zwischen Abriß und Auforuch
309
Aufgabe 8 Verkauf: •
evtl. Häuser bzw. Wohnungen verkaufen
•
Vorsicht! auf Ausgewogenheit des Portfolios achten, nicht alle attraktiven Immobilien verkaufen und auf den unattraktiven sitzen bleiben
Abriß: •
unattraktive Häuser abreißen, sofern zu verantworten
•
Denkmalschutz, städtebauliche Aspekte beachten
•
was soll mit den Flächen danach geschehen?
Service: •
Ausbau der Servicepalette,
welche Leistungen, Kosten?
•
Umzugshilfe: Organisation von z.B. Möbelwagen, Möbelträger, neuen Telefonanschluß, Fernsehanmeldung, verschiedene Handwerker preiswerter, wenn über Sonnenbau beauftragt (= Entgelt so ermitteln, daß für Gesellschaft keine überdurchschnittlich hohen Kosten entstehen); Entrümpelungsservice
•
Mitgliedskarte: Vergünstigungen bei verschiedenen Anbietern (z.B. Urlaub, Auto, Freizeiteinrichtungen)
•
Gästewohnungen: wenn Besuch kommt und Mieter nicht genügend Platz in der Wohnung hat (= zusätzliche Einnahmen)
•
Urlaubsservice: Mitarbeiter der Sonnenbau gießen gegen geringes Entgelt Blumen, leeren Briefkästen, schauen nach dem Rechten (= Entgelt so ermitteln, daß für Gesellschaft keine überdurchschnittlich hohen Kosten entstehen)
•
Partyräume: Sonnenbau stellt in einigen Häusern Räume zur Verfügung, die Mieter für Partys günstig mieten können (= zusätzliche Einnahmen)
•
Hobbyräume: leerstehende Wohnungen könnten von Mietern zusätzlich günstig angemietet werden, beispielsweise als Hobbyraum (= zusätzliche Einnahmen)
Aufgabe 9 •
Abriß genehmigen, wenn aus betriebswirtschaftlicher Sicht notwendig und aus städtebaulicher Sicht und vom Denkmalschutz her vertretbar; jedoch auch klären, was mit Flächen danach geschieht
•
versuchen, Bevölkerungsrückgang zu stoppen, d.h. Menschen in der Stadt halten bzw. zum Herziehen bewegen
•
Geschäfts- und Firmenansiedlungen erleichtern, um Schaffung neuer Arbeitsplätze zu begünstigen
•
versuchen, eine höhere Bildungseinrichtung in der Stadt anzusiedeln
•
d.h. Stadt sowohl für (potentielle) Einwohner als auch Investoren attraktiver gestalten
310
D - Öffentliche Wirtschaft
,Das Geld ist rund, es muß rollen." (Sprichwort aus Frankreich285)
Wir befinden uns in Plauen, dem wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Vogtlandes. Die kreisfreie Stadt zählt rund 70.000 Einwohner und liegt im Vierländereck Sachsen, Thüringen, Bayern und Böhmen. Nach der Wende wuchsen in den Neuen Bundesländern die Einkaufszentren an den Stadträndern wie Pilze aus dem Boden. Wirtschaftsforderung und das Versprechen, blühenden Landschaften zu gestalten, taten das ihrige. So kam es, daß an den großen Zufahrtsstraßen zu Plauen vier riesige Einkaufszentren „auf der grünen Wiese" entstanden: ein Globus-Warenhaus mit 25.000 m2 Verkaufsfläche, ein Kaufland- Warenhaus und zwei real-Märkte (nunmehr ebenfalls Kaufland) mit je 15.000 m2. Bei einer Einwohnerzahl von rund 70.000 Einwohnern bedeutete dies 1 m2 Verkaufsfläche pro Einwohner allein durch diese Einkaufszentren, die Einkaufsangebote in der Innenstadt nicht mitgerechnet.286 Erst 1997 war dort ein neues Einkaufszentrum eröffnet worden. In der Stadt gibt es - wie in vielen anderen Städten auch - Parkplatzprobleme. Deshalb und auch aus Gründen der Bequemlichkeit (Trend zum „One-StopShopping") ziehen es viele Menschen vor, in die Großmärkte mit dem Parkplatz vor der Tür zu fahren. Hinzu kommt, daß auch Jahre nach der Wende immer noch einige der Ansicht sind, in der nahegelegenen bayrischen Stadt Hof sei das Angebot größer, besser und preiswerter. Passantenzählungen brachten dann an den Tag, was sowieso jeder schon vermutet hatte: die Plauener Innenstadt ist nicht attraktiv genug. Obendrein zerfallt die Innenstadt in zwei Shopping-Zonen: in die um den Alt- und Klostermarkt einerseits und die Bahnhofstraße andererseits. Das „Zwischenstück" bildete bis dahin eine weitläufige Grünanlage mit Springbrunnen und vielen Sitzgelegenheiten und die Zentralhaltestelle der Straßenbahn. Man war sich einig, daß irgendwie eine Verbindung geschaffen werden müßte, um diese beiden Teile zu verbinden und die Passanten und potentiellen Einkäufer somit „elegant" von einem Teil in den anderen zu leiten. Die Stadtväter sahen es natürlich nicht gerne, daß die Kaufkraft aus der Stadt gezogen wurde. Einer Statistik der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe zufolge werden in Plauen nur 22 % des Einzelhandelsumsatzes in der Innenstadt erwirtschaftet, der Bundesdurchschnitt liegt bei 40 %. Dabei liegt
285
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 422 Laut einer Statistik des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (http://www.einzelhandel.de, 11.10.2000) stehen jedem Bundesbürger 1,2 m2 Verkaufsfläche zur Verfügung. In Plauen wurde diese Fläche nahezu schon allein durch die vier Einkaufszentren erreicht. 286
Die Stadtgalerie
311
die Kaufkraft der Region derzeit weit über dem Durchschnitt der Neuen Bundesländer und dem von Sachsen.287 Die Stadtverwaltung beschloß daher, etwas Großes in die Wege zu leiten, keine bruchstückhaften Marketingaktionen, nein: ein neuer Einkaufsmagnet muß her. Die große Grünfläche, mit der sowieso kein Umsatz erwirtschaftet werden kann, bot sich dazu geradewegs an.
Plauens Zentrum einst (bis 2001)
und jetzt
Ein Partner wurde schnell gefunden - eine Projektmanagement-Gesellschaft aus Hamburg, die bereits den Leipziger Hauptbahnhof umgestaltete und zahlreiche weitere Referenzobjekte vorweisen konnte. Verschiedene Rechnungen und Szenarien (254.000 Menschen sollen die Stadtgalerie innerhalb von 30 Minuten erreichen) ließen die Plauener Innenstadt gedanklich bereits zu einer florierenden „Shopping City" wachsen. Als den in der Innenstadt ansässigen Einzelhändlern klar wurde, welcher „Einkaufsmagnet" bald vor ihrer Tür entstehen würde, gab es natürlich nicht nur Befürworter. Solch ein riesiges Einkaufszentrum würde sicher potentielle Käufer in die Stadt locken. Aber wenn man dort alles bekommen könnte, was das Herz begehrt - wer würde dann noch in den kleinen Läden kaufen? Durch ein neues Einkaufszentrum steigt ja nicht die Kaufkraft der Bevölkerung, sie wird praktisch nur umverteilt. Plan der Projektmanagement-Gesellschaft war es, eine Stadtgalerie mit rund 14.000 m2 Verkaufsfläche zu errichten, die 80 Fachgeschäfte bzw. Dienstleister - vorrangig deutschlandweit aktive Ketten - beherbergen soll. Zudem sollen in einer Tiefgarage 750 Parkplätze für Kunden geschaffen werden. Als erste Entwürfe des Zentrums publik wurden, fanden diese alles andere als ungeteilte Zustimmung - angesichts der geplanten Größe traten immer mehr Zweifel auf, ob sich das Bauwerk harmonisch ins Stadtbild einfügen könnte.
287
vgl. Stadt Plauen, http://www.plauen.de, 11.10.2000
312
D - Öffentliche Wirtschaft
Zum Schutze ihrer Interessen gründeten verschiedene Einzelhändler eine Initiative. Diese hatte insofern Erfolg, daß ein Volksentscheid eingeleitet werden mußte und die potentielle Projektgesellschaft aufgefordert wurde, ihre Entwürfe zu überarbeiten. In der Folge wurde das Objekt verkleinert, dessen Fassade stärker strukturiert. Ende 1999 stimmten die Plauener Bürger schließlich über den Bau des Einkaufszentrums ab: knapp zwei Drittel entschieden sich dafür, und somit wurde die Stadtgalerie gebaut. Der symbolische erste Spatenstich wurde im Frühjahr 2000 vom Oberbürgermeister gesetzt. Eröffnet wurde die Galerie wie geplant im Herbst 2001. Aufgabe 1 Inwiefern könnten die Einzelhändler vom Bau der Stadtgalerie profitieren? Aufgabe 2 Erstellen Sie ein Szenario288 für eine mögliche Entwicklung aus Sicht der Einzelhändler! Aufgabe 3 Untersuchen Sie die Steuerungsmöglichkeiten im beschriebenen Szenario aus Sicht der Einzelhändler! Aufgabe 4 Wie schätzen Sie Sinnhaftigkeit und die Erfolgschancen von derartigen Einkaufszentren im allgemeinen ein?
288
siehe Kasten Seite 56
Die Stadtgalerie
313
Lösung Aufgabe 1 •
einheitliche Öffnungszeiten, vielleicht ein wenig länger als bisher, evtl. an Öffnungszeiten der Stadtgalerie anpassen
•
Entwicklung eines Konzeptes zur Einheitlichen Vermarktung der Einzelhandelsgeschäfte: Gemeinschaftswerbung, gemeinsames Logo, gemeinsame Aktivitäten, Aktivitäten auch gemeinsam mit Stadtgalerie -» z.B. Frühlingsfest, Sommerfest, Herbstfest, Weihnachtsmarkt, in dieser Zeit evtl. liberalisierte Öffnungszeiten (stets auch abhängig von der Gesetzeslage)
•
mit der Stadt gemeinsam Konzept zur Schaffung einer angenehmen Einkaufsatmosphäre entwickeln (Bänke, Blumen usw.)
•
Möglichkeit, sich in der Galerie im Rahmen von Festwochen o.ä. zu präsentieren
•
zu Festen und Aktivitäten Standgebührenreduzierung
•
möglicherweise verstärkte Ansiedlung von Gastronomiebetrieben (für jede Altersgruppe etwas)
•
Anbindung des öffentlichen Nahverkehrs optimieren
•
günstige Zufahrtswege zur Innenstadt, Parkmöglichkeiten, Parkleitsysteme, günstige Parkgebühren (z.B. Parkhaus in der Stadtgalerie; Kunden stellen Pkw dort ab und besuchen auch andere Geschäfte außerhalb der Galerie), evtl. zu Festen kostenlos parken
Aufgabe 2
Umweltsegment
Trendaussage 0 ) nimmt zu P) nimmt ab W) nimmt minimal zu
++
Kaufkraft
0 ) bleibt gleich P) nimmt zu W) nimmt zu
+/-
Bequemlichkeit
++
Image bei den Kunden
0 ) sehr gut mit starken Ausstrahlungseffekten auf gesamte Innenstadt P) sehr gut, restliche Innenstadt profitiert aber nur wenig davon W) gut, mit Ausstrahlungseffekten auf gesamte Innenstadt 0 ) maßig
+/-
Kunden
Konkurrenz I
Wirkung auf Einzelhändler
Schlüsselfaktoren
(Stadtgalerie als Ganzes) Wettbewerbsvorteile
P) sehr groß
-
+
-
+
—
W) groß Konkurrenz II (in Stadtgalerie eingemietete Einzelhändler)
Angebot
0 ) ergänzt sich mit dem eigenen (Komplementärartikel) P) es werden die selben Produkte angeboten (Substitutionsartikel) W) sowohl Komplementär- als auch Substitutionsartikel im Angebot
++
+/-
Ό - Öffentliche Wirtschaft
314
Konkurrenz II (in Stadtgalerie eingemietete Einzelhändler)
bereite ansässige Einzelhändler
+
Image bei den Kunden
0) wie das der ansässigen Einzelhändler P) sehr hoch, profitiert von Stadtgalerie W) höher als das der ansässigen Einzelhändler
Wettbewerbs vortei le
0 ) wie die eigenen P) viel größer als die eigenen W) größer als die eigenen
+
Umsatz
0) schadet dem eigenen nicht zu stark P) sehr hoch, so daß eigener sehr darunter leidet W) zumindest anfangs hoch
++
Angebot
O) ergänzt sich mit dem der Konkurrenz (Komplementärartikel) P) es werden die selben Produkte angeboten (Substitutionsartikel) W) sowohl Komplementär- als auch Substitutionsartikel im Angebot
++
Image bei den Kunden
O) nimmt aufgrund eines positiven Images der Galerie stark zu P) sinkt aufgrund der Attraktivität der neuen Einkaufsgelegenheiten W) profitiert etwas von Konkurrenz 0 ) auch bei Konkurrenz eher mäßig P) Konkurrenz hat viel größere W) Konkurrenz hat größere
+
Wettbewerbsvorteile
0 ) bleibt gleich P) nimmt sehr stark ab W) nimmt zumindest anfangs ab
+
Umsatz
Kooperationsbereitschaft generell
0 ) verbessert sich P) verschlechtert sich W) verbessert sich
+
Parkplatzsituation Stadt Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs
0 ) verbessert sich P) verschlechtert sich W) verbessert sich ein wenig O) verbessert sich P) verschlechtert sich W) bleibt gleich
0) flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten P) keine Verbesserung W) flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten (0) optimistisches Szenario; (P) pessimistisches Szenario; (W) wahrscheinliches Szenario Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis - (sehr negativ) Sonderregelungen der Ladenöffnungszeiten
Tabelle 2-1 Mögliche Entwicklungen
+/-
+/-
+
+
++ +
+ +/-
+ +/+
Die Stadtgalerie
315
Aufgabe 3 Kategorien
steuerbare Faktoren
wirksam steuerbare Faktoren
nicht oder nur unwesentlich steuerbare Faktoren
Frühwarnindikatoren
Faktoren •
eigenes Angebot
•
eigenes Image bei den Kunden
•
eigener Umsatz
•
Kooperationsbereitschaft der Stadt
•
Sonderregelungen der Ladenöffnungszeiten
•
eigenes Angebot
•
eigenes Image bei den Kunden
•
eigener Umsatz
•
Kaufkraft der Kunden
•
Bequemlichkeit der Kunden
•
Angebot der Konkurrenz
•
Image der Konkurrenz bei den Kunden
•
Wettbewerbsvorteile der Konkurrenz
•
Umsatz der Konkurrenz
•
Parkplatzsituation
•
Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs
•
Kaufkraft der Kunden
•
Angebot der Konkurrenz
Tabelle 2-2 Aus Sicht der Einzelhändler steuerbare und nicht steuerbare Faktoren
Aufgabe 4 •
die Kaufkraft nimmt durch Bau solcher Zentren nicht zu, sondern wird nur verlagert
•
in Zeiten, in denen es sowieso schon zu viele Geschäfte gibt, ist solch ein zusätzliches Angebot fraglich
•
Individualität des Einzelhandels geht völlig verloren, weil überall die gleichen Ketten mit den gleichen Waren auftauchen
•
durch das nun geballte Angebot „unter einem Dach" entstehen ringsherum Leerstände, ehemals belebte Einkaufsstraßen haben es zunehmend schwerer oder sterben ganz ab
•
meist tun die nicht gerade charmanten Baulichkeiten dem Stadtbild nicht gerade gut
•
langfristige Belebung der Innenstadt fraglich - Bequemlichkeit der Leute führt dazu, daß eher auf der grünen Wiese, wo es mehr Parkmöglichkeiten gibt, einzukaufen
•
im Falle, daß sich Zentrum als Flop erweist, bleibt „Investitionsleiche" übrig, die für andere Zwecke nur schwer verwertbar ist
316
D - Öffentliche
Wirtschaft
Das ist die Plauener Innenstadt heute, ein Jahr nach der Eröffnung der Galerie: •
etliche in Plauen bereits vorhandene, deutschlandweit tätige Einzelhandelsketten siedelten um in die Stadtgalerie; die Folge: von diesen Geschäften zuvor genutzte Immobilien stehen großteils leer
•
bei der Zusammenstellung der Geschäfte für die Stadtgalerie wurde immer von einem guten Branchenmix gesprochen; Tatsache ist, daß es sich nun bei den vertretenen Geschäften zu 50 % um Anbieter von Bekleidung und Schuhen handelt; dagegen gibt es beispielsweise in der gesamten Innenstadt kein einziges Fachgeschäft für Schreibwaren mehr - auch nicht in der Stadtgalerie! (der Kunde kann diesbezüglich seinen Bedarf im Drogeriemarkt, im Spielwarengeschäft oder in der Filiale der Deutschen Post befriedigen)
•
trotz der Prognosen, daß die Galerie positive Effekte auf die ansässigen Einzelhändler ausüben würde, sehen sich immer mehr Händler zum Aufgeben gezwungen
•
insbesondere der obere Teil der Bahnhofstraße „stirbt" langsam aus bzw. „verkommt" zur „Gemischtwarenmeile"; bekannte Einzelhandelsketten mit qualitativ hochwertiger Ware und auch einheimische Händler haben sich bereits zurückgezogen; nun dominieren Billiganbieter; die noch in der Bahnhofstraße aktiven Händlern gehen davon aus, daß die beiden Einkaufscenter den größten Teil der Kundschaft abfangen
Corporate Image: Wir zeigen Euch, wo 's lang geht
317
„Gut gebrüllt, Löwe!" (William Shakespeare, Ein Sommernachtstraum289)
Das Einkaufszentrum „Kaufrausch" hatte nach knapp zweijähriger Bauzeit und massiven Bürgerprotesten im Vorfeld in der Innenstand von Waldberg eröffnet. Es konnte zwar nicht gerade als Meisterleistung der optischen Anpassung an sein Umfeld bezeichnet werden, doch der Großteil der Bürger konnte sich nun damit abfinden und war mit dem Angebot an sich zufrieden. Von seiten des Einkaufszentrums war man bemüht, sich im Stadtgeschehen zu integrieren, beteiligte sich an gemeinsamen Aktionen mit anderen Händlern und organisierte gemeinsam mit der Stadt schon einige Veranstaltungen. Mitte November, als man die Pläne fur den diesjährigen Weihnachtsmarkt bekanntgab, äußerte ein Bereichsleiter des Einkaufszentrums: „Die bisherigen Weihnachtsmärkte der Stadt waren nichts besonderes. Außer Bratwurstständen und Glühwein gab es doch dort nichts. Wir werden den Einwohnern einmal zeigen, wie ein richtiger Weihnachtsmarkt aussieht." Daß sich der Bereichsleiter damit nicht nur Freunde schuf, war vorherzusehen ... Die Einwohner der Region, die großen Wert auf ihre Traditionen im Zusammenhang mit der Adventszeit legen, fühlten sich verletzt. In der regionalen Tageszeitung häuften sich die Leserbriefe zum Thema. Von seiten des Einkaufszentrums versuchte man nun gegenzusteuern: Es wäre doch alles nicht so gemeint gewesen. Pünktlich zwischen Volkstrauertag und Totensonntag wurde der Weihnachtsmarkt in der dreietagigen Shopping-Mall eröffnet. Angesichts der an jeder Ecke stehenden, uniformen Weihnachtsbäume und der zahllosen Girlanden, die sich um jedes Geländer und jeden verfugbaren Stützpfeiler wanden, fand sich der Kunde noch schlechter zurecht als vorher. Im gut geheizten Einkaufszentrum konnte man sich nun heißen Glühwein und Leckereien von verschiedenen Bäkkereien schmecken lassen. In marktschreierischer Manier wurden in der Region der weltberühmten geschnitzten und gedrechselten Holzartikel nun gläserne Kerzenhalter mit eingelassenen Blumen - Marke „irgendwas von irgendwo" angeboten. Während der verbleibenden fünf Wochen bis Weihnachten sollte täglich der Weihnachtsmann einen Besuch abstatten. Genervte Eltern machten in dieser Zeit mit ihrem quengelnden Nachwuchs vielleicht lieber einen Bogen um das Zentrum. Aufgabe Wie schätzen Sie das Image des Einkaufszentrums in der Bevölkerung ein? Welche Fehler wurden gemacht? Was hätte man anderes machen können?
289
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 61
318
D - Öffentliche
Wirtschaft
Lösung Image •
Image wird durch den Vorfall gelitten haben, nachdem man im Vorfeld des Baus ohnehin schon geteilter Meinung war
Fehler •
aufgrund der nicht beachteten Spezifika der Region wurden unzweifelhaft schwere „interkulturelle" Fehler gemacht
•
mehr noch: die in der Gegend hochgeschätzte Tradition wurde in der Tat mißachtet
•
gleichzeitig wurde mit großem Werbegetöse versucht, einschlägige 08/15Massenware an die Frau bzw. den Mann zu bringen
•
die Eröffnung des Weihnachtsmarktes wurde zeitlich völlig deplaziert angesetzt
•
statt nach dem Grundsatz „weniger ist mehr" vorzugehen, wurde bei Dekoration und Aufmachung das Prinzip „zuviel ist zuviel" verfolgt
•
auf Mißfallenskundgebungen von Seiten der Bevölkerung wurde nicht in geeigneter Weise reagiert
•
insgesamt hat man zu wenig Einfühlungsvermögen und Geschick in der Sache verwiesen, indem man davon ausgegangen ist, daß Standartkonzepte überall ohne weiteres erfolgreich sind
Alternativen •
regionale Eigenheiten berücksichtigen
•
Standardisierung nur, wenn sich dies mit Umfeld vereinbaren läßt
•
mit Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl agieren
Müll, Müll und nochmals Müll
319
4 Müll, Müll und nochmals Müll „Das Symbol der Wohlstandsgesellschaft ist die wegwerfende Handbewegung." (Werner Mitsch, deutscher Aphoristiker290)
Im Landkreis Bädereck wächst den Einwohnern der Müll über den Kopf. Die vorhandenen Mülldeponien sind z.T. schon geschlossen bzw. nur noch für ein bis zwei Jahre nutzbar. Bereits seit langem sucht man nach Alternativen der Müllbeseitigung. Vor Jahren gab es schon klare Konzepte zum Bau der einen oder anderen Müllverbrennungsanlage. Ihre Realisierung scheiterte jedoch stets am Protest der Kommunen bzw. ihrer Bürger.
Müllentsorgung in Deutschland (Mio. t pro Jahr)
• Recycling, Verwertung • Deponie •Verbrennung
Zusammensetzung der Siedlungsabfälle
• Hausmüll, Gewerbeabfälle • g e t r e n n t e r Abfall (Glas, Papier usw.) • Sperrmüll • Gartenabfälle Β Biotonne • Straßenkehricht • sonstige Abfälle
Abbildung 4-1 Müll in Deutschland291
290
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002 91 vgl. o.V.: Brennpunkt Müllverbrennung, in: Focus, 18.03.2002, 32
320
D - Öffentliche
Wirtschaft
Das Verfahren sowie die Gebühren der Müllbeseitigung regeln die kommunalen Satzungen. Einen entscheidenden Punkt im Rahmen dieser Satzungen stellt der Anschluß- und Benutzungszwang dar. Das heißt, die Bürger sind verpflichtet, die Müllbeseitigungseinrichtungen in Anspruch zu nehmen und für diese Leistung zu zahlen. Dadurch werden zwar private Müllablagerungen („wilde Halden") verhindert. Gleichzeitig wird aber der Anreiz, weniger Müll „zu produzieren" gedämpft, da Müllgebühren nach bewohnten Quadratmetern bzw. der Personenzahl im Haushalt und nicht nach tatsächlichem Müllanfall zu entrichten sind. Es bestünde u.U. die Möglichkeit, Müll zu anderen, noch aufnahmefähigen Deponien zu transportieren. In diesem Zusammenhang brachte ein Abgeordneter des Landtages kürzlich das Prinzip der Müllumladestationen ins Spiel. Um das Müllerfassungssystem unter Nutzung der vorhandenen Fahrzeuge beibehalten zu können, wird eine Müllumladung in noch zu errichtenden Müllumladestationen erforderlich. Hier wird der Müll zur Reduzierung seines Volumens gepreßt und anschließend auf Großraumfahrzeuge verladen, die den Transport über größere Strecken effektiver gestalten. Diese Müllumladestationen könnten an den Standorten der zu schließenden Deponien errichtet werden. Wohin der Transport der umgeladenen Mülls erfolgen soll, müßte allerdings noch geklärt werden. Aufgabe 1 Welche Vor- und Nachteile sind mit solch einer Müllumladestation verbunden? Aufgabe 2 Welche Alternativen zur Lösung des Müllproblems gibt es? Was sind deren Vor- und Nachteile? Aufgabe 3 Untersuchen Sie die Steuerbarkeit wichtiger diesbezüglicher Faktoren aus Sicht der Gemeinden im Landkreis Bädereck! Begründen Sie Ihre Erkenntnisse!
321
Müll, Müll und nochmals Müll Lösung Aufgabe 1
Vorteile: Das Müllproblem ist kurzfristig gelöst. Es muß (jetzt) keine Verbrennungsanlage gebaut werden, die Eröffnung einer neuen Deponie ist (jetzt) auch nicht nötig. Nachteile: Allerdings wird das Müllproblem nicht wirklich gelöst, sondern nur verlagert, sowohl räumlich als auch zeitlich. In absehbarer Zeit werden auch die Deponien, auf die Müll nach der Umladung transportiert wird, voll sein. Zudem fallen Kosten für die Errichtung der Umladestationen sowie für die Mülltransporte an. Die „Lösung" des Problems trägt nicht zu einer Bewußtseinsänderung bei, sondern gaukelt den Bürgern vor, man könne weiterleben (und Müll „produzieren") wie bisher. Aufgabe 2
Bürgerproteste [ Proteste der Kommunen
Müllverbrennungsanlagen
kein Anreiz zur Müllvermeidung, -trennung
pauschal zeitlich und räumlich begrenzt nutzbar
Mülldeponien
J1
| Transportkosten | -
Berechnung der MUllgebOhren
Müllumladestationen
Verlagerung des Problems
Anreiz zur Müllvermeidung, -trennung
nach tatsachlicher Menge
Müllbeseitigung Müllvermeidung
Bewußtsein der Konsumenten
Vorhandensein von Sammelstellen Transportwege zur Wiederaufbereitung |
effektivere Mülltrennung sinnvolle Wiederverwendung
X Restmüll
J Papier
I I Kunststoffe Ι I
Glas
Bioabfall
|
r j Energiegewinnung^ -fwärmegewinnung |
|
Recycling |
Biogasgewinnung Η
|
Aufwand/Kosten
|
[Verwendbarkeit der Recyclingprodukte |
Abbildung 4-2 Möglichkeiten der Müllentsorgung
Reststoffe Zusatzstoffe für Büden
D - Öffentliche Wirtschaft
322 Aufgabe 3 Kategorien
steuerbare Faktoren
wirksam steuerbare Faktoren
nicht oder nur unwesentlich steuerbare Faktoren
Frühwarnindikatoren
Faktoren
Begründung
•
Müllbeseitigung
Verfahren der Müllbeseitigung sind in Satzung festgelegt
•
Müllgebühren
Höhe der Gebühren wird in Satzung festgelegt
•
Müllverwertung
Verfahren der Müllverwertung regelt ebenfalls Satzung
•
Müllvermeidung
über Müllgebühren, wenn diese in Abhängigkeit von der Müllmenge erhoben werden - * je höher Gebühren, umso mehr wird Bürger bestrebt sein, seinen Müll zu reduzieren
•
Müllbeseitigung
Verfahren der Müllbeseitigung sind in Satzung festgelegt
•
Müllgebühren
Höhe der Gebühren wird in Satzung festgelegt
•
Müllverwertung
Verfahren der Müllverwertung regelt ebenfalls Satzung
•
Müllvermeidung
über Müllgebühren, wenn diese in Abhängigkeit von der Müllmenge erhoben werden -> je höher Gebühren, umso mehr wird Bürger bestrebt sein, seinen Müll zu reduzieren
•
Müllvermeidung
wenn Müllgebühren pauschal, d.h. unabhängig von tatsächlicher Müllmenge erhoben werden, fehlt Anreiz
•
Bewußtsein der Bürger
Gemeinden werden es durch Appelle o.ä. kaum schaffen, alle Bürger zur Müllreduzierung + Mülltrennung zu bewegen (wäre allerdings indirekt Uber von Müllmenge abhängige Gebühren steuerbar)
•
Müllaufkommen der ändert sich nicht von heute auf morgen; Trend ist ablesbar Haushalte
•
Wachstum der Müllhalden
steht in engem Zusammenhang mit Müllaufkommen der Haushalte; ebenfalls langfristig beobachtbar und meßbar
Tabelle 4-1 Steuerbarkeit der Faktoren aus Sicht der Gemeinden
Erlebnis Eisenbahn
323
5 Erlebnis Eisenbahn „Steile Strecken, atemberaubende Gebirgsbahnen und gewaltige Lokomotiven ingenieurtechnische Meisterleistungen ermöglichten die Erschließung der faszinierenden Bergwelt der Alpen durch die Eisenbahn."292
Die drei Gebirgsgemeinden Blautal, Tannendorf und Sonnenberg, entlang einer landschaftlich und eisenbahntechnisch äußerst interessanten Bahnstrecke gelegen, sind auf der Suche nach einer neuen touristischen Attraktion. Während einer ,.fact-finding-mission" lernte der Bürgermeister von Tannendorf, Herr Theodor Tannhauer, einen sogenannten „Eisenbahn-Erlebnis-Pfad" kennen, der ihn sofort faszinierte.
Gut zu Fuß entlang der Bahn
Zugverkehr im Minutentakt
Auf mehreren Kilometern Wegstrecke, die neben dem Ausgangs- und Endpunkt verschiedene Zugangsmöglichkeiten aufweist, kann der Eisenbahninteressierte und Wanderer dort Eisenbahntechnik hautnah erleben und erhält auf zahlreichen Informationstafeln Auskünfte zur Eisenbahn, zur Geschichte der Bahnstrecke und der Region. Die Strecke führt den Wanderer entlang der Bahnlinie, hindurch unter Brücken und über Berge, die die Bahn in Tunneln durchquert. Gute Kondition und festes Schuhwerk werden dabei vorausgesetzt. Der Sicherheit wegen ist der von Tannhauer besuchte Pfad nur in den Sommermonaten geöffnet. 293
292
o.V.: Die schönsten Alpenbahnen, München 2000 (Klappentext) In der Schweiz wurden zwei derartige Erlebnis-Pfade bereits erfolgreich eingerichtet. Der BLS-Erlebnis-Pfad befindet sich im Kanton Berner Oberland an der Lötschbergstrecke Spiez - Brig zwischen den Bahnhöfen Kandersteg und Frutigen (Gesamtlänge 5 km, Höhenunterschied zwischen Anfangs- und Endpunkt 317 m, eröffnet 1993). Der Bahnhistorische Lehrpfad der Rhätischen Bahn erstreckt sich entlang der Albulastrecke im Kanton Graubünden zwischen Preda und Bergün (Gesamtlänge 8 km, Höhenunterschied zwischen Anfangs- und Endpunkt 416 m, eröffnet 1985). 293
D - Öffentliche Wirtschaft
324
Nun versucht Tannhauer gerade, seinem Gemeinderat und denen der beiden anderen Gemeinden diese Idee schmackhaft zu machen. Für ihn liegen die günstigen Voraussetzungen auf der Hand: Die Strecke verfügt auf engstem Raum über viele verschiedene eisenbahntechnische Kunstbauten, wie z.B. Viadukte, Brücken, Tunnel, Kehrtunnel und (Lawinen-)Galerien, verbunden mit einer reizvollen landschaftlichen Szenerie. Von Blautal über Tannendorf nach Sonnenberg überwindet die Bahnstrecke einen Höhenunterschied von etwa 400 m.
Partnerinnen von Eisenbahnfans haben es nicht immer leicht
Aufgabe 1 Was ist vor der Errichtung eines solchen Erlebnis-Pfades zu bedenken? Aufgabe 2 Stellen Sie den Wirkungszusammenhang der diesbezüglich bedeutenden Faktoren in einem Netzwerk294 dar! Erläutern Sie die Wirkungsbeziehungen kurz! Aufgabe 3 Welche Ziele könnte sich Bürgermeister Theodor Tannhauer zur Planung und Realisierung seines Vorhabens nun setzen? Aufgabe 4 Wie könnte der Erlebnis-Pfad vermarktet werden?
294
siehe Kasten Seite 37
325
Erlebnis Eisenbahn Lösung Aufgabe 1
Attraktivität/ Eignung der Strecke
allgemeinde Wegesicher hect, als Wanderweg ausbauen strikte Abtrennung zwischen Pfad und Gleisen + Bahnanlagen, keine "wilden" Übergänge
Informationen Schautafeln Begleithefte Familienfreundlichkeit -| z.B. Grillplätze L-l z.B. Spielplätze I Möglichkeiten der Verpflegung -]
Gasthauser
Li
Läden
Kombination mit anderen Attraktionen
Abbildung 5-1 Zu berücksichtigende Aspekte
326
D - Öffentliche
Wirtschaft
Aufgabe 2
Abbildung 5-2 Wirkungszusammenhänge
Wirkung von ... auf... Attraktivität
Finanzierung
Anbindung an infrastruktur Werbung
Erläuterung der Zusammenhänge je attraktiver die Strecke, umso mehr Touristen werZahl der Touristen den wahrscheinlich kommen je besser die finanzielle Lage, umso mehr kann in Werbung Werbung investiert werden je besser die finanzielle Lage, umso mehr kann in die Anbindung an Infrastruktur Anbindung an die vorhandene Infrastruktur bzw. die Erweiterung der Infrastruktur investiert werden je besser die finanzielle Lage, umso mehr InformatioInformationen nen (Schautafeln usw.) können bereitgestellt werden je besser die Anbindung an die Infrastruktur, umso Zahl der Touristen mehr Touristen werden wahrscheinlich kommen je mehr geworben wird, umso mehr Touristen werden Zahl der Touristen auf Erlebnis-Pfad aufmerksam
Erlebnis Eisenbahn Informationen
Kombination mit anderen Attraktionen
Familienfreundlichett
Verpflegungsmöglichkeiten
327
Zahl der Touristen
je mehr Informationsmaterial bereitgestellt wird, umso besser kann sich der Tourist über Pfad informieren
Zahl der Touristen
je besser der Eriebnis-Pfad mit anderen Attraktionen kombiniert wird (Werbung in Zusammenhang mit anderen Angeboten, Ausschilderung von einer Attraktion zur nächsten usw.), umso mehr Touristen werden wahrscheinlich kommen
Zahl der Touristen
je familienfreundlicher der Pfad gestaltet wird, umso mehr Touristen werden wahrscheinlich kommen
Attraktivität der Strekke/des Pfads
je familienfreundlicher der Pfad gestaltet wird, umso attraktiver der Pfad
Zahl der Touristen
je besser die Verpflegungsmöglichkeiten, umso mehr Touristen werden wahrscheinlich kommen
Attraktivität der Strekke/des Pfades
je besser die Verpflegungsmöglichkeiten, umso attraktiver der Pfad
Tabelle 5-1 Beschreibung der Wirkungsbeziehungen
Aufgabe 3 Ziel
Priorität
Einrichtung eines Eisenbahn-Erlebnis-Pfades
Oberziel
Zeitrahmen zur Erfüllung
Gemeinderäte begeistern
1
ein halbes Jahr
eine Art .Vorkonzept" erstellen
2
ein halbes Jahr (parallel)
Idee bei Bahn vorstellen; Bahn begeistern
3
ein halbes Jahr (parallel)
genaue Strecke auswählen
4
kurzfristig
gemeinsam Konzept entwerfen (evtl. lokalen Tourismusverband einbeziehen)
5
2 Monate
Risiken analysieren/Sicherheitscheck
6
2 Monate (parallel)
Trägerschaft, Verantwortung für Instandhaltung usw. klären
7
2 Monate (parallel)
Finanzierung klären
8
ein halbes Jahr
Projektierung und Einholung evtl. erforderlicher Genehmigungen
9
ein Jahr
Realisierung und Ausbau, d.h. Baubeginn, Koordination, Fertigstellung und Abnahme
10
ein Jahr
Abbildung 5-3 Ziele
Aufgabe 4 Der Erlebnispfad könnte über Fremdenverkehrsverbände, Plakate an Bahnhöfen der Region und an anderen touristischen Attraktionen, Faltblätter, Broschüren, Bahnund Wandermagazine, Videos und das Internet (Webseiten von Bahn, beteiligten Orten, Fremdenverkehrsverbänden, Wanderclubs usw.) vermarktet werden. Man sollte ihn ins Wanderwegenetz/-beschilderung integrieren, auf Zubringerstrecken ausschildern, zudem könnte man Sonderfahrten (Bahn, Reisebüros) und geführte Wanderungen anbieten. Außerdem könnten günstige Fotostandorte für Bahnaufnahmen (Licht, Zugdichte, Zugarten)bekanntgegeben werden.
328
D - Öffentliche Wirtschaft
6 Unsere Gemeinde soll attraktiver werden „Innovation beginnt im Kopf mit der kühnen Idee und dem Mut zum Risiko." (Björn Engholm295)
Erwin Eberlein, Bürgermeister von Blumenstadt, hat den Gemeinderat einberufen. Auf der Tagesordnung steht, wie schon bei zahllosen vorangegangenen Sitzungen, wieder nur ein Hauptthema: das Image und die Attraktivität der Gemeinde. Blumenstadt ist eine Gemeinde wie viele andere auch, aber gerade das stellt für Bürgermeister Eberlein das Problem dar. Es gibt nichts, aber auch gar nichts, wodurch sich Blumenstadt von seinen Nachbargemeinden unterscheidet. Warum sollen dann Touristen oder Investoren ausgerechnet nach Blumenstadt kommen?
Bisher wurden schon einige Versuche unternommen, der Gemeinde ein besonderes Image zu geben. Dies alles war aber mehr oder weniger unkoordiniert, da auf Einzelinitiativen basierend, und zum Teil auch halbherzig geschehen. Da sich nicht sofort sichtbare Erfolge zeigten, verloren manche Initiatoren schnell wieder die Lust. Außerdem war man sich nie so ganz einig geworden, was man 295
vgl. Das Große Ζ - Die Zitate- und Aphorismendatenbank im Internet, http://www.das grossez.de, 16.09.2002
Unsere Gemeinde soll attraktiver werden
329
eigentlich durch die Aktionen erreichen wollte. Während der Bürgermeister beispielsweise die Region hauptsächlich für Touristen attraktiver gestalten will, drängt der Kämmerer auch auf eine attraktivere Gestaltung für Investoren. Schließlich könnten deren Steuern ja zur Verbesserung der Finanzlage der Gemeinde beitragen. Dabei denkt er aber weniger an Industriebetriebe, als vielmehr an Dienstleister. Insgesamt ist man sich aber einig, daß ein positives Image aufgebaut werden muß. Doch wie? Wichtig ist allen nur, daß aufgrund der recht angespannten Lage des Gemeindebudgets keine unnötigen Verluste produziert werden. Um nicht länger nur herum zu diskutieren, sondern den Worten die sprichwörtlichen Taten folgen zu lassen, beschließt man nun einstimmig, innerhalb der nächsten zwei Wochen eine Projektgruppe, bestehen aus Mitgliedern der Gemeindeverwaltung, ortsansässigen Geschäftsleuten und Einwohnern, ins Leben zu rufen. Diese soll innerhalb der nächsten zwei Monate ein Vermarktungskonzept für die Gemeinde entwickeln. Aufgabe 1 Welche Ziele haben sich die Beteiligten gesetzt? Aufgabe 2 Wie schätzen Sie die derzeitige Situation in Blumenstadt ein? Wie könnten sich etwaige Veränderungen im Umfeld auf das Image der Gemeinde auswirken?296 Aufgabe 3 Auch welche wichtigen Umfeldfaktoren kann der Bürgermeister steuernd einwirken, auf welche nicht? Woraus könnte man Anhaltspunkte über Entwicklungstrends gewinnen?
296
siehe Kasten Seite 56
D - Öffentliche Wirtschaft
330 Lösung Aufgabe 1 Ziel
Priorität
Zeitrahmen zur Erfüllung
Region for Touristen und Investoren attraktiv machen
Oberziel
langfristig
positives Image aufbauen
1
langfristig
keinen unnötigen Vertust erwirtschaften
2
kurz-, mittel- und langfristig
Gründung einer Projektgruppe
3
innerhalb der nächsten 2 Wochen
Erstellung eines Vermarktungskonzeptes
4
innerhalb der nächsten 2 Monate
Abbildung 6-1 Ziele der Beteiligten
Aufgabe 2
Umweltsegment
Gemeinde
Trendaussage (O) nimmt zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
+
Initiative des Gemeinderats
+
Finanzlage
(0) bleibt gleich (P) verschlechtert sich (W) verschlechtert sich
Zahl der Aktionen zur Förderung von Handel, Gewerbe und Tourismus
(0) nimmt zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
+
(0) nimmt zu (P) nimmt ab (W) bleibt gleich
+
Einwohnerzahl
Engagement für Gemeinde
(O) nimmt zu (P) nimmt ab (W) bleibt gleich
Interesse an Urlaub/ Erholung in ländlichen Gebieten
(0) nimmt stark zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
++
++
Zahl in der Region
(0) nimmt stark zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
Kaufkraft
(0) nimmt zu (P) nimmt ab (W) bleibt gleich
Einwohner
Touristen
Investoren
Wirkung auf Gemeinde-image
Schlüsselfaktoren
Interesse an günstigen
Gewerbeflächen
(0) nimmt zu (P) nimmt ab (W) nimmt zu
+
+
+/+ +/-
+
+
+ +/-
+ +
Unsere Gemeinde soll attraktiver
werden
(0) nimmt zu Investoren
Finanzkraft
(P) nimmt ab (W) bleibt gleich
331 + • -
+/-
(0) optimistisches Szenario; (P) pessimistisches Szenario; (W) wahrscheinliches Szenario Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis - (sehr negativ) Tabelle 6-1 Mögliche Entwicklungen
Aufgabe 4 Kategorien
Faktoren •
steuerbare Faktoren
wirksam steuerbare Faktoren
nicht oder nur unwesentlich steuerbare Faktoren
Frühwarnindikatoren
Initiative des Gemeinderats
•
Finanzlage
•
Zahl der Aktionen zur Förderung von Handel, Gewerbe und Tourismus
•
Engagement der Einwohner für Gemeinde
•
Zahl der Touristen
•
Initiative des Gemeinderats
•
Zahl der Aktionen zur Förderung von Handel, Gewerbe und Tourismus
•
Einwohnerzahl
•
Interesse der Touristen
•
Kaufkraft
•
Interesse an Gewerbeflachen
•
Finanzkraft der Investoren
•
Einwohnerzahl
•
Kaufkraft
•
Finanzkraft der Investoren
Tabelle 6-2 Aus Gemeindesicht steuerbare Faktoren
Es zeigt sich auch hier, daß wirksame Veränderungen nur vom Gemeinderat selbst ausgehen können. Der Gemeinderat muß zunächst dafür sorgen, daß ein sinnvolles Konzept aufgestellt und schrittweise umgesetzt wird. Sind erste Erfolge sichtbar, wird sich dies höchstwahrscheinlich auch auf eine Reihe anderer Faktoren, beispielsweise auf das Engagement der übrigen Gemeindemitglieder, auswirken.
332
D - Öffentliche Wirtschaft
7 Es grünt so grün ... „... wenn Spaniens Blüten blühen."297
Bernhard Blümchen, Mitarbeiter beim städtischen Grünflächenamt, ist frustriert. Sein Job macht ihm schon lange keinen Spaß mehr, und er fühlt sich gefangen in den „Mühlen der Bürokratie". Eigene Ideen und Initiative werden von vornherein abgeblockt. Im Amt gilt der Grundsatz: „Das war schon immer so, das haben wir noch nie anders gemacht." Bernhard hat deshalb beschlossen, seinen zwar sicheren, aber unbefriedigenden Job aufzugeben und den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Er trägt sich mit dem Gedanken, einen Hausmeister- und Gartenservice zu gründen. Beginnen will er zunächst allein. Wenn das Geschäft gut läuft, möchte er aber auf jeden Fall weitere Mitarbeiter einstellen. Ermutigt von seinem Vorgesetzten, der ihn an und für sich sehr schätzt, tritt Bernhard an das Grünflächenamt heran, das ihm - nach einem langwierigen und zögerlichen Prozeß - die Möglichkeit anbietet, gewisse Teile der Aufgaben des Grünflächenamtes im Rahmen eines Outsourcings zu übernehmen. Im Rahmen von Vertragsverhandlungen werden das Honorar, das Auftragsvolumen sowie die damit verbundenen Pflichten festgelegt. ofgabe 1
'
Welche betriebswirtschaftlichen Faktoren sind im Rahmen dieser Geschäftsidee von besonderer Bedeutung? Stellen Sie die Zusammenhänge dieser Faktoren in einem Netzwerk®8 dar!
imnmvd 2 Erstellen Sie nun ausgehend von den im Netzwerk betrachteten Faktoren eine Wir-
Aufgabe 3
Übertragen Sie nun Ihre Ergebnisse in ein Intensitätsportfolio1' Sie das Ergebnis kurz!
und interpretieren
Welche Vor- und Nachteile bietet c.· • Bedingungen ist dies machbar bzw. nicht machbar?
297
aus dem Musical „My fair Lady", Musik von Federick Loewe, Text von Alan Jay Lerner, dt. von Robert Gilbert, Uraufführung 1956 (Dt. 1961) 298 siehe Kasten Seite 37 299 siehe Kasten Seite 121 300 siehe Kasten Seite 160
Es grünt so grün.
333
Lösung Aufgabe 1
Abbildung 7-1 Wirkungszusammenhänge
Aufgabe 2
auf
Marketing
Finanzen
Umsatz
Kunden
Konkurrenz
Zellensumme
von
Angebot
Wirkung
Angebot
X
1
2
3
3
3
12
Marketing
0
X
2
3
3
2
10
0
6
Finanzen
3
3
X
0
0
Umsatz
0
0
3
X
0
0
3
Kunden
2
2
3
3
X
2
12
Konkurrenz
2
2
0
1
3
X
8
Spaltensumme
7
8
10
10
9
7
X
Bewertung der Einflüsse von 0 (kein bzw. sehr geringer Einfluß) bis 3 (starker Einfluß) Tabelle 7-1 Bewertung der Einflüsse
334
D - Öffentliche
Wirtschaft
Aufgabe 3 Aus der bereits erstellten Wirkungsmatrix ergeben sich für die einzelnen Faktoren folgende Koordinaten: Angebot (12;7), Marketing (10;8), Finanzen (6;10), Umsatz (3; 10), Kunden (12;9), Konkurrenz (8;7).
Beeinflußbarkeit 14
REAKTIV
• •
KRITISCH
0 0 0 0
12
10
• 0 [M| Kol
SB | A I
TRÄGE
AKTIV 10
12
Angebot Finanzen Konkurrenz Kunden Marketing Umsatz
Einflußnahme 14
Abbildung 7-2 Intensitätsportfolio für den Hausmeisterservice
Finanzen: reaktiver Faktor; wird von fast allen anderen Faktoren stark beeinflußt, ist beispielsweise sehr Abhängig vom Absatz/Umsatz; wirkt auch auf einige Faktoren stark; Veränderungen bzw. Steuerungseingriffe sollten deshalb trotzdem vorsichtig vorgenommen werden Angebot: aktiver Faktor mit Tendenz zum kritischen Bereich; beeinflußt alle anderen Faktoren stark und wird gleichermaßen stark beeinflußt; das Angebot des Unternehmens entscheidet über die Akzeptanz bei den Kunden, die finanzielle Lage und etwaige Maßnahmen der Konkurrenz; Angebot sollte sich demzufolge an den Bedürfnissen der Kunden orientieren und Veränderungen nur nach sorgfältiger Untersuchung der Markterfordernisse vorgenommen werden Umsatz: reaktiver Faktor; wird von anderen Faktoren stark beeinflußt; Umsatz wird im wesentlichen durch die Attraktivität des Angebots, die Marketingaktivitäten und die Akzeptanz und Inanspruchnahme durch die Kunden bestimmt; reagiert folglich stark auf Veränderungen in den genannten Bereichen Marketing: kritischer Faktor; wird von allen anderen beeinflußt, hat selbst auch starke Auswirkungen; Veränderungen vorsichtig und in Abstimmung mit den beeinflussenden und beeinflußten Faktoren vornehmen
Es grünt so grün .
335
Konkurrenz: relativ zentral zwischen den vier Feldern gelegen, d.h. kann sowohl aktive als auch reaktive bzw. träge als auch kritische Komponenten haben; aktiv: versucht selbst, das Marktgeschehen zu beeinflussen; reaktiv: reagiert auf Geschehnisse am Markt; träge: im Zusammenhang mit dem kompetitiven Umfeld, Steuerungseingriffe des eigenen Unternehmens können Konkurrenz zwar zu Veränderungen veranlassen, in der Regel geschieht so etwas aber recht langsam bzw. mit Zeitverzögerungen; kritisch: Maßnahmen und Verhaltensweisen der Konkurrenz sind nie genau vorhersagbar Kunden: kritischer Faktor; reagieren beispielsweise stark auf Preisänderungen und Verschlechterungen im Angebot; Praxis zeigt häufig, daß Kunden auf Verschlechterungen stärker als auf Verbesserungen reagieren
Aufgabe 4 Nachteile
Vorteile Auftraggeber
Auftragnehmer
•
Kontrollverluste
•
größere Abhängigkeit von Marktpreisen
kostengünstiger, Fixkosten werden zu variablen Kosten
•
Einsätze müssen mit Auftragnehmer abgestimmt werden
•
bedarfsorientierter
•
mögliche lange Vertragslaufzeiten
•
Wechseln des Auftragnehmers möglich
•
selbständig und nicht einem Arbeitgeber verpflichtet
•
fehlende Sicherheit
•
Verantwortung
flexibler und nicht weisungsgebunden
•
der Konkurrenz ausgesetzt
•
von eigenen Mitarbeiter abhängig
•
von „großen" Auftraggebern abhängig
•
muß sich nicht mehr um die Abwicklung kümmern
•
Ergebnisorientierung
•
• •
tätig sein für mehrere Kunden
•
Steuerung der Kapazitäten nach Auftragslage (z.B. Aufnahme von Mitarbeitern)
Tabelle 7-2 Vor· und Nachteile für Auftraggeber
und
•
Kostendruck
•
Akquisitionsdruck
Auftragnehmer
336
Ό - Öffentliche
Wirtschaft
8 Licht am Ende des Tunnels? „Der Gotthard ist - wie auch der Lötschberg inzwischen zum Synonym für ein Großprojekt europäischen Ausmaßes geworden. Die unaufhaltsame Zunahme vor allem des Straßengüterverkehrs beschert den Berggegenden eine Verschlechterung der Luftqualität, der nur durch die Öffnung neuer Verkehrswege begegnet werden kann."
Transitverkehr - quo vadis? Langfristig plant die Schweiz, den Schwerlast-Transitverkehr der nördlich der Alpen liegenden Staaten mit Italien auf die Schiene zu verlagern. Erforderlich sind dazu leistungsfähige Eisenbahntunnel. Wurden bisher Tunnel gebaut, so waren dies in der Regel Scheiteltunnel. Das heißt, man führte die Schiene oder Straße bis zum höchstmöglichen Punkt im Gebirge und arbeitete sich von dort aus durch den Gebirgsstock durch. Vorteil dieser Vorgehensweise war, daß die zu durchdringenden Gebirgsmassen minimiert werden konnten. Allerdings bedeutete dies bei der späteren Nutzung lange Anfahrtsstrecken zur Tunneleinfahrt, verbunden mit zahlreichen Serpentinen, Brücken und Galerien, um allmählich an Höhe zu gewinnen. In der heutigen Zeit steht der Zeitaspekt an vorderster Stelle. Man möchte Waren schnell von einem Ort zum anderen transportieren. Kurvenreiche Strecken, die nur langsames Fahren ermöglichen, sind also weniger gefragt. Deshalb ist man zum Bau von Basistunneln übergegangen. Das heißt, der Tunnel wird am Fuße des Gebirges bzw. von der Talsohle aus errichtet. Dies erfordert zwar in der Bauphase einen enormen Aufwand, später können aber Züge und Kraftfahrzeuge auf relativ geraden Strecken mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten fahren.
Die Neue Eisenbahn-Alpen-Transversale Um die zahlreichen Reise- und Verkehrszüge nicht mehr über lange Rampen und Kehrtunnels mit entsprechend langer Fahrzeit schleppen zu müssen, wird in der Schweiz bereits seit Jahrzehnten über den Bau je eines Basistunnels durch den St. Gotthard (Strecke Zürich - Göschenen - Airolo - Chiasso) und den Lötschberg (Strecke Basel - Bern - Brig - Domodossola/Italien) diskutiert. Aber erst durch das stetig wachsende Transitaufkommen und den zunehmenden
301
o.V.: Die Schweizer Alpen, in: Bahn-Atlas Schweiz 3/94, München 1994, 55
Licht am Ende des Tunnels
337
Druck der Nachbarländer, die auf den Alpentransit angewiesen sind, wurde das Projekt „Neue Eisenbahn-Alpen-Transversale"302 (NEAT) ins Leben gerufen, im Rahmen dessen mittlerweile zwei neue Eisenbahntunnel, •
ein 28 km langer Basistunnel auf der Lötschbergstrecke aus dem Kanderins Rhonetal mit Anschluß an den bereits bestehenden Simplontunnel (voraussichtliche Bauzeit acht Jahre, geplante Übergabe 2006/07) sowie
•
ein 50 km langer Basistunnel auf der Gotthardstrecke mit Fortsetzung durch den Monte Ceneri und über Chiasso nach Italien (voraussichtliche Bauzeit 15 Jahre),
gebaut werden.303 Das offiziell auch unter der Bezeichnung „AlpTransit"304 geführte Projekt dient dazu, •
leistungsfähige Schienenwege für den Nord-Süd-Transit durch die Schweiz sicherzustellen,
•
die einzelnen Schweizer Landesteile besser miteinander zu verbinden,
•
die Verbindungen nach Italien zu beschleunigen sowie
•
die Schweiz insgesamt besser in Europa zu integrieren.
In einer Volksabstimmung am 27.09.1992 stimmten die Schweizer Bürger mit 63,5 % Ja-Stimmen deutlich für das NEAT- bzw. AlpTransit-Projekt. Die Kosten des Projektes einschließlich der Zufahrtsstrecken aus den östlichen Teilen des Landes werden auf rund 15 Mrd. Franken (ohne Teuerung und Zinsen) geschätzt, verteilt auf 15 Jahre Bauzeit. Wie hoch die Kosten bei Fertigstellung tatsächlich liegen werden, kann auch heute - sechs Jahre nach Baubeginn - noch niemand genau sagen. Die Milliardenausgaben der öffentlichen Hand bringen neben den Problemen der Mittelaufbringung auch Vorteile: durch das gewaltige Investitionsprogramm werden allein auf dem Bausektor 9.000 Arbeitsplätze gesichert. Zudem kann die Umsetzung des Projekts als „Weichenstellung" für den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und einem etwaigen EU-Beitritt gesehen werden.306
302
Als Transversalen werden die großen durchgehenden Hauptstrecken bezeichnet, die die Schweiz von Ost nach West oder von Nord nach Süd (= Alpen-Transversalen) durchziehen. 303 Arx, Johannes von: Die Zukunft hat begonnen - Schweizer Bürger gewähren Bus und Bahn Vorfahrt, in: Bahn-Atlas Schweiz 3/94, München 1994, 105f; o.V.: Votum für AlpTransit, in: Blickpunkt Bahn 11/1992; o.V.: Schnelle Röhren durch die Schweiz, in: Blickpunkt Bahn 11/93 und o.V.: Lötschberg-Basistunnel, in: Streifzug - Kundeninformation der BLS Löschbergbahn, Sommer/Herbst 2000 304 siehe dazu auch BLS AlpTransit AG, http://www.alptransit.ch, 05.02.2002 305 o.V.: Schnelle Röhren durch die Schweiz, in: Blickpunkt Bahn 11/93 306 o.V.: Votum für AlpTransit, in: Blickpunkt Bahn 11/1992
338
D - Öffentliche Wirtschaft
Der Lötschberg-Basistunnel übernimmt zudem die Funktion einer rollenden Autobahn. Seine Aufgabe ist es, die bestehende Lücke zwischen den Nationalstraßen N6 und N9 durch ein für Fahrzeuge aller Größen geeignete Autoverladung zu überbrücken.
Licht am Ende des Tunnels
339
Die NEAT stellt auch eine Verpflichtung der Schweiz gegenüber der Europäischen Union dar, die im Transitabkommen 307 geregelt ist. Durch die vom Schweizer Volk am 20.02.1994 angenommene „Alpeninitiative" 308 ist die Schweizer Regierung verpflichtet, den Güter-Transitverkehr von Grenze zu Grenze innerhalb der folgenden zehn Jahre auf die Schiene zu verlagern.
Der Lötschberg-Basistunnel Die Strecke Bern - Spiez - Frutigen - Kandersteg - Goppenstein - Brig - Domodossola/Italien stellt eine der Hauptverbindungen von der Zentralschweiz nach Italien dar. Bisher befuhr die Bahn einen Scheiteltunnel zwischen Kandersteg (Norden) und Goppenstein (Süden), wobei bis zu 31 mal täglich auch eine Autoverladung fur Pkw (Fahrzeit 15 min) angeboten wird. 309 Lkw im Transitverkehr nach Italien, die diese Strecke befahren, werden bereits in Freiburg i. Br. (Deutschland) verladen. Auf dieser Relation fahren täglich 14 Züge, die Fahrzeuge bis zu einer Höhe von 4,0 m befördern können. 310 Erst in den 1990er Jahren war die Lötschbergstrecke doppelspurig ausgebaut worden, um dem ständig steigenden Transitaufkommen gerecht zu werden. So konnten nach Abschluß des Streckenausbaus statt der vorherigen 3-4 Mio. Tonnen Güter jährlich bereits 10 Mio. Tonnen pro Jahr transportiert werden. In Spitzenzeiten wurden bis zu 3.700 Lkw monatlich im Huckepackverkehr 311 transportiert. Doch auch diese Kapazitäten reichen bald nicht mehr aus, weshalb der Bau des Basistunnels umso dringender ist. Der geplante Lötschberg-Basistunnel fuhrt von Frutigen im Kandertal (Kanton Bern) nach Raron im Rhonetal (Kanton Wallis). Im Herbst 1999 wurde mit dem Bau der Tunnelröhren begonnen. 312 Seit Herbst 2001 sind die Arbeiten am Nordportal in Frutigen im Gange. Im Konzept ist vorgesehen, nur den ersten Kilometer des Basistunnels von Frutigen aus zu bauen, sodaß die besiedelten
307
Am 02.05.1992 wurde vom Bundesrat das Transitabkommen mit der Europäischen Union abgeschlossen. Darin verpflichtete sich die Schweiz, leistungsfähige Transitachsen fur den Güterverkehr auf der Schiene bereitzustellen. Die EU akzeptierte im Gegenzug die 28Tonnen-Limits für Lastwagen. Obwohl das Schweizer Volk einen EWR-Beitritt am 06.12.1992 abgelehnt hat, bleibt das Abkommen bis 2005 gültig (vgl. BLS Alp Transit AG: Lötschberg Basistunnel, http://www.blsalptransit.ch, 05.02.2002). 308 Volksinitiative „zum Schutze des Alpengebiets vor dem Transitverkehr", Ja-Stimmen 51,4 %, vgl. BLS Alp Transit AG: Lötschberg Basistunnel, http://www.blsalptransit.ch, 05.02.2002 309 Baedeker - Schweiz, Ostfildern 1998, 643 310 o.V.: Schnelle Röhren durch die Schweiz, in: Blickpunkt Bahn 11/93 311 Hierbei werden die komplett beladenen Lkw auf den Zug verladen. 312 o.V.: Lötschberg-Basistunnel, in: Streifzug - Kundeninformation der BLS Löschbergbahn, Sommer/Herbst 2000
340
D - Öffentliche Wirtschaft
Gemeindegebiete von den Auswirkungen einer Großbaustelle weitestgehend verschont bleiben werden.313
Aus Kostengründen wird beim Neubau der Strecke, wo möglich, die Untertunnelung vermieden und die Bahnlinie durch die Täler gefuhrt. Dabei ist allerdings auch mit Widerstand der Bevölkerung zu rechnen, die schon jetzt unter Immissionen zu leiden hat und die mit der ohnehin begrenzten landwirtschaftlich Nutzfläche in den Tälern auskommen muß. Alternativ könnten auch diese Strekkenabschnitte in Tunnel verlegt werden, was aber zur Folge hätte, daß das Bahnfahren zum „Unter-Tage-Erlebnis" werden würde, ganz zu schweigen von den Arbeitsbedingungen fur Lokführer und Zugbegleiter.314 Die größten Probleme beim Bau eines alpenüberquerenden Basistunnels entstehen durch die umfangreichen Installationsarbeiten und Transporte sowie die Lagerung und Entsorgung des Ausbruchmaterials. Früher war es üblich, das Ausbruchmaterial in Seen oder Flüssen zu verklappen bzw. Mulden oder Täler da-
313
BLS Alp Transit AG: Lötschberg Basistunnel, http://www.blsalptransit.ch, 05.02.2002 Arx, Johannes von: Die Zukunft hat begonnen - Schweizer Bürger gewähren Bus und Bahn Vorfahrt, in: Bahn-Atlas Schweiz 3/94, München 1994,106
314
Licht am Ende des Tunnels
341
mit aufzufüllen. Heute verlangt das Problem nach innovativeren Lösungen, wie z.B. der kostengünstigen Weiterverwertung des Materials.315
Haltepunkt internationaler Züge
Transit per Bahn im Huckepackverkehr
Die Touristenregion Dank ihrer Lage ist diese Region auch für Touristen sehr reizvoll. „Der Bezirkshauptort Frutigen ist seit der Eröffnung der Lötschberg-Simplon-Bahnlinie im Jahr 1913 enorm gewachsen, wird von den meisten Besuchern aber nur als Durchgangsstation betrachtet. [...] Vorwiegend italienische Gastarbeiter schufen den 14,6 km langen Eisenbahnstollen unter sehr schwierigen Bedingungen. 174 Viadukte überqueren die Bern-Lötschberg-Simplon-Bahnen (BLS), bevor sie am Ende des Kandertals in der Dunkelheit verschwinden. Kandersteg hat als nördliche Umladestation einen starken Aufschwung erlebt, was auf das Erscheinungsbild des gemütlichen Dorfes (1.000 Ew.) wenig Einfluß hat. In erster Linie sind Hotels dazugekommen, die den Feriengästen als Ausgangspunkt für Wanderungen und im Winter für Langlauf dienen. In nächster Nähe ragen, besonders schön in der Abendsonne, die Gipfel der Blümlisalp (3663 m), des Balmhorns und des Doldenhorns empor. "316 Mit regionalen und überregionalen Zügen wie EC/IC oder Cisalpinoxl erreicht man viele, auch kleine Orte der Region im Stundentakt. Daß die Touristen die Bahnangebote gerne nutzen, beweisen die zu jeder Tageszeit gut besetzten Züge. Von Verkehrsfachleuten wird befurchtet, daß nach der Einweihung der Basistunnel durch Gotthard und Lötschberg die alten Bergstrecken aufgegeben werden. Allerdings wurden derartige Diskussionen in der Öffentlichkeit lange Zeit vermieden, um die Stimmung nicht unnötig anzuheizen. Von seiten des Bundesamtes für Verkehr wurde jedoch bereits verlautbart, daß die „alten" Strecken in Zukunft nur noch als Ausweich vorgesehen sind, um bei etwaigen Havarien und 315 316 317
BLS Alp Transit AG: Lötschberg Basistunnel, http://www.blsalptransit.ch, 05.02.2002 Marco Polo - Berner Oberland, Bern, Ostfildern 2000, 59 und 63f italienischer Hochgeschwindigkeitszug
342
Ό - Öffentliche Wirtschaft
Instandhaltungsmaßnahmen die Züge über den Berg umleiten zu können. Ob ein fahrplanmäßiger Verkehr über die Scheiteltunnelstrecken aufrechterhalten werden könne, sei ungewiß.318 Aufgabe 1 Welche Ziele verfolgen die Befürworter der NEAT im speziellen Fall des LötschbergBasistunnels? Welcher Zeitrahmen ist für die Umsetzung der einzelnen Ziele realistisch? Aufgabe 2 Analysieren Sie die Sichtweisen/Ziele/Bedenken der am Tunnelbau beteiligten bzw. davon betroffenen Akteure! Aufgabe 3 Identifizieren Sie 5-7 wichtige Faktoren des vorliegenden Systems und stellen Sie deren Zusammenhänge in einem Netzwerk319 dar und erläutern Sie die Wirkungszusammenhänge kurz! Aufgabe 4 Erstellen Sie ausgehend von Ihrem Netzwerk eine Wirkungsmatrix320! Aufgabe 5 Erstellen Sie aus obiger Wirkungsmatrix ein Intensitätsportfolio321! Interpretieren Sie dieses kurz!
318
vgl. Studer, Bernhard: Alte Gebirgsbahnen, neue Transversalen, in: o.V.: Die schönsten Alpenbahnen, München 2000, 81; zum Weiterlesen siehe auch Bahn-Jahrbuch Schweiz 1997 (Bahn-Sonderheft 97/01), Zug/München 1997; Bahn-Jahrbuch Schweiz 2000, Zug/München 2000; BLS Alp Transit AG: Netzlösung Schweiz - die politische Agenda, http://www. blsalptransit.ch, 05.02.2002; Bundesamt fur Verkehr: Erste Trends zur Verkehrsverlagerung (31.01.2002), http://www.bav.admin.ch, 05.02.2002; Bundesamt für Verkehr: Monitoring flankierende Maßnahmen, http://www.bav.admin.ch, 05.02.2002; Bundesamt für Verkehr: Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT), http://www.bav.admin.ch, 05.02.2002; Eckert, Klaus: Alpenbahnen, München 2000; GEO 360° - Operation Alpentunnel (Reportage), MDR, 13.01.2002; Moser, Beat; Jossi, Urs: Die BLS - Eine moderne Alpenbahn, Eisenbahn-Journal Special 1/98, Fürstenfeldbruck 1998; o.V.: Nord-Süd-Verkehr sucht neue Wege, in: Modelleisenbahner, Januar 2002, 4; Schweizer Fernsehen: Neue Eisenbahn-Alpentransversale, http://www.sfdrs.ch, 05.02.2002; Streifzug - Kundeninformation der BLS Löschbergbahn, Sommer/Herbst 2001 319 siehe Kasten Seite 37 320 siehe Kasten Seite 121 321 siehe Kasten Seite 160
Licht am Ende des Tunnels
343
Lösung Aufgabe 1 Ziel
Priorität
Zeitrahmen zur Erfüllung" 2
Transitverkehr komplett auf die Schiene bringen
Oberziel
langfristig
Sicherstellen leistungsfähiger Schienenwege für den Nord-Süd-Transit durch die Schweiz
1
langfristig
Entlastung der Tunnel und Paßstraßen
2
mittel- bis langfristig
Reduzierung der Umweltbelastung (Lärm, Abgase usw.)
3
mittel- bis langfristig
Die einzelnen Schweizer Landesteile besser miteinander verbinden
4
mittel- bis langfristig
Verbindungen nach Italien beschleunigen
5
mittel- bis langfristig
Schweiz insgesamt besser in Europa integrieren
6
langfristig
Abbildung 8-2 Ziele der
NEAT-Befürworter
Aufgabe 2
Abbildung 8-3 Am Tunnelbau beteiligte bzw. betroffene Akteure
322
Bei einem strategischen Vorhaben dieser Art handelt es sich naturgemäß um die Realisierung langfristiger Zielsetzungen.
344 Akteure
D - Öffentliche Wirtschaft Ansichten/Ziele/Bedenken •
derzeit halten am Bahnhof noch internationale und Oberregionale Züge wie IC/EC und Cisalpino
Kandereteg
I S ® W ^ f i ^ i f i•
ζ Ζ noch Beginn der Autoverladung
•
bisherige Strecke über Scheiteltunnei soll weiter betrieben werden bzgl. des Personenverkehrs
•
ist über Abgasreduzierung, die durch Wegfall des Transitverkehrs entsteht, sicher froh
•
ist nach wie vor auf Touristen angewiesen
Ppmpinrip rnnnonetoin ppe
•
siehe Gemeinde Kandersteg
Gemeinde Frutigen
•
ist sicher nicht daran interessiert, daß die Gemeinde über längere Zeit zur Großbaustelle wird - * stört sowohl Einwohner als auch Touristen (Lärmbelästigung, Dreck, erhöhtes Verkehrsaufkommen durch Materialtransporte usw.)
Gemeinde Raron •
siehe Gemeinde Frutigen
Einwohner
•
viele Einwohner verdienen ihr Geld in der Tourismusbranche
•
ihnen ist sicher daran gelegen, daß auch in Zukunft genügend Touristen in ihre Region kommen
WimM •
Bezirke
werden darauf drängen, daß unabhängig vom durch den Basistunnel geführten Fem- und Transitverkehr die Bedienung der jetzigen Zugstrecken aufrechterhalten wird
•
ist an wirtschaftlicher Aufwertung der Region interessiert
•
wollen aber auch Touristen in der Region halten
Kantone Bern und Wallis
•
siehe Bezirke
Schweizer Regierung
•
mit Transitabkommen der EU gegenüber verpflichtet, den Transitverkehr effektiver zu gestalten
•
ist durch „Alpeninitiative" vom 20.02.1994 verpflichtet, den GüterTransitverkehr von Grenze zu Grenze innerhalb der nächsten zehn Jahre (also bis 2004) über die Schiene abzuwickeln
•
dazu soll die .Neue Eisenbahn-Alpen-Transversale" (NEAT) beitragen, dessen Bestandteil auch der Lötschberg-Basistunnel ist
•
ist an Bau des Basistunnels interessiert, um Transitverkehr effektiver zu gestalten
•
übt diesbezüglich Druck auf die Schweizer Regierung aus, die durch Transitabkommen zu Kooperation verpflichtet ist
•
sind an Bau des Basistunnels interessiert, um Transitverkehr effektiver zu gestalten
•
stimmte dem Projekt neue Eisenbahn-Alpen-Transversale zu
•'^PBIpi EuroDäische » Union
Europäische Staaten wahlberechtigte Bevölkerung BLS
ist an Bau des Basistunnels interessiert *- • - • 'ΐ•• ' ·' durch attraktiveres Angebot (kürzere Fahrtzeiten) wahrscheinlich größerer Zuspruch von seiten der Speditionen •
muß weniger in Instandhaltung und Wartung investieren als auf freier Strecke (Schnee, Eis, Windbruch, Bergrutsch usw.)
•
kann Bedienung der jetzigen Zugstrecken sicher nicht im selben Rhythmus (Stundentakt) aufrechterhalten
•
wird diesbezüglich auf eine Kompromißlösung drängen
Licht am Ende des •
Transitverkehr
Touristen
345
Bahnpersonal (Lokführer, Zugbegleiter) schätzen sicher die landschaftlich schönen Strecken mehr als Tunnelstrecken
•
sind an Bau des Basistunnels stark interessiert
•
Ausweichmöglichkeiten zum Gütertransport bestehen kaum, trotzdem sollte Angebot (hinsichtlich Fahrzeiten, Taktzeiten und Preisen) den Vorstellungen entsprechen
•
schätzen bisheriges Bahnangebot:
•
Femzüge (aus Zentralschweiz/Bern und Italien) halten auch in touristisch attraktiven, kleinen Dörfern
•
kurze Taktzeiten (Stundentakt in jede Richtung)
•
schätzen landschaftlichen Reiz der bisherigen Strecke, sind (außer für den Fall, daß sehr lange Strecke zurückgelegt werden müssen) sicher nicht an .Untergrundfahrten" interessiert
Tabelle 8-1 Ansichten/Ziele/Bedenken
der Beteiligten bzw. Betroffenen
Aufgabe 3
Abbildung 8-4
Tunnels
Wirkungszusammenhänge
D - Öffentliche Wirtschaft
346 Wirkung von ... auf ...
Erläuterung der Zusammenhänge
Transitverkehr
Zugverkehr/ Scheiteltunnel
Basistunnel
Umweltbelastung
je mehr Verkehr, umso höher die Belastung
Gemeinden
je mehr Verkehr, umso belasteter die Gemeinden
Zugverkehr/ Scheiteltunnel
je mehr Verkehr, umso stärker wird Scheiteltunnel beansprucht
Basistunnei
je mehr Verkehr, umso notwendiger Basistunnel
Touristen
je mehr Verkehr, umso unangenehmer für Touristen
Transitverkehr
je attraktiver das Angebot (Takte, Fahrzeiten und Preise), umso mehr Lkw werden Angebot in Anspruch nehmen
Gemeinden
je mehr Verkehr (Autoverladung und Huckepackverkehr) durch den Tunnel, umso stärken sind die Gemeinden belastet
Touristen
je attraktiver das Angebot (Takte, Fahrzeiten und Preise), umso mehr Pkw werden Angebot in Anspruch nehmen bzw. umso mehr Touristen werden Züge nutzen
Transitverkehr
je attraktiver das Angebot (Takte, Fahrzeiten und Preise), umso mehr Lkw werden Angebot in Anspruch nehmen bzw. je eher der Basistunnel fertig ist, umso eher kann der Transitverkehr umgeleitet werden
Umweltbelastung
Touristen*
Umweltbelastung
je mehr Transitverkehr durch den Basistunnel umgeleitet werden kann, umso geringer die Umweltbelastung
Zugverkehr/ Scheiteltunnel
je mehr Verkehr durch den Basistunnel rollt, umso weniger wird der Scheiteltunnel beansprucht
Touristen
je länger die Bauphase, umso unangenehmer für Touristen
Gemeinden
je höher die Umweltbelastung, umso schlechter für die Gemeinden
Basistunnel
je höher die Umweltbelastung, umso notwendiger der Basistunnel
Touristen
je höher die Umweltbelastung, umso schlechter für die Touristen
Umweltbelastung
je mehr Touristen, umso höher die Umweltbelastung
Gemeinden
je mehr Touristen, umso mehr Einnahmen für die Gemeinden
* nicht Transittouristen Tabelle 8-2 Beschreibung der Wirkungsbeziehungen
347
Licht am Ende des Tunnels Aufgabe 4 w. J=
von
I in c £5 1-
Touristen
ο ε ε 3Η e β β
Basistunnel
Zugverkehr/ Scheiteltunr
0) Gemeinden
auf
Umweltbelastung
Wirkung
Ν
Transitverkehr
X
3
3
3
3
2
14
Umweltbelastung
0
X
3
0
2
2
7
•6
Gemeinden
0
0
X
0
0
0
0
Zugverkehr/ Scheiteltunnel
3
0
3
X
0
3
9
Basistunnel
3
3
0
3
X
2
11
Touristen
0
1
3
0
0
X
4
Spaltensumme
6
7
12
6
5
9
χ
Tabelle 8-3 Bewertung der Einflüsse
Aufgabe 5 Aus der Wirkungsmatrix ergeben sich folgende Koordinaten: Transitverkehr (14;6), Umweltbelastung (7;7), Gemeinden (0;12), Zugverkehr/Scheiteltunnel (9;6), Basistunnel (11;5), Touristen (4;9).
Beeinflußbarkeit 14
10
REAKTIV
KRinSCH
• m
ξ
El AKTIV 10
Abbildung 8-5 Intensitätsportfolio forden Tunnelbau
12
| Β|
Basistunnel
| G|
Gemeinden
| Τ|
Touristen
| Tr |
Transitverkehr
| U|
Umweltbelastung
| Ζ|
Zugverkehr/ Scheiteltunnel
Einflußnahme 14
348
D - Öffentliche
Wirtschaft
Kritische Faktoren ergeben sich hierbei nicht (was allerdings nicht bedeutet, daß im Gesamtsystem keine kritischen Faktoren existieren, lediglich bei der hier gewählten Zusammenstellung der Faktoren gibt es keine kritischen). Transitverkehr: aktiver Faktor; wirkt stark auf alle anderen Faktoren; der zunehmende Transitverkehr war schließlich auch der Auslöser für die neuen Tunnelprojekte Basistunnel: aktiver Faktor; wirkt auf fast alle Faktoren stark; soll die Lösung des Transitproblems sein und sollte deshalb bei den betrachteten anderen Faktoren Wirkung zeigen Zugverkehr/Scheiteltunnel: aktiver Faktor; wirkt sich bei einem Teil der Faktoren stark aus; stellte mit Autoverladung und der rollenden Landstraße bisher eine Alternative zum Transitproblem dar; ist den Ansprüchen allerdings nicht mehr gewachsen Gemeinden: reaktiver Faktor; werden von den anderen Faktoren beeinflußt; spüren sowohl die Auswirkungen des Transitverkehrs als auch des Tunnelbaus; sind zudem von den Einnahmen der Touristen abhängig Touristen: reaktiver Faktor; werden mehr von den anderen Faktoren beeinflußt, als daß sie beeinflussen; spüren - wie auch Gemeinden - die Auswirkungen des Transitverkehrs und des Tunnelbaus; sind als Zugtouristen von den Angeboten der Bahn abhängig Umweltbelastung: wird hier zwar dem trägen Bereich zugeordnet, wirkt aber gleichzeitig beeinflussend und wird auch beeinflußt; durch den zunehmenden Transitverkehr stieg auch die Umweltbelastung; eine Reduzierung der Belastung ist durch den Umstieg auf die rollende Landstraße möglich; gleichzeitig werden die Auswirkungen der zunehmenden Verschmutzung bei Gemeinden und Touristen spürbar
Wer braucht uns noch?
349
9 Wer braucht uns noch? „Auf die Arbeit schimpft man nur so lange, bis man keine mehr hat." (Sinclair Lewis323)
Bugßfynes ist ein 300-Seelen-Dorf im Norden Norwegens: ,JAehr als 150 Jahre hatten ihre Familien dieser Steinlandschaft im Eismeer eine Existenz abgerungen. Hier wohnte niemand, bis ein paar verzweifelte Finnen kamen, die nach Jahren der Hungersnöte in Lappland nichts mehr erschrecken konnte. Die waren hartgesotten genug, die Winter zu überstehen und auch noch ein paar Kühe und Schafe durchzufüttern. Überleben konnten sie nur, wenn sie zusammenhielten. Bugoynes gedieh. Und weil das Dorf nur übers Meer erreichbar war, blieb man unter sich, sprach finnisch, sang finnisch, liebte, heiratete, schwängerte sich,"324
323
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 53 Jardine, Anja; Teufel, Heinz: Hallo Welt! Brauchst du uns noch?, in: Spiegel Reporter 11/1999, 79
324
350
D - Öffentliche Wirtschaft
Als der Hauptarbeitgeber des Dorfs, eine Fischfabrik, als Folge einer ineffektiven Fischereipolitik endgültig Konkurs anmelden mußte und ein Großteil der Dorfbewohner dadurch arbeitslos wurde, hatten die Einwohner eine Idee. Sie inserierten gemeinsam in der norwegischen Tageszeitung „Dagbladet". „Will uns jemand haben?", fragten sie, und meinten es durchaus ernst. Mit Erscheinen des Inserats wurde das Interesse zahlreicher in- und ausländischer Reporter, die sich zuvor kein bißchen für den kleinen Ort interessiert hatten, geweckt. Auch Politiker und Parteien wurden nun auf einmal auf den Ort aufmerksam. Bereits in der 1970er Jahren machte das Dorf eine schlechte Zeit durch. Damals war die See so gut wie leer gefischt - die Folge einer jahrzehntelangen Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. Nachdem kleine Fischer bereits aufgegeben hatten, mußte auch die Fischfabrik Mitarbeiter entlassen und wurde 1985 zum ersten Mal insolvent. Da man keinen geeigneten Investor fand bzw. von vermeintlichen Investoren geprellt wurde, verfiel die Fabrik zunehmend. Bis dahin hatten bereits rund zwei Drittel der Dorfbewohner keinen Job mehr. Zwei ernsthafte Angebote gab es auf die Anzeige: ein südnorwegischer Ort bot freie Stellen in einem Wasserkraftwerk und ein finnischer Ort wollte eine Spielzeugfabrik übersiedeln. Für die bevorstehenden Kommunalwahlen stellte Bugoynes natürlich ein „gefundenes Fressen" dar. Man kümmerte sich um die Klärung der Eigentumsverhältnisse bei der Fischfabrik und stellte ein Budget für Existenzgründer im Ort zur Verfügung. Angespornt von der weltweiten Aufmerksamkeit wuchsen die Einwohner teilweise über sich selber hinaus. Es wurden in Eigeninitiative ein Museum mit Cafe und ein Fitness-Center eröffnet. Mehrere Fischer machten sich wieder selbständig.325 Aufgabe 1 Analysieren Sie die Ursachen der wirtschaftlichen Probleme im vorliegenden Fall! Aufgabe 2 Welche wirtschaftlichen Perspektiven gibt es für die Vielzahl von Dörfern dieser Art? Aufgabe 3 Welche Rolle spielen die Medien in derartigen und ähnlichen Fällen?
325
vgl. ebd., 76ff
Wer braucht uns noch?
351
Lösung Aufgabe 1 •
ineffektive Fischereipolitik, jahrzehntelange Ausbeutung der natürlichen Ressourcen
•
einseitige Ausrichtung der wirtschaftlichen Aktivitäten
Aufgabe 2 •
Subventionen, Randlagenförderung
•
Anlocken von Investoren unter besonders günstigen Gesichtspunkten
•
Eigeninitiative (eingeschränkt)
•
Abwanderung
Aufgabe 3 •
Initialzündung
•
Aufmerksam machen auf Probleme, die bisher keiner gesehen hat, die aufgrund anderenorts größerer Probleme bisher unbeachtet blieben
•
Vermittlung von Hilfe
•
Wecken von Verantwortungsgefühl auf Seiten der Politik, Öffentlichkeit usw.
352
D - Öffentliche Wirtschaft
10 Angebot und Nachfrage „Wien ist anders" (Werbeslogan der Stadt Wien)
Daß Wien tatsächlich anders ist, wollte die Stadt scheinbar vor kurzem in einer Aktion der besonderen Art beweisen: Schwer zu glauben, aber das ,rote Wien' veranstaltet derzeit unter grüner Assistenz eine flächendeckende Lehrveranstaltung über das Versagen kollektiver Eigentumsmodelle versus die funktionierenden kapitalistischen Organisationsformen,"326 Anfang Mai 2002 wurden den Einwohnern 1.500 Gratisräder zur Verfugung gestellt. Die Projektbetreiber hatten vorgesehen, die Räder an bestimmten Stellen im Stadtgebiet zu positionieren, wo sie von Jedermann genutzt und nach der Nutzung wieder abgestellt werden konnten. Sie hatten dabei aber nicht mit dem Einfallsreichtum des Publikums gerechnet. Statt die Räder nach einer Tour wieder an den vorgesehen Platz zu stellen, wurden diese nämlich durch private Ketten gesichert bzw. dauerhaft in den privaten Bereich „überführt" und somit vom Volks- zum Privateigentum gemacht. Aus Sicht der Nutzer mag dies sogar sinnvoll erscheinen: angesichts der im Vergleich zum Angebot wesentlich höheren Nachfrage, mußte man sich - wenn man schon mit einem städtischen Rad unterwegs war - auch irgendwie eine Rückfahrmöglichkeit sichern. Und das ging eben nur durch eine Kette. Aus Sicht der Projektbetreiber war das Projekt dadurch natürlich zum Scheitern verurteilt: Sinn und Zweck des Ganzen war es ja, daß die Räder in Umlauf 327 bleiben - was die privaten Ketten nun allerdings verhinderten. Das Volk, das bis dahin nicht in den Genuß eines Gratisrades gekommen war, reagierte nun natürlich verärgert und drängte auf die Fortfuhrung des Projekts. Dies war aber nur möglich, wenn noch einmal eine bestimmte Anzahl von Gratisrädern auf den Markt gebracht wurde. Damit das System überhaupt funktioniert, mußte ein Überangebot an Rädern vorhanden sein. Die Bereitstellung von Gratisrädern hat aber noch weiterreichende Folgen: inzwischen verdirbt die Injektion von Gratisrädern das bisherige Marktverhalten: Wer will schon noch Räder kaufen, wenn es sie gratis gibt? Denn der Mangel an Fahrrädern führt nicht dazu, dass sich der wohlhabende Mittelstand eigene kauft, sondern er führt zum ärgerlichen Verlangen, es mögen doch gefälligst neue Räder angeschafft werden, und zwar flott. Folge: Der Radabsatz wird sinken, der Stückpreis steigen, die Bereitschaft zu kaufen weiter zurückgehen."328 326
Spudich, Helmut: Das Abenteuer Fahrrad-Wirtschaft, in: Der Standard, 18./19./20.05.2002,40 Es stellt sich allerdings die Frage, ob - unabhängig von der ungeplanten „Privatisierungsaktion" der Bevölkerung - angesichts der Einwohnerzahl von Wien bei 1.500 Rädern wirklich immer dann ein Rad zur Verfugung stand, wenn es gebraucht wurde. 328 Spudich, Helmut: Das Abenteuer Fahrrad-Wirtschaft, in: Der Standard, 18./19./20.05.2002,40 327
Angebot und Nachfrage
353
Das Projekt Gratisrad bringt weitere Probleme mit sich: was passiert, wenn solch ein Rad defekt ist? Der Nutzer wird sich dann nicht für den Schaden verantwortlich fühlen - plötzlich wird das „Privatrad" wieder verstaatlicht. Man läßt das Rad mit seinem Defekt einfach irgendwo stehen. Der städtische Servicetrupp wird's schon richten... Um die „privatisierten" Räder zurück ins „Volkseigentum" zu überführen, wurden mittlerweile bereits eigene Mitarbeiter abgestellt. Warum scheint das Projekt Gratisrad von vornherein zum Scheitern verurteilt? Es gibt doch funktionierende privatwirtschaftliche Organisationsmodelle für dieselbe Problematik, zum Beispiel den Autoverleih. Der hat das Problem der Balance zwischen Angebot und Nachfrage ebenso wie die Servicethematik ziemlich gut im Griff - aber dies setzt ein Produkt voraus, bei dem Stehzeiten so teuer sind, dass die Miete billiger kommt. Da das bei Fahrrädern nicht der Fall ist, ist dort Privatbesitz das bessere Modell: Der löst das Problem von Angebot und Nachfrage ebenso wie die Servicethematik, und die Stehzeiten der Räder sind aus wirtschaftlicher Sicht vernachlässigbar." 1ΛΛ
Doch nicht nur „Wien ist anders". Vor vielen Jahren hatte man in Bremen eine ähnlich Idee: Im Fundbüro der Stadt hatten sich zahlreiche Fahrräder angesammelt, die niemand mehr abholte. Man reparierte diese Räder, stattete sie mit neuen Gepäckträgern und -körben aus und spritzte sie alle leuchtend orange. Zusätzlich zierte jedes Rad ein großes Metallschild mit der Inschrift „Eigentum der Stadt Bremen". Das Projekt scheiterte jedoch ebenso kläglich wie in Wien: nach nur kurzer Zeit waren alle Fahrräder entweder mutwillig zerstört und gestohAufgabe 1 Stellen Sie die Wirkungszusammenhänge 3 3 1 der Aktion als Ganzes dar!
Aufgabe 2 Bewerten Sie die Sinnhaftigkeit einer solchen - gutgemeinten - Aktion im allgemeinen sowie unter ökonomischen Gesichtspunkten! Aufgabe 3 Hätte die Aktionen erfolgreich realisiert werden können?
329 330 331
ebd. vgl. Löwenzahn, ZDF, 28.07.2002 (Sendung von 1998) siehe Kasten Seite 37
D - Öffentliche Wirtschaft Lösung Aufgabe 1
Rückführung privatisierter Räder
Bereitstellung von Gratisrädern Sicherung durch (Privat-)Ketten Angebot an Gratisrädern
Nachfrage nach Gratisrädem
+
Diebstahl
Angebot an Rädern zum Kauf
Nachfrage nach Rädern zum Kauf
H
Preise der Kaufräder
Radabsatz
_+
^
-*·
Abbildung
10-1
je größer A, umso größer Β bzw. je kleiner A, umso kleiner Β
Β
je größer A, umso kleiner Β bzw. je kleiner A, umso größer Β
Wirkungszusammenhänge
Wirkung von ... auf...
Erläuterung der Zusammenhänge
Bereitstellung Angebot an Gratisrädern von Gratisrädern
Initialzündung
Sicherung durch (Privat-)Ketten
Angebot an Gratisrädern
je mehr Gratisräder durch private Ketten gesichert wurden, umso weniger dieser Räder waren im Umlauf
Rückführung privatisierter Räder
je mehr Gratisräder durch private Ketten gesichert werden, umso notwendiger wird deren Rückführung ins System
Angebot an Gratisrädern
je mehr Gratisräder gestohlen wurden, umso weniger dieser Räder waren im Umlauf
Nachfrage nach Rädern zum Kauf
je mehr Gratisräder gestohlen werden, umso weniger werden zum Kauf nachgefragt
Bereitstellung von Gratisrädern
je geringer das Angebot, umso größer der Druck, noch mehr Räder bereitzustellen
Diebstahl
Angebot an Gratisrädern
Angebot und Nachfrage Angebot an Gratisrädern Nachfrage nach Gratisrädern
355
Nachfrage nach Radern zum Kauf
je mehr Gratisräder im Angebot, umso weniger werden Nachfrager bereit sein, eines zu kaufen
Angebot an Gratisrädern
je mehr nachgefragt werden, umso mehr müßten bereitgestellt werden
Nachfrage nach Rädern zum Kauf
je höher die Nachfrage nach Gratisrädern, umso geringer die Nachfrage nach Rädern zum Kauf
Nachfrage nach Radabsatz Rädern zum Kauf
je geringer die Nachfrage, umso niedriger der Absatz
Angebot an Rädern zum Kauf
Preise der Kaufräder
je weniger Kaufräder im Angebot, umso hoher der Verkaufspreis
Preise der Kaufräder
Nachfrage nach Rädern zum Kauf
je höher der Stückpreis, umso geringer die Bereitschaft zum Kauf
Radabsatz
Preise der Kaufräder
je geringer der Absatz, umso höher der Stückpreis
Tabelle 10-1 Beschreibung der
Wirkungsbeziehungen
Aufgabe 2 Allgemein: •
Aktion basiert auf Ehrlichkeit und uneigennützigem Verhalten
•
wie der „Feldversuch" zeigte, stand aber bei einem Großteil der Nutzer der eigene Vorteil im Vordergrund („Privatisierung" der Räder)
•
Eigennutz verhinderte die Erreichung des Ziels „Gemeinwohl"
Unter ökonomischen Gesichtspunkten: •
um Verfügbarkeit der Räder zu gewährleisten, wäre eine weitaus größere Menge an Rädern nötig gewesen
•
doch auch dann wäre noch nicht sicher, ob tatsächlich immer ein Rad zur Verfügung steht, wenn es gebaucht wird (vgl. „Privatisierung", Diebstahlquote)
•
zur Rücküberführung der Räder ins „Volkseigentum" mußte extra Personal eingesetzt werden
•
insgesamt ökonomischer Aufwand im Vergleich zum Nutzen nicht mehr vertretbar (auch ein teurer weiterer Versuch brachte keine besseren Ergebnisse)
Aufgabe 3 •
gewiß ist es schwierig, solch ein Projekt erfolgreich durchzuführen; Beispiele in den Niederlanden oder Dänemark zeigen (mit einer 10%igen Ausfallsquote pro Jahr), daß dies auch durchaus anderswo möglich sein müßte
•
im ländlichen Bereich ist die Verwirklichung wegen der Existenz einer Dorfgemeinschaft bzw. der damit zusammenhängenden höheren sozialen Kontrolle sicher eher möglich; im anonymen städtischen Bereich kann dem Gedanken des Eigennutzes vergleichsweise ungehemmter gefrönt werden
356
D - Öffentliche Wirtschaft
11 Studieren, aber wo? „Probieren geht über Studieren" (unbekannt)
Gerlinde Genius wird in wenigen Wochen die Abiturprüfungen absolvieren und aller Voraussicht nach mit sehr guten bis ausgezeichneten Ergebnissen abschneiden. Prüfungsangst kennt sie nicht; sie ist sich ihrer Stärken und Schwächen bewußt und kann auf eine umfassende Prüfungsvorbereitung zurückblicken. Weniger sicher ist sie sich allerdings, was ihre Zukunft nach dem Gymnasium betrifft. Sie weiß zwar, daß sie studieren will, hat aber keinen genauen Plan, was das Was und Wo angeht. Der Großteil ihrer Schulkameraden hat bereits die eine oder andere Hochschule im Visier. Da sich Gerlinde jedoch noch nicht einmal klar darüber ist, welche Fachrichtung(en) sie studieren möchte, fällt ihr die Auswahl einer geeigneten Hochschule entsprechend schwer. Aufgrund welcher Kriterien haben Sie sich Ihre derzeitige Hochschule ausgewählt bzw. welche Auswahlkriterien würden Sie Gerlinde vorschlagen? Aufgabe 1
Welche Faktoren sollten im Rahmen der Analyse eines Hochschulstandortes in Betracht gezogen werden? '; . . Aufgabe 2
Stellen Sie die Zusammenhänge wichtiger Faktoren in einem Netzwerk332 dar! Aufgabe 3
Erstellen Sie ausgehend von Ihrem Netzwerk eine Wirkungsmatrix333! Aufgabe 4
Um die verschiedenen in Frage kommenden Hochschulstandorte besser vergleichen zu können, möchte Gerlinde ein Polaritätenprofil erstellen. Wie könnte dies aussehen?
332 333
siehe Kasten Seite 37 siehe Kasten Seite 128
Studieren, aber wo?
357
Lösung Aufgabe 1
Κ
Auslandspraktika
Forschung Hörsäle
Auslandsstudium -
Seminarräume Rechnerpools
internationale Kontakte
Labors Bibliothek
Verhältnis ProfessorenStudenten-Zahlen
Ausstattung
Seminargruppengröße
Art der Abschlüsse und internationale Anerkennung
Ι
Kooperation mit Unternehmen •—-j Arbeitsmarktlage | —|
Studentenzahlen
Ferienjobs
Fremdsprachenangebot
Diplomarbeiten
in der Wirtschaft
| ]
in der Region
Praktika
Praxisbezug der Lehre
unter Studenten
Wirtschaft/ Industrie
Image
Freizett-i Kulturangebot
Infrastruktur
- | Kneipen, Bars,
regionale Verkehrsanbindung
-C H:
Netz öffentlicher Verkehrsmittel
Diskotheken
Kino, Theater Museen
Erreichbarkeit der Hochschulgebäude
Messen
Parkplatzsituation
Lebenshaltungskosten am Hochschulort
Radwegenetz
Sportangebot
Unterkunftmöglichkeiten Wohnheim
Lebensmittel
Miete öffentliche Verkehrsmittel
Ausstattung Lage
Mieten Wohngemeinschaften
"Shopping" l·-
Abbildung 11-1 Kriterien zur Wahl des
Hochschulstandortes
358
D - Öffentliche
Wirtschaft
Aufgabe 2
Abbildung 11-2 Wirkungszusammenhänge
Wirkung von ... auf...
Erläuterung der Zusammenhänge
Hochschule
Wirtschaft/ Unternehmen
•
je mehr Studenten, umso mehr Angebote der Unternehmen
Freizeit-/ Kulturangebot
•
je mehr Studenten, umso mehr Angebote
Lebenshaltungskosten
•
je mehr sich Hochschule engagiert, umso geringer können die Kosten sein (Bsp. Semestertikket)
Unterkunft
•
je mehr Studenten, umso größer Nachfrage
Hochschule
•
je besser die Beziehungen zur Hochschule, umso attraktiver für Studenten
Infrastruktur
•
je mehr Unternehmen angesiedelt sind, umso besser die Infrastruktur
Wirtschaft/ Unternehmen
Infrastruktur
Hochschule
•
je besser die Infrastruktur, umso mehr Studenten
Wirtschaft/ Unternehmen
•
je besser die Infrastruktur, umso mehr Ansiedlungen
Lebenshaltungskosten
•
je mehr studentenfreundliche Angebote (preiswertere Tarife), umso geringer die Kosten
Studieren, aber wo? Freizeit-/ Kulturangebot
Lebenshaltungskosten
359
Lebenshaltungskosten
•
je mehr Angebote, umso höher wahrscheinlich die Kosten
Unterkunft
•
wenn Angebot gut, dann sind Unterkunftsmöglichkeiten wahrscheinlich knapp
Unterkunft
•
je höher allgemeine Lebenshaltungskosten, umso teuerer die Unterkunft
Tabelle 11-1 Beschreibung der Wirkungsbeziehungen
Aufgabe 3
von
Wirtschaft/ Unternehmen
Infrastruktur
Freizeit-/ Kulturangebot
Lebenshaltungskosten
Unterkunft
Zeilensumme
auf Hochschule
Wirkung
Hochschule
X
3
0
2
2
3
7
Wirtschaft/ Unternehmen
2
X
3
0
0
0
5
Infrastruktur
3
3
X
0
0
6
Freizeit-/ Kulturangebot
2
0
0
X
3
1
6
Lebenshaltungskosten
0
0
0
0
X
3
3
Unterkunft
0
0
0
0
0
X
0
Spaltensumme
7
6
3
2
5
7
X
Tabelle 11-2 Bewertung der Einflüsse
Der Faktor Hochschule beeinflußt die anderen Faktoren am stärksten und wird, neben dem Faktor Unterkunft, auch am stärksten beeinflußt. Aufgabe 4
Faktoren Hochschule Vorlesungsangebot Praxisbezug der Lehre Fremdsprachenangebot Art der Abschlüsse, internationale Anerkennung Ausstattung Hörsäie Seminarräume Rechnerpools Labors Bibliothek
Gewichtung
Bewertung 1
2
3
4
5
Wert
Wert max.
360
D - Öffentliche Wirtschaft
Forschung Image in der Wirtschaft in der Region unter Studenten Studentenzahlen Seminargruppengröße Verhältnis Professoren-Studenten-Zahlen internationale Kontakte Auslandsstudium Auslandspraktika Wirtschaft/Industrie Praktika Diplomarbeiten Ferienjobs Arbeitsmarktlage Kooperation mit Unternehmen Infrastruktur regionale Verkehrsanbindung Netz öffentlicher Verkehrsmittel Erreichbarkeit der Hochschulgebäude Parkplatzsituation Radwegenetz Lebenshaltungskosten am Hochschulort Lebensmittel öffentliche Verkehrsmittel Mieten „Shopping" Unterkunftsmöglichkeiten Wohnheim Miete Ausstattung Lage Wohngemeinschaften Kultur-/Freizeitangebot Kneipen, Bars Diskotheken Kino Theater Museen Messen Sportangebot Tabelle 11-3 Checkliste zur Evaluierung der Attraktivität eines Hochschulstandortes
Über den Tellerrand
12
361
Über den Tellerrand Lernst du nicht fremde Sprachen in den Ländern am besten, wo sie zu Hause sind? (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre334)
Heike Haller, als ehrgeizig und zielstrebig bekannt, studiert an einer Fachhochschule Betriebswirtschaft. Vor wenigen Wochen hat das dritte Semester begonnen und nun gilt es zu überlegen, welche Studienschwerpunkte sie im vierten Semester wählen soll. Ausschlaggebend für ihre Wahl soll neben den persönlichen Interessen auch die internationale Einsatzfähigkeit der Studienfacher sein. Heike interessiert sich sehr für fremde Länder und Kulturen, beschäftigt sich begeistert mit Fremdsprachen, verbringt die Sommerferien regelmäßig im Ausland und hat nach Abschluß des Gymnasiums schon einen vierwöchigen Englischkurs in Südengland absolviert. Während des Hauptstudiums möchte sie nun gern ein oder zwei Semester im Ausland studieren. Sie hat sich jedoch noch keine weiteren Gedanken über Vor- und Nachteile, Vorbereitung und Ablauf eines Auslandssemesters gemacht.
Die Wahl des Hochschulstandortes will gut überlegt sein
Heike weiß, daß ihre Hochschule bereits Kontakte zu ausländischen Hochschulen geknüpft hat und hat gehört, daß eine Anrechnung von Prüfungsleistungen,
334
vgl. Harenberg Lexikon der Sprichwörter und Zitate, Dortmund 2001, 755
362
D - Öffentliche
Wirtschaft
die auf diesen H o c h s c h u l e n erbracht werden, an ihrer Heimathochschule m ö g lich wäre. H e i k e interessiert sich seit einiger Zeit besonders f ü r S c h w e d e n und Finnland, m ö c h t e sich aber nicht v o n vornherein auf ein Studium in einem dieser beiden Länder festlegen. Sie will zunächst an ihre Überlegungen relativ neutral herangehen, u m nicht etwa durch eine schon zu B e g i n n stark eingeschränkte Betrachtungsweise etwaige Chancen auszuschließen. Aufgabe 1 Vorige Woche hat Heike einige Stunden damit zugebracht, Informationen zum Auslandsstudium im Internet zu suchen. Mit Hilfe der gefundenen Informationen überlegt sie nun, welche Aspekte generell bezüglich eines Auslandsstudiums zu klären werden. Entwickeln Sie ein Übersicht, die alle Ihrer Meinung nach wesentlichen Aspekte der Thematik erfaßt! Aufgabe 2 Damit es nicht bei einer unstrukturierten Suche nach Informationen und zahlreichen mehr oder weniger sinnvoll verbrachten Stunden vor dem Computer bleibt, will Heike eine Liste von Zielen aufstellen, die sie Schritt für Schritt abarbeiten kann. Leiten Sie aus dem Oberziel .Auslandsstudium" Teilziele ab und bringen Sie diese in eine plausible Reihenfolge! Ordnen Sie zudem den Zielen einen realistischen Zeitrahmen zu! Aufgabe 3 Heike überlegt nun, welche Personen oder Institutionen sie bei der Durchführung ihres Vorhabens unterstützen könnten bzw. wo sie gegebenenfalls mit Schwierigkeiten rechnen muß. Helfen Sie Heike bei ihren Überlegungen und identifizieren Sie die Elemente des Gesamtsystems „Hochschullandschaft", in das Heike eingebettet ist! Aufgabe 4 Auch wenn sich derzeit die Chancen für die Aufnahme eines Auslandsstudiums vielleicht sehr günstig gestalten, kann die Situation in einem Jahr schon wieder etwas anders aussehen. Heike möchte daher untersuchen, in welcher Weise sich Entwicklungen in der Umwelt positiv oder negativ auf ihr Vorhaben auswirken könnten. Erstellen Sie ein Szenario335 für eine mögliche mittelfristige Entwicklung!
335
siehe Kasten Seite 56
Über den Tellerrand
363
Lösung Aufgabe 1
Erasmus/ Sokrates
Voraussetzungen für Teilnahme
Kulturorganisation der diplomatischen Vertretungen der EU-Länder
I Finanzierung |
| Ferienjob |
I Kosten Ι ι \ l
ι I Wohnheim I
I Unterbringung^——| prtvaWVG |
Bewerbungsunterlagen (z.B. Zeugnisse)
Zulassungsbeschränkungen
| Informationen [-|~DAAD
Akademisches Auslandsamt der Hochschule
Partnerhochschulen
Broschüren der Bundesregierung
* ECTS = Europäisches System zur Anrechnung von Studienleistungen
Abbildung 12-1 Wichtige Aspekte im Rahmen eines
Auslandssemesters
Form des Nachweises erbrachter Leistungen
ECTS*
364
D - Öffentliche
Wirtschaft
Aufgabe 2 f ü !
Zeitrahmen
1. Beschaffung allgemeiner Informationen
6 Wochen
2. Informieren, in welchen Landern bzw. an welchen Hochschulen ein Studium möglich ware
6 Wochen
4 Wochen* 3. Informieren, welche Fachrichtungen diese Hochschulen anbieten 4. Klärung der Frage, ob vorab Sprach- oder fachliche Eignungsprüfungen 4 Wochen* gefordert werden S. Klarung der Frage, ob eine Anrechnung der im Ausland erbrachten Leistungen möglich ist
4 Wochen*
6. Informieren, welche Sprache Unterrichtssprache ist
2 Wochen*
7. Klarung der Frage, wie lange der Auslandsaufenthalt dauern soll
4 Wochen*
8. Informieren, wo eine Unterbringung möglich ware
4 Wochen*
9. Informieren, wie der Aufenthalt finanziert werden kann
6 Wochen*
10. Informieren, wo und bis wann man sich beworben haben muß
2 Wochen*
11. Aufnahme des Auslandsstudiums
in etwa einem Jahr
* z.T. parallel zu anderen Schritten Tabelle 12-1 Heikes Ziele
Aufgabe 3
Abbildung 12-2 Beteiligte Akteure
Über den Tellerrand
365
•
Professoren: schon vor der Bewerbung bei den Professoren informieren, welche Sachgebiete im jeweiligen an der Heimathochschule gelehrt werden, sodaß Auslandsstundenplan danach ausgerichtet werden kann
•
Akademisches Auslandsamt: kann bei der Vermittlung eines Ausiandsstudienplatzes behilflich sein
•
ausländische Partnerhochschulen: informieren, inwieweit Kooperationsabkommen mit Heimathochschule bestehen; informieren, welche Fachrichtungen angeboten werden
•
EU-Programme (z.B. Erasmus/Sokrates): informieren, inwieweit Heimathochschule in solche Programme eingebunden ist - wichtig für Anrechnung von im Ausland erbrachten Leistungen
•
Prüfungsamt: gibt - nach Genehmigung durch Professoren - Zustimmung, ob Auslandsleistungen an Heimathochschule anerkannt werden
•
BAföG-Amt: Beantragung von Auslands-BAföG, informieren, welches BAföGAmt für das Zielland zuständig ist (für Schweden beispielsweise BAföG-Amt Flensburg)
•
DAAD: kommt als Stipendiengeber in Betracht, informieren, zu welchen Bedingungen Finanzierung möglich ist
•
private Stipendiengeber: Finanzierung des Auslandsaufenthaltes, falls andere Finanzierungsmöglichkeiten wegfallen; informieren, zu welchen Bedingungen Finanzierung möglich ist
Aufgabe 4
Umweltsegment
Schlüsselfaktoren Anzahl
Trendaussage
Wirkung auf Auslandsstudium
0 ) bleibt gleich
+/-
P) nimmt stark zu W) nimmt zu
Mitbewerber Studienleistungen
Anzahl
0 ) bleiben gleich
+/-
P) nehmen zu W) bleiben gleich
+/-
0 ) wird ausgebaut
+
P) wird eingeschränkt
+
W) wird ausgebaut
EU-Programme Zulassungsbeschränkungen
0 ) nehmen ab P) nehmen zu W) bleiben gleich 0 ) werden erhöht
Bedarfssätze
+
P) werden gesenkt
+/-
+ +/-
W) bleiben gleich
BaföG
0 ) wird gesenkt Bemessungsgrundlage/ Höchsteinkommen
P) wird erhöht W) bleibt gleich
+ +/-
366
D - Öffentliche Voraussetzungen für Stipendienvergabe
0) nehmen ab P) nehmen zu W) bleiben gleich
Zahl vergebener Stipendien
0) nimmt zu P) nimmt ab W) bleibt gleich
+
Anzahl
0) nimmt zu P) nimmt ab W) nimmt zu 0) wird ausgebaut P) wird eingeschränkt W) wird ausgebaut
+
Lehrangebot
0) nehmen ab P) nehmen zu W) bleiben gleich
+
Zulassungsbeschränkungen
Zahl
O) nimmt zu P) nimmt ab W) bleibt gleich
Kosten
0) bleiben gleich P) nehmen stark zu W) nehmen zu
Stipendiengeber
Partnerhochschulen
Wirtschaft
Unterkunftsmöglichkeiten
+
+/-
+
+/-
+
+
+/-
+
+/+/-
(0) optimistisches Szenario; (P) pessimistisches Szenario; (W) wahrscheinliches Szenario Bewertung der Entwicklung von ++ (sehr positiv) bis - (sehr negativ) Tabelle 12-2 Mögliche Entwicklungen
Die Rahmenbedingungen für die Absolvierung eines Auslandssemesters gestalten sich gegenwärtig und auch in Zukunft recht günstig. Die Zahl der grenzüberschreitenden Kooperationen von Hochschulen wird höchstwahrscheinlich zunehmen, gleichzeitig werden internationale Programme und Lehrangebote ausgebaut. Es muß allerdings davon ausgegangen werden, daß sowohl die Zahl der Mitbewerber als auch die Leistungsorientierung bei der Vergabe ausländischer Studienplätze und Stipendien zunehmen.
In vollen Zügen genießen
13
367
In vollen Zügen genießen „Mehr Verkehr auf die Schiene, das ist das erklärte Ziel der Bahn."336
Kunigunde König, leidenschaftliche Bahnfahrerin, hatte einen Traum - einen Traum vom Bahnfahren in modernen, sauberen und gut besetzten Zügen zu moderaten Preisen, auf einem dichten Streckennetz, das in kurzen Taktzeiten bedient wird. Das gibt es nicht? In Deutschland kann man bei diesen Vorstellungen derzeit wirklich nur von einem Traum sprechen. Wenige Kilometer südlich ist dieser Traum allerdings schon längst Realität. Die Rede ist von der Schweiz, die als wahres Bahnfahrerparadies bezeichnet werden kann. Neben den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), die insgesamt als Netzverwalter und auch als Betreiber vieler Strecken fungieren, existieren zahlreiche Privatbahnen. Die Züge sind stets gut besetzt und verkehren auch auf Nebenstrecken in kurzen Abständen. Das Tarifssystem ist übersichtlich aufgebaut, Zuschläge für Hochgeschwindigkeitszüge, EC oder IC werden nicht erhoben. Ähnlich der BahnCard gibt es das sogenannte Halbtax-Abo, das dem Inhaber einen 50%igen Rabatt auf Fahrkarten der Bahnen, Postbusse und Schiffahrtslinien gewährt. Beliebt sind außerdem Generalabonnements , die freie Fahrt auf dem gesamten Streckennetz ermöglichen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche 338 * · . • weitere attraktive Angebote. Auch für ausländische Touristen bieten die SBB und ihre verbundenen Gesellschaften interessante Möglichkeiten: wie auch für Einheimische ist das Halbtax-Abo erhältlich. Eine Kombination von Generalabo und Halbtax-Abo stellen die in verschiedenen Kantonen existierenden Regionalpässe dar, die - je nach Wunsch des Reisenden - innerhalb von zehn Tagen an drei, fünf, sieben oder zehn Tagen freie Fahrt, an den restlichen Tagen 50 % Rabatt gewähren. Der Swisspass bietet - ähnlich wie ein Generalabo - freie Fahrt auf allen Strecken (Zug, Bus, Schiff und Stadtverkehr) und gewährt darüber hinaus Rabatte auf den meisten Bergbahnen. Kritiker mögen einlenken, daß das Streckennetz der Schweizerischen Bundesbahnen und ihrer verbundenen Bahngesellschaften wesentlich kleiner als das der Deutschen Bahn ist. Für viele in der Schweiz existierende Angebote würde es angesichts der Einwohnerzahl in Deutschland aber eine weitaus größere Zielgruppe geben. Doch nicht nur im Personenverkehr hat die Schweiz Vorbildwirkung: Das Ziel, möglichst viele Güter per Schiene zu transportieren, ist in der Schweiz sogar in der Verfassung verankert; was Früchte zeigt - gut 35 % aller Güter werden von der Bahn transportiert.339
336
Deutsche Bahn AG: Neues Preissystem, Frankfurt/M. 2002 siehe Schweizerische Bundesbahnen: Generalabonnement, Bern 2001 338 siehe Schweizerische Bundesbahnen: Abos, Tickets und Services, Bern 2001; siehe dazu im Vergleich Deutsche Bahn AG: Service & Preise, Frankfurt/M. 2002 339 vgl. Stadler, Rainer; Wilke, Olaf: Börsengang in zwei Zügen?, in: Focus, 19.03.2001,329 337
D - Öffentliche Wirtschaft
368
Die Strategie der Deutschen Bahn ist offensichtlich eine andere: Fest steht, es fahren zu wenige Menschen mit der Bahn. Deshalb erzielt die Bahn zu geringe Einnahmen, zudem fahren zu viele schlecht besetzte Züge auf Strecken, die kaum jemand nutzt. Schlußfolgerung: es werden die Preise erhöht und Strecken stillgelegt. Da das Bahnfahren so teurer und unattraktiver wird, steigen noch mehr Menschen aufs Auto um. Die folgerichtige Reaktion nach Meinung der Bahn: Preise noch mehr nach oben, Streckennetz weiter ausdünnen. Man setzt auf die sowieso schon gut ausgelasteten Verbindungen zwischen den Ballungszentren und spart im ländlichen Raum. Statt nach den wahren Ursachen der abnehmenden Fahrgastzahlen auf bestimmten Relationen zu forschen340, werden unrentable Strecken einfach gestrichen oder stehen zum Verkauf an. Auf diese Art und Weise will sich die Bahn von insgesamt rund einem Viertel ihres Strekkennetzes trennen. Außerdem ist man beispielsweise dabei, die InterRegios schrittweise abzuschaffen. Wo man früher ohne Umsteigen von Α nach Β gelangen konnte, ist jetzt (mindestens) ein Zugwechsel und nicht selten eine längere Fahrzeit nötig.3 1 Der letzte diesbezügliche Streich der Bahn ist die Einführung eines neuen Tarifsystems ab Ende 2002. Hinter der offiziellen Begründung, Licht in den bisherigen „Tarifdschungel" bringen zu wollen, könnte man angesichts der damit einher gehenden Verschlechterungen vermuten, die Bahn wolle auch ihre treuesten Kunden, nämlich diejenigen, die für regelmäßige Einnahmen sorgen und auf die Bahn angewiesen sind - die Berufspendler - von der Schiene vertreiben.
Tarif Normalpreis Plan&Spar 10
Rabatt
Bindung an einen bestimmten Zug
0%
nein
10%
Plari&Spar 25 Plan&Spar 40
BahnCardRabatt von 25 %
Vorverkaufsfrist
ja
-
ja
1 Tag
ja
25%
ja
3 Tage
ja
40%
ja
7 Tage
ja 342
Tabelle 13-1 Das neue Preissystem der Deutschen Bahn im Fernverkehr (Auszug)
Was am neuen Tarifsystem zunächst gut klingen mag - Rabatte bis zu 66 %, Kinder fahren in Begleitung ihrer Eltern gratis - , bringt den regelmäßigen Bahn340 In einer Focus-Umfrage im März 2000 kritisierten Bahnkunden, die Bahn sei zu teuer (55 %), unpünktlich (33 %), es gäbe zu wenige Anschlüsse/Verbindungen (32 %), zu volle Züge (28 %), schmutzige Waggons (27 %), der Service wäre schlecht (21 %) und die Züge zu langsam (14 %). Lediglich 14 % der Kunden waren mit den Leistungen der Bahn rundum zufrieden (vgl. o.V.: Brennpunkt - Deutsche Bahn, in: Focus, 03.04.2000, 70). 341 Ein Beispiel: Die Strecke Plauen - Wien war kurz vor der Jahrtausendwende mit einmaligem Umsteigen in Regensburg in nicht einmal sieben Stunden Fahrzeit zu bewältigen. Nun nach der Streichung der InterRegios und der Degradierung der Strecke durch die Oberpfalz zur „Bummelstrecke" - ist der Fahrgast gezwungen, einen Umweg über Nürnberg, der eine Stunde mehr Fahrzeit und gut EUR 5 höhere Fahrtkosten verursacht, in Kauf zu nehmen. 342 vgl. Deutsche Bahn: Neues Preissystem, Frankfurt/M. 2002
369
In vollen Zügen genießen
nutzem überhaupt keinen Vorteil. Im Gegenteil: Flexibilität kommt dem Fahrgast teuer zu stehen. Die BahnCard bringt nur noch 25 % Rabatt. Und wenn man sich nicht schon Tage vorher auf einen ganz bestimmten Zug festlegt oder die pro Tarifgruppe festgelegten Kontingente ausgeschöpft sind, kann man die neue Rabattstaffel überhaupt nicht nutzen. Der große Nachteil für den Nahverkehr 343 , der in den zahlreichen Vorankündigungen zum neuen Tarifsystem aber nie explizit angesprochen wurde: auch hier werden BahnCard-Inhabern nur noch 25 % Rabatt gewährt, während keine der neuen, im Fernverkehr geltenden Vergünstigungen greift. ^ Beispiel Der Pendler Siegfried Schiene muß, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen, für Hin- und Rückfahrt jeweils 50 km per Bahn zurücklegen. Da Siegfried auch im Außendienst tätig ist, fährt er diese Strecke allerdings nicht täglich, so daß sich der Erwerb einer Zeitkarte (Wochen-, Monats- oder Jahreskarte) nicht lohnt. Seine Fahrtkosten setzen sich nach altem und neuen Tarifsystem wie folgt zusammen: Preise für Hin- und Rückfahrt Zahl der wöchentlichen Pendeltage
Ohne BahnCard
Mit BahnCard nach alten Tarifsystem
Mit BahnCard nach neuem Tarifsystem
1
13,20
6,60
2
26,40
13,20
19,80
3
39,60
19,80
29,70
4
52,80
26,40
39,60
5
66,00
33,00
49,50
Bei... wöchentlichen Pendeltagen/Jahr*
Ohne BahnCard
Mit BahnCard nach alten Tarifsystem"
Mit BahnCard nach neuem Tarifsystem"
1
594,00
437,00
505,50
2
1188,00
734,00
951,00
9,90
3
1782,00
1031,00
1396,50
4
2376,00
1328,00
1842,00
5
2970,00
1625,00
2287,50
* 45 Wochen pro Jahr ** inkl. Kosten für BahnCard: nach altem System EUR 140 (BahnCard Classic), nach neuem System EUR 60 Tabelle 13-2 Gegenüberstellung der Fahrtkosten bei 50 km-Wegstrecke nach altem und neuem Tarifsystem3*4
343
Kritik kommt allerdings nicht nur von Seiten der Fahrgäste. Die Länder als Besteller der Nahverkehrsleistungen der Bahn müssen die geplanten Tarife genehmigen. Da die neue BahnCard auch im Nahverkehr nur noch 25 % Rabatt gewähren wird, greift die Bahn mit ihrer Tarifanderung in die Tarifhoheit der Länder ein. Es ist fraglich, ob die Landesregierungen dies ohne Protest über sich ergehen lassen wollen... 344 Die Rechnung erfolgte unter der Annahme, daß sich die Preise im Nahverkehr bei Einführung des neuen Tarifsystems nicht ändern.
D - Öffentliche Wirtschaft
370
Stark benachteiligt sind im neuen System auch die Rentner, eine weitere, bisher treue Zielgruppe. Zahlten sie bislang iur ihre BahnCard Senior EUR 70 und konnten damit 50 % Rabatt in Anspruch nehmen, werden auch ihnen mit der neuen BahnCard zu EUR 60 nur noch 25 % Rabatt gewährt. Mit Einfuhrung der Zugbindung möchte die Bahn angeblich besser planen können. Da sich der Fahrgast - wenn er in den Genuß der Rabatte kommen will auf einen bestimmten Zug festlegen muß, kann die Bahn die Auslastung der Züge besser vorhersagen und die Zugformationen gegebenenfalls verstärken oder verkürzen. Die damit verbundene Vorverkaufsfrist fuhrt dazu, daß man als Bahnfahrer immer inflexibler wird - oder eben den entsprechenden Preis für die volle (ursprünglich selbstverständliche) Flexibilität zahlen muß. Wirklich planbar ist für die Bahn in diesem Zusammenhang wahrscheinlich nur, daß immer weniger Menschen mit der Bahn fahren werden. Und es stellt sich die Frage, wie es beispielsweise den Schweizer Bahnen gelingt, ihre Zugstärken ohne derartige Restriktionen zulasten der Fahrgäste sinnvoll zu planen ...
gpfci
I
I
i
Einer der letzten InterRegios auf der Strecke Regensburg - Leipzig/Dresden
Der Vormarsch der Privatbahnen ist unaufhaltsam
Einziger Lichtblick für den Bahnkunden ist derzeit die zunehmende Konkurrenz beim Schienenverkehr. Erst seit 1994 ist für Privatbahnen das Bedienen von DBStrecken möglich. Bislang beträgt deren Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen auf der Schiene erst rund 8 %, aber ihr Anteil wird wachsen. Bis jetzt tummelten sich private Betriebe ausschließlich im Bereich des Nahverkehrs. Doch auch im Fernverkehr muß die Bahn zunehmend mit Konkurrenz rechnen: dem erfolgreichen Markteintritt von Connex345 in den Fernverkehr werden Nachahmer folgen.
345 In Frankfurt ansässige Privatbahn-Gruppe; betreibt bereits sechs Regionalbahnen, z.B. die Nordostseebahn in Schleswig-Holstein und die Bayerische Oberlandbahn; startete im März 2002 den bundesweit ersten privatwirtschaftlich betriebenen Fernverkehrszug von Gera nach Rostock, nachdem die Bahn auf dieser Strecke die InterRegio-Verbindung eingestellt hatte. Connex hat außerdem angeboten, weitere ehemalige InterRegio-Verbindungen zu übernehmen, wäre wegen der schnellen Expansion allerdings auf die Bereitstellung des von der Bahn ausrangierten Wagenmaterials angewiesen. Die Bahn verkündete daraufhin, die Waggons
In vollen Zügen genießen
371
Zur Gewinnung von Fahrgästen geht Connex einen anderen Weg als die Bahn: niedrigere Preise (eine Fahrkarte kostet weniger als das entsprechende Ticket bei der Bahn unter Nutzung der BahnCard) und besserer Service. Durch die daraus resultierende höhere Auslastung möchte man die Einbußen aufgrund der niedrigen Fahrpreise ausgleichen. Doch solange der Anteil der privaten Betreiber so gering - und die Vormachtstellung des Riesen Deutsche Bahn so groß bleibt, werden sich viele der bis jetzt standhaften Bahnfahrer sagen: Wir haben verstanden, Deutsche Bahn. Wir fahren (wieder) Auto!346 Nach der Flutkatastrophe im August 2002 steht die Bahn nun vor neuen Problemen. Durch das Hochwasser wurden beispielsweise 400 km Gleise in Sachsen und Sachsen-Anhalt - darunter viele erst in den letzten Jahren ausgebaute Strekken - beschädigt oder zerstört, Bahndämme in der Gesamtlänge von 130 km unterspült, 94 Brücken beschädigt, zehn davon müssen komplett neu errichtet werden. Zudem wurden 200 Bahnhöfe und Haltepunkte sowie zwölf Lokomotiven und vier ICE TD schwer beschädigt. Die Bahn beziffert die Schäden auf über EUR 1 Mrd. Bis die Gleise und Gebäude wieder repariert und ein ungehinderter Betrieb möglich sind, werden mindestens zweieinhalb Jahre vergehen.347 Aufgabe 1
Beschreiben Sie die Strategie der Deutschen Bahn und vergleichen Sie diese mit jener der Schweizerischen Bundesbahnen*. Aufgabe 2
Inwiefern beeinflußte das politische Umfeld die Entwicklung, die die Bahn in Deutschland genommen hat?
verschrotten und keine weiteren Strecken mehr abgeben zu wollen (vgl. Bürgerbahn statt Börsenwahn, http://www.buergerbahn-statt-boersenwahn.de, 10.09.2002). 346 Zum Weiterlesen siehe auch Machatschke, Michael: Attacke auf die Bahn, in: Manager Magazin, 4/2002, 156ff; Borchert, Hans; Schmid, Dorothea: Einmal Deutschland und zurück, in: Focus, 15.05.2000, 106ff; Stadler, Rainer; Wilke, Olaf: Börsengang in zwei Zügen?, in: Focus, 19.03.2001,326ff; o.V.: Kampf um die Schiene, in: W & V Werben & Verkaufen, 16/2002, 36; Hennigs, Kristina; Kietzmann, Matthias; Siedenburg, Birte: Raus aus dem Stau!, in: Focus, 10.12.2001, 244ff; o.V.: Länder-Widerstand gegen geplantes Preissystem der Bahn (27.06.2001), in: Financial Times Deutschland, http://www.ftd.de, 02.08.2002; Klettke, Sascha: Bahn-Reform vor weiterer Hürde (28.05.2001), in: Financial Times Deutschland, http://www.ftd.de, 02.08.2002; DB-Mobil, monatlich erscheinendes Magazin der Deutschen Bahn AG; Via, zweimonatlich erscheinendes Magazin der Schweizerischen Bundesbahnen 347 vgl. o.V.: Schnelle Wiederherstellung der Schienenwege (28.08.2002), http://bundesregierung.de, 10.09.2002; o.V.: Nach der Jahrhundertflut - Herber Rückschlag für die Bahn im Osten, in: Takt, September 2002, 2; o.V.: Eisenbahner kämpften Tag und Nacht dafür, den Zugverkehr wieder in den Griff zu bekommen, in: Takt, September 2002, 3; o.V.: Die Bahn mobilisiert jetzt alle Kräfte, in: Takt, September 2002, 5; zum Weiterlesen siehe auch Dahl; Ulf; Fischer, Johannes; Prase, Eva; Ruscheinsky, Dagmar; Soika; Dieter; Ulbrich, Mario: Die Flut - Die Hochwasserkatastrophe im August 2002. Eine Dokumentation, Chemnitz 2002
372
D - Öffentliche
Wirtschaft
Aufgabe 3 Welche Aufgabe 4 Was verspricht sich die Bahn von der Einführung des neuen Preissystems? Was wäre am neuen System zu kritisieren?
Welche Impulse erhält der Schienenverkehr durch den Eintritt privater Anbieter auf assess
könnte der Bahnverkehr in Deutschland wieder attraktiver
In vollen Zügen
genießen
373
Lösung Aufgabe 1 Deutsche Bahn: •
Gewinnmaximierung, d.h. Streckennetz auf rentable Fernstrecken reduzieren, Konzentration auf große Zentren;
•
vernetztes Denken - Bahn eingebunden in öffentlichen Nahverkehr - fehlt;
•
seit 1990 wurde die Zahl der Gleisanschlüsse halbiert; Anteil Güterverkehr 16 %, in der Schweiz mehr als doppelt so viel (auch weil Gesetzeslage anders ist);
•
DB will 1.500 Bahnhofsgebäude verkaufen; Bahnhof stellt jedoch auch einen Teil der Kultur dar, den es zu pflegen gilt;
•
DB will klassischen Speisewagen abschaffen, eine neue Art von Bistro entwickeln und das alte Bistro zum Raucher-Bistro umfunktionieren; gleichzeitig soll dadurch der ganze Zug Nichtraucherzug werden; paradox: SBB führt Speisewagen gerade wieder ein! 3 4 ^
Schweizerische Bundesbahnen: •
im Mittelpunkt steht das Netz, auch der ländliche Raum wird erschlossen;
•
gutes Preis-Leistungs-Verhältnis;
•
offenes System (d.h. keine Zugbindung, Fahrkarten nicht nur für bestimmte Verbindung gültig, mehr Flexibilität);
•
kurze Taktfrequenzen;
•
mit attraktiven Angeboten möglichst viele Kunden binden und darüber Gewinn sichern;
•
optimale Zusammenarbeit mit übrigen Verkehrsträgern;
•
Konzept zeigt Wirkung: jeder Schweizer fährt 40 mal im Jahr mit der Bahn, mehr als doppelt so oft wie die Deutschen; das auf allen Teilsystemen geltende Generalabo wird von 250.000 Kunden, das Halbtax-Abo von 2 Mio. Kunden genutzt; 81 % der Kunden sind mit Angebot und Service der Bahn voll zufrieden, Probleme gibt es nun mit dem Sitzplatzangebot, da die Nachfrage zu groß ist;
•
Sßß-Vorstand Benedikt Weibel sagt: „Wir sind wahrscheinlich das einzige Land, in dem das Volk die Eisenbahn liebt."349
348
Im 3SAT-Magazin Grenzenlos, in dem Hartmut Mehdorn (Vorstand Deutsche Bahn AG), Rüdiger vorm Walde (Vorstand Österreichische Bundesbahn) und Benedikt Weibel (Vorstand Schweizerische Bundesbahnen) über die Zukunft der Bahn diskutierten, wurden die Deutschen als „Weltmeister im Stillegen von Bahnstrecken" bezeichnet (vgl. Höchste Eisenbahn - Zug um Zug aus der Krise? [Grenzenlos - Das 3-Länder-Magazin], 3SAT, 18.09.2002). 349 vgl. ebd.
374
D - Öffentliche Wirtschaft
Aufgabe 2 •
Schweiz betreibt Verkehrspolitik, Deutschland betreibt Autopolitik
•
Deutschland = Autoland; Förderung des Automobilbaus und Autobahnbau standen gegenüber der Bahn stets im Vordergrund;
•
Schweiz hat keinen eigenen Automobil-Hersteller, Politik ist daher eine andere als in Deutschland: hier werden z.B. Unternehmen, die einen Eisenbahnanschluß errichten, staatlich gefördert, ferner ist die Erschließung von Gewerbegebieten an das Vorhandensein eines Gleisanschlusses gebunden
Aufgabe 3 •
Aufspaltung der ehemaligen InterRegio-Strecken in kürzere Teilstrecken; Reisender muß dadurch häufiger umsteigen, oft Umwege und/oder eine längere Fahrzeit in Kauf nehmen;
•
„Abhängen" ganzer Regionen und großer Städte vom Fernverkehr (Bsp. Gera, hier schuf erst der Privatanbieter Connex wieder eine Fernverkehrsverbindung);
•
Nachteile für Einwohner dieser Regionen, aber auch für den Tourismus (bei Reisen in Nahverkehrszügen keine Reservierung möglich, lange Strecken aufgrund des geringeren Platzangebots im Zug beschwerlich, keine Verpflegungsmöglichkeit im Zug, teilweise schaffnerlose Züge usw.);
•
durch Wegfall der /nferf?eg/o-Fernverbindungen (Fernverkehr ist von der Deutschen Bahn zu zahlen) und Ersatz in Form von Nahverkehrszügen (Nahverkehr ist Ländersache) verlagert die Bahn Kosten auf die Länder; diese haben jedoch nur begrenzt Mittel für die Bestellung des Nahverkehrs zur Verfügung; Ausdünnung des Angebots scheint die logische Folge zu sein350
Aufgabe 4 Bahn verspricht sich •
bessere Planungsmöglichkeit;
•
bessere Auslastung der Züge;
•
effektiveres Wirtschaften;
•
Vorteile für Reisenden (v.a. durch degressive Preisstaffelung)
Kritik •
treueste Kunden werden „geprellt";
•
Tarifänderung zulasten derer, die auf Bahnfahren angewiesen sind (z.B. Pendler);
350
Anmerkung: In der Schweiz wurde erst vor kurzer Zeit der IR als neues „Produkt" eingeführt. Dabei ist das Streckennetz wesentlich kleiner, die Distanzen zwischen den Regionen viel kürzer und ein neues Bindeglied zwischen InterCity und Nahverkehr nicht wirklich notwendig (vgl. Hauber, Johannes; Wolf, Winfried: Der ausgebremste Erfolgszug - Ein Plädoyer für den InterRegio, in: Frankfurter Rundschau, 03.04.2001).
In vollen Zügen genießen •
Reisender wird in seiner Flexibilität stark eingeschränkt;
•
effektive Vergünstigungen lediglich für Gelegenheitsfahrer
375
Aufgabe 5 •
Konkurrenz;
•
differenzierteres und kundenorientierteres Angebot;
•
z.T. kostengünstigeres Reisen (z.B. Connex)\
•
besserer Service
Aufgabe 6 •
Einführung eines wirklich kundenfreundlichen Preissystems bei Erhaltung aller Flexibilität und Vorzüge des Eisenbahnreisens;
•
dichtes Netz; flächenhafte Bahn, die den ländlichen Raum mit erschließt;
•
Reaktivierung stillgelegter Strecken;
•
Optimierung von Anschlüssen und Taktzeiten;
•
optimale Zusammenarbeit zwischen allen Verkehrsträgern;
•
Förderung von Güteranschlüssen
376
D - Öffentliche Wirtschaft
14 Hochwasserschutz in den Alpen „Das konzeptionell sehr überzeugende Landschaftsrückführungs-Projekt beinhaltet neben dem natürlich verbesserten Hochwasserschutz eine ökologisch erhebliche Aufwertung und eine landschaftlich spektakuläre, jedoch unerwartet naturnahe Umgestaltung." (Fonds Landschaft Schweiz351)
Vielerorts wurden - ob zur Stromgewinnung, „besseren" Grundstücksnutzung oder aus infrastruktureller Sicht - Flußbetten ausgebaut und begradigt, natürliche Überschwemmungsgebiete bebaut. Wurden derartige Maßnahmen auch von verschiedenen Seiten kritisiert, ein wirkliches Umdenken hatte bisher in diesem Zusammenhang noch nicht stattgefunden. Daß gerade Gebirgsflüsse oder gar -bäche, die sich zurück in ihr altes Flußbett „kämpfen", ein gewaltiges Kraftpotential entwickeln können, zeigten die Geschehnisse im Erzgebirge im August 2002. Doch nicht erst seit der jüngsten Flutkatastrophe wird der Schutz vor dem Hochwasser in den Alpen heiß diskutiert: ,Jn den vergangenen Jahren wurde [...] in der Schweiz der nachhaltige Hochwasserschutz entwickelt. Dies bedeutet, dass die Natur nicht mehr in erster Linie mit Schutzbauten zu bändigen ist, sondern ihr auch Freiräume gewährt werden müssen. Nachhaltige Hochwasserschutzprojekte gestehen dem Fluss auch Überflutungsflächen zu und wägen die ökologischen Vorteile - z.B. eine grössere Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten, die auf periodische Überschwemmungen angewiesen sind — gegen die wirtschaftlichen Nachteile ab."352 In Samedan, dem Hauptort des Oberengadins im Schweizer Kanton Graubünden, wurde deshalb ein Landschaftsrückfuhrungs-Projekt gewaltigen Ausmaßes in Gang gesetzt, das hauptsächlich der Erfüllung von drei Zielen dient: Sicherheit, Lebensqualität und Natur. ,JBis 1870 mäandrierte der Flaz durch die weite, offene Ebene von Samedan, die durch Gesteinsmaterial gebildet wurde, das Gletscher zurückgelassen und Flüsse abgelagert hatten. Trotz ersten Dammbauten suchten immer wieder Überschwemmungen das Dorf heim und verursachten grosse Schäden. Die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts gingen mit deren fünf (1951, 54, 55, 56 und 57) als ,Hochwasser-Jahrzehnt' in die Samedaner Geschichte ein. Durch die 1956 bis 1958 errichteten Dämme konnte Samedan nun während vieler Jahre vor weiteren Überflutungen bewahrt werden. Die damals nach bestem Wissen 351
zit. in: Academia Engiadina Samedan: Projekt Hochwasserschutz Samedan 2002 bis 2006 (Informationsbroschüre), Samedan 2002 352 Kanton Graubünden, Tiefbauamt: Hochwasserschutz Samedan (04.07.2002), http://www. samedan.ch/flaz, 10.09.2002
Hochwasserschutz in den Alpen
377
dimensionierten Gerinne von Flaz und Inn haben sich aber mittlerweile als zu klein erwiesen. Dafür mitverantwortlich sind auch Klimaveränderungen (Rückzug der Gletscher und Ansteigen der Schneefallgrenze). Die zu erwartenden Wassermengen bei einem ausserordentlichen (,100-jährlichen') Hochwasser sind so gross geworden, dass sie nicht mehr vollständig abgeführt werden können und die Siedlungsgebiete von Samedan erneut gefährden."^
Samedan - Hauptort des Oberengadin
Die zunächst zum Rückstau Oberengadiner
vorgesehenen Seen
Bis 1957 hatte Samedan immer wieder unter Überschwemmungen zu leiden. Im Zeitraum von 1956-1958 wurden deshalb Dämme errichtet, die derartige Überschwemmungen in Zukunft verhindern sollten. 1987, als Inn und Flaz erneut bedrohliche Pegelstände erreichten, Samedan aber - vorerst noch - vom Hochwasser verschont blieb, begann man zum ersten Mal, an der Wirksamkeit der Dämme zu zweifeln. Anschließende Untersuchungen belegten das bestehende Gefahrdungspotenial. Die Kantonsregierung setzte der Gemeinde daraufhin zur Behebung der Gefahren eine Frist bis 2005. In einer Feasibility-Study wurden mögliche Schutzmaßnahmen analysiert. So wurde beispielsweise an einen weiteren Ausbau der bestehenden Flußbetten, Staumauern im benachbarten Tal Roseg und in Morteratsch (Abflußgebiete des Bernina-Massivs), einen Rückstau der Oberengadiner Seen, den Bau von Rückhaltebecken und eine Verlegung des Flaz mit Renaturierung des Inn gedacht. Letztendlich erwiesen sich der Ausbau der Flußbetten und die Flazverlegung als machbar. Die Samedaner Stimmberechtigten entschieden sich mit großer Mehrheit für die zwar mehr als doppelt so teure, aber ökologisch sinnvollere Variante, die Flazverlegung. Nach Realisierung des Projekts soll die Hochwassergefahr für die besiedelten Gebiete beseitigt sein. Geplant ist, von Mai 2002 bis Sommer 2004 ein neues Flazgerinne zu bauen. Die komplette Flußverlegung soll im Spätherbst 2003 abgeschlossen sein. Für
353
Academia Engiadina Samedan: Projekt Hochwasserschutz Samedan 2002 bis 2006 (Informationsbroschüre), Samedan 2002
378
D - Öffentliche Wirtschaft
die Rekultivierung plant man einen Zeitraum bis Sommer 2004 ein. Die Renaturierung des Inn soll bis zum Sommer 2004 bzw. 2005 erfolgen. Der Abschluß des Projekts ist für 2006 vorgesehen. Die Gesamtkosten zu dessen Realisierung sind mit CHF 28.400.000,- veranschlagt. Getragen werden diese zu 75 % von Bund und Kanton sowie zu 25 % von den Gemeinden und weiteren Investoren.
Durch die Flazverlegung werden 17 ha Land beansprucht. Die betroffenen Landwirte reagierten äußerst verständnisvoll und erklärten sich zum Tausch von Land bereit. Zudem ist der Neubau von Brücken notwendig. Am Projekt sind neben den Gemeinden auch eine Reihe kantonaler Amtsstellen und der Bund sowie sonstige Organisationen beteiligt: so z.B. Bund (Bundesamt für Wasser und Geologie), Regierung und Amtsstellen des Kanton Graubünden (insbesondere Abteilung Wasserbau des Tiefbauamtes), kantonale Amtsstellen (Umwelt, Raumplanung, Natur und Landschaft, Wald), Umweltorganisationen und örtliche Vereine (Fischerei, Vogelschutz).
354
vgl. ebd.
Hochwasserschutz in den Alpen Aushub Schüttungen
300.000 ms 245. Ö00 m
Länge aufgewerteter Inn
3
Anzahl neuer Brücken
379 3.250 m 6
Blocksatz für Uferschutz
75.0001
Bleibende Rodungsfläche
11.255 m2
Lange Neubau
4.050 m
Temporäre Rodungsfläche
3.985 m2
Länge zurückgebaute Dämme
1.700 m
Beanspruchte Landfläche
17 ha
355
Tabelle 14-1 Flazveriegung - Zahlen und Fakten
Aufgabe 1 In welchen Etappen soll das Projekt realisiert werden? Welcher Zeitrahmen wird dafür jeweils angesetzt? Aufgabe 2 Analysieren Sie die Sichtweisen/Ziele/Bedenken der am Projekt beteiligten bzw. davon betroffenen Akteure! Aufgabe 3 Stellen Sie den Wirkungszusammenhang von im vorliegenden Fall bedeutenden Faktoren in einem Netzwerk356 dar! Erläutern Sie die Wirkungsbeziehungen kurz! Aufgabe 4 Erstellen Sie ausgehend von Ihrem Netzwerk eine Wirkungsmatrix357! Aufgabe 5 Erstellen Sie aus obiger Wirkungsmatrix ein Intensitätsportfolio358! Interpretieren Sie dieses kurz! Aufgabe 6 Erstellen Sie ein mittel-/langfristiges Szenario359 für den Fall, daß das Projekt N) nicht durchgeführt bzw. D) durchgeführt wird!
355
Academia Engiadina Samedan: Projekt Hochwasserschutz Samedan 2002 bis 2006 (Informationsbroschüre), Samedan 2002; zum Weiterlesen siehe auch Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft BUWAL, http://www.buwal-natur.ch; Bundesamt für Wasser und Geologie, http://www.bwg.admin.ch; Fonds Landschaft Schweiz, http://www.fls-fsp.ch; Nievergelt, Thomas: Hochwasserschutzprojekt aus Sicht der Gemeinde, http://www.samedan.ch/ flaz, 10.09.2002; o.V.: Flazveriegung in Samedan - Neue Flussläufe gab es in der Schweiz seit 1920 nicht mehr (04.07.2002), http://www.samedan.ch/flaz, 10.09.2002; Projekt Hochwasserschutz Samedan, http://www.samedan.ch/flaz; Semadeni, Silva: Naturnahe Umgestaltung der Landschaft, http://www.samedan.ch/flaz, 10.09.2002 356 siehe Kasten Seite 37 357 siehe Kasten Seite 121 358 siehe Kasten Seite 160 359 siehe Kasten Seite 56
D - Öffentliche
380
Wirtschaft
Lösung Aufgabe 1 Etappen
Zeitrahmen
Neues Flazgerinne
Mai 2002 bis Sommer 2004
Vollendung Flazverlegung
Spätherbst 2003
Rekultivierung Flaz
Sommer 2004
Renaturierung Inn
Sommer 2004/2005
Fertigstellungsarbeiten
Sommer 2006
Gesamtbauzeit
4,5 Jahre
Tabelle 14-2 Projektetappen und Zeitrahmen zu deren Umsetzung
Aufgabe 2
Abbildung 14-2 An der Flaz-Verlegung beteiligte bzw. davon betroffene Akteure
Beteiligte
Ansichten/Ziele/Bedenken
Bund
•
Regierung und Amtsstellen des Kantons Graubünden
Sicherheit für Mensch und Sachwerte
•
Naturschutz
•
Sicherheit
•
Naturschutz
•
Berücksichtigung der Belange der kantonalen Amtsstellen Raumplanung, Umwelt, Natur und Landschaft, Wald
•
Katastrophenschutz
Hochwasserschutz in den Alpen Gemeinde Samedan
Einwohner/ Stimmberechtigte von Samedan Nachbargemeinden
•
Sicherheit
•
Lebensqualität
•
Natur
•
Funktionalität Samedans als Hauptort des Oberangadin
•
starke Abhängigkeit vom Tourismus; Ort muß für Touristen attraktiv bleiben
•
siehe Gemeinde Samedan
•
keine allzu große finanzielle Belastung durch das Projekt
•
Bedenken: Flutung großer Gemeindeflachen
•
Einbeziehung in Projektplanung und -durchführung
381
Bedenken:
Einwohner der Nachbargemeinden
Landwirtschaft
Umweltorganisationen
•
kritische Stelle: Einmündung des Flaz wird flußabwärts verlegt
•
möglicherweise Flutung von Gemeindeflachen, die bisher „sicherer" waren
•
mögliche Nutzungseinschränkungen der Verkehrsinfrastruktur (z.B. Flugplatz als Überflutungsfläche)
Bedenken: •
kritische Stelle: Einmündung des Flaz wird flußabwärts verlegt
•
möglicherweise Flutung von Gemeindeflächen, die bisher .sicherer" waren
•
mögliche Nutzungseinschränkungen der Verkehrsinfrastruktur (z.B. Flugplatz als Überflutungsfläche)
•
keine Enteignungen
•
keine finanziellen Verluste bei Landabgabe bzw. -tausch
•
keine zu großen qualitativen Verluste bei Landtausch
•
keine Überschwemmung der Nutzfläche
•
Berücksichtigung von Umweltbelangen (Vogelschutz, Fische usw.)
•
Minimierung der Belastungen der Umwelt während der Bauzeit
Flora/Fauna
•
bessere Entwicklungschancen
Touristen
•
ganzjährige Sicherheit (Urlaubsaufenthalt)
•
Bedenken: Nutzungseinschränkungen Verkehrsinfrastruktur (z.B. Flugplatz als Überflutungsfläche)
Tabelle 14-3 Ansichten/Ziele/Bedenken der Beteiligten bzw. Betroffenen
D - Öffentliche Wirtschaft
382 Aufgabe 3
Abbildung
14-3
Wirkungszusammenhänge
Wirkung von ...
auf
Wirkungszusammenhang
Mensch
Hochwassergefahr
je stärker und je mehr gegen die Natur die Eingriffe des Menschen, umso größer die Hochwassergefahr
Hochwasserschäden
je rücksichtsloser und unbedachter die Eingriffe, umso größer wahrscheinlich die Schäden im Falle eines Hochwassers
Flora/Fauna
je stärker und je mehr gegen die Natur die Eingriffe des Menschen, umso mehr sind Flora und Fauna gefährdet
Klima
Hochwassergefahr
je stärker die Klimaveränderung (Rückzug der Gletscher, Anstiegen der Schneefallgrenze), um so größer die Hochwassergefahr
Hochwassergefahr
Schutz
je größer die Gefahr, umso höher die Schutznotwendigkeit
Schutz
Finanzen
je umfangreicher die Schutzmaßnahmen, umso höher wahrscheinlich die Ausgaben
Hochwasserschäden
je effektiver der Schutz, umso geringer die Schäden
Finanzen
je größer die Schäden, umso größer der finanzielle Aufwand zu deren Beseitigung
Hochwasserschäden
Tabelle 14-4 Beschreibung
der
Wirkungsbeziehungen
Hochwasserschutz in den Alpen
383
Aufgabe 4
JZ ο